Spolien: Phänomene der Wiederverwendung in der Architektur 9783868599442, 9783868596519

Spolia are structural elements that have been consciously—and therefore usually visibly—reused. The space they occupy wi

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Spolien: Phänomene der Wiederverwendung in der Architektur
 9783868599442, 9783868596519

Table of contents :
INHALT
„Die höchste Lust haben wir ja an den Fragmenten, […] nur da, wo wir das Fragment sehen, ist es uns erträglich.“
Prolog: Die neue Lust auf das Alte
Spolie als Architekturbegriff
(Be-)Deutungen
Objekte und Orte
Materialien und ihre Verfügbarkeit
Praktiken und Wirkungen
Spolien und Entwerfen
Fazit: Spolienverwendung und Spoliation als kulturelle Praxis
Endnoten
Register
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abbildungsnachweis
Impressum

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SPOLIEN



SPOLIEN HANS-RUDOLF MEIER

PHÄNOMENE DER WIEDER­ VERWENDUNG IN DER ARCHI­TEKTUR



Prolog: Die neue Lust auf das Alte Spolie als Architekturbegriff Genese des Spolienbegriffs Konjunkturen der Spolienverwendung

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(Be-)Deutungen 31 Erbekonstruktion und Herrschaftslegitimation 31 Beute und Trophäe 40 Translatio und Renovatio 53 Memoria und Gedenken 73 Zuweisungen und Akkumulationen 86 Objekte und Orte 95 Portale 96 Säulen 106 Inschriften 110 Mall-Fassaden 116 Ortsverbindungen 120 Materialien und ihre Verfügbarkeit Materialität und Materialikonografie Der Zugriff auf Spolien Matière grise und Bricolage

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Praktiken und Wirkungen 149 Ausstellen 149 Bewegen 165 Bezeugen 171 Verkörpern 173 Einverleiben 178 Täuschen 184 Spolien und Entwerfen 193 Maß geben 194 Applikationen 195 Entwurf heute 197 Fazit: Spolienverwendung und Spoliation als kulturelle Praxis 207 Präsenz und Absenz 208 Rekonditionierung 209 Die Magie der Spolien 211 Kompensation und Authentizitätsversprechen 213 Endnoten 216 Register 224 Quellen- und Literaturverzeichnis 227 Abbildungsnachweis 238 Impressum 239

1 Für die Aktion ­„Climate Emergency!“ am 12. Dezember 2019 wähl­te Greenpeace das EURatsgebäude in Brüssel, dessen Fassade aus wiederverwendeten Holzfenstern Nachhaltigkeit symbolisieren soll.

„Die höchste Lust haben wir ja an den Fragmenten, […] nur da, wo wir das Fragment sehen, ist es uns erträglich.“ Thomas Bernhard, Alte Meister

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Prolog: Die neue Lust auf das Alte

Am Morgen des 12.  Dezembers 2019 protestierte Greenpeace in Brüssel mit einer spektakulären Aktion gegen die unzureichende Klimaschutzpolitik der Europäischen Union, deren Staats- und Regierungschefs sich an diesem Tag trafen. Aktivisten entrollten am neuen Repräsentationsgebäude des Europäischen Rats Transparente und setzten dieses symbolisch in Flammen 1. Der Ort des Protests war auch deshalb gut gewählt, weil die äußere Hülle des 2016 fertiggestellten Gebäudes ein Signal nachhaltigen Bauens sein soll. Die zur Hauptstraße orientierten Nord- und Ostfassaden bestehen aus rund 3000 wiederverwendeten Holzrahmenfenstern, die aus verschiedenen europäischen Ländern zusammengetragen und für das planende Büro Philippe Samyn and Partners aufgearbeitet wurden. Die Wiederverwendung von tagtäglich bei Sanierungen in die Bauschuttcontainer entsorgten Fenstern für ein solch prominentes Gebäude war als Zeichen gedacht für das nachhaltige Bauen, und die Herkunft der Objekte aus unterschiedlichen Ländern soll für die Einheit in der kulturellen Vielfalt der Europäischen Union stehen.1 Die Programmatik der Wiederverwendung von Baugliedern wird an diesem aktuellen Beispiel ebenso deutlich wie die Rolle, die wiederverwendete Bauteile im architektonischen Entwurf der Gegenwart haben können. Zahlreiche andere Beispiele unterstreichen die Bedeutung der Praxis der sichtbaren Wiederverwendung im aktuellen Architekturbetrieb, seien das Gesimsfragmente und Bögen aus Vorgängerbebauungen, die in Berlin, Frankfurt, München und anderswo neue Wohnhäuser zieren, um gediegene Bürgerlichkeit auszustrahlen, seien es die vielfach mit Altmaterial ausgeführten Gebäude, für die Wang Shu im Jahr 2012 als erster chinesischer Architekt mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet wurde. Im selben Jahr machte Muck Petzet im Deutschen Pavillon der Architekturbiennale in Venedig „Re-use“ zum Thema, was seither auf den Biennalen in Venedig vielfach aufgegriffen wurde.2 Mit „Matière gris“ war zwei Jahre später auch im Pavillon de l’Arsenal in Paris der Wiederverwendung von Bauteilen in der Architektur eine gewichtige und inzwischen weitergewanderte Ausstellung gewidmet, derweil in der Architektur- und Heritage-Theoriedebatte die „Postproduktion“ zum Thema geworden ist.3 Docomomo thematisiert in der jüngsten Nummer ihres Journals

Prolog: Die neue Lust auf das Alte

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2 Urban Mining in der Architektenausbildung. Bachelor-Semesterprojekt „Stadt(berg)bau Augustenstraße“, Professur für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege der TU München, Wintersemester 2019/20

3 Eine Platte des Fußbodens, der 1931 aus Material des abgebrochenen Barcelona-Pavillons gefertigt wurde, wird im Sächsischen Landtag in Dresden entnommen, um nach Aachen in eine Mies-van-der-Rohe-Ausstellung ausgeliehen zu werden.

4 Wiederverwendung aus der Not: informelle Siedlung in Soweto, Südafrika

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„Education and Reuse“, Urban Mining findet Einzug in die Architektenausbildung 2 und in die Architekturberichterstattung, wo von der Spolienarchitektur als dessen frühe Form die Rede ist 3.4 Das Schweizer Bundesamt für Umwelt hat eben eine Studie „Wiederverwendung Bauen. Aktuelle Situation und Perspektiven: Der Fahrplan“ veröffentlicht, was zeigt, dass das Thema auch in der Politik angekommen ist.5 Das sind nur ein paar Hinweise auf die Aktualität der Wiederverwendung von Bauteilen im gegenwärtigen Diskurs in Architektur und Gesellschaft. Die Gründe für diese Konjunktur sind vielfältig. Man kann, wie das in der traditionellen Spolienforschung zur Spätantike und zum Mittelalter üblich ist, die Sache in einen größeren gesellschaftlichen Kontext stellen. Dann wäre etwa mit dem Postulat der dringend gebotenen nachhaltigeren Nutzung vorhandener Ressourcen gerade im Bauwesen zu argumentieren. „Werte erhalten“ ist angesagt, neben materiellen auch emotionale und identitätsstiftende.6 Auch die im Kontext der Globalisierung gestiegene (und sich zum Beispiel auf den Architekturbiennalen in Venedig spiegelnde) Beachtung des informellen Bauens und das verstärkte Bewusstsein, dass ein großer Teil der Menschheit in informellen Siedlungen lebt, sehr oft errichtet aus wiederverwendetem Material und im Französischen daher als bidon-villes bezeichnet 4, mag das Interesse an Aspekten architektonischer Wiederverwendung gesteigert haben. Oder man bringt die neue Wertschätzung von Spolien mit starken retrospektiven Tendenzen in unserer Gesellschaft zusammen, für die eine Art neuer Historismus mit einer Neuen Altstadt in Frankfurt am Main, einem neuen Historischen Neumarkt in Dresden oder einem neuen Palazzo Barberini mit Silikonfugen in Potsdam nur besonders auffällige Erscheinungen sind. Das sind architektonische Bezüge zur Vergangenheit, die vertiefend zu untersuchen sind.7 Sie gewinnen an tagespolitischer Brisanz, da Koinzidenzen mit rechtspopulistischen Tendenzen auffällig oder – wie im Fall der Potsdamer Garnisonskirche – evident sind; dennoch greift es zu kurz, solche Vergangenheitszugriffe summarisch als „rechte Räume“ zu denunzieren.8 Hinzu kommt schließlich in der Architektur das veränderte Verhalten bei neuen Hinzufügungen zum Bestand, wo das Weiterbauen die als Zeichen deutlicher Unterscheidbarkeit lange Zeit obligate Fuge abgelöst hat.9 Kontrast ist nicht mehr die einzige Option, zumindest gleichwertig steht ihr heute die Angleichung gegenüber. Die alte und für die Architektur basale Entwurfsstrategie der Mimesis wird von Architekten wieder offen diskutiert, nachdem sie in der Moderne weitgehend ausgeblendet, allerdings unreflektiert oder verdrängt dennoch praktiziert wurde.10 Der Anstoß für dieses Buch war denn auch eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschergruppe zum Thema „Medien und Mimesis“, in deren architekturgeschichtlichem Teilprojekt „Praktiken der Ähnlichkeitserzeugung in der neueren Architektur“ ich die Praxis der Spolienverwendung untersucht habe – Spolien verstanden als intentional und daher in der Regel auch sichtbar wiederverwendete Bauglieder. Wenn von Spolien die Rede ist, geht es also um einen meistens mit besonderen Gestaltungs- und/oder Bedeutungsintentionen verbundenen Sektor des weiten Felds der materiellen Wiederverwendung in der Architektur. Zumindest in der Kunst- und Architekturgeschichte sind Begriff und

Prolog: Die neue Lust auf das Alte

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Phänomen so bekannt, dass von „an art historical obsession with spolia“ die Rede sein kann.11 Aber es war im Rahmen der Forschergruppe gerade das Interesse der zuvor damit gänzlich unvertrauten Kolleginnen und Kollegen der Medien- und Kulturwissenschaften, das zum Verlassen ausgetretener Pfade angeregt hat. Die Diskussionen kreuz und quer durch Raum und Zeit erschienen mir als (Kunst-) Historiker zwar immer etwas abenteuerlich, eröffneten aber neue Perspektiven. Mein Forschungsinteresse an solchen Objekten reicht allerdings sehr viel weiter zurück als diese Forschergruppe. Einen ersten Versuch, das Thema diachronisch an die Gegenwart heranzuführen, unternahm ich im Jahr 1998 anlässlich einer Tagung zu Erinnerung und Denkmalpflege an der ETH Zürich.12 Aus der seitherigen Beschäftigung ist nun ein Buch geworden, das aber weder eine Geschichte noch ein Handbuch der Spolienverwendung sein soll. Der Anspruch auf eine umfassende Darstellung des Phänomens war nie das Ziel, das auch nicht zu erreichen wäre. Anders als die meisten bisherigen Bücher, die auf die Spolienverwendung in der Spätantike, im Mittelalter, der Renaissance oder ausnahmsweise auch in der Nachkriegszeit fokussieren, sind die folgenden Ausführungen chronologisch nicht eingeschränkt. Auch geografisch ist das Untersuchungsgebiet nicht eng umgrenzt, sondern weitet sich durch die Zeiten: Die Anfänge in der Spätantike sind im Wesentlichen auf die Stadt Rom konzentriert, mittelalterliche und frühneuzeitliche Beispiele stammen aus verschiedenen Teilen Europas, und für die Gegenwart wird der globale Rahmen und werden Aspekte der Transkulturalität zumindest angerissen. Allerdings legen es sowohl die Forschungsliteratur als auch die Kompetenzen des Verfassers nahe, die Aussagen zur Spolienverwendung im Wesentlichen auf Europa und das Mediterraneum zu begrenzen. Das im Wissen darum, dass, wie das Beispiel der Spolienschwelle für die Häuser der Batammaliba im Nordwesten Benins zeigt, auch in ganz anderen kulturellen Kontexten vergleichbare Praktiken bekannt sind und vertiefender Untersuchung wert wären.13 Verweise auf solche Objekte entbehren in der vorliegenden Arbeit aber der systematischen Recherche. Phänomene der Spolienverwendung sollen über einen langen Zeitraum hinweg miteinander in Beziehung gesetzt werden. Gewiss birgt ein weit gefasster Ansatz mit Objekten aus verschiedenen Zeiten und Ländern die Gefahr, „das diffuse Gefühl, dass das Material eine gewisse Bedeutung haben müsse“, zu erhärten, ohne der Sache wirklich auf den Grund zu gehen.14 Denn selbstverständlich ist zum konkreten Verständnis der Verwendung von Spolien die jeweilige spezifische Geschichte der Orte und der Objekte – sowohl der Beschaffung wie der Wiederverwendung – sowie des Transfers von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus lassen sich aber gewisse Konjunkturen der Spolienverwendung festmachen, beispielsweise im Bauen seit 1945 – so eine der Thesen der Forschungen, die diesem Buch zugrunde liegen. Auch gibt es Werkstücke und Materialien, die im Lauf der Geschichte bevorzugt wiederverwendet werden, und es lassen sich Verfahrensweisen beobachten, die besonders häufig zum Zug kommen. Der Spolienverwendung als kultureller Praxis gilt im Folgenden das Interesse. Es setzt an bei der Kritik von Rikke Stenbro, wonach die bisherige Forschung die Spolienverwendung als

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„Praxis ohne Theorie“ jeweils mit umfassender Kontextualisierung und damit mit dem „Zeitgeist“ oder „Kunstwollen“ zu erklären suchte. Ein weiterer Ausgangspunkt sind die Überlegungen von Robert Coates-Stephens, was denn durch die Verwendung von Spolien evoziert werden könne, was sich nicht in gleicher Weise auch durch die Verwendung von neuem Material erreichen ließe.15 Der Vielschichtigkeit des Themas entsprechend soll das Phänomen der Spolienverwendung in der Architektur aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden: In einem ersten Teil wird der Spolienbegriff erläutert und ein kurzer Einblick in die umfangreiche historische Forschungstradition gegeben. Das bis heute für die Spolienforschung paradigmatische Beispiel des Konstantinsbogens leitet dann über zum zweiten Teil. In diesem wird das traditionelle Erklärungsmodell der Spolien als Bedeutungsträger anhand der in der bisherigen Forschung wichtigsten Themenkomplexe exemplifiziert. Den bekannten vormodernen Beispielen werden dabei, soweit sinnvoll, jüngere Objekte gegenübergestellt. Teil drei ist nach den besonders häufigen Baugliedern und bevorzugten Anwendungsorten von Spolien gegliedert, während im vierten Teil Materialien und ihre Verfügbarkeit diskutiert werden, bevor dann im fünften Teil die Wirkungsweisen in den Vordergrund rücken. So kommen insgesamt neben Fragen der Aneignung, wie sie in der HeritageDebatte gestellt werden, traditionelle architekturikonologische Ansätze zu „Bedeutungsträgern“ zur Sprache; Bedeutungsträger, die allerdings die Fähigkeit haben, Zuweisungen von Bedeutungen zu akkumulieren und wechselnde Geschichten auszulösen. Hinzu kommen kulturwissenschaftlich interessante Aspekte von Reliquien, Verkörperung und Magie. Nicht zuletzt wird es um architektonische Fragen nach der Funktion der Spolien als Ornament und – insbesondere im sechsten Teil – ihrer Rolle im Entwurfsprozess gehen. Denn sieht man von den Beispielen ab, in denen meist als Trophäen dienende Bauglieder gleichsam zur Ausstellung deponiert präsentiert werden, ist ihre Verwendung stets eine Gestaltungs- und Entwurfs­aufgabe. In der angestrebten Breite der zu behandelnden Aspekte spiegeln sich die Perspektivenwechsel und die damit verbundenen Erkenntnisgewinne, die ich als „gelernter“ Mediävist in mittlerweile fast 30-jähriger Tätigkeit in der Architektenausbildung gewonnen habe. Die folgenden Ausführungen sind damit auch der Versuch, unterschiedliche Lektüre- und Fachkulturen von Architektur, Kunst-, Geschichts- sowie Medienwissenschaften anzusprechen.16 Der Gefahr, am Ende in keiner der Disziplinen verstanden zu werden, setze ich die Hoffnung entgegen, der einen oder dem anderen möge das Buch als kleiner Führer durch den Dschungel der Diskussionen und Deutungsansätze dienen. Konstant blieb bei mir über all die Jahre die Faszination an den Geschichten, zu denen Spolien angeregt haben und weiterhin anregen. Mit John Ruskin ließe sich sagen: „There is history in it.“ Es ist zu hoffen, dass die Freude daran auch bei der Lektüre der folgenden Ausführungen ein wenig präsent ist. Das Buch handelt nicht nur von Spolien, seine Texte sind zum Teil selbst wiederverwendet: Die Basis bilden streckenweise größere oder kleinere Ausschnitte aus

Prolog: Die neue Lust auf das Alte

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eigenen Publikationen, die in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden sind, mit denen ich aber unterschiedlich und frei umgegangen bin. Die Erkennbarkeit der Wiederverwendung war – anders als bei den meisten der gezeigten architektonischen Beispielen – kein Ziel. Es bleibt zu danken: Der erste Dank geht an die Mitglieder der von Friedrich Balke und Bernhard Siegert geleiteten Forschergruppe „Medien und Mimesis“ und insbesondere an das Team unseres Teilprojekts: Eva von Engelberg-Dočkal, Frederike Lausch und Carsten Ruhl. Gedankt sei auch den vielen Kolleginnen und Kollegen, die im Lauf der Jahre mit Hinweisen, Bildern und Kritik meine Überlegungen weitergebracht haben und ohne deren Unterstützung dieses Buch nicht zustande gekommen wäre. Es sind dies namentlich Stephan Albrecht, Kirsten Angermann, Armand Baeriswyl, baubüro in situ, Klaus Gereon Beukers, Lex Bosman, Gabi Dolff-Bonekämper, Alessandro Brodini, Georges Descœudres, Uwe Dettmar, Iris Engelmann, Christian Forster, Andreas Hild, Robert Huber, Kai Kappel, Dale Kinney, Bruno Klein, Eva Klein, Ulrich Klein, Lorenzo Lazzarini, Hans-Georg Lippert, Paolo Liverani, Annette Menting, Tanja Michalsky, Frauke Michler, Daniela Mondini, Meinrad Morger, Monika Motylinska, Rebecca Müller, Yuri Palmin, Olivier de Perrot, Jan Richarz, Orazio Saluci, Ingrid Scheurmann, Hans-Christian Schink, Leo Schmidt, Peter Seiler, Darko Senekovic, Cornell und Gabrielle Sieber, Sabine Sommerer, Jörg Springer, Marion Steiner, Martin Steinmann, Martino Stierli, Daniel Stockhammer, Ute Verstegen, Konstantin Wächter, Thomas Will, Wolfgang Wolters und Agnieszka Zablocka-Kos. Winfried Speitkamp danke ich für Gewährung eines Forschungssemesters und Daniela Spiegel, Torben Kiepke und Mark Escherich dafür, dass sie in dieser Zeit in die Bresche gesprungen sind und mich auch darüber hinaus vielfach entlastet haben. Birgit Roeckert und Anne Kalthoener haben mir technische Unterstützung gewährt. Dem Istituto Svizzero in Rom und der Bibliotheca Hertziana danke ich für Gastfreundschaft und ideale Arbeitsbedingungen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Weimarer Universitätsbibliothek für die Beschaffung und Bereitstellung von Literatur. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sei für den Druckkostenzuschuss gedankt und Michael Kraus von M BOOKS für Hinweise auf die Gliederung des Buchs. Dass dieses nicht in seinem Verlag erscheint, ist der Unlust eines Thüringer Ministerialbeamten geschuldet. Die Zusammenarbeit mit dem JOVIS Verlag war in gewohnter Weise produktiv und sehr angenehm, wofür ich Theresa Hartherz, Sandra Leitte und Susanne Rösler herzlich danke. Last but not least gilt mein Dank Carola Jäggi für die kritische Lektüre des Manuskripts sowie für mehr als drei Jahrzehnte Austausch von Ideen und Materialien, auch zu Spolienfragen! Gewidmet ist das Buch dem Gedenken an Torben Kiepke (1973–2020).

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Spolie als Architekturbegriff

5 Tropaion-Kapitell, 2. Jahrhundert, im 6. Jahrhundert in der Kirche San Lorenzo fuori le mura in Rom als Spolie wiederverwendet. Dargestellt ist eine dem Feind abgenommene Rüstung – spolium im antiken Sinn.

Der Begriff Spolie ist vom Lateinischen spoliare (= der Kleider berauben) abgeleitet und bedeutet wörtlich übersetzt „das Abgezogene, Abgeschnittene“. Im ursprünglichen antik-römischen Wort­­sinn meinte er Beutestücke, ge­nauer: die dem erschlagenen Feind abgenommene Rüstung 5. So berichtet etwa der zur Zeit des Augustus lebende römische Geschichtsschreiber Titus Livius, dass 200 Jahre vor seiner Zeit während der römischen Republik für den Senat zuerst jene ausgewählt worden seien, die bereits Amtsträger waren, dann „waren die Leute an der Reihe, die an ihrem Haus aufgehängte feindliche Rüstungen (spolia ex hoste) vorweisen konnten“.17 In einer anderen Livius-Stelle (42.1.3) zum Jahr 173 v. Chr. wird ein Censor gerügt, weil er zur Zierde eines Tempels die Dachbedeckung eines anderen Sakralbaus geraubt hatte („sed spoliis aliorum alii colendi exornandique“), was Fabio Barry als erstmaligen Beleg für spolia im heute geläufigen Sinn als wiederverwendete Architekturteile interpretiert.18 Zwar geht es in der zitierten Livius-Stelle tatsächlich um Architekturglieder, aber der Begriff bezieht sich auf den Aspekt des Geraubten, Abgezogenen allgemein und hat noch keine spezifisch bauliche Bedeutung. Das wird auch deutlich an weiteren antiken Belegen. Noch in der Spätantike bezeichnete der römische Historiker Ammianus Marcellinus mit „spolium“ die Beute, wenn er im Zusammenhang mit den Vorgehen Kaiser Julians (360–363) gegen die korrupten Höflinge die von diesen eingezogenen Tempelschätze „templorum spoliis“ nennt.19 Dagegen

Spolie als Architekturbegriff

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ist in einer in den 320er Jahren verfassten Inschrift aus Thubursicum (Khamissa) im heutigen Algerien die Rede davon, dass ein Nunius Marcellus Herculius eine Straßenpflästerung mit altem Steinmaterial erneuert habe, wobei die Formulierung „platea vetus lapide spoliata“ dem modernen Spolienbegriff nahekommt.20 Generell aber behält das Wort die Bedeutung für Beute allgemein auch im Mittelalter, was im 12. Jahrhundert aus dem Bericht der Gesta Friderici zum Reichstag von Roncaglia deutlich wird, wo es heißt, die Genuesen seien „zurückgekehrt, beladen mit den Sarazenen abgenommenen Beutestücken“ („Sarracenorum spoliis onusti redierant“).21

Genese des Spolienbegriffs Wie kommt der sachfremde Begriff der Spolie aber in die Architekturdiskus­sion? Möglicherweise der Erste, der nachweislich das lateinische Wort spolium im neuzeitlichen Sinn auf die Architektur übertrug, war der Florentiner Kanonikus und Antiquar Francesco Albertini in seiner 1510 publizierten Beschreibung Mirabilia der Stadt Rom.22 Albertini weiß zu berichten, für die als zukünftige Grabstätte von Papst Sixtus IV. am südlichen Langhaus der Peterskirche 1479 geweihte Kapelle seien Porphyrsäulen als „spolia“ aus den Domitiansthermen verwendet worden. Bei der Vorstellung dieser Thermen schreibt er entsprechend von „geplünderten Resten“ („vestigia … dispoliata“). Ungefähr gleichzeitig, jedenfalls im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, entstand die anonyme Schrift Nota d’anticaglie et spolie et cose meravigliose et grande sono nella cipta de Roma da vedere volentieri (Bemerkungen zu den Antiken, den Spolien und den wunderbaren Dingen, die in der Stadt Rom zu sehen sind), in der von Sankt Peter, dem Lateran und anderen frühchristlichen Bauten gesagt wird, sie seien fast nur aus Spolien gebaut.23 Damit wird in der Renaissance der Spolienbegriff als Bezeichnung für jene Bauteile fassbar, die von einem antiken Bauwerk, für das sie einst geschaffen worden waren, entfernt und in einem neuen Kontext wiederverwendet wurden. Dass man dafür das Wort spolia/spolium wählte, setzt voraus, dass die antiken Herkunftsobjekte als grundsätzlich schützenswert angesehen wurden und die Störung ihrer Integrität als Raub erschien. Dagegen hatte man im Mittelalter zwar einige antike Bauwerke geschätzt und bewahrt, im Allgemeinen die antiken Reste aber als quasi natürliche Materiallager betrachtet, die höchstens besitzrechtliche Fragen hervorriefen. Es war allerdings weder die anonyme Nota d’anticaglie noch Albertinis Schrift, die den Spolienbegriff als kunst- und architekturgeschichtlichen Fachterminus etabliert hat. Eine größere Wirkung in der Forschung hatte der sogenannte Raffael-Brief an Papst Leo X., der nur kurz nach Albertinis Werk im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts verfasst wurde und erstmals von Spolien im heutigen Sinn spricht. Dies tut der Brief im Zusammenhang mit jenem Monument, das bis heute gleichsam paradigmatisch für den Beginn der Spolienarchitektur und der Diskussion darüber steht: dem Konstantinsbogen in Rom 6. Grundtenor von Raffaels Brief an den Papst ist die Klage über den in der Spätantike einsetzenden Verfall der Kunst Roms.

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6 Der Konstantinsbogen in Rom in der Darstellung von Gaetano Cottafavi, Raccolta delle principali vedute di Rome e suoi contorni, Rom 1837 (Privatbesitz)

Der Niedergang der Architektur habe dabei nach dem der anderen Künste eingesetzt, was sich am Konstantinsbogen exemplarisch manifestiere: „Die Komposition ist schön und gut in allem, was die Architektur betrifft; aber die Skulpturen desselben Bogens sind dumm und schlecht in Entwurf und Ausführung. Die Spolien aus der Zeit der Kaiser Trajan und Antoninus Pius sind dagegen hervorragend und im Stil vollkommen.“24 Als Autor oder zumindest Mitverfasser des in drei Exemplaren überlieferten Briefs kann Raffael erschlossen werden, was dem Schreiben zu einer entsprechenden Beachtung in der modernen Forschung verholfen hat. An der zeitgenössischen Verbreitung des Spolienbegriffs dürfte der Anteil dieses Briefs, dessen erste Edition erst 1733 erfolgte, allerdings eher gering gewesen sein. Anders jener von Giorgio Vasari (1511–1574), der im Übrigen sowohl Albertinis Schrift als wahrscheinlich auch den sogenannten Raffael-Brief kannte25: Wie für andere bis heute nachwirkende kunstgeschichtliche Topoi scheint Vasari auch für den Eingang des Spolienbegriffs in die Forschung verantwortlich zu sein, ist doch in seinen Lebensbeschreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten mehrfach von „spolie“, gelegentlich auch von „spoliare“ oder „spoliato“ die Rede.26 Dabei verwendete Vasari die Begriffe derart selbstverständlich, dass wir annehmen können, sie seien im mittleren 16. Jahrhundert für das damit beschriebene Faktum allgemein verständlich und gebräuchlich gewesen. Dafür spricht auch die Verwendung von „spoglie“ im letzten der Sieben Bücher zur Architektur von Sebastiano Serlio (1475–ca. 1554). Erstmals erscheint der Begriff hier im Entwurfszusammenhang und damit

Spolie als Architekturbegriff

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7 Sebastiano Serlio, Fassadenentwurf mit Spoliensäulen, aus: Architecturae liber septimus, in quo multa explicantur, quae architecto variis locis possunt occurere, Kap. 42

als produktive Herausforderung nicht negativ konnotiert. Serlio erläutert an neun Fallbeispielen (Cap. 41–50) die Fassadengestaltung mittels Säulen „state per altro tempo in opera“.27 Er geht jeweils von der Annahme aus, dass ein Architekt eine gewisse Anzahl in beschriebener Weise gestalteter Säulen und teilweise weiterer Bauglieder gefunden und daraus als Auftrag eine Fassade oder Loggia zu konstruieren habe. Die wirkliche Kunst bestehe darin, mit den eigentlich zu kleinen oder zu großen vorgefundenen Spolien doch ein wohlproportioniertes Projekt zu entwerfen 7. Die Spolien stellen folglich bei Serlio eine künstlerische Herausforderung dar – womit er das komplette Gegenmodell entwarf zur Erklärung der Spolienverwendung bei seinem Zeitgenossen Giorgio Vasari. Auf dessen Begründung ist im Folgenden etwas ausführlicher einzugehen, da sein Modell bis an die Schwelle des 20. Jahrhunderts paradigmatisch blieb.

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8 Rom, Konstantinsbogen, 315. Ansicht von Süden

Im Proömium der zweiten Auflage seiner Lebensbeschreibungen der herausragendsten Maler, Bildhauer und Architekten beschreibt Vasari als Beispiel für den Beginn des Verfalls der Kunst in spätrömischer Zeit den Konstantinsbogen in Rom 8: „Davon können die Werke der Bildhauerkunst und Architektur, die zur Zeit Konstantins in Rom geschaffen wurden, ein klares Zeugnis ablegen, vor allem der Triumphbogen, den ihm das römische Volk am Kolosseum errichtete. An diesem sieht man, dass man sich aus Mangel an guten Meistern nicht nur der Darstellungen aus der Zeit Trajans28, sondern auch der Spolien bediente, die von verschiedenen Orten nach Rom gebracht wurden. Und wer erkennt, dass die in den Tondi dargestellten Votivgaben, sprich die Skulpturen im Halbrelief, wie auch die Gefangenen, die großen Szenen, die Säulen, Gesimse und die anderen früher geschaffenen Ornamente oder aus Spolien

Spolie als Architekturbegriff

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bestehenden Ornamente auf hervorragende Weise gearbeitet sind, sieht ebenso, dass die Werke, die zur Ausfüllung [der Zwischenräume] von Bildhauern jener Zeit geschaffen wurden, äußerst plump sind: wie beispielsweise einige kleinformatige Darstellungen mit kleinen Marmorfiguren unterhalb der Tondi, der Sockelbereich mit ein paar Viktorien und zwischen den Bögen an den Seiten einige Flussgötter, die sehr plump sind und von einer Bearbeitung, die einen zu der sicheren Annahme führt, dass die Kunst der Bildhauerei von da an begann, an Qualität einzubüßen, auch wenn noch nicht die Goten und die anderen barbarischen fremden Nationen gekommen waren, die Italien und auch alle trefflichen Künste zerstörten.“29 Was im Raffael-Brief bereits enthalten ist, führt Vasari weiter aus und nimmt zu einer Frage, die in der späteren Debatte um die Funktion und Erklärung von Spolien stets erneut diskutiert wird, eindeutig Stellung: Die Wiederverwendung älterer Reliefs an diesem spätantiken Triumphmonument war für ihn die Folge der Absenz von guten zeitgenössischen Bildhauern. Man griff zum Alten, weil das Neue nicht gut genug war. Sehr ähnlich wird zuweilen noch heute die spätantike Spolienverwendung als Kompensation eines Mangels erklärt: „Zeitgenössische Werkstätten waren offenbar nicht mehr imstande, ein umfangreiches und anspruchsvolles Dekorationsprogramm bestehend aus Reliefs und Bauplastik in hoher Qualität und in angemessener Zeit herzustellen, so dass man sich bereit fand, sogar älteren Staatsdenkmälern die geeigneten Werkstücke zu entnehmen. Die hohe Wertschätzung des älteren Spolienmaterials und die Einsicht in die eigenen mangelnden Kräfte, Gleichwertiges herstellen zu können, werden hier deutlich fassbar.“30 Dasselbe Argumentationsmuster gilt aber auch bezogen auf heutige Spolienverwendung, wenn etwa zur Wiederverwendung von Bauzierden in der Neuen Altstadt in Frankfurt sowohl von ausführenden Architekten wie in der Presseberichterstattung immer wieder hervorgehoben wird, dass mit den Spolien wieder handwerkliche Maßstäbe gesetzt werden sollen, die in der Moderne verloren gegangen seien.31 Wenn der Christliche Archäologe Hugo Brandenburg in seiner oben zitierten Begründung den Faktor Zeit einbringt, knüpft er an eine zweite, praktisch argumentierende Deutungsebene an, für die als prominenter Vorläufer der Basler Kulturhistoriker Jacob Burckhardt zu nennen wäre. Dieser sah im Konstantinsbogen „ein Werk der Hast und Eile“, das vom römischen Senat und Volk dem Kaiser nach dessen Sieg an der Milvischen Brücke rasch errichtet worden sei; man habe daher – um Zeit zu sparen – einen trajanischen Triumphbogen beraubt.32 Tatsächlich spricht Burckhardt von „Raub“33 und ist damit nah an der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs Spolie, der in seinem Werk allerdings nicht vorkommt.34 Das gilt auch für die bereits gut 100 Jahre vor Burckhardts Schriften edierte erste systematische Abhandlung zur Spolienverwendung: Giovanni Marangoni bemühte sich in

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Delle cose gentilesche e profane trasportate ad uso et adornamento delle ­chiese (Von den heidnischen und profanen Dingen zum Gebrauch und zur Zierde der Kirchen) zu erklären, welcher Wert und Nutzen wiederverwendeten antiken Objekten in christlichen Kirchen zukomme. Nach einem chronologisch aufgebauten ersten Teil und nach Ausführungen zu umgenutzten Tempeln und Thermen stellt er schließlich Objektgruppen (Sarkophage, Urnen, Säulen, Obelisken, Marmorlöwen, Inschriften etc.) vor, die in Kirchen wiederverwendet wurden und so den göttlichen Heilsplan erfüllten, in dem gleichsam schon in der heidnischen Erstverwendungsphase das kostbare Material zur späteren Zierde von Kirchen bereit gestanden habe.35 Auch Marangoni kam aber ohne das Wort Spolie aus, das zur selben Zeit in Zedlers Großem Universallexikon zum einen nah am antiken Wortsinn als Rechtsbegriff im Zusammenhang von Raub, Diebstahl und Beute, zum andern als Hinterlassenschaft testamentlos verstorbener Prälaten aufgeführt wird.36 Der in der Renaissance auf die Architektur übertragene Spolienbegriff war bis dahin offensichtlich weder zum Fachterminus der antiquarisch interessierten Kleriker noch zu dem der frühen Kunstgelehrten geworden. Wenn ihn der Schriftsteller und Archäologe Antoine-Chrystostôme Quatremères de Quincy (1755–1849) im Titel seiner anonym publizierten Briefe an Miranda verwendet, dann im antiken Sinn als Plünderung, konkret: als „spoliation“ Italiens durch die napoleonischen Feldzüge.37 Burckhardt repräsentiert mit seiner Bewertung, am Konstantinsbogen trete „der offene Bankerott des Reliefs und der Sculptur überhaupt zu Tage“38, das Urteil seiner Zeitgenossen. Entsprechend fasste 1901 der österreichische Kunsthistoriker Alois Riegl den seinerzeitigen Stand der Dinge zusammen, es habe „hinsichtlich der ästhetischen Wertschätzung der Konstantinsreliefs […] bisher im allgemeinen keine Meinungsverschiedenheiten“ gegeben, und es seien noch die Nachsichtigsten gewesen, „die dabei den entschuldigenden Umstand geltend machten, dass der Konstantinsbogen in großer Eile hätte aufgeführt werden müssen“, was sich schon daran zeige, dass „einzelne Reliefs von abgebrochenen älteren Werken daran [Verwendung] gefunden haben“.39 Riegl allerdings ließ es damit nicht mehr bewenden und legte mit seiner Arbeit Spätrömische Kunstindustrie sowie dem Konzept des „Kunstwollens“ wesentliche Grundlagen für die Neubeurteilung der spätantiken Kunst.40 Den Spolienbegriff findet man allerdings auch bei Riegl nicht, ging es ihm doch um die Qualitäten der neu gefertigten konstantinischen Reliefs und nicht um die wiederverwendeten Bauglieder. Erst eine Generation später, als Ende der 1930er Jahre mit den beiden Pionieren Hans-Peter L’Orange und Friedrich Wilhelm Deichmann die moderne Spolienforschung initiiert wurde, erscheint dann auch der Terminus Spolie als geläufiger Architekturbegriff.

Konjunkturen der Spolienverwendung In der Spätantike taucht das Phänomen der ostentativen Wiederverwendung von Baugliedern erstmals im großen Stil an öffentlichen Repräsentationsbauten auf. Nach Vorläufern in der zweiten Hälfte des 3.  Jahrhunderts erfuhr es in

Spolie als Architekturbegriff

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9 Rom, Santa Sabina, um 430. Langhaus mit ­Spoliensäulen

tetrarchischer Zeit einen ersten Höhepunkt. Durch die Koinzidenz von architektonischer und religionspolitischer Neuerung erregten dann aber vor allem die Bauten von Kaiser Konstantin (306–337) die Aufmerksamkeit der Forschung. Untersucht wurden außer dem Konstantinsbogen hauptsächlich die römischen Kirchen des 4.– 6.  Jahrhunderts, für die die Spolienverwendung rasch zum Normalfall wurde 9. In Rom kann unterschieden werden zwischen der Frühphase mit dem Zugriff auf kaiserliche Materiallager, dem 5. Jahrhundert, in dem vermehrt zweitklassiges Material verwendet werden musste, und der erneuten Konjunktur im 6. Jahrhundert dank des Zugriffs auf die nun nicht mehr haltbaren Staatsbauten.41 Dagegen scheinen in Byzanz noch im 6. Jahrhundert Spolien eine Rechtfertigung erfordert zu haben, bevor dann nach dem Ende des Marmorabbaus auf Prokonnesos – und damit dem Versiegen des Materialnachschubs – rasch auch dort ein Paradigmenwechsel zu beobachten ist: „Die Spolie wurde zu einem positiven Etikett.“42 Die Spolienverwendung in karolingischer Zeit wird als Kennzeichen der Renovatio Romae gewertet. Es sind daher zeichenhafte Aspekte, die die Forschungen zum Thema anregten. In der dritten, hochmittelalterlichen Phase erweiterte sich mit der europaweiten Vervielfachung der Bautätigkeit auch das Spektrum der Spolienverwendung, die beispielsweise für Rom weiter – auch wieder in drei Zeitabschnitte – differenziert wird. Im ersten ging es im 11.  Jahrhundert vor allem um die Konsolidierung und Instandsetzung unter anderem mittels pragmatischer

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Spolienverwendung, während ab etwa 1120 eine Phase der triumphalen renovatio zur Monumentalität und zum Großeinsatz möglichst wertvoller Stücke neigte und schließlich ab dem Ende des 12. Jahrhunderts die antiken Spolien zugunsten neu angefertigter Substitute zurückgingen.43 Im späteren Mittelalter trat die Spolienverwendung als Massenphänomen insgesamt zurück: Sowohl die Ästhetik der varietas als auch programmatische Aussagen verloren an Gewicht gegenüber der convenientia, einer vereinheitlichenden Angemessenheit: „Die Spoliierung wurde zunehmend wählerisch, die Dosierung der Spolien am Bau maßvoller, die Souveränität gegenüber den antiken Stücken immer augenfälliger.“44 Die gotische Architektur war weniger additiv als die romanische, und es überwog das Bemühen um die Einheit des Stützen- und Gewölbesystems. Spolien traten entweder optisch ganz zurück oder wurden regelrecht ausgestellt, wenn sie – wie im Dauerstreit der italienischen Seemächte Genua, Pisa und Venedig – Teil der kriegerischen Rhetorik waren oder wenn ihnen – wie im Magdeburger Domchor – sonst eine besondere Bedeutung zukam (S. 153). Davon zeugen auch die Weinrankensäulen in Sankt Peter in Rom, die gerade im Spätmittelalter an legendärem Reichtum gewannen. Zumindest in Rom, wo weiterhin antikes Baumaterial verfügbar war bzw. verfügbar gemacht wurde, ist auch in der Renaissance die (oft nicht ostentative) Verwendung von Spolien gut bezeugt.45 Hinzu traten nun das wissenschaftliche Interesse an der Antike, die Trauer über deren Verfall und zuweilen das Bemühen um den Schutz ihrer Reste, die aber zugleich als Materiallager für Großbauten kräftig geplündert wurden. So wird die Spolienverwendung in der Renaissance hauptsächlich im Zusammenhang mit dem zugreifenden Interesse an den antiken Fragmenten gesehen; das Interesse an Spolien ist verbunden mit dem Bestreben, Neues zu schaffen, wie in Sebastiano Serlios Architekturtraktat deutlich wird (S. 193). Daraus resultiert auch die Vorliebe für die Techniken des Sammelns, Zusammensetzens und der Bricolage: „Reconstructing what was fragment and fragmenting what was whole“.46 Fassaden wie jene zum Garten der Villa Medici versammelten Inschriften und Reliefs aus den Sammlungen der Auftraggeber, zuweilen angereichert um Neuanfertigungen.47 Die Distanz zur Antike wurde negiert.48 Der Münchner Kunsthistoriker Dietrich Erben hat allerdings darauf hingewiesen, dass noch in der Frühen Neuzeit „durch Spolieneinsatz sozial höchst brisante Erinnerungskontexte hergestellt wurden“.49 Insbesondere wenn es um legitimatorische und dynastische Intentionen ging, dehnte sich die Praxis des Einsatzes von Spolien nun auch vermehrt auf nachantike Werkstücke aus. Im 19.  Jahrhundert scheint man im Zeichen des Historismus oft weniger an eigentlichen Spolien – Richard Brilliants spolia in se – als an Neuanfertigungen in alten Formen – spolia in re – interessiert gewesen zu sein. Zwar gibt es bedeutende Einbauten von Spolien in historistische Architektur, wie das Apsismosaik aus San Cipriano auf der venezianischen Insel Murano aus dem frühen 13. Jahrhundert, das in die 1843–1854 nach dem Vorbild von San Clemente in Rom errichtete Potsdamer Friedenskirche eingefügt wurde 10.50 Häufiger war aber das umgekehrte Verfahren: neue, stilistisch nachgebildete Werkstücke, die in Bauwerke aus vergangenen Epochen eingebaut wurden und oft kaum vom Bestand zu unterscheiden sind. Wenn man Spolien nutzte, wurden

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10 Potsdam, Friedenskirche, 1848. Apsismosaik aus dem 12. Jahrhundert aus San Cipriano in Murano

sie ausgestellt, wofür die antiken Spolien, die Prinz Carl und Karl Friedrich Schinkel sowie deren Nachfolger in Italien erworben hatten und in den Fassaden des Gartenhofs im Schloss Glienicke in Berlin vermauerten, ein gutes Beispiel sind 111. Schinkel erhielt 1824 auf seiner Italienreise ein Schreiben, wonach Prinz Carl wünsche, „zum Einmauern an seinem Kasino einige Fragmente und Inschriften aus Italien zu besitzen. Sie würden ihm gewiss sehr gefällig sein, könnten Sie ihm einige zusenden“.51 Es folgten dann in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weitere Sendungen mit „Marmorantiquitäten“ aus Rom, Neapel, Pompeji und von Kunsthändlern in Venedig.52 In die Wand eingemauert und ausgestellt wurden die Objekte allein nach ästhetisch-dekorativen Kriterien, Provenienz und kunsthistorische Bedeutung waren keine Ordnungsprinzipien. Der Blickfang im Glienicker Gartenhof ist aber keine Spolie, sondern die Kopie einer antiken Brunnengruppe mit Steinwanne aus dem Jahr 1828. Etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts waren es die sogenannten Period Rooms in den Historischen Museen, die im Kontext der Selbstvergewisserung der modernen Staaten vielenorts gegründeten wurden, in denen Bauglieder unterschiedlicher Herkunft zu neuen Einheiten zusammengefügt und ausgestellt wurden.53 Im 20. Jahrhundert führten die Zerstörungen der beiden Weltkriege zur Verfügbarkeit einer zuvor unbekannten Menge an baulichen Fragmenten, die sich allerdings signifikant unterschiedlich auf den Spoliengebrauch im Wiederaufbau auswirkten. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte daraus ein neuer Aufschwung der Spolienverwendung, insbesondere, um mit solchen Fragmenten an zerstörte Gebäude

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zu erinnern. Mit der ab den 1960er Jahren den architektonischen Entwurf wieder stärker prägenden Auseinandersetzung mit Tradition und Bestand konnten auch Spolien erneut zum Thema werden, wobei dem modernem Regionalismus des Schweizer Architekten Rudolf Olgiati eine Pionierfunktion zukam.54 Die Übergänge zur sogenannten Postmoderne waren fließend, und seither sind Spolien für ein breites Spektrum an architektonischen Positionen – vom Dekonstruktivismus über Urban Mining und sogenannte Ökoarchitektur bis zu neuem Traditionalismus und Historismus – wieder eine Option. Meilensteine der Spolienforschung

Inzwischen existiert vor allem zur Spätantike und zum Mittelalter eine schier unüberschaubare und nicht endende archäologische und kunsthistorische Forschungsliteratur. Forschungsberichte und Lexikonartikel, die dazu einen Überblick wagen, liegen zumeist schon einige Zeit zurück, dienen aber immer noch dem Einstieg in das Thema.55 Daher seien hier nur wenige Meilensteine der Forschung genannt, die, wie erwähnt, in den 1930er Jahren mit dem norwegischen Archäologen Hans-Peter L’Orange und dem deutschen Christlichen Archäologen Friedrich Wilhelm Deichmann einsetzte. Deichmann systematisierte 1940 die Wiederverwendung antiker Säulen in frühchristlichen Kirchen und interessierte sich damit mehr für den architektonischen Entwurf als für Bedeutungsfragen. Interpretationen erfolgten, so Deichmann, stets a posteriori: „Sicher haben oft Armut der Menschen oder das Triumphgefühl der Kirche die Verwendung von Spolien veranlasst, doch möglich waren sie als Schmuckglieder an Sakralbauten nur in Zeiten, deren künstlerische Gestaltung anderem zugetan war als dem Abbild des Körpers wie auch den baulichen Körperformen.“56 1975 griff Deichmann das Thema nochmals auf und hob hervor, der Schwerpunkt habe im architektonischen Konzept der Spätantike auf der Gestaltung der Baukörper und des Raums gelegen, nicht auf der Schaffung von Werkstücken.57 Das sei die Folge eines Bruchs mit der Ästhetik des klassischen Altertums, was L’Orange seinerseits als „disintegration of classical tradition“ bezeichnete, aus der in der Kunst „a new form of expression“ hervorgegangen sei.58 Voraussetzung der neuen Ästhetik war, dass die Spolien von den Betrachtern auch als solche wahrgenommen wurden – eine Grundvoraussetzung für alle folgenden Interpretationsansätze. Bereits in den 1960er Jahren hatte die Spolienforschung durch den Mittelalterhistoriker Arnold Esch neue Impulse und eine Weitung der Fragestellungen erfahren. Esch unterschied in einem grundlegenden Aufsatz von 1969 fünf Kategorien der Spolienverwendung.59 Bei der (1.) rein „materiellen Verwendbarkeit“ werde das Herkunftsobjekt quasi als Steinbruch behandelt. Die (2.) Bannung eines Objekts oder Orts durch partielle Wiederverwendung sei eine Art „Exorzismus“, der sich gegebenenfalls mit der (3.) Interpretatio Christiana überlagern könne. Spolien zur politischen Legitimation als vierte Kategorie erläuterte Esch am Beispiel von Pisa, das sich mittels Spolien zum Neuen Rom aufschwingen wollte, wogegen oft

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einfach die (5.) ästhetische Wertschätzung zur Spolienverwendung motiviert habe. An Esch knüpfte dann eine Generation von Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern an, für die exemplarisch der Schweizer Beat Brenk und die Amerikanerin Dale Kinney genannt seien. Brenk hat sich ausgehend von Deichmanns Überlegungen mit der Ästhetik der früh- und hochmittelalterlichen Spolienverwendung im Konzept der varietas und der Überwindung des Gegensatzes zu ideologischen Deutungen beschäftigt. Kinneys Ausgangspunkt waren Santa Maria in Trastevere und die extensive Spolienverwendung im hochmittelalterlichen Rom; darauf aufbauend bereicherte sie die Forschung immer wieder auch mit methodologischen und theoretischen Anregungen. Kinney hat auf den Forschungszusammenhang mit der Postmoderne und die daraus resultierende Faszination für die Offenheit und Mehrdeutigkeit der Spolien hingewiesen. In der italienischen Forschung ist schließlich Patrizio Pensabene mit seinen grundlegenden Materialsammlungen zu nennen sowie Salvatore Settis, der hauptsächlich in den 1980er Jahren eine Typologie der Wiederverwendung antiker Bauglieder im Mittelalter erarbeitet hat. In den letzten Jahren hat insbesondere die Forschung zu Spolien in Venedig und im oberadriatischen Raum eine bemerkenswerte Intensität erreicht.60 Methodische Reflektionen zur Spolienforschung steuerte in neuerer Zeit Paolo Liverani bei, ebenso Robert Coates-Stephens und zuletzt das Projekt „Topoi“ von Stefan Altekamp, Carmen Marcks-Jacobs und Peter Seiler an der Berliner Humboldt-Universität.61 Letzteres hatte zum Ziel, den Spatial turn in der Spolienforschung zu etablieren und mit einem konsequent bifokalen Ansatz die Herkunftsorte von Spolien gleichermaßen wie die Zielorte in den Blick zu nehmen. Nicht nur der Bedeutung der Spolie bei ihrer Wiederverwendung galt die Aufmerksamkeit, sondern ebenso der Transformation des Herkunftsorts sowie Fragen des Transports und der Aufstellung. Wichtige anregende und vertiefende Beiträge zur neueren Forschung lieferten in jüngerer Zeit Dissertationen und Habilitationsschriften. Rebecca Müller und Biagia Bongiorno nahmen mit ihren Dissertationen Epochen und Orte in den Blick, die zuvor in der Spolienforschung wenig Beachtung gefunden hatten. Müller untersuchte die Verwendung und Bedeutung von zumeist nachantiken Spolien im kommunalen Kontext in Genua vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, während Bongiorno Motive und Rezeption der Wiederverwendung von Spolien im NachkriegsBerlin erforscht hat. Dass aber auch dort, wo die Spolienverwendung schon länger Forschungsthema ist, noch ganz neue Erkenntnisse möglich sind, zeigt Bernhard Fritsch in seiner Dissertation zu Sankt Peter in Rom mit der kombinierten Untersuchung der Archivalien der Bauhütte und der Objekte selbst und dem bifokalen Ansatz, der neben der Wiederverwendung auch die Dekonstruktion des Herkunftsorts berücksichtigt. Komplementär zu Müller verhält sich die (historische) Dissertation von Marc von der Höh zur Erinnerungskultur im hochmittelalterlichen Pisa, der Konkurrenzstadt von Genua, mit einem den Trophäen und Spolien gewidmeten Kapitel. Zu nennen sind ferner die Habilitationsschriften von Thomas Raff zur Materialikonologie und von Kai Kappel zu „Trümmerkirchen“ nach dem Zweiten Weltkrieg; beide liefern ausgehend von Materialfragen fruchtbare Impulse für die Spoliendiskussion. Mit der mittelalterlichen Wiederverwendung von antiken

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Fragmenten als gewöhnlichem Baumaterial untersuchte Lukas Clemens in seiner Habilitationsschrift quasi den Gegenpol zur Wiedernutzung als Spolien, bereicherte aber insbesondere durch die Verknüpfung der Quellenanalyse mit archäologischen Befunden auch die Spoliendiskussion. Schließlich widmete sich in einer weiteren Habilitationsschrift Eva-Maria Froschauer paradigmatisch Rudolf Olgiatis Wirken unter dem Aspekt des Sammelns als Instrument des architektonischen Entwurfs. Entwurfsaspekte der Spolienverwendung diskutierte Hermann Schlimme 2017 im Zusammenhang mit dem „Architekturwissen“. Wiederholt ist in den letzten Jahren auch die Aneignung/Appropriation zu einem zentralen Begriff der Spoliendiskussion geworden,62 was diese anschlussfähig macht an die Forschungen zu Kunstraub und Dislokation von Kunstwerken.63 Begriffliche Differenzierungsversuche

Der Spolienbegriff selbst ist in den letzten Jahren vermehrt infrage gestellt worden. Man hat die Tendenz beobachtet, ihn im allgemeineren und neutraleren Begriff der Wiederverwendung aufgehen zu lassen.64 In der französischsprachigen Diskussion wird der Spolienbegriff nicht verwendet, dafür der der Wiederverwendung ausdifferenziert. Jean-Marc Huygen unterscheidet „trois actes de récuperation“: „la réutilisation, qui consiste à se resservir de l’objet dans son usage premier; le réemploi, d’un objet ou de parties d’objet, pour un autre usage; le recyclage, qui réintroduit les matéres de l’objet dans un nouveau cycle“.65 Damit ist aber jeweils nur ein Funktionsfeld – jenes der Ressourcennutzung, der Ökologie und Ökonomie – angesprochen, während die hier im Fokus stehenden Themen der Wirkungen des aus dem Ursprungszusammenhang gelösten Objekts in den Hintergrund gedrängt sind. Es geht um das, was auch schon als „Materialspolie“ bezeichnet wurde.66 Eine ausweitende Differenzierung des Spolienbegriffs hat Richard Brilliant mit den schon erwähnten spolia in se und spolia in re vorgeschlagen: Ersteres sind die materiell wiederverwendeten Bauglieder, Letzteres die als Abbilder, Kopien oder Zitate neu gefertigten Referenzen.67 Paolo Liverani hat diesen Ansatz aufgegriffen, aus ihm ein semiotisches Modell entwickelt und dieses um spolia in me bereichert, worunter er die Aneignung von Namen, Logos, Marken und Metaphern subsummiert.68 Die spolia in se untergliedert Liverani außerdem in die als Spolia I bezeichneten Trophäen, die nur funktionierten, wenn der Betrachter die Zusammenhänge der Spoliierung kenne; in deren semantischer Folge reiht Liverani dann das Souvenir als „middle-class trophy“ und die Reliquie als „sacred trophy“ ein.69 Spolia II sind für Liverani hingegen diejenigen materiellen Bauglieder, die nicht im ursprünglichen Sinn als Raubgüter, sondern wertschätzend und mit Referenzcharakter wiederverwendet wurden; hierzu gehören auch die Sammlungen geschichtlicher Objekte von der Renaissance bis zur Getty Villa in Malibu. Da der Verwendung von Spolien in der eingangs gegebenen Definition durchwegs ein zeichenhafter Aspekt innewohnt, ist Liveranis Entwicklung eines semiotischen Modells plausibel und anregend. Ob es auch operationabel ist, soll hier nicht überprüft werden. Denn so zwingend es bei gewissen Fragestellungen ist, unterschiedliche Formen des materiellen Vergangenheitsbezugs gemeinsam

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in den Blick zu nehmen, und so schwierig die Differenzierung von spolia in se und spolia in re bei unsicheren Objekten und gewollten Täuschungen (S. 184) auch sein mag, so ist zumindest mit dem hier verfolgten Ziel die zusätzliche Weitung des an sich schon großen Felds nicht zielführend. Und für die Unterscheidung von Spolia I und Spolia II scheint es naheliegender, erstere als Trophäen zu benennen, wie das Rebecca Müller in ihrer grundlegenden Arbeit zum Thema tut, in der sie aufzeigt, wie man sich in Genua um die Verständlichkeit dieser Objekte bemühte.70 Eine eingrenzende Differenzierung hat jüngst Hauke Horn angemahnt. Er hat vorgeschlagen, den Begriff der Spolie im Sinn der Worttradition auf jene Fälle zu begrenzen, in der das wiederverwendete Bauteil von einem „fremden Bauwerk“ stamme.71 Er schließt damit teilweise an Hugo Brandenburg an, der auf Bauteillager hingewiesen hat, aus denen viele der Altstücke der konstantinischen und nachkonstantinischen Bauten Roms stammen sollen, weshalb er anregte, als „Spolien im eigentlichen Sinne“ nur „geschlossene Bestände aus abgetragenen und geplünderten Bauten“ zu bezeichnen.72 Horn schlägt für wiederverwendete Werkstücke „aus demselben Gebäude“ den Begriff der „Asservatie“ vor, der sich in Anlehnung an das Asservat (= Verwahrstück) von asservare (= (amtlich) bewachen) herleitet. Die Intention von Horns Differenzierungsbemühen ist insofern verständlich und berechtigt, als sich zeigt, dass die Tradierung des Ortsbezugs einerseits und die Bewegung der Spolie im Ortswechsel andererseits die beiden Hauptmotivationen für die Wiederverwendung sind. Nur sind weder der juridisch besetzte Asservatie-Begriff Horns noch dessen Definition überzeugend. Denn auch die Asservatie stammt ja nicht aus demselben Gebäude, sondern gegebenenfalls aus einem Vorgängerbau am selben Ort. Dieser örtlichen Differenzierung steht die funktionale von Franz Alto Bauer gegenüber, für den der Spolienbegriff nur dort angemessen erscheint, wo das Werkstück in der ursprünglichen Funktion in einem neuen Kontext verwendet wurde; auf diese Weise hätten sich die Objekte mit einer Bedeutung und Historizität aufgeladen, „die aus verschiedenen ehemaligen und aktuellen Kontexten resultierten“.73 Die im Folgenden vor allem interessierende Funktionsbeschreibung des wiederverwendeten Werkstücks erlaubt allerdings (sachliche, nicht terminologische) Differenzierungen, die vielfältiger sind als die kurz skizzierten, meist binären Unterscheidungen, weshalb am eingebürgerten Oberbegriff Spolie – als intentional und daher in der Regel auch sichtbar wiederverwendetem Bauglied – festgehalten wird.

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(Be-)Deutungen

Erbekonstruktion und Herrschaftslegitimation Die allmähliche Neubewertung der spätantiken Kunst im 20. Jahrhundert jenseits von Verfall- und Degenerationsszenarien hatte eine neue positive Sicht auf den Konstantinsbogen zur Folge, was neue Erklärungen für den Spolienbau erforderte. Für ein politisches Monument, das in einer brisanten Umbruchsituation entstand, die von einer in der Entstehungszeit wohl kaum erahnbaren Tragweite war, lag eine politische Deutung der ästhetischen Neuerung nahe. Dieses Interpretationsmodell hat allerdings immer wieder Widerspruch hervorgerufen, sodass sich die Debatte fast wellenartig verhält, bis heute andauert und wohl auch künftig immer wieder neue Re-Lektüren generieren wird. Die Diskussion des konstantinischen Ehrenbogens ist tatsächlich paradigmatisch für die Spolienforschung und bekommt daher hier etwas mehr Raum, nicht zuletzt weil das Monument auch im Zusammenhang mit der Spolienverwendung in der Gegenwartsarchitektur gerne aufgerufen wird.74 Gegenübergestellt wird dem Konstantinsbogen ein zweites, allerdings rund 1650 Jahre später ebenfalls als Spolienbau errichtetes Staatsmonument, das zeigt, dass auch die politisch intendierte Spolienverwendung bis heute anhält: das ehemalige Staatsratsgebäude in Berlin. So unterschiedlich die beiden Architekturen und die Rolle der verwendeten Spolien auch sind, haben sie doch gemeinsam, dass die Spolien entwurfsbestimmend waren und die Bauten als Triumphmonumente ohne eigentlichen Triumph in kritischer Situation der machtstabilisierenden Traditionskonstruktion dienten. Der Konstantinsbogen als Paradigma

Um das Problem und die Bedeutung von Konstantins Ehrenbogen für die Spolienfrage zu verstehen, gilt es, kurz zurückzublenden: Noch brauchbare Bauglieder aus älteren, in der Regel wohl obsoleten Bauten für neue Gebäude erneut zu verwenden, ist ein alltäglicher Vorgang, seit es Architektur gibt. Spätestens seit

(Be-)Deutungen

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11 Rom, Porticus Octaviae, 146. Severische Reparatur mit wiederverwendeten Bauteilen auf der Innenseite des Giebels

der römischen Kaiserzeit sind auch erste gesetzliche Bestimmungen bekannt, die die Entfernung von Ziergliedern von alten Gebäuden zum Schmuck von Neubauten einschränkten.75 Die gesetzliche Regelung zeigt, dass die Spoliierung als Problem offenbar existierte (S. 135). Dass aber auch wichtige Staatsmonumente und damit Bauten mit höchstem repräsentativen Anspruch und Aufwand mit Altmaterial errichtet wurden und dies auch deutlich gezeigt wurde, ist ein vor der Spätantike weitgehend unbekanntes Phänomen. Wenn zuvor, wie für den augustäischen Apollo-Sosianus-Tempel auf dem römischen Marsfeld, ein Tempelgiebel aus dem griechischen Eretria nach Italien überführt wurde, so erfolgte der Neuversatz zwar umgedeutet im Sinn einer Interpretatio Romana, jedoch im ursprünglichen Verwendungssinn.76 Auch als Septimius Severus (193–211) die unter Augustus errichtete und damit rund 200 Jahre alte Porticus Octaviae in Rom restaurierte und dafür altes Baumaterial wiederverwendete, wurde dieses in seiner angestammten architektonischen Funktion oder aber den Blicken der Betrachter entzogen versetzt 11.77 Erst im späteren 3. Jahrhundert fand dann der für die Architekturgeschichte folgenreiche und zukunftsweisende Wandel statt, der sowohl als Zeichen einer neuen Ästhetik als auch eines gewandelten Traditionsbewusstseins zu gelten hat. Aus der Zeit Kaiser Diokletians (284–305) sind erstmals umfangreiche Spolienbauten überliefert – in Rom etwa der Arcus Novus. Möglicherweise ist aber schon unter Kaiser Aurelian (270–275) oder unter Gallienus (253–260) im sogenannten Arco di Portogallo eine Art Vorläufer des diokletianischen „Neuen Bogens“ und schließlich des Konstantinsbogens zu finden 12.78 Jedenfalls waren in dem 1662 zerstörten „Portugal-Bogen“ über die römische Via Lata (heute Via del Corso) hadrianische Reliefplatten verbaut, die offensichtlich aus einem anderen – nämlich funeralen – Zusammenhang stammten. Dennoch bleibt der Konstantinsbogen 13 aufgrund seiner Erhaltung, seiner Qualität und insbesondere seines Entstehungszusammenhangs an einem – zumindest rückblickend – welthistorischen Wendepunkt der Initialbau der Spolienarchitektur par excellence.

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cationalVersion

12 Rom, Arco di Porto­gallo, 3. Jahrhundert. Der mit wiederverwendeten hadrianischen Reliefs errichtete Bogen wurde im 17. Jahrhundert abgebrochen. Stich von Giovanni Maggi, Aedificioroum et ruinarum Romae ex antiquis… Liber primus, 2. Auflage, Rom 1618 (Privatbesitz)

13 Rom, Konstantinsbogens. Schema der wiederverwendeten und erneuerten Bauglieder auf der Südseite. Zeichnung Anne Konstantinsbogen Südseite Kalthöner

Datierung der wiederverwendeten oder späteren Bauteile Trajan

Hadrian

Marc Aurel

Moderne Reparaturen

(Be-)Deutungen

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Grundlegend für dessen Erforschung und die seitherige Beurteilung durch die Fachwelt ist die Monografie, die der norwegische Archäologe Hans Peter L’Orange zusammen mit dem deutschen Bauforscher Armin von Gerkan 1939 publizierte.79 Während von Gerkan die extensive Spolienverwendung am Kon­stantinsbogen noch im Sinn Burckhardts mit dem knappen Zeitraum zwischen Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke im Jahr 312 und seinen Decennalienfeiern drei Jahre später erklärte80, legte L’Orange das Fundament für eine ganz andere, nämlich ikonologisch begründete Interpretation. Ausgehend von der Beobachtung, dass die erhaltenen Kaiserporträts in den Reliefs alle in Hinblick auf die Wiederverwendung am Ehrenbogen überarbeitet wurden und die umgearbeiteten Köpfe nun die Züge Konstantins und seiner Mitkaiser tragen,81 schloss er von dieser gezielten Intervention auf eine ebenso überlegte Auswahl der Spolien 14. Er fragte sich deshalb, ob mit der Wahl der trajanischen, hadrianischen und aurelianischen Reliefs Konstantin „als Novus Trajanus, Novus Hadrianus, Novus Marcus […], als Garant des tief ersehnten, durch ihn wieder heraufgeführten Saeculum Aureum“ präsentiert werden sollte.82 In der Forschung wurde diese Frage lange Zeit bejaht,83 gerade auch, weil man davon ausging, dass Konstantin selbst bzw. dessen Berater für das Programm des Bogens verantwortlich gewesen sei. Das wird inzwischen bestritten oder differenziert, doch ist in jedem Fall bei einem solch zentralen Staatsmonument von der Konkordanz von senatorischen und kaiserlichen Intentionen auszugehen.84 Intendiert war gemäß aktueller Interpretation, Konstantin als Erbe bester kaiserlicher Feldherren­ traditionen und imperialer Tugenden darzustellen, ihn durch die überarbeiteten Reliefs gleichsam als das aktuelle Gesicht einer glorreichen Reihe zu zeigen, ohne damit zwingend einen Bezug zu bestimmten Kaisern zu konstruieren.85 Steht der Bogen architektonisch in enger Nachfolge des Septimius-SeverusBogens – den er in den Abmessungen aber übertrifft (S.  194) –, sind die Abweichungen im Bildprogramm im Vergleich zu älteren entsprechenden Monumenten signifikant. Auffallend ist vor allem die Absenz der traditionsreichen und für ein Triumphmonument

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14 Rom, Konstantins­bogen. Hadrianisches Relieftondo mit Eberjagdszene. Der Kopf des jagenden Kaisers ist sichtbar überarbeitet und trägt die Züge Konstantins.

15 Rom, Kapitolinische Museen. Reliefdarstellung von Marc Aurel im Triumphwagen, wohl vom selben Monument wie die aurelianischen Reliefs am Konstantinsbogen

essenziellen Szenen der Triumphprozession und des kaiserlichen Opfers auf dem Kapitol.86 Beide Szenen wären im Bogen Marc Aurels, den man für den Konstantinsbogen plünderte, vorhanden gewesen.87 Noch heute lässt sich das an den drei in den Kapitolinischen Museen aufbewahrten Reliefs mit den Darstellungen Marc Aurels beim Opfer, auf dem Triumphwagen 15 und bei der Unterwerfung gefangener Barbaren leicht überprüfen, stimmen sie doch in Thematik und Dimensionen mit den acht Reliefs überein, die an den Längsseiten die Attika des Konstantinsbogens schmücken.88 Dass gerade diese Szenen am Bogen nicht berücksichtigt wurden, hängt mit der speziellen Situation des Anlasses seiner Errichtung und des zu Würdigenden zusammen: Den Triumphzug und die Unterwerfung konnte es nicht geben, da bei Konstantin kein Sieg über „Barbaren“, sondern über einen römischen Mitregenten gefeiert wurde, und das Jupiteropfer ließ man offenbar aus Rücksicht auf Konstantins Sympathien für die christliche Kirche weg.89 Durch die Erkenntnisse der modernen Forschung verlieren die Begründungen von Burckhardt und Vasari für den Einsatz von Spolien an Gewicht. Denn wäre es bei der Errichtung des Bogens nur um die Eile gegangen, hätte man sich die Mühe der Überarbeitung der Porträts ersparen können, zumal die Anpassungen derart unauffällig blieben – und damit offensichtlich auch in der Qualität nicht abfielen –, dass sie weder von Vasari noch von Burckhardt registriert wurden. Eine gewisse Ökonomie der Mittel ist den Erbauern des Bogens freilich nicht abzusprechen, denn wie anders wäre zu erklären, dass im betrachterfernsten Teil, der Attika, die Kaiserköpfe nicht überarbeitet, sondern schlichtweg abgeschlagen wurden?90 Das wiederum gab einem anderen ideologischen Interpretationsmodell Auftrieb, dessen Kern im diamentralen Gegensatz zu jenem von L’Orange und seinen Nachfolgern steht. Nicht der Rekurs auf das goldene Zeitalter sei demnach der Grund für die Umarbeitungen gewesen, sondern vielmehr jener auf die Tradition der damnatio memoriae, der bewussten Auslöschung aller personalen Zeichen – vor allem von Inschriften und Porträts – ungeliebter Vorgänger.91 Der Verweis auf ältere Beispiele lässt freilich unberücksichtigt, dass es dort jeweils bestehende Denkmäler waren, die verletzt wurden. Am Konstantinsbogen hatte man sich dagegen die Mühe gemacht, die Zeugnisse der anscheinend verachteten Vorgänger – und warum gerade dieser? – zuerst aus- und in ein neues Bauwerk einzubauen, um sie dann zu verstümmeln. Genauere Untersuchungen zahlreicher Objekte unterschiedlicher Provenienz haben inzwischen reichlich Belege dafür erbracht, dass das Umarbeiten von Porträts nicht nur in der Spätantike eine gängige Praxis war.92 Auch die Frage der Sichtbarkeit und Wahrnehmung der Überarbeitungen und der Spolien überhaupt wurde in jüngerer Zeit differenziert diskutiert.93 Dale Kinney und Siri Sande weisen auf unterschiedliche Wahrnehmungen verschiedener spätantiker Betrachtergruppen hin, von denen gewiss die meisten – ähnlich wie viel später Vasari und Burckhardt – die überarbeiteten Köpfe nicht als solche erkannt hatten. Dass man aber so sorgfältige Umarbeitungen vornahm, setzte voraus, dass die Erbauer von der Erkennbarkeit der Differenz zumindest durch ein elitäres Teilpublikum ausgingen. Leichter zu erfassen sind die Stilunterschiede zwischen den

(Be-)Deutungen

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mittelkaiserzeitlichen und den neu angefertigten konstantinischen Reliefs,94 ganz im Gegensatz zu den Differenzen innerhalb der Spolien, die Raffael zwar erkannte, die danach aber wieder lange unbeachtet blieben. Wie viele Römer in der Spätantike die spolialen Werke historisch „richtig“ einordnen und damit deren Intention – im negativen oder im positiven Sinn – verstehen konnten, bleibt offen. Diese Ambiguität ist zumindest aus heutiger Sicht ein Positivum des Konzepts, konnte man den Bogen doch konventionell oder als Innovation verstehen.95 Was jedoch alle spätantiken Betrachter sahen: dass Konstantins Bogen eine lange imperiale Bautradition fortführte, seine Vorgänger aber an Größe und Reichtum der Dekoration übertraf. Spätestens im Frühmittelalter war dann mit der damaligen Identifizierung der bronzenen Reiterstatue Marc Aurels mit Kaiser Konstantin auch die stilistische Differenzierung aufgehoben: Wenn der reitende Kaiser des vergoldeten Bronzestandbilds, das mindestens seit dem 8.  Jahrhundert beim Lateran stand, als Konstantin gesehen wurde, dürfte das auch für die Herrscherdarstellungen in den Reliefs des Ehrenbogens gegolten haben. Integration versus Distinktion

Was bleibt, ist eine Inkongruenz zwischen der Intention und der Rezeption des Bogens: Führt eine Analyse letzterer zur Betonung distinguierender Aspekte, so sorgt die ersterer für die Hervorhebung integrativer Momente. Damit sind zwei grundsätzlich polare Kategorien angesprochen, die das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten und -intentionen der Spolienverwendung beschreiben: Setzt man die Spolien so ein, dass sie im Neubau quasi aufgehen bzw. plant diesen so, dass er die Spolien völlig integriert, oder will man mit den Spolien bewusst einen Bruch, zumindest eine Differenz inszenieren und zeigen, dass hier etwas Fremdes eingefügt wurde? Diese für das Verständnis der Spolienverwendung essenzielle Frage wird im weiteren Verlauf immer wieder anzusprechen sein. Allerdings zeigt das Beispiel des Konstantinsbogens auch, wie diese Kategorien von den Rezeptionsbedingungen und vom Forschungsstand abhängig sind: L’Orange konnte die überarbeiteten Köpfe vom Gerüst aus erkennen und dokumentieren, was den früheren Betrachtern nicht möglich war. Die heutige Bauforschung geht noch näher an ihre Objekte heran und stellt durch exakte Analysen Differenzen fest, deren Erkennbarkeit kaum intendiert war. So lässt sich beispielsweise belegen, dass auch an Bramantes Tempietto in San Pietro in Montorio in Rom Werkstücke wiederverwendet sind, obwohl dessen Wahrnehmung klar auf Idealität und nicht auf Heterogenität angelegt war.96 Trotz der Wiederverwendung ist Bramantes Rundtempel – der als Schlüsselmonument der römischen Hochrenaissance gilt – nicht als Spolienbau zu bezeichnen, weil die Zweitverwendung von Werkstücken nicht ostentativ erfolgte. Das Beispiel zeigt aber, dass – die entsprechenden Fragestellungen und Methoden vorausgesetzt – sich selbst dort differenzieren lässt, wo einst Integration intendiert war. Daraus resultieren erneut grundsätzliche Unsicherheiten, da wir nur in seltenen Fällen über zeitgenössische Quellen verfügen, die die Intentionen der Spolienverwendung erhellen. Nicht sehr viel häufiger ist die genaue Herkunft der Spolien belegt. Gerade für

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eine Interpretation, die auf deren „Bedeutung“ zielt, wäre dies aber unerlässlich, will man sich nicht völlig ins Feld der Spekulation begeben. Noch einmal sei dies an einem Deutungsversuch des Konstantinsbogens exemplifiziert: Pietro Barceló bringt die Wiederverwendung der trajanischen Reliefs zusammen mit den Reitertruppen, die auf Maxentius‘ Seite kämpfend von Konstantin an der Milvischen Brücke besiegt wurden.97 Das Lager dieser equites singulares am Lateran ließ der siegreiche Kaiser danach schleifen, um an ihrem Standort seine Salvatorbasilika zu errichten. Um dies plakativ zu veranschaulichen, habe, so Barceló, Konstantin die Reliefs vom Bogen der zerstörten Kaserne an sein Triumphmonument übertragen lassen. Ingo Herklotz hat die Schwächen dieser Deutung aufgezeigt, „die nicht nur daran krankt, dass die hier vermutete Herkunft der Friessegmente unbeweisbar und mithin wenig wahrscheinlich bleibt; irritieren muss es zugleich, dass das zitierte Deutungsmodell nur einen der drei älteren Spolienzyklen betrifft“.98 Es wird sich allerdings auch zeigen, dass gerade die unsichere oder unbekannte Herkunft von Spolien – ebenso wie rätselhafte Darstellungen auf den wiederverwendeten Baugliedern – die Generierung von Erklärungsmodellen und Geschichten beförderte. Über die ­exakte Beschreibung des Befunds hinaus ist Forschung mit Interpretation verbunden – im Wissen, dass nicht nur neue Fakten, sondern vor allem neue Fragen und Sichtweisen zu anderen Deutungen führen. 16 Berlin, ehemaliges Staatsratsgebäude, 1964, Roland Korn und Hans-Erich Bogatzky, heute European School ­of Management and ­Technology

Die Aufhebung der Tradition im Neuen

Das Problem der Erkennbarkeit der Spolie stellt sich beim ehemaligen Staatsratsgebäude im Zentrum Berlins nicht 16. Aus der mit Sandstein, roten Granitplatten und Basaltstreifen verkleideten Nordfassade des Stahlskelettbaus ragt asymmetrisch nach rechts versetzt das sogenannte Liebknecht-Portal hervor, die Spolie

(Be-)Deutungen

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des Portalrisalits IV des ehemaligen Stadtschlosses, dessen Kopie nun 200  Meter entfernt am Originalstandort die rekonstruierte Fassade des sogenannten Humboldt-Forums ziert 17. Vor der von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands 1950 angeordneten Sprengung des kriegsbeschädigten Stadtschlosses hatte ein Wissenschaftliches Aktiv die Reste des zwischen 1706 und 1713 von Eosander von Göthe errichteten Portals  IV geborgen.99 Hermann Henselmann hatte die Idee, die Portalreste bei der späteren Gestaltung des Zentrums wiederzuverwenden,100 was dann Roland Korn, Hans Erich Bogatzky und ihr Jugendkollektiv für den 1962–1964 entworfenen Neubau aufgriffen. Das aus den renovierten Spolien und etlichen Ergänzungen wieder zusammengesetzte Portal ist der Fassade vorgeblendet. Anders als etwa im Jüdischen Gemeindezentrum in Charlottenburg oder dem sogenannten Wappentor der Bauverwaltung in Hannover 18, wo Mitte der 1950er Jahre jeweils ein Spolienportal einer modernen Rasterfassade vorgesetzt wurde, übernimmt der Entwurf des Staatsratsgebäudes wesentliche Maße wie die Geschosshöhen und die Rhythmisierung der Fassadenelemente von der Spolie, die fester Bestandteil der Fassade ist. Sinnstiftend für die Bedeutung des einstigen Schlossportals für das erste neu errichtete Regierungsgebäude der DDR im Zentrum der Hauptstadt der Republik war die Rolle dieses Portals am 9. November 1918. Nachdem der rechte Sozialdemokrat Philipp Scheidemann am frühen Nachmittag dieses Tages vom Reichstagsgebäude aus die freie deutsche Republik ausgerufen hatte, proklamierte Karl Liebknecht wenig später vor dem Schloss, auf der Ladefläche eines Lastwagens stehend, die freie sozialistische Republik Deutschland. Er wies auf das Portal und rief in die Menge, durch dieses Tor werde die neue sozialistische Freiheit der Arbeiter und Soldaten einziehen.101 Wenig später wiederholte der Spartakus-Führer die Proklamation der sozialistischen Republik vom Balkon des Portals aus, hob hervor, dass das Alte niedergerissen sei, und ließ die Masse auf die Republik und die Weltrevolution schwören.102 Auf diese Tradition der (versuchten) Staatsbildung der deutschen Arbeiterbewegung berief sich zu ihrer

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17 Das am Staatsratsgebäude wiederverwendete und rekonstruierte sogenannte Liebknecht-Portal (Portal IV) des einstigen ­Berliner Stadtschlosses

18 Hannover, sogenanntes Wappentor aus der Kaserne der Corps du Gard, 1738, vor dem Gebäude der Bauverwaltung, 1955, Werner Dierschke, Fritz Eggeling und Alfred Müller-Hoeppe

Legitimierung die DDR als junger sozialistischer deutscher Staat, der sich als Verwirklichung des von Liebknecht Begonnenen verstand. Verdeutlicht wird dies im wandfüllenden Glasgemälde von Walter Womacka, das die Rückfront des Foyers einnimmt, das man durch den Portalrisalt betritt:103 Von unten nach oben zeigen Szenen den Aufstieg zum Sozialismus, beginnend mit den Porträts von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie dessen „Trotz alledem“, das einem Gedicht von Ferdinand Freiligrath entlehnt ist und mit dem Liebknecht allen Niederlagen zum Trotz den Sieg des Sozialismus verhieß. Entsprechend gipfelt das Glasbild in der Darstellung einer glücklichen jungen Familie im neuen sozialistischen Staat. Die Portalspolien materialisieren die für die Legitimation des Staats fundamentale Verbindung zwischen der Tat von Einst und Jetzt bzw. der Zukunft. Im teleologischen Geschichtsmodell der DDR erfüllte sich im Regierungsbau das, was Karl Liebknecht im November 1918 vor dem Portal und auf dessen Balkon begonnen hatte, aber nicht vollenden konnte: Mit der Gründung des sozialistischen deutschen Staats war der Bruch mit dem Feudalismus endgültig vollzogen, das Alte nun wirklich und realiter niedergerissen, weshalb vom Schloss als Repräsentanten des alten Regimes allein der Ort des zukunftsweisenden Akts von Liebknecht übrig blieb. Die Distinktion zwischen der die Aufmerksamkeit erregenden Spolie und dem Neubau ist evident, zugleich wird sie im hegelschen und marxschen Sinn dadurch aufgehoben, dass die Spolie in den Neubau des formal höchsten Staatsorgans inkorporiert wurde und den neuen Baukörper mitformte. Soweit scheint die staatliche Doktrin im Staatsratsgebäude ihre adäquate Form gefunden zu haben. Und doch erzeugt die Spolie auch hier Ambiguitäten: Neben der intendierten offiziellen Lesung als Zeichen des proletarischen Triumphs über den Feudalismus war sie immer auch eine letzte Erinnerung an das Stadtschloss und nicht zuletzt an dessen Zerstörungsakt. Dem hatte man dadurch entgegenzuwirken versucht, dass das Portal keine Spuren des Verfalls oder seines fragmentarischen Charakters zeigt, sondern rundum renoviert wurde, um eben nicht den Verlust zu thematisieren 17. Zu Zeiten des Kalten Kriegs wurde aber zumindest im „anderen Lager“ diese Gegeninterpretation stets präsent gehalten, wenn etwa der Berlin-Kunstführer von Reclam das „ehem. Portal IV des abgerissenen Stadtschlosses“ und nicht Karl Liebknecht erwähnte.104 Seit dem Zusammenbruch der DDR und – Ironie der Geschichte – mit der Nutzung des einstigen Staatsratsgebäudes durch eine private Management-Hochschule hat sich die Sichtweise auf die Portalspolie erneut verändert und das Spektrum der Möglichkeiten, sie zu interpretieren, nochmals erheblich erweitert. Das gilt erst recht seit der benachbarten Rekonstruktion der Fassaden des Stadtschlosses für das Humboldt-Forum. Die verschiedentlich geforderte erneute Spoliation des Portals zugunsten der Fassadenrekonstruktion hat der Denkmalstatus des ehemaligen Staatsratsgebäudes verhindert.105 Portal IV wurde stattdessen beim Bau des Humboldtforums dupliziert 19, sodass in unmittelbarer Nachbarschaft ein kopiertes Portal am alten Standort und in formaler Angleichung an das einstige Schloss den Resten des alten Portals in betont moderner Einbindung gegenüberstehen. Augenfällig unterstreicht diese Verdoppelung des Portals die Wahrnehmung des Staatsratsgebäudes und des

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vom Bundestag beschlossenen Humboldt-Forums als unterschiedliche Manifestationen der Schlossrezeption durch die jeweiligen politischen Eliten. Sie eint nur der offensichtliche Drang, sich für die gewünschte Umgestaltung des einstigen Berliner Machtzentrums physisch am Preußenschloss abzuarbeiten. Vergleicht man die Funktion der Spolien der zwei ungleichen Staatsbauten – dem Konstantinsbogen und dem einstigen Staatsratsgebäude –, so haben sie gemeinsam, dass die wiederverwendeten Bauglieder dazu dienen, sich in einer Phase der gesellschaftlichen Neuerung aus legitimatorischen Gründen materiell mit positiv gedeuteten Traditionen der Vergangenheit in Beziehung zu setzen. Der Konstantinsbogen bezieht sich dabei auch in der Großform auf diese bauliche Tradition, während das Staatsratsgebäude sich sogleich als zeitgenössische Architektur zu erkennen gibt, da der Bruch mit der Vergangenheit den Sinn des Gebäudes mit konstituiert. Erst auf den zweiten Blick wird die Bedeutung der Spolie für den Gesamtentwurf deutlich, was den Berliner Bau dann doch wiederum mit dem anders gearteten römischen Bogen verbindet, wo die Spolien – und damit deren hohe Bedeutung für den Entwurf – insgesamt auch erst auf den zweiten Blick ersichtlich werden. Auftraggeberschaft und deren intendierte Aussage sind in Berlin leichter zu erschließen als in Rom, in beiden Fällen fördern aber die Spolien Ambiguitäten: Unterschiedliche Gruppen konnten deren Präsenz immer unterschiedlich lesen und machten das erst recht, wenn die Staatsmacht, die als Auftraggeber hinter dem Staatsgebäude stand, weggebrochen war.

