Sozialethik und Gemeinwohl: Die Begründung einer realistischen Sozialethik bei Arthur F. Utz [1 ed.] 9783428474387, 9783428074389

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Sozialethik und Gemeinwohl: Die Begründung einer realistischen Sozialethik bei Arthur F. Utz [1 ed.]
 9783428474387, 9783428074389

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BERND KETTERN

Sozialethik und Gemeinwohl

Sozialwissenschaftliche Schriften Heft 22

Sozialethik und Gemeinwohl Die Begründung einer realistischen Sozialethik bei Arthur F. Utz

Von

Bernd Kettern

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Kettern, Hernd:

Sozialethik und Gemeinwohl : die Begründung einer realistischen Sozialethik bei Arthur F. Utz / von Bernd Kettern. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Sozial wissenschaftliche Schriften; H. 22) Zug!.: Trier, Univ., Diss., 1991 ISBN 3-428-07438-6 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-4808 ISBN 3-428-07438-6

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1991 von der Theologischen Fakultät Trier als Dissertation angenommen. Ihre Entstehung wurde in mehrfacher Hinsicht gefördert. Herrn Professor Dr. Dr. Wolfgang Ockenfels danke ich für die engagierte Betreuung und die vielfältigen Ratschläge, die wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Herrn Professor Dr. Helmut Weber danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Arthur F. Utz. Anläßlich eines Aufenthaltes in Fribourg konnte ich in mehreren Gesprächen mit ihm Fragen bezüglich seines Werkes erörtern. Dadurch gewannen manche Gedanken und Argumentationen deutlichere Konturen. Dem Bischof von Trier, Herrn Dr. Hermann-Josef Spital, danke ich für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Herrn Professor Norbert Simon vom Verlag Duncker & Humblot danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe "Sozialwissenschaftliche Schriften"; Herrn Wolfgang Nitzsche möchte ich für die sorgfältige Betreuung danken. Gerolstein, im Januar 1992

Bernd Keltern

Inhaltsverzeichnis Einführung ..............................................................................

15

I. Zur Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Profilierung der Christlichen Gesellschaftslehre................................................................

15

11. Zur Struktur dieser Arbeit ................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

111. Zur Person von A. F. Utz ... ................... ............ ......... ...... ......

20

Erstes Kapitel Überblick über die Konzeption der Christlichen Gesellschaftslehre I. Die Verankerung der Christlichen Gesellschaftslehre in der katholischen Soziallehre ........................................................................

24

11. Die Aufgabe der Christlichen Gesellschaftslehre innerhalb der katholischen Soziallehre ........................................................................

26

Zweites Kapitel Die charakteristischen Merkmale der Sozialethik von A. F. Utz I. Die Eigenständigkeit der Sozialethik gegenüber der Individualethik .......

32

1. Problemstellung ..............................................................

32

2. Sozialethik als Strukturethik ................................................

34

3. Sozialethik im Rahmen einer Finalethik ...................................

35

H. Die Systematik einer philosophisch begründeten Sozialethik ...............

38

III. Die erkenntnistheoretische Grundlage .........................................

41

1. Die klassische Seinsphilosophie mit ihrer Realerkenntnis ...............

41

2. Gegensatz zu Kant ...........................................................

42

IV. Die Berücksichtigung wesentlicher Erkenntnisse der allgemeinen Ethik ..

46

1. Die Bedeutung der inneren Erfahrung ..................................... a) Das sittliche Verantwortungsbewußtsein ............................... b) Das methodische Vorgehen der Ethik .................................. c) Die weitere Entfaltung der erfahrungsgeleiteten Normbegründung .

46 46 48 49

8

Inhaltsverzeichnis 2. Die ganzheitliche Abstraktion.. . . .. ... . .. .. ... . . ... .. . .. ... ... .... . ..... . .. .

53

3. Die analoge Erkenntnis der Nonnen .......................................

55

4. Unterschiede zur thomasischen Argumentation ...........................

57

5. Die Funktion des gesellschaftlichen Diskurses............................

62

6. Abgrenzung gegenüber dem Essentialismus ...............................

63

V. Naturrechtliche Orientierung der Sozialethik .................................

65

1. Zur Problematik des Naturrechtsdenkens ..................................

65

2. Die Natur des Menschen als Fundament der Nonnbegründung ......... a) Die Notwendigkeit einer universal gültigen Nonn ....................

71 71

b) Schwierigkeiten des dynamischen Naturbegriffes .......... ...........

73

3. Zum Problem des naturalistischen Fehlschlusses und die Konsequenzen für die Ethik als Wissenschaft .............................................. a) Eine Rekapitulation der zentralen Elemente der Utzschen Ethikkonzeption als Folie für die Diskussion des naturalistischen Fehlschlusses b) Die Ethik als Wissenschaft und der naturalistische Fehlschluß .....

76 78

VI. Die besondere Bedeutung der Nonnenlogik im Utzschen System .... ......

80

VII. Der zentrale Begriff der Sozialethik bei Utz: das Gemeinwohl ............

82

VIII. Zusammenfassung ...............................................................

84

76

Drittes Kapitel

Die Sozialethik als Wissenschaft I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik ........................................

86

1. Die Notwendigkeit der Bestimmung des Sozialen ........................ a) Zur Methode der Definition .............................................

86 87

b) Nominal- und Realdefinition des Sozialen ........ ..................... aa) Die Nominaldefinition des Sozialen ...............................

88 88

bb) Die Realdefinition des Sozialen .......................... .........

89

2. Die erkenntnistheoretische Grundlage der sozialen Nonnen .............

94

3. Der Praxisbezug der Sozialethik ............................................

99

4. Konsequenzen für den Entwurf einer Gesellschaftslehre der Kirche ...

100

II. Der Standort der Sozialethik innerhalb der Sozialwissenschaften ..........

103

1. Abgrenzung gegenüber der Soziologie.................. ...................

104

2. Die Sozial philosophie ........................................................

105

III. Das Verhältnis von Theologie und Sozialwissenschaften ...................

106

Inhaltsverzeichnis

9

Viertes Kapitel

Die Sozialnatur des Menschen I. Die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen als ontologische Grundlage

der sozialen Natur des Menschen ..............................................

110

H. Der Hintergrund der Utzschen Konzeption: die aristotelisch-thomasische Tradition ..........................................................................

111

III. Die weitere philosophische Vertiefung der Sozialnatur durch Utz .........

115

Fünftes Kapitel

Das Gemeinwohl I. Begriffliche Abklärung ..........................................................

118

1. Das Gemeinwohl als äußeres Gut, als Institution und Organisation ....

119

Exkurs: Gemeinwohl oder Gemeingut-Zur Kontroverse Utz-Nell-Breuning....

120

2. Das Gemeinwohl als immanentes Gut................ .....................

123

a) Das Gemeinwohl als Summe vieler Einzelwohle? ....................

125

b) Das Gemeinwohl als Kulturwert ....... ............ .....................

125

c) Die Definition des immanenten bonum commune ....................

125

3. Das Verhältnis von Einzelwohl und Gemeinwohl........................

127

a) Das Einzelwohl als Gegenstand individualethischen Handeins ......

128

b) Das Einzelwohl als letztes personalethisches Ziel ....................

128

c) Das Einzelwohl als Teil des Gemeinwohls ............................

129

4. Zur Analogie im Gemeinwohlbegriff ......................................

132

5. Das Gemeinwohl als die Wesensform der Gesellschaft................ . .

133

6. Die Dynamik des Gemeinwohlbegriffs ....................................

134

7. Das Gemeinwohl als Rechtsnorm

134

H. Der Inhalt des Gemeinwohls ...................................................

137

1. Gott als das oberste Gemeinwohl des Kosmos ...........................

137

2. Das bonum commune als bonum humanum .......... . ................. . .

139

3. Das Sozialgerechte ...........................................................

141

III. Die konJcr~t~ Bestimmung und die Realisierung des Gemeinwohls durch Regelpnnzlplen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

Exkurs: Die Bedeutung des Eigeninteresses bei Utz und Rawls ... ................

146

Resümee........ ....................................... ............ ......................

151

10

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis ...................................................................

155

I. Bibliographie der sozialethischen Veröffentlichungen von Arthur Fridolin Utz O. P. ..........................................................................

155

1. Bücher und Broschüren......................................................

155

2. Artikel und Rezensionen ....................................................

159

11. Sekundärliteratur .................................................................

173

1. Lehramtliche Texte zur katholischen Soziallehre .........................

173

2. Sonstige Literatur ............................................................

173

Personenregister ........................................................................

190

Abkürzungen 1. Zeitschriften und Nachschlagewerke 1 ARSP

= Archiv

für Rechts- und Sozialphilosophie, Bern u. a. 27 (1933 / 34) - 37 (1944), 38 (1949/50) ff. Bulletin thomiste, Etiolles u. a. 1 (1924) ff. Divus Thomas. Jahrbuch für Philosophie und spekulative Theologie, Freiburg / Schw. 28 [2. Sero 1] - 37 [3. Sero 1] (1923) - 67 [3. Sero 31](1953). Estudios filos6ficos, Las Caldas de Besaya I (1951 /52) ff. Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie, Freiburg / Schw. 1 (1954)ff. [setzt Divus Thomas fort: 68 [4. Sero 1] (1954) ff.].

BThom DT

=

EstFiI FZPhTh

=

Gr JCSW

= Gregorianum, Rom 1 (1920) ff.

JICSW

= Jahrbuch des Instituts für christliche Sozialwissenschaften der west-

=

=

= Jahrbuch für christliche Sozialwissenschaften der westfälischen

Wilhelms-Universität Münster, Münster 9 (1968) ff.

fälischen Wilhelms-Universität Münster, Münster 1 (1960) (1967).

8

= Lexikon für Theologie und Kirche. Hg. von J. Höfer und K. Rahner,

NO

=

PhJ

=

RThom

=

SacDot SchwRd

=

SKZ

=

=

Freiburg 1 (1957) - 10 (1965), Reg. Bd. 11 (1965), Ergänzungsbände: 12 (1966) - 14 (1968): Das Zweite Vatikanische Konzil. Dokumente und Kommentare. Die neue Ordnung. Zeitschrift für Religion, Kultur, Gesellschaft, Paderborn u. a. 1 (1946 / 47) ff. Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, Fulda u. a. (1888) - 55 (1942), 56 (1946) ff. Revue Thomiste, Paris 1 (1893) ff. Sacra dottrina, Bologna 1 (1956) ff. Schweizer Rundschau, Zürich 1 (1900) ff. [1 (1900) - 44 (1944): Schweizerische Rundschau]. Schweizerische Kirchenzeitung, Luzern 1 (1832) ff.

1 Die angegebenen Abkürzungen richten sich - soweit die betreffenden Publikationen keine eigenen Abkürzungen verwenden - nach S. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin-New York 1974 (vgl. auch Ders., Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin-New York 1976). Die allgemeinen, nicht literaturbezogenen Abkürzungen wurden hier nicht aufgenommen, sie orientieren sich an: Duden. Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter, Mannheim 19 1986.

Abkürzungen

12 StL

Staatslexikon. Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. Hg. von der GörresGesellschaft, Freiburg 61 (1957) - 8 (1963), Ergänzungsbände: 9 (1969) - 11 (1970); 71 (1985) - 5 (1989).

ThGI

Theologie und Glaube. Zeitschrift für den katholischen Klerus, Paderborn 1 (1909) - 36 (1944), 37 (1947) ff.

ThPh

= Theologie und Philosophie. Vierteljahresschrift für Theologie und

ThRv

= Theologische Revue, Münster 1 (1902) ff.

TThZ

= Trierer Theologische Zeitschrift, Trier 56 (1947) ff.

ZAM

= Zeitschrift für Aszese und Mystik, Innsbruck u. a. 1 (1925) (1944).

ZKTh

= Zeitschrift für katholische Theologie, Wien u. a. 1 (1876/77) -

ZPhF

= Zeitschrift für philosophische Forschung, Meisenheim u. a. 1

Philosophie, Freiburg 41 (1966) ff.

19

67, 1-2 (1943), 69 (1947) ff. (1946) ff.

Über Schwertner hinaus wurden abgekürzt: CIC

= Codex Iuris Canonici. Auctoritate Ioannis Pauli PP. 11 promulgatus, Vatikanstadt 1983 [dt.: Codex des Kanonischen Rechtes. Lateinisch-deutsche Ausgabe. Hg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz u. a., Kevelaer 21984].

DThA

= Die Deutsche Thomas-Ausgabe. Vollständige, ungekürzte deutsch-

gpk

= Gesellschaftspolitische Kommentare, Bonn 1 (1952) -

IKZ Communio

= Internationale katholische Zeitschrift Communio. Köln u. a. 1

ÖZÖR ZWS

lateinische Ausgabe der Summa theologica. Übersetzt und kommentiert von Dominikanern und Benediktinern Deutschlands und Österreichs. Hg. vom Katholischen Akademikerverband, Salzburg 1934 ff. Hg. von der Albertus-Magnus-Akademie Walberberg (bzw. von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Walberberg), Heidelberg-Graz-Wien-Köln 1941 ff. 27 (1986) ff.

26 (1979),

(1972) ff.

Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht. Wien 1 (1948) ff. [ab 28 (1977): Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht]. = Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Berlin 92.1

(1972) ff.

2. Schriften einzelner Autoren a) Aristoteles: NE

= Nikomachische Ethik

Polit.

= Politik

Abkürzungen

13

b) Thomas von Aquin: CG

= Summa contra Gentiles

De Malo

= Quaestiones disputatae De Malo

De Reg. princ.

= De regno (De regimine principum) ad regem Cypri

De verit.

= Quaestiones disputatae De veritate

Eth.

= Expositio in decem libros ethicorum Aristotelis ad Nicomachum

In Metaphys.

= Commentaria in metaphysicam Aristotelis

Quodl.

Quodlibetum, Quaestio disputata de quolibet

Sent.

Scripturn super libros Sententiarum

STh

Summa Theologiae

c) lmmanuel Kant:

Werke

= Werke in sechs Bänden. Hg. von W. Weischedel, Darmstadt 1956-

1964 (61983).

d) Arlhur F. Ulz: BibSE

Bibliographie der Sozialethik. Grundsatzfragen des öffentlichen Lebens. Recht, Gesellschaft, Wirtschaft, Staat. Unter Mitwirkung von W. Büchi u. a. hg. von A. F. Utz, 11 Bde., Freiburg i. Br.Barcelona-Basel u. a. 1960-1980.

DThA 11

= Thomas von Aquin: Summa Theologica I-lI 49 - 70: Grundlagen

DThA 18

= Thomas von Aquin: Summa Theologica lI-lI 57 - 79: Recht und

Ethik

= Ethik. Unter Mitarbeit von B. Gräfin von Galen, Heidelberg-Löwen

der menschlichen Handlung. Übersetzung (gemeinsam mit H. M. Christmann), Anmerkungen und Kommentar von A. F. Utz, Salzburg-Leipzig 1940 (Die Deutsche Thomas-Ausgabe, 11).

Gerechtigkeit. Einleitung, Anmerkungen, Kommentar und Exkurse von A. F. Utz, Heidelberg-Graz 1953 (Die Deutsche Thomas-Ausgabe, 18). 1970 (Sammlung Politeia, 23).

Ethik und Politik = Ethik und Politik. Aktuelle Grundfragen der Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsphilosophie. Gesammelte Aufsätze. Hg. von H. B. Streithofen, Stuttgart 1970 (Veröffentlichungen des Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg e. V., 3). Ethische und soziale Existenz = Ethische und soziale Existenz. Gesammelte Aufsätze aus Ethik und Sozialphilosophie 1970-1983. Hg. von H. B. Streithofen, Bonn 1983 (Veröffentlichungen des Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg e. V., 9). Nachfolgefassung

= Recht und Gerechtigkeit. Thomas von Aquin: Theologische Summe

lI-lI, Fragen 57 - 79 . Nachfolgefassung von Bd. 18 der Deutschen Thomasausgabe. Neue Übersetzung von J. F. Groner. Anmerkungen, sowie vollständig überarbeiteter und ergänzter Kommentar von A. F. Utz, Bonn 1987.

14 SE I, 11, III

Utz/Galen

Utz / Groner

Zitationsweise Sozialethik, mit internationaler Bibliographie (Sammlung Politeia, 10). I. Teil: Die Prinzipien der Gesellschaftslehre, Heidelberg 1958 eI964); 11. Teil: Rechtsphilosophie, Heidelberg-Löwen 1963; III. Teil: Die soziale Ordnung, Bonn 1986. = Die katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung. Eine Sammlung päpstlicher Dokumente vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Im Auftrag der Internationalen Stiftung Humanum hg. von A. F. Utz und B. Gräfin von Galen. Mit einer Einführung von A. F. Utz, 4 Bde., Aachen 1976. = Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens. Soziale Summe Pius' XII. Hg. von A. F. Utz und J. F. Groner, 3 Bde., Fribourg 1954-1961.

Zitationsweise In den Anmerkungen wird die Literatur abgekürzt zitiert. Beim erstmaligen Anführen eines Titels werden Herausgeber, Erscheinungsort und -jahr angegeben, bei Aufsätzen ihre Quelle, um ein ständiges Nachschlagen im Literaturverzeichnis zu vermeiden. Die angeführten Titel sind mit ihren vollständigen Angaben im Literaturverzeichnis wiedergegeben. Stellenangaben setzen sich wie folgt zusammen: römische Ziffern bezeichnen den Band, arabische die Seite bzw. Spalte.

Einführung I. Zur Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Profilierung der Christlichen Gesellschaftslehre Die doppelte Schwierigkeit, der sich heute Moral- oder Ethikbegründungen gegenübersehen, hat der Philosoph KarlOtto Apel einmal folgendennaßen beschrieben: "Die Paradoxie der Lage ist hier m. E. durch das folgende Dilemma gekennzeichnet: Einerseits ist die Notwendigkeit einer intersubjektiv verbindlichen Ethik solidarischer Verantwortung der Menschheit für die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten und Konflikte noch nie so dringend gewesen wie in der Gegenwart, und zwar wegen der ungeheuren Vergrößerung des Risikos aller menschlichen Aktivitäten und Konflikte durch die technischen Potenzen der Wissenschaft. Andererseits ist die rationale Begründung einer intersubjektiv gültigen Ethik scheinbar noch nie so schwierig gewesen wie in der Gegenwart, und zwar deshalb, weil die modeme Wissenschaft (Science) den Begriff rationaler, intersubjektiv gültiger Begründung im Sinne der Wertneutralität präokupiert hat und alle nicht wertneutralen Theoriebildungen von diesem Maßstab her als bloße Ideologien erscheinen." 1 Zur Überwindung der beschriebenen Paradoxie entwikkelte Apel eine transzendentalpragmatische Diskursethik, die die Geltung ethischer Grundnonnen durch eine Reflexion auf die intersubjektiv-nonnativen Bedingungen ethischer Argumentation aufzeigen will. Apels Überlegungen unterstreichen das Bemühen heutiger Ethiker, jenseits des szientifischen Rationalitätsbegriffs eine Verantwortungsethik zu konzipieren, um so auf der Grundlage universalisierbarer Moralprinzipien individuelles und gesellschaftliches Handeln ethisch zu fundieren. 2 Von der beschriebenen Schwierigkeit sind in besonderem Maße die Aussagen der katholischen Soziallehre betroffen. Ihnen wird oftmals von vornherein aufgrund ihrer Verwurzelung im christlichen Glauben die Anerkennung seitens der empirischen Sozialwissenschaften verweigert, sie stellen für manche geradezu das Paradigma einer religiösen Ideologie dar. Diese ablehnende Haltung erstreckt sich jedoch nicht nur auf Äußerungen des kirchlichen Lehramtes, sie richtet sich 1 K. O. Apel, Diskurs und Verantwortung. Das Problem des Übergangs zur postkonventionellen Moral, Frankfurt 1988, 16. 2 Vgl. z. B. die umfangreiche Diskussion des transzendentalphilosophischen Normbegründungsverfahrens in: Materialien zur Normendiskussion. Hg. von W. Oe/müller, 3 Bde., Paderborn 1978-1979. Eine eingehendere Analyse des dort gebotenen Materials steht auch heute noch aus; erste Hinweise finden sich bei P. Müller, Praktischer Diskurs über eine zeitgemäße Ethik, in: PhJ 97 (1990), 340-351.

16

Einführung

auch gegen die Ergebnisse der Christlichen Gesellschaftslehre, d. h. gegen die wissenschaftliche Ausprägung der katholischen Soziallehre. Einer der Gründe, die diese ablehnende Haltung begünstigt haben, dürfte in dem diffusen Erscheinungsbild der Christlichen Gesellschaftslehre liegen. Außenstehenden fällt es oft schwer, konkrete Konturen dieser Wissenschaft zu erkennen. Es darf daher nicht überraschen, wenn ihr im interdisziplinären Gespräch der Vorwurf mangelnder Wissenschaftlichkeit gemacht wird. Aus diesem Grund muß eine der vorrangigen Aufgaben der Christlichen Gesellschaftslehre darin bestehen, sich selbst und anderen gegenüber Rechenschaft über die von ihr behandelten Gegenstände und die dabei zur Anwendung kommenden Methoden bzw. Kriterien abzulegen. Die Christliche Gesellschaftslehre sieht sich darüber hinaus in einer Zeit zunehmender wissenschaftlicher Spezialisierung gezwungen, ihr wissenschaftliches Profil deutlicher als bisher herauszuarbeiten. Sie kann sich dieser Aufgabe nicht entziehen, weil gerade sie mit besonderem Nachdruck den Versuch unternimmt, universalisierbare Normen für das menschliche Zusammenleben zu entwickeln. Ein Ansatz für die Erarbeitung eines deutlicheren wissenschaftlichen Profils liegt in der Untersuchung der für die Entwicklung dieser Disziplin bedeutsam gewordenen sozialethischen Entwürfe. Für die Generation der nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiete der Christlichen Gesellschaftslehre tätigen Wissenschaftler stehen entsprechende Analysen noch weitgehend aus. Die vorliegende Arbeit hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, den zentralen Gedankengang im Werk eines der gegenwärtig vielleicht einflußreichsten Sozialethiker katholischer Provenienz darzustellen. Die im Umfeld der Christlichen Gesellschaftslehre anzusiedelnde Position von Arthur F. Utz soll erstmals näher untersucht und ihr Ort innerhalb des gegenwärtigen katholischen Sozialdenkens in seiner wissenschaftlichen Ausprägung bestimmt werden. 3 Besonderes Interesse wird dem Werk des aus der Schweiz stammenden Dominikaners aus mehreren Gründen entgegengebracht: Es handelt sich um den bisher letzten systematischen Entwurf einer Sozialethik, der umfassend die im Kontext der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ordnung auftretenden Fragestellungen vor dem Hintergrund einer rational begründeten Prinzipienlehre zu behandeln beansprucht. Dieser Entwurf soll im folgenden auf seine Plausibilität hin untersucht werden. Der Utzsche Ansatz bietet sich aber darüber hinaus für eine vertiefende Analyse an, da Utz seit mehr als vierzig Jahren zahlreiche Abhandlungen sozialethischer Thematik veröffentlichte und zur Diskussion stellte. Neben Oswald von Nell-Breuning 4 3 Zum Werk von Utz liegt bis heute noch keine Untersuchung vor. Aus diesem Grund mußte auf einen Forschungsbericht verzichtet werden. Zustimmung oder Kritik, die einzelne Aspekte des Utzschen Schrifttums in der Literatur gefunden haben, werden in dieser Arbeit im Kontext der jeweiligen Sachthematik behandelt. 4 Zu Nell-Breuning vgl. jüngst F. Hengsbach, Entschieden zur Sache. Werk, kirchliches Umfeld und politische Resonanz Oswald von Nell-Breunings S. J., in: ThPh 65

(1990),321-348.

Einführung

17

gilt Utz im deutschsprachigen Raum als der Altmeister seiner Disziplin. 5 Beide repräsentieren in ihrem Werk gleich mehrere Etappen der Geschichte der Christlichen Gesellschaftslehre. 6 Im folgenden soll deshalb auch danach gefragt werden, ob sich - in diesem Falle bei Utz - neben durchhaltenden Elementen auch Wandlungen, Klärungen und Präzisierungen in den sozialethischen Vorstellungen ergeben haben.

Utz entwickelt vor allem in seinem Hauptwerk eine Sozialethik, die unter weitgehendem Verzicht auf Glaubensprämissen und durch die Verwendung einer rein rationalen Argumentation eine universale Normenlogik bzw. Ethikbegründung zu erstellen beansprucht. Die Utzschen Schriften wollen bewußt über den innerkirchlichen Raum hinaus weitere, nicht glaubensmäßig gebundene Leser ansprechen und die in ihnen entwickelte Konzeption einer umfassenden Sozialethik in die gesellschaftliche Diskussion einbringen. 7 Die von Utz erarbeitete systematische Entfaltung der Sozialethik zielt in erster Linie auf einen nicht theologisch gebundenen Adressatenkreis, genauer: auf die Rechts- und Sozialphilosophie. Im Hinblick auf die Rechtsphilosophie kann man seinen Entwurf als eine vom Naturrechtsdenken geprägte Erwiderung auf die rechtspositivistische Position Hans Kelsens interpretieren, eine Position, die wegen ihrer beeindrukkenden Systematik Respekt bei Utz fand. 8 Ohne Rückgriff auf theologische Erkenntnisse, sie werden nur selten zur Erläuterung spezifisch christlicher Vorstellungen herangezogen, wollte Utz, gestützt allein auf die Erkenntniskraft der natürlichen Vernunft, die Grundprinzipien menschlichen Zusammenlebens darstellen und ihren sittlichen Wesensgehalt aufzeigen. 5 Diese Hervorhebung der beiden "Altmeister" soll in keiner Weise die bedeutenden Leistungen der vielen anderen Vertreter der katholischen Soziallehre in ihrer wissenschaftlichen Ausprägung sowohl im deutsch- wie auch im fremdsprachigen Raum hintansetzen. Abgesehen von den Inhabern der Lehrstühle der Christlichen Gesellschaftslehre und sonstigen Vertretern der katholischen Soziallehre in Deutschland, die hier nicht im einzelnen aufgeführt zu werden brauchen, ist u. a. auf die Autoren A. Klose, H. Schambeck, F. Schmälz, R. Weiler (Österreich), J. Y. Calvez, R. Coste, P. de Laubier (Frankreich), Fr. Bijji, J. Schasching (Rom), J. L. Gutierrez Garcia und F. Rodrfguez (Spanien) hinzuweisen. 6 Vgl. zum zeitgeschichtlichen Hintergrund A. Rauscher, Die katholische Soziallehre im gesellschaftlichen Entwickiungsprozeß der Nachkriegszeit, in: Katholizismus, Wirtschaftsordnung und Sozialpolitik 1945 -1963. Hg. von A. Langner, Paderborn 1980, 1126. 7 ,,Jenen Lesern, die auf einem vom christlichen Denken völlig verschiedenen Boden stehen, möchte ich versichern, daß ich meine Gedanken, so sehr sie, wie ich hoffe, mit den christlichen Gesellschaftsprinzipien übereinstimmen, nicht theologischen oder glaubensmäßig gebundenen Anschauungen entliehen habe. Ich möchte also mit jedem denkenden Menschen ins Gespräch kommen, ohne in ihm das gleiche religiöse Bekenntnis vorauszusetzen. Dann und wann wird beiläufig das Blickfeld in theologische Weiten geöffnet, einzig aus dem Grunde, um den Christen zu zeigen, daß auch die Kirche als gesellschaftliches Gefüge den wesentlichen gesellschaftlichen Strukturgesetzen nicht entgeht." (SE I, VI) 8 Vgl. z. B. in: Nachfolgefassung, 456. Zu Kelsen vgl. auch G. Winkler, Glanz und Elend der Reinen Rechtslehre. Theoretische und geistesgeschichtliche Überlegungen zum Dilemma von Sein und Sollen in Hans Kelsens Rechtstheorie, Saarbrücken 1988.

2 Kettern

18

Einführung

Durch seine nachdrückliche Ausrichtung auf eine nicht glaubensmäßig gebundene Leserschaft wird dieser Versuch für die Christliche Gesellschaftslehre interessant. Sie sieht sich heute, in einem säkularisierten Umfeld, zunehmend mit Vermittlungsproblemen konfrontiert. Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob eine metaphysisch strukturierte Sozialethik mit ihrer Orientierung an der real-abstraktiven Erkenntnis (realistische Sozialethik), wie sie Utz entwickelt, in der Lage ist, neue Impulse für die inner- und die interdisziplinäre Diskussion zu geben. Absicht der vorliegenden Arbeit ist es daher, die Grundzüge der Utzschen Sozialethik aufzuzeigen. Im Mittelpunkt der Darstellung soll die Erarbeitung des Gemeinwohlbegriffs stehen, mit dessen Hilfe Utz seine genuin ethische Sicht der menschlichen Sozialität begründet. In der Fassung dieses Begriffs liegen die entscheidenen Unterschiede zu anderen sozialethischen Konzeptionen innerhalb der Christlichen Gesellschaftslehre, von denen sich Utz bisweilen betont absetzt.

11. Zur Struktur dieser Arbeit Der Titel der vorliegenden Untersuchung "Sozialethik und Gemeinwohl. Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik bei Arthur F. Utz" verdeutlicht das Anliegen, aber auch die Grenzen der gewählten ThemensteIlung. Wie aus dem umfangreichen, am Ende dieser Arbeit dokumentierten Werkverzeichnis hervorgeht, umfaßt das wissenschaftliche Oeuvre von Utz eine Fülle von Veröffentlichungen. Etliche kleinere Aufsätze erweitern die in den großen monographischen Abhandlungen entwickelte systematische Grundlegung der Sozialethik im Hinblick auf konkrete Einzelfragen; sie wurden dementsprechend für die vorliegende Arbeit herangezogen und ausgewertet. Teile des Utzschen Schrifttums befassen sich mit tagesbezogenen Problemstellungen, sie konnten nur dann für die Analyse berücksichtigt werden, wenn sie Rückschlüsse auf die konkrete Umsetzung des von Utz entworfenen Prinzipiengerüstes ermöglichten. Weitgehend ausgeblendet wurden ausgesprochen theologische Abhandlungen, die in keinem Zusammenhang mit der Sozialethik stehen. Die Vorgehensweise der Untersuchung läßt sich folgendermaßen skizzieren: Nach einem diese Einführung abschließenden Überblick zur Utzschen Biographie wird in einem ersten Kapitel das der Arbeit zugrundeliegende Verständnis der Christlichen Gesellschaftslehre näher entfaltet. Begriff und Gestalt dieser Disziplin sowie ihr Verhältnis zum kirchlichen Lehramt werden kurz umrissen. Bereits hier ergeben sich erste Hinweise, an welchen Punkten die intensivere Aufarbeitung der Utzschen Sozialethik eine Bereicherung für das innerdisziplinäre Gespräch bedeuten könnte. In einem zweiten Kapitel werden Hauptlinien des Utzschen Ansatzes aufgezeigt. Dabei werden insbesondere die philosophischen und erkenntnistheoreti-

Einführung

19

sehen Voraussetzungen des metaphysisch begründeten Utzschen Systems dargestellt und diskutiert. Besondere Aufmerksamkeit ist auch seiner Konzeption der Ethik zu widmen. Hier wird auf die Bedeutung der inneren Erfahrung als Ansatz der Ethik hingewiesen, ferner auf die Rolle der abstraktiven Realerkenntnis im logischen Prozeß der Normgewinnung. Darüber hinaus wird die grundsätzlich naturrechtliche Orientierung dieser Sozialethik näher untersucht und vor dem Hintergrund des Essentialismusvorwurfs bzw. des Problems des naturalistischen Fehlschlusses behandelt. Das dritte Kapitel wird dann jenen Gedankengang nachzeichnen, der Utz zur Erkenntnis des zentralen Prinzips menschlicher Sozialität führt. Dieses Kapitel zeigt auf, weshalb die ethische Sicht aller Formen des gesellschaftlichen und gemeinschaftlichen Zusammenlebens von Utz so dominant in den Vordergrund seiner Überlegungen gerückt wird. Daran schließt sich im vierten Kapitel die Begründung der Sozialnatur des Menschen an. Utz wählt hier einen von bisherigen Begründungsversuchen abweichenden Ansatz, nachdem er in früheren Jahren vornehmlich die traditionelle Begründung vertreten hatte. In diesem Zusammenhang klärt er auch die ontologischen Grundlagen der menschlichen Sozialität, wobei er im Gegensatz zu anderen Konzeptionen, die eine ausschließlich ontologische Begründung erstellen, mit Nachdruck auf die vorgängig ethische Ausrichtung der Sozialnatur hinweist. Im Mittelpunkt des fünften Kapitels steht schließlich - wie bereits vorher verschiedentlich angedeutet - der zentrale Begriff der Utzschen Sozialethik: das Gemeinwohl. Nach einer begrifflichen Abklärung werden die verschiedenen Dimensionen des Gemeinwohls als äußeres bzw. immanentes Gut vorgestellt, eine Unterscheidung, die u. a. vor dem Hintergrund des Nell-Breuningschen Ansatzes mit seiner Unterscheidung zwischen Gemeinwohl und Gemeingut diskutiert werden soll. Besonderes Gewicht ist auch auf die Verhältnisbestimmung von Einzelwohl und Gemeinwohl zu legen. Zu den Besonderheiten des Utzschen Gemeinwohlbegriffs gehört auch die Analogie. Mit ihrer Hilfe versucht er der Dynamik und Offenheit des Gemeinwohls gerecht zu werden. Hier liegt auch die logische Brücke der Unterscheidung zwischen Prinzipien- und Handlungsebene, eine Unterscheidung, die Utz zur Vermeidung von vorschnellen naturrechtlichen Deduktionen vornimmt. Den Handlungsprinzipien, die für die Realisation der Sozialprinzipien zuständig sind, werden weitere Überlegungen gewidmet; hier ist das Problem des Eigeninteresses, aber auch die auffällige Nähe zu Überlegungen von lohn Rawls zu behandeln. Anhand grundsätzlicher Überlegungen zu Einzelfragen der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ordnung sollen konkrete Konsequenzen des sozialethischen Ansatzes von Utz dargestellt werden. Den Abschluß bilden Überlegungen, inwieweit die solchermaßen dargestellte Position von Utz für die Christliche Gesellschaftslehre relevant sein kann. Hier stellt sich in erster Linie die Frage, ob eine metaphysisch-naturrechtlich argumentierende Sozialethik heute noch vertreten werden kann und ob sie gegebenenfalls 2*

20

Einführung

zu einem ausgeprägteren wissenschaftlichen Profil dieser Disziplin beizutragen vermag.

111. Zur Person von A. F. Utz Arlhur F. Ulz, am 15.4.1908 in Basel geboren, trat 1928 in den Dominikanerorden ein. 9 Noch vor dem Krieg begann seine philosophische Lehrtätigkeit an der phil.-theol. Hochschule der Dominikaner in Walberberg / Bonn. Ulz promovierte im Jahre 1937 mit einer moraltheologischen Arbeit bei dem bedeutenden spanischen Thomisten Sanliago Ramfrez; Gegenstand der Dissertation war der innere Zusammenhang der moralischen Tugenden nach Thomas von Aquin. 10 Im gleichen Jahr wurde Ulz von der "Congregatio de propaganda fide" zum Professor für Moraltheologie am Regionalseminar Foochow (China) 11 ernannt. Damals bestand die Absicht, dieses Seminar zu einer theologischen Fakultät umzugestalten, aus der sich im Laufe der Zeit eine katholische Universität entwickeln sollte. Die Übernahme dieser Aufgabe wurde Ulz jedoch durch die politischen Verhältnisse unmöglich gemacht. So ging er an die Albertus-Magnus-Akademie nach Walberberg zurück, wo er Philosophie dozierte und nebenher Wirtschafts wissenschaft studierte. Während des Krieges war er, nach der Enteignung des Klosters durch die Gestapo und einem seine Person betreffenden Aufenthaltsverbot, Pfarrrektor in der Erzdiözese Köln. Ende 1945 erfolgte die Berufung auf den neugegründeten Lehrstuhl "Ethik und Sozialphilosophie" in der philosophischen Fakultät der Universität Fribourg / Schweiz. 12 Im Auftrage des Staatsrats Joseph Piller beteiligte sich Ulz an der Gründung des "Internationalen Instituts für Sozialwissenschaften und Politik", das er zusammen mit einem Professor der Wirtschaftspolitik, zu Beginn war es Eugene Bongras, bis zu seiner Emeritierung leitete. In seiner Eigenschaft als Institutsleiter gab U lz ab 1949 die Zeitschrift "Politeia" heraus, die sich rasch zu einer Plattform der internationalen sozialwissenschaftlichen Diskussion entwickelte. Gründungsintention und Zielsetzung des Instituts war es, die katholische Soziallehre auf aktuelle politische und soziale Probleme anzuwenden. Piller dachte hierbei an die Neuerweckung der "Union de Fribourg", einer Vereinigung von katholischen Sozialwissenschaftlern und Politikern, die im 19. Jahrhundert in Fribourg an der Vorbereitung der Enzyklika "Rerum novarum" mitgearbeitet hatte. 13 Das Institut sollte unter der Leitung eines Sozial9

170.

Zu den Beweggründen siehe: GK-Interview mit Prof. Ulz, in: gpk 23 (1976),165-

10 Die Arbeit trug den Titel: De connexione virtutum moralium inter se secundum doctrinarn St. Thomae Aquinatis, Vechta 1937. 11 Vgl. GK-Interview mit Prof. UlZ, 167; zu Foochow siehe Lthk2 IV, 200 f. 12 Ulz wirkte dort von 1945 -1947 als Lehrbeauftragter, 1947 -1952 als Extraordinarius und von 1952-1978 als Ordinarius. 13 Vgl. dazu H. Sorgenfrei, Die geistesgeschichtlichen Hintergründe der Sozialenzyklika "Rerum novarum", Heidelberg-Löwen 1970.

Einführung

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philosophen die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Juristen, Wirtschafts- und Politikwissenschaftlern verwirklichen. Zahlreiche Publikationen und Kongreßveranstaltungen zeugen von der reichen Aktivität des Instituts. Nach der Emeritierung von Utz (1978) wurde das Institut aus der Universität ausgegliedert, und man gab ihm entsprechend der Gründungsintention den Namen "Union de Fribourg - Internationales Institut für Sozial- und Politikwissenschaften". Seit 1945 war Utz auch eng mit der nach dem Krieg wieder ins Leben gerufenen "Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie" verbunden. 14 Neben Paul Trappe (Basel) ist ihm die weltweite Internationalisierung der Vereinigung zu verdanken. Die Vereinigung hat ihn deshalb 1979 zu ihrem Ehrenpräsidenten ernannt. 15 Utz ist seit 1976 Präsident der "Internationalen Stiftung Humanum" und leitet in dieser Eigenschaft das "Scientia Humana Institut" in Bonn. 16 Die Zielsetzung dieser Stiftung ist die Erfüllung des Auftrages der Pastoralkonstitution des 11. Vatikanischen Konzils "Gaudium et spes", d. h. den Dialog zwischen Welt und Kirche zu fördern und zu diesem Zweck ein wirksames Forum zur Verfügung zu stellen. Daneben hat Utz den Vorsitz des "Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg" (Bonn) inne. Arthur F. Utz gehört heute zu den bedeutendsten, wenngleich nicht unumstrittenen Vertretern der katholischen Soziallehre in ihrer wissenschaftlichen Ausprägung. Für die einen ist er der konsequente Vertreter der metaphysisch angelegten philosophia perennis, 17 für andere zählt er zu den letzten Vertretern einer bereits überwundenen Neuscholastik. 18 Dank seiner Belesenheit überblickt er wie kaum ein anderer das Schrifttum zu den verschiedensten Themenbereichen der Sozialethik. Er machte dieses nicht nur dem deutschsprachigen, sondern auch einem internationalen Leserkreis in einer mehrsprachig angelegten und mit einem umfangreichen Rezensionsteil versehenen elfbändigen Bibliographie bekannt. 19 Seit dem Zweiten Weltkrieg publizierte er zahlreiche Bücher und Artikel. Sie bemühten sich sowohl um die wissenschaftliche Fundierung der katholischen Soziallehre als auch um die Anwendung dieser Lehre auf die Wirklichkeit. Übersetzungen machten seine Arbeiten im englischen, französischen und besonders im spanischen Sprachraum bekannt. Sein Buch ,,zwischen Neoliberalismus und Neomarxismus" wurde zusätzlich ins Portugiesische, Japanische und Chinesische über14 Vgl. zu dieser Vereinigung und ihrer Zielsetzung: Die Internationale Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie und ihre Zeitschrift. Bibliographie, Statuten, Wirkungsgeschichtliches. Hg. von K. A. Mollnau, Wiesbaden 1989. 15 Vgl. P. Trappe, Arthur F. Utz zum 80. Geburtstag, in: ARSP 74 (1988), 114-116. 16 Vgl. dazu A. F. Utz, Humanum: eine europäische Stiftung, in: SchwRd 77 (1978),

23-25. 17

Vgl. die Rezension zu seiner "Marxistischen Wirtschaftsphilosophie" von G. Ermek-

ke, in: ThRv 79 (1983), 315-317.

Vgl. dazu unten die Ausführungen zu F. Böckle und F. Furger. Diese "Bibliographie der Sozialethik" (Freiburg 1960 ff.; Bd. I und II noch unter dem Titel "Grundsatzfragen des öffentlichen Lebens") fand eine weltweite Verbreitung; Abonnenten gab es u. a. im Iran und in mehreren ostasiatischen Ländern. 18

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setzt. In einern mehrbändigen Werk erschloß er seiner Disziplin die Quellentexte der katholischen Soziallehre, wie sie in den Verlautbarungen des päpstlichen Lehramtes und der einschlägigen Literatur vorliegen. 2o Utz versteht sich aber nicht nur als Kommentator oder Interpret der Sozialenzykliken, deren "Wertkern" 21 er erschließen möchte. Immer wieder griff er aktuelle Problemstellungen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft auf, um an die Prinzipien einer christlich verantworteten Weltgestaltung zu erinnern. Utz suchte bewußt die - oftmals von ausdrücklich bezeugtem Respekt geprägte - wissenschaftliche Auseinandersetzung mit weltanschaulich anders begründeten Theorien, um in der Abgrenzung von ihnen die charakteristischen Merkmale des an bestimmten Werten orientierten christlichen Standpunkts deutlicher hervortreten zu lassen. Utz arbeitete intensiv im interdisziplinären Gespräch der Rechts-, Wirtschaftsund Politikwissenschaft mit; aber auch über den Bereich der Wissenschaft hinaus bedienten sich kirchliche und weltliche Gremien seines Sachverstandes. Als Berater und Gutachter schätzen ihn viele Institutionen in Politik und Wirtschaft bis auf den heutigen Tag. Besonderen Einfluß gewann Utz in Spanien. Der von ihm 1976 in Madrid organisierte Kongreß über die christliche Konzeption der pluralistischen Demokratie wurde von den Kommentatoren als Unterstützung der damals einsetzenden Entwicklung Spaniens zur parlamentarischen Demokratie gewertet. 22

Durch eine Vielzahl von Kongressen vermittelte er das Gespräch zwischen wissenschaftlicher Theorie und konkreter Praxis. Im Heiligen Jahr 1950 organisierte sein Institut im Auftrag des Vatikans den Kongreß über die soziale Ordnung, in dessen Rahmen Pius XII. seine berühmt gewordene Ansprache zur Mitbestimmung hielt. 1958 übte der Mittelstandskongreß von Madrid unmittelbaren Einfluß auf die Ausformulierung der deutschen Mittelstandspolitik aus. Seit Ende der siebziger Jahre richtet Utz für die Internationale Stiftung Humanum regelmäßig stattfindende Kongresse aus, die zu jeweils aktuellen Fragen der gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Ordnung Stellung beziehen. Themen waren in der Vergangenheit Poppers Philosophie der offenen Gesellschaft, die Frage nach den Kriterien einer weltanschaulich orientierten Gesellschaftspolitik, die Analyse des Unternehmens als Größe der Arbeitswelt, der Arbeitnehmer als Gesellschafter sowie der Vergleich zwischen neomarxistischer und pluralistischer 20 Die katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung. Hg. von A. F. Utz und B. Gräfin von Galen, 4 Bde., Aachen 1976 (zuerst frz. unter dem Titel "La doctrine sociale de I'Eglise, son elaboration a travers les siedes. Recueil de documents pontificaux du XVeme aux XXeme siede. Avec la collaboration de M. Boeglin, BaselParis 1970). Bereits vorher hatte Utz mit J. F. Groner eine dreibändige Sammlung der sozialen Verlautbarungen Pius XII. vorgelegt: Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens. Soziale Summe Pius XII., Fribourg 1954-1961. 21 Vgl. GK-Interview mit Prof. Utz, 169. 22 Vgl. Z. B. A. Schwan, Reichweite des Pluralismus, in: Evangelische Kommentare 10 (1977), 750.

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Wirtschaftsordnung. Im Frühjahr 1991 organisierte Utz aus Anlaß des Zentenariums von "Rerum novarum" in Fribourg ein Symposion über das Verhältnis von katholischer Soziallehre und Wirtschaftsordnung. Vielfach geehrt durch kirchliche und weltliche Auszeichnungen - erwähnt sei hier nur noch die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät seiner Vaterstadt Basel - arbeitet Utz zur Zeit an der Fertigstellung des vierten, der Wirtschaftsethik gewidmeten Bandes seines Hauptwerkes, der "Sozialethik".

Erstes Kapitel

Überblick über die Konzeption der Christlichen Gesellschaftslehre I. Die Verankerung der Christlichen Gesellschaftslehre in der katholischen Soziallehre 1891 eröffnete die Enzyklika "Rerum novarum" die lange Reihe lehramtlicher Stellungnahmen zu Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Obwohl es bereits vorher entsprechende päpstliche Aussagen zu Einzelfragen gegeben hatte - die Geschichte der katholischen Soziallehre beginnt ja nicht erst mit "Rerum novarum" - , stellte diese Enzyklika einen entscheidenden Einschnitt dar, weil hier erstmals die im Kontext der sozialen Frage des 19. Jahrhunderts aufgeworfenen Probleme ausdrücklich zum Gegenstand päpstlicher Verlautbarungen gemacht wurden. Zwei Jahre später, 1893, wurde Franz Hitze auf den neuerrichteten Lehrstuhl für "Christliche Gesellschaftslehre" an der kath.-theol. Fakultät der Universität Münster berufen. Ohne einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen sehen zu wollen, läßt doch die Errichtung eines eigenen Lehrstuhls für die Behandlung sozialer, politischer und gesellschaftlicher Themen aus christlicher Sicht den Schluß zu, daß sich die Erkenntnis durchgesetzt hatte, nach der nur eine vertiefte theoretische Erforschung der Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens die Entwicklung erfolgreicher Strategien im Einsatz für ein höheres Maß an sozialer Gerechtigkeit ermöglicht. Die Christliche Gesellschaftslehre kann heute im deutschen Sprachraum auf eine fast hundertjährige Geschichte zurückblicken. Damit zählt sie zu den jüngsten Disziplinen innerhalb der Theologie. Angesichts der verwirrenden Vielfalt sowohl der in der Fachliteratur verwendeten Begriffe zur Umschreibung der katholischen Soziallehre in ihrer wissenschaftlichen Ausprägung als auch der unterschiedlichen Bezeichnungen der mit sozialethischen Fragen befaßten Lehrstühle an katholischtheologischen Fakultäten und Hochschulen im deutschsprachigen Raum I mag ein Hinweis auf die Sprachregelung hilfreich sein, die dieser Untersuchung zugrundeliegt. Im folgenden steht die Bezeichnung ,Christliche Gesellschaftslehre' für die wissenschaftliche Reflexion der lehramtlichen Sozialverkündigung in der I Vgl. dazu W. KorJf, Grundzüge einer künftigen Sozialethik, in: JCSW 24 (1983), 29 f. (wiederabgedruckt in: Ders., Wie kann der Mensch glücken? Perspektiven der Ethik, München 1985,95 f.).

I. Verankerung in der katholischen Sozi all ehre

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katholischen Kirche; sie wird als solche von den theologischen Fachvertretern dieser Disziplin geleistet. Hauptaufgabe der katholischen Soziallehre als "integrierender Bestandteil der christlichen Lehre vom Menschen"2 ist die Klärung und Verbreitung der Prinzipien einer humanen Lebensordnung, wie sie sich aus dem christlichen Menschenbild und den daraus resultierenden sozialen Folgerungen ergeben. Diese Prinzipien lassen sich mit den Begriffen Personalität, Solidarität, Subsidiarität und Gemeinwohl umschreiben. Als praxis orientierte Wissenschaft reflektiert die Christliche Gesellschaftslehre diese Prinzipien und trachtet danach, sie in die Entscheidungsprozesse von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft einfließen und wirksam werden zu lassen. Letztlich zielt diese Wissenschaft auf eine Gesinnungs- und Zuständereform ab. Die Kirche hat einer Verpflichtung des IL Vatikan ums Rechnung zu tragen: ,,zur Erfüllung dieses ihres Auftrags [d. h. des Dialoges mit "der ganzen Menschheitsfamilie" über den "rechten Aufbau der menschlichen Gesellschaft"3, B. K.] obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben. Es gilt also, die Welt in der wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erfassen und zu verstehen." 4 Eines der geeignetsten Instrumente zur Erfassung der Zeichen der Zeit ist der Kirche mit der Christlichen Gesellschaftslehre an die Hand gegeben. Der Rückgriff auf die von dieser Wissenschaft erarbeiteten Ergebnisse und Analysen ermöglicht es der Kirche in besonderer Weise, realitätsnah zu aktuellen Fragen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft Stellung zu beziehen. Aufgrund ihrer umfassenden AufgabensteIlung, der Klärung und Vermittlung der sich aus dem christlichen Menschenbild ergebenden Sozialprinzipien für alle Bereiche sozialstrukturierten Handeins, widersetzt sich die Christliche Gesellschaftslehre eigentlich dem heute typischen Trend zur Spezialisierung. Tatsächlich konnte aber auch sie sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Wohl gab es im Laufe ihrer Geschichte verschiedentlich den Versuch einer systematischen Grundlegung,5 auch existieren einige überblicksartige Zusammenstellungen der wichtigsten Aussagen. 6 Den Markt der Veröffentlichungen beherrschen aber 2 Johannes XXIII., Enzyklika" Mater et magistra", Nr. 222 (zitiert nach: Die Sozialenzyklika Papst Johannes' XXIII. Mater et Magistra. Mit einer Einführung in die Soziallehre der Päpste von Leo XIII. bis zu Johannes XXIII. von E. Welty, Freiburg 1961, 142). 3 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution "Gaudium et spes", Nr. 3 (zitiert nach: LThK2, XIV: Das Zweite Vatikanische Konzil. Dokumente und Kommentare, III, 291). 4 "Gaudium et spes", Nr. 4 (LTHK2 , XIV, 295). 5 Zu nennen wären hier neben Utz die Arbeiten von Messner (vgl. dazu besonders unten S. 39 f.). F. Klübers Versuch gedieh nicht über den ersten Band hinaus: Katholische Gesellschaftslehre. I: Geschichte und System, Osnabrück 1968. 6 Beispiele hierfür aus jüngerer Zeit sind: A. Klose, Die Katholische Soziallehre, Graz 1979; O. von Nell-Breuning, Gerechtigkeit und Freiheit. Grundzüge katholischer Sozial-

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1. Kap.: Die Konzeption der Christlichen Glaubenslehre

eindeutig Detailuntersuchungen, die auf die Erforschung einzelner Aspekte des gesellschaftlichen Lebens abzielen. Sie bewegen sich durchweg auf hohem Niveau, können aber den Wunsch gerade des Praktikers nach einer wirklich umfassenden Orientierung, die von den abstrakten Prinzipien bis in die konkreten ordnungspolitischen Fragestellungen heutiger Gesellschafts- und Wirtschaftsethik reicht, nicht genügend befriedigen. 7 Ein solcher Entwurf besäße ja dann eine besondere Bedeutung, wenn es ihm gelänge, mit logischer Stringenz den ethischen Rahmen für konkrete, situationsabhängige Entscheidungen abzustekken. Hier ergeben sich Desiderate und Anfragen aus der Praxis an den kirchlichen Sozialethiker. 8 Unverzichtbar bleibt aber bei aller Spezialisierung das Grundanliegen der Christlichen Gesellschaftslehre: Sie bemüht sich um eine ganzheitliche Sicht "zum Zwecke der Ermöglichung eines humanen Lebens in einer persongemäßen Sozialordnung".9 Der Sozialethiker hat sich demzufolge weniger der Faktenermittlung zu widmen, wie es die anderen Sozialwissenschaftler tun, sondern in weitaus stärkerem Maße der Faktenbewertung und der Beurteilung der sich aus den Fakten ergebenden Konsequenzen. Christliche Gesellschaftslehre versteht sich folgerichtig als normative Gesellschaftswissenschaft. 10

11. Die Aufgabe der Christlichen Gesellschaftslehre innerhalb der katholischen Soziallehre Bereits der Begriff ,katholische Soziallehre' ist in sich vieldeutig. II Ihre offiziellen Träger und Autoren sind der Papst und die Bischöfe. Sie bestimmen den lehre, Wien 1980; W. Dreier, Sozialethik, Düsseldorf 1983; J. Hö!fner, Christliche Gesellschaftslehre 81983; Th. Herr, Katholische Soziallehre, Paderbom 1987. 7 Nach W. Ockenfels ist die Fülle von Spezialuntersuchungen notwendige Folge der thematischen und stofflichen Überfrachtung der Christlichen Gesellschaftslehre. Sie soll eine Vielzahl von Fragestellungen unter Heranziehung der Erkenntnisse verschiedener empirischer Wissenschaften unter normativem Gesichtspunkt untersuchen, wobei sie sich ihrerseits verstärkt einer Grundlagendiskussion ausgesetzt sieht (vgl. dazu W. Okkenfels, Vermittlungsprobleme der Katholischen Soziallehre, in: Katholische Soziallehre im politischen und gesellschaftlichen Prozeß. Hg. von A. Rauscher, Köln 1990, 74). 8 Wie bereits in der Einleitung angedeutet wurde, kann eine Sozialethik, wie sie von Utz entworfen wird, möglicherweise in mehrfacher Hinsicht für die weitere Entwicklung der Christlichen Gesellschaftslehre von Bedeutung sein. Hier wäre der Aspekt der Systematik bzw. des umfassenden Ansatzes der Utzschen Sozialethik zu berücksichtigen. 9 J. Schwarte, Die Christliche Gesellschaftslehre vor neuen Herausforderungen, in: JCSW 24 (1983), 72. 10 Vgl. O. von Nell-Breuning, Gerechtigkeit und Freiheit, 13. Korff gibt zu bedenken, ob der Begriff "Lehre" zur Kennzeichnung einer akademischen Disziplin tauge (Grundzüge einer künftigen Sozialethik, 30). Man sollte m. E. an diesem Begriff festhalten, da er geeignet erscheint, den normativen Aspekt, der untrennbar mit der kirchlichen Sozialverkündigung, ihrer wissenschaftlichen Interpretation und Weiterentwicklung gegeben ist und auf den die Christliche Gesellschaftslehre reflektierend abhebt, zum Ausdruck zu bringen.

11. Die Aufgabe innerhalb der katholischen Soziallehre

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prinzipiellen Inhalt und die Grenzen der kirchlichen Sozialverkündigung. Auf einer zweiten Ebene interpretieren katholische Sozialwissenschaftler und Theologen die lehramtlichen Verlautbarungen, reflektieren sie kritisch, besorgen ihre nachträgliche Systematisierung und nehmen aufgrund ihrer Beratungsfunktion oft Einfluß auf die weitere inhaltliche Entwisklung der katholischen Soziallehre. Dies ist die Ebene der Christlichen Gesellschaftslehre. Auf einer weiteren Ebene sorgen schließlich die katholischen Sozialverbände sowie sonstige kirchengebundene Gruppierungen für die praktisch-konkrete Vermittlung der katholischen Soziallehre in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Hier zeigt sich eine breite Palette von Initiativen, die von ganz unterschiedlichen Standorten, Interessen und Sachkompetenzen geprägt sind. Auch sie legen auf ihre Weise Zeugnis für die Pluralität der Ansätze innerhalb der katholischen Soziallehre ab. Nun darf man sich diese drei Ebenen - Amt, Wissenschaft und Christliche Sozial bewegung - jedoch nicht als ein starres, hierarchisch gestaffeltes System vorstellen, innerhalb dessen es nur zu einer Einflußnahme ,von oben nach unten' kommen kann. Problemerfassung und Lösungsansätze auf der mehr praktisch orientierten Ebene der Verbände können durchaus auf dem Weg über die wissenschaftliche Vermittlung ihren Niederschlag in lehramtlichen Dokumenten finden. Sie geben oft Anlaß zu lehramtlichen Äußerungen und sind ein unentbehrliches Hilfsmittel einer möglichst sachgetreuen Wirklichkeitserfassung. "Die theoretische Reflexion" hat "die Aufgabe, die einzelnen Aktivitäten in einen größeren Rahmen zu stellen und sie vom systematischen Erfassen her neu zu ordnen, hier und da ihre Richtung zu korrigieren. Die Reform ,dient' der Praxis vor Ort. Je komplexer die Wirklichkeit ist, in die ein einzelnes Verhalten einzufügen ist, um so langwieriger und schwieriger wird die Prozedur. Gleichwohl ist die Notwendigkeit, wieder auf das konkrete Modell zurückzukommen, unabweisbar, wenn die Theorie nicht in der Höhe einer Abstraktion bleiben soll, die ineffektiv wird. Die praktische Problematik treibt die wissenschaftliche aus sich heraus". 12 Als Ergebnis des Wechselspiels der verschiedenen Ebenen erhofft sich die Kirche eine dynamische, sich an der konkreten Situation bewährende Sozialleh-

11 Vgl. zum folgenden W. Ockenfels, Politisierter Glaube? Zum Spannungsverhältnis zwischen katholischer Soziallehre und Politischer Theologie, Bonn 1987,36-49, sowie: Ders., Das ungenutzte Kapital. Warum die Katholische Soziallehre wichtig ist, in: Christliche Perspektiven. Bestandsaufnahme für eine Kirche von morgen. Hg. von M. Lohmann, Paderborn 1990, 113 - 134; vgl. auch den Überblick über die Grundlagen der katholischen Soziallehre in: B. Kuppler, Kapital im Wandel. Kontinuität und Wandel der kirchlichen Sozialverkündigung am Beispiel des gewandelten Verständnisses von ,Kapital', BadenBaden 1988, 36 -70. 12 B. Fraling, Desiderate des Moraltheologen an die Sozialethik auf der Suche nach konkretisierter Verantwortung, in: JCSW 30 (1989), 25. Die verschiedenen Aktionen auf der Ebene der katholischen Sozialbewegung "bedürfen des objektivierenden Filters der wissenschaftlichen Ebene, um sich auf die Lehrentwicklung der Amtsebene auswirken zu können", so die Ansicht von Ockenfels, Das ungenutzte Kapital, 128.

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1. Kap.: Die Konzeption der Christlichen Glaubenslehre

re. 13 Genau an dieser Hoffnung entzündete sich in den vergangenen drei Jahrzehnten immer wieder innerkirchliche Kritik, die von einer Krise innerhalb der katholischen Soziallehre sprach. 14 Einer der Gründe für diese Kritik ist das Unbehagen über die relative Offenheit der katholischen Soziallehre im allgemeinen und der Christlichen Gesellschaftslehre im speziellen. In ihrer Ausrichtung auf die Prinzipien einer humanen Lebensordnung erscheint die katholische Soziallehre vielen als eine rein abstrakte Prinzipienlehre, die unter Verzicht auf Forderungen nach Strukturveränderungen ausschließlich am Bestehenden festhält. 15 Es scheint zudem für die katholische Soziallehre leichter zu sein, bestimmte gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen im Nachheinein als unvereinbar mit ihren Prinzipien zu bewerten, sie sieht sich aber kaum in der Lage, positive Gestaltungsmodelle für zukünftige Entwicklungen aufzuzeigen. Den Grund kann man mit Paulus Engelhardt in folgendem Umstand begründet sehen: "Die Offenheit für Transzendenz bzw. für die Erreichung des letzten und ewigen Ziels der Menschen erlaubt es zwar, negativ bestimmte Gesellschaftsformen und politische Vorgänge abzulehnen, aber nicht, positiv die richtige Gesellschaftsordnung und Politik abzuleiten." 16 Dennoch erscheint bis heute die katholische Soziallehre und damit auch die Christliche Gesellschaftslehre nach außen als relativ ,geschlossenes' Lehrgebäude. Bei näherer Hinsicht geht aber rasch der Eindruck der Geschlossenheit verloren. Im innerdisziplinären Bereich findet sich nämlich eine Vielzahl von Positionen und Akzentsetzungen, die zwar in den großen grundliegenden Prinzipien übereinstimmen, ansonsten aber für konkrete Problemstellungen ganz unterschiedliche Lösungsstrategien entwickeln. 17 In der legitimen Pluralität möglicher Lösungen findet eine Erkenntnis ihren Ausdruck, nach der die Christliche Gesellschaftslehre zwar ein offenes Gefüge von Leitlinien für die Gesellschaft zu erstellen vermag, daß sie aber andererseits kein "lückenlos ausgefülltes Totalmodell einer christlichen Gesellschaftsordnung" 18 entwerfen kann.

13 Zur inspirierenden Spannung von kirchlicher Sozialbotschaft, philosophisch-theologischer Soziallehre und katholisch-sozialer Bewegung vgl. auch J. Giers, Der Weg der katholischen Soziallehre, in: JCSW 13 (1972), 13 f. 14 Zum Hintergrund des Streits über die Krise der katholischen Soziallehre vgl. A. F. Utz, Die katholische Sozialdoktrin in der Krise, in: Civitas 26 (1970), 16-27. 15 Vgl. W. Kroh, Kirche im gesellschaftlichen Widerspruch, München 1982; H. Büchele, Christlicher Glaube und politische Vernunft. Für eine Neukonzeption der katholischen Soziallehre, Wien 1987. -Büchele zählt in seinem Buch Utz zu den Strukturkonservativen (vgl. 20), die die strukturprogressiven Aussagen der lehramtlichen Dokumente unterdrücken (vgl. 24 f.). 16 P. Engelhardt, Wer ist für das Glück verantwortlich? Eine offengebliebene Frage der Grundwertediskussion, in: Glück und geglücktes Leben. Hg. von P. Engelhardt, Mainz 1985, 136 f. 17 Vgl. G. Bösken, Pluralismus katholischer Sozialauffassungen, in: Neue Ansätze der katholischen Soziallehre (Festschrift F. Müller). Hg. vom Katholisch-Sozialen Institut der Erzdiözese Köln, Köln 1970,46-77.

II. Die Aufgabe innerhalb der katholischen Soziallehre

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Grundsätzlich gilt aber für jede innerhalb der Christlichen Gesellschaftslehre vertretene Auffassung jene Grenze, wie sie Oswald von Nell-Breuning einmal formuliert hat: "Wissenschaftliche Lehrmeinungen und Äußerungen katholischer Autoren, die sich für das soziale Lehrgut des kirchlichen Lehramtes einsetzen, es bekannt machen, erläutern, weiter ausbauen usw., ( ... ) sind jedoch nur insoweit Soziallehre der Kirche, wie sie nicht über die vom Lehramt der Kirche verlautbarte Lehre hinausgehen und schon gar nicht von ihr abweichen. Was sie in Erläuterungen dazu bieten, erst recht, was sie an Schlußfolgerungen daraus ableiten, ist solange noch keine Soziallehre der Kirche, bis das kirchliche Lehramt es in irgend einer Weise bestätigt und damit sich zu eigen macht."19 Die Verbindlichkeit der kirchenamtlich vorgetragenen Soziallehre für katholische Christen kann nicht bezweifelt werden. Wenn auch das Lehramt bewußt auf die Formulierung sozialer "Dogmen" verzichtet hat, so zählt doch die Soziallehre zu den Glaubens- und Sittenfragen, die in den Bereich des authentischen Lehramtes fallen. 20 Selbstverständlich orientiert sich ein solcher Begriff der katholischen Soziallehre an einem bestimmten Kirchenbegriff: "Nach kirchlichem Selbstverständnis ist allein das kirchliche Amt legitimiert, letztverbindlich im Namen der Kirche zu sprechen und zu handeln, wobei es eine Kompetenz für alle sozialen, ökonomischen und politischen Fragen beansprucht, die den Glauben und die Sittlichkeit berühren."21 Diese Position entbindet nun keineswegs das Lehramt davon, sich sachbezogen und sachkundig zu äußern. Die Dokumente der katholischen Soziallehre können keine Unfehlbarkeit für sich beanspruchen. Ihre Kompetenz kann nur eine begrenzte sein, dennoch wollen sie Handlungsorientierungen bieten. Und dies nicht nur zur Schärfung des Gewissens oder zur Entwicklung abstrakter Prinzipien, sondern sie beanspruchen darüber hinaus, die Richtung etwaiger Problemlösungen anzuzeigen. Die Dokumen18 H. J. Wallrajf, Aufgaben und Grenzen einer katholischen Soziallehre von heute, in: Möglichkeiten und Grenzen einer Katholischen Soziallehre. Hg. von der Katholischen Sozialakademie Österreichs, Wien o. J. [1969],63; vgl. Ders., Die katholische Soziallehre - ein Gefüge von offenen Sätzen, in: Normen der Gesellschaft (Festschrift O. von NellBreuning). Hg. von H. Achinger u. a., Mannheim 1965,27 -48. 19 O. von Nell-Breuning, Soziallehre der Kirche / katholische Soziallehre, in: Gesellschaft im Test 23 (1982), H. 2, 11; zitiert nach: E. Baldas, Katholische Soziallehre im Religionsunterricht des Gymnasiums, Freiburg 1986, 46. 20 Vgl. dazu z. B. Pius XI., Enzyklika "Quadragesimo anno", Nr. 41, in: Utz / Galen I, 576 f. 21 W. Ockenfels, Politisierter Glaube?, 37. Ockenfels weist im Zusammenhang dieser Auffassung auf den Can. 752 des CIC (1983) hin. Dort heißt es: "Nicht Glaubenszustimmung, wohl aber religiöser Verstandes- und Willens gehorsam ist einer Lehre entgegenzubringen, die der Papst oder das Bischofskollegium in Glaubens- oder Sittenfragen verkündigen, wann immer sie ihr authentisches Lehramt ausüben, auch wenn sie diese Lehre nicht definitiv als verpflichtend zu verkündigen beabsichtigen; die Gläubigen sind gehalten, diesem authentischen Lehramt ihrer Bischöfe mit religiösem Gehorsam zu folgen." Vgl. dazu auch die Quelle dieser kirchenrechtlichen Bestimmung: 11. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution "Lumen gentium", Nr. 25 (LThK2 , XII: Das Zweite Vatikanische Konzil. Dokumente und Kommentare, I, 234- 243).

