Sortenrein bauen - Material, Konstruktion, Methodik: Methodik – Material – Konstruktion 9783955536145, 9783955536138

Bauen nach dem Kreislaufprinzip Dieses Handbuch erläutert, wie Planen und Bauen nach dem Kreislaufprinzip gelingt. Es

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German Pages 200 [232] Year 2023

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Sortenrein bauen - Material, Konstruktion, Methodik: Methodik – Material – Konstruktion
 9783955536145, 9783955536138

Table of contents :
Danksagung
Inhalt
Einführung in das Buch
Vorwort
EINLEITUNG
Vom sortenreinen Bauen
GESCHICHTE UND STATUS QUO
Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens
Mehr als Mine — der Gebäudebestand als materielle und kulturelle Ressource
Vernakuläre Architektur
Von temporären Bauten lernen
Zeitgenössische Beispiele kreislaufgerechter Bauten
MATERIAL — FÜGUNG — SCHICHTEN
Materialwahl für ein kreislaufgerechtes Bauen
Materialien der Kreislaufwirtschaft
Schadstoffe im Kreislauf
Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft
Einfach (Um)Bauen
Reversible Füge- und Verbindungsmethoden
Fügungsprinzipien
Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip
Schichtenaufbauten
DETAILKATALOG
Fokus Holz
Fokus Mauerwerk
Fokus Beton
Fokus Stahl
Fokus Lehm
ANHANG
Biografien
Bildnachweis
Quellen
Sachwortregister
Impressum

Citation preview

SORTENREIN BAUEN

METHODE MATERIAL KONSTRUKTION

Danksagung

Unser tiefer Dank gilt zuerst allen Autorinnen und Autoren dieses Buchs: Werner Sobek, Thomas Auer, Andreas Hild, Hauke Horn, Christian Holl, Elena Boerman und Daniela Schneider. Ohne deren Bereitschaft, ihre Überzeugungen, Visionen, Arbeiten, Recherchen und Forschungsergebnisse hier zu präsentieren, wären dieses Buch und der hieraus entstehende Diskurs nicht möglich gewesen. Und nicht unerwähnt lassen möchten wir die Studierenden, die in Seminaren und Entwürfen die Grundlagen für dieses Buch mit erarbeitet haben. Unser Dank geht zudem an unsere Teams der beiden Professuren Nachhaltiges Bauen und Baukonstruktion an der Fakultät für Architektur am KIT in Karlsruhe, insbesondere auch an Robina Behrendt, die unermüdlich die dreidimensionalen Darstellungen erarbeitet hat, sowie an Patrick Bundschuh, Luca Diefenbacher, Mattis Epp, Felix Caspar Jörgens, Sebastian Kreiter, Salesia Trenker und Amelie Vierhub-Lorenz für all ihre wertvollen zeichnerischen Beiträge.

dem Dekanat der KIT Fakultät für Architektur und der Geschäftsführerin Judith Reeh für die Unterstützung über die letzten Jahre ­hinweg. Ohne diesen Rückenwind wäre diese Publikationsarbeit sicher nicht möglich gewesen. Und ein besonderer Dank geht an Sandra Hofmeister, Katja Pfeiffer, Jana Rackwitz, Cosima Frohnmaier, Barbara ­Kissinger, Steffi Lenzen und den gesamten DETAIL Verlag für das uns entgegengebrachte V ­ ertrauen und die unterstützende Hilfe. Dirk E. Hebel, Ludwig Wappner, Katharina Blümke, Steffen Bytomski, Valerio Calavetta, Lisa Häberle, Peter Hoffmann, Paula ­Holtmann, Hanna Hoss, Daniel Lenz, Falk Schneemann Karlsruhe, im Mai 2023

Andrea Klinge und Ulrich Röhlen in lehmbautechnischen, Riccardo La Magna in tragwerksplanerischen und Steffen Mayser sowie Karsten Jurk vom Büro PMI in München in bauphysikalischen Fragen haben die hier gezeigten Details, Schnitte und dreidimen­ sionalen Zeichnungen immer wieder mit uns diskutiert und verbessert. Auch hier unser tiefster Dank für diese Bereitschaft. Insbesondere bedanken wir uns auch bei

Danksagung

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Inhalt

Danksagung 3 Einführung in das Buch 6 Vorwort 9

EINLEITUNG Vom Sortenreinen Bauen

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GESCHICHTE UND STATUS QUO Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens

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Mehr als Mine — der Gebäudebestand als materielle und kultuelle Ressource

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Vernakuläre Architektur

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Von temporären Bauten lernen

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Zeitgenössische Beispiele kreislaufgerechter Bauten

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MATERIAL — FÜGUNG — SCHICHTEN Materialwahl für ein kreislaufgerechtes Bauen

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Materialien der Kreislaufwirtschaft

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Schadstoffe im Kreislauf

80

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Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft

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Einfach (Um)Bauen

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Reversible Füge- und Verbindungsmethoden

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Fügungsprinzipien

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Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip   Schichtenaufbauten

118 122

DETAILKATALOG Fokus Holz

130

Fokus Mauerwerk

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Fokus Beton Fokus Stahl

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Fokus Lehm

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ANHANG 222 224 225 231 232

Biografien Bildnachweis Quellen Sachwortregister Impressum

Inhalt

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Einführung in das Buch

Das vorliegende Buch erlaubt einen Einstieg in die Notwendigkeiten, Denkweisen und die daraus abgeleiteten architektonischen Umsetzungen des sortenreinen Bauens als Teil einer neu zu gestaltenden Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Es versteht sich als Beitrag zu einer immer greifbarer werdenden gesellschaftlichen Zeitenwende. Der Mensch steht vor der Entscheidung, wie er in Zukunft auf diesem Planeten verantwortungsvoll ­miteinander und in Einklang mit natürlichen Kreisläufen und Prozessen leben will. Dieser Wandel muss sich auch im Bauwesen in Form neu gedachter und umgesetzter Kon­ struktionsprinzipien niederschlagen. Wir als Menschen dürfen klimaschädliche Emissionen nicht mehr tolerieren, müssen Ressourcen einsparen, sie in regenerativ angetriebene Kreisläufe einbinden und das Konzept „Abfall“ hinter uns lassen. Der erste Teil dieses Buchs setzt sich mit der Dringlichkeit der Thematik einleitend auseinander und untermauert diese mit Zahlen und Fakten. Der zweite Teil zeigt eine historische Perspektive des Themenkomplexes auf, während der dritte Teil kreislaufgerechte Materialien und deren Fügetechniken und Schichtungsprinzipien behandelt. Ebenso wird darin das wichtige Thema der Schadstoffbelastungen im Bauwesen erörtert. Im abschließenden vierten Teil des Buchs stellen wir einen Baukatalog in Form architekto-

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nischer, sortenreiner Detaillösungen vor, der die zuvor beschriebenen Prinzipien aufgreift und exemplarisch umsetzt. Die dargestellten Lösungen sind spezifisch ausgewählte Kombinationen einiger bereits gebauter oder geplanter Anwendungsfälle. Sie entsprechen einem Möglichkeitskatalog, der aus archi­ tektonischer, konstruktiver, statischer und bauphysikalischer Sicht in gemäßigten ­Klimazonen unmittelbar umsetzbar wäre. Normative und rechtliche Anforderungen wie beispielsweise Brandschutz, Schallschutz oder Feuchteschutz sind je nach Bauort, baurechtlichem, klimatischem oder geologischem Kontext bei jedem Bauvorhaben stets eigenverantwortlich zu prüfen und zu adaptieren. Einige hier vorgestellte Konstruktionsweisen, Produkte und Materialien erfordern außerdem eine Auseinandersetzung mit der Frage nach einer bauaufsichtlichen Zu­­ lassung, je nach Öffentlichkeitsgrad und Gebäudeklasse. Zudem haben wir an einigen Stellen Hinweise mit einem blauen Punkt in den Detailzeichnungen eingeführt, die immer wieder kleine Denkanstöße liefern ­sollen zu anderen verwandten Themen. Während sich dieses Buch explizit mit der Frage des sortenreinen Bauens und Konstruierens beschäftigt, gilt es natürlich auch, andere wichtige Fragestellungen wie den CO2-Rucksack von Baumaterialien, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder das even­

tuelle Weglassen von gewissen Bauteilen immer wieder mitzudenken. Dieses Buch ­bildet im Erscheinungsjahr einen aktuellen Stand einer sich sehr dynamisch entwickelnden Transformation ab, es will Wege und Ziele zu einem gesellschaftlich verantwortungsvollen Verhalten von Planenden und Ausführenden aufzeigen und kein statisches Rezeptbuch sein. Die Hinweise sind insofern als kritische Anmerkungen und Hinterfra­ gungen zu sehen. Sie sollen die Leserinnen und Leser dazu auffordern, die gezeigten Lösungsvorstellungen in dem durch die ersten drei Kapitel definierten Rahmen kritisch weiterzuentwickeln.

möglich und sinnvoll ist. Wir wollen dazu ermutigen, diese Beispiele anzuwenden und weiterzudenken, um den Paradigmenwechsel hin zu einer geschlossenen Kreislauf­ wirtschaft im Bauwesen zu etablieren. Die gezeigten Ansätze sollen das ganze Bauwesen ansprechen und verändern. Hierzu fühlen wir uns verpflichtet und als Universität beauftragt.

Es gibt in Deutschland derzeit rund 19,4 Millionen Wohngebäude. Wir sollten nicht vergessen, dass von diesem Gebäudebestand rund 16,1 Millionen und damit knapp 83 % auf Ein- und Zweifamilienhäuser entfallen. Ganz bewusst zeigen wir daher immer wieder zweigeschossige Detailschnitte. Außerdem weisen wir auf die Themen Sanierung und Nachverdichtung hin. Denn sie gewinnen künftig an Bedeutung.

KIT Karlsruhe, im Mai 2023

Dirk E. Hebel, Ludwig Wappner, Katharina Blümke, Steffen Bytomski, Valerio Calavetta, Lisa Häberle, Peter Hoffmann, Paula ­Holtmann, Hanna Hoss, Daniel Lenz, Falk Schneemann

Wir möchten mit diesem Buch zeigen, dass bereits gebaute und bewährte Konstruktions­ weisen, Produkte und Materialien eines ­sortenreinen Bauens existieren und deren Übertragung auf unsere gebaute Umwelt, sei es im Gebäudebestand oder Neubau,

Einführung in das Buch

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Vorwort

Der weltweite Ressourcenverbrauch hat die Marke von 100 Milliarden Tonnen pro Jahr bereits hinter sich gelassen. Und er wird in den kommenden Jahren weiter rapide steigen. Das Bauwesen steht dabei für mehr als die Hälfte dieses Ressourcenverbrauchs. Knapp 50 % aller bisher verbauten Baustoffe finden sich in den Industrieländern wieder. Hier leben rund 1,4 Milliarden Menschen. Die geschätzt 6,6 Milliarden Menschen des Globalen Südens müssen sich mit der anderen Hälfte bescheiden, oft genug ohne eine menschenwürdige Behausung oder ausreichende Ver- und Entsorgungssysteme. Darüber hinaus wird die Weltbevölkerung bis 2050 um weitere zwei Milliarden auf schätzungsweise zehn Milliarden Menschen steigen. Der hieraus resultierende bauliche Nachholbedarf wird eine Nachfrage an Baustoffen erzeugen, die nicht erfüllbar sein wird. Warum? Weil viele der traditionellen Baustoffe in der erforderlichen Menge nicht zur Verfügung stehen. Ihre Produktion und ihr Transport würden Energie benötigen, die wir nicht bereitstellen können. Außerdem würden die dadurch entstehenden Emissionen das Erdklima in einen Temperatur­ bereich treiben, in dem nur noch wenige Menschen, wenn überhaupt, (über-)leben könnten. Ein sehr bewusstes Bauen, das sparsam mit den uns zur Verfügung stehenden Materialien operiert, muss deshalb die Zukunft prägen. Nur so lassen sich zumindest die schlimmsten gesellschaftlichen Verwerfungen und Konflikte vermeiden.

Ein bewusstes, sparsames Bauen bedeutet, die Baustoffe nicht mehr zu verbrauchen, sondern sie in Zukunft nur noch zu gebrauchen. Die erneute Verwendung oder die ­Verwertung bereits eingesetzter Baustoffe sind damit Grundlage zukünftigen Bauschaffens. Wie dies im Ganzen als auch im Detail geschehen kann, zeigt das vorliegende Buch. Es stellt eine Pionierarbeit dar, die in vorbildlicher und praxisnaher Weise jene Ansprüche an das Bauen erfüllt, die in Zukunft nötig sind. Schon seit langem habe ich entsprechende Forderungen formuliert. Die Publikation ist nun das erste wirklich umfassende Fachbuch über recyclinggerechtes Bauen und das Bauen mit Rezyklaten im Tätigkeitsfeld des Entwerfens und Konstruierens. Es ist für Studierende ebenso wie für bereits in der Praxis tätige Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure gleichermaßen wichtig und wertvoll. Ich hoffe und wünsche mir, dass dieses Buch alsbald zum festen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung aller Bauschaffenden wird. Werner Sobek

Vorwort

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EINLEITUNG

Vom sortenreinen Bauen Dirk E. Hebel, Ludwig Wappner

„Human beings are at the centre of concerns for sustainable development” [1] United Nations Rio de Janeiro 1992

Etablierte Kreislaufsysteme Im März 2020 stellte die Europäische Kom­ mission ihren Aktionsplan für die Einführung einer umfassenden Kreislaufwirtschaft inner­ halb der Europäischen Union bis zum Jahr 2050 vor. Dabei geht es um das ambitio­ nierte Ziel, alle Güter und Produkte so herzu­ stellen und in Umlauf zu bringen, dass sie sich zu 100 % wiederverwenden oder wie­ derverwerten lassen. Das Resultat wäre ein Wirtschaftssystem, das gänzlich ohne das Konzept von Abfall und dessen Deponie­ rung oder Verbrennung auskommt. Natür­ liche Kreisläufe praktizieren dieses System seit Milliarden von Jahren auf unserem Pla­ neten. Da Materie, die sich auf der Erde befindet, diese nicht verlassen kann (mit Ausnahme von einigen Sonden und Satelli­ ten), haben sich funktionierende geschlos­ sene Kreisläufe etabliert, in denen Materie immer wieder umgebaut und neu konfigu­ riert wird, ohne jemals verloren zu gehen. So produzieren Pflanzen mithilfe des Sonnen­ lichts – der Photosynthese – Sauerstoff und Nahrung, die Mensch und Tier aufnehmen. Diese stellen dann im Gegenzug wiederum CO2 sowie Dünger (natürliche Ausscheidun­ gen und biologische Kompostierung) bereit, die die Pflanzen neben nicht organischen Nährstoffen, die sie dem Boden entnehmen, für ihr Wachstum brauchen. Der für diesen Metabolismus (Stoffwechsel) notwendige Raum, in dem die Bereitstellung biologi­ scher Güter stattfindet, wird als Biosphäre bezeichnet. Dies ist der Teil der Erde, in dem alle Organismen leben, inklusive dem

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Menschen. Die Biosphäre steht in Abhän­ gigkeit zur Lithosphäre, der Erdkruste. Bei­ spielsweise kommen durch Vulkanausbrü­ che Materialien in die Biosphäre, die durch Photosynthese neu zusammengesetzt und in andere stoff­liche Kombinationen verwan­ delt werden. Gleichfalls gelangen Stoffe durch Minera­lisierung oder Sedimentierung von der Biosphäre in die Lithosphäre. Diese Vorgänge geschehen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und in Kreisläufen, die immer wieder ineinandergreifen und in gegen­seitiger Wechselwirkung zueinander stehen. Auch der Mensch als Teil einer natürlichen Umwelt ist ein Faktor dieses ­etablierten sowie komplexen Systems, in dem sich die Kreisläufe immer wieder ver­ ändern und verschieben. Wir leben aller­ dings in Zeiten, in denen die Auswirkungen auf die natürlichen Kreisläufe durch den Menschen so gravierend sind, dass sich die Umstände des Lebens auf der Erde in vieler Hinsicht stark wandeln und auch das Über­ leben in heutiger Form infrage stellen könn­ ten. Dieses vom Menschen beeinflusste Zeit­ alter nennt man das Anthropozän. Der Faktor Mensch Hatte man die erdzeitlichen Epochen bisher nach den Gesteinsschichten der Erde einge­ teilt, die auch über die geologischen, biolo­ gischen und atmosphärischen Bedingungen der Erde Auskunft geben, beschreibt das Anthropozän die Auswirkung des Menschen auf eben diese Bedingungen. Es ist somit das erste Erdzeitalter, das nicht rein geologisch

geprägt wird, wie es der deutsche Geologe Manfred Menning formulierte [2]. Im Jahr 2000 wurde der Terminus in dem Artikel „The ‚Anthropocene’“ erstmals in die Diskussion um die Benennung einer neuen geochronolo­ gischen Epoche und als Ablösung des Zeit­ alters des Holozäns aufgeworfen [3]. Der niederländische Chemiker und Atmosphä­ renforscher Paul Crutzen sowie der ameri­ kanische Biologe Eugene Filmore Stoermer beschreiben in dem Artikel die bereits im 19. Jahrhundert einsetzende Diskussion um die immer sichtbarer werdenden Eingriffe des Menschen auf die natürliche Umwelt, gefolgt von einer Auflistung wichtiger, sicht­ barer und messbarer Einflussnahmen. Für den Epochenbeginn schlagen sie die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts vor, da hier durch die einsetzende Industrialisierung erstmals atmosphärische Konzentrationen von Treibhausgasen in Eiskernbohrungen nachweisbar sind. Auch fällt dieses Datum zusammen mit der Erfindung der Dampf­ maschine von James Watt im Jahr 1784. Eine (noch immer nicht erfolgte) offizielle Einführung des chronostratigrafischen Begriffs Anthropozän wurde von der inter­ nationalen Kommission für Stratigraphie im Jahr 2016 erstmals nach Dis­kussion der Ergebnisse einer einberufenen Arbeits­ gruppe „Anthropozän“ im Rahmen des 35. Internationalen Geologischen Kongres­ ses in Kapstadt erörtert. Ergebnis der Tagung war es, dass die menschliche Ein­ flussnahme auf den Planeten so groß ist, dass die Einführung einer neuen Epochen­

bezeichnung gerechtfertigt ist. Am 21. Mai 2019 wurde das Protokoll der Arbeitsgruppe veröffentlicht [4], in der sich die Mehrheit der Mitglieder – anders als von Crutzen und Stoermer angeregt – einen Beginn des Anthropozäns um das Jahr 1950 vorschla­ gen. Dies erfolgte daher, weil man in Sedi­ menten nach einem sogenannten Golden Spike, also einer nachweislichen und über­ prüfbaren geologischen Ablagerung suchte, die die Epoche zeitlich wie auch örtlich charakterisieren kann. Man fand diese in den nuklearen Niederschlägen ab Mitte des 20. Jahrhunderts, die mit den ersten ameri­ kanischen Tests von Atomwaffen im Jahr 1945 in New Mexico begannen. Die radio­ aktiven Ablagerungen dieser menschlichen Aktivität können heute im Crawford-See in Kanada eindeutig nachgewiesen werden. Daher wird er seit 2023 als Punkt auf der Erde ins Auge gefasst, der den Beginn des Anthropozäns auch örtlich verankern kann. Es gibt und gab jedoch auch immer wieder andere Vorschläge zur zeitlichen Verortung, die bis ins 17. Jahrhundert, dem Beginn der interkontinentalen Schifffahrt, reichen. Damit ging ein durch den Menschen er­­ möglichter Artenaustausch inklusive Krank­ heitserregern einher, was seitdem gravieren­ ­de Auswirkungen auf bestehende Ökosys­ teme hat. Hinsichtlich Artenverschleppen und -sterben, Klimawandel, Ressourcen­ verschwendung und -knappheit oder der zunehmenden Umweltverschmutzung, die sich wie­derum in der Ablagerung natürli­ cher und künstlicher Stoffe messen und

Vom sortenreinen Bauen

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nachweisen lässt, steht die Verantwortung des Menschen für die massiven Verände­ rungsprozesse auf der Erde jedoch außer Zweifel – darin ist man sich einig. Man könnte das Anthropozän auch als eine Epoche des menschlichen Eingreifens in etablierte natürliche Kreislaufsysteme begrei­ fen, ohne die daraus abgeleiteten Auswir­ kungen vollends überschauen oder gar ver­ stehen zu können. Ebenfalls lässt sich mut­ maßen, dass dieses Verhalten weder erst im 20., 19., 18. oder gar 17. Jahrhundert begann, sondern von jeher eine menschli­ che Eigenschaft darstellte. Das Leben der Menschen war schon immer von einem gewissen Überfluss an natürlichen Res­ sourcen geprägt und ein nachhaltiges, also in die Zukunft gerichtetes Denken daher schlichtweg nicht nötig. Insofern ließe die Datierung auf die Mitte des 20. Jahr­hunderts vielleicht auch die Erkenntnis zu, dass auf­ grund einer immer schneller wachsenden Erdbevölkerung und einer rapide abneh­ menden Ressourcenversorgung ein radika­ les Umdenken stattfinden muss, das den Erhalt unserer natürlichen Kreisläufe als oberste Priorität versteht. Der entdeckte Golden Spike des Anthropo­ zäns, also die eindeutige Markierung der menschlichen Existenz in der Erdgeschichte durch radioaktive Ablagerung, geht einher mit einem anderen Ereignis der gleichen Zeit: Das Apollo-Programm der amerikani­ schen Nationalen Aeronautik- und Raum­ fahrtbehörde NASA hatte eine bemannte Mondlandung zum Ziel, die 1969 auch erst­ mals erfolgreich war. Im Jahr 1972 gelang der Besatzung der Mission Apollo 17 eine Aufnahme der Erde aus ca. 29 000 km Ent­ fernung, die den Planeten als sehr verletzli­ chen und in einem schwarzen All treiben­den Körper darstellt (Abb. 1). Die Aufnahme, die den offiziellen Titel AS17-148-22727 trägt, wurde am 7. Dezember 1972 von ­Harrison Schmitt aufgenommen. Das unter dem Namen „Blue Marble“ bekannte Foto erlangte Aufmerksamkeit durch die Verein­ nahmung von einer aufkeimenden Umwelt­ bewegung in den 1970er-Jahren, die der Menschheit schonungslos sowohl die Ein­ zig­artigkeit als auch die Isoliertheit des Sys­ tems Erde präsentierte. Der Planet wurde