Beute und Trophäe Der Konstantinsbogen soll auch für die Diskussion eines zweiten für die Geschichte der Spolienverwendung zentralen Narrativs als Einstieg dienen. In der Genese des Bogens sah gegen Ende des Cinquecento Cesare Baronio (1538–1607), seit 1596 Kardinal und Bibliothekar der römischen Kirche, einen Triumph der ecclesia militans über die heidnische Tradition.106 Im vermeintlich christlichen Kontext des Triumphbogens soll die Wiederverwendung von Bildwerken mit Darstellungen paganer Kaiser die Überlegenheit der neuen Religion über das „Heidentum“ zeigen und dessen Bildgebrauch diskreditieren. Baronio beschwor einen – faktisch nicht zu bestätigenden – Bruch, den Konstantin als erster christlicher Kaiser vollzogen habe. Er bediente sich damit eines Topos, der bis auf den Biografen Konstantins, Eusebius, Bischof von Caesarea (313–339/40), zurückzuführen ist. Dieser konnte sich die vom Kaiser veranlasste Überführung zahlreicher berühmter Bildwerke aus

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19 Berlin, rekonstruiertes Portal IV am Humboldt-Forum

dem ganzen Reich in die neu gegründete Hauptstadt am Bosporus nur so erklären, dass Konstantin damit diese Statuen bloßstellen und lächerlich machen wollte: „Den abergläubischen Irrtum der Heiden beseitigte er [i.e. Konstantin] auf jede Weise. Daher wurden ihnen billig die Portale der Tempel in der Stadt entkleidet und auf Geheiß des Kaisers der Türen beraubt; anderen wurde das Dach zerstört, indem man die Ziegel wegnahm; von anderen wurden die heiligen Erzbilder, welche der Wahn der Alten lange Zeit anbetete, auf allen Plätzen der Kaiserstadt öffentlich vor aller Welt vor Augen gestellt, so dass sie denen, die sie sahen, zum schimpflichen Anblick dastanden […]. Völlig angefüllt wurde aber die Stadt, welche den Namen des Kaisers führt, mit dem, was im ganzen Heidentum durch kunstvolle Bearbeitung des Erzes geheiligt war.“107 Dass allein der Ortswechsel zur Verachtung der einstigen Götterbilder geführt haben soll, wird heute – ebenso wie die angebliche Spoliierung der Tempel – einhellig als Wunschdenken oder Argumentationsnotstand Eusebs interpretiert108 und ist ebenso wenig einsichtig wie die entsprechende Argumentation Baronios. Noch viel mehr als für den Konstantinsbogen gilt freilich für den nach Konstantinopel transferierten Statutenschatz, dass der veränderte Kontext eine andere Sicht auf die Statuen bezweckte: Diese hatten die fehlende Ortstradition zu kompensieren und sollten „der neuen Stadt am Bosporus als Nova Roma die Hoheitstitel des ersten Roms sichern“.109 Dass damit – ähnlich wie am Konstantinsbogen – imperiale und nicht pagane Tradition gemeint war, wird daran deutlich, dass bei Götterbildern, die sich bereits vor Ort befanden, nicht nur der Kontext, sondern auch Form und Funktion verändert wurden, um sie der neuen christlichen Hauptstadt anzupassen: Waren es für den Konstantinsbogen die Köpfe, die umgearbeitet wurden, so bei einer Statue der Göttermutter Rhea die Hände. Die „Verstümmelung“ kritisierend, beschreibt Zosimus im letzten spätantiken Geschichtswerk eines paganen Autors die veränderte Statue: „Während sie nämlich zuvor die Löwen zurückzuhalten schien, hat man sie jetzt in die Haltung einer Betenden umgewandelt, die ihre Blicke auf die Stadt richtet und sie beschirmt.“110 Baronios Darstellung des Konstantinsbogens und Eusebs Begründung für Kon­stantins Wiederverwendung berühmter Statuen und wichtiger Bauteile in der neuen Hauptstadt sind also primär Beispiele dafür, dass sich Spolien für eine zeitgemäße und den eigenen Intentionen zuträgliche Neuinterpretationen vortrefflich anbieten; sie sind damit Beiträge zu der von Ingo Herklotz eingeforderten „histoire imaginaire“ der Spolienverwendung,111 auf die zurückzukommen sein wird. Damit ist jedoch das Thema der Bauglieder, die tatsächlich von gegnerischen Bauten geraubt und als Trophäen neu inszeniert wurden, nicht vom Tisch. Trophäen: „In signum victoriae suae“

„Im Zeichen seines Sieges“ („in signum victoriae suae“) soll Herzog Robert Guiscard, der Anführer der Normannen, nach der Eroberung der zuvor arabisch

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20 Venedig, Piazzetta. Die beiden Spoliensäulen flankieren den Eingang zum Markusplatz und zur Stadt. Der Bronzelöwe auf der linken und die Theodorsstatue auf der rechten Säule sind ebenfalls Spolien bzw. aus Spolienteilen zusammengesetzt.

beherrschten Stadt Palermo im Jahr 1072 Marmorsäulen und eherne Türen aus der sizilischen Metropole in sein neues apulisches Stammland nach Troja geschafft haben.112 Auch vom Grab Mohammeds in Mekka wird berichtet, es sei „in signum victoriae“ mit der Verkleidung und mit Säulen des Grabs Christi verziert worden. Gemäß einem vom Benediktiner Chronisten Matthäus Parisiensis (gest.  1259) überlieferten Brief des Jerusalemer Patriarchen Robert 1187 habe man diese nach der Eroberung Jerusalems durch die Muslime abtransportiert.113 Ob tatsächlich Bauglieder von Jerusalem nach Mekka übergeführt und wie sie dort gegebenenfalls präsentiert wurden, wissen wir nicht. Auch wie Robert Guiscard die „Siegeszeichen“ in Troja zur Schau stellte, bleibt unbekannt, da von den Bauten und Platzanlagen der apulischen Stadt im 11. Jahrhundert kaum sichere Kenntnisse vorliegen.114 Wurden sie als Beutestücke ostentativ zur Schau gestellt und dabei ihre Fremdheit hervorgehoben, oder erfolgte die Aneignung durch die Dekoration eigener Bauten? Für beides liefert Venedig, wo Spolien im Hoch- und Spätmittelalter zentrale Instru­ mente staatlicher Repräsentation waren, Paradebeispiele, denen sich weitere Exempla aus anderen Zusammenhängen zur Seite stellen lassen. Die Platzgestaltung der im Osten durch den Dogenpalast begrenzten Piazzetta wird wesentlich von Spolien bestimmt 20. Im Süden zum Meer hin steht ein Paar mächtiger Granitsäulen, das aus Konstantinopel stammen soll und aufgrund der stilistischen Ähnlichkeiten der in den Sockeln dargestellten Berufe mit Skulpturen der Westfassade von San Marco wohl um die Mitte des 13.  Jahrhunderts aufgerichtet

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21 Venedig, Piazzetta. Die sogenannten Pilastri ­ acritani im Winkel ­z wischen der Südfassade von San Marco (links) und der Schatzkammer

wurde.115 Die östliche – dogenpalastseitige – Säule trägt auch bereits seit dem 13. Jahrhundert den Bronzelöwen, der vielleicht aus Kilikien stammt und durch die Flügel zum Markussymbol verändert wurde; die andere, westliche Säule ziert wohl seit dem 14. Jahrhundert eine Statue des Heiligen Theodor, die aus verschiedenen, mehrfach überarbeiteten antiken Teilen zusammengefügt ist.116 Ein Pendant zu den Säulen bildet am Nordende des Platzes vor der im 19.  Jahrhundert weitgehend erneuerten Südfassade von San Marco ein Pfeilerpaar aus Marmor. Es flankiert den einstigen Südeingang in den Narthex von San Marco und ist in einem auffällig auf Hell-Dunkel-Kontraste setzenden Stil, der es als Werke aus frühjustinianischer Zeit ausweist, floreal verziert 21.117 Hinzu kommt westlich davon ein als Pietra del Bando bekannter Säulenstumpf aus Porphyr. Er soll möglicherweise zusammen mit einem weiteren, heute im Kreuzgang des Klosters Sant’Apollonia aufbewahrten Säulenfragment zum selben porphyrnen Säulenmonument gehört haben wie die Tetrarchengruppe, die in die Südwest­ ecke der Schatzkammer eingelassen ist (S. 175).118 Die Marmorpfeiler galten spätestens seit der Frühen Neuzeit als Kriegstrophäen, die den Sieg der Venezianer über ihren Erzrivalen Genua mit der Einnahme der Stadt Akkon im Jahr 1258 kommemorierten.119 Diese Erzählung dürfte auch dadurch genährt worden sein, dass die Aneignung von Trophäen durch die Venezianer durch Schriftquellen belegt ist. In den genuesischen Annalen wird berichtet, der Dauerkonkurrent habe „einige Steine des Turms [der Genuesen] und die Türen dieses Turmes nach Venedig“ überführt.120 In der wenig nach dem Ereignis verfassten Chronik des sogenannten Templers von Tyros heißt es, der venezianische Verhandlungsführer Lorenzo Tiepolo habe zum Konsul von Genua gesagt, er werde Akkon nicht verlassen, „ohne einen Stein aus dem Fundament des Turms von Genua nach Venedig mitzunehmen“.121 Zur Perpetuierung der Akkon-Interpretation trug dann nicht zuletzt die Benennung der Werkstücke als pilastri acritani bei, was die Forschung

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bis ins 20.  Jahrhundert dazu verleitet hat, über den genauen Herkunftsort in Akkon zu spekulieren. Der österreichische Kunsthistoriker Otto Demus sah in seiner großen San-Marco-Monografie von 1969 in den Pilastern noch „monumental memorials“ des venezianischen Siegs vor Akkon.122 Im selben Jahr entdeckte man in Istanbul bei Bauarbeiten die Reste der Polyeuktoskirche, die von der Kaisertochter Anicia Iuliana um 526 gestiftet wurde und deren Bauplastik denselben unverwechselbaren Stil zeigt wie die Pfeiler vor San Marco.123 Diese dürften damit zur venezianischen Beute der Plünderung Konstantinopels im Vierten Kreuzzug 1204 gehört haben. Die Umdeutung zu Trophäen, die man dem Intimfeind Genua abgenommen habe, erfolgte spätestens im Cinquecento, als „Spekulationen zur Herkunft der Stücke und ihre legendenhafte Ausdeutung in den ‚Mythos‘ der Serenissima einflossen“.124 Als Trophäen von Akkon affirmierten sie die Macht der Serenissima über den traditionellen Gegner und hielten den Sieg über ihn auch dann noch in Erinnerung, als die damit postulierte Überlegenheit nicht mehr der realen Machtkonstellation entsprach. Zur Schau gestellte Trophäen sollen auch die beiden Porphyrsäulen vor dem Baptisterium von Florenz sein, die heute die dortige Paradiestür flankieren 109. Der Florentiner Kaufmann, Politiker und Chronist Giovanni Villani berichtet in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, dass die Stadt Pisa die Säulen im Jahr 1117 Florenz anlässlich der Eroberung der Balearen als „segnale del conquisto“ geschenkt habe, als Dank für den Pisa während der Abwesenheit seiner Kriegsflotte gewährten Schutz.125 Florenz habe dabei zwischen Metalltüren und zwei Porphyrsäulen wählen können. Sinnigerweise behängte man dann diese bis ins Quattrocento frei vor dem Baptisterium stehenden Trophäen 1362 mit den Hafenketten des früheren Verbündeten, die die Florentiner in jenem Jahr nach ihrem Sieg über Pisa dort entwendet hatten.126 Ebenfalls ein dem Feind geraubtes Siegeszeichen als Geschenk an den Verbündeten für die gewährte Unterstützung stellt das eher unscheinbare Trophäen­ ensemble in Assisi im Durchgang der Porta Santa Chiara dar 22.127 An der rechten Bogenwand sieht der von Osten in die Stadt Eintretende eine von zwei kleinen Säulenstümpfen flankierte Inschriftentafel, die den zu erinnernden Sachverhalt erläutert: „ISTE.SU(N)T.LAPIDES.S(EU).COLU(M)/PNE.MARMOREI.ACEPTE.DE/DUOMO:ARETII.Q(UE).ACCEPTE. / FUER(UNT).PER P(O) P(U)L(U)M.ASISII:IN.VI / CTO(R)IOSO.EX(ER)CITU:PERUSINO. / CON(N)TRA.ARETINOS.M:CCCXXX / V: DE.M(EN)SE.SEPTENBRIS“ („Dies sind die aus dem Dom von Arezzo verschleppten Steine oder marmornen Säulen, die für das Volk von Assisi weggenommen

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22 Assisi, Porta Santa Chiara. Im östlichen Stadttor kommemorieren eine Inschrift und zwei Fragmente von Säulchen aus Arezzo die Hilfe, die Assisi der Nachbarstadt Perugia bei der Eroberung Arezzos geleistet hat.

wurden durch das siegreiche Peruginer Heer gegen die Aretiner 1335 im Monat September“).128 Die zeitgenössische Chronistik bestätigt den Sieg der mit Assisi verbündeten Peruginer über Arezzo im Jahr 1335; Perugia nahm damals den noch außerhalb der Stadtmauern gelegenen Neubau des Doms von Arezzo ein, womit in diesem Fall die Herkunftserzählung der Spolien gesichert ist. Albert Dietl führt weitere Beispiele solcher Trophäen aus mittelalterlichen Kommunen in Italien an und konstatiert: „Spolien […] hielten ein dingliches, ‚sprechendes‘ Partikel des gegnerischen Stadt- oder Baukörpers materialiter im Stadtraum des Siegers präsent, der sie zur Verstetigung des eigenen Triumphs als Bauglieder und Bauschmuck für seine Repräsentation ‚dienstbar‘ machte. Sie machten das historische Ereignis der Besetzung und Plünderung gegnerischer Repräsentationsanlagen und feindlicher Stadträume manifest, die symbolisch der eigenen Topographie in fortwährender Aneignung einbeschrieben wurden.“129 Unter den konkurrierenden italienischen Kommunen des Mittelalters sind es schon aus logistischen Gründen hauptsächlich die Seestädte, in denen Trophäen eine besondere Bedeutung zukam. Neben Venedig, von dem die Rede war, ist es insbesondere Genua, das Rebecca Müller diesbezüglich exemplarisch untersucht hat.130 Anhand von Zeitstellung, Verweispotenzial und Anbringung unterscheidet Müller zwei Gruppen: Zum einen sind es die Beutestücke aus den genuesischen Expeditionen gegen die „Sarazenen“ im 12.  Jahrhundert, die bereits aufgrund ihrer Fremdheit Wirkung entfalteten und keiner zeitlichen oder örtlichen Spezifizierung der Herkunft bedurften. Dagegen ist ihr Anbringungsort mit ihrer Funktion eng verknüpft, finden sich solche Siegeszeichen über die „Ungläubigen“ doch durchwegs in den Kirchen. Anders dann die Trophäen im 13. und 14.  Jahrhundert, die von Siegen Genuas über die Konkurrenten Pisa und Venedig zeugen und die hauptsächlich an Stadttoren und Kommunalpalästen gezeigt wurden. In dieser Phase gewannen die (meist durch Inschriften vermittelten) Kenntnisse der Herkunft und früheren Funktion an Gewicht, um die intendierte politische Wirkung entfalten zu können. Zugleich trat die ästhetische Wirkung dieser Trophäen – zeittypisch – in den Hintergrund. Zeugnis der Zerstörung

23 Genua, Palazzo San Giorgio. Trophäe eines Löwenkopf-Wasserspeiers im Portaltympanon

Manche Trophäen sind nicht aufgrund ihrer besonderen Bedeutung am Herkunftsort, ihrer Schönheit oder Kostbarkeit oder als Zierde abtransportiert und einer neuen Verwendung zugeführt worden, sondern allein als Zeugnis der Zerstörung, um zu beglaubigen, dass das Herkunftsobjekt nicht mehr existierte. Verschiedene Beispiele dafür sind aus den Kämpfen der Seerivalen Genua und Venedig im

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13. und 14.  Jahrhundert überliefert. Ein sicheres Zeichen der Zerstörung ist es, wenn ein Quader des Fundaments zur Trophäe wird, wie das vom genuesischen Turm in Akkon nach der Niederlage gegen Venedig 1258 überliefert ist. Der gewaltige Stein wurde in der Vorhalle der Kirche San Pantaleon zur Schau gestellt und regte dort später zu neuen Geschichten an (S. 90).131 Kurz danach eigneten sich im Gegenzug die Genuesen Trophäen des venezianischen Palasts in Konstantinopel an, nachdem der byzantinische Kaiser Michael VIII. Palaiologos die Stadt 1261 zurückerobert hatte. Dieser übergab den verbündeten Genuesen gemäß den Annalen zum Jahr 1262 den „burgartig gebauten Palast“ der Venezianer, den sie sogleich „einschließlich der Fundamente“ unter musikalischer Begleitung zerstörten. Danach schickten sie „von seinen Steinen […] welche auf jenem Schiff in die Stadt [Genua], von denen einige sich noch im Kommunalpalast […] befinden“.132 Davon sind im heutigen Palazzo di San Giorgio noch mindestens der von Fabelwesen umgebene Löwenkopf-Wasserspeier aus prokonnesischem Marmor 23 – ein schlüssiges Zeichen im nahe bei Carrara gelegenen Genua, dass das Objekt aus der Ferne stammt – sowie zwei Löwenprotomen und zwei rosafarbene Steinquader „dall’area del Mediterraneo orientale“ erhalten.133 Rebecca Müller führt weitere spätmittelalterliche Beispiele von Spolien auf, die allein die Zerstörung ihres Herkunftsbaus bezeugen sollten – eine Praxis, die offensichtlich in den konkurrierenden Seestädten Italiens besonders verbreitet war.134 Schon zu Beginn der modernen Staatenbildung und der damit verbundenen Zeichensetzungen durch Denkmäler entwickelte sich die seither vielfältig wiederholte Praxis, die Trümmer der Zeugnisse der überwundenen Feinde für den Sockel eigener Triumphmonumente wiederzuverwenden. Im November 1793 empfahl der Maler Jacques Louis David dem französischen Nationalkonvent, „die zerschlagenen Trümmer“ der durch den revolutionären Bildersturm zerstörten „Standbilder, die Königtum und Aberglaube erfanden und 1400 Jahre lang vergötterten, zu einem Berg zusammenzutragen, der als Sockel für das Standbild des Volkes dienen“ solle, das „unseren Enkeln das erste von einem freien Volke erhobene Siegeszeichen seines unsterblichen Triumphes über die Tyrannen“ überliefere. „Zu einem verworrenen Haufen getürmt“ dienten diese Trümmer als Sockel, um „darüber die Riesengestalt des Volkes, des französischen Volkes, zu errichten“.135 Als Material der 15 Meter hohen Statue sah der Ausschuss, der zur Realisierung von Davids Anregung eingesetzt worden war, Bronze vor, obwohl damit „der Republik ein für die Verteidigung so notwendiges Metall“ entzogen würde.136 Doch sei man zur Überzeugung gelangt, dass die mutigen republikanischen Garden ausreichend Bronze von den Feinden erobern würden, um neben Kanonen auch noch ein Denkmal gießen zu können. Das Denkmal wurde aber schließlich nicht verwirklicht und die Trümmer des Bildersturms 1796 als Baumaterial verkauft. Das Prinzip, Spolien feindlicher Monumente für eigene Denkmäler zu verwenden, fand in der Moderne im Nachgang von Kriegen vielfache Nachfolge. Geradezu prädestiniert dafür war ein so stark ideologisch aufgeladenes Objekt wie das Tannenberg-Nationaldenkmal im ehemaligen Ostpreußen. Es war zur Erinnerung

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24 Berlin Pankow, Sowjeti­ scher Ehrenfriedhof Schön­holzer Heide. Die Säulen­ hallen mit den do­rischen Säulen, die aus der Reichskanzlei stammen sollen, heben sich auffällig vom übrigen Baubestand ab.

des deutschen Siegs über die russischen Truppen im August 1914 errichtet worden. Nachdem der Kaiser zuerst von der Schlacht von Allenstein gesprochen hatte, ging die Namensgebung schließlich auf einen Wunsch Paul von Hindenburgs zurück, der damit zugleich die Niederlage der Ritter des Deutschordens gegen die Polnisch-Litauische Union bei Tannenberg im Jahr 1410 kompensieren wollte. Seit 1934 enthielt das Monument zudem die Gebeine von Reichspräsident von Hindenburg und dessen Frau.137 Für die Aufladung des Monuments spricht auch, dass die Wehrmacht auf dem Rückzug vor der Roten Armee das „Reichsehrenmal Tannenberg“ selbst zu zerstören begann, um es nicht den Siegern zu überlassen. Das kleinteilige Material der Ruinen, insbesondere die Ziegel, wurden nach dem Krieg ganz pragmatisch zum Wiederaufbau der umliegenden Dörfer genutzt, während die Granitplatten des Innenhofs und der Hindenburggruft nach 1949 für das sowjetische Siegesdenkmal in Olsztyn (Allenstein), für den Bau des Warschauer Kulturpalasts, die Eingangsstufen zum Gebäude des Zentralkomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei und die Plinthe eines Partisanen-Denkmals verwendet wurden.138 Einer erneuten Spoliation nach 1989 entging das Material bisher. Neuerdings ist der Kulturpalast allerdings gefährdet, denkt doch die rechts-nationalistische PiS-Regierung daran, „dieses Relikt der kommunistischen Herrschaft aus dem Warschauer Stadtzentrum verschwinde[n]“ zu lassen.139 Das Siegesdenkmal

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in Olsztyn besteht ebenfalls noch; es wurde nach 1989 trivialisiert, indem man den einstigen Appellplatz zum Parkplatz umfunktionierte.140 In Berlin gehört zu den gängigen Erzählungen, die sowjetischen Ehrenmäler in Tiergarten, Treptow und Pankow seien mit Spolien aus Albert Speers Reichskanzlei errichtet worden. Biagia Bongiorno konnte in ihrer Untersuchung allerdings für die ersten beiden keine verlässlichen Belege oder auch nur aussagekräftige Hinweise dafür finden, weshalb sie von „‚eingebildeten‘ ideologischen Spolien“ spricht.141 Hingegen dürften im Ehrenmal im Volkspark Schönholzer Heide in Pankow die dorischen Säulen der Säulenhallen tatsächlich aus dem Hof der Neuen Reichskanzlei stammen. Allerdings wird die Herkunft nirgends thematisiert, sodass Bongiorno hier eine rein pragmatische Zweitverwendung des Materials annimmt.142 Auch wenn die hellen Säulenhallen deutlich in ihrer Andersheit gegenüber den übrigen Baukörpern des Ehrenmals in Erscheinung treten 24, ist die Evidenz, als Signum für die Zerstörung der Reichskanzlei zu zeugen, nicht gegeben. Es ist also bemerkenswert, dass die Erzählungen über solche Trophäenverwendungen häufiger sind als die tatsächliche Praxis; offensichtlich ist es ein eingängiges Narrativ, das den archaischen Brauch der Zerstörung des Hauses des besiegten Feinds und des Zeigens und Erinnerns dieser Tat durch Trophäen bis heute lebendig erhält. Auffällig oft ist in den schriftlichen Äußerungen zu den Trophäen als Zeichen der Zerstörung davon die Rede, dass die Herkunftsobjekte inklusive der Fundamente zerstört worden seien. Es geht also um die möglichst vollständige Eliminierung. Das gelingt in jenen Transformationsprozessen des Verschwindenlassens und Aufgehens in einem neuen Objekt am besten, in denen das Material ein- bzw. umgeschmolzen werden kann. Ex hostium manubiis oder ex aere captum ist der in die Antike zurückweisende Topos, wenn in der Renaissance für ein Bronzedenkmal Kanonen in den Schmelzofen geworfen wurden – ein Verfahren, mit dem man noch 1805 aus den Kanonen, die in der Schlacht von Austerlitz erbeutet wurden, die Reliefs der Siegessäule für die Place Vendôme hergestellt und das Ganze inschriftlich kommemoriert hat:143 „Neapolio Imp. Aug. / Monumentum Beli Germanici / anno MDCCCV / trimestri spatio ductV suo profligati / ex aere capto / gloriae exercitus maximi dicavit“ („Der erhabene Kaiser Napoleon hat dieses Andenken an den germanischen Krieg im Jahr 1805 aus dem erbeuteten Erz des Gegners, das unter seiner Führung innert drei Monaten niedergeschlagen worden war, zum Ruhme des Heeres geweiht“) Thematisiert wird dieses Verfahren auch am Reiterstandbild Ferdinando de’ Medicis auf der Piazza della Santissima Annunziata in Florenz, wo der Sattelgurt des Pferds eine Inschrift trägt, die behauptet, die Bronze der Statue sei von den (als Thraker bezeichneten) Türken erbeutet worden: DE METALLI RAPITI AL FERO TRACE. Aufgegriffen wurde der antike Topos des ex aere capto, der im 16. Jahrhundert als dem beginnenden Kanonenzeitalter eine erhöhte Aktualität gewann. Das Feindbild bleibt in der Inschrift mit der Bezeichnung Thrakien diffus; einen

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Aktualitätsbezug mögen die Zeitgenossen in der Einnahme der damals zum Osmanischen Reich gehörenden nordafrikanischen Stadt Bona (Annaba) durch die Flotte des Stephansordens im September 1607 und damit ein Jahr vor der Einweihung des Monuments gesehen haben.144 Zeichen der Verhöhnung und Erniedrigung

25 Chronik des Johannes Wick zum Jahr 1586 mit der Darstellung des Kanzellettners im Großmünster in Zürich, der aus Spolienplatten aus der Predigerkirche gebaut wurde. Zentralbibliothek Zürich, Handschriften, Ms. F 34, f. 51v.

Eine gesteigerte und ins Negative gewendete Form der Siegeszeichen sind sogenannte Schandmale, mit denen Objekte der Besiegten zu deren Verhöhnung in besonders entwürdigender Weise zur Schau gestellt werden. Bereits erwähnt wurde Eusebs Interpretation von Konstantins Statuenaufstellung in Konstantinopel, deren Argumentation allerdings – weil die Statuen durchaus zur Zierde des Orts angeordnet worden waren – nicht zu überzeugen vermag. Sehr viel expliziter veranschaulicht die über das „Heidentum“ triumphierende Kirche das viel zitierte Beispiel aus Gaza, wo Bischof Porphyrius im Jahr 402 den einstigen Haupttempel abbrechen und dessen Baumaterial zur Straßenpflästerung verwenden ließ, damit es „nicht nur von Männern, sondern auch von Frauen, Hunden, Schweinen und anderen Tieren“ mit Füßen getreten werde.145 In gleicher Weise sollen gemäß der spät­ mittelalterlichen bremischen Chronik 1220 die Bremer Bürger die Steine der zerstörten Burg des erzbischöflichen Stadtherren für die Pflästerung von Straßen verwendet haben, die zuvor nur einen Holzbohlen­belag hatten.146 Das Motiv kehrt wieder in der Französischen Revolution, wo für die seit 1795 Pont de la Concorde genannte neue Seine-Brücke Steine aus der zum Auftakt der Revolution gestürmten ­Bastille Verwendung fanden, „afin que le peuple put continuellement fouler aux pieds l’antique forteresse“.147 Möglicherweise spielte dieser Aspekt auch eine Rolle, als man im Zug der Reformation 1526 in Zürich in den Kirchen die Altäre und Sakramentshäuschen abbrach, das Material ins Großmünster als städtische Hauptkirche und Zentrum der Reformation überführte und dort für den Bau eines Kanzellettners verwendete 25.148 Jedenfalls berichtet der spätere Antistes und Nachfolger des Reformators Huldrych Zwingli, Heinrich ­Bullinger: „Und am 8.  July namm man die fronaltarstein zuo dem Frowenmünster, zuo Predigern, Barfüssern und Augustinern, und fürt sie zuo dem grossen Münster. Da ward ein nüwe Cantzel, uss ermellten steinen gebuwen: und ward der Alltarstein von den predigern, alls der längist was, in mitten geleit, das er fürgieng, in die Cantzel daruff jetzund der predicant stadt.“149

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Es werden mehr als die mit der Länge angesprochenen praktischen Gründe gewesen sein, die dafür sorgten, dass ausgerechnet die Altarplatte der ehemaligen Predigerkirche als Bodenplatte der Kanzel Verwendung fand. Fortan stand der reformierte Prediger auf einem „boden der cantzel und lättner“150, der aus Altarplatten der Kirchen der unterlegenen Altgläubigen gefertigt war. Ob dabei der Überwindungs- und Triumphgestus oder das Kontinuitäts­element  – „Prediger bleibt ‚Prediger‘“151 – im Vordergrund stand, sei dahingestellt und zeigt erneut die Ambivalenz von Spolien. Als verhöhnende Siegestrophäen sind aber gewiss jene jüdischen Grabsteine zu verstehen, die manchenorts im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit nach Judenpogromen und damit verbundenen Zerstörungen der jüdischen Friedhöfe nicht nur als willkommenes Baumaterial verwendet, sondern sichtbar mit der hebräischen Schrift nach außen verbaut wurden. In Regensburg, wo man den Tod Kaiser Maximilians, unter dessen Schutz die Juden im Reich gestanden hatten, im Februar 1519 zum Anlass nahm, die Juden aus der Stadt zu vertreiben, sind entsprechende Spolien mehrfach zusammen mit neuen Inschriftenplatten verbaut, die explizit an die Vertreibung als Sieg erinnern.152 Ebenfalls von einem jüdischen Grabstein stammte die Spolie, die am Westgiebel der Kirche der Zisterzienserabtei Altzella in Sachsen vermauert war. Nach Sturmschäden im Jahr 1335 wurde das Dach steiler erneuert und dafür der Giebel erhöht, was man noch in den Darstellungen der Ruine von Johann Gottfried ­Klinsky aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert ablesen kann. In dieser Erhöhung war der Grabstein als fassadenseitiger Abschluss der Traufe und als Übergang zum ersten Strebepfeiler vermauert, und zwar so, dass die hebräische Inschrift sichtbar war.153 Die inzwischen ausgebaute und geborgene Inschrift ist nur mehr fragmentarisch lesbar und nennt einen Isaak aus dem Hause Salomo sowie die Jahreszahl 5034, nach Gregorianischem Kalender das Jahr 1273. Heinrich Magirius bringt den Grabstein in der Aufmauerung des Giebels zusammen mit dem Judenpogrom an Fasnacht 1349 in Meißen und schließt daraus: „Wenn ein derartiger Stein nun an exponierter Stelle im Westgiebel einer Zisterzienserkirche auftritt, die 23 Kilometer von Meißen entfernt liegt, möchte man vermuten, dass dabei mehr als Material­ knappheit eine Rolle spielte.“154 Obwohl der Stein auf 18 Metern Höhe vermauert war, sei wohl erkennbar gewesen, dass er eine hebräische Inschrift trug. Auch wenn zu vermuten ist, dass die Fassade der Klosterkirche verputzt war, könnte der die Traufkante markierende Stein sichtbar geblieben sein. Der Transportaufwand wäre dann dadurch gerechtfertigt gewesen, dass wohl unmittelbar nach der

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26 Burg Lechenich der Kölner Erzbischöfe, 14. Jahrhundert. Bogenfries aus jüdischen Grabsteinspolien

27 Pleikershof bei Fürth. Ein amerikanischer Soldat liest im Kibbutz Nili (Hachschara), der nach der Niederlage des nationalsozialistischen Deutschlands auf dem ehemaligen Besitz von Julius Streicher eingerichtet wurde, die Inschrift eines als Schwelle verbauten jüdischen Grabsteins.

völligen Vernichtung der jüdischen Gemeinde dieser Inschriftenstein als „Siegeszeichen“, als Überwindung der Synagoge durch die Ecclesia präsentiert wurde. Diese Deutung erscheint zunächst plausibler als jene von Ulrich Klein für die Verwendung jüdischer Grabsteine für den Bogenfries der erzbischöflichen Burg Lechenich in Köln 26. Klein sieht sie als Signum des erzbischöflichen Judenschutzes; Wilhelm von Gennep, 1349–1362 Metropolit von Köln, habe die Steine den Kölner Plünderern abgenommen, die die Sedisvakanz im August 1349 zu einem Judenpogrom genutzt hatten.155 Wenn auch die Datierung der Baumaßnahme nicht gesichert ist und sich dem besagten Erzbischof zuschreiben lässt, gewinnt diese Interpretation, die das Deutungsspektrum in erstaunlicher Weise erweitert, durch den Parallelbefund auf der ebenfalls erzbischöflichen Burg Hülchrath in Grevenbroich an Gewicht. Dort wird das vorkragende Wehrgeschoss des einstigen Torturms von Konsolen getragen, die größtenteils aus Fragmenten jüdischer Grabsteine bestehen.156 Keiner der Steine datiert nach dem Kölner Pogrom vom Sommer 1349. Ein System des Zeigens der Steine oder ihrer Inschriften ist nicht erkennbar, vielmehr ist ihr Einsatz bautechnisch begründbar. Damit wird die Deutung plausibler, wonach der neu gewählte Erzbischof sich die Beute des Pogroms gesichert und die Steine für eigene Bauvorhaben verwendet habe, um zu zeigen, dass die Verletzung seiner Rechte und Privilegien „nicht tolerabel ist und keinesfalls auch noch zur Bereicherung der Täter führen“ dürfe.157 Dagegen hat man im pommerschen Parchim im 13. oder 14. Jahrhundert in der Marienkirche einen hebräisch beschrifteten Grabstein als Schwelle des Nordportals verwendet.158 Das erinnert an Bischof Porphyrius in Gaza, der dort seinerzeit das „Heidentum“ – repräsentiert durch die als Straßenpflaster wiederverwendeten Tempelquader – mit den Füßen treten ließ. Noch einen Schritt weiter ging man im 14. Jahrhundert in Regensburg mit der Zweitverwendung des Grabsteins der 1336/37 verstorbenen Gutel zum Schandmal „als finsterer Spott, Erniedrigung von Toten wie Lebenden“.159 Im Lochgefängnis des Alten Rathauses wurde er zur Sitzplatte des Aborts verarbeitet und damit in mehrfacher Weise entwürdigt. Gezielt an solche historischen Übergriffe angeknüpft haben dürfte der nationalsozialistische „Frankenführer“ Julius Streicher (1885–1946), als er in seinem von Franz Ruff in Formen des NS-Heimatstils umgebauten Landgut Pleikershof in Mittelfranken in einem Wirtschaftsgebäude als Schwelle eines Flügeltors einen jüdischen Grabstein einbaute 27. Zur Schmähung der Juden sollte auch hier

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als materieller Repräsentant der ganzen verachteten Gemeinschaft ein Grabstein mit Füßen getreten werden. Ein Schild im Hof mit der Aufschrift „Ohne Lösung der Judenfrage gibt es keine Lösung der Weltfrage“ ergänzte diesen – wie es der Denkmalkundler Detlef Knipping formulierte – „gebauten Antisemitismus. […] Die Spolie legte offen, was sonst als Subtext im Verborgenen lediglich mitschwang“.160 Könnte es sich beim spätantiken Beispiel aus Gaza erneut um die ideologische Aufladung einer möglicherweise pragmatisch motivierten Maßnahme durch den Berichterstatter handeln, so ist bei den anderen Fällen die intendierte Erniedrigung durch die Art der Wiederverwendung der Objekte evident. Besonders deutlich ist dies bei den erwähnten jüdischen Grabsteinen, wo die Ausgrenzung schon durch die Zurschaustellung der fremden Schrift im neuen baulichen Zusammenhang plakativ in Szene gesetzt wurde (S. 111). Die Schmähung ist doppelt wirksam und zielt sowohl gegen die Gemeinschaft, von der man weiß, dass für sie die Totenruhe und damit die Dauerhaftigkeit ihrer Friedhöfe bis zum Ende der Tage konstituierend ist, als auch auf die durch die Grabsteine repräsentierten Individuen. Über die Zurschaustellung hinaus geht das „Schandmal“, wenn die Spolie als Schwelle oder Ort der Entsorgung der Exkremente Verwendung fand und damit die angestrebte Schmähung über die körperliche Konfrontation mit dem Nutzer funktionierte. Angesichts des zuletzt vom „Frankenführer“ und Herausgeber von Der Stürmer explizit antijüdisch inszenierten „Tretens mit Füßen“ wird nachvollziehbar, warum sich die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München, Charlotte Knobloch (geb.  1932), im Streit um die sogenannten Stolpersteine gegen diese ebenerdige Form des Erinnerns an deportierte Juden wendet.161 Auf eine frühneuzeitliche Gruppe eigentlicher Schanddenkmäler für die Niederschlagung von Aufstandsversuchen, die oft mit Spolien errichtet wurden, hat Dietrich Erben aufmerksam gemacht. Es handelt sich um Monumente, die aus naheliegenden Gründen nur kurze Zeit existierten und heute alle nur durch Berichte und Zeichnungen überliefert sind. In Neapel ließ der spanische Vizekönig, wie man vom Bericht des damaligen venezianischen Botschafters weiß, 1585 nach einer Hungerrevolte das Haus eines Anführers des Aufstands zerstören und an dessen Stelle aus Abbruchmaterial ein Denkmal errichten, in dem auch die Kopftrophäen der Aufständischen zur Schau gestellt wurden.162 Eine Inschrift nannte den Auftraggeber und den Grund der Denkmalsetzung. 20 Jahre zuvor hatte 1568 auch der Herzog von Alba in Brüssel das Palais Culembourg, in dem sich die gescheiterten und dann hingerichteten Aufständischen versammelt hatten, niederlegen und am Ort ein Schanddenkmal aufrichten lassen.163 Neapel war 1647 nochmals Schauplatz der Errichtung eines Schanddenkmals: Nachdem die sogenannte Masaniello-Revolte zuerst erfolgreich war und der Vizekönig Privilegien zugestehen musste, sollten diese in Inschriften am Fuß eines Standbilds des spanischen Königs verewigt werden. Vor der Vollendung dieses Denkmals führte die Restauration zum Widerruf der Zugeständnisse, womit die Errichtung eines Schanddenkmals unter Verwendung der Inschriftentafeln verbunden war.164 Monumente, die die Niederschlagung von Aufstandsversuchen kommemorierten, sind aus dem

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16. und 17. Jahrhundert auch aus Paris, Frankfurt und weiteren Orten bezeugt. Sie dienten der Abschreckung, waren Zeugnisse und Mittel der Ereignisbewältigung und Gesten der Überlegenheit. Allerdings greift die Ambivalenz der Spolien auch im Fall der einstigen „Schandmale“. Erben spricht von der subversiven Dialektik des Denkmaltypus, die davon geprägt ist, „dass mit dem obrigkeitlichen Überlegenheitsgestus stets auch die Erinnerung an den Widerstandswillen der Untertanenschaft bewahrt wurde“.165 Das ist auch ein Grund, warum solche Monumente eine begrenzte Existenzdauer hatten; einzelne wurden im Zug von Aufklärung und Revolution durch Ehrenmale ersetzt. Ähnlich bei den antijüdischen Denkmälern der Verhöhnung und Erniedrigung. Die als Herabsetzung intendierte unmittelbare physische Konfrontation mit den Passanten und Nutzern findet nicht mehr statt; die Schwelle in Streichers Pleikershof wurde nach dem Sieg über die Nationalsozialisten ausgebaut, der Abort im Alten Regensburger Ratshaus ist längst außer Betrieb. Die als Trophäen vermauerten Inschriften erinnern heute an die Vertreibung der Juden; als materielle Zeugnisse belegen sie aber auch überhaupt die Existenz der jüdischen Gemeinde im mittelalterlichen Regensburg. Die „Schande“, die diese Male kommemorieren sollten, ist zur Schande jener geworden, die sie einst als Triumphzeichen verbaut haben. So sind denn auch im Zusammenhang mit diesen jüdischen Grabsteinen in jüngerer Zeit mehrfach die Worte des Propheten Habakuk (2, 11f.) zitiert worden: „Denn auch die Steine in der Mauer werden schreien, und die Sparren am Gebälk werden ihnen antworten. Weh dem, der die Stadt mit Blut baut und richtet die Burg auf mit Unrecht.“

Translatio und Renovatio Ein beliebtes und oft von Schriftquellen gestütztes Erklärungsmuster für die Spolienverwendung ist eine mit dem Transfer des Materials einhergehende Übertragung von Bedeutungszuweisungen und Ansprüchen. Die von Konstantin bis Constantius  II. überlieferte Spoliierung Roms zur Ausstattung von Konstantinopel als Secunda Roma wurde schon angesprochen (S.  40). Der Topos der Nova Roma entfaltete auch darüber hinaus Wirkung, und erneut sollten Spolien diesen Anspruch bekräftigen: Wie ebenfalls schon erwähnt, erbat Karl der Große als erster nachantiker Imperator schon Jahre vor seiner Kaiserkrönung im Jahr 787 von Papst Hadrian die Erlaubnis, für die Marienkirche seines Palastkomplexes in Aachen Säulen, Marmore, Skulpturen und Mosaiken aus Rom und Ravenna beschaffen zu dürfen 28. Die Anfrage Karls ist nicht erhalten, nur die zustimmende päpstliche Antwort ist überliefert.166 In der Lebensbeschreibung Karls begründet sein Biograf Einhard die imperialen Spolien im Abschnitt über Karls Frömmigkeit damit, dieser habe die Säulen und Marmore anderswo nicht bekommen können, daher habe er sie aus Rom und Ravenna herbeischaffen lassen („At cuius structuram cum columnas et marmora aliunde habere non posset. Roma atque Ravenna devehenda curavit“).167 Am Material an sich wird es allerdings nicht gelegen haben, dass es sich zwischen Aachen und Ravenna nirgendwo finden ließ, zumal ein großer Teil der für die Pfalzkapelle verwendeten Steine aus römischen Bauten der Gegend

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stammten.168 Der Grund lag weniger im Materiellen als im Ideellen; nur so ist einsichtig, warum es gerade die altehrwürdigen Kaiserresidenzen Rom und Ravenna waren, die das Gesuchte bereithielten. Aus Ravenna ließ Karl Jahre später auf der Rückreise von der Kaiserkrönung auch die als Reiterstandbild des Ostgotenkönigs Theoderich identifizierte vergoldete Bronzeskulptur des Rex Italiae mit Schild und Lanze nach Aachen überführen. Mit der Aneignung der in der ravennatischen Bischofschronik des Agnellus hoch gelobten, von Walafrid Strabo dann aber 829 in einem Gelegenheitsgedicht zum Hassobjekt erklärten Reiterfigur setzte Karl ein Zeichen, um legitimatorisch an den Ruhm des Ostgotenkönigs als „Wächter des lateinischen Reiches“ („Latiaris custos imperii“) anzuknüpfen.169 Expliziten Bezug auf Ravenna nahm er auch mit der Bauform der Pfalzkapelle in Aachen, die die ravennatische Kirche San Vitale zitiert.170 Der Grundriss des oktogonalen Zentralbaus mit doppelgeschossigem Umgang sowie der Aufriss mit den doppelgeschossigen Pfeilerarkaden mit jeweils zwei eingestellten Säulen machen die Sukzession evident. Neuanfertigungen für die Pfalz rekurrierten auf römische Techniken und Monumente, sodass die Spolien eingebunden waren in zitathafte neue Werkstücke.171 Historisierende Neuanfertigungen und alte Stücke – spolia in re und spolia in se – amalgamierten zu einem als Legitimationsbeweis inszenierten Gesamtwerk. Von Rom zum neuen Zentrum

Die programmatische Absicht des Spoliengebrauchs und die große Bedeutung, die den Objekten aus den Kaiserresidenzen zugedacht war, wird besonders deutlich angesichts des logistischen Aufwands, den der Transport aus Italien über (oder um?) die Alpen nach Aachen bedeutet haben muss, auch wenn die Säulen mit 13 und 15 römischen Fuß Höhe (3,85 und 4,45 Meter) wohl von der Innenausstattung eines römischen Bauwerks und nicht von dessen tragender Struktur stammten.172 Die karolingischen Quellen sagen zum Transport nichts aus. Allerdings wissen

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28 Aachen, Dom. Oktogon der ehemaligen Pfalzkapelle nach Osten

wir aus den spätkarolingischen Berichten der Wunder des Heiligen Germanus in Auxerre, wie gefahrenvoll man die Reisen auf der Rhone einschätzte, auf die zwei Mönche geschickt wurden, um in der Provence antike Spolien für den Neubau des heimischen Klosters zu beschaffen – und wie triumphal die Fratres empfangen wurden, als sie erfolgreich zurückkehrten.173 200 Jahre später thematisiert Leo Marsicanus in der Chronik der Abtei Montecassino die Mühen und Kosten eines Säulentransports über die sehr viel kürzere Strecke von Rom nach Montecassino. Der dortige Abt Desiderius (1058–1086; danach 1087 kurze Zeit bis zu seinem Tod Papst Victor  III.) orientierte sich im Zeichen der Kirchenreform auf unterschiedlichen Ebenen am frühchristlichen Rom; mit Desiderius begann gewissermaßen die Renovatio Romae, auf die später zurückzukommen sein wird (S. 60f.).174 Im Zeichen der angestrebten Reform reiste er in Hinblick auf den Neubau seiner Abteikirche von Montecassino 1086/87 nach Rom, „wo er sich mit seinen besten Freunden in Verbindung setzte und viel Geld ausgab, um zahlreiche Säulen, Basen und Kapitelle sowie Marmorwerkstücke verschiedener Farben zu erwerben und alle diese Dinge mit größtem Mut von der Stadt zum Hafen transportieren zu lassen. Per Schiff ging es dann vom römischen Hafen weiter auf dem Meer bis zum Turm von Gargliano und von da nach Suio. Von dort ließ er sie nicht ohne große Mühen mit Karren hochbringen. Und um den Enthusiasmus der Frommen und Gläubigen zu würdigen, transportierten die Bürger/Städter in großer Zahl mit eigener Kraft und auf eigenen Schultern die erste Säule über die Berghänge hoch“.175 Leo Marsicanus fügte noch an, dass der Weg zum Kloster damals noch steiler, enger und bewaldeter gewesen sei, was die Mühen zusätzlich vergrößert habe. Werden hier in der Chronik die Anstrengungen des Spolientransports deutlich, hebt ein dem Dichterbischof Alfanus zugeschriebenes zeitgenössisches Lobgedicht auf den Abt diese translatio als Gabe der Roma hervor: „Tribuit sua marmora Roma / quibus est domus ista decora“ („Rom trug mit seinem Marmor zur Zierde dieser Kirche bei“).176 Ein zweites Lobgedicht auf den Abt unterstreicht diesen Rombezug: „Omnis ab Urbe columna fuit“ („Alle Säulen stammten aus Rom“).177 Nochmals 60 Jahre später erwog ein weiterer bedeutender Abt auf der Suche nach angemessenen Säulen für den Neubau seiner Kirche, sich in Rom zu bedienen: Abt Suger von Saint-Denis (1122–1151) berichtet in seinem Werk über die Weihe seiner neuen Abteikirche (De consecratione, 20), dass er anfänglich in der Gegend keine passenden Säulen für sein Neubauprojekt gefunden, hingegen in Rom in den Diokletians- und anderen Thermen wunderbare Säulen gesehen habe. Suger schildert, wie er sich schon im Geiste mühte, diese Objekte „über das Mittelmeer mit sicherer Flotte und weiter über das englische Meer und durch die windungsreiche Biegung des Seine-Flusses unter großem Aufwand der Freunde, auch unter freiem Geleit der Feinde, der benachbarten Sarazenen“ nach Saint-Denis bei Paris zu schaffen, dass er dann aber doch durch „die großzügige Freigebigkeit des Allmächtigen“ in Pontoise einen passenden Steinbruch gefunden habe und sich damit die Strapazen und Kosten des Transports ersparen konnte.178 Hinzu kommt, dass

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gerade im Zug der Renovatio Romae der Zugriff auf prominentes antikes Baumaterial in Rom im 12. Jahrhundert nicht mehr so einfach war wie noch im Saeculum zuvor. Unterschiedliche Schriftquellen machen deutlich, dass nun die Päpste das einst imperiale Prärogativ der Verfügungsgewalt über die öffentlichen Bauten und den ornatus der Stadt wieder durchsetzten.179 Während Suger angesichts der Herausforderungen kapitulierte, hatte sich Karl gut 300 Jahre zuvor nicht mit dem im Rhein-Mosel-Gebiet vorhandenen antiken Baumaterial zufriedengegeben. Zwar gibt es aus Trier und Köln hoch- und spätmittelalterliche Berichte, wonach Karl aus der jeweiligen Stadt für die Aachener Pfalz Spolien bezogen habe. In den Gesta Treverorum heißt es, Karl habe viel Marmor und mehrere Mosaiken aus Trier in seinen Aachener Palast transportieren lassen: „Karolus multum marmor et museum plurimum de Treberi ad Aquis palacium vexit.“180 Und in Köln zitiert ein Rotulus von 1329 den Dechanten Arnold von Born damit, Kaiser Karl habe für seine Aachener Marienkirche – die zum Bistum Lüttich gehörte – viele Marmorsäulen aus der Kirche Sankt Gereon erhalten: „quod imperator Karolus ad fundendam ecclesiam beate [Marie in] Leodiensi Diocesi recepit multas columnas marmoreas de loco ecclesie sancti Gereonis“.181 Allerdings bezeugen diese 400–500 Jahre nach dem Ereignis verfassten Berichte weniger Geschehnisse aus karolingischer Zeit als aktuelle Ansprüche der berichtenden Institutionen zur Entstehungszeit der Schriften – Ansprüche, die immer gerne mit dem großen und inzwischen heilig gesprochenen Kaiser abgestützt wurden. Dass man diese Verbindungen mit angeblichen Spolienlieferungen untermauerte, zeigt einmal mehr das symbolische Gewicht dieser Praxis. Bleiben wir bei den karolingischen Quellen, musste für Karl das Material aus den ehemaligen römischen Kaisermetropolen stammen. Darin schon die materielle Vorbereitung der Translatio Imperii, die dann mit der Krönung zu Weihnachten 800 vollzogen wurde, und damit gleichsam imperialen Anspruch sehen zu wollen, wäre für die Anfrage im Jahr 787 allerdings überzogen. Denn auch wenn man Einhards Bescheidenheitstopik, wonach Karl von der Kaiserkrönung in der Weihnachtsmesse überrascht worden sei, keinen Glauben schenken muss, ist sich die Forschung doch weitgehend einig, dass die Kaiserkrönung kein Resultat eines schon mehr als ein Jahrzehnt zuvor gefassten Masterplans war. Aber der Aspekt der Restitution des Römischen Reichs wird auch zu Karls Legitimität ein wesentlicher Antrieb gewesen sein; deshalb auch der Rekurs auf Ravenna, den Sitz des als „Wächter des lateinischen Reiches“ gerühmten Ostgotenherrschers Theoderich.182 In Aachen angekommen, wurde die Aufstellung der Säulen erst im Sommer 798 in einem Brief von Karls Berater Alkuin an den Herrscher erwähnt.183 Auch wenn Alkuin (an Karl als Adressat des Briefs) die Herkunft der Spolien nicht benennt, wurde dieses Wissen doch tradiert, sodass etwa Albrecht Dürer im Herbst 1520 in seinem Reisetagebuch notierte: „Zu Aachen hab ich gesehen die proportionirten seulen mit guten capitelen von porfit grün und rot gassenstein, die Carolus von Rom dahin bringen lassen und do einflicken.“184 So mag es erstaunen, dass nach der Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch das revolutionäre Frankreich im

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29 Frans Vervloet, Emporenumgang des Oktogons in Aachen, um 1818. Es fehlen die in die Bogen eingestellten Spoliensäulen, die unter Napoleon nach Paris abgeführt wurden. Städtische Sammlung Aachen

Jahr 1794 die Säulen zwar von einer Kunstkommission, der unter anderem der Architekt Charles de Wailly angehörte, konfisziert, ausgebaut und nach Paris überführt wurden, diese aber dort offensichtlich einen Bedeutungsverlust erfuhren, da sie in Napoleons imperialer Inszenierung nie eine Rolle spielten.185 Zumindest ist das in französischen Quellen nicht nachweisbar und aufgrund des Umgangs mit den Objekten in Paris auch nicht zu erschließen. Dabei berief sich Napoleon durchaus auf Karl den Großen und reiste vor seiner Krönung im Herbst 1804 für zehn Tage nach Aachen, wo er sich als Wiederkehrer Karls feiern ließ: „[…] La ville revoit son patron / Oui, c’est bien lui qui, sous un autre nom / Nous rend des jours prospères / Comme en ont vu nos pères.“186 Napoleon besichtigte in der Pfalzkapelle – der damals nota bene die nach Paris verschleppten antiken Säulen fehlten 29187 – den angeblichen Thron Karls, außerdem wurden ihm Karls als Reliquien verehrte Gebeine gezeigt, und der Bischof des kurz zuvor neu gegründeten Bistums Aachen schenkte der Kaiserin den sogenannten Talisman Karls, einen als Anhänger gefassten Bergkristall mit eingelegten Haaren der Gottesmutter Maria.188 Auch nutzte Napoleon sehr wohl frühmittelalterliche Herrschaftszeichen oder das, was er dafür hielt, für seinen Kaiserkult: In den 1653 im Grab Childerichs gefundenen Zikadenfibeln vermutete er Herrschaftszeichen des ersten Merowingerkönigs, weshalb er – das Missverständnis verdoppelnd – als Ersatz für die bourbonischen Lilien seinen Krönungsmantel mit Bienen schmücken ließ, um damit die fränkischen Wurzeln seiner imperialen Herrschaft zu veranschaulichen.189

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Dass die architektonischen Spolien aus Aachen, die Karls Rombezug repräsentierten, für Napoleons Kaiserkult keine Rolle spielten, dürfte damit zu erklären sein, dass dieser für die Inszenierung seiner imperialen Rom-Referenz nicht des Umwegs über Aachen bedurfte. Sowohl in der Architektur – am augenfälligsten mit dem Triumphbogen – als auch in den aus der urbs requirierten Kunstgegenständen nahm Napoleon direkt auf die antike Metropole Bezug. Nach Rückführung der geraubten Spolien 1815 nach Aachen verblieben einige Stücke im Louvre, wo sie weitgehend vergessen und erst im Zug des verstärkten Forschungsinteresses an der karolingischen Bauplastik in den 1960er Jahren wieder entdeckt wurden. Die genaue Untersuchung der Kapitelle ergab dabei, dass es sich um karolingische Neuanfertigungen im antiken Stil handelt.190 Da bereits bei der späten Wiedereinsetzung der Säulen in Aachen vorwiegend aus ästhetischen Gründen neue Schäfte und Kapitelle angefertigt wurden und einzelne Spolien im Lauf des 19. Jahrhunderts für liturgisches Mobiliar Verwendung fanden, ist der heutige Bestand in der Pfalzkapelle ein nicht einfach durchschaubares Kompositum aus römischen und ravennatischen Spolien sowie karolingischen und modernen Neuanfertigungen, während andere Spolien im Lapidarium in Aachen und im Rheinischen Landesmuseum in Bonn ausgestellt sind.191 Translatio als feindliche Übernahme

Ließ Karl der Große gezielt signifikante Objekte aus den einstigen Metropolen des untergegangenen Imperiums in das neue Zentrum seines bald auch imperialen Frankenreichs überführen, so war ein Vierteljahrhundert zuvor die translatio Antiochiens als feindliche Übernahme durch den Sassanidenherrscher Chosrau (gest. 579) in einem deutlich größeren städtebaulichen Maßstab erfolgt. Eine im 8. Jahrhundert in Syrien im Kloster Zuqnin kompilierte Chronik berichtet, die Perser hätten Antiochia niedergebrannt, von den Mauern der Gebäude die Marmorplatten entfernt und diese mitgenommen, um in ihrem Land eine Stadt wie Antiochia aufzubauen, die sie auch so benannt hätten.192 Die etwas jüngere Geschichte der Propheten und Könige von Al-Tabarî fügt hinzu, Chosrau habe Antiochia erobert und befohlen, einen exakten Plan der Stadt aufzunehmen mit der Zahl der Häuser, Straßen etc., um in seinem eigenen Herrschaftsgebiet in der Nähe von al-Mada’in (= Ktesiphon) im heutigen Irak eine Kopie von Antiochia aufzubauen. Diese sei als al-Rumiyyah (= Rom) bekannt und exakt nach dem Plan Antiochiens – dem greifbaren Repräsentanten Ost-Roms – erbaut. Dorthin seien auch die Bewohner von Antiochia umgesiedelt worden, die in der neuen Stadt genau das ihnen Bekannte angetroffen hätten, so als hätten sie ihre Stadt nie verlassen.193 Anders interpretierte ein griechischer Bericht die sassanidische Spolienverwendung: Theophylactus Simocatta berichtete im frühen 7. Jahrhundert, Justinian habe einst Chosrau mit griechischem Marmor, Bauleuten und Handwerkern beliefert, um ihm mit römischer Expertise einen Palast in der Nähe von Ktesiphon zu errichten.194 Der byzantinische Apologet konnte sich und seinem Publikum einen Ort mit byzantinischen Gebäuden aus unüblich vielen einschlägigen Spolien nur so erklären, dass er von Griechen erbaut und damit vom Kaiser angeordnet oder zumindest abgesegnet

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30 Venedig, San Marco. Die Westfassade ist geprägt von einer Überfülle an Säulen und anderen Spolien, dennoch bildet die Fassade eine konsistente Einheit.

31 Venedig, San Marco. Seiten­portal der West­ fassade. Hier sind die Spoliensäulen in zwei Registern nach Größe, Marmorart und Gestalt gruppiert.

worden sei.195 Realiter zeigte Chosrau gerade mit der Translozierung der Stadt und ihrer Bewohner seine Macht über das Oströmische Reich, in dem er sich einen Teil davon aneignete und als Zeichen seiner Überlegenheit auch demonstrativ den Namen „Rom“ okkupierte. Dieser und der damit verbundene Topos der Nova Roma war folglich selbst jenseits der sich als Nachfolger Roms verstehenden Staatsgebilde wirkungsvoll und sogar für ihre Feinde attraktiv. Angesichts dessen, dass der venezianische Doge mit dem Vierten Kreuzzug, der bekanntlich nicht mit der Rückereroberung Jerusalems, sondern mit der Einnahme Konstantinopels endete, den Titel „Herr über anderthalb Viertel des ganzen (Ost) römischen Reichs“ („Dominus quartae partis et dimidie totius imperij Romanie“) erwarb, erweisen sich auch die bei dieser Gelegenheit massenhaft nach Venedig gebrachten Spolien, mit denen seit etwa 1220/1230 die Fassaden der „Staatskirche“ San Marco verkleidet wurden 30, als Aneignung im Zug einer translatio.196 In zwei Registern drängen sich vor und in den fünf nischenartigen Bögen der Westfassade rund 145 Säulen auf Schäften aus prokonnesischem Marmor, Verde antico, Porphyr und anderen kostbaren Materialien 31. „Nie zuvor hatte man eine solche Menge von Säulen an den Fassaden einer Kirche

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zusammengebracht. Es ist […] der größte erhaltene Bestand antiker Spolien an einem Bauwerk überhaupt.“197 Und es ging darum, diesen Reichtum auch zu zeigen, mit einer Überwältigungsstrategie, die bis heute ihre Wirkung entfaltet. Dass es nicht nur um die Zurschaustellung von Trophäen und Reichtum, sondern um mehr als materielle Aneignung ging, wird gerade daran deutlich, dass nach dem Verlust Konstantinopels durch die palaiologische Rückeroberung die Imitatio Constantinopoleos nicht abbrach, sondern ihren Höhepunkt erreichte: Der Doge Ranieri Zeno (1253–1268) kompensierte die Niederlage am Goldenen Horn mit gesteigertem Aufwand: Venedig wurde zum „quasi alterum Bysantium“.198 Die bereits angesprochenen Säulen der Piazzetta folgten den Diplokionion, die den Hafen am Westufer des Bosporus markierten. Auch wenn im Hinblick auf die Säulen der Piazzetta nirgends ein Beleg überliefert ist für jene talismanische Kraft, die ihren Gegenstücken in Konstantinopel zugeschrieben wurde, ist doch die Setzung des Löwen (um 1293) und der Theodorsstatue (um 1329) auffällig: Sie blicken jeweils nicht nach außen, sondern Richtung San Marco; Fabio Barry sieht darin einen Hinweis darauf, dass die Piazza San Marco quasi das Hippodrom und die Westfassade die Herrscherloge der byzantinischen Kaisermetropole simulierten.199 Spolien für den Aufschwung Roms

Auch Karls Renovatio Imperii erfolgte als translatio, als Übertragung der Vorstellung eines adäquaten Kaisertums aus dem ehemaligen Zentrum des Römischen ins neue Zentrum des Fränkischen Reichs, was die Spolien aus den Kaiserstädten Rom und Ravenna sinnreich veranschaulichten: „Der heilige Ort wird gleichsam in Teilstücken transferiert“, um den Architekturikonologen Günter Bandmann zu zitieren.200 Aber auch in Rom selbst wurden die renovationes, die Versuche, den alten Glanz zu erneuern, und der Anspruch, an die antike Größe anzuknüpfen, mittels Spolien unterstrichen. Rom lockte freilich nicht nur Kaiser und bedeutende Äbte mit Spolien, sondern war auch für viele kleinere lokale Bauherren ein Eldorado. Mit den sogenannten marmorarii sorgten konzessionierte Verarbeiter des antiken Steinmaterials mit Grabungen und Trümmerräumungen dafür, dass noch im Hochmittelalter stets neue antike Bauteile verfügbar waren.201 Peter Cornelius Claussen gibt daher zu bedenken, dass der Spolienbegriff für das hoch- und spätmittelalterliche Rom unglücklich sei, da der Aspekt des Wegnehmens bzw. Wegführens nicht zutreffe.202 Besser spreche man von Aneignung oder noch präziser von einer Umschichtung. Denn diese Marmormeister prägten in Rom, im Latium und bis nach Umbrien das Bauen aus Spolienmaterial, das sie einerseits als fertige Bauglieder, andererseits als Rohstoff für ihre Neuschöpfungen verwendeten, mit denen sie sich auch formal an der antiken Kunst orientierten 82, 137. Sie waren für die Architektur und Bauplastik der römischen Romanik stilprägend und trugen damit wesentlich zum Bild der Renovatio Romae bei. Den Grund für die extensive Spolienverwendung im hochmittelalterlichen Rom allein darin zu sehen, dass in der Gegend keine harten Gesteine anstehen und

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32 Rom, Casa dei Crescenzi, 12. Jahrhundert. Der Rückgriff auf Spolien und vermeintlich antike Formen sowie die Inschriften machen den Bau zu einem Hauptmonument der Renovatio Romae.

die antiken Trümmer omnipräsent waren,203 greift zu kurz und erklärt nicht, warum gerade im 12. Jahrhundert so extensiv sichtbar Spolien verbaut wurden und man sich mit den Neuschöpfungen am selben Formenkanon orientierte.204 Paradigmatisch für die Spolienverwendung im Zeichen der Kirchenreform ist der Transfer von acht ionischen Kapitellen des 3.  Jahrhunderts von den Bibliotheks-Kolonnaden der Caracalla-Thermen nach Santa Maria in Trastevere durch Papst Innozenz  II., der die Kirche 1140–1143 erneuerte. Während es, wie der Spolienerwerb von Abt Desiderius von Montecassino beispielhaft zeigt (S. 54f.), noch im 11. Jahrhundert ausreichte, ein paar gute Freunde in Rom zu haben, um zu Spolien zu kommen, setzte das im Zeichen der Kirchenreform erstarkte Papsttum im 12. Jahrhundert die Verfügungsmacht über die ornamenta Roms wieder durch. Die Verwendung der besonders schönen Kapitelle   82 in der Marienkirche in Trastevere interpretiert Kinney daher als Demonstration des Bauherrn, dass das einst imperiale Prärogativ nun in den Händen des Papsts lag.205 Die Säulenschäfte stammen nicht aus den Thermen, da die dortigen Schäfte zu klein waren für den geplanten Bau, sodass schließlich Spolienschäfte unterschiedlicher Herkunft verbaut wurden. Man dürfte sich hierzu in den Warenlagern der marmorarii bedient haben (S.  136). Die acht das Mittelschiff zierenden Kapitelle sind durch die Darstellungen der Köpfe von Isis, Serapis und Harpocrates im Zentrum des Abakus bzw. in den Voluten charakterisiert. Sie waren offenbar intakt bis zu der von Papst Pius IX. initiierten „Restaurierung“ der Kirche im Jahr 1870, als man den „heidnischen“ Bildwerken mit dem Hammer zu Leibe rückte.206 Voraussetzung dafür war die Kenntnis der paganen Ikonografie, die den mittelalterlichen Betrachtern unbekannt war. Die Besucher der Kirche im Mittelalter werden die paarweise angeordneten Kapitellbüsten christlich interpretiert haben, sei es als Adam und Eva, alttestamentliche Könige und Königinnen oder als Christus und Maria, wie sie im Apsismosaik der Kirche nebeneinander thronen.207 Die Reformbewegung des 12.  Jahrhunderts betraf neben Kirche und Papsttum auch das kommunale Selbstbewusstsein. Auch dessen Repräsentation des renovatio-Gedankens war in Rom mit der – nun (kommunal)politisch implizierten – Spolienverwendung verbunden, was explizit die sogenannte Casa dei ­Crescenzi verdeutlicht 32.208 Der heute dreigeschossige Ziegelbau, auch unter den Namen Palast des Pilatus, Casa di Cola di Rienzo und Torre del Monzone überliefert und seit dem 17.  Jahrhundert bildlich dokumentiert, ist wohl um die Mitte des 12.  Jahrhunderts entstanden.209 Konsolen mit bacchantischen Szenen, die von einem spätantiken Bau stammen, tragen ein skulptiertes Marmorgesims, das das Erdgeschoss abschließt. Dessen Südwand ist mit halbrund aus der Ziegelwand

(Be-)Deutungen

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33 Rom, Casa dei Crescenzi. Die Inschrift über dem Haupteingang, angebracht auf der Auflagefläche einer römischen Gebälkspolie, beschreibt wortreich das Bemühen des Bauherrn um die Wiedererweckung römischer Größe.

hervortretenden Vorlagen gegliedert, die eine Kolonnadenreihe evozieren. Über dem Gesims trugen weitere Spolienkonsolen einen heute nur mehr fragmentarischen Umgang des Obergeschosses. Zwei severische Bogenfragmente sowie ein um 90 Grad gekippter polygonaler Architrav dienen als Tür- und Fensterstürze sowie als Träger von Inschriften 33. Aus diesen Inschriften wird explizit deutlich, dass die wiederverwendeten Bauglieder an die einstige antike Größe der Stadt Rom erinnern und zugleich einen Beitrag bilden sollten, um diese wieder aufleben zu lassen. So versichert in einer langen, von ungedeuteten Siglen umgebenen Inschrift auf dem Türsturz der Bauherr Nicolaus wortreich in leoninischen Versen, er habe sein Haus nicht zum weltlichen Ruhm „als vielmehr aus dem Wunsch, das alte Dekorum Roms zu erneuern“ („quam Rome veterem renovare decorem“), errichtet.210 In der nachdichtenden deutschen Übersetzung von Ferdinand Gregorovius lautet die Inschrift wie folgt: „Nikolaus, dem dies Haus gehört, war des wohl eingedenk, dass der Ruhm der Welt eitel sei. Es zu erbauen, trieb ihn weniger Ehrgeiz als der Wunsch, den Glanz des alten Rom zu erneuern. In einem schönen Hause gedenke des Grabes! Und dass du nicht lang darin zu wohnen habest. Auf Flügeln fährt der Tod daher. Keines Menschen Leben ist ewig. Unser Bleiben ist kurz und federleicht unser Lauf. Ob du auch dem Winde entflöhest, dein Tor hundertfach verschlössest und mit tausend Wächtern umstelltest, doch sitzt über deinem Schlaf der Tod. Weiltest du in einem Schloss fast den Gestirnen nahe, doch wird dich, seine Beute, der Tod nur um so schneller daraus entführen.

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34 Rom, Casa dei Crescenzi. Antike Konsole mit einem Putto, der einen Hasen in seiner Rechten hochhält und hier möglicherweise eine Anspielung auf den Namen des Bauherrn Nicolaus darstellt

Zu den Sternen steigt das erhabene Haus. Seine Gipfel erhob von unten auf der Erste der Ersten, der große Nikolaus, um den Glanz seiner Väter zu erneuern. Hier steht des Vaters Name Crescens und der Mutter Theodora. Dies berühmte Haus baute für sein teures Kind und übergab es David derjenige, der sein Vater war.“211 Auf dem mit einem lesbischen Kyma geschmückten Bogensegment über einem zugesetzten Eingang auf der Südseite spricht eine zweite Inschrift die Passanten mit „Quirites“ – der antiken Bezeichnung der römischen Bürger – an und fordert die an der großartigen Konstruktion Vorbeigenden auf, an diesem Haus zu ergründen, wer sein Erbauer Nikolaus sei:212 „+ VOS Q(VI) TRANSITIS SEC(VS) OPTIMA TEXTA Q(VI)RITIS / HAC TEMPTATE DOMO Q(VI)S NICOLAVS HOMO“. Es ist anzunehmen, dass die seinerzeitigen Passanten den Bauherrn erfolgreicher zuweisen konnten als die moderne Forschung, der die zweifelsfreie Identifizierung des Nicolaus, Sohn eines Crescens, bisher nicht gelungen ist. Gegen die Annahme, in ihm ein Mitglied der vornehmen Crescenzi-Familie zu sehen, spricht der von Umberto Gnoli erbrachte Nachweis, dass deren Häuser alle nicht am Forum Boarium lagen, wo die Casa dei Crescenzi steht; Gnoli vermutete daher als Erbauer einen Nicolaus, der 1163 als römischer Senator gelistet ist und nimmt an, dieser sei offenbar Sohn eines Crescens gewesen.213 Dem soll zwar – gemäß dem zu seiner Zeit unangefochtenen Paläografen Bernhard Bischoff (1906–1991) – der paläografische Befund der Inschriften widersprechen, der in die Zeit um 1100 verweise.214 Allerdings ist das letztlich eine stilgeschichtliche Datierung; zu Recht erwägt Peter Cornelius Claussen gerade in diesem Kontext überdies gezielte Archaismen, sodass die Inschriften bewusst altertümlich daherkommen könnten.215 Denn in einer dritten Inschrift auf einem weiteren kymationgeschmückten Bogensegment über dem Fenster der östlichen Eingangsseite ruft in einer antikischen Kapitalis das Gebäude den Betrachter selbst an, bezeichnet sich als große Ehre für das römische Volk und weist auf ein Bildnis (effigies) des Erbauers und Vollenders hin.216 Ferdinand Gregorovius wusste von einer verschwundenen „Büste des Erbauers“ zu berichten, die am Eingang aufgestellt gewesen sei, nennt dafür aber keine Quelle. Er dürfte das wohl aus dem Distichon erschlossen haben, das ein solches Konterfei nennt.217 Nach allem, was wir über die Genese des nachantiken Porträts wissen, ist eine solche Büste aber unwahrscheinlich, sofern es sich nicht auch hier um eine antike Spolie gehandelt hat.218 Überzeugender ist daher die Deutung von Carmen Baggio Rösler,

(Be-)Deutungen

63

wonach es sich bei der Inschrift um den Bestandteil eines Bilder- und Namensrätsels gehandelt habe, zumal ja auch die zweite Inschrift etwas kryptisch zum Nachforschen nach dem Mann Nicolaus auffordert.219 Ausgangspunkt von Baggio Röslers Erklärungsansatz ist Thomas Weigels Interpretation einer ebenfalls rätselhaften, dort seitenverkehrten Inschrift aus dem 12. Jahrhundert am Blendbogenfries der Abteikirche Königslutter in Niedersachsen. Weigel brachte diese zusammen mit dem unmittelbar benachbarten Relief eines Jägers mit erlegtem Hasen und erkannte darin die „Signatur“ des oberitalienischen Bildhauers Nicolaus, dem der Königslutterer Fries auch stilistisch zuzuweisen sei.220 Das griechische nikos heißt Sieg, und nach der mittelalterlichen Ethymologie, die oft auch auf Lautähnlichkeiten basierte, könnte laos (= Volk) auch als lagos (= Hase) interpretiert werden, Nicolaus also zum „Hasenbesieger“ geworden sein. Tatsächlich zeigt an der Casa dei Crescenzi die Spolienkonsole direkt über dem Distichon mit dem Hinweis auf die effigies einen geflügelten Genius, der in der Linken einen Korb mit überquellenden Früchten, mit der Rechten aber einen Hasen an den Löffeln hochhält und somit als Hasenbesieger charakterisiert ist 34. Des Weiteren greift Baggio Rösler eine durch Claussen überlieferte Anregung von Andreas Beyer auf, der fragte, „ob die bacchantischen und Fruchtbarkeit evozierenden Darstellungen der figürlichen Konsolen sowie die Genien und Viktorien nicht mit Bedacht auf den Namen der Crescentier hin ausgewählt wurden“, also über das Wachsen und Gedeihen – italienisch crescere – auf den Namen Crescens alludierten.221 Die Spolienkonsole unmittelbar über der nach „Nicolaus, Sohn des Crescens“ fragenden Inschrift wäre damit ein in doppeltem Sinn zu lesendes Kryptonym auf den Erbauer des Gebäudes.222 Die Bedeutung der Spolien für die Renovatio Romae, die 1143/44 in der Neukonstituierung des römischen Senats gipfelte, wird in der Casa dei Crescenzi durch die Verknüpfung mit den Inschriften und der Aufmerksamkeit steigernden gelehrten Verrätselung überdeutlich. Die Antwort auf die in den antiken Stein eingeschriebene Frage nach dem zeitgenössischen Bauherrn liegt in der Entschlüsselung der Spolienkonsole. Anders als beim Hasenbesieger als „Nicolaus-Rätsel“ in Königslutter kommt hier durch die Spolien die für den renovatio-Gedanken zentrale zeitliche Dimension hinzu. Folgt man der plausiblen Interpretation von Baggio Rösler, muss man annehmen, dass in den bisher ungedeuteten Siglen, die die Hauptinschrift begleiten, ein ähnliches Rätsel schlummert. Klar erkennbar wird aus den Inschriften Nicolaus’ Bewusstsein von der Vergangenheit des römischen Glanzes, den er und seine Zeitgenossen nun mit beträchtlichem Aufwand und gestärktem Selbstbewusstsein zu erneuern suchten. Dazu gehörte es, Formen und Strukturen der Antike – nicht ohne Mühen, aber offensichtlich auch keineswegs wahllos – aufzugreifen, und das, was von den Bauten der Alten übrig war, aufzuheben und sichtbar darauf aufzubauen. Anders als bei den kirchlichen Baumaßnahmen im 11. Jahrhundert, in denen Claussen eher eine restauratio oder conservatio sieht,223 belegt Nicolaus’ Inschrift an der Casa dei Crescenzi, dass ein Bewusstsein von einem Bruch mit der Antike vorhanden war, und anders als die zwar reformbedürftige, aber doch eine durchgehende

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R. 259

Frankfurt

F R ANK F U RTE R ALLG E M E I NE ZE I TU NG

Tradition aufweisende Kirche war das aufkeimende

Neues im Alten Bürgerbewusstsein der Stadtbürger Roms tatsächlich entdecken

assen je Jahrgang haben

gen

2938 Wohnungen fertiggestellt. war der Wert vor elf Jahren, im 03, mit 3144 Wohneinheiten högen der hohen Genehmigungszahden vergangenen Jahren rechnet nungsdezernat auch für 2014 mit Fertigstellungszahlen. Die Erfahige, dass zwischen Genehmigung ollendung eines Wohngebäudes zwei bis drei Jahre liegen. Cunitz spiegelt sich die Entwickch in den Ergebnissen der Bürgerng aus dem Dezember 2013. So Zahl der Frankfurter, die mit dem ngsangebot unzufrieden sind, von ehn Prozent gesunken. „Diese Ere sind für uns allerdings kein Ruhesondern Ansporn, auch weiter mit uck die Wohnraumversorgung zu ern.“ rsch.

ezahlen

chreibt. An der Musikhochschule eispiel bestritten sie knapp zwei des gesamten Lehrangebots; an sischen Fachhochschulen liege der wischen 24 und 44 Prozent. Gewerkschaft verlangt, Lehrbeaufozialversicherungspflichtig zu been, wenn sie Daueraufgaben wahrn. Außerdem müsse ihre Vergüm tatsächlichen Arbeitspensum anund deutlich erhöht werden. Laut chem Landesamt gibt es an den hen Hochschulen insgesamt mehr Lehrbeauftragte; die Zahl der Pron liege bei knapp 3500. zos.

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etwas, das im Mittelalter ex nihilo wieder neu entwickelt werden musste.224 Der Einsatz von Spolien war Das Casino im Planungsdezernat ist rappelvoll. 500 Zuhörer sind gekommen, vielleicht mehr. Bauherren, Ardabei dasDezerMittel zur Überbrückung. chitekten, Projektentwickler,

Abschied von Amtsleiter Dieter von Lüpke

nenten im und außer Dienst, Kollegen aus dem Stadtplanungsamt. Die Verabschiedung von Leiter Dieter von Lüpke will sich keiner entgehen lassen. „Das ist eine Verbeugung“, sagt ein Gast. Von Lüpke selbst geizt nicht mit Dank, aber auch nicht mit klaren Worten. Dem Regionalverband hält er „Verzagtheit“ vor. In Zeiten des Wachstums werde die Konkurrenz zwischen Landwirtschaft, Gewerbe, Wohnen und Sozialem hart bleiben. Die Stadt brauche daher dringend ein integriertes Stadtentwicklungskonzept. Zu dessen Erstellung erteilt er ein paar Empfehlungen: Mit- und Querdenker einbinden, Kontroversen nicht scheuen, bereit sein für Veränderungen, Zeitfenster nutzen, langfristig denken, für Kontinuität sorgen und von anderen Städten lernen, die sich Dieter von Lüpke positiv entwickeln, etwa Zürich, Leipzig, aber auch Hanau. „Die Gesellschaft verändert sich“, sagt der Radfahrer, der sich vor 23 Jahren auf dem Fahrrad in der Stadt noch einsam fühlte. Die Kunst bestehe darin, das Neue im Alten zu entdecken. Sein Nachfolger und bisheriger Stellvertreter Martin Hunscher dankt von Lüpke für den Rat und den konzilianten Umgang. Planungsdezernent Olaf Cunitz (Die Grünen) lobt sein Ideenreichtum und Verhandlungsgeschick. „Es ist Ihnen gelungen, weitreichende Projekte auf den Weg zu bringen.“rsch.