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l. Kap.: Die Konzeption der Christlichen Glaubenslehre

te 22 erwachsen, so ließe sich fonnulieren, aus der lebendigen, objektorientierten Diskussion innerhalb' des sozialen Katholizismus. 23 Einzelne Wissenschaftler bzw. die von ihnen vertretenen Auffassungen repräsentieren nicht die katholische Soziallehre, da sie ein solches Maß an Verbindlichkeit nicht einfordern können. Kritische Stimmen gegenüber der katholischen Soziallehre müssen diesen Umstand beachten. Es bedarf immer der genauen Angabe des Adressaten, an den sich die Kritik richtet. Die Differenzierung zwischen Lehramt und Wissenschaft darf dabei nicht als der Versuch der Immunisierung des Lehramtes gegen Kritik bewertet werden, schon deshalb nicht, weil das Lehramt seine Argumente nicht nur aus Offenbarungsinhalten, sondern vornehmlich aus der Erkenntnis der natürlichen Sittenlehre bezieht. Kritik wird dort an lehramtlichen Aussagen möglich, wo sie Empfehlungen für konkrete Problemlösungen aussprechen, die sich nicht unmittelbar aus absoluten Werten ergeben. Hier sollten kritische Anmerkungen seitens der Christlichen Gesellschaftslehre auf Argumentationsdefizite hinweisen. 24 So wenig man die amtliche Soziallehre mit der wissenschaftlichen Soziallehre vennischen darf,25 so wenig darf und

22 Jüngstes Beispiel sind die aus einem kommunikativen Prozeß erwachsenen Sozialhirtenbriefe der amerikanischen und österreichischen Bischöfe. "Aus diesen Gründen [gemeint sind die komplexen internationalen Zusammenhänge der Wirtschafts- und Sozialproblemstellungen, B. K.] gibt es auch in der Kirche eine Kompetenzverteilung nach dem Subsidiaritätsprinzip. Die ortskirchlichen Bischöfe und nationalen Bischofskonferenzen sind viel näher an den Brennpunkten und können viel sachkompetenter und deutlicher sprechen. In ihren ,Hirtenworten ' können sie sich auch leichter mit detaillierten Vorschlägen vorwagen, als es die zurückhaltend formulierten päpstlichen Enzykliken tun. Aber auch für diese Ebene der kirchlichen Sozialverkündigung gilt der Verzicht, konkrete Lösungen und Modelle autoritativ vorzuschreiben. Damit nimmt die Kirche Rücksicht auf die relative Autonomie der gesellschaftlichen Sachbereiche, die ihre eigenen Regelkreise haben. Sie akzeptiert die Pluralität der Gesellschaft, deren Gruppen auf verschiedenen Wegen ihre Werte verwirklichen können. Und sie respektiert die Säkularität des Staates, der nicht im Dienst einer bestimmten Religion zu stehen hat, sondern ethischen Werten verpflichtet ist, die einem Konsens zugänglich sind." (Ockenjels, Das ungenutzte Kapital, 127). 23 Zum Begriff vgl. O. Köhler, Die Ausbildung der Katholizismen in der modemen Gesellschaft, in: Handbuch der Kirchengeschichte. Hg. von H. Jedin, VI/ 2, Freiburg 1973, 195 - 264; Der politische und soziale Katholizismus. Entwicklungslinien in Deutschland 1803-1963. Hg. vonA. Rauscher, 2 Bde., München 1981-1982; H. Hürten, Art. Katholizismus, in: StL 7m, Freiburg 1987,373-378 (dort weitere Lit.). 24 Beispiele wenig geglückter Vorstellungen waren etwa die Konzeption der "berufsständischen Ordnung" - aufgrund der mißglückten Umsetzungsversuche in Österreich und Spanien schadete sie zeitweise dem Ansehen der Katholischen Sozial lehre - sowie die wirkungslos gebliebene Forderung nach einem aus den Rüstungsetats finanzierten Fond zur Unterstützung der weltweiten Entwicklungshilfe ("Populorum progressio", Nr. 51 [Utz / Galen I, 779]). 25 Diesen Vorwurf erhebt O. von Nell-Breuning in seiner Rezension zum oben genannten Buch Krohs (Soziallehre der Kirche im Ideologieverdacht, in: ThPh 58 (1983), 8899); vgl. dazu W. Kroh, Katholische Soziallehre am Scheideweg, in: Theologische Berichte XIV: Katholische Soziallehre in neuen Zusammenhängen. Zürich 1985, 141 Anm.6.

11. Die Aufgabe innerhalb der katholischen Soziallehre

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kann erstere auf die rational argumentative Darlegung verzichten bzw. sich ausschließlich auf theologische Überlegungen beschränken, will sie über den Bereich der Gläubigen hinaus weitere Kreise der Gesellschaft ansprechen. 26 Amt und Wissenschaft sollen einander ergänzen. Um ihren Dienst für das Amt leisten können, muß die Christliche Gesellschaftslehre für eine sachgerechte Erfassung ihrer Gegenstände Sorge tragen. Dazu bedient sie sich vorrangig der Erkenntnisse der Sozialphilosophie und der empirischen Sozialwissenschaften. Die Christliche Gesellschaftslehre muß sich jedoch bewußt sein, daß sie mit der Übernahme solcher Erkenntnisse am hypothetischen Charakter sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse partizipiert. Die Bedeutung, die einer Sozialtheologie und Sozialphilosophie vor diesem Hintergrund zukommt, dürfte offensichtlich sein. Der katholische Sozialtheologe und Sozialphilosoph sollte versuchen, die Argumentationen, die zu einem vom Lehramt formulierten Ergebnis führen, deutlich zu machen und eventuelle Unstimmigkeiten aufzuzeigen. Besonderen Wert müssen die Vertreter der Christlichen Gesellschaftslehre demzufolge auf die Normenlogik legen. Erkenntnistheoretische Fragestellungen stehen nicht zuletzt deshalb in den letzten Jahren im Vordergrund verschiedener Diskussionen. 27

26 Auch in dieser Hinsicht könnte eine Aufarbeitung des bei Ulz gebotenen Materials möglicherweise wertvolle Erkenntnisse liefern. Ulz wendet sich in erster Linie an eine nicht glaubensmäßig gebundene Leserschaft. 27 Hier sei z. B. an die Kontroverse über die Verbindung von thomasischer und kantianischer Sozialphilosophie vor dem Hintergrund des Gegensatzes zwischen autonomer und klassisch-naturrechtlicher Ethik erinnert: H. J. Münk. Ansätze zu einer neuen Sicht der praktischen Philosophie Kants bei katholischen Autoren der Gegenwart. Zugleich ein Beitrag zum Vergleich der Naturrechtslehre bei Thomas von Aquin und Kant, in: JCSW 26 (1985), 97 -122; A. Anzenbacher. Konsensustheoretische Aspekte der Differenz von Moralität und Sittlichkeit, in: JCSW 26 (1985), 251-271; gegen diese beiden Autoren wendete sich P. P. Müller-Schmid. Kants Autonomie der Ethik und Rechtslehre und das thomasische Naturrechtsdenken, in: JCSW 27 (1986), 35 - 60, worauf A. Anzenbacher seinerseits erwiderte: Probleme der Thomas-Rezeption im aktuellen Kontext praktischer Philosophie, in: JCSW 28 (1987), 59-89.

Zweites Kapitel

Die charakteristischen Merkmale der Sozialethik von A. F. Utz Wie der vorangegangene Überblick verdeutlicht hat, steht die Christliche Gesellschaftslehre in mehrfacher Hinsicht vor der Aufgabe, ihr wissenschaftliches Profil, deutlicher als es bisher geschehen ist, herauszuarbeiten. Es wurde bereits angedeutet, daß die Utzsche Sozialethik aufgrund ihrer systematischen Struktur sowie ihrer Ausrichtung auf eine nicht glaubensmäßig gebundene Leserschaft zur Lösung dieser Aufgabenstellung herangezogen werden könnte. Vor diesem Hintergrund sollen nun in einem weiteren Schritt die Grundzüge des Utzschen Denkens entfaltet werden, um die philosophischen Voraussetzungen seines Entwurfs offenzulegen.

I. Die Eigenständigkeit der Sozialethik gegenüber der Individualethik 1. Problemstellung

Wilhelm Korff formulierte die für die Existenzberechtigung der Sozialethik entscheidende Problematik einmal sehr prägnant: "Was macht die auf das Individuum bezogene ethisch-personale Frage zu einer von der Strukturlogik der menschlichen Sozialnatur und deren tatsächlichen geschichtlich-gesellschaftlichen Verfaßtheiten immer schon mitbestimmten Frage, und was macht die sozialethische Frage zu einer der ethisch-personalen Frage gegenüber eigenständigen?" 1 Wer die Sozialethik als eine eigenständige Wissenschaftsdisziplin begründen will, muß notwendigerweise zunächst einmal ihr Verhältnis zur Individualethik bestimmen. Er sieht sich näherhin vor die Aufgabe gestellt, zu prüfen, inwieweit die Sozialethik fähig ist, einen ihr spezifischen Gegenstand zum Objekt ihrer Untersuchungen zu machen, ihn mit wissenschaftlichen Methoden zu reflektieren und die gewonnenen Ergebnisse in das interdisziplinäre Gespräch einzubringen. Johannes Messner gehörte in den zwanziger Jahren zu den ersten katholischen Sozialwissenschaftlem, die mit Nachdruck die Eigenständigkeit der Sozialethik gegenüber der individualethisch orientierten Moraltheologie vertraten. Messner 1

W. KorfJ, Grundzüge einer künftigen Sozialethik, 33.

I. Die Eigenständigkeit gegenüber der Individualethik

33

stand damit im Gegensatz zu Viktor Cathrein, dem Autor eines vielbeachteten Lehrbuchs auf dem Gebiete der katholischen Moraltheologie. 2 Cathrein sah im Begriff der Sozialethik einen Widerspruch, da nur die Einzelpersönlichkeit, nicht aber die Gesellschaft unmittelbarer Träger der Sittlichkeit sein könne. "Die Sittlichkeit ist etwas wesentlich Individuelles, Persönliches, der eigentliche und unmittelbare Träger der Sittlichkeit kann nicht die Gesellschaft, sondern nur die Einzelpersönlichkeit sein. Hieraus folgt dann weiter, daß der Begriff der Sozialethik im Unterschied zur Individualethik, den man seit Schleiermacher in die Moralphilosophie einzuführen versucht hat, einen Widerspruch enthält."3 Nach Messner erwächst jedoch die Berechtigung einer eigenständigen Sozialethik aus dem Gemeinwohl als Verpflichtungs grund der Sittlichkeit. Der Träger der Verantwortung spiele keine Rolle bei der Bestimmung der Sozialethik. 4

Cathreins Position wird vor dem Hintergrund der Entwicklung der kirchlichen Soziallehre verständlich. Sie entwickelte sich aus den theologischen Summen des Mittelalters zu einem ergänzenden Teilbereich der Moraltheologie, der sich in erster Linie mit der Tugend der Gerechtigkeit befaßte. Bei Thomas von Aquin finden sich deshalb die grundlegenden sozialethischen Aussagen in den Traktaten über das Recht und die Gerechtigkeit. 5 Einen weiteren Grund für die Herausbildung einer eigenständigen Sozialethik sieht Korff im Zerbrechen der religiösen Einheit während der Reformation, weil sich dadurch die bis dahin fraglos gültige Identität von Gemeinwohl und Glaube auflöste. Im Zuge der daraufhin einsetzenden Bemühungen um neue, tragfähige Staatslegitimierungen bildeten sich die Vertragstheorien heraus. Die Kantische Ethik setzte schließlich neue Akzente auf dem Gebiete der moralischen Verantwortung. 6

2 Vgl. J. Messner, Sozialökonomik und Sozialethik. Studie zur Grundlegung einer systematischen Wirtschaftsethik, Paderborn 21929, 33. 3 V. Cathrein, Moralphilosophie. Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen, einschließlich der rechtlichen Ordnung, I: Allgemeine Moralphilosophie, Leipzig 61924, 159; vgl. auch: Ders., Sozialethik oder Individualethik? In: PhI 5 (1892), 121-132. 4 Vgl. J. Messner, Zur sozialethischen Grundlagenforschung, in: ThGi 49 (1959), 172-187, hier: 177 f. 5 Vgl. STh II - II, 57 - 79. Allerdings verbindet Thomas diese Aussagen mit dem Hinweis, daß die Gesetzesgerechtigkeit eine "allgemeine Tugend" darstellt, die die Akte aller anderen Tugenden auf das Gemeinwohl ausrichtet. Das Gemeinwohl ist das besondere Objekt der Gesetzesgerechtigkeit und unterscheidet sie dadurch von den mehr individualethisch angelegten anderen Tugenden (vgl. STh lI-lI, 58, 6). Bei Thomas kann man also durchaus schon von einer gewissen Eigenständigkeit der Sozialethik sprechen. 6 Vgl. KorfJ, Grundzüge einer künftigen Sozialethik, 33 - 36. Ähnlich die Auffassung von Fraling: Die Sozialethik kann sich deshalb als "eine spezifisch moderne Disziplin verstehen, weil die Neuzeit erstmals in der Geschichte überkommene Ordnungen des Gesellschaftlichen nicht mehr einfachhin als naturgegeben annahm, sondern als vom Menschen zu gestaltende und damit zu verantwortende Realität - die bezogen sein muß auf die Ermöglichung menschlichen, menschenwürdigen Seinkönnens." Vgl. Fra-· fing, Desiderate des Moraltheologen an die Sozialethik, 13. 3 Kettern

34

2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Ulz

2. Sozialethik als Strukturethik Das Ziel der bis heute in drei Bänden vorliegenden "Sozialethik" ist die systematische Darstellung und Entfaltung jener Ethik, die für die Gesellschaft als Ganze verbindlich ist. Wie jede andere Wissenschaft bedarf auch die Sozialethik eines genau umrissenen Gegenstandes. Im 1. Band seines Hauptwerkes, der "Sozialethik", er behandelt die Prinzipien der Gesellschaftslehre, bestimmt Ulz den spezifischen Gegenstand der Sozialethik, seinen systematischen Ort im Gesamt der Ethik und der Sozialwissenschaften. Der Sozialethik geht es im Unterschied zur Individualethik um die "Struktur, um das Gefüge sittlich-rechtlicher Art, dem der einzelne sich einzuordnen hat, nicht eigentlich um die individuellen Tugenden, deren er bedarf, um seinen Beruf im Sinne seiner sittlichen Vollendung auszuüben."7

Ulz möchte eine Sozialethik im strengen Sinne des Wortes entwickeln und begründen, die weder in einer Standesethik aufgeht, noch als bloßer Anhang zu einer Individualethik konzipiert wird. 8 Die umfangreiche Erarbeitung des Phänomens des Sozialen, die das Buch einleitet, findet hier ihre Begründung. 9 Sie führt, wie noch zu zeigen sein wird, zum zentralen Begriff des Gemeinwohls, ohne den eine eigenständige Sozialethik nicht entworfen werden kann. IO SE I, V. Darin stimmt UIZ mit Johannes Messner überein. Heute hat sich die Auffassung von der Autonomie der Soziallehre durchgesetzt; vgl. dazu jüngst die ,,Leitlinien für das Studium und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung" . Hg. von der Kongregation für das katholische Bildungswesen, Bonn 1989, Nr. 4, 12. Dennoch bleiben Moraltheologie und Soziallehre in einem engen Verweisungsverhältnis; in diesem Sinne ließe sich die Zuordnung der Soziallehre zum Bereich der Moraltheologie deuten, wie sie Johannes Paul I/. vorgenommen hat: vgl. die Enzyklika "Sollicitudo rei socialis", Bonn 1987, Nr. 41, 52. In der Ethik, wie sie die Vertreter der Theologie der Befreiung seit einigen Jahren entwickeln, verwischen sich erneut die Grenzziehungen zwischen Individual- und Sozialethik. Für sie stellt Befreiungsethik eine integrierende Ethik dar, die auf allen Ebenen des persönlichen wie des gesellschaftlichen Lebens die volle Befreiung des einzelnen und damit zugleich die universale Befreiung aller anstrebt; vgl. dazu A. Lienkamp, Der sozialethische Ansatz der christlichen Befreiungsethik Lateinamerikas, in: JCSW 30 (1989), 149-188, hier: 186 f. Dabei liegt das Schwergewicht bei der Sozialethik, die als Makroethik konzepiert wird. 9 Diese Erarbeitung dürfte im Bereich der gegenwärtigen Christlichen Gesellschaftslehre keine Parallele haben. Eine solche "Phänomenologie des Sozialen" findet sich bei keinem anderen Vertreter dieser Disziplin. Zur moralischen, ontischen und ontologischen Dimension des Sozialen als ethische Explikationsmodi vgl. G. W. Hunold, Ethik im Bannkreis der Sozialontologie. Eine theologisch-moralanthropologische Kritik des Personalismus, Bern 1974, 7 - 25. Hunold selbst rechnet das Soziale zu den Grundstrukturen menschlichen Seinkönnens: "Diese dem menschlichen Handlungsvollzug transparente maßgebliche Handlungsbestimmtheit des ,Sozialen' bleibt somit notwendig integrierender Bestandteil jeder ethischen Theorie; das heißt, alle Ethik ist als eine von dieser Grundstruktur her wesentlich mitbestimmte zugleich ,Sozial' -Ethik" .(7) IO "Was die Sache selbst angeht [d. h. die Unterscheidung von Individual- und Sozialethik, B. K.], wird es ein bleibendes Verdienst des Werkes von Ulz bilden, die grundlegende Stellung des Sozialen und des Gemeinwohls für die Sozialethik gezeigt zu haben", so Messner, Zur sozialethischen Grundlagenforschung, 177 f. 7

8

I. Die Eigenständigkeit gegenüber der Individualethik

35

Die Unterscheidung zwischen Individual- und Sozialethik begründet Utz aus der doppelten Wesenhaftigkeit der menschlichen Existenz, der Mensch ist zugleich individuelles und soziales Wesen. Demzufolge müssen auch die Werte, die der Mensch als Maßstab seines Handeins anlegt, unter diesem doppelten Aspekt betrachtet werden: "sofern sie typische Werte des Individuellen im Menschen sind und sofern sie den Einzelmenschen als in der Gesellschaft integriert erfassen. Daraus ergibt sich die Unterscheidung der Ethik in eine Individualund eine Sozialethik." II Utz unterscheidet innerhalb der Gesellschaftsphilosophie zwei mögliche GrundeinsteIlungen: "Entweder fasst man die Gesellschaft als ein aus den Individuen entstandenes Gebilde oder als eine ideelle, aber doch wirkliche Einheit, von der aus sich dann erst die Relation zwischen den Individuen ergibt." 12 Betrachtet der erste Entwurf das Individuum als den Ausgangspunkt, von dem aus sich die Gemeinschaft konstituiert, so stellt das Individuum im zweiten Entwurf nur einen Teil innerhalb eines Ganzen dar. Im Hinblick auf die erste Grundeinstellung erklärt Utz, daß hier die Gemeinschaft lediglich die logische Brücke bilde, damit man von ganzheitsbezogenen zwischenmenschlichen Beziehungen sprechen könne. 13

3. Sozialethik im Rahmen einer Finalethik Vom Standpunkt der Kantschen Pflichtethik 14 aus kann man nicht mehrere Ethiken unterscheiden, wie es etwa Utz tut, indem er von Personal- oder allgemeiner Ethik, von Individual- und Sozialethik spricht. Die Pflichtethik betrachtet die Verantwortung, die dem Menschen als einem personalem Wesen in allen seinen Handlungen zukommt, beziehen diese sich nun auf die eigene Person, z. B. die Erhaltung der Gesundheit, oder auf den Nächsten, z. B. gerechtes Verhalten gegenüber dem Mitmenschen oder dem Staat. Die Verantwortung ist immer ein und dieselbe. 15 Anders sieht es aus auf dem Boden der Finalethik, wie sie von Utz entworfen wird. Diese ist Tugendethik, d. h. eine Ethik des menschlichen Handeins im Hinblick auf die personale Vervollkommnung. Dieses Ziel, das jeden Menschen angeht, hat zunächst ebenfalls allgemeinen Charakter wie der Imperativ der Eigenverantwortung, jedoch mit dem Unterschied, daß es eben nicht mehr die II

SE III, 14.

A. F. Utz, Grundsätze der Sozialpolitik, Solidarität und Subsidiarität in der Altersversorgung, Stuttgart 1969, 26; vgl. auch Ders., Solidarität und Leistung, in: Ethische 12

und soziale Existenz, 111-127, hier: 116-125. 13 Vgl. SE III, 14. Utz rechnet den von den verschiedenen katholischen Autoren vertretenen Personalismus unter diese GrundeinsteIlung: vgl. SE I, 309-328. 14 Vgl. V. Gerhardt / F. Kaulbach, Kant, Darmstadt 1979,57 -97; O. Höjfe, Immanuel Kant, München 1983, 170-207. 15 Vgl. I. Kant, Die Metaphysik der Sitten. Ethische Elementarlehre, in: Werke IV, 549-616. 3"

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

inhaltlich unbestimmte Freiheit aller ist, sondern die Vervollkommnung der gleichen Natur in allen. In der "personalen" oder "allgemeinen" Ethik steht die Frage nach der universalen Norm im Zentrum, der sich alle um ihrer personalen Vervollkommnung willen unterstellen müssen. In der konkreten Verwirklichung hat jeder einzelne seinen eigenen Weg zu gehen im Hinblick auf das, was seine Individualität ausmacht. Utz spricht in dieser Hinsicht von Individualethik. Wenn nun die soziale Natur des Menschen ins Zentrum der Betrachtung rückt, dann wird die Frage nach dem sozialen Rahmen aufgeworfen, innerhalb dessen der einzelne seine Vervollkommnung anstreben muß. Hier setzt die Sozialethik ein. In dieser Weise unterscheidet also U tz zunächst die allgemeine oder Personalethik, die gewissermaßen das Genus bildet, von der Individual- und Sozialethik, die die Species darstellen. Aus dieser Sicht erklären sich die folgenden Aussagen von Utz: "Während die allgemeine Ethik [= Personalethik, B. K.] einfach den Menschen als solchen in seiner Beziehung zum letzten aufgetragenen Ziel, der endgültigen Vollkommenheit, betrachtet, geht es der Sozialethik um das Ordnungsgefüge, in welchem die Menschen zueinanderstehen." 16 "Der Unterschied zwischen Individualethik und Sozialethik erklärt sich aus der verschiedenen Mittelordnung." 17 "Das Sozialethische ist also immer dort gegeben, wo zwischen zwei oder mehreren Menschen eine übergeordnete Einheit begriffen wird, in welcher nicht mehr dieser oder jener in seiner gesonderten Beziehung zum eigenen Ziel, sondern vielmehr beide zusammen als Ganzes erfaßt werden." 18 Überall dort, wo die Frage nach dem Gemeinwohl aufgeworfen wird, liegt eine sozialethische Fragestellung vor. Aus einigen Ausführungen von Utz wird deutlich, wie sehr er die Differenz von Individual- und Sozialethik im Unterschied von Einzel- und Gemeinwohl verankert sieht. Die Frage nach dem Vorrang von Individual- und Sozialethik "beantwortet sich durch Wertabwägung von Gemeinwohl und Einzelwohl." 19 Obwohl hier noch nicht detailliert auf die Analyse dieser Wertabwägung eingegangen werden kann, 20 da sie die Klärung des Begriffs des Gemeinwohls voraussetzt, läßt sich doch der Fragehorizont abstecken, vor dem Utz das Verhältnis von Einzel- und Gemeinwohl behandelt sehen möchte. Utz stellt sich dem Problem, wie man die Überordnung des Gemeinwohls, die auch in den Dokumenten der katholischen Soziallehre vertreten wird, begründet. 21 Kann möglicherweise das Einze1wohl überhaupt nicht gedacht werden ohne seine Integration ins GeSE 1,85. SE 1,86. 18 SE 1,87. 19 SE III, 14. "Utz räumt der Sozialethik den Vorrang vor der Individualethik ein, ohne deswegen Hegelianer oder Marxist zu sein, was seiner ausgesprochen personalistischen Konzeption ( ... ) widerspräche", so W. Ockenjels in seiner Rez. zu SE III, in: ARSP 74 (1988), 271. 20 Vgl. unten Kapitel 5, Abschnitt I, Absatz 3. 21 Vgl. zum folgenden Nachfolgefassung, Exkurs III, 478. 16

17

I. Die Eigenständigkeit gegenüber der Individualethik

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mein wohl, oder ergibt sich die Forderung nach einer Überordnung des Gemeinwohls allein aus der Tatsache, daß der einzelne physisch der Gemeinschaft bedarf, um seine Vervollkommnung zu realisieren? "Man könnte diesen Unterschied auch mit der Frage kennzeichnen: Ist die Individualethik nur verständlich durch die Einordnung in eine umfassende Sozialethik oder ist die Sozialethik ein Annex bzw. eine Erweiterung der Individualethik aus der Erkenntnis heraus, daß die volle Entfaltung der individuellen Moral gesellschaftlicher Hilfe bedarf?"22

In die Logik dieser Ausführungen fügt sich die These von Utz, daß ein Ansatz der Sozialethik bei den vorstaatlichen und vorgemeinschaftlichen Individualrechten nicht angemessen wäre. 23 Wollte man eine Sozialethik mit der Explikation von Menschenrechten beginnen, so läge im Utzschen Sinne keine echte Sozialethik mehr vor. Es fehlt nämlich diesen vorgemeinschaftlichen Rechten das Ordnungsgefüge, das die Gemeinschaft vieler Menschen erst begründet. Den Personalismus, wie ihn verschiedene andere Vertreter der katholischen Soziallehre entwickeln, klassifiziert Utz nicht als eigenständige Sozialethik. Er reiche eigentlich nicht weiter als die goldene Regel, nach der keiner dem anderen mehr zumuten soll, als er selbst zu ertragen gewillt ist. 24 "Der Personalismus ist also noch kein sozialethisches System, wenn man nur an die Koexistenz von Individualrechten denkt. Er wird es aber wohl, sobald man die Personenrechte als Grundnorm eines vielgegliederten Ganzen begreift."25 In dieser Hinsicht ist die Sozialethik Utzscher Prägung durchaus als eine personalistische Konzeption anzusprechen. Sie betrachtet nämlich jene personalen Pflichten, die dem Menschen aufgetragen sind, insofern er Teilfunktion in einer durch das Gemeinwohl gebildeten Ganzheit zu erfüllen hat. 26 Sozialethisches Denken, so wie es Utz versteht, kann man auch als ein ganzheitliches Denken bezeichnen. Es befaßt sich mit dem Menschen, insofern er Teil eines Ganzes ist. Utz ist sich jedoch der Gefahr der totalen Vereinnahmung des Individuums bewußt. Der Mensch darf nicht in der Gemeinschaft untergehen: "Es wäre natürlich verhängnisvoll, wollte man den Überbau der Sozialethik, nämlich die personale Zielrichtung der Gemeinschaft wie überhaupt der ganzen Mittelordnung, übersehen, wovon die soziale Ordnung, wie bereits gesagt, nur ein Ausschnitt ist." 27 22 Nachfolgefassung, 478. - Utz lehnt zwar entschieden die Vorstellung vom Annexcharakter der Sozialethik ab, er gesteht aber dennoch dem Ansatz Cathreins zu, daß er zumindest Konsequenz in seiner Zentrierung der Ethik auf das Individuum beweist (vgl. ebd. 490 f.). 23 Vgl. SE I, 87. 24 Vgl. SE III, 14 f. 25 SE I, 89. 26 Die Berufung der Personalisten auf das Gemeinwohl dient in den Augen von Utz nur dazu, Begründungslücken bei sozialethisehen Forderungen zu schließen, die sich aufgrund des individualethischen Ansatzes ergeben. 27 SE I, 88.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

11. Die Systematik einer philosophisch begründeten Sozialethik Utz geht es darum, allgemeingültige, nur auf dem Weg über die Metaphysik erfaßbare soziale Normen zu ermitteln, um auf diese Weise einem langsamen und unbemerkten Abgleiten der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ordnung von der Humanitas vorzubeugen. Andererseits möchte er aber gleichzeitig den Beweis erbringen, daß man von diesen absoluten Werten aus durchaus zu einem adaequaten Verständnis des Wertpluralismus der heutigen Gesellschaft finden kann. Orientierung an absolut gültigen Werten und Wertpluralismus stehen einander nicht unversöhnlich gegenüber. Der Sozialethiker, der allerdings von vornherein auf die Suche nach absolut geltenden Wertmaßstäben verzichtet, sieht sich seinerseits vor die schwierige Aufgabe gestellt, den Nachweis zu erbringen, wie er einer rein evolutionären, an keine Prinzipien gebundenen und damit keinerlei Wertorientierungen unterworfenen Gesellschaftsentwicklung begegnen kann.

Die Beschäftigung mit der Utzschen Sozialethik stellt eine besondere Herausforderung für die heutigen Vertreter des Faches Christliche Gesellschaftslehre dar. Denn schließlich beansprucht Utz, eine umfassende, ethisch begründete Systematik sämtlicher Handlungsbereiche des gesellschaftlichen Lebens zu erstellen, sowohl im Bereich der rechtlichen Organisation als auch der Wirtschaft, der Gesellschaft im engeren Sinne und der Politik. Ansätze zu einer Systematisierung der Gesellschaftslehre findet man bei Thomas Hobbes, John Locke, Hugo Grotius, Samuel Pufendorf, Christian Thomasius, Christian Woiffund anderen Vertretern der Aufklärung; im 19. Jahrhundert wären Hegel und Marx zu nennen. Bei diesen Versuchen handelt es sich jedoch, abgesehen von Marx, stets nur um eine Rechts- und Staatsphilosophie. 28 Eine beachtliche, umfassendere Systematik hat Luigi Taparelli Mitte des 19. Jahrhunderts entworfen. 29 Wie Untersuchungen gezeigt haben, dachte Taparelli, vermittelt 28 Vgl. zu den genannten Philosophen A. Verdross, Abendländische Rechtsphilosophie, Wien 1958 eI963); R. Zippelius, Geschichte der Staatsideen, München 1971 (61989). 29 Saggio teoretico di diritto naturale appogiato sul fatto, 2 Bde., Palenno 1840-1841; deutsch: Versuch eines auf Erfahrung begründeten Naturrechts, 2 Bde., Regensburg 1845. "Methodischer Ausgangspunkt ist die vom ,gesunden Menschenverstand' verwertete Erfahrung mit der unmittelbar zugänglichen Wirklichkeit (= fatto) im Sinne des thomistischen Realismus. Als inhaltliche Grundposition fungiert sodann die Überzeugung, daß der Mensch von Natur aus ein gesellschaftliches Wesen ist und daß die Gesellschaft bzw. die staatliche Gemeinschaft in letzter Konsequenz aus der Schöpfungsordnung Gottes zu interpretieren ist. Das Ziel der Untersuchung besteht schließlich darin, dem Recht (damit auch der Macht) eine Begründung in der Ethik zu geben", so H. M. Schmidinger, Thomistische Zentren in Rom, Neapel, Perugia usw., in: Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts. Hg. von E. Coreth u. a., II, Graz 1988,114 f. - Ergänzend müßte man jedoch hinzufügen, daß sich mit Taparelli wohl endgültig jener Paradigmawechsel im katholischen Sozialdenken andeutet, bei dem der Ansatz bei einer universellen Ordnung immer stärker in den Hintergrund tritt und

II. Die Systematik einer philosophisch begründeten Sozialethik

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durch Autoren der italienischen Aufklärung, in der Tradition des von Christian WoUf konzipierten rationalistisch-individualistisch geprägten Naturrechts. 30 Das großangelegte Werk von Johannes Messner "Das Naturrecht" 31 ist, allerdings nur in seiner Grundkonzeption, auch zu diesen Versuchen zu zählen. Den philosophischen Grundgedanken, nämlich die zentrale Stellung der Person mit ihren Interessen, teilt Messner mit Taparelli. Messner begreift das sittliche Naturgesetz als physisch wirkende Strebekraft zur Realisierung der existentiellen Zwecke des Menschen. Als Ausgangspunkt seiner Analyse dient Messner stets die unmittelbare Erfahrung dessen, "was der Mensch von sich und der Wirkweise seiner Natur ( ... ) weiß". 32 Diesen Grundgedanken verfolgt er durch sämtliche Bereiche des sozialen Lebens. Messner kann daher zu Recht als Systematiker angesehen werden, denn ein System manifestiert sich nur dort, wo in der Mannigfaltigkeit der Seienden, der konkreten Erscheinungen und Ereignisse, eine real gültige Grundidee aufgewiesen wird. Von ihr aus ist dann die Mannigfaltigkeit erklärbar. Bei aller Hochschätzung, die Utz dem Werk bzw. der Systematik Messners zollt, möchte er doch dessen Grundidee nicht übernehmen, weil sie ihm zu sehr empirisch und zu wenig philosophisch begründet erscheint. 33 Die immense Kenntnis der empirischen Forschung gestattet es Messner, die ethische Problematik bis in die letzte konkrete Verwirklichung zu verfolgen. Was Utz hierbei bemängelt, ist die Unschärfe des Übergangs von den empirisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den philosophisch-ethischen Prinzipien. Der Ansatz der Utzschen Sozialethik ist nicht das soziologisch feststellbare persönliche Interesse des einzelnen, sondern ein umgreifendes philosophisches Prinzip, das sich aus der sozialen Natur des Menschen ergibt, nämlich der Gemeinwohlimperativ, der - dies zu betonen ist hinsichtlich der verschiedentlich gegen Utz vorgebrachten Kritik wichtig - zwar auch ein empirisches Element voraussetzt, jedoch auf einer

das Individuum, die unabhängige menschliche Person mit ihren Rechten und Pflichten, zum Zentrum der Ethik wird. 30 Vgl. M. Thomann, Une source peu connue de l'Encyclopedie: L'influence de Christian Wolff, Paris 1970; vgl. auch die einführenden Bemerkungen Thomanns zur von ihm betreuten Edition von Wolffs Jus gentium (Hildesheim-New York 1972, XLVIL) bzw. Jus naturae (Hildesheim-New York 1972, XX-XXII). Dort wird der Einfluß auf Taparelli ganz deutlich. 31 Seit 1950 mit verschiedenen Erweiterungen in mehreren Neuauflagen aktualisiert; zuletzt Berlin 71984. 32 J. Messner, Naturrecht im Disput, in: Ders., Ethik und Gesellschaft. Aufsätze 19651974, Köln 1975,330. 33 Vgl. A. F. Utz, Die epistemologische Grundlage der Ethik und Sozialethik von Johannes Messner, in: Erfahrungsbezogene Ethik (Festschrift J. Messner). Hg. von V. Zsijkovits und R. Weiler, Berlin 1981, 17 -36; Ders., Johannes Messners Konzeption der Sozialphilosophie. Die Definition der Sozialnatur und der Gesellschaft, in: Das Neue Naturrecht. Die Erneuerung der Naturrechtslehre durch Johannes Messner (Gedächtnisschrift). Hg. von A. Klose u. a., Berlin 1985, 21-62. Auf die Unterschiedlichkeit der beiden Positionen macht auch O. von Nell-Breuning in seiner Rezension des Gedächtnisbandes aufmerksam, in: ThPh 61 (1986),462 f.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

Wesens aussage beruht, der wesentlich sozialen Natur des Menschen, um deren typisch philosophische Begründung Utz sich intensiver als frühere Versuche in der Sozialethik bemüht. 34 In allen Bereichen der Sozialethik sucht Utz zunächst die Wesensdefinition, um daraus das ethische Grundprinzip zu ermitteln, von dem aus dann die Vernunft, d. h. der auf Wahrheit ausgerichtete Sachverstand, die konkrete und damit auch empirisch haltbare Norm finden muß. Utz möchte den typisch empirisch abgestützten Sachverstand von der eigentlich ethischen Sicht zwar nicht trennen, aber doch klar unterscheiden. In der gesellschaftspolitischen Diskussion wird dann deutlich, wann über Ethik und wann über Sachverstand gesprochen wird. Ein gutes Beispiel zur Illustration des Gemeinten ist die Definition der Familie. Geht man den empirischen Weg, wie Messner ihn wählte, dann kann man nur soziologisch die vielen zum Besten der Gesellschaft geforderten Funktionen der Familie darstellen. Diese Aufgabe hat Messner gelöst. 3S Aus seinen reichhaltigen Erörterungen läßt sich eine zeitüberspannende sozialethische Definition der Fami1ie ermitteln. Beim soziologischen Zugang zur Familie läßt sich aber nicht ausschließen, daß die Definition der Familie mit zeitbedingten Wertungen behaftet ist. So hatte beispielsweise Pius XII. bei vielen seiner sich auf die Familie beziehenden Äußerungen vor allem das Bild der bäuerlichen familiären Produktionsgemeinschaft vor Augen. 36 Utz sucht hingegen eine von den geschichtlichen Gegebenheiten unabhängige, weil wesentliche Definition der Familie. Er sieht in ihr jene Gesellschaft, welche als erste und stets verjüngte, ursprüngliche Gesellschaft die sozialen Grundwerte vermittelt, ohne die die Großgesellschaft keinen Bestand hat. Darin stimmt Utz mit Messner überein, er fordert aber ein überzeitliches Prinzip der geschlossenen Einheit der Familie. Und das ist für ihn die unauflösliche Ehe: "Die Familie ist die Gemeinschaft von in unauflöslicher Ehe lebenden Eltern und ihrer Kinder zur Schaffung eines dauerhaften sittlichen Milieus, zur Vorbereitung der Kinder auf die Übernahme von Verantwortung in der umfassenden Gesellschaft und zur Grundlegung einer gefestigten sittlichkulturellen Tradition."37 Es handelt sich um eine inhaltlich gefüllte, gleichwohl aber den zeitlichen Wechselfällen entzogene Definition. Wie die in dieser Definition angezeigte Aufgabe in einer von industriellen Strukturen geprägten Welt gelöst werden kann, ist durch den gesunden Menschenverstand in Sachkenntnis der konkreten, unabänderlichen Situation zu entscheiden. Es ist also nicht mehr explizit von Tischgemeinschaft oder gar Produktionsgemeinschaft die Rede. Utz erkennt jedoch an, daß auch die Soziologie funktionale Bestimmungen der Familie 34 Vgl. dazu unten das vierte Kapitel, in dem über die Sozialnatur des Menschen gehandelt wird. 3S Vgl. z. B. in: Das Naturrecht, Berlin 71984, 529-589. 36 Vgl. vor allem Utz / Groner III, 5644; vgl. dazu A. F. Utz, Pius' XII. Ehe- und Familiendoktrin als Beispiel seiner sozialethischen Methode, in: Ethische und soziale Existenz, 148-160. 37 SE III, 124.

III. Die erkenntnistheoretische Grundlage

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erarbeiten kann, die als allgemeine Definitionen langfristig angewandt werden können. Da die Soziologie aber keine metaphysische Abstraktion kennt, bleibt ihr aus seiner Sicht nur die Reduktion auf ein kennzeichnendes Datum, etwa die Intimgemeinschaft. Für eine umfassende Familienpolitik beurteilt Utz eine solche Definition als nicht ausreichend, da der Charakter der Familie als gesellschaftliche Institution verloren gehe. 38 Wie hier ansatzweise am Beispiel der Familie verdeutlicht wurde, möchte Utz den Nachweis für alle Bereiche der Gesellschaftswissenschaften erbringen, wie man zu den entsprechenden ethischen Normen gelangt, die man benötigt, um im Anschluß an sie mit gründlicher, anderweitig gewonnener Sachkenntnis die konkret zur Entscheidung anstehenden Fragen zu beantworten. Man sollte sich jedoch die besondere Problematik eines Systemdenkens bewußt machen. Insbesondere seit dem Aufkommen der Phänomenologie Husserlscher Prägung ist man auf mögliche Gefahren des Systemdenkens aufmerksam geworden. So ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß ein Autor sein Werk von vorne herein auf die Ausgestaltung eines Systems anlegt und dabei übersieht, daß er gegebenenfalls die Wirklichkeit zu einem Konstrukt und zur Stilisierung seiner ihm eigentümlichen und damit subjektiven Erkenntnis macht, anstatt sie, zumindest vom Ansatz her, objektiv zu erfassen. Es wäre fatal, wenn sich im Verlauf unserer Untersuchungen herausstellen würde, daß das Beste aus der Utzschen Sozialphilosophie gerade das wäre, was nicht in ihr System hineinpaßt. 39

III. Die erkenntnistheoretische Grundlage 1. Die klassische Seinsphilosophie mit ihrer Realerkenntnis

Die Sozialethik von Utz läßt sich nur dann angemessen erfassen, wenn die in ihr implizierte Seinsmetaphysik, die die erkenntnistheoretische Grundlage aller weiteren Ausführungen bildet, offengelegt wird. Utz steht grundsätzlich auf dem Boden der klassischen Seinsphilosophie des Thomas von Aquin. 4O Mit diesem Vgl. SE III, 120. Teile der heutigen Sozialethiker katholischer Provenienz stehen den Handbüchern der Nachkriegszeit kritisch gegenüber. Sie bezweifeln deren Aktualität. "Die großen, meist vor dem II. Vaticanum erschienenen, inzwischen alt und klassisch gewordenen Kompendien der Sozialethik gewinnen ihre Systematik nicht aus der Entwicklung und Differenzierung des Problembewußtseins neuzeitlicher praktischer Philosophie, sondern überwiegend im bewußt kontrastierenden Rückgriff auf vomeuzeitliche scholastische Positionen, wobei Thomas entscheidende Bedeutung zukommt" (so A. Anzenbacher, Probleme der Thomas-Rezeption im aktuellen Kontext praktischer Philosophie, 59). Es kann mit Recht bezweifelt werden, ob diese pauschale Einschätzung - auch Utz wird als repräsentatives Beispiel genannt - der Wirklichkeit gerecht wird. 40 Vgl. E. Zalten, Die aristotelisch-thomistische Lehre vom Sein des Seienden als Basis der Ontologie sozialer Normen, in: Begründung der Menschenrechte. Hg. von P. P. Müller-Schmid, Wiesbaden 1986,29-43. 38

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

teilt er die Überzeugung, daß die menschliche Vernunft zur rationalen Erkenntnis von Wesens strukturen mittels einer real-universalen Abstraktion fähig ist. 41 Thomas analysierte die Erfahrung, die wir mit unserer Erkenntnis machen, und stellte fest, daß wir von keiner konkreten Erfahrung sprechen könnten, wenn nicht jede Aussage im Sein fundiert wäre. Deshalb kann er auch folgendes Prinzip formulieren: Ens est primum quod cadit in intellectum. 42 Wie der Aquinate hält Utz zudem an der Möglichkeit fest, die Existenz eines Schöpfergottes aus dem kontingenten Sein rational zu erkennen. 43 Die Antwort auf die Frage nach der Existenz eines Schöpfergottes entscheidet, wie noch zu zeigen sein wird, über die Konzeption der allgemeinen Ethik, d. h. der Lehre von den Normen des menschlichen Handeins überhaupt, die ja, wie bereits dargestellt wurde, der Sozialethik als der Wissenschaft von der Ordnung in der Gesellschaft vorausgeht.

2. Gegensatz zu Kant Mit dieser philosophischen Grundeinstellung tritt Utz in einen fundamentalen Gegensatz zur Position Kants. Dieser negiert die Möglichkeit und Plausibilität von Wesenserkenntnissen; für ihn konnte darüber hinaus Gott niemals zum Objekt des rationalen Wissens werden. Die Existenz Gottes wird in der Transzendentalphilosophie kantischer Prägung ganz dem Bereich des Glaubens zugeordnet. Theoretische, spekulative Gotteserkenntnis hatte keinen Platz mehr in der theoretischen Vernunft, da diese keine legitime Möglichkeit besitzt, die Frage nach dem Dasein Gottes auch nur zu stellen. 44 Die Gottesbeweise wurden aus diesem Grund aus dem Bereich der theoretischen Vernunft herausgenommen und dem der praktischen Vernunft zugewiesen. 45 Kant sah sich also gezwungen, für den Bereich der Sittlichkeit eine absolute Norm zu finden, die nicht dem Sein entnom41 Vgl. L. Oeing-Hanhoff, Wesen und Formen der Abstraktion nach Thomas von Aquin, in: PhJ 71 (1963/64), 14- 37. 42 Vgl. Thomas von Aquin, In Metaphys. I, lect. 2, 46; IV, lect. 6, 605; X, lect. 4, 1998; XI, lect. 5, 2211. 43 Vgl. zu Thomas etwa M. Wagner, Die philosophischen Implikate der "quarta via". Eine Untersuchung zum vierten Gottesbeweis bei Thomas von Aquin, Leiden 1989. 44 Für "das Dasein des Urwesens, als einer Gottheit", ist "schlechterdings kein Beweis in theoretischer Absicht ( ... ) für die menschliche Vernunft möglich"; zitiert nach: I. Kant, Kritik der Urteilskraft (B 453), in: Werke V, 597. Vgl. auch O. Höfle, Immanuel Kant, 151 - 169; W. Weischedei, Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer Philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus, I, München 1979, 191-213. 45 Vgl. A. Winter, Der Gotteserweis aus praktischer Vernunft. Das Argument Kants und seine Tragfähigkeit vor dem Hintergrund der Vernunftkritik, in: Um Möglichkeit oder Unmöglichkeit natürlicher Gotteserkenntnis heute. Hg. von K. Kremer, Leiden 1985, 109-178; jüngst wurden die Schwierigkeiten eines moralischen Gottesbeweises aufgrund des ethischen Formalismus und der Autonomie in der kantischen Moralbegründung deutlich aufgezeigt von G. B. Sala, Kant und die Frage nach Gott. Gottesbeweise und Gottesbeweiskritik in den Schriften Kants, Berlin 1990.

III. Die erkenntnistheoretische Grundlage

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men ist. Es konnte nur ein transzendentales, kein physisches Subjekt in Frage kommen. Kant sah sich somit vor die Notwendigkeit gestellt, den absoluten Imperativ in Ethik und Rechtsphilosophie kategorisch und damit formal zu fassen. In seiner geläufigsten Formulierung lautet der kategorische Imperativ: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde."46 Hinter dieser Vorstellung steht eine sich gänzlich vom thomasischen Realismus unterscheidende Ethikbegründung. Für Kant ist die Freiheit, d. h. die autonome Gesetzgebung der Vernunft selbst, der entscheidende Unterschied zwischen einem moralischen und einem nichtmoralischen Wesen. 47 Nur aus Freiheit kann Pflicht entspringen. Die Ethik ist die Lehre von der selbstverantworteten Freiheit. Nun müssen die Menschen als freie Wesen notwendigerweise die sittlichen Entscheidungen der anderen respektieren. Maßstab ihres HandeIns soll dessen Verallgemeinerungsfähigkeit sein. Der kategorische Imperativ als oberste sittliche Norm muß aber nach Kant inhaltlich unbestimmt bleiben, wenn er als allgemeingültig gelten will. Strenge Allgemeingültigkeit können für Kant nur solche Urteile beanspruchen, die ohne Rückgriff auf die bloß Partikuläres vermittelnde Erfahrung gewonnen werden. Inhaltlich bestimmte sittliche Normen können demnach nie allgemeingültig sein, da konkrete Norminhalte nicht ohne Rückgriff auf Erfahrungswissen bestimmt werden können. Inhaltlich gefüllte Normen brächten demzufolge einen infiniten Begründungsregreß mit sich. Unter der Voraussetzung, daß also Gott kein Objekt der rationalen Erkenntnis ist, ist die kantische Konzeption logisch. 48 Sobald Gott, das erste und absolute Sein, als rational zugängliches Erkenntnisobjekt angenommen wird, wird es möglich, dem Sein entnommene Inhalte zur Begründung des sittlichen Solls mit diesem Absoluten zu verbinden, ohne einerseits auf den Glauben angewiesen zu sein und andererseits mit einem transzendentalen Subjekt operieren zu müssen. Das ist die typische Erkenntnistheorie, die der katholischen Lehre von Glaube und Vernunft und allen sozialen Verlautbarungen der Päpste, also der authentischen katholischen Soziallehre, zugrundeliegt. Das ist auch der Kern der Philosophie des Thomas von Aquin. Kant mit Thomas zu verbinden, wie es von seiten verschiedener katholischer Moraltheologen und Sozialethiker im deutschen Sprachraum versucht wird, erscheint als ein problema46

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I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Werke IV, 51. Vgl. I. Kant, Kritik der praktischen Vernunft. Analytik, § 8, in: Werke IV, 144. Zu Beginn seiner ,,Rechtsphilosophie" grenzt sich Utz ausdrücklich gegenüber dem

Ansatz Kants ab: "Daß Kant den Rückgriff auf höhere, inhaltliche Prinzipien nicht zulassen konnte, rührt von seiner Ablehnung der abstraktiven Erkenntnis". (SE H, 6) - Zur Genese der kantischen Ethik vgl. auch G. B. Sala, Das Gesetz oder das Gute? Zum Ursprung und Sinn des Fonnalismus in der Ethik Kants, in: Gr 71 (1990),67 -95; Ders., Das Gesetz oder das Gute? H. Teil: Alleiniges Prinzip des sittlich guten Willens ist "die allgemeine Gesetzmäßigkeit der Handlungen überhaupt", in: Gr 71 (1990), 315352.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

tisches Unterfangen, denn zu verschieden sind die Grundlagen der beiden Konzeptionen. Diese Auffassung wird erhärtet durch das Unverständnis, mit dem Hans Kelsen, einer der konsequentesten Anwender kantischen Gedankengutes auf dem Gebiete der Rechtsphilosophie, die metaphysische Naturrechtsauffassung von Thomas interpretiert. 49 Beide Rechtsbegründungen, sowohl diejenige des sich an Kant orientierenden Rechtspositivismus als auch diejenige des metaphysischen Naturrechts, entwickeln eine in sich stringente Normenlogik, von der aus sich keine Brücke zur jeweils anderen Position schlagen läßt. 50 Auf derselben erkenntnistheoretischen Grundlage wie Utz stehen in mehr oder weniger expliziter Weise im deutschen Sprachraum L. Roos, A. Rauscher, R. Weiler,A. Klose,J. Schasching und, reich argumentierend, P. P. Müller-Schmid 51 • Im romanischen Sprachraum, insbesondere in Spanien, findet die kantische Transzendentalphilosophie innerkirchlich bislang weniger Anklang als hierzulande, da dort die Tradition einer sich vorrangig an Thomas orientierenden Philosophie stärker ausgeprägt ist. Entsprechend trifft die Utzsche Sozialethik dort eher auf Zustimmung. 52

Im Hinblick auf die erkenntnistheoretische Fundierung sozialethischer Überlegungen formulierte Utz einmal den Satz: "In irgendeiner Weise kommt jeder Sozialethiker zu einer irgendwie metaphysisch orientierten Naturrechtslehre zurück, sofern er nicht wie der Marxismus das moralische Grundbewußtsein des Menschen in den materialistisch-historischen Prozeß ein verwebt. "53 Richtig daran 49 Vgl. H. Kelsen, Reine Rechtslehre. Mit einem Anhang: Das Problem der Gerechtigkeit, 2., vollständig neubearbeitete und erweiterte Auflage, Wien 1960 (Nachdruck Wien 1983), 417 f. (Anm. 78 - 80), 431 f. (Anm. 111 f.). Kelsen kritisiert an der thomasischen Formel "bonum est faciendum et prosequendum et malum vitandum" (vgl. Sth 1-11 94, 2; Il-Il 79, 1), daß sie nur unter der Voraussetzung einer anerkannten Ordnung gelte. Selbst Kants kategorischer Imperativ setze bereits die Beantwortung der Frage voraus, wie man handeln soll, um gut und gerecht zu handeln (v gl. Reine Rechtslehre, 368374). Utz weist darauf hin, daß sich der kategorische Imperativ seinerseits nicht ohne Rückgriff auf die Erfahrung bestimmen läßt. Die oberste sittliche Norm, die scheinbar aus einer abstrakten Reflexion auf die Freiheit abgeleitet wurde, "gewinnt ihre Einsichtigkeit - und damit Verbindlichkeit - erst aus der konkreten Menschheitserfahrung, daß nämlich ein Zusammenleben ohne wechselseitige Selbstbeschränkung unerträglich wäre." So Utz, Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik, in: gpk 31 (1990), 163. 50 Vgl. die am Schluß des ersten Kapitels erwähnte Kontroverse sowie A. F. Utz, Die Bedeutung des Gottesbegriffs für die Rechts- und Gesellschaftsordnung, in: gpk 32 (1991), Nr. 4, 54-59. 51 Zu Müller-Schmid vgl. etwa: Der rationale Weg zur politischen Ethik, Stuttgart 1972; Emanzipatorische Sozialphilosophie und pluralistisches Ordnungsdenken, Stuttgart 1976; Freiheit als zentraler Wert einer ideologiefreien rechtlichen Gemeinschaftsordnung, in: JCSW 17 (1976), 51-63; Das Naturrecht, Grundlage der Gesellschaftsordnung? In: JCSW 22 (1981), 35-46. 52 Ihre bislang nachhaltigste Wirkung übte sie auf die politische Philosophie Federico Rodriguez' aus: Introducci6n en la polftica social, 2 Bde., Madrid 1979; vgl. auch die zustimmenden Rezensionen in: RThom 62 (1962), 304-308 (zu SE I); RThom 65 (1965), 295 - 297 (zu SE 11); RThom 79 (1979), 509 - 511 (zu "Zwischen Neoliberalismus und Neomarxismus").

III. Die erkenntnistheoretische Grundlage

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ist, daß im Grunde kein katholischer Sozialethiker der Seinsmetaphysik, die ein untrennbarer Bestand der päpstlichen Sozialenzykliken ist, leichtfertig eine Absage erteilen kann. Es ist darum nicht verwunderlich, daß auch Autoren, die sich dagegen verwahren, mit der Scholastik in Kontakt gebracht zu werden, unbemerkt eine im Sein verankerte überzeitliche Norm zugrundelegen. 54

In diesem Zusammenhang erhebt sich auch die Frage, inwieweit sich Utz den heute besonders beachteten sozialtheologischen Fragestellungen öffnet. Hier ergibt sich ein eindeutiger Befund: Utz entwickelte bewußt keine Sozialtheologie 55 und ist damit ein typischer Repräsentant der philosophisch orientierten katholischen Sozialethiker nach dem Kriege. Er nimmt Abstand von allen theologischen Argumenten und beabsichtigt, worauf bereits hingewiesen wurde, einzig den Weg der rationalen Erkenntnis zu gehen. Er folgt also der katholischen Soziallehre wissenschaftlich nur insoweit, als sie auf der Basis einer rationalen Argumentation vorgeht. Die Sozialethik erhebt den Anspruch als philosophisches Fach betrachtet 53 Utz, Gemeinsames und Verschiedenes in der marxistischen und in der christlichen Wirtschaftsanalyse, in: Kann der Christ Marxist sein? Muss er Kapitalist sein? Hg. von A. F. Utz, Bonn 1982,46. 54 Als jüngstes Beispiel sei hier verwiesen auf den umfangreichen Artikel von P. Hünermann, Kirche - Gesellschaft - Kultur. Zur Theorie katholischer Soziallehre, in: Katholische Soziallehre - Wirtschaft - Demokratie. Ein lateinamerikanisch-deutsches Dialogprogramm 1. Hg. von P. Hünermann und M. Eckholt, Mainz 1989, 9-48. Hünermann distanziert sich vom Wissenschaftsverständnis der traditionellen kirchlichen Soziallehre. Kritisiert wird deren Erkenntnishaltung: "Der menschliche Verstand fungiert als reines Okular, die metaphysischen Wesensgehalte bilden in sich zentrierte Objektivitäten zeitloser Art." (25) Die klassische Naturrechtsphilosophie des Thomas mit ihrem realgültigen Naturbegriff wird als nicht mehr zeitgemäß interpretiert. Ihr gegenüber vertritt Hünermann ein sich im Raum der Geschichte entwickelndes, lebendiges Denken (vgl. 25 ff.). Als formale Aufgabe stelle sich der Soziallehre neben der Erfassung und Beschreibung der pluralen Formen des menschlichen Zusammenlebens die Analyse der geschichtlichen Sozialnatur des Menschen. Die Sozialnatur unterscheide sich von der sittlichen Natur dadurch, daß letztere sich auf die allgemeinen Handlungsmöglichkeiten des einzelnen beziehe. Die geschichtliche Sozialnatur ist das Resultat der "Grundzüge jener Gestalten des Lebens, die ein gelingendes Miteinandersein der Menschen und ein gelingendes In-der-Welt-Sein ermöglichen, Grundzüge einer geschichtlich sich herausbildenden Daseinsverfassung, die eine authentische, nicht entfremdete Existenz des Menschen und der Gesellschaft ermöglichen." (39) -Hünermann verzichtet auf eine Definition der natura humana als Universale, ohne sich dabei bewußt zu machen, daß eine über aller geschichtlichen Entwicklung stehende universale Norm - d. h. die metaphysische Konzeption der Natur des Menschen - erst den Maßstab liefert, mit dem konkrete historische Konstellationen auf ihr gelingendes, gerechtes Miteinander beurteilt werden können. Zur genannten Publikation vgl. auch die Rez. von Utz, in: ZWS 111 (1991), 99-104. 55 Zu den verschiedenen sozialtheologischen Entwürfen innerhalb der Christlichen Gesellschaftslehre vgl. H. Weber, Um das Proprium christlicher Ethik. Das Beispiel der katholischen Gesellschaftslehre, in: 1ThZ 81 (1972),257 - 275; vgl. auch L. Roos, Trinitarischer Humanismus als theologische Mitte einer christlichen Gesellschaftslehre, in: Im Gespräch mit dem dreieinen Gott. Elemente einer trinitarischen Theologie (Festschrift W. Breuning). Hg. von M. Böhnke und H. Heinz, Düsseldorf 1985, 457 -480. - Zu den Vertretern der aus der Politischen Theologie hervorgegangenen Befreiungstheologien vgl. unten S. 106.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Ulz

zu werden - zumindest im Sinne der katholischen Auffassung, während die evangelische Theologie weithin aufgrund ihrer Trennung von fides und ratio die Sozialethik als theologisches Fach einordnet. Unverkennbar findet Utz in der Theologie eine Bestätigung seiner erkenntnistheoretischen Position, d. h. seiner Auffassung vom Realismus der Universalerkenntnis. Mit seiner Distanzierung von Inhalten aus der Offenbarung unterscheidet sich Utz jedoch besonders von jenen Sozialethikern, die sich vorgängig von der biblischen Theologie leiten lassen. 56

IV. Die Berücksichtigung wesentlicher Erkenntnisse der allgemeinen Ethik 1. Die Bedeutung der inneren Erfahrung

a) Das sittliche Verantwortungsbewußtsein Unter der Voraussetzung der aristotelisch-thomasischen Grundthese, die Utz in seiner Konzeption der Ethik übernimmt, 57 daß nämlich die Vernunft wesentlich auf realgültige Allgemeininhalte eingestellt ist, die durch Abstraktion aus der Erfahrung gewonnen werden, ist der oberste und erste Erkenntnisinhalt das Sein. Dieses wird durch die theoretische Erkenntnis erfaßt. Als Gut wird dieses Sein (ens et bonum convertuntur) von der praktischen Vernunft spontan als Erstrebenswertes und zu Wollendes imperativisch ausgesprochen. Die theoretische Erkenntnis sagt etwas aus, die praktische Erkenntnis dagegen befiehlt. Dieser Befehl kann durch die Vernunft nur ausgesprochen werden, weil der Wille, ohne den ein intellektuelles Wesen nicht denkbar ist, von Natur auf das real Gute ausgerichtet ist. 58 Unvermeidlich ist also mit dem menschlichen Handeln ein Bewußtsein der mit ihm verbundenen Verantwortung gegeben. Dieses Bewußtsein besitzt wegen der wesentlichen Relation zum Willen imperativen Charakter. Es drückt sich in der Formel aus: "bonum est faciendum et prosequendum et malum vitandum."59 Demnach erfolgt der oberste Imperativ spontan auf die Erkenntnis des Seins. Der Mensch ist psychologisch frei, seine Handlungsentscheidungen zu treffen, er weiß sich aber dabei zugleich dem Maßstab des Guten unterstellt. Frei wird der Wille von dem Moment an, wo sich, infolge einer Partikularerkennt56 Zur Utzschen Einstellung gegenüber der Sozialtheologie vgl. unten im dritten Kapitel den Abschnitt "Das Verhältnis von Theologie und Sozialwissenschaften". 57 Vgl. Ethik, 17 -21; vgl. auch: Ders., Die Ethik des Thomas von Aquin, in: Ökonomie, Politik und Ethik in Thomas von Aquins "Summa theologiae". Vademecum zu einem Klassiker der Wirtschaftsethik. Hg. von H. C. Recktenwald u. a., Düsseldorf 1991, 23-32. 58 Vgl. den Kommentar von UlZ in DThA 11, 497 f. 59 STh 1-11 94, 2; 11-11 79, 1. - Utz äußert Kritik an der Scholastik, da sie dem Mißverständnis dieses obersten allgemeinen Prinzips als einer rein formalen Kategorie Vorschub geleistet hätte (vgl. DThA 18,439).

IV. Das Verhältnis zur allgemeinen Ethik

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nis, das Objekt mit dem Sein als solchem nicht mehr deckt. Das Gute tritt nur insofern als äußere Größe an den Menschen heran, als das allgemeine Gute vom Sein als "primum cognitum" der praktischen Vernunft vorgegeben wird und darum in seiner Universalität als Absolutes apriorischen Charakter besitzt. Das von Utz als sittliches Urphänomen angesprochene Verantwortungsbewußtsein 60 ist jedoch nic~t als identisch mit der Freiheit zu betrachten, da diese noch nicht Verpflichtungscharakter besitzt. Die mögliche philosophische Kritik, hier werde ein psychisches Faktum, das sittliche Verantwortungsbewußtsein, in den Rang eines Absoluten erhoben, es biete sich daher lediglich die Lösung Kants an sie erklärt das Sittliche zum Ursachlosen, damit zum Absoluten, und setzt es mit der schöpferischen Freiheit gleich - wird von Utz abgewiesen. "Das absolut geltende Verantwortungsbewußtsein ist ein erfahrbares, nicht weiter ableitbares und darum evidentes Phänomen, eine Tatsache des menschlichen Bewußtseins überhaupt, d. h. des Bewußtseins, das zum Wesen des Menschen gehört."61 Die Freiheit ihrerseits bleibt an dieses Verantwortungsbewußtsein gebunden. 62 Der oberste Imperativ, das Gute ist zu tun und das Böse zu meiden, ist nach Utz, der hier ganz in der Tradition des Thomas steht, das Resultat eines naturhaften Vorgangs. Dieser Imperativ ist jedoch nicht angeboren, sondern ergibt sich erst aus der ersten und obersten Erkenntnis, nämlich der des Seins. Er erfolgt aber spontan, daher reiht Thomas ihn dem Habitus ein. 63 Die Funktion eines Habitus ist es, eine menschliche Potenz - sei es eine solche der Erkenntnis oder des Strebens - so zu disponieren, daß sie das ihr real zugehörige Objekt quasi naturaliter, d. h. spontan erfaßt oder anstrebt. Da der Wille von Natur aus auf das real Gute eingestellt ist, ist es nicht anders denkbar, als daß die praktische Vernunft aufgrund der theoretischen Erkenntnis des allgemeinen Seins unter dem naturhaften Druck des Willens spontan den Imperativ formuliert, das Gute sei zu tun, das Böse zu meiden. Auf diese Weise wird das oberste praktische Prinzip durch die Vernunft, nicht durch den Willen, imperativisch ausgesprochen. Da das oberste praktische Prinzip nicht wie z. B. die Tugenden durch lange Erfahrung und Übung erworben werden muß, hat ihm Utz mit Thomas den Namen "Gehaben der Urs ätze" (habitus principiorum) gegeben. 64 Es scheint, als akzeptiere Utz vorbehaltlos die Konzeption des Sittlichen als eines psychischen Phänomens. Über die logischen Konsequenzen dieser Erklärung des Sittlichen - die Partizipation des absoluten Imperativs an einer existierenden absoluten Vernunft wird zwingend vorausgesetzt - ist er sich im klaren. 65 60

Vgl. die Darstellung des Gewissens in: Ethik, 143-145.