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schlagartig als ein in sich geschlos­senes System in Bezug auf Materie verstanden und ein offenes System in Bezug auf Ener­ gie im Austausch mit der Sonne und dem umgebenden All. Und es wurde begriffen, wie unglaublich dünn und damit schützens­ wert die Biosphäre, die von Fauna, Flora und dem Menschen bewohnte Schicht inklu­ sive der Atmosphäre, eigent­lich ist. Der stetige Umbau der vorhandenen und endli­ chen Materie in geschlossenen Kreisläufen des Planeten steht hierbei im Gegensatz zur Umwandlung von stetig neu auftreffender Energie eines offenen Systems, die zum Antrieb zirkulärer Systeme benötigt wird. Dabei betrachtet man die Sonne, die nach derzeitigen Berechnungen noch etwa 5 Mil­ liarden Jahre Energie in Form von Strahlung auf die Erde bringen wird, aufgrund dieses großen Zeithorizonts als regenerative, also unerschöpflich erneuerbare Quelle. Und da der stetige Umbau von Materie ebenfalls sehr lange Zeiträume beanspruchen kann, müsste man eigentlich auch hier die Frage stellen, ob es richtig ist, überhaupt von Res­ sourcenknappheit oder gar einer Ressour­ cenkrise zu sprechen, da diese ja in einem geschlossenen System nicht verloren gehen kann. Der Mensch hat jedoch in den letzten Jahrhunderten in erdgeschichtlich gesehen kurzer Zeit so tief und in so großer Dimen­ sion in den Kreis­lauf von Materie einge­ griffen, dass uns eine natürliche Regenera­ tion zeitlich nicht mehr greifbar erscheint. So schwinden beispielsweise die Vorkom­ men von Sand rapide – vor allem getrieben

1  Blue Marble, 1972 ­foto­grafiert aus dem Raumschiff Apollo 17

Bei Wüstensand gibt es große geologische Unterschiede und Vari­ anten weltweit. Sand aus der Wüste ist gene­ rell für den Bausektor eher ungeeignet: Die Korngrößen sind mit 0,1—1 mm sehr gleich­ mäßig klein und aus­ schließlich rund. Dies ist verursacht durch permanente Wind­ bewegungen, was in einer nur geringen Packungsdichte resul­ tiert — d. h. viele Hohl­ räume beim Einsatz als Zuschlagstoff in Beton. Eine ungeeignete Grundvoraussetzung, da höhere Zementbei­ mischungen und damit höhere Kosten die Folge wären, um die Hohl­ räume zu füllen. Zudem ergeben sich dadurch schlechtere mechani­ sche Eigenschaften des Betons: Das Schwindund Kriech­verhalten verschlechtert sich im Vergleich zum Einsatz von wassergebunde­ nem Sand.

durch eine immense Nachfrage der Bau­ industrie. Das führt im technologisch aus­ gereizten System des Abbaus dieser Res­ source zu großen Ein­griffen in bestehende Ökosysteme und Le­bensräume für Flora und Fauna und somit letztendlich des Menschen. Denken wir an den Planeten als ein regen­ eratives System im Verlauf von Millionen von Jahren, wird sich definitiv durch Verwitter­ ung von Gestein wieder Sand bilden und durch Bäche und Flüsse in Meere gespült. Verstehen wir Nachhaltigkeit allerdings als Fähigkeit, die Bedürf­nisse unserer eigenen Generation nur in einem solchen Maße zu befriedigen, dass auch zukünftige Genera­ tionen die gleiche Chance dazu erhalten (Definition der Nachhaltigkeit nach Brundt­ land) [5], dann be­­deutet das, dass wir in einem Zeithorizont von 30 Jahren denken und handeln müssen. Und hier wird der ungebremste Abbau von Sand durchaus zu einem belastenden Faktor. Das lineare System Sand ist weltweit nach wie vor der am meis­ ten gebrauchte feste Rohstoff, lediglich Süß­ wasser hat noch einen höheren Verbrauch. Er findet sich als Betonzuschlagstoff in Bau­ elementen, in Glas, in Elektrokomponenten von Computern und Telefonen, in Putzmit­ teln, und sogar in Zahnpasta. Doch Sand ist nicht gleich Sand. Die Bau­industrie verlangt nach Korngrößen und Formen, wie sie nur in wassergelöstem Sand in Flüssen, Seen und Meeren vorkommen. Gebirge und Stein­ formationen verwittern seit Jahrmillionen zu Kies, Sand und Staub, Niederschläge tra­ gen sie dann über Wasserläufe in die Meere. Kleinere Partikel bleiben dabei in der Schwebe, während Körner mit einer Größe Linearer Metabolismus

von 0,06 bis 4 mm (gemeinhin als Sand bezeichnet) sich vornehmlich in Küsten­ gebieten ablagern. Dieses Verwitterungs­ produkt ist vielfältig, was Form und Größe betrifft. Die Sandteilchen in unterschied­ licher Größe verdichten sich sehr gut, besit­ zen eine große Kornverteilungskurve und weisen dadurch nur kleine Hohlräume zwi­ schen den Körnern auf. Genau diese Eigen­ schaft macht durch Wasser transportier­ ten Sand im Zusammenspiel mit Kiesen in unterschiedlicher Größe so wert­voll für die Bauindustrie, da weniger Zement gebraucht wird, um diese Hohlräume zu füllen. Ist er jedoch einmal als Aggregat in Beton als sogenannter Kompositwerkstoff gebunden, lässt er sich aktuell technologisch nicht mehr in seine Ursprungsform und gleiche Qualität zurückversetzen. Als Option bleibt ein sogenanntes Downcycling, das mecha­ nische Zerkleinern von Beton in unterschied­ lich große Stücke, die anschließend wieder als Unterbau von Straßen oder anderen Bauwerken und in geringen Mengen als neue Betonmischungen zum Einsatz kom­ men können. Grundsätzlich muss man hier jedoch von einem linearen System oder Meta­bo­lis­mus sprechen (Abb. 2), in dem ein Roh­stoff verbraucht wird, ohne die Mög­ lichkeit einer kreislaufbasierten Wiederein­ bringung oder eines stofflichen Umbaus. Laut John Milliman baut die Menschheit aber nach wie vor doppelt so viel Sand ab, wie durch alle Flüsse der Erde überhaupt transportiert werden [6]. Nach Angaben des Schweizer Rundfunks sind dies 15 Milliar­ den Tonnen pro Jahr [7], mit einem Han­ delsvolumen von 70 Milliarden US-Dollar, das United Nations Environment Program (UNEP) spricht sogar von 30 Milliarden Ton­

organische Abfälle (Mülldeponie, Verklappung im Meer)

Nahrungsmittel

2  linearer Metabolismus im Bauwesen nach Richard Rogers: Cities for a Small Planet, 1996

fossile Brennstoffe

Güter

Einspeisung

gebaute Umwelt

Ausstoß

Emissionen (CO2, NO, SO2) anorganische Abfälle (Mülldeponie)

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nen [8], die tatsächliche Zahl liegt eventuell noch höher. 50 % der Sande, die ursprüng­ lich die Meere erreichten, werden heute schon auf dem Weg dorthin in Flussläufen teils illegal abgegriffen. Dieser gigantische Abbau des Materials kann nicht ohne gra­ vierende Folgen für die Umwelt bleiben. Weltweit breiten sich immer drastischere Formen der Sandgewinnung aus. Strände an der Nordküste Afrikas werden unter dubio­sen Umständen abgetragen, Flüsse unkontrolliert ausgebaggert und der Meeres­ boden abgesaugt, was zum Nachrutschen von Landmassen und zum Verschwinden ganzer Inseln führt. Die Auswirkungen sind weit über das eigentliche Extrak­tionsgebiet spürbar und hinterlassen weit­reichende Schäden. Flüsse in Indien, Thailand und Kambodscha, die zu stark ausgebaggert werden, sinken in ihrem Wasserspiegel stark ab, was wiederum zum Leidwesen der lokalen Bevölkerung traditionelle Sied­ lungen und Lebensweisen vernichtet. Das Absaugen des Meeresbodens zerstört nicht nur die fragile Grundlage ganzer Ökosys­ teme, die aufgewühlten Sedimente werden von den Strömungen auch in weit entlegene Gebiete getragen. Ozeane sind träge Sys­ teme, deren Verhaltensweisen sich kaum simulieren lassen. Die Folgen des Sand­ abbaus werden also nachfolgende Gene­ rationen betreffen mit unübersehbaren Kon­ sequenzen. Die Verknappung des Rohstoffs – der Mitt­ lere Osten und auch Europa beginnen schon, große Mengen an Sand aus Australien zu importieren – führt dazu, dass Sand vermehrt illegal abgebaut und gehandelt wird. In der entsprechenden Berichterstattung darüber fallen Begriffe wie „Sand-Kriege“ [9] oder „Sand-Mafia“. In Singapur beispielsweise ist die Thematik sehr deutlich sichtbar. Sand wird hier sowohl für den Hoch- und Tiefbau als auch für große Landgewinnungsprojekte gebraucht. So hat sich der Inselstaat in knapp 100 Jahren flächenmäßig um etwa 25 % vergrößert [10]. Die Exportbilanz von Sand der Anrainerstaaten nach Singapur und die Importbilanz Sin­gapurs aus diesen Ländern weisen jedoch große Diskrepan­ zen auf: Während Singapur von einem Import von 517 Millionen Tonnen in den letzten

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20 Jahren spricht, geben die Nachbarländer einen Export von 637 Millionen Tonnen im gleichen Zeitraum nach Singapur an [11]. Über die Herkunft des Materials machte man sich in Singapur wenig Gedanken, bis das Verschwinden von indonesischen Inseln für politische Spannungen und einen zumindest offiziell ausgesprochenen Export­ stopp des Nachbarlands sorgte [12]. Die­ sem Beispiel folgten auch Malaysia, Thai­ land und Vietnam. Seitdem liefert vornehm­ lich Kambodscha wohl illegal geschürften Sand aus seinen Flüssen [13]. Und auch Dubai importiert für Landgewinnungspro­ jekte seinen Sand neben Australien ver­ mehrt aus südostasia­tischen Gebieten mit geringen ethischen sowie gesetzlichen Vor­ gaben und fördert dadurch die Attraktivität eines in die Illega­lität abrutschenden Markts. Wenn wir also über einen zukünftigen Städte­ bau sprechen und uns die rasanten Urbani­ sierungsraten in Asien, Afrika und Südame­ rika vor Augen führen, stellt sich die Frage, ob unsere gängigen Baumethoden und Materialien noch tragbar sind. In all diesen Gebieten stehen gigantische Bauaufgaben in Form von Millionenstädten noch bevor. Schon heute werden fast 90 % des Zements (und damit auch die doppelte Menge an Sand als Betonzuschlagstoff) und 70 % des Stahls weltweit in Entwicklungs- und Schwel­ lengebieten verbaut. Doch wenn ein für die Menschheit nicht erneuerbarer Rohstoff fehlt, welche Alternativen bleiben? Und wie lassen sich in Zukunft Gebäude so planen und entwerfen, dass keine Materialien ver­ braucht, sondern diese nur für eine gewisse Zeit in Bauwerken eingelagert und nach Nut­ zung in gleicher Art und Weise wieder ein­ gesetzt werden können? Take, Make, Throw Annie Leonard bezeichnet in ihrem Buch „The Story of Stuff“ das erwähnte lineare System (siehe S. 15f.) als eine „Take-MakeThrow“-(Nehmen-Machen-Wegwerfen)Mentalität, in der sich Konsumierende und Pro­duzierende keinerlei Gedanken darüber machen, wo die eingesetzten Ressourcen der Produkte überhaupt herkommen bzw. bleiben, nachdem die Produkte „verbraucht“ und schlussendlich „entsorgt“ wurden [14].

Entnahme

Produktion

Vertrieb

Verbrauch

Entsorgung

3 3  lineares System: Pro­ dukte landen heute größtenteils nach Ihrer Nutzungsphase auf der Deponie oder in der Verbrennungsanlage

Sie beschreibt, dass 99 % aller Konsum­ produkte unter einem halben Jahr in Gebrauch sind, bevor sie in der Mülltonne landen (Abb. 3). Um diese unnachhaltige Produktwelt komplett zu verstehen, unter­ sucht das Buch in fünf Kapiteln die Ent­ nahme von Rohstoffen, die Produktion von Gütern, ihre Verteilung, den Konsum und das Entsorgen und betrachtet hierbei die Folgen für die Umwelt und die unmittelba­ ren Konsequenzen für Gesundheit, Kultur und Gesellschaft. Dies erklärt die Autorin an Beispielen täglicher Konsumgüter und deren Ressourcenverbrauch über das tat­ sächlich sichtbare Objekt hinaus. Zudem beschreibt sie Auswüchse des menschli­ chen Handelns, etwa die geplante Obsoles­ zenz, also den Vorgang, der erst gar nicht auf ein nachhaltiges Handeln abzielt, son­ dern eine beabsichtigte, vorzeitig herbeige­ führte Verringerung der Produktlebensdauer anstrebt und somit den immer wiederkeh­ renden ökonomischen Nutzen des linearen Wegwerfsystems in immer kürzeren Interval­ len über alle anderen Ziele stellt. Bezahlt wird dieses Handeln mit dem Aus­ beuten der natürlichen Ressourcen und der ungebremsten Anreicherung von Schad­ stoffen in der natürlichen Umwelt (siehe „Schadstoffe im Kreislauf“, S. 80ff.). Immer mehr treffen diese Umweltbelastungen eine ohnehin sozial und finanziell schlechter gestellte gesellschaftliche Schicht, die es sich nicht leisten kann, ökologisch bewusst und damit frei von gesundheitlichen Gefah­ ren zu leben. Ökologie und soziale Gerech­ tigkeit sind sehr eng miteinander verknüpft, eine Debatte, die in den USA unter dem Titel der Environmental-Justice-Bewegung

bereits seit den 1980er-Jahren vehement diskutiert wird. Auch deshalb stellt sich die Frage, wie es dem Menschen gelingen kann, das Konzept von Abfall oder Aus­ schleusen von Materialien hinter sich zu las­ sen und Produkte und Güter so zu entwerfen und zu produzieren, dass sie dem Gedan­ ken eines vollständig geschlossenen kreis­ laufgerechten Systems entsprechen. Nichts, was der Mensch aus gegebenen und etab­ lierten natürlichen Kreisläufen entnimmt, darf nach Gebrauch als wertlos angesehen wer­ den. Wenn wir dies als Postulat akzeptieren und in sinnvollen und verwertbaren Kreisläu­ fen denken, könnte es zu einem gänzlich neuen Bewusstsein von Planung, Entwurf, Nutzung sowie Wieder- und Weiterverwen­ dung oder Weiterverwertung kommen. Ressourcen, Reserven und Reichweiten Das lineare Denken und Handeln wird beson­ders dann deutlich, wenn man den verbleibenden Zeitraum betrachtet, für den primäre Materialquellen in ihrer ursprüng­ lichen Form überhaupt noch zur Verfügung stehen. Als Rohstoffressource versteht man generell die Gesamtheit der nachgewiese­ nen oder geologisch möglichen Vorkommen eines Materials innerhalb der Lithosphäre (metallisch oder mineralisch), der Biosphäre (biologisch), der Hydrosphäre (in Wasser gelöst) oder der Atmosphäre (gasförmig). Die Rohstoffreserven hingegen sind nur die nachgewiesenen Vorkommen, die aus heu­ tiger Sicht technologisch, ökologisch, öko­ nomisch und auch ethisch vertretbar abzu­ bauen sind. Aufgrund dieser Definition und einer prognostizierten Produktion (Abbau oder Gewinnung) lässt sich errechnen, wie

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lange nicht erneuerbare Reserven noch zur Verfügung stehen – hier spricht man von der sogenannten Reichweite. Dabei wird in der Berechnung angenommen, dass der Verbrauch sukzessive aus Vorkommen erfolgt, zu denen die bisher bekannten Daten vorliegen, ohne dass neue Reserven hinzukommen oder sich die Verbräuche ändern. Dies nennt man die statische Reich­ weite, also das Verhältnis von Reserve zur existierenden jährlichen Produktion (För­ dermenge). Sie wird in Jahren bemessen. Ebenfalls nicht miteinberechnet wird das Recycling von Materialien, das Schöpfen von Materialien aus einem bereits existie­ renden Einsatz. Dies ist ein wichtiger Punkt: Bei der Reichweite von fossilen Energie­ trägern beispielsweise geht man bei deren Verbrennung und dem damit einherge­ henden chemischen Umbau von einem komplett nicht regenerativen Prozess aus. Anders sieht das bei Metallen oder Mine­ ralien aus: Nicht energetische Rohstoffe lassen sich theoretisch – bei intelligenter Pla­ nung und Verwendung – zu 100 % zurück­ gewinnen. Hier greift der Gedanke der Kreis­ laufwirtschaft: Rohstoffe sollten so verwen­ det werden, dass ihr weiterer Einsatz in einer Verbrauchskette über viele Lebens­ zyklen möglich bleibt. Ebenso muss der Kreislauf selbst aus regenerativen Energie­ quellen angetrieben werden, um den che­ mischen Umbau energetisch fossiler Roh­ stoffe zu klimaschädlichen Gasen (Emissio­ nen) zu vermeiden. Im Jahr 2005 veröffentlichte das Deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Tech­ nologie (BMWi) eine Abschätzung zur stati­ schen Reichweite von ausgewählten Mate­ rialien weltweit (Abb. 4). Die Zahlen zeigen, dass die globalen Reserven bei gleichblei­ bendem Verbrauch der Primärstoffe in den bekannten Lagerstätten teilweise bei gewis­ sen Metallen nur noch zwei, drei oder vier Jahrzehnte zur Verfügung stehen würden. Materialreichweite am Beispiel Kupfer Auch bei Kupfer – einem für das Bauwesen wichtigem Metall, das in großen Mengen für Verrohrungen, Kabel und Bleche zum Ein­ satz kommt – sind die Zahlen alarmierend. Denn es wurden nur noch eine Reserve von

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470 Millionen Tonnen und eine daraus be­­ rechnete statische Reichweite von 32 Jahren prognostiziert. 2021, also 16 Jahre nach den deutschen Veröffentlichungen, publizierte die „United States Geological Survey“ in ihren Mineral Commodity Summaries aktua­ lisierte Zahlen [15]. Hier wird die weltweite Reserve von Kupfer mit 870 Millionen Tonnen bei einer Jahresproduktion von 25 Millionen Tonnen raffiniertem Kupfer im Jahr 2020 angegeben, was zu einer statischen Reich­ weite von 34,8 Jahren führen würde. Die Reichweite hat sich in den Jahren zwischen beiden Erhebungen also etwas verlängert. Die Betrachtung einer statischen Reichweite ist demnach nicht ausreichend, wirkliche Prognosen abgeben zu können. Um den Faktor eines sich ständig verändernden Markts, d. h. sowohl die Produktion als auch den Verbrauch von Rohstoffen besser abzu­ bilden, gibt es daher die Methode der dyna­ mischen Reichweite. Hier wird versucht, prognostizierende Veränderungen wie der technische Fortschritt bei der Gewinnung, Effizienzsteigerungen der Produktion selbst, das Finden neuer Reserven, Substitutionen von gewissen Rohstoffen in Gütern, politi­ sche Veränderungen oder andere unkal­ku­ lierbare Schwankungen in die Berechnung miteinfließen zu lassen. Dennoch sind die Reichweiten nicht nur von Kupfer ein ein­ deutiges Zeichen dafür, dass wir andere Methoden und Quellen finden und nutzen müssen, um unseren Bedarf an Rohstoffen zu decken. Die geförderten Erdmengen werden immer größer [16], um bestimmte Metalle oder Mineralien zu schürfen, d. h. der Gewinnungsprozess wird immer unpro­ duktiver – in den äußeren 10 km der Erd­ kruste sind etwa 33 g Kupfer pro 1 Tonne Gestein gebunden. Dies geht einher mit dem Einsatz von zahlreichen Chemikalien und riesigen Mengen an Wasser sowie gro­ ßen Eingriffen an der Erdkruste, was wiede­ rum zu Landdegradierung, Bodenerosion, Verlust an Flora und damit dem Lebens­ raum der Fauna führt – mit bekannten Fol­ gen für eine für uns lebensnotwendige Bio­ diversität. Zudem ist der Energieaufwand, um 1 Tonne Kupfer aus Primärquellen her­ zustellen, etwa fünfmal so hoch als bereits bestehendes Kupfer zu recyclen [17]. Mil­

4  Die berechneten linea­ ren Reserven von aus­ gewählten Baumateria­ lien (Metalle), erhoben durch das Bundesmi­ nisterium für Wirtschaft im Jahr 2004, veröf­ fentlicht 2005.