Spolien zur Renovatio Urbis im 21. Jahrhundert

„Magie der Spolien: Historische Relikte sind das Gütesiegel der Frankfurter Altstadt“225 – so lautet eine der Überschriften, mit denen in Berichten zur sogenannDas Sandsteinportal stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. ten Neuen Altstadt in Frankfurt am Main während der Ein Stück Altstadt zieht um Planungs- und Bauphase immer wieder die zentrale Barocke Fassade aus dem Park des Liebieghauses wird am Markt eingebaut Im Museumspark des Liebieghauses Bedeutung wiederverwendeter Bauglieder für das steht ein Stück Altstadt. Das barocke Erdgeschoss des Gartenhauses Schillerstraße 13 wurde 1906 abgebrochen und Dom-Römer-Projekt genannte Bauvorhaben hervorgeam Liebieghaus ausgestellt, als Beispiel guter Handwerkskunst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Jetzt kehrt hoben wurde. Das Vorhaben knüpfte formal und topodie fünf Meter breite und dreieinhalb Meter hohe Sandsteinfassade zurück. Allerdings nicht an ihren historisch angegrafisch an das „postmoderne Wiederaufbaukonzept“ stammten Ort, sondern in das Gebäude mit der Adresse Markt 30: ein Neubau, der anstelle des „Alten Kaufhauses“ am Krönungsweg errichtet wird. Das Spiel am Römerberg an.226 Scheinbar die kleinteilige Parzelzwischen Alt und Neu hat seinen Reiz: Die Architekten Morger und Dettli haben ein Haus entworfen, dem man die lierung aus der Zeit vor den Zerstörungen des Zweiten zeitgenössische Handschrift ablesen kann. Die barocke Fassade ist eine der größten Spolien, wie die historischen Teile JedesWeltkriegs zweite Förderkind aufgreifend, sollte gemäß eines Magisgenannt werden, die in der Altstadt verbesucht Regelschule baut werden. Die Erdgeschossfassade tratsbeschlusses von 2007 auf der Betonplatte der hat drei von Schmucksteinen gekrönte Etwa die Hälfte der Kinder mit FörderAchsen: in der Mitte ein Eingang mit Bobedarf wird derzeit noch auf Fördergen, links und rechts davon zwei hohe schulenTiefgarage aufgenommen, die anderedes abgebrochenen Technischen RathauFensteröffnungen. Künftig wird man unHälfte besucht Regelschulen. Zum ter dem alten Bogen wieder ein GeSchuljahr 2012/2013 kamen nach Anschäft betreten können. Wer dort eingaben des Magistrats 231 Mädchen zieht, steht aber noch nicht fest. In den ses aus den 1970er Jahren mit Teilrekonstruktionen und Jungen mit Förderbedarf neu in oberen Etagen wird es Wohnungen geeine Regelschule und 227 in eine Förben. derschule. Auch im folgenden SchulGestern wurde das Stück genau veroder in einem offenen Architektenwettbewerb auserjahr hätten sich die Neuaufnahmen unmessen: Fachleute des Stadtvermesgefähr hälftig verteilt. Sonderpädagosungsamts haben mit einem 3D-Scan gischer Förderbedarf besteht in der ReMaß genommen und die Oberfläche digel, wenn bei einem Schüler eine Bekorenen Neubauentwürfen, die sich an den Kubaturen gitalisiert. Die Restaurierung und der hinderung oder starke BeeinträchtiEinbau sollen so erleichtert werden. gung festgestellt wird, etwa eine perDer poröse Sandsteinsockel stand im manenteder Lernschwäche oder emotiovormodernen Bebauung orientierten, die Altstadt Museumspark auf dem nackten Erdnale Störung. reich und ist „durchfeuchtet“, wie der Ein Ziel der Förderschulen, die früProjektleiter der Dom-Römer GmbH, her Sonderschulen hießen, ist die soge„wiedergewonnen“ werden. Dabei kam der WiederPatrick Brummermann, sagt. Der Sandnannte Rückschulung des Kindes, also stein wird entsalzt und der schadhafte sein späterer Übergang auf eine RegelMörtel ergänzt. Die Steine werden in schule. Allerdings möchte der Magisverwendung von Baugliedern aus jener verlorenen den nächsten Wochen zerlegt und in der trat, dass künftig mehr Kinder mit FörTiefgarage unter dem Dom-Römerderbedarf erst gar nicht auf eine FörDer Bogen wird in das Haus Markt 30 integriert. Areal gelagert. rsch. derschule kommen, sondern von Anneu aufgeführt werden sollte, von fang anBebauung, auf einer Regelschule unter- die richtet werden. Um ein entsprechendes flächendeckendes Angebot zu Tagesklinik für Hilfe bei Risikoschwangerschaft Anfang eine wichtige argumentative Rolle zu 35. schaffen, will die Stadt einenan Kooperapsychisch kranke Mütter Krankenhaus Sachsenhausen erweitert Geburtshilfe tionsvertrag mit dem Land abschließen und somit zu einer der hessischen Als erste Einrichtung im Rhein-Main-Ge„Modellregionen für inklusive SchulIn Einzelfällen waren die Spolien auch entwurfsrelebiet wird die psychiatrische Klinik „Bam- Im Krankenhaus Sachsenhausen sollen tert. Reitter will nach eigenen Angaben entwicklung“ werden. trau. mehr Kinder zur Welt kommen. Dafür berger Hof“ eine Tagesklinik für Frauen zum Beispiel Schwangere mit Diabetes, mit postpartalen Depressionen betrei- wird die Geburtshilfe nun als eigenständi- Adipositas oder Schilddrüsenerkrankunvant (S. 198). ben. Wie die Klinik der Vitos-Gruppe mit- ge Abteilung geführt, wie Krankenhausdi- gen betreuen. rektor Uwe Diehm gestern berichtete. teilt, leiden bis zu 15 Prozent aller Bei Verdacht auf Fehlbildungen des unModellregion Inklusion Als Chefärztin konnte das evangelische Schwangeren nach der Geburt an tiefer geborenen Kindes können Frauenärzte wird vorgestelltArchitekt Christoph Mäckler gefordert, Spolien Schon hatte Reitter gewin- 2006 Niedergeschlagenheit oder Angststörun- Stadtteilkrankenhaus Anke Patientinnen künftig an das der Medizini- Frankfurter 35 gen. Trotzdem habe es für die Betroffe- nen. Die Siebenundvierzigjährige gilt als sche Versorgungszentrum des KrankenBildungsdezernentin Sarah Sorge (Die Expertin für Steißlagen-Geburten und bishermedialen weder in Frankfurt noch im hauses überweisen. An zwei Tagen in der Innen der BegleiGrünen) will öffentlich erläutern, wie war zehn Jahre leitende „müssen Oberärztin an Rhein-Main-Gebiet eine teilstationäre Woche eingebaut bietet Reitter dort eine Spezialwerden, nicht als dekorative Elemente, sondern als Teile, die der gemeinsame Schulbesuch von KinBetreuung gegeben. Ein stationäres Ange- der Universitäts-Frauenklinik in Frank- sprechstunde an. Dafür wurden hochaufdern mit und ohne Behinderung zur tung Planung und furt. Nach Diehms Angaben sollen jetzt bot gibt der es am Klinikum Höchst. lösende Ultraschallgeräte angeschafft. Normalität werden soll. Dafür findet auch mehr onkologischeauch und minimal-benutzt Von November an hält die Vitos-Klinik Da das Krankenhaus kein Perinatalzenwerden. Wenn Sie so ein Kapitell irgendwohin setzen, so eine kleine am Montag, 17. November, eine InforRealisierung derMütter Neuen invasive Behandlungen in der Gynäkolo- trum ist, es also keine Kinder-Intensivstafünf Plätze für psychisch kranke mationsveranstaltung im Römer statt. gie möglich sein, die weiter von Philippbereit, deren Kinder im Alter von bis zu tion oder Kinderchirurgie hat, kooperiert Von 18 Uhr an will Sorge im PlenarAndreas Hessler geleitet wird. zwei Jahren mit versorgt würden. Eine kam dafür mit der Universitätskinderklinik. Frankfurter Altstadt saal die Kooperationsvereinbarung Knackees oder was auch immer, können Sie die nicht unter Glas tun“.227 Mäckler, Bisher verzeichnete die Klinik an der pädagogisch-pflegerische Fachkraft kümDas Krankenhaus Sachsenhausen sei mit dem Land vorstellen, auf deren Schulstraße 1000 Geburten im Jahr. Mit mert sich um die Kinder und kann die bisher ein „Geheimtipp“ unter SchwangeGrundlage Frankfurt zu einer der hessiden Spolien stets eine dem Ausbau wolle das Krankenhaus der Mütter bei Unsicherheiten beraten. „Die ren gewesen, die die familiäre Atmosphäschen des Modellregionen für inklusive 2009 zum Gestaltungsbeirats des Dom-Römer-Projekts beruin der Region Mutter-Kind-Beziehung ist bei depressi- steigenden Geburtenzahlder re in dem kleinenVorsitzenden Haus schätzten, sagte Schulentwicklung werden soll. „Bevor besondere Aufmerksamven Müttern häufig gestört“, sagt die Ärz- gerecht werden und möglicherweise weg- Reitter. Dies passe gut zu ihren eigenen die Kooperationsvereinbarung am tin und Klinikleiterin Barbara Bornhei- fallende Kapazitäten des Marienkranken- Vorstellungen. Trotz des Wechsels möch20. November in der Stadtverordnetenfen wurde, definierte fünf Punkte, die seiner Ansicht nach notwendig seien, um hauses ausgleichen, sagte Diehm. Die Gemer. Zwar gelinge es ihnen meist, die Bate sie ihre akademische Laufbahn weiterkeit und Bedeutung zu. versammlung beraten wird, möchte burtshilfe sei zwar wegen der hohen Haft- verfolgen. Nächstes Jahr will sie sich habibys zu versorgen, aber sie könnten keine ich allen Interessierten und BetroffeBeziehung zu ihnen aufbauen. Das soll- pflichtprämien teuer, aber sie passe gut litieren. Wissenschaftlich beschäftigt sie 7.11.2014. FAZ, nen die Möglichkeit geben, sich ausAngebot des ten sie in der Behandlung lernen. Die teil- zum familienorientiertenden unterden anderem mit der GebärhalOrtsich in Griff zu bekommen. führlich über das Konzept zurAls Inklusi- vierten Punkt nannte er, „dass erhaltene stationäre Therapie bietet laut Bornhei- christlichen Hauses. tung. Auf dem Rücken zu liegen sei nicht on und die geplanten Maßnahmen zu Mit dem Amtsantritt der Chefärztin mer den Vorteil, dass Mütter und Babys ideal. Besser sei die „aufrechte Geburt“, informieren und Fragen zu stellen oder am Abend und am Wochenende das Er- wurde das Angebot um Pränataldiagnosbei der die Frau stehe, knie oder im Vier- die originale Fassadenteile, Spolien, wieder eingebracht werden und auch so Sorgen genannten und Nöte zu äußern“, tik für Risikoschwangerschaften erwei- füßler-Stand hocke. lernte zu Hause erproben könnten. iff. iff. schreibt Sorge in einer Einladung. Im Januar hatten die Stadtverordne228 ten entschieden, dass die Stadt sich als Entsprechend hatte das Franketwas von der Geschichte des Ortes erzählen“. Modellregion bewerben soll. Aufgrund Katholische Kliniken gegen ärztliche Suizidhilfe Motorradfahrer bei dieses Beschlusses hat der Magistrat Die Arbeitsgemeinschaft katholischer te den Menschen besser helfen können. „Flic Flac“ abgestürzt ein Konzept zur Ausweitung der Inklufurter Stadtplanungsamt schon in der Vorbereitung zum Dom-Römer-Projekt damit Krankenhäuser in Hessen hat zu ihrem „Dies ist die beste Suizid-Prävention“, sion und einen Entwurf für die KoopeEiner der Motorradfahrer, die bei dem fünfzigjährigen Bestehen eine Kampa- heißt es in der von Stephan Sahm, Chefrationsvereinbarung erarbeitet. Gederzeit am Ratsweg gastierenden Zirkus gne gegen ärztliche Suizidhilfe ins Leben arzt am Offenbacher Ketteler-Krankenplant ist unter anderem, Sonderpädbegonnen, die aus Zeit vor der Zerstörung noch vorhandenen Bauteile, die „Flic Flac“ jeden Abend 21 Meter weit gerufen. In einer in Frankfurt beschlosse- haus, initiierten Erklärung. Zu dender Erstagogen von den Förderschulen in den über die Manege fliegen, ist abgestürzt. nen Erklärung heißt es, ärztliche Suizid- unterzeichnern gehört auch Gottfried inklusiven Unterricht zu bringen. Der Die Vorstellung am Mittwochabend wur- hilfe sei „ein unmoralisches Angebot, von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident Schwerpunkt liegt zunächst auf den zum Teil zum Teil auch de nach dem Unfall abgebrochen. Der weil sie Menschen in ambivalenten Leder eingelagert, Landesärztekammer Hessen. Schulen füraber Lernhilfe, deren Schüler- sekundär verbaut waren, systematisch zu 30 Jahre alte Fahrer wurde in die Unfall- benslagen gefährdet“. Stattdessen werDer Festakt zur 50-Jahr-Feier wurde zahl sinken soll und die zum Teil geklinik an der Friedberger Landstraße ge- ben die Krankenhaus-Repräsentanten im St. Elisabethen-Krankenhaus beganschlossen oder umgewandelt werden bracht, hat sich aber offenbar nur Prellun- laut Hessen-Caritas für erfassen eine „kunstge- gen. und Die Arbeitsgemeinschaft katholizu katalogisieren. Von 2010 bis 2014 war dieser Spolienkatalog online, sollen. gen zugezogen. „Es hätte auch schlimm rechte Palliativmedizin“ und umfassende scher Krankenhäuser in Hessen, eine Ein Beispiel guter Handwerkskunst:

Foto Wonge Bergmann

Foto Helmut Fricke

erschöpft, wie es heißt. „Nur mit Anstrengungen der Schulbehörd der Bereitschaft vieler Gymnar Aufnahme zusätzlicher Klassen letzt noch gelungen, nahezu allen n mit Gymnasialwunsch einen atz zu bieten.“ In diesem Schulaben die Gymnasien stadtweit angsklassen, das sind 17 Klassen s noch im Schulentwicklungsplan 7 vorgesehen. u kommt, dass sich inzwischen er 16 öffentlichen Gymnasien für kkehr zur sechsjährigen Mittelstuchieden haben. Durch die neue neration wird es dort in den Schul2018 und 2019 wieder eine zehnte gsstufe mit entsprechendem edarf geben. Auch das geplante sium soll nach G9 unterrichten. eine „Konsequenz aus dem erren Elternwillen“, heißt es in der dung der Teilfortschreibung. städtischer Prognose wird die zahl an öffentlichen Grundschuderzeit 21 647 bis zum Jahr 2019 d 24 600 wachsen. Zuletzt hatten 56 Prozent der Viertklässler-Eli der Wahl der weiterführenden als Erstwunsch „Gymnasium“ ant. Selbst bei einer künftigen Überote von lediglich 50 Prozent erh laut städtischer Berechnung für r 2021 ein Bedarf von mehr als ätzen im fünften Jahrgang dieser rm. Das entspricht mehr als gangsklassen. trau.

Alt und neu:

ausgehen können“, sagte eine „Flic Flac“Sprecherin gestern. Der Fahrer habe sich „versprungen“ und sei „getrennt von seinem Motorrad“ gestürzt. rieb.

psychosoziale Beratung. Sie fordern die Politik auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser und Beratungsdiens-

Simulation Dom Römer GmbH

Gliederung der Hessen-Caritas, hat 27 Mitgliedseinrichtungen, die von Orden, Stiftungen und Gesellschaften getragen werden. toe.

Für die Informationsveranstaltung ist eine An-

meldung mit Teilnehmerzahl an die Adresse [email protected] nötig. Es wird gebeten, den Eingang Bethmanstraße 3 zu nutzen.

z.net.

(Be-)Deutungen

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36 Frankfurt am Main, Dom-Römer-Projekt. Das Haus Markt 40 dient als Eingangsbau zur Neuen Altstadt. Baustellenplakat, Januar 2015

um „auf der Suche nach der Altstadt“ nach der Aufnahme der Objekte aus öffentlicher Hand Privatbesitzer zu Meldungen weiterer Fundstücke zu motivieren.229 „Die bildhauerisch besonders wertvollen Steinspolien werden restauriert und wieder eingesetzt. Sie sollen der Altstadt jene Authentizität verleihen, die im Wiederaufbau sieben Jahrzehnte nach der Zerstörung so schwer zu erreichen ist.“230 Bereits im Architekturwettbewerb standen für die einzelnen Parzellen, für die Entwürfe abzugeben waren, Spolien zur Auswahl, die zwar nicht zwingend zu verwenden waren, deren Einbezug in das Projekt dessen Chancen aber gewiss nicht schmälerte. „Eine geschichtlich-gestalterische Kontinuität“ wurde angestrebt, verbunden mit der Erwartung, die „authentischen ‚sprechenden‘ Steine könnten das kleine Viertel beleben“.231 Durch die große Anzahl der Spolien sollte der „Eindruck wieder entstehen […], wie die Häuser damals aussahen“.232 In Berichten über das Richtfest wurde die Metapher der „Heilung“ des Herzens der Stadt bemüht und die Erwartung ausgesprochen, dass die Kritik zunehmend verstumme, während die Spolien „die Geschichte sprechen“ ließen.233 Repräsentiert die Tiefgaragenplatte, über der sich die Neue Altstadt erhebt, die realen Brüche der Frankfurter Stadtgeschichte, sollen die Spolien die Distanz zur bürgerlichen Altstadt überbrücken. Eine „kleine bürgerliche Vorwegnahme der großen roten Domvertikale(n) im Hintergrund“ bildet nach Aussage des Architekten Marc Jordi das Haus Markt 40, dessen Giebelfassade besonders reich mit Spolien ausgestattet ist und damit nicht zufällig den Eingang in das neue Viertel markiert 36.234 Das Büro Jordi & Keller, das bereits 2004–2007 in Berlin mit dem wegen seiner Kontextualität vielgelobten und preisgekrönten sogenannten Townhouse auf dem Friedrichswerder

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37 Frankfurt am Main, Haus Markt 40, 2018, Jordi & Keller. Die Ecksituation im Erdgeschoss der Giebelfassade zeigt die Schwierigkeiten der Einpassung der Spolie. 38 Frankfurt am Main, Haus Markt 40. Fenster an der Traufseite zum Markt mit bekrönender Spolie

Erfahrungen im „bürgerlichen“ Spolienbau gewonnen hatte,235 fügte Spolien verschiedener Provenienz in einem Neubau, dessen Verputzfassaden mit Buntsandsteinsanden durchfärbt sind, vereinheitlichend zusammen. An dem Bau, der mit der geschossweise vorkragenden Fassade ein Motiv des Fachwerkbaus zitiert und zugleich mit um die Ecke geführten Fenstern ein Signum der Moderne hervorhebt, springt die Präsenz der applizierten Spolien, ihrer intendierten Bedeutung gemäß, sogleich ins Auge, und doch erscheint die integrierende gestalterische Lösung auf den ersten Blick überzeugend. Bei genauerer Betrachtung verliert das Spolienkonzept jedoch an Konsistenz. Die drei Bögen des Erdgeschosses stammen von einem Haus, das einst an der Saalgasse 29 stand. Ihre Versehrtheit lässt ihr Schicksal erahnen, zugleich geben sie die Größe der Öffnungen vor. Doch während bei den Wandpfeilern zwischen den Bögen die Breite der Spolien und des Neubaus kongruieren, ist dieser an den Ecken breiter als die wiederverwendeten Glieder, sodass angestückt werden musste und seltsam profilierte Ecklösungen entwickelt wurden 37. Die Auskragung des ersten Obergeschosses wird von vier Konsolen getragen. Drei von ihnen hat Marc Jordi selbst entworfen mit Masken, die motivisch unterschiedlich zwischen Manierismus und Barock oszillieren und im Vergleich zu den reduzierten Formen der anderen neugefertigten Zierglieder nicht ohne Weiteres als neue Bauglieder zu erkennen sind. Die vierte Konsole an der Ecke zum Markt und entsprechend übereck gestellt ist eine Spätrenaissance-Spolie, ob deren Größe die darunter anschließende Wandeckpartie abgefast werden musste. Im Giebel der Fassade wird ein Doppelfenster durch eine Spoliensäule geteilt, die aus dem Besitz des Architekturkritikers Dieter Bartetzko stammt. Schließlich ist an der traufständigen Marktseite im Erdgeschoss über einem kleinen Rechteckfenster eine stark profilierte Pilasterbekrönung als demonstratives Ausstellungsstück 112

(Be-)Deutungen

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in die Wand eingelassen 38. Im Mix zwischen maßgebenden und nur zur Schau gestellten Spolien, Neuanfertigungen im Stil der wiederverwendeten Glieder, reduzierten Nachschöpfungen und zeitgenössisch neuen Formen nähert sich das Haus Zu den drei Römern/Markt 40 damit konzeptuell der mit ähnlichen Wiedererweckungszielen errichteten Casa dei Crescenzi. Jordi & Keller haben auch das Gebäude Großer Rebstock/Markt  8 entworfen, dessen Rundbogenarkaden im Erdgeschoss in die Halle führen, die den Zugang zur U-Bahnstation bildet.236 Dass die Architekten an diesem Bau Waschbeton-Spolien des Technischen Rathauses eingefügt haben, ist angesichts der Funktion schlüssig. Allerdings sind es durchwegs kleinteilige Stücke, die in einen Betonfries auf der Höhe der Bogenanfänge eingelassen sind. An dem großen Gebäude mit den auffälligen Fingerputzfriesen in den Bodenbereichen der Fenster entfalten sie nur durch ihre sichtliche Fragmentiertheit eine begrenzte Wirkung 39. Die Fingerputzfelder, die als Referenz an den Namen des Vorgängergebäudes an einen „gewachsenen Rebstock“ erinnern sollen, sind in ihrer unruhigen Raustruktur allerdings der Oberfläche des Waschbetons durchaus ähnlich und können somit auch als Reminiszenz an den unmittelbaren Vorgänger gesehen werden. Einen radikal reduzierten Entwurf haben Meinrad Morger und Fortunat Dettli mit dem Alten Kaufhaus/Markt 30 realisiert, der von dem vorher hier gestandenen spätmittelalterlichen Fachwerkbau schossweise Auskragung überdie ge­ nimmt, dessen Fassaden aber ansonsten schmucklos umbrafarben verputzt sind.237 Auf der giebelständigen Südseite öffnet sich in der Achse des sandsteinverkleideten Erdgeschosses ein rechteckiger Eingang, dessen Maße in den drei darüber folgenden Geschossen im jeweils einzigen Fenster aufgegriffen werden. Der dreieckige Giebel

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39 Frankfurt am Main, Haus Markt 8, 2018, Jordi & Keller. Am Haus über der U-Bahn-Station sind in den Fries auf Höhe der Bogenansätze Fragmente der Waschbetonfassade des abgebrochenen Technischen Rathauses eingefügt. Der Fingerputz darüber scheint in der Struktur darauf Bezug zu nehmen.

40 Frankfurt am Main, Hinter dem Lämmchen 8, 2018, Morger & Dettli. Eingestelltes Spolienportal vom ehemaligen Taubenhof, das Jahrzehnte im Garten des Liebieghauses stand

41 Frankfurt am Main, Braubachstraße 21, 2018, Jourdan & Müller. Die Bruchsteinmauer soll an die hochmittelalterliche Stadtmauer erinnern, der Fachwerkaufbau orientiert sich am barocken Vorgänger und die Spolie mit dem als Atlant dargestellten Winzer stammt aus dem Umbau von 1940.

bleibt fensterlos, dahinter erstreckt sich der Luftraum des doppelgeschossigen Zimmers des dritten Stockwerks. Auf der Nordseite (Hinter dem Lämmchen  3) hingegen sitzt im Erdgeschoss eine Portalspolie, die den Zugang zu einer engen Eingangszone bildet 40. Die Spolie stammt auch hier nicht von diesem Ort; sie ist auch nicht das Produkt der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, sondern wurde bereits 1914 vom ehemaligen Taubenhof bei der Schillerstraße in den Garten des Liebieghauses versetzt.238 Es ist das größte in der Neuen Altstadt wieder verbaute Fragment, weshalb schon im Vorfeld der Maßnahme der Projektmanager der DomRömer GmbH Wert darauf legte, dass beim Einbau „nicht etwa die Spolie an das Haus […], sondern das Haus an die Spolie“ angepasst werde.239 Die Spolie ist dreiachsig mit einem zentralen rundbogigen Eingang, den zwei hohe Rechtecköffnungen flankieren. Tatsächlich geben diese die Form und Proportionen der Kastenfenster vor, die sich – in der Achse leicht zur Mitte versetzt – darüber in den drei Geschossen der hier giebelständigen Fassade öffnen. Anders als von den Architekten ursprünglich vorgesehen, ist die Portal­ spolie aufgrund mangelnder statischer Belastbarkeit nicht in den Bau einbezogen, sondern freigestellt. Sie gewinnt damit Distanz zum Neubau, ist für diesen aber doch als Referenzgeber für die Fenster verbindlich (S.  198). Insofern ist der ironische Kommentar von Peter Cachola Schmal, der Entwurf von Morger & Dettli sei so stark, dass er auch die Einfügung eines historischen Portals verkrafte, zu relativieren.240 Dagegen kann man der Charakterisierung des vom Büro Jourdan & Müller errichteten Hauses Braubachstraße 21/23 am Nordrand der Neuen Altstadt als „obskurer Epochenmix“ ohne Weiteres zustimmen.241 An dieser Stelle war 1940 als letztes Bauvorhaben des 1904 begonnenen Braubach-Straßendurchbruchs der barocke Fachwerkbau Im Rebstock 3 von Hermann Senf im Heimatschutzstil zum Eckgebäude umgebaut worden. Auch wenn für die Neue Altstadt als Referenz generell

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die Situation von 1944 festgelegt wurde, mochten die für dieses Baufeld vorgesehenen Architekten Jourdan & Müller sich nicht an einem NS-zeitlichen Bau orientieren. Traufseitig richteten sie sich nach dem barocken Fachwerkbau, während sie an der Giebelseite eine durchfensterte Natursteinmauer hochzogen, die an die „karolingische“ Stadtmauer erinnern soll, die wohl um 1000 entstand und von der Reste in diesem Bereich 1905 erfasst wurden 41. Den Übergang akzentuiert in etwas abenteuerlicher Weise eine Konsole. Übertroffen wird diese bizarre Situation im Erdgeschoss mit dem Einbau einer Spolie des damit doch präsenten Umbaus von 1940: Damals war zur Akzentuierung der aufgewerteten Ecke eine Winzerfigur geschaffen worden, die als Atlant die Ecke des vorkragenden ersten Geschosses trug. Heute ist sie unterhalb eines rekonstruierten Kragsteins funktionslos ausgestellt und wirkt merkwürdig deplatziert. Vielleicht ist es sinnbildlich, dass – um noch einmal den Vergleich mit der Casa dei Crescenzi zu bemühen – die Spolien im römischen Beispiel im Zeichen der Renovatio Romae tragende Teile der Konstruktion sind, während sie in der Neuen Frankfurter Altstadt am Markt 40 und der Braubacherstraße 21 nur appliziert sind und damit letztlich Ornament bleiben. Wiederholt ist inzwischen schon auf die gravierendste Problematik der Spolienverwendung in der Neuen Frankfurter Altstadt hingewiesen worden. Die historischen Fragmente sollten gemäß den Verlautbarungen der Protagonisten des Projekts die Historizität des Neubauprojekts verbürgen. Sie sind allerdings, wie bereits die wenigen besprochenen Beispiele zeigen, zumeist frei von örtlichen oder zeitlichen Bindungen weitgehend losgelöst von ihren einstigen Kontexten verbaut. „Originale Spolien […] wie nachgebaute Spolien wurden auf verschiedene Nach- und Neubauten verteilt, so dass hier mit der zeitlichen Ordnung der Vergangenheit gespielt wurde. Man kann zwar verschiedene Zeitschichten nebeneinander, aber kaum ein Vorher und Nachher erkennen. Aus dieser Sicht ist die Neue Altstadt eine Rekonstruktion der Vergangenheit, die die Geschichte als Abfolge von Bauten und Stilen absichtlich missachtet und durch die Vielzahl der Zeitschichten Unübersichtlichkeit produziert.“242 Es geht also gerade nicht um Historizität, womit sich die Suggestion des Konstrukts der sogenannten europäische Stadt, das im Zusammenhang mit städtebaulichen Rekonstruktionen häufig und im antimodernen Diskurs geradezu normativ bemüht wird, in ihr Gegenteil kehrt: Denn so diffus der Begriff der europäischen Stadt auch ist, so gehört doch – gemäß der Definition von Walter Siebel – die sichtbare Präsenz von Geschichte zu ihren konstituierenden Kennzeichen.243 Gerade Geschichte wird aber durch die in Frankfurt praktizierte Art der Spolienverwendung negiert. An ihre Stelle tritt ein unbestimmtes „Früher“, ein touristisch und kommerziell nutzbares „Damals“, in dem der Zusatz mitschwingt, „als die Welt noch in Ordnung war“. Zwar hatten in Frankfurt die Wettbe­ werbe für einige Unruhe in der Archi­ tek­ tenschaft gesorgt, doch richtig be­­lebt haben die Diskussion erst öffent­­liche Kontroversen im Feuilleton 2018 im Vorfeld der Eröffnung aufgrund aktueller politischer

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42 Potsdam, Landtag Brandenburg, 2013, Peter Kulka. In dem von Peter Kulka teilrekonstruierten Stadtschloss sind im Treppenhaus in deutlichem Kontrast die Fragmente der Atlanten aus dem einstigen Schloss eingelassen.

Debatten um die Deutung des ganzen Projekts. Dagegen war und sind in Potsdam die Retro-Urbanisierung und ihr Spolieneinsatz seit Beginn von heftigen Auseinandersetzungen begleitet. Das zum einen, weil die Umgestaltung des Stadtzentrums nicht wie in Frankfurt „nur“ mit dem Abbruch einer brutalistischen Großstruktur, sondern mit der weitgehenden Eliminierung einer teilweise durchaus qualitätvollen DDR-Architektur und damit mit der Negierung der baulichen Erinnerung an diese Epoche verbunden ist. Zum andern folgt diese Selektion der Stadtbaugeschichte auch allzu offensichtlich den privaten Vorlieben und Interessen einer kleinen, wirtschaftlich potenten und medial bestens vernetzten Interessensgruppe. Auf die damit verbundene Problematik für eine demokratische Stadtgesellschaft ist hier nicht weiter einzugehen, zumal die Spolien in den mit diesen Richtungsentscheiden verbundenen Auseinandersetzungen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Der wesentliche Spolienbau in der neubarocken Re-Inszenierung des Potsdamer Zentrums ist der „in den historischen äußeren Um- und Aufrissen des ehemaligen Stadtschlosses“244 errichtete Brandenburger Landtag, für dessen Raumprogramm man von einer Fusion der Länder Berlin und Brandenburg ausging. Zu den Rahmenbedingungen gehörte eine zweckgebundene 20-Millionen-Spende der Hasso-Plattner-Förderstiftung zur „größtmöglichen Wiederannäherung des Landtagsgebäudes an Gliederung und Erscheinung der äußeren historischen Fassade des Potsdamer Stadtschlosses“. In einem Bieterverfahren ging der Auftrag an einen niederländischen Immobiliendienstleister mit dem Dresdner Architekten Peter Kulka, der einen funktionalen Neubau in der zurechtgerückten historisch geformten Hülle errichtete.245 Spolien kamen hauptsächlich an der Giebelfassade der Nordseite zum Einsatz, wo etwa 300 Teile von Säulen, des Gebälks und des Giebels des ehemaligen Schlosses verbaut sind. Mit ministerieller Genehmigung wurden „infolge der vom Vorgängerbau abweichenden Maße“ beim Einbau der Spolien am Portikus des westlichen Seitenflügels – entgegen der denkmalpflegerischen Auflagen – mehrere Säulentrommeln gekürzt.246 Der Einsatz der Spolien diente auch in Potsdam der

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Autorisierung, um die Glaubwürdigkeit des Schloss-Landtag-Hybrids in Bezug auf seinen Vorgänger zu unterstreichen. Den künstlerischen Kontrapunkt zu den Spolien bietet die von der Künstlerin Annette Paul in Anlehnung an René Magritte an der Fassade angebrachte Inschrift „Ceci n’est pas un Château“.247 Im Inneren kommen Spolien allein in der von Kulka als „transformatorischer Raum“ bezeichneten Treppenhalle zum Einsatz.248 Hier wird zum einzigen Mal im Inneren die Erinnerung an das Knobelsdorffsche Schloss thematisiert, auch wenn der Raum aus funktionalen Gründen gegenüber seinem Vorbild in den Schlosshof hinein verschoben ist. Vier Atlanten in den Ecken tragen die flache Deckenkuppel 42. Bewusst hat man ihnen die Spuren der Zeit belassen, sodass sie in dem ansonsten weitgehend weiß gefassten und nicht historisierend rekonstruierten Treppenhaus fast fragil wirken und ihre Andersheit deutlich zeigen. Kulka ist hier mittels der Spolien die Thematisierung des Hybridbaus gelungen, den der Potsdamer Landtag darstellt: Er soll zugleich modernes Parlamentsgebäude und Kernstück der erhofften Wiedergewinnung stadträumlicher Qualitäten friderizianischen Glanzes sein. Eine dritte Spoliengruppe bilden die wenigen erhaltenen Figuren der einst die Attika krönenden Statuengruppe; um ihre mögliche Rückführung vom Hauptgebäude der Berliner Humboldt-Universität wird zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Manuskripts noch gestritten. Da es dabei weniger um Fragen der Renovation als um eine Machtfrage geht, wird darauf weiter unten eingegangen (S. 134). Als nächster Schritt der barocken Re-Urbanisierung Potsdams wird (vor­erst) der Turm der Garnisonskirche rekonstruiert, für den wie in Frankfurt Spolien gesammelt werden. Sie scheinen die Legitimität des Unternehmens zu stützen: „Je mehr originale Teile wir integrieren können, desto besser“, lässt Wieland Eschenburg von der Stiftung Garnisonkirche Potsdam verlauten. „Wir freuen uns über jede weitere Spende von Originalteilen, seien es Stein-Fragmente, Metall- oder Holzteile von Türen und Fenstern oder Dekorationselemente. Da muss doch noch mehr sein!“249 Dieses kollektive Puzzle ist besonders wichtig angesichts des kontroversen Wiederaufbaus eines Bauwerks mit umstrittener Bedeutung. 1933 hatte darin der von den Nationalsozialisten zum „Tag von Potsdam“ hochstilisierte Festakt des neuen Reichstags mit dem ins kollektive Gedächtnis eingegangenen Handschlag zwischen Hitler und Hindenburg stattgefunden. Dass die erste Initiative, die sich ab 1987 für den Wiederaufbau der Garnisonskirche einsetzte, aus dem geschichtsrevisionistischen Lager kam,

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43 Warschau, Altstadt. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch Spolien aus der von den Nationalsozialisten zerstörten Stadt verwendet. Dank der Patina der Gebäude, die in historischen Bautechniken errichtet wurden, lassen heute zuweilen nur noch datierende Inschriften erkennen, dass es sich um moderne Bauwerke handelt.

hat mit dazu beigetragen, dass die Symbolik der Garnisonskirche bis heute überaus kontrovers ist.250 Gerne wird im Zusammenhang mit den „neuen Altstädten“ auf Warschau verwiesen, wo beim rekonstruierenden Wiederaufbau auch Spolien zum Einsatz kamen 43. Zusammen mit der inzwischen angesetzten Patina macht die Warschauer Altstadt heute über weite Strecken den Eindruck einer tatsächlich alten Stadt. Das wird freilich mit den „neuen Altstädten“ so nicht funktionieren, da diese, anders als die rekonstruktiven Wiederaufbauten der polnischen Metropole, nicht in den alten Techniken und Konstruktionen errichtet wurden. Ein auf einer Wärmedämmung bröckelnder Verputz wird nie vormodern wirken. Fragt man abschließend nach der Funktion der Spolien in diesen renovatio- und translatio-Prozessen, so sind alle Beispiele mit einer Art kontaktmagischer Vorstellung verbunden: Die Dinge, die aus der Zeit und/oder dem Ort stammen, auf die oder den man mit dem neuen Bauwerk einen begründeten Bezug nimmt (S. 211), übertragen etwas von dieser Referenz, was in anderer Weise nicht zu gewinnen ist. „Lebendige Boten des Vergangenen“ hat Dieter Bartetzko dies genannt und auch von der „Magie der Spolien” geschrieben.251 Wiederholt wurde insbesondere für die mittelalterlichen Beispiele auf die Nähe und die Parallelen zum Reliquienwesen hingewiesen.252 Tatsächlich sind in manchen Fällen die Übergänge fließend, zumal dann, wenn wie bei der Colonna santa in Sankt Peter in Rom mit der Berührung der Spolie Heilserwartungen verbunden waren (S. 88). Grundsätzlich ist aber zwischen den mittelalterlichen und den zeitgenössischen Beispielen zu unterscheiden. Bei ersteren war die Macht des Zugriffs auf die Spolien sowie die Fähigkeit, diese transportieren und in das eigene Werk einfügen zu können, immer auch der Beweis für die an den alten Glanz anknüpfende Erneuerung – der Beleg, dass der hohe Anspruch auch mit einer dem Alten gleichen Fertigkeit verbunden werden kann. Das Prestige des Zugriffs ist dagegen in den Beispielen der jüngsten Vergangenheit nur selten ein Thema – der Fall Potsdam versus Humboldt-Universität ist diesbezüglich eine Ausnahme. Ansonsten stammen die Spolien entweder aus institutionellen Lapidarien oder werden gesammelt als Zeichen der Partizipation der Bevölkerung und eines auf diese Weise suggerierten breiten gesellschaftlichen Konsenses für die betreffenden Rekonstruktionen. Die Spolien sollen Authentizität generieren und damit in einer Zeit, in der alles herstellbar ist und architektonische Rückgriffe auf die Historie in jeglicher und beliebiger Weise erfolgen, dieser Beliebigkeit etwas entgegenstellen. Mit der Spolienverwendung ist der Anspruch verbunden, es besser zu machen, die Differenz zum Alltäglichen zu bekräftigen. Aufmerksamkeit ist diesen Projekten gerade in ihrer Ambivalenz gewiss.

Memoria und Gedenken Wie Spolien als Trophäen prädestiniert sind, Siege zu kommemorieren, sind sie auch besonders geeignet, um als Überreste von etwas Untergegangenem und

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Verlorenem an dessen einstige Existenz zu erinnern. Die Präsenz der Spolie macht die Absenz ihres Herkunftsobjekts sichtbar (S. 208). So verdeutlichen die Inschriften der Casa dei Crescenzi in Rom mit ihren Vanitasund Ruhmestopoi 33, wie sehr der Bauherr Nicolaus den Niedergang des alten Roms bedauerte. Für den heutigen Betrachter wird dieser Niedergang und die Schwierigkeit, wieder an den alten Glanz anzuknüpfen, auch ästhetisch erahnbar durch die eher krude Weise, wie gerade die Inschriften tragenden Spolien verbaut sind. Aus den Epigrafen spricht aber auch, wie Erinnerung politische Kraft entfaltete, um die Defizite der Gegenwart zu überwinden und die Vorzüge der Vergangenheit zu erneuern: Nicht zum weltlichen Ruhm als vielmehr aus dem „Wunsch, den Glanz des alten Roms zu erneuern“, habe er dieses Haus errichten lassen, behauptet der Bauherr in der Inschrift.253 Dass er die Inschrift auf Spolien anbringen ließ, die zum untergegangenen „alten Dekorum Roms“ gehören, und dass der Inhalt der Inschriften ein Rätsel enthält, das durch die Darstellung auf einer Spolienkonsole zu lösen ist und damit zum Studium der Spolien auffordert, schafft eine materielle Verbindung zwischen dem Verlorenen und dem daran erinnernden Neuen. Immer wiederkehrend ist dieses Thema, wenn traditionsreiche Bauwerke Neubauten weichen müssen, man dennoch die Altehrwürdigkeit materiell belegen und damit die eigene Zerstörung überspielen möchte: Spolien dienen dann der Erinnerung an den Vorgängerbau und dem Nachweis der historischen Kontinuität des Orts. Um das Alte nicht restlos im Neuen aufgehen zu lassen, wird von den üblichen Bauschemata und Sehgewohnheiten abgewichen und damit Aufmerksamkeit aktiviert. Spolien dienen also, um einen Begriff des Ägyptologen und Kulturwissenschaftlers Jan Assmann zu verwenden, als „lnzentiven der Erinnerung“, die durch die offensichtliche Anomalie die Frage nach Veränderungen in der Vergangenheit provozieren.254 Spolien werden als Anomalien dann sichtbar, wenn ihre Verwendung nicht allgemein üblich ist. Das gilt, wie bereits erwähnt, beispielsweise für die gotische Kirchenbaukunst. Im Fall der Franziskanerkirche San Lorenzo in Neapel hat man beim gotischen Langhausneubau im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts die Säulen der frühchristlichen Vorgängerbasilika in einer Arkadengliederung mit leicht unregelmäßigen Achsabständen den in einer zweiten Raumschicht etwas weniger hohen Kapellenöffnungen vorgeblendet und damit eine Bündelpfeilerstruktur geschaffen, die für einen Saalbau einzigartig ist 44.255 Die Planänderung für diese (dritte) Bauphase von San Lorenzo entfernte zwar das ursprünglich zum

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44 Neapel, San Lorenzo, 14. Jahrhundert. Im spätgotischen Hallen-Langhaus hat man die Säulen aus dem frühchristlichen Vorgängerbau in die Wandgliederung einbezogen und stellt sie gewissermaßen aus.

Erhalt vorgesehene dreischiffige, altehrwürdige Langhaus aus dem 6. Jahrhundert zugunsten einer Raumform, die für franziskanische Bettelordenskirchen in Italien typisch ist – den Saal. Sie verarbeitete aber Säulen dieses Vorgängers, die sich durch ihre monolithe Struktur, die ungleichen Höhen und die dadurch notwendigen Anstückungen sowie die Gesteinsfarbe vom übrigen Stützensystem abheben, zu einer Figur der Erinnerung an die alte Laurentiuskirche. Memoria und „produktive Zerstörung“

45 Maerten van Heemskerck, Blick vom nördlichen Querhaus von Alt-Sankt Peter in Rom in den Vierungsbereich des im Bau befindlichen Petersdoms, 1532/1536. Links einer der Vierungspfeiler, davor die Colonna santa, im Zentrum der Zeichnung das Tegurium von Bramante. Tuschezeichnung, Nationalmuseum Stockholm

46 Rom, Sankt Peter. Die Ädikulen in den Seitenschiffen werden gerahmt von Spoliensäulen aus der konstantinischen Basilika.

Die Erinnerung an das Alte aufrecht zu erhalten und den materiellen Konnex zwischen dem Verlorenen und dem Neuen zu schaffen, war auch die Funktion der Spolien beim Bau der neuen Peterskirche in 256 Rom. Was schon Papst Nikolaus V. andachte, begann Julius II. 1505 umzusetzen: den (Teil-)Abbruch der altehrwürdigen konstantinischen Basilika über dem Grab des Petrus.257 Der Kritik an dieser von manchen als Frevel erachteten Zerstörung versuchte der beauftragte Architekt Bramante unter anderem dadurch zu begegnen, dass er die Säulen der alten Basilika im Tambour der neuen Kuppel zur Schau stellen wollte.258 Nach seinem Tod folgten 100 Jahre verwirrend wechselvoller Planungen zum neuen Petersdom, an deren Ende schließlich der Bau des zentralen Westteils erfolgte. Der Ostteil der alten Basilika blieb vorerst stehen, zumal im Zug der Gegenreformation der Rekurs auf die Tradition an Bedeutung gewann 45. Im September 1605 fielen aber während einer Messe am Altar der Madonna della Colonna im südlichen Seitenschiff Marmorteile der Rahmung eines Obergadenfensters herunter, was Papst Paul V. (1605–1621) als göttliches Zeichen zum Abbruch des verbliebenen Altbaus verstand. Im Folgejahr ließ er die Reste der Basilika abbrechen und dann von Carlo Maderno ein neues Langhaus planen.259 Bis zuletzt opponierten das Kapitel von Sankt Peter und weitere namhafte Kirchenleute wie Kardinal Cesare Baronio gegen den Abbruch der 1300 Jahre

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alten Kirche. Die – auch heute noch von Abbruchwilligen stets bemühte – Baufälligkeit hielten sie für ein vorgeschobenes Argument.260 In einem Briefkonzept an den Papst aus dem Herbst 1605 hob das Kapitel die religiöse Bedeutung und liturgische Tradition der Kirche hervor und forderte, diese „memorie“ sorgfältig im Neubau zu bewahren.261 Paul V. wies daraufhin die Kanoniker an, die Übertragung von Reliquien notariell zu beglaubigen und alle übrigen Erinnerungen („memoriae“) an die alte Basilika zu bewahren und sorgfältig zu dokumentieren. Das tat der Archivar von Sankt Peter, Giacomo Grimaldi, dann während des Abbruchs genaustens und hielt sie im heute als Cod. Barb. lat. 2733 bekannten Werk fest.262 Ein wesentliches Mittel der Bewahrung der memoria war die Übernahme von Bauteilen – insbesondere Säulen – aus dem Altbau in die neue Peterskirche, wo die Spolien hauptsächlich zur Rahmung von Ädikulen verwendet wurden 46. Der niederländische Architekturhistoriker Lex Bosman hat die Neunutzung der (zumeist schon im konstantinischen Bau wiederverwendeten) Spoliensäulen sorgfältig untersucht und kommt zum Schluss, dass dem Bemühen um die Kontinuität mittels Spolienverwendung zentrale Bedeutung bei der langwierigen Neuplanung von NeuSankt Peter zugekommen sei.263 Die Spolien hätten in ihrer zweiten Wiederverwendung eine ganz andere Funktion gehabt als in konstantinischer Zeit: „In old St.Peter’s, the spolia […] were selected because of the richness of the colourful kinds of marble and granite, not because they were spolia; in the sixteenth and seventeenth century spolia from the early Christian basilica were reused in new St. Peter’s as relics of the old church to guarantee the continuity and the history of this building.“264 Der Zwiespalt im Historismus

Mit ähnlichen Intentionen kamen und kommen Spolien auch noch in der Moderne zum Einsatz. Allerdings stehen sie seit dem Historismus in einer gewissen Konkurrenz mit dem Neubau in historischem Stil als alternativem erinnernden Zugriff auf die Architektur der Vergangenheit: spolia in re versus spolia in se. Der daraus resultierende Zwiespalt wird deutlich an der

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47 Basel, ehemalige Hauptpost an der Freien Straße. Spolienportal des spätgotischen Kaufhauses

Baugeschichte der Hauptpost in Basel. Mitte des 19.  Jahrhunderts musste das spätgotische Kaufhaus nahe des Basler Marktplatzes aufgrund des immer umfangreicheren Warenverkehrs zugunsten eines Neubaus am Barfüßerplatz aufgegeben werden. Als an dessen Stelle die neue Hauptpost errichtet wurde, war es der explizite erinnernde Bezug zum Vorgängerbau, der die Übernahme hochrangiger Werkstücke in den Neubau begründete. Am Ende einer intrigenreichen zwölfjährigen Planungsgeschichte setzte sich der Architekt Johann Jacob Stehlin der Jüngere (1826–1894) mit seinem neugotischen Projekt nicht zuletzt deshalb gegen seinen als Kulturschänder in Verruf gebrachten Konkurrenten Amadeus Merian (1808–1889) durch, weil in seinem Projekt mit den filigran gegliederten Torbogen des 16.  Jahrhunderts 47 und den reichen Steinmetzarbeiten „ein Schatz dem kunstliebenden Publicum erhalten“ blieb und „der ganze Entwurf in seiner baulichen Combination sich auf die alten Gebäulichkeiten stützt“.265 Die Fassade mit dem Hauptportal zur Gerbergasse sowie die Hofarkaden und einige Portal- und Fenstergewände blieben im neugotischen Neubau erhalten. 1878–1880 erweiterte der Wiener Dombaumeister Friedrich Schmidt (1825–1891) diesen Bau in – wie er es nannte – „ungeschminkter Gotik“, wofür er die noch verbliebenen mittelalterlichen Reste abbrach.266 Das spätgotische Hauptportal, ein Nebenportal sowie einige reich ornamentierte Kreuzstockfenster wurden im Innenhof der Erweiterung eingebaut, also so, dass sie die neugotische Gesamtkonzeption nicht tangierten 48. Erst bei erneuten Umbauten im Jahr 1956 erfuhren die Spolien wieder neue Aufmerksamkeit und neue Sichtbarkeit, während gleichzeitig die bislang als Blendbögen erhalten gebliebenen ehemaligen Hofarkaden des 16. Jahrhunderts zerstört wurden. Das einstige Hauptportal rahmt seither, etwas zurückversetzt, die große Einfahrt von der Freien Straße her, das Nebenportal und ein Wappenrelief zieren die Gegenfassade an der Gerbergasse. In fast idealtypischer Weise zeigt diese Baugeschichte die Ambivalenz des Historismus, hier konkret der Neogotik: Das Mittelalter bildete die Referenz eigenen Schaffens, aus dem eine Vorstellung der „richtigen“ Gotik resultierte, bei deren Umsetzung vorhandene wirklich mittelalterliche Bauglieder leicht störend sein konnten. Auch nicht untypisch ist, dass dann Mitte des 20. Jahrhunderts die noch vorhandenen mittelalterlichen Reste neu zur Wirkung gebracht wurden, dem aber nachmittelalterliche vormoderne Zeitschichten zum Opfer fielen. Das Kaufhaus diente Mitte des 19. Jahrhunderts durch seinen Abbruch als Lieferant von Spolien, dank derer sich der Entwurf für den Neubau eines anderen Bautypus durchsetzen konnte. Dagegen führte zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wie unten auszuführen sein wird, das Versprechen der Spolienverwendung verschiedentlich zur Durchsetzung und Legitimierung innerstädtischer Einkaufstempel (S. 116). Gedenken und Erinnern nach den beiden Weltkriegen

48 Basel, Hauptpost. Altes Kaufhausportal, aufgestellt im Innenhof der Hauptpost, 1915/1917

Erinnerung und Gedenken an das Verlorene mittels Spolien zu artikulieren, war auch im 20.  Jahrhundert geübte Praxis. Vor allem die Zerstörungen der beiden Weltkriege führten zu einer Fragmentierung der Bausubstanz in davor unbekannten Ausmaßen. Interessanterweise ist die Bedeutung solcher Fragmente für den

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Wiederaufbau und die Erinnerungskultur nach den beiden Kriegen jeweils sehr unterschiedlich: Während nach dem Zweiten Weltkrieg Spolien beim Wiederaufbau in vielfältiger Weise und weiter Verbreitung eingesetzt wurden, kam Spolien im Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg kaum eine nennenswerte Rolle zu. Es lohnt sich, auf diese weitgehende Absenz kurz einzugehen, gibt doch die Negation einer Praxis stets auch Hinweise auf diese. Nach den frühen Beschädigungen und Zerstörungen auch herausragender Denkmäler wie der Kathedrale von Reims oder der Bibliothek von Leuven im Herbst 1914 durch die deutschen Angreifer hatte man in Frankreich und Belgien sehr bald nach Kriegsbeginn begonnen, sich mit dem erinnernden Umgang mit Ruinen zu beschäftigen. Die Zerstörungen und die Ruinen wurden sogleich Teil der Kriegspropaganda, wobei den neuen medialen Möglichkeiten von Fotografien etwa durch Postkarten eine zentrale Bedeutung zukam. Emmanuelle Danchin hat jüngst dargelegt, wie das neue Massenmedium Fotografie die Kriegspropaganda nach innen und außen prägte.267 Zur Propaganda nach innen gehörten auch die im Jahr 1915 einsetzenden Diskussionen, ob und wie man nach Ende des Kriegs die Ruinen wichtiger Monumente, aber auch ganzer Ortschaften als Zeugnis der „barbarie teutonne“ konservieren solle.268 Zugleich begann man, Ruinen als Denkmäler zu klassifizieren. Nach drei fürchterlichen Kriegsjahren war aber nicht nur der propagandistische Effekt von Ruinen verblasst, vielmehr stellten sich in Hinblick auf das nahende Ende auch ganz andere Aufgaben, sodass schon 1917 die Debatten anders verliefen und sich stärker dem bevorstehenden Wiederaufbau zuwandten. Als dann 1919 Winston Churchill vorschlug, England solle die Ruinen der belgischen Stadt Ypern erwerben und sie als Gedenkstätte konservieren, da es angesichts der vielen dort gefallenen britischen Soldaten „auf der ganzen Welt keine heiligere Stätte für die britische Rasse“ gebe, stieß er die geflohenen Bewohner, die nun in ihre Stadt zurückkehrten, vor den Kopf.269 Ihr Ziel war es, den Krieg aus ihrer Erinnerung zu bannen und dafür „so zu tun, als hätte es nie einen Krieg gegeben, und die Stadt so wieder aufzubauen, wie sie war“.270 Das Gedenken an die Zerstörungen erfolgte mittels Gedenktafeln; selten – und dann akzidentiell wie an der wiederaufgebauten Tuchhalle von Ypern 49 – wurden an den Bauwerken Bauglieder aus den zerstörten Bauten präsentiert. Dies geschah, obwohl in den Trümmern vielenorts Grabungen nach wertvollen Baugliedern erfolgten, die dann dokumentiert, katalogisiert und publiziert wurden, bevor die Objekte in Schausammlungen von Kunstschulen wanderten.271 Schon während des Ersten Weltkriegs zeigten mehrere Publikationen und Ausstellungen vor allem beschädigte Kunstwerke, bekannt

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49 Ypern, Tuchhallen. Fragmente des zu Beginn des Ersten Weltkriegs zerstörten Gebäudes in einer vermauerten Fensternische des Wiederaufbaus

50 Ypern. Die Verwendung von Trümmerziegeln im Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Ersten Weltkriegs erzeugte über die stilistischen Unterschiede der Bauten hinweg eine Einheitlichkeit.

vor allem die „Exposition du vandalisme allemand“ mit dem Titel „Exposition d’œuvres d’art mutilées ou provenant des régions dévastées par l’ennemi“, die von November 1916 bis Dezember 1917 im Petit Palais in Paris gezeigt wurde. Die Inszenierung kopfloser und verbrannter Figuren, nicht mehr zuweisbarer abgeschlagener Hände etc. erfüllte ihren Zweck, die Kunstwerke in anthropomorpher Weise als versehrte Opfer darzustellen – eine Parallelisierung, die schon im Titelwort „mutilé“ angelegt war.272 Das Ausstellen und Zeigen der Fragmentierung war folglich sehr stark propagandistisch aufgeladen mit Gefühlen von Kampf, Hass und Revanche und damit für die Zeit nach dem Friedensschluss längerfristig perspektivenlos. Noch bis in die frühen 1920er Jahre fanden Pilgerfahrten zu den Stätten der Zerstörung statt, die touristisch beworben wurden, doch verstärkte sich die Kritik an diesem voyeuristischen Treiben.273 Dass nach dem Krieg die Opfer und nicht die Zerstörungen ins Zentrum des Gedenkens rückten, mag mit ein Grund gewesen sein, warum das Zeigen von Spolien im Wiederaufbau kein großes Thema sein konnte. Bei den Alliierten war mit dem Ersten Weltkrieg trotz der epochalen Zerstörungen kein gesellschaftlicher Umbruch verbunden; es ging, wie zu Ypern gesagt, um „Heilung“, bei der kein Bedarf bestand, die bildlich gut dokumentierte „Versehrung“ durch die physische Präsenz noch lange zu zeigen. Schließlich ist zusätzlich ein architekturgeschichtliches Argument zu nennen: Wie oft bei großflächigen Stadterneuerungen und „Sanierungen“ führte der Wiederaufbau insbesondere der belgischen Städte zu einer gestalterischen Homogenisierung. Gebäude in damals ungeliebten Stilen – insbesondere dem Neoklassizismus – wurden eliminiert oder in anderen Formen wiederaufgebaut.274 Vereinheitlichend wirkte vielenorts auch die Verwendung von Trümmersteinen zum Wiederaufbau der Städte, was zu einer optischen Angleichung über die ursprünglichen Stil- und Epochenunterschiede der Vorgängerbauten hinweg führte 50. In Übereinstimmung mit der Heimatschutzarchitektur waren Einheit und „Ganzheit“ das Leitthema. Jenseits der Materialwiederverwendung hatten dabei Spolien genauso wie Ruinen als architektonische Erinnerung an die Zerstörungen kaum Platz; das Gedenken an die Stadtzerstörungen erfolgte mittels Denkmäler und Erinnerungstafeln. Die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg war grundsätzlich anders. Die Zerstörungen konzentrierten sich nicht mehr auf Gebiete des Frontverlaufs, sondern waren in Folge der entwickelten Waffentechnologie flächendeckend. Die Entwicklung der modernen Kunst in der Zwischenkriegszeit hatte mit dem Kubismus, Dadaismus,

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Surrealismus und weiteren Kunstströ­ mungen das Fragment zu einem we­sent­ lichen Stilmittel künstlerischen Schaffens und damit auch der Wahrnehmung der Zeitgenossen gemacht. Vor allem aber bedeuteten die Verbrechen des Nationalsozialismus und der Zweite Welt­ krieg besonders für Deutschland einen Bruch, der nicht zu überbrücken, reparieren oder „heilen“ war, sondern eine grundlegende Zäsur darstellte, mit der – auch architektonisch – umzugehen war. Ein Gestaltungsmittel lag darin, Fragmente zerstörter Gebäude in ihren Nachfolgestrukturen sichtbar zu verbauen und auf diese Weise an Zerstörung und Vorgänger zu erinnern. Eine große und im Gebiet der alten Bundesrepublik weit verbreitete Bautengruppe stellen dabei die sogenannten Trümmerkirchen dar – Kirchenbauten, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus Kriegsruinen und/oder mit Trümmersteinen errichtet wurden und dies in memorialer Absicht in der Regel auch zeigen. Kai Kappel hat diese Kirchen untersucht und systematisierend zahlreiche Praktiken und Konzepte unterschieden, von denen einige auf der Wiederverwendung von Trümmermaterialien basieren.275 Diese reicht von membra disiecta, dem Ausstellen von oft als Gedenkstätten inszenierten Fragmenten bei oder in der Kirche, über die Verwendung von Spolien des zerstörten Vorgängers für die Schaffung liturgischer Ausstattungs­ stücke von Neu­bauten oder die sichtbare Schließung von kriegsbedingten Brüchen mit dem Trümmermaterial bis zur schöpferischen Neugestaltung mit den auch ästhetischen Qualitäten der Trümmersteine. Auch die Wiederverwendung von Stützen für Neubauten war eine mehrfach genutzte Option, die an die Praxis im frühchristlichen und mittelalterlichen Kirchenbau erinnert. Kappel führt dafür Sankt Paulus in Düsseldorf von Hans Schwippert und Sankt Mechtern in Köln-Ehrenfeld von Rudolf Schwarz als Beispiele an.276 Dabei beobachtete er, dass in beiden Kirchen die Spoliensäulen zwar gut

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51 Köln-Ehrenfeld, Sankt Mechtern, 1954, Rudolf Schwarz. In der Krypta sind Säulen der im Krieg zerstörten neoromanischen Vorgängerkirche als Stützen eingesetzt, und zwar so, dass keine Beschädigungen sichtbar sind.

52 Köln-Ehrenfeld, Sankt Mechtern. Erst bei näherem Hinsehen zeigen die wiederverwendeten Säulen kriegsbedingte Beschädigungen.

sichtbar und als Teil der Tragkonstruktion verwendet wurden 51, sie aber so angeordnet sind, „dass ihre teilweise gravierenden Kriegsschadstellen nicht in den Blick der Gottesdienstbesucher gerieten“ 52 – und dies, obwohl Schwippert wie Schwarz den Bruch des Kriegs in ihrem architektonischen Werk durchaus thematisierten und die Pfarrherren beider Kirchen erklärte Gegner der Nationalsozialisten gewesen wa­ren.277 Gerade in Düsseldorf lagen Pfarrer Otto Gatzen die „schönen kostbaren Säulen“ besonders am Herzen, und er drängte Schwippert dazu, einen Teil des Bestands in den Neubau zu inte­ grieren, nicht zuletzt, um den Wünschen der Gemeinde ent­gegen­zukommen, die teilweise einen rekonstruktiven Wiederaufbau der neoromanischen Kirche gefordert hatte.278 53 Würzburg, Wolfhartsgasse, Ecke Franziskanergasse. Im an sich unscheinbaren Wohnbau des Wiederaufbaus sind der Portalbogen sowie im Dachbereich die sogenannte NeumannKanzel des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Hofs Oberfrankfurt wiederverwendet. Die Bauteile stammen aus dem Umbau durch Balthasar Neumann.

54 Hannover, Leinstraße 33, Wohn- und Geschäftshaus der 1950er Jahren. Wiederverwendung von reliefierten Baugliedern eines Spätrenaissance-Baus aus dem frühen 17. Jahrhundert

Häufig findet man insbesondere auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik in stark kriegszerstörten Innenstädten Wohnbauten des Wiederaufbaus der 1950er Jahre, in die Spolien der Vorgängerbebauung integriert sind. „Stellvertretend, wie in einem symbolischen Wiedergutmachungsakt an den abgerissenen Fragmenten der Altstadt, wurden einzelne Ruinen konserviert. Ausgegrenzt als Mahnmale oder, sinnvoller, als Bestandteile von Neubauten.“279 Zahl und Größe der Spolien sind ebenso wie deren kunsthistorische Bedeutung sehr unterschiedlich. Oft ist es eine einfache Konsole, zuweilen eine Inschrift oder ein Bildwerk. Dass anspruchsvoller gestaltete Werkstücke und zumal solche von bekannten Baukünstlern häufiger wiederverwertet wurden, versteht sich. Ein solcher Fall ist der zunächst unscheinbare Wohnbau von 1955/56 in Würzburg an der Ecke Wolfhartsgasse/Franziskanergasse 53. In der äußersten Achse der viergeschossigen Putzfassade kragen in den oberen Geschossen Balkone vor, unter denen sich im Erdgeschoss

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ein breiter steinerner Torbogen wölbt, dessen Zwickel mit Waffenreliefs verziert sind. Der Bogen stammt von dem im März 1945 bei der Bombardierung von Würzburg zerstörten Hof Oberfrankfurt (oder Huttenscher Hof), den der Barockarchitekt Balthasar Neumann 1725 im Tausch erworben hatte. Der Torbogen gehörte zu Neumanns Umbau, ebenso die sogenannte Neumann-Kanzel, ein Belvedere mit Pfeileraufbau und schmiedeisernen Geländern, das 1955/56 ebenfalls als Spolie wiederverwendet wurde und das Wohnhaus in bizarrer Weise krönt.280 Stärker prägen die Fragmente, die in Hannover in der Leinstraße  33 verwendet wurden 54, die Gestaltung der Wiederaufbaufassade. Auch hier wölbt sich in der äußersten Achse des Erdgeschosses eines Wohngebäudes ein halbrunder Torbogen, über dem in den drei Obergeschossen Balkone hervorkragen. Gewändepfosten und Bogen sind mit gerahmten figürlichen Reliefs verziert; unter anderem bewachen zwei gerüstete Krieger den Durchgang. Auf dem Bogen ruhen zwei weibliche Figuren, die eine Inschriftentafel mit dem Zeichen des Baumeisters, dem Monogramm JP und der verschlüsselten Jahreszahl 1617 (?) flankieren. Relieffriese mit Ornamenten, Girlanden und anderem Zierrat gliedern als Bänder die Geschosse. Aber auch die Fenstergewände, die Gesimse und die beidseitige Eckquaderung bestehen aus Spolien, sodass diese die Fassadengliederung vollständig rahmen und in dem ansonsten typischen Wohn- und Geschäftsbau der 1950er Jahre eine Fassade der Spätrenaissance durchscheinen lassen. Die Spolien stammen von dem achtgeschossigen Bürgerhaus, das Joachim Pape 1617–1624 an der Leinstraße errichtete und das der Schriftsteller Wilhelm Blumenhagen 1839 unter dem Namen „Das Haus der Väter“ beschrieben hat. Die literarische Reminiszenz erfolgte nicht zuletzt deshalb, weil damals schon klar war, dass der mächtige Bau der Erweiterung des Leineschlosses zu weichen hatte. Teile davon wurden 1852 für den Maler Carl Oesterley sen. in der Langen Laube wieder aufgebaut. Dieses Haus fiel 1943 Bombentreffern zum Opfer, worauf Spolien davon 1957 am jetzigen Standort im Haus Nikolai verbaut wurden. Die Spolien kehrten also in Drittverwendung in die Nähe ihres Herkunftsorts zurück. Das sind besondere Beispiele einer in den 1950er Jahren alltäglichen Praxis im Wohnungsbau des Wiederaufbaus. Winfried Nerdinger hebt hervor, dass die Trümmersteine auch im Wohnungsbau über die rein materielle Funktion hinaus eine Symbolik erhielten, „die sie fast den Wert von Spolien oder Reliquien erreichen ließ. Nachkriegsarchitekten wie Hans Döllgast in München oder Hans Schilling in Köln

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55 Berlin, Jüdisches Gemeindezentrum an der Fasanenstraße, 1958, Dieter Knoblauch und Hans Heise. Zeitgenössische Postkarte

56 Berlin, Jüdisches Gemeindezentrum an der Fasanenstraße. Die Portalspolie aus der Synagoge, die in der Pogromnacht 1938 zerstört wurde, ist dem heutigen Eingang vorgestellt und gibt dessen Dimensionen vor.

integrierten Sichtmauerwerk aus Trümmersteinen in ihre Wohnhausbauten, um an die historische Tradition des Ortes und an die Kriegserinnerung anzuknüpfen“.281 Die Integration der Spolie in den Neubau schafft eine Verbindung von diesem zum zu erinnernden Vorgänger und bildet über den Verlust hinweg ein Element der Kontinuität. War der Bruch dramatischer, wurde er deutlicher dokumentiert und die Fragmentierung inszeniert, indem die Spolien vom Nachfolgebau abgesetzt wurden. Das gilt etwa für das Jüdische Gemeindezentrum in Berlin-Charlottenburg: Der Neubau, den Dieter Knoblauch und Hans Heise 20 Jahre nach der Pogromnacht der Nationalsozialisten, in der die Synagoge an der Fasanenstraße niedergebrannt worden war, errichteten 55, soll vom Scheitern der Vernichtungspläne Hitlers zeugen. Wie der Vorsteher der Gemeinde, Heinz Galinski, in seiner Ansprache zum Richtfest am 10. November 1958 ausführte, manifestiert sich im Neubau der Wille der Juden, sich in Berlin zu behaupten.282 Daher war in Hinblick auf den Abbruch der Ruine der Synagoge im Oktober 1957 die Firma Philipp Holzmann AG mit der Bergung einzelner Spolien beauftragt worden, um diese – oder dann eine Auswahl davon – im Neubau des Gemeindezentrums wiederverwenden zu können.283 Der baldachinartige Portalvorbau der zerstörten Synagoge ist dem Zugang zum neuen Gemeindezentrum vorgesetzt und definiert dessen Eingangsbreite 56. Als zweite Spolie wurde vor der Nordecke der Fassade die südliche der beiden Pfeilervorlagen der Westfassade, die an die salomonischen Säulen Jachim und Boas erinnern, an einer Stahlbetonstütze als „Mahnsäule“ aufgerichtet. Sie steht in keinem funktionalen oder gestalterischen Zusammenhang mit dem Neubau 55. In der Eingangshalle

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ist als weitere, ebenfalls isolierte Spolie ein Löwenkopfrelief in die Wand eingelassen und mit der hebräischen Inschrift versehen: „Ich will ihnen einerlei Herz und Wesen geben, dass sie mich fürchten sollen alle Tage.“ (Jer 32,39) Durch ihre Isolierung unterstreichen die wiederverwendeten Teile den Bruch in und mit der Vergangenheit. Ihre Andersheit verdeutlicht, dass das Neue nicht durch den normalen Fluss der Zeit bedingt war, sondern durch einen radikalen und erzwungenen Akt der Zerstörung. Es ging um „einen Neuanfang im Täterland […], aber keinen Neuanfang, der die Vergangenheit negierte“.284 Die demonstrative Präsenz der Spolien dokumentiert die Geschichte des Orts und motiviert dazu, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Das gilt insbesondere für die Portalspolie, die zum Betreten des Neubaus zwingend zu durchschreiten ist. Am transitorischen Ort zwischen innen und außen thematisiert sie als konkrete Materialisierung die kritische Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart (S. 105). Spolien in der Memorialarchitektur der Spätmoderne

Das Verfahren, mittels Baugliedern, die aus dem zerstörten Vorgängerbau geborgen und in die Nachfolgearchitektur integriert wurden, an die auslösende Katastrophe zu erinnern, fand in der Folge auch im Zusammenhang mit Naturkatastrophen Anwendung. Ein besonders anschauliches Beispiel ist das von Gibellina Nuova, jener sizilischen Stadt, die nach dem verheerenden Erdbeben von 1968 in 18 Kilometern Entfernung von der zerstörten Vorgängersiedlung Gibellina in einem ambitionierten Projekt mit weltbekannten Künstlern gänzlich neu gegründet wurde. Francesco Venezia realisierte 1981–1987 ein Museum, dessen Zentrum die fragmentierte Fassade des neoklassizistischen Palazzo di Lorenzo bildet, eine der wenigen nicht eingestürzten Hauswände in Gibellina. Venezia ließ diese Mauer demontieren und Stein für Stein im Museumsneubau, der der Geschichte des Orts und dem Gedenken der Katastrophe gewidmet sein sollte, wieder aufrichten 57.285 Im Gegensatz etwa zu

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57 Gibellina Nuova, Museum, 1981/1987, Francesco Venezia. Verwendung der Fassade des Palazzo di Lorenzo aus dem erdbebenzerstörten alten Ort

58 Gibellina, Land-Art-Projekt Grande Cretto, 1984–2015, Alberto Burri. Die Siedlungsreste der zerstörten Stadt wurden mit einer Betondecke überzogen, die den einstigen Straßenverlauf nachvollziehbar macht.

59 Gibellina Nuova, Giardino Secreto, 1984/1987, Franceso Venezia. Errichtet unter Verwendung von Spolien; heutiger Zustand

den weiter unten diskutierten Shopping-Malls, die ebenfalls ganze Fassadenfronten wiederverwenden, sollte und kann die spoliale Palazzofassade im völlig neu geplanten Ort Gibellina Nuova aber nicht als Stabilisator eines vertrauten Stadtbilds wirken – dafür ist der Bruch für die Bewohner zu traumatisch und Gibellina Nuova, die auf Initiative ihres Bürgermeisters Ludovico Corrao zur Stadt der modernen Kunst werden sollte, zu offensichtlich neu. Daher wurde die Spolie auch nicht außen, sondern in einem langen Hof mit ansonsten geschlossenen Wänden eingebaut. Man betritt den Hof an einer der Schmalseiten, um über eine Rampe hinunterzugehen und dann durch die Bögen der Spolienmauer das sehr schmale Museum zu betreten. Man passiert also die zweigeschossige Spolienpartie und betrachtet diese dabei über den Hof hinweg, bevor man durch sie in das schmale Gebäude tritt. Die spoliale Quadermauer ist eingebunden in eine ebenfalls aus Sandstein errichtete Wand, in der sich glatte und stark aufgeraute Streifen abwechseln. Die drei übrigen Hofwände sind aus Tuffbrocken gemauert und werden von Beton und Ziegelbändern durchzogen. Der warme Gelbton aller verwendeten Steine fasst diese trotz der Materialvielfalt zu einem Gesamteindruck zusammen. Von außen blickt man durch das einzige Fenster in der rampenseitigen Längswand in eines der direkt gegenüberliegenden Fenster im Obergeschoss der so in subtiler Weise inszenierten Spolienfassade. Diese ist einer der ganz wenigen überhaupt noch sichtbaren Reste der untergegangenen Stadt, deren Ruinen am alten Standort unter einer von Alberto Burri gestalteten dicken Zementschicht – dem LandArt-Projekt Grande Cretto – begraben sind 58.

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Ein zweites Projekt in Gibellina, in dem Venezia unter Verwendung von Spolien die Katastrophe thematisierte, ist der Giardino secreto.286 Ein kleiner Garten versteckt sich hinter einer straßenseitigen Betonmauer, die mit Zuschlagstoffen in verschiedenen Brauntönen eingefärbt ist. Sie erscheint als Hofmauer, über die ein hausähnlicher Baukörper emporragt. Das vermeintliche Haus hat aber kein Dach und wirkt aus der Nähe betrachtet als Rohbau oder als neue Ruine. Letzteren Eindruck erzeugt vor allem die Mauer aus Travertinblöcken, in die innenseitig wiederverwendete Bögen eingelassen sind, die einen zylindrischen Brunnen rahmen 59. Diese Spolien verbinden die neue, künstliche „Ruine“ mit der Erinnerung an die Katas­ trophe von 1968. Zugleich thematisiert die Transformation des dachlosen Hauses in einen Garten die Überwindung des Traumas. Auch in der ebenfalls vom Erdbeben 1968 schwer getroffenen Stadt Salaparuta hat Francesco Venezia 1986 eine Spolienarbeit realisiert, die formal an eine Kombination der beiden Projekte in Gibellina erinnert.287 In einer Folge lang gestreckter ummauerter Plätze und kleiner Gärten wurden verschiedene Materialien aus dem Erdbebenschutt verwendet und Sitzbänke aus den Treppenstufen zur zerstörten Kirche eingefügt. Gemeinsam ist den drei Arbeiten, dass Erinnern und Gedenken über die Präsenz der Fragmente erfolgen, die transformiert wieder zu Architektur werden. Nach der unvorbereiteten plötzlichen Destruktion der Häuser verfestigt sich aus und mit Teilen von ihnen wieder eine neue Behausung. Die Spolien sind dabei mehr als nur Symbole und Erinnerungszeichen; sich ihrer materiell zu bedienen und mit ihnen Neues zu gestalten, macht den Willen zur Kontinuität greifbar.

Zuweisungen und Akkumulationen Spolien haben als Steine und Werkstücke zunächst keine über sie hinausweisende Bedeutung – Bedeutungen werden ihnen aufgrund ihres Materials, ihres Aussehens oder ihrer Herkunft zugeschrieben. Ob durch die ostentative Wiederverwendung von Baugliedern solche Bedeutungszuweisungen übermittelt oder erzeugt werden oder ob praktische Gründe für diese Praxis überwiegen, ist eine Frage, die die Spoliendebatte nicht wirklich bereichert, aber wohl unvermeidlich immer wieder diskutiert wird. In den bis hierher besprochenen Beispielen sind ästhetische und/oder schriftlich vermittelte Bedeutungen der Wiederverwendung evident; viele andere Beispiele würden die Frage offen lassen. Was Robert CoatesStephens und Ruth Macrides für den Spoliengebrauch in der Spätantike konstatierten, lässt sich auch verallgemeinern: Zeitgenössische Schriftquellen, die sich zu Spolien äußern, sind in deren Bewertung ähnlich divergent wie die Meinungen in der modernen Forschungsliteratur: „Their meaning could be reinterpreted, depending on circumstances. Neither the identification […] nor its meaning was constant.“288 Die Uneindeutigkeit, die heute noch Forschern zu schaffen macht,289 ist im Wissen der Postmoderne eine der Qualitäten von Spolien. Diese Offenheit regte bereits in der Vergangenheit dazu an, über Spolien Bedeutungszuweisungen zu generieren und Bedeutungen anzureichern.

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60 Rom, Sankt Peter. Rekonstruktion der Anordnung der Spiralsäulen um den Altar über dem Petrusgrab zur Zeit von Papst Gregor I., um 600

„Es ist nicht der oft beklagte Mangel an zeitgenössischen Texten, der uns daran hindert, endgültige Antworten auf die Frage nach den ‚tatsächlichen‘ Beweggründen für Spolienverwendung zu finden, sondern die spezifische Potenz von Spolien, im Laufe der Zeit verschiedene Bedeutungsschichten anzulagern und dementsprechend unterschiedlich rezipiert zu werden.“290 Für das schon mehrfach angesprochene Phänomen sind die sogenannten Columnae vitinea, die Spiralsäulen in Sankt Peter im Vatikan, ein besonders signifikantes Beispiel. Von Ephesos über Troja und Jerusalem nach Rom

Aus dem Liber Pontificalis – dem frühmittelalterlichen Verzeichnis der Päpste und ihrer Taten – wissen wir, dass Kaiser Konstantin zur würdigen Inszenierung des Grabs Petri seiner neuen Basilika Weinrankensäulen aus Griechenland schenkte und dass unter Papst Gregor III. (731–741) der byzantinisch-ravennatische Exarch Eutychios zu dem konstantinischen Säulenset weitere Säulen ähnlicher Machart beisteuerte 60.291 Alle diese kostbaren Schmuckstützen dürften im 2. oder frühen 3. Jahrhundert im kleinasiatischen Raum gefertigt worden und in Ephesos verbaut gewesen sein, wo ein gleichartiges Säulenfragment gefunden wurde.292 Konstantin verwendete also auch hier Spolien. Deichmann schreibt dazu: „Diese Schäfte gehörten sicherlich zum Kostbarsten, aufgrund der virtuosen Arbeit, was man aus der monumentalen Zierarchitektur

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des 3. Jahrhunderts in Rom auftreiben konnte, und sie waren offenbar als eine besondere Ehrung, gleichsam als ein Ehrenmonument für Petrus gedacht: auch hier sind es, wie am Konstantinsbogen, Spolien, die für solche Zwecke würdig erachtet wurden.“293 Die Spolien stammten aus einem Gebiet, das Konstantin erst nach dem Sieg über Licinius im Jahr 324 zufiel, wodurch sie auch zu Siegestrophäen wurden. Aus der Spätantike und dem Frühmittelalter ist allerdings keine über ihre neue Verwendung hinausweisende Bedeutungszuschreibung der Säulen überliefert, sie galten als besonders schön und wertvoll und damit als angemessene Dekoration eines herausragenden Orts, der Memoria Petri. Alsbald wurden sie auch zum Sinnbild für diese, wie erste Darstellungen aus dem 5. Jahrhundert nahelegen.294 Erstmals im 11. Jahrhundert ist in einer arabischen Quelle aus Andalusien davon die Rede, dass die Säulen von Sankt Peter – und zwar alle – aus Jerusalem stammten.295 In den römischen Mirabilia des 12. Jahrhunderts findet sich hingegen noch kein Wort zu den vatikanischen Spiralsäulen. Erst der Kanoniker Peter

61 Rom, Vatikan. Die Colonna santa mit der Steinbrüstung von 1438 und dem Gitter, das die Säule schützte

62 Jean Fouquet, Pompeius im Tempel zu Jerusalem, der mit den aus der Peterskirche bekannten Spiralsäulen dargestellt ist, von denen man damals glaubte, sie stammten vom Tempel in Jerusalem. Illustration zu Flavius Josephus, Antiquitates judaicae, um 1470. Bibliothèque nationale de France, Paris, Ms. ­Française 247, fol. 293v.

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63 Rom, Sankt Peter. Vierung mit dem Baldachin von Bernini, dessen Säulen die Spoliensäulen aus der Abschrankung des Petrusgrabs in Alt-Sankt Peter zitieren. Diese sind in erneuter Wiederverwendung dahinter am Vierungspfeiler als Rahmung der Ädikula sichtbar.

Mallius, der im selben Jahrhundert möglicherweise erneut im Zeichen der Renovatio Romae seine Beschreibung der Peterskirche verfasste, nahm Bezug auf den Liber Pontificalis, wenn er vermerkte, die Säulen des Petrusgrabs habe Kon­stantin aus Griechenland beschafft, wobei er präzisierend zu wissen glaubte, die „columnae vitinae“ stammten ursprünglich aus dem Apollontempel von Troja.296 Vielleicht begünstigt durch die Kreuzzüge, entwickelte sich aus der Jerusalemer Herkunftssage der im 14. Jahrhundert erstmals bezeugte Glaube, wonach eine dieser Säulen jene sei, an der Christus während seines Wirkens im Tempel gelehnt habe. Um 1380 schrieb ihr ein anonymer Benediktinermönch daher die Fähigkeit zu, Besessene zu heilen.297 Zu ihrem Schutz war die wundersame Säule damals mit einem hölzernen Gitter eingefasst, das spätestens im 15.  Jahrhundert durch eines aus Metall ersetzt wurde. Eine steinerne Brüstung versah Kardinal Giordano Orsini 1438 mit einer Inschrift, die deren Herkunft „de Salomonis Templo“ sowie ihre Heilfähigkeit kommemorierte 61.298 Nach 1470 finden sich Reflexe der Herkunftslegende auch in der bildenden Kunst, wird doch zuerst von Jean Fouquet, später von Raphael, Domenichino und anderen der Tempel Salomons mit den vom Petersgrab bekannten Spiralsäulen wiedergegeben 62.299 Mit dem Neubau der Peterskirche, konkret dem 1507 von Bramante errichteten tegurium zum Schutz des Petrusgrabs während der Arbeiten an der neuen Vierung, musste die seit dem 8.  Jahrhundert weitgehend belassene Chorgestaltung und damit die Aufstellung der Säulen verändert werden. Fortan hatten die Säulen die Erinnerung an den Tempel Salomonis mit derjenigen an die eigene Vorgängerkirche – in diesem Fall die für das Papsttum so zentrale konstantinische Basilika – zu verbinden. Dies erfolgte just in jener Zeit, in der im Zusammenhang mit Porphyrsäulen in der Kapelle von Sixtus  IV. in der Südwand der Peterskirche durch Albertini erstmals der neuzeitliche Wortgebrauch von „spolia“ auftauchte (S. 16). An antiquarischen Kenntnissen – zumindest im Zusammenhang mit jüngeren Bauvorhaben – fehlte es also nicht, als nach der Separierung der Colonna santa und diversen provisorischen Anordnungen im Lauf des 16.  Jahrhunderts schließlich Bernini für acht der Spiralsäulen die bekannte, den hohen Anforderungen in glänzender Weise genügende Lösung fand:300 An jedem der vier Kuppelpfeiler tragen hoch oben auf einem Balkon je

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zwei der Säulen ein monumentales Wandtabernakel, das jeweils eine kapitale Reliquie – das Schweißtuch der Veronika, das Haupt des Apostels Andreas, die Heilige Lanze und einen Kreuzsplitter – zugleich entrückt und monumental inszeniert 63. Die Säulen dienen der Rahmung der Reliquien und erhalten durch den Kontext selbst Reliquiencharakter. Sie hatten in Alt-Sankt Peter mit dem Apostelgrab die Hauptreliquie eingefasst, seit dem 17. Jahrhundert rahmen sie die ebenfalls nicht direkt sichtbaren, sondern durch sie – und das Bildprogramm – erschließbaren und kaum weniger bedeutenden Zeugen des Wirkens und Leidens Christi. Zusätzlich schaffte Bernini die Integration des Alten in ein zeitgemäßes Programm und in eine aktuelle Formensprache, indem er für den Baldachin über dem Altar – und damit als Nachfolge des Apostelschreins von Alt-Sankt Peter – Bronzesäulen fertigte, die programmatisch als zeitgenössische Neuanfertigungen und Kopien der konstantinischen Spiralsäulen erkennbar sind. Berninis Umgang mit den Spoliensäulen ist damit ein Beispiel für die raffinierte künstlerische Reflexion „über den Vorgang der Hervorbringung des Vergangenen in der Gegenwart“.301 Während in der Vierung des Petersdoms der sichtbare Zusammenhang der Säulen untereinander und mit dem Petersgrab weiterhin gegeben ist, erfuhr die einst herausgehobene Colonna santa eine allmähliche Abwertung, seit sie 1632 aus der Sichtweite des Apostelgrabs entfernt und zuerst in einer Kapelle des nördlichen Seitenschiffs aufgestellt worden war. Wenn auch im 17. Jahrhundert noch einzelne Heilungen bezeugt sind, bildete die Säule doch zusammen mit anderen Objekten nunmehr „eine Art Edel-Lapidarium […], das wie ein ‚Altersheim‘ für ausgediente Prunkstücke aus vergangenen Zeiten wirkte“.302 Im 19. und 20. Jahrhundert wurde sie erneut umplatziert; seit der Restaurierung im Jahr 2014 steht sie jetzt im Souvenirshop des Museo del Tesoro von Sankt Peter, geschützt durch eine Glasbrüstung – allerdings nicht mehr vor heilsuchenden Gläubigen, sondern vor unachtsamen, eilig ihre Souvenirs kaufenden Touristen und Touristinnen. Das Ding muss doch eine Bedeutung haben

War es bei den Weinrankensäulen in Sankt Peter die ungewöhnliche Machart des kostbaren Materials in Kombination mit der auratischen Nähe zu einem zentralen Erinnerungsort der Christenheit, die zu immer neuen Narrativen und Bedeutungszuweisungen anregte, so war es in anderen Fällen die Präsenz eines nicht mehr verstandenen Objekts. Beispielsweise dürfte der oben eingeführte Fundamentstein des Genueser Turms aus Akkon in der Vorhalle von San Pantaleon in Venedig in der Frühen Neuzeit vermutlich seltsam erschienen sein (S. 45), sodass die im venezianischen kollektiven Gedächtnis perpetuierte Erinnerung an den Sieg über den Erzrivalen mit Geschichten zum Quader ausgeschmückt wurde. Mehrere Chroniken des 16. Jahrhunderts berichten, Lorenzo Tiepolos Wahl zum Capitan general da mar sei überraschend erfolgt, da er als etwas schläfrig gegolten habe.303 Man habe ihm nicht viel zugetraut und manche daher gespottet, er solle nach der Vernichtung der Genuesen Steine von ihren Bauten nach Venedig mitbringen. Tiepolo habe dann aus Rache einem dieser Spötter, der bei San Pantaleon gewohnt habe, einen Block direkt vor die Tür legen lassen.