61 Ethik, 19. 62 "Die Freiheit des Menschen erscheint somit nicht als ein Wert, sondern als Realisie-

rungsfaktor der Werte." (SE III, 13) 63 Vgl. DThA 11, 496 f. 64 V gl. ebd. 493 ff. 65 "Die Weltanschauung bestimmt bereits die einfache Darstellung des Sittlichen als Phänomen". (Ethik, 14)

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

Der kantische Ausweg einer transzendentalen Freiheit stellt für ihn keine akzeptable Alternative dar, da über bloß formalisierte Ideen "als solche" keine ,realistisehe', wirklichkeitsnahe Ethik möglich wird. 66 Andererseits können jedoch auch Zweckmäßigkeitsüberlegungen nicht den absoluten imperativen Gehalt des Verantwortungsbewußtseins begründen. Utz charakterisiert in seiner "Ethik" dieses als das Urgewissen, als das Bewußtsein der Pflicht, das Gute zu tun und das Böse zu meiden. 67 Die Sittlichkeit löst sich somit nicht in Bewußtseinsinhalte auf, die individuell ganz verschieden sein können und sich einer universalen Ethik verschließen. Der Gesichtspunkt der Pflicht ist es letztlich, der eine rein psychologische Analyse der Sittlichkeit bei Utz verhindert. b) Das methodische Vorgehen der Ethik

Wie sieht nun die Methode der Ethik aus? Das sittliche Bewußtsein erschließt sich zwar teilweise bereits im wissenschaftlich erfaß- und beschreibbaren psychischen Werde- und Reifungsprozeß des heranwachsenden Menschen, es manifestiert sich auch in der Kultur bzw. den Wertvorstellungen, es bedarf jedoch zur Erfassung des Sittlichen der vertiefenden, über das Deskriptive hinausreichenden inneren Erfahrung. Utz spricht hier das individuelle innere Erleben des Handlungsablaufes an. Der Mensch stellt fest, daß er seine sittlichen Entscheidungen in Abhängigkeit von einer durch das Verantwortungsbewußtsein vorgestellten Norm fällt. Die Allgemeingültigkeit dieser inneren Erfahrung ist davon abhängig, "ob wir das Verantwortungsbewußtsein gegenüber der Norm als so unmittelbar und ursprünglich mit unserm Personsein, mit unserm Menschsein zusammenhängend empfinden, daß wir zur Erkenntnis kommen, bestimmte Normen gelten für alle Menschen in gleicher Weise, wenn wir sie überhaupt als Menschen, als innerhalb der menschlichen Gesellschaft sinnvoll Handelnde bezeichnen wollen. "68 Mit Aristoteles kennzeichnet Utz die Aufgabe der Philosophie als Aufweis derjenigen Prinzipien, ohne die unser Denken und Handeln sinnlos würde. Die Prinzipien selbst sind durch sich evident und darum nicht beweisbar. 69 Analog 66 Zur Verschiedenheit zwischen aristotelisch-thomasischer und kantischer Ethik vgl. L. Honnejelder, Die Begründbarkeit des Ethischen und die Einheit der Menschheit, in: Die Welt für morgen. Ethische Herausforderungen im Anspruch der Zukunft. Hg. von G. W. Hunold und W. Korjf, München 1986,315-327; Ders., Praktische Vernunft und Gewissen, in: Handbuch der christlichen Ethik. Hg. von A. Hertz u. a., III, FreiburgBasel-Wien 1982, 19-43. 67 Vgl. Ethik, 137 ff. 68 Ethik, 17 f. Man beachte in diesem Kontext die Analyse der Bewußtseinstatsachen bei J. Messner, Kulturethik mit Grundlegung durch Prinzipienethik und Persönlichkeitsethik, Innsbruck 1954, 8 ff.; vgl. dazu G. Höver, Erfahrung und Vernunft. Untersuchungen zum Problem sittlich relevanter Einsichten unter besonderer Berücksichtigung der Naturrechtsethik von Johannes Messner, Düsseldorf 1981, 123-125. 69 Vgl. die Rede von den obersten Anfangen des Wissens, bei denen man nicht nach dem Warum forschen dürfe, weil jeder dieser Anfange durch sich selbst zuverlässig sei:

IV. Das Verhältnis zur allgemeinen Ethik

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zur theoretischen Philosophie - Utz nennt als Beispiel das Widerspruchsprinzip - erkennt er auch im Bereich der praktischen Vernunft die Existenz solcher evidenter Prinzipien an. So kann das sittliche Verantwortungsbewußtsein ohne das Prinzip "Das Gute ist zu tun, das Böse ist zu meiden" nicht bestehen. Das Bewußtsein selbst ist auch nicht mehr beweisbar bzw. kritisierbar, da es hierfür eines den Menschen transzendierenden Verantwortungssubjektes bedürfe, welches das sittliche Apriori als Aposteriori u. U. zu entlarven hätte. Mit Kant hält Utz am Absolutheitsanspruch des sittlichen Imperativs fest, gegen Kant fordert er ihn nicht als ein lediglich logisches Postulat, sondern ordnet ihn dem unmittelbar erfahrbaren, also evidenten Verantwortungsbewußtsein zu. Ethik kann diesen Imperativ nicht beweisen, aber sie kann seine Manifestationen analysieren. Der erlebten Evidenz der inneren Erfahrung kann nach der Ansicht von Utz die wissenschaftliche Akzeptanz nicht abgestritten werden. 70 Eine moralische Norm ist solange korrekt, d. h. gut, als sie eine korrekte Fortsetzung des ersten Imperativs ist, d. h. als der Wille die Vernunft stützt in der Findung der praktischen Wahrheit, wobei unter praktischer Wahrheit die den Seinsnormen entsprechende Konkretisierung zu verstehen ist. Solange der Wille seine von Natur gegebene Seinsorientierung beibehält, kann das Urteil der praktischen Vernunft nur als moralisch gut bezeichnet werden, obgleich die Vernunft sich unter Umständen irren mag. Man erkennt hier deutlich, daß die praktische Wahrheit nicht die gleiche ist wie die theoretische, eine Unterscheidung, auf die Thomas größten Wert gelegt hat. 71

c) Die weitere Entfaltung der erfahrungsgeleiteten Normbegründung Zu den wohl ergiebigsten AufsätzenA. F. Utz' in bezug auf erkenntnistheoretische Fragestellungen dürfte zweifellos ein 1980 publizierter Vortrag mit dem Titel "Erkenntnistheoretische Anmerkungen zur Frage der Trennung von empirischer und philosophischer Gesellschaftswissenschaft" zählen. 72 Utz stellt auch hier das Problem der Normbegründung in die Mitte seiner Überlegungen. Eine verantwortete Gesellschaftspolitik läßt sich nur als eine normgeleitete vorstellen. Das Abgleiten in eine reine Machtpolitik ist sonst unvermeidlich. Bei der Suche nach handlungsleitenden Normen forscht der die bisherigen, erfahrungsmäßig abrufbaren wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen analysierende Politiker Aristoteles, Topik 1. 1, lOOb 19-21; zum Thema siehe auch R. Laun, Der Satz vom Grunde. Ein System der Erkenntnistheorie, Tübingen 21956; H. Seidl, Über die Erkenntnis erster, allgemeiner Prinzipien nach Thomas von Aquin, in: Thomas von Aquin. Werk und Wirkung im Licht neuer Forschungen. Hg. von A. Zimmermann, Berlin 1988, 103116. 70 Vgl. Ethik, 20. 71 Vgl. DThA 11,564 f. 72 In: Gesellschaftspolitik mit oder ohne Weltanschauung? Hg. von der Internationalen Stiftung Humanum, Bonn 1980, 227 - 243; zitiert wird nach dem Wiederabdruck in: Ethische und soziale Existenz, 10 - 22. 4 Kettern

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

zumindest implizit nach einer situations unabhängigen, den reinen Pragmatismus überwindenden und damit eine stabile Politik gewährleistenden Norm. Utz fragt nach der Möglichkeit einer Norm, die akzeptiert zu werden verspricht. Ihre Begründung muß auf die Erfahrung zurückgreifen; unklar ist noch das Maß an Erfahrung, das zur Erkenntnis dieser Norm notwendig ist: "Das ist also das Problem: wieviel Erfahrung brauchen wir, um Zeiten überspannende Normen zu finden, die zu einer stabilisierenden GesellSChaftspolitik gehören?"73 Einen Ansatz zur Lösung des Problems sieht Utz im Rückgriff auf Überlegungen, wie sie bereits Aristoteles formuliert hat. Mit dessen Position setzte sich später der Empirismus kritisch auseinander und entwarf eine Gegenposition. Beide Stränge der Tradition wählt Utz als Folie seiner eigenen Auffassung. Die grundsätzliche Bedeutung des Aristoteles bestand darin, daß er die Rolle der Erfahrung bei ethischen Überlegungen erkannt hat. Anders als dem platonischen Idealismus gelang Aristoteles auf diese Weise die Verknüpfung von Ethik und konkreter Wirklichkeit. Ausgehend vom sozialen Primärkreis der Familie, erfaßte er die Organisation von Gemeinde und Staat. Für ihn handelte es sich bei dieser Denkoperation um die universal gültige Erfahrung, daß die Familie die Keimzelle für das menschliche Zusammenleben im Staatswesen darstellt. Diese Erfahrung bezeichnet Utz als "einfache Erfahrung". 74 Bedeutsam ist es nun, daß der Stagirite aufgrund dieser Erfahrung auch die Einsicht gewinnt, der Mensch sei wesentlich sozial. In dieser Einsicht wurzelt nun wiederum die aristotelische Lehre vom Gemeinwohl als der Norm der Gesellschaft. Mittels der "Schau in die eigene Seele" enthüllt sich Aristoteles das Wesen und die Zielgerichtetheit des menschlichen Strebens. Utz gebraucht für diese erschließende Erfahrung den Begriff der vorwissenschaftlichen Erfahrung. 75 Anders als Aristoteles kennt der Empirismus keine derartige Seelenschau. 76 Das liegt zunächst einmal daran, daß man die aristotelische Erfahrungsbasis als nicht ausreichend betrachtet. Die Natur des Menschen läßt sich nach dem Urteil moderner Sozialwissenschaftler nicht auf diese Weise ermitteln. Damit verzichten diese Wissenschaftler jedoch nicht auf die Suche nach stabilen sozialen Verhaltensweisen. Ihr Bemühen vermag lediglich in der Aufstellung einer Theorie enden. Universal gültige Normen, wie sie die metaphysische Wesenserkenntnis glaubt aufstellen zu können, vermag die empirische Sozialwissenschaft nicht anzuerkennen. Der hinter dieser Haltung stehenden wissenschaftlichen Selbstbeschränkung zollt Utz Respekt; Kritik meldet er in bezug auf die Verabsolutierung dieser empirischen Erkenntnisweise an. Sittliche Normen erheben einen absoluten 73 Ethische und soziale Existenz, 11. 74 Vgl. Ethische und soziale Existenz, 11. 75 Zum Begriff der Erfahrung bei Aristoteles vgl. G. Höver, Erfahrung und Vernunft, 25-30. 76 Im übrigen leitet Utz aus der inneren Erfahrung keine Wesenserkenntnis ab, sondern nur die moralische Evidenz des obersten Prinzips.

IV. Das Verhältnis zur allgemeinen Ethik

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Anspruch auf allgemeine Verbindlichkeit, aus diesem Grund entsprechen sie nicht dem Theoriemodell mit seiner hypothetischen Gültigkeit. 77 Der Hinweis auf die von Utz getroffene Voraussetzung: "jede gesellschaftlich relevante Norm" muß "unter ihrem sozialen wie unter ihrem individuellen Betracht vom handelnden Menschen sittlich verantwortbar sein", verdient besondere Aufmerksamkeit. Die beiden Aspekte sind grundsätzlich nicht zu trennen. Die Universalität der von einem in der Verantwortung stehenden Politiker gesuchten Norm erweist sich im Nachweis der dem Menschen wesentlichen Sozialnatur. In seinem sittlichen Wollen muß der Mensch das Ziel der Gesellschaft mit einbeziehen. Damit ist diese Norm sozial und sittlich zugleich. Sie ist nicht nur individuell sittlich, sondern auch sittlich soziales Ordnungsprinzip des Ganzen. Demgegenüber vermögen die empirischen Sozialwissenschaften nur die Resonanz sittlicher Anforderungen in der Gesellschaft aufzuzeigen, nicht diese etwa zu begründen. Mit diesen Überlegungen erstellt Utz die Ausgangslage für seine Diskussion der Normgewinnung aus der Wirklichkeit. Kein formaler Imperativ, summiere er auch noch so viele Einzelimperative der Gesellschaftsglieder, vermag die Doppe1seitigkeit der oben beschriebenen sittlichen Norm als der Gesellschaft vorgeordnet zu begründen. Utz negiert jede Kreation dieser Norm, sie muß als "vorgegebener, real gültiger Wert und Auftrag irgendwie in der Wirklichkeit auffindbar sein."78 Utz spricht damit das schwer zu erfassende Verhältnis von Ethik und Wirklichkeit an und diskutiert es vor dem Hintergrund des kantischen Ansatzes. Auch Kant hatte sich dieser fundamentalen Schwierigkeit gestellt. Für ihn war, wie wir gesehen haben, das Wirkliche immer begrenzt aufgrund seiner Konkretheit. Erfahrung ist deshalb nach Kant ein Bestandteil der Kausalordnung. Der Versuch der Begründung der Ethik auf Erfahrungserkenntnisse mündete für den Königsberger Philosophen immer in einen infiniten Frageprozess. Kant akzeptierte nicht die letzte Verankerung der Erfahrungserkenntnis in der göttlichen Endursache als wissenschaftlich vertretbare Lösung. Darauf macht auch Utz aufmerksam: "Die Wirklichkeit kann gemäß Kant höchstens die Bedingung dafür sein, daß der absolute Imperativ der Verantwortung möglich wird."79 Den Inhalt der Handlungsnorm kann man nach Kant nicht aus einem Sachverhalt erschließen. Damit ist eine reale Definition der in der Wirklichkeit gültigen Norm nicht mehr möglich. Lediglich die Bedingungen für ein verantwortetes Handeln des Menschen lassen sich aus dem Wertempfinden als solche konstatieren. 77 Utz behandelt in diesem Zusammenhang (vgl. Ethische und soziale Existenz, 12) den Selbstwiderspruch einer "wertneutralen" Gesellschaft. Negiert man eine der Gesellschaft vorgeordnete Norm (Ulz denkt hier an das Gemeinwohl) und summiert man lediglich die in der Gesellschaft vorfindbaren individuellen Normvorstellungen, so wird es unmöglich, gesellschaftszerstörenden Kräften entgegenzuwirken. Die wertneutrale Gesellschaft spricht im Verzicht auf die dem individuellen sittlichen Bereich übergeordneten sozialen Normen eine Option auf die eigene Zerstörung aus. 78 Ethische und soziale Existenz, 13. 79 Ethische und soziale Existenz, 14.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

Die Konsequenzen einer solchen Auffassung im Rechtsbereich werden von Utz an Kelsens Rechtsdefinition verdeutlicht. Es kommt zu einer positivistischen Aushöhlung des Rechtsbegriffs. Da die Moral vollkommen getrennt wird vom Recht, definiert die "Reine Rechtslehre" das Recht ausschließlich als Zwangsordnung. "Angewandt auf die Wirklichkeit wird nun jegliche soziale Zwangsordnung als rechtliche Ordnung bezeichnet, ob es sich um eine Diktatur oder um eine Demokratie handeln mag." 80 Es ist offensichtlich, daß mit einer solchen Rechtsdefinition die Frage nach der materialen Gerechtigkeit bzw. der sittlich verantwortbaren Entscheidung ausgeklammert ist. Recht impliziert nicht mehr einen Inhalt, der der sozialen und individuellen Zweckbestimmung des Menschen entspricht. Die Rede vom in der Natur verankerten Inhalt des Rechts, verstanden als dem Wesen des Menschen, erübrigt sich. Auch Utz wählt, ähnlich wie Kelsen, die Bestimmung des Rechts als einer konkret wirksamen Norm zum Ausgangspunkt seiner rechtsphilosophischen Überlegungen; damit wird die ,Wirksamkeit' zu einem Wesensbestandteil des Rechts: "Das Recht ist darum wesentlich Zwangsordnung."81 Utz wendet sich damit gegen eine Vielzahl von Neuscholastikem. Allerdings führt die weitere Entwicklung dieses Ansatzes zu erheblich anderen Folgerungen, als sie Kelsen zieht. Nimmt man nämlich im Hinblick auf das Naturrecht das ewige Gesetz als Grundnorm für die irdischen Rechtssysteme 82 an, so erhebt sich die Schwierigkeit, dessen soziale Wirksamkeit nachzuweisen. Utz führt aus, daß die Wirksamkeit des Rechts nicht notwendigerweise mit der Vorstellung einer konkreten Sanktion identisch sei, Wirksamkeit besage in erster Linie Sanktionspotenz, d. h. die Macht, eine Strafe androhen zu können. Überträgt man den Gedanken von der Sanktionspotenz auf das ewige Gesetz und das sich aus ihm ergebende Naturrecht, so besteht dessen Wirksamkeit aus der "durch das Gewissen ausgesprochenen Approbation oder Reprobation einer gesetzten Handlung". 83 Ein Handeln gegen das Gewissen hat im personalen Bereich den "Verlust der naturhaften Vollendung im Gefolge", 84 im gesellschaftlichen Bereich kann es dagegen zum Verfall der öffentlichen Moral und letztlich zum Ruin des Volkes führen. 85 Utz weiß jedoch 80 Ethische und soziale Existenz, 14. 81 SE 11, 46; vgl. Kelsen. Reine Rechtslehre, 34-59. 82 Vgl. SE 11, 66. Utz weist mit Blick auf die letzte Untersuchung des Rechts als eines Normgefüges auf die Notwendigkeit hin, eine Grundnorm zu finden, "die nicht schon Recht ist, weil der Prozeß sonst in infinitum weiterginge" (ebd. 67). Die metaphysische Analyse des Rechts erklärt "das Gewissen zur unmittelbaren Norm" (ebd. 69) und findet damit als letzte Grundlage des Rechts das absolute Sein als Prinzip des sich im natürlichen Gewissen offenbarenden ewigen Gesetzes. Utz vertritt damit eine seinsorientierte RechtsbegTÜndung. nach der die alles irdische Recht bestimmende Grundnorm als "die Anordnung des göttlichen Intellektes" zu verstehen ist, "welche die in der Natur niedergelegte Zweckordnung zu beachten vorschreibt." (ebd. 71) 83 SE 11. 100. 84 SE 11, 101 (Bereich des sittlichen Naturgesetzes). 85 Vgl. SE 11, 102 (Bereich des rechtlichen Naturgesetzes).

IV. Das Verhältnis zur allgemeinen Ethik

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um die Schwäche der rechtlichen Sanktion des Naturgesetzes: "Allerdings wird der eigentliche Sünder, nämlich der Träger der sozialen und politischen Verantwortung, verhältnismäßig selten auf dem Wege der natürlichen Entwicklung zur Übernahme der ihm gebührenden Strafe gezwungen. Die individuelle rechtliche Sanktion des Naturgesetzes ist darum im diesseitigen Raum sehr schwach. Das weist darauf hin, daß das positive Gesetz, abgesehen von seiner Funktion als neue Rechtsquelle, als Stütze des Naturgesetzes eine naturrechtliche Notwendigkeit ist." 86

2. Die ganzheitliche Abstraktion Utz untersucht, wie dargestellt worden ist, die Normgewinnung aus der inneren Erfahrung der praktischen Vernunft. Wissenschaftlich überprüfbar ist allein die äußere, meß- bzw. erfaßbare und damit auswertbare Erfahrung, wie sie Grundlage der Naturwissenschaften und der empirischen Sozialwissenschaften ist. Angewendet auf Inhalte wie z. B. moralische Normen erweist sich die empirische Methode aber als unzureichend. Hier hat die vertiefende innere Erfahrung ihren Sitz im Leben. Sie äußert sich, wie Utz nachweisen kann, im Gewissen, d. h. im Wertbewußtsein. 87 "Diese innere Erfahrung wurde selbst von Kant, der sonst alle Inhalte aus dem apriorischen Imperativ ausschied, benützt, um die Differenz zwischen den Kausalwissenschaften (z. B. der Psychologie) und der Moral zu ermitteln. Die Motive einer Handlung wurden von Kant nicht als sittliche Phänomene angesehen, weil sie nicht absolut, sondern bedingt sind, sei es von irgendwelchen Empfindungen oder vom freien Willen stimuliert. Wenn jemand aus Pflicht und aus Selbstverantwortung handelt, dann darf er sich auf nichts berufen, darf keinen Grund, auch keine Zwecke angeben, um seine Verantwortung auf die ,Notwendigkeit' oder Zwänge von Sachverhalten abzuschieben, sondern muß in uneingeschränkter Freiheit schöpferisch entscheiden." 88 Kant löse mittels einer partiellen Abstraktion das Sittliche, d. h. die in Freiwilligkeit vollzogene Selbstübernahme von Verantwortung, unter Rückgriff auf die innere Erfahrung aus den sittlichen Handlungen heraus. Teilabstraktion meint hier diese Herauslösung des spezifisch Sittlichen aus dem Kontext einer menschlichen Handlung. Wird nun dieses Spezifikum als solches erkannt und somit universalisiert, erfasse man die grundsätzliche Voraussetzung für den moralischen Bereich. In bezug auf Kant handele es sich um die Erkenntnis, daß der Mensch als ein moralisches

SE II, 102. Vgl. zum Thema ,Gewissen': H. Weber, Eine neue Wende in der Wertung des Gewissens? Zu einem Problem der nachkonziliaren Entwicklung, in: TThZ 91 (1982), 18-33; E. Schockenhojf, Das umstrittene Gewissen, Mainz 1990; zur Systematik der Rechtsrelevanz des Gewissens im modemen rechtsstaatlichen Denken vgl. neben den kurzen Ausführungen von Utz (DThA 18, 443 f.) vor allem E. Mock, Gewissen und Gewissensfreiheit. Zur Theorie der Normativität im demokratischen Verfassungsstaat, Berlin 1983. 88 Ethische und soziale Existenz, 16. 86 87

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Wesen unabdingbar ein absolutes Pflicht- und Verantwortungsbewußtsein besitzen muß. Utz zieht den Schluß, daß Kant aus den an sich dem kausalen Raum zugehörigen Handlungen auf diese Weise doch ein universales Moment abstrahiert hat. 89 In ähnlicher Weise partiell abstrahierend verfahrt nach Ansicht von Utz die theoretische Nationalökonomie. Hier wird der Begriff der wirtschaftlichen Rationalität universalisiert. Für den theoretischen Raum läßt Utz dies angehen. Die Übertragung auf die Wirklichkeit kann jedoch nicht ohne weiteres geschehen. "Die Teilabstraktion entpuppt sich als das, was sie wirklich ist, nämlich als Erfassung eines Teilaspekts der Wirklichkeit, von dem aus man den Weg zur vollen Wirklichkeit nicht mehr zurückfindet."90 Die Lösung besteht deshalb für Utz in der Normgewinnung aus ganzheitlicher oder metaphysischer Abstraktion. Der Begriff ,metaphysisch' ruft, wie sich Utz bewußt ist, bei modernen Wirtschaftstheoretikern Unbehagen hervor. Sie verwenden, wenn überhaupt, nur die pointierend hervorhebende Teilabstraktion. Von daher ist es verständlich, daß Utz bemüht ist, Mißverständnisse bezüglich der metaphysisch-ganzheitlichen Abstraktion auszuschalten. "Metaphysisch wird eine Erkenntnis genannt, die in den Dingen eine Wesensform erfaßt, die für alle Einzelsubjekte gilt, so verschieden diese Einzelnen als einzelne sein mögen. Es handelt sich hierbei nicht um rein intelligible Wesenheiten, die nur als nominelle Erkenntnisbrücken im Sinn von Gedankenexperimenten im Hinblick auf die Erfahrung dienen, sondern um Realerkenntnisse."91 Im Gegensatz zum bloß isolierenden oder pointierend hervorhebenden Herauslösen eines sinnlich erfaßbaren Merkmales bedient sich die ganzheitliche Abstraktion zur Gewinnung dieser Realerkenntnisse eines zweistufigen Vorgehens: Zunächst wird das Wesenbafte sichtbar gemacht; dann wird es aus dem konkret Gegebenen herausgelöst. So verstanden ist das dem Verstand eigene Abstraktionsvermögen nicht allein eine Kraft des Trennens, sondern eine schöpferische Kraft, die im Sinnlichen das Wesenbafte aufleuchten läßt. 92 89 Ethische und soziale Existenz, 16. - Zur Utzschen Abstraktionstheorie vgl. neben den angegebenen Stellen auch die Ausführungen in: Die Marxistische Wirtschaftsphilosophie, Bonn 1982,40-44. 90 Ethische und soziale Existenz, 18. In Hinsicht auf Kant liegt das Problem in dem Postulat der Autonomie der Vernunft des einzelnen, die jedoch an den realen Ungleichheiten scheitert und nur im ideellen Bereich denkbar ist. Die ethische Finalität des gesellschaftlichen Zusammenlebens wird vollständig ausgeblendet. Diese allein aber ist in der Lage, Sinnwidrigkeiten der konkreten gesellschaftlichen Praxis aufzuzeigen und zu beseitigen. 91 Utz, Die Marxistische Wirtschaftsphilosophie, 40. 92 Wie sich Utz dieses Verfahren in konkreter Anwendung vorstellt, verdeutlicht er anband der metaphysischen Defmition des der menschlichen Natur entsprechenden Wirtschaftssystems (Die Marxistische Wirtschaftsphilosophie, 41 ff.). In Abgrenzung gegenüber dem liberalen Kapitalismusverständnis auf der einen und dem Marxismus auf der anderen Seite werden die soziale Finalität sowohl der Güterwelt als auch der menschli-

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Die ganzheitliche Abstraktion vermag über den kategorischen Imperativ hinaus etwas Absolutes und Allgemeingültiges zu gewinnen. Normen werden zwar unter den verschiedenartigsten kulturellen Bedingungen formuliert. Man könnte deshalb auf einen Kulturkreisrelativismus schließen. In Anlehnung an Thomas von Aquin hält Utz jedoch an der Vorstellung von universal gültigen Normen, die in jeder Erkenntnis, ob bewußt oder unbewußt, sachlich impliziert sind, fest. "Wenn der Mensch seine Werte auch nur in Konfrontierung mit einer konkreten Situation erkennt und ebenso formuliert, so transzendiert er doch das Konkrete im Hinblick auf die aus seiner Natur nicht zu beseitigenden ~xistentiellen Zwecke."93 Nun stellt Utz auch in der Gesellschaftslehre von Karl Marx eine geschlossene Logik im normativen Denken fest. Die Voraussetzung dieser Logik ist der marxistische Begriff der Natur, die Marx in materialistischer Umkehrung des idealistisch konzipierten objektiven Geistes Hegels als generische Natur versteht, die der konkret sich entwickelnden Menschheit zugrundeliegen soll. Auch der marxistischen Denkweise fehlt wie der idealistischen die totale Abstraktion, wie sie Utz gegenüber dem neokantianischen Idealismus vertritt. 94

3. Die analoge Erkenntnis der Normen Utz ergänzt seine Ethikkonzeption noch um ein weiteres Element. Seine Feststellung, daß das Maß der zur Gewinnung einer universal gültigen Norm notwendigen Erfahrung von bestimmten Faktoren abhängig ist,9S darf nicht übersehen werden. "Diese Differenzierung ist in der Art und Weise begründet, wie analog ein Wert ist, analog zur existentiellen Verwirklichung der sowohl individuellen wie sozialen Natur des Menschen. ( ... ) Die Fül.le dieser Analogie werden wir niemals ganz ausschöpfen."96 Aus diesem Grund besitzen die Handlungsprinzipien nicht jene universal gültige Formulierung, die ihnen eigentlich als Prinzip zukommen sollte. Die Normen sind in ihrer hohen Abstraktion jedoch universal gültig, weil sie aus der Natur des Menschen und seinem Ziel entnommen sind. Ihre Formulierungen sind allerdings in einem gewissen Sinne noch vorläufig, insofern sie in der Anwendung auf konkrete Verhältnisse neu verifiziert werden müssen. Die innere Werterfahrung belehrt den Menschen im praktischen Leben über das, was noch in den universalgültigen Normen enthalten ist oder sein kann. ehen Natur aufgezeigt. Die pragmatische Indienstnahme des das tatsächliche menschliche Handeln dominierenden Eigeninteresses für das Gemeinwohl erfordert nach Utz eine privatwirtschaftliche Wirtschaftsstruktur (Produktivmitteleigentum). Die Effizienz der Wirtschaftsordnung wird dabei aber nicht zum allein ausschlaggebenden Kriterium, sondern sie bedarf der Einbindung in die umfassende soziale Finalität des wirtschaftlichen Handeins. 93 Ethische und soziale Existenz, 20. 94 Vgl. Utz, Die marxistische Wirtschaftsphilosophie, 27·32. 9S Vgl. Ethische und soziale Existenz, 20. 96 Ebd.20.

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Solchennaßen entwickelt die praktische Vernunft die in der Natur liegende existentielle Ordnung. Auf diese Weise gewinnt der Mensch z. B. folgende Grundeinsichten: Die Entfaltung des Menschen bzw. seiner Anlagen erschöpft sich nicht in der Nutzung der materiellen Güterwelt; der Mensch bedarf zu seiner Selbstverwirklichung einer irgendwie zu fassenden Arbeit oder Tätigkeit; er braucht eine Freiheitszone zur Entfaltung seiner Persönlichkeit, USW. 97 Messner hat diese durch die praktische Vernunft erworbenen universal gültigen Nonneneinsichten "synthetische Urteile apriori" genannt. 98 Es sind die Wertforderungen der praktischen Vernunft. Mit dem Begriff der analogen Erkenntnis stößt Utz mitten ins Zentrum der Seinsphilosophie vor. 99 Der Vergleich der verschiedenartigen Seienden ist nur vor dem Hintergrund des allen gemeinsamen Seins möglich. Das Sein selbst ist zugleich das Allgemeinste und undefinierbar. Dennoch bildet es den Kern der Realerkenntnis. Dieser theoretischen Seite entspricht in der Welt der Nonnen "die unabweisliche Beziehung jeder freien Entscheidung zu den unaustilgbaren Zwecken der menschlichen Natur. Die Beziehung ist objektiv wie das Ziel objektiv, d. h. vorgegeben ist." 100 Die Prüfung der Wirklichkeit vor dem Licht der existentiellen Zwecke kann bei sorgfaltigem Vorgehen zu allgemeingültigen Ergebnissen führen. Diese bedürfen in ihrer konkreten Ausfonnulierung aber des gesellschaftlichen Dialoges. Utz betont daher mit Nachdruck die notwendige Berücksichtigung der äußeren Erfahrung bei der Anwendung dieser Nonnen auf die soziale Umwelt. Es handelt sich um einen sehr schwierigen Klärungsprozeß. Zum einen deswegen, weil die Analogie auf der Ebene der sozialen Nonnen einen großen Spielraum möglicher Anwendungen bzw. Konkretionen zuläßt, zum anderen aus dem Grund, weil die Berufung auf als bindend erkannte Werte nicht allgemein anerkannt und deshalb für den einzelnen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann. Wichtig ist aber die Feststellung von Utz, daß der im Dialog gewonnene Konsens als solcher nicht die Nonnativität begründet. IOI Die Abhängigkeit der konkreten Nonn von der Willensrichtung besagt keineswegs, daß der Mensch seine Willenshaltung nicht überprüfen kann. Es ist das Urgehaben selbst, das als Urgewissen feststellt, ob die freie Entscheidungsmacht den ursprünglich sachgerichteten Willen verbogen hat. Diese Reaktion des Urgewissens ist das, was man im Leben mit "Gewissen" bezeichnet: die Reaktion des Urgewissens auf eine konkrete Entscheidung. Nur daraus erklärt sich die Reue über eine nicht zu rechtfertigende moralische Entscheidung. Hier liegt der Vgl. Ethische und soziale Existenz, 20 f. Vgl. J. Messner, Kulturethik mit Grundlegung durch Prinzipienethik und Persönlichkeitsethik, Innsbruck 1954,237 -263. 99 Zum Begriff der Analogie vgl. J. Barion, Über die Bedeutung der Analogie für die Metaphysik, in: PhI 49 (1936), 30-48. 100 Ethische und soziale Existenz, 2l. IOI Vgl. ebd. 97 98

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Grund, warum der Mensch jederzeit über seine konkrete Normsituation hinaus eine Rückbesinnung auf den eigenen Normenprozeß vornehmen und den verfolgten Weg kritisch überdenken kann. Das ist der Weg zurück zur Natur des die Zeit übersteigenden Normbewußtseins, zu dem, was man als oberstes Naturgesetz zu bezeichnen hat. 102 Utz wendet sich damit gegen die These, nach der jede Epoche ihr unabwendbares Wertbewußtsein hat, das jeder Kritik enthoben sei. Gleichzeitig weist er die Vorstellung vom sogenannten Kulturkreisrelativismus zurück, der die Wertvorstellungen kennzeichnet. Die Möglichkeit, das eigene Wertempfinden wie auch das der Gesellschaft durch Rückbesinnung auf die natürliche Grundnorm des menschlichen Wertbewußtseins kritisch zu beurteilen, schützt vor jeglichem Relativismus und vor falschen Entscheidungen in der Zukunft.

4. Unterschiede zur thomasischen Argumentation In der Fortsetzung des ersten praktischen Imperativs in die konkrete Norm im Hinblick auf eine hic et nunc zu fällende moralische Entscheidung geht Utz differenzierter vor als Thomas. Utz unterscheidet streng zwischen Normen, die auf einer metaphysischen Abstraktion gründen, und solchen, die eine gewöhnliche allgemeine Erfahrung zugrundelegen, ohne eigentliche Wesensaussagen zu enthalten. Thomas erklärt z. B. im Anschluß an Aristoteles die wesentliche Sozialität des Menschen aus der einfachen, alltäglichen Erfahrung, daß der Mensch der Hilfe des Mitmenschen bedürfe, ohne philosophisch nachzuweisen, daß aus der Natur des Menschen als solcher die Sozialität folge. 103 Nur wenn dieser Nachweis aus der Natur des Menschen gelingt, kann möglichen Einwänden begegnet werden. Auch für den Fall, daß ein einzelner der Mithilfe seiner Mitmenschen nicht bedarf, bleibt er stets sozial verpflichtet. Utz schloß sich im ersten Band seiner "Sozialethik" noch der Argumentation des Thomas an. Später, in den Vorlesungen der siebziger Jahre 104, folgerte er aus der spezifischen Gleichheit und individuellen Verschiedenheit aller Menschen, also aufgrund einer metaphysischen Argumentation, daß der einzelne notwendigerweise eine Teilfunktion innerhalb der species humana zu übernehmen habe, d. h. verpflichtet sei, sich mit den Mitmenschen in ein allen vorgegebenes Gemeinwohl einzuordnen. 105 Vgl. Ethik, 143-145. Vgl. dazu unten das vierte Kapitel über die Sozialnatur des Menschen. Die relevanten Thomas-Texte bezüglich der Sozialnatur des Menschen sind im ersten Anhang von SE I, 341 - 350 zusammengestellt. 104 Die Manuskripte dieser Vorlesungen wurden dem Verfasser der vorliegenden Arbeit im Frühjahr 1990 dankenswerter Weise von Herrn Prof. Utz zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Eine Kurzfassung der in diesen Vorlesungen entwickelten philosophischen Begründung der menschlichen Sozialität veröffentlichte Utz im Herbst 1990: Die menschliche Natur als Grundlage der Sittlichkeit, in: gpk 31 (1990), 179 - 181; Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, in: gpk 31 (1990), 223 - 226. 102

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Andererseits lehnt es Utz ab, absolute Nonnen so zu fonnulieren, daß sie in einem konkreten Fall ihre Gültigkeit verlieren, also eine Ausnahme von der Nonn zulassen. Während sich bei Thomas bereits andeutet, daß die Forderung, geliehenes Gut zurückzugeben, nicht mehr absolut fonnuliert wird, 106 führt Utz die philosophische Begründung für diese Einschränkung weiter aus. Zugleich weist er auf die Schwachstelle der scholastischen Argumentation hin: "Die Scholastiker begründeten diese Ausschaltung [gemeint ist die Verweigerung der Rückgabe, wenn der rechtmäßige Eigentümer mit dem Gut Unheil anzurichten droht, B. K.] durch den Hinweis, daß hier ein ,defectus materiae' für die Anwendung des Prinzips vorläge. Aber eine solche Erklärung scheint ein Beweis dafür zu sein, daß die Moralprinzipien nicht allgemeingültig und darum auch keine Prinzipien sind. So wie die Scholastiker die Prinzipien aufstellten, handelt es sich lediglich um Gedächtnisstützen und Hinweise für Regelfalle. Prinzipien für Regeifalle sind aber reine Erfahrungsgrundsätze, die mit einem absoluten Imperativ nichts mehr gemein haben, darum auch nicht Moralprinzipien genannt werden können." 107 Die eigentlich philosophisch-erkenntnistheoretische Begründung der Moralprinzipien wurde von den Scholastikern 108 nicht hinreichend erfaßt. "Das Prinzip ,Geliehenes Gut ist dem Eigentümer zurückzuerstatten' muß von vornherein so fonnuliert werden, daß der Fall des ,defectus materiae' darin verwoben ist: Geliehenes Gut ist dem rechtmäßigen Eigentümer zurückzuerstatten, wobei als rechtmäßiger Eigentümer nicht nur der Titulareigentümer verstanden ist, sondern zugleich auch der Eigentümer, der im Sinne der Güter- und Eigentumsordnung rechten Gebrauch davon macht." 109 Selbst bei dieser Fonnulierung sieht Utz noch die Notwendigkeit zusätzlicher Bestimmungen gegeben. So bliebe zu klären, was der Begriff ,rechter Gebrauch' besage und wer die Befugnis besitze, den Gebrauch als ,recht' oder ,unrecht' zu bezeichnen. "Das Beispiel zeigt, daß die Moralprinzipien, wenn man sie einigennaßen korrekt fonnulieren wollte, die ganze Fülle des Lebens mit anvisieren sollten ( ... ) Sie sind analoge Prinzipien ( ••• )".110

Utz steht, wie hier deutlich wird, dem Versuch, univoke Nonnen oder Wesensdefinitionen zu fonnulieren, zurückhaltend gegenüber. Im dritten Band seiner "Sozialethik" behandelt er u. a. die Frage, ob es eine univoke oder eine analoge 105 Thomas hat beispielsweise die Einehe nicht aus dem einmaligen und unteilbaren Wesen der Person abgeleitet und darum die Naturwidrigkeit der Polygamie als offene Frage stehen gelassen, während Utz vom metaphysischen Begriff der Person ausgeht und darum zur absolut geltenden moralischen Norm der Einehe kommt (vgl. Ethik, 138 f.). 106 Vgl. z. B. STh I-lI 94,4; lI-lI 57, 2 ad 1. 107 Ethik, 147 f. 108 Utz nennt (ebd.) keine bestimmten Vertreter; seine Kritik betrifft aber auch, wie eindeutig aus dem Kontext hervorgeht, Thomas. 109 Ethik, 148. 110 Ethik, 148.

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Definition der Natur der Ehe gibt. 111 Utz sieht den grundlegenden Sachverhalt für die Definition der Ehe nicht in der biologischen Seite der Geschlechtlichkeit, sondern in jener Geschlechtlichkeit, "welche der natura humana das geschlechtliche Gepräge gibt und die Person in ihrer Gesamtheit zum Mann oder zur Frau determiniert. Von da aus ist die Ehe als jene Gemeinschaft bestimmt worden, welche die tiefste, in der Geschlechtlichkeit begründete menschliche Sozialität aktiviert." 112 Im Hinblick auf die Personalität der beiden Partner ist die Ehe daher univok, d. h. eindeutig bestimmbar. "Betrachtet man dagegen die Natur der Ehe als Prinzip sozialen Handeins der zwei Partner, also im Hinblick auf die Ausgestaltung und Erfüllung des im Wesen der Personalgemeinschaft gelegenen Zweckes, dann wird man die individuellen Bedingungen so nehmen müssen, wie sie sich differenziert individuell vorfinden, also analog." 113Das in der katholischen Theologie immer wieder kontrovers diskutierte Zuordnungsverhältnis von partnerschaftlicher Ehe und Zeugung von Nachkommenschaft - in seiner Einführung zu "Die katholische Sozialdoktrin in ihrer geschichtlichen Entfaltung" 114 erinnert Utz an die univoke Ehedefinition Papst Pauls VI. in "Humanae vitae" - kann Utz aufgrund seiner genauen Unterscheidung von analog / univok einer Klärung näherbringen. "Das Problem besteht im Grunde in der doppelschichtigen Frage: muß das officium naturae, d. h. die Zeugung der Nachkommenschaft im Sinne eines univoken Universale aufgefaßt werden, demgegenüber die individuale Personalgemeinschaft nur als ein Mittel erscheint, und muß umgekehrt, wenn man die Personalgemeinschaft zum Wesensziel nimmt, notwendigerweise die Zeugung zum reinen Mittel absinken?" 115 Eine exakte Analyse der analogen Abstraktion löst diese Schwierigkeit. Die Sozialnatur des Menschen erfordert die zwischenmenschliche Kooperation. Diese Kooperation beinhaltet die Verpflichtung des einzelnen, nicht nur seine persönliche Vollendung anzustreben, sondern zugleich seinen Beitrag zur Gesamtkultur, zur allgemeinen Wertschaffung, beizusteuern. Die Talente des einzelnen stehen im Dienst des Gemeinwohls. Utz sieht nun die geschlechtliche Anlage des Menschen als eines dieser Talente. Sie dient zugleich persönlichen wie gesellschaftlichen Zielen, und es kann in ihr kein Unterschied gemacht werden zwischen officium personale und officium sociale. 116 "Erinnern wir uns, daß in der traditionellen Lehre der Scholastiker das officium naturae bestimmt wurde 1. aus der engen biologischen Betrachtung der Geschlechtlichkeit im Sinne eines Zeugungsorganes, 2. aus der wesentlichen Hinordnung des einzelnen Geschlechtsaktes auf die Erhaltung des Menschengeschlechtes. Nachdem wir aber wissen, daß die Geschlechtlichkeit, über den Effekt

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Vgl. SE III, 84 f. SE III, 84. SE III, 84. Vgl. Utz / Galen I, XIX. SE III, 87. Vgl. SE III, 88.

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der Zeugung von Nachkommenschaft hinaus, eine sowohl individuale wie auch soziale Bedeutung hat, kann man mit gutem Grunde annehmen, daß die Zeugung sich mit der anderen Finalität der Geschlechtlichkeit vermischt. Die Doppelsinnigkeit der Geschlechtlichkeit läßt sich nicht auseinanderzerren. Sie kann, genauso gut wie die Natur des Menschen überhaupt, die sowohl sozial wie individual zugleich ist, als ein einziger Auftrag gefaßt werden." 117 Damit sind einseitig univoke, aber auch willkürlich analoge Definitionen, die lediglich einzelne Aspekte der ehelichen Gemeinschaft verabsolutieren, überwunden. Abgesehen von der gegenüber Thomas präzisierten Notwendigkeit, daß man sich bei der Formulierung von Moralprinzipien genau darüber Rechenschaft ablegen muß, ob man von einer echten metaphysischen Wesenserkenntnis ausgeht und ob man der analogen Sinnfülle des Prinzipieninhalts gerecht wird, ist sich Utz mit Thomas darin einig, daß sich eine konkrete Norm nicht allein aus einer theoretischen Überlegung ergibt, sondern stets vom "rectus appetitus", näherhin vom willentlichen Bemühen, die Wahrheit zu finden, abhängt, somit ein Urteil der Klugheit ist. 118 Die Klugheit ist die konsequente Fortführung des ersten praktischen Imperativs in die konkrete Situation. 119 Sie ist wie der oberste Imperativ eine Angelegenheit der Vernunft, aber eben der Vernunft, die vom sachgerechten Willen abhängt. Während der erste Imperativ in allen Menschen spontan ausgesprochen wird, erfolgt der Imperativ im konkreten Bereich nicht mehr spontan, sondern unter dem Einfluß der konkreten Willenshaltung. Die Willenshaltung moralisch korrekt abzusichern, dazu dienen die verschiedenen Tugenden. 120 Hier beginnt der Pluralismus. Er kann, wenigstens in großen Zügen, nur überwunden werden durch die gleiche Willenshaltung der Glieder der Gemeinschaft. Da die Willenshaltung in den Gliedern der Gemeinschaft immer verschieden sein wird, ist eine dem Gemeinwohl verpflichtete Autorität zur konkreten Definition notwendig, die auch dann noch unentbehrlich sein wird, wenn man, wie dies in der Demokratie der Fall ist, den einzelnen Bürgern das Vertrauen schenkt, daß sie das Gemeinwohl vor das Privatwohl zu stellen in der Lage und gewillt sind. 121 Ein erhöhtes Problembewußtsein gegenüber Thomas läßt sich auch bei folgendem Gedankengang feststellen. Der Mensch kann sich der inneren Erfahrung des obersten, imperativischen Prinzips (bonum faciendum et malum vitandum) 117 SE III, 88. Siehe dort auch die Ausführungen zum weiteren Problem der Unterscheidung zwischen allgemein sozial und sozial streng auf die Ehe bezogen. 118 Hier liegt im übrigen der Grund der Unterscheidung zwischen theoretischer und praktischer Wahrheit. 119 Vgl. DThA 11,561-567. Zu einer ähnlichen Interpretation der Klugheit bei Thomas kommt: K. Hedwig, Circa particularia. Kontingenz, Klugheit und Notwendigkeit im Aufbau des ethischen Aktes bei Thomas von Aquin, in: The Ethics of St. Thomas Aquinas. Ed. by L. J. Elders and K. Hedwig, Citta deI Vaticano 1984, 161-187. 120 Vgl. DThA 11,564-566. 121 Vgl. SE I, 245-257.

IV. Das Verhältnis zur allgemeinen Ethik

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nicht entziehen, da er sich nicht selbst geschaffen hat, und seine Freiheit darum die Qualität eines Willens ist, der wie jegliches Seiende vom Schöpfer stammt. Darum, und nur aufgrund dieser Beziehung zur Erstursache, sieht Utz mit Thomas von Aquin in der naturhaften Anlage der praktischen Vernunft (Synderesis) eine Partizipation des ewigen Gesetzes. 122 Diese Tatsache folgt notwendigerweise aus der Geschöpflichkeit des Menschen. Das oberste praktische Prinzip erfordert in der Konkretisierung ebenfalls die stete Orientierung am Sein. Da das Sein selbst wesentlich ein analoger Begriff ist, sind, abgesehen von den spärlichen univoken Wesenserkenntnissen, die Moralprinzipien analoger Natur. Das heißt, die Allgemeingültigkeit ist in sich differenziert entsprechend den unendlichen konkreten Realisierungen. Damit distanziert sich Utz erneut von Kant, der z. B. das Verbot der Lüge als allgemeinverbindlich betrachtete, weil es sich analytisch aus dem idealistischen Begriff der Sprache ergibt. U tz erklärt hierzu 123, daß sich aus dem durch realgültige Abstraktion gewonnenen Begriff der Sprache kein allgemeingültiges Verbot der unwahren Aussage ergibt, da der Begriff ,Sprache', real definiert, nicht identisch mit dem Begriff ,Aussage über die eigene Erkenntnis' ist. Die Sprache erfüllt in der Wirklichkeit eine vielfältige Funktion. Sie ist darum nur analog definierbar, d. h. unter Bezug auf ihre vielfältigen Funktionen. 124 Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Herausarbeitung der Analogie, wie sie in den moralischen Prinzipien zum Ausdruck kommt, zu den Besonderheiten der Utzschen Ethik zählt, wodurch er sich nicht nur von Kant, sondern vor allem auch von der gesamten Scholastik, einschließlich Thomas, unterscheidet. 125

122 Das natürliche Vorwissen des Menschen auf praktischem Gebiet bestimmt Thomas in De verit., q. 16, art. 1. Die Synderesis ist eine Vorstufe des Gewissens, das im Menschen über sein Handeln und Sein urteilt. Das Gewissen orientiert sich an den ersten, allgemeinen Prinzipien menschlichen Gutseins. Die Synderesis ist das vorgängige, untrügliche Wissen solcher ersten Prinzipien; sie ist mehr als nur ein bloßes Erkenntnisvermögen, verhält sich aber zur aktuellen Urteilserkenntnis des Gewissens noch potentiell. Die Synderesis wird von Thomas als irrtumsfreier Habitus verstanden, der die Grundlage des Gewissens darstellt, wobei das Gewissen selbst erst ausgebildet werden muß zu Urteilsakten, in denen neben Wahrheit auch der Irrtum möglich ist. 123 Vgl. Ethische und soziale Existenz, 14. 124 Vgl. Kant: Die "Mitteilung seiner Gedanken an jemanden durch Worte, die doch das Gegenteil von dem (absichtlich) enthalten, was der Sprechende dabei denkt, ist ein der natürlichen Zweckmäßigkeit seines Vermögens der Mitteilung seiner Gedanken gerade entgegen gesetzter Zweck, mithin Verzichttuung auf seine Persönlichkeit und eine bloß täuschende Erscheinung vom Menschen, nicht der Mensch selbst." In: I. Kant, Metaphysik der Sitten / Tugendlehre, zitiert nach: Werke IV, 563. 125 Vgl. die Explikation des Problems der Lüge vor dem Hintergrund scholastischer Aussagen zum Wesen der Sprache in: A. F. Utz, Geistesgeschichtlicher Überblick über die Entwicklung der katholischen Soziallehre, in: Ethische und soziale Existenz, 272.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

5. Die Funktion des gesellschaftlichen Diskurses Der Weg der praktischen Vernunft bis zum konkreten Imperativ erfolgt nicht deduktiv, weil abhängig vom guten, d. h. auf das Sein ausgerichteten Willen, aristotelisch-thomasisch ausgedrückt: "secundum rectum appetitum" . 126 Der Vorwurf, Utz sei in der Ethik Rationalist, trifft daher nicht ZU. 127 Im konkreten praktischen Urteil ist der Mensch von der Erfahrung und besonders der Beratung bzw. dem Erfahrungsaustausch abhängig. Hier findet sich Utz in gewisser Nähe zur Diskursethik: "Insofern steht sittliches Handeln immer im Kontext des gesellschaftlichen Diskurses." 128 Auf der anderen Seite grenzt sich Utz deutlich von der Diskursethik ab. Für die Diskursethik sind die Werte, insbesondere die sozialen, Ergebnis des gesellschaftlichen Diskurses. "Man könnte sagen, daß die Diskursethik die bloße Verallgemeinerung des vielgestaltigen persönlichen und in sich unverbindlichen Wertempfindens der Gesellschaftsglieder bedeutet. Geltungsgrund der Diskursethik ist damit ausschließlich das Verfahren - gleich Mehrheitsvotum - , durch das eine Norm erzeugt wird." 129 Für Utz ist aber der Mensch in der Lage, aufgrund der abstrakten Erkenntnis, die allgemein gültigen, weil aus der menschlichen Natur erschlossenen Werte erfassen zu können. Damit vermag der Mensch die sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs ergebenden Wertvorstellungen mittels seiner eigenen Werterkenntnis kritisch zu hinterfragen. Der einzelne ist nicht dem im gesellschaftlichen Prozeß entstandenen Werturteil notwendig ausgeliefert. "Unterwirft er sich gleichwohl einem gesellschaftlichen Werturteil, so ist dies Ausfluß seiner Freiheit und damit Gegenstand unaufhebbarer sittlicher Verantwortung." 130

126 Hans Kelsen, der sich im Anhang der 2. Auflage seiner "Reinen Rechtslehre" im Anschluß an Utz mit der thomistischen Naturrechtslehre befaßt, findet die Ansicht widersprüchlich, daß "die praktische Vernunft des Menschen zugleich Willens- und Erkenntnisfunktion leistet" (Reine Rechtslehre, 417, Anm. 79). Offenbar hat Kelsen die Eigenart der praktischen Vernunft, wie sie der Thomismus auffaßt, nicht begriffen. Die praktische Vernunft hat nämlich nicht die Funktion der Erkenntnis, sondern des Imperativs. Die Erkenntnis des Seins erfolgt in der spekulativen Vernunft. Die praktische Vernunft spricht unter dem Einfluß des Willens den Imperativ aus. Darum der deutliche Unterschied zwischen theoretischer und praktischer Wahrheit. Die konkrete Ausformulierung der praktischen Vernunft erfolgt in der Klugheit. Diese hat ihren Sitz in der praktischen Vernunft, weshalb sie Thomas als "intellektuelle" Tugend bezeichnet; sie ist aber ohne den "appetitus rectus" nicht denkbar (vgl. den Kommentar von Utz in: DThA 11, 561 ff.). 127 Vgl. unten die Ausführungen Furgers. 128 Utz, Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik, 162. 129 Utz, Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik, 162. 130 Utz, Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik, 163.

IV. Das Verhältnis zur allgemeinen Ethik

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6. Abgrenzung gegenüber dem Essentialismus Ist Utz ein Essentialist? 131 Seit Kant wird innerhalb der Ethik eine heftige Diskussion darüber geführt, ob eine aus Wesenserkenntnissen entnommene Norm absoluter Maßstab menschlichen Handeins sein kann. Ohne Zweifel begrenzen dem Sein bzw. der natura humana entnommene Normen die Autonomie der Vernunft. Auch für den Bereich der Sozialethik wurden solche Normen als ,essentiell' und damit allgemeingültig angesehen. Popper unterzog diese Normen einer vernichtenden Kritik und belegte sie mit dem Begriff ,Essentialismus' . Seiner Ansicht nach weisen die Philosophien eines Plato, Aristoteles, Thomas, Hegel und Marx für die pluralistische Gesellschaft bedrohliche totalitäre Tendenzen auf. 132 Essentialismus wurde auch innerkirchlich zum Vorwurf, 133 die Natur als Norm der menschlichen Handlung verlor ihre bis dahin unangefochtene Stellung in der katholischen Theologie. Ein beträchtlicher Teil der Interpreten der katholischen Soziallehre wendet sich, besonders im Hinblick auf die Enzyklika "Humanae vitae", von jeglicher Art der Wesenserkenntnis ab und versucht, die ethische Normenbildung ganz in die Dynamik des gesellschaftlichen Wertempfindens einzubinden. Um in Anlehnung an Kant den Inhalt aus dem Imperativ herauszulösen, versucht man teilweise, als allgemeingültige naturrechtliche Norm lediglich prozeduale Regeln oder gewisse Verhaltensnormen zu benennen, wie z. B. die goldene Regel oder die Forderung, gerecht zu sein, und kommt damit in die Nähe vertragstheoretischer Entwürfe. 134 Die verkürzende Gleichsetzung einer metaphysischen Naturrechtslehre mit jener weithin abgelehnten Form eines extremen Essentialismus, der aus einer reinen Wesensbetrachtung heraus Normen formulierte, unbesehen der Frage, ob ihnen beispielsweise in der konkreten gesellschaftlichen Situation die nötige Effizienz zukomme, trifft die sich an der thomasischen Naturrechtslehre orientierende Auffassung von Utz nicht. Gerade wegen ihrer Verwiesenheit auf die Abstraktion bedarf sie der Verwirklichung in der Geschichte. Sie möchte nicht mit ungeschichtlichen Normen Geschichte gestalten, sondern ist davon überzeugt, "daß die abstrakte Norm sich immer entsprechend der Kulturstufe ausprägt, unter Wahrung allerdings eines unwandelbaren, schwer definierbaren übergeschichtlichen Kerns". 135 131 Diesen Vorwurf macht ihm F. Böckle, Natürliches Gesetz als göttliches Gesetz in der Moraltheologie, in: Naturrecht in der Kritik. Hg. von F. Böckle und E.-W. Bökkenförde, Mainz 1973, 170 Anm. 190. 132 Vgl. K. R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, München 61980, I, 59-63; 11,14-30. 133 Vgl. den Überblick bei St. H. Pjürtner / W. Heierle, Einführung in die katholische Soziallehre, Darrnstadt 1980,70-74. 134 Vgl. zuletzt O. Höffe, Politische Gerechtigkeit. Grundlegung einer kritischen Philosophie von Recht und Staat, Frankfurt 1987 (v gl. dazu die Anmerkungen von W. Kersting, in: ZPhF 43 (1989),472-488, und H. Kleger, in: Studia philosophica 47 (1988), 229235). 135 P. P. Müller-Schmid, Freiheit als zentraler Wert einer ideologiefreien rechtlichen Gemeinschaftsordnung, in: JCSW 17 (1976), 54.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

Auch Müller-Schmid weist mit Nachdruck eine Identifizierung von thomasisehern Naturrecht und Essentialismus zurück: "Wichtig ist in diesem Zusammenhang [gemeint ist die philosophische Untersuchung der Menschenrechtsvorstellung, B. K.] insbesondere zu betonen, daß das von Thomas von Aquin systematisierte, ontologisch begründete Naturrecht nicht identisch ist mit Essentialismus. Eine essentialistische Auffassung des Naturrechts wurde vor allem vertreten von dem späteren rationalistischen Naturrecht aufgrund der Annahme, die Definition naturrechtlicher Normen einzig deduktivistisch aus Vernunftgründen vornehmen zu können. Demgegenüber verweist insbesondere Thomas von Aquin zwar auf die Vorgegebenheit und aufgrund der Abstraktionslehre auch Erkennbarkeit der menschlichen Wesensnatur als Norm der praktischen Vernunft, versteht diese abstrakt definierte universale Norm aber in den (die große Mehrheit bildenden) Fällen einer nicht univoken, sondern analogen Prinzipieninterpretation in einem durch die erfahrungsorientierte Vernunft prinzipien- und realitätsgerecht zu konkretisierendem Sinne." 136 Utz sieht selbst die Gefahr, vorschnell und leichtfertig essentialistische Naturrechtsprinzipien aufzustellen, aus ihnen dann inhaltliche Forderungen abzuleiten, die weniger der Ausdruck des göttlichen Naturgesetzes sind, als vielmehr zeitbedingte, von bestimmten Interessen formulierte Sollensforderungen. Das Naturrecht beinhaltet für Utz keinen Katalog einfach abzulesender unwandelbarer Rechtsnormen, sondern besteht, wie bereits angedeutet wurde, in der praktischen Vernunft, die darauf angelegt ist, die Prinzipien zu erkennen, die auf die Verwirklichung der existentiellen Zwecke des Menschen innerhalb der je verschiedenen gesellschaftlichen Situation mit all ihren konkreten kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen abzielen. Hier trifft sich Utz durchaus mit KorJf, wenngleich dieser von anderen erkenntnistheoretischen Voraussetzungen ausgeht. Auch für KorJf ist die praktische Vernunft mehr als nur ein Ablese- oder Exekutivorgan. "Die Schöpfungswirklichkeit stellt sich in all ihren Erscheinungsformen als eine dynamische, zu eigentätigem Sein befähigte Größe dar. ( ... ) Wollte man tatsächlich die Zuordnungsbestimmung von Sein und Tätigsein auf die Besonderheit des menschlichen HandeIns anwenden, so würde dies im Gegenteil von Thomas her gerade die Einzigartigkeit dieser Zuordnung hervortreten lassen: Das Sein des Menschen, aus dem sich für ihn die sein spezifisch eigenes Tätigsein als Sinn ermöglichende und Sinn realisierende Vollzugsform ergibt, ist kein statisch ausdefiniertes, sondern wesenhaft entwurfsoffenes, sich selbst aufgegebenes Sein. ( ... ) Das Spezifische seines Tätigseins ist vernunftbestimmtes Tätigsein, kraft dessen er sein Leben zu führen und zu gestalten vermag, so daß er darin in eigener Weise teilhat an der schöpferischen Tätigkeit Gottes." 137

136 P. P. Müller-Schmid, Die Menschenrechtsphilosophie als Paradigmawechsel vom Ordodenken zur Subjektivitätsphilosophie der Modeme, in: Begründung der Menschenrechte. Hg. von P. P. Müller-Schmid, Wiesbaden 1986,23 f.

V. Naturrechtliche Orientierung

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Die Dynamik des Naturrechts erweist sich an seiner Fähigkeit, sich dem kulturellen Niveau anzupassen und sich mit ihm weiterzuentwickeln. Diese Weiterentwicklung umfaßt auch das Rechtsbewußtsein der Gesellschaftsglieder, wobei Utz betont, daß es keine Identität zwischen Naturrecht und Rechtsbewußtsein gebe, ja das Naturrecht biete geradezu die Möglichkeit zur kritischen Beurteilung der bestehenden Verhältnisse. "Der überzeitliche Charakter des Naturrechts liegt nicht in den Formulierungen von grundsätzlichen Rechtsprinzipien, sondern vielmehr in der dynamischen Kraft der praktischen Vernunft, mit Hilfe der äusseren Erfahrung sowohl wie der inneren, d. h. der Werterfahrung die jeweils neu zu formulierenden Rechtssätze zu finden, die die Verwirklichung der existentiellen Zwecke ermöglichen."138 Die Betonung des Analogiegedankens schützt Utz vor vorschnellen und letztlich nicht haltbaren Wesensaussagen. "Ich glaube aber, daß niemand, der meine Schriften über das Naturrecht gelesen hat, behaupten kann, ich sei ein antiquierter Essentialist. Ich habe ausdrücklich betont, daß man nicht einfach essentialistische Naturrechtsprinzipien aufstellen könne, um daraus für die Praxis etwas zu gewinnen. Ich bin vielmehr der Auffassung, daß wir die Prinzipien nur als analog anwendbar erkennen, d. h. mit je verschiedener Konkretisierung auf die gegebene Situation. Für meine Ansicht ist kennzeichnend, daß die allgemeinen natürlichen gesellschaftlichen Prinzipien wirklichen Allgemeincharakter besitzen und nicht einfach mit einer zeitlich bedingten soziologischen Erkenntnis zu identifizieren sind, daß sie vor allem keine Leerformeln sind." 139

v.

Naturrechtliche Orientierung der Sozialethik 1. Zur Problematik des Naturrechtsdenkens

Da Utz sich gegen einen falsch verstandenen Essentialismus abgrenzen möchte, sieht er sich genötigt, eine Naturrechtsphilosophie zu entwickeln, die zum geschilderten Mißbrauch keinen Anlaß bietet. Zweifellos muß ein Naturrechtsdenker die heutige Grundlagendiskussion in der Ethik als kritisches Korrelativ seines eigenen Ansatzes in seine Überlegungen miteinfließen lassen. Gegenseitige Mißverständnisse sind an der Tagesordnung. Die "Natur als Grundlage der Moral", 137 W. Korjf, "Gnade setzt Natur voraus und vollendet sie". Thomas von Aquin und die Neuzeit, in: Grundlagen und Probleme der heutigen Moraltheologie. Hg. von W. Ernst, Würzburg 1989, 42 f. - Allerdings muß auch auf Unterschiede zwischen den Positionen von Utz und Korjf aufmerksam gemacht werden. Den von Korjfuntemommenen Versuch, das Naturrecht gänzlich vom Personbegriff her zu entwickeln (vg!. W. Korjf, Die naturrechtliche Grundlegung der katholischen Soziallehre, in: Christliche Gesellschaftslehre. Hg. von G. Baadte und A. Rauscher, Graz 1989, 31-52) lehnt Utz als zu stark kantisch geprägte Überlegung ab; es ginge dabei der Begriff der metaphysischen Natur verloren (vg!. die Rez. von Utz in: NO 44 (1990), 77). 138 A.-F. Utz, Naturrecht als Sammelbegriff nicht-positivistischer Rechtstheorien, ARSP Supp!. 1.4, Wiesbaden 1983, 13. 139 Gk-Interview mit Prof. Utz, 169.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

so der Titel einer Studie aus dem Jahre 1987 140 hat ihre einstmals dominierende Rolle an andere Begründungsansätze abgeben müssen. Nach der Konjunktur der autonomen Moral, der Auseinandersetzung zwischen teleologischer und deontologischer Moral, dem Aufkommen der Glaubensethik und handlungstheoretischer Grundlagenreflexionen, scheint sich heute aber so etwas wie eine Rückbesinnung auf die Natur des Menschen als dem Indikator humanen Handeins zu regen. Im Zuge der ökologischen Debatten und des geschärften Problembewußtseins bezüglich der Verantwortung für die ganze Erde entwickelt sich ein neues ganzheitliches Denken,141 dem innerhalb der philosophischen Diskussion eine Rückbesinnung auf die Metaphysik entspricht. 142 Vorher hatten Zeitdiagnostiker bereits von einem anti- oder nachmetaphysischen Zeitalter gesprochen. Die Erste Philosophie galt als gründlich verabschiedet. Kant hatte noch das unvermeidliche metaphysische Bedürfnis des Menschen angesichts der Fragen nach den letzten Gründen des Seienden als solchen konstatiert, dem es kritisch Grenzen zu setzen gelte, 143 das aber ansonsten eine wichtige Funktion erfülle. Später kam die Mehrheit der Philosophen zwischen Marx und der Kommunikationsethik, zwischen Nietzsehe und der Postmoderne, darin überein, daß die Metaphysik in den Fundus der philosophischen Requisiten zu stellen sei und an ihre Stelle ein realitätsangemesseneres Denken zu treten habe. Dieses hat sich schließlich in Gesellschaftstheorie, Naturwissenschaften, Psychologie und Sprachanalyse ausdifferenziert und trägt damit anscheinend der Pluralität der modernen Lebenswelt Rechnung. Trotzdem erfuhr die oft totgesagte Metaphysik von Zeit zu Zeit eine Wiederbelebung und mit ihr das Naturrecht. 144 Das umfangreiche Utzsche Schrifttum konzentriert sich in seinem Kern auf zwei AufgabensteIlungen: einen Beitrag zu leisten zur Rückgewinnung der Metaphysik im Normendenken vorab der Sozialethik und die Auswertung dieses Denkens für die Gestaltung der konkreten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Praxis aufzuzeigen. Was nun den ersten Aspekt der Rückgewinnung betrifft, so ist es offenkundig, daß Utz an der Etablierung eines an der klassischen Naturrechtstradition orientierten Sozialphilosophie interessiert ist. Er 140 M. Rhonheimer, Natur als Grundlage der Moral. Die personale Struktur des Naturgesetzes bei Thomas von Aquin. Eine Auseinandersetzung mit autonomer und teleologischer Ethik, Innsbruck-Wien 1987. 141 Vgl. H.-G. Wirtz, Natur und menschliches Handeln. Zum Naturverständnis in der gegenwärtigen Umweltdiskussion, Diss. theol., Trier 1988. 142 Die "Beschäftigung mit metaphysischen Fragen gilt im philosophischen AJlgemeinbewußtsein nicht mehr eo ipso als obsolet", so H.-L. Ollig, Das unerledigte Metaphysikproblem. Anmerkungen zur jüngsten Metaphysikdiskussion im deutschen Sprachraum, in: ThPh 65 (1990),31-68, hier: 31 f. 143 Vgl. I. Kant, Vorrede zur ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft, in: Werke

H, 11 ff.