Förderung [in Mio. t]

Reserven [in Mio. t]

Ressourcen [in Mio. t]

Reserven [in Jahren]

Ressourcen [in Jahren]

Bauxit

159

25 000

> 55 000

157

> 346

Blei

3,15

67

> 1500

21

> 476

Eisenerz

1340

160 000

> 800 000

119

> 597

Kupfer

14,6

470

> 2300

32

> 158

Nickel

1,4

62

140

44

100

Zink

9,4

220

1900

23

202

Zinn

0,26

6,1

> 11

23

> 42

Quelle: USGS (2006), BGR (2005) 4

lionen Tonnen von CO2 ließen sich einspa­ ren. Der Umbau unserer Gesellschaft zu einer ökologischen Verantwortungsgemein­ schaft verlangt gerade verstärkt nach tech­ nologischen Lösungen, die einen vermehr­ ten Einsatz von Kupfer in Stromtrassen, Elektro­motoren und Spulen, Wärmepumpen und damit zusammenhängenden Verkabe­ lungen und anderen elek­tronischen Anwen­ dungsfeldern nach sich ziehen. Um dies zu gewährleisten, muss es Architektinnen und Architekten gelingen, so essenziell wichtige Materialien intelligenter einzusetzen und deren Wiedereinsatz sorgfältig zu planen und sicherzustellen. Rund 55 % des Kupfers weltweit wird in Gebäuden eingesetzt [18], das Bauwesen trägt hier eine Verantwor­ tung, dieses Material so einzubauen, dass es zukünftige Generationen auch für andere Zwecke verwenden und verwerten können. Wieder und Weiter Materialien in einem stetigen Kreislauf ohne Qualitätsverlust zu halten, ist die Grundvor­ aussetzung für ein verändertes Handeln, Planen und damit auch Bauen. Oft wird hierbei der Begriff des Recyclings bemüht, wobei dieser eher ein Sammelbegriff für verschiedene Strategien darstellt. Die deut­ sche Sprache bietet hier klarere Definitionen. So bezeichnet man das erneute Einsetzen von Materialien, bei denen die Gestalt (Phy­ siognomie), die Funktion (Nutzungs­kate­go­ rie) und die stoffliche Komposition (Zusam­ mensetzung) unverändert erhalten bleibt, als Wiederverwendung. Beispiel wäre ein ausgebautes Türblatt, das in einem anderen Bauwerk wieder als Türblatt zum Einsatz kommt. Bleiben Gestalt und stoffliche Kom­

position bestehen, aber die Funktion ändert sich, spricht man von Weiterverwendung. Beispiel hierfür wäre wiederum das Türblatt, das nun aber als Unterkonstruktion in einen Wandaufbau integriert wird. Ändert man allerdings die Gestalt durch einen mechani­ schen Prozess (z. B. ein Zerkleinern und / oder Einschmelzen) sowie die Funktion und behält die stoffliche Komposition bei, wird dies als Weiterverwertung bezeichnet – ein Kunststoffjoghurtbecher wird etwa zu einem Plattenwerkstoff für eine Küchenfront (siehe „RoofKIT“, S. 60ff.). Ändert sich die Gestalt unter Beibehaltung der stofflichen Komposi­ tion und der Funktion, spricht man von einer Wiederverwertung – ein Joghurtbecher tritt einen weiteren Zyklus als Aufbewahrungs­ behälter für Lebensmittel an. Wieder- und Weiterverwendung am Beispiel Kupfer Kupfer ist eines der Materialien, die sich sehr gut wieder- und weiterverwerten lassen. Es gibt qualitativ keinen Unterschied zwi­ schen dem Primär- und Sekundärrohstoff, und auch bei einem mehrmaligen Verwerten ergeben sich keine qualita­tiven Verluste. So geht man heute davon aus, dass zwei Drit­ tel des seit 1990 weltweit geförderten Kup­ fers noch immer in Umlauf sind [19]. Ver­ gleicht man die Kupferproduktion in Europa mit den rückgewonnenen Mengen, so ergibt sich dabei eine Quote von 50 % [20]. Aller­ dings ist dieser Wert wenig aussagekräftig, wenn man ihn nicht in Relation zur Verweil­ dauer von Kupfer in den jeweiligen Anwen­ dungen setzt. In einem Wohnhaus befindet sich Kupfer zwischen 60 – 80 Jahren, in einem Elektromotor 10 – 15 Jahre. Bei der

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Methode des „echten Recyclings“ (kein Downcycling) bezieht man die angenom­ mene durchschnittliche Verweildauer von 35 Jahren in Gütern auf die damalige Pro­ duktionsrate und erhält somit einen Wert von ca. 80 % an Rückgewinnung [21]. Auch wenn dieser Wert eindrücklich ist, zeigt er die Notwendigkeit, Materialien so einzu­ setzen, dass sie sich noch besser zurück­ bauen und einfacher gewinnen lassen. Unsere heutige gebaute Umwelt ist dafür allerdings noch nicht vorbereitet. Die urbane Mine Das bestehende anthropogene (menschen­ gemachte) Materiallager wird oft als die urbane Mine beschrieben (Abb. 5 und 6). In Deutschland allein sind in diesem Lager rund 28 Milliarden Tonnen an Material gebunden. Jährlich setzt die Bauindustrie zudem 534 Millionen Tonnen mineralische Baurohstoffe um [22]. Die Idee des Urban Mining besteht darin, bestehende Bauten und Infrastrukturen zu nutzen, um daraus – unter hohem Energie- und Arbeitsaufwand – wiederum Baustoffe für weitere Aufgaben herzustellen und damit den Einsatz von Pri­ märmaterialien soweit es geht zu minimie­ ren. Der bergmännische Begriff der Mine ist hier sehr treffend gewählt, da es wie im Bergbau gefährlich, intensiv und enorm ­aufwendig ist, Materialien und Bauteile aus Bauwerken wieder zu entnehmen, die eigentlich für genau das Gegenteil – eine langlebige Nutzung – hergestellt und ver­ baut wurden. Im ersten Moment erscheint dieses Vorgehen also eine gute Lösung des Ressourcenproblems zu sein: Wir benutzen einfach das, was schon existiert und nicht mehr gebraucht wird, und setzen unser ­lineares Denken und Handeln fort. Auf dem Weg zu einer vollständig kreislaufgerech­ ten, zirkulären Bauwirtschaft kann das auf­ wendige und wenig effektive Urban Mining aber lediglich ein Zwischenschritt sein, da wir damit zwar das bestehende lineare System etwas besser machen, aber nicht grundlegend ändern. Sehr viele Materialien, die hinsichtlich ihrer Werkstoffeigenschaften eigentlich als sortenrein gelten, lassen sich aufgrund von Verunreinigungen und kreis­ laufungerechter Fügetechniken in Bestands­

bauten nicht auf gleicher Qualitätsstufe wie­ dergewinnen. Sie werden daher in qualitativ minderwertiger Qualität weitergenutzt. Qualitätsverlust bei der Wiederverwertung Ein gutes Beispiel für den Qualitätsverlust bei einer Wiederverwertung ist das Material Glas, das sich technisch vollständig wie­ derverwerten lässt. Im Fall von Brauchglas erzielt die deutsche Industrie durch strikt nach Farben getrennte Sammelwege und optimierte sortenreine Produkte eine Wie­ derverwertungsquote von bis zu 90 % [23]. Der durchschnittliche Wiederverwertungs­ anteil von im Bauwesen verwendeten Flach­ gläsern besteht fast vollständig aus Produk­ tionsabfällen und liegt aktuell bei 20 % [24]. Glas aus dem Abriss oder Rückbau von Gebäuden erreicht aufgrund von Verunrei­ nigungen durch die Konstruktion und wäh­ rend des Sammelprozesses bisher nicht die zulässigen Grenzwerte für eine Wieder­ einführung in die Flachglasproduktion [25]. Konsequenterweise bleibt nur eine minder­ wertige Weiterverwertung als Schaumglas oder Schüttgut und am Ende der Kette die Deponierung [26]. Gleiches gilt für die soge­nannte Kaskadennutzung von Holz. Anfangs als hochwertiges Produkt verarbei­ tet, rutscht der Werkstoff in seinem zweiten, dritten oder vierten Lebenszyklus schnell die Qualitätsleiter nach unten und endet als Chip, Span oder Mehl in Holzwerkstoffplat­ ten oder als Beimischung in anderen Kom­ positwerkstoffen, an deren Ende auch hier

5  Die existierende urbane Mine wurde nicht für die Kreislaufwirtschaft entworfen. 5

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in 1000 000 t

55 328 226 883

mineralische Materialien

Metalle

Kunststoffe

Holz

1

16 20 15

118 4 11 116

Sonstiges

149 18 13 791 12 259 153 2

6  anthropogenes Mate­ rial­­lager nach Güte­grup­ pen und Materialien in Deutschland, Stand 2010 (IKT = Informa­ tions- und Kommunika­ tionstechnologien)

Hochbau Wohngebäude, Nichtwohngebäude

Tiefbau Infrastruktur für Verkehr, Trink- und Abwasser, Energie, lKT

Konsum- und Kapitalgüter Haushaltsgroßgeräte, Küchenkleingeräte, Heimelektronik, IKT-Geräte, Fahrzeuge, Schmuck, Investitionsgüter (undifferenziert)

6

meist die Verbrennung oder die Deponie­ rung steht. Dies hat auch mit der Gesetz­ gebung zu tun, die es teilweise nicht ermög­ licht, ausgebaute Materialien oder Bauteile als Wertstoff zu deklarieren. Fällt das Mate­ rial in einem Abbruchverfahren an und wurde es vorher nicht in einem separaten Verfah­ ren ausgebaut, wird es als Abfall deklariert und endet unvermeidlich in der beschriebe­ nen Kaskadennutzung mit schnellem Quali­ tätsverlust. Downcycling und Upcycling Besonders kreislaufunfähig sind Mischbau­ stoffe, die aus einem biologischen und einem mineralischen oder synthetischen Anteil bestehen. Dies verhindert die biologi­ sche Kompostierung (Kohlenstoffkreislauf). Die Verbrennung lässt zudem ein Zerfalls­ produkt zurück, das gesondert deponiert werden muss, da es durch seine chemische Zusammensetzung sogar für eine Düngung natür­licher Systeme nicht mehr geeignet und auszusondern ist. Diesen Prozess nennt man Downcycling, da beispielsweise das Holz nicht mehr die ursprüngliche Qualität oder Verarbeitbarkeit erreicht. Dem gegen­

Haustechnik Haushaltsgroßgeräte, Küchenkleingeräte, Heimelektronik, IKT-Geräte, Fahrzeuge, Bekleidung, Schmuck, Investitionsgüter (undifferenziert)

über steht die Idee des Upcycling. Dabei werden schon einmal verwendete Mate­ rialien genutzt, um daraus hochwertige ­Produkte zu erstellen. Hier ebenfalls am Beispiel Holz werden aus woanders aus­ gebauten Balken oder Brettern exklusive Möbelstücke oder Fassadenelemente reali­ siert, die eine Geschichte ihres vorherigen Einsatzes erzählen und somit eine eigen­ ständige Identität haben. Doch hierfür ist es – neben dem beschriebenen viel zu auf­ wendigen separaten Ausbauverfahren – auch notwendig, die einzelnen Materialien oder Bauteile in ihrer ursprünglichen Form zu belassen und ein Upcycling oder ein Weiterverwenden oder -verwerten nicht durch das Auftragen von Beschichtungen, Verklebungen oder unlösbare oder mate­ rialzerstörende Verbindungen schon in der Planungs- oder Einbauphase zu ver­ hindern. Sortenreinheit Materialien in ihrem ursprünglichen Zustand zu belassen und beim Einbau darauf zu achten, dass keinerlei Verunreinigungen, Vermischungen, Zerstörungen oder Unlös­

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Zirkulärer

Metabolismus

organische Abfälle

Wiederverwertung

Nahrungsmittel erneuerbare Energien

Einspeisung

gebaute Umwelt

Ausstoß

reduzierte Verschmutzungen und Abfälle

Güter Wiederverwendung

anorganische Abfälle

7

barkeiten entstehen, nennt man Sortenrein­ heit. Diese kann auf Material- und Konstruk­ tionsebene gegeben sein. Sortenreine Mate­ rialien liegen in ihrer ursprünglichen Grund­ konfiguration vor. Sie sind weder vermischt, legiert, beschichtet noch anderweitig mit einem weiteren Material mit anderen Werk­ stoffeigenschaften verbunden. Im Gebäude­ sektor ist das Etablieren sortenreiner Kon­ struktionsmethoden und Fügetechniken die unumstößliche Voraussetzung für eine kreis­ laufbasierte Mate­rialrückge­win­nung bei gleich­bleibendem Qualitätsanspruch. Viele Materialfraktionen, die für sich genommen in ihren Werkstoff­eigenschaften als sortenrein gelten, lassen sich aber durch nicht kreis­ laufgerechte Verbindungstechniken im Sinne einer vollständigen Kreislaufwirtschaft nicht wiedergewinnen [27]. Verklebungen, Ver­ schäumungen, Nassdichtungen, syntheti­ sche Vermörtelungen, Imprägnierungen oder Verfugungen können einen sortenreinen, zer­ störungsfreien Rückbau verhindern, Verun­ reinigungen der Materialien hervorrufen und zur Deponierung oder Verbrennung führen. Zurzeit schaffen es daher nur sehr geringe Mengen von Sekundärrohstoffen aus Bau­ werken in eine wirkliche und qualitativ gleich­ bleibende Wieder- oder Weiterverwendung und -verwertung. Die meisten landen als sogenannte Downcyclingprodukte in Stra­ ßen-, Deponie- oder Bergbau [28]. Ange­ gebene Recyclingraten wie beispielsweise veröffentlichte Daten des Bundesumwelt­ amts zur Verwertung von Bau- und Abbruch­ abfällen sind daher kritisch zu betrachten,

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da sie keine geschlossenen Kreisläufe abbilden, sondern neben dem vorherrschen­ den Down­cycling auch Reststoffe zur ener­ getischen Verwertung oder Nebenpro­ dukte aus anderen Abfallströmen enthal­ ten [29]. Nichtsdestotrotz entwickelt sich ein immer breiter werdendes System von digitalen Plattformen, die gebrauchte Bauteile oder Materialien mit hohem Potenzial für eine ein­ fache und den geltenden Normierungen entsprechende Wieder- oder Weiterverwen­ dung anbieten. Herausforderungen bleiben die Verfügbarkeit, Gewährleistungen, Zerti­ fizierungen und auch oft komplexe Anwen­ dungsnormen, die der heutige Markt ver­ langt. Die Hauptaufgabe besteht vor allem darin, neue Konstruktionsmethoden und Technologien zu entwickeln, um wesentlich größere Mengen eingesetzter Primär- wie auch Sekundärmaterialien in qualitativ gleichbleibende, ökologisch nicht schädli­ che, technisch sortenreine und ökonomisch attraktive – weil endlos recycelbare – Bau­ materialien zu überführen. Wir müssen demnach anfangen, ein neuartiges Material­ lager zu schaffen, das jederzeit einfach zu bespielen ist und durch Materialpässe und digitale Zwillinge unserer Gebäude digital verwaltet werden kann (siehe „Digitalisie­ rung in der Kreislaufwirtschaft“, S. 92ff.). Diese nach vorne gerichtete Denkweise kann unsere Gebäude in vielschichtige Rohstoffminen der Zukunft überführen – eine gewaltige Herausforderung mit immen­ sem Innovationspotenzial.

7  zirkulärer Metabolismus im Bauwesen nach Richard Rogers, Cities for a Small ­Planet, 1996

Das zirkuläre System Grundsätzlich lässt sich nachhaltiges ­Handeln mit drei verschiedenen Strate­ gien umschreiben: Effizienz, Suffizienz und Konsistenz. Effizienz Bei Effizienz handelt es sich um die Strate­ gie, ein bekanntes System in dessen gege­ benen Grenzen zu verbessern. Dieses Vor­ gehen ist sehr beliebt, da hier ein gewisser Innovationscharakter unterstellt wird, beste­ hende Systeme immer wirtschaftlicher und damit ertragreicher oder produktiver zu machen. Konsumentinnen und Konsumen­ ten wird hierbei oft versprochen, gegebene Umstände beibehalten zu können, aber dabei weniger zu „verbrauchen“. Diese meist technologischen Fortschritte errei­ chen aber sehr schnell physikalische Gren­ zen, die auf anderer Ebene überwunden werden müssen, was meist auf Kosten der Umwelt geht, wie es beispielsweise beim Diesel-Gate der 2010er-Jahre zu beobach­ ten war. Die Effizienz zielt also auf eine Reduzierung negativer Effekte, seien diese ökonomischer oder ökologischer Art. Suffizienz Die Strategie der Suffizienz propagiert, weni­ ger zu tun, und ist daher eher unbeliebt, da sie mit einem Verzicht einhergehen kann, um eine geänderte Lebensführung und ein Weniger an Ressourcenverbrauch zu errei­ chen. Allerdings wird hier oft verkannt, dass dieses Weniger durchaus auch hohen Inno­ vationscharakter haben kann. Lichtschalter ohne Kabel, tragbare Beleuchtungskörper oder gar flexible Heizelemente, die auf der Idee basieren, nur an den Orten einen Komfort zu erreichen, der auch tatsächlich genutzt wird, fallen in diese Kategorie. Konsistenz Konsistenz bedeutet, unser gesamtes Tun und Handeln in Einklang mit natürlichen Kreislaufprinzipien zu bringen und somit „verträglich“ zu sein. Es ist die Strategie des Andersmachens, einen neuen Weg zu suchen, der es erlaubt, die Auswirkun­ gen unseres Wirtschaftens innerhalb etab­ lierter Kreislaufsysteme zu sehen, ohne

diese zu stören oder negativ zu beeinflus­ sen. Mit ihrem Cradle-to-Cradle-Prinzip beschreiben Michael Braungart und William McDonough [30] diesen Ansatz als Öko­ effek­tivität. Denn bei dieser Denkweise kommt es nicht mehr auf die Menge von Materialien, Produkten oder Gütern an, die man gebraucht, sondern nur, ob diese in einem Kreislaufsystem etabliert sind und bei einer temporären Verwendung nicht zerstört oder kreislauftechnisch un­­ brauchbar gemacht werden. Als Sinnbild dient Braungart und McDonough hierfür der Kirschbaum, der Unmengen von Blüten produziert, die aber zum Großteil nie zu Früchten werden. In einem auf Effizienz oder Suffizienz getrimmten System wäre dies eine ungeheuerliche Verschwendung. In einem konsistenten System sind die her­ abfallenden Blütenblätter jedoch Nährstoffe für den Boden, die den Baum versorgen. Dieser kann so jedes Jahr aufs Neue, ener­ getisch vom offenen System der Sonnen­ energie versorgt, neue Blüten produzieren – nach ihrer Definition eine „intelligente Ver­ schwendung“. Die Konsistenz zielt demnach auf eine Verstärkung positiver Auswirkun­ gen, daher der Begriff der Ökoeffektivität. „Life under a cherry tree“ nannte daher auch das belgische Start-Up RotorDC, das sich der Wiederverwendung von Baumateri­ alien und -produkten verschrieben hat, eine Ausstellung gebrauchter Baumaterialien in Brüssel 2019. Der Gedanke, dass auch das Bauwesen innerhalb dieses konsistenten Modells operieren würde, ist verlockend. Gerade Deutschland als rohstoffarmes Land könnte hiervon enorm profitieren und aktuell notwendige Importe zumindest teil­ weise substituieren. Aber das derzeitige lineare Wirtschafts­modell (siehe S. 15ff.) steht in absolutem Gegensatz zu einem ­zirkulärem Kreislaufdenken (Abb. 7): Wir entnehmen in unfassbar großen Mengen Materie aus der natürlichen Umwelt (Primär­ materialien), stellen daraus unter heutigen Bedingungen durch Verwendung meist fos­ siler Ener­gieträger und damit einhergehen­ den hohen klimaschädlichen Emissionen Produkte und Güter her, verbrauchen diese und deponieren oder verbrennen sie am Ende als sogenannten Müll oder Abfall.