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64 Frankfurt am Main. Spolien­ pasticcio am Rebstock, um 1897

Gerade in Venedig wird deutlich, dass der Reichtum an Spolien auch die Erfindungsund Erzählfreudigkeit stimuliert hat. Dazu gehört auch das Story migrating, wenn beispielsweise die Blutgerichtserzählungen, die mit dem roten Säulenpaar an der Westfassade des Dogenpalasts verbunden sind, auf die benachbarten Pilastri acritani übertragen wurden, die lokale Ciceroni zwischen 1497 und 1608 als Galgen ausgaben und damit diese außergewöhnlichen Objekte um weitere Bedeutungen anreicherten.304 Besonders in Rom waren antike Fragmente allgegenwärtig, und auch dort regten sie zu Geschichten an. Im Hochmittelalter musste angesichts der in der ganzen sichtbaren Fülle oft nur zur Materialgewinnung im mittelalterlichen Hausbau wiederverwendeten Bauglieder der Bauherr Nicolaus an seiner Casa dei Crescenzi die Betrachter noch mittels rätselhafter Inschriften dazu anregen, sich mit der Bedeutung seiner Spolien zu beschäftigen. Dagegen wurden diese in der Renaissance dann scheinbar selbst aktiv, wie besonders populär der berühmte Pasquino und die anderen „sprechenden Statuen“ belegen.305 Diese überschritten durch ihre unerwarteten und unkalkulierbaren Kommunikationsakte Grenzen vom arbiträr erscheinenden Ding aus der Vergangenheit zum lebenden und sprechenden Aktanten.306 Pasquinos bekannter Kommentar „Quod non fecerunt i barbari, fecerunt i Barberini“ zur Anordnung von Papst Urban VIII. (1623–1644), die Bronze vom Portikus des Pantheons für Kanonen der Engelsburg und Berninis Baldachin in Sankt Peter umzuschmelzen, war aus dem Mund einer antiken Statue eine Kritik an allen Zerstörungen, die die urbs durch äußere und innere Feinde erlitten hatte. Und besonders waren damit die päpstlichen Großprojekte der zurückliegenden 150 Jahre gemeint, die einerseits durch die rücksichtslose Nutzung der Ruinen als Steinbrüche, andererseits durch den enormen Zuwachs an „modernen“ Bauten zu einer sichtbaren Reduktion des antiken Bestands geführt hatten. Für ein anderes, entgegengesetztes Kommunikationsschicksal von römischen Statuen nördlich der Alpen steht die sogenannte Venus von Sankt Matthias in Trier.307 Der Marmortorso dürfte seit dem Hochmittelalter an Ketten vor der Abteikirche aufgehängt gewesen sein, um das als dämonisch beargwöhnte Objekt von der kraftspendenden Erde zu trennen. Die Pilger zum Grab des frühchristlichen Trierer Bischofs

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Eucharius bewarfen das Statuenfragment jeweils mit Steinen, um sich von der „Angst vor der nackten Marmorschönheit“ zu befreien.308 Ein 1551 bezeugtes Epitaph, das auf ein spätmittelalterliches Spottgedicht zurückverwies, ließ auch hier die Statue sprechen – allerdings als Besiegte und Opfer: „Wollt Ihr wissen, was ich bin / Ich bin gewesen ein Abgottin Da S. Eucharius zu Trier kam / Er mich zerbrach, mein Ehr abnahm Ich was geehret als ein Gott / Jetzt stehen ich hie der Welt zu Spott.“ Während in Trier die Inschrift die Sachlage klärte, gaben noch Jahrhunderte nach der Casa dei Crescenzi Spolienassemblagen weiterhin Rätsel auf, die zu bizarren Interpretationen und Geschichten anregten. Als Beispiel sei hier ein Pasticcio von Skulpturfragmenten erwähnt, das noch im 19. Jahrhundert in Frankfurt am Main in die Brandwand zwischen den Häusern Kruggasse 8 und Im Rebstock 6 eingemauert war, und zwar so weit oben, dass es nur schlecht zu erkennen war, was die Erzählungen bereicherte und beflügelte 64. Die in der Tat eigenwillige Zusammenstellung dürfte aufgrund des sie bekrönenden spätbarocken Baldachins im 18. Jahrhundert entstanden sein und vereinte unter anderem die spätmittelalterliche Figur eines Weinkelterers mit Resten einer Erkerarchitektur, eines Bogenfragments sowie weiteren Fragmenten. Der die Konstruktion des Bilds der Frankfurter Altstadt bis heute prägende Maler Carl Theodor Reiffenstein (1820–1893) berichtete von „den seltsamsten Erzählungen“, zu denen diese Spolienassemblage Anlass gegeben habe. „Gewöhnlich wurde es für einen Mönch ausgegeben, der eine Nonne durch ein Gitter umarmt“; er selbst sah darin einen Mann, der einen Rebstock bestieg, verknüpfte das mit der Sage eines Rebstocks, der dort einst gestanden habe und so groß und stark geworden sei, dass ein Mann daran nicht emporsteigen konnte, und glaubte darin ein „Wahrzeichen“ des alten Frankfurt erkennen zu können, eine Deutung, die heute ihrerseits als legendär gilt.309 Ebenfalls mittels einer Collage mit Spolien wertete Jože Plečnik in Ljubliana die „stummen Zeugen“ der 1912/13 freigelegten römischen Stadtmauer von Emona auf und brachte die Antike als Vorstellung zur Anschauung.310 In den 1930er Jahren fasste er die Stadtmauerreste mit einem Grünzug und parallel verlaufenden Wegen ein und gestaltete die Durchbrüche mit fantastischen Architekturen, gebaut mit Spolien aus dem Schutt des Erdbebens, das 1895 die damalige Stadt Laibach stark beschädigt hatte. Mit einer Pyramide, einer Kegeltruppe, einem gewölbten Lapidarium und der Aufrüstung des Stadttors mit Säulenpaaren interpretierte er die (Architektur-)Geschichte ganz frei 78. Thomas Will vergleicht dieses Vorgehen mit dem von Piranesi, der „anhand der Ruinen ein suggestives Bild Roms entworfen hat, das bis heute oszilliert zwischen phantastischer Bildwirkung und aufgeklärter Detailinformation“.311 Durch die Verwendung von Trümmern des modernen Erdbebens zur Neuinszenierung der römischen Stadtmauer eignete sich Plečnik den Genius loci gleich in doppelter Weise an.

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Spolien transponieren nicht nur ihnen zugeschriebene Bedeutungen, sondern erweisen sich auch als Medien, solche zu generieren. Diese Bedeutungen sind nicht in den Spolien enthalten oder ergeben sich essenzialistisch aus ihnen, denn, wie schon Hegel in seinen Ästhetik-Vorlesungen formulierte, ist „die geistige Bedeutung nicht ausschließlich in das Bauwerk selbst hineingelegt […], das dadurch zu einem selbständigen Symbol des Innern wird, sondern dass diese Bedeutung umgekehrt außerhalb der Architektur schon ihr freies Dasein gewonnen hat“.312 Bedeutungsgeneratoren sind Spolien aber besonders dann, wenn sie sich vom übrigen Baubestand sichtbar unterscheiden und insofern, als ihre Andersheit deutlich wird und zur Frage anregt, warum das so ist. Durch ihre Differenz zum restlichen Bauwerk und durch ihre Herkunft aus der Zeit vor dessen Errichtung verweisen sie auf ein komplexes Verhältnis zwischen der Gegenwart, der Entstehungszeit der entsprechenden Architektur und deren Vergangenheit und regen dazu an, dieser Konfiguration Bedeutung zu geben. In Jeremias Gotthelfs Novelle Die Schwarze Spinne ist dieses Phänomen literarisch verarbeitet: Der Bystel, ein schwarzer Pfosten, muss über Generationen bei jedem Neubau des Hauses wiederverwendet werden, da nach der Sage darin einst in einem verzapften Loch mit Gottes Hilfe das Unheil und Tod bringende Wesen eingesperrt und damit gebannt worden sei. „Das alte Holz, worin die Spinne sei, [sowie] den alten [frommen, Anm. HRM] Sinn, der ins alte Holz die Spinne geschlossen“, müssten stets bewahrt werden, „dann werde der alte Segen auch im neuen Haus sein“.313 Zwar begegnet der aufgeklärte Erzähler der ganzen Geschichte mit Skepsis, hält dann aber abschließend doch fest: „Etwas muss doch an der Sache sein, sonst wäre das alte Holz nicht da.“314

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Objekte und Orte

65 Brüssel, EU-Ratsgebäude, 2016, Philippe Samyn and Partners. Detail der ­Fassade aus aufgearbei­ teten Holzfenstern

Besonders häufig zu Spolien werden Bauteile, die sich leicht aus- und wieder einbauen sowie vergleichsweise leicht transportieren lassen. Das sind neben den oft zudem wertvollen Säulen, Reliefs, Inschriften, Wappen und anderen Zierteilen auch Portal- und Fenstergewände sowie die ebenfalls zu den Mobilien zu zählenden und im Wert meistens deutlich geringeren Türen und Fenster. Diese haben den Vorzug, dass sie sich in ihrer angestammten Funktion an gut sichtbaren zentralen Stellen in Gebäuden verbauen lassen. Andere Spolien werden entsprechend präsentiert, um Aufmerksamkeit zu erregen. Der Ort des Bauteils am Gebäude – schon am Herkunfts-, aber noch mehr am Zielgebäude – ist folglich ein zu diskutierender Faktor der Spolienverwendung. Das in der Einleitung dieses Buchs genannte Gebäude des Europäischen Rats in Brüssel mit den Fassaden aus wiederverwendeten Holzfenstern weist auf einen zweiten Aspekt der Lokalisierung 65. Die Fenster sind sorgfältig und vereinheitlichend aufbereitet verbaut, sodass ihnen ihr Spoliencharakter nicht anzusehen ist. Es ist die Herkunftserzählung, wonach sie aus den verschiedenen Ländern der Europäischen Union stammen sollen, die sie symbolisch auflädt: Ihre Herkunftsvielfalt ist, gleich den oben als Machtsymbole genannten Beispielen, auch hier Programm. Das unterscheidet den Brüsseler Europa-Bau von zahlreichen anderen, die ebenfalls Fassaden mit wiederverwendeten Fenstern haben. Jüngere Beispiele sind etwa die Noorderparkbar von Overtreders W und Bureau SLA in Amsterdam, die vollständig aus online erstandenem Wiederverwertungsmaterial – darunter 42 Fenster – errichtet wurde, ferner die hauptsächlich aus wiederverwendeten Fenstern zusammengebaute Notunterkunft La Passerelle von Niclas Dünnebacke in Saint-Denis oder der Pavillon bauhaus reuse von Robert Huber/zukunftsgeräusche auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, konstruiert aus den bei der Sanierung des Dessauer Bauhauses ausrangierten Fenstern 66. Sie stehen für die heute durchaus demonstrative Wiederverwendung von grauer Energie, für Bricolage und informelles Bauen.315 Nicht als Spolien anzusprechen sind dagegen die ungezählten aus Gründen der

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Sparsamkeit und/oder der Ressourcenschonung in ihrer ursprünglichen Funktion wiederverwendeten Fenster. Neben Fenstern sind Türen leicht und vielfach wiederverwendbare Bauteile. Sind sie nicht aus Holz, sondern aus Bronze, gehören sie zu den Objekten, die bedeutungsvoll wiederverwendet oder – nicht minder bedeutungsgeladen – verschenkt wurden, wie dies 1117 Pisa der Stadt Florenz als Dankesgabe für die Unterstützung anbot (S.  44). Die Florentiner wählten dann die alternativ angebotenen Porphyrsäulen und damit Vertreter einer weiteren Objektgruppe, die nicht nur am häufigsten als Trophäen dienten, sondern zu den beliebtesten wiederverwendeten Baugliedern insgesamt zählen.

Portale316 „Türen gehören der Vergangenheit an“, schrieb der Schriftsteller Robert Musil in seinen Unfreundlichen Betrachtungen als sarkastischen Abgesang auf „Türen und Tore“. Für ihn zeigten sie „eine Fülle von Beziehungen zum Leben, […] jene treffliche Mischung von Realistik und Symbolik, welche die Sprache nur aufbringt, wenn uns etwas sehr wichtig ist. […] Das sind längst undurchführbare Redensarten, sind nur noch freundliche Einbildungen, die uns mit Wehmut beschleichen, wenn wir alte Tore betrachten. Dunkelnde Geschichte um ein Loch“. 317 Es war und ist mehr als Wehmut, die dazu führt, dass die Rahmungen und Füllungen dieses „Lochs“, dass Portale, Tore und Gewände von Ein- und Durchgängen – wie die oben genannten Beispiele aus dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zeigen – auffällig oft einer sichtbaren Zweitverwendung zugeführt wurden und noch immer werden. Seit der Spätantike gibt es für ihre Wiederverwendung ungezählte Belege. Zu den frühesten gehört der sogenannte Romulus-Tempel am Forum Romanum, für den vermutlich um 310 ein severisches Portal mitsamt den bronzenen Türflügeln wiederverwendet wurde 67.318 Auch danach blieben antike Bronzetüren beliebte Objekte der Wiederverwendung. In Rom kam das einstige Tor der Curia an die Lateransbasilika, in Venedig war die

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66 Berlin, Pavillon bauhaus reuse, 2018, Zukunftsgeräusche. Der Pavillon besteht aus Fenstern von der Sanierung des Bauhauses Dessau 1976. 2011 wurden diese bei der energetischen Sanierung ausgebaut.

68 Paris, Notre-Dame, Annenportal, nach 1210. Errichtet unter Wiederverwendung des Portals des Vorgängerbaus aus dem 12. Jahrhundert. Zur Einpassung mussten zwischen Tympanon und Archivolten zusätzliche Zwickel mit Engelsreliefs eingefügt werden.

67 Rom, sogenannter Tempel des Romulus am Forum Romanum, wohl um 310. Seit dem 6. Jahrhundert als Vorhalle der Kirche Santi Cosma e Damiano genutzt, unter Wiederverwendung eines severischen Portals inklusive bronzenen Türflügeln

Porta di San Clemente in San Marco ein Geschenk von Kaiser Alexios und in Genua ist im 16. Jahrhundert chronikalisch überliefert, dass die damals schon verlorenen Türflügel von San Giorgio aus Almeria stammten. Agostino Giustiniani berichtet, sie seien von einem Priester namens Vassellus beschafft worden, wie man noch in einer Marmorinschrift an der großen Treppe dieser Kirche nachlesen könne.319 Ganz explizit leitete hier die Inschrift zum richtigen Verständnis der Spolie an. Im Hochmittelalter waren es dann auffällig viele Figurenportale, die gerade auch an sehr bedeutenden Kirchen von ihrem jeweiligen Vorgänger übernommen und sekundär verbaut wurden. Stephan Albrecht hat zahlreiche Beispiele zusammengestellt, von denen das Annenportal im Süden der Westfassade der Pariser Kathedrale Notre-Dame vielleicht das prominenteste ist 68.320 Nach 1210 wurde das aus dem romanischen Vorgängerbau stammende Portal in die neue Westfassade einbezogen, was offenbar von Anfang an in deren Konzept eingeplant war. Um das deutlich kleinere Portal des 12.  Jahrhunderts im gotischen Neubau wiederverwenden zu können, schuf man unter anderem einen zusätzlichen Sturz, der für die Anpassung an die Höhe der benachbarten Portale sorgte und durch die neuen Reliefs zugleich zu einer inhaltlichen Umdeutung von der Marien- zur Annenikonografie sorgte. Um den Rundbogen des Tympanons an den steilen Spitzbogen der neuen Portalarchitektur anzupassen, mussten Bogenzwickel mit aus Wolken aufsteigenden Engeln gefertigt werden. Die Archivolten erforderten zahlreiche neue Werkstücke, während nicht mehr passende Formsteine des alten Portals im Fundament verbaut wurden. Das mag primär praktische Gründe der effizienten Materialnutzung gehabt haben, zeugt darüber hinaus aber von einer genauen Planung der wieder zu nutzenden und der überzähligen Werkstücke. Im gotischen Neubau der Kathedrale von Bourges wurden gleich zwei Portale aus dem romanischen Vorgänger wiederverwendet, und auch die Abteikirche SaintDenis verfügt mit der nach 1231 am jetzigen Ort eingebauten Porte des Valois über ein aus dem 12. Jahrhundert stammendes Portal in Zweitverwendung.321 Das Interesse an der Wiederverwendung von Figurenportalen des Vorgängers ist freilich weder auf Frankreich noch auf das 13. Jahrhundert beschränkt. So wurde etwa im sächsischen Freiberg am Übergang zur Frühen Neuzeit kurz vor 1500 die sogenannte Goldene Pforte der Marienkirche vom spätromanischen Vorgängerbau in die neue Stiftskirche übernommen.322 Das Portal wurde dafür von der Westfassade an die Südseite in das östlichste Joch des neuen Hallenlanghauses

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versetzt. Kleinere Unstimmigkeiten zeugen von den praktischen Schwierigkeiten beim Wiederaufbau, was auch am Hauptportal des Basler Münsters zu beobachten ist, das in Folge des Erdbebens von 1356 von der aufgegebenen Vorhalle an die Westfassade versetzt wurde. Diese Versetzung im Zug einer Reparatur im Spolienzusammenhang zu nennen, ist nur gerechtfertigt, weil sich anhand von Versatzmarken an diesem Beispiel schön das Vorgehen und die Schwierigkeiten der Versetzung nachweisen lassen.323 Dass der Hang zur Wiederverwendung von Portalen nach dem Mittelalter eine beliebte Praxis blieb, zeigen verschiedene bereits angesprochene Fälle. In der Architektur des 19.  Jahrhunderts scheint sich das Phänomen erneut intensiviert zu haben. Erinnert sei an das Beispiel der Basler Hauptpost (S.  76f.). Aus dem 20. Jahrhundert wurde bereits das sogenannte Liebknecht-Portal des ehemaligen DDR-Staatsratsgebäudes gezeigt 17 sowie das Portal der ehemaligen Charlottenburger Synagoge, das im Jüdischen Gemeindezentrum an der Fasanenstraße Wiederverwendung fand 55. Aus ihrer Geschichte resultiert, dass sie jeweils im deutlichen Kontrast zum Neubau stehen. Über die begründbare Historie hinaus ist das jedoch auch zeittypisch für die Moderne. Man findet in Stadt und Land zahlreiche Spolienportale, die formal, aber auch unter dem Gesichtspunkt der Bauaufgabe sowohl bezüglich der Herkunft als auch der Wiederverwendung ein breites Spektrum an Möglichkeiten aufzeigen 69. Kirchen- und Schlossportale sind besonders häufig vertreten, doch erstreckt sich das Phänomen auch auf weniger ambitionierte Bauaufgaben wie den Wohnungs- und Industriebau. In manchen Massenwohnungsbauten der DDR scheint man versucht zu haben, durch die

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69 Dresden-Neustadt, Hofgebäude der Caritas, 2002, Dieter Walter. Wiederverwendete Tür aus dem sanierten Vorderhaus des Grundstücks 70 Wiederverwendete Bauglieder sowie allerlei Schilder sollten den eher eintönigen Großtafelbauten – wie hier in Gera – zumindest im Eingangsbereich ein individuelles Gepräge geben.

71 Dresden, sogenannte Schöne Pforte am Jüdenhof. Das RenaissancePortal der einstigen Schlosskapelle wurde nach der Konversion des Fürsten in die Sophienkirche integriert und nach deren neogotischer Stilbereinigung am Jüdenhof aufgebaut, wo es auch den Krieg überstand. Unbekannter Fotograf, nach 1945 72 Dresden, Schöne Pforte als Eingangsportal zur rekonstruierten Schlosskapelle, 2020. Aus konservatorischen Gründen wurden Teile des wieder am Schloss aufgebauten Portals durch Kopien ersetzt.

Nutzung wiederverwendeter Bauglieder die oft zur Tristesse neigende Uniformität der Großwohnsiedlungen zu durchbrechen und zumindest dem Eingang in das eigene Haus einen individuellen Aspekt zu verpassen 70. Die anhaltende Beliebtheit des Brauchs, Portale wiederzuverwenden, hat zur Folge, dass manche sich nicht in Zweit-, sondern bereits in Dritt- oder sogar Viertverwendung finden. Exemplarisch hierfür ist die sogenannte Schöne Pforte, ein Renaissance-Portal, das Mitte des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich der SansovinoSchüler Giovanni Maria da Padua für die Kapelle des Dresdner Residenzschlosses entworfen hat. Nach der Konvertierung des sächsischen Herrscherhauses zum Katholizismus und der Aufgabe der Schlosskapelle versetzte man das Portal 1737 in die benachbarte evangelische Sophienkirche, wo es aber nach deren Rebzw. Neogotisierung in den 1860er Jahren dem zeittypischen Diktat der Stilreinheit weichen musste. Nach längerem Hin und Her kam das Portal 1872 neben dem Johanneum am Jüdenhof zu stehen 71.324 Die Schöne Pforte überstand die Kriegszerstörung der Dresdner Innenstadt bemerkenswert unbeschadet und stand bis 2004 am Jüdenhof, als sie erneut einer Stilbereinigung – nun der rekon-­ struierenden Neuschöpfung des barocken Neumarkts – im Weg stand. Nach einer umfassenden Restaurierung erfolgte schließlich eine erneute Spoliierung, indem einige Originalteile zu ihrem Schutz nun museal präsentiert werden, während man andere gleichsam als Authentizitätsbeleg in eine neu gefertigte Kopie in dem der Renaissance-Situation nachgestalteten Schlosshof eingebaut hat 72. Mit Jacques

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Lacan, für den die Tür „ihrer Natur nach zur symbolischen Ordnung“ gehört, ließe sich hier sagen: „Sie öffnet sich auf etwas, von dem wir nicht so recht wissen, ob’s das Reale oder das Imaginäre ist.“325 Wie Stephan Albrecht für das Phänomen der häufigen Wiederverwendung von „Portalen als Spolien und Spolien als Portale“ im Mittelalter und der Frühen Neuzeit feststellte, variieren die Motive für die Wiederverwendung am Portal „und sind nicht aus der bloßen Anschauung, sondern nur unter Heranziehung weiterer Indizien zu ermitteln. In vielen Fällen erinnerten alte Portale an die Gründungen und somit an alte Privilegien und Besitztümer“.326 Sichtbar und handgreiflich belegen sie das hohe Alter der entsprechenden Institutionen – insbesondere, wenn sie auch noch Stifterbildnisse, Inschriften oder ein spezifisches Bildprogramm aufweisen – und fungieren damit gleichsam als „steinerne Urkunden“. Für ihre Zurschaustellung war der Eingang ein besonders geeigneter Ort, was sich in der Frühen Neuzeit an verschiedenen kirchlichen Anweisungen zum Umgang mit alten sakralen Werkstücken ablesen lässt.327 Andernorts scheint es vor allem der bildhauerische Reichtum gewesen zu sein, der zur Wiederverwendung motivierte, während als drittes Argument das Utilitäre der schieren Materialgewinnung zwar naheliegt, angesichts der oft sehr prominenten Bauten und des Aufwands, den man für die Wiederverwendung betrieb, aber zumindest in den von Albrecht untersuchten Fällen von untergeordneter Bedeutung war. Manchmal – und insbesondere in der Hochgotik – hat man die Spolien in den neuen Bauzusammenhang in einer Weise integriert, dass sie nicht sogleich als solche auffielen und den einheitlichen Gesamtentwurf nicht beeinträchtigten, andernorts bemühte man sich dagegen, „die stilistischen Unterschiede zwischen dem alten Portal und den zum Zeitpunkt der Wiederverwendung herrschenden Sehgewohnheiten“ hervorzuheben, sodass sie auch wahrnehmbar waren.328 Zeitstil, Motivation und Ort bestimmten, ob Spolien integrativ oder distinktiv verbaut wurden. Das Portal als Zeugnisort

Portale waren im Mittelalter und der Frühen Neuzeit Orte von Rechtshandlungen und Zeremonien und somit symbolische Orte der Bezeugung.329 In der Moderne sind Portale zwar keine Rechtsorte mehr, doch sind noch im 19. und 20. Jahrhundert mindestens jene Portale symbolische Orte des Bezeugens, die als Spolien aus Vorgängergebäuden übernommen wurden, um Alter, Kontinuität und/oder Autorität zu repräsentieren. Gerade angesichts der Brüche und beschleunigten Veränderungen der Moderne schaffen Spolien als Präsenz des Alten im Neuen Kontinuität. Unmissverständlich erscheint diese Motivation bei der Wiederverwendung zweier Portale und eines Wappensteins des Vorgängers im Rathausneubau in Weimar. Die Erinnerung an das Verlorene sollte im Nachfolgebau bewahrt bleiben, oder, wie es im November 1841 anlässlich der ersten Sitzung des Stadtrats im Neubau hieß: „Wir haben dabei, mit aller Sorgfalt für alle Werkstücke und Kunstwerke aus dem alten Rathhause diese auch in dem neuen Gebäude,

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73 Dresden, Friedrichstadt, Portal des Esseniusschen Hauses, 1738. Wiederverwendung in gestalterisch wenig überzeugender Weise in dem nach 1990 erstellten Nachfolgebau

74 Radeberg, Brauereigelände. In der neuen Halle gegenüber dem denkmalgeschützten Altbau wurde die Portalfassade der Vorgängerbebauung als „neue Spolie“ bzw. Zitat eingebaut.

wo nur irgend möglich und schicklich, anbringen lassen. […] Dieser erhaltende Geist […] deutet auch auf einen sittlichen Halt […]. Auch bieten jene ehrwürdigen Zeugen der Vergangenheit schon an sich ein besonderes Interesse und geistige Unterhaltung dar und wunderbar ist es, wie solche Denkmäler aus jenen Zeiten, die nur auf Seyn und Erhalten gerichtet waren, sich in unseren Zeiten ausnehmen, wo Alles zum Werden und Verändern strebt.“330 spielte Neben dem „sittlichen Halt“ ­ auch – wie so oft – der praktische As­pekt der Materialersparnis eine Rolle: Die Wiederverwendung sparte Materialund Transportkosten, die im vorindustriellen Bauen wesentlich teurer waren als Arbeitskraft. Künstlerische Wertschätzung und memoriale Aspekte sind auch heute die ausschlaggebenden Gründe für die Wiederverwendung von Portalen. Beides macht sich auch die Denkmalpflege zunutze. In ihrer „schöpferischen“ Phase war es vor allem das ästhetische Moment, wie der Bericht des Baurats und Stadtkonservators Hans Vogt aus Köln am Tag für Denkmalpflege 1936 deutlich macht: „[…] an einem sonst ausdruckslosen Hause an der Friedrich-Wilhelm-Straße [wurde] ein schönes Empireportal aus der Nähe als Betonung der Mittelachse angebracht und dem Stadtbild damit ein neuer Schmuck gegeben.“331 Dagegen spielen heute weniger gestalterische Überlegungen als Erinnerungsaspekte eine Rolle 73, wenn die Denkmalpflege den Erhalt und Einbau von Spolien – und besonders häufig Portalspolien – anordnet und darin eine Ultima Ratio sieht, ihrem Erhaltungsauftrag zumindest partiell zu genügen. Dass es dabei, wie 1997 beim Neubau einer Halle zur Fassabfüllung in der Brauerei in Radeberg, gar zur Rekonstruktion eines materiell offenbar nicht mehr haltbaren Portalgiebels der Vorgängerbebauung

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kommt, ist allerdings ein eher kurioser Spezialfall 74. Aber auch ohne denkmalpflegerischen Auftrag verbinden sich bei Türen und Portalen ornamentale und memoriale Funktion in der zeitgenössischen Architektur. In der Giebelfassade des neuen Sparkassengebäudes in Havelberg, die durch ihren eher modisch pompejanisch- denn sparkassenroten Verputz markant in Erscheinung tritt, ansonsten aber auf elementare Formen reduziert ist, stellt die doppelflügelige Eichentür des klassizistischen Vorgängers die eigentliche Zierde der Fassade dar 75. Eine Inschriftentafel neben dem Portal erläutert den Vergangenheitsbezug und macht die Erinnerungsfunktion der Spolie damit überdeutlich. Durch ihre Präsenz bezeugen die Spolien die Ortstradition, zu der sie sich, je nachdem, wie sie eingesetzt werden, unterschiedlich verhalten. Veranschaulichen sie sichtbar ihre Alterität, bezeugen sie den Bruch, die radikale Störung der Tradition, die sie kommemorierend hervorheben. Passt sich der Neubau der Spolie an, wird dieser Bruch eher überblendet. Verwiesen sei dafür an den erwähnten Fall der heftig umstrittenen Projektierung des neuen Postgebäudes in Basel (S. 76): Der Erinnerungseffekt ist nur ein Aspekt der Wiederverwendung von Baugliedern der Vorgänger; zugleich erleichtert die partielle Würdigung des Alten die Durchsetzung des Neuen. Die würdigende Bewahrung und Weiterverwendung von Erinnerungsstücken dient als Beleg für eine weiter zurückreichende Tradition, sie situiert und stabilisiert das Neue in Ort und Zeit. Dass diese Situierung keinem präzisen Ort gelten muss, sondern entsprechend eingesetzte Spolien auch recht pauschale „Zeichen zu einem Bild von Regionalität“ sein können, zeigt exemplarisch das Werk des Schweizer Architekten Rudolf Olgiati (1910–1995).332 Mit seinen Bauten in Graubünden und insbesondere in Flims gehörte Olgiati zu den Schrittmachern einer spezifisch alpinen Nachkriegsmoderne; zugleich integrierte er als einer der ersten modernen Architekten gezielt alte Bauteile – und mit Vorzug Türen – in Neubauten 76. Olgiati trug während Jahrzehnten Hunderte von Bauteilen aus Abbruch- und Sanierungsobjekten, aber auch von Flohmärkten zusammen und archivierte sie sorgsam. Es ging ihm, wie er explizit vermerkte, nicht darum zu sammeln, sondern zu „magazinieren“,

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75 Havelberg, Sparkasse. Das Schild rechts neben dem Eingang erläutert: „Hier stand ein Wohnund Logierhaus, um 1800 erbaut. Das Gebäude wurde genutzt als Wohnhaus, Hotel, Archiv, Gericht und Landwirtschaftsbank. Die zweiflügelige Eichentür diente als Haupteingang. […] Der heutige Bau entstand ab 1999 […].“

76 Flims-Waldhaus, Haus Dircks, 1972/73, Rudolf Olgiati

„um die Gegenstände über schlechte Zeiten hinwegzuretten“.333 Viele dieser Bauglieder verwendete Olgiati in seinen Häusern wieder, wobei er die individuelle Dimensionierung alter Türen bereits in seine Entwürfe einbezog 77. Er kann damit als Pionier jener inzwischen weit verbreiteten Praxis gelten, ältere Türen in die Neubauplanung zu integrieren.334 Bei Olgiati wird auch die Janusköpfigkeit dieses Verfahrens deutlich: Die sichtbare Präsenz des Alten im Neuen bekräftigt durch die Visualisierung einerseits das Bewusstsein des Bruchs mit den Traditionen, weist aber andererseits durch die selbstverständliche und alltägliche Weiternutzung auch einen Weg, mit dem Bruch traditionsbewusst umzugehen.

77 Flims-Waldhaus, Wandschranktüre im Inneren eines Olgiati-Hauses

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78 Ljubliana, Stadtmauer des römischen Emona mit Durchgang aus Spolien, 1935/1938, Jože Plečnik

Das Portal als Schaustück und Schwelle

Aber was privilegiert Türen und Portale als Schnittstelle zwischen Alt und Neu? Es gibt dafür ganz lapidare Begründungen, die in den erwähnten Beispielen bereits anklangen: Portalrahmungen sind oft besonders aufwendig gefertigt und damit wertvoller als andere Bauglieder, weshalb man, wie es bei der Basler Hauptpost hieß, diesen „Schatz dem kunstliebenden Publicum erhalten“ will (S. 77). Wegen des am Portal konzentrierten dekorativen Reichtums und den oft datierenden Inschriften oder Signa sind solche Teile als „Bedeutungsträger“ besonders interessant, sodass man mit ihnen sorgsamer umgeht als mit anderen Bauteilen. Daher werden gelegentlich auch Portale aus wiederverwendeten Werkstücken unterschiedlicher Herkunft zusammengestückt: Es wird zusammengestellt, was schön ist und ungefähr passt – und wenn es nicht passt, kann man damit fantastische Architekturen kreieren, wie dies Jože Plečnik mit seinen Durchgängen in der Stadtmauer des antiken Emona in Ljubliana, für die er Spolien aus dem Schutt des Erdbebens von 1895 verwendete, realisiert hat 78. Selbst wenn sie ihre Funktion als Ein- und Ausgänge verloren haben, werden Portale wieder aufgestellt: Sie werden zu begehbaren Skulpturen, die den Raum gliedern. Ob sie dies – wie das Renaissance-Portal auf dem Holbeinplatz in Eichstätt, das Karljosef Schattner in einen Stahlrahmen fasste und als Platzskulptur wiederverwendete335– scheinbar ohne weitere Funktion tun, oder ob sie gerade durch ihre Funktionslosigkeit den Verlust thematisieren, wie es Rudolf Schwarz ursprünglich für das erhalten gebliebene Portal der Annenkirche in Düren plante,336 immer bieten diese Skulpturen das Erlebnis der Begeh-, der Durchschreitbarkeit. Dies gilt genauso für das ehemalige Portal des 1971 abgebrannten Bahnhofs in Luzern, das Santiago Calatrava in seine Neuinszenierung integrierte 79. Als versteckte Nutzungen dient das Portal

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als Lüftungsschacht für die Tiefgarage.337 Portale sind Objekte des Durchgangs und Durchgänge sind Orte gesteigerter Aufmerksamkeit. In Durchgangszonen angebrachte Bauelemente werden wahrgenommen, weshalb auch Stendhals Fürst von Parma das Spät­ renaissance-Relief mit dem Triumph ­ Alessandro ­Farneses, das hohes Alter suggeriert, über dem Eingang des neu errichteten Turms anbringen ließ (S. 171f.).

79 Luzern, Portal des 1896 errichteten und 1971 abgebrannten Bahnhofsgebäudes. Santiago Calatrava verwendete es 1990 im Neubau zur Verkleidung der Lüftung der Tiefgarage wieder.

Weit über die praktischen Begründungen hinaus weist die Symbolik von Türen und Portalen: Für Jacques Lacan ist die Tür „ein wahres Symbol, das Symbol par excellence, dasjenige, an dem sich immer der Durchgang des Menschen irgendwohin zu erkennen geben wird“.338 Im Mittelalter wurde das Kirchenportal, die Schwelle zwischen dem geweihten und damit entdämonisierten Kirchenraum und dem vom Bösen bedrohten irdischen Außen, lateinisch als ianua bezeichnet – einem mit Janus, dem doppelgesichtigen römischen Gott des Anfangs und des Endes, der Ein- und Ausgänge, verwandten Begriff.339 Und heute bedienen wir uns ganz selbstverständlich der PortalMetapher als Schnittstelle zwischen der körperlichrealen und der virtuellen Welt des Internets. Ähnlich der mit dem Portal verwandten Schwelle – diese kann als Basis des Portals, jenes als Überhöhung von dieser gesehen werden – wird der Portalbegriff heute vornehmlich metaphorisch genutzt. Ein von Laurent Stalder edierter Schwellenatlas zeigt die Breite und Vielfalt der Schwellen und Durchgänge und ihrer Metaphern im Alltag unserer Gegenwartskultur.340 Als Orte des Ein- und Austretens sind Portale real, symbolisch und als Metaphern Zonen des Übergangs. Walter Benjamins Passagen-Werk ist dafür sowohl selbst Beispiel als auch ein früher Versuch der Durchdringung des Phänomens. Auf das Portal verweisend, heißt es bei Benjamin zu Schwelle und Durchgang: „Aus dem Erfahrungskreise der Schwelle hat das Tor sich entwickelt, das den verwandelt, der unter seiner Wölbung hindurchschreitet.“341 Das Tor als Durchgang in eine andere Welt steht, wie Benjamin weiter ausführt, mit den Rites de passage in Zusammenhang, die Arnold van Gennep untersucht und dabei auf die Bedeutung von Türen und Toren als minimierte neutrale Zonen des Übergangs hingewiesen hat.342 Benjamin untermauert den Konnex mit einem Zitat aus einem Vortrag, den der Archäologe Ferdinand Noack in der Hamburger Bibliothek Warburg zu Genese und Bedeutung von Bogenmonumenten gehalten hatte. Noack verglich die Torpassage mit der Wiedergeburt: „Man passiert den irgendwie angedeuteten Durchgang – sei es zwischen zwei

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in den Boden gesteckten Stäben, die sich gelegentlich einander zuneigen, durch einen gespaltenen und auseinandergetrennten Baumstamm […], einen zum Kreis gebogenen Birkenzweige […] – stets gilt es einem feindlichen, gefährlichen und schädlichen Elemente zu entgehen, sich zu befreien von irgendwelchem Makel, sich abzugrenzen von Krankheit oder von den Geistern Verstorbener, die durch den engen Weg nicht folgen können.“343 Dem fügt Benjamin hinzu: „Wer in die Passage eintritt, legt den Tor-Weg im umgekehrten Sinn zurück. (Oder er begibt sich in die intra-uterine Welt hinein).“344 Die Portalspolie thematisiert als konkrete Materialisierung an kritischer Stelle diese Zugehörigkeit zu verschiedenen Welten. Das scheint nicht ausschließlich in unserer historistisch geprägten Kultur der Fall zu sein, sondern auch in ganz anders fundierten Gesellschaften. Jedenfalls ist es bemerkenswert, dass bei den Batammaliba – einer Ethnie im Nordwesten Benins – die Schwelle des Hauses eine Spolie sein sollte.345 Die Portalspolie erweitert den transitorischen Ort des Ein- und Durchgangs um die vierte, zeitliche Dimension; mit der Spolie öffnet sich – gleichsam in Konkretisierung der Metapher – das „Fenster in die Geschichte“.

Säulen Immer wieder sind Spoliensäulen angesprochen worden: als Sieges- und Erinnerungszeichen, als Geschenke und als Zeugnisse von translatio-Konzepten. Die Verwendung von Spoliensäulen war im Mittelalter der Antikenbezug schlechthin, bevor dieser Rekurs in der Neuzeit dann durch die Orientierung an der vitruvianischen Säulenordnung erfolgte.346 Bis heute ist die Säule das architektonische Erhabenheits-Signum par excellence, dessen semantische Bedeutung heruntergebrochen wird bis zur zeitgenössischen „Traumvilla“ aus dem Fertighauskatalog und den von Umberto Eco beschriebenen „verzauberten Schlössern“ kalifornischer Neureicher.347 Mit dem Antikenbezug von Säulen geht in der christlichen Welt der Verweis auf biblische Bauten einher: Neben den Weinrankensäulen in Sankt Peter, die aus dem salomonischen Tempel stammen sollen, alludieren wohl auch die beiden Säulentrophäen vor dem Florentiner Baptisterium auf Jachin und Boas, die die Vorhalle zum Tempel Salomons flankierten (1 Kön 7, 13–22). Als tragende Architekturglieder können sie, wenn sie im Dutzend vorhanden sind, für die Apostel und Propheten stehen, die metaphorisch das Gebäude der Kirche tragen, wie Abt Suger im Weihebericht seiner Abteikirche die Chorsäulen interpretierte: „Medium quippe duodecim columpne duodenarium apostolorum exponentes numerum, secundario uero totidem alarum columpne prophetarum numerum significantes […]“ („In der Mitte nun erhoben zwölf Säulen, die die Anzahl der zwölf Apostel vorstellen, in zweiter Linie aber ebensoviele Säulen der Seitenschiffe, die die Zahl der Propheten bezeichnen, den Bau unvermittelt hoch […]“)348 Säulenschäfte können akkumuliert, gebündelt, in signifikanter Weise angeordnet und performativ umgangen werden. Das sind nur ein paar Hinweise auf Möglichkeiten und Bedeutungszuweisungen von Säulen. Hinzu kommen praktische

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80 Rom, Santa Costanza, 340/345. Blick vom Eingang zum Altar und zum Sarkophag von Konstantins Tochter. Der Obergaden des Rundbaus ruht auf zwölf gekuppelten Paaren wiederverwendeter Säulen.

Gründe für ihre Wertschätzung wie die aufwendige Herstellung, zu der Michelangelo in seiner Klage über den Umgang mit den Säulen beim Abbruch von Alt-Sankt Peter bemerkte, es sei ein leichtes Ding, einen Ziegel auf den anderen zu legen, eine Säule zu machen dagegen ungeheuer schwer.349 Auch die vergleichsweise leichte Transportierbarkeit von Säulen wird dazu beigetragen haben, dass sie zu den beliebtesten und wichtigsten Spolien wurden. Bernhard Fritsch sieht damit gleichsam alle Voraussetzungen einer idealen Spolie erfüllt: „Eine Säule kann als tragendes Bauteil eingesetzt werden und ist doch sichtbar, meist an prominenter Stelle. Ihre Form ist auffallend und, je nach Größe, können dadurch auch die technischen Fähigkeiten, monumentale Bauteile zu versetzen, hervorgehoben werden. Dies setzt nicht nur das neue Gebäude auf dieselbe Stufe mit großen, antiken Bauwerken, sondern verleiht auch dem Auftraggeber der Transposition ein gewisses Ansehen.“350

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Entsprechend war es neben dem Interesse am Konstantinsbogen auch das an der sekundären Säulen­ verwendung, mit dem die moderne Spolien­forschung begann; und wie der Bogen bis heute für diesen kunst- und architekturgeschichtlichen Forschungszweig paradigmatisch geblieben ist, sind es auch Untersuchungen zu Herkunft, Transport, Ort und Anordnung von Spoliensäulen. Deichmann hat 1940 den Ort sowie die Disposition der in Farbe, Material und Verarbeitung zumeist unterschiedlichen Säulenschäfte frühchristlicher Kirchen in Rom analysiert. Was 80 Jahre (und Hunderte von Abhandlungen zu spätantiken Spolien) später vielleicht trivial erscheinen mag, bildete damals den Auftakt und hat mancher jüngeren Studie die genaue Beobachtung der Befunde voraus.351 Deichmann konstatierte, die Schäfte seien nicht willkürlich versetzt worden, sondern nach festen Regeln, insbesondere in paariger Anordnung. Deren „Erfindung“ erklärt man sich mittlerweile damit, dass in der Frühzeit der Spolienverwendung, beim Großkirchenbau des 4.  Jahrhunderts, noch kaum Staatsbauten mit einer Vielzahl identischer Säulen zur Spoliierung zur Verfügung gestanden habe und man daher jeweils nur wenige gleiche Schäfte sinnvoll anordnen musste.352 Für ein komplexeres Ordnungssystem ist der Rundbau von Santa Costanza, das Mausoleum von Konstantins Tochter an der Via Nomentana außerhalb Roms, ein besonders schönes und architektonisch wohl das bedeutendste Beispiel 80. In seiner Arbeit von 1975, in der er das Thema wieder aufgriff und geografisch und gattungsmäßig erweiterte, beschreibt Deichmann die dortige Säulenordnung wie folgt: „Kapitelle wie die Schäfte, alles Spolien, sind den großen Struktur­ linien des ganzen Baues untergeordnet eingesetzt: zwölf Säulenpaare teilen das Zentrum vom Umgang; ein Kranz von zwölf gleichen, sehr sorgfältig gebildeten Kompositkapitellen des ersten Jahrhunderts umsäumt das Zentrum, elf kleinere ebenfalls komposite, einer einzigen Serie angehörende und ein korinthisches von gleichem Format, alle des dritten Jahrhunderts, haben die Säulen nach außen, nach dem Umgang hin 81. Herausgehoben durch Farbe und Qualität sind die vor dem vierten Jahrhundert gearbeiteten polierten Granitschäfte mit Entasis der zentralen Arkaden in Nord und Süd, das heißt zu Seiten der Hauptachse. Die übrigen Schäfte sind zweifellos aus älteren zurechtgearbeitet worden, ihre Oberfläche ist nicht fein geglättet, und sie haben keine Entasis. Neu arbeiten ließ man dagegen die Säulenbasen, die großen radial angeordneten Kämpfersimse und die Gewände des Portals, wobei man schon einmal für andere Zwecke verwendeten Marmor verarbeitete.“353

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81 Rom, Santa Costanza. Die Kompositkapitelle der Säulenpaare sind nicht identisch; die kleineren innenseitigen stammen aus dem 1. Jahrhundert, die äußeren zum Umgang hin aus dem 3. Jahrhundert.

82 Rom, Santa Maria in Trastevere, 12. Jahrhundert. Langhauskapitell, dessen Voluten als Schlangen mit dreiflammigen Zungen ausgebildet sind

Die angesprochene Frage der Entasis hat jüngst Bernhard Fritsch in seiner Dissertation zur Spolienverwendung beim Neubau von Sankt Peter aufgegriffen. Neben umfangreichen Literatur- sowie Quellenrecherchen in der Reverendissima Fabbrica di San Pietro, mittels derer er nachzeichnen konnte, von welchen antiken Monumenten für den Neubau der Peterskirche Marmor und insbesondere Säulenschäfte beschafft wurden, scannte er mit einem Structur-from-Motion-Verfahren die Schäfte der Ädikulen in der Cappella Clementina im südöstlichen Zentralbereich des Petersdoms. Anhand der Entasis konnte er so feststellen, ob die Säulen antik oder in der Neuzeit überarbeitet waren.354 Ausgehend von der empirisch überprüften Hypothese, dass antike Schäfte sich nach oben verjüngten, während solche der Renaissance zigarrenförmig seien und ihren größten Umfang in der Mitte hätten, stellte er fest, dass ein Großteil der untersuchten Schäfte in der Peterskirche für die Wiederverwendung überarbeitet und dem Antikenempfinden der Renaissance angepasst worden seien.355 Bereits Lex Bosman hat in seiner Untersuchung der Säulenschäfte von Sankt Peter aufgrund von beobachteten dunklen Querstreifen postuliert, dass einige der Säulen offenbar in der Antike gebrochene Rohlinge sind, die erst beim Einbau in Sankt Peter angepasst wurden.356 Man kann daraus mit Fritsch schließen, dass es sich – anders als bei den von Alt-Sankt Peter übernommenen Säulen – bei den aus der ganzen Stadt in den Vatikan verfrachteten Schäften um „bedeutungslose“ Materialspolien gehandelt habe.357 Dadurch, dass die Ausstattung der neuen Peterskirche Spolienmaterial aus antiken Ruinen der ganzen urbs schluckte, lässt sich der Papstbau aber auch als eine Art summa sehen, in der das antike Rom in christianisierter Form (und im hegelschen Sinn) „aufgehoben“ wurde. Wenn nach den Orten und der Ordnung der wiederverwendeten Säulen gefragt wird, geht es nicht nur um die Schäfte, sondern auch um die Ordnung der Kapitelle (und der Basen). Exemplarisch wurden dafür im Zusammenhang mit der Kirchenreform die Detailbeobachtungen von Dale Kinney zu den ionischen Langhaus-Kapitellen in Santa Maria in Trastevere erläutert (S.  60). Um die acht kostbaren antiken Spolien aus den Caracalla-Thermen so zu ergänzen, dass die Langhaus-Kolonnaden – ein evidenter Antikenbezug im ansonsten Arkaden bevorzugenden Mittelalter – alle die gleiche Ordnung zeigen, haben die marmorarii die Säulenköpfe der übrigen Stützen mit eigenen Arbeiten ergänzt. Diese sind insgesamt einfacher und unfigürlich, sodass ein umbauzeitliches Kapitell besonders auffällt, das anstelle von Voluten Schlangen zeigt, die sich gegenläufig einrollen

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und im Zentrum der Spirale aus ihren Mündern dreigeteilte Zungen strecken 82. Interessant ist der Ort dieses Kapitells: Es markiert auf der Nordseite die Mitte der Kolonnade, dort, wo wahrscheinlich auch der liturgische Chor begann. Kinney erwägt daher, ob das prominent platzierte mittelalterliche Schlangenkapitell eine apotropäische Funktion gegenüber seinen zwar einer Interpretatio Christiana unterworfenen, aber eben doch aus den „heidnischen“ Thermen kommenden Nachbarn gehabt haben könnte.358 Der Ort der wirklichen und der fingierten Spolienkapitelle spielte auch bei dem 1195 begonnenen Um- und Ergänzungsbau von San Lorenzo fuori le mura in Rom eine Rolle. Das neue Langhaus und der Umbau der pelagianischen Basilika aus dem 6. Jahrhundert bilden den Abschluss der Gruppe unter Spolieneinsatz errichteter hochmittelalterlicher Großkirchen in Rom und mit den 22 neu angefertigten ionischen Kapitellen der Langhaus-Kolonnaden zugleich den Übergang zur Vereinheitlichungstendenz der Gotik.359 Mit dem Neubau des Langhauses und mit der mit dem Umbau des Bestandbaus verbundenen Umorientierung der Kirche erreichte man eine klassisch hierarchische Säulenordnung, zugleich nutzte man alte und neue Säulen und Kapitelle zur weiteren Hierarchisierung des Raums: So flankieren beispielsweise die besonders wertvollen figürlichen Kapitelle mit Tropaia 5 das Ziborium, und im neuen Langhaus wird die Grenze der Schola Cantorum durch schlankere rote Granitsäulen markiert. Die südseitige davon trägt das als fingierte Spolie interpretierte Frosch-Echsen-Kapitell 137. In diesem Zeugnis mittelalterlicher Antikengelehrsamkeit erkennt Daniela Mondini ebenso wie in der Zurschaustellung der antiken Spolienkapitelle durch die Höherlegung des Presbyteriums ein quasi antiquarisches Interesse an Spolien in dieser Endphase des hochmittelalterlichen Baubooms.360

Inschriften Vor allem an Fassaden finden sich oft wiederverwendete Inschriften und Epitaphien. Nun sind Fassaden an sich bevorzugte Orte, um Inschriften anzubringen: Bau-, Weihe- und Stifterinschriften, Funktionsbezeichnungen oder zentrale, mit dem Bauwerk zusammenhängende Botschaften. In aller Regel besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Inhalt der Inschriften und dem Bauwerk, das diese zieren. Wird dieser Zusammenhang dadurch aufgelöst, dass eine Inschrift an ein anderes Gebäude übertragen wird, ist ihr eigentlicher Zweck oft obsolet und ihr Sinn erschließt sich nicht mehr ohne Weiteres. Anders als etwa eine Spoliensäule, die in ihrer angestammten Funktion wiederverwendet werden kann und dabei nicht zwingend als „vorbelastete“ Hinzufügung erscheinen muss, ist eine aus dem Entstehungskontext herausgelöste Inschrift – sofern sie lesbar ist und nicht der bewussten Fehlinformation dient (S. 184) – ein offensichtlicher Fremdkörper. Zuweilen wurde das, insbesondere im Historismus, durch Beischriften erläutert und der Kontextverlust kompensiert.361 Interessanter als jene modernen antiquarischen Beispiele sind die inschriftlichen Kommentierungen aus älteren Zeiten, in denen Inschriftenspolien auch sehr viel häufiger sind. Bereits angesprochen wurden die

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triumphalistisch erläuternden Beischriften zu den quasi als Trophäen ausgestellten jüdischen Grabsteinen im spätmittelalterlichen Regensburg (S. 49) und die Erläuterung zu den Bronzetüren aus Almeria in San Giorgio in Genua (S. 97). Die Spolienverwendung einer Inschrift wurde um 1480 in Civita Castellana inschriftlich überliefert und kommentiert an einem für den Territorialherrn Kardinal Rodrigo Borgia errichteten Ehrenbogen, für den man einen römischen Grabbau ausweidete. Die das neue Ehrenmonument zierende Gedächtnistafel nennt nicht nur die Herkunft des Spolienmaterials, sondern überliefert auch die Grabinschrift des geplünderten Materiallieferanten mit – und wandelt diese dabei auch gleich aus dem Dativ in den im neuen Kontext grammatikalisch korrekten Genitiv um: „Für Rodrigo Borgia, Nepot Papst Calixts  III., Bischof von Porto, Kardinal, haben die Bewohner von Veji die Reste des durch Alter verfallenen Grabes des P. Glitii L. Gal. trib. militum leg. pr. III viri capit. candidati, als ihrem wohlverdienten Vater und Herrn wiederherstellen lassen.“ 362 Nur wenig jünger ist ein Beispiel aus Sterzing im Südtirol, wo man 1497 bei Arbeiten zur Vergrößerung der Pfarrkirche auf eine römische Votivinschrift stieß, die sogleich in die Außenwand des Langhauses eingefügt wurde, begleitet von einer kommentierenden Beischrift: „Die ober stain ist funden an dem cur / zu untr ist im gruvt als der ist gegraben / in unnser frawen zw liechtmis abend / anno domini mcccclxxxxvii jar.“363 Sehr viel häufiger als solche seltenen Beispiele, in denen die Wiederverwendung einer Inschrift kommentiert wird, sind die zahllosen Fälle, in denen Inschriften – und noch viel häufiger Fragmente von solchen – sichtbar, aber kommentarlos in einem anderen Bauwerk und mit Vorzug in dessen Fassade verbaut sind. Offensichtlich ging es dabei vielfach nicht mehr um den Text, sondern um die Schrift. Oder war es nur der Träger, der zur Wiederverwendung veranlasste? Letzteres dürfte die Regel gewesen sein bei den besonders häufig in der angestammten Funktion weiterverwendeten Epitaphen und Grabplatten, die manchmal umgewendet, zuweilen aber auch mit der Schauseite nach oben in Fußböden verlegt wurden. Wenn sie nicht wieder als Grabplatten dienten, nutzte man sie in Kirchen auch sonst als Bodenplatten. Wichtiger hier sind aber die Inschriften, die sichtbar in das aufgehende Mauerwerk eines Neubaus eingefügt wurden. Robert Coates-Stephens, der die Wiederverwendung von Inschriften im Frühmittelalter untersucht hat, gibt dabei zu bedenken, dass oft kaum zu entscheiden sei, ob die Inschriften einst sichtbar verbaut waren oder ob sie unsichtbar unter einem Verputz lagen, bis die Witterung oder der Fleiß neuzeitlicher Epigrafiker sie freilegten.364 Der Schriftträger als geglättete flache Platte war im Mauerbau vielfältig einsetzbar, und Steine mit Inschriften haben den zusätzlichen Vorteil, dass durch die Vertiefungen der Buchstaben der Mörtel besser haftet. Zugleich stellte Coates-Stephens eine signifikante Differenz im Umgang mit wiederverwendeten Inschriften zwischen Rom und anderen frühmittelalterlichen Zentren fest. In Rom seien seit der Spätantike zahllose Inschriften ohne Beachtung der Schrift beliebig wiederverwendet worden, und da es

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dort eine durchgehende epigrafische Tradition gab, habe sich diese Achtlosigkeit auch auf die Ausführung neuer Inschriften erstreckt.365 Erst im 12.  Jahrhundert, als wieder neues Baumaterial für neue Konstruktionen zur Verfügung stand, sei den Werkstücken wieder eine inhaltliche Bedeutung zugekommen. Zugleich nahm aber, wie wiederholt festgestellt wurde, im Hochmittelalter beidseits der Alpen die Fähigkeit, antike Inschriften zu lesen und zu verstehen, rapide ab.366 Grund dafür scheint vor allem der Verlust der Kenntnis der römischen Abkürzungsformeln gewesen zu sein, ein Wissen, dass dann erst die Humanisten im 15. Jahrhundert wieder erarbeiteten. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begannen diese Gelehrten sowie Kardinäle, aber auch der Stadtadel mit dem Anlegen eigentlicher Inschriftensammlungen (S. 158). In diesem Kreis waren es die Inschriften als Textzeugnisse, die zum Sammeln veranlassten. Bedingt gilt das auch für die zuweilen wandfüllenden Sammlungen von Inschriftenplatten in den Kirchenvorhallen stadtrömischer Kirchen. Die Platten sind dabei nicht selten in Drittverwendung ausgestellt und hatten zuvor als Fußbodenplatten gedient.367 Das besondere Interesse galt bei solchen Sammlungen christlichen Symbolen sowie Namen. Der Wert der Schrift

Außerhalb Roms fanden Inschriften schon im Frühmittelalter größere Beachtung. Ausgehend vom auffällig reichen und vielfältigen Inschriftenbestand in der karolingischen Abtei San Vincenzo al Volturo in den Bergen Kampaniens hat John Mitchell eine besondere Wertschätzung des geschriebenen Worts im Frühmittelalter postuliert: Schriftlichkeit sei ein Machtinstrument der karolingischen Funktionselite gewesen, und die Mönche hätten sich durch die Hervorhebung der Schrift als „masters of an apparatus of cultural control“ inszeniert.368 Die sorgfältigen Inschriften hätten den Bezug zur römischen Vergangenheit hergestellt, und durch die Darstellung von Heiligen mit Schriftrollen sei zugleich das Christentum als buchgestützter Glaube referenziert worden. Unter diesen Prämissen werden wiederverbaute Inschriften im Frühmittelalter zu signifikanten Spolien, und zwar auch dann, wenn es nicht um die Texte, sondern um die Medialität der Schrift geht. Losgelöst vom Inhalt der Inschrift bekommt die Schrift als solche Bedeutung. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass ein in der karolingischen Torhalle von Lorsch in den gemalten Architrav eingelassenes Inschriftenfragment 83 bereits in karolingischer Zeit bewusst so gesetzt wurde und nicht erst in den Restaurierungen der 1930er Jahre zutage trat.369 Wert und Zeugniskraft der vom Text losgelösten Schrift hat Arnold Esch am Beispiel der kleinen Kirche Santa Maria delle Murelle bei Montasola in den Sabiner Bergen gezeigt. In deren Fassade wurde zur Rahmung des Giebelfensters eine römische Weiheinschrift zerschnitten und skulptural so bearbeitet und versetzt, dass die Inschrift nicht mehr verständlich war. Man konnte die Inschrift nicht lesen, wollte sie aber dennoch haben und präsentieren, was ein klarer Beleg dafür sei, „dass die

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83 Lorsch, Torhalle, 9. Jahrhundert. Im Obergeschoss dient an der Ostwand eine römische (?) Inschriftenspolie als Volute des aufgemalten Wandfrieskapitells.

84 Benevent, Dom. Bereits vor dem Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs waren am hochmittelalterlichen Dom Inschriftenspolien in geradezu betonter Unordnung verbaut. 85 Benevent, Dom. Möglicherweise sollte durch diese ostentative Zurschaustellung von Spolien an frühere Zerstörungen durch Erdbeben erinnert werden.

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antike Inschrift nicht inhaltlich, sondern als solche, als Träger ansehnlicher Schriftzeichen etwas bedeutete“.370 Aber auch an bedeutenderen und städtischen Kirchen hatten Inschriften in Zeiten, die noch nicht so verschriftlicht waren wie die Moderne, einen Wert als solche behalten und wurden daher auch gerne losgelöst von ihrem Inhalt bzw. über diesen hinausweisend spolial zur Schau gestellt. Bruno Klein hat kürzlich auf die Fassade des Doms von Benevent hingewiesen, in der mehrere Inschriftenplatten zum Teil auch quer oder kopfüber verbaut sind 84, 85. Manche von ihnen stammen wohl von Vorgängerbauten, einige sind aber auch zeitgenössisch mit dem romanischen Bau. Kleins These, dass mit der demonstrativen Zurschaustellung der Inschriften das Alter der im 10. Jahrhundert zum Erzbistum erhobenen Institution, ihre Altehrwürdigkeit und Autorität unterstrichen werden sollte, ist überzeugend. Interessant ist auch der Gedanke, dass durch die Unordnung der Inschriften die erdbebenbedingte Zerstörungen der Vorgängerkirchen kommemoriert werden sollten.371 Damit hätten Spolien lange vor Francesco Venezias Projekten in Gibellina Nuova (S. 84f.) durch ihre anschauliche Andersheit und ihren bewusst disparaten Versatz an solche Katastrophen erinnert. Manche Inschriftensteine wurden auch wegen einzelner Worte wiederverwendet. So befinden sich unter den 16 römischen Inschriftenfragmenten an der stadtzugewandten Südostecke des Pisaner Doms sechs mit Kaisernamen oder -titulaturen.372 Und die Bauinschrift des spätrömischen Kastells Vitodurum/Oberwinterthur, die im Mittelalter nach Konstanz gebracht wurde und im dortigen Münster verbaut ist, wurde wohl deshalb transloziert, weil sie gut sichtbar den Namen Kaiser Konstantins nennt und sich damit leicht ein Bogen zu Konstanz schlagen ließ.373 Aus ähnlichem Grund haben in der Renaissance die römische Familie der Massimo Inschriften mit MAXIMVS oder die Porcari solche mit dem Gentilnamen PORCIUS gesammelt.374 Ganz offensichtlich wurde Steininschriften eine besondere Autorität eingeräumt, um die behauptete antik-römische Herkunft zu belegen. Ebenso der Traditionsversicherung diente die Zurschaustellung alter Inschriften an der Eingangsfront der Franziskanerkirche in Locarno. Sie wurde ab 1538 von Giovanni Beretta errichtet. Mit der Fassade, deren Mittelschiff die Seitenschiffe deutlich überragt und die mit kräftigen Lisenen gerahmt ist, nahm Beretta archaisierend auf die Mailänder Ordenskirche San Francesco Grande Bezug.375 Die sorgfältig gefügten Quader der Fassade 86 stammen hauptsächlich vom einst benachbarten, 1531 abgetragenen Kastell. Von diesem kommt auch die datierte

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86 Locarno, San Francesco, ab 1538, Giovanni Beretta. Die Kirche wurde unter Wiederverwendung von Quadern des kurz zuvor abgetragenen Kastells errichtet.

87 Trier, sogenannter Frankenturm, 11. Jahrhundert. Als Türsturz zum Hocheingang des Wohnturms verwendete man eine auf dem Kopf stehend vermauerte Spolie eines römischen Grabmals. Der nur teilweise erhaltene Text lautet „... BI ET AMA … AE SE … CONIUG … VIS FEC …“

gotische Inschrift, die den Auftraggeber Franchino Rusca und den Architekten Jacobo de Sala gen. Danese für die im Jahr 1457 erfolgte Vergrößerung und Erneuerung des Kastells nennt.376 Eine zweite Inschrift von 1322 erwähnt einen Garbardo da Lezzeno und stammt entweder auch aus der Burg oder aber aus dem Vorgängerbau der Kirche. Diesem dürften auch die drei Tierreliefs aus dem 14.  Jahrhundert entnommen sein, die ebenfalls in die Fassade eingelassen sind.377 San Francesco in Locarno steht hier als Beispiel für jene vielen Inschriftenspolien, die wegen ihrer Namensnennungen und Jahreszahlen wiederverwendet wurden. Diese machen die Qualität der Inschriften aus, mit denen sich die Kirche zugleich als Ort der memoria auswies. Wie in den häufigen Beispielen, in denen Bauinschriften und andere epigrafische Zeugnisse eines Vorgängerbaus zur Bekräftigung der Geschichte, des Alters und der Autorität einer Institution im Nachfolgebau wiederverwendet wurden, mag auch in Locarno der Aspekt der Bestätigung des Alters des Klosters mit ein Grund für die Präsentation der alten, datierten Schrifttafeln gewesen sein.378 Damit war aber kaum bezweckt, das aktuelle Gebäude zurückzudatieren, denn dafür sind die auch untereinander stark differierenden Inschriften zu offensichtlich unterschiedlich. Wiederverwendete Inschriften können aber durchaus falsche Fährten legen und zu Fehlinterpretationen führen, wie eine in die Moschee el-Kasr in Tunis eingebaute Tafel zeigt. Sie kommemoriert eine Genueser Stiftung und die Schlusssteinlegung einer Kirche in Ajaccio auf Korsika im Jahr 1593, das in römischen Ziffern genannt wird.379 Den Inhalt der Inschrift negierte man offensichtlich, weil man ihn nicht lesen oder verstehen konnte, und so schien die antikisierende Schrift zur merkwürdigen Architektur der Moschee mit ihren sehr dicken Mauern zu passen. Das hatte zur Folge, dass man noch bis weit ins 20. Jahrhundert den Bau für besonders alt hielt, glaubte, er stamme aus vorislamischer Zeit und sei eine umgenutzte Kirche.380 Dafür gibt es keine Indizien, doch zeugt die weitgereiste, in völlig fremdem Kontext spolial vermauerte und offensichtlich nicht verstandene Inschrift davon, dass auch in der islamischen Welt und damit in einer anderen von einer Schriftreligion geprägten Gesellschaft der Schrift an sich ein Wert zukam. Und wie in Europa nicht verstandene arabische Inschriften zu fantastischen Erzählungen anregten – so die kufische Inschrift auf der Rücklehne des Bischofsthrons in San Pietro in Castello in Venedig, die zur vielfach anachronistischen Legende führte, es handle sich um den Thron Petri in Antiochia, den der Doge vom byzantinischen

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Kaiser als Dank für die Hilfe gegen die Araber dedizierte hätte381 –, taten dies lateinische Inschriften in der arabischen Welt.382 Der Fremdheitsaspekt von Schriftzeichen, durch die „Signalfunktion“383 unleserlicher Schrift noch verstärkt, unterstrich die schon durch die Bibel vorgegebene Ambiguität der Schrift. So sehr das Christentum (wie die beiden anderen abrahamitischen Religionen) auf die Schrift baute, war darin doch eine Ambivalenz angelegt, die sich etwa bei Paulus im Diktum äußert, dass der Buchstabe töte, aber der Geist lebendig mache (2 Korintherbrief 3,6). Gerade wenn, wie in Inschriftenspolien, sich der Sinn der Buchstaben nicht erschloss, begegnete man ihnen zuweilen mit Vorsicht und schrieb ihnen übernatürliche oder apotropäische Funktionen zu.384 So sieht Lukas Clemens im „apotropäischen Charakter einzelner antiker Werkstücke“ den Grund für deren Wiederverwendung und nennt dabei insbesondere Grabinschriften, die in Fassaden verbaut wurden.385 An seinem Beispiel des sogenannten Frankenturms in Trier ist es die auf dem Kopf stehende Inschrift eines Grabmals für ein Ehepaar aus dem 2. Jahrhundert, die als Türsturz über dem Hocheingang eingefügt wurde 87. Der hochmittelalterliche Wohnturm ist in opus vittatum gemauert und damit in einer damals in Trier noch häufig sichtbaren römischen Mauertechnik, die sich zusammen mit der Spolie auf die antike Vergangenheit der Stadt beziehen dürfte. Dass die verkehrte Vermauerung der Inschrift bannende Funktion haben sollte, ist wie bei den anderen entsprechenden Beispielen denkbar, aber nicht zu belegen. Ein zweiter von Clemens genannter römischer Grabstein aus Mainz fand um 1200 als Zinnenstein der Stadtmauer eine neue Verwendung, wobei die antike Schrift geglättet und als neuer Text der Hinweis auf die Bauleistung der „cives de Eltville“ eingraviert wurde; die Spolie sollte damit „eventuellen von außen herangetragenen Schaden von der Stadtgemeinde“ abhalten.386

Mall-Fassaden Dass Fassaden ein bevorzugter Ort der Spolienverwendung sind, ist angesichts der oft demonstrativen Intention der Wiederverwendung geradezu selbstverständlich. Neuerdings ist es aber für die Bauaufgabe der innerstädtischen Einkaufszentren fast schon zu einem Signum geworden, ganze Fassaden und großflächige Fassadenteile wiederzuverwenden. Spolien werden als probate Instrumente der Durchsetzbarkeit solcher seit Längerem umstrittenen Neubauprojekte eingesetzt, als Versuch, die durch die entstehenden Neubauten verursachten Brüche im städtischen Gefüge zu mildern. Bereits in den 1980er Jahren kam es im Bemühen, neue Großstrukturen des innerstädtischen Konsums mit altstadtverträglichen Fassaden zu verkleiden, zur Verwendung von Spolien. Dieter Bartetzko kritisierte diese damals als Alibi-Aktionen: „Fragwürdig an dieser Spolienarchitektur ist […], dass sie […] zur Rechtfertigung oder als Trost für brutale und leichtfertige Eingriffe in den Gesamtorganismus der Stadt benutzt werden kann.“387 Seine Kritik galt nicht zuletzt innerstädtischen Kaufhäusern, auch wenn er etwa dem 1984 errichteten Kaufhof in Würzburg in seiner Mischung aus Anpassungsarchitektur und eingebauten Mauerfragmenten, Fenster- und Portalspolien ein ernsthaftes Bemühen um die

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Integration der Altstadtfragmente zubilligte.388 Inzwischen gehört eine wesentlich großflächigere und offensivere Verwendung historischer Fragmente bei der neuen – und vorerst letzten – Generation innerstädtischer Shopping-Malls geradezu zum Konzept ihrer Durchsetzbarkeit. 88 Braunschweig, Schloss­ arkaden. Der Eingang zur Shopping-Mall ist mit der rekonstruierten Fassade des einstigen Stadtschlosses verkleidet, für die Fragmente des Baus wiederverwendet wurden.

Initialbeispiel dafür waren die Braunschweiger Schlossarkaden, eine großdimensionierte Shopping-Mall hinter der unter Verwendung von Spolien rekonstruierten Stadtschlossfassade.389 Gegenüber den nachfolgend angesprochenen Fällen hat Braunschweig den Vorzug, dass für den Neubau vorgängig keine historischen Gebäude abgebrochen und damit die Spolien überhaupt erst geschaffen werden mussten. Denn die kriegsbeschädigten Reste des Stadtschlosses von 1844, das zuletzt als sogenannte Junkerschule von der Waffen-SS als Kaderschmiede genutzt wurde, waren 1960 nach einem äußerst knappen Mehrheitsbeschluss des Braunschweiger Stadtrats abgetragen und das zum Schlosspark erklärte Areal nicht wieder bebaut worden. Ebenso knapp entschied der Braunschweiger Rat 2004, das Gelände an den Großinvestor ECE zu verkaufen, der hinter den wiederaufgebauten Fassaden des Schlosses eine Shopping-Mall errichtete. Ökonomische Verwertungsinteressen prägen das Projekt, das der Investor in dieser Lage ohne die Rekonstruktion nicht hätte entwickeln können.390 Während die Seitenflügel des rekonstruierten Baus kulturell genutzt werden, führt der zentrale Eingang im giebelbekrönten Mittelrisalit unmittelbar in die triviale Welt des Shoppens 88. In diesem zentralen Risalit

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89 Hameln, Stadtgalerie, im Bau, 2008. Wiederverwendung der barocken Fassade des ehemaligen Kreishauses als Eingang zur Shopping-Mall

sind zahlreiche Spolien aus dem abgebrochenen Schloss verbaut, die sich deutlich durch Patina und Spuren der Kriegsbeschädigung von den neuen Teilen absetzen. Es sind ganz wesentlich diese originalen Bauglieder des Schlosses, die der bizarren Inszenierung Legitimation verschaffen sollen. Entsprechend versuchte man, das Schlossarkaden-Projekt unter dem Label „Stadtreparatur“ beliebt zu machen. Nur am Rand erwähnt, da kein Spolienbau, sei in diesem Zusammenhang die etwas verkleinerte Rekonstruktion des Thurn-und-Taxis-Palais aus dem 18.  Jahrhundert in Frankfurt am Main. Sie wurde 2004–2010 – und damit zeitlich parallel zu Braunschweig – als Teil des Einkaufszentrums MyZeil und Eingangsgebäude zum 136 Meter hohen Nextower errichtet. Es ist dort, anders als in Braunschweig, nicht nur eine Fassade, sondern ein ganzes als Restaurant genutztes Gebäude, das die Übergangszone von der Stadt zur Shoppingwelt bildet – eine Art Transitzone für den kulturaffinen Konsumenten. Während MyZeil und Schlossarkaden auf kriegsbedingten Brachen gebaut sind und ihnen daher kein Kahlschlag voranging, wurde bald nach dem Bau der Braunschweiger Mall in Hameln der sogenannten Stadtgalerie ein ganzes Quartier der im Krieg nicht zerstörten historischen Altstadt geopfert.391 Erhalten blieb hier wiederum nur die Fassade des ehemaligen Kreishauses, die als Spolie vor Ort in den Neubau integriert wurde 89. Ihre vertrauten barocken Formen haben die Aufgabe, dem Neubau zumindest im Eingangsbereich das Gepräge des Gewohnten zu geben und damit die Akzeptanz der maßstabsprengenden Mall zu erhöhen. Die Spolie soll dem ganz anders dimensionierten neuen Raumkonzept den Schrecken des Neuen nehmen, zumindest in der Erinnerung die vertraute Räumlichkeit evozieren und dazu mit wiedererkennbaren Motiven zum „wunderschönen Ambiente der Hameler Altstadt“392 beitragen.

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90 Dresden, Centrum-Galerie an der Prager Straße, 2009, Peter Kulka. Kulka gewann den Fassadenwettbewerb mit dem Versprechen, die Aluminiumwaben des abgebrochenen CentrumWarenhauses wiederzuverwenden. Tatsächlich ist die Fassade jetzt mit formgleichen Neuanfertigungen verkleidet. 91 Leipzig, Höfe Am Brühl, 2011. Wiederverwendete Fassadenelemente des DDR-zeitlichen Vorgängerbaus („Blechbüchse“)

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Dafür bedarf es keiner vormodernen Architektur, denn auch die Motive der spätmodernen Konsumwelt können heute positive Erinnerungen wecken. Während die Horten-Kacheln aus Hamm im Salbker Lesezeichen als „klassische“ Spolien in einem neuen Kontext verbaut sind 106, ging es bei den stadtbildprägenden Fassadenelementen DDR-zeitlicher Vorgänger von Shopping-Malls in den Stadtzentren von Dresden und Leipzig um die intendierte bzw. realisierte Wiederverwendung vor Ort. Man bediente sich dabei jeweils auch begrifflich gewissermaßen Namensspolien. In Dresden gewann Peter Kulka den Fassadenwettbewerb für die Centrum-Galerie mit einem Entwurf, der die Wiederverwendung der charakteristischen Aluwaben des von vielen als schützenswert eingeschätzten CentrumWarenhauses vorsah.393 Realisiert wurde der Neubau dann allerdings 2006–2009 aufgrund von „Sachzwängen“ mit formgleichen Neuanfertigungen 90: statt Spolien nun also ein Architekturzitat. In Leipzig dagegen hat man den westlichen Abschluss der Höfe am Brühl tatsächlich mit der denkmalgeschützten Alu-Fassade des Vorgängerkaufhauses, der sogenannten Blechbüchse, verkleidet 91. Anklänge an das vertraute Bild sollen auf diese Weise die Akzeptanz der an beiden Orten mit Protesten gegen den Abbruch verbundenen Neubauten erhöhen und so die Gemüter beruhigen.

Ortsverbindungen Neben den Konnexen durch die Zeiten verbinden Spolien auch Orte miteinander. Bereits Vasari hob in seiner Beschreibung des Konstantinsbogens hervor, dass die Spolien „von verschiedenen Orten nach Rom gebracht wurden“ (S. 19). Bei den Columnae vitinea war dann die Rede davon, dass sie Rom mit Jerusalem verknüpften. Ortsverbindungen strebten auch die translationes der verschiedenen RomaSecunda-Konzepte an, die schon mit Konstantins neuer Hauptstadt am Bosporus und der dorthin translozierten Figurenausstattung begannen. Sie setzen sich mit Karls Spolien in Aachen fort und erreichten mit der massenhaften Überführung von Spolien aus Konstantinopel zur Ausstattung der Fassade der Kirche des Dogen von Venedig einen Höhepunkt. Die Spolien repräsentierten jeweils den bedeutungsüberhöhten Ort, aus dem sie stammten. Zugleich veranschaulichten sie durch ihre Verfügbarkeit, dass der Herkunftsort seine einstige Macht als unbestrittenes Zentrum verloren hatte, wenn Teile seiner definierenden Immobilien beweglich geworden waren. Durch die Einfügung wurde die Spolie wieder Teil einer auch hier bedeutungskonstituierenden Architektur mit dem Anspruch auf Dauerhaftigkeit unter veränderten Umständen am neuen Ort. Darin offenbart sich auch die den Spolien eigene Leistung, die sie vom Architekturzitat unterscheidet, das formal ebenfalls auf Orte und Bauten alludieren kann. Aber Zitate sind im Prinzip unendlich oft wiederholbar, ohne dass sich am zitierten Objekt etwas verändert. Dagegen gewinnt mit den Spolien der neue Ort zu Lasten des alten. Die translatio ist ganz handfest: Was zum neuen Ort transloziert wird, fehlt am alten. Paolo Verzones äußerte daher die These, Papst Hadrian habe mit der Gewährung der Bitte Karls des Großen, Spolien aus Ravenna in das neue fränkische Zentrum nach Aachen

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überführen zu dürfen (S. 53), die ehemalige Residenzstadt, deren Erzbischöfe sich als Erben des byzantinischen Exarchats gerierten, bewusst als selbstständiges Machtzentrum eliminieren wollen.394 Gegen diese Interpretation spricht, dass der Papst Karl auch die Ausfuhr von Spolien aus Rom genehmigt hatte. Allerdings gab es auch in Rom Bauwerke, die der Papst gerne aus den Augen hatte. Tatsächlich in triumphalistischer Weise hat der Sassanidenherrscher Chosrau Orte zu Lasten des Gebers verbunden, und zwar mit dem spoliengestützten Transfer von Antiochia als „Roma“ in die Gegend seiner Residenz Ktesiphon (S. 58). Die Spolien repräsentierten in diesem Fall nicht nur die Translation einer Ortsbedeutung, sondern waren Bestandteil der Deportation des ganzen Orts inklusive seiner Bevölkerung. Es mag überzogen erscheinen, hier an die Umsiedlungen im Zusammenhang mit dem Braunkohleabbau in Sachsen oder Nordrhein-Westfalen zu erinnern. Dass aber auch diese nicht freiwillig vollzogen werden und zuweilen massive Staatsgewalt den Umzug erzwang, zeigt drastisch der im Transport-Abschnitt vorgestellte Fall Heuersdorf (S. 170). Ist dort die ganze Kapelle verschoben worden, waren es im rheinischen Braunkohlerevier bei der Aufgabe des Immerather Doms zwölf Erinnerungssteine aus dessen Außenmauern. Diese wurden als Versinnbildlichung der Grundsteine des himmlischen Tempels mitgenommen und sollten in die neue Kapelle am Umsiedlungsort eingebaut werden. Mit ihnen nehme man, wie Pfarrer Günter Salentin im Abschiedsgottesdienst erläuterte, ein Stück der Kirche mit, um am neuen Ort zu zeigen, dass „die Geschichte und die Tradition des Ortes, vor allem die Geschichte unseres Glaubens und die Tradition unserer Gemeinde“ weitergehen.395 Ganze Kreuzgänge sind transloziert worden, um mittelalterliche Kunst auch in den USA, einem dem europäischen Mittelalter fernen Ort, mit mittelalterlichem Kontext ausstellen zu können. In New York ist die Mittelalterabteilung des Metropolitan Museum of Arts in The Cloisters untergebracht, einer Art Museumskloster im Ford Tryon Park am Nordrand von Manhattan. Dieses soll den wertvollen Preziosen aus dem europäischen Mittelalter ein angemessenes Ambiente bieten. Nicht nur in den Bauformen des Museums hat man sich dafür an mittelalterlichen Anlagen orientiert. Vielmehr wurden komplette Säulensätze gleich mehrerer Kreuzgänge romanischer Klöster verbaut, die der amerikanische Bildhauer und Kunstsammler George Grey Barnard zwischen 1906 und 1914 in Südfrankreich erworben und – gegen wachsenden Widerstand vor Ort – nach Amerika verschifft hatte 92.396 Im Dezember 1914 eröffnete er an der Fort Washington Avenue in den Hudson Heights im Norden Manhattans zwischen seinem Wohnhaus und seinem Atelier ein privates Museum, das er „The Cloisters“ nannte. Der längsrechteckige Ziegelbau sollte in der theatralischen Inszenierung der Skulpturen und Architekturteile an eine mittelalterliche Kirche erinnern. Die Eingangsfassade zierte eine Arkatur mit Säulen und Kapitellen aus der ehemaligen Zisterzienserabtei Bonnefont. Das Innere war zweigeteilt: Drei Seiten eines Quadrats ergaben ein dreischiffiges Langhaus mit Emporen, gebildet aus zwei Arkadenreihen übereinander, unten mit den Spolien aus Saint-Guilhem-le-Désert mit rundbogigen Arkaden, oben

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92 Teile des Kreuzgangs von Saint-Guilhem-le-Désert auf dem Weg von Südfrankreich über Paris nach New York, ca. 1906 93 New York, The Cloisters, George Grey Barnard. Blick vom Eingang nach Westen. Die von Barnard in Südfrankreich beschafften Spolien sind zu einer kirchen­ähnlichen Anordnung gruppiert. Foto 1925

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mit den Teilen unter anderem aus dem einistigen Karmeliterkloster Trie-sur-Baïse mit spitzen Bögen 93. In einer Art Chor mit dreiteiligem „Sanktuarium“ waren hauptsächlich Statuen sowie weitere Bauskulpturen ausgestellt. Flankierend zu diesem Saalbau bildeten die Teile aus Saint-Michel-de-Cuxa einen Kreuzgang.397 Barnards Sammlung sollte „Amercians who never can, or will, see Europe“ die mittelalterliche Kunst näherbringen – und das, wie John Harris bemerkt – ironischerweise zu einem Zeitpunkt, als in den folgenden Jahren Tausende von Amerikanern als Soldaten Frankreich in sehr spezieller Weise kennenlernen sollten.398 Barnards Cloisters fanden in Presse und Fachwelt große Beachtung als „unique embodiment of the spirit of Middle Ages“ und beeinflussten die Musealisierung mittelalterlicher Kunst in den USA wesentlich.399 1925 erwarb John D. Rockefeller jr. Barnards Sammlung für das Metropolitan Museum of Art und bald danach das Grundstück im unweit nördlicher gelegenen Ford Tryon Park. Ab 1935 ließ Rockefeller vom Architekturbüro Allen, Collens & Willis das historisierende Museum errichten, dessen Räume sich um den zentral angeordneten Kreuzgang mit den Spolien aus Saint-Michel-de-Cuxa gruppieren und der hochwertigen, aber heterogenen Mittelaltersammlung eine „echt mittelalterliche“ Hülle bieten sollten. Die Spolienarchitektur kompensiert die Absenz von baulichen Zeugnissen einer von weißen bildungsbürgerlichen US-Amerikanern als eigen verstandenen Vergangenheit. Die Spolien stehen einerseits für das Abwesende – die mittelalterlichen Klöster –, schaffen aber andererseits durch ihre materielle Präsenz diese Architektur zugleich neu. Die romanischen Bauglieder aus Südfrankreich infizieren die im Übrigen einer hochwertigen zeitgenössischen Sachlichkeit verpflichtete Architektur und schaffen eine raum-zeitliche Beziehung zwischen dem damals gegenwärtigen New York und dem mittelalterlichen Europa. Diese Beziehung ist freilich auch dann nicht frei vom Herrschaftsaspekt vieler Beispiele von Translationsprozessen, wenn man berücksichtigt, dass die von Barnard erworbenen Bauplastiken aus damals sehr vernachlässigten Kreuzgängen stammten. Dieser sichtbare Ausdruck eines zumindest ökonomischen Machtgefälles spielt bei dem bereits unter dem Stichwort der memoria diskutierten Beispiel von Gibellina keine (unmittelbare) Rolle (S.  84). Die Ortsverschiebung von Gibellina über rund 16 Kilometer nach Gibellina Nuova war in der Folge der Erdbebenzerstörung der alten Stadt nötig geworden, um das ambitionierte Projekt einer besseren Stadt des linken Bürgermeisters Ludovico Corrao (1927–2011) realisieren zu können. Die Spolien bildeten gewissermaßen das bisschen urbanistisches Hab und Gut, das man mitnehmen konnte und das den neuen Ort mit dem verlorenen und verlassenen verband. Mit Karl Friedrich Schinkels „Memorandum zur Denkmalpflege“ von 1815 könnte man sagen, der neue Ort solle dadurch nicht so „unheimlich, nackt und kahl, wie eine neue Colonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen“.400 Alten und neuen Ort über Spolien zu verbinden, ist auch das Ziel der Esplanade de Paris auf der Axe majeur in Cergy-Pontoise. Das ist eine der noch von Charles De Gaulle initiierten Villes nouvelles, die in den 1960er Jahren im Umkreis von Paris

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gegründet wurden. Um dem neuen Ort eine sicht- und erlebbare Anbindung an die Metropole zu geben, sah der Urbanist Bertrand Warnier in der Schleife der Oise einen Park und darin eine Axe majeur Richtung Paris vor.401 Die Projekte der für deren Ausgestaltung vorgesehenen Architekten – unter ihnen Léon Krier als Exponent eines radikalen New Urbanism – überzeugten die Planer nicht, sodass sie 1980 den israelischen Bildhauer und Land-Art-Künstler Dani Karavan kontaktierten und ihn schließlich mit der Aufgabe betrauten. Die Umsetzung des 3,2 Kilometer langen Werks mit einem Dutzend Stationen zog sich bis in die ersten Jahre des neuen Millenniums hin. Die Axe majeur ist Richtung Paris orientiert und soll von der anderen Seite die Achse aufgreifen, die vom Louvre zum Grand Arche von La Défense führt. In Cergy-Pontoise nimmt sie ihren Anfang oben auf dem Hügel Saint-Christophe mit der halbkreisförmigen Bebauung von Riccardo Bofill, von deren Zentrum aus die Axe mit der 36 Meter hohen Tour Belvédère zu sehen ist. Die dritte Station der Axe majeur ist die Esplanade de Paris, ein zwei Hektar großer Platz, an dessen oberer Schmalseite ein halbmondförmiger Bereich mit pavés gepflastert ist, während sich am anderen Ende zwölf stelenartige Säulen erheben 94. Die Pflastersteine sind wiederverwendet und stammen von der Cour Napoleon des Louvre, wo sie beim Umbau im Zug von Mitterands Grands travaux keine Verwendung mehr fanden. Karavan ergriff diese Chance, um damit „un lien visuel et mémoriel entre les deux villes“ herzustellen.402 Er schuf durch das sich im Material, der Patina und den Gebrauchsspuren auffällig von der restlichen Oberfläche des Platzes abhebende Altpflaster ein Stück Präsenz der Metropole in der Neustadt, „Présence de Paris pour relier le neuf aven l’ancien, le proche avel le lointain, et raccrocher la ville naissante et encore obscure à la puissance du mythe

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94 Cergy-Pontoise, Esplanade de Paris, 1986, Dani Karavan. Die Pflästerung des Platzes wurde aus dem Cour Napoléon des Louvre wiederverwendet.

de la Ville Lumière“.403 Die in Gibellina gegebene unmittelbare bildliche Evidenz des Ortsbezugs kann Karavans künstlerische Inszenierung allerdings nicht schaffen, braucht sie aber wohl auch nicht, denn es geht nicht um die Aufrechterhaltung von Erinnerung an ein spezifisches und einschneidendes Ereignis, sondern um eine abstraktere Verbindung, die die Menschen durch ihr tägliches Pendeln in das Zentrum oder die gefühlte Zugehörigkeit zur Metropole erleben und die sich hier nun (jenseits der Metroverbindung) materialisiert und historisch erdet.