144 Zur aktuellen Situation vgl. C. Schefold, Kritik "des Naturrechts" oder Tradition der lex naturalis. Zu neueren Versuchen der Aufhebung naturrechtlichen Denkens von 1972-1985, in: Phl 95 (1988), 376-406.

V. Naturrechtliche Orientierung

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möchte dabei einen Rückgriff auf theologische Argumentationsmuster vermeiden, um das Gespräch mit anderen weltanschaulichen Positionen nicht von vornherein unmöglich zu machen. In seinen Kommentaren zur "Summa Theologiae" des Thomas von Aquin untersuchte Utz die in sich wohl konsequenteste Linie des abendländischen Naturrechtsdenkens, grenzte sie in historischer und systematischer Sicht gegen ihre Vorläufer ab und setzte sie in kritische Beziehung zu den modemen Rechtstheorien, wie sie sich vor allem im Anschluß an Immanuel Kant herausgebildet haben. Utz war und ist sich bewußt, daß sein Rückgriff aufvorneuzeitliche Denktraditionen heute auf Ablehnung stoßen mußte. Franz Furger ordnet beispielsweise die Utzsche Ethik der rationalistischen Naturrechtslehre ZU,145 gemäß der die ethische Forderung die Konsequenz der direkten Einsicht der menschlichen Vernunft in die eigene Wesensordnung darstelle. Auf die konkrete Lebenserfahrung glaube diese Ethik verzichten zu können; ihr gehe es nur um die Einsicht in die ideale Pflicht, die absoluten Verpflichtungscharakter besitze. Diese heteronome Verpflichtung verdanke sich einer letzten göttlichen Sollensforderung. Furger bezieht sich bei seiner Kritik auf folgende Aussage von Utz: "Der Charakter des Soll leitet sich vom Sein als solchem nicht ab, sondern nur von einem Befehl, den wir Christen einzig als göttlichen Befehl erklären können." 146 Furger konstatiert als das Problem dieser Normbegründung: "Damit wird jedoch der Geltungsgrund der Norm so in ein Glaubensfundament verlagert, daß die Norm als solche allein unter dieser Voraussetzung anerkannt werden und folglich nicht mehr prinzipiell universalisierbar sein kann. Zugleich vermag sie sich auch, was religiöse Fanatismen aller Zeiten aber als dringend nötig erscheinen lassen, der rationalen Überprüfung zu entziehen. Sosehr sittliche Verbindlichkeit und damit auch die Weisungskraft von Normen ihre letzte Wurzel in einer absoluten Dimension des Unbedingten haben, sowenig vermag ein solcher voluntaristischer Begründungsansatz, der stets irgendwie unvermittelt auf einen absoluten, also göttlichen Geltungsgrund von Normen rekurriert, dennoch auch theologisch nicht zu befriedigen; denn Gott ist als Schöpfer und nicht als eine Art absolutistischer Gesetzgeber Grund der sittlichen Norm, die eben darum vom Geschöpf als seinem Ebenbild in einsichtigem und nicht in blindem Gehorsam anerkannt wird." 147 Und an anderer Stelle heißt es: "Eine solche Sicht ethischer Pflicht unterscheidet sich aber grundsätzlich von einer dem Menschen als solchem (d. h. im Kant' schen 145 Vgl. F. Furger, Was Ethik begründet: Deontologie oder Teleologie - Hintergrund und Tragweite einer moraltheologischen Auseinandersetzung, Zürich-Einsiedeln-Köln 1984, 16. 146 So Utz in: SE I, 315. 147 F. Furger, Einführung in die Moraltheologie, Darmstadt 1988, 142 (mit Bezug auf die dort befindliche Anm. 207); dieser Vorwurf findet sich auch in Furgers neuestem Werk: Christliche Sozialethik. Grundlagen und Zielsetzung, Stuttgart-Berlin-Köln 1991, 143 Anm. 22.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

Sinn aus transzendentaler Reflexion über das Menschsein schlechthin, also sozusagen von innen) zuwachsenden Erkenntnis von Pflicht, die dann in Abhebung von jenem anderen Verständnis als "autonome" bezeichnet werden kann."148 Utz figuriert hier als der Vertreter einer sich am rationalistischen Naturrecht orientierenden Neuscholastik, die hinter das Problembewußtsein Kants zurückgefallen sei. 149 Angesichts der Kritik, die Utz mehrfach an der rationalistischen Ausprägung naturrechtlichen Denkens übt, 150 wie es insbesondere von einigen Philosophen der Aufklärung betrieben wurde, überrascht die Auffassung Furgers. Richtig ist, daß Utz konsequent am Naturrecht als einer vom Schöpfergott gegründeten Institution festgehalten hat. Er betonte stets die Notwendigkeit einer an der Metaphysik orientierten Sozialphilosophie. "Wenn man schon die Lehre vom Naturrecht vertritt, dann muß man sie folgerichtig im metaphysisch-ethischen Raum vertreten, wo Gott, der Allwissende und Allgerechte, letzte richtende Instanz ist, nicht nur des einzelnen, sondern auch des Ganzen. Ohne diese Sicht ist es eitel und sinnlos von Naturrecht zu sprechen." 151 In dieser Annahme ist sich Utz durchaus mit Kelsen 152 einig. Kelsen kritisiert zwar das Naturrechtsdenken, wenn er sagt, er sehe wohl die auch dort zum Ausdruck kommende rechtserzeugende Kraft der praktischen Vernunft des Menschen, 153 er könne als Vertreter des Rechtspositivismus allerdings nicht nachvollziehen, warum es der Ableitung der Rationalität des Naturrechts aus dem Schöpfergott bedarf oder wie man sich eine solche vorzustellen habe. Für Kelsen ist die Konzeption eines Naturrechts nur dann möglich, wenn seine Anhänger sich eindeutig zu den dieser Rechtsvorstellung immanenten theologischen Implikationen bekennen. Diese Konsequenz fordert er von den Naturrechtlern und stimmt darin mit Utz überein, wobei Utz diese Implikationen dem Bereich der rational operierenden Metaphysik zurechnet. 154 Das Bekenntnis zur scholastischen Tradition muß nicht von vornherein als ein Anachronismus bewertet werden. Auch die Moraltheologie der katholischen Kirche greift zu ihrem überwiegenden Teil auf Erkenntnisse der scholastischen 148 Furger, Was Ethik begründet, 16. - Der Voluntarismusvorwurf findet sich bei Furger schon in: Begründung des Sittlichen - ethische Strömungen der Gegenwart, Freiburg / Schweiz 1975, 106. 149 Zum komplexen Begriff ,,Neuscholastik" vgl. H. M. Schmidinger, "Scholastik" und "Neuscholastik" - Geschichte zweier Begriffe, in: Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts, II, 23-53. 150 Besonders deutlich in SE II, 224. 151 SE I, 193. 152 Vgl. H. Kelsen, Die Grundlage der Naturrechtslehre, in: Das Naturrecht in der politischen Theorie. Hg. von F.-M. Schmälz, Wien 1963, 1- 37. 153 Vgl. Kelsen, Die Grundlage der Naturrechtslehre, 31 (mit ausdrücklichem Verweis auf DThA 18,444). 154 Vgl. SE I, 193.

V. Naturrechtliehe Orientierung

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Philosophie zurück. Als Begründung verweist man auf die Kontrollierbarkeit der verwendeten Begriffe und die hohe Assimilationsfähigkeit dieser Philosophie. 155 Gegenwärtige philosophische Ansätze werden keineswegs übersehen, sondern als bereichernde Gesprächspartner in die Reflexion miteinbezogen. Angesichts der intensiven Diskussion, die Utz in seinen Schriften und Rezensionsabhandlungen mit anderen wissenschaftlichen Ansätzen führte, wird man kaum der Auffassung sein können, er nehme die neuzeitliche Entwicklung nicht zur Kenntnis, bevorzuge Thomas allzu einseitig und verfalle damit dem Fehler, mittelalterliche Lösungsmuster für gegenwärtige Problemsituationen anwenden zu wollen. 156 Zweifellos ist er davon überzeugt, daß einzig eine in ihren Grundpositionen am klassischen Naturrechtsdenken aristotelisch-thomasischer Prägung orientierte Soziallehre, wie sie von etlichen katholischen Sozialethikern bis heute vertreten wird, in der Lage ist, jenseits der verschiedenen idealistischen Rechtsphilosophien den Weg aufzuzeigen, wie in der modemen Gesellschaft der zum Erhalt dieser Gesellschaft notwendige echte Grundkonsens erreicht werden kann. Mehrfach erinnerte Utz daran, daß eine lebens- und tragfähige pluralistische Demokratie nur auf der Basis eines echten Naturrechts ihre geistige Grundlage besitzt, 157 eine Erkenntnis, die erstaunlicherweise auch von nicht-katholischen Politikwissenschaftlern geteilt wird. 158 So erklärte z. B. Ernst Fraenkel: "Für eine funktionierende westliche Demokratie ist die Existenz von Interessengruppen und die Geltung eines Naturrechts gleich unentbehrlich. Sie bilden korrespondierende Bestandteile einer jeden modemen Staats- und Gesellschaftsordnung, die nicht vom totalitären Bazillus infiziert ist. Der pluralistische Staat ist ein moralisches Experiment, das jeden Tag von neuem gewagt werden muß. Nur wer die Geltung eines jeden Naturrechts verneint, nur wer die motivierende Kraft naturrechtlicher Vorstellungen radikal bezweifelt, ist durch den Hinweis, daß wir in einer pluralistischen Gesellschaft leben, verängstigt und durch das Bekenntnis zum pluralistischen Staat schockiert. ( ... ) Nur wenn Deutschland die Notwendigkeit und die Wirksamkeit eines Naturrechts zu bejahen bereit ist, hat es den inneren Anschluß 155 Vgl. den jüngst erschienenen Beitrag von K. Demmer, Das Selbstverständnis der Moraltheologie, in: Grundlagen und Probleme der heutigen Moraltheologie. Hg. von W. Ernst, Würzburg 1989, 9-25, hier: 2I. 156 Weder Aristoteles noch Thomas werden von Ulz in ihrer zeitgeschichtlichen Verquickung übernommen. Ulz denkt nicht an eine elitäre Dominierung der Gesellschaft wie sie bei Plalo und teilweise bei Aristoleles und Thomas vorgestellt wird. Die Kritik M.I. Finleys an der Übernahme aristotelischer Gedanken kann auf Utz nicht angewandt werden: "Wenig hilfreich ist es auch, so möchte ich noch einmal sagen, in einer kleinen Gemeinschaft mit unmittelbarem tagtäglichen Umgang eines Großteils der Bürger, einer Gemeinde, die auf einem breiten, an den Privilegien nicht teilhabenden Fundament von Nichtbürgern und Sklaven ruhte, direkte Antworten auf unsere Probleme zu suchen." Vgl. M.I. Finley, Antike und modeme Demokratie, Stuttgart 1987, 100. 157 Vgl. A. F. Ulz, Die christliche Konzeption der pluralistischen Demokratie, in: Die christliche Konzeption der pluralistischen Demokratie. Akten des internationalen Symposiums Madrid 1976. Hg. von A. F. Ulz und H. B. Slreithofen, Stuttgart 1977, 11-2I. 158 Vgl. A. Schwan, Das Problem des Naturrechts in der pluralistischen Demokratie, in: PhI 94 (1987), 297-315.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

an die westlichen Demokratien endgültig vollzogen." 159 Betrachtet man die N achkriegszeit, so läßt sich feststellen, daß die von Fraenkel geforderte Besinnung auf das naturrechtliehe Denken phasenweise verwirklicht wurde. Das Naturrecht erlebte tatsächlich eine Renaissance und fand Eingang in die deutsche Rechtsprechung, namentlich bei Grundsatzentscheidungen des BundesverfassungsgerichtS. 16O Grundsätzlich wirft der Pluralismus die Frage nach dem Verhältnis von Freiheit und Wertordnung auf. Stellt die soziale Wertordnung nur das Resultat vielfältiger, in freier Selbstverantwortung gebildeter Normen der Gesellschaftsglieder dar, deren Individualität sich in diesen Normen spiegelt, oder muß die soziale Wertordnung als eine den Einzelfreiheiten übergeordnete und diese damit verpflichtende Ordnung verstanden werden? 161 Auf dem internationalen Kongreß für Rechtsund Sozialphilosophie in Basel (1979) hielt Utz das Hauptreferat über "Naturrecht als Sammelbegriff nicht-positivistischer Rechtstheorien". Er legte dar, daß das Naturrechtsdenken kein Katalog von fertigen Rezepten sein kann, aber immerhin realitätsnahe Grundnormen menschlichen Zusammenlebens angibt, ohne deren Anerkennung eine Gesellschaft ihren Bestand gefährdet. Durch deren Anerkennung vermag sie sich aber ordnungsgerecht dynamisch zu entwickeln. Utz lehnt damit gerade jenes Naturrechtsverständnis ab, das viele Vertreter der sogenannten Neuscholastik kennzeichnete, die der Gefahr erlegen waren, eine Vielzahl von zeitlich bedingten Wertvorstellungen in den Rang naturrechtlicher Prinzipien zu erheben. Die Neuscholastiker haben seiner Ansicht nach den Unterschied zwischen Naturgesetz und Naturrecht zu wenig beachtet. 162 Einzig vom metaphysischen, naturrechtlieh orientierten Denken aus ist, so Utz, eine echte Definition des Gemeinwohls möglich. Daß eine Orientierung der Sozialethik am "bonum commune" auch heute nichts von ihrer Aktualität verloren hat, erschließt ein erneuter Blick auf Überlegungen, wie sie u. a. Fraenkel innerhalb der Politikwissenschaft angestellt hat. 163 Die Vorstellung eines Gemeinwohls 159 E. Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 61974, 46. Vgl. dazu J. Detjen, Neopluralismus und Naturrecht. Zur politischen Philosophie der Pluralismustheorie, Paderbom 1988 (Zur Arbeit von Detjen vgl. auch die Rezension von Utz, in: ARSP 75 (1989), 389-396); vgl. auch A. Schwan, Christliche Wertorientierung und pluralistische Gesellschaft, in: Glaube und Weltverantwortung. Hg. von G. Baadte und A. Rauscher, Graz 1988, 85-106. 160 Vgl. A. Langner, Der Gedanke des Naturrechts seit Weimar und in der Rechtsprechung der Bundesrepublik, Bonn 1959; H. D. Schelauske, Naturrechtsdiskussion in Deutschland. Ein Überblick über zwei Jahrzehnte: 1945-1965, Köln 1968; S. Lin, Der Wiederaufbau der Naturrechtslehre in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, Diss. jur., Heidelberg 1977; A. Kaufmann, Die Naturrechtsdiskussion in der Rechts- und Staatsphilosophie der Nachkriegszeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 33/91, 9. August 1991,3-17. 161 Vgl. dazu P. P. Müller-Schmid, Pluralismus und Wertordnung. Ein Beitrag zur philosophisch-geistigen Auseinandersetzung, Köln 1980. 162 Vgl. dazu Utz in: DThA 18, 433 (Nachfolgefassung, 276).

V. Naturrechtliehe Orientierung

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als Richtlinie der politischen Gestaltung ähnelt eben nicht der Beschwörung einer Leerformel, die ganz im Dienste der jeweiligen Interessenvertretung steht. 164 Es wird näherhin zu prüfen sein, wie Utz seine Konzeption begründet, wie er die Universalität des Gemeinwohlbegriffs mit seiner situationsbezogenen Anwendung in Übereinstimmung bringt. Dabei ist darauf zu achten, welchen Weg Utz zur Ermittlung, aber auch zur konkreten Umsetzung des natürlicherweise recht abstrakten Gemeinwohlimperativs beschreitet.

2. Die Natur des Menschen als Fundament der Normbegründung Welches Verständnis von Natur legt nun Utz seiner Naturrechtskonzeption zugrunde? Was versteht er näherhin unter der Natur des Menschen? a) Die Notwendigkeit einer universal gültigen Norm

Der Begriff der Natur ist in der heutigen Philosophie, aber auch in der Moraltheologie umstritten. 165 Weshalb nun hält Utz an diesem Begriff fest? In ihm findet er, wie zu zeigen sein wird, die universale Norm, die allen weiteren Normbegründungen zugrundeliegt. Dem möglichen Einwand, die Naturrechtslehre unternehme den Versuch, für alle Zeiten gültige Rechtsnormen aufzustellen, hält Utz das Interesse aller Rechtspolitiker entgegen, "die Rechtsentwicklung auf feste Grundlagen zu stellen, um Unerträglichkeiten des gesellschaftlichen Zusammenlebens möglichst zu verhindern." 166 Erräumtjedoch ein, daß es Übertreibungen bezüglich der Allgemeingültigkeit der "natürlichen" Rechtsnorm in der Naturrechtsphilosophie gegeben hat. Ein Hinweis auf solche Mißverständnisse ändere allerdings nichts an der Erkenntnis, daß allein der Rückgriff auf den formal verstandenen Begriff der Freiheit nicht ausreicht, um eine sichere Rechtsentwicklung zu ermöglichen. Um für die konkrete Lebenswelt anwendbar zu sein, muß die Freiheit positiv, d. h. final, 163 Vgl. Detjen, Neopluralismus und Naturrecht, 197 -230; Ders., Naturrecht in der pluralistischen Demokratie? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 33/91, 9. August 1991,19-30. 164 Einen inhaltlich gefüllten Gemeinwohlbegriff vertritt auch die jüngst erschienene Studie von J. Endres, Gemeinwohl heute, Innsbruck 1989. Dem Zusammenhang von Freiheit, Recht und Gemeinwohl, letzteres wird hier als eine unverzichtbare Grundkategorie der Rechtsphilosophie verstanden, geht A. Baruzzi nach: Freiheit, Recht und Gemeinwohl. Grundfragen einer Rechtsphilosophie, Darmstadt 1990. 165 Vgl. zuletzt zum Thema: Der umstrittene Naturbegriff. Person - Natur - Sexualität in der kirchlichen Morallehre. Hg. von F. Böckle, Düsseldorf 1987. 166 A. F. Utz, Auf der Suche nach der Natur des Menschen. Ein Beitrag zum Begriff der Natur in der Naturrechtslehre, in: Naturrechtsdenken heute und morgen (Gedächtnisschrift R. Marcic). Hg. von D. Mayer-Maly und P. M. Simons, Berlin 1983,941-946; zitiert wird nach dem Wiederabdruck in: Ethische und soziale Existenz, 55 -60, hier: 55.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

bestimmt sein. Mit den Freiheitsrechten müssen Pflichten verbunden sein. Utz vermag nur in einem solchermaßen gefaßten Freiheitsbegriff die für eine sichere Rechtsentwicklung notwendige Universalität der Normen eingelöst zu finden. "Die für die Rechtspolitik notwendige Norm muß nicht nur negativ, sondern auch positiv universal sein, um realgültig anwendbar zu werden." 167 Bevor Utz jedoch diese universale Norm genauer bestimmen kann, bedarf es weiterer Überlegungen. Im Hinblick auf die Erkenntnistheorie haben wir gesehen, daß sich gemäß der von Utz vertretenen aristotelisch-thomasischen Tradition Universalität und Realitätsbezogenheit der Normen allein aus der Wirklichkeit erkennen lassen. Gegen Kants transzendentalen Idealismus wird ausgesagt, daß die Natur einer Sache alles bezeichnet, was einem existierenden Wesen immer und überall zukommt. 168 Utz warnt allerdings davor, die Natur der Sache unabhängig von der konkreten Existenz definieren oder formulieren zu wollen. Bereits Thomas, auf den sich Utz beruft, habe um die Veränderlichkeit der Natur des Menschen gewußt: "Natura autem hominis est mutabilis."169 Als Kommentar zu dieser Stelle führt Utz aus, daß damit nicht die spezifische, allgemeine Wesenheit des Menschen gemeint sei, sondern die konkrete, den geschichtlichen Wandlungen unterworfene Natur. 170 Wenn man die Natur in die konkrete Existenz hineinträgt und sich fragt, welche konkrete Norm der Natur eines Dinges entspricht, dann gelangt man zu einem besonderen Begriff der Natur der Sache, nämlich der Natur der konkreten Sache, mit anderen Worten, der Zweckgemäßheit der konkreten Sache für die Realisierung der allgemeinen, metaphysischen Natur. Die Dynamik im Naturbegriff ergibt sich demnach erst, wenn man ein konkretes Ding im Hinblick auf seine allgemeine Finalität betrachtet, die sich aus seiner metaphysischen Natur ergibt. In der Konkretion liegt also die Dynamik begründet, nicht im allgemeinen Naturbegriff.

Zur Illustration dieses abstrakten Gedankens kann man auf den Unterschied zwischen Gesetz und Recht eingehen,171 der zugleich die Differenzierung von 167 Ethische und soziale Existenz, 56. Es handelt sich um eine implizite Kritik am kantischen Formalismus. 168 Vgl. Ethische und soziale Existenz, 56. - Zur Vorstellung von der ,,Natur der Sache" vgl. mehrere Beiträge in: Die ontologische Begründung des Rechts. Hg. von A. Kaufmann, Darmstadt 1965, 14-243. Utz selbst unterscheidet eine zweifache Bedeutung: Natur der Sache a) als das Wesen eines Dinges oder Sachverhalts; b) als der konkret vorliegende soziale Befund, insofern er der Zweckhaftigkeit der allgemeinen Natur entspricht. So wird z. B. das Gemeinwohl auf der Ebene der ,,Natur der Sache" in doppelter Weise näher bestimmt: "a) abstrakt als allgemein formulierte Orientierungsnorm, insoweit die Natur des Menschen erkennbare Werte enthält, die es in der konkreten Entscheidung zu beachten gilt, b) als konkrete, hic et nunc sachlich begründete Wohlfahrt eines Volkes." (SE III, 186) 169 STh II-II 57, 2 ad I. 170 Vgl. DThA 18,434 (Nachfolgefassung, 277). 171 Vgl. ebd., 432-434 (Nachfolgefassung, 274-277).

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Naturgesetz und Naturrecht begründet. Das Gesetz bietet eine allgemeine Norm für eine Vielzahl möglicher Fälle, das Recht entscheidet eine wirkliche Situation im Hier und Jetzt. 172 Das Naturgesetz beinhaltet die allgemeinen, naturgegebenen sittlichen Pflichten und stellt damit die Grundlage der Ethik dar. Gleichzeitig bietet es den Ausgangspunkt für das Naturrecht, das Utz mit Thomas als das bis in die konkrete Sachlage hinreichende Soll beschreibt. 173 Das Naturrecht wird zur konkreten Rechtsfeststellung im Hinblick auf die Finalität der Natur. "Thomas will also das Naturrecht nicht nur im allgemeinen Sinn verstanden wissen, sondern auch im konkreten Sachbestand, als Recht, das sich hier und jetzt aus der Sachanalyse ergibt. Natürlich wird die sachliche Analyse nach Normen beurteilt. Diese Normen sind der Natur ,an sich' entnommen. Da diese Normen zweckbestimmte Normen sind, nämlich Normen im Hinblick auf die Vervollkommnung der menschlichen Natur, wird der konkrete Fall, d. h. die sachliche Analyse der konkreten Wirklichkeit nach dieser Zweckbestimmung oder Zweckentsprechung beurteilt. Recht wird also entsprechend dieser Finalität, d. h. dasjenige ist Naturrecht im konkreten Sinne, was den Sinn, die innere Zweckhaftigkeit der Normen am besten erfüllt." 174 Rechtserzeugende Kraft besitzt - wie Utz weiter ausführt - jedoch nicht die Finalität als solche, sondern die diese Finalität erkennende und zur Norm erhebende Vernunft. 175 b) Schwierigkeiten des dynamischen Naturbegriffes Utz bemerkt richtig, daß auch der dynamische Naturbegriff nicht ohne Schwierigkeiten ist. Eine sich dem geschichtlichen Werden nicht entziehende Natur macht die Rede von einer Wesenheit problematisch, wenn nicht gar unmöglich. Verflüchtigt sich nicht gerade dadurch der angestrebte universal gültige Gehalt und läßt als Ausweg nur die Entscheidung für den kantischen Idealismus, wie er sich etwa in der Philosophie der Gerechtigkeit bei lohn Rawls findet? 176 172 A. Kaufmann teilt diese Unterscheidung in seinem Aufsatz: Die ontologische Struktur des Rechts, in: Die ontologische Begründung des Rechts, 470-508. 173 Vgl. DThA 18,433 (Nachfolgefassung, 276); ein früher Hinweis auf die Unterscheidung zwischen Naturgesetz und Naturrecht findet sich in A. F. Utz, Freiheit und Bindung des Eigentums, Heidelberg 1948, 23 f. 174 DThA 18,402 (Nachfolgefassung, 236). 175 Vgl. E. Haag, Die Entwicklung der neueren katholischen Naturrechtslehre, Zürich 1962. Haag würdigt Utz als einen der katholischen Sozialethiker, die in der Auseinandersetzung mit dem Rechtspositivismus zu einem vertieften Naturrechtsverständnis gefunden hätten. Insbesondere werde die Geschichtlichkeit des Naturrechts stärker reflektiert. Dem Bereich des relativen Naturrechts werde größere Bedeutung zubernessen (vgl. ebd. 135). 176 Zu Kant mag der Hinweis auf die knappe, aber präzise Darstellung bei MüllerSchmid, Der rationale Weg zur politischen Ethik, 30-32 genügen; zu Rawls vgl. O. Höfte, Kritische Einführung in Rawls Theorie der Gerechtigkeit, in: Ders., Ethik und Politik. Grundmodelle und -probleme der praktischen Philosophie, Frankfurt 1979 e1987), 160-194 sowie: Ders., Politische Gerechtigkeit. Grundlegung einer kritischen Philosophie von Recht und Staat, Frankfurt 1987,46-49.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

Diese Schwierigkeit hat Utz dadurch gelöst, daß er das Universale als real nachgewiesen hat, wenngleich es als solches im Konkreten nicht existiert. Diese metaphysische Aussage findet Utz auch in der Erfahrung des allgemeinen Bewußtseins: "Doch liegt in dem, was wir die Natur des Menschen nennen, etwas, von dem wir wissen, daß es trotz aller in der Zeit erfahrungsgemäß durchgemachten Veränderungen einen Grundbefund besitzt, der unverlierbar ist." 177 So setzt beispielsweise die Rede von der Würde des Menschen die Überzeugung voraus, daß dem Menschen qua seines Wesens eine solche Würde geschuldet wird. Es wäre nun zu erwarten und für die konkrete Praxis äußerst hilfreich, wenn sich dieser Kern der natura humana genauer umreißen ließe. Dem ist nicht so und kann, wie die Überlegungen von Utz erhellen, nicht so sein. "Die menschliche Natur ist ein Universale, das nicht als solches existiert und immer nur in Einzelwesen erkennbar ist. ( ... ) Wie vollzieht sich nun unsere Erkenntnis der menschlichen Natur? Die Antwort lautet: Durch Abstraktion, das heißt durch das Herauslösen der dem Menschen allgemein und dauerhaft zukommenden Bestimmungen aus der Vielzahl der individuellen und wandelbaren Gegebenheiten. Dabei müssen wir uns allerdings darum bemühen, die allgemeinen Bestimmungen des Menschen möglichst vollständig zu erfassen, um einseitige und damit notwendig fehlerhafte Schlußfolgerungen zu vermeiden." 178 Ein Fehler der Spätscholastik sei es gewesen, die fixierte Wesenheit als Prämisse eines rein deduktiven Syllogismus einzusetzen. 179 Dabei nahmen diese Scholastiker in die Prämisse zeitbedingte geschichtlich-kulturelle Elemente auf, die als solche keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben können. 180 Dem gleiUtz, Auf der Suche nach der Natur des Menschen, 56. A. F. Utz, Die menschliche Natur als Grundlage der Sittlichkeit, 180 und 181. 179 Vgl. Utz, Auf der Suche nach der Natur des Menschen, 57. 180 Utz nennt als Beispiel die Definition der Familie als Konsum- und Produktivgemeinschaft (Auf der Suche nach der Natur des Menschen, 57). - J. Ratzinger warnte einmal vor bestimmten neuscholastischen Deduktionen, da es in ihnen "so etwas wie ,ideologische' Elemente gebe, daß heißt Gedankengänge, die nur scheinbar naturrechtlieh oder theologisch sind, in Wirklichkeit aus einer als ,natürlich' empfundenen geschichtlichen Sozialstruktur kommen, die so unter der Hand als normativ erklärt werden". ( ... ) "Da solche Deduktionen keineswegs für jedermann zwingend sind, sie jedoch mit der Absicht aufgestellt wurden, Glaubenslehren als auch von der bloßen Vernunft her verbindlich zu erweisen, wurde nun für den vernünftigen Charakter dieser Schlußfolgerungen die Autorität der Kirche in Anspruch genommen, so daß einerseits der Erweis der Vernünftigkeit den schwankenden Glauben stützen, andererseits die Autorität des Glaubens die ungewisse Vernunftsicherheit ergänzen sollte", so Ratzinger in seinem Beitrag ,,Naturrecht, Evangelium und Ideologie in der katholischen Soziallehre", in: Christlicher Glaube und Ideologie. Hg. von K. von Bismarck und W. Dirks, Stuttgart-Berlin-Mainz 1964, 24-30, hier: 24 und 26; vgl. auch die Kritik Wilhelm Webers an Ratzingers Aufsatz: Anfragen an die Soziallehre der Kirchen, in: JCSW 13 (1972), 27 - 53 (wiederabgedruckt in: Ders., Person in Gesellschaft. Aufsätze vor dem Hintergrund der christlichen Soziallehre, Paderborn 1978,38-63, hier: 39-46). Zum Ideologieverdacht vgl. auch M.D. Chenu, La "doctrine sociale" de I'Eglise comme ideologie, Paris 1979; P. Hafner, Katholische Soziallehre und Ideologie. Zeitbedingte Elemente in der Eigentumslehre 177 178

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chen Fehler sind, wie U tz in diesem Zusammenhang ausführt, in noch stärkerem Maße die Vertreter des rationalistischen Naturrechtsdenkens erlegen. 181 Welcher Ausweg bietet sich nun aus dem Dilemma zwischen nicht exakt definierbarem universalem Grundbefund und fixierter, zeitbedingter Wesenheit? Utz räumt ein, daß für den Bereich der äußeren, auch experimentell feststellbaren Erfahrung die Ersetzung des Begriffs der Wesenserkenntnis durch den der Theorie, wie er in den modemen Naturwissenschaften verwendet wird, zu rechtfertigen sei. Wenn es sich allerdings um die Moralität des Menschen handele, leiste die innere Erfahrung bessere Dienste als die äußere. 182 Sie kann uns das Wesen des Menschen, sein Personsein aus eigener, unmittelbarer Nähe erschließen. 183 Besonders im Hinblick auf die Bestimmung des Menschen als ein moralisches Wesen ist eine Analyse der inneren Erfahrung unumgänglich. De facto kommt bei der Untersuchung der menschlichen Wertordnungen immer die innere Erfahrung zur Anwendung; 184 ein Verzicht auf sie ist nicht möglich, da selbst deskriptive Darstellungen implizit auf sie zurückgreifen. Utz faßt sein Ergebnis zusammen: "Die richtig verstandene Naturrechtslehre tritt für nichts anderes ein als für die Möglichkeit, universale Lebensnormen durch innere Erfahrung zu gewinnen. Ihre Vertreter sind sich dabei bewußt, daß diese Lebensnormen stets in Worten formuliert werden, die aus ihrer Umwelt stammen. Darin liegt die Dynamik des Naturrechts." 185

Auch in diesem Punkt ergibt sich eine grundsätzliche Differenz zum Rechtspositivismus. Kelsen lehnte entschieden die Vorstellung von einem wandelbaren und damit dynamischen Naturrecht ab. Die Theorie vom wandelbaren Naturrecht sei die Reaktion auf den unwiderlegbaren Einwand, "daß die Naturrechtslehre bisher nicht im Stande war, allgemeine, immer und überall, unter allen Umständen gültige Normen gerechten Verhaltens zu formulieren, das heißt ein unwandelbares Naturrecht festzustellen". 186 Weder aus einem unwandelbaren, noch aus einem der Enzyklika Leos XIII. "Rerum novarum", in: Civitas 35 (1980),412-459; O. Hö!fe, Ist die katholische Soziallehre eine Ideologie? In: Civitas 36 (1981), 745 - 763. 181 Zur Geschichte des Naturrechtsdenkens vgl. E. Wolf, Das Problem der Naturrechtslehre. Versuch einer Orientierung, Karlsruhe 1955; O. Hö!fe, Naturrecht 11, in: StL 7m, 1987,1299-1306; L. Honnefelder, Naturrecht und Geschichte. Historisch-systematische Überlegungen zum mittelalterlichen Naturrechtsdenken, in: Naturrecht im ethischen Diskurs. Hg. von M. Heimbach-Steins, Münster 1990, 1- 27; zum rationalistischen Naturrecht vgl. F. Furger, Einführung in die Moraltheologie, Darmstadt 1988, 153 f. 182 Vgl. Ethik, 17 - 21. 183 Man beachte den wichtigen Hinweis, den Utz in diesem Zusammenhang liefert: Bei der Erforschung der inneren Erfahrung muß stets der Unterschied zwischen dem eigenen individuellen Sein und dem Mensch- und Personsein überhaupt im Bewußtsein bleiben; ansonsten ergibt sich die Gefahr eines ethischen Subjektivismus (vgl. Auf der Suche nach der Natur des Menschen, 59). 184 Vgl. dazu oben Abschnitt IV / 1. 185 Utz, Auf der Suche nach der Natur des Menschen, 60. 186 Kelsen, Reine Rechtslehre, 430.

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

wandelbaren Naturrecht könne man Seins-Regeln zu Soll-Regeln transponieren - hier unterstellt Kelsen der Naturrechtslehre den naturalistischen Fehlschluß. 187 "Wenn die Natur des Menschen nicht unwandelbar ist, wenn aus ihr - wenn überhaupt Normen, so doch - keine unwandelbaren Normen gerechten Verhaltens deduziert werden können, kann es nicht ein Naturrecht, das als fester, absoluter Maßstab für die Bewertung der Gestaltung positiven Rechtes dienen kann, sondern muß es verschiedene, einander möglicherweise widersprechende Naturrechte, das heißt aber Gerechtigkeitsnormen geben, die nur relative Werte konstituieren. Das ist aber der Standpunkt des relativistischen Positivismus." 188 Damit verkehrte Kelsen die Utzsche Auffassung in ihr Gegenteil. Er bedachte bei seiner Kritik jedoch nicht, daß die Dynamik oder Wandelbarkeit des Naturrechts nicht die inhaltliche Seite der Normen betrifft - sie ergibt sich ja aus der allgemeinen Natur, dem sittlichen Naturgesetz - sondern die jeweils konkreten Realisierungsbedingungen dieser Normen. Kelsen kann aufgrund seiner erkenntnistheoretischen Ausgangsposition die Naturrechtsphilosophie nicht verstehen, da sich ihm von vornherein die Vorstellung einer abstraktiven Realerkenntnis verschließt. Nur auf diesem Weg vermag man, wie es Utz tut, zur analogen Normauslegung und damit zu einem dynamisch-konkreten Naturrechtsverständnis zu gelangen.

3. Zum Problem des naturalistischen Fehlschlusses und die Konsequenzen für die Ethik als Wissenschaft a) Eine Rekapitulation der zentralen Elemente der Utzschen Ethikkonzeption als Folie für die Diskussion des naturalistischen Fehlschlusses "Jede Ethik ist wiederum letztlich davon abhängig, mit welchem Blick der Mensch und seine Umwelt gesehen werden."189 Zweifellos trifft diese Beobachtung von Utz zu. Betrachtet man die von ihm vertretene seinsphilosophisch orientierte Ethik, so liegt die Frage nahe, wie denn diese Ethik dem Vorwurf des naturalistischen Fehlschlusses begegnen will. Gerade auf sie müßte ja die Kritik zutreffen, hier werde in unzureichend begründeter Weise vom Sein aufs Sollen geschlossen. Bevor aber diese Kritik im einzelnen zu behandeln ist, sollen, der besseren Übersichtlichkeit halber, kurz die wichtigsten Elemente der Utzschen Ethik in Erinnerung gerufen werden. Wie dargestellt wurde, fußt nach Utz jede Erkenntnis auf der Erkenntnis des Seins. Die praktische Vernunft des Menschen spricht spontan und mit Notwendig187 Vgl. zu diesem generellen Vorwurf an die Naturrechtslehre den folgenden Abschnitt. 188 Kelsen. Reine Rechtslehre, 430 f. 189 Utz. Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik, 161.

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keit den Imperativ aus: bonum faciendum, malum vitandum. Mit Thomas versteht Utz dabei das bonum im Sinne des bonum onticum. Die Moral beginnt also bei einem seinsmäßigen Subjekt, das sich im obersten Imperativ aus Notwendigkeit dem Sein zuwendet. Denn auch der Wille ist als "Natur" auf das Sein als solches ausgerichtet. Die Scholastik spricht in diesem Zusammenhang von einer transzendentalen oder wesentlichen Harmonie zwischen Willen und Vernunft. Der Terminus "transzendental" ist im Sinne einer realbestimmten Metaphysik, nicht im Sinne der kantischen Transzendentalphilosophie zu verstehen. Es stellt sich nun die Frage, ob damit der absolute Imperativ nicht doch aus der Ordnung der Kausalitäten entnommen wird und letztlich nur bedingt ist? Eine solche Frage beantwortet Thomas, dem Utz hierin folgt, mit dem Hinweis, daß die praktische Vernunft und der Wille als "Natur" Geschöpfe Gottes sind. Der Gottesbegriff wird dadurch, wie gezeigt worden ist, zur Grundlage einer realistischen Ethikkonzeption, wobei das Adjektiv ,realistisch' die diese Ethik kennzeichnende Realerkenntnis zum Ausdruck bringt. Der Gottesbegriff ist aber darüber hinaus für Utz entscheidend, um dem Vorwurf des naturalistischen Fehlschlusses zu begegnen. Verzichtet man auf diesen Begriff, dann bleiben seiner Ansicht nach nur drei Möglichkeiten zur Auswahl: entweder die Normen rein biologisch oder soziologisch zu erklären, d. h. auf eine eigentliche Ethik zu verzichten, oder sich wie Marx den Menschen als seinen eigenen Schöpfer vorzustellen, der sich die Maßstäbe seines Handeins selbst setzt, 190 oder schließlich die idealistische Haltung der Transzendentalphilosophie Kants einzunehmen und eine formale Ethik zu konzipieren. "Eine grundlegend andere Richtung nimmt die Ethik, wenn wir darlegen können, daß die Existenz des Schöpfergottes durch die menschliche Vernunft erkannt werden kann. Mensch und Welt zeigen sich dann als von Gott geschaffen und von seiner Vernunft als Schöpfergott innerlich geordneter Kosmos. Dies ist dem Menschen vorgegeben und deshalb seinem unbeschränkten Zugriff entzogen. Damit erweist sich die Vernunft des Schöpfers als Urgrund und oberste Instanz der sittlichen Ordnung." 191 Zugleich ergibt sich die Verpflichtung, die Natur des Menschen als vorgegebene Norm aufzufassen. Vom Schöpferbegriff aus ergibt sich die Erkenntnis, daß die praktische Vernunft des Menschen an der befehlenden Vernunft Gottes partizipiert. Die Partizipation entlarvt den Vorwurf der Heteronomie, d. h. der Fremdbestimmung in der Sittlichkeit durch einen voluntaristisch vorgestellten Gott, als haltlos. Die in der Tradition des scholastischen Denkens stehenden Moraltheologen haben niemals das Ewige Gesetz als eine heteronome Norm aufgefaßt. Sie waren vielmehr davon überzeugt, daß das Ewige Gesetz in der Natur sichtbar wird und mittels 190 Vgl. dazu K. Marx, Nationalökonomie und Philosophie, in: Ders., Die Frühschriften. Hg. von S. Landshut, Stuttgart 1971, 247 f. sowie Ders., Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung, in: ebd., 207 f. 191 Vgl. Utz, Zur Grundlegung einer realistischen Sozialethik, 162.

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der praktischen Vernunft, die ihrerseits als Partizipation des göttlichen Gesetzes ethisch legitimiert ist, erschlossen werden könne. Ein guter Akt ist dieser Auffassung zufolge nicht deswegen gut, weil er sich als Erfüllung des göttlichen Willens betrachten kann, sondern weil er der durch keine ungeordneten Strebekräfte verfälschten praktischen Natur des Menschen entspricht. Daraus kann man folgenden Schluß ziehen: Zum sittlichen Akt gehört nicht notwendigerweise das Bewußtsein, sich einem göttlichen Gesetz unterzuordnen, wenngleich es sich faktisch dennoch um eine Unterordnung unter das immanent im natürlichen Gesetz enthaltene göttliche Gesetz handelt. Nur mit Hilfe dieser Vorstellung bleibt der Absolutheitsanspruch des obersten praktischen, physisch existierenden Imperativs gewahrt. Universale Gültigkeit liegt lediglich da vor, wo es sich um eindeutige Wesensstrukturen handelt, die ihrer abstrakten Natur nach unabänderlich sind. Utz hat verschiedentlich, darauf wurde bereits hingewiesen, vor dem Fehler früherer Naturrechtsethiker gewarnt, jedwede Norm mit diesem Anspruch aufstellen zu wollen. b) Die Ethik als Wissenschaft und der naturalistische Fehlschluß Ethik, verstanden als die philosophische Wissenschaft vom Sittlichen, reduziert sich nicht auf die Beschreibung VOn Fakten und ihre Erklärung durch Theorien; der Anspruch der Ethik reicht weiter. Es ist der Versuch, normative Aussagen über menschliches Handeln zu formulieren. Diese normativen Aussagen müssen sich, wollen sie dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit genügen, vor den Kriterien der Rationalität legitimieren. 192 Es handelt sich jedoch im Grunde um eine alte Problemstellung, denn Aristateles versuchte bereits in seiner ,,Nikomachischen Ethik" den Nachweis der Wissenschaftlichkeit der Ethik zu liefern. 193 Die VOn ihm konstatierte Konvergenz von ens und bonum sollte die ethische Diskussion in der mittelalterlichen Philosophie nachhaltig beeinflussen. Insbesondere die Scholastiker bemühten sich, ethische Forderungen aus dem Sein abzuleiten. Oftmals wurden solche Versuche durch schöpfungstheologische Reflexionen gestützt: man erschloß aus der Natur den Schöpferwillen Gottes. Das Sein des Menschen enthielt, so schien es, das ganze Sollen des Menschen. Es konnte nicht ausbleiben, daß sich gegenüber einer solchen Auffassung Kritik regte. Infolge gewandelter Voraussetzungen - insbesondere die Metaphysik, einst die weitgehend unumstrittene Grundlage der mittelalterlichen Philosophie, sah sich seit Beginn der Neuzeit einer kritischen Hinterfragung ausgesetzt, 192 Vgl. zum folgenden M. Fuchslach, Metaethik und theologische Ethik. Der Personalismus als Versuch einer auf Erfahrung begründeten Ethik, St. Ottilien 1988, 14-18; A. Hügli, Art. Naturalismus, ethischer, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. von J. Ritter (t) und K. Gründer, Darmstadt 1984,519-523. 193 So z. B. in NE 1095, a 10-15.

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- war es dann die von den Zeitgenossen noch nicht in ausreichendem Maße gewürdigte Schrift David Humes "Treatise of human nature" (1739/40), die die ethische Konzeption des Mittelalters mit ihrer Verschränkung von Sein und Sollen als logisch unstimmig verwarf. Seine These von der Unmöglichkeit einer von metaphysischen Voraussetzungen ausgehenden Ethik sollte ihrerseits die philosophische Diskussion der Nachwelt beeinflussen. 194 Hume sah die Ableitung von Normativsätzen aus Indikativsätzen als logisch nicht haltbar an, obwohl es keinem Scholastiker eingefallen ist, aus Indikativsätzen Sollaussagen abzuleiten. Wenn das Sollen in den Prämissen fehlt, dann kann es auch nicht in der conc1usio enthalten sein. Hume kennzeichnete aus diesem Grund den Übergang von Indikativ- zu Normativsätzen als logischen Fehlschluß. 195 G. E. Moore sprach in Anlehnung an Hume in seinen 1903 in Cambridge veröffentlichten "Principia Ethica" vom sogenannten "naturalistischen Fehlschluß". 196 Hatte Hume logisch-formal argumentiert und den Nachweis geführt, "daß die Eigenschaft ,gut' nicht auf empirische Prädikate rückführbar ist und aus empirischen Sätzen weder deduktiv noch durch logische Analyse Sätze über das Gute gewonnen werden können, führt Moore in erster Linie semiotische Gründe an. Gut ist eine einfache Eigenschaft, die nicht definierbar ist, da eine Definition im Grunde einen zusammengesetzten Begriff zerlegt." 197 Moores Ansicht zufolge sind Aussagen darüber, was gut ist, niemals - selbst in ihrer allgemeinsten Form - analytische, sondern stets synthetische Aussagen.

Otfried Höfte spricht präzisierend auch von einem "deskriptiven Fehlschluß", da es sich weniger um einen naturalistischen als um einen metaphysischen Fehlschluß handelt. "Das Gemeinsame beider Fehlschlüsse liegt darin, daß ein sittlichnormativer Begriff, der des an sich Guten, mit Hilfe deskriptiver Termini definiert wird. Insofern könnte man präziser von einem deskriptiven Fehlschluß sprechen, zu dem der naturalistische Fehlschluß nur eine Unterart darstellt." 198 Dieser Einwand gegen das Naturrecht betrifft jedoch nicht alle Naturrechtslehren. Das klassische Naturrecht, wie es etwa von Thomas von Aquin vertreten wurde, kann mittels des Vorwurfs eines deskriptiven Fehlschlusses nicht widerlegt werden. Im klassischen Denken wird nämlich Sein nicht als Faktizität, sondern als Wesenswirklichkeit gedeutet. Es kann nicht zum Gegensatz zwischen 194 Vgl. z. B. I. Kant, Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, in: Werke III, 115 f. 195 Vgl. zu Hume den Artikel von J. Kulenkampft, David Hume, in: Klassiker der Philosophie. Hg. von O. Höfte, I, München 1981,434-456, besonders: 449-455. 196 G. E. Moore, Principia Ethica. Dt. Übers. von B. Wisser, Stuttgart 1970,39-41. 197 Fuchsloch, Metaethik und theologische Ethik, 16. 198 O. Höfte, Naturrecht ohne naturalistischen Fehlschluß: ein rechtsphilosophisches Programm, Wien 1980, 11 (zitiert bei M. Fuchsloch, Metaethik und theologische Ethik, 16 Anm. 7); vgl. auch seine gleichnamige Studie in: Zeitgenössische Rechtskonzeptionen. Verhandlungen auf dem 9. Weltkongreß der IVR (Basel 1979), Teil 4. Hg. von P. Trappe, Wiesbaden 1983, 391-412.

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rein deskriptiven Prämissen und rein normativer Konklusion kommen. "Das formallogische Problem eines Sein-Sollen-Fehlschlusses entfällt somit. Im entelechialen Denken der klassischen Tradition ist Sein vielmehr ein steigerungsfahiger Begriff: Gutsein bedeutet Wesensvollkommenheit, Bösesein das Verfehlen des eigenen Wesens oder das Zurückbleiben hinter den Möglichkeiten." 199 Utz selbst warnt vor der Gefahr des naturalistischen Fehlschlusses. "Die christliche Philosophie kann vom Sein nicht absehen, da alles Soll nur ein Soll von Seiendem ist, wie alle Vollkommenheit, jedes Ideal immer die Vollkommenheit und das Ideal von vorgegebenen Seienden darstellt. Andererseits ist aber gerade diese christliche Sicht der Gefahr ausgesetzt, das Soll naturalistisch zu fassen, als ob das Soll als solches vom Sein abgeleitet würde."2°O Utz differenziert demzufolge zwischen dem Charakter des Solls, das letztlich in einem göttlichen Befehl begründet liegt und der praktischen Vernunft immanent ist, und dem Inhalt des Solls, der dem Sein entnommen ist.

Damit stellt sich jedoch erneut eine Frage: Wie verträgt sich mit der Finalität, der der Mensch sich nicht entziehen kann, die Rede von dem moralischen, d. h. selbstverantwortlichen Wesen des Menschen? Die Naturnotwendigkeit der Finalität schließt die freie Willensentscheidung nicht aus. 201 Im Bereich des Willens ist allein das oberste Prinzip, das ontische Sein, naturnotwendig als Handlungsnorm anzuerkennen: das (ontisch) Gute ist zu tun. Im weiteren, konkreteren Prozeß der Willensbildung sieht sich der freie Wille der Pflicht gegenüber, den obersten Imperativ, der im Diktat der Synderesis zum Ausdruck kommt, konkret zu erfüllen. Dennoch bleibt die Rede von der Freiheit des Menschen angemessen. Die Freiheit ist für alle Urteile gewahrt, die nicht wie der oberste Imperativ naturhaft spontan erfolgen, sondern als Konkretisierungen des allgemeinsten Imperativs eine plurale Formulierung zulassen.

VI. Die besondere Bedeutung der Normenlogik im Utzschen System Dem Anliegen der wissenschaftlichen Fundierung der Sozialethik dient auch die Erstellung einer in sich konsistenten und stringenten Normenlogik in Ethik und Rechtsphilosophie. Man kann die rechtsphilosophischen Arbeiten von Arthur F. Utz im Hinblick auf ihr zentrales Anliegen folgendermaßen charakterisieren: Sie wollen eine tragfähige Alternative zum transzendentalen Begründungsansatz Kants entwickeln. Kants Begründung der Normen krankt gemäß der Utzschen Interpretation an ihrer Beschränkung auf rein idealistische und darum im Hinblick auf die Wirklichkeit nur formal geltende Kriterien. Die inhaltliche Seite der Detjen, Neopluralismus und Naturrecht, 644. SE 1,315. 201 Vgl. Utz, Die menschliche Natur als Grundlage der Sittlichkeit, 180. 199

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VI. Besondere Bedeutung der Normenlogik

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Normen wird von Kant als nicht im eigentlichen Sinne verifizierbar qualifiziert und damit aus dem Bereich der theoretischen, philosophisch-wissenschaftlichen Bemühungen ausgegrenzt. Trotz des grundsätzlichen Unterschiedes zu Kant, von dem schon öfters gesprochen worden ist, respektiert Utz aber die logische Konsequenz einer transzendentalen Normbegründung. 202 Die Frage nach dem Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit war infolge der Schrecken nationalsozialistischer Willkürherrschaft nach dem 2. Weltkrieg verschärft aufgebrochen. Insbesondere die Unterwanderung des Justizapperates und der Rechtsprechung mit ihren ungeheuerlichen, die Menschlichkeit verhöhnenden Folgen warf nach dem Krieg die Frage nach den Gründen für diesen Mißbrauch auf. Als vermeintliche Ursache ermittelte man rasch die rechtspositivistische Orientierung der Jurisprudenz. In der Folge entzündete sich eine leidenschaftliche Auseinandersetzung für und wider den Rechtspositivismus. 203 Insbesondere warf man ihm die Unfahigkeit vor, sich gegen ideologische Vereinnahmungen zu wehren. Hans Kelsen, der philosophische Begründer des Rechtspositivismus, der in seinem rechtsphilosophischen Entwurf am konsequentesten die kantischen Prämissen aufgriff und weiterentwickelte, wies seinerseits diese Vorwürfe zurück. Die Reine Rechtslehre stelle vielmehr eine Theorie des positiven Rechts dar, die in keiner Weise politischen Interessen diene und darum frei von ideologischen Vereinnahmungen sei. 204 Diese idealistische, neukantianisch geprägte Rechtstheorie kann jedoch, bei all ihrer bewundernswerten Logik, zu gleichermaßen unmenschlichen Konsequenzen führen, nämlich in Extremfällen, wenn z. B. ein positives Gesetz denn nur ein solches kann Gegenstand dieser Rechtstheorie sein - ein solches Maß an Ungerechtigkeit erreicht, daß ihm die Geltung, ja der Rechtscharakter abgesprochen werden muß.205 Zu solchen Extremfällen kann es durchaus kommen, da der Positivismus unter Recht lediglich eine mit Zwang ausgestattete soziale Norm versteht. 206 Recht gibt es demnach überall dort, wo soziale Normen ihre Effizenz in der Wirklichkeit beweisen, "sei dies nun in einer freiheitlichen Demokratie oder in einem kommunistisch organisierten Zwangssystem."207 Utz 202 Vgl. auch die Bewunderung, die Utz gegenüber der transzendentalen Normbegründung in der Reinen Rechtslehre Kelsens zum Ausdruck bringt, in: DThA 18,433 (Nachfolgefassung, 276, 456). Zur Auseinandersetzung mit Kelsen vgl. auch A. F. Utz, Die Gerechtigkeit, der Prüfstein naturrechtlichen Denkens. Zur neuesten Naturrechtskritik von Hans Kelsen, in: NO 15 (1961), 187 -194 (wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 225-234).

203 Vgl. die Dokumentation: Naturrecht oder Rechtspositivismus? Hg. von W. Maihofer, Darmstadt 1962. 204 Vgl. Kelsen, Reine Rechtslehre, 112. 205 So G. Radbruch in der dritten Auflage seiner "Rechtsphilosophie", worauf H. Schambeck aufmerksam macht: Ethik und Staat, Berlin 1986,56 f. 206 Vgl. Kelsen, Reine Rechtslehre, 34 ff. 207 A. F. Utz, Ethik und Staat, in: ARSP 76 (1990), 544. 6 Kettern

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

weist darauf hin, daß Kelsens System in der Praxis einen Bruch in seiner Logik verlangt. 208 Utz erkennt die Logik der Reinen Rechtslehre an. Das Grundanliegen des Rechtspositivismus, die Sicherung der rechtsstaatlichen Prinzipien, die Gewährleistung der Rechtssicherheit, schätzt er nicht gering. Er möchte allerdings die oberste Norm jeglichen Rechts am Sein festmachen, letztlich damit dem Recht die Moral vorordnen. Er kann dies nur, wenn er, wie dargestellt wurde, im Gegensatz zu Kant die oberste Norm des Rechts im Schöpfergott findet. Nicht daß er im sogenannten ewigen Gesetz das, was natürliches Recht ist, ablesen würde, wie es Kelsen der thomistischen Naturrechtslehre im Anhang zur 2. Auflage der "Reinen Rechtslehre" fälschlicherweise unterstellt, 209 sondern indem er, wie schon erwähnt, das ewige Gesetz einzig als Begründung für die rechtsetzende Vernunft und die Verbindlichkeit der in der Natur vorfindlichen Wesensstrukturen begreift. Gott ist somit ebenfalls nur die Bedingung von Gesetz und Recht, diesmal aber nicht wie die oberste Norm in der Transzendentalphilosophie Kelsens nur die logische, sondern die reale Bedingung. 210

VII. Der zentrale Begriff der Sozialethik bei Utz: das Gemeinwohl Wie der Mensch in seinem Streben nach persönlicher Vollkommenheit das vorgegebene Ziel suchen muß, so ist dies auch der Gesellschaft als Ganzer auferlegt. Gemäß Utz kann darum die Sozialethik nicht mit den Handlungsprinzipien, gewissermaßen den Spielregeln gesellschaftlichen Zusammenlebens (Subsidiarität, Solidarität, goldene Regel usw.) beginnen, denn diese sind Koordinationsanweisungen von Handlungen, deren sinnvoller Einsatz die Bestimmung des Sozialzweckes, d. h. des Gemeinwohls voraussetzt. Utz unterscheidet darum präzis zwischen Gemeinwohl und sozialen Handlungsprinzipien. 211 Die Unterscheidung zwischen dem übergeordneten Gemeinwohl und den Handlungsprinzipien, die auf seine Realisierung abzielen, läßt Utz, wie noch zu zeigen sein wird, durchaus pragmatische Überlegungen formulieren. Sie können an dieser Stelle, die den kurzen Überblick über einige markante und für die Vgl. ebd. Vgl. z. B. Kelsen, Reine Rechtslehre, 407. 210 Vgl. Nachfolgefassung, 238. 2ll Die klare Trennung zwischen Prinzipien- und Handlungsebene unterscheidet Utz von einem Großteil heutiger Vertreter der katholischen Soziallehre. Am deutlichsten und mit scharfer Kritik hat Utz diese Frontstellung in seinem Artikel "Der Mythos des Subsidiaritätsprinzips" eingenommen, in: NO 10 (1956), 11-21. Vgl. zu dieser Unterscheidung der Ebenen die Bemerkungen H. B. Streithofens, Das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg. Eberhard Welty - Arthur F. Utz, Versuch einer Würdigung, in: A. F. Utz, Ethik und Politik, 13-31, hier: 25-31. 208

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VII. Der zentrale Begriff: das Gemeinwohl

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Utzsche Philosophie bzw. Ethik typische Elemente abschließt, nur angedeutet werden. Wenngleich das Gemeinwohl an sich die persönliche sittliche Vervollkommnung aller Glieder enthalten sollte, so erkennt Utz mit Thomas von Aquin die Unmöglichkeit an, alle sittlichen Forderungen, die an die einzelne Person gerichtet sind, ins konkret definierte Gemeinwohl aufzunehmen. Gesetze zu erlassen, die überhaupt nicht oder nur von vollkommenen Menschen beachtet werden, sind nach Thomas, 212 unangebracht und zwecklos. Utz sieht deshalb bei der Gesetzesformulierung die Möglichkeit gegeben, gemäß dem Prinzip "trial and error" pragmatisch vorzugehen. Einzig bei Objekten, die per se und univok als moralisch schlecht zu bezeichnen sind (z. B. Abortus) vermag Utz keine verantwortbare Möglichkeit der Angleichung an das Wertempfinden der Gesellschaftsglieder zuzugestehen. 213 Der Begriff des Gemeinwohls spielt in der Utzschen Sozialethik eine erheblich bedeutsamere Rolle als bei anderen Autoren. Eine der zentralen Fragen der vorliegenden Arbeit wird deshalb die Definition des Gemeinwohls zum Gegenstand haben, wie sie speziell bei Utz entwickelt wird. 214 Da das Gemeinwohl einer konkreten Gesellschaft immer auch einen konkreten Inhalt besagt, der nicht mit der Summe der Meinungen und Strebungen der einzelnen Gesellschaftsglieder zusammenfällt, sondern allen Individuen vorgeordnet ist und sie unter Berücksichtigung ihrer Individualität zu einer Ganzheit vereinigt, läßt es sich gemäß Utz - dies gilt in erster Linie vom Staat - nur in Berücksichtigung der von allen vertretenen Interessen definieren. Die allgemeingültige Norm findet Utz zwar in der natura humana, ihre Konkretisierung hat aber in der unübersichtlichen Gesellschaft unter starker Angleichung an die Interessen der Gesellschaftsglieder zu erfolgen, wie noch näher zu zeigen sein wird. Um die Bewandtnis der Überordnung des so definierten Gemeinwohls zu garantieren, muß es durch die legitime Autorität formuliert sein. Bereits hier wird deutlich, wie schwierig unter Umständen die Bestimmung des Gemeinwohls sein kann. Interessenskonflikte sind vorhersehbar und es stellt sich die Aufgabe, wie sie zu lösen sind. In einer von pluralen Wertvorstellungen geprägten Gesellschaft, die zudem, wie es etwa in den westlichen Industriegesellschaften der Fall ist, demokratisch legitimierte politische Strukturen aufweist, dürfte letztlich der sogenannte Mehrheitsentscheid den Ausschlag geben. Ob das aber dem von Utz vertretenen Gemeinwohlverständnis entspricht, wird abzuklären sein. 212 STh I-lI 96, 2; lI-lI 69, 2 ad 1; lI-lI 77, 1 ad 1; lI-II 78, 1 ad 3; De Malo 13, 4 ad 6; Quodl. 1I 5, 2 ad 2. m Vgl. zur Frage der Abtreibung die diesbezügliche Auffassung von Utz: Die christliche Konzeption der pluralistischen Demokratie, in: Ethische und soziale Existenz, 164 und 166; Ders., Die moralische Verantwortung des Gesetzgebers, in: gpk 32 (1991), 42-45, hier: 45. 214 Vgl. unten das fünfte Kapitel.

6*

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2. Kap.: Charakteristische Merkmale der Sozialethik von Utz

VIII. Zusammenfassung Wenn man die bisher gewonnenen Erkenntnisse über die Struktur der Utzschen Sozialethik kurz zusammenfaßt, so ergibt sich folgendes Bild. Utz entwirft eine systematisch angelegte, sich auf der Grundlage der abstraktiven Realerkenntnis aufbauende, naturrechtlich argumentierende Sozialethik, deren Zentrum das sich aus der Sozialnatur des Menschen ergebende Gemeinwohl ist. 215 Utz steht insgesamt in der Tradition des aristotelisch-thomasischen Sozialdenkens, wenngleich es in einzelnen Fragen zu Abweichungen kommt. Besonders auffällig ist in diesem Zusammenhang der Versuch von Utz, seinen Entwurf gegenüber der kantischen Transzendentalphilosophie mit ihrer formalen Ethik abzugrenzen. Dieser Versuch wird deutlich an der verschiedentlich aufgezeigten Diskussion zwischen dem Rechtspositivismus Kelsens und der metaphysischen Naturrechtsphilosophie Utzscher Prägung. Aufgrund der unterschiedlichen erkenntnistheoretischen Voraussetzungen sieht U tz keine Möglichkeit einer Verbindung zwischen der von ihm vertretenen thomasischen Sozialphilosophie und entsprechenden Überlegungen Kants.

Im Hinblick auf die Grundstruktur der Sozialethik konnte bereits auf den von Utz mit Nachdruck unternommenen Versuch aufmerksam gemacht werden, die Eigenständigkeit der Sozialethik gegenüber der Individualethik herauszuarbeiten. Ihr methodisches Vorgehen orientiert diese Sozialethik - gleiches gilt für die Utzsche Ethik insgesamt - an der inneren Erfahrung. Im Ausgang vom Gewissen als dem absolut geltenden Verantwortungsbewußtsein erstreckt sich die sittliche Erkenntnis des Menschen vom obersten Imperativ ("bonum est faciendum, malum est vitandum") bis in die konkreten Problemstellungen des Alltags. Richtlinien sind dabei die sich aus der Natur des Menschen ergebenden Prinzipien, unter denen das Gemeinwohl eine zentrale Stellung einnimmt. Die Prinzipien besitzen demnach normativen Charakter. Die konkrete Wirklichkeit sowie die in ihr gegebenen Handlungsmöglichkeiten sind von der menschlichen Vernunft im Hinblick auf die beste Realisierung dieser Prinzipien zu untersuchen. Die Abhängigkeit der faktischen Gültigkeit der abstraktiv erkannten Prinzipien vom Kontext der sozialen Bedingungen darf nicht als Wertrelativismus mißverstanden werden. Mit der Vorstellung von der analogen Anwendung dieser Normen möchte Utz sowohl der situativen Komplexität Rechnung tragen als auch der Gefahr vorbeugen, ein starres, rein deduktiv vorgehendes Naturrecht zu konzipieren. Ein solches Naturrechtsdenken, wie es sich u. a. in der rationalistischen Naturrechtsphilosophie der Aufklärung historisch manifestierte, wird nicht nur von Utz abgelehnt. Utz stellt dieser Fehlform sein Konzept eines dynamischen Naturrechts entgegen, das den Unterschied zwischen Naturgesetz (Prinzipien) und Naturrecht (Realisierung der Prinzipien in der Konkretion) respektiert. 215 Die letztgenannten Elemente der Utzschen Sozialethik bedürfen noch der weiteren Entfaltung.

VIII. Zusammenfassung

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Obwohl dieser Blick über die Grundzüge des Utzschen Denkens in erster Linie deskriptiv angelegt ist, sei zum Schluß auf Vorstellungen hingewiesen, die im weiteren Verlauf der Untersuchung noch der Klärung bedürfen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Prüfung, ob die Utzsche Sozialethik für die zukünftige Entwicklung der Christlichen Gesellschaftslehre von Bedeutung sein kann. Da wäre zum einen die Frage, inwieweit die erkenntnistheoretische Position (abstraktive Realerkenntnis) und in der Folge das Naturrecht heute noch akzeptiert werden. Nach Utz gibt es bislang keine tragfähige Alternative zu diesen Grundvoraussetzungen der traditionellen katholischen Soziallehre. Zum anderen wird durch die betont philosophische Ausrichtung der Utzschen Sozialethik die Frage aufgeworfen, ob heute, angesichts einer verstärkten Reflexion auf die theologischen Inhalte der katholischen Soziallehre, eine solche Beschränkung der Christlichen Gesellschaftslehre auf sozialphilosopische Überlegungen noch ausreicht. Bislang konnte die vorliegende Untersuchung nur die Abgrenzung der Utzsehen Sozialethik gegenüber individualethischen Überlegungen aufzeigen. Für das weitere Vorgehen empfiehlt es sich daher, zunächst jenen Gedankengang zu skizzieren, in dessen Verlauf Utz die wissenschaftstheoretische Grundlegung der Sozialethik erstellt. Hierbei werden das Objekt (das "Soziale") sowie die Stellung der Sozialethik im Kontext der anderen Wissenschaften angesprochen.