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Zirkuläres Wirtschaften Ein Kreislaufsystem hat entgegen einem linearen Wirtschaftsmodell von Anfang an die Wieder- oder Weiterverwendung oder -verwertung im Sinn (Abb. 8). Das impliziert, Güter und Produkte so zu entwerfen und herzustellen, dass sie nie als Abfall anfallen oder enden und somit nie an Wertigkeit ­verlieren. Hierbei spielt aber der Wert der zurückzugewinnenden Stoffe eine entschei­ dende Rolle. Je höher die Gewinnaussicht, desto höher auch die Wahrscheinlichkeit der Rück­gewinnung. Neben bautechnischen Fragen stehen hier also auch politische Wei­ chenstellungen an, wie dies gewährleistet und dem Kreislaufgedanken dadurch Priori­ tät verliehen werden kann. Wenn es gesamt­ gesellschaftlich weltweit gelingt, jedes exis­ tierende und auch jedes neu errichtete Ge­­ bäude als eine verwertbare Materialmine und ein künftiges zirkuläres Materialdepot zu verstehen, könnte der Begriff der Immobilie völlig neu konnotiert und bewertet werden. Die Immobilie wird dann zu einem sich stän­ dig verändernden, temporären Aggregat­ zustand reversibel gefügter Rohstoffe – zu einem Materialspeicher, der im Wert lang­ fristig mess- und bilanzierbar wird. Es ist also notwendig, den Blick von den Investi­ tionskosten auf die Lebenszykluskosten zu wenden und langfristige Wertschöpfungs­ ketten an die Vergabe von Krediten und wirt­ schaftlichen Hilfen zu knüpfen: je höher das Rückgewinnungspotenzial, desto günstiger die Finanzierung. Anreizsysteme für das kreislaufgerechte Handeln Politische Entscheidungsträger könnten hierzu wichtige und richtungsweisende Impulse setzen und die notwendigen Pro­ zesse beschleunigen. So ließen sich wie­ dergewonnene oder zirkulierende Baustoffe von einer zukünftig notwendigen CO2-Steuer befreien. Zudem muss diskutiert werden, ob die gleichen Besteuerungssysteme für Sekundär- wie auch für Primärrohstoffe gel­ ten sollen. Und es wäre vorstellbar, bei künftigen Um- und Neubauten mit der Bau­ genehmigung auch Rückbauplanungen und Materialdaten zur Dokumentation in zentra­ len Datenbanken einzureichen. Zudem muss

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der Erhalt von Gebäuden gegenüber dem Abriss klar favorisiert und gesetzlich veran­ kert werden (siehe „Mehr als Mine – der Gebäude­bestand als materielle und kultu­ relle Ressource“, S. 34ff.). Heutige politi­ sche Entscheidungsträger nehmen die Kreislaufwirtschaft zwar bereits verstärkt in den Fokus, verharren aber allzu oft noch auf den ausgetretenen Pfaden der Effizi­ enz (das bestehende System ein bisschen besser machen), wie beispielsweise das 2012 beschlossene Ressourceneffizienz­ programm (ProgRess) der Bundesrepublik Deutschland, und spielen dadurch den Inte­ ressen großer Lobbyverbände der alten Ökonomievorstellung des linearen Systems in die Hände. Ansätze der Sharing Economy Es bedarf neuer Ansätze, bei denen nicht mehr der Besitz von Materialien und Pro­ dukten im Vordergrund steht, sondern die Nutzung innerhalb einer Sharing Economy. Erste Modelle einer solchen neuartigen und innovativen Kreislaufwirtschaft entwickeln sich bereits. So gibt es beispielsweise Tep­ pichfirmen, die ihr Produkt so angepasst haben, dass es lediglich aus einem kom­ plett wiederzuverwertenden Material besteht und zudem nicht mehr auf den Unterboden geklebt werden muss. Gezahlt wird die Nut­ zung des Teppichbodens auf zeitlicher Basis. Muss dieser ausgetauscht werden, wird der alte Teppichboden vom Hersteller wieder „eingesammelt“ und geht in die 100 %ige Wiederverwertung. Die Firmen machen sich unabhängiger vom Markt der benötigten Rohstoffe und sind robuster gegen Schwankungen gewappnet. Der Kunde erhält ein „Rundum-sorglos-Paket“, was vor allem bei Großabnehmern sehr sinnvoll erscheint, wenn man die zeitlichen Intervalle zum Austausch von Oberflächen wie Fußbodenbelägen in Gebäuden be­­ trachtet (siehe „Schichten als kreislauf­ gerechtes Prinzip“, S. 118ff.). Eine solche Product-as-a-Service-Idee fin­ det man beispielsweise auch im sogenann­ ten Pay-per-Lux-Konzept. Hier verkauft der Anbieter kein Leuchtobjekt, sondern eine Dienstleistung: in diesem Fall eine garan­ tierte Lichtmenge an einem bestimmten Ort.

regenerative Energie Abbau (Urban Mining)

biologischer Kreislauf

technischer Kreislauf

Ernte biobasierter KomponentenRessourcen herstellung biochemisches Ausgangsmaterial

Wiederherstellung der Biosphäre

Produktfertigung Verkauf, Kundenservice und Vertrieb

Kaskadennutzung Biogas

Wiederverwerten Weiterverwerten Weiterverwerten / Wieder- Aufbereiten verwenden Reparieren

anaerobe Vergärung / Kompostierung Extraktion von biochemischem Ausgangsmaterial 8

8  Das Butterfly-Diagramm der Kreislaufwirtschaft der Ellen MacArthur Foundation schlägt vor, ähnlich dem Cradle-to-Cradle-Prin­ zip nach McDonough und Braungart, die Materialien in getrenn­ ten Kreisläufen, dem technischen und dem biologischen, zu führen und zu belassen. Die­ ses Prinzip wurde jedoch noch um den Faktor Zeit erweitert: So beinhaltet das Dia­ gramm unter­schied­lich lange Zyklen und deren Eigenheiten. Der Name entstand dabei aus der symmetrischen, einem Schmetterling ähnli­ chen Figur.

Nutzung, Verbrauch und Sammlung kein Abfall

Die Wahl der Leuchte, des Leuchtmittels und sogar die des Stromanbieters bleibt in der Hand des Anbieters, ebenso die Garantie und der Unterhalt aller Komponenten. Das Interesse der Firma ist es daher, möglichst robuste, stromsparende und langlebige Pro­ dukte einzusetzen, um wenig Reparaturen, Störungen oder Verbräuche bezahlen zu müssen. Aus derartigen wirtschaftlichen Überlegungen lassen sich vielfältige neu­ artige Modelle ableiten, die allerdings alle eins gemeinsam haben: Wir müssen die Kon­struktion unserer Produkte grundlegend neu denken und anpassen. Zirkuläres Konstruieren Das Bauen ist heute ein extrem anspruchs­ volles Unterfangen. Es gibt Unmengen von Verordnungen und Normen, die die techni­ sche und funktionale Qualität der Bauwerke regulieren und vereinheitlichen sollen. An­­ forderungen an die Standsicherheit und die thermische Hülle unter Berücksichtigung des Brand-, Wärme- und Schallschutzes sowie eine wahre Abdichtungshysterie haben in Deutschland zu einem undurchsichtigen Dschungel von Produktapplikationen geführt, deren Aufbau und Zusammensetzung größ­

tenteils unbekannt sind. Die Bauindustrie ver­folgt seit Jahren die Strategie, ganze Themenbereiche wie Dichtigkeit, Wärme­ schutz, Langlebigkeit oder Schallschutz mit immer neueren komplexeren Produktpalet­ ten und Systemlösungen abzudecken. In der Folge wiederum werden eigene Nor­­ mierungen und Regelwerke aufgestellt, um eigens geforderte Gewährleistungen erfül­ len zu können, die die jeweilige Systemlö­ sung bei Anwendung verlangt. Grund für diese immer weiter getriebene Normierung von Bauprodukten ist letztendlich auch die Rechtsprechung: Die Verpflichtung in Archi­ tekturverträgen, nach den anerkannten Regeln der Technik zu bauen, führt in juris­ tischen Auseinandersetzungen meist zum Heranziehen der DIN-Normen, die aber – wie bereits erwähnt – größtenteils von der Industrie selbst mitverfasst und vorangetrie­ ben wurden. In benachbarten Ländern wer­ den keine normierten Systemlösungen als anerkannte Technik beurteilt, sondern von Fachpersonen geplante Lösungen, die alle Sicherheiten und Schutz­ansprüche erfüllen und für den jeweiligen Anwendungsfall geplant, berechnet und bescheinigt sind. Dies ist ein großer Unterschied, da dadurch

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der Wunsch nach einfachen und sinnvoll konstruierten und kreislauffähigen Gebäu­ den zu vertretbaren Kosten überhaupt erst möglich wird. Ein Ansporn für eine bestmög­ liche Kreislaufgerechtigkeit spielt in der heu­ tigen Vertragswelt aber leider noch keine entscheidende Rolle. Sie wird aktuell noch nicht auf gleicher Stufe gesehen wie die zuvor genannten Ansprüche an Schutz und Sicherheit, obwohl hier die Frage nach dem Schützen und dem Sichern der natür­lichen Umweltsysteme genauso stark ver­treten sein müsste wie die nach dem Schützen und Sichern des menschlichen Lebens. Die Folge des normierten Bauteildenkens sind immer noch zahlreiche Verbundwerk­ stoffe und Systemlösungen mit intransparen­ ten Komponenten, deren Wieder- oder Wei­ terverwendung oder -verwertung schlicht­ weg unmöglich ist und die somit beim Abriss als große Materialmengen auf Deponien oder in der Verbrennung landen. Doch auch die eigene architektonische Fügungs- und Gestaltungskultur hat lange Jahre darauf gedrängt, Verbindungen und Fügungen sowie die dahinterstehende Konstruktions­ logik möglichst unsichtbar zu halten oder ganz zu verdecken. Einfache und nahelie­ gende Detaillösungen werden von Archi­ tektinnen und Architekten meist nicht mehr aus einer konstruktiven Logik heraus ent­ wickelt. Vielmehr stellen sie unreflektiert und schnell aus Produktkatalogen etc. Details zusammen, ohne wirklich fachlich fundiert abschätzen zu können, welche Konsequen­ zen dieses Zusammenstellen von vorgege­ benen Fügungen und Kon­glo­meraten wäh­ rend und nach der Nutzungsphase eines Gebäuden haben wird. Dies hat mehr und mehr zur Anwendung von Verklebungen, zusammenhängenden Verkleidungen und anderen multifunktionalen Blendwerken geführt, die allesamt für eine Wegwerfmen­ talität stehen und uns unweigerlich in eine Ressourcensackgasse führen, die die Gesellschaft einfach nicht mehr tolerie­ren und gutheißen kann und darf. Ein Interessanter Ansatz wurde dazu 2022 von der Architektenkammer Bayern vorge­ stellt: die Einführung einer neuen Gebäude­ klasse „E“, wobei das „E“ hierbei für „Expe­

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rimentelles Bauen“ oder auch „Einfaches Bauen“ steht. So schreibt die Kammer: „Mit dieser Klassifizierung ist kein strenger Anfor­ derungskatalog verbunden. Als experimen­ tell können alle Versuche gelten, kosten­ günstig zu bauen, neue Wohnformen auszu­ probieren, oder eben etwas Anderes, völlig Neues. Wichtig ist, dass ein Architekt eine qualifizierte Planung durchführt. Ein stark reduziertes Regelwerk ermöglicht es Bau­ herren und Architekten, Standards, Materia­ lien und Ausführungs­details so aufeinander abzustimmen, dass sinnvolle und nachhal­ tige Gebäude zu bezahlbaren Kosten ent­ stehen. Zur Nachhaltigkeit gehört auch eine gute Gestaltung und die Abstimmung mit den Nutzerbedürf­nissen. Denkbar wäre ­beispielsweise eine Beschränkung auf die wesentlichen Schutz­ziele der Bauordnung. Die Einordnung in die Gebäudeklasse ‚E‘ zeigt dies dem Mieter oder Käufer an, sodass keine falschen Tatsachen vorge­ täuscht werden.“ [31] Diese naheliegende Rückbesinnung auf einfache und verständ­ liche Grundregeln des Entwerfens und Kon­ struierens würde die Wertigkeit der Kreis­ laufgerechtigkeit von Konstruktionen mit den Grundanforderungen von Beständig­ keit, Dauerhaftigkeit, Sicherheit und Schutz gleichsetzen. Die große Verantwortung für alle an Planung, Architektur und Gestaltung Beteiligten liegt daher in der Frage, wie zukünftige Gebäude zu entwerfen und wie deren Erstellung und Rückbau zu planen sind, sodass sie einerseits nachweislich als Rohstofflager der Zukunft funktionieren, andererseits aber auch aus diesen verän­ derten Entwicklungen eine neue Ästhetik erwachsen kann, die diese Herausforderun­ gen annimmt und für die architektonische Produktion einsetzt. Dafür müssen etablierte Vorstellungen von Fügungen und dem Ein­ satz von Material konsequent und umfas­ send überprüft werden. Auch sind sie an der Frage neu auszurichten, wie man es schaf­ fen kann, auch zukünftigen Generationen die eingesetzten Materialien in ihrer ursprüng­ lichen Qualität zur Verfügung zu stellen. Zudem müssen Architektinnen und Archi­ tekten Technologien und konstruktiv nach­ vollziehbare Details entwickeln, die sowohl

Anmerkungen  [1]  United Nations 1992   [2] www.helmholtz.de, 29.8.2016   [3] Crutzen / Stoermer 2000, S. 17f.  [4]  Subcomission on Quarternary Stratigraphy 2019   [5] Hauff 1987, S. 46   [6] Milliman / Syvitski 1992, S. 525–544  [7]  ECO Spezial. ­TV-Dokumention SFR 2014  [8]  Peduzzi 2014  [9]  Delestrac 2014 [10]  Hassler / Topalovic/ Grün 2014 [11] wie Anm. 8; United Nations Statistics Division [12] wie Anm. 7 [13] Boden / Courtney 2010 [14] Leonard 2010 [15] U.S. Geological Survey 2021 [16] ISE 2019 [17] Deutsches Kupfer­ institut Berufs­ verband e. V. [18] Gäth / Eck 2018 [19] ebd. [20] wie Anm. 17 [21] ebd. [22] Umweltbundes­ amt: Bauabfälle 2021 [23] Bundesverband Glasindustrie e. V. 2014 [24] Neroth / Vollen­ schaar 2011, S. 555–635 [25] Europäische ­Kommission 2012 [26] Heisel / Hebel 2021 [27] ebd. [28] Kreislaufwirtschaft Bau: Monotoring [29] wie Anm. 22 [30] Braungart  /  McDonough 2009 [31] Architektenkam­ mer Bayern 2021

wirtschaftlich als auch ästhetisch attraktiv sind. Diese zusätzlichen Herausforderun­ gen werden sichtbare Spuren in der Gestal­ tung von neuen und transformierten Bau­ werken hinterlassen – ein Thema, das auch schon zuzeiten etwa eines Carlo Scarpa und eines Karl Josef Schattner insbesondere beim Bauen im Bestand eine ganz entschei­ dende Rolle bei der Fügung von Bauteilen gespielt hat. Weiterhin zählt auch der zeitli­ che, energetische und technologische Auf­ wand hinzu, der betrieben werden muss, um Materialien und Bauteile wiederzuge­ winnen. Versprechen wir auf materieller Ebene der Konstruktion nur, dass eventuell in Zukunft eingesetzte Materialien kreislauf­ fähig werden? Oder setzen wir sofort solche ein, die dies bereits nachweislich sind? Auch heute schon lassen sich solche Mate­ rialien verwenden, die bereits ihren zwei­ ten, dritten oder sogar vierten Lebenszyk­ lus durchleben. Zudem müssen sich Archi­ tektinnen und Architekten intensiv mit dem Fügen dieser Materialien und Bauteile beschäftigen. Der Rückbau muss ebenso gewährleistet sein wie der Nutzen in der Betriebsphase. Rückbaubare Verbindungsdetails mit Zukunftspotenzial Eine ganze Fülle von Verbindungsdetails, die diesen Rückbau bereits mitbedenken, gibt es heute schon auf dem Markt, bei­ spielsweise wiederlösbare, hinterschnit­ tene Schwalbenschwanzverbindungen im Holzbau, angeschraubte Metalleinhäng­ systeme, die eine sortenreine Wiederver­ wendung von Vollholzprofilen gewährleisten oder Brettschichtsysteme, die ohne Kleber nur durch temperaturbehandelte Holzdübel und deren Reibung gefügt werden, um so den biologischen und technischen Kreislauf nicht zu mischen. Zudem existieren neue Befestigungsmethoden für mörtellose Mau­ erwerke, vorgespannte Baukastensysteme für Mauersteine, wiederverwendbare Beton­ fertigteile, Trockendichtsysteme, die nur durch Anpressen funktionieren, Fensterbau­ systeme ohne Nassdichtungen, Lichtschal­ ter ohne Kabel, Wandbekleidungen ohne Farben, Lacke oder andere Beschichtun­

gen. Der Markt bietet auch Abdicht­systeme, die als Wanne aus sortenreinen Kunststof­ fen um das Gebäude gelegt oder Dämm­ systeme, die lose geschüt­tet an die Kon­ struktion gelehnt werden. Ebenso gibt es Trockenbausysteme für Heizschlaufen, gesteckte Bodenaufbauten, geschraubte sortenreine Installationssysteme, abnehm­ bare Dacheindeckungen und Unterkon­ struktionen. Die Fülle der bereits heute ein­ fach zu erhaltenden und teilweise seit Jahr­ hunderten angewendeten Lösungen ist enorm und wäre bei entsprechender Nach­ frage zielgerichtet und schnell ausbaubar. Sie standen allesamt bislang leider nur wenig und viel zu selten im Fokus der Pla­ nenden. Die vorliegende Publikation möchte hierbei einen Auftakt für ein neues Verständnis des Bauens bieten, um die Grundlagen für ein materialrespektierendes und kreislaufge­ rechtes Materiallager für alle zukünftigen Generationen schaffen zu können. Wir müs­ sen uns und unsere Disziplin kritisch hinter­ fragen und liebgewonnene Selbstverständ­ lichkeiten konstruktiver Lösungen der letz­ ten Jahre neu denken, neu entwerfen und daraus eine eigene Ästhetik generieren, die diese Herangehensweise und Notwen­ digkeit auch mit wichtigen Aspekten wie Gebrauchstauglichkeit und konstruktiver Angemessenheit von Architektur verbindet. Nachhaltigkeit und Einfachheit beim Bauen im Sinne dieses Buchs sollten wieder wie selbstverständlich zueinander finden und im Zusammenspiel zu einer kreislaufgerech­ ten Zukunft im Bauwesen beitragen. Die Pub­likation soll hierbei sowohl theoretische, geschichtliche als auch visionäre Grund­ lagen liefern sowie im Katalogteil erste Lösungen präsentieren, die bereits heute einfach zu realisieren sind. Wir plädieren darüber hinaus für eine Neuausrichtung der Architekturlehre hin zur Erkenntnis eines dringend notwendigen Wandels und dem damit einhergehenden Erarbeiten von intel­ ligenten, nachhaltigen und gut gestalteten Lösungen auf der Projekt- und Realisie­ rungs­ebene gemeinsam mit den Berufs­ verbän­den, dem Bauhandwerk und der Indus­trie.