95 Filmstil aus The Gost Goes West von René Clair, 1935. Die translozierten Bauglieder aus dem schottischen Hochland-Castle werden in Florida ausgepackt und zusammengesetzt.

Die mittels der Translozierung von Architekturteilen intendierte Übertragung des Ortsgeists klappt allerdings nicht immer. In ironischer Weise hat das René Clair 1935 in seiner Filmkomödie The Ghost Goes West thematisiert.404 Der Geist des Orts ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen: In einem heruntergekommenen schottischen Schloss geistert infolge einer Familienfehde im 18. Jahrhundert Murdoch Glourie als Gespenst umher. Der bankrotte Nachfahre Donald muss das Schloss dem reichen amerikanischen Unternehmer Mr. Martin verkaufen. Der lässt den Bau komplett zerlegen, die einzelnen Werkstücke nummerieren, sorgfältig verpacken und verschiffen, um ihn in Florida wieder aufzubauen 95. Aufgrund der schrillen Inszenierung des Highland Castles, das am neuen Ort von Palmen und venezianischen Gondeln umgeben wird, weigert sich das Gespenst aber, weiterhin zu spuken. Daraus resultieren neue Konflikte, die schließlich zur Erlösung des Gespensts und zum selbstverständlichen Happy End der hier nicht weiter thematisierten Liebesgeschichte führen. Dass diese zur Grundausstattung eines Unterhaltungsfilms gehört(e), versteht sich, aber auch das Verrücken, Verrutschen und die damit einhergehende Infragestellung der Ordnungen zwischen den Menschen und den Dingen „gehört zum selbstverständlichen Bestand der ‚Kulturtechnik Komik‘“.405 Bezogen auf ein Haus hatte das im Jahrzehnt vor Claires Film bereits Buster Keaton mit One Week grandios exemplifiziert, auch wenn es dort nicht um Spolien, sondern um die Einzelteile eines Fertighauses zur Selbstmontage ging.406 Die spezifische Leistung von Spolien ist, wie in diesem Kapitel am Beispiel bevorzugter Objektgruppen gezeigt wurde, die Verbindung von Zeiten und Orten durch die Unmittelbarkeit materieller Objekte, die durch ihre begrenzte Verfügbarkeit Authentizität schaffen und sich von anderen Praktiken des Referenzieren, wie beispielsweise Architekturzitaten, dadurch unterscheiden, dass sie Veränderung sowohl am Herkunfts- als auch am Zielort bewirken.

Objekte und Orte

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Materialien und ihre Verfügbarkeit

Die bisherigen Ausführungen haben unterschiedlich bearbeitete Bauglieder als bedeutungsvolle Spolien gezeigt, sodass der Differenzierungsversuch von Brian Ward-Perkins, zwischen „figured carving as ideologically motivated“ und „the re-use of block-work“ als „surely purely pragmatic“407 offensichtlich nicht aufrechtzuerhalten ist. Über den Herstellungsaufwand der Werkstücke ist diese Trennung – so sie denn überhaupt erkenntnisfördernd ist – nicht plausibel vorzunehmen. Neben Ort und Herkunft sind es vielmehr manche Materialien und bestimmte Bauteile, die bevorzugt wiederverwendet wurden und werden. Dieses Kapitel nimmt daher die Materialien, ihre Beschaffung und Verfügbarkeit in den Fokus. Am Anfang stehen die Materialität der Dinge und die ihnen darüber in der Materialikonologie zugeschriebenen Bedeutungsaspekte. In Zeiten und an Orten, in denen es Bauwilligen überhaupt möglich war, zwischen unterschiedlichen Materialien zu wählen, wird es die Neigung gegeben haben, diese Wahl – meistens ex post – mit Bedeutungszuweisungen zu begründen. Im 20. und 21. Jahrhundert hat sich dieses Interesse an der Deutung der Materialien durch die immense Vielfalt des Materialangebots, aber auch, wie Christian Fuhrmeister postuliert, durch die nichtfigurative Kunst, bei der die Rolle des Materials oft in stärkerem Maße bedeutungskonstituierend ist als bei figürlichen Objekten, verstärkt.408

Materialität und Materialikonografie Die Wirkung von Spolien beruht auf ihrer Materialität. Die ganz konkrete physische Präsenz des Bauteils aus einem Gebäude aus einer anderen Zeit ist das, was Spolien auszeichnet und sie von Architekturzitaten und anderen Formen des Referenzierens unterscheidet. Form, Funktion und Beschaffenheit des Spolienmaterials können dabei so vielseitig sein, wie Baumaterialien an sich sind. Die Spolie muss sich nur in einem Zustand befinden, in dem sie als Bauteil auch tatsächlich weiterverbaut werden kann, oder – denkt man an frei aufgestellte Säulen – zumindest

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weiterverbaut werden könnte. So kommt grundsätzlich auch fast jedes Baumaterial für die spoliale Wiederverwendung infrage. Allerdings gibt es bestimmte Materialien, die aufgrund ihrer Materialität bevorzugt als Spolien zur Anwendung kommen, und das auch jenseits des selbstverständlichen Faktums, dass kostbare und seltene Materialien in der Regel weniger weggeworfen und damit häufiger sorgfältig rezykliert werden. Diese Präferierung bestimmter Materialien liegt – jenseits von materiellem Wert und Seltenheit – zum Teil in ihren sinnlichen oder physikalischen Qualitäten begründet, mindestens ebenso sehr aber in ihrer Geschichtlichkeit. Die Materialien sind – um mit Adorno zu sprechen – keineswegs die Naturgegebenheiten, als die man sie unreflektiert leicht betrachtet, „in ihnen hat Geschichte und, durch sie hindurch, auch Geist sich aufgespeichert“.409 Wolfgang Kemp spricht von der „Geschichtlichkeit der Werkstoffe“.410 Thomas Raff schränkt das Spektrum auf die seit der Antike für die „hohe Kunst“ quasi normativen Materialien und damit auf die „Kunstgeschichtlichkeit“ insbesondere von Bronze und Marmor ein.411 Dies werde gerade in der radikalen Ablehnung dieser Materialien durch viele der Avantgarde-Künstler des 20. Jahrhunderts deutlich, etwa wenn Umberto Boccioni in seinem Manifesto tecnico della scultura futurista forderte: „Distruggere la nobiltà tutta letteraria e tradizionale del marmo e del bronzo.“412 Schauen wir uns daher sowohl Bronze wie Marmor hinsichtlich unserer Fragestellung an. Von beiden war schon mehrfach die Rede. Die Kostbarkeit und Schönheit des Materials von marmornen Säulen, Wand- und Bodenbelägen gehört in den vormodernen Schriftquellen zu den Topoi der Begründung für die Weiternutzung besagter Bauglieder. Kunsthistoriker wie Thomas Weigel, Günther Binding und andere haben im Bemühen, damit die Spolienverwendung generell zu erklären, die einschlägigen Quellenbelege zusammengetragen und erläutert.413 Aus diesen Quellen die Motivation für die Spolienverwendung generell abzuleiten, ist allerdings zu einseitig und zu sehr von den Intentionen der Schriftquellen geprägt. Allzu oft gehören diese zur Gattung des Herrscherlobs, das über die Schönheit, Wertigkeit und Herkunft der Marmorspolien auf die herrscherliche Macht und Herrlichkeit alludiert (S. 132). In trivialisierter Weise gilt das bis heute: Marmor ist zumindest in der Innenausstattung weiterhin bevorzugtes Material von Banken, Neureichenvillen und anderen Traumhäusern. Entsprechend werden Marmor-Orgien wie die von Anna Maria Jagdfeld – der Gattin des Investors – designten Inkrustationen in den Berliner Friedrichstadt-Passagen (1992–1996) von der Architekturkritik und Kunstgeschichte als „peinlich“ und als „Trump-Ästhetik“ qualifiziert.414 Heute sind solche Materialdemonstrationen in aller Regel keine Spolien mehr, zumal steinerne Verkleidungen vergleichsweise wohlfeil und konfektioniert zu haben sind. Die Herkunftsfrage wird dabei für das Publikum höchstens dann zum Thema, wenn für öffentliche Bauten statt einheimischem Baumaterial preisgünstigeres aus der Ferne importiert wird. Dass aber gerade die Herkunft aus einem traditionsreichen Ort – konkret aus Rom – auch heute noch von Bedeutung sein kann, belegt das Getty Center in Los Angeles des amerikanischen Architekten Richard Meier, für das 16.000  Tonnen geschnittene Travertinplatten aus einem Steinbruch bei

Rom über den Atlantik transportiert wurden.

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„Mit dem römischen Travertin wurde nicht allein eine strahlende Oberfläche hergestellt, sondern auch etwas von dem Prestige der Metropole der alten Welt auf die kalifornische Agora transferiert. […] Die lange Verwendungstradition des Travertin hat das semantische Potential von gediegener Klassik und öffentlicher Relevanz geschaffen, das inzwischen dem Material selbst eigen zu sein scheint.“415 Generell lösen sich aber im gegenwärtigen Baubetrieb mit den immer dünneren Steinplatten der Fassaden tradierte Materialkonnotationen zunehmend auf, sodass Architekten wie Christoph Mäckler und Vittorio Magnago Lampugnani eine „Rematerialisierung“ fordern.416 An solche Tendenzen anschließend wäre zu fragen, ob Spolien auch deshalb wieder an Gewicht gewinnen, weil sie das Material in „echter“ Verwendung zeigen. Nicht die Art und Kostbarkeit des Steinmaterials stünde damit im Zentrum, sondern seine haptisch-materielle Körperlichkeit. Auch die Bronze wurde schon mehrfach angesprochen. Von Bronzetüren und Bronzefiguren war die Rede, Letztere zum Beispiel als Bestandteil der mittels Spolien unterstützten Translatio Imperii von Rom und Ravenna ins Aachen von Karl dem Großen, wo die antiken Figuren durch neu gefertigte antikische Großbronzen – als spolia in re – ergänzt wurden. Wie Papst Hadrian vor seinem Lateranpalast antike Bronzen aufstellte, machte das Karl in seiner Pfalz, die er „Lateran“ nannte, wie wir aus dem Chronicon Moissiacense wissen, das zum Jahr 796 zugleich den Rom-Bezug mit diesen Werken zusammenbringt: „Er baute dort auch einen Palast, den er Lateran nannte, und befahl, dass seine gesammelten Schätze aus den einzelnen Reichen nach Aachen gebracht würden. Er machte aber noch viele und große Werke am selben Ort.“ („Fecit autem ibi et palatium, quod nominavit Lateranis, et collectis thesauris suis de regnis singulis in Aquis adduci praecepit. Fecit autem et opera multa et magna in eodem loco.“)417 Die Herrschaftssymbolik und den Rom-Bezug von Großbronzen haben Norberto Gramaccini und Thomas Raff abgehandelt.418 Bei den aus Rom und Ravenna importierten Objekten kommt hinzu, was für Spolien generell gilt: Sie sind Unikate aus dem Referenzort und anders als Neuanfertigungen – zu denen die Spolien Karls des Großen in Aachen motivierten – nicht nur Verweis auf diesen. Sie sind oder waren ein dort nun fehlender Teil der Kapitale. Je mehr realiter aus Rom stammende Spolien im Zweiten und Dritten Rom sowie in anderen Herrschaftszentren als bedeutungsgeladene Zeugnisse ihrer Herkunft zur Schau gestellt wurden, desto deutlicher wurde, dass Roms Macht nur mehr symbolisch und aufgrund der glorreichen Vergangenheit existierte. Gerade das Material Bronze zeigt aber auch, dass der eingangs in diesem Kapitel erwähnte Versuch, aufgrund des Bearbeitungsgrads von Objekten zwischen ideologisch und rein pragmatischer Wiederverwendung zu differenzieren, untauglich ist. Verwiesen sei auf die bereits diskutierten Beispiele, in denen bei Bronze-Neugüssen auf die Herkunft des Materials aus sekundärer Verwendung durch Inschriften wie „ex hostium manubiis“ oder „ex aere captum“ hingewiesen wurde (S. 48).

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Einen Sonderfall bildet das Material Holz als Tragkonstruktion, das insbesondere im traditionellen Fachwerkbau bzw. generell im Gefügebau auf Demontierbarkeit und damit Wiederverwendung angelegt ist. Fred Kaspar hat dazu 2007 einen umfassenden Überblicksband herausgegeben.419 Noch bis in die Neuzeit hinein gibt es Rechtstexte, die belegen, dass Fachwerkhäuser, Getreidespeicher in Bohlenbauweise, Windmühlen etc. ähnlich wie Zäune zur Fahrhabe gezählt wurden, was steuer- und erbrechtliche Konsequenzen hatte.420 Auseinandergenommen und ohne die Ausfachung ist ein Hausgefüge auch tatsächlich eine leicht transportierund stapelbare Sache. Häufig wurden Gefügehölzer auch vor Ort für den Nachfolgebau genutzt, wovon Verbundzeichen und Verarbeitungsspuren an Fach- und Dachwerken in großer Zahl zeugen. In ähnlicher Weise ist auch die Übernahme des alten schwarzen Holzes in der zitierten GotthelfNovelle zu erklären (S. 93). Dabei kam diesem Pfosten („Bystel“) tatsächlich eine spezielle Bedeutung zu, er war also im definierten Sinn eine Spolie, während die übliche Wiederverwendung von Gefügeholz rein praktisch bedingt und daher hier nicht weiter zu diskutieren ist. Wenn dagegen, wie im niedersächsischen Celle in den 1950er und 60er Jahren, bei neuen Fachwerkhäusern spätmittelalterliche Zierknaggen und Treppenfriese oder barocke Zierecksäulen verbaut wurden, die sich sogleich und geradezu demonstrativ vom schlichten modernen Gefüge unterscheiden, so kann tatsächlich von Holzspolien gesprochen werden 96.421 Ein Grenzfall ist es, wenn mit der Verschiebung und Neunutzung ein Zeichen für nachhaltiges Bauen und flexible Weiternutzungsoptionen gesetzt werden soll, wie das bei Peter Zumthors Projekt an der Expo 2000 der Fall war. Der labyrinthische Pavillon „Klangkörper Schweiz“ in Hannover bestand aus gestapelten und nicht vernagelten oder verschraubten Lärchenholzbalken, die von Anfang an auf eine Wiederverwertung angelegt waren. Allerdings fand sich dann zunächst kein Nachnutzer, sodass bereits erwogen wurde, das Holz zu häckseln. Das zum Stadtmuseum Berlin gehörende Museumsdorf Düppel wurde dann auf den Bestand aufmerksam und übernahm einen Teil davon, mit dem der Architekt Bernd Johae für das Berliner Museum ein neues Eingangsgebäude plante.422 Größere Teile des Holzes wurden bei der Schweizer Landesausstellung Expo.02 für das Kugelhaus „Palais de l’Equilibre“ in Neuchâtel verwendet. Nach Ende dieser Schau translozierte man das Palais nach Meyrin und platzierte es gegenüber dem Besucherzentrum des CERN, wo es bis heute als „Globe of Science and Innovation“ weitergenutzt wird. Vornehmlich als Zeichen nachhaltiger Firmenpolitik verstehen Heiner und Volker Bessmann die Wiederverwendung translozierter Fachwerkbauten in ihrem

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96 Celle, Zöllnerstraße 2. An der Fassade der 1950er Jahre wurden die Treppenfriese des spätgotischen Vorgängers auf die Schwellen appliziert. Auch die Knaggen sind zumindest teilweise Spolien.

Fashion-Outlet-Store in Marienfeld (Kreis Gütersloh). Im November 1996 warb das Modehaus Bessmann beispielsweise wie folgt für den verkaufsoffenen Sonntag: „Durch den Aufbau alter, dem Abbruch geweihter Fachwerkhäuser wollen wir ein angenehmes Umfeld schaffen. Sicherlich bauen wir diese nicht so aufwendig wieder auf wie z.B. das Denkmalamt. Wir meinen jedoch, daß es besser ist, als wenn daraus Brennholz geworden wäre. Wir wollten altes Kulturgut erhalten. Diese Bauweise […] ist umweltfreundlich.“423 Die Firmenpolitik, die dem Trend zu historisch camouflierten Wohlfühlwelten als umsatzförderndem Einkaufsambiente folgt, ist so erfolgreich, dass sich Volker Bessmann um weitere Fachwerktranslationen bemüht. Ein Übernahmeprojekt aus 97 Marienfeld, Outlet-Areal der Firma Bessmann mit wiederaufgebauten westfälischen Fachwerkhäusern

Brackwede führte allerdings wegen eines denkmalgeschützten Inschriftenbalkens zu einem Konflikt mit der Schutzbehörde.424 Inzwischen wartet aber auch dieser Balken zusammen mit anderen Teilen des Ständerwerks auf die Wiederverwendung im Marienfelder Firmenareal 97. Seinen Denkmalstatus hat er allerdings (vorerst) verloren, da die Inschrift zwar für die Heimatgeschichte von Brackwede, nicht aber für die von Marienfeld eine Bedeutung habe – so die Argumentation der Denkmalbehörde.425

Der Zugriff auf Spolien Das Ständerwerk aus Brackwede hatte Bessmann von der Bielefelder Wohnungsbaugesellschaft geschenkt bekommen, die auf dem alten Standort des Fachwerkbaus Sozialwohnungen errichten wollte. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist in

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diesem Fall der Abbruch bedauerlich und die Spoliation problematisch, darüber hinaus handelt es sich aber um einen für beide involvierten Besitzer gewinnbringenden Austausch: Der Vorbesitzer konnte die Baufeldberäumung gleichsam als sanfte Translozierung des Objekts zwar nicht konfliktlos, aber doch leichter als bei einem Totalabbruch durchführen, und der neue Besitzer konnte seinen Gebäudebestand mit Teilen eines ehemals bedeutsamen Fachwerkbaus erweitern. Vor allem in der historischen Perspektive ist der Zugriff auf Spolien allerdings oft sehr viel stärker mit Machtfragen verbunden, sodass die Spolien als Zeugen von Konflikten auftreten. Als Siegeszeichen und Trophäen veranschaulichen sie aggressive Varianten der generellen Frage nach dem Zugriff auf wiederzuverwendende Objekte. Spolien repräsentieren Macht und Machtgefälle: Wer Macht hat, kann sich Werkstücke beschaffen – und versucht oft zugleich, die Beschaffung durch andere zu unterbinden. Der Zugriff auf die „alten Werke“ zum Zweck der Spoliation ist seit der Spätantike ein Charakteristikum herrscherlicher Baupolitik. Er veranschaulicht architektonisch in sinnfälliger Weise die Verfügbarkeit auch über große Distanzen hinweg und damit den Einfluss und die Macht über weite Gebiete. Chosraus durch Spolien repräsentierte Translozierung von Antiochia in die Nähe seiner Hauptstadt Ktesiphon war dafür ein besonders radikales Beispiel (S.  58). Diese Darstellung von Macht über das Material wird aber auch deutlich, wenn der byzantinische Dichter Paulus Silentiarius in seiner Beschreibung der justinianischen Hagia Sophia in Konstantinopel die von Kaiser Justinian unterworfenen Länder und die Herkunft der Baumaterialen explizit miteinander verknüpft: „Denn mein Gebieter empfand es, nachdem die Erde eins geworden war und er selbst der Barbaren und Ausoniens vielfältige Schätze gesammelt hatte, als nicht ausreichend, gewöhnlichen steinernen Schmuck für die Stätte des erhabenen, göttlichen Tempels zu nehmen.“426 Drei Jahrhunderte später erzählte der unbekannte Verfasser der Diegesis über die Konstruktion der Hagia Sophia in seinem Bericht vom Bau der Kirche dasselbe Faktum. Nachdem zwischenzeitlich um etwa 600 auf Prokonnesos die Marmorproduktion eingestellt worden und damit die Quelle für neues Material versiegt war, konnte er sich diese kostbaren und von überall aus dem Reich herbeigeführten Materialien nur noch als Spolien vorstellen.427 Neben einer „komplizierten Überführung (per Floß)“ dichtete der Verfasser den Stücken dabei auch „eine besondere Herkunft aus bedeutenden Städten, ja bisweilen bestimmten Bauten“ an.428 Die Transportmittel der Moderne beendeten die „Selbstverständlichkeit, dass Architektur sich materiell wie konzeptionell aus lokalen Baustoffen erklärt“429, sodass der Geologe Leo Wehrli 1897 den Eisenbahntransport als zukünftiges Erklärungsmodell für die Gesteinsherkunft mit den Gletschern der Eiszeit verglich: „Wie wir heute paradoxe Lagerungsverhältnisse mit hypothetischen, versunkenen Randgebieten, Überschiebungstheorien und Gletscherverfrachtung erklären, so wird für die Archäologen und Geologen späterer Generationen einst ‚Eisenbahntransport!‘ das Schlagwort sein.“430

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Und doch ist das Verfügenkönnen über exotische, seltene und/oder alte Materialien als Insignie eigener Macht und Wirkung bis heute in vielfältiger Weise virulent. Etwa wenn Daimler-Benz in einer Anzeige mit dem Bild von Walter De Marias 5 Kontinente Skulptur wirbt und dazu bemerkt, der in der neuen Hauptverwaltung in Stuttgart-Möhringen aufgestellte Kubus enthalte „Steine aus fünf Kontinenten – ein Symbol für die Internationalität des Konzerns“ 98.431 Das gleiche Prinzip findet sich bei exotischen und alten Pflanzen, die als Machtsymbole eingesetzt werden, sei es, dass Millionäre an der Côte d‘Azur für ihren Garten alte Olivenbäume aus Spanien kaufen, weil Spuren des Lebens und vergangener Zeit exklusivere Distinktionsmerkmale sind als neuer Tand,432 oder seien es die Palmen, die als „Freizeitsignet“ vom New Yorker Skyscraper-Atrium bis in Hans Holleins Reisebüro am Stephansplatz in Wien nicht allein Ferien, Sonne und Südsee suggerieren, sondern „wie damals im kolonialen Empire die Verfügung über exotische Arten“ bezeugen sollen.433 98 Walter De Maria, 5 Kontinente Skulptur, Anzeige von Daimler Benz im Zeitmagazin, 1991. Laut der Erläuterung symbolisierten die aus fünf Kontinenten stammenden Steine die Internationalität des Konzerns.

An der Möglichkeit des Zugriffs auf Spolien zeigen sich auch veränderte Machtkonstellationen. So verfügte noch Konstans II. (630–668), der als letzter oströmischer Kaiser Rom besuchte, genauso selbstverständlich über den Fiskalbesitz wie gut drei Jahrhunderte zuvor sein Namenspatron Konstantin der Große, indem er im Jahr 667 ohne lange Begründung die vergoldeten Bronzeziegel des Pantheons requirierte, um sie zur Verschönerung der Roma Secunda nach Konstantinopel zu verfrachten. Dagegen hatte 120 Jahre später der (zukünftige) erste westliche Kaiser des Mittelalters, Karl der Große, der veränderten politischen und rechtlichen Situation zu genügen und bei Papst Hadrian I. darum zu bitten, ob er für seine neue Pfalz in Aachen Spolien aus Rom und Ravenna beschaffen könne (S. 53). Die Päpste blieben zumindest theoretisch Herren über das schier unendliche Materiallager Roms, das sie für ihre Projekte auch selbst kräftig plünderten. Das taten sie auch noch in der Renaissance, als humanistische und antiquarische Interessen den Schutz der nun verehrten antiken Reste geboten. Der eingangs angesprochene

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sogenannte Raffael-Brief ist dafür beredetes Zeugnis. Aber bereits Papst Eugen IV. hatte 1439 Bestimmungen gegen die Spoliierung des Kolosseums erlassen, wobei im selben Jahr „uno tedesco“ Travertin von Kolosseum nach San Giovanni transportierte.434 Eugens Nachfolger Nikolaus V. (1447–1455) zahlte mehrfach größere Beträge für umfangreiche Marmor- und Travertinlieferungen zu seinen Baustellen im Vatikan, unter anderem an den Lombarden Giovanni Foglia, der „a sue spese“ im Kolosseum Steine brach, sowie an den „scharpelatore“ Pietro da Castiglione, der derselben Tätigkeit im Templum Pacis und bei Santa Maria Nova nachging. 1452 erhielt ein Aristoteles di Fieravante aus Bologna 125 Denare dafür, dass er „le cholonne de la Minerva a palazzo“ überführte.435 Pius  II. (1458–1464) verbot mit der Bulle „Cum Almam Nostram Urbem“ vom 28. April 1462 generell, öffentliche, amtliche Bauwerke oder Reste solcher Gebäude zu zerstören, abzutragen oder zu Kalk zu brennen. Mit der Bulle „Cum Provida“ vom 7. April 1474 verbot auch sein Nachnachfolger Sixtus IV. (1471–1484) unter Androhung der Exkommunikation, kirchliche Gebäude und (antike) Ornamente zu entfernen.436 Das hinderte Sixtus allerdings keineswegs daran, höchstselbst für seinen im Hinblick auf das Heilige Jahr 1475 neu errichteten und bis heute nach ihm benannten Ponte Sisto das Kolosseum als Steinbruch zu nutzen (ohne dass er dafür wie sein Nachfolger 150 Jahre später (S. 91) mit einem Pasquill öffentlich kritisiert worden wäre). Hier wird deutlich, wie Bestimmungen zum Schutz vor Spoliierung Repräsentationen der Macht und der Distinktion sind, indem sie vor allem dazu dienen, den anderen den Zugang zu dem Material zu verwehren, für dessen Nutzung man sich selbst legitimiert. Dass die Verfügung über Spolien auch heute noch eine Machtfrage sein kann, zeigt der aktuelle Streit um die Attikaskulpturen auf den Kopfbauten der Berliner Humboldt-Universität.437 Die acht Figuren gehörten einst zum Bestand des friderizianischen Stadtschlosses in Potsdam. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurden sie aus dem zum Abbruch vorgesehenen Bau geborgen und provisorisch ausgestellt. Im Zug der Aufwertung des Boulevards Unter den Linden in der Hauptstadt der DDR in Hinblick auf die 20-Jahrfeier der Staatsgründung kamen die Figuren an ihren jetzigen Standort. Alle originalen Attikafiguren des im 18. Jahrhundert als Prinzenpalais errichteten Hauptgebäudes der Humboldt-Universität waren – bis auf eine Figur des Jason – im Krieg zerstört worden. In der Folge des Neubaus für den Landtag in Potsdam, der ab 2010 im Kleid des ehemaligen Stadtschlosses erfolgte (S.  71), fordern nun brandenburgische Rekonstruktionsprotagonisten die Rückgabe der Skulpturen nach Potsdam. Dem widersetzt sich die Humboldt-Universität, unterstützt von den Berliner Denkmalpflegeinstitutionen, und vertritt „die Überzeugung, dass Rekonstruktionen als konstruierte Geschichtsbilder nicht zu einer Verdrängung bzw. Überschreibung von in situ befindlichen historischen Kontexten führen sollten“.438 Während also für die Humboldt-Universität die Statuen den historischen Wandel repräsentieren, der die Symbolik der Versetzung der Objekte vom Preußenschloss zur Bildungsstätte mit einschließt, sind sie für die Potsdamer Rekonstruktionsfreunde Glieder der Authentisierung einer vermeintlichen „Wiedergewinnung“.

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Materialschutz und „Beschaffungskriminalität“

Was die erwähnten päpstlichen Schutzbestimmungen gegen Spoliierungen vor allem zeigen, ist das Bemühen, den unkontrollierten Zugriff auf das Material zu unterbinden. Das betraf dort, wo wie in Rom antike Reste sehr präsent waren, zuerst die rein praktische Plünderung als Baumaterial, also den einzigen Rohstoff – außer Heiligengebeinen –, den Rom hatte. Die Ästhetik der Spolienverwendung hatte aber die Lust am Zugriff zusätzlich gefördert, sodass sich bereits Konstantin bewusst gewesen zu sein scheint, dass sein kaiserliches Vorbild – im großen Stil angewandt – die willkürliche Plünderung der in der Spätantike generell gefährdeten Städte fördern würde. Jedenfalls verfügte er im Jahr 321 ein Verbot, Marmore, Säulen und andere Zierstücke aus den Städten zu entfernen.439 Diesem Erlass folgten im fortgeschrittenen 4. Jahrhundert weitere Gesetze, die den Spoliengebrauch zu regulieren suchten und vor allem besonders gefährdete Bauten schützen sowie die Städte als Entitäten bewahren sollten. So verbot um 340 Constantius, Steine, Säulen und Marmor von Grabmälern zum Hausbau oder zur Veräußerung zu entfernen, und im Jahr 376 untersagten Valens, Gratian und Valentinian erneut die Plünderung bestehender städtischer Gebäude zur Materialbeschaffung.440 Weitere primär auf die Erhaltung der öffentlichen Bauten in den Städten zielende Erlasse verboten ebenfalls, „den Schmuck des öffentlichen Glanzes“ („publici splendoris ornamentum“) durch private Aneignung zu ruinieren oder Gebäude, die der Zierde der Stadt dienten, ihrer Bronze- und Marmorteile zu berauben.441 Die Behörden wurden angewiesen, offenbar durchaus vorhandenen Interessenten nur solche „opera publica“ abzutreten, die völlig zerstört seien und wenig zum Nutzen der Städte beitrügen („parum sint usui civitatum“).442 Die zunehmende Wirkungslosigkeit dieser Schutzbemühungen wird deutlich aus dem nach der Mitte des 5. Jahrhunderts von Kaiser Majorianus verfügten Erlass, in dem es eher resignierend heißt, „was auf keine Weise wiederhergestellt werden kann, soll wenigstens zum Schmuck irgendeines andern öffentlichen Gebäudes verwendet werden“.443 An die spätantiken kaiserlichen Erlasse knüpften mit ähnlichen Argumenten 1000 Jahre später die oben erwähnten Schutzverordnungen der Päpste an. Nun waren die antiken Zierden der Stadt zwar keine intakten Gebäude mehr, aber noch als Ruinen gehörten sie zum „Glanz der Stadt“ („splendor civitatis“). Außerdem bedrohte die Gier nach kostbaren Materialen inzwischen nicht mehr nur die antiken Ruinen, sondern machte, wie ein Breve von Eugen IV. von 1436 zeigt, auch vor Kirchenausstattungen und sogar dem päpstlichen Thron nicht halt.444 Da die gesetzliche Bekämpfung von Spoliierung und Spolienraub diese wohl einschränken und regeln, aber offensichtlich nicht ganz unterbinden konnte, sollten Berichte von göttlicher Bestrafung von solchem Tun abschrecken. Wo weltliche Regulierungsbemühungen nicht mehr wirkten, hatte göttliche Hilfe stabilisierend einzugreifen. So schrieb Patriarch Michael (der Große) von Antiochien, der im 12.  Jahrhundert nicht verhindern konnte, dass in seinem Einflussgebiet der syrisch-orthodoxen Kirche mehr Kirchen abgebrochen oder zu Moscheen umgebaut wurden, als er neu bauen lassen konnte, den Tod des artuqidischen

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Gouverneurs von Hisn Keifa (Hasankeyf), Mohammed Nur al-Din (1174–1185), dem Faktum zu, dass dieser Marmorsäulen aus einer Kirche entfernt und für seinen Palast verwendet habe.445 Das erfolgreichere, wenn auch noch legendärere Narrativ überlieferte der venezianische Chronist Marino Sanudo, der von seiner Reise ins Heilige Land zu berichten wusste, dass einst ein Sultan befohlen habe, von der Marienkirche in Bethlehem Säulen und wertvolle Verkleidungsplatten zu entfernen, um damit für sich in Babylon einen Palast zu bauen. Als die Bauarbeiter mit ihren Werkzeugen anrückten, sei aus der glatten Wand, aus der man keinen Nagel hätte ziehen können, eine Schlange von wundersamer Größe herausgekommen, die eine erste Platte, die abgenommen werden sollte, zerbissen und das mehrfach wiederholt habe. Alle seien sehr erschrocken und erstaunt gewesen; der Sultan habe daraufhin seinen Plan fallen lassen und seither die Kirchen generell und diese Kirche ganz besonders geschützt.446 Geschenke und Spolienhandel

Der Zugriff auf das Material erfolgte selbstverständlich nicht nur durch Diebstahl oder durch Rückgriff auf Eigenbesitz. Spolien wurden auch gehandelt, und sie waren, gerade weil die Verfügbarkeit über sie stets auch ein Machtbeweis war, früher schon beliebte Geschenke. Anthony Cutler hat gezeigt, dass einige der kostbaren Objekte, die in ganz Europa als Beutestücke des Vierten Kreuzzugs gelten, in Wirklichkeit diplomatische Geschenke waren.447 Das bezieht sich hauptsächlich auf Preziosen, die sich als Gaben besonders eignen. Aber wie im Kapitel zu den Spolien als Siegeszeichen an den Beispielen von Assisi und Florenz ausgeführt (S. 44), wurden Säulen ebenfalls an verbündete Städte verschenkt. Und aus Byzanz gelangten auch größere Architekturglieder als diplomatische Geschenke zu Verbündeten: Nikephoros Gregoras überliefert in seiner Chronik, 1328 sei nach dem Sturz von Kaiser Androikos II. Palaiologos auch dessen Kanzler Theodor Metochites in Ungnade gefallen, worauf man ihn enteignet und verbannt habe. Aus dem Palast des baufreudigen und vermögenden Diplomaten sei daraufhin ein Opus-sectile-Fußboden ausgebaut und als Geschenk an den „Fürsten der WestSkythen“ zur Zierde seines Sitzes gesandt worden.448 Der Zugriff war hier wiederum unmittelbar mit einem Machtwechsel verbunden, auch wenn die Spolie am neuen Ort diesen wohl nicht repräsentierte. Als Geschenke und erst recht als Handelsware konnten Spolien aber auch aus Lagern stammen, in denen sie gestapelt auf eine (Neu-)Nutzung warteten. Der Herkunftsort der Erstverwendung war damit für die weitere Verwendung insofern unerheblich, als die Objekte nicht nach auswärts verhandelt wurden. Gemäß den Forschungen von Hugo Brandenburg und Patrizio Pensabene existierten bereits im spätantiken Rom Materiallager, die auf den Handel mit Spolien schließen lassen 99.449 Von privatem – konkret kaiserlichem – Zugriff auf Materiallager ging auch Richard Krautheimer aus, als er postulierte, Konstantin habe die Spolien für seine Bauten aus den res privata bestritten.450 Auch im hochmittelalterlichen Rom vermutet Peter Cornelius Claussen „wohlsortierte […] Lager antiker

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99 Rom, Santa Sabina. Basis eines Säulenschafts der nördlichen Kolonnade mit eingeritztem Name ­RVFENUS, der einem Marmor-Händler zugeschrieben wird

Bauteile“, aus denen etwa Nicolaus für seine Casa dei Crescenzi die auf seinen Namen alludierenden und für ein Kryptonym tauglichen Stücke auswählen konnte (S. 63).451 In einem Liefervertrag von 1158 zwischen dem Erzbischof von Pisa und zwei römischen Kaufleuten ist die Rede von „de lapidibus venendis, reducendis seu hedificandis“, wobei es sich bei dem zum Verkaufen, Zurichten und Verbauen gelieferten Steinen gewiss nicht um Rohmaterial gehandelt hat, das für den Pisaner Episcopus aus den nahen Steinbrüchen leichter zu beziehen gewesen wäre.452 Möglicherweise gehörte der im Pisaner Dom in der Fassade vermauerte Inschriftenstein, der einen „Genio coloniae Ostiensis“ nennt, zu dieser Lieferung. In Venedig wiederum deutet die Verwendung von frühbyzantinischen Kapitellen in der Ca’ Loredan (Palazzo Piscopia Corner Loredan), die typengleich sind mit solchen der Fassade von San Marco, darauf hin, dass offenbar private Auftraggeber Zugriff auf dieselben Materiallager hatten, aus denen man sich für die Hauptkirche bediente.453 Auch der mediterrane Fernhandel ist vielfach bezeugt. Quellen aus der Ifriquia zeigen wohlorganisierten Handel mit antiken Spolien im 9./10.  Jahrhundert quer über das Mittelmeer.454 Aus dem 13. Jahrhundert sind durch venezianische Quellen die Spoliierungen von Kirchen überliefert, um das Material an arabische Interessenten zu verkaufen.455 Mit den spätmittelalterlichen Notariatsurkunden nehmen auch die schriftlichen Zeugnisse für den Spolienhandel zu. So wissen wir über den Notar Pasquale Longo aus dem heutigen Koroni auf der Peloponnes, dass 1291 der venezianische Kaufmann Iacobus Trevisanus 39 Marmorsäulen (davon eine beschädigt), vier Säulchen, drei Platten und ein Kapitell, die zum Export bereitstanden, als Pfand für seine Geschäfte mit seinem Landsmann Matheo de Medio einsetzte.456 Nördlich der Alpen sind es aus dem Mittelalter wiederum vor allem hölzerne Bauglieder, deren Lagerung und Verkauf zur Wiederverwendung insbesondere durch Befunde bezeugt ist. Die Schlagdaten des Dachstuhls der ehemaligen Dominikanerkirche in Bern streuen über einen Zeitraum von 60 Jahren, einige der Balken zeigen zudem Spuren typischer Liegeschäden und die Wachstumskurven der Stämme deuten auf die Herkunft aus unterschiedlichen Wäldern. Georges Descœudres vermutet daher, die Stämme oder Teile von ihnen seien als Schenkung von Bauholz an das Predigerkloster gekommen.457 Spolien müssen es nicht gewesen sein, die Hölzer waren wohl irgendwo auf Vorrat gelagert worden. Befunde und Quellenbelege für den regen Verkauf von Bauholz und „gebrauchten“ Hausgerüsten im

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Emsland hat Andreas Eiynck vorgelegt.458 Dort sind die bautypologisch ältesten Bestandschichten in Form von Kerngerüsten von Hallenhäusern hauptsächlich als wiederverwendete Einzelteile in Häusern der ärmeren Bevölkerungsgruppen nachgewiesen. Die reichen Bauern hatten das obrigkeitlich geförderte Recht, Bauholz zu schlagen, bauten sich damit neue (Dielen-)Häuser und veräußerten das dafür nicht wiederverwendbare Gefüge der abgebrochenen Bauten an die Kleinbauern. Mit dem wachsenden Holzmangel im nordwestdeutsch-niederländischen Grenzgebiet korreliert eine Zunahme der Quellenbelege, die solche Prozesse auch historisch fassbar machen. Kommerzialisierten Spolienhandel in der Moderne bezeugt ein Beispiel aus dem späten Historismus. Am 14. Juli 1900 pries eine Anzeige in der Frankfurter Zeitung die Ornamentik eines „im reinsten Barockstil künstlerisch vollendeten Hauses“ zum Verkauf an. Der „Kunstschatz“, bestehend aus „sechs prachtvollen Portalen, siebzig Fensterstöcken verschiedenster Modelle, Balustraden, Büsten, Figuren, Treppenhaus etc.“, sei geeignet für „einen Prunkbau seltenster Pracht, Museum, Rathaus, Bankhaus, Kaufhaus, Hotels, reiches bürgerliches Wohnhaus oder auch zu zwei Villen“. Das Ganze werde „unbeschädigt an jede Baustelle transferiert“.459 Der Herkunftsort dieser Teile war das zu Beginn des 18. Jahrhunderts errichtete Böttingerhaus in Bamberg 100, das im 19. Jahrhundert einen Niedergang erlebt hatte und kurz vor der Jahrhundertwende an einen neuen Besitzer ging. Dieser betrachtete „dieses mit den seltesten Kunstschätzen verzierte und reich ausgestattete als Herrschaftshaus an ungeeigneter Lage“ als „unrentabel und […] als nutzloses, unveräußerliches Objekt“.460 Zur „besseren Verwertung und Transferierung“ setzte er sich daher mit einem Künstlerkonsortium in Verbindung und sah in seinem Bauantrag, die „Vereinfachung der Haupt- und Hoffassade durch Ausnehmen der reichen Architekturteile“ vor. Diese schrieb er zum Verkauf aus. Trotz des Widerstands der Stadt, die das Haus sogar polizeilich überwachen ließ, wurden neben Decken- und Wandbildern auch die Bauplastik der Hofund Rückfront ausgebaut. Die Anzeige in der Frankfurter Zeitung scheint vorerst keine Wirkung gezeigt zu haben, sodass die Bauteile in München gelagert wurden, wo sie dann der Architekt Franz Rank erwarb.461 Dieser überließ sie dem Rechtsrat Steinhauser, der den Architekten dafür beauftragte, im neu gegründeten Luitpoldpark in Schwabing mit den Spolien einen zweigeschossigen Neubau zu errichten. Dieser wird

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100 Bamberg, Böttingerhaus, 18. Jahrhundert. Fassade zur Judengasse. Kurz vor 1900 sollte das Haus abgebrochen bzw. „die reichen Architekturteile“ entfernt werden, was an der Hofund Rückfassade realisiert wurde.

101 München, BambergerHaus im Luitpoldpark, 1912/1983, Franz Rank. In die Fassade wurden die Spolien aus dem Böttingerhaus in Bamberg integriert, was dem Haus den Namen gab.

heute – nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und dem Wiederaufbau anfangs der 1980er Jahre – als Kaffeehaus genutzt und „Bamberger-Haus“ genannt 101. Bereits in den 1930er oder 40er Jahren waren Abgüsse von den Spolien hergestellt worden, um in Bamberg an den Hoffassaden die durch die Spoliierung fehlenden Dekorationselemente zu ergänzen. Mit der Postmoderne und einem neuen Bewusstsein für Ökologie hat der Bauteilhandel in den letzten Jahren erneut an Bedeutung gewonnen. In den USA und in Frankreich hat der kommerzielle Handel mit historischem Baumaterial eine deutlich längere Tradition als in Deutschland, wo sich erst 1992 ein Unternehmerverband „Historische Baustoffe“ bildete.462 Heute erleichtert der Onlinehandel das Geschäft, und das Internet ermöglicht auch Versuche, wie es – unterstützt vom Schweizer Bundesamt für Umwelt – der Verein Salza betreibt, nämlich Angebotsund Nachfrageseite direkt zu vernetzen und damit die Effizienz, aber auch das Spektrum der wiederverwendeten Materialien zu vergrößern.463

Matière grise und Bricolage Charles W. Moore – einer der Pioniere der Postmoderne – baute sich 1961/62 ein kleines quadratisches Wohnhaus in Orinda in Kalifornien. Herzstück des Entwurfs sind zwei als Oberlichter dienende Vierstützenbaldachine, getragen von elf Fuß

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hohen hölzernen Säulen 102. Sie strukturieren den sehr offenen Raum, indem das größere der durch die Stützen definierten Quadrate das Zentrum des Wohnzimmers bildet, das kleinere das Bad. Durch diese Nutzung und durch die Duplizierung des gravitätischen Baldachinmotivs wird dieses ironisch gebrochen. Die Holzstützen stammten aus einem Abbruchhaus in San Francisco, wo Moore sie für zwei Dollar pro Stück aus einem „torn-down warehouse“ erworben hatte.464 In seinen Äußerungen zu diesem frühen Werk hob der Architekt immer wieder den günstigen Erwerb dieser Spolien und sein kleines Budget hervor: „They are going to be the basis for this incredibly cheap and incredibly elegant establishment.“465 Allein der Preis dieser Stützen wird ihn aber nicht – gewissermaßen zufällig – zu seinem Entwurf geführt haben. Moore hat immer Dinge bis hin zu Nippes und Souvenirs gesammelt und in seinen späteren Häusern verbaut. „All of these things, souvenirs of places I have visited, minature cities and scenes with staggering leaps of scale, all of these things contribute by default to the ornament of my house.“466 Der spielerische Umgang mit dem erhabenen Motiv des Viersäulenbaldachins, der neben dem Zentrum des Wohnzimmers auch den Badbereich überhöht, und die Wiederverwendung alter Bauglieder als Teil eines sowohl formalen wie materiellen Bruchs mit Konventionen des modernen Bauens dürften für den späteren Entwerfer der Piazza d’Italia in New Orleans schon damals sein Konzept wesentlich geleitet haben: Das mit Spolien realisierte klassische Raummotiv wurde in Orinda zum Kern einer unorthodoxen Raumschöpfung. Wenn Moore ausführte, dass es sogar wünschenswert sei „to build the house itself of found parts, making it out of old windows and used lumber […] or shiny new industrial components clipped together“467, wird deutlich, dass sein Experiment mit den wiederverwendeten Stützen als frühes Beispiel eines bis heute zunehmenden Interesses am Bauen mit rezykliertem Material zu gelten hat. Es ist im Zusammenhang zu sehen mit den Anfängen einer alternativkulturellen Recycling-Architektur im amerikanischen Westen in den 1960er und 70er Jahren. Kurz nach Moores Hausbau von 1962 gründeten beispielsweise Clark Richert, Gene und Joann Bernofsky 1965 in Colorado Drop City, eine 2003 dann auch von T. C. Boyle

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102 Orinda, Kalifornien, Moore House, 1962, Charles W. Moore. Erbaut unter Verwendung von vier Paaren von Holzstützen vom Bauteilmarkt. Schnitt und Grundriss. Tusche und Aquarell auf Papier, Charles W. Moore Foundation

103 Drop City, Publikation von Peter Rabbit, 1971. Bericht über die Hippie-Kommune, die nach einem Vortrag von Richard Buckminster Fuller begann, aus Autoteilen geodätische Kuppeln zu errichten

literarisch verewigte Künstler- und Hippie-Kommune.468 Zur Abkehr von der bürgerlichen Wegwerfgesellschaft gehörte nicht zuletzt die programmatische Wiederverwendung von Müll und Abfall zum Hausbau. Angeregt durch einen Vortrag von Richard Buckminster Fuller, der seine geodätischen Kuppeln als Beitrag zu verstärkter Materialund Energieeffizienz propagierte, begannen die Hippies in Drop City, Kuppelbauten aus Teilen von aufgeschnittenen Autokarosserien und wiederverwendeten Dachlatten zu konstruieren, wofür Buckminster Fuller sie 1966 mit dem Dymaxion Award auszeichnete – auch wenn die Kuppeln nicht wirklich geodätisch waren. Das knappe Dutzend Kuppelbauten in Drop City wurde zu Ikonen der frühen Alternativkultur 103.469 Bereits 1963 hatte in Duncan in der kanadischen Provinz British Columbia der Schreiner George Plumb begonnen, sein Haus aus wiederverwendeten Flaschen zu bauen 104, und bis zum Beginn der 1970er Jahre entwickelte sich mit Schwerpunkt in Kalifornien eine Bewegung von Hausbauern aus Recyclingmaterial, die durch die sogenannte Ölkrise von 1973 zusätzlichen Auftrieb erhielt. Architekturtheoretisch wurzelte dieses Tun im Konzept der Bricolage und Assemblage: Die Wiederverwendung wurde zwar explizit als solche gezeigt, diente aber nicht einer wie auch immer begründeten Re-Inszenierung der Vergangenheit, sondern war Bestandteil einer Bastelarbeit aus zusammengesuchtem Material mit dem expliziten Ziel der Negation normativer ästhetischer Vorstellungen. Es ging um ein Gegenmodell zu den rationalen Ingenieurbauen als Repräsentanten der funktionalistischen Moderne.470

104 Duncan, Kanada. Georg Plumb baute von 1963 bis zu seinem Tod 1976 an seinem aus wiederverwendeten Flaschen errichten Haus.

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105 Brüssel, EU-Ratsgebäude, 2016, Philippe Samyn and Partners. Die Fassade besteht aus wiederverwendeten Holzfensterrahmen, die aus dem ganzen EUGebiet stammen.

Verstand sich diese Bewegung als gegenkulturelle Do-it-yourself-Architektur, so gehörte Moores Haus in Orinda durchaus zum professionellen Architekten-Œuvre, was schon seine Entwurfszeichnungen zeigen. Das schlägt den Bogen zu den in jüngerer Zeit international an Zahl und Bedeutung gewinnenden Büros wie Rotor (Brüssel), baubüro in situ (Basel und Zürich) oder Bureau SLA und Overtreders W (Amsterdam), die im Zeichen einer ökologisch begründeten Ressourcenschonung in ihren Projekten alte Bauteile wiederverwenden. Die Herkunft der Objekte ist dabei in der Regel ohne Signifikanz; Philippe Samyns eingangs genanntes Europagebäude in Brüssel 105 bildet in diesem Kontext durch die gesuchte und mit Bedeutung aufgeladene internationale Herkunft des Materials eine Ausnahme. Meistens ist nicht angestrebt, eine irgendwie motivierte spezielle Beziehung zwischen Herkunfts- und Zielort herzustellen. Dagegen erfolgte zumindest in den Anfängen dieser Bewegung die Wiederverwendung durchaus als distinkte Maßnahme gegen die Monotonie zeitgenössischer Materialien und Formen. Die

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106 Magdeburg, Salbker Lesezeichen, 2008/09, KARO* Architekten und Architektur + Netzwerk. Stadtmöbel und offene Quartiersbibliothek, errichtet aus den Kacheln des Horten-Kaufhauses in Hamm

Wertschätzung der wiederverwendbaren Bauglieder ist also ökologisch und ästhetisch, unter Umständen auch ökonomisch motiviert. Institutionalisiert ist dieses Handeln in den Bauteilbörsen, die bereits im vorherigen Kapitel im Zusammenhang mit dem Spolienhandel angesprochen wurden (S. 139). Als zeitgenössisches Beispiel einer aus dem Bauteilhandel gespeisten Architektur, für die der Spolienbegriff zutreffend ist, fand das sogenannte Salbker Lesezeichen einige Aufmerksamkeit in der Architekturszene. 2005 wurde auf Initiative eines örtlichen Bürgervereins auf einer zentralen Brache im Magdeburger Ortsteil Salbke mit Bierkisten eine temporäre Freilichtbibliothek errichtet.471 Der Erfolg dieser Aktion ermöglichte eine institutionelle Förderung mit dem Ziel einer dauerhaften Installation, wobei – angeregt wohl durch das Material des temporären Versuchs – die Nutzung von Recyclingmaterial empfohlen wurde. Als 2007 in der Folge des Abbruchs des ehemaligen Kaufhauses Horten in Hamm mehrere Hundert sogenannter Hortenkacheln zum Verkauf angeboten wurden, sicherten sich die Magdeburger einen Teil dieses Materials zu Sonderkonditionen, mit dem dann KARO* Architekten aus Leipzig und Sabine Eling-Saalmann Architektur + Netzwerk aus Magdeburg einen Hybridbau errichteten, der zugleich Gebäude, Möbel und Freiraumgestaltung ist 106. Während in Dresden und Leipzig die Fassadenelemente der untergegangenen DDR-Kaufhäuser helfen sollten, die neuen Shopping-Malls dem nostalgischen Publikum schmackhaft zu machen, ermöglichten in Magdeburg die Fassadenteile eines paradigmatischen Repräsentanten einer untergehenden Kaufhaus-Epoche Westdeutschlands die Errichtung einer Stadtteilbibliothek in

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einem Problemviertel des Ostens – eine symbolträchtige Pointe der Spolienverwendung. Symbolträchtig war auch die Verleihung des Pritzker-Architekturpreises 2012 an Wang Shu, der damit erster chinesischer Preisträger der renommierten Auszeichnung ist. Wang Shu führt zusammen mit seiner Frau Lu Wenyu in Hangzhou das Amateur Architecture Studio (was, nur nebenbei, die Frage provoziert, warum, anders als 2001 bei Herzog & de Meuron, nur er den Preis bekam). Mit dem Büronamen setzen sie sich einerseits ab von den großen, in der Volksrepublik China staatlichen Planungsfirmen (professional architecture studios) und nehmen andererseits Bezug auf das handwerkliche Wissen der Vergangenheit sowie auf die weit verbreitete informelle Architektur, die nach ihrer Meinung lokale Gegebenheiten und soziale Aspekte besser beachtet als die technisch orientierten großen Planungsorganisationen.472 Mit Wang Shu wurde ein Architekt ausgezeichnet, der die Wiederverwendung einfacher Materialien in hochwertiger Architektur thematisiert. Immer arbeiten er und seine Frau mit große Sorgfalt an der Textur der Oberflächen ihrer Bauten 107. Für den Xiangshan-Campus der China Academy of Art in Hangzhou (2002–2007), für das Historische Museum von Shanghais Hafenstadt Ningbo (2003–2008) sowie zuletzt für den Fuyang Cultural Complex (2012– 2016) nutzte Amateur Architecture Studio dazu große Mengen von zum Teil sehr alten, gereinigten Dachziegel, die sie für die Dächer und für abwechslungsreiche und teilweise fast textil wirkende Mauerpartien wiederverwendeten 108. Die so entstehenden Außenwände sind unregelmäßig, was die Fensteranordnung noch unterstützt. Materialwechsel, offene Fugen und Brüche prägen das Mauerbild. Angeregt wurden Wang Shu und Lu Wenyu dazu auf einer Reise durch die Schönheit von Gebäuden, die nach einer Naturkatastrophe von den Bewohnerinnen und Bewohnern aus den vorhandenen Trümmern spontan selbst errichtet worden seien – soweit die Amateur Architecture angemessene Eigenstilisierung. Stets hebt Wang Shu den Bezug zur historischen und vernakulären Architektur hervor: „Beim Betrachten alter Gebäude bemerkte ich, dass es auf vier Quadratmetern Wand mehr als 80 verschiedene Formate von Steinen, Ziegeln und Fliesen gab, die in der wa-pan473-Technik verlegt wurden. Dies gilt sowohl für Prestigegebäude wie die Ministerien der Qing-Dynastie als auch für die Häuser der Bevölkerung.“474 Daran schließt seine Frage an, warum ganz neue Gebäude so rasch altern, während benachbarte 200 oder 300 Jahre alte Gebäude der Ming- oder Qing-Dynastien so

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107 Venedig, Architektur­ biennale 2016, Wang Shu. Mauersegmente, die in der wa-pan-Technik aus wieder ­verwendeten Baumaterialien gefügt sind

108 Hangzhou, XiangshanCampus der Chinesischen Kunstakademie, 2002/2007, Wang Shu und Lu Wenyu

lebendig wirkten.475 Die Architektur von Amateur Architecture Studio bezieht sich in unterschiedlicher Weise auf das bauliche Erbe, das im China des Wirtschaftsbooms rasch dezimiert wird. Es geht ihnen um die „symbolische Rehabilitation und Anerkennung unbeachteter Praktiken“, wozu der Bauprozess entschleunigt wird und die Arbeiter mitentscheiden, wie das Spolienmaterial zu fügen ist.476 Das Historische Museum in Ningbo ist Teil des Regierungsviertels, dem mehrere Dörfer weichen mussten; wenn Wang Shu und Lu Wenyu für das Museum große Mengen an Ziegel wiederverwendeten, die beim Abbruch angefallen waren, ist neben dem Kontinuitätselement der materiellen Erinnerung auch die Kritik an diesem Umgang mit dem baulichen Erbe inhärent. Über die Materialität der Spolien und über die Textur ihrer Verwendung wird Bezug zur ausradierten Vergangenheit bewahrt bzw. ein neuer Bezug hergestellt. „The building is not complete but it is always under construction – it is always both old and new.“477 Die unerwartet hohen Besucherzahlen des von den Bauherren nach der Fertigstellung zuerst als „Monster“ bezeichneten Museums zeigen, dass das Publikum die Intention der Architekten versteht; viele Menschen sollen das Museum gleich mehrfach besucht haben, weil sie

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darin ihre alten abgerissenen Häuser wiedererkannt hätten. Sandra Schramke und Wolfgang Bock sehen in diesem Vorgehen von Amateur Architecture Studio ein Aufheben in der Wortbedeutung des Aufbewahrens und zugleich im hegelschen Sinn ein Heben auf eine neue Stufe.478 Jedenfalls ist es ein starkes Statement der internationalen Architektur-Community, dass mitten im chinesischen Bauboom gerade Wang Shu als erster seiner Landsleute mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet worden ist. Um dieses Kapitel abzuschließen, ist festzuhalten, dass manche Materialien aufgrund ihrer Eigenschaften oder den ihnen zugeschriebenen Bedeutungen zur Wiederverwendung besonders geeignet oder dafür besonders beliebt waren. Daraus resultierte ein Regelbedarf, um die Verfügbarkeit der Materialien und den Zugriff auf sie einzuschränken. Das beförderte zugleich, dass sie zur Handelsware wurden. Aber auch das bereits Aufgegebene kann ein zweites Leben erhalten. Die Objekte werden dekontextualisiert, um sie verfügbar zu machen und als Spolie zu rekontextualisieren. Spolien eigen sich daher zur alternativen Nutzung, als Gegenmodelle zu Normlösungen und Monotonie. Wiederverwertung kann Abwertung oder Veredelung bewirken – Down- oder Upcycling, um die Terminologie der Stoffkreisläufe zu übernehmen –, aber auch das „Aufheben“ im doppelten Sinn des Worts. Darauf ist im Folgekapitel nochmals einzugehen; thematisiert wird dort auch die mit der – hier im Zentrum gestandenen – Verfügbarmachung in der Regel einhergehende Bewegung der Objekte.

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Praktiken und Wirkungen

Nachdem in den ersten Teilen die Bedeutungszuweisungen, im dritten und vierten die Objekte im Fokus standen, sollen im Folgenden kategoriale Praktiken des Umgangs mit Spolien und ihre Wirkungsweisen zur Sprache kommen. Schon per definitionem – als intentional und damit in der Regel sichtbar wiederverwendete Bauglieder – kommt dem Zeigen der Spolie, ihrer Präsenz im neuen Kontext eine zentrale Funktion zu, weshalb auch in den vorangehenden Kapiteln dieser Aspekt immer wieder angesprochen wurde. Um dies zu vertiefen, werden bereits diskutierte Beispiele erneut aufgerufen und um signifikante neue bereichert. Vom Ausstellen geht es zum (Be-)Zeugen, was ja nicht nur sprachlich nah am Zeigen liegt. Dazwischen wird als zentrale Voraussetzung der Spolienverwendung das Bewegen thematisiert: Etwas, das eigentlich Teil eines fest gefügten stabilen Ganzen war, ist isoliert und mobil gemacht worden, um in einem neuen Kontext und erneut stabilisiert gerade auch an dieses Bewegungsmoment zu erinnern. Spolien können ihrem neuen Verwendungsobjekt appliziert werden, sie können in diesem im hegelschen Sinn aufgehoben werden; gehen sie im neuen Objekt komplett auf, werden gleichsam von ihm verschluckt und verdaut, wird die definitorische Grenze der Spolie überschritten. Das gilt im strengen Sinn auch für Pseudospolien, einem aber auf das Verständnis der Spolienverwendung zurückweisenden Phänomen.

Ausstellen Wohl am meisten Aufmerksamkeit erregen sekundär verwendete Bauteile, wenn sie nicht oder nicht funktional eingebaut sind. Stehen sie frei, wofür sich Säulen besonders eignen, sind es keine Spolien im eng ausgelegten Sinn. Ist man allerdings nicht auf das Einzelobjekt fixiert, sondern betrachtet auch stadträumliche Zusammenhänge, werden Objekte wie das als Siegestrophäen präsentierte Säulenpaar vor dem Florentiner Baptisterium als Teil eines räumlichen Ensembles

Praktiken und Wirkungen

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doch zu Recht unter dem Spolienaspekt diskutiert 109. Dass die betreffenden Porphyrsäulen aufgrund ihrer Farbe und ihrer prominenten Aufstellung auch schon als Verweise auf Jachin und Boas, die von Hiram von Tyrus für das Portal des Salomonischen Tempels in Jerusalem gefertigten Bronzesäulen, gesehen wurden, bestätigt diese Sicht, werden sie damit doch – obwohl vor dem Gebäude aufgestellt – mit diesem in einen Bedeutungszusammenhang gebracht. Dagegen sind in dem Kopfbau des Wohnparks an der Lindenstraße, den die Architekten Werner Kreis, Peter und Ulrich Schaad im Rahmen der Berliner IBA Mitte der 1980er Jahre realisierten, fragmentierte Bauglieder zwar in den Sockel der Klinkerfassade einfügt, erscheinen aber doch als Ausstellungsstücke ohne funktionalen oder gestalterischen Zusammenhang 110. Ihre Funktion umschreiben die Architekten als „mementos of the more recent past – the new architecture contains the old, the new Berlin incorporates remains of the ruined city“.479 Diese Verbindung bleibt allerdings vage und wird nicht architektonisch fruchtbar gemacht. Die Architekten stellen außerdem den Bezug zu Schinkels Spolienverwendung in Schloss Glienicke 111 her; ähnlich wie die antiken Fundstücke, die dort nach rein dekorativen Kriterien in 109 Florenz, Baptisterium. Eine der beiden Porphyrsäulen, die die Stadt im 12. Jahrhundert als Siegeszeichen von den damals verbündeten Pisanern geschenkt bekommen haben soll. In der Aufstellung sollen sie wohl an die Säulen vor dem salomonischen Tempel erinnern. 110 Berlin, Wohnpark an der Lindenstraße, 1985, Werner Kreis, Peter und Ulrich Schaad. In der Fassade des Kopfbaus werden Architekturfragmente als Fundstücke präsentiert, die während den Vorbereitungen zum Neubau sichergestellt wurden.

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111 Berlin, Schloss Glienicke. Gartenhof mit antiken Spolien, die nach rein ästhetischen Kriterien zur Schau gestellt werden

die Fassaden von Schloss, Kavaliersflügel und sogenannter Neugierde eingebaut sind, erscheinen auch die Spolien am Wohnpark der Lindenstraße ohne erkennbaren strukturellen Zusammenhang mit dem Gebäude und dadurch wenig kohärent. Die verwendeten Teile sind nicht Baumaterial, sondern vitrinenartig ausgestellte objects trouvés. Tatsächlich sind sie, wie die Architekten schreiben, auch Objekte persönlicher Erinnerung „of having dug out the fragments with our own hands from an overgrown wasteland of oblivion“.480 Die Spolien sind Fundstücke, die als das Andere, Vergangene ausgestellt werden, auf das sich aber die Architektur nicht einlassen mag. Im Hof dieses Berliner Wohnparks wurden Berührungsängste zu architektonischer Form: Für den dort errichteten Bau bestand die Auflage der Denkmalpflege, die noch erhaltene, aber ruinöse Torumrandung zum Hintergebäude des einstigen Victoria-Areals in den Neubau zu integrieren.481 Arata Isozaki löste die Aufgabe, indem er in den ersten beiden Geschossen seines Entwurfs zentral einen nischenartigen Rücksprung einplante, sodass der Neubau den alten Resten eine Art Schutzunterstand bietet, der die Vorhalle zum eigentlichen Gebäudeeingang bildet. Auch hier ging der Architekt auf Distanz zu den alten Teilen, was heute die kaschierende Bepflanzung zusätzlich unterstreicht.

Praktiken und Wirkungen

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112 Berlin Friedrichswerder, Caroline von HumboldtWeg, Townhouses, 2007

Konträr dazu entstand eine Generation später und keine zwei Kilometer entfernt in einer vergleichbaren Situation das sogenannte Townhouse von Jordi & Keller auf der Friedrichswerderschen Insel 112. Die ebenfalls als Fundstücke auf dem Gelände sichergestellten Objekte sind zwar auch hier nur auf die Fassade appliziert und als Spolien ausgestellt, doch nimmt die Fassadengliederung auf sie Bezug und fügt sie in einen kanonischen architektonischen Zusammenhang ein. Wie das traditionelle klassizistische oder historistische Wohnhaus hat der fünfgeschossige, drei Achsen schmale Bau das Erdgeschoss als Sockel ausgebildet, der hier mit glatten Kalksteinquadern verkleidet ist. Darüber folgen vier backsteinverkleidete Geschosse mit hohen französischen Fenstern mit deutlich artikulierten steinernen Rahmungen. Ein einfach profiliertes Gesims über dem ersten und ein mehrfach profiliertes unter dem vierten Obergeschoss sind mit Spolien bestückt und greifen offenbar deren Profilierung auf. Zwischen zweitem und drittem Geschoss verläuft kein Gesims, vielmehr sind hier die Fenster in der Achse durch steinerne Flächen verbunden, sodass in der Gesamtansicht der

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113 Berlin Friedrichswerder, Caroline von HumboldtWeg 18, 2007, Jordi & Keller Architekten. Townhouse mit wiederverwendeten Baugliedern vom kriegszerstörten Vorgänger, die beim Neubau gefunden wurden

Fassade hier eine Art Kolossalordnung anklingt. Oben schließt das Haus mit einer Attika ab, die als Ort der auffälligsten Spolien kräftig ausgebildet ist 113. Ein weit vorkragendes Gesims durchschneidet quasi als Geison die drei vertikalen Bänder, die in der Verlängerung der Fensterachsen Stücke eines reichen Kymationfrieses triglyphenartig inszenieren. Über dem Gesims sind Akrotere in die entsprechenden Felder eingelassen, wobei ähnlich wie bei den Friesteilen – aber anders gereiht – jeweils zwei Spolien durch eine vereinfachte Neuanfertigung ergänzt sind. Der Vergleich mit dem zuvor genannten Bau an der Lindenstraße zeigt sogleich, dass die Differenzen über die unterschiedlichen Aufgaben und die individuell verschiedenen Architekturauffassungen der beiden Büros weit hinausgehen. Sie sind signifikant für einen generellen Wandel des Umgangs von Architekten mit Historie und Ornament, der weiter unten zu thematisieren sein wird (S. 197). Dafür, dass man Spolien ausstellen und sie zugleich in die zeitgenössische struktion integrieren kann, liefert die gotische Architektur bemerkenswerKon­­ te Beispiele. Einleitend habe ich in Übereinstimmung mit Joachim Poeschke erwähnt, dass ab dem späteren 12. bzw. dem 13. Jahrhundert die convenientia, die vereinheitlichende Angemessenheit, und damit das Bemühen um die Kohärenz des ­Stützensystems in den Vordergrund trat und Spolien dadurch meistenorts seltener wurden. Dort, wo man sie als notwendig erachtete – in der Regel, um einen Bezug zum Vorgängerbau herzustellen –, suchte man Lösungen, um Säulen zumindest optisch in das Tragsystem zu integrieren, sie aber zugleich als etwas Anderes, Besonderes auszustellen. Am Beispiel von San Lorenzo in Neapel wurde darauf bereits hingewiesen 44, der Magdeburger Domchor bisher erst genannt. Er sei nun hier ausführlicher erläutert. Im April 1207 erlitt der von Kaiser Otto I. für das neu gegründete Bistum errichtete Magdeburger Dom einen gravierenden Brandschaden. Für die Basilika hatte der kaiserliche Bauherr aus Italien Spoliensäulen importieren lassen, um damit in der Tradition Karls des Großen imperialen Anspruch zu dokumentieren. Schon die Zugriffsmöglichkeit auf antike Monumente Italiens sowie der logistische Aufwand, diese zu ihrem neuem Einsatzgebiet zu transportieren, ließen diesen Anspruch evident erscheinen, zumal die Säulen solche Dimensionen haben, dass es sich heute um die größten antiken Spoliensäulen nördlich der Alpen handelt. Ein Teil von ihnen wurde nach 1207 in geradezu demonstrativer Weise im Chor des Neubaus wiederverwendet 114, für den man sich nach dem Brand entschieden hatte; weitere Säulen sind heute beim Kaisergrab und im Bischofsgang platziert.482 In Magdeburg ist allerdings auch sonst in der Zeit vor dem Neubau des Doms eine Zunahme von Marmorspolien zu beobachten, sodass postuliert wird, der spolienreiche kaiserliche Vorgänger sei nicht in der Vorgängerkirche unter dem jetzigen Dom zu vermuten, sondern nördlich davon in dem wohl nie vollendeten Großbau, dessen Reste nach 2000 archäologisch untersucht wurden.483 Diesen habe man noch vor dem Brand der Südkirche aufgegeben, womit Spolienmaterial verfügbar wurde.484

Praktiken und Wirkungen

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Hier interessieren aber primär die vier Säulen aus Porphyr und Granit, die im Chor des Neubaus dergestalt in das System der Wandvorlagen integriert sind, dass sie einerseits als Bestandteile von diesen erscheinen, sich andererseits durch Farbe und Materialität sowie durch ihre Präsentation deutlich davon absetzen 115. Dienstbündel in der Sockelzone heben sie hinauf in den Arkadenbereich, um sie ostentativ zu zeigen und auch von außerhalb des Chors über den Lettner hinweg sichtbar zu machen. Die Arkadenzone zwischen den Säulen wird zusätzlich veredelt durch Dreiergruppen kleiner Nischen, wobei jeweils zwei Rundbogennischen mit

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114 Magdeburg, Dom, Chor, nach 1207. Die sich farblich deutlich absetzenden Spoliensäulen sind ausgestellt, zugleich aber in das System der Wandvorlagen integriert.

115 Magdeburg, Dom. Die Spoliensäulen tragen die Figuren der Hauptheiligen Paulus, Petrus und (nicht sichtbar) Johannes und Mauritius. In die Nischen zwischen den Säulen sind Reliquien eingelassen.

Figurenreliefs eine Dreipassnische flankieren, in der Reliquien in die Wand eingelassen sind. Als kostbare Dokumente ausgestellt und zugleich scheinbar in das moderne Gotik evozierende Tragsystem integriert, sind die Spolien zentral für die ambivalente Botschaft des Magdeburger Domneubaus, „Traditionsvergewisserung und Modernität“ unter einen Hut zu bringen.485 Erzbischof Albrecht  II. (1205–1232) wollte mit seinem Projekt an den kaiserlichen Gründungsbau anknüpfen und damit Tradition und Bedeutung des Bistums repräsentieren; zugleich war der Brand für ihn aber offensichtlich willkommene Gelegenheit, Elemente der damals für das Reich neuen gotischen Architektur, die er während seines Studiums in Paris und auf seinen Reisen durch Frankreich und Burgund kennengelernt hatte, als Innovation einzuführen und damit Modernität zu zeigen. Dass dies auf lokalen Wiederstand stieß, zeigt ein Eintrag in der Magdeburger Schöppenchronik, vermeldet diese doch für das Jahr 1207 Opposition gegen den Abbruch des brandgeschädigten ottonischen Doms: „In dem fulven sommer leit de custer van Opin de wende neder nemen, wo wol dat ed velen lüden wedder was, mente se noch wol stan hedden.“ („Im Sommer ließ der Kustos von Oppin die Mauern niederlegen, obwohl viele Leute dagegen waren, da sie noch gut hätten stehen können.“)486 Ob die demonstrative Spolienverwendung diese Opposition beschwichtigen konnte, ist nicht bekannt. Dass sie aber einen Traditionsbezug darstellte, der nicht von Anfang an in dieser Weise in den Neubau eingeplant war, wird daran deutlich, dass die hinter den Spolienschäften geplanten Dienstbündel offenbar bereits ausgeführt waren und sekundär zurückgearbeitet werden mussten, um die Säulen einfügen zu können. Möglicherweise wurde Erzbischof Albrecht  II. zu seinem kombinierten Ausstellungs- und Integrationskonzept der Spoliensäulen angeregt durch die Abteikirche Saint-Remi in Reims. Der Magdeburger Prälat war auf seiner Frankreichreise nachweislich in Reims und wird dabei die königliche Abtei Saint-Remi, die das Öl zur Salbung der französischen Monarchen aufbewahrte, gewiss besucht haben. Nach 1162 hatte dort Abt Petrus, den Dieter Kimpel und Robert Suckale an Bedeutung und Tatkraft mit Abt Suger von Saint-Denis vergleichen, eine neue Westfassade

Praktiken und Wirkungen

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116 Reims, Abteikirche Saint-Remi, Hauptportal, 12. Jahrhundert. Auch hier sind die Spoliensäulen, die das Mittelportal flankieren, zugleich exponiert und ins Gliederungssystem einbezogen.

errichten lassen.487 In den noch mittelalterlichen ersten beiden Geschossen sind fünf zur Mitte hin gestaffelte Achsen zwischen die vom Vorgängerbau übernommenen Türme eingespannt 116. Das mittlere Stufenportal wird von antiken Marmorsäulen flankiert, auf die hin sich die vertikale Fassadengliederung steigert. Wie im Magdeburger Chor tragen die Spoliensäulen jeweils eine Statue, hier eine solche von Petrus und dem Titelheiligen Remigius. Wie in Magdeburg sind auch in SaintRemi zu Reims die Spoliensäulen in das Gliederungssystem integriert: Sie sind mehrteilig, dazwischen sind Schaftringe eingefügt. Auf Scheitelhöhe des Portals sind sie in Horizontalgesimse integriert, während sie darunter im Kapitellbereich höher ansetzen als die Deckplatten der Kapitelle und die Schaftringe der anderen Wandvorlagen und dadurch den Effekt des zeigenden Ausstellens verstärken. Zwei weitere Marmorsäulen flankieren in Saint-Remi das Hauptportal an der Innenfassade, und auch der Eingang zum Sanktuarium wird mit zwei Altstücken markiert, in diesem Fall zwei aus dem Vorgängerbau des 11. Jahrhunderts übernommene Halbsäulen.488 Die Auszeichnung der Innenfassade mit einem altem Marmorsäulenpaar und einem weiteren Spoliensäulenpaar am Sanktuariumseingang wiederholt sich in Saint-Pierre de Montmartre in Paris.489 Etwas später als in Saint-Remi in Reims, wenn auch noch ganz in spätromanischen Formen errichtet, sind auch an der Westfassade der Kathedrale von Chur wohl Spolien als Bestandteile des Dekorationssystems integriert und zugleich auffällig zur Schau gestellt. Über dem Stufenportal mit beidseits sechs eingestellten Säulen und sechsfach gestuften rundbogigen Wulstarchivolten öffnet sich ein hohes, ebenfalls rundbogiges Westfenster, dessen Gewände dreifach abgetreppt

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ist. In die äußerste Abtreppung sind übereinandergestapelt Säulchen eingestellt, deren auffällig weißer Vinschgauer Marmor mit dem grau-beigen Scalärastein der Fassadenquader stark kontrastiert 117. Es ist zu vermuten, dass es sich dabei um Spoliensäulchen handelt, möglicherweise von der liturgischen Ausstattung des karolingischen Vorgängerbaus der spätromanischen Marienkathedrale, von der sich zahlreiche weitere, zum Teil sekundär verbaute Werkstücke erhalten haben.490 Einen neuzeitlichen Rückgriff auf diese mittelalterliche Tradition stellt die Vorhalle des barocken Doms von Ravenna dar. Auch dort wurde mittels sichtbar in einem neuen Gefüge ausgestellten Spoliensäulen auf den Vorgänger und seine bedeutende Vergangenheit verwiesen. Die Fassade des dreijochigen Portikus aus dem 18. Jahrhundert weist eine zeittypische Pilastergliederung auf, aus der im mittleren Bogen zwei eingestellte Assuan-Granit-Säulen herausstechen 118. Wahrscheinlich stammen sie vom Apsisbogen des spätantiken Vorgängers, auf den man auch mit einem Opus-sectile-Fußboden aus Spolien Bezug nahm und damit an die glorreiche Vergangenheit erinnerte (S. 179).491 117 Chur, Kathedrale, Westfassade, 13. Jahrhundert. Die Säulchen aus weißem Vinschgauer Marmor in der Rahmung des großen Westfensters heben sich deutlich von den grau-­ beigen Fassadenquadern ab. 118 Ravenna, Kathedrale, Portikus, 18. Jahrhundert. Der zentrale Durchgang ist auch dadurch hervorgehoben, dass die Gewände nicht mit Pilastern, sondern mit eingestellten Spoliensäulen gegliedert sind.