Drittes Kapitel

Die Sozialethik als Wissenschaft I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik 1. Die Notwendigkeit der Bestimmung des Sozialen Im Unterschied zur Individualethik, die die ethisch-personalen Vollzüge des Handeins und der Verantwortung des einzelnen zum Gegenstand hat, bedenkt die Sozialethik die ethische Dimension des "Sozialen". Wie aber ist nun dieses Soziale beschaffen; was genau hat man sich unter diesem Begriff vorzustellen; stellt das Soziale überhaupt eine Realität dar oder ist es vielleicht nur ein Name, der mit jedweden individuellen Phänomenen identisch sein könnte? Utz untersucht zu Beginn seiner "sozialethischen Grundlagenforschung", so der Titel der Messnerschen Rezension zum 1. Band der "Sozialethik", 1 in einem kurzen Überblick die verschiedenen Interpretationen, die das Soziale im Verlauf der europäischen Geistesgeschichte erfahren hat. Bereits hier findet sich ein Hinweis auf die zentrale Forschungsperspektive von Utz: Es gibt zahlreiche Wissenschaften, die sich mit dem Menschen als einem Gemeinschaftswesen befassen. Haben sie aber alle tatsächlich das Soziale zum Gegenstand, "d. h. etwas, was nicht das Individuum ist, auch nicht nur im Individuum sich findet, sondern etwas typisch Überindividuelles besagt, obwohl es nicht ohne die Individuen da ist"?2 Im Ringen um diesen Begriff hat sich gezeigt, daß es zahlreiche ganz unterschiedliche Versuche geben kann, sich dieser Frage nach einer eigenen Wirklichkeit des Sozialen zu nähern. Utz skizziert die Geschichte des sozialphilosophischen Denkens, 3 allerdings nicht in der Absicht, die verschiedenen Interpretationen und Fassungen des Begriffs eingehender zu analysieren. Sie bilden statt dessen nur den Hintergrund, vor dem sein Antwortversuch Gestalt gewinnen soll. 1

J. Messner, Zur sozialethischen Grundlagenforschung, in: ThGl49 (1959), 172-187.

Diese erkenntnistheoretische Voraussetzung, daß nämlich das Soziale als etwas grundSätzlich außerhalb bzw. über dem Individuum Stehendes betrachtet wird, hat der Gundlach-Schüler G. Wildmann als Ansatzpunkt für seine Auseinandersetzung mit Utz gewählt (vgl. seine Dissertation: Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, Wien 1961,5). Wildmann beschreibt Utz als den Begründer einer rein ethischen Gesellschaftslehre, einer "Sozialethik des Ethizismus" (vgl. ebd. 3). 3 Vgl. SE I, 1-14; sowie A. F. Utz, Der Kampf der Wissenschaften um das Soziale, in: NO 9 (1955), 193 - 201. 2

1. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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a) Zur Methode der Definition Für den Klärungsprozeß, an dessen Ende die erarbeiteten Definitionen des Sozialen und der Gesellschaft stehen sollen, kommt eine für das Utzsche Denken typische Vorgehensweise zur Anwendung. Franz-Martin Schmölz hat sie einmal im Hinblick auf den zweiten Band der "Sozialethik" als behutsames Sich-Herantasten an die Definition bzw. den Untersuchungsgegenstand charakterisiert. 4 Zunächst erarbeitet Utz in Anlehnung an die aristotelische Definitionslehre die Nominaldefinition des zu klärenden Begriffs, in einem zweiten Schritt entwikkelt er dann dessen Realdefinition. Aufgabe der Nominaldefinition ist es, gleichsam die "Idee" des Sozialen zu erarbeiten, also das mit dem Begriff Gemeinte in der Vielzahl der heute gebräuchlichen Verwendungen zu ermitteln. Utz erstellt damit nichts anderes als die semantische Analyse des Begriffs. Er ist sich bewußt, daß eine Differenzierung zwischen Nominal- und Realdefinition auf den Widerstand heutiger Wissenschaftstheoretiker stoßen wird. 5 Aus diesem Grund weist Utz auf den Umstand hin, daß bereits in der Nominaldefinition Inhalte angesprochen sind, die differenziert werden müssen, damit der Begriff Soziales eine Bedeutung erhält, die keinem anderen Begriff mehr zugeteilt werden kann. Im Gegensatz zum Nominalismus, der die Begriffe als bloß subjektive Bewußtseinsgebilde betrachtet und daher eine abstraktive Wesenserkenntnis ablehnt, sucht Utz in der Realdefinition nach dem real gegebenen Inhalt der Begriffe. Der Weg über die Nominaldefinition dient dazu, das in Frage stehende Objekt eindeutig zu umschreiben. Der Philosoph kann sich, wie Utz betont, mit der Nominaldefinition nicht zufrieden geben, da hinter den Begriffen eine Wirklichkeit stehe, die der Erfahrung, wie sie in der Welt der Erscheinungen gegeben ist, nicht unmittelbar oder überhaupt nicht zugänglich sei. Dies gelte in besonderer Weise für jene Begriffe, die als Ausdruck einer Beziehung fungieren. 6 Da nun aber im Bereich der Beziehung, wie er noch zeigen wolle, die Wirklichkeit des Sozialen liegt, ergebe es sich, daß erst die Bestimmung dieser bestimmten Rela4 Vgl. seine Rezension, in: ÖZÖR 15 (1965),473 f. Ähnliche Definitionserarbeitungen finden sich bei Utz z. B. in: SE III, 165-190 ("Staat"); DThA 18,428 ff. ("Recht") bzw. in der Nachfolgefassung, 270 ff. S So hältJ. M. Bochenski die Suche nach einer Realdefinition bei abstrakten Begriffen - und zu ihnen ist auch das "Soziale" zu zählen - für müßig: "Die Bedeutung des Wortes wurde rein konventionell festgelegt und sich auf die Jagd nach einer realen Definition zu machen ist Zeitverlust" (Autorität, Freiheit, Glaube. Sozialphilosophische Studien, Wien 1988, 174). 6 Vgl. SE I, 18. Mit dieser Auffassung vertritt Utz das aristotelisch-scholastische Verständnis von Definition, d. h. die Realdefinition stellt eine Wesensbestimmung dar (vgl. Aristoteles, Analytica posteriora, 93b 29-94a 19, in: Ders., Zweite Analytiken. Hg. von H. Seidl, Würzburg-Amsterdam 1984, 160-163. 292-294. 338-342). Siehe dazu auch A. Menne, Art. Definition, in: Handbuch philosophischer Grundbegriffe. Hg. von H. Krings u. a., I, München 1973,270 (im Anschluß an W. Dubislav, Die Definition, Leipzig 3 1931); H. M. Nobis / G. Gabriel, Art. Definition, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. von J. Ritter, 11, Darmstadt 1972, 31 -42.

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

tion den genauen Inhalt des Sozialen erschließe. Die Realdefinition soll, wie es im 3. Band der Sozialethik heißt, "die Ursachen angeben, die jenes Phänomen, das die Nominaldefintion ausdrückt, in der Wirklichkeit begründen. Anders formuliert: Die Realdefinition soll die verschiedenen Möglichkeiten (oder eventuell die einzige) angeben, gemäß denen das, was die Nominaldefinition meint, wirklich ist. Sie soll vor allem die verschiedenen Beschaffenheiten im Hinblick auf das entscheidende, konstitutive Element ordnen."?

b) Nominal- und Realdefinition des Sozialen aa) Die Nominaldefinition des Sozialen Zur Bestimmung der Nominaldefinition greift Utz auf vier von der Soziologie erarbeitete Bedingungen zurück. 8 Deutet bereits die Etymologie 9 und der alltägliche Sprachgebrauch an, daß sich im Begriff "das Soziale" etwas ausdrückt, was über ein einzelnes Individuum hinausgeht, so präzisiert die wissenschaftliche Verwendung in der Soziologie den Begriffsinhalt, indem sie die einzelnen Phänomene aufzählt, die zusammentreffen müssen, um den Begriff, d. h. die Nominaldefinition erstellen zu können:

1. Es muß sich um eine Mehrzahl von Menschen handeln. - Das Soziale wird damit als eine spezifisch menschliche Erscheinung verstanden. Dennoch fällt das Soziale nicht einfach mit der Natur des Menschen zusammen, da es ja gerade die Verschiedenheit der Individuen, die es zu einer neuen Einheit verbindet, voraussetzt. 10 2. Es wird der gleiche intentionale Gehalt der in Verbindung stehenden Individuen vorausgesetzt. - Utz spricht hier den geistigen Charakter der Sozialbeziehung an, das unterscheidende Merkmal zu allen Gemeinschaftsformen im Tierreich. Den "gleichen intentionalen Inhalt" faßt Utz noch genauer: "Es genügt aber nicht, daß der ,gleiche intentionale Gehalt' lediglich als Gedanke in den verschiedenen Individuen der Gemeinschaft vorhanden ist; es muß sich vielmehr um den gleichen, mit Interesse verfolgten Bewußtseinsinhalt handeln." 1\ Damit ist noch nicht die scholastische Vorstellung vom gemeinsamen Ziel, das die ? SE III, 176. Zur venneintlichen Nähe zu der hegelianisch-marxistischen Auffassung von der Wissenschaft "als einem interessierten Bemühen um Erkenntnis" siehe SE In, 170.

8 Dies geschieht im Anschluß an und in Weiterführung von N. Monzel, Struktursoziologie und Kirchenbegriff, Bonn 1939,37 ff. (so auch in der 2., berichtigten und ergänzten Auflage, Bonn 1981). 9 Socius (lat.): gemeinsam, gemeinschaftlich, verbunden; vgl. SE I, 18. 10 D. h. der Mensch erschöpft sich nicht im Sozialen, seine Natur ist nicht nur als eine Sozialnatur anzusehen, ein Gedanke, der im weiteren Verlauf der Untersuchung eine Klärung des nicht einfach zu fassenden Verhältnisses von Individual- und Sozialnatur des Menschen erfordern wird. 11 SE I, 21.

1. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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Individuen verbindet, gemeint. Soziales Geschehen realisiert sich nämlich auch schon in Streit und Kampf, ja selbst im Krieg. 3. Es bedarf ferner eines konkreten oder allgemeinen Wissens der in Verbindung stehenden Menschen voneinander und ihrer Ausrichtung auf einen gemeinsamen Interessensgegenstand. - Im Begriff des Wissens wird der gesuchte Begriff des Sozialen noch genauer gefaßt: Es reichen die naturhafte Gleichheit und die intentionale Gleichheit allein noch nicht aus, um eine Beziehung zu konstituieren. Hinzutreten muß das Bewußtsein von der bestehenden Beziehung. 4. Aus diesem Grund leuchtet das vierte Merkmal ein: Es bedarf der direkten oder indirekten Wechselwirkung zwischen den Menschen in ihrer gemeinsamen Ausrichtung. Als Ergebnis seiner Untersuchung formuliert Utz die Nominaldefinition des Sozialen: "Wechselwirkung zwischen zwei oder mehreren Personen aufgrund eines gemeinsamen intentionalen Gehaltes." 12 bb) Die Realdefinition des Sozialen Es stellt sich nun die Frage, ob dieses Soziale tatsächlich eine neue Einheit der Individuen bedeutet. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Begriff nur um eine reine Vorstellung, ein Bild ohne Wirklichkeitscharakter. Wirklich wären in diesem Fall nur die Individuen und ihre Wirkungen. Die Antwortversuche auf diese Schwierigkeit teilt Utz in zwei Gruppen: die ,individualistischen' und die ,realistischen' Erklärungen. Alle ,individualistischen' Erklärungen des Sozialen, also jene Versuche, die das Soziale nur aus der Sicht des Individuums betrachten, seien es mechanistische, biologische oder psychologische Erklärungen, greifen zu kurz, wenn auch in ihnen, besonders in den letzteren, Richtiges enthalten ist. All diese Erklärungsversuche, Utz verarbeitet im Zusammenhang dieser Überlegungen eine Fülle von Autoren,13 kranken daran, daß sie das Soziale allein vom Individuum her beurteilen. Die Psychologie vermag immerhin das Motiv zu erhellen, aus dem heraus das Individuum sich zum Sozialen bewegt. Doch: "Das Sozial- und Kollektivbewußtsein kann allein nicht genügen, eine ausreichende Definition zu geben. Wohl aber bildet es das unmittelbare Fundament der gegenseitigen Verhaftung der Menschen und damit des Sozialen als solchen." 14 Das Soziale selbst, also nicht die psychologischen Bewußtseinsinhalte des einzelnen, bleibt damit noch zu klären. Hier helfen die ,realistischen' Erklärungsversuche, die von Utz als zweite Gruppe behandelt werden, weiter. Sie fragen nach dem Sozialen als nach einer eigenen Wirklichkeit. "Das Soziale soll seinem 12 SE I, 27. Vgl. dazu auch A. F. Vtz, Zwei Fragen: Was heißt sozial? und: Was ist sozial?, in: NO 9 (1955), 266-273. 13 Vgl. SE I, 28-34. 14 SE I, 32.

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

Namen entsprechend die Individuen irgendwie verschmelzen und zu einer neuen Einheit zusammenführen." 15 Aber auch in dieser Richtung gibt es unzureichende Antwortversuche (z. B. die von Utz kritisierten sozial-biologischen Interpretationen). Eingehender befaßt er sich mit der Beziehungslehre Leopold von Wieses - ein bereits vor dem Zweiten Weltkrieg, aber auch danach weitverbreiteter soziologischer Ansatz; 16 von Wiese untersuche eine Relation, die aus wechselseitigen Prozessen entsteht, d. h. aus empirisch feststellbaren Aktivitäten. Diese Relation bezeichne die Scholastik als prädikamentale Relation. Utz setzt hier das Verständnis dieses scholastischen Begriffs voraus. Aus dem Text läßt sich aber die Definition der prädikamentalen Relation leicht ermitteln: Eine Beziehung, die in einem Prozeß, in einer Aktion begründet ist, also im Wesen des Subjekts, das aktiv ist, nicht enthalten ist, somit hinzukommt. 17 In diesem Sinne stellt die prädikamentale Relation des Sozialen eine faktische Wechselwirkung mehrerer Personen dar, die in ihrer Funktion als Beziehung über das Individuum hinausweist, gleichzeitig aber dennoch stets in den Individuen verbleibt. Den metaphysischen Grund aller sozialen Beziehungen erreicht Utz, wenn er das Soziale aus sozialethischer Perspektive als "transzendentale Relation" bestimmt. Diese liege vor der faktischen Ordnung, d. h. in der Ordnung der Natur oder des Seins, "besser und genauer gesagt: aufbauend auf der Natur, und zwar der Sozialnatur des Menschen." 18 Transzendental wird hier nicht im Sinne der SE I, 27. Von Wiese konzipierte die Soziologie als Erfahrungswissenschaft, deren Gegenstand das soziale Verhalten bildet. In seiner ,Beziehungslehre' versucht er eine systematische Ordnung des sozialen Handeins zu erstellen (v gl. L. von Wiese, Soziologie. Geschichte und Hauptproblerne, Berlin 31947). Zugleich soll die Beziehungslehre die historischgesellschaftlichen Grundlagen einer empirischen Ethik legen, und zwar mit dem durch Erfahrung und Seelenanalyse geführten Nachweis, was der Mensch für den Menschen bisher gewesen ist und was er ihm sein kann (vgl. Ders., System der allgemeinen Soziologie als Lehre von den sozialen Prozessen und den sozialen Gebilden der Menschen, Berlin 31955, 4. 88 f. 613). In seiner Kritik an von Wiese stimmt Utz mit Messner überein. Utz wendet sich gegen den Versuch von Wieses, das Soziale ausschließlich als Resultat von Wechselwirkungen und Prozessen zu interpretieren und den WirkIichkeitscharakter der Abstrakta ,Staat', ,Gesellschaft' und ,Gemeinschaft' zu bestreiten ("Es ist unmöglich, zu leugnen, daß alle sozialen Gebilde nur in der Welt unserer Vorstellungen existieren, daß sie Ideen sind", so in: L. von Wiese, Ethik in der Schauweise der Wissenschaften vom Menschen und von der Gesellschaft, Bem 1947, 184 f.). Für Utz reduziert sich das Soziale nicht nur auf das Wechselspiel von Wirkung und Gegenwirkung und die daraus resultierende Relation (vgl. SE I, 26), er versteht darunter, wie noch zu zeigen sein wird, eine besondere, real gegebene Einheit mehrerer Personen. Messner kritisiert gleichfalls, daß die individualistisch angelegte Beziehungslehre im Sozialen wie in den gesellschaftlichen Gebilden ,,kein überindividuelles Eigensein" zu sehen vermag. Vielmehr suche von Wiese das Soziale ausschließlich "aus der EigenwirkIichkeit der Individuen" (J. Messner, Das Naturrecht, 71984, 174). 17 Vgl. SE I, 38. Zum Charakter der Soziologie als einer empirischen Wissenschaft zählt auch das von ihr angewandte Verfahren der pointierend-hervorhebenden Abstraktion; vgl. SE 1,37 mit Bezug auf N. Monzel, Struktursoziologie und Kirchenbegriff, 88 ff. 18 SE I, 38. U tz legt jedoch Nachdruck auf den Hinweis, daß das Ontologische lediglich Fundament des Sozialen sein kann. Auch die gemeinsame Entelechie reiche noch nicht 15

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1. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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Kantischen Philosophie aufgefaßt - dort bezeichnet es die "Reflexion auf das erkennende Subjekt und die in ihm liegenden Bedingungen der Möglichkeit objektiver Erkenntnis." 19 "In der thomistischen Metaphysik wird der Terminus ,transzendental' gebraucht, um das zu bezeichnen, was eine oder mehrere der Seinskategorien oder Klassen überschreitet, während seit Kant der Begriff in einem gänzlich anderen Sinn verstanden wird: das erkennende Subjekt transzendiert die Sachgegenstände der Erfahrung, d. h. es wird nicht nur durch sie bestimmt, sondern bestimmt diese vielmehr selbst. Wir sprechen dann von einer transzendentalen Philosophie, wenn sie dem erkennenden Subjekt eine mehr oder minder determinierende Rolle gegenüber den Dingen zuerkennt."20 Utz faßt transzendental im Sinne der Scholastik. Der Begriff des Transzendentalen erfährt in der Scholastik besonders im Hinblick auf den Begriff der Relation eine Abwandlung, er ist kein kategorialer Begriff mehr: "Unter einer andern Rücksicht wird der Begriff des Transzendentalen im Begriff der transzendentalen Beziehung (Relation) abgewandelt; was hier transzendental genannt wird, kann zwar dem kategorialen Bereich angehören, aber nicht einer bestimmten Kategorie; nämlich nicht der Kategorie der Beziehung. So ist etwa die Beziehung des Geschaffenseins, die jedem Geschöpf wesentlich ist, nicht etwas zur Substanz des Geschöpfes als Akzidenz Hinzukommendes, sondern mit der Substanz wesentlich Mitgegebenes, obwohl es zum Begriff der Substanz (z. B. des Menschen) etwas hinzufügt."21 Im Sinne der Scholastik, der hier Utz folgt, ist, wie gesagt, eine transzendentale Relation mit dem Sein eines Dinges identisch, so daß man die Relation nicht getrennt vom Sein denken kann, weshalb sie eine "relatio secundum dici" ist, im Gegensatz zur prädikamentalen Relation, die zum Wesen hinzukommt, wie z. B. die Relation des Vaters zum Sohn aufgrund der Kategorie der actio (Zeugung) zum Wesen des Vaters hinzukommt und darum "relatio secundum esse" genannt wird. Die Sozialnatur des Menschen bezieht diesen auf einen gemeinsamen Wert. Der Wert besagt nicht nur die letzte ontische Vollendung des einzelnen als solchen, sondern ist einem jeden als gemeinsamer Inhalt und als gemeinsame Verpflichtung aufgetragen. Es handelt sich um einen Wert, auf den der Mensch zur Begründung des Sozialen aus. Damit spricht Utz das problematische Verhältnis von ontologischer Zielrichtung und ethischer Zielordnung an, ein Thema, daß von manchen Scholastikern nur ungenügend bewältigt worden sei. Sie hätten übersehen, daß zur ontischen Teleologie noch der Aspekt der Pflicht hinzutreten müsse, um eine ethische Zielordnung aufstellen zu können (vgl. SE I, 39 Anm. 35). 19 J. de Vries, Art. Transzendental, in: Philosophisches Wörterbuch. Hg. von W. Brugger, Freiburg 16 1981,410. Vgl. auch N. Hinske, Kants Weg zur Transzendentalphilosophie. Der dreißigjährige Kant, Stuttgart 1970. 20 L. J. Elders, Die Metaphysik des Thomas von Aquin in historischer Perspektive, I, Salzburg-München 1985,52. 21 J. de Vries, Art. Transzendental, in: Ders., Grundbegriffe der Scholastik, Darmstadt 21983,96 f.

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

bzw. sein Wille transzendental, d. h. aus seinem Wesen hingeordnet ist. 22 Diese Hinordnung liegt vor aller freien Entscheidung. Aus ihr ergibt sich ontologisch betrachtet die sittliche Pflicht, den Wert, der den Individuen naturhaft vorgelagert ist, anzustreben. Das bonum commune, das Gemeinwohl, wird als dieser Wert identifiziert. Es stellt einen Ganzheitswert dar, der doch den einzelnen in seiner Besonderheit beläßt. Hier ist jene Ebene der Wirklichkeit erreicht, die hinter dem Begriff des Sozialen steht. Damit erfüllen sich in der Realdefinition alle Elemente des Sozialen, wie sie in der Nominaldefinition erarbeitet wurden: Der gemeinsame intentionale Gehalt, die Hinordnung auf das Gemeinwohl, setzt die Menschen in eine bewußte Wechselwirkung. Das Gemeinwohl ist jedoch nicht mit dem Sozialen zu identifizieren, "denn der Wert allein ist noch nicht die Wechselwirkung unter den Menschen ( ... ) Es [das Gemeinwohl, B. K.] ist aber wohl dasjenige, welches das Soziale unmittelbar begründet, insofern unweigerlich jede Tat des Menschen unter diesen Wert fällt, ob der Mensch es will oder nicht."23 Gegen Othmar Spanns Universalismus 24 faßt Utz damit das Gemeinwohl als einen final begründeten ethischen, nicht bloß als einen ontologischen Begriff. Die Frage, ob dem einzelnen Menschen ein unmittelbares Bewußtsein seiner Hinordnung auf das Gemeinwohl gegeben sein muß, beantwortet Utz dahingehend, daß dieses Bewußtsein naturhaft wirklich sei, es aber selbstverständlich des aktivierten Bewußtwerdens und der weiteren Ausformung bedarf. Es wird für den weiteren Verlauf unserer Untersuchung von Bedeutung sein, wie Utz das Problem der Bestimmbarkeit des mit dem Begriff Gemeinwohl Umschriebenen zu lösen versucht. Im ersten Band seiner Sozialethik heißt es zunächst, daß die Ermittlung des bonum commune durch die analoge Abstraktion erfolge. Nur auf diese Weise seien die Individuen miterfaßt und wechselseitig aufeinander bezogen. Eine univoke Abstraktion - sie ist in der menschlichen Natur als solcher zwar gegeben - würde die Individuen unbeachtet lassen. 25 Damit ist jedes kollektivistische und statische Gemeinwohldenken ausgeschlossen. Wir bewegen uns bei der Suche nach dem gemeinschaftsbegründenden Wert ohne Zweifel auf einer hohen Ebene der Abstraktion. Kritiker dieses theoretischen 22 Vgl. SE I, 40. 23 SE I, 43. Die Sozialethik vennag deshalb auch von sozialem oder asozialem Handeln zu sprechen, nämlich im Hinblick auf die Nähe bzw. Distanz dieses Handeins zum Gemeinwohl. - Auf diese Weise hat die Sozialethik ihr Objekt gefunden: "Die Sozialethik hat also jegliche menschliche Wechselwirkung zu ihrem Objekt, die aufgrund eines sittlichen gemeinsamen Wertes aufgetragen ist, sei dieser gemeinsame Wert nun apriori in der menschlichen Socialitas als solcher oder in einem faktischen sittlichen Akt der sich bindenden Menschen gegeben." (Ebd. 41) 24 Vgl. O. Spann, Gesellschaftsphilosophie. Mit einem Anhang über die philosophischen Voraussetzungen der Wirtschaftswissenschaften. Sonderausgabe aus dem Handbuch der Philosophie, München-Beflin 1928; Ders., Gesellschaftslehre, Leipzig 31930. 25 Vgl. SE I, 43 f.

I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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Klärungsprozesses könnten nun einwenden, daß sich das Gemeinwohl letztlich doch nur als situationsabhängige Wertvorstellung erweise. Gerade situationsbedingte Wertvorstellungen will Utz jedoch im Hinblick auf die Erfüllung des ersten Imperativs in das Gemeinwohl einbinden. Gemäß der Utzschen Auffassung ist also der Gemeinwohlbegriff so allgemein, daß er auf philosophischem Wege nicht konkret definierbar ist, dennoch aber als allgemeiner Imperativ, wie später dargestellt werden wird, bestimmt wird; seine konkrete Ausformulierung erfolgt in der situationsbestimmten Wirklichkeit. Er ist die Norm des sozialen Lebens. 26 Utz kann demnach das Gemeinwohl als oberste Norm nicht weiter definieren, sondern sieht es als den Imperativ an, der im Hinblick auf die konkreten Wertvorstellungen und Realitäten zu erfüllen ist. Je nach Ausgangslage könnten nun ganz verschiedene Vorgehensweisen bei der Realisierung des Gemeinwohls zur Anwendung kommen. Eine statische, um mit den Utzschen Termini zu sprechen, eine univoke Abstraktion des Gemeinwohls, wird der konkreten Lebenswirklichkeit, die sich in ihrer pluralen Vielfalt äußert, nicht gerecht. Utz möchte gerade durch den Begriff der analogen, d. h. situationsorientierten Abstraktion, der Dynamik des Gemeinwohls Rechnung tragen. Es wird sich zeigen, daß Utz streng zwischen der Ebene der Klärung der Prinzipien und der Ebene ihrer Anwendung unterscheidet. 27 Fehler, die durch eine Vermengung der heiden Ebenen entstehen, führen zu verhängnisvollen Konsequenzen für die Praxis. Utz kennt sehr wohl die Gefahr der Diktatur im Namen des Gemeinwohls! 28 Als Ergebnis seiner bisherigen Untersuchungen formuliert Utz vier Definitionen: 29 -

Die Realdefinition des Sozialen im allgemeinen: "Dasjenige, das die Beziehungseinheit vieler Menschen ausmacht, aufbauend auf gegenseitiger Wechselwirkung bei gemeinsamem intentionalen Inhalt."

26 Utz betont mit Nachdruck, daß es ein weiter Weg von der allgemeinen Orientierung, wie sie die oberste Norm bietet, hin zur konkreten Bestimmung des im sozialen Handeln zu verwirklichenden Objektes ist (v gl. Ethik, 140 f.). Als oberste Norm muß aber das Gemeinwohl Richtmaß für alle konkreten Wertvorstellungen sein, die in die sittliche Entscheidung einfließen. 27 Vgl. z. B. SE III, 162. 28 Ähnlich wie bei Utz, aber gänzlich unabhängig von ihm, wird das Gemeinwohl bestimmt bei H. H. von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteresse. Die Durchsetzungsschwäche allgemeiner Interessen in der pluralistischen Demokratie. Ein Beitrag zu verfassungsrechtlichen Grundfragen der Wirtschaftsordnung, Frankfurt 1977. Von Arnim hält am Gemeinwohlbegriff als einem inhaltlich bestimmten Wert (Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Frieden, Wohlstand) fest. Er weist jedoch darauf hin, daß die abstrakte und im vorhinein nicht mögliche materiell-ethische Bestimmung des Gemeinwohls erst durch geeignete Verfahrensregeln erfolgt. Von Arnim bevorzugt dabei das "wert- und erkenntnisorientierte Verfahren": "Wesentlich ist aber, daß es allen an der Entscheidung Beteiligten auf die sach- und wertorientierte Richtigkeit, nicht auf die möglichst weitgehende Berücksichtigung eigennütziger Interessen ankommt." (51) 29 Vgl. SE I, 44.

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

Die Realdefinition des ethisch Sozialen: "Dasjenige, das in Beziehungseinheit im Hinblick auf ein allen Gliedern sittlich aufgetragenes Gemeinwohl steht." Ausgehend von diesen Definitionen klärt Utz auch den Begriff "Gesellschaft": -

Die Realdefinition der Gesellschaft allgemein als der Abstraktion der besagten Beziehungseinheit von ihrem Träger: "Beziehungseinheit vieler Menschen, aufbauend auf gegenseitiger Wechselwirkung bei gemeinsamem intentionalen Inhalt."

-

Und schließlich die sozialethische Definition der Gesellschaft: "Beziehungseinheit vieler Menschen im Hinblick auf ein allen Gliedern sittlich aufgetragenes Gemeinwohl."

2. Die erkenntnistheoretische Grundlage der sozialen Normen Die folgenden Bemerkungen über die erkenntnistheoretische Grundlage der sozialen Normen wollen nicht das bereits im Zusammenhang mit den allgemeinen ethischen Normen Gesagte wiederholen. Hier soll vielmehr der direkte Bezug zwischen der von Utz verwendeten Erkenntnistheorie und seiner Sozialethik aufgezeigt werden. Um die Sozialethik als eigenständige Wissenschaft begründen zu können, mußte Utz sich Rechenschaft über die gewählte Erkenntnistheorie geben. Er tat dies in einem eigenen Abschnitt des ersten Bandes seiner "Sozialethik". Er ist überschrieben: "Die ontologische Begründung der sozialen Werte". 30 Wenngleich Utz dort nur in knapper Form auf die erkenntnistheoretische Grundlage seines Systems zu sprechen kommt, wird diese doch hinreichend deutlich. Angesichts der erklärten Absicht des Werkes, das ja besonderen Wert auf die Außenwirkung über den binnenkatholischen Raum hinaus legt, schwächt es allerdings die argumentative Kraft der Untersuchung, daß Utz auf eine Auseinandersetzung mit anderen Normbegründungsverfahren bzw. mit anderen philosophischen Erkenntnistheorien verzichtete. Das von ihm vertretene Normbegründungsverfahren wird im interdisziplinären Gespräch nicht mehr vorbehaltlos akzeptiert, da ihm die Annahme einer ontologisch-ethischen Teleologie zugrundeliegt. Eine solche Teleologie lehnen die empirischen Sozialwissenschaften ab, weil hier nicht mehr mit dem Begriff der Verifizierbarkeit umgegangen werden kann. Utz untersucht in dem betreffenden Abschnitt die ontologische Begründung der Sozialethik: "Es geht hier nicht um die allgemeine Frage der ontologischen Begründung der Ethik überhaupt, sondern der Sozialethik im besonderen."31 Speziell für die Normengewinnung in der Sozialethik erklärt er: "Die naturrechtlieh orientierte Sozialethik im Sinne des hl. Thomas von Aquin hält an Werten fest, die aus der Natur der Sache, sei es aus der Natur des Menschen überhaupt

30 SE I, 64-7l. 31 SE I, 64 Anm. 10.

I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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oder aus der Natur irgendeiner menschlichen Handlung (z. B. ehelicher Kontrakt), folgen und somit mehreren zu gemeinsamem Handeln aufgetragen sind." 32 Im Anschluß an diese Anknüpfung an die Tradition nennt Utz eine weitere Voraussetzung seiner Theorie. "Unter der Voraussetzung, daß man in den Wesenheiten der Dinge nicht nur eine Schöpfung, sondern auch eine Anordnung Gottes erkennt und daß man in der menschlichen Vernunft eine spontan wirkende Nachbildung des göttlichen Befehls annimmt, ist leicht einzusehen, daß es naturhafte Anordnungen gibt, die nicht nur das einzelne Gewissen verpflichten, sondern die Gewissen insgesamt im Sinne einer gemeinsamen Zielsetzung zusammenketten." 33 U tz stellt drei erkenntnistheoretische Voraussetzungen für die Begründung einer "echten, unverfälschten Sozialethik" vor, wobei er kurz das resümiert, was er über die erkenntnistheoretische Grundlage der Ethik im allgemeinen geschrieben hat: ,,1. Die Wesenserkenntnis des Menschen, die den Inhalt der Werte aus der unabänderlichen Wesenheit der Dingwelt ableitet";

,,2. Die naturhafte Erkenntnis des Menschen, an die Seinsordnung als an eine von göttlicher Autorität geforderte Ordnung gebunden zu sein (natürliches sittliches Bewußtsein)"; ,,3. Die naturhafte Veranlagung des Menschen, von den allgemeinen Prinzipien her das ethische Soll an die konkrete Situation heranzutragen und sich mit ihr auseinanderzusetzen" . 34

Ad 1): Utz setzt eine Klärung des Begriffs Ethik an den Anfang. "Ethik besagt notwendigerweise Bekenntnis zu einem Ideal [später wird Utz zwischen Ideal und Norm unterscheiden, B. K.35], das Vorbild für die konkrete Handlung ist."36 32 SE I, 64. 33 SE I, 64. Im Sinne einer theologischen Fundierung des Naturgesetzes sind die kritischen Anmerkungen von O. H. Pesch zur traditionell philosophischen Exegese des Gesetzestraktats in der "Summa theologiae" Thomas von Aquins zu verstehen; vgl. Thomas von Aquin: Summa Theologica I-lI 90-105: Das Gesetz. Kommentiert von O. H. Pesch, Heidelberg-Graz 1977,535 -540,568-585,619-632 (u. a.). Seine theologische Deutung des Gesetzestraktats vertritt Pesch auch in seiner jüngsten Thomasmonographie: Thomas von Aquin. Grenze und Größe mittelalterlicher Theologie. Eine Einführung, Mainz 1988,284-317. Utz hält, trotz der von Pesch vorgetragenen Argumente, an dem philosophischen Charakter dieser Quaestionen fest, vgl. seine Rez. zum Kommentar von Pesch in: BibSE XI, 527 f. Wie aus einer früheren Rezension hervorgeht, will Utz damit keineswegs diesen Traktat oder auch die I-lI der "Summa" ausschließlich philosophisch interpretieren. Gegen M. Wittmann weist er mit Nachdruck auf den theologischen Rahmen hin, in den diese Abschnitte eingebettet sind; vgl. A. F. Utz, Rez. zu: M. Wittmann, Die Ethik des hl. Thomas von Aquin, München 1933, in: DT 17 (1939), 367-370. 34 SE I, 64. 65. 67. 69. 35 Vgl. Ethik, 140 f. Norm besagt einen universalgültigen Inhalt, Ideal eine konkrete

Zielvorstellung, an der jedes einzelne Objekt gemessen wird. 36 SE I, 65.

3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

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Damit formuliert er ganz bewußt seine Opposition gegen einen inhaltsleeren, rein formalen kategorischen Imperativ im Sinne Kants. In Übertragung auf die Sozialethik bedeutet dies, daß eine Sozialethik die Anerkennung eines Ideals der menschlichen Gemeinschaft beinhalten muß, welches dem Wesen des Menschen zu entsprechen hat. 37 Unklar bleibt in diesem Zusammenhang noch der Begriff des Wesens. Utz führt an dieser Stelle lediglich aus, daß überall dort, wo sich Menschen als Menschen zusammenfinden, dieses Ideal verwirklicht werden sollte. Im übrigen gelte dies für alle Organisationsformen menschlichen Lebens, sei es in bezug auf den Staat, sei es in bezug auf die Familie oder ähnliches mehr. Noch im ersten Band der "Sozialethik" hat Utz eine der Aussagen dieses Abschnitts präzisiert. Im Zusammenhang seiner Ausführungen über das Gemeinwohl erklärt er, "daß das Sozialethische und damit das Gemeinwohl nicht in der Naturgemeinschaft (species humana), sondern nur in einem gemeinsamen Auftrag bestehen" könne. 38 Utz übernimmt hier einen Gedanken aus dem Bereich der natürlichen Theologie, daß nämlich der sozialethische Auftrag in der Absicht des Schöpfergottes begründet liegt. Dieser Auftrag entspringt der Absicht des Schöpfergottes, in der Welt und vor allem in der Menschheit ein Abbild seiner Vollkommenheiten zu schaffen. "Der Mensch wurde durch diesen Auftrag berufen, das Wissen und geistige Wollen, vorab die Heiligkeit Gottes in Vielfalt darzustellen. In der Beherrschung der materiellen Welt, in intellektuellem Bemühen und in sittlichem Wollen sollte er seine ihm von Gott verliehene Geistigkeit bewähren."39 Der Auftrag ist aber nicht identisch mit der allen gemeinsamen Natur, der eben erwähnten species humana. Aus ihr läßt sich nur die Tatsache des an die Menschen ergangenen Auftrages erkennen. Das Gemeinwohl gilt allen Menschen, die zwar Träger der gleichen Natur sind "und sich als solche im persönlichen Sein vervollkommnen sollen". 40 Wie gezeigt werden konnte, vertritt Utz eine auf der abstraktiven Realerkenntnis aufbauende Konzeption der Ethik. Daraus ergibt sich für ihn im Bezug auf die Sozialethik zwangsläufig der Schluß: "Nur aufgrund der aus einem erkenntnistheoretischen Optimismus folgenden Anerkennung der allgemeinen ethischen Prinzipien, die sich aus dem Wesen des Menschen und seiner Handlungen ergeben, läßt sich eine Sozialethik im Sinne eines als Leitstern geltenden Ideals verteidigen."41 Ohne hier das bereits früher Ausgeführte nochmals wiederholen zu wollen, sei an dieser Stelle auf die Analyse eines der Schüler von Utz, Peter Paul Müller-Schmid, hingewiesen, der den geistesgeschichtIichen Hintergrund des erkenntnistheoretischen Optimismus wie folgt umriß: "Der Verstand besitzt in der aristotelisch-thomistischen Philosophie eine schöpferische Kraft, die nicht nur empirische Vorstellungen zu ordnen vermag, sondern das im Konkreten 37 Vgl. SE I, 65. 38 SE I, 175. 39 SE I, 175. 40 SE I, 175. 41 SE I, 66.

I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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enthaltene Wesen durchleuchtet. Danach gibt es also neben dem eigentlichen Erkenntnisvermögen (intellectus possibilis) eine schöpferische geistige Kraft (intellectus agens), die aus der konkreten Dingwelt den nur geistig erkennbaren Wesensgehalt herausnimmt (abstrahiert) und mittels des Wesensbildes (species intelligibilis) das Erkenntnisvermögen zur begrifflichen Erkenntnis determiniert."42 Ad 2): Die theoretisch erfaßte Seinsordnung ist ohne jede Bedeutung für das sittliche Handeln des Menschen, "wenn im Menschen nicht ein naturhaftes Bewußtsein lebt, dem Sein als Norm des Handeins verpflichtet zu sein."43 In diesem Bewußtsein erblickt Utz den letzten Grund der ethischen und damit der sozialen Verantwortung. Wie bereits mehrfach ausgeführt, bedarf es nicht nur einer ontologischen Zielrichtung zur Begründung einer ethischen Zielordnung. Notwendigerweise muß der Aspekt der Pflicht hinzutreten. Das naturhafte sittliche Bewußtsein versteht sich als in der Pflicht stehend gegenüber einem übergeordneten, persönlichen Wesen, ein Gedanke, dessen Begründung Utz der allgemeinen Ethik zuweist. Dieses naturhafte Bewußtsein, die Synderesis, partizipiert am göttlichen Gesetz als ,Einstrahlung des göttlichen Lichtes'. Somit hat eine wahre Sozialethik den Schritt ins Metaphysische vollzogen. "Die rein theoretische Erkenntnis einer natürlichen Finalität, etwa eines gegenseitig Aufeinanderangewiesenseins, ist unzureichend, die soziale Verantwortung zu erklären."44 Ad 3): Der dritte Leitsatz, der sich in erster Linie auf die allgemeine Normenbildung bezieht, gilt in spezieller Weise auch für die Sozialethik. Die Sozialethik hat die konkrete Situation in erheblich größerem Umfang in ihre Reflexion miteinzubeziehen, als dies etwa die Individualethik tun muß. Soziales Handeln ist stets Handeln einer Mehrzahl von Menschen; es hat deshalb einen höheren Grad der Komplexität. Welche Methode bietet sich dem aus sozialer Verantwortung Handelnden an? "Die Anwendung der allgemeinen Moralprinzipien vollzieht sich demnach a) nicht einfach in theoretischer Deduktion, wie dies etwa die rationalistische Naturrechtsphilosophie gemeint hat, b) auch nicht in einfacher Beugung vor der konkreten Situation, wie es die Situationsethik oder jede soziologische Ethik annimmt, sondern c) in Konfrontierung der allgemeinen Normen mit der konkreten sozialen Wirklichkeit und in Ermittlung der bestmöglichen Ordnung gemäß den Normen."45 42 P. P. Müller-Schmid, Der rationale Weg zur politischen Ethik, Stuttgart 1972, 19; vgl. auch die Ausführungen zum aristotelischen Erkenntnisrealismus und zum Universalienstreit bei E. E. Nawroth, Die Sozial- und Wirtschaftsphilosophie des Neoliberalismus, Heidelberg-Löwen 1961,23 ff.: Ein solcher Realismus als die ,,Lehre von der tatsächlichen Gegebenheit eines in einer Vielzahl gleichartiger Einzeldinge individuell ausgestalteten Allgemeinwesens und von der gegenständlichen Geltung der Allgemeinbegriffe, die das wirkliche Sein des Gegenstandes gedanklich darstellt, ist unumgängliche Voraussetzung für die seinsgerechte Erkenntnis aller Wesens- und Wertordnung" (vgl. ebd. 36). 43 SE I, 67. 44 SE 1,68. 45 SE 1,70.

7 Kettern

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

Will man die bisher gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassen, so ließen sich die Utzschen Ausführungen bruchlos in die lange Tradition des katholischen Normendenkens einordnen, die Soziallehre eben nicht nur im Sinne einer sozialen Handlungstheorie zur Orientierung des persönlichen Gewissens zu entwerfen, wie es die protestantische Tradition im Zusammenhang mit dem Begriff der Sozialethik vornehmlich getan hat; 46 hier sei allerdings auch an die zunehmend zu beobachtende Verwischung konfessioneller Unterschiede erinnert, die sich auch in der Terminologie dokumentiert: Utz nennt seine Konzeption gleichfalls eine Sozialethik, wenngleich es sich bei ihm um eine rein rationale, nicht glaubensmäßig fundierte Sozialethik handelt. Ausgangspunkt seiner Sozialethik ist die Überzeugung, der Mensch und die sozialen Gebilde seien in ihrer Natur oder in ihrem Wesen erkennbar. Diesen Seins strukturen müsse die sittliche Vernunft jene Verhaltensregeln entnehmen, die zur Schaffung einer gerechten Ordnung in der Gesellschaft notwendig seien. Die Sozialpflichtigkeit der Person und die grundlegenden Ordnungs strukturen der Gesellschaft werden dabei als die sich aus der Sozialnatur des Menschen ergebenden Konsequenzen betrachtet. Am Ende des zweiten Kapitels war die Frage aufgeworfen worden, inwieweit eine derartig metaphysisch strukturierte Erkenntnistheorie heute noch tragfähig ist. Die Frage beantwortet sich, wenn man beobachtet, mit welchem Erfolg Utz seine abstraktive Realerkenntnis gegen den kritischen Rationalismus ins Feld führen kann. Der kritische Rationalismus, VOn Popper u. a. zur zeitweilig absolut dominierenden philosophischen Erkenntnistheorie ausgebaut, ist wohl jene Richtung in der Philosophie, die am nachdrücklichsten die metaphysische Wesenserkenntnis bekämpft. Für Popper gibt es keine sichere Wahrheitserkenntnis. Alle menschliche Erkenntnis ist stets nur vorläufig und muß daher als hypothetische Erkenntnis betrachtet werden. Als solche ist sie nicht zu verifizieren, man kann sie lediglich falsifizieren. 47 Dem "methodologischen Essentialismus" stellt Popper den "methodologischen Nominalismus" entgegen,48 der die Gegenstände der Erfahrung beschreibt und versucht, Regelmäßigkeiten ihres Verhaltens aufzuzeigen. In einem Diskussionsbeitrag anläßlich eines Kongresses zu Poppers Konzept der ,offenen Gesellschaft' weist Utz darauf hin, daß Popper die Philosophie der Identität, d. h. die Lehre VOn der Einheit zwischen erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt, nicht verstanden hat. 49 Popper bedachte nicht die Bedeutung der Abstraktion, aufgrund derer die menschliche Vernunft erst allgemeine Inhalte 46 Vgl. S. Katterle, Sozialwissenschaft und Sozialethik. Logische und theoretische Probleme praktischer Sozialwissenschaften, insbesondere christlicher Soziallehren, Göttingen 1972; E. Wolf, Sozialethik. Theologische Grundfragen, Göttingen 31988. 47 Vgl. K. R. Popper, Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie, Tübingen 1979; H. Albert, Die Wissenschaft und die Fehlbarkeit der Vernunft, Tübingen 1982. 48 Vgl. K. R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, I, München 61980,

59-61.

R:

49 Vgl. A. F. Utz, Bietet die Theorie der "offenen Gesellschaft" K. Poppers ein Konzept der pluralistischen Gesellschaft?, in: Die offene Gesellschaft und ihre Ideologien. Hg. von A. F. Utz, Bonn 1986,405-447, hier: 407.

I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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aus den erfahrungs abhängigen Beobachtungen herauslösen kann. Wie Utz weiter ausführt, erhebt Popper selbst den Anspruch, daß seine erkenntnistheoretische Position sowie das sich aus ihr ergebende Gesellschaftsmodell universell gültig sind. "Sein ganzes System ist doch gedacht als eine Ordnung, die dem Menschen, vorab seiner Freiheit, entspricht, als das einzige, das gegenüber allen anderen Entwürfen standhält. Das ist im Grunde ein metaphysischer Anspruch. Wie anders könnte er behaupten, alle Menschen seien gleich, da doch jedermann weiß, daß kein Mensch dem andern gleicht? Es muß also etwas geben, was in allen Menschen gleich und doch konkret in allen ungleich ist. Wenn man also ohne metaphysische Erkenntnis nicht auskommt, dann kann es sich nur darum handeln, sich der Grenzen der metaphysischen Erkenntnis bewußt zu werden. Darüber haben vielleicht die Metaphysiker zu wenig nachgedacht."50 Zweifellos hat Utz damit den Schwachpunkt der Poppersehen Argumentation aufgezeigt. Wenn selbst metaphysikkritische Stimmen innerhalb der gegenwärtigen erkenntnistheoretischen Diskussion bei der Formulierung ihrer Kritik auf metaphysisch strukturierte Überlegungen zurückgreifen müssen, dann kann man der von Utz vertretenen Theorie der abstraktiven Realerkenntnis die Aktualität nicht absprechen. Angesichts dieses Sachverhaltes muß man also die oben gestellte Frage nach der Tragfähigkeit einer metaphysischen Erkenntnistheorie positiv beantworten.

3. Der Praxisbezug der Sozialethik Die Sozialethik ist eine ausgesprochen praxisorientierte Wissenschaft. Ihre theoretisch-spekulativen Bemühungen zielen stets auf die konkrete Gestaltung 51 der menschlichen Gemeinschaft. Um dies angemessen tun zu können, bedient sie sich, wie Utz betont, 52 der Erkenntnisse der modernen Sozialwissenschaften. Diese fungieren gleichsam als Indikator ihrer Realitätsnähe. Eine Bemerkung von Utz darf nicht übersehen werden. Er spricht im Hinblick auf die Vorgehensweise, die Methode der Sozialethik, von der strikten Befolgung des logischen Prozesses. Die sozialethischen Prinzipien, d. h. die Werte der Sozialethik, Utz nennt beispielsweise das Subsidiaritätsprinzip, erfordern neben ihrer Formulierung eine sorgfältige Analyse der Anwendungsebene. Der Sozialethiker kann sie nicht unvermittelt auf die soziale Realität anwenden: Die "Sinnfülle der sozialethischen Prinzipien" - Utz versteht darunter die beinahe unabsehbare Reichweite der analogen sozialethischen Normen - muß der Sozialethiker zunächst zur Kenntnis nehmen, um in ihrer Anwendung nicht fehlzugehen. 53 50 Utz, Bietet die Theorie der "offenen Gesellschaft" K. R. Poppers ein Konzept der pluralistischen Gesellschaft?, 407. 51 Die praktische Vernunft ist nach Thomas umso vollkommener, als sie sich in das Partikuläre, in das Konkrete, hineinbewegt: "Omnis enim scientia operativa tanto perfectior est, quanto magis considerat particularia, in quibus est actus", in: STh I 22, 3 ad 1. 52 Vgl. SE I, 90 f. 53 Vgl. SE I, 92.

7*

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

Dieser verwickelten Problematik sollten weitere Überlegungen von Utz gelten, in denen strikt zwischen den verschiedenen Ebenen der Formulierung der Prinzipien und ihrer Anwendung unterschieden wird. 54 Sie werden in der vorliegenden Arbeit exemplarisch am Beispiel der Realisierungsfaktoren des Gemeinwohls verdeutlicht. 55

4. Konsequenzen für den Entwurf einer Gesellschaftslehre der Kirche Die sich auf hohem abstraktem Niveau bewegenden Utzschen Darlegungen haben eine eminente Bedeutung für den Ansatz einer christlichen Gesellschaftslehre. Ein kurzer Blick auf die Untersuchungen Georg Wildmanns bestätigt diese Vermutung. Wildmann versteht sich selbst als Vertreter einer sozialontologisch orientierten kirchlichen Soziallehre. Seit "Quadragesimo anno" stellte die Soziallehre der Päpste die Person in den Mittelpunkt ihrer Rundschreiben, Äußerungen und Ansprachen. "So sehen sich denn die katholischen Sozialtheoretiker zur Kenntnisnahme dieser fundamentalen Stellung der Person in Sozialphilosophie und Sozialtheologie veranlaßt."56 Nach Wildmann haben sich jedoch innerhalb dieser Neuorientierung zwei gewichtige Interpretationen herausgebildet, die auf ganz verschiedene Weise die Annäherung an den genannten Zentralbegriff suchen und sich dabei grundsätzlich widersprechen. Ein Umstand, der, so scheint es, der argumentativen Kraft der kirchlichen Sozialverkündigung abträglich ist. "Der neuere Solidarismus sieht nämlich die Betonung der Person ontologisch begründet und kennt diese ontologische Begründung auch den Sozialäußerungen Pius' XII. zu. Neuerdings ist aber eine im wesentlichen vonA. F. Utz undA. P. Verpaalen entwickelte Schulrichtung aufgetreten, welche die spekulative Ableitung der Gesellschaft von der Person als eine vorphilosophische, pastoreller Klugheit entspringende und auf die Erfordernisse einer konkreten Situation zugeschnittene Formulierung der Soziallehre der Kirche betrachtet. Der eigentliche Grund für diese schwerwiegende Verschiedenheit der Interpretation liegt in der verschiedenen Auffassung über den Grundcharakter der Soziallehre. Während die eine Richtung die Soziallehre primär als Sozialontologie und erst in innerer Folge dazu als Ethik ansieht, betrachtet die andere Richtung die Soziallehre grundsätzlich als Sozialethik und mißt der Sozialontologie keinen entscheidenden Wert zu. Entsprechend hält die sozialontologisch orientierte Richtung das Ausgehen von der Person als solcher, wie es im zweifelsohne wesentlichen Beitrag Pius' XII. zur Soziallehre der Kirche vorliegt, für eine systematisch~, ursprüngliche, nicht abgeleitete sozialontologische Aussage, 54 Vgl. etwa im Hinblick auf das Gemeinwohl die Auflistung möglicher logischer Mißgriffe in SE III, 19 f. 55 Vgl. unten 5. Kapitel. Abschnitt III. 56 Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, XIX.

I. Das Soziale als Objekt der Sozialethik

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während die rein sozialethisch denkende Richtung in der Betonung der Person eine zeitbedingte, vorphilosophische und durch einen geschichtslogischen Prozeß aus anderen, rein sozialethischen Prinzipien abgeleitete, auf die Zeiterfordernisse ausgemünzte Formulierung der Soziallehre der Kirche erblickt."57 Dieses ausführliche Zitat aus Wildmann verdeutlicht, welch große Aufmerksamkeit man dem Begründungsansatz der Utzschen Sozialethik schenken muß. Geht es doch letztlich um die spekulative Fundierung der personalistisch orientierten Soziallehre. Man verstehe recht: In Übereinstimmung mit Georg Wildmann 58 lassen sich gute Gründe für die Auffassung vorbringen, daß es nicht die Absicht von Utz ist, den christlichen Personalismus bzw. Solidarismus zu widerlegen; im Gegenteil, die anerkennenswert hohe und universal gedachte Theorie des von Utz begründeten Ethizismus - um in der Terminologie Wildmanns zu bleiben - "faßt also mit einer großen spekulativen Kühnheit das soziale Lehrgut der Päpste, den Solidarismus, christlichen und nichtchristlichen Personalismus als eine einzige kompakte Strömung neuzeitlichen Gesellschaftsdenkens auf und leitet sie logisch her vom ,überzeitlichen Personalismus', der sich bei Thomas herauskristallisiert."59 Utz selbst charakterisiert im übrigen sein System auch als "Sozialpersonalismus" bzw. als eine personalistische Ganzheitskonzeption. 60 Vor dem hier skizzierten Hintergrund wird es erst verständlich, warum sich der Gundlach-Schüler und Solidarist Wildmann gegen die Utzsche Rollenzuweisung bezüglich der Sozialontologie wehrt. Er möchte den sozialontologisch argumentierenden Solidarismus als eigenständiges philosophisches System nachweisen. Aus diesem Grund verteidigt er ihn im ersten Teil seines Buches gegen die Utzschen Einwände. Die diesbezüglichen Ausführungen Wildmanns sollen hier, soweit sie für das Verständnis der Grundlegung einer realistischen Sozialethik bei Utz von Bedeutung sind, kurz referiert werden. Im ersten Abschnitt seines Buches unterzieht Wildmann den ersten Band der "Sozialethik" einer eingehenden Untersuchung und Kritik. 61 Im Hinblick auf die Konstituierung der Sozialethik als einer eigenständigen Wissenschaft wird ausgeführt, daß die wissenschaftstheoretische Zuweisung der Formalobjekte, wie sie Utz vornimmt, weitreichende Konsequenzen für die Ausformulierung einer wissenschaftlichen Gesellschaftslehre der Kirche habe. Wildmanns Referat hebt an mit der Objektzuweisung an die einzelnen Sozialwissenschaften, wie sie sich aus der Sicht von Utz ergibt. Die empirische Soziologie betrachte als ihr Materialobjekt die zwischenmenschliche Beziehung, als ihr Formalobjekt das empirisch 57 58

59

Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft XIX f. Vgl. Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft 3 f. Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 4. Ausgesprochen kri-

tisch behandelt Utz den Solidarismus Heinrich Peschs (vgl. Utz, Grundsätze der Sozialpolitik, 34 - 36). 60 Vgl. Utz, Solidarität und Leistung, in: Ethische und soziale Existenz, 118. 61 Vgl. Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 3 -72.

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

erfaßbare Faktische dieser Beziehung sowie die Tatsächlichkeit des Sozial bewußtseins und des Sozialhandeins. Die Sozialontologie - mit diesem Begriff glaubt Wildmann den Sinn des bei Utz in diesem Zusammenhang verwendeten Terminus "Philosophie" korrekt wiederzugeben 62 - bestimme mittels einer verallgemeinernden Abstraktion die zwischenmenschliche Beziehung in ihrem prädikamentalen Sein (als accidens metaphysicum). Die von Utz kritisierte Sozialontologie erfasse damit nur die ontologischen Grundlagen des gesellschaftlichen Phänomens; sie könne sich aber aufgrundihrer Beschränkung auf die prädikamentale Beziehung nicht über das Individuum erheben. Zur Ontologie müsse daher die Sozialethik hinzutreten, die die "transzendentale" Relation erfasse. Die Konsequenz für die kirchliche Gesellschaftslehre aus der Sicht Wildmanns: "Durch die Ausschaltung einer echten Ontologie des ersten Sozialen erlangt nämlich der Ethizismus ausschließlich methodische Berechtigung. In Anbetracht der Definition des Sozialen als sittlicher Gemeinwohl-Beziehung ist es illusorisch, die Gesellschaftsphilosophie etwa mit der ontologischen Analyse der Person beginnen zu wollen. Diese würde niemals die Ebene des Ethischen und damit die des Sozialen erreichen. Ebenso verfehlt ist es aber auch, die Sozialethik mit der Bestimmung des personalen Zieles des Menschen zu beginnen. Diese Ethik bleibt Personalethik und wird niemals Sozialethik. Einerseits beginnt sie die Sozialphilosophie mit einer ontologischen Untersuchung der Person und andererseits setzt sie diese durch eine ethische Betrachtung der Person fort. Der Aufstieg zum Sozialen ist ihr daher grundsätzlich verwehrt."63 Wildmann referiert damit exakt die Utzsche Kritik an der solidaristisch begründeten Gesellschaftslehre. Aufgrund seines eigenen personal-ontologischen Ansatzes ist er daher gezwungen, gegen diesen "Ethizismus" den argumentativen Nachweis der Legitimität des Solidarismus zu erbringen. 64

Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 5 Anm. 9. Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 7. Wildmann verweist in diesem Zusammenhang auf zwei Belegstellen bei Utz: ,,Namentlich der Personalismus, wie er von vielen katholischen Autoren als das christliche System der Sozialethik bezeichnet wird, vermag nicht zum Sozialen als solchem aufzusteigen, da er einzig den Menschen betrachtet, insofern im Hinblick auf sein persönliches Ziel das Zusammenleben mit andem aufgetragen ist. Aus diesem Grunde wurde die Sozialethik von manchen katholischen Autoren im Sinne einer Personalethik betrieben." (SE 1,4) "Andererseits aber verfing sich das christliche Denken da und dort in den positivistischen Vorstellungen des Sozialen. Man begann ebenfalls mit dem tatsächlichen Handeln der vielen Menschen. Erst von dieser Gegebenheit aus versuchte man, zu einem Gemeinwohl aller aufzusteigen. Ist nicht gerade diese Sicht charakteristisch für viele, wenn sie von vorgemeinschaftlichen Rechten im Personalismus reden? Eine wahre Sozialethik aber muß beim Gemeinsamen beginnen." (SE 1,14) - Zur Position Wildmanns vgl. auch seinen Beitrag: Zur philosophischen Standortbestimmung und Systemkohärenz der Katholischen Gesellschaftslehre, in: JCSW 17 (1976), 9-29. Eine ähnliche Argumentation findet sich bei A. Rauscher, Die Relation - Kategorie des Sozialen, in: JICSW 3 (1962), 47 - 58. 64 Vgl. dazu in der Dissertation von Wildmann den zweiten Teil der Ausführungen (Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 73 - 164). 62

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H. Der Standort innerhalb der Sozialwissenschaften

103

Es trifft jedoch nicht zu, daß Utz die Sozialethik nur ethisch sieht und daß sie in seiner Konzeption eines ontologischen Fundamentes entbehre. Gegen Wildmann muß man feststellen, daß die Sozialnatur des Menschen durchaus von Utz als ein Ontologicum betrachtet wird. 65 Dieses Ontologicum schließt allerdings seiner Ansicht nach eine Finalität ein, nämlich die Finalität auf das allen Einzelwohlen übergeordnete Gemeinwohl. Das Gemeinwohl ist bereits ontologisch gegeben, bevor man eine prädikamentale Relation, d. h. eine zwischenmenschliche Relati6n, denken kann. 66 Die eigentlich ethischen Überlegungen beginnen dann, wenn es um die Verwirklichung dieser Finalität in der konkreten Realität geht. Hier ist der praktischen Vernunft des Menschen die Aufgabe gestellt, die konkreten Lebensverhältnisse so zu gestalten, daß sie der Realisierung des Gemeinwohls nicht hinderlich sind. Utz sieht zudem eine Übereinstimmung zwischen der von ihm vertretenen Auffassung und der päpstlichen Lehre vom Gemeinwohl 67 - Wildmann bestreitet eine solche. 68 Zur Begründung seiner Auffassung kann Utz folgendes Argument ins Feld führen: Zweifellos hätten die Päpste die Person und ihre Würde gegenüber allen Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens betont, gleichzeitig aber sei von ihnen mit Nachdruck darauf verwiesen worden, daß das Gemeinwohl als grundlegender ethischer Wert allen Einzelwohlen vorgeordnet sei und die Realisierung des Einzelwohls nur insoweit statthaft sei, als es dem Gemeinwohl entspräche. 69

11. Der Standort der Sozialethik innerhalb der Sozialwissenschaften Wie der Blick auf die Ausführungen erhellte, weist Utz jeder der sich mit dem Sozialen beschäftigenden Wissenschaften einen bestimmten Forschungsbereich zu. Zudem bemüht er sich, den Nachweis für seine These zu erbringen, daß keine der genannten Disziplinen angemessen das Soziale zu erfassen in der Lage ist. Die Sozialethik findet, wie bereits dargelegt worden ist, ihr wissenschaftliches Objekt im Gemeinwohl als dem hinter dem Phänomen der menschlichen Sozialität stehenden metaphysischen Sachverhalt. Teilweise konnten die anderen Wissenschaften diesen spezifisch sozialethischen Weg zum Sozialen nicht beschreiten - so etwa die empirischen Sozialwissenschaften - teilweise aber haben sie ihn Vgl. unten das vierte Kapitel. Vgl. A. F. Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, in: gpk 31 (1990),237. In der Sozialnatur des Menschen ist bereits das Gemeinwohl enthalten. 67 Vgl. Nachfolgefassung, Exkurs III, 461-477. 68 Vgl. das Resümee in: Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 65

66

217 f.

69 Vgl. Nachfolgefassung, 464-467 (mit mehreren Belegen aus lehramtlichen Dokumenten).

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

bislang noch nicht gefunden - so etwa verschiedene sozialphilosophische Vorstellungen, zu denen Utz auch den von Wildmann vertretenen Solidarismus rechnet. Die solchermaßen umrissene Abgrenzung gegenüber anderen Sozialwissenschaften muß aber kurz noch etwas näher betrachtet werden, um die hinter ihr stehende Intention deutlich werden zu lassen. 70

1. Abgrenzung gegenüber der Soziologie Die Soziologie vermag, gemäß dem Webersehen Postulat, als wertfreie Wissenschaft nur den Aspekt der gegenseitigen Beziehung der Menschen und ihr gegenseitiges Handeln zu untersuchen. Sie beschränkt sich auf die Fakten gegenseitiger Einwirkung, und wenn sie von einer auf diesen Einwirkungen fußenden Relation spricht, wie von Wiese es tut, dann handelt es sich, um mit Utz zu sprechen, nur um die prädikamentale Relation. 71 Aufgrund dieser Selbstbeschränkung klammert sie Fragen, wie sie etwa eine philosophische Anthropologie stellt, aus. So gehört es nicht zu den Aufgaben der Soziologie, die "metaphysische Hafttiefe"72 der natura humana auszuloten. Damit verschließt sich den soziologischen Untersuchungen der Blick auf die Tiefendimension des Sozialen. Indem sie die Menge ihrer Untersuchungsgegenstände ausschließlich nach dem Kriterium der Erfahrung und damit der Verifizier- bzw. Falsifizierbarkeit bestimmt und auswählt, blendet sie bestimmte Bereiche der Wirklichkeit von vornherein aus. Utz ist sich bewußt, daß sich hinter dem Streit um die Beurteilung soziologischer Erkenntnisse die alte Auseinandersetzung zwischen Positivismus und Wesensphilosophie bezüglich der Realität der Universalien verbirgt. Er betrachtet die soziale Verbindung nicht nur als ein Faktum, als eine Erfahrungstatsache, mit deren Hilfe weitere erfahrungsgestützte Beobachtungen getätigt werden können, für ihn beinhaltet die soziale Verbindung bereits eine ethische Norm als ihren innersten Kern. Dennoch erkennt er die praktische Bedeutung der Soziologie an. Utz weist nämlich auf die Verbindung von Soziologie und Sozialpädagogik hin. Sie läßt die Soziologie zu einer praktischen Wissenschaft werden. Vor allem aber weiß Utz um den Nutzen langfristiger soziologischer Untersuchungen im Hinblick auf die Bestätigung sozialphilosophischer Erkenntnisse. Der Sozialethik im besonderen liefert die Soziologie das Wissen um die tatsächlich im sozialen Miteinander bzw. Gegeneinander zur Anwendung kommenden Wertvorstellungen. Ohne den Rückgriff auf die Beobachtungsergebnisse der Soziologie besitzt der Sozialethiker keine konkrete Kenntnis von der sozialen Realität.

70 V gl. z. B. SE I, 73 - 10 1. Utz möchte diesen bei den Disziplinen ihren systematischen Ort innerhalb der Sozialwissenschaften zuweisen (vgl. ebd. 82 Anm. 10 mit Blick auf

die Sozialphilosophie). 71 Vgl. SE I, 75. 72 SE I, 77.