Vom sortenreinen Bauen

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GESCHICHTE UND STATUS QUO

Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens Hauke Horn

Bewahren und Weiterbauen In der Architekturgeschichtsschreibung dominierte lange Zeit, wie in der Bauwirt­ schaft, ein lineares Modell: Gewürdigt und beschrieben wurden in erster Linie Neubau­ ten. Neben dem technischen Fortschritt prägten vor allem neue Formen und Stile das Bild der Architekturgeschichte. Über­ sehen wurde aus jener Perspektive, dass Wiederverwenden und Weiterbauen wich­ tige Teile der historischen Baukultur waren. Denn viele kulturell, religiös und politisch bedeutsame Bauwerke der Vergangenheit wie das Aachener Münster (Abb. 1), der Trierer Dom oder die Grabeskirche in Jeru­ salem sind nicht etwa stilreine Neubauten, sondern über viele Jahrhunderte „gewach­ sene“ Strukturen, die ältere und neuere Teile absichtsvoll miteinander verbinden. Im ­Burgenbau waren gewachsene Strukturen sogar die Regel (Abb. 2). Das heute so beliebte malerische Erscheinungsbild von Burgen ist wesentlich auf das sukzessive An-, Um- und Weiterbauen der Anlagen zurückzuführen. Die Geschichtsschreibung der Moderne beurteilte das Bewahren alter Teile negativ und verkannte damit den Wert und Sinn historisch gewachsener Bauwerke. Oftmals sollte nämlich, wie die neuere For­ schung herausstellte, die Geschichte und Tradition des Orts sichtbar bewahrt bleiben [1]. Deshalb entwickelten sich die Gebäude Stück für Stück um alte, identitätsstiftende Kerne, die nie abgerissen wurden. Die Pfalz­ kapelle Kaiser Karls des Großen in Aachen (um 800), der legendäre Palast der Kaiserin

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Helena in Trier (4. Jahrhundert) oder das legendäre Grab Christi in Jerusalem (erst­ mals überbaut im 4. Jahrhundert) waren buchstäblich das Maß der Dinge für An­­ bauten, Umbauten und Wiederaufbauten. Bewusste Kontraste zwischen alter und neuer Bausubstanz wurden hierbei gezielt eingesetzt, um das Alte vor der Folie des Neuen als „alt“ zu kennzeichnen und umge­ kehrt. Dabei war „alt“ im Sinne von „altehr­ würdig“ zu verstehen. Derartige Konzepte des Bewahrens und Weiterbauens erschei­ nen heute angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen an eine nachhaltige Archi­ tektur wieder interessant. Zum einen wird die identitätsstiftende Tradition des Orts bewahrt. Zum anderen gibt es wohl kaum eine bessere Strategie der Müllvermeidung. Bei Gebäuden, die nicht abgerissen wer­ den, muss man sich über Recycling keine Gedanken machen. Weiternutzung ist die effizienteste Form der Wiederverwendung. Spolien Neben den Konzepten des Bewahrens und Weiterbauens alter Gebäudeteile nimmt auch die Wiederverwendung alter Baustoffe und Werkstücke in neuen Kontexten eine wichtige Rolle in der Architekturgeschichte ein. Das herausragende Beispiel für ein his­ torisches Urban Mining stellt wohl das mit­ telalterliche und frühneuzeitliche Bauwesen der Stadt Rom dar (Abb. 3). Über ein Jahr­ tausend lang griffen die römischen Baumeis­ ter immer wieder auf die immensen Hinter­ lassenschaften der Antike zurück. Kaum ein

1 Gebäudeteile vom frü­ hen Mittelalter bis zum Barock (Kern 9. Jahr­ hundert), Dom (ehe­ma­ liges Münster), Aachen 2 über Jahrhunderte gewachsene Baustruk­ tur (ältester Bestand 13. Jahrhundert, jüngs­ ter 20. Jahrhundert), Schönburg, Oberwesel

3 mittelalterliches Haus mit zahlreichen antiken Spolien, Casa dei ­Crescenzi, Rom 4 antike Spoliensäulen im Mittelschiff des 12. Jahr­ hunderts, Santa Maria in Trastevere, Rom 5 Portalzone des 13. Jahr­ hunderts mit byzan­ tinischen Spolien, Mar­kusdom, Venedig

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mittelalter­liches Bauwerk in Rom weist keine antiken Spolien auf [2]. Zum Teil wurden alte Steine und Fragmente pragmatisch im Mau­ erwerk eines neuen Gebäudes wiederver­ wendet, zum Teil auch besondere Werk­ stücke als erkennbare Spolien in das archi­ tektonische Konzept integriert. Als man bei­ spielsweise die frühchristliche Basilika Santa Maria in Trastevere im 12. Jahrhundert von Grund auf neu errichtete, wurden die Kolon­ naden des Mittelschiffs bewusst aus antiken Säulen gebaut, die sich in Farbe, Propor­ tion und Kapitellplastik deutlich unterschei­ den (Abb. 4). Auf diese Weise wurde dem Betrachter ehrfurchtgebietend verdeutlicht, dass es sich um wiederverwendete wertvolle Bauteile der Antike handelt und zugleich auf die frühchristliche Tradition des Orts verwie­ sen. Wiederverwendung war ein zentraler Teil des architektonischen Konzepts. In den architekturhistorischen Überblickswerken des 20. Jahrhunderts fehlen die römischen Bauten des Mittelalters genau deshalb: Zu wenig hatten sie stilistisch mit den Neubau­ ten der mittel- und nordeuropäischen Gotik

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gemein – ein wissenschaftstheoretisches Problem der Perspektive. Eines der berühmtesten Beispiele für eine extensive Verwendung von Spolien befindet sich indes in Venedig: Die komplette Fas­ sade des Markusdoms ist mit Säulen, Inkrus­ tationen und Skulpturen verziert, die die Venezianer im Kampf gegen das Byzantini­ sche Reich um die Herrschaft im östlichen Mittelmeerraum erbeuteten (Abb. 5). Es han­ delt sich folglich um Trophäen, die am Mar­ kusplatz im Herzen der Stadt zur Schau gestellt wurden, um die Siege und den politi­ schen Anspruch der Seerepublik zu visuali­ sieren. In der heutigen Zeit wäre diese Art der Wiederverwendung mindestens aus ­ökologischer Sicht problematisch, denn die Spolien mussten über einen langen Seeweg unter anderem von Konstantinopel bis nach Venedig transportiert werden. Der Schonung von natürlichen Ressourcen steht in diesem Fall ein beträchtlicher Aufwand von Trans­ portenergie gegenüber. Während diese für die mittelalterlichen Segelschiffe noch gänz­ lich klimaneutral und regenerativ erzeugt

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Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens

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wurde (Windkraft), wäre heute ein beträcht­ licher Verbrauch fossiler Brennstoffe zu befürchten. Es lässt sich also festhalten: Je kürzer der Transportweg, desto energieeffi­ zienter und nachhaltiger ist die Wiederver­ wendung. Die bestmögliche Energiebilanz erzielt demzufolge die Wiederverwendung von Bau­stoffen und Bauteilen, die im Umfeld der Baustelle selbst gewonnen werden kön­ nen. Möglichkeiten bieten sich hier vor allem bei Umbaumaßnahmen im Bestand. Asservatien Baustoffe und Werkstücke, die innerhalb desselben Gebäudes in einem neuen Kon­ text wiederverwendet wurden, werden als Asservatien bezeichnet [3]. Sie unterschei­ den sich durch ihre Herkunft von Spolien, die hingegen anderen Gebäuden entnom­ men wurden. Auch für Asservatien gibt es in der Architekturgeschichte unzählige Bei­ spiele. Dass sich in gewachsenen Kirchen wie dem Trierer Dom oder der Geburtskirche in Jerusalem zahlreiche Asservatien finden, kann kaum überraschen. Doch auch bei ­vielen Gebäuden, die als Neubau gelten, wurden Teile des Vorgängerbaus wiederbe­ nutzt. Bei Errichtung der neuen Peterskirche in Rom etwa wurden im 16. Jahrhundert viele Langhaussäulen der frühchristlichen Basilika („Alt-St. Peter“) als nobilitierende Rahmun­ gen an Ädikulen und Portalen wiederver­ wendet (Abb. 6) [4]. Selbst die berühmten gedrehten Säulen vom legendären Petrus­ grab, die bereits als Spolien in die frühchrist­ liche Basilika kamen, fanden in den Ädikulen der Renaissancekuppel eine würdige Dritt­ verwendung. Die alte Petersbasilika ging somit in dem neuen Kirchenbau auf. Auch

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der Neu­bau des Magdeburger Doms im ­frühen 13. Jahrhundert ist ein interessantes Beispiel für eine mehrfache Wiederverwen­ dung von Bauteilen (Abb. 7). Die prächtigen farbigen Natursteinsäulen, die dem Betrach­ ter im Chor auf Postamenten präsentiert wer­ den, ließ Otto der Große im 10. Jahrhundert aus Italien beschaffen. Ursprünglich trugen diese kostbaren Spolien wahrscheinlich die Mittelschiffswände. Zu Asservatien wurden sie mit der Neuerrichtung des Doms nach 1207, als man die prächtigen Säulenschäfte des abgerissenen Doms plakativ in den neuen Domchor inte­grierte und somit an die Gründung der Kirche durch Kaiser Otto erin­ nerte. Dort stehen Säulenschäfte heute also mindestens in Dritt­verwendung. Die entspre­ chenden Kapitelle, die für eine Aufstellung vor einer Wand nicht geeignet waren, fan­ den eine abermalige Verwendung als Basen im Remter des Kreuzgangs (Abb. 7 b). Über­ haupt stellte die Wiederverwendung in neuen Kontexten bei Kapitellen und anderen bauplastischen Werken, die man nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion nutzen konnte, eine geläufige Praxis dar. Ein Bei­ spiel liefert ein Weihwasserbecken im Esse­ ner Dom aus dem 14. Jahrhundert, als das frühromanische Langhaus (unter Bewahrung alter Bauteile) neugebaut wurde. Ein frühro­ manisches Kapitell aus dem alten Kirchen­ schiff wurde hier zur Basis umfunktioniert (Abb. 8). Die Wiederverwendung von Bau­ stoffen und Bauteilen beschränkte sich jedoch nicht auf hervorgehobene Stücke, die als „alt“ erkannt werden konnten und mithin Bestandteil eines gestalterischen Konzepts waren, das Zeitschichten bewusst sichtbar machte. Auf der Ebene der Baustoffe war die

6 Ädikula (16. Jahrhun­ dert) mit Asservatien aus dem alten Peters­ dom (4. Jahrhundert), St. Peter, Rom 7 Dom, Magdeburg a Domchor des 13. Jahrhunderts mit Säulenschäften in Drittverwendung: Asservatien aus dem alten Dom, die im 10. Jahrhundert als antike Spolien nach Magdeburg gebracht wurden b Domkreuzgang mit antiken Kapitellen aus dem alten Dom in Drittverwendung als Basen im Remter (Speisesaal)

Anmerkungen [1] Froschauer 2020; Horn 2015; Horn 2017; Kappel /  Müller 2014; Hoffmann 2005; Albrecht 2003; Meier / Wohlleben 2000 [2] Bei Spolien handelt es sich um „inten­ tional und daher in der Regel auch sichtbar wiederver­ wendete Bauglieder“ Meier 2020, S. 9 [3] Horn 2017, S. 61– 77 [4] Bosman 2004 [5] Gruber 1937

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8 Kapitell des 11. Jahr­ hunderts aus dem alten Mittelschiff als Basis des Weihwasser­beckens aus dem 14. Jahrhun­ dert, Dom (ehemaliges Münster), Essen 9 Fußboden aus wieder­ verwendeten Trüm­ mersteinen der Kirche St. Kolumba, Madonna in den Trümmern, Köln 1950, Gottfried Böhm 10 Wand mit sichtbaren Zuschlägen aus Trüm­ mersplit, St. Anna, ­Köln-Ehrenfeld 1956, Dominikus und Gott­ fried Böhm

Wiederverwendung vor Ort in Zeiten, als das Material noch teurer war als die Ar­­ beitskräfte, schlichtweg eine ökonomische Selbstverständlichkeit. Von vielen histori­ schen Bauwerken ist mittlerweile bekannt, dass Baumaterial älterer Schichten wieder­ verwendet wurde. Ein anschauliches Bei­ spiel dafür liefert der Bau eines neuen Langchors am Freiburger Müns­ter im 14. und 15. Jahrhundert. Zunächst wurden die Umfassungsmauern um die bestehende romanische Apsis herum aufgemauert, sodass der liturgische Betrieb ungestört weiterlaufen konnte. Als die alte Apsis schließlich abgerissen wurde, nutzte man deren Steine direkt, um die neuen Chor­ wände zu errichten. Noch kürzer kann der Baustoffkreislauf wohl nicht sein. Spolien und Assservatien in der Moderne Diese Praxis änderte sich im großen Maßstab erst mit dem Aufkommen industrieller Her­ stellungsmethoden und Bauweisen in Kom­ bination mit billigen Transportmöglichkeiten im 19. und 20. Jahrhundert. So kritisierte der Darmstädter Architekturprofessor Karl Gruber schon 1937, dass man „neben dem Bauplatz liegende Ziegeleien eingehen [ließe], um kilometerweit herbeigefahrene riesige Betonplatten verwenden zu können“ [5]. Doch auch die Moderne war dem Wie­ derverwenden gegenüber aufgeschlosse­ ner, als es ihre Anhänger wahrhaben wollten. Die nicht tragenden Außenmauern von Le Corbusiers Meisterwerk in Ronchamp etwa bestehen aus den alten Steinen der zerstör­ ten Vorgängerkirche. Die schwere Zugäng­ lichkeit des Orts, die früher verschämt als Argument für die Wiederverwendung ange­ führt wurde, kann kaum der wahre Grund sein, wenn man sich die Masse an Beton

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ansieht, die für das spektakuläre Dach zum Bauplatz geschafft wurde. In Deutschland war die Wiederverwendung alter Baumate­ rialien – sowohl Spolien als auch Asserva­ tien – beim Wiederaufbau nach dem Zwei­ ten Weltkrieg selbstverständliche Praxis. Bemerkenswerte Beispiele finden sich ­wiederum im Kirchenbau. Gottfried Böhm bezog 1950 bei seinem Erstlingswerk, der Kapelle Maria in den Trümmern in Köln, nicht nur Mauerwerk der gotischen Kirche mit in den Neubau ein, sondern nutzte auch die Trümmersteine vor Ort auf krea­ tive Weise als Sockelmauern oder Fußbo­ denmosaik (Abb. 9). Die gotischen Rippen erfuhren gar als ornamentale Dekoration der Traufe eine neue architektonische Nutzung. Mittlerweile wurde die Kapelle selbst als ältere Zeitschicht in den 2007 entstandenen Bau des Diözesanmuseums St. Kolumba von Peter Zumthor integriert. Lassen sich alte Baustoffe nicht wiederverwenden, so können sie mitunter noch wiederverwertet werden. Auch hier bietet eine Kölner Kir­ che, die Gottfried Böhm in der Nachkriegs­ zeit gemeinsam mit seinem Vater Domini­ kus plante, ein instruk­tives Beispiel. Der Zuschlag der Betonwände von St. Anna besteht aus geschredderten Trümmerstei­ nen (Abb. 10). Durch das Abarbeiten der Oberflächen wurden diese Trümmerzu­ schläge nicht nur sichtbar gemacht, son­ dern zum gestalterischen Konzept erhoben. Resümee Wiederverwenden und Weiterbauen, so lässt sich zusammenfassen, haben eine lange Tradition in der Architekturgeschichte, man wollte es nur lange nicht wahrnehmen. Vor dem Hintergrund aktueller globaler Heraus­ forderungen wie Klimawandel, Umweltver­ schmutzung und Ausschöpfung natürlicher Ressourcen geraten diese alten Konzepte wieder in den Blick der Architekturschaffen­ den und bieten ein riesiges Reservoir für Ansätze und Inspirationen. Großes Potenzial für den architektonischen Entwurf birgt die doppelte Nachhaltigkeit von wiederverwen­ deten Baustoffen und Bauteilen: Neben der ökologischen Nachhaltigkeit des Recy­ clings steht die kulturelle Nachhaltigkeit der Bewahrung von Geschichte und Iden­tität.

Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens

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Mehr als Mine — der Gebäude­ bestand als mate­rielle und kulturelle Ressource Christian Holl

Manchmal scheint es, als habe sich in der Bau- und Immobilienbranche Torschluss­ panik breit gemacht und als würde die Devise gelten, schnell noch abreißen, bevor sich diejenigen durchsetzen, die fordern, vor jeden Abriss höhere Hürden zu setzen. Hinzukommt, dass die deutsche Förderpo­ litik derzeit noch immer den Bestand gegenüber dem Neubau benachteiligt und im Neubau das unterstützt wird, was ohnehin Stand der Technik ist [1]. Zwar soll ab 2023 zumindest auf Bundesebene die Förderung des Neubaus zugunsten von Sanierung und Umbau deutlich heruntergefahren werden, aber das reicht noch nicht [2]. Zukünftig müsse Abriss immer genehmigt werden, fordern etwa die Architects for Future, denn: „Abriss ist bis dato in den ­meis­ten Fällen genehmigungsfrei. Es findet keine Prüfung statt, ob wertvolle – sanierungsfähige – Bausubstanz abgerissen wird. Unter Betrachtung des Energieaufwands und der Emissionen über den ge­­ samten Lebens­zyklus eines Gebäudes (Herstellung, Betrieb, Rückbau) sind Sanierungen im Vergleich zu Abriss und Neubau fast ausnahmslos zu bevorzugen.“ [3] Stattdessen wird man fast täglich mit Meldungen konfrontiert, die den schon beschlossenen oder noch diskutierten Abriss von wertvollen Bauten zum Inhalt haben: das Studentenwohnheim an der Billwiese in Hamburg, Baujahr 1965, unter Denkmalschutz, von Heinz Graaf und Peter P. Schweger [4]; die Stadthalle Braunschweig, 1965, auch unter Denkmalschutz, von Heido Stumpf

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und Peter Voigtländer [5]. In Berlin soll das 1951 entstandene Cantian-Stadion von Rudolf Ortner nun doch abgerissen werden [6]. Dem gegenüber stehen ermutigende Erfolgs­meldungen wie etwa die zum Potsdamer Rechenzentrum aus dem Jahr 1971 vom Architekturkollektiv Sepp Weber, das nun voraussichtlich doch erhalten bleibt [7]. Dass dies jedoch als Erfolg empfunden wird, zeigt, dass der Erhalt von Gebäuden als nicht selbstverständlich gilt. Wie in Potsdam ist ein solcher Erfolg häufig das Verdienst von Menschen, die viel Energie darauf verwenden müssen, einen Abriss zu verhindern. Oftmals ohne dafür honoriert zu werden. Kreislaufwirtschaft heißt: stehen lassen Und dabei ist noch nicht darüber gesprochen, was jenseits von Denkmalschutz und den Kämpfen für den Erhalt nicht kommer­ zieller Nutzungen sonst noch abgerissen wird (Abb. 1). Im Zeitraum von 2015 bis 2019 wurden in Deutschland, so ermittelten es Architects for Future, „im Jahr durchschnittlich rund 1,9 Millionen m2 Wohnfläche und 7,5 Millionen m2 Nutzfläche abgerissen – ohne Prüfung, ob das Vorhandene als Gebäude insgesamt oder zumindest einzelne seiner Bauteile weiter genutzt werden können. Vorhandene Potenziale für ein Weiterbauen und Weiternutzen werden nicht ausgeschöpft.“ [8] Auch das neue Ideal Kreislaufwirtschaft kann erst dann eine Hilfe werden, wenn zwischen Recycling und Downcycling deutlich

1  Alltag in deutschen Städten: Wertvolle Bausubstanz wird abgerissen, hier am Beispiel Stuttgart.

unterschieden wird. Die hohen Recycling­ quoten, die die EU anstrebt, sind deswegen zunächst mit Vorsicht zu betrachten. Angesprochen darauf, dass 2027 Nichtwohngebäude ab 2000 m2 eine Recycling­ quote von 70 % erfüllen müssten, meinte etwa Annette Hillebrandt, die an der Bergischen Univer­sität Wuppertal unterrichtet und deren Forschungsschwerpunkte Urban Mining und Stoffkreisläufe in der Architektur sind: Solange nicht zwischen Re- und Downcycling unterschieden werde, „kriegen wir die 70 % locker hin“ [9]. Es mag Hoffnung machen, dass inzwischen die ersten Neubauten kreislauffähig errichtet werden. Allerdings sind sie bestenfalls ein kleiner Teil einer möglichen Lösung, weil sie die Frage unberücksichtigt lassen, wie mit dem Bestand umzugehen ist: 85 % der Gebäude von heute in der EU werden 2050 noch stehen [10]. Der Glanz neuer kreis­lauffähiger Bauten stärkt den Glauben, es könne genügen, irgendwann anzufangen, anders, nämlich kreislauffähig zu bauen. Das ist ohne Frage ein wichtiger Fortschritt, aber man sollte ihn realistisch einordnen. Die Wirkung solcher Bauten bleibt in der Menge der Neubauten vorerst mehr Appell. Und noch ist mit ihnen nur ein Potenzial eröffnet, ein Versprechen gemacht, das andere erst werden einlösen müssen: Es wird, wenn überhaupt, erst in Jahrzehnten dazu kommen, dass die Neubauten von heute wieder rückgebaut und deren Bauteile wiederverwendet werden. Wenn wir Kreislaufwirtschaft aber wirklich

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ernst nehmen, heißt das nicht in erster Linie, neue Häuser kreislauffähig zu bauen. Es bedeutet auch nicht zu suggerieren, man müsse nur den Bestand und das Baumaterial daraufhin untersuchen, wie man daraus am besten etwas Neues entwickeln könnte. Wirklich im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu denken, heißt auch nicht, aus dem Abriss eine „Tetris-Aufgabe“ zu machen, die zeigt, wie möglichst viel aus einem Abriss in neuen Bauten wiederverwendet werden kann. Sondern es bedeutet, schlicht und ergreifend, erst einmal so viele Gebäude wie möglich stehen zu lassen und nicht abzureißen. Denn viele der im Bau verwendeten Mate­ rialien und Produkte, allen voran Beton, ­lassen sich eigentlich nur dann auf der ­gleichen Qualitätsstufe erhalten, also ohne erneute Zufuhr von Wasser, Energie und weiterem Material wie Bindemittel, wenn das Gebäude, für das sie verwendet wurden, erhalten bleibt. Mit anderen Worten: Das neue Ideal der Kreislaufwirtschaft erlaubt es uns gerade nicht, dem künstlich angeheizten Bedarf nach Neuem weiter nachzugeben. Es entbindet uns beim Bauen gerade nicht davon, dem Bestand eine sehr viel höhere Aufmerksamkeit zu schenken, als das derzeit der Fall ist. Beim Bauen im Bestand wird sich das Denken in Kreisläufen durch Ergänzungen, Umbauten und Anpassungen bewähren müssen und können – und dort ist es Teil der großen Herausforderung, vor der wir stehen: Es sollten 2050 eigentlich mehr als 85 % der Gebäude von heute noch stehen.