Praktiken und Wirkungen

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Exzessive Spolienverwendung

Ein probates Mittel der Aufmerksamkeitserzeugung ist die exzessive Zurschaustellung von Spolien. Die Fassade von San Marco in Venedig mit ihren 145 Säulenschäften sowie Reliefs und weiterem Spolienmaterial ist dafür gewiss ein Kronzeuge 30, 31.492 Anders als bei den meisten der eben genannten Beispiele ging es nicht darum, das kostbare Einzelstück in den Blick zu rücken. Überwältigung durch Fülle war hier das Konzept. Es ist allerdings nicht die Masse der kostbaren Teile allein, die Wirkung erzielt, sondern genauso die kunstvolle Anordnung der Teile zu einem hierarchisch gestalteten Ganzen. Die Spoliensäulen sind in der Erdgeschosszone in zwei Registern übereinander angeordnet, wobei unten größere und entsprechend massivere, oben kleinere, dafür in größerer Zahl aufgestellt sind. Die Säulenreihen bilden ein Kontinuum über die Stirnseiten der fünf Portalnischen und in deren Gewände hinein, sodass nur die eigentlichen Portale ausgespart bleiben. Zum größten Bogen im Zentrum mit dem Mittelportal nimmt die Zahl der Säulen zu. Die unterschiedlichen Marmorarten und -farben sind dabei so angeordnet, dass sich bei aller inszenierten Vielfalt eine ungefähre Symmetrie bezogen auf das Mittelportal ergibt. Die doppelte Säulenreihe verdeckt die dahinter ebenfalls mit Marmor verkleideten Mauern weitgehend, sodass diese erst darüber in den großen Bogenfelder und den dazwischenliegenden, mit figürlichen Reliefspolien dekorierten Zwickelfeldern in Erscheinung treten. Das lässt den Bau mit seinen Kuppeln aus der Distanz gleichsam vom Boden abgehoben wirken, was angesichts dessen, dass er auf Pfählen im Wasser gründet, besonders sinnfällig erscheint. Kunstvoll angeordnet sollten auch die exzessiv ausgestellten Spolien- und Antikensammlungen römischer Renaissance-Paläste der Päpste und Kardinäle sein. Vasari sah in dem ab 1517 für Kardinal Andrea Della Valle errichteten Palazzo della Valle und seinem Auftraggeber den Anfang einer neuen Phase des collezionismo: „il primo che mettessi insieme le cose antiche e le faceva restaurare“ („der erste, der die alten Dinge zusammenfügen und restaurieren ließ“).493 Wichtig sei es, die Sammlungen gestalterisch auf den Ort abzustimmen und dabei zugleich die bedeutendsten Stücke als Kunstwerke zu inszenieren.494 Bedeutende Skulpturen und Reliefs besaß Della Valles Sammlung, für die er bereits in den 1480er Jahren erste Objekte erworben hatte, durchaus in großer Zahl, darunter jene julisch-claudischen Reliefplatten, die bereits im 3.  Jahrhundert spolial am Arcus Novus verbaut worden waren, Diokletian als „Restitutor Britanniae“ feierten und an denen – ähnlich dann wenig später dem Konstantinsbogen – zwei kaiserliche Porträts im tetrarchischen Stil überarbeitet worden waren.495 Ort der Inszenierung der Sammlung des Kardinals war ein „hängender Garten“ im piano nobile seines Palastneubaus am heutigen Corso Vittorio Emanuele II. Erhalten haben sich von diesem Gartenhof der Renaissance nur noch Spuren, doch geben eine Zeichnung von Maerten van Heemskerck, von der Hieronymus Cock einen Stich anfertigte, sowie eine aquarellierte Federzeichnung von Francisco de Hollanda eine gute Vorstellung von der Aufstellung der vielgerühmten Sammlung 119.496 Della Valle

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119 Hieronymus Cock, Skulpturengarten des Palazzo della Valle in Rom, Stich nach einer Zeichnung von Maerten van Heemskerck, 1553

orientierte sich mit dem lang gedehnten Garten am päpstlichen Belvederehof, wie dort stellte er die Skulpturen in Nischen. Diese ordnete er in zwei Registern an, zwischen die er Tondi mit Büsten einfügte. Im Erdgeschoss scheint er in den Wandfeldern zwischen den Nischen Spalierpflanzen hochgezogen zu haben, vor denen weitere Statuen frei standen. Im oberen Register füllten Reliefs die Wandfelder, und darüber folgten Inschriftentafeln. Jeweils ein Paar frei stehender Säulen flankierte an den Schmalseiten die Zugänge. Vermittelt Heemskercks Zeichnung zwar den Eindruck einer überbordenden Fülle, so folgte das Ganze doch einer strengen Ordnung, mit der man glaubte, den antiken Villen zu folgen und den Antiken gewissermaßen ihren angestammten Raum zurückzugeben. Dazu gehörten die von Vasari hervorgehobenen Restaurierungen, das heißt die Ergänzungen der Figuren. Diese bildeten gewissermaßen den Ausgangspunkt für die in der Folge in solchen Sammlungen zunehmende Kombination von Antiken, Spolien, Ergänzungen und ergänzenden Neuanfertigungen. Charakteristisch für diese Spolienfassaden der Renaissance, die die Antikensammlungen der Bauherren präsentierten, sind die oft starken Ergänzung der ausgestellten Stücke und Neuschöpfungen, die „nicht nur die Auftraggeber als echt antik überzeugten […], sondern auch die moderne Archäologie lange beschäftigt haben“.497 Was auch bleibt, ist der Ort der exzessiven Inszenierung der Antikensammlungen und Spolien an der Hof- und/oder Gartenfassade, die sich damit fundamental von den der Typologie der Palastfassaden folgenden Außenfronten unterscheidet. So befinden sich die Reliefs des Arcus Novus heute in Viertverwendung an der Gartenfassade der von Annibale und Giovanni Lippi gegen Mitte des 16. Jahrhunderts für Kardinal Ferdinand I. Medici gebauten Villa Medici, nachdem die Florentiner Familie

Praktiken und Wirkungen

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120 Rom, Palazzo Mattei di Giove, 1598–1617, Carlo Madero. Hoffassade mit der Skulpturen- und Spolien­sammlung von Asdrubalde Mattei

nach dem Tod Kardinal Della Valles dessen Sammlung erworben hatte. Zwar erfuhr die Fassade 1648 nach größeren Sturmschäden Reparaturen und partielle Umgestaltungen, ist aber im Wesentlichen erhalten und bis heute von den Reliefspolien geprägt. Da es sich hier nicht um den rechteckigen Hof eines Palasts, sondern um die gegliederte rückwärtige Villenfassade handelt, folgt die Anordnung der Spolien keiner mit der Della-Valle-Sammlung vergleichbaren geometrischen Stringenz. Das Bemühen um Symmetrie ist aber ebenso erkennbar wie die programmatische Anordnung; Thema ist die felicitas temporum mit zur Mitte und damit zur Loggia hin konzentrierten dionysischen Szenen.498 Die exzessive Fülle der ausgestellten Objekte dominiert allerdings über die Evidenz der Anordnung, sodass die Gartenfassade der Villa Medici als Beispiel dafür gilt, dass in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Rom das antiquarische Interesse der Auftraggeber über die architektonischen Gestaltungsmittel überwog.499 Paradebeispiel der extensiven Spolienpräsentation in einem bis heute erhaltenen und zugänglichen Innenhof ist der Palazzo Mattei di Giove, den Carlo Maderno zwischen 1598 und 1617 für Asdrubalde Mattei, Herzog von Giove, errichtete 120.

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Ab 1604 hatte Asdrubalde begonnen, Antiken zu dem bereits in Familienbesitz befindlichen Bestand hinzuzukaufen, ab 1615 „per mettere al cortile di scultura“.500 Denn zum zweiten Bauabschnitt 1613–1616 gehörte die Gartenausstattung, die „einem Lapidarium antiker Spolien“ glich, mit unter anderem 26 Säulen und Halbsäulen unterschiedlichen Materials, mehr als einem Dutzend Statuen und Statuetten sowie 74 Reliefs.501 Die Fülle der Objekte folgte einer ornamentalen Anordnung, die Gerda Panofsky-Soergel beschrieb als „gedrängte Vielzahl“, die ein regelmäßiges Gerüst durchwirke, „dessen Teile sich in ihrer symmetrischen Entsprechung sofort formal als zusammengehörig erweisen“.502 Eine lange Inschrift im Cortile erläutert: „ASDRUBAL MATTHAEIUS MARCHIO JOVI VETERUM SIGNIS TANQUAM SPOLIIS EX ANTIQUITATE OMNIUM VICTRICE DETRACTIS DOMUM ORNAVIT AC PRISCAE VIRTUTIS INVITAMENTUM POSTERIS SUIS RELIQUIT ANNO DOMINI MDCXVI“ („Asdrubale Mattei, Marchese di Giove, schmückte sein Haus mit antiken Skulpturen, als ob sie als Spolien aus der Antike genommen worden wären, dieser Sieger über alle Dinge, und er ließ diese für seine Nachkommen zurück, als Anreiz zur alten Tugend. Im Jahre des Herrn 1616“)503 Aus der Formulierung „tamquam spoliis ex antiquitate omnium victrice detractis“ wird durch den Zusammenhang von Spolien und Sieger einerseits deutlich, dass die Spolien hier auch als Trophäen gesehen werden sollten, andererseits weist der Satz mit dem „als ob“ auf die von Anfang an intendierte Vermischung von antiken Stücken mit Ergänzungen hin: Moderne Büsten haben antike Köpfe und umgekehrt. Aber Mattei ging weiter als fast 100 Jahre zuvor Della Valle und veranlasste, im antiken Stil ganz neue Stücke zu schaffen, die seine Sammlung programmatisch erweitern sollten. 1634 ließ Asdrubalde im Zusammenhang mit dem „ornamento“ seines Cortile den Architekten Gaspar de’ Vecci rufen, um die scarpellini und scultori zu beraten. Drei Monate zuvor hatte Asdrubalde einen ersten Auftrag für acht Kaiserbüsten erteilt, dem im nächsten Jahr ein zweiter für acht nachantike Kaiser von Karl dem Großen bis Maximilian II. folgte. Als zeitgenössische Nachempfindungen antiker Porträts waren sie Bestandteil eines präzisen Programms, „das die seit 1622 bestehende Verschwägerung der Mattei – seit dem Jahr 1600 bereits mit dem Titel von Marchesi geschückt – mit den Habsburgern unterstreichen sollte“.504 Mit den zum Teil programmatisch, oft auch „nur“ ästhetisch motivierten Ergänzungen sowie der am vermeintlichen antik-römischen Original orientierten Anordnung bilden diese Renaissance-Gartenhöfe das genaue Gegenmodell zur romantischen Spolienpräsentation, wie sie dann etwa Schinkel im Gartenhof von Glienicke inszenierte, wo das Arbiträre und das Fragmentarische zentrale Gestaltungskriterien waren 111. Fragt man nach der Funktion dieser exzessiven Exponierung antiker Statuen und Spolien, so dürfte dahinter eine Überwältigungsstrategie stecken: Durch das Zeigen des schier unbegrenzten Zugriffs auf die Reste der Antike gehörte man zum erlauchten Kreis um den Papst und seine Kardinäle, die sich als Nachfolger

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der römischen Herrscher und Erneuerer der Stadt sahen: Romanitas als Programm und Ausweis der Zugehörigkeit.505 Auch wenn Vasari die Inszenierung der wichtigsten Objekte als Kunstwerke forderte und wenn sich bei näherer Betrachtung ästhetische Systeme und programmatische Anordnungen feststellen lassen, ist es zuerst und immer wieder die schiere Fülle, die den Eindruck bestimmt. Das Einzelteil gerät in den Hintergrund und damit auch die Frage, ob tatsächlich jedes Stück alt ist, zumal der Vermischung von Antiken und Neuanfertigungen ihrerseits programmatische Bedeutung zukommen konnte. Die Unterschiede zu erkennen, erforderte Kennerschaft und war damit Distinktionsmerkmal. Während die einen allein ob der Masse des Gezeigten gebührend beeindruckt waren, dürfte für andere diese Inszenierung Anlass für gelehrte Gespräche gewesen sein. Ort des exzessiven Zeigens konnte nur die Hof- oder Gartenfassade sein, während nach außen nicht Abundanz zu zeigen, sondern Angemessenheit zu wahren war. Überwältigend und durch die schiere Masse distinguierend sind Spolien im heutigen Bauen kaum mehr. Ein möglichst hoher Anteil an Spolien scheint zwar in den besprochenen Altstadtrekonstruktionen von Frankfurt & Co. höhere Authentizität zu bezeugen, von exzessiver Spolienverwendung kann aber nicht die Rede sein, zumal sich Alt und Neu ja harmonisch zusammenfügen sollen. Dagegen ist in der dekonstruktivistischen Architektur das exzessive Spiel mit Spolien ein expressives Stilmittel zur „Dynamisierung des architektonischen Körpers“.506 So jedenfalls bei der zwischen 1997 und 2001 realisierten Erweiterung des (inzwischen Alten) Rathauses von Utrecht durch Enric Miralles und Benedetta Tagliabue.507 Ein 1932 erfolgter Anbau an das Rathaus, im 19.  Jahrhundert aus mehreren zum Teil noch mittelalterlichen Gebäuden klassizistisch zusammengefasst, wurde abgebrochen und in einem Materialmix aus Beton, Klinker, Blech, Stahl und Glas ein neuer Gebäudeflügel erstellt. In einem Spiel von Dekonstruktion und manieristischer Andeutung erscheint der Bau ruinös, unfertig und mehrphasig zugleich, wobei Stahlrohre zwischen den Fassadenteilen sowie eine skulpturale Installation aus Betonkännel und einer stählernen Welle diesen unbestimmten Eindruck verstärken. Wesentlich dafür sind auch die Spolien, als die Miralles und Tagliabue die in die einzelnen Werkstücke zerlegten steinernen Fenstergewände des Vorgängerbaus verwendeten 121. Teilweise rahmen die Gewändeteile wiederum Fenster, teilweise nur leere Öffnungen, und manche scheinen auch in prekärer Weise in der Luft zu schweben; in jedem Fall wirken sie gerade durch ihre exzessive Fragmentierung ausgestellt und hervorgehoben. Alle Fugen sind offen; die Zerlegung in die einzelnen Werkstücke lässt die Spolien auch einzeln in Erscheinung treten, was den Eindruck großer Fülle erweckt. Zugleich wird dadurch, dass Gesamtformen der Fenster angedeutet werden, in denen dann aber Teile fehlen, dieses Fehlen als Lücke, das heißt als die Abwesenheit von Baugliedern thematisiert. Dadurch, dass Teile zu fehlen, ja geradezu herausgefallen zu sein scheinen, ergibt sich ein Eindruck von Zeitlichkeit. Das Konzept bezeugt einen unorthodoxen Zugriff auf die Geschichte, um die es in diesem Entwurf tatsächlich auch gegangen sein soll. Denn im Inneren des Altbaus ließen Miralles und Tagliabue streckenweise den Verputz abklopfen, um „Geschichte

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freizulegen“. Da dieser Gebäudeflügel und dessen Geschichte allerdings recht unspektakulär sind, erscheint die exzessive Fragmentierung und Zurschaustellung der Spolien etwas unmotiviert aufgeregt. Das Ganze wirkt wie die Zurschaustellung einer ziemlich gesuchten Komplexität, die in den 1990er Jahren auch den amerikanischen Architekturdiskurse prägte und deren Konzepte mit „exzessiver Inkorporierung von Versatzstücken“ einhergingen.508 „Vitrinisierung“ als Endlager

121 Utrecht, Rathaus, Erweiterungsbau, 2001, Enric Miralles und Benedetta Tagliabue. Erbaut unter Verwendung von Fensterlaibungen des abgebrochenen Vorgängerbaus

Das Gegenmodell zur totalen Zerlegung und die Steigerung des vitrinenhaften Ausstellens ist die Präsentation in einer tatsächlichen Vitrine und damit die demonstrative Musealisierung des wiederverwendeten Objekts. Im Berliner Sony Center am Potsdamer Platz sind die entsprechend ausgestellten Spolien Teil einer vielschichtigen Glasarchitektur. Die von Helmut Jahn und Werner Sobek konzipierte Anlage mit überwiegend gläsernen Oberflächen umfasst den 103  Meter hohen Büroturm sowie die Gebäude, die sich um eine große ovale und zu den Straßen hin offene Freifläche gruppieren. Geprägt wird der platzartige Innenraum, über den sich eine auf fast 70  Meter Höhe ansteigende Stahl-Glaskonstruktion spannt, von einer wenig konsistent wirkenden Vielfalt an Formen und Strukturen, die gegeneinander um Aufmerksamkeit konkurrieren. Dazu gehören die denkmalgeschützten Reste der kaiserzeitlichen Vorgängerbebauung, die als einzige Elemente der Heterogenität eine zeitliche Dimension geben.509 Wie es auf Infostelen am Platz heißt, zeugen sie von der „bewegten Vergangenheit des Ortes“, dem 1907/08 errichteten Grand Hotel Esplanade, in dem in den 1920er Jahren nicht nur allerlei Prominenz verkehrte, sondern 1944 auch der Kreis um Graf von Stauffenberg den Ausgang des Attentatversuchs abwartete. Erhalten blieben Teile der Hotelfassade, die an der nordseitigen Bellevuestraße vom Neubau überfangen und hinter einer an Stahlbügeln aufgehängten Glasfassade in

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Szene gesetzt sind 122. Das unterstreicht den ruinöse Charakter der von Kriegs- und anderen Zerstörungsspuren gezeichneten Sandsteinfassade und inszeniert sie als Zeugnis der Vorgängerbebauung als schutzwürdiges, aber auch entrücktes Objekt. Der Preis ihrer Rettung ist, wie die Kunsthistorikerin Monika Wagner konstatiert, „dass sie als verglastes Bild ihrer selbst aus authentischen Bruchstücken erscheint“.510 Während diese Fassadenreste noch in situ sind, wurde der Rest des einstigen Grand Hotels nach einer Kompromissaushandlung mit der Denkmalpflege auseinandergenommen und der sogenannte Kaisersaal sowie das Frühstückszimmer aufwendig transloziert. 1996 verschob man während des Baus des Sony Centers in einer spektakulären Aktion den Kaisersaal um 75 Meter, sodass er nun zwischen glasverkleidetem Sockel und gläserner Abdeckung in das Oval der Plaza hineinragt 123. Die verputzte Außenwand und die breite ornamentierte Fensterfassung sorgen in der glasglänzenden Welt des Sony Centers für irritierende Aufmerksamkeit. Der ehemalige Frühstückssaal wurde aufgeschnitten: Zwei Wände blieben vor Ort und fassen nun hinter Glaswänden eine kleine Freifläche im turmseitigen Zugangsbereich ein 124. Die beiden anderen Innenwände wurden inklusive der Stuckdecke in mehrere Hundert Teile zerlegt, transloziert und sind in einer Vitrine im touristisch meistfrequentierten Eingangsbereich des Sony Centers restauratorisch wieder zusammengefügt in Szene gesetzt. Farbigkeit und Ornamentik der ausgestellten Architektur und Ausstattung evozieren „das Image der großen Zeit Preußens“.511 Zugleich ist der Bruch unübersehbar, sind die Teile doch als dislozierte Fragmente präsentiert. Das Metallgestänge zwischen Objekt und Glaswand unterstreicht die „Illusionsstörung“. Die Vitrinisierung macht deutlich, dass diese Architektur und ihr Kontext mit der Gegenwart nichts mehr zu tun haben – oder diese nichts mehr mit der Welt, aus der die Teile stammen. Die Vitrine als „a marker of difference“ separiert die in ihr enthaltenen Dinge von ihrem Kontext und hebt sie als besonders valorisiert hervor. Zugleich steuert sie den Blick der Betrachter auf das nun nur noch in der ausgestellten Weise sichtbare Ding.512 Die Vitrine firmiert „geradezu als Inbegiff der Stillstellung von Dingen […]. Sie verbindet, wie schon eine ihrer Vorformen, das mittelalterliche Schaureliquiar, hohe Sichtbarkeit mit dem Entzug von Berührung. […] Das ‚Zeigemöbel‘ war und ist Behältnis ‚historischer Überreste‘. Die Vitrine ist […] Versammlungsort dislozierter Objekte“.513

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122 Berlin, Sony Center, 2000, Helmut Jahn. Der Bau überfängt das Fassadenfragment des ehemaligen Grand Hotel Esplanade.

Die Vitrinisierung wiederverwendeter Bauglieder führt an die Grenzen des Spolienbegriffs, denn das Objekt in der Vitrine ist nicht mehr Bauglied als notwendiger Teil eines neuen Ganzen und nicht mehr Teil eines potenziell wieder und weiter veränderbaren Bauwerks, sondern ein gewissermaßen final arretiertes und aufgehobenes, aber eben auch ausgesondertes Ding.

Bewegen

123 Berlin, Sony Center. Der beim Bau 1996 verschobene Kaisersaal des einstigen Grand Hotels ragt nun von Stahl und Glas gefasst in das Oval des Centers hinein.

124 Berlin, Sony Center. He­raus­gesägte Wände des ehemaligen Frühstücks-zimmers des Grand Hotels dekorieren in Vitrinen den Eingangsbereich zur Plaza des Centers.

Praktiken und Wirkungen

Was beim Bau des Sony Centers mit der bis heute in dessen Selbstdarstellung gefeierten „computergesteurte[n] Reise“514 des Kaisersaals spektakulär inszeniert wurde, gilt verallgemeinert für alle Spolien: Sie verbinden Orte und Zeiten durch einen „Akt der Bewegung“.515 Dieser kann als technische Leistung inszeniert (S.  169) oder als bedeutungsvolle Handlung ritualisiert sein (S.  168). Die Spoliierung macht Architekturglieder mobil, Teile von Immobilien zu beweglichen und bewegten Dingen. Das Haus dürfte seit dem Beginn der Sesshaftigkeit als unverrückbar und stabil Gewissheiten über den praktischen Nutzen hinaus geboten haben. Thomas Steinfeld hat in einer Theorie der Immobilie diese als „ein dialektisches Gegenüber, eine Vision von ‚real estate‘, eine Idee von aus abstrakten Besitzverhältnissen neu gewonnener Freiheit“ in einer Gesellschaft bezeichnet, in der Grund- und Hausbesitz in den „nun nicht mehr stillstehenden Kreislauf der Güter und des Geldes“ eingegangen sind.516 Selbst in Zeiten gesteigerter Mobilität bleiben das Haus und das Häusliche Anker der Stabilität – auch wenn inzwischen eine amerikanische Spezialfirma allein bis zu

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100 Gebäudeverschiebungen jährlich ausführt 127.517 Wenn dann das eigentlich Unbewegliche in Bewegung gerät, sind Stabilität(en) infrage gestellt oder aufgebrochen. Die Bewegung generiert Bedeutung sowohl für das Objekt wie für den Transfer, weshalb das Verrücken und Versetzen als kulturelle Praxis in jüngerer Zeit auch in das Blickfeld der kulturwissenschaftlichen Forschung geraten ist.518 Schon länger mit dem Thema beschäftigt sich die historische Haus- und Bauforschung.519 Was macht das Bewegen mit dem bewegten Teil? Die Isolierung vom ursprünglichen Funktionskontext öffnet Optionen und bietet ein Potenzial, dem Ding auch eine ganz andere Funktion zu geben oder mit ihm neue Zusammenhänge zu veranschaulichen. Das gilt für den Prozess der Bewegung, in dem das Objekt durch seine Isolierung eine neue Funktion erhält, ebenso wie für die Endmontage. Nach der Dekontextualisierung und dem Bewegen wird durch die Neukontextualisierung aus dem Fragment wieder Architektur (S. 209). Der veränderte Kontext führt oft zu Mehr- und Vieldeutigkeiten; Monika Wagner hat diesen Prozess „vom Ewigen zum Flüchtigen“ als wichtigen Impuls in der modernen Kunst untersucht, durch ihn werden traditionell mit Dauerhaftigkeit verbundene Materialien variabel und für verschiedene Arrangements flexibel.520 Die erwähnte 5 Kontinente Skulptur von De Maria 98 steht dafür als Paradebeispiel, hatte dieses aus Marmor, Quarz und Magnesit gebildete Objekt doch zuvor in einer temporären Installation in der Stuttgarter Staatsgalerie eine andere Form. Bei der Spolienverwendung geht der Prozess weiter; die bewegten Dinge werden als Einfügungen wieder Teil fester Architektur, um dort durch ihre Andersheit aber zugleich auf die Transformation zurückzuweisen. Zu unterscheiden ist einerseits zwischen den Spolien, die am Ort als Zeugnisse einer Vorgängerbebauung verwendet werden und deren Bewegung weniger im Raum als in der Zeit relevant ist, und andererseits denen, die transloziert werden. Markieren erstere den Status vor der Bewegung, ist bei Letzteren dieses Bewegtwordensein vielfach Mitgrund ihrer Weiterverwendung. Sie zeigen im neuen Zusammenhang, dass sie von einem anderen Ort stammen und versetzt wurden: als Objekt, das als Symbol und zugleich materieller Teil der urbs von Rom an den neuen Ort transferiert wurde, oder als Erinnerungsglied, das die Menschen vom alten Ort, der verlassen werden musste, mitgenommen haben, damit sie „Übergänge zu neuen ‚emotionalen Räumen‘ schaffen können“521 (S. 84f.). Der Akt des Bewegens selbst ist schon deshalb bedeutungskonstituierend, weil zumindest in vormoderner Zeit die Verrückung architektonischer Objekte von einiger Größe eine logistische und technische Herausforderung darstellte. Das gilt besonders ausgeprägt für Binnenorte, weshalb die Peruginer ihre Nachbarstadt Assisi als Dank für geleistete Hilfe gegen Arezzo auch nur mit einer sehr bescheidenen Trophäengabe bedenken konnten 22. Die Schwierigkeiten eines Landtransports von Spolien im gebirgigen Gelände werden aus Desiderius’ Bericht des Säulentransports von Rom auf den Montecassino deutlich (S.  54f.). Möglicherweise ist es auch bezeichnend, dass es bei den Spolien Karls des Großen von

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der „Bestellung“ der römischen und ravennatischen Säulen bis zu ihrer nächsten Erwähnung in Aachener Schriftquellen elf Jahre dauerte (S. 56). Aber auch der Wassertransport per Schiff oder Floss war so kompliziert, dass er in Schriftquellen oft ausdrücklich thematisiert wird (S.  54). Wer größere Objekte transportieren wollte und konnte, musste über die Möglichkeiten und Kapazitäten verfügen, eine entsprechende Infrastruktur zu organisieren und zu finanzieren.522 Ging es über größere Distanzen und durch fremde Territorien, hieß das auch, sich mit den Anrainern ins Benehmen zu setzen. Abt Suger von Saint-Denis erwog daher, sich mit den sarazenischen Feinden zu arrangieren (S. 55). Angesichts dessen, dass etwa der byzantinische Kaiser dem umayyadischen Kalifen an-Nasir für dessen andalusische Residenz Säulen angeboten hatte und auch sonst im Mittelmeerraum der Spolienhandel über politische Feindschaften hinweg mehrfach bezeugt ist,523 erscheint das nicht ganz so verwegen, wie man zunächst denkt. Aber selbst wenn Suger das gelungen wäre, hätte er das technische Problem des Transports zu lösen gehabt. Ein Erfolg wäre nicht garantiert gewesen, denn selbst wenn die Spolien auf ein Schiff geschafft waren, drohte immer die Gefahr eines Schiffsbruchs. Aus der Zeit kurz vor Suger stammt ein entsprechender Bericht des genuesischen Politikers und Chronisten Caffaro in seinem Liber de liberatione civitatum Orientis zum Jahr 1100/01: Zufolge dieses Berichts hatten die Genuesen von Laodicea (Latakia) im vermeintlichen Palast des Judas Makkabäus – dem es seinerzeit gelungen war, Jerusalem mit Waffengewalt dem Feind zu entreißen (1 Makk 3), und der daher den Kreuzfahrern als Vorbild und Präfiguration diente – zwölf Marmorsäulen entnommen und auf ihre Schiffe verbracht. „Die Säulen hatten einen Umfang von fünfzehn Spannen und waren verschiedenfarbig, nämlich rot und grün und gelb, und die Menschen spiegelten sich fast wie in einem Spiegel in ihnen. […] Und das Schiff mit den Säulen wurde nach Genua gesandt, erlitt aber Schiffbruch im Golf von Sataliae (Attalia).“524 Das Schiffswrack von Marzamemi (S. 155) zeugt vom gleichen Schicksal ein paar Jahrhunderte früher. Die Säulen der Genuesen waren mit den genannten fünfzehn Spannen etwa drei Meter lang. Die Länge der Säulen aus den stadtrömischen Thermen, die Abt Suger im Auge gehabt hatte, kennen wir nicht. Welche gewaltigen logistischen Probleme aber das Bewegen der großen Thermensäulen noch 400 Jahre nach Suger bedeutete, ist exemplarisch für die dann in Florenz als Colonna della Giustizia bekannt gewordene Granitsäule nachzuzeichnen. Papst Pius  IV. schenkte Cosimo de’ Medici in der Folge von dessen Rombesuch im Jahr 1560 eine elf Meter hohe Säule aus den Caracalla-Thermen. Der Transport des rund 57 Tonnen schweren Objekts lässt sich detailliert nachvollziehen, insbesondere durch die regelmäßigen Berichte des Florentiner Botschafters in Rom, Averardo Serristori, an seinen Dienstherrn in Florenz.525 Involviert in die Organisation und Durchführung des Transports waren auch die Architekten Giorgio Vasari als Koordinator, Nanni di Baccio Bigio in Rom sowie Bartolomeo Ammannati in Florenz. Im Mai 1562 wurde die Säule in den Caracalla-Thermen zu ihrem Schutz ummantelt und umgelegt; ab Juli erfolgte – unterstützt von der Fabbrica di San

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Pietro – der Transport von den Thermenruinen durch die Stadt zum Hafen. Wie die Geschwindigkeit von 120 Metern pro Tag zeigt, war es überaus mühsam und diffizil, die schwere Last durch die engen Straßen zu lotsen.526 Erst Ende August war der Tiber erreicht, aber es dauerte noch bis gegen Mitte Dezember, bis der Schaft verschifft war. Über Ostia und Civitavecchia ging die Schifffahrt nach Livorno, wo die Fracht nach einigen Schwierigkeiten und drei Monaten ankam. Wegen des Wasserstands kam der Schifftransport den Arno hoch nicht bis Florenz, sondern nur bis Ponte a Signa. Die Verantwortlichen diskutierten dann länger verschiedene Optionen, den Schaft aus dem Schiff zu heben, wobei sie auch die Schriften von Vitruv und Plinius dem Jüngeren konsultierten. Ende Juli 1563 war es dann soweit, und der Landtransport mit Pferden, Ochsen und etwa 20 Arbeitern konnte beginnen. Bis nach Florenz dauerte es zwei Monate, die Piazza di Santa Trinità erreichte die Säule am 26. September 1563 – mehr als ein Jahr, nachdem man in Rom mit den Transportvorbereitungen begonnen hatte. Nachdem Ammannati die Säule restauriert hatte, konnte sie schließlich 1565 aufgerichtet werden. Neben beträchtlichem Personalaufwand war das Ganze auch verbunden mit immensen Materialkosten, insbesondere für Holz für Hilfs- und Transportkonstruktionen, aber auch für Entschädigungen für Schäden am Besitz Dritter, die der Schwertransport in den Städten verursachte. Ohne weiter auf die gut überlieferten Details einzugehen, lässt schon diese geraffte Zusammenstellung erahnen, was es bedeutete, in der Vormoderne wirklich schwere Bauglieder zu bewegen. Die Aufmerksamkeit und Wichtigkeit des Bewegungsmoments sowie des damit verbundenen logistischen Aufwands veranschaulicht exemplarisch Domenico Fontanas berühmte Publikation über die Translozierung des vatikanischen Obelisken.527 Sie zeigt nicht nur eindrücklich den Aufwand und die zu überwindenden Schwierigkeiten des Bewegens und Aufrichtens des Objekts, sondern ist zugleich Zeugnis der nicht minder aufwendigen Medialisierung des 1586 stattgefundenen technikhistorischen Ereignisses. Dieses hatte so große Zuschauermassen mobilisiert, dass für die Wiederaufrichtung Zuschauertribünen aufgebaut und die Plätze gewinnbringend vergeben wurden.528 Noch mehr zu Fontanas Ruhm beigetragen hat aber die Publikation, die er vier Jahre später über das Spektakel vorlegte. Die Verschiebung der sogenannten Guglia (Spitze/Fiale) von der sumpfigen Südseite der Peterskirche, wo sie als sichtbarer Rest des ehemaligen neronischen Zirkus stand, in dem Petrus gekreuzigt worden sein soll, auf den Platz vor Sankt

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125 Domenico Fontana, Publikation über die Versetzung des vatikanischen Obelisken, Rom 1590, S. 8. Die Seite zeigt den Obelisken an seinem alten Standort nördlich der Sakristei von Sankt Peter. Darum herum angeordnet sind Darstellungen der verschiedenen Methoden, die zum Transport vorgeschlagen wurden.

126 Domenico Fontana, Publikation über die Versetzung des vatikanischen Obelisken, Rom 1590, S. 24. Darstellung des Obelisken während des Transports auf einer Art hölzernem Damm. Über der Szenerie schweben die Personifikationen der Göttlichen Gnade und der Felicitas, die ihr Füllhorn ausschüttet.

Peter stellte Fontana in den Kontext von 34 weiteren Baumaßnahmen, die der auftraggebende Papst Sixtus V. bereits ausgeführt oder begonnen hatte. Weil Fontana mit seinen 42 Jahren von manchen als zu jung für ein solches Projekt angesehen wurde, hatte er, wie er berichtet, ein Modell der ganzen Sache vor zwei erfahrenen Architekten vorzuführen: Giacopo della Porta und dem schon in den oben genannten Säulentransport involvierten Florentiner Bartolomeo Ammannati.529 In zwölf großformatigen Kupferstichen mit ausführlichen Legenden stellte Fontana das Ereignis in seinem Druckwerk dar. Er begann mit der vergleichenden Darstellung der acht nach seiner Meinung besten Vorschläge („otto disegni, o modelli, che vogliamo dire de’migliori“) unterschiedlicher Architekten zur technischen Lösung des Projekts, eingebettet in die Szenerie des alten, als abgelegen und schlammig („erarimoto, fangoso“) bezeichneten Standorts des Obelisken 125. Danach folgt eine Tafel mit Abbildungen des technischen Geräts und der Darstellung, wie das Objekt eingepackt wurde – flankiert von der Personifikation der Firmitas. In den folgenden Stichen werden – unter den Personifikationen der Gratia Divina und der Felicitas, die ihr Füllhorn ausschüttet – die Verschiebung 126 und die Aufrichtung des über 350 Tonnen schweren Obelisken gezeigt, wobei das Blättern im Buch das performative Moment der Aktion nachvollziehen lässt.530 Auf der letzten Tafel steht – flankiert von den Personifikationen der geistlichen und der weltlichen Herrschaft – die vom Kreuz auf dem Papstwappen bekrönte Guglia auf ihrem (Spolien verwendenden) Inschriftensockel vor der Fassade und Kuppel des Petersdoms, bewundert von zeigenden und diskutierenden Betrachtern. Der technische und finanzielle Aufwand der Neuaufstellung des Obelisken war enorm: Das Projekt kostete 37.000 Scudi, gleich viel also, wie Papst Sixtus V. für den Bau der Vatikanischen Bibliothek ausgab oder eineinhalb mal so viel, wie in den Folgejahren der Bau der ganzen Kirche San Girolamo degli Illirici kostete.531 Gerechtfertigt wurde das Ganze dadurch, dass mit der Verschiebung der Guglia und der anschließenden Aufsetzung eines Kreuzes auf ihre Spitze das noch immer als heidnisch gebrandmarkte Objekt christianisiert werden konnte. Als letzter aufrecht stehender antiker Obelisk war es immer wieder Stein des Anstoßes gewesen, gewissermaßen ein Stachel heidnisch-antiker bautechnischer Überlegenheit im Fleisch des päpstlichen Roms. Sixtus V. merzte das im Rahmen seines grandiosen städtebaulichen Projekts, die Topografie der gegenreformatorischen urbs zeichenhaft umzuformen und quasi zu christianisieren, aus. Dem Moment der Bewegung

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kam dabei eine entscheidende Rolle zu, weshalb diese Versetzung auch symbolische Handlungen und symbolträchtige Maße und Zahlen einschloss.532 Sixtus erkannte, wie die Architekturhistorikerin Veronica Biermann bemerkte, „dass in keinem anderen Architekturtypus als dem Obelisken die Wirkung von Immobilität und das Wissen um Mobilität derart eng miteinander verschränkt sind“.533 Weil alle Widerstände gemeistert wurden, das Heidentum nun auch bautechnisch überwunden und die Guglia auf den Petersplatz an eine Stelle versetzt werden konnte, die in Sixtus’ Stadtplanungen einen zentralen Punkt markierte, taugte der Obelisk vor der päpstlichen Kirche als Sockel des Kreuzes, das die Bronzekugel ablöste, die der Überlieferung nach die Asche Julius Cäsars enthalten haben soll.534 „Am Obelisken auf dem Petersplatz wie an allen anderen von Sixtus V. versetzten Obelisken wird erkennbar, dass die unbewegliche Monumentalität und Würde des Kreuzsockels in einem hohen Stil, einem Modus gründet, dessen affektive, Staunen erregende und zugleich Erkenntnis generierende Wirkung sich dem Wissen um einen tatsächlichen Bewegungsvorgang verdankt.“535 Dieses Wissen um die Bewegung des Obelisken zu verbreiten und weiterzutragen, war Aufgabe von Fontanas Publikation. Denn das Bewegen großer architektonischer Objekte war und ist ein Medienereignis. Am Beispiel der (auf dem Wasser erfolgten) Translation des New Yorker Lieb House von Robert Venturi und John Rauch im März 2009 hat der Architektur- und Kunsthistoriker Martino Stierli erläutert, dass es diese Aktion war, die das Insidern zwar bekannte, aber weitgehend vergessene und von der breiten Öffentlichkeit zuvor nicht registrierte Gründungsgebäude der Postmoderne zu einem Denkmal machte.536 Kann man in diesem Fall sagen, dass die Bewegung des Objekts erst die Aufmerksamkeit auf dessen architekturgeschichtliche Bedeutung lenkte, so sind es beim nächsten Beispiel die Bewegung und die dazu führenden Umstände, die dem ansonsten nur regional bemerkenswerten Gebäude Beachtung und Bedeutung verschafften. Im Oktober 2007 wurde die 1297 erstmals erwähnte Emmaus-Kirche von Heuersdorf im Süden von Leipzig in das zwölf Kilometer entfernte Borna transloziert 127. Das Spektakel rundete die Machtdemonstration der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft MIBRAG und des Freistaats Sachsen ab. Diese hatten den langen Widerstand der Bürger von Heuersdorf gegen die Devastierung ihres Dorfs zugunsten des Braunkohletagebaus Vereinigtes Schleenhain gebrochen und schienen nun abschließend für eine symbolische Tat gegenüber den Unterlegenen und insbesondere für die Öffentlichkeit keinen Aufwand zu scheuen.537 Die Häuser im zwangsaufgelassenen Dorf wurden schon während des Wüstungsprozesses von Materialverwertern geplündert. Spolien im definierten Sinn werden die dabei ausgebauten und dann wiederverwerteten Materialien nicht geworden sein. Die Emmaus-Kirche dagegen wurde als Trost- und Erinnerungsobjekt erhalten und an den neuen Ort transloziert. Wie immer man diese aufwendige und spektakuläre Aktion deuten mag, ob als Bemühen der planenden Akteure, „genügend physische Verbindungen“ zu translozieren, die „die Erinnerungen an den alten Ort wachhalten und somit Übergänge zu neuen ‚emotionalen Räumen‘ schaffen können“538,

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oder ob man sie als Siegeszeichen des Bündnisses von Staatsmacht und Industrie deuten will, in jedem Fall hat die für den Ort zweifellos immer wichtige, darüber hinaus aber nicht beachtete Emmaus-Kirche erst durch ihre Dekontextualisierung und Bewegung Eingang in einen erweiterten Diskus gefunden.

Bezeugen

127 Emmaus-Kirche von ­Heuersdorf, 13. Jahrhundert, auf ihrem Transport nach Borna im Oktober 2007

Zeigen und (Be-)zeugen liegen wie ge­sagt nicht nur sprachlich nah bei­ einan­der; „zeigen“ wird im Duden unter anderem definiert als „einen Beweis von etwas geben; andern vor Augen führen, offenbar machen“.539 Daher ist dieser Aspekt auch bereits mehrfach angesprochen worden, unter anderem bei den Portalen als Zeugnisorten (S.  100). Spolien bezeugen die Altehrwürdigkeit einer Institution oder einer Ortstradition, und zwar auch über Brüche hinweg; die Präsenz von Spolien an einem neuen Ort bezeugt die Beschädigung oder Zerstörung des Herkunftsobjekts etc. Das Zeugnis besteht auch dann noch, wenn die Zerstörung längst beseitigt und der alte Ort neu genutzt ist – der Spolie kommt dann Denkmalfunktion zu. Auf die Zeugniskraft von Spolien bauen nicht zuletzt manche Fälschungen, Spolien, die gefakt werden, weil man diesen vermeintlich alten Dingen Beweiskraft zugesteht (S. 184). Literarisch wird dieses gerade durch den Missbrauch betonte Vertrauen in die Zeugnisfunktion alter Fragmente in Stendhals Roman Die Kartause von Parma thematisiert. Stendhal beschreibt den sogenannten Farnese-Turm im Gouverneurspalast von Parma, in dem der Held Fabrizio gefangen gehalten wird. Der Fürst hatte den Turm als Gefängnis für seinen Sohn errichten lassen, der ihn mit der Stiefmutter betrogen hatte. „Der mit seiner Frau so unzufriedene Fürst, der dieses weithin sichtbare Gefängnis errichten ließ, hatte den seltsamen Ehrgeiz, seinen Untertanen einzureden, es existiere seit vielen Jahren: deshalb gab

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er ihm den Namen Farnese-Turm. Es war verboten, von diesem Bau zu sprechen, und doch sah man von allen Stadtteilen Parmas und den umliegenden Ebenen ganz genau, wie die Maurer Stein um Stein zu diesem fünfeckigen Gebäude aufschichteten. Um zu beweisen, dass es alt war, brachte man über der zwei Fuß breiten und vier Fuß hohen Pforte, durch die man eintritt, ein herrliches Basrelief an, das den berühmten Feldherrn Alessandro Farnese darstellt, wie er Heinrich IV. zwingt, von Paris abzuziehen.“540 Auch wenn beim Farnese-Relief nicht explizit von einer Spolie die Rede und damit eine fälschende Neuanfertigung nicht auszuschließen ist, lassen Kontext und Formulierung auf ein Altstück schließen. Das Relief, das ikonografisch in das 16.  Jahrhundert verweist, soll als chronologisch relevantes Element erscheinen und damit das Alter des eigentlich neuen Turms bezeugen. In den mehrfach angesprochenen neueren Altstadtrekonstruktionen haben, wie die mediale Begleitorchestrierung stets betont, die Spolien Authentizität zu bezeugen: „Die bildhauerisch besonders wertvollen Steinspolien werden restauriert und wieder eingesetzt. Sie sollen der Altstadt jene Authentizität verleihen, die im Wiederaufbau sieben Jahrzehnte nach der Zerstörung so schwer zu erreichen ist.“541 Nicht „die Distanz vom Gestern zum Heute“ sollen die Spolien verdeutlichen,542 sondern bezeugen, dass diese Distanz zu überbrücken ist. Ihre Herkunft aus der Zeit vor der Zerstörung gilt als Garant dafür, dass nicht einfach irgendetwas in alt wirkenden Formen gebaut wird, sondern dass es beispielsweise tatsächlich um Alt-Frankfurt geht. Damit Altstadt funktioniert, scheint also neben der Parzellierung und der Gebäudeform auch die Authentizität erforderlich, an die immer wieder appelliert wird. Gewonnen werden soll diese durch die Wiederverwendung von Baugliedern, die realiter aus jener verlorenen Bebauung stammen, die nun als bauliches Reenactment wieder aufgeführt wird. Auffällig ist, wie oft dabei Heilungs- und Erweckungsmetaphern in die Debatte eingebracht werden. Wie Martin Sabrow festgestellt hat, steckt hinter diesen Metaphern die Idee einer Vergangenheit, die „schläft, die untergeht, aber so, dass sie eigentlich reproduzierbar ist“543 – ein Dornröschen-Effekt. Allerdings hat Heinrich Magirius in ähnlichem Zusammenhang das damit verbundene Probleme beschrieben, dass „so exakt auch immer das Ziel einer Architekturimitation angestrebt wird, die fehlenden Geschichtsspuren […] oft durch Idealisierungen ausgeglichen werden [müssen], die leicht ‚künstlich‘ wirken“.544 Dass nicht alles „künstlich“ ist an diesen Reenactments, haben die eingefügten Spolien zu bezeugen. Spolien und Reliquien

Die Spolien zuweilen zugeschriebene Zeugniskraft erinnert manchmal an den Reliquienglauben, weshalb auch gelegentlich, wenn von Spolien die Rede ist, der Vergleich mit Reliquien bemüht wird (S. 82). Verbindend an Spoliengebrauch und Reliquienkult sind das Sammeln und Verbreiten von als authentisch auszuweisenden Stücken und Partikeln. Beide Kulte entstanden in der Spätantike, verbreiteten sich sehr schnell und wurden prägend für die mittelalterliche Kultur. Der britische

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Kunsthistoriker Jas Elsner sieht daher in der Verbindung von Spolien und Reliquien eine spezifisch konstantinische Leistung.545 Was mit dem Konstantinsbogen angefangen habe – der Kaiser inmitten von ausgesuchten kaiserlichen Vorgängern, die nicht durch Zitate oder Kopien, sondern durch Originale, eben Spolien, vertreten waren –, habe sich in der Apostelkirche in Konstantinopel fortgesetzt, wo Konstantin sich gemäß Eusebs Bericht im Kreis der Apostel bestatten ließ. Repräsentiert waren diese durch thekai, Stelen oder Kenotaphe. Diese wurden dann laut dem Bericht des Philostorgios, der die kaiserliche memoria Konstantins Sohn Constan­ tius zuschreibt, mit den Reliquien des Apostels Andreas, des Apostelschülers Timotheus und des Evangelisten Lukas bestückt.546 Der „Spoliengebrauch“ im funeralen Bereich habe aber schon unter Konstantin eingesetzt, der dafür verantwortlich gewesen sei, im Jahr 327/28 die Gebeine des Lucian von Antiochien von Nikomedia nach Helenopolis (Drepanum) zu translozieren, und damit für eine der frühsten bezeugten Umbettungen von Knochen als Anfang des Reliquienkults. Mag die Konstruktion, insbesondere die direkte Verbindung mit Konstantin, auch gewagt sein, so besticht doch der Konnex von Spoliengebrauch und Reliquienkult über die Hypostasierung der Originalsubstanz des Fragments eines bereits toten Subjekts oder Dings und deren Zeugniswerts. „Spolia were like relics, which derive their efficacy from the virtues of a saint in his lifetime, but owe their existence to the fact that the saint is dead.“547 In beiden Bereichen fördert die dem materiellen Ding zugewiesene Zeugniskraft die Versuchung zur Fälschung (S. 184). Auch konnte eine ursprünglich wegen ihres Materials geschätzte Spolie neu interpretiert und reliquienähnlich aufgewertet werden, wie die wohl aus Caesarea stammende „quasi pro miraculo“ bewunderte Glasschale in der Kathedrale in Genua belegt. Ab dem späten 13. Jahrhundert wurde sie als „Sacro Catino“ verehrt, in dem Nikodemus das Blut Christi aufgefangen habe.548 Heilswirkung wurde auch der Colonna santa in Sankt Peter zugeschrieben (S. 88). Zu den Praktiken im Grenzbereich zwischen Spolien- und säkularem Reliquienkult gehört auch die geradezu kultische Verehrung der Steine der 1789 abgebrochenen Bastille in der Französischen Revolution: „Sie wurden wie Reliquien in alle Départements gebracht, es bestand der Plan, die neuen Namen der Pariser Straßen auf Bastille-Steine zu schreiben […]. Die Damen der Gesellschaft trugen Schmuck aus polierten Steinen der Bastille.“549 Diese Zeugnisse der Zerstörung erinnern an die Fragmente der Berliner Mauer, die ab November 1989 in großen und kleinen Stücken zwar nicht als Reliquien, wohl aber als materielle Belege eines epochalen Umbruchs und Souvenirs – Liveranis „middle-class trophies“ (S. 27) – weite Verbreitung fanden.

Verkörpern Am Konstantinsbogen erscheint Kaiser Konstantin in den Spolienreliefs in einem mimetischen Akt im Körper von idealisierten Vorgängern 14. Mit der Ortsänderung der Objekte ging eine Änderung des dargestellten Subjekts einher, freilich ohne das alte ganz auszulöschen. Die dadurch erzeugte Ambivalenz entsprach

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auch der damaligen Position Konstantins (S.  34): Der Moment der Stärke, kurz nachdem er seinen Mitregenten Maxentius eliminiert und begonnen hatte, erstmals dem Christentum massive kaiserliche Protektion zu gewähren, war zugleich politisch äußerst prekär, galt es doch, die Loyalität der traditionsbewussten römischen Eliten nicht zu verlieren. In diesem Moment wurden Spolien aus Staatsmonumenten konsensfähiger Vorläufer zeichenhaft in das Ehrenmal des neuen Kaisers integriert, und dabei nahmen die geschätzten Vorbilder dessen Gestalt an. In demonstrativer Weise verkörperte die Darstellung ihr Dargestelltes, Vorlage und Nachbild wurden eins. Ikonografisch durch die Darstellung kaiserlicher pietas aber auch durch ihre materielle Herkunft aus der „Goldenen Vergangenheit“, stehen die Spolien doch für kaiserliche Tugenden, die sich im Medium aktualisierter Porträts gleichsam in Konstantin verkörpern. Die Verkörperung abstrakter Konzepte erfolgte im dreidimensionalen Abbild, zugleich aber auch durch die Einfügung der für die kaiserliche Tugend der pietas stehenden Spolien in das neue Monument. Das Zeichen wird im Medium der Darstellung selbst etwas, bekundet seine Anwesenheit, seine Materialität.550 Auch der Fassade der Schatzkammer von San Marco in Venedig wurden annähernd vollplastische spätantike Kaiserbilder einverleibt. Es sind die Repräsentationen der Konstantin vorangegangenen Tetrarchie, die an der Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert geschaffen und möglicherweise nach dem Brand des Tesoro von 1231 an der Südwestecke der Schatzkammer des Markusdoms in Venedig eingefügt wurden. 128 Venedig, Schatzkammer von San Marco mit spolien­ bedeckten Wänden. Die Ecke nimmt die Porphyrgruppe der vier spätrömischen Tetrarchenkaiser ein. Am Sockel darunter befinden sich Reliefs mit einer von Putten gehaltenen Inschrift.

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Die Porphyrreliefs stellen unterlebensgroß vier reich gerüstete Herrscherfiguren dar, die zwar im Einzelnen physiognomisch leicht differenziert, aber durch das Bemühen um mimetische Gleichförmigkeit der Gesamtgruppe geprägt sind 128. Über die erstmals 1844 von dem venezianischen Gelehrten Emmanuele Cicogna vorgebrachte Identifizierung der vier als die Tetrarchen Diokletian, Maximian, Galerius und Constantius Chlorus besteht inzwischen weitestgehender Konsens.551 In ihrer Gleichförmigkeit verkörpern sie die Tugend der concordia, ein auch für ein Staatsgebilde wie die Serenissima mit ihrem hoch elaborierten System der Machtkontrolle und-teilung zentrales Ideal.552 Allerdings waren vor Cicognas Bestimmung der Figuren, die durch den Fund der Ferse einer der Figuren beim Philadelphion in Istanbul verifiziert wurden, diese mit zahlreichen Legenden belegt: Trojaner, Tyrannenmörder oder Brüder bzw. Prinzen, die durch ihre Habgier einander zu töten suchten, waren jeweils zu republikanischen Tugenden umgewendete Deutungen.553 Beflügelt wurden diese durch die rätselhafte Darstellung und Inschrift am Sockel unter der Porphyrgruppe: Ein schmales Marmorrelief zeigt zwei Drachen, die nach einem Puttopaar beißen, das eine Inschriftentafel mit dem Distichon hält, das als eines der ältesten Zeugnisse des venezianischen volgare gilt: „I’om po far e die inpensar / e vega quelo che li po inchontrar“ („Der Mensch kann tun, sagen und denken, aber achte darauf, was mit ihm passiert“).554 Die Platzierung der wahrscheinlich im Zug des Vierten Kreuzzugs in Konstantinopel geraubten und danach an Venedigs Hauptkirche verbauten Tetrarchengruppe veranschaulicht die diesen Spolien zugeschriebene Bedeutung: Sie sind so positioniert, dass sie trotz ihrer Höhe von nur 136 und mit Sockel 160 Zentimetern für die aus der hauptsächlichen Ankunftsrichtung von der Piazzetta und vom Dogenpalast Herkommenden nicht zu übersehen sind. Und sie sind – obgleich mit sichtbaren Mühen – so aufgestellt, dass sie gleichsam als Eckstein in die Mauer integriert erscheinen sollen, was möglicherweise auf die biblische Baumetaphorik alludiert.555 Die Spolienreliefs sind als Bestandteil der Wand zu verstehen, was bei der erzwungen wirkenden Anordnung nur aus der Fernsicht gelingt; zugleich streben die Figuren aus der Wandfläche heraus und beanspruchen körperliche Autonomie, ein Streben, das die Übereckstellung unterstreicht. Diese auffällige und ambivalente Inszenierung unterscheidet die Tetrarchengruppe von anderen Spolien an den mit wiederverwendeten Baugliedern reich ausgestatteten Fassaden von San Marco, mit denen Venedig ganz handfest das Fehlen einer eigenen antiken Vergangenheit kompensierte. Hier wird deutlich, wie die Darstellung ihr Dargestelltes performiert.556 Durch die Zurschaustellung des kaiserlichen Materials Porphyr artikulierte die Serenissima damit vor allem gegenüber Byzanz einen vergleichbaren Machtanspruch. Wenn, mit Dieter Mersch gesprochen, unter dem Thema der Verkörperung sich das Symbolische mit dem Medialen vereint,557 sind auch in der Moderne jenseits mimetischer Akte abstrakte Vorstellungen über Spolien verkörpert worden. Nur verhalten sich beispielsweise die der Sockelzone des Chicago Tribune Towers einverleibten Spolien in einer anderen Weise zum zugehörigen Gebäude als bei

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129 Chicago, Chicago Tribune Tower, 1923/1925, Raymond Hood und John Mead Howells. Fragmente wichtiger Bauwerke aus aller Welt, über deren Herkunft Inschriften Auskunft geben

130 Berlin, Schloss ­Glienicke, Gartenhof. Die in die Wände eingelassenen Spolien sind teilweise mit Inschriftentafeln zur Provenienz versehen: „Aus den Ruinen von Carthago / von Sr. K.H. Prinz Friedrich Carl / 1872 mitgebracht.“

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den spätantiken und mittelalterlichen Beispielen.558 In dem 1923 von Raymond Hood und John Mead Howells im Stil des Gothic Revival errichteten Sitz für die überregionale Tageszeitung, die sich einst selbst als „World’s Greatest Newspaper“ rühmte, sind im Erdgeschoss außen durch Inschriften identifizierte Steine aus sämtlichen Bundesstaaten der USA eingelassen. Hinzu kommen mehr als 70 Spolien von berühmten Gebäuden der Welt: dem Kölner Dom, der Westminster Abbey, dem Arc de Triomphe, dem Petersdom in Rom, dem Taj Mahal etc., ergänzt in jüngerer Zeit etwa durch Fragmente der 2011 zum Einsturz gebrachten Twin Towers des World Trade Centers in Manhattan. Bei allen diesen durchwegs kleinteiligen Fragmenten sorgen Beschriftungen für die eindeutige Identifizierbarkeit 129. Es sind hier aber keine Souvenirs, wie in Schloss Glienicke die jüngeren Hinzufügungen, die auch den Ort, aber ebenso den das Objekt mitbringenden Prinzen nennen 130. Mimetische Absichten sind mit diesen Einfügungen ebenso wenig verbunden wie ein irgendwie gearteter architektonischer Bezug des Tribune Tower zu den Herkunftsbauten der Spolien. Besonders evident ist das am Mondstein, der zwar nicht von der Objektform, wohl aber von der Herkunft der Exot unter den Einlassungen ist. Er ist das, was in Glienicke die von Prinz Carl Alexander 1877 vom Ätna mitgebrachten Steine sind: ein Stein, der durch seine ganz besondere Herkunft als Ausnahme in die Sammlung der ausgestellten ArtefaktTeile aufgenommen wurde. In Chicago ruft die weite Streuung und demonstrative Nennung der Herkunftsorte den weit zurückreichenden Topos auf, der die Vielfalt und Herkunft der verbauten Materialien mit dem Herrschafts- bzw. Einflussgebiet des Auftraggebers verknüpft und damit auf dessen magnificentia verweist (S. 132).559 Im Licht der Funktion des Verlagshauses stellen die als demonstrative Fremdkörper auf seine Mauern applizierten und aus ihr herausragenden „Tower Rocks“ eine Sammlung steingewordener Zitate zum Weltgeschehen dar.560 Die weltweite Wirkung der Presse soll am Chicago Tribune Tower gleichsam handfest dargestellt werden, indem sich das Symbolische mit dem Medialen vereint. Die Spolien machen die flüchtige globale Kommunikation physisch erfassbar, diese bleibt aber auch stabilisiert am festen Ort in der Anordnung und in den Objektformen arbiträr.561 Doch anders als die auch ausstellend applizierten Fundstücke im Sockelbereich der Fassade des Wohnparks an der Berliner Lindenstraße 110, wo den Objekten ein Ortsbezug zugeschrieben wird, ist am Chicago Tribune Tower über die „Tower Rocks“ ein thematischer Bezug zur Funktion des Gebäudes als Zentrum weltweiter Kommunikation gegeben. Nochmals anders intendiert ist die Spolienverwendung in den kurz nach dem Presseturm in Chicago errichteten und bereits vorgestellten Cloisters in New York, dem Museumskloster des Metropolitan Museum of Arts (S. 121). Nicht das Fragmentarische und Flüchtige, sondern – entsprechend der Funktion, wertvolle Preziosen zu bergen – das Feste, geradezu Eingeschlossene (claustrum) wird hervorgehoben, und die Spolien werden nicht als das Andere, sondern vielmehr als Bestandteil des Eigentlichen und Eigenen inszeniert. Sie sind entsprechend nicht außen zur Schau gestellt, sondern ihnen kommt im Inneren des Gebäudekomplexes raumund stilbildende Funktion zu. Ihre Inkorporierung verschafft dem Museumsbau die

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Autorität, die mittelalterlichen Preziosen gemäß dem europäischen Bildungskanon der weißen US-Amerikaner authentisch zu präsentieren. Die Kontingenz dieser Sammlung hochwertiger Ausstellungsobjekte wird durch diese Einbettung medial überspielt, die mittelalterlichen Schätze erhalten einen sinnstiftenden architektonischen Körper.562 Dies auch oder gerade weil sich die Architektur auf kein konkret benennbares Vorbild bezieht; zwar werden Bilder mittelalterlicher südfranzösischer Klöster aufgerufen, und durch die Spolien sind solche auch materiell präsent, doch bilden The Cloisters diese nicht ab, sondern fügen sich ihnen als Neuinterpretation hinzu und gewinnen dadurch an Authentizität. Mit Mersch könnte man von einem Paradox der Verkörperung sprechen: Die Spolien sind Zeichen, die für das Abwesende – die mittelalterlichen Klöster – stehen, schaffen über ihre materielle Präsenz diese aber zugleich neu; sie entfachen ein Spiel von Präsenz und Sinn.563

Einverleiben Während durch die Verkörperung, etwa über die Applikation der weltweit zusammengesammelten „Tower Rocks“ am Chicago Tribune Tower, die Spolien eine fundamentale Medienfunktion erfüllen und einer an sich physisch nicht greifbaren Abstraktion eine materielle Erscheinung verschaffen, besteht eine radikal entgegengesetzte Strategie der Spoliennutzung darin, die wiederverwendeten Teile im Neuen so aufgehen zu lassen, dass sie kaum oder gar nicht mehr erkennbar sind. Man ist damit an den Grenzen des Spolienbegriffs, der die sichtbare Wiederverwendung voraussetzt und vom rein pragmatischen, ökonomisch und ökologisch geleiteten Materialrecycling zu unterscheiden ist. Wenn die Wiederverwendung aber doch weiterreichenden Intentionen folgt, ein sichtbarer Bezug besteht und/ oder sie in einer anderen Weise bewusst gemacht wird, handelt es sich wie bei den folgenden Beispielen um Grenzfälle. Wohl noch unbestritten unter Spolienverwendung figurieren die wiederverwendeten Bauglieder, die zerkleinert zu sogenannten Cosmaten-Fußböden gefügt wurden. Benannt nach der stadtrömischen marmorari-Familie, deren Mitglieder oft den Namen Cosmas trugen, hatten die Inkrustationsfußböden ihren Höhepunkt im 12. bis 14.  Jahrhundert in Rom und Latium, waren aber durch den Export von Handwerkern und Baumaterial bis in die Westminster Abbey in London verbreitet.564 Als Produkt der künstlerischen Renovatio Romae stehen sie in einer in die Spätantike zurückreichenden Tradition der Opus-sectile-Böden.

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131 Rom, Santa Maria in ­Aracoeli. Cosmaten-Fußboden, 13. Jahrhundert

132 Ravenna, Kathedrale, 18. Jahrhundert. Der Fußboden rezipiert die Opus-sectile-Böden der Spätantike und des Mittelalters und zeigt – etwa im Querschnitt durch ein Kapitell – besonders deutlich die wiederverwendeten Bauglieder.

Säulenschäfte aus rotem Porphyr, grünem Verde antico und andersfarbigen Marmoren wurden in Scheiben geschnitten, um als Rondellen für Quincunx und weitere Muster verwendet zu werden. Diese wurden mit kleineren, aus Abbruchmaterial gewonnenen farbigen Marmor- und Porphyrstücken gefasst und in Rapporte eingebunden 131. Die kleinteilige Polychromie fand auch Anwendung in der zeit- und werkstattgleichen Cosmaten-Architektur, die als „neugeschaffene […], fiktionale und deshalb notwendig mittelalterliche Architektur“ gesehen wird.565 Ob über die Verwertung antiker Werkstoffe in einer in die Antike zurückreichenden Manier hinaus damit weitere Intentionen verbunden waren, bleibe dahingestellt und ist hier nicht von Interesse. Dieses gilt der Verarbeitung des wiederverwendeten Materials in einer Art und Weise, die zwischen gänzlichem Aufgehen im Neuen und der partiellen Erkennbarkeit des Ausgangsprodukts changiert: „opportunistic products of what might be called microspoliation“.566 Einen Schritt weiter ging man dann in Ravenna im barocken Revival dieser Fußbodentechnik: Im Dom des 18. Jahrhunderts, der bereits im zentralen Eingang zur Portikus mit Spolien an die großartige Vergangenheit der nun päpstlichen Provinzstadt erinnerte, verlegte man einen wiederum aus Spolien gefertigen Boden, dessen Muster die Herkunft des verwendeten Materials besonders gut erkennen lassen, wurden doch neben Säulenschäften auch Kapitelle in der nämlichen Art verarbeitet; sie machen durch den tel quel eingesetzten charakteristischen Querschnitt die Wiederverwendung und die Herkunft des Materials sichtlich zum Thema 132.567 In anderer Weise und Textur bildet das zerkleinert, wiederverwendete Material auch die neue Oberfläche beim Projekt „Zermahlene Geschichte“ im Hof des ehemaligen Marstalls des Weimarer Schlosses. Für die Modernisierung und Erweiterung des im einstigen fürstlichen Marstall untergebrachten Thüringischen Hauptstaatsarchivs sollten in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zwei im Hof stehende Baracken, die während des Nationalsozialismus von der Gestapo aufgestellt und genutzt worden waren, abgebrochen werden. Es „blieb […] nach Wegen zu suchen, den Abbruch nicht bewusstlos vorzunehmen, sondern seine Unselbstverständlichkeit deutlich werden zu lassen“.568 In ihrem Projekt „Zermahlene Geschichte“ ließen die Künstler Horst Hoheisel und Andreas Knitz die Baracken schreddern, nachdem markante Teile ausgebaut und sozusagen als Sachbeweise in einer Asservatenkammer archiviert worden waren.569 Während des Umbaus des Archivs wurde die zerkleinerte Masse in zwei Containern auf dem Areal sichtbar aufbewahrt und nach

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133 Weimar, „Zermahlene Geschichte“, Innenhof des ehemaligen Marstalls, 1997–2003, Horst ­Hoheisel und Andreas Knitz. Geschredderte Reste der Gestapo-Baracken, Lichtschlitze in das darunter eingerichtete Magazin und Daten historisch wichtiger Ereignisse an den Wänden

134 Weimar, „Zermahlene Geschichte“. Geschredderte Reste der GestapoBaracken

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Abschluss der Arbeiten im Hof auf den markierten Flächen der Barackengrundrisse als neuer Bodenbelag ausgestreut 133. Zusammen mit Inschriften, die entlang der Hofwände an wichtige historische Daten erinnern, und mit im Boden eingelassenen verglasten Sichtschlitzen, die Einblick in das unterirdische Magazin geben, sind dem in seinen historischen Dimensionen restituierten Innenhof zusätzliche „Erinnerungsschichten“ eingeschrieben. Das Verfahren ist als „beispielhaftes Zeichen einer möglichen Lösung für den mimetischen Umgang mit der Vergangenheit“ gewürdigt worden.570 Zentral war und ist die Funktion des Prozesses: Die Gestapo-Baracken als „unbequeme Denkmäler“ sollten nicht einfach, wie oft geschehen, entsorgt werden, vielmehr wurden Abbruch und Schreddern öffentlich gemacht und als Videoinstallationen festgehalten; entsprechende Erläuterungen sind mit konstituierende Bestandteile des Kunstwerks. Dieser Entkörperung folgte zum Abschluss des Umbaus die „Inkarnierung“ als Oberfläche der als Gedenkstätte und Mahnmal wichtigsten Partien des neugestalteten Hofs 134. Jenseits der Spolie: Zuschlagstoffe

Lässt sich bei den zuletzt genannten Beispielen aus der Beschaffenheit des wiederverwendeten Materials dessen Herkunft zumindest noch erahnen, ist bei einer weitergehenden „Verdauung“ der Spolie diese im Neuen nur mehr als Spur von etwas Anderem wahrnehmbar. Kai Kappel hat Kirchen, bei denen Trümmersteine und Trümmersplit in Betonwänden und Betonformsteinen verwendet wurden, untersucht und beschrieben. Die Motive für dieses Recycling seien vor allem ökonomischer Art gewesen, doch konstatiert er auch darüber hinausweisende Argumente: „Der Anstoß dazu kam meist von den Architekten: Sie schätzten die durch den Trümmersplitt entstandene Einfärbung und die durch die Trümmersteine erzeugte Lebendigkeit der Wand.“571 Die zeitgenössischen Akten gäben in der Regel keine Hinweise auf einen besonderen inhaltlichen Bezug zu der Kriegszerstörung der Stadt oder des Vorgängerbaus: Nicht die memoria, sondern die Ästhetik habe folglich die Weiterverwendung als Zuschlagstoffe begründet, so etwa im Fall von Sankt Anna in Köln-Ehrenfeld, 1955/56 von Dominikus und Gottfried Böhm errichtet mit Trümmerzuschlag im Beton. Auch wenn von den Architekten dazu keine expliziten Erklärungen überliefert sind, war die Verwendung von Trümmerschutt als Zuschlagstoff offensichtlich ästhetisch begründet. Im Fall der zwei Jahre später errichteten Fatima-Kirche in Kassel-Wilhelmshöhe erklärte Gottfried Böhm, man habe die Außenwände in rotgefärbtem Schüttbeton ausgeführt und sich Mühe gegeben, „die Arbeitsgänge im Schüttvorgang so durchzuführen, dass eine sehr lebendige und edle Oberflächenstruktur entsteht“.572 Doch auch in diesen Fällen bietet die sichtbare – und sei es auch „nur“ in der Farbe des Betons – Wiederverwendung die für Spolien essenzielle Option, durch die Präsenz zu erweiterten, neuen und/oder anderen Deutungen und Sichtweisen anzuregen. Das dokumentiert Kappel an der Matthäuskirche in Darmstadt, die der örtliche Architekt Richard Heymann 1949/50 nach Plänen von Otto Bartning für die Notkirchen Typus B erbaut hat. Zwischen den tragenden Nagelbindern sind die Außenmauern mit Hohlblocksteinen aus Trümmersplittbeton

Praktiken und Wirkungen

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135 Berlin-Charlottenburg, Bikini-Haus (rechts), 1955/1957, Paul Schwebes und Hans Schoszberger, vor der Sanierung. Historische Postkarte

136 Berlin-Charlottenburg, Bikini-Haus, saniert 2013 von SAQ architects und Hild und K. Fassade der erneuerten Teile mit Zuschlägen aus den geschredderten Glasplatten der Verkleidung des ursprünglichen Baus

aufgemauert.573 Ausschlaggebend für die Materialwahl war ein Gemeindemitglied, das eine Trümmerverwertungsanlage betrieb. Mit zeitlicher Distanz erfuhr die einst rein pragmatische Lösung eine inhaltliche Deutung: „Anlässlich des 50-jährigen Kirchenjubiläums (2000) äußersten die Pfarrer Joachim Seipp und Roland Köhr,

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die Trümmersteine der Kirche seien als Mahnung an das Unheil und die sinnlose Zerstörung eines Krieges bis heute unverputzt geblieben.“ Bezeugt ist, dass Bartning gegen das Verputzen war, weil die Farbenharmonie der Trümmersteine gestört und „eine altdeutsche Bierstubenatmosphäre geschaffen“ würde.574 Nicht ex post, sondern als Argument zur Begründung des Projekts erfolgte die Spoliierung und Wiederverwendung als Zuschlagstoff bei der Sanierung des denkmalgeschützten sogenannten Bikini-Hauses in Berlin, bei der dieses Verfahren einen Anspruch auf Kontinuität stützte. Verschiedenfarbige Brüstungen aus Detopak-Glasplatten prägten die straßenseitige Fassade des 1956/57 nach den Plänen von Paul Schwebes und Hans Schoszberger errichteten lang gestreckten Hauptgebäudes 135. Die Platten waren zu einem Großteil beschädigt, technisch nicht reparierbar und daher zu ersetzen. Das 2010 mit der Sanierung beauftrage Büro Hild und K versuchte, ein „Konzept der architektonischen Kontinuität“ zu verfolgen.575 Um – wie es in der vom Architekturbüro herausgegebenen Schrift weiter heißt – die Historie der Bestandsgebäude bis in die Materialität der Neubauteile fortzuschreiben und Kontinuität herzustellen, wurden diese Brüstungsplatten geschreddert und – angereichert mit anderen Glastrümmern aus dem Haus – als Zusatzstoff dem Putz jener Fassaden beigemischt, die neu zu gestalten waren, wozu die Architekten eine lamellenartige horizontale Schichtung entwarfen 136.576 Über das Altmaterial im Verputz der neu entworfenen Gebäudeteile sollten diese mit dem Bestand zusammengeführt werden. Aus der Distanz erzielt dieses Glasgranulat als Verputzzuschlag eine leicht schimmernde, in Nahsicht eine farbig gesprenkelte Oberflächenwirkung. Insofern „führen die alten Baustoffe ein neues Leben“.577 Zugleich gibt die – in allen Publikationen zur Sanierung hervorgehobene – rezyklierende Weiterverwendung der Glasplatten diesen ein besonderes Gewicht und richtet den Blick auf ihren ursprünglichen Verwendungsort und auf die ihnen dort nachfolgenden Ersatzteile und deren mimetische Qualitäten. Die Wiederverwendung vorhandener Bausubstanz mag einer der Gründe gewesen sein, um das sanierte Bikini-Haus mit dem LEED-Gütesiegel für nachhaltiges Bauen zu zertifizieren. Wenn aber in der Darstellung der Sanierung „die Beschäftigung mit dem Denkmal“ sowie die materiellen Kontinuitätsbemühungen in den Vordergrund gerückt werden,578 stellt sich doch die Frage, ob darin nicht auch ein ironischer Kommentar auf das denkmalpflegerische Beharren auf Substanzerhalt mitschwingt – ohne damit die denkmalpflegerischen Bemühungen des Sanierungskonzepts des Bikini-Hauses als Ganzes infrage zu stellen. Formloses Aufgehen des Alten im Neuen erscheint als gesteigerte Form kontaktmagischer Praktiken der Spolienverwendung. Die wiederverwendeten Teile werden zur Formlosigkeit zerkleinert und dem Neuen beigemischt. Nicht formale Bezüge zum Gewesenen legitimieren die Setzung, sondern gleichsam dessen Verdauung. Die Kontinuitätskonstruktion über die Zusatzstoffe als gesteigerte Form der Kontaktmagie erinnert an die Praktiken, Andachtsbilder oder Mumien zu pulverisieren und sie, auf heilende Wirkung hoffend, einzunehmen.579 In dieselbe Richtung geht – beim Gebrauch von Metaphern der Nahrungsaufnahme naheliegend – der

Praktiken und Wirkungen

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Vergleich mit dem Kannibalismus, den im Spolienzusammenhang schon Beat Brenk 1987 anstellte. Sinngemäß verwies auch er auf die hier aus anderem Zusammenhang zitierte Feststellung, der „Menschenfresser“ habe den Menschen vor allem deshalb gefressen, weil dadurch die Kraft und Größe beispielsweise eines ganzen Stamms aufgenommen wurde; daher sollte es immer „der stärkste, schönste, unschuldigste usw.“ sein. „Im Phänomen ist der Kannibalismus eine frühe Form von Kommunion […].“580 In den architektonischen Beispielen scheint die erhoffte Heilswirkung und Kraft in der Konstruktion von Tradition und Kontinuität gelegen zu haben.