11. Der Standort innerhalb der Sozialwissenschaften

105

2. Die Sozialphilosophie Die Frage nach dem Charakter der Sozialphilosophie wurzelt in der Frage, "ob es überhaupt eine philosophische Betrachtung des Sozialen gebe, die nicht zugleich ethischer Natur ist."73 Utz konfrontiert vor allem verschiedene sozialontologische Vorstellungen mit seinem Verständnis von Sozialethik. Unter Sozialphilosophie versteht er philosophische Bemühungen, die der Frage nachgehen, welches die tiefsten, im Wesen eines jeden Menschen verankerten Motive sind, die ihn die Nähe des Mitmenschen suchen lassen (M. Seheler, D. v. Hildebrand, Th. Litt u. a.),74 oder in welchem Bereich des Menschen das Soziale anzusiedeln ist, im Individuum oder im Personsein (0. Spann, W. Sauer, J. Maritain u. a.). Die Untersuchung der Zwecke, die den einzelnen Menschen zum anderen motivieren, vermag jedoch noch nicht das eigentlich Soziale zu berühren, man bleibt dem Individuum verhaftet. Die Aufdeckung der Seinsgrundlagen der gegenseitigen Abhängigkeit bzw. Bedürftigkeit der Menschen vermag nur die einzelnen gesellschaftlichen Handlungen zu erklären, d. h. eine Anthropologie im Sinne des instrumentellen Rahmens zur Erfüllung der individuellen Vervollkommnung zu begründen. "Man befindet sich gewissermaßen immer noch im Aufstieg zum Sozialen, noch nicht beim Sozialen selbst, von dem aus man auf die Individuen hinabsieht und zu ihnen hinabsteigt."75 Es fehlt noch die soziale Idee, das ethische Prinzip der Ordnung. "Erst die ethische Betrachtung des Sozialen trifft somit das Soziale."76 Unbeschadet der Verdienste der Sozialphilosophie - zu nennen wäre die Klärung der vielschichtigen Abhängigkeit des Menschen vom Mitmenschen und damit eine gewisse Wegweisung zum Begriff des Gemeinwohls - bedarf es der Sozialethik zur Erfassung des wirklich Sozialen. 77 Darüber hinaus stellt sich im Rahmen der umfassenderen Frage nach dem Standort der Wissenschaften und ihres Zugangs zum Sozialen auch die Frage, 73 SE I, 82. Utz kennzeichnet diese Richtung als sozialphilosophische Betrachtung im Sinne einer philosophischen Psychologie, vgl. SE I, 83. 75 SE 1,84. 76 SE 1,84. 77 Utz wird bisweilen der Vorwurf gemacht, er verwende unkritisch die säkularen Wissenschaften für die Untersuchungen der Christlichen Gesellschaftslehre. So geschehe seine Erarbeitung des Begriffs des "Sozialen" in enger Anlehnung an O. Spann und dies trotz der doch umfangreichen Abwehrmaßnahmen gegen die Sozialwissenschaften (vgl. C. Frey, Die Bedeutung der säkularen Wissenschaften für die Ethik, in: Handbuch der christlichen Ethik. Hg. von A. Hertz u. a., I, Freiburg 1978,310 Anm. 65 mit Bezug auf SE I, 76). Untersucht man die angegebene Stelle näher, zeigt sich, daß die Kritik unzutreffend ist. Utz beschreibt hier lediglich die Kontroverse zwischen von Wiese und Spann, um dann aber im folgenden deutlich seine sozialethische Auffassung vom Sozialen gegenüber allen soziologischen Theorien abzuheben. Im übrigen stimmt Utz Spann lediglich darin zu, daß der Begriff des Sozialen nicht entleert werden darf. 74

106

3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

wie Utz das Verhältnis der Theologie zu den Sozialwissenschaften beschreibt und welchen Stellenwert er der Theologie bei der Klärung des Sozialen einräumt.

111. Das Verhältnis von Theologie und Sozialwissenschaften Die Frage nach dem theologischen Charakter einer kirchlich orientierten Sozialethik wird heute insbesondere von den Vertretern der "Theologie der Befreiung" aufgeworfen. Sie fordern nachdrücklich die Einbeziehung einer biblisch fundierten Sozialtheologie in die katholische Soziallehre, ohne dabei auf die Verwendung eines mit Hilfe der Sozialwissenschaften erstellten sozio-ökonomisehen Instrumentariums zur Analyse gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeiten zu verzichten. 78 "Die Theologie der Befreiung ist ein Reflex auf bestimmte erfahrene Prozesse, in denen das Wort der Schrift eine in spezifischer Weise befreiende Wirkung ausgeübt hat. Das Bemühen, die Realität im Licht des Glaubens der Bibel wahrzunehmen, gehört seit den Anregungen des Konzils zum Programm kirchlicher Erneuerungsbewegungen in Lateinamerika. "79 Utz hat sich bei seinem Entwurf einer Sozialethik von einer anderen Vorstellung leiten lassen. Er wollte bewußt eine Sozialethik entwickeln, die breiten gesellschaftlichen Konsens finden sollte. Theologische Optionen hätten dabei vorzeitige Absagen anderer weltanschaulicher Perspektiven bewirkt. Zudem war die katholische Soziallehre der Vor- und Nachkriegszeit in erster Linie sozialphilosophisch orientiert, eine Einstellung, die man ihr heute zum Vorwurf macht. Es ist trotz der Berücksichtigung dieses Entstehungshintergrundes nicht zu übersehen, daß der Abschnitt zum Verhältnis von Theologie und Sozialwissenschaften im ersten Band der "Sozialethik" in theologischer Hinsicht etwas spärlich ausfällt, ein 78 Vgl. z. B. R. Antoncich / J. M. Munarriz, Die Soziallehre der Kirche, Düsseldorf 1988; vgl. neben der Studie von L. Roos, Freihl?it und Befreiung im Lichte der Soziallehre der Kirche, Köln 1986, die jüngst erschienene Ubersicht von A. Lienkamp , Der sozialethische Ansatz der christlichen Befreiungsethik Lateinamerikas, in: JCSW 30 (1989), 149188 (dort weitere Lit.). Zur Einbeziehung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse als unverzichtbarer und integraler Bestandteil der Befreiungstheologie vgl. C. Boff, Theologie und Praxis. Die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Theologie der Befreiung, München 1983; zum speziellen Aspekt der Dependenztheorie siehe J. Wiemeyer, Zum Verhältnis von Dependenztheorie und Befreiungstheologie, in: JCSW 28 (1987), 253-267. Kritik am Ansatz der befreiungstheologischen Sozialethik übte zuletzt Th. Herr, Zum Verhältnis von Sozialwissenschaft und Theologie. Hermeneutische Überlegungen, in: ThGI 80 (1990), 36-57. 79 Fraling, Desiderate des Moraltheologen an die Sozialethik, 17. Zu den Entwürfen einer biblisch orientierten Sozialethik vgl. den Bericht von H. Frankemölle, Sozialethik im Neuen Testament - Neuere Forschungstendenzen, offene Fragen und hermeneutische Anmerkungen, in: Theologische Berichte XIV: Katholische Soziallehre in neuen Zusammenhängen, Zürich 1985, 15-87.

III. Das Verhältnis von Theologie und Sozialwissenschaften

107

Umstand, der bereits die Kritik von Wildmann hervorrief. 80 Es ist selbstverständlich zu berücksichtigen, daß zur Abfassungszeit des ersten Bandes der "Sozialethik" die Diskussion um die Befreiungstheologie noch nicht im Gang war. Unverkennbar steht Utz jedoch in kritischer Distanz zur Sozialtheologie. Bei ihm finden sich keine Ansätze zur Entwicklung spezifisch sozialtheologischer Kategorien. Hierin unterscheidet er sich grundsätzlich von Autoren wie L. H. A. Geck 81 , L. Berg 82 , N. Monzel 8 3, G. Ermecke 84 oder auch W. Weber 85 • In seiner Bevorzugung der sozialphilosophisch-naturrechtlichen Richtung innerhalb der katholischen Soziallehre trifft er sich mitJ. Messner, der gleichfalls auf die Verarbeitung sozialtheologischer Überlegungen verzichtete. Nach Messner erwächst aus der übernatürlichen Offenbarung "nichts Wesentliches für die Deutung des Menschen in seiner gesellschaftlichen Existenz, was nicht schon der natürlichen Erkenntnis 80 Vgl. Wildmann, Personalismus, Solidarismus und Gesellschaft, 25 - 29; es fällt auf, daß E. Schockenhojf in anderem Zusammenhang - es geht um die Begründung der "virtus infusa" bei Thomas - gleichfalls darauf aufmerksam macht, daß Utz in seinem Kommentar (DThA 11,621) wohl den metaphysischen Beweisgang bei Thomas nachzeichnet, ansonsten aber das theologische Konvenienzargument nicht erwähnt (vgl. E. Schockenhojf, Bonum hominis. Die anthropologischen und theologischen Grundlagen der Tugendethik des Thomas von Aquin, Mainz 1987, 296 Anm. 29). - Es scheint verschiedentlich, daß sich Utz gegenüber theologischen Argumentationsgängen im moraltheologischen bzw. sozialethischen Bereich ausgesprochen reserviert zeigt. 81 Geck lieferte seit Anfang der fünfziger Jahre Materialien für den seiner Ansicht nach dringend erforderlichen Entwurf einer Sozialtheologie: Sozialtheologie, in: Die Kirche in der Welt 2 (1949), 471-480; Sozialtheologie als Aufgabe, in: TThZ 59 (1950), 161-171; Christliche Sozialprinzipien. Zum Aufbau einer Sozialtheologie, in: ThQ 130 (1950),28 - 53; Zur sozialwissenschaftlichen Grundlegung der Moraltheologie [Abschnitt 4: Sozialtheologische Grundlegung der Moraltheologie], in: Der Mensch unter Gottes Anruf und Ordnung (Festschrift Th. Müncker). Hg. von R. Hauser und F. Scholz, Düsseldorf 1958, 104-109; Die Sozialtheologie im Dienste der Bewältigung der Sozialordnung, in: Naturordnung in Gesellschaft, Staat, Wirtschaft (Festschrift J. Messner). Hg. von J. Höjfner, A. Verdross und F. Vito, Innsbruck 1961,151-182 (vgl. dort auch seine Bemerkungen zur Geschichte des Begriffs: 155 -163); Die Aufgaben einer Christlichen Gesellschaftslehre als einer wissenschaftlichen Disziplin, in: JCSW 11 (1970), 259-289. 82 Das Soziale im Licht der Theologie, in: Jahrbuch für das Bistum Mainz 5 (1950), 122-135; Vom theologischen Grund der Sozialethik, in: Der Mensch unter Gottes Anruf und Ordnung (Festschrift Th. Müncker). Hg. von R. Hauser und F. Scholz, Düsseldorf 1958,68-88; Sozialethik, München 1959. 83 Vgl. Katholische Soziallehre, I: Grundlegung, Köln 1965, 120f. Anm. 17. 84 Die Kirche Lebensprinzip der menschlichen Gesellschaft. Zum Aufbau einer Sozialtheologie als Grundlage der Lehre vom Sozialapostolat, in: ThGl 41 (1951),387412; Die Sozialtheologie als christliche Gesellschaftslehre und ihre Beziehung zu verwandten Wissenschaften, in: ThGI 48 (1958), 1- 18; Beiträge zur Christlichen Gesellschaftslehre, Paderbom 1977; Die Christliche Gesellschaftslehre (CGL). Ihre Aufgabe und ihr wissenschaftlicher Ort, in: JCSW 19 (1978), 37 - 50; Was katholische Soziallehre ist und was sie heute leisten kann, in: JCSW 22 (1981), 23-33. 85 Person in Gesellschaft. Aufsätze und Vorträge vor dem Hintergrund der christlichen Soziallehre 1967 -1976, München-Paderbom 1978, 33 - 37; Art. Sozialtheologie, in: Katholisches Soziallexikon. Hg. von A. Klose, W. Mantl und V. Zsijkovits, Innsbruck 21980, 2797-2802.

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3. Kap.: Die Sozialethik als Wissenschaft

zugänglich wäre". 86 Entsprechend ging es Utz nicht um die Entwicklung einer ausdifferenzierten Sozialtheologie. Deutlich wird dies durch die Tatsache, daß er unter einer theologischen Beschäftigung mit der Gesellschaft fast ausschließlich eine Soziologie des religiösen Lebens versteht. 87 Wesentlich ausführlicher handelt Utz das Thema Theologie und Sozialwissenschaften in einem Beitrag zur Aufsatzsammlung "Fragen der Theologie heute" ab. 88 Utz spricht darin die wechselseitige Bereicherung der verschiedenen Disziplinen an, die dem interdisziplinären Austausch entspringen kann. "Es gibt nun eine Reihe von sozialphilosophischen Erkenntnissen, die höchste Bedeutung für die theologische Erkenntnis von übernatürlichen Sachverhalten gewinnen, die man als ,sozial-theologische' Tatsachen bezeichnen muß."89 Zu diesen Erkenntnissen zählt Utz beispielsweise die Erklärung der Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch durch den philosophisch erarbeiteten Begriff der Freundschaft; darüber hinaus denkt er an eine sozialwissenschaftlich fundierte Ergänzung der traditionellen Ekklesiologie. Begreift man Kirche als eine eigenständige Gesellschaft, so muß man sich die spezifische Form der kirchlichen Gesellschaft gegenüber anderen Formen des menschlichen Zusammenlebens bewußt machen. 90 Utz hatte bei seinen Überlegungen die innertheologischen Auseinandersetzungen um die Definition der Kirche, um ihre Wesensbestimmung, vor Augen, wie sie sich insbesondere an der Vorstellung der Kirche als des mystischen Leibes Christi entzündeten. Im Sinne einer Anregung hinterfragt Utz zudem weitere gängige Aussagen der Ekklesiologie, so z. B. die Konzeption der Kirche als der societas perfecta. Als Empfehlung an die Dogmatik darf auch sein Hinweis auf eine Forderung Karl Rahners gewertet werden, zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß das Subsidiaritätsprinzip Anwendung auf das innerkirchliche Leben gewinnen sollte. 91 Aber auch die Sozialwissenschaften können von der Theologie reiche Anregungen erhalten. Der Rückgriff auf die Theologie hilft etwa bei der Herausarbeitung der Wesensdefinition der Gesellschaft, weil dadurch der zutiefst sittliche Charakter des Gemeinwohls deutlicher zutage tritt, als ihn sozialethische Gedankengänge nachzeichnen können: ,,zwei an sich der natürlichen Erkenntnisordnung angehö86 J. Messner, Zur Problematik des Naturrechts in der modemen Welt, in: Hochland 42 (1950), 535. 87 Vgl. SE I, 93 ff. 88 A. F. Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, in: Fragen der Theologie heute. Hg. von J. Feiner, J. Trütsch und F. Böckle, Einsiedeln 1957,447-462. 89 Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, 447. 90 Vgl. Nachfolgefassung, 472-475. 91 Vgl. Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, 449 f. Utz bezieht sich auf eine Aussage K. Rahners in: Die Freiheit in der Kirche, in: Ders., Schriften zur Theologie, 11, Einsiedeln 1955, 112 f. Zur Diskussion über die innerkirchliche Anwendung des Subsidiaritätsprinzips vgl. jüngst J. Schasching, Das Subsidiaritätsprinzip in der Soziallehre der Kirche, in: Gr 69 (1988), 413-433; J. Beyer, Le principe de subsidiarite: Son application en Eglise, ebd., 435 -459.

III. Das Verhältnis von Theologie und Sozialwissenschaften

109

rende, aber in der übernatürlichen Theologie doch klarer und durchdringender erfaßte Gedanken sind in der Ennittlung dieses Gemeinwohlbegriffes führend: 1. die Idee der in Gott gegründeten Weltordnung und 2. die Idee der der Menschheit im besonderen aufgetragenen Berufung, Gottes Vollkommenheit, näherhin seine Heiligkeit, in Vielfalt darzustellen."92 Utz gehört, wie gezeigt werden konnte, zu jenen katholischen Sozialethikern, die einer Theologisierung der katholischen Soziallehre bzw. der Christlichen Gesellschaftslehre distanziert gegenüberstehen. Er ist damit ein typischer Vertreter einer sozial philosophisch orientierten Gesellschaftslehre. Heutige Ansätze müßten zusätzlich die beispielsweise von der "Politischen Theologie" mit Nachdruck herausgearbeiteten theologischen Implikate kirchlicher Sozialverkündigung reflektieren. 93

92

Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, 453.

93 Vgl. dazu Ockenjels, Politisierter Glaube?, 175-234.

Viertes Kapitel

Die Sozialnatur des Menschen Wir haben gesehen, daß in der Utzschen Konzeption der Sozialethik der Sozialnatur des Menschen eine entscheidende Rolle zuerkannt wird. Die Sozialnatur ist dafür ausschlaggebend, daß die Menschen auf einen gemeinsamen Wert, das Gemeinwohl, bezogen sind. Wie gelingt Utz nun der philosophische, nicht nur der empirische Nachweis der Sozialnatur? Nur wenn es diese tatsächlich gibt und wenn sie der Sozialethiker mit Hilfe seiner Untersuchung nachweisen kann, hat es die Sozialethik mit einem objektiv wirklichen Gegenstand zu tun. I

I. Die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen als ontologische Grundlage der sozialen Natur des Menschen 2 Betrachtet man den Menschen ontologisch, d. h. im Sinne einer Wesensbetrachtung, ergibt es sich, daß er aufgrund einer nicht überwindbaren und darum offenbar im Wesen begründeten Abhängigkeit den Mitmenschen sucht. Er bedarf der Hilfe des Mitmenschen nicht allein um seiner physischen Bedürftigkeit willen, er braucht ihn zugleich auch als Gesprächspartner im Hinblick auf sein Mitteilungsbedürfnis. Damit ergibt sich eine naturhafte Tendenz ins Gemeinschaftsleben. Will man jedoch, wie es die Absicht von Utz ist, tiefer forschen, so muß man fragen, ob hinter diesem Faktum nicht zugleich ein Imperativ, ein natürlicher Auftrag an jeden Menschen steht, sich als Teil in die Gemeinschaft zu integrieren. Der Bereich der Untersuchung weitet sich also vom Soziologischen bzw. Sozialontologischen ins Sozialethische. 3 Utz zeigt in einem ersten Schritt die ontische Grundlage der Sozialnatur des Menschen auf. Es ergibt sich in dreifacher Hinsicht eine gegenseitige Abhängigkeit der Menschen: materiell, kulturell, sittlich. In materieller Hinsicht bedarf der Mensch der Mithilfe seiner Mitmenschen zur Versorgung mit den zum Lebenserhalt notwendigen Gütern sowie zur Erreichung eines menschenwürdigen

Vgl. SE I, 105. Vgl. zum folgenden neben SE I, 103-126 auch den Aufsatz von A. F. Utz, Die soziale Natur des Menschen, in: FZPhTh 3 (1956), 3-20. 3 UIZ ist dieser Übergang in SE I noch nicht mit hinreichender Deutlichkeit gelungen. Vgl. weiter unten die Anmerkungen zu den Vorlesungsmanuskripten der 70er Jahre. I

2

11. Der aristotelisch-thomasische Hintergrund

111

Lebensstandards. Kulturell abhängig zeigt sich der Mensch, weil er des geistigen Austausches bedarf. Seine personale Vervollkommnung in sittlicher Hinsicht erreicht der Mensch leichter in Gemeinschaft mit anderen. "Wenngleich im innersten Bereich der menschlichen Freiheit der Mensch seiner selbst Herr, also unabhängig ist, so sind doch die sittlichen Vorstellungen und Wertschätzungen engstens mit der Umwelt verbunden. ( ... ) Sittliches Handeln ist vernunftgemäßes Handeln. Auf dem Weg über die Vernunft kann darum auch ein Einbruch des Sozialen in den einzelnen erfolgen. Wie nämlich einerseits das sittliche Empfinden einer Gesellschaft die Rechtsordnung bestimmt, so ist anderseits gerade auch das Rechtsgefüge der Gesellschaft von Einfluß auf das sittliche Denken des einzelnen."4 Jede dieser Abhängigkeiten wird in bezug auf die Vervollkommnung der personalen Natur des Menschen interpretiert. Die Erkenntnis dieser Abhängigkeiten reicht aber noch nicht aus zur Begründung der Sozialnatur im eigentlichen Sinne, da sie im Bereich der kausalen Ordnung verbleibt. 5 Darüber hinaus impliziert die Verwendung des Begriffes der Abhängigkeit die Vorstellung von der Realisierung des Eigennutzes, des eigenen Vorteils, der dem einzelnen aus der sozialen Beziehung erwächst. Der einzelne würde demnach nur die Gesellschaft suchen, um seine persönliche Vervollkommnung zu erreichen. Hinzutreten muß der bereits mehrfach angesprochene Aspekt des gemeinsamen ethischen Auftrages. Dem einzelnen kommt bei der Realisierung des sittlichen Objektes eine Teilfunktion zu; gemeinsam mit seinen Mitmenschen muß er den ganzen Gemeinwert aufbauen, sei es die materielle Wohlfahrt, die Kultur oder die sittliche Vollendung. Utz legt Wert auf die Feststellung, daß dadurch die personale Identität des einzelnen selbstverständlich nicht geschmälert wird. "Jeder weiß von seinem Personsein aus, daß er in einer bestimmten Situation seinem Sein nur treu bleibt, wenn er, und zwar als Person, d. h. mit seinem ganzen sittlichen Wollen, Teilfunktion zu übernehmen gewillt ist." 6

11. Der Hintergrund der Utzschen Konzeption: die aristotelisch-thomasische Tradition Dem Nachweis dieser Konzeption dient auch die ausführliche Anbindung an die aristotelisch-thomasische Tradition. Utz, Die soziale Natur des Menschen, 5. Vgl. SE I, 111. Das Gemeinwohl wäre denn auch konsequenterweise bei einer kausalen Interpretation als reiner Dienstwert anzusprechen. 6 SE I, 111 f. Zur theologischen Bedeutung des Gedankens der Teilfunktion vgl. A. F. Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, 448: Der einzelne Mensch vollzieh.~ durch das im Sakrament der Taufe gnadenhaft besiegelte Treuegelöbnis die feierliche Ubernahme der Teilfunktion, die Integration in die Ekklesia, verstanden als das Ganze, so daß ein Abfall vom Glauben nicht nur eine persönliche Verirrung, sondern auch einen Verrat an der kirchlichen Gemeinschaft bedeutet, die auf seinen Beitrag zur Realisierung des Gemeinwohls angewiesen ist. 4

5

112

4. Kap.: Die Sozialnatur des Menschen

Die griechische Philosophie spricht vom Menschen als einem "zoon politikon", einem politischen Lebewesen. 7 Als "idiotes", zu deutsch: als Selbstling oder Sonderling, bliebe der Mensch ein verkümmertes Wesen. Vom Wesen her ist er gemeinschafts bezogen und daraus erwachsen ihm Pflichten. Aristoteles war davon überzeugt, daß der Mensch ohne die Gemeinschaft mit anderen Menschen nicht zu seiner Vollkommenheit gelangen könne. 8 Diese Erkenntnis erschloß sich ihm aufgrund der Erfahrung. Sie zeigte ihm an, daß der einzelne Mensch der Mithilfe anderer bedarf, um sich die materielle Grundlage und die geistigen Güter zu verschaffen. Darüber hinaus ist der Mensch ein auf die Kommunikation angewiesenes Wesen. Die Gemeinschaft ist die einzige Möglichkeit, die vielen Unzulänglichkeiten des einzelnen Menschen zu ergänzen. Dabei darf er sich nicht des anderen im Sinne einer Instrumentalisierung bedienen. "Indem aber die Menschen erkennen, daß ein jeder dieselbe Abhängigkeit in sich fühlt wie der andere und daß ein jeder dasselbe Ziel erstreben möchte, erkennen sie zugleich die Notwendigkeit der gegenseitigen Hilfeleistung."9 Die Gegenseitigkeit wird zum Prinzip des Sozialen. Aufbauend auf der Hilfeleistung innerhalb der Familie durchzieht sie alle Ebenen oder Stufungen des sozialen Lebens. Der Staat stellt schließlich nur die logische Konsequenz der sozialen Naturanlage dar. Die Menschen erkennen die gemeinsame natürliche Zielrichtung und ihre Hilfsbedürftigkeit im Hinblick auf das Ziel. Damit hat die Untersuchung aber noch nicht den Bereich der sozialethischen Finalität erreicht, sondern steht immer noch im Bereich der ontischen Entelechie. "Unter der Voraussetzung also, daß die Erreichung des letzten Zieles der menschlichen Person nicht bloß im Sinne einer seinshaften Finalität, also nicht nur im Sinne der ontischen Entelechie gilt, sondern zugleich durch eine sittliche Autorität auch aufgetragen ist, wird der Zusammenhang mit der Moral offenbar." 10 U tz kritisiert an Aristoteles, daß dieser sich noch zu einseitig der ontischen Finalität gewidmet und somit den sittlichen Gehalt, also die sittliche Verpflichtung nicht angemessen herausgehoben habe. Erst Thomas habe in Anlehnung an die Lehre von der lex aeterna des Augustinus diese Lücke geschlossen; dort wurde die Begründung aller Gesetze, insbesondere des Naturgesetzes, im Gesetz Gottes nachgewiesen. 11 Thomas nennt den Menschen "natürlicherweise sozial" (naturaliter animal sociale).12 Was besagt nun der Begriff "Natur" in diesem Zusammenhang? Nach 7 Vgl. z. B. Aristoteles, Tiergeschichte I, 1, 488 a 7 ff.; mehrfach in: Polit. I, 2, 1253 a 7; I, 2, 1252b 27 ff.; I, 2, 1253a 27 ff. 8 Utz verweist auf Aristoteles, Polit. I, 2, 1252b 27 ff., wo der Stagirite den Staat als naturhaftes Ziel menschlicher Sozialität darstellt. Die staatliche Gemeinschaft besteht wegen des vollkommenen Lebens aller. 9 SE I, 116. 10 SE I, 117. 11 Vgl. auch U. Kühn, Via caritatis. Theologie des Gesetzes bei Thomas von Aquin, Göttingen 1965.

11. Der aristotelisch-thomasische Hintergrund

113

Thomas ist das Natur, was im Wesen eines Seienden beschlossen ist. MitAristote[es erklärt er, daß ein nicht sozial lebender Mensch entweder ein Tier oder ein Gott sei; 13 der Mensch ist und bleibt naturgemäß ein soziales Lebewesen. Thomas vertritt diese Interpretation konsequent bis hinein in Fragen der Theologie (Lebensweise im Paradies). Der die höchste Vollendung anstrebende Eremit verzichte zwar auf die menschliche Gemeinschaft, er stehe aber seinerseits in einer sozialen Beziehung zu Gott und nütze auf diese Weise der menschlichen Gemeinschaft. 14

Die physische Abhängigkeit bzw. Bedürftigkeit des Einzelmenschen muß aber im Zusammenhang mit der Vernunft gesehen werden. Die Vernunft greift diese Tatbestände auf und verarbeitet sie entsprechend der Erkenntnis ihrer eigenen Natur. Erst damit ist für Thomas das erfüllt, was man naturrechtlich als Sozialnatur zu bezeichnen hat. 15 Utz kommentiert die thomasischen Aussagen entsprechend: "Während das Tier einfach dem Instinkt folgt, hat die Natur dem Menschen die Vernunft gegeben, die ihm anzeigt, was zum Ziele führt. ( ... ) Aus diesem Grunde konstitutiert der Mensch ein Gemeinwohl, das dem Herdentier fernliegt. Wenn darum Thomas sagt, es sei dem Menschen ,naturgemäß eingepflanzt, in Gemeinschaft zu leben', dann versteht er dies in allererster Linie im Sinne der dem Menschen von der Natur mitgeteilten Vernünftigkeit." 16 Die Vernunft zeigt dem Menschen demzufolge die Notwendigkeit des Gemeinwohls auf. Ein solches Verständnis der Sozialnatur fordert jedoch, dessen ist sich Utz bewußt, Widerspruch heraus. Mit der Betonung des Zweckes im menschlichen Zusammensein scheint nämlich das thomasische Denken von der Einbindung des Menschen in die Gesellschaft nur dem zu entsprechen, was Tönnies im Gegensatz zur Gemeinschaft unter Gesellschaft versteht. Tönnies macht zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft eine eindeutige Zäsur. Gemeinschaft ist für ihn durch gegenseitige Schätzung und Zuneigung Charakterisiert, während in der Gesellschaft "jeder für alle dazusein, alle jeden als ihresgleichen zu schätzen scheinen, in Wahrheit aber jeder an sich selber denkt und im Gegensatz zu allen übrigen seine Bedeutung und seine Vorteile durchzusetzen bemüht ist". 17 Es stellt sich die Frage, ob Thomas tatsächlich mit dem Gedanken der Zweckrationa12 Vgl. z. B. I Eth. lect. 1; weitere Belege für die Sozialnatur des Menschen bei Thomas sind in SE I, 341- 349 zusammengestellt. 13 V gl. Aristoteles, Polit. I, 2, 1253 a 27 ff. 14 Vgl. STh lI-lI 188, 8 ad 4; vgl. SE I, 119. 15 Vgl. IV Sent. d. 26 q. 1 a. 1 sol.; I Eth. lect. 1; De Reg. princ. I, 1; CG III 85. 117. 128. 129; STh 11-11 129,6 ad 1; vgl. SE 1,121. 16 SE I, 121. Utz kann (vgl. ebd.) als Beleg auf CG III 128 hinweisen: "Secundum legern divinam homo inducitur ut ordinem rationis servet in omnibus quae in eius usum venire possunt. Inter ornnia autem quae in usum hominis veniunt, praecipua sunt etiam alii homines. ,Homo enim naturaliter est animal sociale' [I Ethic. VII, 1097b 14]: indiget enim multis quae per unum solum parari non possunt. Oportet igitur quod ex lege divina instituatur homo ut secundum ordinem rationis se habeat ad alios homines." 17 F. Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie, Nachdruck der 8. Auflage, Darmstadt 1979 (21988),46.

8 Kettern

114

4. Kap.: Die Sozialnatur des Menschen

lität nur das konstitutive Merkmal der Gesellschaft erfaßt hat, oder ob er vielleicht doch, über das Phänomen des Gesellschaftlichen hinaus, Wesentliches zum Leben der Menschen in Gemeinschaft auszusagen weiß. Wie Utz ausführt, 18 hat Tönnies mit seiner Trennung zwischen ,Gesellschaft' und ,Gemeinschaft' zwei "Modelle konstruiert, die in der Wirklichkeit ineinanderfließen." Der Zweckgedanke bei Thomas ist tief in der menschlichen Natur verankert und hat unmittelbar nichts mit egoistischen Absichten zu tun. Die naturrechtliche Begründung der Gesellschaft führt darum zur echten Gemeinschaft und kann nicht als niedrigste Form der Gemeinschaft angesehen werden, von der Tönnies aus seiner soziologischen Sicht spricht. 19

Utz argumentiert in dreifacher Hinsicht gegen Tönnies: 20 a) grundsätzlich sei jedes menschliche Handeln zweckgebunden, da es im Dienste der persönlichen Vervollkommnung stehe; b) es träfe der Vorwurf des Benutzens deshalb nicht zu, weil die Gegenseitigkeit dieses rationalen Handeins das Motiv der wechselseitigen Hilfeleistung darstelle; c) schließlich handele es sich um den Austausch der höchsten Güter, die der Mensch für sich überhaupt erstreben könne, da das angesprochene rationale Handeln den geistigen Austausch über Wahrheit, Gut und Böse betreffe. Utz vertritt entschieden die Auffassung, daß die Gesellschaft für Thomas eben nicht der Ort persönlicher Erfolgsmaximierung auf Kosten anderer ist, sondern der Ort rationaler Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Möglichkeiten und der Erkenntnis eines Gemeinwohls, durch welches dem einzelnen erst das gute Leben ermöglicht wird. "Da nun Thomas den Menschen bis in die Spitzen geistigen Lebens in die Gesellschaft einbezieht, wenigstens unter dem Gesichtspunkt, daß die Gesellschaft der einzige Weg ist, der den einzelnen Menschen auf die letzten Höhen führt, so versteht man, daß er alle Kardinaltugenden als irgendwie mit der Gesellschaft verwoben erklärt."21 Zusätzlich benennt Thomas ein affektives Element innerhalb der Sozialanlage. Der Mensch sucht nicht nur rational, sondern auch spontan die Gemeinschaft mit seinesgleichen. Thomas spricht im Zusammenhang mit seinen Beobachtungen vom "verträglichen Wesen" (animal mansuetum), dem ein philanthropischer Zug eignet. 22 .. Thomas nennt also den Menschen aus einem doppelten Grund ,naturhaft sozial': einmal, weil die Vernunft gemäß ihrer natürlichen Veranlagung aus der naturgegebenen Tatsache der gegenseitigen Abhängigkeit in der Verfolgung des persönlichen Zieles auf die notwendige Gründung einer Gemeinschaft schließt, 18 Vgl. SE I, 52. 19 Vgl. zu Tönnies auch die Kritik von J. Pieper, Grundformen sozialer Spielregeln, 7., völlig veränderte Auflage, München 1987, 33-56; J. Hö!fner, Christliche Gesellschaftslehre, Kevelaer 71978, 39. 20 Vgl. SE I, 122 f. 21 SE I, 123. 22 Vgl. VII Eth. lect. 6; VIII Eth. lect. 1; CG III 117.

III. Weitere philosophische Vertiefung der Sozialnatur

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sodann, weil der Mensch mit naturhaft instinktivem Drang die Gemeinschaft sucht." 23 Der soziale Instinkt stellt aber für Thomas nicht mehr als ein Zeichen der eigentlichen, der rationalen Sozialanlage, dar, wie Utz ausführt. 24 Beachtenswert ist bei Thomas die ethische Struktur der Sozialanlage. 25 Hatte Aristoteles die Entelechie aufgezeigt, die den Menschen gleichsam von seiner Physis aus auf das Leben innerhalb der Gemeinschaft verwies, so erweitert Thomas diesen Gedanken in die Ethik hinein. Thomas begreift die menschliche Vernunft, wie öfters erwähnt, als Teilhabe an der göttlichen Vorsehung und damit an der gebietenden Vernunft Gottes. 26 Die rationale Kreatur hat im Gegensatz zur nicht-rationalen die Fähigkeit und die Kraft erhalten, sich als Individuum und Person selbst zu leiten. Der Mensch ist dem Naturgesetz im sittlichen Sinn unterworfen, die übrige Welt dem Naturgesetz im physischem Sinne. "So wird die rationale Erkenntnis des Menschen, nur über die Gemeinschaft vollkommen werden zu können, zur Erkenntnis eines ewigen Gesetzes, das alle Menschen verpflichtet." 27 Nun hat diese Verpflichtung eine doppelte Ausrichtung: sie richtet sich an den einzelnen in personal-moralischer Hinsicht sowie an die Gemeinschaft in sozialer Hinsicht, d. h. das Gemeinwohl wird zum Organisationsprinzip. 28

111. Die weitere philosophische Vertiefung der Sozialnatur durch Utz Die Begriffe Gesellschaft und Gemeinschaft können laut Utz in ihrer grundlegenden Bedeutung nur von der Ethik her erfasst werden. 29 Der naturrechtlich begründete Zweckgedanke kann daher nicht, wie Tönnies meinte, als Kennzeichen des Rationalismus in der Gesellschaftslehre gelten. Die Verfolgung der vom Schöpfer in die Natur hineingelegten Teleologie ist ein tiefmenschliches Anliegen. "Es ist nicht nur die Sympathie, welche die Menschen tiefinnerlich verbindet, sondern vielmehr die naturhafte Ausrichtung aller auf das eine überragende Vollkommenheitsideal, die Vollkommenheit in Gott."30 Wie dargestellt, fußt die Begründung der sozialen Natur des Menschen, wie sie Utz in dem 1958 erschienenen 1. Band der "Sozialethik" dargeboten hat, auf der allgemeinen Erfahrung, daß der einzelne Mensch einerseits den Mitmenschen 23 SE I, 124. 24 Vgl. SE I, 124 Anm. 48 mit Hinweis auf CG III 147. 25 Hierin folgt ihm Utz, vgl. SE I, 125. 26 Vgl. CG III, 113. 27 SE I, 125. 28 Zum Verhältnis Thomas-Aristoteles vgl. auch A. F. Utz, Die Ethik des hl. Thomas. Übereinstimmungen und Differenzen zwischen der aristotelischen und der thomistischen Ethik, in: FZPhTh 22 (1975) 367-374. 29 Vgl. Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, 447. 30 Utz, Theologie und Sozialwissenschaften, 453. 8*

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4. Kap.: Die Sozialnatur des Menschen

braucht, um zu seiner persönlichen Vollendung zu kommen, andererseits auch einen natürlichen Instinkt der Hinneigung zum Mitmenschen beweist. Diese Erfahrung beurteilte Utz damals noch als ausreichend für den Nachweis der menschlichen Sozialnatur. Wie aus seinem Vorlesungsmanuskript der siebziger Jahre hervorgeht, kann er sich mit dieser Beweisführung jedoch nicht mehr zufrieden geben. 31 Es bleibt nämlich trotz allem die Frage offen, ob damit eindeutig erwiesen wurde, daß der Mensch nicht anders als sozial zu denken ist. Mit dem Aufgreifen des philosophischen Nachweises der Sozialnatur befolgt Utz nur seine eigene Maxime. In der gesamten Sozialethik bemüht er sich nämlich um die exakte Bestimmung des Bereiches, an dem die empirische Argumentation in eine Wesenserkenntnis übergeht. Die Wesenserkenntnis wird deswegen als notwendig betrachtet, um die philosophische von der rein empirischen Begründung zu unterscheiden. Wie bereits erwähnt, möchte Utz sich dadurch von der Methode Messners abheben. In seinen späten Vorlesungen geht Utz der seiner Ansicht nach offenen Frage nach, ob die Sozialität solchermaßen zur Definition des Menschen gehört, daß dieser aufgrund seiner Wesensstruktur notwendigerweise sozial ist. Sonst wäre es denkbar, daß der Mensch sich im Laufe der Zeit zu einem solitären Wesen entwickeln könnte. In diesem Fall würde der rein empirische Nachweis illusorisch werden. In welcher Weise hat nun Utz dieses typisch philosophische Problem gelöst? Ausgangspunkt ist die gleiche Natur aller Menschen. Da diese als solche nie existiert, sondern real immer individualisiert ist, kann auch bei unendlicher Individualisierung das Wesen Mensch real nie vollgültig dargestellt sein: "Die spezifische Natur des Menschen ist in allen Einzelmenschen die gleiche. Sie existiert aber nur in konkreter Vielheit und damit also in Verschiedenheit. Die unüberschaubaren vielen wirklichen und möglichen Einzelmenschen sind nie in der Lage, die Seinsfülle der spezifischen Natur des Menschen in der Wirklichkeit darzustellen."32 Wenn dem so ist, ergibt sich zwangsläufig die Frage: "Welchen Sinn hat nun die Gleichheit vieler Wesen, die in ihrer tatsächlichen Verschiedenheit niemals das zum Ausdruck zu bringen vermögen, was ihre Wesensnatur in ihrer gesamten Fülle ausmacht, was ihre Wesensnatur eigentlich erfordert?"33 Die Antwort auf diese Frage formulierte Utz im dritten Exkurs seines bearbeiteten Thomaskommentars. Dort wird ausgeführt, daß der reine Geist, von der Theologie unter dem Begriff ,Engel' gefaßt, für sich eine spezifische Einheit 31 Dieses Manuskript ist als ganzes bislang noch nicht veröffentlicht. Die dort entwikkelten Grundgedanken publiziert Utz zur Zeit in einer Artikelserie in den "Gesellschaftspolitischen Kommentaren". Der die Sozialnatur des Menschen betreffende Beitrag erschien im September 1990 und trägt den Titel: Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, in: gpk 31 (1990),223-226. Der Verfasser der vorliegenden Arbeit dankt Herm Prof. Utz für die gewährte Einsichtnahme in das umfangreiche Material. 32 Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 224. 33 Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 224.

III. Weitere philosophische Vertiefung der Sozialnatur

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darstelle, daß hingegen der mit der Materie verbundene Geist, der Mensch, nicht als ,species', sondern nur in übertragenem Sinne als Träger einer spezifischen Natur, näherhin, als konkretisierter Teilhaber der Species bezeichnet werden könne. 34 "Um die Species, d. h. die Wesensnatur des Menschen zum Ausdruck zu bringen, braucht es eine Vielfalt von Einzelmenschen, die zusammen in gemeinsamer körperlicher und geistiger Tätigkeit das zur Entfaltung bringen, was an Potentialität in der Wesensnatur des Menschen grundgelegt ist. Nur auf diese ontologische Weise ist der Nachweis zu erbringen, daß der Mensch wesentlich sozial ist, so daß es für alle Zeiten ausgeschlossen ist, daß jemals ein Mensch nicht s~zial wäre." 35 Damit findet die Vorstellung vom Gemeinwohl ihre ontologische Grundlegung in der Sozialnatur des Menschen. Nur gemeinsam können die Menschen die Potentialität ihrer Wesensnatur ausdrücken. Will man die von Utz solchermaßen beschriebene ontologische Grundlegung des Gemeinwohls in der Sozialnatur kurz zusammenfassen, so könnte dies auf folgende Weise geschehen: Um im Rahmen einer begrenzten Zeit wenigstens in etwa das Einssein in der menschlichen Natur zu manifestieren, sind die Individuen aufgerufen, eine an ihrer gleichen Natur ausgerichtete gemeinsame Zielvorstellung als jeweils sachlich begründetes Gemeinwohl zu realisieren. Die gemeinsame Natur verpflichtet darum, auf dem Weg über die praktische Vernunft, zu gemeinsamem Handeln, unbesehen des in der Praxis empfundenen Bedürfnisses der gegenseitigen Abhängigkeit und des Instinktes zur gegenseitigen Hilfeleistung. Wie Utz schon in seiner früheren Beweisführung darlegte, sind diese empirischen Feststellungen, auf die auch Thomas wiederholt zu sprechen kommt, nur praktische Hinweise auf die soziale Natur des Menschen, nicht eigentliche Beweise dafür. 36 Diese Erkenntnis hat Utz offenbar veranlaßt, in seinem späteren Denken auf die spezifisch philosophische Begründung der sozialen Natur zurückzukommen. Erst damit erbrachte er den philosophischen Nachweis der zentralen Bedeutung des Gemeinwohldenkens.

Vgl. Nachfolgefassung, 481. Nachfolgefassung, 481. 36 In der Nachfolgefassung beurteilt Ulz die Argumente des Thomas als empirische Bestätigung einer metaphysisch gewonnenen Erkenntnis (vgl. ebd. 481). 34 35

Fünftes Kapitel

Das Gemeinwohl I. Begrimiche Abklärung Nachdem Utz solchennaßen die ontologische Grundlage des Gemeinwohls aufgezeigt hat, stellt sich nun die Frage, wie er diesen Begriff näher entfaltet. Überblickt man die von Utz konzipierte Sozialethik, so drängt sich der Eindruck auf, daß sie im Begriff des Gemeinwohls ihre höchste Konzentration findet. 1 Zweifellos kann der Begriff "Gemeinwohl" auf eine lange Geschichte zurückblicken. Seit der Antike bezeichnete er "sowohl die Wohlbeschaffenheit des Gemeinwesens als auch das einträchtige Zusammenwirken aller Gesellschaftsglieder auf das gemeinsame Ziel, nämlich die Wohlfahrt aller in der Gemeinschaft" und damit das "Zentrum ( ... ) des Gesellschaftlichen". 2 Gleichwohl handelt es sich beim Gemeinwohl um einen äußerst vielschichtigen, ja sogar mehrdeutigen Begriff, der vornehmlich in der Staats- und Sozialphilosophie Verwendung findet. 3 Fonnal gesehen handelt es sich beim Gemeinwohl um die Leitidee jeder Politik, sofern sie sich nicht ausdrücklich der Verfolgung bestimmter Interessen einzelner verpflichtet weiß. Im allgemeinen Sprachgebrauch treten bisweilen andere Bezeichnungen an die Stelle des hier zu behandelnden Begriffs: das ,gemeine Beste', das ,Wohl der Allgemeinheit', der ,Gemeinnutz', das ,Staatsinteresse' oder auch das ,öffentliche Interesse'. Unvenneidlich scheint die Vielfalt der sich mit dem Begriff verbindenden inhaltlichen Vorstellungen, ja es ergibt sich der Eindruck, als ob den verschiedenen Fonnen, die Politik annehmen kann, jeweils eine bestimmte Gemeinwohlkonzeption zugeordnet werden kann. 4 Ent1 Ein umfangreiches Kapitel im ersten Teil der "Sozialethik" widmet er allein der Explikation dieses Begriffes (vgl. SE I, 127 - 185). In einem eigenen Exkurs der Nachfolgefassung seines Thomaskommentars untersucht er die grundSätzliche Bedeutung dieses Prinzips für den Aufbau der Katholischen Soziallehre (vgl. Nachfolgefassung, 456 -498). 2 L. Berg, Gemeinwohl in methodischer Sicht, in: JCSW 11 (1970),291-298, hier:

291.

3 Vgl. zur Vielfalt seiner Interpretationen: M. Stolleis, Art. Gemeinwohl, in: Evangelisches Staatslexikon, I, Stuttgart 1987, 1061-1064; W. Kerber / A. Schwan / A. Hollerbach, Art. Gemeinwohl, in: StL 711,1986,857-863; O. Schwemmer, Art. Gemeinwohl, in: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Hg. vonJ. Mittelstraß, I, Mannheim-Wien-Zürich 1980,729-731; Red. / R. Herzog, Art. Gemeinwohl, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. von J. Ritter, III, Darmstadt 1974, 248 - 258; J. Messner, Das Gemeinwohl. Idee, Wirklichkeit, Aufgaben, Osnabrück 21968,248-258.

I. Begriffliche Abklärung

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zieht sich damit der Begriff nicht von vorneherein der Analytik einer wissenschaftlichen Untersuchung? Verbleibt er nicht letztlich in jener Unbestimmbarkeit, wie sie die großen Schlüsselwörter unseres Alltages kennzeichnet?5 Angesichts der offensichtlichen Schwierigkeiten im Hinblick auf die inhaltliche Fixierung des Begriffes ist es erstaunlich, daß Utz in diesem Begriff geradezu das entscheidende Kriterium jeder Sozialdoktrin sieht. "Im Grunde unterscheiden sich darum die verschiedenen Sozialdoktrinen, d. h. die Lehren über die Beziehungen zwischen Individuum und Gemeinschaft, nach der Lehre vom Gemeinwohl."6 Mit dieser provozierenden These eröffnet U tz im ersten Band seiner "Sozialethik" den Traktat über das Gemeinwohl. Dieser gliedert sich in zwei Abschnitte: der erste untersucht grundsätzliche Fragestellungen zum Verhältnis von Gemeinwohl und Einzelwohl, der zweite wendet sich der inhaltlichen Seite des Begriffs zu. Utz erarbeitet in diesem Traktat eine Definition des Gemeinwohls. Mit gutem Grund greift er dabei auf den lateinischen Begriff des bonum commune zurück, weil dieser am ehesten die Fülle und Weite des Gemeinten abzudecken in der Lage ist. Bonum deutet bereits auf die hinter dem Begriff stehende Teleologie hin. Die Bezeichnung als bonum (Gut) ordnet das Gemeinsame in eine Zielordnung ein, eben als ein Gut, das von mehreren erstrebt wird als ein gemeinsames Gut, d. h. als ein Zielwert.

1. Das Gemeinwohl als äußeres Gut, als Institution und Organisation Bedeutsam wird nun folgende Unterscheidung: Das von mehreren erstrebte Gemeinsame braucht nicht notwendigerweise ein inneres Gut zu sein. Es können Gegenstände, äußere Güter, als bonum commune angesprochen werden, insofern sie, und das ist der entscheidende Aspekt, gemeinsames Ziel von rechtlichen Handlungen mehrerer Menschen sind (z. B. gemeinsames Besitz-, Eigentumsoder Nutzrecht). 7 In diesem Sinne müßte man auch Institutionen oder die rechtliche bzw. gesetzgeberische Organisation des Staates als zum Gemeinwohl gehörend betrachten. Auch Produkte wirtschaftlichen Handeins - vorausgesetzt sie sind Gegenstand gemeinsamen Rechtes oder einer gemeinsamen Zielsetzung stellen jeweils ein bonum commune dar. Wichtig ist dabei, daß jeder Beteiligte 4 Vgl. W. Hennis, Politik und praktische Philosophie. Eine Studie zur Rekonstruktion der politischen Wissenschaft, Neuwied-Berlin 1963,65 ff. 5 Wie unverzichtbar dennoch dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch ist, erhellt der Umstand, daß die neueste Überarbeitung der Brockhaus-Enzyklopädie ,Gemeinwohl' unter die wenigen eigens abgehandelten Schlüsselwörter rechnet, die von zentraler Bedeutung sind und gleichsam als Signatur unserer Zeit gewertet werden können: vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, VIII, Mannheim 19 1989,270-272. 6 SE I, 129. 7 Vgl. SE I, 130.

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

an diesen zielgerichteten Handlungen nur eine Teilfunktion ausübt. Die Güter sind Gemeingüter, sie fungieren als soziale Bindeglieder. Utz versteht aber nicht nur äußere Güter als Träger des Gemeinwohls. Das bonum commune kann auch als ein gemeinsames äußeres Geschehen (gemeinsame Veranstaltung) verstanden werden, besonders wenn es sich um die Schaffung eines kulturellen Wertes handelt. 8 Unter dem Aspekt der Äußerlichkeit formuliert Utz dementsprechend seine Definition: Als bonum commune sind anzusprechen "äußere Güter oder Werte, sofern sie Ziel von Handlungen vieler sind, innerhalb deren der Einzelne mit seiner Handlung Teilfunktion ausübt."9

Exkurs: Gemeinwohl oder Gemeingut Zur Kontroverse Utz - Nell-Breuning Kritik übte Utz am Gemeinwohlverständnis von Oswald von Nell-Breuning. Dieser hatte in dem von ihm und Hermann Sacher herausgegebenen "Wörterbuch der Politik" in dessen erstem Band 10 das Gemeinwohl gekennzeichnet als den "Inbegriff alles dessen, was an Voraussetzungen, Vorbedingungen oder Veranstaltungen in einem Gemeinwesen verwirklicht sein muß, damit die einzelnen durch Regen ihrer eigenen Kräfte ihr individuelles und gesellschaftliches Wohl (ihre Teilhabe am Gemeingut) zu erringen vermögen". 11 Das Gemeinwohl wird demnach von Nell-Breuning durchaus richtig im Sinne der äußeren Güter bzw. des äußeren Geschehens verstanden. Allerdings scheint es, als verstehe NellBreuning das Gemeinwohl nur in diesem äußeren Sinne. Dagegen wendet sich Utz: "Der Gemeinwohlbegriff erschöpft sich jedoch nicht in diesen äußeren Bedingungen, erst recht nicht in den wirtschaftlichen äußeren Bedingungen. Das bonum commune liegt noch tiefer. Selbst das wirtschaftliche bonum commune, die sogen. Wohlfahrt, kann nicht allein in der möglichst reichlichen Beschaffung materieller Nutzgüter liegen. Das bonum commune, auch das wirtschaftliche, wird im letzten Sinne im Menschen selbst verwirklicht". 12 Nun findet sich bei Nell-Breuning ein anderer Begriff, der durchaus den von Utz intendierten Inhalt zum Ausdruck zu bringen vermag: das Gemeingut. "Das lateinische ,bonum commune' hat zwei Übersetzungen ins Deutsche gefunden: Vgl. SE I, 132. SE I, 132. 10 O. von Nell-Breuning, Zur christlichen Gesellschaftslehre, Freiburg 1952,51-58. 11 Nell-Breuning, Zur christlichen Gesellschaftslehre, 55. In ähnlicher Weise verstanden die Konzilsväter das Gemeinwohl: Auch für sie ist das Gemeinwohl "die Gesamtheit jener Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens, die sowohl den Gruppen als auch deren einzelnen Gliedern ein volleres und leichteres Erreichen der eigenen Vollendung ermöglichen" (vgl. "Gaudium et spes", Nr. 26, in: LThK2 , XIV, 363). 12 SE I, 133. 8

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1. Begriffliche Abklärung

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Gemeingut und Gemeinwohl. Gemeingut und Gemeinwohl sind zwei verschiedene Begriffe, hängen allerdings eng zusammen. Eine kleine sprachliche Schwierigkeit liegt darin, daß gelegentlich auch das Gemeingut mit dem geläufigeren Wort ,Gemeinwohl' bezeichnet wird; dadurch erhält ,Gemeinwohl' zwei Bedeutungen, und man muß zusehen, welche von beiden jeweils gemeint ist." I3 In dieser sprachlichen Schwierigkeit liegen die unterschiedlichen Auffassungen der beiden Altmeister der katholischen Sozialethik begründet. Bei Utz, so zeichnet es sich hier bereits ab, beschränkt sich das Gemeinwohl eben nicht nur auf die äußeren Rahmenbedingungen, innerhalb derer die einzelnen Menschen ihre individuelle Vervollkommnung anstreben können. Wesentlicher als diese äußeren Voraussetzungen ist für ihn die Vorstellung der gemeinsamen Wertverwirklichung, auf die alle Gesellschaftsglieder aufgrund ihrer Sozialnatur ontologisch hingeordnet sind. Diese tiefere Dimension des Begriffs kennt Nell-Breuning auch, belegt sie aber mit dem Terminus ,Gemeingut'. "Verstehen wir unter Gesellschaft die dauernde und wirksame Verbundenheit von Menschen in der Verwirklichung eines gemeinsamen Zieles oder Wertes, so leuchtet ein, daß dieses gemeinsame Ziel oder dieser gemeinsame Wert dasjenige ist, worum das gesamte gesellschaftliche Tun und Lassen kreist. Es ist ein gemeinsames Gut, und zwar das für dieses gesellschaftliche Gebilde kennzeichnende Gut; man könnte es auch das Zielgut dieses gesellschaftlichen Gebildes nennen ( ... ) ein Gut, das von allen Gliedern des gesellschaftlichen Gebildes als für sie wertvoll bejaht und erstrebt wird, ein Gut, das daher auch ihnen allen zustatten kommen muß, daß letzten Endes eine Bereicherung, Vervollkommnung oder Werterhöhung aller Glieder des gesellschaftlichen Gebildes bedeutet." 14 Gegen die von E. Welty angedeutete 15 und später von Nell-Breuning vertretene Differenzierung zwischen Gemeinwohl und Gemeingut argumentierte Utz wie folgt: "Was die Terminologie angeht, so scheint es mir im Sinne der Tradition besser zu sein, das ,Gemeinwohl' als Zielwert zu verstehen und das konkret zu realisierende Gemeinschaftssoll als justum sociale zu bezeichnen. Die Terminologie ,Gemeinwohl' und ,Gemeingut' ist ( ... ) nur nach langer Erklärung verständlich und in andern Sprachen sogar undurchführbar." 16 Ganz vermag dieser Einwand im Sinne der traditionellen Terminologie nicht zu überzeugen. Zweifellos hat sich der Begriff ,Gemeingut' nicht durchsetzen können, wohl aber der des ,Gemeinwohls'. Utz hat es jedoch in seiner "Sozialethik" vermieden, auf etwaige Übereinstimmungen zwischen seiner Auffassung und derjenigen Nell-Breunings näher einzugehen. In späteren Untersuchungen betonte er stärker die Gegensätze. 17 Diese Gegensätze haben für Utz ihre letzte Ursache im grundsätzlich andersNell-Breuning, Zur christlichen Gesellschaftslehre, 5i. Nell-Breuning, Zur christlichen Gesellschaftslehre, 51 f. 15 Vgl. E. Welty, Herders Sozialkatechismus. 1. Band: Erster Hauptteil: Grundfragen und Grundkräfte des sozialen Lebens, Freiburg 1951,64 f. 16 SE I, 178 Anm. 39. 17 Vgl. z. B. Nachfolgefassung, 486-492. 13

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

artigen sozialethischen Ansatz. 18 Für den im Gefolge Taparellis und des Solidarismus argumentierenden Nell-Breuning ist der in Eigenverantwortung im Hinblick auf seine persönliche Vervollkommnung handelnde Mensch Mittelpunkt der Sozialethik. Die Gesellschaft wird ontologisch-kausal als Rahmenbedingung gelingender menschlicher Existenz gesehen. Aufgrund seiner Ergänzungsbedürftigkeit strebt der Mensch nach Gemeinschaftsbildung. Diese kausale Sicht bestimmt auch das Gemeinwohlverständnis von Nell-Breuning. Für Utz war es insbesondere Gustav Gundlach, der einem solchen Verständnis den Weg bereitete. 19 Gundlach hatte in einem Beitrag zur 6. Auflage des Staatslexikons folgende Position vertreten: "Der innere Aufbau der menschlichen Gesellschaftlichkeit ist ein Gut, das von allen zu achten und zu wahren ist, wenn sie nicht den Seins- und Wertbestand der Person als Quell und Ziel gesellschaftlichen Lebens verneinen wollen. Insofern ist jenes Gut das Gemeingut (bon um commune). Das Gemeinwohl als Verwirklichung des Gemeinguts und darin selbst bonum commune bedeutet sowohl einen Zustand als auch alle unmittelbar auf die Herbeiführung, Erhaltung und Verbesserung dieses Zustands zielenden äußeren Maßnahmen im gesellschaftlichen Leben."20 Letztlich geht auch die Unterscheidung zwischen Gemeinwohl als Dienstbzw. Selbstwert, wie sie Nell-Breuning nach eigenem Bekunden von Welty und nicht von Gundlach übernommen hatte,21 auf die beiden Begriffe Gemeingut und Gemeinwohl zurück. Es handelt sich dabei um eine Modifikation seiner bisherigen Auffassung: "Gemeinwohl als Selbst- oder Eigenwert besteht darin, daß ein Gemeinwesen mit all den Gütern oder Werten ausgestattet ist, die seine eigentümliche Vollkommenheit ausmachen, und daß es die Teilhabe daran allen seinen Gliedern vermittelt - ist es doch an erster Stelle dazu da, seinen Gliedern zu dieser Vollkommenheit zu verhelfen. ( ... ) Gemeinwohl als Dienstwert meint den rechten Befund oder die Beschaffenheit des Gemeinwesens als solchen. In diesem Sinn ist es ein organisatorischer und organisierender Wert."22 Nell-Breuning sieht die von ihm gewählte Terminologie als gerechtfertigt an, da sich die beiden Begriffe auf verschiedene Gegenstände beziehen. Gleichwohl sind beide miteinander untrennbar verbunden. Den geistes geschichtlichen Hintergrund erblickt er darin, daß das Gemeinwohl im suarezianischen Sinn als bloßer Dienstwert, das Gemeingut im thomistischen Sinn als Eigen- und Selbstwert aufgefaßt 18 Vgl. zum folgenden Utz, Johannes Messners Konzeption der Sozialphilosophie,

55-60.

19 Vgl. Utz, Johannes Messners Konzeption der Sozialphilosophie, 56. 20 G. Gundlach, Art. Gemeinwohl, in: StL, III, 61959, 737. 21 Utz hatte Nell-Breuning in Abhängigkeit von Gundlach gesehen; die Erwiderung Nell-Breunings findet sich in seiner Rezension zu: Das Neue Naturrecht (Gedächtnisschrift J. Messner). Hg. von A. Klose u. a., Berlin 1985, in: ThPh 61 (1986),462 f. 22 O. von Nell-Breuning, Art. Gemeinwohl, in: Philosophisches Wörterbuch. Hg. von W. Brugger, Freiburg-Basel-Wien 16 1981, 131 f.; vgl. auch Ders., Gerechtigkeit und Freiheit, 35-37.

I. Begriffliche Abklärung

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wurde. 23 Diese Unterscheidung forderte wegen ihrer Zuweisung zu den Traditionen des Sozialdenkens bei den Jesuiten bzw. Dominikanern erneut die Kritik von Utz heraus. 24

2. Das Gemeinwohl als immanentes Gut Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, möchte Utz das Gemeinwohl nicht auf den Bereich der äußeren Bedingungen beschränkt sehen. 25 Für ihn besagt es "ein Sein, das als solches Gemeinsamkeit besagt und in den Gliedern bei voller Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit verwirklicht ist." 26 Unterliegt Utz damit nicht einer Fiktion? Zweifellos gehört der Begriff des Gemeinwohls zu den zwar oft gebrauchten, nichtsdestoweniger aber heftig umstrittenen Begriffen. Letztlich liegt die Tatsache, daß die Vorstellung vom Ge23 W. Kerber folgt Nell-Breuning bei dieser Unterscheidung; vgl. seinen bereits genannten Beitrag zum Art. Gemeinwohl, in: StL, H, 71986, 858. 24 Die Kritik von Utz findet sich im Exkurs III der Nachfolgefassung, 488. NellBreuning wollte aber zu keiner Zeit aus dieser oder anderen sachlichen Differenzen einen unüberwindbaren Gegensatz zwischen Jesuiten und Dominikanern ableiten: "Lesen Sie Ausführungen über das Gemeinwohl einmal bei einem Jesuiten, das andere Mal von einem Dominikaner; Sie werden sich fragen, ob beide vom gleichen Gegenstand reden oder über ganz verschiedene Dinge, die nur unglücklicherweise beide den gleichen Namen tragen. Zu einem Teil ist in der Tat das letztere der Fall, und es ist daher kein Zufall, wenn Welty [er war wie Utz Dominikaner, B. K.] ,bonum commune' nicht mit Gemeinwohl, sondern mit Gemeingut übersetzt. Aber auch nachdem wir Gemeinwohl und Gemeingut ,entflochten' haben, womit manche Mißverständnisse und manches Aneinandervorbeireden überwunden sein dürfte, bleiben tiefgehende sachliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, die zum Tragen kommen, wenn es um praktische Maßnahmen der Sozialpolitik oder Sozialreform geht. Ich glaube sagen zu dürfen, daß - mindestens bei uns in Deutschland - die Beziehungen zwischen Jesuiten und Dominikanern nie so freundschaftlich gewesen sind wie jetzt, daß man in der Sozialarbeit aller Ebenen in schönster Weise zusammen wirkt. In einer tieferen Schicht der metaphysischen Spekulation jedoch bestehen nach wie vor die traditionellen gegensätzlichen Auffassungen über esse et essentia und über das principium individuationis und damit über einen der Angelpunkte, um die alle Sozialphilosophie notwendigerweise kreist. Wo genügend gemeinsamer Bestand vorhanden ist, lassen sich über das Trennende Brücken schlagen." (Die politische Verwirklichung der christlichen Soziallehre, in: Stimmen der Zeit 161 (1957/58), 350 f.) 25 Vielleicht zu einfach macht es sich W. Weber mit einer Empfehlung: "In einer weltanschaulich geschlossenen Gesellschaft kann man ihn [den Begriff des Gemeinwohls, B. K.]leicht als einen inhaltlich gefüllten Begriff betrachten, insbesondere dann, wenn eine unangefochtene gesellschaftliche Macht dekretiert, was die Inhalte im einzelnen sein sollen, während man in einer weltanschaulich zerrissenen Gesellschaft besser daran tut, Gemeinwohl als bloßen Organisations wert zu deklarieren." (Person in Gesellschaft, 59) - Utz will ja gerade die Bedeutung des Gemeinwohls für die pluralistische Gesellschaft darlegen, den Weg zur inhaltlichen Fülle des Begriffs aufzeigen und die Unverzichtbarkeit dieser Kategorie nachweisen. In diesem Anliegen gibt es deutliche Übereinstimmungen mit neopluralistischen Auffassungen (v gl. Detjen. Neopluralismus und Naturrecht, 197 - 230). 26 SE I, 133.

124

5. Kap.: Das Gemeinwohl

mein wohl eine ganze Reihe von Fragen aufwirft, im Problem der inhaltlichen Bestimmbarkeit dieses Begriffes begründet. Handelt es sich beim Gemeinwohl nicht tatsächlich nur um eine Leerformel (A. KnoU27), da man wohl diesen Begriff verwenden kann, sich aber das damit Gemeinte im Grunde nur als die Summe vieler Einzelwohle vorzustellen vermag? Gibt es überhaupt das Gemeinwohl als objektive Größe? Oder trifft das zynische Diktum des 1967 verstorbenen amerikanischen Journalisten WiUard Monroe Kiplinger zu: "Das Gemeinwohl ist die Bezeichnung, die jeder Politiker zur Unterstützung seiner Argumente verwendet." 28 Oder in einer anderen, mit dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit auftretenden Formulierung: "Gemeinwohl (auch allgemeines Wohl) ist ein Formalbegriff, dessen Inhalt von der jeweils herrschenden Gruppe eines Gesellschaftsintegrats ideologiemäßig bestimmt wird und als rechtlich zureichender Grund für die rechtliche Regelung des Soziallebens im allgemeinen, daneben aber auch für besondere Eingriffe in die Individualsphäre dient".29 Dann wäre in der Tat das Gemeinwohl eine beliebige Formel zur Kaschierung und Durchsetzung von Eigeninteressen. Es stellt sich schließlich die Frage, wie das Gemeinwohl, wenn es denn eine objektive, real gegebene Größe sein sollte, überhaupt in einer pluralistisch strukturierten Gesellschaft bestimmbar ist. 30

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27 Zur Kritik des Gemeinwohls und insbesondere des Naturrechtsdenkens vgl. A. M. KnolI, Katholische Kirche und scholastisches Naturrecht, Neuwied-Berlin 1968 1962); dagC?$e~ richtet sich J. Messner, Sind die Naturrechtsprinzipien inhaltslose Formeln? In: OZOR 15 (1965), 163-178. 28 L. Schmidt, Das treffende Zitat zu Politik, Recht und Wirtschaft, Hamburg 1986,94. 29 E. H. Hirsch, Art. Gemeinwohl, in: Wörterbuch der Soziologie. Hg. von W. Bernsdorf! und F. Bülow, Stuttgart 1955, 154. 30 Vgl. dazu zuletzt R. A. Dahl, Dilemmata der pluralistischen Demokratie: Das Allgemeinwohl welcher Allgemeinheit? In: Individuelle Freiheit und demokratische Entscheidung. Hg. von P. Koslowski, Tübingen 1989,98-113. Dahl zeigt in seinem Beitrag nur die Schwierigkeiten auf, das Gemeinwohl sogenannter ,,relevanter Aggregate", d. h. der in einer pluralistischen Demokratie vorfindlichen Personen- und Interessengruppen zu bestimmen. Zur Demokratie gehört seiner Ansicht nach untrennbar die pluralistische Struktur hinzu, womit jeder Interessenmonismus von vorneherein ausgeschlossen wird (vgl. 110). Dahl sucht jedoch zumindest für Bereich der Wirtschaft eine Lösung, da er hier die gegenseitige Abstimmung der Interessen als besonders notwendig und unverzichtbar erachtet. Nach ihm wurzeln bestimmte Probleme der Entscheidungsfindung in der Verzahnung von Demokratie und Kapitalismus: "es sei festgehalten, daß eine Umwandlung von einer privaten in eine vergesellschaftete oder verstaatlichte Wirtschaft die dem Kapitalismus innewohnenden Interessenkonflikte zwangsläufig beseitigt oder irgendwie nennenswert reduziert. Weil sie mehr gemeinsame und weniger konfligierende Interessen hätten, wäre es für die Bürger einfacher, sich im Hinblick auf ein öffentliches oder allgemeines Wohl einander anzunähern." (111) Es darf angesichts der Ereignisse in Osteuropa, die drastisch den Mißerfolg solcher staatlichen Koordinierungsmaßnahmen und die daraus resultierende Unzufriedenheit der Bürger aufzeigten, bezweifelt werden, ob die hochkomplexen Strukturen der heutigen Wirtschaft zentrale Planungen zulassen. Analog zum von Dahl bevorzugten demokratischen Pluralismus muß man die Interessenvielfalt auf dem Gebiete der Ökonomie akzeptieren. Sie steht keineswegs, wie noch bei Utz zu zeigen sein wird, in einem unüberbrückbaren Gegensatz zum Gemeinwohl.