Mehr als Mine — der Gebäudebestand als mate­rielle und kulturelle Ressource

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Kreativität ist gefragt Wir sind aufgefordert, zumindest gemessen an der Praxis der letzten Jahrzehnte, tatsächlich Neues zu leisten, nämlich das Neue als eine stetige Aneignung und Anverwandlung der bestehenden Bausubstanz zu verstehen. Das gilt vor allem für die Bauten, die wenig wertgeschätzt werden: die oft missachteten Alltagsbauten vom Einfa­ mi­lien­haus bis zum Parkhaus, vom Supermarkt bis zum Shoppingcenter, von der einfachen Lagerhalle bis zur Fabrik, vom Wohnungsbau der Nachkriegsmoderne einschließlich der Großwohnsiedlungen. Das kann nur gelingen, wenn das Bewahren des Bestands nicht ausschließlich als eine technische Aufgabe verstanden wird; wenn die Argumente für den Bestand nicht mehr ein Eingeständnis sind, dass ein Neubau das eigentlich Wünschenswerte sei. Wie oft lautet die Begründung für den Abriss, dass der Bestand „einfach nicht mehr zeitgemäß ist“ [11], wie es im Fall des Studentenwohnheims Billwiese zu lesen war. Am Ende sind es Denkfaulheit und mangelnde Fantasie, die neben den Kosten einen Abriss forcieren. Es gilt dringend, mit einer „Umbauordnung“, einer anderen und großzügigeren Förderpolitik und einfacheren Abschreibungsmöglichkeiten für Sanierungen gegen­ zusteuern. Die Aufgabe, die sich stellt, ist aber auch eine nicht zu unterschätzende kulturelle Herausforderung, das vermeintlich Belanglose wertzuschätzen – ein Großprojekt, gerade weil es nicht als schematische

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2  1953 wurde der Bundesrechnungshof in Frankfurt a. M. eingeweiht; er wurde (anders als ein 1955 errichteter Anbau) in den 1990erJahren unter Denkmalschutz gestellt. Für den Umbau zu einem Hotel wurden große Teile des Bestands abgerissen, vom denkmalgeschützten Gebäude blieb nur die Fassade erhalten.

Musterlösung verstanden werden darf, die mit standardisierten Modellen über das ­hinweggeht, was den Bestand und dessen sozia­len Wert ausmacht. Gefragt sind stattdessen, wie es die Architektin Niloufar Tajeri beschrieben hat, „präzise entwickelte Entwurfstaktiken, die mit den konstruktiven Eigenheiten des Bestands arbeiten und des­ sen Anpassungsfähigkeiten offenbaren – keine schematische Durchführung, sondern die Analyse des Objekts und der finanziellen Anforderungen der Bewohner im Einklang mit deren Wohnbedürfnissen“ [12]. Nur so kann Sanierung mit sozial verantwortlicher Vermietungspraxis und energetische Ertüch­ tigung mit bezahlbarem Wohnraum in Einklang gebracht werden. Es gilt, ein Verhältnis zum Bestand zu gewinnen, das nicht länger mit einem Gegenüberstellen von Alt und Neu arbeitet, das eine an dem anderen misst oder, wie es Boris Groys dargestellt hat, das Neues dadurch ermöglicht, dass das Alte konserviert wird [13]. Den Bestand als ein zu bewahrendes Zeugnis zu bewerten, sollte weiterhin nur die wich­tige Ausnahme bleiben. Denn wenn der gesamte Bestand daran gemessen wird, ob er unter Denkmalschutz gestellt werden könnte, dann wertet das den Bestand nur ab: Zu leicht lässt er sich als eben nicht notwendigerweise zu bewahrendes Zeugnis einstufen (Abb. 2). Die Frage stellt sich daher, ob eine Hilfe durch die Denkmalpflege erwartet oder erhofft werden kann. Nicht nur, da sie ohnehin unter Druck steht [14], sondern auch,

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weil mit ihren Instrumenten und ihrem Auftrag die Masse des Bestands nicht erfasst oder geschützt werden kann und darin auch nicht ihre Aufgabe gesehen werden sollte. Was man allerdings erwarten kann, ist eine Auseinandersetzung mit den kritischen Stimmen, die dem Denkmalschutz vorwerfen, zu sehr den Ursprungszustand eines Gebäudes zum Maßstab zu machen. Eine Haltung, die etwa verhindert hatte, dass das Haus Marlene Poelzig in Berlin oder die Schmitthenner-Villa in Stuttgart unter Schutz gestellt werden konnten. Beide waren umgebaut worden. Im Fall des Poelzig-Hauses war „aus dem Beispiel für die architektonische Moderne […] eine verbrämte Überformung im Heimatschutzstil geworden“ [15], bei Schmitthenner waren sogar die von dem Architekten selbst vorgenommenen Änderungen, die seine verschiedenen Schaffensphasen quasi komprimiert sichtbar gemacht hatten, am Ende nicht ausreichend: Es sei ein „interessantes, aber nicht unbedingt repräsentatives Beispiel für das Schaffen des Architekten“, so hatte die Denkmalschutzbehörde mitgeteilt [16]. Demnach wäre es also wichtig, das Weiterbauen in die Logik des Denkmalschutzes auch anhand besonderer Beispiele so zu inte­grieren, dass erkennbar wird, was Überformungen leisten können, was sie zeigen und aussagen und welche Zugangsmöglichkeiten zu einer eigenen Geschichte eröffnet werden können (Abb. 3). Das bedeutet aber nicht, dass die übergroße Menge an Bestandsarchitektur nicht

3  Konglomerat aus Alt und Neu: a Split, Kroatien b Alte Pinakothek, München, ­Wiederaufbau und Umbau: Hans ­Döllgast, 1952–  1957

mehr verändert werden darf. Wir dürfen ­diesen Bestand nicht nur dahingehend betrachten, ob er einen Wert für die Ge­­ genwart hat, weil er uns etwas über die Geschichte erzählt. Architektur muss noch viel häufiger als offenes System mit immer wieder neu arrangierbaren Elementen verstanden werden denn als ein unveränder­ liches Werk, bei dem ein nachträgliches Verändern prinzipiell als Qualitätsverlust angesehen wird. Es geht nicht mehr darum zu fragen, was man haben will, sondern darum, was man mit dem machen kann, was es gibt. Mit kleinen präzisen Eingriffen und mit originellen Ideen. Gefragt ist echte Kreativität. Es gibt viel zu gewinnen Ein solches Verständnis von Architektur ist auch eine Herausforderung für das Selbstbild von Architektinnen und Architekten, die genauso wenig wie die Modernisierungspraxis im Wohnungsbau mit schematischen Modellen bewältigt werden kann. Wenn diese nicht mehr meinen, vermeintlich „zeitlose“ Bauwerke schaffen zu müssen, damit sie keiner nachträglichen Veränderung bedürfen, ist das eine ungeheure Chance. Der Umgang mit dem Bestand erlaubt es, die Fülle des Bestehenden als Ausdrucksmittel zu nutzen, daraus Ornamente zu entwickeln, neue Kombinationen zu wagen, die sich die Entwerfenden wegen des selbst auferlegten Zwangs, zeitlos sein zu müssen, versagen, weil sie zu modisch sein könnten. Wenn man auf den Bestand zurückgreift,

Mehr als Mine — der Gebäudebestand als mate­rielle und kulturelle Ressource

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erübrigt sich dies. Es „braucht den Architekten vom Typus des Konventionen perforierenden Bastlers“ [17]. Mit dem Schwerpunkt auf dem Bestand könnte die Architektur lebendiger werden, an Ausdrucksmöglichkeiten gewinnen, und Veränderungen durch Nutzerinnen und Nutzer müssten nicht als Beschädigung verstanden werden, sondern als das Ausschöpfen des Poten­ zials, das ihnen die Architektur eröffnet (Abb. 4). Letztlich müsste man auch die enge Verknüpfung von Form und Qualität aufgeben, die die Diskussionen um Architektur und Städtebau schon seit Langem so quälend und ermüdend macht. Die Entweder-oderDiskussionen, in denen bestimmten Architekturformen prinzipiell Wertschätzung verweigert und anderen ebenso vorurteilsvoll zugestanden wird, geht an der Herausforderung des Bestands weit vorbei. In welchem Stil und mit welcher formalen Präferenz ein Gebäude errichtet wurde, welcher Stadtvorstellung ein Quartier folgt, kann keine Basis für die Frage sein, wie man dessen Qualität beurteilt. Grundlage für eine zukünftige, richtungsweisende Gestaltung des facettenreichen Bestands ist es, allem Gebauten vorurteilslos und neugierig zu begegnen, um bestehende und neue Qua­ litäten mit möglichst wenig Materialeinsatz zu sichern oder neu zu etablieren. Es ist nicht länger sinnvoll, ein Modell der Vergangenheit über andere zu stellen. Wer heute noch daran festhält, die europäische Stadt auf die Innenstadtbereiche und die Viertel

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4  Umbau des Werk 1 im Werksviertel am Ostbahnhof, München 2019, Hild und K

der Gründerzeit, also auf einen eng umzirkelten Bereich der Gesamtstadt zu reduzieren, hat die Aufgabe, die der Bestand in Gänze stellt, nicht verstanden: Dem größten Teil des Bestands wird damit verweigert, als Stadt zu gelten. Das schränkt nicht nur den Umgang mit dem Bestand jenseits eigener Präferenzen ein, sondern verhindert, dass die Logik und die Prozesse verstanden werden, die zu anderen Formen geführt haben. So mindert man nur die Möglichkeiten, mit dem Bestand einen produktiven und kreativen Umgang zu finden. So rechtfertigt man nur weiteren Abriss. Und letztlich werden die Menschen mit der Umgebung und den Gebäuden, in denen sie wohnen und heimisch sind, gleich ebenso pauschal mit abgewertet (Abb. 6). Die Chance besteht hingegen darin, im Umgang mit dem Bestand neue Qualitäten zu entdecken. Aus dem Bestehenden etwas zu entwickeln, bedarf der Zusammenarbeit Vieler und fordert handwerkliches Geschick. Das Resultat ergibt sich in einem Prozess und aus dem, was verfügbar ist. Bestand zu erhalten, bedeutet auch zu akzeptieren, wie er im Laufe der Jahre angeeignet wurde. Auch Anbauten und Erweiterungen sind Bestand. Eine Einheitlichkeit von Bauten herzustellen, wie so oft als das Wünschenswerte dargestellt, wird dem Bestand und seiner Geschichte nicht gerecht. Architektinnen und Architekten sollten sich vergegenwärtigen, dass auch Neubauten irgendwann Bestand sein werden. Die Her-

5 „Die Geschichte, die nie endet!“

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Anmerkungen   [1]  Deutsche Umwelthilfe 2022  [2]  Schröer 2022  [3]  Architects for Future 2021  [4]  Berkemann 2022a  [5]  Berkemann 2022b  [6]  Dittrich 2022  [7]  lernort garnisonkirche 2022   [8] wie Anm. 3, S. 11  [9]  BDA-Denklabor 2022 [10] Europäische Kommission: Europäischer Grüner Deal 2021 [11] Berkemann, ­Stadthalle Braunschweig 2021 [12] Tajeri 2018, S. 206 [13] Groys1992 [14] Deutsche Stiftung Denkmalschutz 2022 [15] Kasparek 2021 [16] zit. n. Sellner 2021 [17] Confurius 2017, S. 102

ausforderung, mit diesem Bestand umzu­ gehen, wird nur in die Zukunft verlagert. Zu kontrollieren, was in und mit diesen Bestands­bauten passiert, ist nur kurzzeitig einfacher: Diese Bauten und Areale sind auf eine zunächst dort stattfindende Nutzung optimiert, die den Menschen einer von der Architektur strukturierten Handlungs- und Bewegungsvorstellung unterordnet, was zu Beginn in den meisten Fällen auch so gewollt ist. Dies gilt solange, bis die Bauten Patina ansetzen, sich die Rahmenbedingungen ändern, unter denen die Häuser gebaut wurden, und sich – und genau das ist die Qualität des Bestands – über die ursprüng­ liche Nutzung und Bau­absicht eine neue Nutzung oder eine neue Funktion legt, die jene produktiven Leerräume erzeugt, die die Planenden nicht vorhersehen konnten.

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Dies als Qualität zu verstehen und darauf zu reagieren, ist ein nicht zu unterschätzender Gewinn für Architek­tinnen und Architekten. Sie könnten sich mehr, als es ihnen bei funktions- und nut­zungs­optimierten Neubauten gestattet wird, darauf konzentrieren und sich darauf einlassen, den Raum als eine eigene Qualität zu entwickeln. Wenn diese Qualität einmal erkannt ist, sind wir vielleicht auf dem besten Weg, den Bestand höher als den Neubau zu schätzen. Es wäre dann nicht mehr der Bestand ein defizitärer Neubau, sondern ein Neubau wäre dann nur der noch unfertige Bestand – weil er sich noch nicht als Ressource bewährt hat, noch nicht zeigen konnte, dass er Verän­ derungen gewachsen ist und (den Alltag) durch Mutationen und Transformationen bereichern kann (Abb. 5).

6   belebende Interventionen von Bewohnerin­ nen und Nutzern.

Mehr als Mine — der Gebäudebestand als mate­rielle und kulturelle Ressource

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Vernakuläre Architektur Peter Hoffmann

Im Zusammenhang des sortenreinen Bau­ ens ist ein Blick auf traditionelle oder verna­ kuläre Konstruktionen und Architekturen von großer Bedeutung, gerade weil die viel­ schichtigen und komplexen Bauweisen aktueller Gebäude so fortschrittlich erschei­ nen. Christian Schittich definiert den Begriff der vernakulären Architektur in seinem Buch „Traditionelle Bauweisen“ als „das Bauen der einfachen Leute ohne Zuhilfe­ nahme professioneller Planer“ [1]. Seit der sogenannten neolithischen Revolution, dem erstmaligen Aufkommen erzeugender Pro­ duktionsweisen, entwickelten die sesshaft gewordenen Menschen ab der Jungstein­ zeit (Neolithikum) über Jahrtausende hin­ weg Methoden des Bauens und Konstru­ ierens. Diese wurden lange nur mündlich überliefert und im Laufe der Zeit immer wei­ ter verbessert. Betrachtet man traditionelle Bauten mit der aktuell neu entwickelten Sensibilität für den Umgang mit unserer Umwelt, so ist es erstaunlich zu sehen, dass die im deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetz formulierten Maximen wie Reduktion und Wiederverwendung vor Jahrtausenden schon vollkommen selbstverständlich waren. Reduktion von Baustoffen und Flächen Bevor die Menschen sesshaft wurden, zogen sie als Nomaden von Ort zu Ort (Abb. 1). Dabei hinterließen sie mit ihren Zelten und Feuerstellen kaum Spuren, da Baumaterial eine wertvolle Ressource war, die sich immer wieder rückbauen ließ und neu zum Einsatz kam. Heute hingegen sind Gebäude mitunter

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auf Bohrpfählen gegründet, die die Mensch­ heit vermutlich lange überdauern werden. Die Spuren, die die Menschen mit ihren Bau­ ten hinterlassen haben, sind Zeugnis kultu­ reller Entwicklungen und im archäologischen Sinn faszinierend, sollten aber auch zum Nachdenken anregen, was künftige Genera­ tionen vorfinden werden. Mit zunehmender Verfügbarkeit günstiger Baustoffe im Rah­ men der fortschreitenden Industrialisierung seit dem letzten Jahrhundert wurde es immer weniger wirtschaftlich, gebrauchte Baustoffe wiederzuverwenden. Stattdessen werden diese nun in den meisten Fällen einer Wei­ terverwertung oder Deponierung zugeführt. So machten die Bau- und Abbruch­abfälle im Jahr 2019 ca. 55 % des Abfallaufkommens in Deutschland aus [2]. Ein weiteres Feld, in dem die vernakuläre Architektur ein großes Vorbild sein kann, ist der Umgang mit bebauter Fläche. Sowohl die Nomaden als auch die frühen Siedler lebten mit ihren Familien und Tieren auf engstem Raum in einem Zelt und später meist in Einraumwohnungen zusammen. Grund für die kleinen Wohnflächen waren in der Regel Armut und Knappheit an Res­ sourcen. Aus heutiger Sicht gewinnt die Frage nach einem sinnvollen Umgang mit Wohnfläche wieder deutlich an Relevanz – die Wohnfläche pro Kopf betrug in Deutsch­ land im Jahr 2020 47,4 m2, während sie im Jahr 1990 noch bei 34,8 m2 lag [3]. Die Gründe hierzu sind vielschichtig und vor allem in sozialen und typologischen Struktu­ ren zu finden. Der sparsame Umgang mit

umbautem Raum führt jedoch automatisch auch zur Reduktion von materiellen und energetischen Rohstoffen, die zu Herstel­ lung, Unterhalt (vor allem auch das Heizen und Kühlen) und Rückbau eines Gebäudes benötigt werden. Die traditionellen Häuser der breiten Bevölkerung waren hauptsäch­ lich aus ökonomischen Zwängen einer Res­ sourcenminimierung unterworfen, andere Aspekte der Nachhaltigkeit – wie soziale und ökologische Anforderungen – waren den finanziellen Aspekten meist unterstellt. Wenn alle am Bau Beteiligten von diesem traditionellen Umgang mit Ressourcen ler­ nen möchten, müssen wir die Effizienz und Suffizienz dieser Architekturen gemeinsam mit der Frage nach einer ökologischen Ver­ träglichkeit, nach einer sozialen Chancen­ gleichheit sowie einer ökonomischen Wertig­ keit betrachten, die durch das Vermeiden eines linearen Wirtschaftsgedankens (Abfall) im Bauwesen entsteht.

1 Jurte in der westlichen Mongolei. Die Struk­ turen sind für den Ab- und Wiederauf­ bau konstruiert. 2 Berberhöhlen in Sidi Driss, Matmata, Tunesien

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Verfügbarkeit und Wandel lokaler Bau­kulturen Bis zur industriellen Revolution im 18. Jahr­ hundert waren die Erscheinungsbilder der Häuser und Städte sowie deren Konstruk­ tionsweisen von den natürlich verfügbaren Baumaterialien und den daraus entstande­ nen baukulturellen Errungenschaften der lokalen Bevölkerung geprägt. Die Bauwei­ sen haben sich mit dem Aufkommen von Werkzeugen, Materialien und Technologien über Jahrhunderte weiterentwickelt und den ortstypischen Gegebenheiten angepasst. Die gestalterische Integration in den örtli­ chen Kontext war durch Material und Tradi­ tion selbstverständlich gegeben. Die Men­ schen haben früh gelernt, ihre Wohnungen topografisch angepasst zu positionieren und

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errichteten beispielsweise Höhlendörfer wie im tunesischen Matmata (Abb. 2) oder im chinesischen Shaanxi, um weniger expo­ niert zu sein und um möglichst wenig Mate­ rial und Ackerfläche zu verbrauchen. In kal­ ten Regio­nen wurde früh verstanden, die Energie der Sonne zu nutzen und in warmen Regionen die Behausungen so zu bauen, dass die Wohnungen möglichst gut ver­ schattet und belüftet sind. Das Beispiel der Höhlendörfer zeigt, wie in ganz unterschied­ lichen Regionen der Erde – bedingt durch ähnliche geografische und geologische Rah­ menbedingungen – unabhängig voneinan­ der ähnliche Bauweisen entstanden sind. Noch heute wird in vielen ärmeren Teilen der Welt mit natürlichen, lokalen Materialien gebaut, die teilweise immer noch günstiger und besser verfügbar sind als ortsfremde und synthetische Werkstoffe. Dennoch führ­ ten Industrialisierung und Globalisierung zu einer wesentlich schnelleren Veränderung und Anpassung der Bauweisen als früher. Bis zum Aufkommen der Industrialisierung standen noch nicht so viele und unterschied­ liche Werkstoffe zur Verfügung. Die immer wirtschaftlicher werden­den Produktions- und Transportmethoden führten zu einer globa­ len Verbreitung von industriell gefertigten Baustoffen, die die traditionellen Materialien und handwerklichen Bauweisen nach und nach zurückdrängten. Insbesondere auf­ grund besserer Witterungsbeständigkeit war der Einsatz langlebigerer Baustoffe wie beispielsweise Blech oder Beton auch in ärmeren Regionen erstrebenswert. Gebäu­ ­de aus natürlichen Baustoffen sind und waren verhältnismäßig wartungsintensiv, da diese Materialien ansonsten mit der Zeit durch Verrottung (z. B. Holz, Schilf) und Ero­ sion (Lehm) unerwünscht schnell in ihren natürlichen Kreislauf zurückgeführt worden wären (Abb. 3, S. 42). Der konstruktive Bau­ tenschutz spielt über alle Bauweisen hinaus als Schutz vor Wasser eine große Rolle. Steile, mit wasserbeständigen Materialien gedeckte und weit über die Außenwände vorstehende Dächer schützen beispiels­ weise die darunterliegenden Bauteile. Ein Sockel (z. B. aus Naturstein) verhindert das Aufsteigen von Feuchtigkeit und Spritzwas­ ser in die Wände von unten. Ebenso können