Täuschen Den Stellenwert und das Potenzial, das man Spolien zur Darstellung gewisser Bedeutungen beigemessen hat, zeigt sich nicht zuletzt in den Spolienfälschungen und Pseudospolien. Das Phänomen ist bisher kaum diskutiert worden. Zu bedenken ist ferner, dass diese Debatte nur jene Täuschungen umfassen kann, die auch als solche erkannt wurden; die wirklich erfolgreichen Fälschungen entziehen sich der Diskussion. Die vielfältigen Anwendungen von Spolien als Zeugnisse, Belege, Symbole etc. haben fast selbstverständlich dazu geführt, dass man sich diese Möglichkeiten auch zunutze machen wollte, wenn keine entsprechenden Objekte vorhanden waren – sei das in täuschender Absicht oder aber in ironischer Brechung. Es ist aufgrund dessen, was wir über das Konzept der karolingischen renovatio wissen und über das Gewicht, das dabei Spolien zukam, nicht überraschend, dass in dieser Zeit auch erstmals Pseudospolien auftraten. So ist Werner Jacobsens These einsichtig, wonach die Vielfalt der Kapitelle, die im karolingischen Kloster Sankt Gallen archäologisch erfasst werden konnte, damit zu erklären sei, dass für den Großbau im abgelegenen Steinachtal keine wirklichen Spolien vorhanden oder leicht zu beschaffen waren.581 Es mag dabei gar nicht darum gegangen sein, nicht vorhandene antike Ortstraditionen zu bezeugen, als vielmehr einer sich bei karolingischen Großbauten etablierten Ästhetik – einem „Spolien-Stil“582 – zu folgen. Ob die karolingischen Kopien antiker Kapitelle, die Napoleons Kunstkommissare von Aachen nach Paris verschleppten (S.  56), ursprünglich Karls Spolienbestand vermehren sollten und von den Franzosen fälschlicherweise als antik gesehen wurden oder ob sie als Spolien karolingischer Herkunft erkannt und als fränkische Objekte abgeschleppt wurden, wissen wir nicht. Sicher ist, dass im Hochmittelalter im Zeichen gesteigerten Anspruchs an die dinglich belegte Evidenz das Konzept der Traditionsversicherung wenn es sein musste durch gefälschte Artefakte unterstützt wurde. Mitte des 11. Jahrhunderts verliehen beispielsweise die Mönche der Benediktinerabtei Sankt Emmeram in Regensburg der abenteuerlichen Legende einer ins 9.  Jahrhundert datierten Translation der Gebeine des fränkischen Nationalheiligen und ersten Pariser Bischofs Dionysius von Saint-Denis in ihr Regensburger Kloster nicht nur durch gefälschte Urkunden Nachdruck, sondern auch durch beschriftete Tontafeln, die sie beim Abbruch des

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137 Rom, San Lorenzo fuori le mura, Langhaus des 13. Jahrhunderts. Kapitell mit Frosch und Echse in den Voluten, das als antike Spolie interpretiert wurde

alten Westabschlusses ihrer Klosterkirche entdeckt haben wollten. Die Inschriften berichten, unter Abt Ebulo von Saint-Denis habe ein gewisser Gisalbertus die Dionysius-Reliquien entwendet, worauf sie zur Zeit des Kaisers Arnulf in Regensburg neben den Gebeinen des Aquitaniers Emmeram niedergelegt worden seien.583 Doch nicht nur der Inhalt der Inschriften sollte den behaupteten Sachverhalt bestätigen, sondern auch die Schrift als solche, die in ihrer Ausführung als archaisierende Kapitalis Alter und damit Glaubwürdigkeit evozierte. Ähnliche Verfahren sind aus Köln bezeugt, wo im 12. Jahrhundert Kustos Theoderich in der Abtei Deutz mit selbst verfertigten Inschriftensteinen, deren Formular sich an echten spätantiken Tituli orientierte, dem Status von ergrabenen Gebeinen der 11.000 heiligen Jungfrauen Nachdruck verlieh.584 Zuweilen wurde zur Bedeutungssteigerung auch nur der Herkunftsort von Spolien gefälscht. So reicherte man um das Jahr 1000 die von Gregor von Tours überlieferten Wunderberichte des Bischofs Illidius von Clermont (370–384/85), der eine Kaisertochter in Trier geheilt haben soll, um den Bericht an, der Bischof sei dafür unter anderem mit Säulen aus dem kaiserlichen Palast belohnt worden. Diese brachte man mit Spoliensäulen in dem Ende des 10. Jahrhunderts erfolgten Neubau der Klosterkirche Saint-Alyre zusammen. Die Spolien wurden damit zu sichtbaren Zeugen der Wundertat und wertvollen imperialen Geschenken aus der Kaisermetropole Trier, obwohl die Säulen wohl aus Clermont selbst stammten. Die Wallfahrten zum Grab des Heiligen Illidius scheinen sie aber erfolgreich beflügelt zu haben.585 Eine gelehrte mittelalterliche Spolientäuschung soll auch die „erfolgreichste ‚Spolienfälschung‘ der Kunstgeschichte“ sein,586 die Johann Jakob Winckelmann auf Irrwege geführt habe. In der römischen Kirche San Lorenzo fuori le mura gilt das Frosch-Echsen-Kapitell (Kapitell R8; 137) in der Südkolonnade heute als versteckte Künstlersignatur, wogegen Winckelmann darin eine „mögliche Anspielung auf die bei Plinius erwähnten Architekten Sauras und Batrachos“ gesehen hatte, die mit ihren Namenstieren Eidechse und Frosch in „gespulten Säulen“ – das heißt möglicherweise ionischen Kapitellen – signiert hätten.587 Dieses ionische Kapitell ist eine der vielen Neuanfertigungen in der Phase hochmittelalterlicher römischer Baukunst, in der aufgrund gestiegener ästhetischer Ansprüche und sinkender antiker Vorräte Substitute die Spolien zu verdrängen begannen. Cornelius Claussen geht davon aus, dass im Anfangsstadium dieser in der Mitte des 12.  Jahrhunderts einsetzenden Entwicklung die Neuanfertigungen noch als „fingierte

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Spolia und Substitutionen anzusehen“ sind, bevor sie zur normalen Baupraxis wurden.588 Diese Phase koinzidiert mit den Fälschungen des Petrus Diaconus von Montecassino, der nach 1156 im sogenannten Graphia Libellus „eine bizarre Fiktion altrömischer Zeremonien, Titel, Insignien und Amtsapparate“ zusammenstellte.589 Pseudospolien und die Krise der Moderne

Zu Beginn der 1930er Jahre steckte die moderne Architekturbewegung in einer Krise. Die Avantgarde war zum Stil geworden, der 1932 von Henry-Russell Hitchcock und Philip Johnson mit ihrem epochemachenden Werk als International Style auch einen Namen bekam. Zugleich genügte die radikale Absetzung von der Vergangenheit den Akteuren nicht mehr als Selbstlegitimation, sodass sich manche – Ernst May, Hannes Meyer, Bruno Taut und andere – nicht zuletzt als Städtebauer in der Sowjetunion neuen Aufgaben zuwandten. Sigfried Giedion, Generalsekretär der Con­ grès Internationaux d‘Architecture Moderne (CIAM) und damit sozusagen deren embedded historian, reflektierte über ein neues Verhältnis zur Historie. 1934 etwa schrieb er auf die Früh- und Hochzeit der CIAM zurückblickend: „Diese Jahre des Kampfes und der Wegbegleitung münden heute für mich zurück in die Historie. Die Geschichte erhält wieder erhöhte Bedeutung, die Architekten selbst tasten sich zu ihr zurück.“590 Gleichzeitig setzte ein seltenes und daher wenig beachtetes, aber umso bemerkenswerteres Phänomen ein: dass Architekten der Moderne in einzelnen ihrer Werke funktional unmotiviert Werkstücke einfügten, die wie Spolien erscheinen, aber keine sind, vereinzelt auch Zitatcharakter haben. Von 1936 bis 1942 errichtete der Architekt Frits (Frederikus Petrus Josephus) Peutz in der limburgischen Stadt Heerlen, in der er zu Beginn der 1930er Jahren mit dem Retraitehuis und dem Kaufhaus Schunck zwei Hauptwerke der klassischen Moderne in den Südniederlanden realisiert hatte, ein neues Rathaus. In Entwürfen anderer Bauten hatte Peutz unterschiedliche Ausprägungen der Moderne von der Heimatschutzarchitektur bis zum Funktionalismus variiert, dabei gerne auch Säulen verwendet und etwa im Haus op de Linde in Heeren 1931 die strenge funktionalistische Fassade mit der Einfügung eines Reliefs aufgelockert.591 Für das Heerlener Rathaus probierte er in zahlreichen Zeichnungen in geradezu historistischer Weise diverse Stile und Stilapplikationen durch, bevor er das Rathaus dann als zweiflügeligen Bau in Beton-Ziegelkonstruktion mit Kalksteinverkleidung ausführte.592 Ein schmaler viergeschossiger Querriegel ist auf einen als zentrales öffentliches Forum geplanten Platz hin ausgerichtet. Als Zugang zu den

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138 Heerlen, Rathaus, 1936/1942, Frits Peutz. Funktionslose PseudoSpoliensäulen an der Schmalseite des Kopfbaus

139 London, Wohnblock Highpoint II, 1936–1938, Berthold Lubetkin. Vordach zum Eingang, gestützt von zwei Karyatiden; im Hintergrund rechts der weiße Block Highpoint I

Repräsentationsräumen öffnet er sich dorthin mit unregelmäßig angeordneten und unterschiedlich formatierten Fenstern sowie einem schweren Balkon über dem aus der Mittelachse verschobenen Eingang. Im Rücken dieser Scheibe erstreckt sich ein längerer und niedrigerer, durch den Geländeverlauf am stadtseitigen Kopf dann allerdings ebenfalls viergeschossiger Trakt mit dem stadtnahen Eingang zu den Bürgerbüros. Die linke Schmalseite des Quertrakts wird durch die Gesimse, die die Stockwerke markieren, gegliedert; davor setzte Peutz zwei hohe, sich in der Materialfarbe vom übrigen Bau abhebende Säulen. Sie tragen Konsolen, die an die Wangen des Balkons der Schaufront erinnern. Auf weit auskragenden kräftig profilierten Gesimsen sitzen zwei kleinere ihrerseits durch Architrave in die Wand eingebundene Säulchen 138. Diese funktionslose Anfügung an die ansonsten streng kubischen Baukörper wirkt wie ein postmoderner Einfall avant la lettre oder wie ein nicht mehr richtig zu verstehendes Relikt eines früheren Bauwerks. Peutz war seit 1928 für die Provinz Limburg denkmalpflegerisch tätig und dabei unter anderem für die Dokumentation der 1940 entdeckten römischen Thermen verantwortlich. Es liegt somit nahe, in seiner dem Rathaus vorgesetzten Säulenin­ stallation einen Verweis auf die antike Vergangenheit der Stadt zu sehen – ohne dass Peutz dies materialiter inszenieren konnte wie etwa zeitgleich Plečnik in Ljubliana 78.593 Christian Welzbacher setzt dieser „lokalpatriotischen Lesart“ einen erweiterten Interpretationsansatz entgegen und bringt Peutz’ Heerlener Säulen in ihrer Rätselhaftigkeit zusammen mit den Karyatiden am Eingang zu dem 1936–1938 von Berthold Lubetkin errichteten Wohnkomplex Highpoint II im Norden Londons. Während der unmittelbar davor und direkt daneben errichtete Wohnblock Highpoint I geprägt ist von der einheitlich weißen Fassade und den übereinandergestapelten gleichförmigen Geschossen, ist die Einheitlichkeit im jüngeren

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Wohnblock sowohl in materieller wie formaler Weise aufgehoben zugunsten einer klaren Dreiteilung mit herausgehobenem Mittelteil. Dieser wird eingefasst durch die mit Glasbausteinen gemauerten Treppenhäuser, die als durchgehende Vertikalen die modernetypische Horizontalität durchbrechen. Die Fassadenstruktur des Mittelrisalits, der auch farblich durch den dunklen Klinker abgesetzt ist, macht die doppelgeschossige Wohnungsstruktur ablesbar. Diesem hervorgehobenen Mittelteil setzte Lubetkin im Eingangsbereich ein weit hervorkragendes und elegant den Schwung der Zufahrtswegung aufnehmendes Vordach mit eingelassenem Gebäudenamen vor, das zwei sich voneinander abwendende Karyatiden tragen 139. Lubetkin, ein Pionier der (von ihm immer vergleichsweise expressiv umgesetzten) Moderne in Großbritannien, entgegnete dem modernistischen Protest, der in den Karyatiden Verrat witterte, diese Figuren seien „standardized sculptural building components“.594 Anders als Peutz’ Säulen in Heerlen sind Lubetkins Figuren als Erechteion-Kopien sogleich wiedererkennbare Zitate aus dem Fundus der Architekturgeschichte, und ebenfalls anders als in Heerlen sind sie funktional als Las­tenträgerinnen eingesetzt, wenn auch ironisch gebrochen in gänzlich unorthodoxer Weise auf jeweils einem Mauersockel stehend und in unterschiedliche Richtungen blickend. Mit Welzbacher kann man aber in beiden Projekten Antworten im Sinn von Giedion, aber auch von J. J. P. Oud auf die Krise der funktionalistischen Moderne sehen: „Neue Mittel mussten gefunden werden, und diese schienen in Sphären verborgen, die der Avantgarde lange als Tabu galten: der Geschichte.“595 Weder Giedion noch Oud dachten bei ihren Lösungsansätzen an einen mimetischen Historismus, sondern an gewissermaßen neu erfundene Archaismen. Welzbacher verwendet dafür den Begriff der „Unschärfe“, der kennzeichnend sei für die „Historismen“ der Moderne.596 Durchaus auch in diesem Sinn hat das Büro Bruno Fioretti Marquez den Begriff unlängst für ihre „Rekonstruktion“ der Dessauer Meisterhäuser gewählt. Das Bemühen, durch Einfügen unerwarteter Elemente – oder, wie es Colin Rowe und Fred Koetter in Collage City nennen: „unvereinbare[r] Gegenstände“597 – einen Bezug zwischen der unorthodoxen Moderne und der (unbestimmten) Vergangenheit herzustellen, setzte sich in der frühen Nachkriegsarchitektur fort. Ein Schlüsselbau dafür ist der von Luigi Moretti von 1947 bis 1950 realisierte Wohn-Palazzo Il Girasole im römischen Quartier Parioli. Robert Venturi würdigte das Gebäude in seiner für die Postmoderne dann programmatischen Schrift Complexity and Contradiction, der Architekturkritiker Reyner Banham sah in ihm einen Beleg für die „neoliberty“ als Ausweg der Italiener aus dem „Bauhausstyle“, und Kenneth Frampton interpretierte es als „baroque counterpart“ zum Rationalismus von Giu­seppe Terragni in Como.598 Framptons Sicht auf die Casa del Girasole als Anti­ pode zum Razionalismo terragnischer Prägung korrespondiert mit einem von Moretti selbst im Jahr der Fertigstellung der Casa (oder Palazzina) del Girasole publizierten Text mit dem bezeichnenden Titel „Eclettismo e unità di linguaggio“, in dem Moretti vom Dämon der Rationalität und den blutleeren abstrakten Schemata ohne Beziehungen zur Vergangenheit spricht.599

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140 Rom, Palazzina del Girasole, 1947–1950, Luigi Moretti. Hauptfassade zur Viale Bruno Buozzi mit dem charakteristischen zentralen Einschnitt

141 Rom, Palazzina del Girasole. Sockelzone der westlichen Seitenfassade mit dem Wechsel von Travertinquadern mit roh belassenen und glatt polierten Oberflächen

Bei der Casa del Girasole kontrastiert ein durch die Steinbearbeitung betont schwer wirkender Sockel mit den auskragenden und durch Fensterbänder horizontal gegliederten Fassaden der vier Obergeschosse. Diesen Kontrast von scheinbar altertümlichem Sockel und modernem Aufbau inszenierten zeitgleich (1948/49) wie Moretti nur einen Kilometer entfernt an der Via Paisiello auch Mario Ridolfi, Wolfgang Frankl und Mario Fiorentino mit ihrem dreigeschossigen Aufbau auf die Villino Alatri, die in den 1920er Jahren Balluo Morpugno im Stil des Barochetto errichtet hatte.600 Ein vertikaler Einschnitt in der Mittelachse bricht die Hauptfassade der Casa del Girasole zur Viale Bruno Buozzi auf 140. Die Verschmelzung von innen und außen als zentrales Entwurfskonzept wird durch diesen Einschnitt besonders deutlich gemacht. Der Architekt und Architekturtheoretiker Paolo Portoghesi hat das mit etwa gleichzeitigen Reflexionen Morettis und Giulio Carlo Argans über RenaissanceFassaden als Repräsentation perspektivischer Tiefe zusammengebracht, die hier an der Casa del Girasole durch die

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szenografische Interpretation als Wunde gewissermaßen körperlich-fleischlich („carnale“) werde.601 Der leicht zurückgesetzte doppelgeschossige Sockel tritt am deutlichsten an der Westflanke entlang der abfallenden Seitenstraße in Erscheinung 141. Zwischen fünf lang gestreckte Fensteröffnungen sind in beiden Sockelgeschossen zwei dem Quadrat angenäherte hochrechteckige Fenster eingefügt. Zum Teil sind neben oder unter deren Gewände in unregelmäßiger Anordnung und mit nach oben abnehmender Dichte große, rechteckige Travertinblöcke mit roh behauenen Sichtflächen eingelassen. Sie thematisieren den Übergang von der Natur zur Architektur, verschleiern die Grenze von Geschaffenem und Gewordenem und zitieren damit ein stadtrömisches Barockmotiv, das von dem anthropomorphen Obeliskensockel von Berninis Vierströmebrunnen über den Sockel des Palazzo Montecitorio bis zum Trevi-Brunnen prominente Vertreter hat. Die Blockform der rustizierten Quader hebt aber zugleich den zusammengesetzten Charakter hervor, eine Art „simulierte Bricolage“, wie sie Rowe und Koetter mit Bezug auf Claude Lévi-Strauss als Kontrast des „wilden Denkens“ des Bricoleurs zum „gezähmten Denken“ des Ingenieurs deuten.602 Diese Bricolage wird in einem der kleineren Fenster des Erdgeschosses um ein weiteres Element bereichert, ist doch in die Laibung ein scheinbar von einer Männerfigur stammendes Bein eingelassen 142. Man hat das episodisch mit einem Beinbruch Morettis in den 1940er Jahren zusammengebracht.603 Offensichtlicher ist es, in dem Marmor evozierenden und am Oberschenkel sichtbar abgebrochenen Objekt, das der befreundete Bildhauer und Stuckateur Giulio Belardelli schuf, eine Referenz an antike Skulpturen zu sehen.604 Bei genauerer Betrachtung erweist es sich als fingierte Spolie. Es geht dabei nicht um die Referenz an einen bestimmten Ort, sondern um eine „Störung der Form“ als manieristisches Stilprinzip zur Steigerung der Aufmerksamkeit.605 Zugleich wird hier aber auch der spezifisch moderne Zugriff auf die Reste der Geschichte deutlich. Thomas Will hat diesen mit Bezug auf das Werk von Le Corbusier mit „den in den kubistischen und dadaistischen Collagen montierten Materialfragmenten“ verglichen.606 Collage wird dabei als eine Methode verstanden, „den Überbleibseln in der Welt Aufmerksamkeit zu schenken, ihre Integrität zu erhalten und ihnen Würde zu verleihen, Tatsächlichkeit und Intellektualität zu verbinden“.607 Hier wäre auch an die Einfügungen wirklicher Spolien im Werk von Rudolf Olgiati zu erinnern (S. 102). Moretti referenzierte mit der Bein-Pseudospolie, die Claudia Conforti als surrealistisches anthropometrisches Paradox – „paradosso antropometrico (e vagamente surrealista)“ – charakterisierte,608 ähnlich wie

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142 Rom, Palazzina del Girasole. Pseudospolie in einem Fenstergewände, geschaffen von Giulio Belardelli

Lubetkin mit den Karyatiden explizit auf den menschlichen Maßstab seiner Architektur. Beide nehmen Maß am Menschen und seinen Gliedern und sind damit jeweils zeitgenössische Kommentare zu Ernst Neuferts Maßfigur seiner Bauentwurfslehre (1936) bzw. zu Le Corbusiers Modulor (1948), die sich beide am Uomo vitruviano orientierten. Pseudospolien erregen wie wiederverwendete Bauglieder die Aufmerksamkeit und öffnen quasi ein Fenster in die Vergangenheit. Anders als echte Spolien sind sie aber nicht das fremde Ding, das durch seine Andersheit und seinen Verweis auf ein ganz konkretes Vorher einen Rest der Nicht-Zugehörigkeit und damit Autonomie behält. Die Künstlichkeit der Einfügungen verdoppelt die Brechung: Das scheinbar Fremde aus der Vergangenheit ist in Wirklichkeit zeitgenössisch. Es ist wie alle übrigen, unauffälligen Bauglieder das Werk des Architekten. Die Pseudospolie ist damit Signum für den anhaltenden demiurgischen Anspruch des modernen Architekten, die Welt zu gestalten, schafft er doch sogar die Vergangenheit, derer er sich bedient, selbst. Lubetkins sogleich als Erechteion-Zitate erkennbare Karyatiden zeigen die Nähe von Pseudospolien und architektonischem Zitat.609 Auch der Begriff der spolia in re erscheint hier in der von Dale Kinney genutzten Weise angemessen. Während Richard Brilliant von spolia in re bei Stilanpassungen spricht und Salvatore Settis den Begriff für mittelalterliche Kopien inkongruenter antiker Bauteile verwendet, dehnt ihn Kinney – konkret bezogen auf die Gattung Skulptur – aus auf künstlerische Zitate, in denen die zitierte Form sichtbar ihre eigene Identität behält und gleichzeitig Teil eines neuen, eigenständigen künstlerischen Objekts ist.610 Die Eckakrotere aus Terrakotta, die Thomas Gordon Smith 1979 – Ironie oder Attitüde? – auf das Garagendach seines Tuscan House im kalifornischen Livermore setzte, kann hierzu gezählt werden.611 Bereits genannt wurde der Sandsteingiebel, der in Radeberg in der Brauerei den 1997 errichteten Neubau der Halle zur Fassabfüllung ziert 74. Es ist die Rekonstruktion des materiell offenbar nicht mehr haltbaren Giebels der Vorgängerbebauung, die als Erinnerungsobjekt in den Neubau zu integrieren war. Die Pseudospolie ist faktisch ein Eigenzitat, auch wenn die Art und Weise der Inszenierung die Sandsteinfassade als Relikt der Vorgängerbebauung erscheinen lässt und der Kontrast zwischen ihr und der betont glatten Oberfläche des modernen Zweckbaus dem „Relikt“ eine ästhetische Funktion als Ornament zuweist – in einer Gegenwartsarchitektur, die sich erst allmählich vom Bannstrahl der Moderne gegen das Ornament befreit.

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Spolien und Entwerfen

Da Spolien im Sinn der hier zugrunde gelegten Definition sichtbar und intentional verbaut werden, ist mit ihrem Einsatz stets eine Gestaltungsabsicht verbunden. Besonders wenn sie nicht nur akzidentiell auf oder in eine Wand appliziert werden, ist ihr Einsatz Resultat eines Entwurfsprozesses. Welcher Status den Objekten dabei zukommt, welche Rolle sie in diesem Prozess spielen, soll im Folgenden vor allem anhand einiger Beispiele der neueren Architektur diskutiert werden. Begonnen wird aber wieder mit einem Blick zurück in die Vormoderne. Erstmals nachweislich und expliziert zum Thema machte Sebastiano Serlio das Entwerfen mit Spolien. Wie erwähnt, formulierte er im 1575 postum publizierten siebten seiner Bücher über die Architektur in den Kapiteln 41–50 als künstlerische Herausforderung die Aufgabe, Fassaden mittels vorgegebener Sets wiederverwendeter Säulen zu gestalten: „colonne, altra volta state in opera, ò antiche ò moderne“ („Säulen, die zu anderer Zeit an anderem Ort [verwendet wurden], antike oder moderne“).612 Die Kunst bestand für ihn darin, mit dem nicht standardisierten und nicht frei wählbaren Ausgangsmaterial Lösungen zu entwickeln, die dem Geschmack und dem decorum der Zeit entsprachen 7. Sabine Frommel hat einen Teil dieser Entwürfe genauer analysiert und vergleichbaren anderen Darstellungen Serlios gegenübergestellt. Sie konstatierte, im Verlaufe der Projekte des siebten Buchs lasse sich ein verstärkter Hang Serlios zu capricci und bizzarerie beobachten, der verbunden sei mit einem zunehmenden Bedeutungsverlust der Wand zugunsten von komplizierten Säulenanordnungen.613 Ohne auf das Spezifikum der Aufgabenstellung – die als Vorgaben angenommenen Spoliensäulen – einzugehen, reduziert Frommel die unkanonischen Lösungen auf eine Suche des Architekten nach Originalität um jeden Preis. Nicht abzusprechen ist Serlio eine Vorliebe für maximale Kontraste, wenn er als Aufgabenstellung für einen adeligen Landsitz besonders kleine und für ein einfaches Wohnhaus besonders große Säulenschäfte verarbeitet haben wollte. Über das Fassadendesign hinaus ging er fallweise auch auf die Statik ein, wenn er beispielsweise für die besagten kleinen Säulen empfahl,

Spolien und Entwerfen

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diese zu viert zu gruppieren.614 Kein Thema war für Serlio die Herkunft der Spolien; die Säulen als „piu bello ornamento“ der Bauten waren für ihn Instrumente für besonders ambitionierte Entwürfe, keine Träger irgendwelcher Botschaften.

Maß geben Während sich Serlio als Architekt mit der Spolienarchitektur als Entwurfsaufgabe beschäftigte, hatte sich eine Generation vorher Vasari mit dem Phänomen des Bauens mit Spolien retrospektiv befasst. Die Spolienverwendung war der Grund dafür, dass er die Qualität der Architektur frühchristlicher Zeit milder bewertete als die gleichzeitige Malerei und Skulptur, weil eben annähernd alle großen Gebäude aus Spolien errichtet worden seien und es für die Architekten damit ein Leichtes gewesen sei, in großen Teilen den alten Bauten, die sie vor Augen hatten, zu folgen.615 Vasaris Argumentationslinie scheint sich zu bestätigen, wenn wir noch einmal zurück auf den Konstantinsbogen blicken 8. Der Bautypus ist tatsächlich traditionell, ist der Bogen doch in der Struktur weitgehend identisch mit dem unweit davon entfernten, am anderen Ende der Via Sacra stehenden Triumphbogen von Septimius Severus, der 112 Jahre zuvor errichtet worden war. Der Hauptunterschied zu diesem liegt in der Spolienverwendung. Zur Zeit Konstantins war diese allerdings für Ehrenbögen nicht ganz neu: Der Arco di Portogallo 12 und der Arcus Novus in Rom wurden bereits genannt (S. 33, 158), der um 300 errichtete Galeriusbogen in Thessaloniki ist ein weiteres Beispiel. Während dieser aber als Bricolage bezeichnet wird,616 ist der Konstantinsbogen Produkt eines klaren Entwurfskonzepts. Mark Wilson Jones hat für dessen Genese eine plausible Analyse vorgelegt.617 Ausgangspunkt ist demnach der besagte severische Bogen, wobei sich zeigt, dass Abweichungen von diesem zumeist durch die intendierte Verwendung von Spolien und durch deren Maße bedingt sind. Jones gliedert in seinem Erklärungsmodell den Veränderungsprozess in fünf Arbeitsschritte. Es beginnt damit, dass ein Element des viel älteren, aber unmittelbar benachbarten einbogigen Tri­­umphmonuments des Titus aufgegriffen wurde und im Durchgang des Torbogens seitlich Reliefs – hier trajanische oder domitianische Platten – eingefügt wurden, womit auf die inneren Querverbindungen zwischen dem Haupt- und den Nebendurchgängen verzichtet werden musste. Auch die im Konstantinsbogen im Vergleich zum Bogen von Septimius Severus erhöhte Attika diente der Einfügung weiterer Reliefspolien von trajanischen und aurelianischen Monumenten sowie der Fortführung der vertikalen Gliederung der vier vorgestellten Säulen durch Pilaster in der Attika, um vor diesen die ebenfalls trajanischen Dakerfiguren aufzustellen. Schließlich ermöglichte die Verbreiterung der Nebendurchgänge und entsprechend der größere seitliche Abstand zwischen den Säulen, zwischen sie jeweils zwei hadrianische Tondi einzufügen 13.618 Diese Anpassungen an die Formate der Spolien erfolgten nicht spontan, sondern berücksichtigten entwurfsrelevante Proportionsverhältnisse und hatten entsprechende Anpassungen anderer Maße zur Folge. Sie bedingten also eine Gesamtplanung. Folgte der Bau typologisch einem vorgegebenen Schema, so waren die Spolien maßgebend für die neue Dimensionierung des Bogens.

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Auch die frühchristlichen Kirchen Roms waren wesentlich von den Spolien und insbesondere den wiederverwendeten Säulen der basilikalen Innenräume geprägt und nach ihnen dimensioniert. Vom 4. bis ins 7. Jahrhundert wurden in der Regel wiederverwendete Stützen paarig angeordnet.619 Ob sie dabei von einem aufgelassenen Bau oder aus einem Depot stammten, ist für die hier interessierende Frage nach ihrer Rolle im Entwurf irrelevant: Für die Planung des Baus war so oder so abzuklären, welche Säulen zur Verfügung standen, und deren Zahl und Dimensionen bestimmten den Entwurf wesentlich mit. Was für das heutige Entwerfen mit Recyclingmaterial gilt, galt schon damals: „was verfügbar ist und passt, determiniert die Gestaltung“.620 Mit Franz Alto Bauer kann man daraus schließen, im frühchristlichen Kirchenbau seien die Spolien für den Entwurf zuweilen so zentral gewesen, dass oft „sich die Baugestalt […] nach den Dimensionen der gelieferten Werkstücke gerichtet […] und die Grundlage für den Planentwurf“ gebildet habe.621 Befunde wie das Schiffswrack von Marzamemi stützen diese Deutung: Ein wahrscheinlich in justinianischer Zeit vor Sizilien gesunkenes Schiff war mit einem einheitlichen Satz aus 28 Säulenschäften, Basen und 27 Kapitellen sowie mit Elementen einer liturgischen Kirchenausstattung beladen.622 Es handelte sich offensichtlich um den Bausatz einer Kirche, deren Dimensionen und Innenausstattung durch das dafür lieferbare Material bestimmt gewesen wären. In der mittelalterlichen Architektur hat die Wiederverwendung insbesondere von Mauerstrukturen und Baugliedern von Vorgängergebäuden die Planung von Neubauten oft mitgeprägt. Eine anschauliche Beschreibung davon liefert der Mönch Anselmus in seinem zwischen 1067 und 1071 verfassten Bericht über die Abtei Saint-Remi in Reims. Demnach wurde ein unter Abt Airardus (1005–1035) im Zug des Kirchenbaubooms nach dem Millennium (S.  156) begonnenes Neubauprojekt von seinem Nachfolger Abt Dietrich (1035–1046) als zu groß eingeschätzt und nach Beratungen rückgebaut. Dem Rat von „architecti“ folgend, benutzte man aber einen Teil der Fundamente weiter. Die Fundamente seien ergänzt, darauf einige der Säulen des Vorgängers gestellt und diese mit Bögen verbunden worden, sodass sich bereits die Gestalt der Kirche abgezeichnet habe.623 Sehr schön zeigt die Formulierung „columpnis ex diruto priori aedificio competenter dispositis arcus super eas diligenter voluti consurgere, et basilicae fabrica inter manus artificium coepit clarescere“ („nachdem man Säulen aus dem abgebrochenen Vorgängerbau sorgfältig angeordnet und zwischen ihnen Bögen zu wölben begonnen hatte, begann sich unter den Händen der Künstler die Form der Basilika abzuzeichnen“) die Bedeutung der Säulen für den Entwurf eines basilikalen Langhauses. Ihre Dimensionen und Zahl waren zentrale Parameter, da der Stützenabstand nicht beliebig gewählt werden konnte.

Applikationen Dass Spolien auch heute noch wesentliche Maße für den Entwurf vorgeben, ist schon mehrfach angesprochen worden. Am ehemaligen Staatsratsgebäude in Berlin folgen die Geschosshöhen und die Rhythmisierung der Fassadenelemente

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den Vorgaben des sogenannten Liebknecht-Portals 17, im Moore House in Orinda definieren die Holzsäulen die Raumhöhe mit 102. Dagegen sind es in Rudolf Olgiatis Bauten weniger grundlegende Maße wie die Dimensionen von Türen, die durch die wiederverwendeten Teile determiniert werden 63, während bei der Fassade der dekonstruktivistischen Rathauserweiterung in Utrecht durch die Lücken zwischen den einzelnen Gliedern der Eindruck erweckt wird, die wiederverwendeten Teile der Fensterumrahmungen sollten gerade nicht die Dimensionen der neuen Öffnungen prägen 121. Diese Exempel scheinen die Beliebigkeit der Spolien für und im architektonischen Entwurf zu zeigen. Tatsächlich sind Vielfalt und Einsatzoptionen groß. Und doch ergibt sich aus der Reihung der folgenden Beispiele so etwas wie eine Typologie oder eine kleine „Entwicklungsgeschichte“, die den generellen Wandel im entwerferischen Umgang mit Alt und Neu in der Architektur der letzten 60 Jahren auch in der Funktion der Spolien im Entwurf spiegelt. Bereits hingewiesen wurde darauf, dass im Wiederaufbau Spolien als Erinnerungsstücke meistens recht zufällig in die Nachfolgebauten oder auch ortsversetzt in Neubauten eingefügt wurden (S. 79f.; 143). Beispiele wie das Haus Leinstraße 33 in Hannover, wo die Spolien in der Fassade eines ansonsten typischen Wiederaufbaus der 1950er Jahre eine Fassade der Spätrenaissance durchscheinen lassen (S. 81) und damit tatsächlich entwurfsrelevant waren, bilden die Ausnahme. Häufiger sind die Spolien im Wiederaufbau zwar vielleicht memorial bedeutungsvoll, für den Entwurf aber wenig relevante Akzidenzien und Applikationen. Das war im Wohnbau nicht anders als bei den wiederaufgebauten Kirchen nach dem Zweiten Weltkrieg, für die Kai Kappel die Verwendung von Altmaterial charakterisiert hat. Demnach wurden Architekturfragmente und liturgische Ausstattungsstücke von Vorgängerkirchen, oft als einzelne Stücke aus den Trümmern geborgen, sichtbar in die Mauern des Neubaus eingelassen, ohne für dessen Gesamtentwurf wichtig gewesen zu sein. Bedeutsam war – so Kappel – die Positionierung der Spolien. „Meist befinden sich diese gut sichtbar in Seitenschiffen, im Eingangsbereich oder an einer zum Kirchhof hin gewendeten Außenwand. […] Mitunter ist bei der Versetzung eine gewisse Tektonik beachtet worden: Kapitelle oder Schlusssteine wurden dann in den oberen Wandpartien wiederversetzt.“624 In der Regel hätten Pfarrer oder Architekten beim Aufbau oder Neubau für eine Integration der Teile „als sichtbare Zeugnisse der baulichen und gemeindlichen

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143 Dresden-Loschwitz, Wohnhaus des Architekturprofessors Rolf Göpfert, 1963–1965. Die straßenseitige Fassade des dezidiert modernen Pavillonbaus schmückt ein wie zufällig, wenn auch tektonisch einigermaßen korrekt platziertes Spolienkapitel, das durch die Rahmung hervorgehoben wird.

Tradition“ gesorgt, zur bewussten Zurschaustellung der Kriegszerstörung oder einfach als Schmuck. Nur in einem der untersuchten Bauten (Sankt Magni in Braunschweig) konnte Kappel eine gestalterische Einflussnahme der Denkmalbehörden feststellen. Der akzidentiellen Einfügung nachgeordnet erfolgte gemäß dem Entwicklungsmodell die Absetzung und Isolierung der Spolien als Fremdkörper. Radikal hat das der Architekt Karljosef Schattner in Eichstätt praktiziert. Er trennte seine Ein- und Umbauten stets mit einer klaren Fuge vom Altbau und mochte – anders als gleichzeitig Rudolf Olgiati – keine einzelnen Bauglieder in seinen Konzepten berücksichtigen. Galt es doch mal, Einzelteile zu beachten, so positionierte Schattner diese isoliert und gerahmt als Ausstellungsobjekte. Das einstige Hoftor des Ulmer Hofs, das freigestellt die rückwärtige Freifläche möbliert, oder eine schwere Holztüre, die ebenfalls als Möbel den Eingangsraum des ehemaligen Waisenhauses ziert, wären zu nennen. Ebenfalls keinen größeren Einfluss auf den Entwurf hatten auch die Spolien am Kopfbau des Wohnparks an der Lindenstraße in Berlin (S. 150), sieht man davon ab, dass sie die Maße der für die Gesamtgestaltung aber unerheblichen Nischen vorgaben, in denen sie ausgestellt sind. Etwas größeren Einfluss auf den Entwurf der Fassade hatte die Spolientür, die in angestammter Funktion den Haupteingang der Havelberger Sparkasse verschließt 75. Gerahmt von seitlichen Glasfugen sitzt sie in der unteren der beiden Öffnungen, die die Giebelfassade gliedern. Für die Breite dieser Öffnungen war sie nicht ausschlaggebend, dagegen gibt sie die Höhe der dadurch gestreckten erdgeschossigen Maueraussparung vor. Das gleich breite, aber quadratische Fenster darüber greift in der Fensteraufteilung in abstrahierter Weise die Gliederung des Portals auf.

Entwurf heute Mit dem Paradigmenwechsel von der „Kunst der Fuge“ zum Weiterbauten und der allmählichen Rückkehr des Ornaments in die Gegenwartsarchitektur sind in den letzten beiden Jahrzehnten auch die Berührungsängste beim entwerferischen Umgang mit Spolien verflogen. Und das nicht nur im rekonstruktiven Neubau, wo in einem Projekt wie der Neuen Altstadt Frankfurt Spolien in Selbstverständnis und Außendarstellung eine zum Teil maßgebende Rolle im Entwurf zukommt. Wiederverwendete Bauglieder werden in Frankfurt, wie ausgeführt, in sehr unterschiedlicher Weise eingesetzt (S.  65ff.); nicht wenige der Spolien werden als Gesimse, Kragsteine, Konsolen oder Wandeinsatz appliziert, ohne darüber hinaus den Entwurf zu prägen. Anders bei Rekonstruktionen, bei denen noch größere Teile zum Wiedereinbau zur Verfügung standen. Paradebeispiel dafür ist die durch Jourdan & Müller rekonstruierte Goldene Waage am Markt  5, ein RenaissanceFachwerkbau mit steinernem Sockel. Für dessen Wiederaufbau konnten die seit 1959 im Erdgeschoss eines Wohnhauses in Dreieich-Götzenhain verbauten Spolien wiederverwendet werden, die nun den tragenden Betonkern verkleiden 144. Um Bestandslücken zu schließen, wurde „Originales mit Nachempfundenem verwoben“.625 Wenn die Berichterstatterin Mirjam Schmidt aber fortfährt, dass

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„die eingebauten Spolien stets“ erlaubten, die Distanz zwischen Rekonstruktion und Original abzuschätzen, so gilt das zwar für das von ihr beschriebene Gebäude, aber nicht für das DomRömer-Ensemble insgesamt. Vielmehr gehört es gerade zu den Charakteristika der Spolienverwendung in der Neuen Altstadt Frankfurts, dass diese von der deutlichen Differenz zum Neubau bis zur kaum unterscheidbaren Anpassung aneinander das ganze Spektrum der Optionen ausspielt und damit die Zeitschichten verfließen lässt. In ähnlicher Weise wie bei der Goldenen Waage haben sich im Haus Zu den Drei Römern am Markt  40 Jordi & Keller zumindest mit den Öffnungen im Betonsockel der Giebelfassade an den Dimensionen der dafür ausgewählten Spolien orientiert 36. Auch die Breite des kleinen Fensters an der Längsseite zum Markt mag in etwa durch die darüber bekrönend eingesetzte Gesimsspolie definiert sein 38, während die Säule, die das Giebelfenster teilt, mittels verlängernden Einfügungen den Gegebenheiten angepasst wurde. Bei den Konsolen, die das hervorkragende erste Obergeschoss der Giebelfassade tragen, ist es für Uninformierte nicht einfach, zwischen den Spolien und Jordis Nachschöpfungen zu unterscheiden. Nicht um An- oder Einpassung ging es beim Haus Markt 30/Hinter dem Lämmchen 3 des Büros Morger & Dettli, und doch war dort die für die traufständige Fassade des Hinterhauses ausgewählte Spolie entwurfsrelevant 145. Die Stockwerkswohnungen haben zum Markt hin in den Obergeschossen jeweils ein Zimmer mit einem Fenster, die Fassade daher eine Achse. Rückseitig funktionierte das nicht, da die

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144 Frankfurt am Main, DomRömer-Projekt, Goldene Waage, im Bau, Jourdan & Müller. Interessant ist die erläuternde Unterschrift des Bilds in der Frankfurter Neuen Presse am 25.02.2016: „Die Arbeiten an der neuen Frankfurter Altstadt gehen voran. Blick auf die ,Goldene Wage‘, die detailgetreu rekonstruiert wird.“ 145 Frankfurt am Main, Hinter dem Lämmchen 8, 2018, Morger & Dettli. Eingestelltes Spolienportal vom ehemaligen Taubenhof. Die Freistellung der Spolie löst sie aus dem Zusammenhang mit der Fassade, deren Struktur sie wesentlich mitbestimmt hat. 146 München-Lehel, Seitzstraße, Wohnbebauung, 2007/2009, Hild und K. Die Straßenfassade ist von der historistischen Vorgängerbebauung übernommen.

Obergeschosse auf dieser Seite zwei Zimmer beherbergen und das Erdgeschoss mit einem Geschäft und dem seitlichen Eingang zur Treppe anders strukturiert ist. Die Lösung ergibt sich aus den drei Achsen der hier eingesetzten Portalspolie: Über dem zentralen Bogen des Eingangs bleibt die Mittelachse in den drei auch hier als Reminiszenz an den Fachwerkbau jeweils vorkragenden Geschossen geschlossen, während die flankierenden Recktecköffnungen in den Obergeschossen aufgegriffen, wenn auch etwas zum Zentrum hin verschoben werden. Der bauliche Zustand der Spolie bedingte allerdings eine Abweichung gegenüber der ursprünglichen Planung: Gedacht war, das wiederzuverwendende Portal tatsächlich als Sockel zu nutzen, doch zeigte sich dann, dass die seit 100 Jahren im Garten des Liebieghauses aufgebauten Teile statisch nicht belastbar waren (S. 68).626 Vor die Wahl gestellt, sie als verblendeten Sockel vor einer versteckten Konstruktion trotzdem einzubauen oder sie dann „ehrlicherweise“ gleich freizustellen und damit die Nichtbelastbarkeit zu zeigen, wählten die Architekten Letzteres – ohne vom Resultat restlos überzeugt zu sein. Jenseits der ganz praktischen Probleme der Sauberhaltung und Reinigung der Abstandsfugen verliert das Fassadenkonzept durch den Eindruck, das Portal ließe sich hin- und herschieben oder auch ganz entfernen, an Stringenz. Dass die Spolien Mittel der Formfindung der Fassade waren und damit gleichsam als eine Art Katalysator fungierten, erschließt sich durch deren Freistellung weniger klar, als wenn sie Teil der Mauer wären. Als „Katalysatoren“ bezeichnet Andreas Hild die Funktion der Spolien in seinem 2007–2009 realisierten Wohnprojekt Klostergarten im Münchner Lehel.627 Auch dort haben die Spolien Maße für den Entwurf vorgegeben, darüber hinaus aber auch das Argument geliefert für das Konzept großzügiger Split-Level-Wohnungen. Als Übernahme von der Vorgängerbebauung erinnern die Spolien in ihrer markanten Form an diese, und zusammen mit der Übernahme der straßenseitigen Fassade tragen sie zur gediegenen Bürgerlichkeit der Neubebauung bei 146, 147. Der Franziskanerorden hatte von seinem Kloster Sankt Anna im Lehel einen Teil der Anlage verkauft, um mit dem Erlös die ihm verbleibenden Hauptgebäude sanieren zu können. Der veräußerte Klostertrakt war 1909– 1911 von Franz Deininger für die Philosophisch-Theologische Hochschule der Franziskaner gebaut worden; nun wurde er größtenteils abgebrochen zugunsten von 33 Luxuswohnungen. Das mit der Planung beauftragte Architekturbüro Hild und  K übernahm von der Vorgängerbebauung die Fassade zur Seitzstraße sowie hofseitig die großen neoromanischen Doppelbögen, die dort im Erdgeschoss zitathaft an einen mittelalterlichen Kreuzgang erinnert hatten und damit ihrerseits Produkt einer mimetischen Entwurfsidee waren. Schon im ausgehenden Historismus erschienen die Zwillingsfenster und die zwischen ihnen aus

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147 München-Lehel, Seitzstraße, Wohnbebauung. Hoffassade mit den Doppelbögen der Vorgängerbebauung

der Wand hervortretenden Strebepfeiler in dem Gebäude, das ansonsten eher den Eindruck eines frühmodernen Zweckgebäudes denn eines mittelalterlichen oder historistischen Klosters vermittelte, als motivische Referenz auf die Tradition der Bauaufgabe Kloster sowie auf die benachbarte neoromanische Pfarrkirche Sankt Anna 148. Im Neubau des 21. Jahrhunderts sind die materiell wiederverwendeten Biforen nicht nur eine bildliche Reminiszenz an das, was vorher dort war. Auch architektonisch geht ihre Funktion darüber hinaus, als pars pro toto den von Andreas Hild genannten „Zauber“ der alten Substanz auf den Neubau zu übertragen.628 Vielmehr haben die Spolien den architektonischen Entwurf entscheidend mit generiert. Gestaffelt versetzt auf fünf Niveaus, definieren und markieren die wiederverwendeten Doppelbögen die Höhe der Split-Level-Wohnungen 149 und geben – wie im Vorgängerbau – in der Breite den Rhythmus der Hoffassaden vor, wobei einem Doppelbogen jeweils drei Fensterachsen am Neubau entsprechen. Ohne die Wiederverwendung der Bögen wäre die Idee von Wohnungen mit fünf Meter hohen Räumen nicht durchzusetzen gewesen; Hild bezeichnet die Spolien daher

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148 München-Lehel, Philosophisch-Theologische Hochschule der Franziskaner, 1909–1911, Franz Deininger. Schon damals wirkten die Doppelbögen zitathaft.

149 München-Lehel, Seitzstraße, Wohnbebauung. Die Doppelbögen begründen die Split-Level der Wohnungen.

als „Katalysatoren“. Sie auf einer Linie wieder einzubauen, war nicht infrage gekommen, da die Geschosse zu hoch geworden wären. Die Spolien seien damit zum Generator der Verschiebung geworden, was die konkrete Konstellation vor Ort ermöglicht habe: „Die Denkmalpflege will das Haus erhalten, der Investor braucht ein Geschoss mehr. Das könnte man machen, indem man die Doppelbögen wiederverwendet. Dann hat die Denkmalpflege sie physisch erhalten, der Investor ein knappes Geschoss mehr, es gibt irgendwie ganz tolle Wohnungen, und für die Klosterbrüder wird in irgendeiner Art und Weise noch eine Erinnerung an den Klostergarten, an den sie angrenzen, transportiert.“629 Zugleich ermöglichte der Verfremdungseffekt der diagonal versetzten Biforen eine gestalterische Annäherung an den Altbau in anderen Bereichen. „Wir haben denselben Besenstrichputz verwendet, die Faschen im Neubau sind genauso breit wie die des Altbaus, und es entsteht trotzdem überhaupt keine Gefahr, dass es wie ein Rekonstruktionsversuch wirken könnte.“630 Die Spolien begründen hier also die Differenz zur Rekonstruktion, schaffen aber zugleich durch ihre auffällige Form Ähnlichkeiten: Sowohl am Alt- wie am Neubau sind bzw. waren die Biforen die größten und einzigen rundbogigen Fassadenöffnungen, als solche sind sie Aufmerksamkeitszentrum und bestimmend für den Fassadeneindruck – daher auch die Übernahme gerade dieser Bauteile. Zum anderen erlaubt ihr gegenüber der Erstverwendung differenter Einsatz, der durch die Dominanz dieses Bauglieds sogleich augenfällig ist, den Architekten in Farbe und Struktur des Verputzes und der Fensterfaschen weitere Ähnlichkeiten zum Vorgänger und zur weiterbestehenden Straßenfassade. Das Gebäude als Ganzes gewinnt – oder behält – damit eine Einheitlichkeit, ohne eine simple Formübernahme zu evozieren. Durch die Verwendung von Spolien den Entwurf so zu gestalten, dass der Neubau zwar als solcher

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erkennbar ist, zugleich sich aber nicht nur in die städtebauliche Struktur, sondern auch in das Stadtbild als konform einfügt, hat das Büro Hild und K zuletzt an der Werderstraße in Nürnberg erneut erprobt.631 In der gründerzeitlichen Stadterweiterung war eine Wohnüberbauung mit sechsgeschossigem Vorderhaus und dreigeschossiger Hofbebauung zu errichten. Dafür mussten die Vorgängerbauten weichen. Diese hatten straßenseitig die für die Architektur des Historismus in der fränkischen Metropole typischen Fassaden aus rot-grauen Sandsteinquadern mit profilierten Fensterumrahmungen, wie das die beiden Nachbarhäuser der Neubebauung noch heute zeigen 150. Diese Sandsteine wurden wiederverwendet, um die vier erkerartig aus der Fassade hervorkragenden und sich turmartig über die Traufe erhebenden Balkonachsen der Straßenfassade zu verkleiden. Dazu wurden die 80 Zentimeter dicken Quader zersägt und als Platten verarbeitet, was ihre neu wirkenden Oberflächen erklärt. Nur die profilierten Teile wurden soweit möglich mit der Originaloberfläche als Gewände der Balkone verarbeitet und zeigen nun an, dass es sich um wiederverwendetes Material handelt. Hinzu kommen kielbogige Maßwerkbekrönungen sowie Konsolengesimse der einstigen Fenster, die in unregelmäßiger Verteilung wechselnd in die Balkonbrüstungen eingelassen sind 151. Schließlich sind auf der Brüstungshöhe der untersten Balkone zwischen diese in die verputzte Wandscheibe, in der sich jeweils eine Achse französischer Fenster öffnet, Gesimsstücke gefügt. Während die Wiederverwendung der Sandsteinplatten und -profile zur Verkleidung der Balkone, die dadurch an Erker erinnern, konsistent erscheint, wirken die Gesimsglieder dazwischen fremd und zufällig. Das liegt insbesondere daran, dass sie die eigentlich zu erwartende Funktion des Gesimses, das Erdgeschoss abzuschließen, nicht erfüllen. Dieses ist zwar als Sockelgeschoss im Verputz farblich abgesetzt, reicht aber logischerweise nur bis zur Schwelle der bodentiefen Fenster des ersten Obergeschosses, wodurch die höher eingesetzten Gesimse zu schweben scheinen. Die Spolien im Wohnprojekt Werderstraße dienten nicht als Katalysatoren des Entwurfs, der abgesehen von der straßenseitigen Fassadenoberfläche auch ohne sie hätte gebaut werden können. Sie selbst verändern sich durch die Wiederverwendung sehr stark, ihr Material wurde transformiert, wenn auch nicht – wie am Berliner Bikini-Haus – „verdaut“ (S. 183). Andreas Hild spricht von „ikonografischem Urban Mining“632 im Sinn eines Rückgriffs auf den Bestand als Ressource und anthropogene Lagerstätte, aber eben nicht nur als Rohstofflager, sondern auch als bildprägendes Material, das bestimmte Vorstellungen von Nürnberger Gründerzeitwohnhäusern transponiert und daher nach

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150 Nürnberg, Werderstraße, Wohnbebauung, 2019, Hild und K. Die Fassadenquader der Vorgängerbebauung wurden zur Verkleidung der Balkone wiederverwendet, sodass sich der Neubau in der Materialität dem Bestand des Quartiers angleichen soll.

151 Nürnberg, Werderstraße, Wohnbebauung. Profilierte Fassadenglieder des Vorgängers sind als Gesimse und Dekorationselemente wiederverwendet. Die Quader sind aufgesägt und als Balkonverkleidung verbaut.

der Wiederverwendung partiell wieder erkennbar sein muss. Dazu Andreas Hild: „,Urban Mining‘ darf deshalb nicht bei der bloßen Weiterverwendung bestimmter Materialien verharren, sondern erfordert einen bewussten Umgang mit der vorhandenen Zeichenwelt und den darin gebundenen Erinnerungen.“633 Dabei geht es nicht um eine erinnernde Referenz an die Vorgängerbebauung, sondern darum, dass sich der Neubau trotz veränderter Dimensionen und erhöhter Geschosszahl durch die Spolien und das über sie evozierte Bild in die Straße einfügen soll. Spolienaffine Technik

In besonderer Weise scheint die Technik des Fügens die Spolienverwendung (und die Spoliation) zu begünstigen. Zu erinnern ist an Fachwerkbauten und die implizierte Option der De- und Remontage (S. 130). So sind Spolien auch und besonders in Projekten, in denen die Wände des Neubaus aus ihnen gefügt werden, entwurfsprägend. Das sogenannte Lesezeichen in Magdeburg-Salbke ist dafür beispielhaft (S. 143). Die Metallfassade, die als Hülle des Stadtmöbels die innere holzverkleidete Ruhezone umgibt, ist komplett aus den charakteristischen Alu-Formmodulen der Horten-Warenhäuser gefügt 106. Auch die Unterkonstruktion der Fassade in Hamm konnte weitergenutzt werden, nachdem die notwendige Materialprüfung ergeben hatte, dass sie statisch in Ordnung war. Erneuert wurde lediglich die Beschichtung der Alu-Kacheln, die daher neuwertig erscheinen. Sie bilden das Grundmodul des ganzen Entwurfs, das auch die Maße der Vitrinen und der grün verglasten Sitznischen vordefiniert. In Zahl und Anordnung der Module waren die Entwerfer allerdings frei, womit sie einen größeren gestalterischen Spielraum hatten als das baubüro in situ oder das Büro Rotor in ihren Wiederverwertungsprojekten. Erstere charakterisierten ihr Projekt als umgekehrten Entwurfsprozess,

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Treppe Orion Zürich

Dachaufbau Ziegler Druckerei Winterthur

Fassade Blech Ziegler Druckerei Winterthur

Stahlstruktur Zellweg Uster

Fenster Orion Zurich Granitplatten Orion Zürich

Fenster Werk 1 Winterthur

Fenster Ziegler Druckerei Winterthur

Letztere sehen laut Lionel Devlieger, einem der Mitbegründer von Rotor, ihre Arbeiten als „architecture à l’envers“.634 In situ beschreibt beim Entwurf mit und aus Baubüro in situ Zürich | Hohlstrasse 400 8048 Zürich | 044 451 98 80 | Halle 118 | 29.06.2018 | Baugesuch | 9. Recyclingmaterial bei der Sanierung und Aufstockung des Kopfbaus zur Halle 118 auf dem Winterthurer Lagerplatz-Areal 152 den „Arbeitsaufwand für das Finden, Ausbauen, Lagern und Transportieren der Bauteile“ als „enorm. Das Vorgehen von in situ gleicht der Umkehrung eines gängigen Entwurfsprozesses – was verfügbar ist und passt, determiniert die Gestaltung“.635 Für die Arbeit des Büros Rotor sei bemerkenswerterweise die Lektüre des Aufsatzes zur Spoliengesetzgebung der Spätantike (S.  135) des Byzantinisten und Architekturhistorikers Joseph Alchermes sinngebend gewesen, führe dieser doch „démolition“ und „patrimoine“ zusammen.636 Das Interesse am baulichen Erbe wird gerade durch die Spoliation geweckt. Devlieger unterscheidet vier Motivationen der Recyclingpraxis, denen

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152 Winterthur, LagerplatzAreal, Erweiterung des Kopfbaus der Halle 118 des einstigen Industriegeländes, baubüro in situ. Konzept und Herkunft der Materialen. Zeichnung Benjamin Poignon

153 Berlin, Tempelhofer Feld, Pavillon bauhaus reuse, 2012, Zukunftsgeräusche. Die Fensterelemente stammen von der Sanierung des Dessauer BauhausGebäudes in den 1970er Jahren.

sich das Büro Rotor jeweils kombiniert in unterschiedlichen Graden bedient: die meist ökonomisch bedingte praktische Wiederverwendung, die Zirkulation standardisierter, leicht zu reinigender und wieder einzusetzender Objekte (Quader, Ziegel etc.), die Wiederverwendung wegen der Kostbarkeit oder des Alters und der Patina des Materials sowie schließlich die gesellschaftliche Alternative in der Tradition von Drop City (S.  141). In dieser Tradition der Bricolage als alternatives Statement steht seit 2012 auch der Pavillon bauhaus reuse vom Büro Zukunftsgeräusche auf dem Tempelhofer Feld in Berlin 153.637 Die Fenster stammen aus der vorletzten Sanierungsphase des Bauhaus-Gebäudes in Dessau und wurden zwischen zwei Hapag-Lloyd-Containern montiert, die man wählte, weil ihre Maße einigermaßen zu denen der Fenster passten. Dazu kamen als Fußboden Holzstege von der Brachfläche des ehemaligen Palasts der Republik. Das Fügen geht auch bei Wang Shu und Lu Wenyu als adäquate Technik mit der Verwendung von Spolien einher. Neues Material und Spolien sind im Historischen Museum in Ningbo in unregelmäßiger Weise zusammengefügt, wobei nicht feststehenden, vorgeplanten Mustern gefolgt wurde, sondern aus dem handwerklichen Prozess Zufallsfügungen entstanden.638 Indem das Architektenpaar einen Teil der Verantwortung für das Aussehen des Endprodukts an die Handwerker abgab, knüpfte es an Traditionen des vernakulären Bauens an, zugleich ist die damit einhergehende Verlangsamung des Bauprozesses ein bewusst widerständiges Element gegen die enorme Geschwindigkeit, mit der heute in China Neubauten hochgezogen werden.639 Wang Shu und Lu Wenyu führen also in ihren Spolienbauten verschiedene Elemente kritischer Reflexion des aktuellen Baugeschehens zusammen. Gemeinsam mit den meisten der jüngeren Entwürfe von Spolienarchitektur haben sie, dass es die Zerstörung – die Spoliation – ist, die zum Entwerfen mit Spolien anregt. Nicht das bedeutungsvolle Objekt inspiriert – wie etwa beim Berliner Staatsratsgebäude – zur Wiederverwendung, sondern die kritische Sicht auf Zerstörung bestehender Bausubstanz, seien das massenhaft ausgetauschte Fenster oder aber Vorgängerbebauungen, die neuen Projekten weichen müssen.

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Fazit: Spolienverwendung und Spoliation als kulturelle Praxis

Weil die Wiederverwendung von Baumaterial etwas Naheliegendes und über lange Zeit Selbstverständliches war – und es aktuell wieder verstärkt wird –, sind auch die Gründe mannigfach, warum man einzelne Teile als Spolien, das heißt sichtbar und bewusst intendiert, wiederverwendete und weiterhin wiederverwendet. Das Phänomen erlaubt entsprechend unterschiedliche Betrachtungsweisen, das Material schier unbegrenzte Möglichkeiten, es zu gruppieren und zu kategorisieren. Für die Analyse kultureller Techniken ist es grundlegend, Instrumente zur Distinktion der Phänomene der realen Welt zu beschreiben.640 Spolien sind Medien der Distinktionserzeugung. Eine in den obigen Kapiteln immer wieder angesprochene elementare Differenzierung unterscheidet in der gestalterischen Beziehung zwischen dem Neubau und der Spolie, ob sich diese zu jenem integrierend oder distinguierend verhält. Die integrierende Verwendung setzt voraus, dass der Neubau mit der Spolie und damit mit ihrem Herkunftsbau gestalterische Elemente teilt, mit der Spolie folglich Ähnlichkeit erzeugt wird. Handelt es sich dabei um eine rekonstruierende Spolienverwendung, geht es um die Re-Inszenierung des alten, vertrauten oder erinnerten Platz- und Stadtraums. Den formalen Gegenpol dazu bildet die Dekonstruktion als radikale Variante der distinguierenden Spolienanwendung. Generell haben beide die durch die sichtbare Verwendung angestrebte Steigerung der Aufmerksamkeit gemein: Spolien sind Aufmerksamkeitserreger. Als Objekte machen sie durch ihre Präsenz aufmerksam auf den Ort ihrer Verwertung, regen an zur Frage, wie das Ding an den Ort kommt und wo bzw. in welchem Zusammenhang es verfügbar gemacht wurde. An einem neuen Bauwerk ist die Spolie ein Mittel der Hierarchisierung: Die Stelle, an der sie angebracht ist, wird – positiv oder negativ – hervorgehoben. Bezogen auf das Gebäude und seine Positionierung gilt oft, dass der Ort, an dem sich ein Bauwerk befindet, das Spolien nutzt, insofern akzentuiert wird, als die Spolie zur Frage nach lokalen Gründen der Verwendung anregt. In scheinbar konträrer Verweisstruktur können Spolien daher sowohl zur örtlichen Kontinuitätsbehauptung als auch zur zeichenhaften Verbindung einander ferner Orte zum Einsatz

Fazit: Spolienverwendung und Spoliation als kulturelle Praxis

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154 Winterthur, Bauteildemontage im Werk 1 zur Wiederverwendung im Kopfbau der Halle 118 durch das baubüro in situ

kommen.641 Aus dem Objekt und seiner Verwendung allein ist meistens nicht direkt zu entscheiden, wofür es steht, dazu braucht es zusätzliche Informationen. Beide Verweisrichtungen verbindet aber in der Regel die negative Veränderung des Herkunftsobjekts der Spolien: Sei das bei der Wiederverwendung am Herkunftsort, wo die Spolien in der Regel als einzige Reste für den Vorgängerbau zeugen, oder sei es in der Ferne, wo die versetzten Teile nun fehlen. Insofern bleiben Spolien mit dem Gewalttätigen des ursprünglichen Begriffs verhaftet.642 Die Praxis der Spoliation – des Herauslösens von Bauteilen aufgrund ihrer Bedeutung, als Kritik an der Zerstörung des Herkunftsobjekts oder generell der Ressourcenverschwendung – steht am Beginn der Wiederverwertung 154.

Präsenz und Absenz Die materielle Präsenz der Spolie verweist somit auf etwas Abwesendes. Die Spolie als Medium vermittelt zwischen Präsenz und Absenz; sie ist ein Zeichen, das für das Abwesende steht, schafft über ihre Materialität aber zugleich eine neue, transformierte Präsenz des Abwesenden. Spolien entfachen ein Spiel von Präsenz und Sinn, das wir mit Mersch als Paradox der Verkörperung bezeichnet haben (S.  178). Daran anschließend ließe sich im Spolienbau in Anlehnung an Michael Taussig der geliehene Körper sehen, dessen Ziel es ist, die Präsenz abwesender Körper und abwesender Dinge heraufzubeschwören.643 Präsent sind sie als das materiell Andere, das zu Fragen und immer neuen Interpretationen anregt. Sie leisten das, was der Historiker und Theologe Johann Martin Chladenius schon

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1752 als Denkmal definierte: „[…] wenn etwas vorhanden ist, welches die Kinder veranlasset ihre Eltern nach der Ursache und Bedeutung zu fragen“.644 Die Antworten auf diese (nicht nur von Kindern gestellten) Fragen sind zeit- und kontextabhängig, die Spolien daher polyvalent und die ihnen zugeschriebenen Bedeutungen ambig. Durch ihre sichtbare Differenz zum restlichen Bauwerk deuten sie auf das komplexe Verhältnis von Gegenwart, der Entstehungszeit der Spolie und deren Herkunft sowie Vergangenheit. Der Präsenz-Begriff ist im Deutschen wie in den romanischen Sprachen indifferent und umfasst sowohl räumliche Gegenwart wie zeitliche Anwesenheit. Präsent ist Hier und Jetzt, ist Verfügbarkeit. Die Spolie ist präsent, ist als Teil aus der Vergangenheit (und möglicherweise von einem fernen Ort) hier und jetzt verfügbar, verfügbar gemacht worden zur Wiederverwendung. Die Verfügbarmachung beinhaltete einen Akt der Bewegung des eigentlich Immobilen. Immer wieder waren und sind Bewegung, Transfer und Performanz Thema der Berichterstattung über Spolien. Das Versetzen, Heben, Arretieren schwerer Lasten wird durch die Spolien in der fertigen Architektur als Ausdrucksqualität erfahrbar.645 Julius Poseners Diktum zur Neuen Nationalgalerie in Berlin ließe sich diesbezüglich auch auf Spolienbauten insbesondere der Vormoderne übertragen: „Das Staunen soll im fertigen Bau dem Beschauer erhalten bleiben.“646 Damit ist Bewegung – neben dem Genius loci – das zweite zentrale Moment der Spolienverwendung. Das Bewegen der Architekturglieder schafft Beziehungen zwischen Orten und Zeiten, und die Spolien sind die wieder verfestigten, aber gleichwohl sichtbaren Zeugnisse dieser Bewegung. So gewinnt bei den verschiedenen bedeutungsgeladenen Translationen die angestrebte Übertragung der Würde durch den materiellen Nachvollzug an Sichtbarkeit und durch den Einbau der Bauglieder an Gegenwärtigkeit und Kontextualität.

Rekonditionierung Drittes Hauptmoment ist die mit dem Verfügbarmachen unabdingbar verbundene Zerstörung. Was hier verfügbar ist, fehlt dort und ist damit oft Zeichen des Verlusts. Historisch steht am Beginn der Spolienverwendung allerdings nicht der Verlust, sondern eine neue Ästhetik, die zeitgleich im 4.  Jahrhundert auch die bildende Kunst und die Dichtung prägte; sie wurde als Ästhetik der Diskontinuität, als „dissonant echoing“ und „the production of meaning by fragmentation“ beschrieben und findet im gleichzeitig aufkommenden Reliquienkult einen über die Ästhetik hinaus wirkende geistesgeschichtliche und handlungspraktische Parallele.647 Noch in der Spätantike folgen aber Hinweise auf die Verwendung von Spolien aus Verlust­erfahrungen, etwa wenn es in einem Erlass von Kaiser Majorian aus dem Jahr 458 heißt: „Denn was auf keine Weise wiederhergestellt werden kann, soll wenigstens zum Schmuck irgendeines andern öffentlichen Gebäudes verwendet werden.“648 Aufgrund dieser in der Spolienverwendung auch immer latenten Präsenz des Verlusts wird insbesondere in den jüngeren Beispielen die Spoliation und/oder das Sammeln von Abbruchmaterial nicht selten als kritischer Umgang

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mit der Zerstörung und mit unserer Wegwerfgesellschaft verstanden. Spä­­ tes­tens seit Drop City (S.  141) ist die verwendung daher auch eine Spolien­ Technik der Kulturkritik. Aber auch die als Spolien wiederverwendeten Dinge selbst verändern sich durch die Spoliation. Sie werden passend gemacht für den Wiedereinbau und sind damit im veränderten Kontext etwas anders, als sie zuvor waren. Meistens sind sie auch in der materiellen Existenz etwas anderes als das Ding, das zur Spoliation ausgebaut wurde. Säulen werden – wie jüngst noch in Potsdam – gekürzt, Köpfe von Skulpturen überarbeitet wie am Konstantinsbogen und in vielen anderen antiken Reliefs. So haben die römischen marmorarii insbesondere im frühen 13.  Jahrhundert antike Reliefs dem Zeitgeschmack entsprechend aufgearbeitet und ins liturgische Mobiliar integriert zur Schau gestellt 155.649 Vielfach wurden und werden Objekte aufgefrischt, ergänzt und erneuert wie die Fenster für das EU-Gebäude in Brüssel. Die „,Rekonditionierung‘ im Sinn einer technischen Ertüchtigung“ geht dort mit dem „Refurbishment“ einher, einer „auf die äußere Erscheinung abhebende[n] Aufarbeitung“.650 In der materiellen Anpassung an den Neubau sind die Spolien Bauglieder wie die neuangefertigten Stücke, die ebenfalls passend gemacht werden müssen. Was sie von diesen aber signifikant unterscheidet, sind die den Spolien zuschreibbaren Bedeutungen. Dadurch, dass sie sichtlich von anderswo und aus einer anderen Zeit stammen, stellen sie Verbindungen durch Raum und Zeit her, die zu Deutungen einladen. Geschenk-, Raub- und Trophäennarrative, aber auch Erinnerungs-, Memorial- und Wiedergewinnungserzählungen sowie besonders die Translationsund Aneignungskonzepte zeugen davon. Allerdings sind diese Deutungen offen, soweit sie nicht explizit inschriftlich in Verbindung mit dem Objekt fixiert sind oder – wie in Genua und Pisa – die schon früh durch Annalen verschriftlichte kommunale Erinnerung den Subtext zu den auf- und ausgestellten Trophäen und Erinnerungsstücken lieferte.651 Diese Offenheit hat zur Folge, dass andere, alternative und zusätzliche Bedeutungen, Gegennarrative und Umcodierungen, aber auch die Ablösung von Interpretationen möglich sind und die Präsenz des sichtbar anderen Objekts zu solchen Bedeutungsanreicherungen anregt. Die Sperrigkeit des Materials fördert Ambiguitäten; Dale Kinney sprach von historischer Diplopie, dem gleichzeitigen Sehen zweier Bilder.652 Das gibt den Spolien ein kritisches und subversives

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155 Rom, Kapitolinische Museen, Amboplatte aus der Kirche Santa Maria in Capitolio, 13. Jahrhundert. Die Marmorplatte mit den Reliefszenen aus dem Leben des Achill ist spätantik, die Inkrustationen sind hochmittelalterlich aus der Zeit der Wiederverwendung als Ambo-Platte.

Potenzial, verweist aber auch auf moralische und ethische Aspekte ihrer Verwendung und Deutung.653 Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Plinteninschrift, die im Spätmittelalter die Tetrarchengruppe an San Marco in Venedig kommentierte und die handlungskritisch zum Nachdenken auffordert: „L’uomo può fare e dire: nel pensare veda quello che gli può capitare“ (S. 175).654 Spolien sind also selten eindeutig. Das zeigt seitens der Erklärung ihrer Verwendungsmotivation anschaulich die bis heute kontroverse Debatte um den Kon­­ stantinsbogen (S. 31f.) sowie seitens der rezeptiven Interpretation das ehemalige Staatsratsgebäude in Berlin mit seinen kontextbedingt immer neu hinzukommenden Bedeutungsschichten (S. 39). Folgt man der oben ausgeführten Erklärung, so hat schon in der Casa dei Crescenzi in Rom (S. 63f.) die Konsolenspolie mit den bacchantischen Szenen den hochmittelalterlichen Erbauer Nicolaus zu verrätselten Geschichten angeregt, als wollte er kommunizieren „Achte auf die Spolien, es sind keine beliebigen Bauteile, sondern sorgsam ausgewählte Stücke, denen ein Sinn im Ganzen zukommt“.655

Die Magie der Spolien Als besondere Bauteile wurden und werden den Spolien zuweilen auch besondere Wirkungen und Fähigkeiten zugeschrieben. Mehrfach angesprochen wurden apotropäische Deutungen von Spolien, seien das „heidnische“ Kapitelle in der Marienkirche in Trastevere (S.  109) oder unverständliche bzw. schwer leserliche Inschriften an Fassaden von Sakralbauten wie jener an der Marienkirche bei Montasola in den Sabiner Bergen oder der Moschee el-Kasr in Tunis (S. 115). Was oftmals deutend allein aus der Lage der Spolie zu erschließen ist, wird manchmal auch chronikalisch und literarisch bezeugt, so in Venedig, wo der nicht zufällig an der Ecke des Schatzgebäudes von San Marco eingebauten Tetrarchengruppe 128 besondere apotropäische und animistische Kraft zugeschrieben wurde.656 Gemeinsam ist diesen Beispielen, dass es jeweils keine Architekturglieder sind – bzw. bei den Kapitellen nicht ihre architektonische Funktion, sondern die bildliche Zierde –, die entsprechende Deutungen erfuhren. Es waren Bildwerke oder Schriftzeichen wie die Inschrift aus Vitodurum in Konstanz (S. 114), die im Mittelalter als Heiltum galten und – wie Leonardo Bruni während des Konzils beobachtete – von Frauen wie Reliquien berührt wurden.657 Es handelte sich also durchwegs um Werkstücke mit direktem Personenbezug, womit zu vermuten ist, dass diese Spolien als Repräsentanten einer durch sie wirkenden personalen Macht gesehen wurden. Bei der Tetrarchengruppe kam zusätzlich das Material Porphyr hinzu, das als Sondermaterial aus nicht mehr zugänglichen Steinbrüchen und durch die besondere Härte des Materials zunehmend mystisch erschien.658 Die dem Material zugeschriebene taumaturgische Kraft wird in diesem Kontext deutlich aus dem Gedicht „Argoa Voluptas“ des venezianischen Patriziers Pietro Contarini von 1541, in dem er die farbigen Marmore der Fassade von San Marco unter Bezug auf Plinius deutet und ihre heilende Kraft erklärt.659 Wiederverwendeten Porphyr überhöhte auch Abt Suger, der in De administratione beschrieb, wie er ein Gefäß aus Porphyr,

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das „viele Jahre hindurch nutzlos in einem Kasten gelegen hatte“, vom Goldschmied zu einem adlerförmigen Altargefäß umgestalten und darauf die Inschrift eingravieren ließ „Includi gemmis lapis iste meretur et auro, / Marmor erat, sed in his marmore carior est.“ („Dieser Stein verdient es, mit Edelsteinen und Gold eingefasst zu werden: Marmor war er, doch in diesen [Einfassungen] ist er kostbarer als Marmore.“)660 Hier war es die Weiterverarbeitung, die das wiederverwendete Material veredelte und einen Mehrwert generierte. Die besondere Wirkung, die man antiken Gemmen im Mittelalter in der Wiederverwendung zuschrieb, wird nicht zuletzt in zentralen Einfügungen in wertvollste vasa sacra deutlich. Beispielhaft seien nur zwei liturgische Preziosen genannt, die einst zum Basler Münsterschatz gehörten: das sogenannte Heinrichskreuz und eine Goldfigur von König David. Das Heinrichskreuz ist eine crux gemmata, das heißt ein mit zahlreichen Edelsteinen, Perlen und Glasflüssen verziertes Goldkreuz, das eine von Kaiser Heinrich II. geschenkte Heiligblutreliquie enthalten soll. Das Zentrum am Kreuzungspunkt der gleichseitigen Kreuzarme nimmt eine römische Chalzedon-Phalera ein, die im römischen Heer ein Ehrenzeichen war 156. Es handelt sich um ein dem Bergkristall ähnliches Quarzmineral, in das eine Maske geschnitten ist, die nun im Reliquiar mit der Herrenreliquie wohl auf Christus verwies.661 Sie wird heute im Berliner Kunstgewerbemuseum aufbewahrt. Noch bemerkenswerter ist die in Basel verbliebene König-David-Goldfigur, in die als Gesicht eine antike Gemme mit einem Medusenhaupt eingelassen ist.662 Neben der Wertschätzung der antiken Dinge geht es beim manipulierenden Umgang mit ihnen auch um die Bewältigung der Antike und ihrer lange Zeit mit Unbehagen registrierten künstlerisch-technischen Überlegenheit. Noch die Versetzung des vatikanischen Obelisken durch Domenico Fontana war, wie ausgeführt (S.  169), nicht zuletzt ein Unternehmen, das bezweckte, den Stachel heidnischantiker bautechnischer Überlegenheit im Fleisch des päpstlichen Roms zu ziehen. Spolienverwendung war damit auch eine Praxis, „in einen aktiven Umgang mit antiken […] Überresten einzutreten, um diese in ihrer immateriellen Wirkung kon­­ trollieren oder neutralisieren zu können“.663 Magische Aspekte begründen auch die Häufigkeit, mit der Spolien vor allem in Venedig im Zusammenhang mit der Ahndung von Kapitalverbrechen standen. Ort der Strafe waren sowohl die pilastri acritani als auch und vor allem die beiden Säulen auf die Piazetta 20, wohin die einst bei San Giovanni in Bragora gelegene Gerichtsstätte verlegt worden war und wo politische Gegner enthauptet

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156 Heinrichskreuz aus dem Basler Münsterschatz, 11. Jahrhundert, heute Berliner Kunstgewerbe­ museum. Im Zentrum befindet sich eine römische Chalzedon-Phalera, die einst im römischen Heer ein Ehrenzeichen war.

wurden.664 Spätestens seit Beginn des 18.  Jahrhunderts resultierte daraus die Redensweise „Guardati dall’intercolumnio“. Dieselbe Quelle führt weiter aus, die Adligen seien so abergläubisch, dass sie selbst für einen Schatz nicht zwischen den Säulen durchgehen würden, weil sie glaubten, der Galgen sei unvermeidlich, wenn sie es doch täten.665 Bis heute sollen manche Venezianer den Durchgang zwischen den beiden Säulen meiden.666 Dagegen ist die „Magie der Spolien“, die in exemplarischer Weise in der Neuen Altstadt in Frankfurt am Main als „lebendige Boten der Vergangenheit“ wirksam sein soll, harmlos.667 Gleichwohl scheinen, wenn man die Argumentation mit Spolien in den Begründungen solcher Altstadtrekonstruktionen verfolgt (S. 65), mit der Wiederverwendung an Kontaktmagie erinnernde Vorstellungen verbunden zu sein.

Kompensation und Authentizitätsversprechen Jedenfalls zeugen die Argumentationen vom Bemühen, mittels der Spolien die Zeitdifferenz zu überbrücken, vom Versuch also, in „altehrwürdiger Verkleidung und mit […] erborgter Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen“.668 Auch wenn man dem verbreiteten Rekonstruktionswesen mit der Historismuskritik des 19. Jahrhunderts gewiss nicht mehr gerecht wird, zielt Karl Marx’ prägnante Formulierung auf den Kompensationsaspekt, der ebenfalls ein Movens der Spolienverwendung ist. Der Kompensation des Verlorenen im Augenblick, in dem etwas Neues entsteht, und der Beruhigung der Gemüter jener, die mehr den Verlust betrauern als das Neue bewundern, dienten Spolien beim Bau des Petersdoms im 16. und 17. Jahrhundert, als die Proteste gegen den Abbruch der kon­­­stantinischen Basilika nicht zuletzt durch die Wiederverwendung von Bauteilen aus ihr besänftigt werden sollten. Gleiches gilt für den Ersatz der DDR-Warenhäuser in Leipzig und Dresden zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Ging es da jeweils um die erinnernde Überbrückung des Bruchs, so in anderen Fällen um dessen Verschleierung mittels Spolien. Nicht ermitteln können wir, wo dieses Verfahren wirklich erfolgreich war. Bemerkenswert ist aber, dass das Unbehagen an extensiver und rekonstruierender Neuverbauung von Bauteilen bereits das „Ende der Stadtforschung“ befürchten ließ.669 Tatsächlich führte die Wiederverwendung von Portalen, Gewänden und im konkreten Fall insbesondere von Mauerankern mit Jahreszahlen schon dazu, dass entsprechend aufgerüstete Häuser aus den 1930er Jahren am Kölner Buttermarkt als Altstadtbauten ins Denkmalverzeichnis Eingang fanden.670 Es sind dies extreme – und zugleich besonders erfolgreiche – Beispiele für das Authentizitätsversprechen durch Spolien. Authentizität sollen Spolien auch in vielen jener Beispiele evozieren, die nicht auf Täuschung angelegt sind. Mal sollen sie die historische Anmutung des Wiederaufbaus nach einer Kriegszerstörung um eine authentische Komponente bereichern und materiell die Brücke zur Situation vor dem Verlust herstellen, mal mittelalterlichen Preziosen fern von Europa ein auratisch aufgeladenes Ambiente verleihen. Zuweilen spielt der Ortsbezug eine tragende Rolle, stets aber verknüpft das Objekt durch seine Gestalt den Ort mit

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der Zeitdimension. Manchmal soll die Spolie auf eine bestimmte Zeit verweisen, oft erscheint das aber von untergeordneter Bedeutung; was zählt, ist die dinglich beglaubigte Vergangenheit des Orts oder aber die andere Zeit, die in irgendeiner Weise als Maßstab und Referenz aufgerufen wird. Spolien sind Medien, verstanden als Artefakte, durch die „etwas zur Erscheinung gelangt, Darstellungen gegeben, Bezüge hergestellt und Bedeutungen hervorgebracht werden“.671 Definierend ist für Spolien die sichtbare Präsenz als Objekt aus einem ursprünglich anderen baulichen Zusammenhang. Ihre physische Existenz ermöglicht die Gleichzeitigkeit von Sinn- und Präsenzeffekten.672 Das kulturwissenschaftliche Interesse an Spolien gilt folglich der gesellschaftlichen Symbolproduktion ebenso wie ihren übergreifenden Identifikationsangeboten.673 Spolien dienen für Bedeutungszuweisungen und Geschichtskonstruktionen ebenso wie für Phänomene des Zeigens, des Verweisens und des Verkörperns. Sie sind Zeugnisse und Erinnerungsmale ebenso wie Gestaltungselemente, Akzidenzien oder entwurfsbestimmende Maßstabgeber. Sie verweisen als Architekturglieder aber ebenso auf die Bewegung des eigentlich Immobilen, auf das Verrücken, Verschieben und Translozieren, und deuten damit auch auf die andere Seite des Prozesses, insbesondere die (zumeist negativen) Veränderungen am Herkunftsort. Die Spoliation kann die sorgsame Bergung kostbarer Teile, die Demontage im Zug eines planmäßigen Abbruchs, eine Fragmentierung oder Beraubung sein. Sie kann allein die Materialgewinnung oder die bedeutungsgeladene Translation bezwecken, kann lange vorbereitet sein zur Gewinnung der Spolie oder das Interesse an Wiederverwendung erst durch die Spoliation wecken. Stets beginnt mit dieser Entfernung des Objekts das, was dann mit seiner Wiederverwendung in der beschriebenen vielfältigen Weise zur Wirkung gelangt. Das ist es, was Spolien von Architekturzitaten unterscheidet, was ihre ureigenste Leistung ist. Mit Kevin Lynch, der wie andere Architekten der Spätmoderne in der Wiederverwendung von baulichen Fragmenten moderne-skeptisch ein Mittel sah, um der Eintönigkeit homogener Neubaugebiete kontrastierende „time-deep areas“ entgegenzustellen, kann man ihr ästhetisches Ziel darin sehen, den Kontrast und die Komplexität zu erhöhen und den Prozess der Veränderung sichtbar zu machen: „The esthetic aim is to heighten contrast and complexity, to make visible the process of change.“674

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Attali 2016, S. 14f.; www. baunetzwissen.de/fassade/ objekte/buero-verwaltung/ sitz-des-europaeischenrats-in-bruessel-4526117 (13.11.2019) Petzet/Heilmeyer 2012; an der 16. Biennale 2018 u.a. im dänischen Beitrag „Possible Spaces“, aber auch im Projekt „Building A Future Countryside“ im Pavillon der Volksrepublik China Choppin/Delon 2014; Marini 2017, S. 33ff. Manuel Pestalozzi: „Spolie auf Reisen“, in: German Architects, 12.11.2019; zum Urban Mining vgl. jetzt: der architekt 04/2020: Material der Stadt. Material gewordenes Zeichen – Zeichen gewordenes Material https://reriwi.ch/wpcontent/uploads/2020/05/ WiederverwendungBauen-2020.pdf (30.05.2020) Fehlmann 2018 von Engelberg 2017b Rechte Räume 2019, S. 3, 160ff., 196ff., 226ff. Pehnt 2009; Meier 2018 von Engelberg-Dočkal/ Krajewski /Lausch 2017; von Engelberg-Dočkal et al. 2017; vgl. auch das Themenheft „Entwurf und Referenz. Analogie und Zitat in der Architektur“, werk, bauen + wohnen 72, 04/2018 Coates-Stephens 2002, S. 275 Meier 2000 Preston Blier 1987, S. 28f.; Engelmann/Meier 2010, S. 198 Fuhrmeister 2001, S. 16 Coates-Stephens 2003; Stenbro 2005; vgl. auch Kinney 1995 Zum disziplinär differenzierenden Blick auf Spolien vgl. Esch 2005 Liv. 23, 23, 6; Übers. Livius 1974, S. 347ff.: „tum ex iis […] qui spolia ex hoste fixa domi haberent“; vgl. dazu Müller 2002, S. 151 mit Anm. 225 Barry 2010, S. 23 Amm. Marc. Hist Rom. 22.4, 3. Quellenbelege für die Verwendung von spoliate

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in den Gesetzen des 4. Jh. für beraubte Städte bei Alchermes 1994, S. 167 CIL VIII 4878; Liverani 2004, S. 413 Gesta Frederici, 1965, S. 314f.; vgl. Müller 2002, S. 69 Albertino 1519, fol. 79v; zum Folgenden ebd., fol. 18v. Die Kapelle ging mit dem Altbau bei der Errichtung des neuen Petersdoms unter. Zu Albertinis Werk vgl. von Schlosser 1924, S. 186ff. Fantozzi 1994; Kinney 1997, S. 121 Lettera a Leone X (1978), S. 474f.: „il comportimento del quale è bello e ben fatto in tutto quel che appartiene all’architectura, ma le sculture del medesimo arco sono sciocchissime, senza arte o disegno alcuno buono. Quelle che vi sono delle spoglie di Traiano e di Antonino Pio sono excellentissime e di perfetta maniera“; deutsch zitiert nach Germann 1987, S. 99 Nesselrath 1986, S. 365 Nachweis aller Varianten und deren Verteilung auf die Bände und Editionen bei Vasari 1994, S. 421 Serlio 1575, S. 98, der Terminus „spoglie“ im dritten Beispiel, S. 102 In der deutschen Neuedition irrtümlich „Trajanssäule“; Vasari 1967, S. 14: „[…] non solo si servirono delle storie di marmo fatte al tempo di Traiano, ma delle spoglie ancora condotte di diversi luoghi a Roma […]“ Vasari 2004, S. 56 Brandenburg 1996, S. 18 Bartetzko 2015; Jordi 2016 Burckhardt 2013, S. 216, 267 Burckhardt 2001, S. 39 Bei Bramantes Cancelleria kann Burckhardt 2001, S. 249, der (zweiten) Wiederverwendung der Säulen der damasianischen Kirche im „großartigen Säulenhof“ durchaus etwas abgewinnen. Marangoni 1744, S. 293ff. Zedler Bd. 39, 1744, Sp. 323f.