I. Begriffliche Abklärung

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a) Das Gemeinwohl als Summe vieler Einzelwohle ? Die Interpretation des Gemeinwohls als Summe vieler Einzelwohle wird von Utz kritisiert als Auswuchs rein individualistischen Gesellschaftsdenkens. Utz denkt dabei an Benthams Formel vom bestmöglichen Wohl der größtmöglichen Zahl,31 Er möchte ja das Gemeinwohl als einen eigenständigen Wert verstehen und differenziert aus diesem Grund zwischen dem Gemeinwohl und dem Einzelwohl. Dabei weiß er sich auch in Übereinstimmung mit der Tradition katholischen Sozialdenkens. "Das Gemeinwohl kann nicht die Summe aller Individualwohle sein. Andererseits ist gemäß der kontinuierlichen kirchlichen Tradition und auch gemäß der Interpretation dieser Tradition durch die Theologen das Gemeinwohl personal zu verstehen, ohne daß es damit seine Qualität als übergeordnete Norm aller Individuen verlöre. Hier ergibt sich für den Interpreten der katholischen Soziallehre die grundsätzliche, erkenntnistheoretische Frage: Wie kann der Begriff des Wohlergehens personal und zugleich derart universal sein, daß er die Personen nur als proportional zueinander bezogene Teile begreift und in dieser Weise den Personen als übergeordnete Norm zu gelten hat, somit nicht einfach die Summe der individuellen Wohle ist?"32

b) Das Gemeinwohl als Kulturwert Welche Werte werden nun von Utz mit diesem solchermaßen äußerst schwierig zu ermittelnden Gemeinwohl identifiziert? Zunächst einmal spricht er von Kulturwerten, verstanden als die kulturelle Bildung der Gemeinschaftsmitglieder. 33 Es ist, wohlgemerkt, nicht die Rede vom Bildungsgrad des einzelnen, sondern davon, daß der Bildungsgrad des einzelnen Teilfunktion im Gesamtbildungsgefüge der Gesellschaft besitzt. "Kultur" wird verstanden als der sich aus der Bildung der Gesellschaftsglieder ergebende gegenseitige Austausch. Wenn also Bildung in Wechselbeziehung zu anderen Menschen steht, entsteht Kultur. Ohne Zweifel vervollkommnet die Kultur den einzelnen Menschen, darüber hinaus befahigt sie aber die Menschen zu erhöhter geistiger Wechselwirkung. Der Kulturwert wird vor diesem Hintergrund zum Objekt des gemeinsamen Strebens, zum Gemeinwohl. c) Die Definition des immanenten bonum commune

Der Definition des äußerlichen bonum commune stellt Utz daher eine Definition des immanenten bonum commune zur Seite: "Die menschliche Vollkommenheit als gemeinsames, die einzelmenschlichen Vollkommenheiten als Teile umfassendes Ziel einer Vielheit von Menschen."34 31 32 33 34

Vgl. SE I, 134. So Utz in einem Exkurs in: Nachfolgefassung, 460. Vgl. SE I, 134. SE I, 136.

126

5. Kap.: Das Gemeinwohl

Dem Begriff der Teilfunktion kommt eine wichtige Bedeutung innerhalb dieser Definition zu. Es wird darin zum Ausdruck gebracht, daß eine Summierung der Einzelwohle noch nicht die Bezeichnung Gemeinwohl tragen darf. Selbst wenn das Streben nach persönlicher Vollkommenheit sich bei einer Mehrzahl von Gesellschaftsgliedern zur Übereinstimmung bringen ließe, so wäre damit noch nicht die Isolierung des einzelnen überwunden. Zur Illustration bringt Utz interessanterweise Beispiele aus dem Bereich des Religiösen. So verdeutlicht er das Gemeinte anhand des Ordensgelübdes und der daraus für den einzelnen erwachsenden Pflichten der Einordnung ins Gemeinschaftsleben. 35 Utz bleibt in der inhaltlichen Definition des Gemeinwohls sehr abstrakt, weil das Gemeinwohl jeweils von den Gesellschaftsgliedern neu bestimmt werden muß.36 Man kann die sich aus der Natur des Menschen ergebenden Ziel werte nur allgemein angeben. Der Begriff des Gemeinwohls ist aber für Utz ein unverzichtbares Element der Sozialethik, weil sich aus ihm erst die Verpflichtung ergibt, Werte, die über das Individualwohl hinausgehen, anzustreben und sich in eine allgemeine Ordnung einzufügen.

Das Ergebnis der Untersuchung des Verhältnisses von Gemeinwohl als objektivem, äußerem Geschehen und Gemeinwohl als innerem, immanentem Gut war die Erkenntnis der Dienstfunktion des Gemeinwohls als äußere Unternehmung. Damit ergeben sich weitreichende Konsequenzen. So fungieren Wirtschafts- oder Rechtsordnung nicht als Selbstzweck, verstanden etwa als wirtschafts theoretisch einwandfreie Abwicklung des freien Marktes, sondern erhalten ihre letzte Zielsetzung vom sozialethischen Ziel, d. h. dem Gemeinwohl. Beide dienen der allgemeinen innermenschlichen Wohlfahrt. Das immanente bonum commune ist auch das Prinzip der Verteilung des Sozialprodukts. Utz interpretiert vor dem Hintergrund dieses Verständnisses die Legitimität des Privateigentums. Es ist nicht der Ausfluß von apriori geltenden Individualrechten, sondern ist um der Effizienz der Wirtschaft im Sinne der Wohlfahrt sozialethisch gefordert. Damit stellt sich die Frage nach derjenigen Instanz, die das immanente Gemeinwohl bestimmt. Wie läßt es sich z. B. überprüfen, ob der einzelne seinen Beitrag zum Wohlergehen des Ganzen geleistet hat? Utz räumt ein, daß es für solche Überprüfungen keine Kontrollmöglichkeiten geben kann. 37 Die Gesellschaft sieht sich nur in der Lage, gleichsam die äußeren Rahmenbedingungen, die ja, wie wir gesehen haben, zum Gemeinwohl verstanden als äußeres Geschehen gehören, bereitzustellen. In der gesellschaftlichen Diskussion über das Gemeinwohl dreht 35 Vgl. SE I, 136. 36 Vgl. dazu unten den Abschnitt über den Inhalt des Gemeinwohls. E.- W. Böckenförde

kritisiert, daß Utz bei der Erörterung des Gemeinwohlbegriffes ganz im Bereich des Prinzipiellen und der Abstraktion verbleibe (vgl. E.-W. Böckenförde, Kirchliches Naturrecht und politisches Handeln, in: Naturrecht in der Kritik. Hg. von F. Böckle u. E.-W. Böckenförde, Mainz 1973, 100 Anm. 10). 37 Vgl. SE I, 139.

1. Begriffliche Abklärung

127

es sich deshalb fast ausschließlich um den Bereich des Institutionellen. "Das Institutionelle nimmt darum in der Praxis einen vordringlichen Platz ein." 38 Es muß jedoch die wesensnotwendige Bindung der Institutionen an das immanente Gemeinwohl beachtet werden, weil sie nur aus ihm ihre Rechtfertigung erhalten. Letzteres bezeichnet Utz auch als das "eigentliche Gemeinwohl". 39

3. Das Verhältnis von Einzelwohl und Gemeinwohl Unabhängig von der Bestimmung als äußeres Geschehen oder als immanenter Wert wirft die Vorstellung vom Gemeinwohl zwangsläufig die Frage nach dem Verhältnis von Einzelwohl und Gemeinwohl auf. Es können sich nämlich zwischen dem individuellen Streben nach Vervollkommnung und dem Bemühen um Realisierung des gesellschaftlichen Zieles Spannungen ergeben. Einzelwohl und Gemeinwohl sind keineswegs, wie die Wirklichkeit zeigt, deckungsgleich. Oft genug treten sie auseinander. "Das ganze Problem findet seine Spitze in der Frage, ob das Gemeinwohl nur Mittel zum Zweck für das Einzelwohl ist, das Individuum also am Schlusse der Entwicklung steht, oder ob das Gemeinwohl nicht doch auch in einem gewissen und wahren Sinne Selbstzweck ist, also die Gemeinschaft ein Ziel der Entwicklung darstellt."4O Das hier zutage tretende Problem dürfte zu den schwierigsten auf dem Gebiete der gesellschaftlichen Ordnung gehören. "Das Problem von ,Selbstinteresse und Gemeinwohl' ist das der Zuordnung von Person und Gesellschaft."41 Um einer Klärung näher zu kommen bedarf es zunächst einer präzisen Beschreibung des mit dem Terminus Einzelwohl gemeinten Sachverhalts. Utz gliedert seine Begriffsanalyse in drei Teile: Er unterscheidet SE I, 139. SE I, 139. 40 R. Kaibach, Das Gemeinwohl und seine ethische Bedeutung, Düsseldorf 1928, 2. 41 So AnIon Rauscher im Vorwort zu: Selbstinteresse und Gemeinwohl. Beiträge zur Ordnung der Wirtschaftsgesellschaft. Hg. von A. Rauscher, Berlin 1985; vgl. auch R. E. Flatham, The Public Interest. An Essay concerning the Normative Discourse of Politics, New York-London 1966 (dazu auch die Rez. von Utz in: BibSE V, 304-306); A. O. Hirschman, Shifting Involvements. Private Interest and Public Action, Princeton 1982 (dt.: Engagement und Enttäuschung. Über das Schwanken der Bürger zwischen Privatwohl und Gemeinwohl, Frankfurt 1988). - Zur umfassenden Erkenntnis des Verhältnisses von Einzelwohl und Gemeinwohl sind auch die Erkenntnisse der sozioökonomischen Psychologie heranzuziehen. Bei dieser Disziplin handelt es sich um einen noch wenig bearbeiteten Zweig der Psychologie, der es sich u. a. zur Aufgabe gemacht hat, das wechselnde Interesse breiter Bevölkerungsschichten in den westlichen Industrienationen für Belange der öffentlichen Hand (und damit des Gemeinwohls) auf seine psychischen Voraussetzungen zu untersuchen Dieser interessante Aspekt mußte aber hier ausgeblendet werden, da ihn Utz, wie im übrigen die Gemeinwohldiskussion der gesamten Christlichen Gesellschaftslehre, noch nicht rezipiert haben. Die deshalb notwendige ausführliche Darstellung hätte den Rahmen der vorliegenden Untersuchung gesprengt. 38

39

5. Kap.: Das Gemeinwohl

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-

das Einzelwohl als Gegenstand individualethischen Handeins;

-

das Einzelwohl als letztes personalethisches Ziel jeglichen sittlichen Tuns, sowohl des individuellen wie des sozialen;

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das Einzelwohl als Teilausschnitt des Gemeinwohls verstanden als Wohl des einzelnen Gesellschaftsgliedes unter dem Gesichtspunkt des Gliedseins.

a) Das Einzelwohl als Gegenstand individualethischen Handelns 42 Das Einzelwohl ist insofern vom Gemeinwohl zu unterscheiden, als es das personale Ziel des Einzelmenschen, die Vollendung, darstellt, das er mit Mitteln erstrebt, die ausschließlich von ihm selbst bestimmt werden. Diese Sphäre des Individuellen auf der Ebene der Mittelordnung hat die Gesellschaft zu respektieren. Utz verweist nachdrücklich auf den Verzicht des einzelnen auf gesellschaftliche Hilfestellungen zur Erreichung dieses rein individuellen Zieles. Andererseits bedeutet die Teilfunktion in der Gemeinschaft für den einzelnen eine Bereicherung. Es ist dann aber "das Individuum selbst, welches in seiner höchsten privaten Sphäre aus dem Gemeinwohl für sich das zur letzten persönlichen Vollendung ummünzt, was es unter anderm Gesichtspunkt als Teil der Gemeinschaft gewonnen hat."43 Es kommt also zu einer Unterscheidung der Mittel, wie sie im Hinblick auf das letzte Ziel des Menschen eingesetzt werden müssen.

b) Das Einzelwohl als letztes personalethisches Ziel 44 Der zweite Schritt geht aus von der Erkenntnis, daß die Moralität der individualen und der sozialen Handlung stets die Moralität des einzelnen ist. Die subjektive Motivation zum sittlich gerechtfertigten Tun entspringt aus der Erkenntnis des Menschen, auf ein letztes Ziel, die eigene, persönliche Vollendung, hingeordnet zu sein, wobei die angestrebte Vollendung rein zielhaft verstanden wird, ohne Rücksicht auf die Mittelordnung wie beim ersten Schritt. Unter dem Gesichtspunkt des Zieles ist die menschliche Vollendung - sei es die individuelle, sei es die soziale - nur eine. In diesem Sinn kann daher das Einzelwohl auch als das Ziel jeglichen sittlichen Tuns umschrieben werden. "Die Tatsache, daß die Individualethik der Mittelordnung und die Sozialethik in der gleichen personalen Ethik verankert sind, fordert ein sorgsames, gegenseitiges Abstimmen der individualen und der sozialen Ordnung dort, wo die bei den sich berühren"45

Vgl. SE I, 140-142. 43 SE I, 141. 44 Vgl. SE I, 142 f. 45 SE I, 142. Utz liefert für diese schwierige ethische Abwägung einige Beispiele. 42

I. Begriffliche Abklärung

129

c) Das Einzelwohl als Teil des Gemeinwohls 46

Im dritten Schritt richtet sich der Blick auf das Gemeinwohl und sein Verhältnis zum Einzelwohl. Das Einzelwohl wird von Utz als eine Teilfunktion des Gemeinwohls verstanden. Das Gemeinwohl übersieht bzw. vernachlässigt keineswegs das private Wohl der Gesellschaftsglieder. Es ist im Gegenteil als die individuelle Vollkommenheit oder als das individuelle Wohlergehen aller Gesellschaftsglieder zu verstehen, insofern sie aufeinander bezogen sind. Damit ist das Gemeinwohl mehr als die Bedingung oder Voraussetzung, die jedem die Chance des Aufstiegs und der persönlichen Vervollkommnung durch freie Tätigkeit bietet, wie es die Auffassung von Nell-Breuning nahelegt. Das Gemeinwohl ist nach Utz die Vollkommenheit freier, aufeinander bezogener Persönlichkeiten. Es trägt den Charakter einer übergeordneten Norm. Im Gemeinwohl sind alle Einzelwohle eingeschlossen. Da Nell-Breuning diesen übergeordneten Wert des Gemeinwohls in seiner Terminologie als Gemeingut bzw. Gemeinwohl als Zielwert bezeichnet - nicht genügend herausgestellt hat, bestimmt er das Gemeinwohl nur als die notwendige Bedingung für die Erreichung individueller Vollkommenheit. 47 Damit ergibt sich natürlich die Gefahr des Mißbrauchs des Gemeinwohls zur Erlangung rein persönlicher Vorteile. Aus diesem Grund wehrt sich Utz mit Nachdruck gegen jeden Versuch, das Gemeinwohl einzig und allein vom freien Willen der einzelnen Gesellschaftsglieder abhängig zu machen. Für Utz ist das Gemeinwohl schlechthin jener Gesamtwert, der die Gesellschaft als Ganze formt. Jede sich sozial gebärdende Verabsolutierung des Eigenwohls gefährdet den Bestand der Gesellschaft. Utz erkennt dem Gemeinwohl die Priorität vor dem Einzelwohl zu, weil es das umfassende Ziel der sittlichen Handlung ist. Das Einzelwohl stellt sich infolge der Realisierung des Gemeinwohls von selbst ein. Mit den Worten des 8. Kapitels der Augustinusregel, die von Utz angeführt wird: ,,Je mehr ihr Vgl. SE I, 144-148. Damit zeigt sich eine Nähe zum Ansatz Christian Wolffs, der als Vertreter des rationalistischen Naturrechtsdenkens die Vorstellung von einem übergeordneten Gemeinwohl, das als Verpflichtungsgrund der individuellen Verpflichtungen fungiert, nicht kannte. Er betrachtete die Pflicht des einzelnen stets als individuelle Pflicht gegenüber dem anderen, wenngleich Wolff durchaus um den engen Verweisungszusammenhang zwischen der eigenen Vollkommenheit und derjenigen der Mitmenschen wußte: ,,Nostra nimirum perfectio cum perfectione aliorum adeo arcto nexu cohaeret, ut neutra ab altera separari possit. Obligatio igitUT ad perfectionem propriam et obligatio ad alienam promovendam pari passu ambulant, immo, si quod verum fatendum, non sunt nisi una eademque obligatio" (Unsere Vollkommenheit hängt ohne Zweifel mit der Vollkommenheit anderer so eng zusammen, daß keine von der anderen getrennt werden kann. Folglich gehen die Verpflichtung, die eigene Vollkommenheit und die Verpflichtung, die fremde zu befördern, zusammen, ja sogar, wenn dieses als wahr zugegeben wird, ist es nur ein und dieselbe Verpflichtung), in: Philosophia practica universalis methodo scientifica pertractata. Pars prior (1738), in: Ders., Gesammelte Werke. Hg. und bearbeitet von J. Ecole, J. E. Hofmann, M. Thomann, H. W. Arndt, Hildesheim-New York 1971, 176, § 221. Im Gegensatz zu Wolff ergeben sich für Utz noch keine, im eigentlichen Sinne sozialen Normen aus dem gegenseitigen Verhältnis von Individuen. Sie erwachsen erst aus einer übergeordneten Norm. 46 47

9 Kettern

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

um das Gemeinwohl und nicht um euer eigens Wohl besorgt seid, um so mehr werdet ihr erkennen, daß ihr selbst voranschreitet."48 Utz hätte an dieser Stelle auch an das Zuordnungsverhältnis von Einzelwohl und Gemeinwohl erinnern können, wie es sich bei Thomas findet: "Wer das Gemeinwohl der Menge sucht, sucht in der Folge auch sein Wohl aus zwei Gründen. Erstens, weil das eigene Wohl nicht ohne das Gemeinwohl der Familie, der Stadt oder des Reiches bestehen kann ( ... ). Zweitens, weil der Mensch, da er Teil des Hauses und der Stadt ist, das, was für ihn gut ist, von dem her betrachten muß, was klug ist im Hinblick auf das Wohl der Menge". 49 Nach Utz ist das Einzelwohl durchaus verschieden vom Gemeinwohl, es wird jedoch nicht, wie er ausführt, von diesem ,,kontradistinguiert" . 50 Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß es Utz bei seiner Untersuchung des Verhältnisses von Einzel- und Gemeinwohl nicht darum gehen konnte, ersteres im zweiten aufgehen zu lassen. Das Einzelwohl wurde hier nur insoweit betrachtet, als die Rede war von der Sozialnatur des Menschen. Die Sozialität des Menschen ordnet diesen als Teil einem Ganzen zu. Der Mensch geht jedoch nicht vollständig auf in dieser Zugehörigkeit zur natürlichen menschlichen Gesellschaft. Utz kennt daher auch einen Vorrang des Einzelwohles vor dem Gemeinwohl. "Faßt man das Einzelwohl im personal-ethischen Sinn (als letztes Ziel menschlichen Strebens), dann ergibt sich selbstverständlich die Vorrangstellung des Einzelwohls."51 Es handelt sich um jenes Wohl, das in der Definition der menschlichen Person enthalten ist, von dem aus erst das Gemeinwohl definiert werden kann. Vor der gesamten Distinktion zwischen Einzelwohl und Gemeinwohl steht die allgemeinethische Definition des menschlichen Wohles überhaupt. Diese universale Definition ist Gegenstand der Personalethik und somit den individualethischen wie sozialethischen Überlegungen vorgeordnet. Bei Utz ist der Begriff des Gemeinwohls der Kernbegriff der Systematik der Sozialethik. Die Sozialethik analysiert nicht vordringlich die subjektive Motivation des Handeins, sondern das Objekt ethischen Handeins. Sie ist eine materiale Ethik, deren oberstes Prinzip eben das Gemeinwohl darstellt. So sehr die Verfolgung von Einzelinteressen berechtigt sein mag, letztlich findet jeder Individualismus seine Legitimation und zugleich seine Grenzen im Gemeinwohl. Mit den päpstlichen Enzykliken, die auf die Anwendung der Sozialprinzipien abzielen, erkennt Utz die zentrale, systematische Stellung der Einzelperson an. Diese ist aber aufgrund des Gemeinwohls als soziales Wesen zu verstehen. "Unverkennbar 48 SE I, 145. 49 STh 11-11 47, 10 ad 2 (vgl. auch ausführlicher im Anhang 11 zu SE I, 392 f.). Im 11. Artikel dieser Quaestio untersucht Thomas die Klugheit in ihrem Bezug auf Einzelund Gemeinwohl und unterscheidet verschiedene Ebenen der Klugheit in Entsprechung zu den jeweiligen Zielen, auf die sie sich ausrichtet. 50 Vgl. SE I, 146. 51 SE I, 146.

I. Begriffliche Abklärung

131

spielt bei aller Betonung der Person das Gemeinwohl als übergeordnete Norm eine entscheidende Rolle." 52 Es sind nun praktische Konsequenzen aus dem Vorrang des Gemeinwohls abzuleiten: Eine Gesellschaft ohne ein Gemeinwohl ist eine Unmöglichkeit. 53 Von daher ist das einzelne Glied der Gesellschaft moralisch gefordert, sich für dieses Gemeinwohl einzusetzen. Widerstand, Streik und Einspruch gegen das Gemeinwohl sind prinzipiell unmöglich. Versuche in diese Richtung enden in Anarchie. Die individuellen Ansprüche können nur im Rahmen des Gemeinwohls geltend gemacht werden. Andererseits sind subjektive Rechte Forderungen der gerechten Beteiligung am Gemeinwohl und als solche bereits Teile des Gemeinwohls. Die Frage nach dem Verhältnis von Einzelwohl und Gemeinwohl und ihre Beantwortung bestimmt nicht zuletzt das Verhältnis von Mensch und Gemeinschaft. Ist diese um des Menschen willen da, oder ist der Mensch um der Gemeinschaft willen da? Die Gemeinschaft ist nach Utz nicht mit dem Gemeinwohl identisch, sie ist vielmehr die Institution zur Realisierung des Gemeinwohls. 54 Dieser Unterschied ist insofern von höchster Bedeutung, als der Eindruck entstehen könnte, Utz verfalle in den typischen Fehler kollektivistischer Gesellschaftsanschauungen und leite aus der Priorität des Gemeinwohls die Priorität der Gemeinschaft ab. Utz sieht die Gemeinschaft lediglich als den institutionellen Rahmen an, der für die Verwirklichung des Gemeinwohls notwendig ist. In diesem Gemeinwohl ist aber bereits jeder einzelne Mensch vollgültig enthalten; die Gemeinschaft kann ihn also niemals vollständig absorbieren nach dem Motto: Der einzelne ist nichts, die Gemeinschaft ist alles. Der von Utz betonte Vorrang des immanenten Gemeinwohls stellt eine Ablehnung des Kollektivismus und Totalitarismus sowie des von O. Spann vertretenen Universalismus dar. 55 Einer Verselbständigung und Absolutsetzung aller äußeren Institutionen ist damit ein Riegel vorgeschoben. Ihre Legitimierung beziehen sie ausschließlich aus ihrer Rückbindung an das immanente Gemeinwohl. Versteht man also unter der Gemeinschaft nur jenen institutionellen Rahmen, so ist dieser um des Gemeinwohls willen da. Nun wurde das Gemeinwohl bereits als das Wohl der personalen Glieder definiert. Die Analogie des Gemeinwohls, ein Begriff, der noch näher zu untersuchen sein wird, schützt bei der konkreten Bestimmung des Gemeinwohls den einzelnen als Privatperson vor der Kollektivierung und garantiert ihm seinen Freiraum. Das Gemeinwohl bleibt demnach die Voraussetzung jeglicher Gemeinschaft. Der einzelne kann sich nur dann frei entfalten, wenn er sich zusammen mit den anderen Gliedern einer Gesellschaft für die Freiheit aller einsetzt. 52 53 54 55

9*

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Utz in: Nachfolgefassung, 456-460 (das Zitat findet sich: 459 f.). SE I, 147. SE I, 148 f. SE I, 146 f.

5. Kap.: Das Gemeinwohl

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Utz ist sich also der Gefahr bewußt, die aus einer falschen Identifizierung von Wertebene und Organisationsform erwachsen kann. So sehr er die Priorität des Gemeinwohls verficht, so sehr tritt er auf der Ebene der konkreten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Organisation für die private Initiative ein. Dieser Aspekt wird noch näher zu untersuchen sein, wenn die Bedingungen für die konkrete Realisierung des Gemeinwohls behandelt werden. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Verhältnisbestimmung von Einzelwohl und Gemeinwohl bleibt festzuhalten, daß Utz über die herausragende Stellung des Gemeinwohlprinzips keineswegs das personale Wohl des in die Gemeinschaft integrierten Menschen vergißt. Deutlich wird dies auch in der wohl präzisesten Definition des Gemeinwohls, die sich im Utzschen Schrifttum finden läßt: "Das bonum humanum als naturgegebenes Gemeinwohl besteht in den durch gegenseitige Hilfeleistung der Menschen zu erarbeitenden materiellen, kulturellen und sittlichen Werten, welche die persönliche Vollendung aller in einem Ganzen integrierten konkreten Menschen ausmachen."56

Wenn Utz von einem "spezifischen" Unterscheid zwischen Gemeinwohl und Einzelwohl spricht, dann wendet er sich damit zugleich gegen die individualistische Konzeption des Gemeinwohls. 57 Er kann dazu einen Text aus Thomas anführen: "Das Gemeinwohl eines Gemeinwesens und das Einzelgut einer Person unterscheiden sich nicht nur nach Viel und Wenig, sondern wesenhaft ("formal"). Etwas wesentlich anderes ist nämlich das Wohl des Gemeinwesens und etwas anderes das Wohl der einzelnen. Sie sind so grundverschieden wie das Ganze und sein Teil." 58 4. Zur Analogie im Gemeinwohlbegriff Utz versteht die Analogie nicht als eine bildhafte Übertragung, sondern als Universale im Sinne der scholastischen analogia proportionalitatis propriae. 59 Zur Erklärung verweist er auf die Analogie des Seinsbegriffes. Überall, wo etwas ist, ist Sein. Und doch spricht man jedem Ding ein anderes Sein zu. Die Analogie kenzeichnet die Gleichheit in der Verschiedenheit oder, um mit Utz zu sprechen, die verhältnismäßige Gleichheit. 60 Utz weist darauf hin, daß wir uns bei der Suche nach der Analogie des Seins begriffes innerhalb einer ontologischen, nicht nur in einer logischen Untersuchung befinden, so daß die Gleichheit bzw. Ungleichheit nicht nur gedacht wird, sondern auch tatsächlich besteht.

"Das Gemeinwohl ist nun ein analoger Sachverhalt im ethischen, wie es das Sein im ontischen Bereich ist." 61 Utz fragt deswegen nach dem Ziel, das das 56 57 58 59 60

SE I, 174. Vgl. SE I, 150. STh 11-11 58, 7 ad 2. Vgl. SE I, 151. Vgl. SE I, 151.

I. Begriffliche Abklärung

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einzelne Glied der Gesellschaft durch die Realisierung seiner Teilfunktion anstrebt. "Es ist jene Teilleistung, die ihm aus dem Gemeinwohl zufallt."62 Jedes Glied der Gesellschaft strebt nach dem Gemeinwohl auf seine individuelle Weise, die ganz spezifisch für es ist und nicht die Art und Weise des Strebens anderer sein kann. Trotzdem bemüht sich jeder solchermaßen um das Wohl der ganzen Gesellschaft. Gleichzeitig realisiert er dabei sein Einzelwohl. Mit dieser Vorstellung ist einer Uniformierung der Gesellschaftsglieder erneut ein Riegel vorgeschoben. Utz warnt ausdrücklich davor, die Gleichheit der Gesellschaftsglieder, die im Gemeinwohlbegriff begründet liegt, univok aufzufassen. Jeder trägt eben auf seine Weise zum Gemeinwohl bei. Umgekehrt kann aber auch jedes einzelne Gesellschaftsglied versichert sein, daß sein Einzelwohl auch im analogen Gemeinwohl enthalten ist. 63 "Man kommt also vom ,gemeinsamen Wohl' zum ,einzelnen Wohl' nicht durch Hinzufügung eines neuen Gutes. Das Gut jedes einzelnen ist im Gemeinwohl vollgültig enthalten. Das ist die Art des in analoger Weise Gemeinsamen."64

5. Das Gemeinwohl als die Wesensform der Gesellschaft Utz hat nunmehr das Gemeinwohl als jenen gemeinsamen intentionalen Inhalt bestimmt, der nicht nur den einzelnen als Individuum, sondern auch die einzelnen gegenseitig verpflichtet. Damit übernimmt das Gemeinwohl zugleich die Funktion der Bestimmung des Wesens der Gesellschaft, d. h. es wird zur Wesensform der Gesellschaft, wie Utz im Anschluß an S. Ramirez erklärt. 65 "Die Gesellschaft wird vom sozialethischen Standpunkt aus wesentlich dadurch geformt, d. h. konstituiert, daß vielen Menschen ein Soll aufgetragen ist, das sie unter sich in Wechselwirkung verknüpft. Das Gemeinwohl ist nun dieses Soll, das eine solche Wirkung ausübt." 66 61 Vgl. SE I, 152. 62 SE I, 152. 63 Utz verweist als Beispiel auf das eheliche Glück: "Das eheliche Glück ist nicht nur das Glück des Mannes, auch nicht nur das der Frau, auch nicht beider gesondert genommen, sondern eben das Glück, das einzig beide zusammen, als zur Lebensgemeinschaft Verbundene, genießen. Wenn der eine Teil in der Ehe unglücklich ist, dann kann der andere nicht glücklich sein. Der Fehler, warum es nicht zum wahren Eheglück kommt, kann selbstredend auf seiten des einen Partners liegen. Dasselbe gilt vom Glück in der Familie, vom Wohl im Staate, überhaupt von jeglichem Gemeinwohl." (SE 1,153) 64 SE I, 153. 65 Vgl. SE I, 157. Utz bezieht sich auf S. Ramirez, Doctrina polftica de Santo Tomas, Madrid o. J. [1951], 39 f. In dieser Schrift hatte der Lehrer von Utz wohl zum ersten Mal in der Thomasforschung die Vorstellung formuliert, das Gemeinwohl sei ein analoger Begriff (vgl. dazu: A. P. Verpaalen, Der Begriff des Gemeinwohls bei Thomas von Aquin. Ein Beitrag zum Problem des Personalismus, Heidelberg 1954, 42 f.). 66 SE I, 157.

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

Utz wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die von verschiedenen neuscholastischen Handbüchern vertretene Auffassung, die Wesensform der Gesellschaft sei die Einheit, verstanden als Relation, während die Gesellschaftsglieder das materielle Element der Gesellschaft darstellten. 67 Er faßt dagegen die Einheit einer Gesellschaft ethisch, weil aus seiner Sicht die Gesellschaft ohne die Ethik nicht definierbar ist. Auch hier wird der grundsätzlich ethische Ansatz der Utzschen Gesellschaftsphilosophie deutlich.

6. Die Dynamik des Gemeinwohlbegriffs Die Suche nach dem ethisch Sozialen erschließt einen weiteren Aspekt des Gemeinwohls: es ermöglicht eine dynamische Entwicklung der Gesellschaft. 68 "Die bestmögliche Gestaltung der konkreten sozialen Situation ist also das Mittel zur - wenigstens schritt- und stückweisen - Verwirklichung des gesellschaftlichen Ideals, d. h. des Gemeinwohls. In der Gestaltung der Situation hic et nunc beweist das Gemeinwohl seinen dynamischen Charakter." 69 Wenn man die grundsätzlichen Werte, die im Gemeinwohl enthalten sind, im Auge behält, muß es möglich sein, entsprechend den konkret gegebenen Situationen das Gemeinwohl lebensnah zu formulieren. Die Werte des Gemeinwohls sind in sich nicht dynamisch, wohl aber alle Maßnahmen, die im Dienst ihrer Realisierung stehen. 70

7. Das Gemeinwohl als Rechtsnorm Nach diesen Überlegungen zur zentralen Bedeutung des Gemeinwohls liegt die Frage nahe, ob das Gemeinwohl als Rechtsnorm verstanden werden muß. Recht wird von Utz als "zwangsmäßig durchführbare Friedensordnung"71 verstanden. Rechtsnorm ist jenes Prinzip, das die inhaltliche Fixierung dieser Friedensordnung bestimmt. Weiter heißt es: "Die Rechtsnorm ist dabei nicht irgendein 67 Utz verweist auf V. Cathrein, Philosophia moralis in usum scholarum. Ed. 19, quam curavit J. B. Schuster, Freiburg 1952, 144, Nr. 308. 68 Vgl. SE I, 159 f. 69 SE I, 160. 70 Auch E. Nawroth faßt das Gemeinwohl als einen dynamischen Wertbegriff. Er unterscheidet zwei Ebenen innerhalb des Gemeinwohls. Es beinhaltet eine instituionelle Seite, nämlich die "Gesamtheit äußerer Bedingungen und Einrichtungen im Dienste der personalen Entfaltung des einzelnen und der Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens", darüber hinaus beinhaltet es aber auch einen umfassenden Wertbegriff, "in dem sich die kulturellen, ethischen und technologischen Fortschritte der expansiven Industriegesellschaft ebenso wiederfinden wie der Aufwärtstrend der Konsumgüterversorgung und des Lebensstandards unserer freien Markt- und Wettbewerbswirtschaft" (vgl. E. Nawroth, Interessenverbände und Gemeinwohl, in: Entwicklung und Subsidiarität. Deutsch-polnisches Gespräch über Wirtschaft und Gesellschaft im Licht der christlichen Sozialethik, Meile 1986, 147). 71 SE I, 161.

I. Begriffliche Abklärung

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Ideal, das man von weitem her als Maßstab an positives Recht anlegt um festzustellen, ob es richtiges Recht ist oder nicht (R. Stammler), sondern ein Ideal, das unmittelbar Recht formt, also Gesetzescharakter besitzt." 72 Bevor man aber daran gehen kann, diese Begriffe in Bezug zum Gemeinwohl zu setzen, müssen einige Klärungen hinsichtlich des Terminus ,Ideal' vorgenommen werden. Die Verwendung des Begriffs ,Ideal' legt nämlich die Vermutung nahe, Utz wolle eine idealistische Rechtsphilosophie konzipieren. Eine solche stände aber im Gegensatz zu all seinen übrigen Bemühungen im Hinblick auf die Entwicklung einer realistischen Sozialethik, also einer Sozialethik, die ihre grundsätzliche Voraussetzung in der metaphysisch begründeten real-abstraktiven Erkenntnis hat. Die Ausführungen, die Utz im ersten Band der "Sozialethik" unter der Überschrift "Recht und Rechtsnorm" bietet,73 können daher zu schweren Mißverständnissen führen, wenn man nicht die entsprechenden Darlegungen aus seiner "Rechtsphilosophie" und aus seinem Thomaskommentar "Recht und Gerechtigkeit" zum besseren Verständnis heranzieht. Dort entwickelt Utz im Ausgang von der Nominaldefinition des Rechts ("die mit Zwang durchsetzbare gesellschaftliche Ordnung"74) eine Realdefinition: "Das Recht ist das durch die Gewalt des Autoritätsträgers oder der ganzen Gesellschaft ausgesprochene Soll eines bestimmten zwischenmenschlichen Verhaltens der Gesellschaftsglieder."75 Im Sinne seiner metaphysischen Ausrichtung präzisiert er das "Soll", indem er es als ein durch das Gewissen des Menschen naturhaft angesprochenes Soll bestimmt. 76 Nicht ohne Probleme ist die Erklärung, daß die Rechtsnorm ein Ideal sei, das unmittelbar Recht formt. Was versteht hier Utz unter ,Ideal'? Recht bleibt gemäß Utz solange unverständlich, als man nicht zur Kenntnis nimmt, daß es einem Zweck zu dienen hat. 77 Der Zweckgedanke weist notwendigerweise auf eine vor dem positiven Recht liegende Ordnung, nämlich die moralische, hin. Gemäß der Auffassung von Utz ist das Recht in letzter Analyse von der Moral nicht zu trennen. 78 Aus diesem Grund spricht er noch im ersten Band der "Sozialethik" von einem Ideal als der den Rechtsinhalt bestimmenden Norm und versteht demzufolge unter Ideal die dem Recht vorausgehenden moralischen Normen. SE I. 161. Vgl. SE I, 161-165. DThA 18,428; vgl. auch SE II, 19-32. SE II, 40. V gl. SE II, 39. Seine Sanktionsgewalt - Recht wird ja als Zwangsordnung verstanden - gewinnt dieses sich im Gewissen manifestierende Recht im metaphysischen Raum: Gott, als der Schöpfer des ewigen Gesetzes verlangt Rechenschaft vom handelnden Menschen (vgl. SE II, 54 f.). Utz bestimmt die Form jenes Rechenschaftablegens nicht näher, weil er im Bereich der rein philosophischen Erkenntnis bleiben will; er erinnert lediglich in diesem Zusammenhang an die christliche Vorstellung vom Endgericht (vgl. SE II, 54 f.). 77 V gl. SE II, 48 f. 78 Vgl. SE II, 110-115. 72

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

Diese werden dort zu rechtlichen Normen, wo sie die zwischenmenschlichen Beziehungen zu ordnen haben, d. h. der Friedensordnung in der Gesellschaft dienen. 79 Das Gemeinwohl ist eine solche Norm und darum gleichzeitig Rechtsnorm. 80 Das heißt wiederum nicht, daß alle moralischen Normen zwischenmenschlichen Handeins unbedingt positivrechtlichen Charakter anzunehmen hätten. Positivrechtlichen Charakter nimmt das Gemeinwohl erst dann an, wenn es von der Autorität der Gesellschaft konkret formuliert worden ist,81 d. h. wenn es zur positiv-rechtlich zwangsmäßig durchführbaren Friedensordnung wird. 82 Utz ist sich darüber im klaren, daß eine Interpretation des Gemeinwohls als Norm im streng rechtlichen Sinne die Anerkennung des Zweckgedankes im Recht zur Voraussetzung hat. Die Lehre vom Gemeinwohl als Rechtsnorm ist für ihn unverzichtbar. Nur so vermag man die persönliche Verpflichtung jedes einzelnen für die Realisierung des Gemeinwohls in den Blick zu bekommen. Jede persönliche Nachlässigkeit schädigt nicht nur den einzelnen in seiner persönlichen Vervollkommnung, sondern auch die Gesellschaft. Sie stellt eine Ungerechtigkeit gegenüber anderen Gesellschaftsgliedern dar. Im Hintergrund dieser Überlegungen stand wohl die Vorstellung vom organismusartigen Aufbau der Gesellschaft. Wenn ein Glied seine Funktion nicht erfüllt, leidet der ganze Organismus. 83 Vgl. DThA 18,431 f; SE I, 161. "Das Gemeinwohl ist definitionsgemäß jenes Wohl, das vielen in der Weise aufgetragen ist, daß jeder einen Teil zu seiner Verwirklichung beizutragen hat. Durch das Gemeinwohl werden darum die Gesellschaftsglieder um des Ganzen willen einander zugeordnet. Es ist also Prinzip oder Norm der Friedensordnung von mehreren." (SE I, 161) 81 Vgl. Utz, Ethik und Staat, 545 f. 82 J. Messner hat auf die Nähe, aber auch auf die Unterschiedlichkeit der Positionen von Kelsen und Utz hinsichtlich der Wirksamkeit der Rechtsnormen aufmerksam gemacht (vgl. J. Messner, Das Naturrecht, 273 Anm. 10). - Auch E. Welty teilt die Vorstellung vom Gemeinwohl als einer Rechtsnorm (v gl. E. Welty, Das Gemeinwohl als Rechtsgrundlage, in: Naturordnung in Gesellschaft, Staat, Wirtschaft (Festschrift J. Messner). Hg. von J. Höffner u. a., Innsbruck 1961, 398 -410). Ablehnend steht dieser Vorstellung W. Krawietz gegenüber. Die inhaltliche Unbestimmbarkeit lasse den Begriff zu einem juristischen Entscheidungsproblem werden (v gl. W. Krawietz, Unbestimmter Rechtsbegriff, Öffentliches Interesse und gesetzliche Gemeinwohlklauseln als juristisches Entscheidungsproblem, in: Der Staat 11 (1972), 349-366). Vor Krawietz hatte bereits F. von Zezschwitz Kritik am Gemeinwohlbegriff als Rechtsnorm geäußert. Es handele sich um eine Blankettformel, die den regelmäßigen Rückgriff auf außerrechtliche Ordnungsvorstellungen erforderlich mache: "Auf jeden Fall beruht die Rechtswertfindung auf einem dezisionären Akt, in dem sich die Anfälligkeit der Gemeinwohlformeln für Einbrüche aus der Welt pluralitär geformter, metajuristischer Überzeugungen und Vorstellungen dokumentiert" (so in: F. von Zezschwitz, Das Gemeinwohl als Rechtsbegriff, Diss. jur., Marburg 1967, 175). 83 Vgl. J. Giers, Wesen und Wandel des organischen Denkens in der katholischen Soziallehre, in: JICSW 7/ 8 (1966/67), 54 - 68. Im Gegensatz zu anderen Vertretern der Christlichen Gesellschaftslehre greift Utz nur selten auf die vor allem in der katholischen Soziallehre verwendete Metapher von Organismus und Gesellschaft zurück. Zu deutlich ist sich Utz der damit verbundenen Problematik bewußt. Der aus der Biologie stammende Begriff des Organismus gehört zum Bereich der "effizienten Kausalordnung" , die Gesellschaft hingegen ist der ,,zielordnung" zuzurechnen (vgl. SE I, 45). So sehr 79

80

II. Der Inhalt des Gemeinwohls

137

11. Der Inhalt des Gemeinwohls Nach der Klärung der fonnalen Seite des Gemeinwohls wendet sich Utz der inhaltlichen Seite dieses Begriffs zu. Da es verschiedene Gruppierungen innerhalb der umfassenden Gesellschaft gibt, erklärt er, daß einer jeden von ihnen ein ihr entsprechendes Gemeinwohl zugeordnet ist. 84 In seiner systematisch aufgebauten "Sozialethik" finden sich deshalb überall dort, wo die einzelnen gesellschaftlichen Institutionen wie Ehe, Familie, berufliche und staatliche Organisationen näher untersucht werden, Abschnitte, in denen das spezifische Gemeinwohl der entsprechenden Institution behandelt wird. 85 Das sich aus der Sozialnatur des Menschen ergebende Gemeinwohl, also die grundsätzliche Fonn jedes Gemeinwohls untersuchte Utz vor allem im ersten Teil der "Sozialethik". Alle weiteren dem Gemeinwohl gewidmete Untersuchungen verstehen sich als nähere Explikationen dieses Traktates.

1. Gott als das oberste Gemeinwohl des Kosmos Die angemessene inhaltliche Bestimmung des Gemeinwohls kann nach Utz nicht beim Menschen, verstanden als Individuum, ansetzen. 86 Das wäre eine für das neuzeitliche Denken typische Ansatzweise. Das richtige Verständnis hat bereits eine übergeordnete Ebene in den Blick zu nehmen, da der Mensch als Teil der Schöpfung bereits in einem Ordnungsganzen steht. Utz bezieht mit diesem Hinweis nicht nur schöpfungstheologische Überlegungen in seine Inhaltsbestimmung ein, sondern erklärt mit diesem Hinweis, daß das apriorische Ordnungsprinzip der Gesellschaft nicht die Freiheit des einzelnen sein kann, sondern die an die Freiheit des Menschen gestellte Aufgabe. Der Mensch findet sich nicht allein vor, sondern eingebunden in die Ordnung des Kosmos. 87 Nur vor sich Utz der Aussagekraft dieses Bildwortes bewußt ist - erscheint doch der Begriff des Organismus vorzüglich geeignet, die gegliederte Vielheit im Dienste der teleologisch verstandenen Einheit auszudrücken (v gl. ebd. 46) - , so muß man sich dennoch seine Grenzen vor Augen halten. Utz warnt insbesondere vor einem gesellschaftlichen Standesdenken, wie es sich als Folge der Organismusidee ergeben kann (vgl. A. F. Utz, Die katholische Sozialdoktrin in der Krise, in: Ethische und soziale Existenz, 297). 84 Vgl. SE I, 163. 85 Vgl. insbesondere SE III; dort behandelt Ulz die soziale Ordnung mit den bereits genannten Institutionen. Im Hinblick auf die kurz vor ihrem Erscheinen stehende Utzsche Wirtschaftsethik, die als einen Schwerpunkt die Rolle des Tarifsystems bzw. die Funktion und Verantwortung der Tarifpartner für ihr spezifisches, wie für das allgemeine Gemeinwohl untersucht, kann auf bereits vorliegende Veröffentlichungen hingewiesen werden. Die Verantwortung der Tarifpartner für das Gemeinwohl im allgemeinen wird besonders deutlich angesprochen in: Weder Streik noch Aussperrung. Eine sozia1ethische Studie, Bonn 1987; Arbeitskampf und Wirtschaftsethik, Basel 1989. 86 Vgl. SE I, 168 f. 87 Vgl. dazu A. F. Utz, Der Wert der Ordnung in christlicher Sicht, in: Staatsethik. Hg. von W. Leisner, Köln 1977, 45 - 51, wiederabgedruckt in: Ethische und soziale Existenz, 61-66.

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

diesem Hintergrund wird ersichtlich, wieso Utz in einem ersten Schritt Gott als "bonum commune extrinsecum" des Weltalls bezeichnen kann. 88 Mit Thomas von Aquin versteht er Gott als das Gemeinwohl der ganzen Schöpfung. 89 Gott ist zugleich universale Ursache der Schöpfung und universales Ziel. Das kreatürliche Sein partizipiert an diesem Gemeinwohl, es ist teilhabendes Sein. Das Einzelding liebt sich im Rahmen des Gemeingutes des Weltalls, also um Gottes willen: "Da alle Dinge von Gott als der universalen Ursache stammen, kehren sie auch zu ihm zurück im Streben nach ihm, in der Zielbestimmung auf ihn. Jedes kreatürliche Sein ist nämlich nur Seiendes, weil es am göttlichen Sein teilhat. Die Liebe zum eigenen Sein formt sich daher naturnotwendig zum Streben nach Gott."90 Utz braucht notwendigerweise den Gedanken des allgemeinen Gemeinwohls, um die moralische Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl zu unterstreichen, sonst würde man im Bereich der rein physischen Notwendigkeiten verbleiben. Wo immer es also ein Gemeinwohl gibt, das von Natur aus besteht, besteht auch die moralische Verpflichtung für gesellschaftliche Gruppierungen rationaler, moralisch handelnder Wesen, dieses Gemeinwohl zu erfüllen.

Das Gemeinwohl als immanentes Gut der ganzen Schöpfung ist dem Menschen aufgetragen, da er als Bindeglied zwischen Schöpfer und Schöpfung fungiert. Sicherlich stellt der Mensch das Ziel des Universums dar, er behält jedoch auch in seiner personalen Berührung mit Gott seine Teilfunktion im Kosmos bei, d. h. der Mensch ist auch als Person ins Gemeinwohl eingewoben. Utz wendet sich damit gegen 1. Maritain, für den nicht die Person, sondern nur die Individualität gemeinwohlbezogen sein kann. Nach Maritain erwächst das gesamte gesellschaftliche Leben aus der Spannung zwischen Individualität und Personalität. 91 Individuum ist der Mensch, da er ein Teil der materiellen Welt und zugleich Teil der menschlichen Species ist. Im Unterschied zum Individuum kann die Person als solche nicht Teil sein. Maritain betrachtet die Person als ein abgeschlossenes Ganzes, das seine Handlungen frei setzt, sie ist "sui iuris" Herrin ihrer Handlun88 Vgl. SE I, 169. 89 Utz verweist in diesem Zusammenhang auf A. P. Verpaalen, Der Begriff des Gemeinwohls bei Thomas von Aquin. Ein Beitrag zum Problem des Personalismus, Heidelberg 1954, der die Unmöglichkeit nachgewiesen hat, bei einem Verzicht auf eine metaphysische Analyse der Schöpfung zu einer genuinen Erklärung des gesellschaftlichen Gemeinwohlbegriffes bei Thomas zu gelangen. Verpaalen sieht im Gedanken der Schöpfung letztlich die Grundlage des universellen Prinzips "das Gemeinwohl ist besser und göttlicher als das Einzelwohl" (vgl. ebd. 47 ff.). Auch Verdross schließt sich dieser Interpretation des thomasischen Gemeinwohlverständnisses an: Der klassische Begriff des "bonum commune" und die Entfaltung zum "bonum commune humanitatis", in: ÖZÖR 28 (1977), 143 -162. 90 SE I, 169. Utz weist dort auch auf STh 1-11 109, 3 hin. Thomas führt in diesem Artikel aus, daß das Gut des Teiles um des Gutes des Ganzen willen da ist. Aus diesem Grund liebt das Einzelwesen in seinem natürlichen Streben das eigene Gut um des Gemeingutes des ganzen Weltalls willen. 91 J. Maritain, La personne et le bien commun, Paris-Brügge 1947,9.

H. Der Inhalt des Gemeinwohls

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gen. A. Rigobello umschreibt das sich aus diesem Gegensatz ergebende Spannungsverhältnis so: "Während sich die Person auf die ,Subsistenz' der menschlichen Seele stützt, wurzelt das Individuum in der Materie. Als Person sind wir gegenüber der Wirklichkeit frei, als Individuum jedoch unterliegen wir der Vielheit ihrer Bedingungen."92 Mit dieser ontologischen Unterscheidung läßt sich nach Utz jedoch nichts über das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft ausmachen. Dank der analogen Sinnfülle des Gemeinwohls löst sich die scheinbare Antinomie von Person und Individuum: "Gerade beim Gemeinwohl als immanentem Gut der ganzen Schöpfung leuchtet das Gemeinwohl in seinem ungeheuren Reichtum auf als ein Wohl, nach welchem alle Dinge streben, weil es in allen verwirklicht wird, in jedem auf seine Weise, gemäß seiner Natur."93 Auch die Unterscheidung E. Weltys zwischen dem Gemeinwohl als Ziel und dem Gemeinwohl als Ordnung erhält eine neue Deutung. 94 Ziel und Ordnung betreffen nämlich nur zwei verschiedene Aspekte einer und derselben Wirklichkeit des Gemeinwohls. "Alle Dinge trachten nach dem gleichen immanenten Ziel der Schöpfung (natürlich auch nach demselben transzendenten Ziel, doch ist hiervon jetzt nicht mehr die Rede), insofern ein jedes auf seine Art und gemäß seiner Natur nach der Vollkommenheit des Universums strebt, in welchem ein jedes seinen bestimmten Vollkommenheitsgrad besitzen und damit auch seinen bestimmten Platz einnehmen soll." 95

2. Das bonum commune als bonum humanum Nachdem aufgewiesen worden ist, daß Gott das Gemeinwohl der gesamten Schöpfung ist und daß in der Gesamtschöpfung ein immanentes Gemeinwohl vorliegt, nämlich die Ordnung der Schöpfung, geht Utz an die Bestimmung jenes Gemeinwohls, das dem Menschengeschlecht als solchem aufgetragen ist. Das bonum humanum ist dieses immanente Gemeinwohl der Menschheit. Es kann aber nicht allein in der Vervollkommnung der Art (species humana) bestehen, da der Mensch stets mehr ist als nur ein Teil seiner Art. Dem Menschen ist nämlich die Unmittelbarkeit des Stehens vor Gott geschenkt. Es stellt sich demnach die Frage nach seinem Verhältnis zur species humana. Diese Frage hat ihren großen geschichtlichen Hintergrund. Mit Aristoteles hat die gesamte Scholastik den Satz vertreten: Individuum est propter speciem. Utz fand bei Thomas 92 A. Rigobello, Jacques Maritain, in: Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. H: Rückgriff auf scholastisches Erbe, 493-518, hier:

503.

93 SE I, 170. 94 Vgl. E. Welty, Gemeinschaft und Einzelmensch. Eine sozialmetaphysische Untersuchung bearbeitet nach den Grundsätzen des Hl. Thomas von Aquin, Salzburg-Leipzig 1935, 226-228; Ders., Herders Sozialkatechismus, I, 64 f. 95 SE I, 171.

140

5. Kap.: Das Gemeinwohl

folgende Formulierung: bonum speciei melius et divinius est quam bonum individui. 96 Aufgrund dieser Texte haben dann, wie bereits gezeigt wurde, verschiedene, sonst allgemein an Thomas orientierte Autoren (z. B. E. Welty, 1. Maritain) erklärt, der Mensch sei nur der Natur, nicht dem Personsein gemäß sozial. Das Individuumsein sei eine Konkretisierung der universalen Natur und deswegen sozial. Nun hat aber auch Utz diesen Gedanken für den Nachweis der sozialen Natur benützt, wie aus den früheren Ausführungen seines Vorlesungsmanuskriptes 97 hervorgeht. Doch hat dieser Gedanke nichts mit der Frage zu tun, ob nur das Individuum als solches, nicht aber die Person in das Gemeinwohl eingebunden ist. Die menschliche Natur ist wesentlich finalisiert. Diese Finalität gehört zur Ontologie der menschlichen Natur. Der Personalismus Maritains und anderer Vertreter des sog. "christlichen Personalismus" ist, weil er die Finalität unberücksichtigt läßt, ein ontologischer Torso. Die Vervollkommnung der Person, die nichts anderes ist als die Realisierung einer Finalität, vollzieht sich durch die Vervollkommnung der individuellen Natur. Die Person ist darum in die Finalität der Natur eingebunden. Sie ist Träger der Verpflichtung zur Vervollkommnung der Natur und damit auch Träger der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl,98 Gemäß Utz ist die species humana nicht das Gemeinwohl, sondern die Norm, gemäß der der Inhalt des Gemeinwohls zu erstellen ist. Diese Pflicht ergeht an die Person, die selbstverständlich ihre Vervollkommnung nur dadurch erreicht, daß sie sich in ihrem Natursein bzw. Individuumsein vervollkommnet. Das Soziale ist nicht nur das ontisch Gemeinsame, es ist der alle Individuen verpflichtende Wert; die wesentlich sittliche Struktur der Gesellschaft wird von den genannten Autoren übersehen. "Dem Wesen des Gemeinwohls im Bereich des Naturrechts kommt man nicht bei, wenn man von der univoken allgemeinen menschlichen Natur auf dem Weg über die Individuation zu den einzelnen Individuen vordringt. Man muß vielmehr von vornherein die vielen Einzelmenschen als sittliche Personen ins Auge fassen und dann nach jenem gemeinsamen, naturgegebenen Wert forschen, der sie in ihrem Streben und Wirken (auch dem personalen) zusammenführt. D. h. man muß jenen Wert erkennen, der allgemein ist und zugleich jeden einzelnen als persönliches Wesen miteinschließt (analoge Sinnfülle des Gemeinwohls)."99 96 Vgl. SE I, 172 Anm. 27 mit Nachweis der Thomasstellen: u. a. III Sent. 1, 1, 2 ad 6; IV Sent. 26, 1,2, arg. 3; De verit. 5, 3, ad 3; CG 2, 93. 97 Vgl. auch Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 224. 98 Im Grunde ist die Diskussion um die Bindung der Person an das Soziale theologischen Ursprungs. In der christlichen Antike wurde hinsichtlich der Inkarnation des Verbum divinum, der zweiten Person im dreifaltigen Gott, gestritten, ob in Christus nicht nur zwei Naturen (die göttliche und die menschliche), sondern auch zwei Personen, eine göttliche und eine menschliche seien. Da das kirchliche Lehramt entschied, daß das Verbum divinum eine individuelle menschliche Natur unter Ausschluß der menschlichen Person annahm, erwies sich die individuelle Natur als "communicabilis", darum als "sociabilis", im Gegensatz zur Person, die "incommunicabilis" ist. Diese Tatsache hindert aber nicht, daß das Verbum divinum, also die zweite Person in Gott, die sozialen Bindungen der individuellen menschlichen Natur voll übernehmen konnte und auch übernahm.

H. Der Inhalt des Gemeinwohls

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Demzufolge ist das bonum humanum als naturgegebenes Gemeinwohl des Menschen anzusprechen, als die durch gegenseitige Hilfeleistung der Menschen zu erarbeitenden materiellen, kulturellen und sittlichen Werte, die die persönliche Vollendung aller in einem Ganzen integrierten konkreten Menschen ausmachen. Es ist offensichtlich, daß für Vtz der Gedanke der Integration des einzelnen in ein Ganzes eine überaus bedeutsame Rolle spielt. Er spricht sich damit gegen eine Fassung des Gemeinwohls aus, der es nur um die persönliche Vollendung eines jeden Menschen zu tun ist, - so etwa die Position Nell-Breunings; aber auch "Rerum novarum" und die folgenden päpstlichen Sozialenzykliken teilen diese Haltung. 100 Dies alles gilt nur für die theoretische Bewältigung des Gemeinwohlproblems. In der Praxis stellt sich die Frage, wem in der Handlungsordnung die kausale Priorität zusteht. Hier stimmt Vtz mit den Ausführungen von NellBreuning und den päpstlichen Enzykliken überein. Er legt aber ausdrücklich Wert auf den theoretischen Vorspann dieser praktischen Lösung. 101

3. Das Sozialgerechte Von diesen Zielwerten aus ist nun die Mittelordnung zu bestimmen. Vtz handelt diesen Schritt unter der Überschrift "Das Sozialgerechte" ab. Hier finden jetzt die Institutionen und besonderen Bedingungen für die Verwirklichung des Gemeinschaftszieles ihren Platz. Das Sozialgerechte (justurn sociale) beschreibt das gemeinschaftliche Soll in einer konkreten Situation. Es besteht "in den vom Ziel, dem Gemeinwohl, hic et nunc geforderten wirtschaftlichen, kulturellen und sittlichen Zuständen der menschlichen Gesellschaft." 102 Das Sozialgerechte ist nicht identisch mit den äußeren Institutionen, wenngleich diese darunter zu subsumieren sind. Vielmehr handelt es sich um einen gesollten Sachverhalt, einen konkreten Sachverhalt, nicht nur um eine Norm des gemeinschaftlichen Lebens. Dieser Sachverhalt ist nicht allein aus den Normen deduzierbar, sondern hat stets die konkrete Situation miteinzubeziehen. 103 Selbstverständlich ist das Sozialgerechte ein Soll, verstanden jedoch als direktes Objekt der sozialen Handlung, nicht als deren Norm. Dieses objektive Soll ergibt sich nicht nur aus der positiven Rechtsordnung, sondern bereits aus dem Naturrecht als Natur der Sache. "Naturrecht ist nämlich nicht zu verwechseln mit jenen vorpositiven Normen (= Naturgesetz), die stets und überall gleichbleibende Bedeutung haben. Im Gegenteil ist das Naturrecht als konkreter Sachverhalt voll dynamischer Wendigkeit." 104 SE I, 173. Vgl. Nachfolgefassung, 486 ff. 101 Vgl. A. F. Vtz, Der Begriff des Eigentumsrechts in der Katholischen Soziallehre und seine Beziehung zur Wirtschaftsordnung, in: Die Katholische Soziallehre und die Wirtschaftsordnung, hg. von A. F. Vtz, Trier 1991, 109-162. 102 SE I, 178. 103 Vgl. SE I, 179. 99

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

Das Sozialgerechte ist jedoch nicht leicht zu finden oder zu bestimmen. Wie jede Handlung vor dem Hintergrund sittlicher Maximen in ihren Folgen im Hinblick auf das Endziel nur schwierig beurteilt werden kann, ein Umstand, der die Handlungsentscheidung komplex macht, so gilt dies auch und im besonderen Maße für die soziale Handlung. U tz weist aus diesem Grund auf die Notwendigkeit des Wertempfindens und die Reife des sittlichen Wollens des einzelnen hin. 105 Im Bereich der Ermittlung der konkreten Gemeinschaftswerte hat schon Aristotefes eine eigene Form der Klugheit postuliert, die von Utz als soziale Klugheit 106 bezeichnet wird. Es scheint jedoch auch für Utz unmöglich zu sein, das wahre justum sociale positiv zu bestimmen. Leichter ist stets der Weg, in einer gegebenen Situation diese zu analysieren und auf dem Weg über die negative Erkenntnis, d. h. der Kritik bestehender Ungerechtigkeiten, das justum sociale, also die Verbesserung der Umstände und damit die Aufhebung der Unrechtssituation, zu ermitteln. In einer seiner jüngsten Veröffentlichungen hat Utz nochmals das Sozialgerechte angesprochen. 107 Deutlicher als im ersten Band der "Sozialethik" wird dort die Rolle der Vernunft bei der Bestimmung des Sozialgerechten herausgestellt. Utz zeigt, daß die Verpflichtung zum Gemeinwohl - sie ergibt sich aus der Sozialnatur des Menschen - für sich genommen noch keine inhaltlich-konkrete Bestimmung des Gemeinwohls bedeutet. Menschliches Handeln setzt aber die Erkenntnis eines konkreten Zieles voraus, auf das sich das Handeln richten soll. "Die inhaltliche Bestimmung dieses Zieles, d. h. des konkreten Gemeinwohls haben wir mittels unserer Vernunft vorzunehmen. ( ... ) Der Inhalt des Gemeinwohls, soll er sittlich verpflichtend sein, muß ( ... ) im Lichte der menschlichen Natur dasjenige sachgerecht zum Ausdruck bringen, was konkret Ziel gemeinschaftlichen Handeins zu sein hat." 108 Diese Aufgabe obliegt der menschlichen Vernunft. Nur sie kann eine konkrete Situationsanalyse erstellen. Ausgehend von den dabei gewonnenen Erkenntnissen vermag sie dann die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu prüfen, inwieweit sie in der Lage sind, die sich in der gemeinschaftlichen Tätigkeit realisierende Entfaltung der Gesellschaftsglieder zu verwirklichen. Aus diesen Überlegungen läßt sich der Schluß ziehen, daß Utz allen Versuchen der Festschreibung des konkreten Gemeinwohlinhaltes ablehnend gegenübersteht. 109 Die Vielfalt möglicher Situationen schließt von vornherein eine konkrete SE I, 180. Vgl. SE I, 180. 106 Vgl. SE I, 183-185 (in Anlehnung an STh lI-lI 47, ll). 107 Vgl. Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226. 108 Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226. 109 Für Utz gibt es nur eine abstrakte "Festschreibung" des Gemeinwohls: gemeinsame Verwirklichung der in der menschlichen Natur enthaltenen Werte (vgl. Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 225). 104

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11. Der Inhalt des Gemeinwohls

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Festlegung aus. Die Vernunft ist ständig gefordert, die bestmöglichen Handlungsoptionen im Sinne der Gemeinwohlwerte zu ermitteln. Auf diese Weise berücksichtigt sie die Dynamik der konkreten Realität. Utz kommt in diesem Zusammenhang auf ein wichtiges Element der Situationsanalyse zu sprechen. Zur Zielbestimmung gehört auch die Kenntnis der Leistungsfaktoren, die für den Erfolg des Einsatzes der Gesellschaftsglieder entscheidend sind. "Das Gemeinwohl als Ziel der gesamten gesellschaftlichen Organisation und Tätigkeit erfordert also die genaue Kenntnis der konkreten Situation, vor allem auch der Leistungskräfte und des Leistungswillens der einzelnen Gesellschaftsglieder." 110 Im Hinblick auf überschaubare Kleingesellschaften (z. B. Familie) läßt sich, wie Utz aufzeigt, eine entsprechende Bestimmung der Leistungsfaktoren vornehmen. In Großgesellschaften (z. B. Staat) fehlt der zuständigen Autorität jenes Wissen. "Die staatliche Autorität kann darum, allerdings stets unter der Voraussetzung und Beachtung der in der menschlichen Natur enthaltenen Werte, nur gewisse Regelmechanismen aufstellen, die allen Gesellschaftsgliedern die Möglichkeit eröffnen, ihre jeweilige personale Vervollkommnung anzustreben und zu realisieren, ohne Gemeinschaftsinteressen zu stören." III Wie man sich nun diese Regelmechanismen vorzustellen hat, soll in einem weiteren Abschnitt näher untersucht werden.