Vernakuläre Architektur

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vorgehängte Fassaden etwa eine Lehm­ wand vor Erosion schützen. Die Ideologie war über Jahrhunderte immer die gleiche: Durch intelligentes Schichten kamen Mate­ rialien aufgrund ihrer klimatischen oder kon­ struktiven Eigenschaften immer wieder dort zum Einsatz, wo sie sinnvollerweise benö­ tigt wurden sowie reversibel und lokal ver­ fügbar waren (siehe „Schichten als kreislauf­ gerechtes Prinzip“, S. 118ff.). Der stetig wachsende Anspruch an Komfort und Beständigkeit im Bauwesen führt vor allem in Bezug auf die thermische Hülle eines Gebäudes jedoch zu immer komple­ xer werdenden Konstruktionen und damit zu einem immensen Wandel im Bauen. Dieser hat seit Beginn des 20. Jahrhunderts ver­ stärkt unzerlegbare Kompositaufbauten zur Folge, die schließlich am Ende der Nutzungs­ dauer nachweislich riesige Mengen an Son­ dermüll im Bauwesen verursachen. Als Bei­ spiel kann hier die Wärmedämmung dienen. Um den Energieverlust von Gebäuden zu verringern, rückt deren Hülle immer mehr in den Vordergrund der Betrachtung. Dass die in der Anschaffung wirtschaftlichen Wär­ medämmverbundsysteme gleichzeitig die am wenigsten kreislauffähigsten und damit abfall­intensivsten Dämmmethoden darstel­ len, wird häufig übersehen. Ohne tiefer auf die technisch-konstruktive Problematik vie­ ler dieser Systeme einzugehen, lassen sich die meisten kaum sortenrein zurückbauen, wie es etwa bei schichtweise vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden möglich ist. Die all­ gegenwärtige Frage nach einem vertretba­ ren Ressourcenverbrauch zwingt uns auch hier dazu, einerseits den energetischen Fuß­ abdruck von Gebäuden zu minimieren und andererseits die Dämmung als Teil eines rückbaubaren und wieder einsetzbareren Kreislaufs zu verstehen. Die Beispiele auf S. 130ff. zeigen Ansätze, die vom Material sowie der Fügetechnik her beiden Anforde­ rungen gerecht werden können, wobei auch hier zukünftig noch mehr Forschung und Innovation notwendig sind. Materialien des vernakulären Bauens Gestaltung und Konstruktionsweisen verna­ kulärer Bauten sind neben der traditionell überlieferten Handwerkskunst im Wesent­

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lichen von der lokalen Verfügbarkeit von ­Baumaterial abhängig, was wiederum das Erschei­nungsbild von einzelnen Gebäuden oder sogar ganzen Städten prägt. Diese seit Jahrtausenden bekannten Materialien lassen sich in die Kategorien der nachwachsenden und der mineralischen Baustoffe einteilen. Nachwachsende Baustoffe Das bekannteste Material unter den nach­ wachsenden Baustoffen ist sicherlich Holz. Durch die Einlagerung von Lignin in den Zell­wänden der Pflanzen (Lignifizierung) ver­ holzen diese und verleihen dem Material seine Druckfestigkeit, wodurch Holz zum universellsten unter den nachwachsenden Baustoffen geworden ist. Überall dort, wo es viel Holz gibt, haben Holzbauten lange das regionale Erscheinungsbild dominiert. Das Material kommt sowohl für Tragwerke als auch für Fassaden- und Dachbekleidungen sowie für Ausbauten zum Einsatz. Wie sich regionale Verfügbarkeit und Erscheinungs­ bild vernakulärer Architekturen bedingen, zeigt sich am Beispiel von Holz sehr gut. Es wächst in niederschlagsreichen Regionen wesentlich besser als in niederschlagsarmen Gegenden der Erde. Wo viel langes und gerade gewachsenes Holz vorhanden ist, entstanden z. B. Blockhäuser, die heute als moderne Strickbauten vor allem im Alpen­ raum immer noch errichtet werden (Abb. 4). Hierbei wird gut vor Augen geführt, wie der technische Fortschritt das traditionelle Erscheinungsbild beeinflusst hat: Vor der Entwicklung großer Sägen waren Blockbau­ ten noch aus vollen Stammquerschnitten gebaut. Mittlerweile werden die einzelnen Hölzer moderner Strickbauten auf compu­ tergesteuerten CNC-Maschinen millimeter­ genau abgebunden und das Material ent­ sprechend der statischen und bauphysika­

3 Lehmhütten in Ghana, rein aus natürlichen Materialien gebaut 4 traditioneller Strickbau, Graubünden, Schweiz

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lischen Anforderungen ressourcensparend eingesetzt. Seit jeher wurde in regenreichen Ländern nicht nur viel mit diesem sehr gut zu ver­ arbeitendem Material gebaut. Und entspre­ chend mussten auch die Bauwerke vor Was­ser geschützt werden. Hier dominieren geneigte Dächer beispielsweise in Form von Satteldächern das architektonische Erschei­ nungsbild. Es entstanden große Vordächer und damit der konstruktive Holzschutz. Auf diese Weise haben sich besonders dauer­ hafte und damit auch nachhaltige Typolo­ gien entwickelt, wie etwa das Schwarzwald­ haus mit seiner markanten Dachform. Im Hinblick auf die Sortenreinheit dieser Kon­ struktionen lässt sich feststellen, dass frühe Holzbauten mit ihren mechanischen und oft monomateriellen Knotenpunkten schon immer gut demontierbar waren (Abb. 5). 5 traditionelle Holz­ verbindungen, hier ­Überblattungen, nach Krauth-Meyer 1895 6  traditioneller Fach­werk­ bau als Stabtragwerk. Alle Fügungs­details sind in einer sor­ten­ reinen Holzkonstruk­tion ausgeführt ohne wei­ tere Hilfsmittel. 7 Nahaufnahme eines traditionellen Fach­ werkbau mit Lehm­ ausfachung. Die Aus­ fachung ist zu 100 % kreislauffähig.

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Gebäude konnten abgebaut und an ande­ rer Stelle wiederaufgebaut sowie Balken alter Abbruchhäuser in neu errichteten Bau­ werken wieder integriert werden. Die Spu­ ren hiervon lassen sich in vielen historischen Häusern auch heute noch häufig ablesen. Dem kommt auch zugute, dass Holz leicht und gut zu transportieren ist. Die im Vergleich zu anderen tragenden Bau­ teilen geringe Masse von Holz erfordert eine beson­ders sorgfältige entsprechende Pla­ nung, um ein ausgewogenes Innenraum­ klima zu generieren. Mit ergänzenden, ther­ mische Masse erzeugenden Bauteilen (z. B. Lehmbauplatten, Putzen, Innenwand- oder Bodenaufbauten) lassen sich auch im Holz­ filigranbau erforderliche klimatische Ergeb­ nisse erzielen und vorgegebene Anforderun­ gen gesetzlicher Regularien erfüllen. In Regionen, in denen es weniger Holz gibt, wird das Material sparsamer und häufig nur für Tragwerke verwendet. In einer Zeit, in der Holz durch klimatische Veränderungen wieder knapp zu werden scheint, lohnt sich erneut ein Blick auf die traditionellen Bau­ weisen. So wurde in den für Mitteleuropa typischen Fachwerkhäusern (Abb. 6 und 7) oder den konstruktiv ähnlichen Hanok in Korea, den Minka in Japan oder den Holz­ skelettbauten Ozeaniens, Süd­ost­asiens und Lateinamerikas Holz in Form von Skelett­ konstruktionen sparsam eingesetzt. Je nach Klima sind hier Hybridbauten mit hölzernen Primärkonstruktionen und Aus­fachungen entstanden, beispielsweise aus Lehmstei­ nen in kälteren Regionen bzw. Gebäude­

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Vernakuläre Architektur

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hüllen aus Bambuspaneelen oder Schilf­ matten in wärmeren Ländern. Bedingt durch die Verwendung von mineralischen Binde­ mitteln in Mörteln ist eine sortenreine Tren­ nung im Fall von Fachwerkhäusern etwas problematischer als bei reinen Holzhäusern oder mit (Schilf-)Matten bekleideten Skelett­ konstruktionen. Jedoch lassen sich die Aus­ fachungen von traditionellen Fachwerken meist problemlos einem ökologischen Kreis­ lauf zuführen, wenn diese aus natürlich ­vorkommendem Lehm ohne synthetische Zusätze hergestellt sind. Mineralische Baustoffe Zu den klassischen mineralischen Baustof­ fen traditioneller Architektur gehören neben Naturstein und Lehm auch gebrannte Zie­ gel. Zum Einsatz kommen diese Baustoffe als Aus­fachungen in den zuvor erwähnten hy­briden Fachwerkkonstruktionen sowie in mono­­materiellen Bauweisen. Wie bei ande­ ren Baumaterialien auch, gibt es Gebäude aus Naturstein meist dort, wo dieser natür­ lich vorkommt und gut abbaubar ist. Bedingt durch die aufwendige Verarbeitung fand das Material bevorzugt Anwendung in reprä­ sentativen profanen und sakralen Architek­ turen. In den Tessiner Alpen oder Gebirgs­ regionen Zen­tralasiens, etwa in Tibet, haben steinerne Häuser allerdings auch eine lange Tradition bei Wohn- oder Landwirtschafts­ gebäuden. Mit Mörtel verbundene Steine oder als Trockensteinmauern konstruierte Gebäude sind extrem dauerhaft gegenüber Witterungseinflüssen. Holz kam hier meist nur sehr sparsam im Bereich von horizon­ talen Bauteilen wie Decken oder Dachkon­ struktionen zum Einsatz. Dachdeckungen hingegen wurden häufig wieder in Form von Steinplatten ausgeführt. Natürlich lassen sich besonders trockene, d. h. ohne Mörtel gemauerte Konstruktionen im Sinne der Sor­ tenreinheit besonders leicht rückbauen und in einen Wiederverwendungskreislauf rück­ führen, da diese nur geschichtet und nicht durch Bindemittel verbunden sind. Das Schichten der Steine zu annähernd fugen­ losen Mauern, die allein durch ihr Eigenge­ wicht und gegenseitige Verkantung Stabili­ tät erlangen, erweist sich jedoch als sehr anspruchs­voll und bedarf viel Erfahrung. Im

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8 Steinkonstruktion der Casa d‘Estate, Sommer­ haus, Linescio, Schweiz, 2019, Buchner Bründler Architekten 8

Gegensatz zu Holz ist Stein ein sehr schwer zu verarbeitendes, aber dafür besonders dauerhaftes Material (Abb. 8). Zahlreiche traditionelle Häuser mit steinernen Wänden und aus Holz ausgeführten Horizontal­kon­ struk­tionen zeigen, wie sich beide Materia­ lien ergänzen lassen und wie sortenreine Hy­brid­kon­struk­tionen entstehen können, in denen unterschiedliche Baustoffe material­ gerecht zur Anwendung kommen. Ebenso traditionsreich wie die Verwendung von Stein ist der Einsatz von Lehm zum Bau von Behausungen (Abb. 10). Als eines der ältesten und meistgebrauchten Baumateria­ lien der Welt geht man aktuell davon aus, dass ca. 8 – 10 % der Menschheit weltweit in Häusern leben, die teilweise oder vollstän­ dig aus Lehm gebaut sind, in Entwicklungs­ ländern liegt der Anteil bei 20 – 25 % [4]. Lehm ist nahezu unbegrenzt als Baustoff vorhanden und dabei 1:1 in den biologi­ schen Kreis­lauf rückführbar. Das Material besteht aus Ton, Schluff und Sand und ist in unterschiedlichen Zusammensetzungen fast über­all im Boden vorhanden. Die natürliche Bindekraft und Festigkeit des Lehms nutzen Menschen seit Jahrtausenden, um daraus Häuser zu fertigen. Das Material wird dabei meist in Form von Stampflehmwänden oder als luftgetrocknete Lehmziegel eingebaut. Bedingt durch seine gute plastische Form­ barkeit und seine konservierenden Eigen­ schaften kommt Lehm auch sehr häufig als Ausfachung filigraner Konstruktionen wie hölzerner Fachwerke oder als Putzschicht

9 Lehmkonstruktion der Großen Moschee von Djenné, Mali

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10 Lehm­bau­kon­struk­ tion der Sus­tai­n­able Urban Dwelling Unit, Ethiopian Institute of Architecture, Building Construction and City Development (EiABC), Forschungsprojekt zur Verwendung der loka­ len Ressource Lehm im zweigeschossigen Woh­nungsbau. a Einstampfen des Lehms in Holzgleit­ schalung b Holzgleitschalung für die Außenwand des Gebäudes

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zum Einsatz. Neben den vielen ökologi­ schen Vorteilen wirken sich Bauteile aus Lehm äußerst positiv auf ein konstantes Raumklima aus, indem Luftfeuchtigkeit und – bedingt durch die große thermische Masse – Wärme gespeichert und zeit­ versetzt wieder abgegeben werden. Da Lehm – im Vergleich zu anderen plastisch formbaren Baustoffen wie beispielsweise Beton – nicht in einem chemischen Prozess abbindet, sondern lediglich physikalisch aushärtet, ist das Material recht empfind­ lich gegenüber Erosion durch Regenwas­ ser. Diese lässt sich durch sogenannte ­Erosionsbremsen (z. B. Trasskalkschichten oder größere Kieselsteine) kontrollieren, andernfalls sind Bauten im Außenbereich besonders gut gegen Feuchtigkeit zu schüt­ zen oder bedürfen der wiederkehrenden Wartung und Pflege. Folglich befinden sich solche Häuser eher in Regionen, in denen weniger Niederschlag die Regel ist. So ent­ standen beispielsweise im Jemen oder in Mali beeindruckende Lehmarchitekturen, die Zeugnis kultureller und technischer Höchstleistungen sind (Abb. 9). In diesen niederschlagsarmen Regionen gibt es auch vermehrt flache anstelle geneigter Dächer. Hier zeigt sich erneut die Wechselwirkung von geografischen Bedingungen, materiel­ ler Verfügbarkeit und dem Erscheinungsbild traditioneller Architekturen. Auf der Suche nach robusteren Baustoffen haben die Menschen bereits vor über 5000 Jahren entdeckt, dass sich die Beständig­ keit gegenüber Wasser von Lehm- oder Ton­ ziegeln durch Brennen verbessern lässt. Bei hohen Temperaturen von über 1100 °C sin­ tert das tonhaltige Material und wird dadurch

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besonders unempfindlich gegen Feuchtig­ keit. Wie auch ungebrannte Lehmsteine sind die nach dem Brennen als Ziegel bezeich­ neten Steine sehr gut auf Druck belastbar. Durch den Brennprozess erhöht sich nicht nur die Beständigkeit gegenüber Wasser, sondern auch die Festigkeit. Traditionell wur­ den die Ziegel mit Kalkmörtel zu Wänden oder Gewölben gefügt. Sehr viel Einsatz ­fanden Ziegel auch als Ausfachungen von Skelettbauten und später in Form dünnerer Platten zur Deckung von Dächern. Bis zum 19. Jahrhundert war dieser Baustoff meist nur repräsentativen Architekturen und den Häusern der wohlhabenden Bevölke­ rungsschicht vorbehalten, was sich danach jedoch durch industrielle Produktion mehr und mehr änderte. „Mit den gebrannten Ziegeln hatten endlich auch die einfachen Leute einen wetterfesten und stabilen Ersatz für ihre wartungsaufwendigen Mauern aus luftgetrockneten Lehmsteinen.“ [5] Die Geschichte des Baustoffs zeigt jedoch auch, wie sich die Verbesserung von Beständig­ keit und Komfort unmittelbar auf den Ver­ brauch von Ressourcen zur Herstellung aus­ wirken kann. Die Rodung von unzäh­ligen Quadratkilometern Wald auf der ganzen Welt, um die zum Brennen der Ziegel benö­ tigte Energie zu erzeugen, ist eines der ein­ drücklichsten Beispiele dafür, wie der Erfolg eines Baustoffs ganze Natur- und Kultur­ landschaften nachhaltig geprägt hat. Diese Entwicklung ist dabei wieder stark abhängig von lokalen klimatischen Bedingungen und der Verfügbarkeit von Baustoffen und Ener­ gieträgern. Am Beispiel der Ziegelherstel­ lung wird auch deutlich, welche Folgen aus dem soziokulturellen Umfeld resultie­ ren: Wäre sämtliches Holz, das zum Bren­ nen der Ziegel der gemauerten Gebäude notwendig war, zum Bau geeignet gewesen und anstelle von Mauerwerk direkt dafür verwendet worden, so hätten Unmengen an Material gespart und CO2 gebunden werden können, anstatt es zu emittieren. Metallische Baustoffe Metalle stellen heute einen wichtigen Teil der gängigsten Baumaterialien dar. Während sie traditionell und vor allem bereits in der Antike zur Herstellung von Verbindungs­materialien

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wie Spangen, Klemmen, Dorne oder Nägel im Bauwesen genutzt wurden, beginnt im 18. Jahrhundert mit Einzug der ersten Indus­ trialisierung und neuen Verkokungsmetho­ den die kostengünstige Herstellung von Gusseisen. Dadurch war auch die Herstel­ lung von Metallprofilen im größeren Produk­ tionsmaßstab möglich. Walzprofile wurden ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die gän­ gige Methode im Eisenbau, der vorrangig im Ingenieurs- und Industriebau zum Ein­ satz kam. Diese ersten Anwendungen nutz­ ten die hohe Druckbeständigkeit des Mate­ rials aus, wobei die Zugfestigkeit und auch die Biegesteifigkeit der damaligen Eisen­ produkte sehr gering waren, was sich auch an den oft gewölbeartigen Strukturen jener Zeit ablesen lässt. Zusammengefügt wurden diese Konstruktionen meist durch Nieten oder später auch Verschraubungen, was ihren Auf- und Abbau stark ver­ein­fachte, wie das Beispiel des Crystal Palace zur Welt­ ausstellung in London 1851 eindrucksvoll zeigt (Abb. 1, S. 49). Dort kam ein Großteil des Materials nach Ende der Ausstellung und dem anschließend erfolgten rückstands­ losen Abbau in Sydenham wieder in einem Museum- und Ausstellungsgebäude zum Einsatz, wo es bis 1936 verblieb. Zum Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden schließlich immer bessere Materialkennwerte erzielt, nachdem die Industriebetriebe den Kohlenstoffanteil in den Eisen-Kohlenstoff-Legierungen durch neue Herstellungsprozesse weiter senken und dadurch höhere Zugfähigkeiten sowie Biegesteifigkeiten des Materials erreichen konnten. Diese Legierungen, nun Eisenstahl genannt, erlaubten massenhafte und sehr weitreichende Einsatzmöglichkeiten im Bau­ wesen und ebneten weltweit den Weg für den Erfolg des Stahlbaus im Bauboom der 1920er- und 1930er-Jahre. Dabei kamen jedoch auch andere Verbindungsmethoden zum Einsatz, vermehrt Verschweißungen der Profile, was eine Wiederverwendung der Teile erschwerte, wenn nicht sogar unmöglich machte. Auch setzte sich zu Beginn des 20. Jahr­ hunderts der armierte Betonbau immer mehr durch. So wurde Beton zum am ­häufigsten verwendeten Material in der

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Bauindustrie, vornehmlich aus Gründen der Langlebigkeit, der Kosten und der Verarbei­ tung. Dabei spielte der darin enthaltende Stahl seine immer besser werdenden Quali­ täten als zugfestes und effizient einsetzba­ res Material voll aus. Doch auch hier ver­ hinderte die monolithische, nicht trennbare Verarbeitungsweise im Betonbau eine Wie­ derverwendung. Und so entwickelte sich Mitte des 20. Jahrhunderts ein anderer Weg der Weiternutzung dieser Baustoffe: die Wiederverwertung. Im Jahr 2019 betrug der Recyclinganteil der deutschen Rohstahlpro­ duktion 44,6 % [6], durch eine weitere Ver­ schärfung politischer Vorgaben und Geset­ zesänderungen im Kreislaufwirtschaftsge­ setz geht man hier in den nächsten Jahren sogar von einer weiteren Erhöhung aus, zumal der ökologische Fußabdruck bei der Wiederverwertung erheblich geringer aus­ fällt als bei der Primärgewinnung. Fügungstechniken vernakulärer Bauten Als eines der zentralen Themen sortenreiner Konstruktionen ist der Blick auf traditionelle Fügungstechniken einzelner Baustoffe von besonderer Bedeutung (Abb. 11). Im Sinne des sortenreinen Bauens sind mechanische Verbindungstechniken chemischen Verbin­ dungen vorzuziehen, da sie sich wesentlich besser lösen lassen. Als Beispiel seien hier die kraft- oder formschlüssigen Verbindun­

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11 Traditionelle Verbin­ dungstechniken, hier im Bambusbau, lassen sich als durchweg mechanische Verbin­ dungen wieder voll­ ständig sortenrein lösen. Darstellung nach Gernot Minke

Anmerkungen [1] Schittich 2019, S. 18 [2] Umweltbundesamt 2022 [3] de.statista.com [4] Marsh / Kulshreshtha 2021 [5] wie Anm. 1, S. 16 [6] de.statista.com [7] Habenicht 2009, S. 142 [8] ebd.

gen von Trockensteinmauern oder Schwal­ benschwanzverbindungen im Holzbau genannt (Abb. 7, S. 43). Dabei sind mono­ materielle Verbindungen (wie z. B. zimmer­ mannsmäßige Verbindungen im Holzbau, Abb. 5, S. 43) sogar ganz ohne metallische Verbindungsmittel wie Schrauben oder Nägel möglich. Mit steigenden Ansprüchen an die Luftdichtigkeit von Gebäuden rücken stoffschlüssige Verbindungen immer weiter in den Fokus des Bauens. Diese Verbindun­ gen, zu denen beispielsweise auch Mörtel­ fugen gehören, lassen sich nicht ohne Ein­ schränkungen lösen und machen eine Wie­ derverwendung komplizierter. Im Bereich der chemischen bzw. stoffschlüssigen Ver­ bindungen muss man zwischen natürlichen und synthetischen Bindemitteln differenzie­ ren. Natürliche Bindemittel können ohne negative Folgen in den biologischen Kreis­ lauf zurückgeführt werden. Natürliche orga­ nische Klebstoffe, sogenannte Biopolymere, sind seit Jahrtausenden bekannt, spielen aber im zeitgenössischen Bauen kaum eine Rolle, da sie meist eine geringere Bestän­ digkeit, vor allem gegenüber Feuchtigkeit, aufweisen als synthetische Bindemittel. So ist beispielsweise Knochenleim biologisch voll abbaubar und wird seit Jahrhunderten – lange vor der Entwicklung synthetischer Leime und Klebstoffe – als chemisches Ver­ bindungsmittel auf Basis von Tierknochen eingesetzt. Heutzutage werden Hölzer aller­ dings meist mit synthetischen Stoffen ver­ klebt, was einem Haften an der Oberfläche entspricht. Dagegen versteht man Verleimen eher als Verankern an der Oberfläche [7]. Es gibt vermehrt forschungsbasierte Ansätze, um eine neue Klasse von synthetischen Kleb­ stoffen zu entwickeln, die in biologischen Systemen mikrobiell abbaubar sind [8]. Jedoch sind auch hier noch einige Jahre der Forschung notwendig wie auch der poli­ tische Wille, diese in eine breite Anwendung zu bringen. Auf der Seite der mineralischen chemischen Verbindungsstoffe ist hier im Hinblick auf vernakuläre Bauweisen insbesondere an der Luft trocknende, nicht hydraulische Kalk­ mörtel von Interesse. Gebrannter Kalk wurde bereits vor Jahrtausenden als mineralisches Bindemittel entdeckt. Unter Zugabe von