37 Quatremères de Quincy 1796; Steindl 1997, S. 326 38 Burckhardt 2001, S. 437 39 Riegl 1927, S. 89f. 40 Stenbro 2005 41 Mondini 2017, S. 237 42 Bauer 2009, S. 63 (Zitat), 65, 68 43 Claussen 1992, S. 99; Claussen 2000, S. 196ff.; Mondini 2017, S. 238f. 44 Esch 1969, S. 60; dazu auch Poeschke 1996, S. 226 45 Vgl. die Beiträge von Georg Satzinger, Hans-Christoph Dittscheid, Christoph Luitpold Frommel und Stefan Kummer in Poeschke 1997, S. 249–345. Einen knappen und konzisen Überblick gibt Wiener 2010. 46 Payne 1998, S. 22 47 Ebd. verweist in diesem Zusammenhang mit der Ansammlung für Fassaden ebenfalls auf den Konstantinsbogen als Vorbild. 48 Koortbojian 2011, S. 163 49 Erben 2006, S. 480f. 50 Jäggi 2013a, S. 61f. 51 Brief von Christian D. Rauch an Schinkel vom 13.10.1824; zitiert nach Gröschel 1987, S. 256 52 Gröschel 1987, S. 260 53 Harris 2007, S. 119ff. 54 Froschauer 2017, S. 25 55 Jürgen Wiener, in: Kunstchronik 4, 1996, S. 153–157; Ingo Herklotz, in: Journal für Kunstgeschichte 2, 1998, S. 105–116; Carola Jäggi: „Spolien“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, 1995, Sp. 2129–2131; Rebecca Müller, in: Der neue Pauly, Bd. 15/3, 2003, S. 195208; Kinney 2006 (mit Addendum 2019); Kaspar 2007; Wiener 2010; kurz zu Forschungskonjunkturen Verstegen 2016, S. 270ff. 56 Deichmann 1940, S. 119 57 Deichmann 1975, S. 97 58 L’Orange 1985, S. 17 59 Esch 1969, S. 42–57 60 Dazu Cuscito 2012; Jäggi 2013b; Centanni/Sperti 2015; Sperti 2019 61 Altekamp/Marcks-Jacobs/ Seiler 2013 und 2017; dazu auch Fritsch 2018

62 Kinney 1997, S. 136ff.; Fabricius Hansen 2003; Brilliant/Kinney 2011; Froschauer 2017 63 Exemplarisch das Projekt „Translocation“ von Benédict Savoy an der TU Berlin: www.translocations.net/ 64 Altekamp/Marcks-Jacobs/ Seiler 2017, S. 8; dazu Verstegen 2016, S. 271f. 65 Jean-Marc Huygen: La Poubelle et l’Architecte. Vers le réemploi des matériaux, Arles 2008, zitiert nach Choppin/Delon 2014, S. 83 66 Fritsch 2018, S. 257 67 Brilliant 1982; aufgegriffen u.a. von Kinney 1997; Centanni/Sperti 2015 68 Liverani 2011, S. 47f. 69 Ebd., S. 45 70 Müller 2002 v.a. S. 47ff. 71 Horn 2017, S. 63f. 72 Brandenburg 2007/08, S. 180 73 Bauer 2009, S. 76 74 Z.B. Devlieger 2016, S. 92, 101 75 Senatusconsultum Hosidianum (unter Claudius i.J. 44) und Senatusconsultum Acilianum (unter Hadrian i.J. 122); dazu Rainer 1987, S. 285ff.; Meier 1996, S. 365; Noethlichs 2013 76 La Rocca 1988 77 Lachenal 1995, S. 11f.; Ciancio Rossetto 2009, S. 70; Martini 2009, S. 84f.; Koortbojian 2011, S. 160f.; Pensabene 2017, S. 190, Fig. 4 78 Urbano Barberini et al., Via del Corso, Rom 1961, S. 34ff. Die Datierung ist umstritten. L’Orange/Gerkan 1939, S. 210f., halten den Arcus Novus für diokletianisch; Laubscher 1976, S. 65–108; M. Torelli: „Arco di Potogallo“, in: E. M. Steinby: Lexicon Topographicum Urbis Romae I, Rom 1993, S. 77ff., für gallienisch. Kinney 1997, S. 131ff.; Sande 2012, S. 280 79 L’Orange/von Gerkan 1939 80 Ebd., S. 28 81 Zwei von Konstantin abweichende bärtige Gesichter identifizierte L’Orange noch als

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Darstellungen von Licinius und sah im Ganzen deshalb ein Monument tetrarchischer Staatsrepräsentation (L’Orange/Gerkan 1939, S. 172); ihm folgt mit neuen Argumenten Rohmann 1998, S. 261. Überwiegend sieht man in diesen Köpfen inzwischen aber Konstantins Vater Constantius Chlorus, was dem Bogen eine stärker auf Konstantin persönlich zugeschnittene Aussage gäbe. Zur Neuidentifizierung Calza 1959/60; vgl. auch Kinney 1995, S. 56ff. sowie Anm. 26 und 40 L’Orange/von Gerkan 1939, S. 191 Exemplarisch etwa, wenn geschlossen wurde, „with this monument, as a whole, Constantine placed himself in the midst of a venerable line of Roman emperors“ (Brenk 1987a, S. 103ff., bes. 105; ähnlich Kinney 1995, S. 53) Vgl. Elsner 2000, S. 171; Liverani 2004, S. 399; Zanker 2012, passim; Prusac 2012, S. 128ff. Settis 1984/1986, Bd. 3, S. 383ff.; Pensabene 2017, S. 182f. Dazu auch Elsner 2000, S. 158 Ruysschaert 1962/63b Helbig 1966, S. 255ff., Nr. 1444; ebd. S. 256: „Dazu kommt, dass sich unsere drei Reliefs in der Kirche S. Martina befanden, in der weiterer ‚Abfall‘ eingemauert war, den man am Konstantinsbogen nicht verbaut hatte.“ Ruysschaert 1962/63a, S. 96f.; Pensabene 2017, S. 182 Dass sich ideologische und pragmatische Argumente nicht unbedingt ausschließen, betont WardPerkins, 1999. So z.B. Ingo Herklotz, in: Journal für Kunstgeschichte 2, 1998, S. 106; Kinney 1997, S. 129 Dazu Kinney 1997, S. 134ff.; Kinney 2012, S. 123; Sande 2012, S. 278f.; vgl. auch S. 158

93 Sande 2012; Kinney 1997, S. 146; Kinney 2012 94 Zumindest Del Pozzos Zeichner Pietro Testa neigte aber dazu, die Differenzen einzuebnen; vgl. Herklotz 1999, S. 146 und Abb. 8–10 95 Jäggi 2013b, S. 287f. 96 Manfred Schuller im Vortrag im Juli 1999 in Bern, siehe Schuller 2005; die dort angekündigte Publikation mit Christoph L. Frommel steht noch aus; Bosman 2004, S. 113ff. Dagegen erwägen Nagel/Wood 2010, S. 184, dass Bramante die Säulen vielleicht als Spolien erkennbar präsentieren wollte. 97 Barceló 1992 98 Herklotz 1998, S. 106. Überzeugender verortet Bauer 1996, S. 128ff. die Herkunft der trajanischen Reliefs vom Trajansforum. 99 Bongiorno 2013, S. 129–145, hier S. 132; Wirth 1994, S. 47f.; zum Anteil der Spolien am Portal vgl. zuletzt den Vortrag von Bernd Lindemann: „Wie original ist das Original? Wie rekonstruiert ist die Rekonstruktion? Das Portal IV des Berliner Schlosses“, Humboldt-Forum Berlin, 23.01.2017 100 Henselmann 1978, S. 107 101 Laschitza 2007, S. 389 102 Ebd. 103 Helas 2014, S. 57ff. 104 Börsch-Supan et al. 1977, S. 87; diese Sicht auch bei von Boddien 1992, S. 18f. 105 Dazu Bongiorno 2013, S. 145 106 Caesare Baronio, Annales ecclesiastici, t. III, a. 312, Rom 1592, S. 79f. 107 Eusebius Pamph., Vita Constantini III. 54 108 Curran 1994, S. 53; Bauer 1996, S. 313; Gramaccini 1996, S. 21; Jäggi 2016b, S. 837 109 Gramaccini 1996, S. 21 110 Zosimus, Hist. Nea II.31 (Ed. Veh 1990, S. 99); Bredekamp 1975, S. 80; Gramaccini 1996, S. 22 111 Ingo Herklotz, in: Journal für Kunstgeschichte 2, 1998, S. 116

Endnoten

112 Romoaldi Salernitani, S. 407; Chronicon Amalfitanum 33, 1978, S. 214: „Et exinde portas ferras et columnas marmoreas quamplures cum capitibus afferri fecit in Troiam in signum victoriae suae“; vgl. auch Herklotz 1985, S. 211f. 113 Matthaei Parisiensis, Bd. 4, 1877, S. 340; CoatesStephens 2003, S. 348 114 Belli D’Elia 1988, S. 613f. erwägt, ob Guiscards Spolien allenfalls für die Langhaussäulen des Doms des 12. Jh. wiederverwendet wurden. Die Frage, ob die 1119 und 1127 datierten Bronzetüren dieser Kathedrale Reflexe – oder gar Spolien – von Guiscards Beutetüren enthalten, kann hier nicht diskutiert werden. Auffällig ist die von anderen Türen Süditaliens abweichende Struktur mit den applizierten Drachen, für die auch schon islamische Vergleiche beigezogen wurden. 115 Wolters 2017, S. 33 116 Ebd.; Haftmann 1939, S. 119ff., 126; Barry 2010; Sperti 2019, S. 163ff. 117 Wolters 2014, S. 31f. 118 Delbrück 1932, S. 86; Nelson 2007, S. 149 119 Nelson 2007, S. 148f.; Nelson 2010, S. 82; Haug 2016, S. 271ff. 120 Annali genovesi 4, 1926, S. 35f.; Haug 2016, S. 272 121 Cronaca del Templare di Tiro 64; Müller 2002, S. 75; Haug 2016, S. 273 122 Demus 1960, S. 29 123 Harrison 1990 124 Müller 2002, S. 55 125 Villani 1990/91, Bd. 1, lib. V. V. 31, S. 216; zur Chronik auch Gebhard 2017, S. 187–206; Haftmann 1939, S. 115 126 Müller 2002, S. 79f. zur Tradition von Hafenketten als Siegeszeichen 127 Dietl 2017, S. 220ff. 128 Ebd., S. 221f. 129 Ebd., S. 208. Dass das Phänomen nicht auf Italien beschränkt ist, belegt u.a. die Luna-Säule in Lüneburg

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und ihre noch nicht restlos geklärte abenteuerliche Geschichte: www. museumlueneburg.de/pdf/ presse67.pdf (20.03.2020) Müller 2002; nicht ganz so ergiebig ist Pisa, dazu von der Höh 2006. Müller 2002, S. 75 Annali genovesi, Fonti Bd. 14, S. 45; Müller 2002, S. 72 und 213ff. Müller 2002, S. 214f., Abb. 42–46 Ebd., S. 76ff. Zitiert nach Scheinfuß 1973, S. 61f.; vgl. auch Raff 2008, S. 145f. Raff 2008, S. 146 Tietz 1999; Markowska 2015, S. 66f. Tietz 1999, S. 201; Mick 2004, S. 46 Minister Mateusz Morawiecki, in: Florian Kellermann: „Warschauer Kulturpalast droht der Abriss“, in: Deutschlandfunk, 16.11.2017, www. deutschlandfunk.de/polenwarschauer-kulturpalastdroht-der-abriss.1773. de.html?dram:article_ id=400772 Tietz 1999, S. 205 Bongiorno 2013, S. 146ff. Ebd., S. 152f. Erben 2006, S. 480 Erben 1996, S. 337 Marcus Diaconus, X, 76, 1858, Sp. 1244; Coates-Stephens 2003, S. 350 Gleba 1998, S. 143 Charles Duplomb: Histoire Générale des Ponts de Paris, 1911, S. 103 zitiert nach http://lucile.dumesnil.free.fr/ ponts_paris/le_pont_de_la_ concorde.htm (15.03.2019); Raff 2008, S. 145 Gutscher 2019 Bullinger 1838/40, I., S. 368 Wyss 1901, S. 70 Gutscher 2019, S. 133 Angerstorfer 2007, S. 24ff.; Brocke 2017, S. 130f. Forster 2014, S. 156f. Magirius 2000, S. 137; Forster 2014, S. 157 Klein 2014, S. 21f. Leenen 2019, S. 150ff. Den Hinweis verdanke ich Ulrich Klein.

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157 Ebd., S. 156 158 Magirius 2000, S. 137 159 Brocke 2017, S. 130 (Zitat); Angerstorfer 2007, S. 23 160 Knipping 2011, S. 42 161 Patrick Bahners: „Münchner Denkmaldebatte. Ein Stolperstein erzwingt nichts“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.06.2016 162 Erben 2002, S. 226 163 Dlugaiczyk, S. 171f. 164 Erben 2002, S. 239 165 Ebd., S. 227 166 MGH Epist 3, Berlin 1892, S. 614, Ep. 81. Gemäß den Poeta Saxo zum Jahr 814 sollen auch in der Pfalz in Ingelheim Säulen aus Rom und Ravenna verbaut worden sein: MGH SS I, Hannover 1826, S. 274f.: „Ingylemhem dictus locus est, ubi condidit aulam […]. Ad quae marmoreas praestabat Roma columnas, quasdam praecipuas pulcra Ravenna dedit“; Jäggi 2013b, S. 311 167 Einhard 1989, S. 50f.; Jacobsen 1996, S. 155; Konnegen 2007, S. 41 168 Heckner/Schaab 2012, S. 127 169 Ennodius: Panegyricus, Par. 71, zitiert nach Rohr 1995, S. 248f.; Gramacccini 1995, S. 136ff.; Bredekamp 2014, S. 69; zur Statue auch grundlegend Thürlemann 1977 170 Jäggi 2013b, S. 311f. 171 Krautheimer 1942, S. 35; Brenk 1987a, S. 109; Jacobsen 1996, S. 156; Jacobsen 2017, S. 158 172 Pieper/Schindler 2017, S. 64. Zum Transport des aus der Region Aachen wiederverwendeten Materials vgl. Heckner/Schaab 2012, S. 128 173 Hericus monachus, S. 402f., Kap. 6 De fratrum profectione in provintiam marmorum causa: „Hac de causa quidam fratrum periculosae expeditionis bis adgressi difficultatem, […] victorioso successu coeptorum audacium memorabilem bis duxere triumphum“; Clemens 2003, S. 240f. 174 Brenk 1987b, S. 22ff.; Lachenal 1995, S. 162f.; Claussen 2000, S. 199

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175 Übersetzung Verf. „[…] ipse Romam profectus est et quosque amicissimos alloquens simulque larga manu pecunias oportune dispensans columnas, bases ac lilia nec non et diversorum colorum marmora abundanter coemit illaque omnia ab urbe ad portum, a portu autem Romano per mare usque ad turrem de Gariliano indeque ad Suium navigiis conductis ingenti fiducia detulit. Abinde vero usque in hunc locum plaustrorum vehiculis non sine labore maximo comportavit. Et ut magis fervorem fidelium obsequentium admireris, primam hic columnam ab ipso montis ecordio sola civium numerositas colli brachiique propria virtute imposuit. Namque ad augmentum fatigii montis guius ascensus nimis tunc erat clivosus, artus et horridus; necdum einim in cor eius ascenderat eandem viam complanare ac spatiare, quemadmodum postea fecit.“ Chronica Monasterii Casinensis III 26, MGH SS 34, Hannover 1980, S. 394; Lehmann-Brockhaus 1938, Nr. 2277; Kinney 1986, S. 388f. 176 Carmen in laudem Desiderii abbatis Casinensis: Lehmann-Brockhaus 1938, I, S. 481, Nr. 2281; Brenk 1987b, S. 29; Raff 2008, S. 132 (vermischt mit dem Vers des folgenden Gedichts) 177 Carmen in laudem Desiderii abbatis Casinensis altera: Lehmann-Brockhaus 1938, I, S. 482, Nr. 2282 178 Abt Suger 2000, S. 211 179 Kinney 1986, S. 388ff. 180 Gesta Treverorum c.25, MGH SS 8, S. 163; Verstegen 2006, I, S. 34; Müller 2009, S. 194ff. 181 Zitiert nach Verstegen 2006, I, S. 33 182 Ennodius: Panegyricus, Par. 71, siehe Anm. 169 183 MGH EE 4, S. 244, Nr. 149 184 Leitschuh 1884, S. 64f.; Raff 2008, S. 131; Konnegen

2007, S. 40 185 Konnegen 2007, S. 42f. 186 Poissenot 1808, S. 111; Kraus 2000, S. 701 187 Kramp 2000, S. 715, Kat. 9.15.; Konnegen 2007, S. 43, Abb. 6 188 Kraus 2000, S. 702 189 Ebd., S. 731f., Kat. 9.45 190 Kreusch 1968 und 1971 191 Konnegen 2007, S. 47ff. 192 Pseudo-Dionysius of Tel-Mahre 1996, S. 64 und XXVIf.; Coates-Stephens 2003, S. 344f. 193 Bosworth 1999, S. 157f.; Coates-Stephens 2003, S. 345 194 Whitby 1986, S. 140 195 Coates-Stephens 2003, S. 346f. 196 Poeschke 1996, S. 229f.; Nelson 2007; Wolters 2014, S. 20f. 197 Deichmann 1981, S. 12 198 Barry 2010, S. 8ff. 199 Ebd., S. 13f. 200 Bandmann 1951, S. 145 201 Lanciani 1989, 15ff.; Claussen 1992a, S. 122 202 Claussen 2000, S. 210 203 Moore 1996 204 Zusammenfassend dazu Mondini 2017 205 Kinney 1986, S. 390 206 Ebd., S. 380 207 Ebd., S. 396 208 Zuletzt Docci/Turco 2015 209 Zur Datierungsdiskussion vgl. Baumgärtner 1989, S. 34f.; Claussen 1992a, S. 121; Baggio Rösler 2004, S. 128 210 „+NON FVIT IGNARVS CVIVS DOMVS HEC NICOLAVS ∙ Q(VO)D NIL MOMENTI SIBI MVNDI GL(ORI)A SENTIT ∙ / VERVM Q(VO)D FECIT HANC NON TAM VANA COEGIT ∙ GL(ORI) A QVAM ROME VETEREM RENOVARE DECOREM ∙ / +IN DOMIBVS PVLCRIS MEMORE(S) ESTOTE SEPVLCRIS CONFISI QVETIV(E) ∙ NON IBI STARE DIV ∙ MORS VEHIT(VR) PENNIS / NVLLI SVA VITA P(ER)HENNIS ∙ MANSIO N(O)STRA BREVIS CVRSVS ET IPSE LEVIS ∙ SI FVGAS VENTV(M) SI CLAVDAS OSTIA C(ENTVM) / LISGOR

MILLE IVBES N(ON) SINE MORTE CVBES ∙ SI MANEAS CASTRIS ∙ E(SS)EM ET VICIN(US) ASTRIS ∙ OCIVS INDE SOLET TOLLE/ RE Q(V) OSQ(VE) VOLLET ∙ +SVRGIT IN ASTRA DOM(VS) ∙ SVBLIMIS (C)VLMINA CVIVS ∙ PRIM(VS) DE (P)RIMIS ∙ MAGNVS NICHOLAVS AB IMIS / EREXIT PATRV(M) DEC(VS) OB RENOVARE SVORVM ∙ STAT PATRIS CRESCENS MATRISQU(VE) THEODORA NOM(EN) ∙ / +HOC CVLMEN CLARU(M) CARO P(RO) PIGNERE GESTV(M). DAVIDI TRIBVIT QVI PATER EXHIBVIT“; Baggio Rösler 2004, S. 138; Bianchi 2015, S. 27ff. 211 Gregorovius 1978, Bd. II.1, S. 287 212 Krautheimer 1987, S. 220; Baggio Rösler 2004, S. 128; Bianchi 2015, S. 30 213 Gnoli 1940, S. 3f.; Baggio Rösler 2004, S. 127f. 214 Krautheimer 1987, S. 218, 383 mit Bezug auf ein Schreiben von Bernhard Bischoff von 1976 215 Claussen 1992a, S. 121 216 „ADSV(M) ROMANIS GRANDIS HONOR POPVLIS / INDICAT EFIGIES Q(VI) ME P(ER)FECERIT AVCTOR“; Claussen 1992a, S. 121; Baggio Rösler 2004, S. 130; Bianchi 2015, S. 29f. 217 Gregorovius 1978, II.1, S. 287 218 Müller 2018, S. 95 219 Baggio Rösler 2004, S. 130ff. 220 Weigel 1985 221 Claussen 1992a, S. 120, Anm. 83 222 Baggio Rösler 2004, S. 136 223 Claussen 2000, S. 200 224 Baumgärtner 1989 225 Bartetzko 2015 226 Dazu von Engelberg-Dočkal 2016 227 Mäckler 2006, II. 228 Ebd. 229 „Auf der Suche nach der Altstadt“, in: Journal Frankfurt, 08.07.2008, www.journal-frankfurt. de/index.php?src=journal_ news&rubrik=2&rubrik_ rewrite=Panorama&id= 4824&id_rewrite=Auf-derSuche-nach-der-Altstadt&

login=1&theme=kalender& login=1#sozial_kommentar (20.07.2018) 230 Rainer Schulze: „Aus alt mach neu – oder umgekehrt. Umbau der Frankfurter Altstadt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2015, www.faz.net/ aktuell/feuilleton/umbauder-frankfurter-altstadtnimmt-formen-an-13505619. html 231 www.frankfurter-spolien.de/ einleitung.php (18.11.2010); aktuell (20.07.2018) ist die Seite aufrufbar unter: http:// archive.is/E8ul 232 Petra Roth, in: Sturm/Schmal 2018, S. 147 233 Rainer Schulze: „Neues Leben im Herz der Stadt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2016 234 Jordi 2016, S. 25. Peter Körner: „Zu den drei Römern“, in: Sturm/Schmal 2018, S. 186f. 235 Bongiorno 2013, S. 127f.; Jordi 2016, S. 16 236 Philipp Sturm: „Großer Rebstock“, in: Sturm/Schmal 2018, S. 210f. 237 Stefanie Lampe: „Altes Kaufhaus“, in: Sturm/Schmal 2018, S. 194f. 238 Ebd. 239 www.domroemer.de/news/ spolien-fuer-die-altstadtabbau-eines-barockenportals-im-garten-desliebieghauses (02.08.2019) 240 Peter Cachola Schmal: „Die immer neue Altstadt“, in: Sturm/Schmal 2018, S. 13 241 Sturm/Schmal 2018, S. 228ff., hier: S. 230 242 Rodenstein 2019, S. 41; vgl. auch Anh-Linh Ngo, in: Arch+ 235, 2019, S. 3, zum „Verlust aller bauhistorischen, konstruktiven und gesellschaftlichen Bezüge der überkommenen Fragmente historischer Gebäude […]. Die Rekonstruktion wird als traditionslos entlarvt.“ 243 Siebel 2004, S. 18 244 Landtag Brandenburg, Drucksache 4/6102, „Landtagsneubau für Brandenburg-Berlin am

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Potsdamer Standort ,Alter Markt‘“, 08.04.2008; alle Beschlüsse zur „Wiederbelebung der Potsdamer Mitte“: www.potsdam.de/ content/beschluessezur-wiederbelebung-derpotsdamer-mitte Redecke 2014 Frank Kallensee: „300 Originalteile am Landtagsneubau in Potsdam verändert: Schloss sonst noch teurer“, in: Märkische Allgemeine Zeitung, 14.06.2013, www.mazonline.de/Lokales/Potsdam/ Schloss-sonst-noch-teurer Vgl. schon vorher den Schriftzug „Ceci n’est pas une ville“ auf dem Coverbild mit dem Dresdner Neumarkt von Brandt/Meier 2008 Redecke 2014 http://garnisonkirchepotsdam.de/aktuell/news/ detail/alte-fragementefuer-den-neuen-turm/ (12.08.2019) „Streit um Garnisionskirche. Potsdam hat einen an der Glocke“, in: taz, 18.09.2019, https://taz.de/Streit-umGarnisonkirche/!5622950/ (29.12.2019) Bartetzko 2015 Elsner 2000; Haug 2016, 275f.; Wagner 2018, S. 171 Gregorovius 1978, Bd. 2, 1, S. 287; Baggio Rösler 2004, S. 127 Assmann 1997, S. 74 Berger-Dittscheid 1990, S. 57; Bruzelius 2004, S. 63ff. Bosman 2004, S. 14f., 75ff.; Kinney 2005; Wiener 2010, Sp. 378 Dazu Bredekamp 2000 Bosmann 2004, S. 73ff.; Kinney 2005, S. 38, mit Lit. S. 46, Anm. 163; Fritsch 2018, S. 143, Anm. 663 Niggl 1971, S. 34; Bredekamp 2000, S. 102 „[…] per il pericolo (come dicono) di rouina […]“, BAV, Reg. lat. 2100, fol. 104r., zitiert nach Richardson/ Story 2013, S. 409 Niggl 1971, S. 34; Richardson/Story 2013,

Endnoten

passim 262 BAV Cod. Barb.lat. 2733, f. 112v : „[…] praecipuitque, ut cuncta servarentur diligenter in picture et scriptura; praecipue delineandum exemplandum mandavit […]“; Niggl 1971, S. 43, Anm. 13 263 Bosmann 2004; zu den methodischen Problemen der Identifizierung der Säulen von Alt-St. Peter im Petersdom vgl. Fritsch 2018, S. 143 264 Bosman 2004, S. 152 265 Begleitbrief J. J. Stehlins d. Ä. vom 14.01.1851, zitiert nach Germann 1972, S. 85f.; Möhle 2006, S. 476f. 266 Möhle 2006, S. 474, 477 267 Danchin 2015 268 Danchin 2014, S. 4f.; Danchin 2015, S. 104ff. 269 Vandeweghe 2015, S. 192f. 270 Piet Chielens, „Flanders Field Museum“, www. deutschlandfunkkultur. de/erster-weltkriegflanders-fields.976. de.html?dram:article_ id=294491 (10.02.2020) 271 Danchin 2014, S. 6; Danchin 2015, S. 157ff. 272 Maingon 2014, S. 16; Hofman 2016 273 Dachin 2015, S. 223ff. 274 Vandeweghe 2015, S. 194 275 Kappel 2008, S. 144ff. 276 Ebd., S. 169ff. 277 Ebd., S. 169 278 Ebd., S. 170f. 279 Bartetzko 1986, S. 55 280 https://geoportal.bayern.de/ denkmalatlas/searchResult. html?koid=178525&objtyp=b au&top=1 (02.08.2020) 281 Nerdinger/Florschütz 2005, S. 27 282 Bongiorno 2013, S. 89ff. 283 Wächter 2020 284 Bongiorno 2013, S. 96 285 Venezia 1985; Raff 1985, S. 71; Venezia 1998, S. 52ff.; Oddo 2003, S. 55f. Zu Erfolgen und Problemen des Projekts vgl. Bignardi/ Lacagnina/Mantovani 2008, bes. S. 51ff., sowie den Dokumentarfilm von Joerg Burger: Gibellina – Il terremoto, 2007 286 Venezia 1998, S. 67ff.; Oddo

2003, S. 70 287 Venezia 1995, S. 63ff. 288 Macrides 2002, S. 202; Coates-Stephens 2002, S. 280; Coates-Stephens 2003, S. 352 289 Vgl. etwa Binding 2007, S. 8, der glaubt, die „recht widersprüchlichen Meinungen“ klären zu müssen 290 Jäggi 2013b, S. 287 291 Duchesne 1886, I, S. 176 (Silvester): „Et exornavit supra (das Grab Petri) columnis purphyreticis et alias columnas vitineas quas de Grecias perduxit“; S. 417 (Gregorius III): „Hie concessas sibi columnas VI onichinas volutilcs ab Eutychio exarcho, duxit eas in ecclesiam beati Petri apostoli, quas statuit ergo presbiterium, ante confessionem, tres a dextris et tres a sinisrris, iuxta alias antiquas ex filopares“; Kinney 2005, S. 29ff.; Tuzi 2002, S. 83f.; Jäggi 2013b, S. 310, Anm. 74 292 Bauer 2009, S. 61 293 Deichmann 1975, S. 9 294 Elfenbeinkästchen von Samagher, um 420/440, Venedig, Museo Archeologico; dazu Arbeiter 1988, S. 166ff.; aus demselben Jahrhundert ein Bleimedaillon aus einer Römer Katakombe, dazu Brenk 1995, S. 77f., Abb. 4 295 Abu Ubayd al-Bakrî 2002, S. 84; Jäggi 2016a, S. 114 296 Alpharanus 1914, S. 56 mit dem Bericht des 12. Jh. von Petrus Mallius: „duodecim columnas vitineas quas de Grecia portari fecit quac fuerunt de templo Apollinis Troiae“, während Alpharanus selbst (S. 32) die Tradition des 16. Jh. überliefert; Valentini/ Zucchetti 1946, S. 384; Tuzi 2002, S. 86; Jäggi 2016a, S. 114 297 Memoriale de mirabilius et indulgentiis que in Urbe romana existunt; Valentini/ Zucchetti 4, 1953, S. 81; dazu und zum Folgenden Jäggi 2016a, S. 115ff. 298 Alpharanus 1914, S. 453–57. Die Inschrift lautet: „HEC Est ILLA COLVmNA InQVA/ DomiNuS N osteR YHIVS

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XPS APPO/DIATVS. DVM POPVLO P/REDICABAT ET DEO PatRI P/reCES In TEMPLO EFFVNDE/ BAT. ADHERE NDO STABAT/ QVE VNA CVM A LIIS VND/ECim HIC CIRCVmSTANTIBVS/ DE SALOMONIS TEMPLO/ IN TRIVMPHVM Hylus/ BASILICE. HIC LOCATA/ FVIT: DE­MONES EXPELLIT ET/ AB INMVI DIS SPIRITIBVI VE/ XATOS LIBEROS RED­DIT. ET/ MVLTA MIRACVLA COTID/ IE FACIT: Per REVERENDISSIM/ Par REM ET DOMINVm DNVS/ CADinalem DE VRSINIS OR/NATA: ANNO DO­MINI MCCCC XXXVIII“. Vgl. auch Jäggi 2016a, S. 115, Anm. 20 Jean Fouquet, Miniaturen mit der Darstellung von Pompeius im Tempel bzw. den Untaten des Herodes, in: Antiquitcs Judaiques (Paris, BN fr. 247, fol. 293v; bzw. BN, n.a. fr. 21013, fol. IV); Jean Fouquet, Miniatur mit Verlöbnis Mariens im Stundenbuch von Etienne Chevalier (Chanrilly, Musee Conde, fol. 95v); Raphael, Heilung des Lahmen am Tempeltor (Karton, London, Victoria and Albert Museum); Domenichino, Präsentation der Jungfrau, Savona. Zu Fouquets Miniaturen: Claude Schaefer: Jean Fouquet. An der Schwelle zur Renaissance, Dresden/Basel 1994, Werkkat. 6.1.3; 6.1.12.l; Abb. 51, 143, 144 Lavin 1968, S. 14ff.; Tuzi 2002, S. 186ff.; Fritsch 2018, S. 135 Oexle 1976, S. 79f.; zum Baldachin Tuzi 2002, S. 186ff. Jäggi 2016a, S. 117 Saccardo 1887, 294f.; Müller 2002, S. 75, Anm. 160 Barry 2010, S. 44; Wolters 2017, S. 36ff. Gregorovius 1978, Bd. III, 1, S. 332 Wolkenhauer 2014, S. 103 Clemens 2003, S. 244, 324, Anm. 274 Ebd., S. 244 Reiffenstein 1860, S. 289; https://de.wikipedia.org/wiki/ Hof_Rebstock_am_Markt (31.12.2018); zu Reiffensteins Bedeutung vgl. Björn

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Wissenbach: „Die bauliche Entwicklung Frankfurts bis in das 19. Jahrhundert und ihre Romantisierung in den Aquarellen Carl Theodor Reiffensteins“, in: Sturm/ Cachola Schmal 2018, S. 26–35 Will 2016, S. 115ff. Ebd., S. 117 Hegel 1970, S. 303f. Jeremias Gotthelf: Die Schwarze Spinne, Stuttgart 1994 (1842), S. 119 Ebd., S. 120 www.bureausla.nl/ project/noorderparkbar/ (30.12.2018); Choppin/Delon 2014, S. 132f., 136f.; Krause 2012 Dieses Kapitel verwendet wesentliche Teile eines gemeinsam mit Iris Engelmann verfassten Aufsatzes wieder: Engelmann/Meier 2010 Musil 1962, S. 58, 61; Siegert 2015, S. 200 Abete Righetti 1990 „Delle spoglie di Almeria un sacerdote nominato Vassallo riportò due bellissime porte di bronzo, le quali per lungo tempo stettero per clausura della chiesa di San Giorgio, come si legge ancora adesso in una pietra marmorea affissa alla scala grande di essa chiesa: e come o per qual cagione fossero poi da indi trasportate non mi è comperto.“ Zitiert nach Haug 2016, S. 269 Albrecht 2002, S. 114ff. Ebd., S. 117 Magirius 1986, S. 16 Meier 2015, Abb. 14 Dülberg 2004 Lacan 1991, S. 382 Albrecht 2002, S. 127. Nachantike Spolien, oft ebenfalls im Portal- und Torzusammenhang, thematisiert auch Müller 2002, S. 26ff. Doberer 1978, S. 77f. Albrecht 2002, S. 127 Verzar 2004; Abegg 2011 Stadtarchiv Weimar, HA I-22-76, fol. 22, 23; vgl. Vogel 2007, S. 21 Vogt, [Baurat, Köln]: „Altstadtsanierung und

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Denkmalpflege,“ in: Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz, Dresden 1936, Tagungsbericht, Berlin 1938, S. 110–118, hier: S. 114 Steinmann 1981, S. 7; Froschauer 2019, S. 295 Zitiert nach Riederer 2004, S. 81; Froschauer 2019, S. 280 In den Bauteilbörsen hat die Wiederverwendung von Türen und ähnlichen Baugliedern eine Institutionalisierung erfahren, wobei dort in der Regel nicht die Spolie die Maße bestimmt, sondern nach einer Türe passender Größe gesucht wird. Pehnt 1988, S. 80ff. Das Portal sollte nach dem Wettbewerbsentwurf an seinem ursprünglichen Standort, umbaut von der neuen Halle, in seiner „Einsamkeit“ als „Totengedächtnisstätte“ an die Zerstörung erinnern und zugleich den konkreten Ort markieren. In der schließlich realisierten Lösung rückte das Portal von diesem Ort – den nun der Annenschrein einnimmt – ab und wurde funktional wiederverwendet. Dazu Ghiringhelli/Meier/ Wohlleben 2001, S. 87; Kappel 2008, S. 239f. Meier 2000, S. 95 Lacan 1991, S. 382 Abegg 2011, S. 154, 159; Thesaurus linguae latinae, Bd. VII/1, Leipzig 1964, Sp. 133−138 Stalder 2009; zu Schwellen und Türen aus Sicht der Kulturtechnikforschung auch Siegert 2010 Benjamin 1982, S. 139 van Gennep 2005, S. 28f. Noack 1926, S. 153 Benjamin 1982, S. 522 Preston Blier 1987, S. 28f.; Engelmann/Meier 2010, S. 198 Meier 2002 Eco 1985 De consecratione, S. 58: Abt Suger 2000, S. 228f. Condivi 1971, S. 48 (Kap. XXXVIII); Kinney 2005, S. 16 Fritsch 2018, S. 139

351 Deichmann 1940; Pensabene 2017, S. 178ff. 352 Pensabene 2001, S. 105; Mondini 2017, S. 237 353 Deichmann 1975, S. 10; vgl. Deichmann 1940, S. 140, Beilage 2, 8 354 Fritsch 2018, S. 167ff. 355 Ebd., S. 254; die 3D-Modelle und alle entsprechenden Daten sind im Repositorium „Ancient Columns“ der Edition Topoi online greifbar: DOI: 10.17171/2-2 (02.08.2020) 356 Bosman 2004, S. 38ff. 357 Fritsch 2018, S. 257f. 358 Kinney 1986, S. 396; Mondini 2017, S. 241f. 359 Claussen 1992a, S. 122f.; Poeschke 1996, S. 231; Mondini 2010, S. 343ff., 378 360 Mondini 2017, S. 48f. 361 Esch 1969, S. 196f.; Forster 2014, S. 147 362 Esch 2019, S. 218 363 Forster 2014, S. 147 364 Coates-Stephens 2002, S. 289 365 Ebd., S. 283, 295 366 Clemens 2003, S. 400ff.; Esch 2019, S. 208ff. 367 Coates-Stephens 2002, S. 283 368 Mitchell 1990; CoatesStephens 2002, S. 283, 287f. 369 Forster 2014, S. 147f.; dazu auch Christian Forster: Katalog der Lorscher Architekturfragmente, UNESCO-Welterbe Kloster Lorsch, Verwaltung, Archiv, Ms. 2011, Kat. Nr. 6 370 Esch 2019, S. 206 371 Bruno Klein: „Die Dome des 10. Jahrhunderts in Vic, Capua, Benevent und Magdeburg – was sie waren, was sie wurden“, Vortrag am 11.01.2019 in der Kommission für die Kunstgeschichte Mitteldeutschlands der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 372 Von der Höh 2006, S. 386ff.; Esch 2019, S. 202 373 Esch 2019, S. 212 374 Ebd., S. 211, 215 375 Gilardoni 1972, S. 209f. 376 Ebd., S. 213; „[Ma]gnifico conto Franchino Roscha / conto de valdelugano de

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Locarno 7 segniore fe fare quest overe commesa / fu quest overe Mcccclvij. Magister / Jacobus da Sa[[la dit danes fu l e[n]zoner“ „M ∙ C ∙ C ∙ C ∙ X ∙ X ∙ II ∙ / HOC ∙ OP ∙ FEC / GARBARD[VS] D ∙ LEX[ENO]“; Gilardoni 1972, S. 213, Anm. 2; S. 208, Abb. 268 Beispiele bei Forster 2014, S. 146f. „D O M / VOTIS. ADIACEN : POPULI. SENATU. GENUENSE. FAVENTE. R. Q. [P] / GREGO : XIII ANNUENTE. EPLI. MENSA. PER. QUINQUENNIUM. PRAESUL[E] / CONSULTO. DESTITUTA. CENSUM. MINISTANTE. AEDIBUS HISCE. SACRIS. ER[ECTIS] / IULIUS. IUSTUS. SIXTO. V.P.A. ELECTUS. EPUS. EXTREMUM. POSUIT. LAPIDEM. / UTINAM POSUISSET. ET. PRIMUM. ANN. M. DXC [III]“; zitiert nach Mahfoudh 2017, S. 34 Mahfoudh 2017, S. 31ff. Esch 1969, S. 52f.; Anm. 195; Forster 2014, S. 159; Sperti 2019, S. 182 Zu (teilweise auch Inschriften tragenden) Spolien an stadtrömischen Bischofsthronen vgl. Sommerer 2016 Forster 2014, S. 153f. Coates-Stephens 2002, S. 290; Esch 2019, S. 212 Clemens 2003, S. 243 Ebd., S. 244 Rahms 1981; Bartetzko 1986, S. 85 Bartetzko 1986, S. 186ff. Thumm 2008, S. 244ff.; Meier 2013, S. 338f. Altrock et al. 2010, S. 110 Thumm 2008, S. 246 www.stadt-galerie-hameln. de/das-center/ueber-uns/ (15.03.2020) Wolf 2012, S. 219f. Verzone 1962, S. 78f.; Jäggi 2013b, S. 311f. Zitiert nach Flor 2015, S. 60 Dickson 1965; Kletke, 1994; Jäggi 2013a, S. 64f. Dickson 1965, S. 269 und Fig. 6. Einen schönen Einblick in Sammlung und Kreuzgang

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gibt der Stummfilm The Hidden Talisman von 1928: www.metmuseum.org/150/ from-the-vaults?v=thehidden-talisman-1928-fromthe-vaults (11.04.2020) Harris 2007, S. 6 Dickson 1965, S. 270 Karl Friedrich Schinkel: „Memorandum zur Denkmalpflege“, 1815, zitiert nach Huse 1996, S. 70 Mollard 2011, S. 20, 67 Laura Foulquier: „La carrière de pierres: la recuperation de l’antiquité á nos jours“, in: Choppin/Delon 2014, S. 63–68, hier: S. 68 Mollard 2011, S. 120 Street 2016, S. 59ff. Der Film unter der Regie von René Clair und produziert von Alexander Korda erschien 1935 in Großbritannien. Der deutsche Titel lautet Ein Gespenst geht nach Amerika; in den Hauptrollen Robert Donat und Jean Parker. Den Hinweis auf den Film verdanke ich Martin Steinmann. Löffler 2015, S. 49 Ebd., S. 45ff. Ward-Perkins 1999, S. 230 Fuhrmeister 2001, S. 15 Adorno 2003, S. 387 Kemp 1976, S. 9 Raff 2008, S. 158f. Boccioni 1971, S. 30 Weigel 1996; Binding 2007 Wagner 2018, S. 147 Wagner/Friedrich 2017, S. 9 Fuhrmeister 2001, S. 280; Mäckler 2008 Chronicon Moissiacense 303; Gramaccini 1987; Raff 2008, S. 52; Müller 2009, S. 198ff.; Jacobsen 2017, S. 79f. Gramaccini 1987; Gramaccini 1996; Raff 2008, S. 52ff. Kaspar 2007 Hinz 1975; Kaspar 2007, S. 19ff.; Werner Ogris: „Art. ,Fahrnis, Fahrhabe‘“, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 1, Berlin 22008, Sp. 1474–1477 Bigalke 2000, S. 30f., 98, 219; Rüsch 2010, S. 175 Dilek Güngör: „Von Hannover nach Düppel. Aus

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dem Holz des Schweizer Expo-Pavillons wird der neue Eingang für das Museumsdorf gebaut“, in: Berliner Zeitung, 08.03.2001; „Holz-Spolien. Schweizer Expo-Pavillon findet teilweise Wiederverwertung in Berlin“, www.baunetz. de/meldungen/Meldungen_ Schweizer_ExpoPavillon_findet_teilweise_ Wiederverwendung_ in_Berlin_8513.html (02.08.2020) 423 Kaspar 2007, S. 54 424 www.westfalen-blatt.de/ OWL/Kreis-Guetersloh/ Harsewinkel/3123504Familie-Bessmann-willhistorisches-Fachwerkhausverlagern-Ein-alter-Balkenspaltet-die-Gemueter (07.08.2019) 425 www.westfalen-blatt. de/OWL/Bielefeld/ Bielefeld/3648306-Das-ausBrackwede-translozierteFachwerkhaus-von1783-wird-nur-zu-Teilenrestauriert-mit-VideoBesuch-auf-Hof-Kulbrock-inMarienfeld (07.08.2019) 426 Silentiarios 1977, S. 340f., Verse 225ff., 620ff., 671ff. 427 Dazu Bauer 2009, S. 59f., 63; Deichmann 1975, S. 90; Raff 2008, S. 133 428 Bauer 2009, S. 60 429 Kemp 2002, S. 121 430 Leo Wehrli: „Was uns in Zürich die Steine erählen“, in: Die Schweizerische illustrierte Zeitschrift, 01/1897, S. 128, zitiert nach Röllin 1982, S. 422 431 Anzeige von Daimler-Benz im Zeitmagazin, Juni 1991; Wagner 2001, S. 178f. 432 Jäggi 2013a, S. 65f. 433 Wagner 2001, S. 151 434 Lanciani 1989, S. 51; Satzinger 1996, S. 250; der Erlass des Papsts: Fritsch 2018, S. 272 435 Müntz 1876, S. 171f. 436 Lanciani 1989, S. 83ff., 97; Fritsch 2018, S. 273ff. 437 www.hu-berlin.de/de/ ueberblick/geschichte/ attikaskulpturen (02.08.2020) 438 Kai Kappel: „Die

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Attikaskulpturen als Geschichtszeugnis und Aufgabe“, www.huberlin.de/de/ueberblick/ geschichte/attikaskulpturen/ die-attikaskulpturen-aufdem-hu-hauptgebaeudeals-geschichtszeugnis-undaufgabe (22.03.2020) Cod. Just. VIII, 10, 6. Corpus Iuris Civilis 1832, Bd. 6, S. 168; Meier 2005, S. 129 Cod. Theod. IX, 17,1; 17, 4; Theodosiani libri XVI, 805, deutsch zitiert nach Götz 1999, Beleg 22; Meier 2005, S. 132 Cod. Theod. XV, 1, 25; Cod. Theod. XV, 1, 37; Meier 2005, S. 138 Cod. Theod. XV, 1, 40 Cod. Theod. Nov. Maiorian IV, zitiert nach Gregorovius 1978, S. 106 Lanciani 1989, S. 57; Satzinger 1996, S. 250 Chabot 1899, S. 3, fasc. 3, 396; Barry 2010, S. 23, Anm. 45 Sanudo 2011, S. 411f., Buch 3, Kap. 11 Cutler 1995, S. 240f. Gregoras 1829, S. 459 (X, 13); Barry 2010, S. 22, Anm. 39 Zuletzt Brandenburg 2007/08 (2010); Pensabene 2013, S. 103ff., 138ff.; Pensabene 2017, S. 185 Krautheimer 1993, S. 515, 540 Claussen 1992a, S. 122; Baggio Rösler 2004, S. 137 Regestum Pisanum 1939, S. 320, Nr. 460; Esch 2019, S. 202 Sperti 2019, S. 178 Mahfoudh 2017, S. 17ff. Barry 2010, S. 24 Longo 1951, S. 42f., Nr. 55: „Pro maiori autem firmitatem pono tibi et designo loco pignoris hic in nominate Corona collumpnas marmoreas triginta novem quarum una est a capite fracta et quatuor palestratas et tres platas planas et unum liium tali quidem ordine et pacto tibi ad predictum terminum non dederis predictam cere quantitatem ordine denotato ex tunc in antea plenam et liberam potestatem habeas ipsas columpnas et alios

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marmores conducere Venetias seu conduit facere […]“ Descœudres/Utz Tremp 1993, S. 84f. Zusammenfassend Eiynck 2015, S. 148f. Freise-Wonka 1986, S. 60; Bartetzko 1986, S. 31 SRB VI P, Bauakten Judengasse 14, zitiert nach Breuer/Gutbier 2003, S. 461 Frank Rank: „Das Bamberger Haus im Luitpoldpark“, Ms. o.D.; www.bambergerhaus. com/site/assets/files/1186/ originalbrief_von_architekt_ franz_rank.pdf (04.05.2019); davon etwas abweichend die Darstellung in Breuer/Gutbier 2003, S. 462 Claudia Herstatt, „Weihwasserbecken für den Hausgebrauch. Der Handel mit historischen Artefakten kommt wieder in Schwung“, in: Die Zeit, 17.03.2005, S. 58 www.salza.ch/de (31.12.2019); https://reriwi.ch/ (30.05.2020) Moore in einem Brief an Felix Drury im Februar 1961: Keim 1996, S. 167 Ebd.; vgl. auch Moore 1986, S. 16 sowie ebd., Kat. Nr. 2 Keim 1996, S. 181; Froschauer 2019, S. 268; vgl. Moore/ Allen/Lyndon 1974, S. 60ff.; 225ff. Moore/Allen/Lyndon 1974, S. 229; Froschauer 2019, S. 267 Maniaque 2014a und b; vgl. auch Devlieger 2016; Tom Coraghessan Boyle: Drop City, New York 2003/München 2003 Rabbit 1971, S. 27ff.; Rybzynski 1980, S. 89ff.; Maniaque 2014b, S. 99 Bastide 1970, S. 98 Kil 2009; Kowa 2009; www. salbke-magdeburg.de/ bauwerke/lesezeichensalbke/ (09.08.2019) Bert de Muynck: „Local Hero. An Interview with Wang Shu“, in: Mark Magazine, 04–05/2009 https:// movingcities.org/interviews/ local-hero-an-interview-withwang-shu/ (08.03.2019) = zerbrochene Ziegel Choppin/Delon 2014, S. 299

475 Holm/Kjeldsen/Kallehauge 2017, S. 63 476 Schramke/Bock 2015, S. 56 477 Holm/Kjeldsen/Kallehauge 2017, S. 63 478 Schramke/Bock 2015, S. 56 479 Kreis/Schaad/Schaad 1986, S. 192; vgl. auch Rumpf 1986 480 Kreis/Schaad/Schaad 1986, S. 192 481 Dieter Frowein/Gerhard Spangenberg: „Wohnhaus Lindenstraße 19“, in: Kleihues 1987, S. 289 482 Bosman 2011 483 Kuhn 2014 484 Bruno Klein: „Die Dome des 10. Jahrhunderts in Vic, Capua, Benevent und Magdeburg – was sie waren, was sie wurden“, siehe Anm. 371 485 Zur Deutung der Ambivalenz in der Forschung vgl. die Beiträge von Wolfgang Schenkluhn, Bernd Nicolai und Klaus Nier in: Puhle 2009, Bd. 1; das Zitat ebd., S. 99 486 Magdeburger Schöppenchronik 1869, S. 132; vgl. auch Michael Sußmann: „Zu den Bauphasen und der Bautechnik des Magdeburger Domes (1207–1520)“, in: Puhle 2009, S. 127 487 Kimpel/Suckale 1985, S. 184 488 Ebd., S. 185, Abb. 178 und 180; die Spolien von SaintRemi als „backdate“: Nagel/ Wood 2010, S. 181 489 Kimpel/Suckale 1985, S. 187 490 Zu möglichen Transportwegen von Laas nach Chur vgl. Walter Sulser: „Die karolingischen Marmorskulpturen von Chur“, in: Schriftenreihe des Rätischen Museums Chur 23, Chur 1980, S. 4, Anm. 3 491 Jäggi 2013c, S. 62, Abb. 25; Jäggi 2013b, S. 294f. 492 Poeschke 1996, S. 226ff.; Wolters 2014, S. 40ff. 493 Giorgio Vasari: Ragionamenti, S. 11; Panofsky-Soergel 1967/68, S. 160f. 494 Wiener 2010, S. 378, Abb. 1 495 Kinney 1997, S. 131f. 496 Wren Christian 2003 497 Ebert-Schifferer 2005, S. 310

498 Cecchi/Gasparri 2009, S. 176; vgl. zu Komposition und Programm auch Andres 1976, S. 344ff. 499 Arasse/Tönnesmann 1997, S. 147 500 Panofsky-Soergel 1967/68, S. 151 501 Ebd., S. 126 502 Ebd., S. 152f. 503 Ebd., S. 152; Koortbojian 2011, S. 149 504 Ebert-Schifferer 2005, S. 307; Panofsky-Soergel 1967/68, S. 154ff. 505 Ebert-Schifferer 2005, S. 306 506 Löffler 2015, S. 39 507 Blundell Jones 2001 508 Lausch 2017, S. 154 509 Falser 2008, S. 231ff.; www.stadtentwicklung. berlin.de/denkmal/ liste_karte_datenbank/de/ denkmaldatenbank/daobj. php?obj_dok_nr=09050255 (26.11.2019) 510 Wagner 2018, S. 168 511 Ebd., S. 169 512 Welchman 2013, S. 2 513 Wagner 2018, S. 169f. 514 www.sonycenter.de/ architektur (27.11.2019) 515 Biermann 2013, S. 141 516 Steinfeld 2010, S. 65; Löffler 2015, S. 39 517 Stierli 2010, S. 50 518 Altekamp/Marcks-Jacobs/ Seiler 2013 (besonders die Beiträge von Seth G. Bernard und Veronica Biermann), 99ff.; Dittmeyer/Hommers/ Windmüller 2015 519 Exemplarisch und zusammenfassend Kaspar 2007 520 Wagner 2001, S. 169ff. 521 Flor 2015, S. 66 522 Dazu Schlimme 2017 523 Mahfoudh 2017, S. 17 524 Annali genovesi 1890, S. 121; zit. nach Haug 2016, S. 275 525 Detailliert dazu mit allen Nachweisen Belli 2004 526 Belli 2004, S. 61; dazu auch Schlimme 2017, S. 313ff. 527 Fontana 1590; dazu Biermann 2013 528 Fontana 1590, 33r; Biermann 2018, S. 231 529 Fontana 1590, 5v 530 Biermann 2013, S. 140;

Biermann 2018, S. 231 Schlimme 2017, S. 318f. Stephan 2015, S. 251 Biermann 2013, S. 153 Stephan 2015, S. 241 Biermann 2013, S. 153 Stierli 2010 www.heuersdorf.de/ (10.03.2019); Joachim Güntner: „Requiem für Heuersdorf“, in: Neue Zürcher Zeitung, 22.08.2009, www.nzz.ch/requiem_ fuer_heuersdorf-1.3386007 (30.01.2020) 538 Flor 2015, S. 66 539 Zum Zeigen vgl. auch Boehm 2007 540 Stendhal [Marie-Henry Beyle]: Die Kartause von Parma, hg. und übersetzt von Elisabeth Edl, München 2007, S. 399 541 Rainer Schulze: „Aus alt mach neu – oder umgekehrt. Umbau der Frankfurter Altstadt“, siehe Anm. 230 542 Magirius 2008, S. 62 543 Martin Sabrow, in: Humboldt-Forum 2017, S. 36 544 Magirius 2008, S. 2 545 Elsner 2000, S. 157ff. 546 Eusebius, Vita Constantini IV, S. 60, www.unifr.ch/ bkv/kapitel2028-59.htm; http://khazarzar.skeptik. net/pgm/PG_Migne/ Eusebius%20Caesariensis_ PG%2019-24/Vita%20 Constantini.pdf, S. 68 (29.03.2020); Philostorgios, Kirchengeschichte 3, S. 2 547 Kinney 1986, S. 396, mit Referenz auf Heckscher 1937/38 548 Müller 2002, S. 82, 195ff. 549 Raff 2008, S. 145 (mit Nachweisen) 550 Vgl. Mersch 2005, S. 26 551 Cicogna 1844 552 Laubscher 2000; Favaretto/ Schreiner 2013 553 Favaretto/Schreiner 2013; Wolters 2014, S. 34f.; Wolters 2017, S. 29 554 Nelson 2007, S. 151; Barry 2010, S. 41; Sperti 2019, S. 173 555 Ps 118, 25; Mt 21, 42; Mk 12, 10; Lk 20, 17; 1 Petr 2, 4-8; Apg 4, 11; vgl. auch Suger, De consecratione 58: „mit Jesus Christus selbst

531 532 533 534 535 536 537

als dem vorzüglichsten Eckstein“, in: Abt. Suger 2000, S. 229 556 Mersch 2005, S. 19 557 Ebd., S. 26f. 558 Wharton 2011; Jäggi 2013a, S. 63f.; Lippert 2016, S. 65ff. 559 Zur Magnificentia vgl. Gampp 1994 560 Lippert 2016; Abbildungen aller „Tower Rocks“: www. chicagoarchitecture. org/2013/03/05/pictures-ofall-149-rocks-stuck-on-thetribune-tower/ (02.08.2020) 561 Raff 2008, S. 123; Jäggi 2013a, S. 64 562 Vgl. Kruse 2000, S. 322 563 Mersch 2005, S. 30 564 Gran/Mortimer 2002 565 Claussen 1992a, S. 124 566 Nagel/Wood 2010, S. 186 567 Jäggi 2013b, S. 293; Jäggi 2013c, S. 19f. 568 Knigge 1999, S. 8f. 569 www.hoheisel-knitz.net/ index.php?option=com_cont ent&task=view&id=13&Item id=32 (20.11.2016) 570 Anne Erfle: „Konservierung von Nazi-Gebäuden im Recycling-Verfahren“, in: Spiegel online, 13.11.1997, wiederabgedruckt in Hogeisel/Knitz 1999, S. 98 571 Kappel 2008, S. 263ff. 572 Zitiert nach ebd., S. 266 573 Ebd., S. 267f. 574 Ebd. 575 Bettina Conrad in: Bikini 2014, S. 17 576 Ebd. 577 Ebd. 578 Ebd. 579 Meier 2016, S. 405, mit Anm. 41 580 Brenk 1987a, S. 103; CoatesStephens 2003, S. 347; hier als Zitat von Stenger 2006, S. 482 581 Jacobsen 1996, S. 161f. 582 Barry 2010, S. 26ff. 583 Dazu Stiegemann/Wemhoff 2006, Bd. 2, S. 309f., Kat.Nr. 417; Meier 2001, S. 10f. 584 Schmitz/Wirbelauer 1999; Meier 2001, S. 9f. 585 Clemens 2003, S. 242f. 586 Claussen 1992b, S. 35ff. 587 Plin. nat. 36.42; Winkelmann 1762, Titelblatt und S. 29f.; Mondini 2010, S. 380; Mondini 2017, S. 245, 249

588 Claussen 1992a, S. 123 589 Ebd. 590 Bewerbungsschreiben um eine Dozentur an der ETH, in: Giedion 1987, S. 23 591 Arets/van den Bergh/ Graatsma 1981, S. 89ff. 592 Ebd., S. 178ff. 593 Ebd., S. 367f.; Welzbacher 2004, S. 223 594 Allan 2002, S. 30 595 Welzbacher 2004, S. 225 596 Ebd. 597 Rowe/Koetter 1992, S. 206 598 Banham 1959; Venturi 1978, S. 34; vgl. auch Belluzzi/ Conforti 1985, S. 100; Bozzoni/Fonti/Muntoni 2011, S. 193, 371 599 Luigi Moretti: „Eclettismo e unità di linguaggio“, in: Spazio, 01/1950, S. 5ff., hier nach der Anthologie in Bucci/Mulazzani 2001, S. 162 600 Belluzzi/Conforti 1985, S. 195 601 Paolo Portoghesi, in: Bozzoni/Fonti/Muntoni 2011, S. 50f., 57f. 602 Rowe/Koetter 1992, S. 152 603 Lenci 2012, S. 30f. 604 Belluzzi/Conforti 1985, S. 100 605 Gombrich 1934, S. 85 606 Will 2008, S. 193 607 Rowe/Koetter 1992, S. 208 608 Belluzzi/Conforti 1985, S. 100 609 Zuletzt dazu Schenkluhn 2008; Karge 2009 610 Kinney 1997, S. 137 611 Zu Werk und Kontext: John 2001, S. 34ff. 612 Serlio 1575, S. 98; dazu Schlimme 2017, S. 323ff., hier: S. 324 613 Frommel 1998, S. 358f.; Schlimme 2017, S. 326 614 Serlio 1975, S. 98; Schlimme 2017, S. 325 615 Vasari 1967, S. 15; Kinney 2005, S. 16 616 Brilliant 1984, S. 119 617 Wilson Jones 2000, S. 70 618 Ebd., S. 65f. 619 Deichmann 1975, S. 23f. 620 Fehlmann 2018 621 Bauer 2009, S. 64f. 622 Kapitän 1969, S. 126ff.; Bauer 2009, S. 65; https:// marzamemi.stanford.edu/ (27.11.2019)

Endnoten

623 Anselme de SaintRemi 1981, c. 6, S. 208; Hirschmann 1998, S. 188 624 Kappel 2008, S. 159ff. 625 Mirjam Schmidt: „Goldene Waage & Weißer Bock“, in: Sturm/Cachola Schmal 2018, S. 213 626 Gespräch mit Meinrad Morger, 27.03.2019 627 „Weiterschreiben. Andreas Hild im Gespräch mit Muck Petzet und Florian Heilmeyer“, in: Petzet/ Heilmeyer 2012, S. 178 628 Ebd.; Meier 2017a, S. 16 629 Ebd., S. 17 630 Petzet/Heilmeyer 2012, S. 179 631 www.german-architects. com/de/architecture-news/ bau-der-woche/altes-imneuen (17.03.2020) 632 Andreas Hild im Gespräch mit dem Verf., vgl. auch das in Anm. 4 genannte Heft 633 www.german-architects. com/de/architecture-news/ bau-der-woche/altes-imneuen (13.03.2020) 634 Devlieger 2016 635 Fehlmann 2018; Buser 2020 636 Devlieger 2016 637 Krause 2012 638 Schramke/Bock 2015, S. 53, 56 639 Ebd., S. 55 640 Siegert 2015, S. 14 641 Zur transkulturellen Verbindung durch Spolien vgl. Jäggi 2013a 642 Dazu auch Kinney 1997, S. 119; Nagel/Wood 2010, S. 179 643 Gumbrecht 2012, S. 276 mit Bezug auf Taussig 1997 644 Chladenius 1752, S. 194f. 645 Biermann 2018, S. 242 646 Posener 1981, S. 252; Biermann 2018, S. 242 647 Miller 1998; Elsner 2000, S. 176f. 648 Cod. Theod. Nov. Maiorian IV; zitiert nach Gregorovius 1978, S. 106 649 Mondini 2017, S. 249f. 650 Klein 2014, S. 25 651 Haug 2016, S. 194; zu Pisa von der Höh 2006, S. 118ff., 382ff. 652 Kinney 1995, S. 57 653 Markowska 2015, S. 48 654 Nelson 2007, S. 151; Barry

2010, S. 41; Sperti 2019, S. 173 655 Baggio Rösler 2004, S. 137 656 Barry 2010, S. 39 657 Esch 2019, S. 212 658 Barry 2010, S. 41 659 Ebd., S. 34f.; Wolters 2000, S. 207. Zur grundlegenden Bedeutung von Plinius Nat. Hist. 36 für die gelehrten Gesteinsinterpretationen im Mittelalter siehe Weigel 1996, S. 119ff. 660 Abt Suger 2000, S. 368f.; Kinney 2006, S. 237f. 661 Fehlmann/Matzke/SöllTauchert 2019, S. 252ff.; zu Gemmen als Spolien auch Kinney 2006, S. 235ff. 662 Fehlmann/Matzke/SöllTauchert 2019, S. 296f. 663 Altekamp/Marcks-Jacobs/ Seiler 2017, S. 10 664 Haftmann 1939, S. 119; Nelson 2007, S. 148f.; Barry 2010, S. 41ff. 665 „Les Nobles sont superstitieux à ce point, qu’ils ne voudroient pas pour un tresor passer entre ces deux colonnes, croiant que, s’ils le faisoient ils ne pouroient jamais eviter le gibet.“ Houssaie 1707, I, S. 211; II, S. 557 666 Wolters 2017, S. 36 667 Bartetzko 2015 668 Marx 1960, S. 115 669 Rahms 1981, S. 191f. 670 Schlungbaum-Stehr 1999, S. 42. Zur Funktion von Spolien und insbesondere von rahmenden Portalbögen und Durchgängen bei der Altstadtsanierung und -homogenisierung am Beispiel von Basel vgl. Vinken 2010, S. 104f. 671 Mersch 2006, S. 219 672 Gumbrecht 2004; ders. 2012 673 Hayden 1995; Bennett/Joyce 2010 674 Lynch 1972, S. 57

223

Register

Ortsregister Aachen 8, 54, 56–58, 120, 129, 133, 167, 184 Ajaccio 115 Akkon 43, 46, Almeria 97, 111 Altzella 50 Amsterdam 95 Annaba 49 Antiochia 58, 115, 121, 132 Arezzo 45, 166 Assisi 44, 136, 166 Attalia 167 Austerlitz 48 Auxerre 55 Babylon 136 Bamberg 138 Basel 77, 98, 212 Benevent 113 Berlin 7, 66, 130, 152, 163, 205, 209 Berlin, Bikini-Haus 183, 202 Berlin, Ehrenmale 48 Berlin, Humboldt Forum 39 Berlin, Humboldt-Universität 72, 73, 134 Berlin, Jüdisches Gemeindezentrum Charlottenburg 38, 83, 98, Berlin, Kunstgewerbemuseum 212 Berlin, Reichskanzlei 48 Berlin, Schloss Glienicke 24, 150, 161, 177 Berlin, Staatsratsgebäude 31, 37–40, 98, 195, 205, 211 Berlin, Wohnpark Lindenstraße 150, 151, 177, 197 Bern 137 Bethlehem 136 Bonnefont 121

224

Borna 170 Bourges 97 Brackwede 131 Braunschweig 117, 197 Bremen 49 Brüssel 7, 52, 95, 210 Carrara 46 Celle 130 Cergy-Pontoise 123 Chicago 175, 178 Chur 156 Clermont 185 Como 188 Darmstadt 181 Dreieich-Götzenhain 197 Dresden 8, 9, 98, 99, 120, 196, 213 Drop City 140, 205, 210 Duncan 141 Düppel 130 Düren 104 Düsseldorf 80 Eichstätt 197 Ephesos 87 Flims-Waldhaus 103 Florenz 44, 48, 96, 106, 136, 149, 168 Frankfurt a. M. 53, 92, 118 Frankfurt, Neue Altstadt 7, 9, 20, 65–70, 162, 197, 213 Freiberg 97 Gargliano 55 Gaza 49, 51 Genua 23, 26, 43, 44–46, 97, 111, 173, 210 Gera 98

Gibellina Nuova 84, 114, 123 Glienicke, s. Berlin, Schloss Glienicke Grevenbroich 51 Hameln 116 Hamm 120, 143, 203 Hangzhou 144 Hannover 38, 82, 130, 196 Hasankeyf 136 Havelberg 102, 197 Haverleij 206 Heerlen 186 Heuersdorf 121, 170 Immerath, 121 Istanbul 175 Jerusalem 42, 88, 150, 167 Kassel 181 Khamissa 16 Köln 51, 56, 80, 101, 177, 181, 185, 213 Königslutter 64 Konstantinopel 41, 44, 49, 60, 132 Konstanz 114, 211 Koroni 137 Ktesiphon 58, 121, 132 Latakia (Laodicea) 167 Leipzig 120, 213 Leuven 78 Livorno 168 Ljubliana 92, 104 Locarno 114 London 178, 187 Lorsch 112 Los Angeles 128 Lüneburg 217 Luzern 104

Magdeburg 23, 143, 153, 203 Mailand 114 Mainz 116 Marienfeld 131 Marzamemi 167, 195 Meißen 50 Mekka 42 Meyrin 130 Montasola 112, 211 Montecassino 55, 186 München 7, 138, 199 Murano 23 Neapel 24, 52, 74, 153 Neuchâtel 130 New Orleans 224 New York 121–123, 177 Ningbo 144 Nürnberg 202 Oberwinterthur, s. Winterthur Olsztyn 47 Orinda 139, 196 Ostia 168 Palermo 42 Parchim 51 Paris 7, 53, 57, 79, 97, 124, 155, 177, 184 Paris, Bastille 49, 173 Paris, Place Vendôme 48 Paris, St-Pierre de Montmartre 156 Parma 105, 171 Perugia 45, 166 Pisa 23, 44, 96, 114, 137, 210 Pompeji 24 Pontoise 55 Potsdam 9, 23, 71–73, 134, 210 Prokonnesos 22, 132

Radeberg 101, 191 Ravenna 54, 56, 129, 133, 157, 179 Regensburg 50, 53, 184 Reims 78, 155, 195 Rom 10, 60, 111, 120, 129, 133, 178, 188 Rom, Apollo-Sosianus-Tempel 32 Rom, Arco di Portogallo 32, 194 Rom, Arcus Novus 32, 159, 194 Rom, Caracalla-Thermen 61, 109, 167 Rom, Casa dei Crescenzi 61–64, 68, 70, 74, 91, 211 Rom, Colonna santa 73, 88, 173 Rom, Diokletians-Thermen 55 Rom, Domitians-Thermen 16 Rom, Kolosseum 134 Rom, Konstantinsbogen 16, 19, 31–36, 173, 194, 210 Rom, Lateran 36, 96, 134 Rom, Palazzo della Valle 158 Rom, Palazzo Mattei di Giove 160 Rom, Pasquino 91, 134 Rom, Ponte Sisto 134 Rom, Porticus Octaviae 32 Rom, Romulus-Tempel 96 Rom, S. Lorenzo fuori le mura 110, 185 Rom, St. Peter 16, 23, 75, 87–90, 106, 107, 109, 177, 213 Rom, S. Pietro in Montorio 37 Rom, Sta. Costanza 108 Rom, Sta. Maria in Trastevere 26, 61, 109, 211 Rom, Septimius-Severus-Bogen 34, 194 Rom, Templum Pacis 134 Rom, Vatikan 168–170 Rom, Villa Medici 23, 159 Roncaglia 16 Saint-Denis 97 Saint-Guilhem-le-Désert 121 Saint-Michel-de-Cuxa 123 Salaparuta 86 Salbke, s. Magdeburg San Francisco 140 San Vincenzo al Volturno 112 St. Gallen 184 Shanghai 144 Soweto 8 Sterzing 111 Stuttgart 133, 166 Suio 55 Taj Mahal 177 Tannenberg, s. Olsztyn Thessaloniki, 194 Trier 56, 91, 116 Troja 42, 89 Tunis 115, 211 Tyros 43

Utrecht 162 Venedig 7, 23, 115, 120, 137, 144 Venedig, Piazzetta 42 Venedig, S. Giovanni in Bragora 212 Venedig, S. Marco 42, 59, 158, 174, 211 Venedig, S. Pantaleon 46, 90 Vinschgau 157 Warschau 47, 73 Weimar 100, 179 Wien 133 Winterthur 114, 204, 208, 211 Würzburg 81, 116 Ypern 78, 79 Zuqnin 58 Zürich 10, 49

Personenregister (Erfasst sind historische Personen sowie Architekten, Künstlerinnen und Planungsbüros) Adorno, Theodor W. 128 Airardus, Abt 195 Al-Tabari 58 Albertini, Francesco 16, 89 Albrecht II., Erzbischof 155 Alexios, Kaiser 97 Alfanus 55 Alkuin 56 Allen, Collens & Willis 123 Ammannati, Bartolomeo 167, 169 An-Nasir, 167 Androikos II. Palaiologos 136 Anicia Juliana 44 Anselmus 195 Antoninus Pius 17 Arnulf, Kaiser 185 Aurelian, Kaiser 32 Baccio Bigio, Nanni di 167 Banham, Reyner 188 Barnard, George Grey 121 Baronio, Cesare 40, 75 Bartning, Otto 181, 183 baubüro in situ 142, 203 Belardelli, Giulio 190 Benjamin, Walter 105 Beretta, Giovanni 114 Bernini, Gian Lorenzo 89, 91, 190 Blumenhagen, Wilhelm 82 Boccioni, Umberto 128 Bogatzky, Hans Erich 38 Böhm, Dominikus 181 Böhm, Gottfried 181 Bofill, Riccardo 124

Register

Born, Arnold von 56 Boyle, Tom Coraghessan 140 Bramante 37, 75, 89 Bruni, Leonardo 211 Buckminster Fuller, Richard 141 Bullinger, Heinrich 49 Buonarotti, Michelangelo 107 Burckhardt, Jacob 20, 21, 34 Bureau SLA 95, 142 Burri, Alberto 85 Caffaro di Caschifellone 167 Calatrava, Santiago 104 Castiglione, Pietro 134 Childerich, König 57 Chladenius, Johann Martin 208 Chosrau, pers. König 58, 121, 132 Churchill, Winston 78 Clair, René 125 Cock, Hieronymus 158 Contarini, Pietro 211 Constantius II., Kaiser 53, 135 Constantius Chlorus, Kaiser 175 Corrao, Ludovico 85, 123 Cosmas / Cosmati 178, 210 David, Jacques Louis 46 Deininger, Franz 199 Desiderius, Abt 55, 61, 166 Dettli, Fortunat 68, 198 Devliger, Lionel 204 Diokletian, Kaiser 32, 175 Dionysius, Bischof 184 Döllgast, Hans 82 Dünnebacke, Niclas 95 Dürer, Albrecht 56 Eco, Umberto 106 Einhard 54, 56 Eling-Saalmann, Sabine, 143 Eugen IV., Papst 134, 135 Eusebius von Caesarea 40, 49, 173 Farnese, Alessandro 105 Fieravante, Aristoteles 134 Fiorentino, Mario 189 Foglia, Giovanni 134 Fontana, Domenico 168–170, 212 Fouquet, Jean 89 Frampton, Kenneth 188 Frankl, Wolfgang 189 Freiligrath, Ferdinand 39 Galerius, Kaiser 175 Gallienus, Kaiser 32 Gaulle, Charles de 123 Gennep, Arnold von 105 Gennep, Wilhelm von 51 Gerkan, Armin von 34 Giedion, Sigfried 186, 188 Giustiniani, Agostino 97 Göpfert, Rolf, 196 Göthe, Eosander von 38

Gotthelf, Jeremias 93, 130 Gratian, Kaiser 135 Gregor III., Papst 87 Gregor von Tours 185 Gregoras, Nikophoros 136 Gregorovius, Ferdinand 63 Grimaldi, Giacomo 76 Guiscard, Robert 41 Hadrian, Kaiser 34 Hadrian, Papst 54, 120, 129 Heemskerck, Marten van 158 Hegel, Georg Friedrich Wilhelm 93 Heinrich II., Kaiser 212 Heinrich IV., Kaiser 172 Heise, Hans 83 Henselmann, Hermann 38 Herzog & de Meuron 144 Heymann, Richard 181 Hild, Andreas / Hild & K 183, 199, 200–203 Hindenburg, Paul von 47, 72 Hitchcock, Henry-Russell 186 Hoheisel, Horst 179 Hollanda, Francisco de 158 Hood, Raymond 177 Howells, John Mead 177 Huber, Robert 95 Illidius, Bischof Innocenz II. 61 Isozaki, Arata 151 Jahn, Helmut 163 Johae, Bernd 130 Johnson, Philip 186 Jordi, Marc / Jordi & Keller 66–68, 152, 198 Jourdan, Jochen / Jourdan & Müller 69, 197 Judas Makkabäus 167 Julian, Kaiser 15 Julius II., Papst 75 Justinian, Kaiser 58, 132 Karavan, Dani 124 Karl der Große 54, 56, 60, 129, 153, 161 KARO*Architekten 143 Keaton, Buster 125 Klinsky, Johann Gottfried 50 Knitz, Andreas 179 Knoblauch, Dieter 83 Knobloch, Charlotte 52 Koetter, Fred 188 Konstans II., Kaiser 133 Konstantin, Kaiser 22, 34, 36, 53, 87, 114, 135, 174 Korn, Roland 38 Kreis, Werner 150 Krier, Léon 124 Kulka, Peter 71, 120

225

Lacan, Jacques 100, 105 Lampugnani, Vittorio Magnago 129 Le Corbusier 190 Leo X, Papst 16 Lévi-Strauss, Claude 190 Licinius, Kaiser 88 Liebknecht, Karl 38 Lippi, Annibale 159 Lippi, Giovanni 159 Livius, Titus 15 Longo, Pasquale 137 Lubetkin, Berthold 187, 191 Luxemburg, Rosa 39 Lynch, Kevin 214 Mäckler, Christoph 65, 129 Maderno, Carlo 75, 160 Magritte, René 72 Majorianus, Kaiser 135, 209 Marangoni, Giovanni 20 Marc Aurel, Kaiser 34, 36 Marcellinus, Ammianus 15 Maria, Walter de 133, 166 Marsicanus, Leo 55 Marx, Karl 213 Mattei, Asdrubalde 160 Matthaeus Parisiensis 42 Maxentius, Kaiser 37 Maximian, Kaiser 175 Maximilian, Kaiser 50 Maximilian II., Kaiser 161 Medici, Cosimo de’ 167 Medici, Ferdinando de’ 48, 159 Meier, Richard 128 Merian, Amadeus 77 Metochites, Theodor 136 Michael VIII. Palaiologos 46 Michael von Antiochien 135 Mies van der Rohe, Ludwig 8 Miralles, Enric 162 Moore, Charles W. 139, 142 Moretti, Luigi 188–190 Morger, Meinrad 68, 198 Musil, Robert 96 Napoleon Bonaparte 57, 184 Neufert, Ernst 191 Neumann, Balthasar 82 Nicolaus (Bildhauer) 64 Nicolaus (Crescenzi) 62, 91, 137, 211 Nikolaus V., Papst 134 Nur al-Din, Mohammed 136 Oesterley, Carl 82 Olgiati, Rudolf 25, 27, 102, 190, 196 Orsini, Giordano, Kardinal 89 Otto I., Kaiser 153 Oud, Jacobus Johannes 188 Overtreders W 95, 142 Padua, Giovanni Maria da 99 Paul V., Papst 75 Paul, Annette 72

226

Petrus, Abt 155 Petzet, Muck 7 Peutz, Frederikus Petrus Josephus 186 Philostorgios 173 Pius II., Papst 134 Pius IV., Papst 167 Pius IX., Papst 61 Plečnik, Jože 92, 104, 187 Plinius d.J. 168, 185, 211 Plumb, George 141 Porphyrius 49 Portoghesi, Paolo 189 Quatremères de Quincy, AntoineChrystostôme 21 Raffael (Sanzio) 16, 36, 89, 134 Rank, Franz 138 Rauch, John 170 Reiffenstein, Carl Theodor 92 Ridolfi, Mario 189 Riegl, Alois 21 Rockefeller, John D. 123 Rotor 142, 203 Rowe, Collin 188 Ruff, Franz 51 Rusca, Franchino 115 Ruskin, John 11 Sala, Jacobo de 115 Samyn, Philippe 7, 95, 142 Sansovino 99 Sanudo, Marino 136 Schaad, Peter 150 Schaad, Ulrich 150 Schattner, Karljosef 197 Schilling, Hans 82 Schinkel, Karl Friedrich 24, 123, 161 Schmidt, Friedrich 77 Schoszberger, Hans 183 Schwarz, Rudolf 80, 104 Schwebes, Paul 183 Schwippert, Hans 80 Senf, Hermann 69 Serlio, Sebastiano 17, 23, 193 Serristori, Averardo 167 Shu, Wang 7, 144–146, 205 Silentiarius, Paulus 132 Simocatta, Theophylactus 58 Sixtus IV., Papst 16, 89, 134 Sixtus V., Papst 169 Smith, Thomas Gordon 191 Sobek, Werner 163 Speer, Albert 48 Stehlin, Johann Jacob 77 Stendhal (Marie-Henri Beyle) 105, 171 Strabo, Walafrid 54 Streicher, Julius 51 Suger, Abt 55, 106, 155, 167, 211

Tagliabue, Benedetta 162 Terragni, Giuseppe 188 Theoderich, König 54, 56 Theoderich, Kustos 185 Tiepolo, Lorenzo 43, 90 Titus, Kaiser 194 Trajan, Kaiser 17, 34, Urban VIII., Papst 91 Valens, Kaiser 135 Valentinian, Kaiser 135 Valle, Andrea della 158, 159 Vasari, Giorgio 17, 19, 35, 120, 158, 167, 194 Vecci, Gaspare de’ 161 Venezia, Francesco 84–86, 114 Venturi, Robert 170, 188 Villani, Giovanni 44 Vitruv 168 Vogt, Hans 101 Wailly, Charles de 57 Warnier, Bertrand 124 Wehrli, Leo 132 Wenyu, Lu 144–146, 205 Winckelmann, Johann Jakob 185 Womacka, Walter 39 Zedler, Johann Heinrich 21 Zeno, Ranieri 60 Zosimus 41 Zukunftsgeräusche 95, 205 Zumthor, Peter 130 Zwingli, Huldrych 49

Quellen- und Literatur­verzeichnis Quelleneditionen und Literatur vor 1800 Abt Suger von Saint-Denis: Ausgewählte Schriften, hg. von Andreas Speer und Günther Binding, Darmstadt 2000 Abu Ubayd al-Bakrî: „Kitāb al-Masālik wa-l-Mamālik“, ital. Übers. in: Adalgisa De Simone/Giuseppe Mandala: L’immagine araba di Roma. I geografi del Medioevo (secoli IX–XV), Bologna 2002, S. 83–87 Albertino, Francisco: Opusculum de mirabilibus novae et veteris urbis Romae, Basel 1519 (Erstausgabe Rom 1510) Alpharanus, Tiberius: De Basilicae Vaticanae antiquissima et nova structura, pubblicato per la prima volta con introduzione e note da Michele Cerrati, Studi e Testi 26, Rom 1914 Annali genovesi di Caffaro e de’ suoi continuatori dal 1099 al 1293. Nuova edizione a cura di Luigi Tommasso Belgrano. Fonti per la storia d’Italia, Bd. 10–14, Rom 1901–1929 Anselme de Saint-Remi: „Histoire de la dédicace de SaintRemi“, hg. von Jacques Hourlier, in: Contribution à l’année Saint Benoit (480–1980). La Champagne bénédictine, Reims 1981, S. 179–295 Boccioni, Umberto: Gli scritti editi e inediti, Mailand 1971 Bosworth, Clifford Edmund (Hg.): The History of al-Tabari. Vol. V: The Sasanids, the Byzantines, the Lakhmids, and Yemen, New York 1999 Bullinger, Heinrich: Heinrich Bullin­ gers Reformationsgeschichte nach dem Autographen, hg. von Johann Jakob Hottinger/ Hans Heinrich Vögeli, Frauenfeld 1838/1840 Chabot, Jean Baptist (Hg./Übers.): Chronique de Michel le Syrien, Patriarche Jacobite d’Antioche (1166–1199), 5. Bde., Paris 1899

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Abbildungsnachweis

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Eifeljanes de.wikipedia.org/wiki/ Frankenturm_(Trier)#/media/ Datei:Trier_Frankenturm_ O-55283-20121010-2_ 20170506_1.jpg Abb. 87

Luca Aless, CC BY-SA 4.0, https:// commons.wikimedia.org/w/index. php?curid=34212370; bearbeitet HRM Abb. 44 Kirsten Angermann Abb. 108 baubüro in situ AG Abb. 152, 154 Bauhaus-Universität Weimar, Professur Denkmalpflege und Baugeschichte Abb. 13 Bibliotheca Hertziana – MaxPlanck-Institut für Kunstgeschichte, Rom, U.Pl. D 43869 (Ausschnitt) Abb. S. 14, Vor- und Nachsatz Bibliothèque nationale de France Abb. 62 Repro aus Bigalke 2000, S. 31 Abb. 96 Bildarchiv Foto Marburg Abb. 48 bkp/The Metropolitan Museum of Art Abb. 93 Biagia Bongiorno Abb. 24 Boobax, CC BY-SA 3.0, https:// upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/8/88/Ruderi_di_ Gibellina.jpg Abb. 58 Lex Bosman Abb. 46 Repro aus: Andrea Busiri-Vici: La Colonna santa del Tempio di Gerusalemme ed il Sarcofago di Probe Anicio perfetto di Roma. Notizie storiche con documenti e disegni, Vatikanstadt 1888, S. 8 Abb. 61 Uwe Dettmar Abb. 41 Deutsche Fotothek (SLUB Dresden), 1949.09.29, df-Hauptkatalog 0103049 Abb. 71 Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Rom, Fotothek Abb. 14 (Faraglia, Neg. D-DAI-Rom 32.53), Abb. S. 30 (Detail), Abb. 137 (Autor unbekannt)

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Eva von Engelberg-Dočkal Abb. 43, 50, 54, S. 206 Iris Engelmann Abb. 69, 73 Euroluftbild.de/Robert Grahn Abb. 89 Raymond Faure Abb. 114 Carl Friedrich Fay Abb. 64 Repro aus Domenico Fontana: Della Trasportatione dell’obelisco Vaticano et Delle Fabriche di Nostro Signore Papa Sisto V., Rom 1590, fol. 8, 24 Abb. 125, 126 Christian Forster Abb. 83 GFreihalter, CC BY-SA 3.0, https://de.wikipedia.org/wiki/ Bamberger_Haus#/media/ Datei:M%C3%BCnchen_Schwabing-West_Bamberger_ Haus_883.jpg Abb. 101 Bildzitat aus Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 259, 7.11.2014, S. 36 Abb. 35 Greenpeace, Foto Eric De Mildt Abb. 1 Michael Heath/Alamy Stock Photo Abb. 139 Michael Heinrich Abb. 150, 151 Luise Helas Abb. 17 Hild und K Abb. 149 IDB Marburg Abb. 26 Istituto centrale per il catalogo e la documentazione, Rom Abb. 63 Carola Jäggi Abb. 8, 9, 11, 15, 21, 30–34, 47, 80, 81, 86, 99, 115, 118, 128, 131, 132, 156 Kai Kappel Abb. 51, 52 Bruno Klein Abb. 84, 85 Repro aus Kletke 1994, Abb. 5 Abb. 92 Steffen Kunkel/Morger Partner Architekten Abb. 145,

Abb. S. 192 Hans-Georg Lippert Abb. 129 Michele Marchioni Abb. 22 Hans-Rudolf Meier Abb. 6, 12, 16, 18, 19, 20, 24, 36–40, 53, 56, 66, 67, 70, 75–77, 79, 88, 90, 91, 106, 107, 109–113, 116, 120, 122–124, 127, 130, 133, 134, 136, 141–143, 146, S. 126, S. 148

Medine White, Photographic Reference Collection, Nr. 300017 Abb. 27 Maarten van Wesel, commons. wikimedia.org/wiki/File:Heerlen_ CityHall_Side.JPG Abb. 138 Guilhelm Vellut, licenced cc-by-2.0, www.flickr. com/photos/22539273@ N00/15190521940 Abb. 68

Karl-Heinz Meurer (Charlie1965nrw), HDR-Bild aus drei digitalen Fotografien, CC BY-SA 3.0, https://commons. wikimedia.org/w/index. php?curid=11906128 Abb. 10

Von Matt-80 – eigenes Werk, CC BY 2.0, https://commons. wikimedia.org/w/index. php?curid=203588 Abb. 4

Repro aus Mollard 2011, S. 121 Abb. 94

Westfalen-Blatt, Foto Stefanie Winkelkötter Abb. 97

Daniela Mondini Abb. 5, 155

Nick Young Bateman/Shutterstock Abb. 104

Charles W. Moore Foundation Abb. 102 Yuri Palmin Abb. 57 Radeberger Exportbierbrauerei Radeberg Abb. 74 Sächsischer Landtag, Foto Norbert Millauer Abb. 3 Orazio Saluci Abb. 59 Hans-Christian Schink Abb. 42 Repro aus Sebastiano Serlio: Tutte l’opere d’architettura di Sebastiano Serlio Bolognese (Buch 1–7), Venedig 1584, S. 101, https:// digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/ serlio1584/0643 Abb. 7 Darko Senekovic Abb. 82 Jörg Springer Abb. 65, 105 Städtische Sammlung Aachen, Centre Charlemagne, Foto Anne Gold, Aachen Abb. 29 TU München, Professur Entwerfen, Umbau, Denkmalpflege (Andreas Hild) Abb. 2 Twice25 e Rinina25, CC BY2.5 https://commons.wikimedia.org/ wiki/Category:Palazzo_di_San_ Giorgio_(Genoa)?uselang=de#/ media/File:Genova_-_Palazzo_ San_Giorgio_DSCF8105.jpg Abb. 23 United States Holocaust Memorial Museum, Courtesy of Ruchana

Thomas Will Abb. 72, 78, 147

Zeitmagazin, Juni 1991 Abb. 98 Zentralbibliothek Zürich, Handschriften Abb. 25 Zukunftsgeräusche/rkh / 2012 Abb. 153

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