Vorher sei aber noch auf einen weiteren Aspekt hingewiesen. Es dürfte aus dem bisher Dargelegten deutlich geworden sein, daß Utz eine "typisch ethische Gesellschaftsauffassung" entwickelt hat. 112 Er wehrt sich grundsätzlich gegen die Interpretation des Gemeinwohls als rein äußeren Wert, was einer Beschränkung auf die Institutionen, verstanden als Vorbedingungen der Entwicklung der persönlichen Vollkommenheiten der einzelnen, gleichkäme. Utz sieht den einzelnen, insoweit er Teil des Ganzen (verstanden als sozialer Zusammenhang) ist, in das immanente Gemeinwohl dieser Ganzheit integriert. Aus praktischen Erwägungen, sei es die Problematik der Ermittlung dieses immanenten Gemeinwohls, sei es die Unüberprüfbarkeit der jeweils individuellen psychischen Motivation, kann sich der Sozialethiker auf die Untersuchung des Gemeinwohls als äußeren Wert beschränken. Die pragmatische Beschränkung auf das Gemeinwohl als äußerer Wert versteht Utz nicht im Sinn einer Negation des immanenten Gemeinwohls. Er weist im Gegenteil immer wieder mit Nachdruck auf diesen Wert hin, Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226. Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226. - Letzten Endes scheint Utz damit zum gleichen Ergebnis wie Nell-Breuning zu gelangen (Gemeinwohl als staatlich garantierte Entfaltungsmöglichkeiten der Person; zu Nell-Breuning siehe 110 111

oben S. 120 ff.). Allerdings räumt der von der Logik des Gemeinwohlprinzips her argumentierende Utz der gesellschaftlichen Autorität größere Eingriffsmöglichkeiten zur Steuerung der gesellschaftlichen Abläufe ein als der mehr individuumsorientierte NellBreuning (vgl. zum Thema auchA. F. Utz, Die moralische Legitimation der gesellschaftlichen Autorität, in: gpk 31 (1990), 314 -318). 112 Vgl. SE I, 182.

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

der jeder Gesellschaft zugrundeliegt. Das Sozialgerechte wird von U tz im Kontext dieser Überlegungen als der jeweils zu konkretisierende Inhalt des Gemeinwohls beschrieben. I I3

III. Die konkrete Bestimmung und die Realisierung des Gemeinwohls durch Regelprinzipien Wie die bisherige Analyse des Begriffs "Gemeinwohl" gezeigt hat, unterscheidet Utz verschiedene Bedeutungsebenen innerhalb dieses Begriffs: 114 Das Gemeinwohl ist der oberste, in der menschlichen Sozialnatur verankerte, absolute und apriorisch gültige Imperativ des sozialen Seins. Demnach ist das Wohl aller zugleich die gemeinsame Aufgabe aller, jedes Glied der Gesellschaft begreift sein Wohl als Teil des Gesamtwohls. Auf einer zweiten Ebene wird das konkrete Gemeinwohl- von Utz als das Sozialgerechte bezeichnet - im Zusammenhang mit sämtlichen konkreten kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen definiert. Die Realisierung des konkreten Gemeinwohls hat schließlich auf einer dritten Ebene der Erkenntnis Rechnung zu tragen, "daß unter Umständen und in gewissem Umfang nur bestimmte Rege1prinzipien als soziale Handlungsprinzipien aufgestellt werden können, um das Leistungspotential der Gesellschaft im Hinblick auf die Verwirklichung der sozialen Wertvorgaben auszuschöpfen." 115 Die noch näher zu bestimmenden Regelprinzipien "erhalten ihre soziale Legitimation aus dem gemeinsamen Ziel, dem abstrakt erkennbaren Gemeinwohl, das heißt: personale Vervollkommnung aller Gesellschaftsglieder mit Hilfe gemeinsam zu erarbeitender Werte." 116 Als Ganzheitsbegriff ist das Gemeinwohl lediglich durch seine Norm, die metaphysische natura humana, universal bestimmbar. In dieser ,Natur des Menschen' ist für Utz mehr enthalten als nur die Freiheit und die Menschenrechte, wie sie als Grundrechte etwa in der Menschenrechtserklärung der UNO (1948) formuliert wurden. Utz beharrt auf dem ausgesprochen metaphysischen Charakter 113 Bei der Bestimmung des Sozialgerechten kommt auch die Tugend der sozialen Gerechtigkeit zur Anwendung (vgl. SE I, 187-233). Kritik am Utzschen Verständnis der sozialen Gerechtigkeit übte A. Vonlanthen, Idee und Entwicklung der sozialen Gerechtigkeit. Zu einem bedenklich gewordenen Theologenstreit, Freiburg / Schweiz 1973, 134 - 140, 158 - 172. Vonlanthen sieht bei Utz eine Identifizierung von sozialer Gerechtigkeit und sozialer Liebe. Vonlanthen hat anscheinend übersehen, wie sehr sich Utz bemüht, die beiden Begriffe auseinanderzuhalten. Das Gemeinwohl als solches wird verwirklicht sowohl durch die soziale Gerechtigkeit als auch durch die soziale Liebe, wobei letztere überall dort einsetzt, wo Gerechtigkeit nicht mehr die Sozialbeziehungen bestimmen kann (vgl. SE I, 232). - Zum Begriff der sozialen Gerechtigkeit vgl. ferner J. Giers, Die "Krise" der sozialen Gerechtigkeit, in: JCSW 17 (1976), 91-111; Ders., Gesellschaft und Gerechtigkeit. Neue Ansätze zum Verständnis der sozialen Gerechtigkeit, in: JCSW 22 (1981), 47-63. 114 Vgl. auch Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226. 115 Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226. 116 Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 226.

III. Konkrete Bestimmung und Realisierung durch Regelprinzipien

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der Rechte der menschlichen Person; 117 die soziale Bindung der Menschenrechte, wie sie Art. 29 der UN-Deklaration ausspricht, sei zu stark auf das positive Recht des Staates ausgerichtet. Die Begrenzung der Menschenrechte habe vom Standpunkt der Sozialethik aus zu geschehen, nicht entsprechend der bestehenden Gesetze, sondern entsprechend der vernünftigen Analyse der konkreten Situation im Hinblick auf die apriori gültigen Normen. 118 Bei der Diskussion des Sozialgerechten wurde bereits auf die Bedeutung der konkreten Situation für die Realisierung des Gemeinwohls hingewiesen. Utz macht unmißverständlich deutlich, daß die rationale Analyse der in der menschlichen Natur beschlossenen Werte nur im Zusammenhang mit der Kenntnis der konkreten gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Situation möglich ist. Mit dieser Überlegung begibt sich Utz auf das Feld der Erfahrung. Er betrachtet das tatsächliche Verhalten des Menschen in der Gesellschaft. Aus den Daten empirischer Sozialwissenschaften und aus der eigenen Lebenserfahrung ergibt sich die Erkenntnis, "daß der konkrete Mensch entgegen der an sich einleuchtenden Forderung, das Gemeinwohl über das Eigenwohl zu stellen, mehr zum Eigenwohl als zum Gemeinwohl neigt." 119 In seinem sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Handeln läßt sich der Mensch in erster Linie von seinem Eigeninteresse leiten. Angesichts dieser Tatsache möchte Utz soziale Handlungsprinzipien erstellen, durch die das Eigeninteresse zumindest indirekt angespornt wird, Beiträge zum Gemeinwohl zu erbringen. 120 "Das Eigeninteresse, das wir als die Triebkraft des nicht idealisierten Menschen erkannt haben, ist das Interesse am Privaten. Immerhin aber ist die private Leistung eine Wertverwirklichung. Wir brauchen dieser nur noch die Orientierung auf die Integration hin zu geben, d. h. wir müssen sie sozial belasten." 121 Im Blick auf die Handlungsordnung ergibt sich daraus die Priorität des Eigeninteresses, da ansonsten der Mensch zu keinerlei Leistung zu bewegen ist. Die ethische Legitimation dieser Priorität des Eigeninteresses ist solange gegeben, wie das Eigeninteresse letztlich doch dem Gemeinwohl dient. 122 117 Vgl. A. F. Utz, Das Grundrecht auf Achtung der Personwürde. Philosophische Reflexionen, in: gpk 31 (1990), 255 - 260; vgl. auch zuletzt zu diesem Thema E. Schokkenhoff, Personsein und Menschenwürde bei Thomas von Aquin und Martin Luther, in: ThPh 65 (1990),481-512. 118 Vgl. Utz, Die Sozialnatur des Menschen und das Gemeinwohl, 225. 119 Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, 235. 120 H. B. Streithofen hat diesen charakteristischen Gedankengang bei Utz richtig erlaßt, wenn er darauf hinweist, daß es Utz darum gehe, jenen Wert zu ermitteln, der eine maximale Verwirklichung des Gemeinwohls garantiere (v gl. Streithofen, Das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg, 28). 121 SE III, 47. 122 Eine solche Betonung des Eigeninteresses könnte die Vermutung nahelegen, daß Utz implizit doch einen Individualismus vertrete. Gegen eine solche Annahme spricht eindeutig die Aussage, daß der Individualismus als gesellschaftliche Organisationsweise nur im Sinne des Gemeinwohls Berechtigung haben kann (vgl. Nachfolgefassung, 456).

10 Kettern

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

Exkurs: Die Bedeutung des Eigeninteresses bei Utz und Rawls Um seine Theorie von der Einbeziehung des Eigeninteresses in die Realisierung des Gemeinwohls zu verdeutlichen, grenzt sich Utz gegenüber anderen sozialphilosophischen Ansätzen ab. Dies tut er insbesondere im Hinblick auf die von lohn Rawls entworfene vertragstheoretische Grundlegung der Gerechtigkeit. 123 Die Konzeption vom abstrakten Gemeinwohl und seiner konkreten Formulierung in der Utzschen Sozialethik läßt nämlich trotz wesentlicher Unterschiede in auffälliger Weise eine gewisse Nähe zu Rawlsschen Überlegungen erkennen. Eine gegenseitige Abhängigkeit der Autoren ist nicht erkennbar. Beide haben unabhängig und ungefähr gleichzeitig ihre Konzepte der sozialen Handlungsprinzipien entworfen. 124 Rawls konzentrierte seine Erörterungen auf die wirtschaftliche Ordnung, während Utz zunächst eine allgemeine Regel gesellschaftlichen Handeins sucht, um von da aus die verschiedenen Sektoren (Politik, Gesellschaft im engeren Sinne und Wirtschaft) anzusprechen. Bewußt greift Rawls zur Erläuterung seiner Gerechtigkeitsvorstellung auf die aus der politischen Philosophie der Aufklärung bekannte Idee des Urzustands zurück. 125 Diesen Urzustand hat man sich so vorzustellen, daß die Menschen in ihm als freie und gleichberechtigte Personen zusammenkommen. Sie einigen sich über die Grundsätze ihres künftigen Zusammenlebens, wobei die getroffene Vereinbarung dem vernünftigen Interesse aller Vertragspartner entspricht und damit fair ist. Wie Utz geht auch Rawls davon aus, daß - bei Rawls im Urzustand, bei Utz aufgrund der Natur des menschlichen Erkennens überhaupt - niemand weiß, wie sich in der Zukunft die Gesellschaft entwickelt. Rawls verwendet diese Ungewißheit sogar als methodisches Prinzip. Er spricht von einem "Schleier des Nichtwissens". 126 "Damit niemand die Wahl der Grundsätze mit Bezug auf seine eigenen, partikularen Verhältnisse und Interessen vornehmen kann, muß sichergestellt sein, daß nur solche Grundsätze gewählt werden können, die im gleichen Interesse aller Beteiligten liegen; um dies zu erreichen, nimmt Rawls an, daß im Urzustand niemand seine persönlichen ökonomischen Verhältnisse, seine Position, seine Anlagen und besonderen Bedürfnisse kennt, sondern daß jeder nur Kenntnis von den allgemeinen gesellschaftlichen Tatsachen hat". 127 Der "Schleier Vgl. dazu vor allem Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, 236. Vgl. J. Rawls, A theory of justice, London-Oxford 1972 [zitiert wird nach der dt. Ausgabe: J. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit. Dt. Übers. von H. Vetter, Frankfurt 51990]; die Utzschen Vorarbeiten zum dritten Band der "Sozialethik", in dem ausführlich die Auffassung vom Eigeninteresse referiert wird, reichen zurück bis in die sechziger Jahre. 125 Vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 140 ff. 126 Vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 160-166. 127 P. Koller, Die neuen Vertragstheorien, in: Politische Philosophie im 20. Jahrhundert. Hg. von K. Graf Ballestrem und H. Ottmann, München 1990,287. 123

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Exkurs

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des Nichtwissens" ist die Voraussetzung für die Unparteilichkeit und Faimeß der Wahl von Grundsätzen und Grundgütem. 128 Keiner der Vertragspartner weiß im Urzustand aufgrund des reduzierten Informationsstandes, auf welche Art und Weise er sein Eigeninteresse verfolgen kann. Grundprinzip der Rawlsschen Urzustands-Gerechtigkeit ist die Faimeß. Damit entwirft Rawls eine ähnliche formale Kategorie wie Kant, der ohne Rückgriff auf inhaltliche Wertvorgaben die Freiheit des anderen rein formal zum Kriterium der Begrenzung der eigenen Freiheit gemacht hatte. Für Utz reicht eine solche Gerechtigkeitsvorstellung nicht aus, weil damit im Grunde nicht mehr als die goldene Regel angesprochen ist. Er selbst verweist immer wieder auf die in der abstrakten Natur enthaltene Fülle von inhaltlichen Werten, so abstrakt diese auch formuliert sein mögen. Die Nähe zwischen Utz und Rawls besteht nun darin, daß Rawls, der den Utilitarismus entschieden verwirft, 129 Ansätze zu einer, wenngleich geringen Wertvorgabe erkennen läßt. So fordert Rawls etwa die Garantie des Existenzminimums. 130 Gleichzeitig lassen seine Ausführungen über den Eigennutz erkennen, daß er diesen, wenngleich nicht im Urzustand, so doch in der Realität insoweit toleriert, als er zur Besserstellung der anderen Gesellschaftsglieder beiträgt. 131 Damit ergibt sich die Nähe zur Utzschen Vorstellung des Eigeninteresses als Realisierungsfaktor des Gemeinwohls. Bei Rawls ist trotz allem das Eigeninteresse Ausgangspunkt der Überlegungen. Utz dagegen ,akzeptiert' das Eigeninteresse in seiner Priorität zum Gemeininteresse als irreversible Tatsache. Rawls grenzt das Eigeninteresse im Unterschied zum Utilitarismus ein, der selbst die Benachteiligung des Nächsten in Kauf nimmt. Das möchte Rawls ausschließen. Darum konzipiert er die Gerechtigkeit als Faimeß, die jedem das gleiche Recht der Entfaltung garantieren soll. Der Vorteil des einen darf nicht zum Nachteil des anderen ausschlagen.

Utz schätzt dennoch die gesellschaftspolitische Bedeutung dieser Gerechtigkeitsvorstellung als gering ein. l32 Einer der Schwachpunkte dieser Theorie liegt seiner Ansicht nach bereits in der Annahme eines Urzustandes. Es handelt sich beim hypothetisch angenommenen Urzustand letztlich um eine säkularisierte Theologie des Paradiesesmenschen. "Während aber die Theologen, sowohl die Kirchenväter wie auch die Theologen des Mittelalters, sich den Menschen in perfektem moralischen Zustand vorstellten, in dem jeder an das Wohl der anderen dachte und damit zugleich auch sein eigenes Wohl, ohne aus purem Eigeninteresse zu handeln, sicherte, während also die alten Theologen von einem Menschen 128 Als Grundsätze bzw. Grundgüter werden aufgefaßt: politische Rechte, bürgerliche Freiheiten, Lebenschancen, Macht, Status, Einkommen, Vermögen, die sozialen Bedingungen der Selbstachtung (vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 111-115). 129 Vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 40-45. 130 Vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 310 f. 13l Vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 158. l32 Vgl. BibSE XI, 466 f.

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

ausgingen, der ohne Sorge um sein Eigenwohl das Gemeinwohl förderte, begnügt sich Rawls mit dem Gedanken, daß bei allem Streben nach Eigennutz der Nächste immerhin ebenfalls einen besonderen Nutzen haben sollte. Rawls meint nämlich, daß jeder daran denken müsse, daß er vielleicht einmal weniger erreichen würde als sein Mitmensch, so daß er im Gesellschaftsvertrag der allgemeinen Regel zustimmen würde, daß der Mitmensch ruhig mehr erringen könne, sofern er daran wenigstens in einem geringen Maß teilhabe." 133 Rawls' Gerechtigkeit wird damit aus der Sicht von Utz zur "Risikoverteilung"; 134 sie ist nicht mehr an inhaltliche Vorgaben, die aus der Natur des Menschen erwachsen, gebunden. Eine weitere Kritik von Utz betrifft den Aspekt der Gleichheit der Menschen. Die allgemeine Gleichheit im Urzustand wird bei Rawls nicht näher erläutert. 135 Rawls verzichtet auf jede metaphysische Begründung. Im Gegensatz dazu weist Utz auf die gleiche menschliche Natur und vor allem, was für die konkrete Realisierung des Gemeinwohls von entscheidender Bedeutung ist, auf die gleichen Nutznießungsrechte aller an der materiellen Welt hin. 136 Diese Gleichheit begründet die soziale Widmung der Erdengüter. Sie stehen allen Menschen zur Verfügung. Es ergibt sich aber das Problem, auf welche Art die Güter im Sinne der Gemeinwohlverwirklichung am effizientesten genutzt werden können. Tatsächlich ist, das hat die Erfahrung mit der sozialistisch-kollektivistischen Planwirtschaft gezeigt, eine kollektive Verantwortung dem sorgfaltigen Umgang mit den begrenzten Ressourcen abträglich. Utz plädiert aus diesem Grund für eine sozialgebundene Marktwirtschaft, die durch eine Privateigentumsordnung den Leistungswillen der Gesellschaftsglieder stimuliert. "Wirtschaftlich ist das Problem entscheidend, wie man am besten mit der Knappheit der Ressourcen fertig wird. Hier spielt die Frage die entscheidende Rolle, welcher Mensch die Knappheit der Ressourcen am effizientesten ausbeutet, der individualisierte oder kollektivierte Mensch? Gemäß Erfahrung auf der ganzen Welt stellen wir fest, dass der Mensch dann, wenn die Güter, vor allem die Produktivgüter, Gemeineigentum sind, weniger aufmerksam und sparsam verwaltet, als wenn die Güter sich im Privatbesitz befinden." 137 Das Privateigentum ist für Utz aus diesem Grund das Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, 236. Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, 236. m Vgl. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 81 ff. 136 Den historischen Hintergrund des christlichen Eigentumsverständnisses hat Utz erstmals in DThA 18, 490-527 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 376-415; erweitert in: Nachfolgefassung, 351 - 400] untersucht. Dort wird deutlich aufgezeigt, wie sehr Thomas die soziale Bestimmung der Güterwelt vertritt. Einzig aus Gründen der Effizienz räumt er in STh II - II 66, 2 die Institution des Privateigentums ein. Auch Thomas kennt demnach auf der Ebene der Prinzipien eine Vorordnung des Gemeinwohls vor dem Einzelwohl, sieht sich aber angesichts des tatsächlichen Verhaltens des Menschen gezwungen, auf der Ebene des Handeins dem Einzelinteresse Rechnung zu tragen. Das Privateigentum ist nur insoweit legitimiert, als es den wirtschaftlicheren Einsatz der begrenzten Güter dieser Welt ermöglicht und mit seiner Wertschöpfung zum Gemeinwohl beiträgt. 133

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Exkurs

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moralisch legitimierte Instrument zur Erstellung einer gesellschaftlichen Ordnung. 138 Die Gesellschaftsordnung bedarf aber weiterer Regelprinzipien. Auch hier liegt eine Differenz zu Rawls vor, denn dieser hatte sich auf die Fairneß als Regelprinzip beschränkt. Der Einsatz des Eigeninteresses im Dienste der Gemeinwohlrealisierung wird von Utz durch zwei andere Prinzipien abgerundet: das Subsidiaritäts- und das Solidaritätsprinzip. Das Subsidiaritätsprinzip sichert im Rahmen des Gemeinwohls die Entfaltung der Eigeninitiative. "Da das Gemeinwohl als Wohl von vielen personalen Wesen verstanden werden muß, ist die Freiheit des einzelnen ein Gut, welches zum Gemeinwohl gehört. Die Freiheit des einzelnen muß demnach nicht nur geduldet, sondern geschützt werden, sofern sie nicht dem Gemeinwohl zuwiderläuft. Das ist die erste und oberste Formulierung des Subsidiaritätsprinzips, die für jede Gesellschaft, für jede Situation gilt." 139 Eindeutiger als andere Autoren bindet Utz das Subsidiaritätsprinzip an das Gemeinwohl. Die Freiheit des einzelnen und die Freiheit kleinerer gesellschaftlicher Gruppierungen gegenüber dem Staat wird vor Eingriffen übergeordneter Institutionen geschützt, wenn es der Verwirklichung des Gemeinwohls zuträglich ist. Die Subsidiarität ist notwendig, da die Großgesellschaft die Leistungsfaktoren nicht in ausreichendem Maße bestimmen kann. Aus diesem Grund tritt sie Kompetenzen ab und behält sich ein Eingreifen nur für den Fall vor, in dem die Kräfte des einzelnen bzw. der Kleingesellschaften zur Bewältigung der gestellten Aufgaben nicht mehr ausreichen. In dieser Hinsicht ist das Subsidiaritätsprinzip zugleich Rechtsprinzip. 140 Das Solidaritätsprinzip regelt die Beziehungen der Gesellschaftsglieder untereinander. Auch dieses Prinzip erwächst für Utz aus dem in der Sozialnatur begründeten Gemeinwohl. Als seinsmäßig gegebene innere Verbundenheit bewegt die Solidarität die Menschen dazu, in gemeinsamer Anstrengung jene konkreten Institutionen zu schaffen, die eine bestmögliche Realisierung des Gemeinwohls sicherstellen. 141 Die Utzsche Auffassung bezüglich der Aufgabe der Regelprinzipien kann man abschließend mit seinen Worten folgendermaßen zusammenfassen: Utz vertritt konsequent eine Theorie der Gesellschaft nach "der der Sinn der Gemeinschaft 137 Die Marktwirtschaft nimmt den (unvollkommenen) Menschen, wie er ist. Interview mit Prof. Utz, in: Menschenwürde und wirtschaftlicher Alltag. Gespräche zum Thema "Marktwirtschaft". Folge 1 (November 1990). Hg. von der Interkonfessionellen Informationsstelle "Glaube und Wirtschaft", Freiburg / Schweiz 1990, 11. Vgl. zu diesem Thema auch Utz, Zwischen Neoliberalismus und Neomarxismus, 120 ff. 138 Vgl. GK-Interview mit Prof. Utz, 169. 139 SE I, 289. 140 Vgl. Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, 237; Eine dirigistische Wirtschaft für Europa?, in: Ethische und soziale Existenz, 424-439, hier: 431-433. 141 Auch hier sei auf Utz, Die sozialen Handlungsprinzipien, 237 f. verwiesen.

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5. Kap.: Das Gemeinwohl

in der Sozialnatur des Menschen grundgelegt ist und das Gemeinwohl in jedem geschichtlichen Augenblick von den Gesellschaftsgliedern in personaler Verantwortung entsprechend den sittlichen Normen gefunden werden muß. Die in das Gemeinwohl eingebundene Freiheit ist hierbei nicht wie bei Heget durch einen Geschichtsprozeß, erst recht nicht wie bei Marx durch die wirtschaftliche Entwicklung determiniert, sondern ist, als vom Schöpfergott geschaffen, geschichtsmächtig in der konkreten Bestimmung des Gemeinwohls. Der Mensch muß daher die Regelprinzipien der zwischenmenschlichen Beziehungen in eigener sittlicher Verantwortung finden, um die Integration des Eigenwohls in das Gemeinwohl zu erwirken. Entsprechend der transzendent, das heißt vorstaatlich und auch vorgesellschaftlich begründeten Freiheit und entsprechend den unkorrigierbaren Neigungen des Menschen, in seinem Tätigsein zunächst das Eigenwohl zu suchen, hat der Staat die für das Gemeinwohl notwendige Wertschöpfung der freien Gesellschaft abzutreten." 142 Als logische Konsequenz aus diesem Ansatz fordert Utz eine private Eigentumsordnung sowie eine sozialgebundene Marktwirtschaft.

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Ethische und soziale Existenz, 126.

Resümee Die vorliegende Untersuchung erwuchs aus der Frage, wie die Christliche Gesellschaftslehre ihr wissenschaftliches Profil deutlicher als bisher herausarbeiten kann. Die Gestalt einer Wissenschaft wird nicht zuletzt durch jene Entwürfe geprägt, die aufgrund ihrer denkerischen Kraft Maßstäbe im innerdisziplinären Raum gesetzt haben. Eine Untersuchung dieser Entwürfe vermag daher auch Aufschlüsse über den historischen, aber auch über den gegenwärtigen, bisweilen sogar über den zukünftigen Weg dieser Wissenschaft zu liefern. Bislang fehlen im Bereich der Christlichen Gesellschaftslehre noch weitgehend solche Untersuchungen für den Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Interesse der vorliegenden Arbeit galt dem sozialethischen System A. F. Utz'. Utz vertritt, wie gezeigt werden konnte, eine sehr eigenständige sozialethische Konzeption. Auf den ersten Blick scheint seine metaphysisch strukturierte Sozialethik nicht mehr recht in unsere Zeit zu passen, da sie von scheinbar überholten Grundvoraussetzungen (abstraktive Realerkenntnis, Naturrechtsdenken) ausgeht. Die nähere Untersuchung erwies jedoch die ungebrochene Aktualität des Utzschen Entwurfs. Utz konnte aufzeigen, daß alle sozialphilosophischen Gesellschaftstheorien notwendigerweise metaphysische Elemente enthalten, ansonsten könnten sie nämlich nichts über die soziale Seite der menschlichen Natur aussagen. Im Gegensatz zu anderen Theorien (Kant, Popper, Rawls) spricht Utz diese Elemente ausdrücklich an. Sein im Begriff des Gemeinwohls gipfelndes System eines ethischen Gesellschaftsdenkens ist nur vor diesem Hintergrund verständlich. Durch sorgfältige Analysen der abstraktiven Realerkenntnis, der inneren Erfahrung als ethischer Methode, der analogen Normauslegung, des dynamischen Naturrechtsdenkens kann Utz die Vorwürfe des Essentialismus und des naturalistischen Fehlschlusses entkräften. Angesichts der in den letzten Jahren sich abzeichnenden Rückbesinnung auf ein naturrechtliches Denken in der Christlichen Gesellschaftslehre, liegt es nahe, die entsprechenden Utzschen Überlegungen verstärkt in die Diskussion einfließen zu lassen und sie für die Erarbeitung einer stringenten Normenlogik heranzuziehen. Die Utzsche "Sozialethik" entwickelt konsequent aus dem ontologisch in der Sozialnatur des Menschen begründeten Gemeinwohl alle weiteren gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen. Die Sozialnatur bezieht den Menschen aus seinem Wesen heraus auf einen gemeinsamen Wert: das bonum commune. Das Gemeinwohl ist demnach nicht die Frucht eines "Ethizismus" (Wildmann), sondern stellt

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Resümee

einen ontologisch begründeten Wert dar. Damit wird der Begriff des Gemeinwohls zum Zentrum des Utzschen Systems. Aufgrund der Verankerung des bonum commune in der Sozialnatur ordnet Utz dieses dem Einzelwohl vor, wobei er allerdings erhebliche Anstrengungen unternimmt, um einer Diktatur im Namen des Gemeinwohls vorzubeugen. Sein sozialpersonalistisches Konzept bindet nämlich die Interpretation des Gemeinwohls an bestimmte Voraussetzungen. Wie die Analyse dieses Begriffes verdeutlichte, unterscheidet Utz zwischen dem Gemeinwohl als Wert und der Realisierung dieses Wertes. Letztere erfolgt durch Regelprinzipien, die das Eigeninteresse des einzelnen berücksichtigen. Als solche Regelprinzipien fungieren das Subsidiaritäts- und das Solidaritätsprinzip. Nur auf diese Weise lassen sich nach Utz die Kräfte der Gesellschaftsglieder am effizientesten für Belange des Gemeinwohls einsetzen. Das Eigeninteresse wird dabei solange als ethisch legitimiert betrachtet, als es der Realisierung des Gemeinwohls dient. Einzelwohl und Gemeinwohl stehen demnach für Utz in einem gegenseitigen Verweisungsverhältnis.

Utz ist sich aber durchaus der mit dem Begriff ,Gemeinwohl' verbundenen Probleme bewußt. Obgleich es sich zweifellos beim Gemeinwohl um einen Schlüsselbegriff jeder Gesellschaftstheorie handelt, bleiben die Konturen des Begriffs unscharf. Utz erblickt den Grund dieser Unschärfe im Universalcharakter des bonum commune. Dennoch gelingt es ihm im Gegensatz zu anderen Autoren einige Aspekte näher zu beleuchten. Grundsätzlich verwirft er jeden Versuch einer Interpretation des bonum commune als rein äußerlichem Wert. Das Gemeinwohl beschränkt sich seiner Ansicht nach nicht auf die von der staatlichen Autorität zu garantierenden institutionellen Voraussetzungen für die bestmögliche individuelle Vervollkommnung der Gesellschaftsglieder (gegen Gundiaeh, Nell-Breuning). In erster Linie ist das Gemeinwohl ein für den Menschen wesentlicher, soziales Miteinandersein begründender immanenter Wert. Inhaltlich läßt sich dieser Wert in mehrfacher Hinsicht entfalten. Mit Thomas versteht Utz Gott als das oberste Gemeinwohl des Kosmos. Alles kreatürliche Sein partizipiert an diesem universalen Gemeinwohl; der Mensch übernimmt Teilfunktion als Bindeglied zwischen Schöpfer und Schöpfung. Eine zweite Stufe bildet das bonum commune als bonum humanum, d. h. die durch gegenseitige Hilfeleistung zu erarbeitenden Werte. Schließlich mündet das bonum commune in das Sozialgerechte; hierbei handelt es sich um das konkrete Gemeinwohl, das mit Hilfe der sozialen Klugheit zu ermittelnde Soll einer konkreten Situation. In diesem Vernunftprozeß der inhaltlichen Bestimmung des Sozialgerechten muß nach Utz einem weiteren Gesichtspunkt des Gemeinwohls Rechnung getragen werden: Das Gemeinwohl kann immer nur analog realisiert werden, d. h. es bedarf stets der situationsgerechten Verwirklichung dieses Prinzips. Die Analogie im Gemeinwohl gesteht jedem Gesellschaftsglied das Recht auf die individuelle Gestaltung seines Beitrages zum Gemeinwohl zu. Auch auf diese Weise berücksichtigt Utz die unabsehbare Vielfalt des sozialen

Resümee

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Lebens. Er beugt einer univoken, starren Gemeinwohlauslegung und damit der Gefahr einer Uniformisierung des einzelnen vor. Die notwendigerweise mit der Analogievorstellung verknüpfte Situationsanalyse erfordert den Rückgriff auf die von den empirischen Sozialwissenschaften ermittelten Daten. Sozialethik und empirische Sozialwissenschaften sind also bei der Ermittlung des Sozialgerechten eng miteinander verknüpft. In der Einführung zur vorliegenden Arbeit wurde angesichts des langen Publikationszeitraumes des Utzschen Schrifttums u. a. die Frage nach möglichen Wandlungen aufgeworfen. Im Blick auf die Grundzüge dieses Werkes muß man feststellen, daß Utz sie in bemerkenswerter Konstanz bis auf den heutigen Tag beibehalten hat. Zwar gibt es in einzelnen Aspekten Vertiefungen (z. B. Präzisierung des erkenntnistheoretischen Ansatzes), es finden sich aber keine Umbrüche wie bisweilen in anderen philosophischen Systemen. In einer Hinsicht jedoch erweiterte Utz die traditionellen Erklärungsversuche, denen er noch im ersten Band der "Sozialethik" gefolgt war. Die Sozialnatur des Menschen wurde bislang in erster Linie mit der erfahrungsmäßig feststellbaren Ergänzungsbedürftigkeit des Menschen begründet. Ab den Vorlesungen der siebziger Jahre erweitert Utz diese an sich empirische Begründung um folgendes philosophisches Argument: Die Sozialnatur findet ihre ontologische Begründung darin, daß die Einzelmenschen in gemeinsamer körperlicher und geistiger Tätigkeit die Potentialität der menschlichen Wesensnatur ausdrücken sollen, da der einzelne aufgrund seiner natürlichen Grenzen dies nicht kann. Als Folge ergibt sich die ethische Verpflichtung zur Realisierung des Gemeinwohls. Die Wirkungsgeschichte des Utzschen Denkens ist noch nicht absehbar. Bislang wurden nur einzelne Aspekte wie z. B. die Interpretation des Gemeinwohls rezipiert. Zur Ausprägung einer sozialethischen Schule ist es nicht gekommen. In die Diskussion der Christlichen Gesellschaftslehre hat sich Utz immer wieder eingeschaltet und sie durch engagierte Stellungnahmen bereichert. Eine breite Rezeption seiner Prinzipienlehre wurde aber durch mehrere Umstände erschwert. Seine Ausführungen bewegen sich durchweg auf einem hohen abstraktiven Niveau. Ihr Verständnis erschließt sich nicht so ohne weiteres. Heute fehlt vielen Sozialethikern der Zugang zu einer metaphysisch begründeten Erkenntnistheorie. Dadurch ergibt sich die Gefahr einer nur an der Oberfläche bleibenden Problemsicht. Handlungsorientierung kann es jedoch nur geben, wenn man sich über die Grundlagen der zur Anwendung kommenden Prinzipien bewußt ist. In dieser Hinsicht könnte ein Aufgreifen des Utzschen Denkens in der Tat eine wesentliche Bereicherung der Christlichen Gesellschaftslehre darstellen. Eine weiteres Hindernis auf dem Weg zu einer breiten Rezeption muß heute im Umstand gesehen werden, daß Utz wie Messner ein entschiedener Gegner sozialtheologischer Überlegungen ist. Er entwirft zwar eine metaphysische Sozialethik, die sich auch in

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Resümee

einer säkularen Umwelt zu behaupten vermag, er verzichtet aber auf die Entwicklung einer Sozialtheologie. Utz wollte nicht und will auch heute noch nicht mit einer Sozialtheologie, wie immer diese argumentieren mag, in Kontakt kommen. Vom theologischen Standpunkt aus mag dies als eine Schwäche interpretiert werden. Utz hätte die theologischen Voraussetzungen zum Gespräch mit der Sozialtheologie - Zeugnis hierfür ist sein Buch "Wesen und Sinn des christlichen Ethos" I. SO sehr einzelne glaubensmäßig begründete Forderungen für die soziale Wirklichkeit bedeutsam sein mögen, sie sind im Denken von Utz für die Gesellschaft nur einsichtig, wenn sie rational begründet werden können. Die Systematik der Utzschen Sozialethik würde ihre Konsistenz verlieren, wenn ausgesprochen theologische Auseinandersetzungen eingebaut würden. Diese Begrenzung des Objekts muß nun einmal hingenommen werden, ohne daß damit die Bedeutung einer typischen Sozialtheologie im Dialog zwischen Christen abgestritten wird.

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60 Die offene Gesellschaft und ihre Ideologien. Hg. für die Internationale Stiftung Humanum von A. F. Utz, Bonn 1986. 61 La empresa corno dimensi6n deI mundo deI trabajo, Barcelona 1986 [span. Übers. von Nr. 53, besorgt von Diorki]. 62 Recht und Gerechtigkeit. Thomas von Aquin: Theologische Summe II-II, Fragen 57 -79. Nachfolgefassung von Bd. 18 der Deutschen Thomasausgabe. Neue Übersetzung von J. F. Groner. Anmerkungen, sowie vollständig überarbeiteter und ergänzter Kommentar von A. F. Utz, Bonn 1987. 63 Weder Streik noch Aussperrung. Eine sozialethische Studie, Walberberg 1987 (Walberberger Gespräche). 64 Die Hoffnung. Thomas von Aquin: Theologische Summe II-II, Fragen 17 - 22. Übersetzung von J. F. Groner. Anmerkungen und Kommentar von A. F. Utz. Unter Mitarbeit von B. Gräfin von Galen, Freiburg-Basel-Wien 1988. 65 Etica Social, III: EI orden social, Barcelona 1988 [span. Übers. von Nr. 59, besorgt von Diorki]. 66 Arbeitskampf und Wirtschaftsethik, Basel 1989 (Social Strategies. Forschungsberichte, Vol. 3, No. 1, Juli 1989). 67 Glaube und demokratischer Pluralismus im wissenschaftlichen Werk von Joseph Kardinal Ratzinger. Zur Verleihung des Augustin-Bea-Preises 1989. Im Auftrag der Internationalen Stiftung Humanum hg. von A. F. Utz, Bonn 1989. 68 La sociedad abierta y sus ideologfas, Barcelona 1989 [span. Übers. von Nr. 60, besorgt von J. A. de Prado Diez und R. Wenzel]. 69 [Zwischen Neoliberalismus und Neomarxismus], Taipei 1991 [chines. Übersetzung von Nr. 33]. 70 Die katholische Soziallehre und die Wirtschaftsordnung. Im Auftrag der Internationalen Stiftung Humanum hg. von A. F. Utz, Trier 1991.

2. Artikel und Rezensionen 2 71 De connexionis virtutum moralium ratione, in: Angelicum 14 (1937), 560 - 574 [Kurzfassung der Dissertation; der Artikel behandelt Sth I-II 65; die Ergebnisse legte Utz später auch in deutscher Sprache vor: vgl. oben Nr. 2, 609-623]. 72 Rez. zu: M. Wittmann, Die Ethik des hl. Thomas von Aquin, München 1933, in: DT 17 (1939), 367 - 370. 73 Die Einheit und Geschlossenheit des sittlichen Lebens nach Thomas von Aquin, in: ZAM 15 (1940), 56-72. 2 Es konnten hier nur ausgewählte Rezensionsabhandlungen von Utz berücksichtigt werden, die vor bzw. nach dem Erscheinen seiner "Bibliographie der Sozialethik" [vgl. Nr. 13] veröffentlicht wurden. Allein seine Besprechungen in dieser Bibliographie umfassen mehrere hundert Titel.

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74 Rez. zu: B. Ziennann, Ringen um Sicherheit im sittlichen Denken, Köln 1940, in: ZAM 16 (1941), 102. 75 Mensch und Christ, in: ZAM 16 (1941), 51-62. 76 Ausweg aus der Rechtsunsicherheit, in: DT 25 (1947), 167 -176. 77 Aushöhlung oder Dynamik des Eigentumsbegriffes? , ebd., 243 - 254. 78 Das Recht auf Privateigentum als ethische Forderung an die Wirtschaft. Antrittsvorlesung an der Universität Freiburg i. Ü., in: SKZ 115 (1947),565-568. 580-582. 79 Pflicht aus Gerechtigkeit und Pflicht aus Liebe, in: SKZ 116 (1948), 61-63. 80 Der philosophische und der juristische Eigentumsbegriff, in: DT 26 (1948), 99 - 107. 81 Wiederentdeckung des christlichen Eigentumsbegriffes, in: Hochland 40 (1948), 415 -425. 82 Föderalismus und Naturrecht, in: Föderalistische Hefte 1 (1948), 288 - 291 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik (vgl. Nr. 29), 259- 262]. 83 The Right to Private Property: an Ethical Demand on Economics, in: Politeia 1 (1948/49),46-56. 84 Federalisme et droit naturei, ebd., 82 - 86. 85 Das Ordnungsgesetz in Wirtschaft und Staat, in: NO 3 (1949), 385 -400 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 360-375]. 86 Rez. zu: A. Vonlanthen, Die völkerrechtliche Selbstbehauptung des Staates, Fribourg 1944, in: ARSP 38 (1949/50), 156-159. 87 Das Recht auf Arbeit, ebd., 350 - 363 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 235245]. 88 Rez. zu: Die AnHinge des neueren Natur- und Völkerrechts. Studien zu den "Controversiae illustres" des Femandus Vasquius (1559), Bem 1949, ebd., 446 f. 89 Rez. zu: W. Sauer, System der Rechts- und Sozialphilosophie, Basel 1949, ebd., 609-613. 90 Le probleme de l' ordre professionnel, in: Politeia 2 (1950), 117 - 123. 91 Katholische Sozialpolitik am Scheideweg. Zur Ansprache Papst Pius' XII. am 3. Juni 1950, in: SKZ 118 (1950), 297-299. 92 Metaphysik der Wirtschaft, in: SchwRd 50 (1950), 449-456 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 353-359]. 93 Das völkerrechtliche Postulat des Papstes, in: DT 28 (1950), 425-437 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 214-224]. 94 Die religiöse Tragweite der ethischen Entscheidung, in: NO 4 (1950), 308 - 317. 95 La morale catholique et l'ordre economique, in: La Liberte [Fribourg], Samedi 12.5.1951,2. 96 Zum Problem der berufsständischen Ordnung, in: NO 5 (1951), 55-60. 97 Die Krise im modemen Naturrechtsdenken, ebd., 201-219 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 167 -184].

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98 Naturrecht im Widerstreit zum positiven Gesetz, ebd., 313 - 329 [wiederabgedruckt in: Naturrecht oder Rechtspositivismus? Hg. von W. Maihofer, Darrnstadt 1962 (Wege der Forschung, 16),219-238; vgl. auch: Ethik und Politik, 185-200]. 99 Der Beitrag der katholischen Soziallehre zur Gestaltung der Gesellschaft, in: Civitas [Luzem] 6 (1951), 466-474 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 297-306]. 100 La portee de l'allocution pontificale du 3 juin 1950, in: Politeia 3 (1951), 10-22. 101 Rez. zu: L. von Wiese, Ethik in der Schauweise der Wissenschaften vom Menschen und von der Gesellschaft, Bem 1947, in: DT 29 (1951), 236-239. 102 Rez. zu: J. Messner, Das Naturrecht, hmsbruck 1951, ebd., 504-508. 103 Wirtschaftsordnung und Moral, in: SKZ 119 (1951), 225 - 227. 104 Die Caritas, ein Grundpfeiler des gesellschaftlichen Lebens, in: Caritas [Luzem] 30 (1952), 123-126. 105 La Charite, pierre angulaire de la vie sociale, ebd., 126-128. 106 Kirche und Sozialreform, in: Schweizerische Soziale Woche in Zürich, St. Gallen 1952 (Schriftenreihe des CAB. Heft 5), 15-19. 107 Weltanschauung und Religion des kommenden Menschen, in: NO 6 (1952), 97 -104. 108 Der Mensch, sein Glaube und die Sozialreligionen, in: Kommt der vierte Mensch? Vortragsreihe des Radio Studio Bem. Mit Beiträgen von W. Röpke, A. F. Utz, Fr. W. Bürgi, J. Gebser, V. Gittermann, J. Hersch, Zürich 1952, 19-31. 109 Der Unterschied zwischen Staat und Gesellschaft, in: Politeia 4 (1952), 142-153. 110 Le salaire et les droits de l'homme, in: La Liberte, Vendredi 26.12.1952, 11. 111 Mehrere Artikel in: Lexikon des katholischen Lebens. Hg. von Erzbischof Dr. W. Rauch (Schriftleitung: J. Hommes), Freiburg i. Br. 1952 [Arbeit (53 - 56), Berufständische Gesellschaftsordnung (100 - 106), Eigentum (213 - 216), Gewerkschaften (405-407), Individualismus (533 f.), Soziale Liebe (729 f.), Menschenwürde Menschenrechte (776-778), Mitbestimmung im Betrieb (797 f.), Soziale Gerechtigkeit (1119-1121), Subsidiarität (1158-1160)]. 112 Bulletin über die neueste Naturrechtsliteratur, in: BThom 8 (1947 -1953),650-664. 113 Die geistesgeschichtlichen Grundlagen des Subsidiaritätsprinzips, in: Das Subsidiaritätsprinzip [vgl. Nr. 6], 7 -18. 114 Die Subsidiarität als Aufbauprinzip der drei Ordnungen: Wirtschaft, Gesellschaft und Staat, ebd., lOt-l17. 115 La societe politique, in: Politeia 5 (1953), 177 -181. 116 Der Aufbau der Gemeinschaftsordnung, ebd., 278-295. 117 Der naturrechtliche Standort der Frau im sozialen Leben, in: NO 7 (1953), 342-350. 118 Ist die Berufsständische Ordnung eine Utopie? (Umfrage), in: Rheinischer Merkur, Nr. 32-41 vom 7.8.-9.10.1953, mit einem Nachwort von A. Böhm [befragt wurde u. a. Utz]. 11 Kettern

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119 Der Personalismus. Würdigung und Kritik, in: NO 8 (1954), 270-281 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 102-112]. 120 La organizaci6n de la Empresa segun los principios de la doctrina social cristiana (1), in: Acci6n Social Patronal: Informaciones sociales, Madrid 1954, 10-15. 121 Rez. zu: R. Voggensperger, Der Begriff "Ius naturale" im römischen Recht, Basel 1952, in: FZPhTh 1 (1954),218-220. 122 Der Kampf der Wissenschaften um das Soziale, in: NO 9 (1955), 193-201. 123 Zwei Fragen: Was heißt sozial? und: Was ist sozial?, ebd., 266-273. 124 Die Marktwirtschaft im katholischen Denken, ebd., 358 -361. 125 Die Generalversammlung der Görres-Gesellschaft 1955, ebd., 365-369. 126 Rez. zu: W. Schöllgen, Die soziologischen Grundlagen der katholischen Sittenlehre, Düsseldorf 1953, in: FZPhTh 2 (1955), 374-378. 127 Rez. zu: S. Ramirez, Doctrina politica de Santo Tomas, Madrid 1952, ebd., 378 f. 128 Die Definition des Sozialen und der Gesellschaft, ebd., 401-422. 129 Der Mythos des Subsidiaritätsprinzips, in: NO 10 (1956),11-21 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 338-349]. 130 Staat und Jugendpflege, ebd., 205 -212. 131 Grundsätze der Handelsmoral, ebd., 268-277 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 442-452]. 132 Der Beitrag Pius' XII. zur katholischen Gesellschaftslehre, in: Christliche Gewerkschaftshefte. Zeitschrift des christlich-nationalen Gewerkschaftsbundes der Schweiz 3 (1956), 56-63. 133 Subsidiarität - ein Prüfstein der Demokratie. Die subsidiäre Haltung des demokratischen Staates in der Jugendhilfe, in: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Jugendpflege und Jugendfürsorge [Bonn] 19 (1956), 2 - 7 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 113-124]. 134 Die soziale Natur des Menschen, in: FZPhTh 3 (1956), 3-20. 135 Rez. zu: B. Häring, Soziologie der Familie, Salzburg 1954, ebd., 90 f. 136 Das Wesen der Glückseligkeit des Menschen, ebd., 320-323. 137 La personne, la societe, l'etat, in: Pax Romana. Mouvement international des etudiants catholiques et des intellectuels catholiques [Fribourg], Avril 1957, N°. 2, 1. 138 Schutz dem Tier und dem Psychopathen. Einige Bemerkungen zu einer Entwicklung des Rechtsdenkens, in: NO 11 (1957), 112-115. 139 Das Naturrecht im Brennpunkt der Diskussion, ebd., 321- 328 [wiederabgedruckt iu: Ethik und Politik, 201-208]. 140 Theologie und Sozialwissenschaften, in: Fragen der Theologie heute. Hg. von J. Feiner, J. Trütsch und F. Böckle, Einsiedeln-Zürich-Köln 1957, 447 - 462 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 281 - 296].

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141 Rez. zu: J. Messner, Kulturethik mit Grundlegung durch Prinzipienethik und Persönlichkeitsethik, Innsbruck 1954, in: FZPhTh 4 (1957), 80-82. 142 Rez. zu: F. Flückiger, Geschichte des Naturrechts I, Zollikon-Zürich 1954, ebd. 83-85. 143 Rez. zu: A. Burghardt, Eigentumsethik und Eigentumsrevisionismus. Vom Abfindungslohn zum Miteigentum, München 1955, in: ARSP 43 (1957), 151-153. 144 The Principle of Subsidiarity and Contemporary Natural Law, in: Natural Law Forum [Notre Dame Law School, Indiana] 3 (1958), 170-183. 145 Auf der Suche nach wirksamen Gesellschaftsnormen in der modernen Demokratie, in: NO 12 (1958), 161-168 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 70-78]. 146 Die Kultur- und Gesellschaftsethik Ortega y Gassets, in: NO 13 (1959), 172-178 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 79 - 86]. 147 Diskussion um die Neuorientierung der Rechtsphilosophie, ebd., 401-412. 148 Die Beschränkung des Almosengebens, in: Thomas von Aquin: Summa Theologica 11-11 23-33: Die Liebe (1. Teil). Kommentiert von H. M. Christrnann, HeidelbergGraz 1959 (Die Deutsche Thomas-Ausgabe, 17 A), 528-532. 149 Der Mittelstand und die ethischen Normen der Wirtschaft, in: Der Mittelstand in der Wirtschaftsordnung heute, 9-26 [vgl. Nr. 12; wiederabgedruckt in: Ethik und Politik,488-5OO]. 150 Stand und Kritik der Mittelstandsfrage heute, ebd., 533 -549. 151 Die philosophischen Grundlagen der Wirtschafts- und Sozialpolitik, in: FZPhTh 7 (1960),249-283 [vgl. auch Nr. 16; wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 127155]. 152 Die wertfreie Gesellschaft von heute, in: NO 14 (1960),161-167 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 52-59]. 153 Die Rechtsphilosophie als Soll-Wissenschaft vom Rechtlichen, in: Naturordnung in Gesellschaft, Staat, Wirtschaft. Festschrift J. Messner. Hg. von J. Höffner, A. Verdross, F. Vito, Innsbruck 1961,373-385. 154 Wesen und Begründung des Rechts, in: FZPhTh 8 (1961), 3-74. 155 Rez. zu: J. Fuchs, Lex naturae. Zur Theologie des Naturrechts, Düsseldorf 1955, ebd., 185 f. 156 Die Gerechtigkeit, der Prüfstein naturrechtlichen Denkens. Zur neuesten Naturrechtskritik von Hans Kelsen, in: NO 15 (1961), 187 -194 [wiederabgedruckt in: Ethik und Politik, 225 - 234]. 157 Die soziale Enzyklika des Papstes Johannes' XXIII., in: Akademische Monatsblätter [Beckum] 74 (1961), 4-11. 158 Die soziale Enzyklika des Papstes Johannes' XXIII. Die Ordnung des gesellschaftlichen Lebens der Gegenwart im Sinn der christlichen Gebote, in: Luzerner Neueste Nachrichten, 65. Jg., Nr. 166 vom 20. Juli 1961, 13 f. 11*

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Personenregister Achinger, H. 29, 187 Adenauer, K. 183 Adomeit, K. 189 Albert, H. 98, 173 Antoncich, R. 106, 173 Anzenbacher, A. 31, 41,173 Apel, K. O. 15, 173 Arendt, H. 164 Aristoteles 12 f., 48-50, 57, 63, 69, 78, 87, 112 f., 115, 139, 142, 173 Arnim, H. H. von 93, 173 Arndt, H. W. 129, 189 Augustinus 112, 129 Baadte, G. 65, 70, 171, 180, 185 Baldas, E. 29, 173 Ballestrem, K. Graf 146, 179 Barion, J. 56, 174 Baruzzi, A. 71, 174 Baumgartner, H. M. 181 Bautier, R.-H. 170 Bea, A. Kardinal 158 f. Becker, K. M. 184 Bentharn, J. 125 Berg,L.107, 118, 174 Bernath, K. 166 Bernsdorff, W. 124, 177 Beyer, J. 108, 174 Biffi, F. 17 Bismarck, K. von 74, 183 Blümle, E.-B. 156 Bochenski, J. M. 87, 174 Böckenförde, E.-W. 63, 126, 174 Böckle, F. 21, 63, 71,108,126,162,174 Boeglin, M. 22, 156 f. Böhnke, M. 45, 184 Böhm, A. 161 Bösken, G. 28, 174 Boff, C. 106, 174 Bongras, E. 20 Bossle, L. 167, 174

Breuning, W. 45, 184 Brugger, W. 91, 122, 182, 187 Büchele, H. 28, 174 Büchi, W. 13, 156 Bülow, F. 124, 177 Bürgi, Fr. W. 161 Burghardt, A. 163, 168 Busa, R. 187 Calogero, G. 166 Calvez, J. Y. 17 Cathrein, V. 33, 37, 134, 174 Chenu, M.-D. 74, 174 Christmann, H. M. 13, 155, 163 Christoffer, U. 174 Coreth, E. 38, 184 f. Conus, H.-Th. 156 Coste, R. 17 Dahl, R. A. 124, 175 Demmer, K. 69, 175 Dempf, A. 164 Detjen, J. 70 f., 80,123,171,175 Dickmann, R. 173 Dinh-Thuc, J. 157 Diorki 158 f. Dirks, W. 74, 183 Dousse, E. 156 Dreier, W. 26, 175, 186 Dubislav, W. 87,175 Duque Hoyos, R. 156-158 Eberle, J. 184 Eckholt, M. 45, 172, 178 Ecole, J. 129, 189 Elders, L. J. 60, 91,175,177 Endres, J. 71, 175 Engelhardt, P. 28, 175 Engel-Janosi, F. 164 Erhard, L. 171 Ermecke, G. 21, 107, 175

Personemegister Ernst, W. 65, 69, 175, 179 Estor, M. 186 Eucken, W. 175 Feiner, J. 108, 162 Fetsch, C. G. 171 Finley, M. I. 69, 175 Ratham, R. E. 127, 175 Reiner, Tb. 176 Rückiger, F. 163 Fraenkel, E. 69 f., 176 Fraling, B. 27, 33, 106, 176 Frankemölle, H. 106, 176 Frey, C. 105, 176 Freund, L. 164 Frings, J. Kardinal 156 Fuchs, J. 163 Fuchsloch, M. 78 f., 176 Furger, F. 21, 62, 67 f., 75, 176 Gabriel, G. 87, 182 Galen, B. Gräfin von 13 f., 22, 29 f., 59, 156 f., 159, 173 Gebser, J. 161 Geck, L. H. A. 107, 176 Gerhardt, V. 35, 176 Giers, J. 28, 136, 144, 176 Gijsen, J. 169 Gittermann, V. 161 Golfin, C. 177 Grenner, K. H. 181 Groner, F. 165 Groner, J. F. 13 f., 22, 40, 155, 159 Grotius, H. 38 Gründer, K. 78, 178 Gundlach, G. 86, 101, 122, 152, 177 Gutierrez Garcia, J. L. 17 Haag, E. 73, 177 Habermas, J. 170, 186 Hadrossek, P. 177 Häring, B. 162 Hafner, P. 74, 177 Hansen, T. E. 183 Hare, R. M. 186 Hauser, R. 107, 174, 176 Hedwig, K. 60, 177 Hegel, G. W. F. 38, 55, 63, 150 Heidorn, J. 170

191

Heierle, W. 63, 183 Heimbach-Steins, M. 75, 178 Heinz, H. 45, 184 Hengsbach, F. 16, 177 Hengstenberg, H. E. 155 Hennis, W. 119, 177 Herr, Tb. 26, 106, 177 Hersch, J. 161 Hertz, A. 48, 105, 176, 178 Herweg, T. 181 Herzog, R. 118, 177 Heun, W. 170 Hieronimi, G. 156, 177 Hildebrand, D. von 105 Hinske, N. 91, 177 Hirsch, E. H. 124, 177 Hirschman, A. O. 127, 178 Hitze, F. 24 Hobbes, Tb. 38 Höfer, J. 11 Höffe, O. 35,42,63,73,75,79,178-180 Höffner, J. Kardinal 26, 107, 114, 136, 163, 165, 176, 178, 186, 188 Höver, G. 48, 50, 178 Hoffmann, K. 166 Hofmann, J. E. 129, 189 Hollerbach, A. 118, 179 Hommes, J. 161 Honnefelder, L. 48, 75, 178 Hügli, A. 78, 178 Hünermann, P. 45, 172, 178 Hürten, H. 30, 178 Hume, D. 79, 180 Hunold, G. W. 34, 48, 178 Ilting, K.-H. 178 Jedin, H. 30, 179 Jimeno, R. 157 Johannemann, A. 174 Johannes XXIII. 25, 156, 163 f., 173 JohannesPaulII.12,34, 169f., 172f., 175 Kaibach, R. 127, 178 Kant,1. 13,31,35,42-44,47,49,51,53 f., 61, 63, 66 f., 72 f., 77, 79-82, 84, 91, 96, 147, 151, 173, 176-178, 182, 184, 188

192

Personenregister

Kasch, W. F. 182 Katterle, S. 98, 179 Kaufmann, A. 70, 72 f., 179 Kaulbach, F. 35, 176, 180 Kelsen, H. 17,44,52,62,68,75 f., 81 f., 84, 136, 163, 179, 188 Kerber, W. 118, 123, 179 Kersting, W. 63, 179 Kettem, B. 5, 179 Kiplinger, W. M. 124 Kleger, H. 63, 179 Kleiber, M. 157 Kleiber, V. 156 Klose, A. 17,25, 39,44, 107, 122, 166, 168, 170, 1'73, 179, 181 f., 188 Klüber, F. 25, 179 Knoll, A. 124, 179 Köhler, O. 30, 179 Koller, P. 146, 179 Korff, W. 24, 26, 32 f., 48, 64 f., 178 f. Kos1owski, P. 124, 175 Krawietz, W. 136, 180, 186 Kremer, K. 42, 188 Krings, H. 87, 181 Kroh, W. 28, 30, 180 Küchenhoff, G. 155 Kühn, U. 112, 180 Kühn, W. 180 Küter, E. 174 Kulenkampff, J. 79, 180 Kuppler, B. 27, 180 Landshut, S. 77, 180 Langner, A. 17,70, 180, 184 Latorre Marin, C. 156 Laubier, P. de 17 Laun, A. 180 Laun, R. 49, 180 Legaz y Lacambra, L. 170 Leisner, W. 137, 167 Leo XIII. 25, 75, 173, 177 Lienkamp, A. 34, 106, 180 Lin, S. 70, 180 Litt, Th. 105 Locke, J. 38 Lohmann, M. 27, 183 Lombardi, G. 167 Lück, U. 180 Luhmann, N. 170

Luther, M. 145, 183, 185 Lutz, S. 180 Maihofer, W. 81, 161, 180 Mant!, W. 107, 188 Marcic, R. 71, 169 Maritain, J. 105, 138 -140, 180, 184 Maritain, R. 180 Marx, K. 38, 55, 63, 66, 77, 150, 180 Matz, U. 181 Mayer-Maly, D. 71, 169 Mayer-Maly, T. 168 Menne, A. 87, 181 Merk, G. 168 Messner, J. 25, 32-34, 39 f., 48, 56, 86, 90, 107 f., 116, 118, 122, 124, 136, 153, 158, 161, 163, 166, 168, 170, 173, 176, 178, 181 f., 188 Metz, J. B. 180 Mittelstraß, J. 118, 185 Mock, E. 53, 181 Mollnau, K. A. 21, 181 Monze1, N. 88,90, 107, 181 Moore, G. E. 79, 181 Müller, A. 176 Müller, F. 28 Mueller, F. H. 181 Müller, G. 168 Müller, I. H. 170, 186 Müller, P. 15, 181 Müller-Schmid, P. P. 31,41,44,63 f., 70, 73,96 f., 156, 181 f., 189 Müncker, Th. 107, 174, 176 Münk, H. J. 31, 182 Munarnz, J. M. 106, 173 Nawroth, E. E. 97, 134, 182 Neid1, W. M. 184 f. Nell-Breuning, O. von 16, 19,25 f., 29 f., 39, 120-123, 129, 141, 143, 152, 177, 182, 187 Nietzsche, F. 66, 172 Nitzsche, W. 5 Nobis, H. M. 87, 182 Nojiri, T. 157 Ockenfe1s, W. 5, 26 f., 29 f., 36, 109, 156-158, 170, 182 Oeing-Hanhoff, L. 42, 183

Personenregister Oelmüller, W. 15, 183 Offe, S. 178 Ollig, H.-L. 66, 183 Ortega y Gasset, J. 163 Ortlieb, H.-D. 168 Ott, W. 183 Ottmann, H. 146, 179 Overbeke, P. M. 183 Paul VI. 59 Pesch, H. 101 Pesch, O. H. 95, 183 Pfligersdorffer, G. 184 f. Pfürtner, St. H. 176 Pieper, J. 114, 183 Piller, J. 20 Pius XI. 29 Pius XII. 22,40, 100, 155, 160, 162, 167 Plato 63, 69 Popper, K. R. 63, 98 f., 151, 170 f., 183 Prado Diez, J. A. de 159 Preller, L. 187 Pufendorf, S. 38 Radbruch, G. 81 Rahner, K. 11, 108 Ramfrez, S. 20, 133, 162, 183 Ratzinger, J. Kardinal 74, 159, 171, 183 Rauch, W. 161 Rauscher, A. 17,26,30,44,65,70, 102, 127, 165, 167, 170 f., 177, 179-181, 183-185 Rawls, J. 19, 73, 146-149, 151, 184, 186 Raymond, W. 167 Reber, A. 184 Recktenwald, H. C. 46, 172 Rhonheimer, M. 66, 171, 184 Richardi, R. 168 Rigobello, A. 139, 184 Rinecker, C. 186 Ritter, J. 78, 87, 118, 177 f., 182 Rodriguez,F. 17,44, 184 Röpke, W. 161 Roos, L. 44 f., 106, 184 Ros, A. 156 Royer, E. A. 158 Sala, G. B. 42 f., 184 Sandfuchs, W. 164 13 Kettem

193

Sauer, W. 105, 160 Savignat, A. 155 Schäfer, L. 184 Schambeck, H. 17,81, 166, 168, 170, 172 f., 181 f., 184 Schasching, J. 17,44, 108, 184 Schefold, C. 66, 185 Schelauske, H. D. 70, 185 Scheler, M. 105 Schelsky, H. 186 Schleiermacher, F. 33 Schmähl, W. 185 Schmidinger, H. M. 38, 68 Schmidt, L. 124 Schmitt, M. E. 185 Schmölz, F.-M. 17,68,87, 179, 185 Schneiders, W. 185 Schneyder, B. 176 Schockenhoff, E. 53, 107, 145, 185 Schöllgen, W. 162 Schöttl, F. 186 Scholz, F. 107, 174, 176 Schramm, A. 186 Schuster, J. B. 134, 174 Schwan, A. 22, 69 f., 118, 179, 185 Schwarte, J. 26, 185 Schwartländer, J. 169 Schwemmer, O. 118, 185 Schwertner, S. 11 f. Schwingenstein, A. 171 Seidel. H. 171 Seidl, H. 49, 87, 173, 185 Senft, J. 186 Simon, N. 5 Simons, P. M. 71, 169 Sitter, B. 186 Sorgenfrei, H. 20, 186 Spann, O. 92, 105, 131, 186 Spieler, W. 166, 186 Spital, H. J. 5 Stammler, R. 135 Stanke, G. 186 Stelnkamp, H. 185 Stolleis, M. 118, 186 Streissler, E. 172 Streithofen, H. B. 13, 69, 82, 145, 157 f., 185 f. Studer, H. 186 Suntum, U. von 186

194

Personenregister

Taparelli d'Azeglio, L. 38 f., 122, 186 Thomann, M. 39, 129, 186 f., 189 Thomas von Aquin 13,20,31,33,41-47, 49,55,57 f., 60-67, 69, 72, 77, 79, 83, 91, 94 f., 99, 101, 107, 112-117, 130, 132 f., 135, 138-140, 145, 152, 155, 159, 163, 166, 172, 175, 177, 179 f., 182-185, 187 f. Thomasius, Chr. 38, 185 Tönnies, F. 113 -115, 187 Topitsch, E. 179 Trappe, P. 21, 79, 169, 187 Trütsch, J. 108, 162 Utz, A. F. passim Vasquius, F. 160 Yen, J. J. M. van der 155 Verdross, A. 38, 107, 138, 163, 176, 187 f. Verpaalen, A. P. 100, 133, 138, 187 Vetter, H. 146, 184 Vito, F. 107, 163, 176, 188 Voegelin, E. 164 Voggensperger, R. 162 Vonlanthen, A. 144, 160, 187 Vries, J. de 91, 187 Wagner, M. 42, 187 Waibl, E. 172 Waitz, Th. 173 Waldenfels, H. 174 Wallraff, H. J. 29, 187 Weber, H. 5, 45, 53, 166, 187 Weber, M. 170

Weber, W. 74, 107, 123, 188 Weiler, R. 17,39,44,166,168,170,173, 181 f. Weinberger, O. 186 Weischedei, W. 13,42, 178, 188 Welty, E. 25, 82, 121, 123, 136, 139 f., 173, 186, 188 Wenzel, R. 159 Wiemeyer, J. 106, 188 Wiese, L. von 90, 105, 161, 188 Wild, C. 181 Wildmann, G. 86, 100-104, 106 f., 151, 188 Winkler, G. 17, 186, 188 Winter, A. 42, 188 Wirtz, H. G. 66, 188 Wisser, B. 181 Wittmann, M. 95, 159, 188 Wolf, E. 75, 188 Wolf, E. 98, 188 Wolf, K. D. 182 Wolff, Chr. 38 f., 129, 186 f., 189 Wyser, P. 164 Zalten, E. 41, 189 Zezschwitz, F. von 136, 189 Ziermann, B. 160 Zimmer, B. 166 Zimmermann, A. 49, 185 Zimmermann, J. 184 Zippelius, R. 38, 189 Zöllner, W. 168 Zsifkovits, V. 39,107,166,168,173,181, 188 Zubizarreta, J. L. 157