Wasser entsteht ein plastisch formbarer Mörtel, der unter Aufnahme von CO2 aus der Luft dauerhaft aushärtet. Von traditionellen Methoden für die Zukunft lernen Wie können Architektinnen und Architekten also von vernakulären Bauten lernen, um nachhaltiger im Sinn der Sortenreinheit zu bauen? Neben den allgemein bekannten Grundsätzen wie der Effektivität (die Res­ sourcen besser einsetzen) und der Suffi­ zienz (die Reduktion von Fläche, Volumen und eingesetzten Ressourcen) ist es vor allem die Konsistenz, in gegebenen natür­ lichen und technischen Kreisläufen zu ope­ rieren, die in Zukunft für das Bauwesen rele­ vant sein wird. Diese Relevanz ergibt sich einerseits aus einem gesellschaftlichen Auf­ trag, besser, sozialer, ressourcenschonen­ der und abfallfrei zu bauen, und andererseits aus einer politischen Weichenstellung, die ein einfaches „Weiter so“ nicht mehr erlaubt. Um Baustoffe und damit wichtige Ressour­ cen wieder in den Kreislauf aufnehmen zu können, sollten Planende und Bauschaf­ fende einzelne Teile und ganze Gebäude so entwickeln und herstellen, dass sich diese möglichst unkompliziert in ihre Komponen­ ten in ursprünglicher Qualität zerlegen las­ sen. Mechanische Verbindungen, die in ­traditionellen Bauweisen eine weit größere Rolle als in zeitgenössischen Konstruktionen spielen, sind dabei heutigen synthe­tischen Verbindungen vorzuziehen. Mit der Rückbe­ sinnung auf mechanische und lösbare Bau­ teilverbindungen wäre ein großer Schritt hin zum sortenreinen und damit kreislaufgerech­ ten Bauen getan. Synthetische Verbindungs­ mittel sind, sofern sie sich trotz stoffschlüs­ siger Verbindung wieder lösen lassen, weit­ aus akzeptabler, wenn es sich dabei um biologisch abbaubare Werkstoffe handelt. Darüber hinaus wäre, entgegen dem Trend der globalen Verfügbarkeit von Produkten, auch eine Rückbesinnung auf die Verwen­ dung lokal vorhandener Baustoffe erstre­ benswert, auch in Anbetracht der Transport­ wege und der Stärkung lokaler Wertschöp­ fungsketten. So lohnt sich durchaus der Blick auf traditionelle Bauweisen, um einen Schritt in die Zukunft zu gehen.

Vernakuläre Architektur

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Von temporären Bauten lernen Falk Schneemann

Unter temporären Bauten versteht man Ge­­ bäude und Konstruktionen mit einer unty­ pisch kurzen Nutzungsdauer. Diese sind so konzipiert und konstruiert, dass eine einfa­ che Demontage möglich ist. Sei es, um sie in gleicher Form an einem anderen Ort wieder aufbauen bzw. Teile oder Materialien wieder­ verwenden zu können, oder aber, um sie ­leider auch einfach zu entsorgen. Antrieb für eine Wiederverwendung in der gleichen oder einer anderen Gestalt war bis vor Kur­ zem fast ausschließlich die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit, was sich inzwischen geän­ dert hat. Beispielsweise sollte ein Marktstand, schlicht um Kosten zu sparen, nicht an jedem Ort oder für jeden Markt neu gefertigt, son­ dern demontiert und an anderer Stelle wie­ deraufgebaut werden können. Um dies zu gewährleisten, muss die Demontage zwin­ gend zerstörungsfrei und mit wenig Aufwand möglich sein. Da diese Anforderungen exakt denen entsprechen, die sich heute für ein sortenreines Konstruieren und Entwerfen ergeben, stellt sich hier die Frage, ob sich aus dem temporären und mobilen Bauen der Vergangenheit Lehren für Gegenwart und Zukunft ziehen lassen. Temporäres Bauen ist allerdings nicht automatisch synonym mit einem kreis­lauf­gerechten Bauen – man denke nur an mobile Baucontainer aus ver­ klebten Sand­wichelementen. Innovation als Treiber Beispiele für temporäre Bauten reichen weit zurück. Vermutet wird, dass die ersten Behausungen mobile und damit temporäre

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Bauten waren, entweder um den Bedürfnis­ sen eines nomadischen Lebens gerecht zu werden oder um bei der Jagd mobil zu sein. Interessanter für das folgende Kapitel erscheinen aber Bauten und Konstruktionen ab dem Zeitpunkt der massenhaften Indus­ trialisierung des Bauwesens, da Material­ gebrauch und Konstruktionsweisen dem heutigen Bauen schon sehr ähnlich waren. Der Crystal Palace: eine frühindustrielle kreislaufgerechte Bauweise? Der Crystal Palace wurde für die Weltaus­ stellung von 1851 in London geplant und gebaut (Abb. 1). Das Gebäude sollte im Rahmen eines sehr knappen Budgets reali­ siert werden. Weitere Anforderungen waren von Anfang an eine kurze Bauzeit und eine Demontierbarkeit, unter anderem weil das Gebäude im Hyde Park errichtet wurde und die Londoner Öffentlichkeit eine dauerhafte Beeinträchtigung des Parks nicht akzeptiert hätte. Ein erster Wettbewerb brachte keine befriedigenden Ergebnisse, sodass das bri­ tische Multitalent Joseph Paxton nach dem Wettbewerb aufgefordert wurde, einen Ent­ wurf zu verfassen. Dieser Entwurf – entstan­ den in Zusammenarbeit mit dem Ingenieur William Barlow – sprengte noch immer das Budget, aber man behalf sich dadurch, dass die ausführende Firma eine Garantie gab, den Palast für eine festgelegte Summe nach der Weltausstellung zurückzunehmen, was den Gedanken der Wiederverwendung und -verwertung von Material oder Bautei­ len implizierte. Dies geschah zunächst aber

1 1 Der Crystal Palace war aus Millionen einzelner, standardisierter Elemente konstruiert. Crystal Palace, Weltausstellung London 1851, Joseph Paxton, William Barlow 2 Das Lustron-Haus war von Carl Strandlund als Bausatz konzipiert, der schnell und einfach von zwei Personen montierund demontierbar war.

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nicht, sondern das Gebäude wurde nach der Ausstellung demontiert, an einen ande­ ren Ort in London transportiert und inklusive Erweiterung wiederaufgebaut [1]. Schon 1852 hatte der Architekt Charles Burton einen Entwurf für einen 198 m hohen Wolken­ kratzer publiziert, für den er das Skelett des Crystal Palace wiederverwenden wollte [2], was abermals einen Materialkreislauf bedeu­ tet hätte. Dies blieb allerdings eine Vision, und das Gebäude wurde 1936 von einem Feuer fast vollständig zerstört. Die Abmessungen und Bauweise des Crys­ tal Palace waren für damalige Verhältnisse beispiellos. Der Baukörper hatte die Aus­ maße von 563 m Länge, 124 m Breite und 33 m Höhe in der zentralen Halle. Der Auf­ bau war strikt modular und basierte auf dem Maß der damals größten Glasscheiben auf dem Markt. Mehr als 1000 gusseiserne Stüt­ zen bildeten zusammen mit ebensolchen Trägern ein Skelett, dass sich selbst aus­ steifte und ganz ohne tragendes Mauer­ werk auskam. Alle Teile waren vorgefertigt, sodass die Bauzeit nur acht Monate betrug. Die Kombination aus frühindustrieller Bau­ weise, viktorianischem Stil und formalen Anleihen aus der Pflanzenwelt erscheint aus heutiger Perspektive etwas überraschend. Konstruktiv und aus Sicht der Kreislauffä­ higkeit setzte das Bauwerk allerdings neue Standards, die bis heute Gültigkeit haben. Besonders die Tatsache, dass ein so hoch­ spezialisiertes Gebäude aus vielen kleinen „neutralen“ Bauteilen besteht, die fast wie Steckbausteine zu Neuem kombiniert wer­

den können, beeindruckt noch immer. Ob die Idee, dass aus einer temporären Aus­ stellungsarchitektur ein Wolkenkratzer ent­ stehen kann, realistisch war, mag bezweifelt werden, sie überzeugt allerdings durch ihren visionären Ansatz. Die Lustron-Häuser: Bauen nach dem seriellen Steckprinzip Die Ideen für industriell hergestellte und frei zusammensetzbare Bauwerke basierend auf seriellen Elementen entstanden immer wie­ der, vor allem in Zeiten großer gesellschaftli­ cher Krisen. Auch die sogenannten Lustron­ Häuser waren vorgefertigte Stahlelement­ häuser mit emaillierten Bauteilen, die der Chicagoer Industrielle und Erfinder Carl Strandlund nach dem Zweiten Weltkrieg als Reaktion auf den Wohnungsmangel in den Vereinigten Staaten für zurückkehrende Sol­ daten entwickelte (Abb. 2). Sie galten als wartungsarm sowie äußerst langlebig und sollten moderne Familien anziehen, die möglicherweise nicht die Zeit oder das Interesse daran hatten, herkömmliche Holz­ oder Steinhäuser unter großem Aufwand instand zu halten. Strandlund hatte es in den 1940er­Jahren bereits geschafft, Tank­ stellen nach einem ähnlichen Prinzip zu konstruieren, und so stieg er nach dem Zweiten Weltkrieg mit derselben Idee in den Wohnungsmarkt ein. Die Häuser waren extrem einfach konzipiert, sodass zwei Per­ sonen die entsprechend klein und leicht dimensionierten Teile in wenigen Tagen zusammenbauen konnten. Ein Handbuch,

Von temporären Bauten lernen

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3  Das demontierbare Fertighaus Maison Tropicale entwickelt seine Sprache aus Details und Materialien, die aus dem Maschinen-, Boots- oder Flugzeugbau entlehnt waren, Westafrika, 1949—1951, Jean Prouvé

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ähnlich einer technischen Anleitung aus dem Haushaltsgerätesektor, half dabei. Die Produktion wurde 1950 allerdings nach nur einem Geschäftsjahr wieder eingestellt, da das Unternehmen erhaltene Startkredite nicht zurückzahlen konnte. Während der kurzen Produktionszeit des Lustron-Hauses wurden aber über 2000 Häuser gebaut, von denen viele noch heute in Gebrauch sind. Jean Prouvés demontable Konstruktionsprinzipien Einen ähnlichen visionär-industriellen Ansatz verfolgte der französische Architekt Jean Prouvé, der sich in vielen Details und Produk­ tionsmethoden seiner Architektur am Fahr­ zeug- oder Flugzeugbau orientierte. Einen nicht unerheblichen Teil seines Œuvres nehmen allerdings auch Möbel ein, deren Herstellungs- und Fügungsmethoden eben­ falls großen Einfluss auf seine Bauten hat­ ten. Prouvé entwickelte Konstruktionsmetho­ den, Organisationsprinzipien und Details stets im Sinne einer einfachen Montier- und Demontierbarkeit. Ein einzelnes Bauwerk repräsentierte für ihn daher immer nur einen temporären Entwicklungsstand seiner eige­ nen Forschung oder die Anpassung eines bestehenden Prinzips beispielsweise an die jeweilige Klimazone. Dementsprechend führt die Beschäftigung mit Prouvé als Vor­ reiter des kreislaufgerechten Bauens nicht zu einem einzelnen Projekt, sondern zu ­seinen fortwährend entwickelten Konstruk­ tionsprinzipien. Deren Startpunkt bildete ein Patent für eine „demontable Stahlrahmen­

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konstruktion“ aus dem Jahr 1939. Das ­Prinzip findet sich in unterschiedlicher Aus­ prägung unter anderem in den Maisons démontables (1944), der Maison Ferembal (1948), der Maison Métropole (1949) und der Maison Tropicale (1949 –1951) wieder (Abb. 3). Obwohl die Bauten auf den ersten Blick durchaus recht unterschiedlich erschei­ nen, bleiben die Prinzipien, die hier von Interesse sind, dieselben [3]. Die Häuser bestanden stets aus Elementen, denen klar eine primäre Funktion zugewiesen wurde: Fundament, Bodenplatte, Tragwerk, Fas­ sade, Dach. Alle Elemente besaßen Maße, die einen Transport per Lkw oder Flugzeug ermöglichten. Sie hatten klare Fügungsprin­ zipien und ließen sich sehr leicht zerlegen, wobei Schraubverbindungen überwogen. Als Gründung dienten entweder gemauerte oder betonierte Streifenfundamente, es gab aber auch Varianten, bei denen gestapelte Gehwegplatten aus Beton die Gründung bil­ deten. Auf den Fundamenten lagen meist Trägerroste, die wiederum Bodenplatten tru­ gen. So wurde eine Plattform geschaffen, die etwas über dem Gelände schwebte und auf die die Tragstruktur des Hauses gestellt wurde. Die Tragwerke bestanden aus Stahl oder auch aus Holz. Sie wirkten wie Portal­ kräne oder überdimensionierte Zimmer­ manns­böcke. Durch ihre Geometrie konnten sie sowohl Vertikal- als auch Horizontallas­ ten aufnehmen. Diese Böcke standen frei und expressiv in den Räumen. Die Fassa­ den wurden im Raster der Böden elemen­ tiert und kamen fertig mit Fenstern, Sonnen­

schutz und opaken Paneelen auf die Bau­ stelle. Letzter Schritt der Montage waren die Dach­elemente, die wie die Bodenelemente von Trägern unterstützt wurden. Alle Elemente und Bauteile waren in ihrem Materialbedarf minimiert. Die sich dadurch ergebende Formensprache und Konstruk­ tionsweise erinnern stark an den Maschinen-, Boots- oder Flugzeugbau, wodurch das Werk Prouvés einen sehr eigenen und mar­ kanten Ausdruck erhielt. Er arbeitete dabei häufig mit gekanteten Blechen, die meist verschraubt wurden. Sein Vorzugsmaterial war daher Stahl, den er bei Bedarf jedoch häufig mit Holz, z. B. in Wänden und Böden, kombinierte. An Stoßpunkten dieser Grund­ elemente verwendete Prouvé zudem sehr oft einfache Profile, in die die Elemente einge­ stellt oder eingeschoben wurden. Prouvé schaffte es damit, durch einfache Verbindungsdetails und in ihrer Konstruktion erkennbar effektive Grundelemente eine gewisse Komplexität zu erreichen, die uns heute in der Diskussion um eine kreislauf­ gerechte Konstruktionsweise Vorbild sein kann. Sein Bausystem war modular geplant, sodass die Mehrfachverwendung der vor­ gefertigten Bauteile sowie ein Umbau pro­ blemlos möglich blieb und in die Konstruk­ tion eingeschrieben war. Als Grundvoraus­ setzung ließen sich die einzelnen Elemente trotz ihrer komplexen Gesamtkomposition immer sehr einfach zerlegen. Dies erlaubte es, sie bei Bedarf zu reparieren oder aber am Ende ihrer Lebensdauer sortenrein zu demontieren und die Materialien den ent­ sprechenden Kreisläufen zuzuführen.

4  Das Paper Log House wurde aus Pappröhren und Getränkekisten konstruiert. Notunterkünfte, Kobe, Japan 1995, Shigeru Ban

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Das Paper Log House: Abfall als Ressource Entsprechend der Theorie, dass Krisen immer wieder die Erforschung guter und intelligent konstruierter temporärer Bauten vorantreiben, entwickelte der japanische Architekt und Pritzker-Preisträger Shigeru Ban 1995 das sogenannte Paper Log House in Kobe, um Notunterkünfte nach dem schweren Erdbeben in der Region zu schaf­ fen (Abb. 4). Die sich hieraus ergebenden Anforderungen waren eine kurze Bauzeit, ein einfacher Transport und Aufbau sowie die schnelle Verfügbarkeit von Baustoffen. Das Haus hatte eine Grundfläche von ca. 4 x 4 m und ein flach geneigtes Satteldach. Shigeru Ban bediente sich bei der Konzep­ tion der Bauten der Idee der Weiterverwen­ dung: Pappröhren, die beispielsweise in der Papierindustrie, aber auch in anderen Indus­ triezweigen in großen Mengen als Abfall anfallen, nutzte er als einfache und kosten­ günstige Materialquelle. Die von ihm verwen­ deten Pappelemente wiesen einen Außen­ durchmesser von 106 mm und eine Wand­ stärke von 4 mm auf. Sie wurden mit Zei­ tungspapier ausgestopft, um ihre Dämm­ eigenschaften zu verbessern und zudem mit durchsichtigem Polyurethan überzogen, um sie gegen Feuchtigkeit zu schützen – was allerdings ihre Sortenreinheit zerstörte. Mit Sand beschwerte Getränkekisten dienten als Fundamente, die wie Streifenfundamente einfach auf das Gelände gestellt wurden. Sie hoben das Haus an, damit es vor aufsteigen­ der Feuchtigkeit und Spritzwasser geschützt war. Den Boden bildete ein Sandwich aus Pappröhren, die zwischen zwei Schichten Sperrholz lagen, sodass ein flacher Kasten entstand, der die Abstände zwischen den Getränkekisten überspannen konnte. An den Positionen der Wände waren auf dem Boden kleine Sperrholzkreuze befestigt, auf die dann die Pappröhren als Wände gesteckt wurden. Die Dichtigkeit zwischen den einzelnen senkrecht gestellten Röhren gewährleisteten Dichtungsbänder. In die Wände wurden Holzfenster und eine Türe eingesetzt, den oberen Abschluss bildete eine Art Ring­anker aus Sperrholz. Auf die­ sen wurde wiederum eine einfache Dach­

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5 a

konstruktion aus Streben, Pfosten und einer Pfette aufgesetzt. Diese Elemente wurden ebenfalls aus Pappröhren konstruiert, die aus Sperrholz gefertigten Knoten wurden in die Röhren gesteckt. Eine Dachhaut aus einfachen Planen überspannte die Dach­ kon­struktion. Auch wenn das Beschichten der Pappröh­ ren mit Polyurethan aus Sicht der Kreislauf­ gerechtigkeit ebenso kritisch zu sehen ist wie die Verwendung von verleimtem Sperr­ holz, zeigt das Paper Log House viele Kon­ struktionsprinzipien und Details, die als Referenzen für ein einfaches, kreislaufge­ rechtes Bauen und Konstruieren dienen können. Alle Bauteile sind einfach zu fügen und lassen sich ebenso einfach wieder von­ einander trennen. Details wie die Knoten­ punkte des Dachs und das Aufstecken der Pappröhren auf die Bodenelemente sind hierfür beispielhaft. Das Gebäude bestand zudem aus nur einer Handvoll Materialien, von denen viele bereits in einem anderen Kontext im Einsatz waren. Die unkonventio­ nellen Konstruktionsprinzipien und Details wie Fundamente aus Getränkekästen oder Wände aus Pappröhren erschließen daher neue Quellen für Baumaterialien und gene­ rieren Möglichkeiten der Wieder- und Wei­ terverwendung. Der People’s Pavilion: Baumaterial als Leihgabe Einen ähnlichen, aber noch radikaleren Ansatz verfolgte der People’s Pavilion, der als temporäres Festivalzentrum im Rahmen

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b

der Dutch Design Week 2017 in Eindhoven entstand (Abb. 5 a). Entwurfsverfasser waren die niederländischen Architektur­ büros bureau SLA und Overtreders W. Der Pavillon, ein ca. 7 m hoher Eventraum mit sakral anmutendem kreuzförmigem Grund­ riss und etwa 250 m2 Fläche, wurde nur eine Woche in seiner Funktion genutzt. Speziell an dem Entwurf war es, dass alle für den Bau benötigten Bauteile und Mate­ rialien nur für eine gewisse Zeit aus beste­ henden Kreisläufen und Systemen geliehen und nach Gebrauch wieder an die Besit­ zer zurückgegeben wurden. Dabei sollten durch den temporären Gebrauch keine ­Veränderungen oder Eingriffe an den ein­ zelnen Elementen vorgenommen werden, die zu einem Qualitätsverlust führen und damit spätere Weiternutzungen oder die vereinbarte Rückgabe an die Leihgeber ein­ schränken könnten (Abb. 5 b). Um diese Zielsetzungen zu erreichen, fanden sich im Pavillon unkonventionelle Materialanwen­ dungen und Verbindungsmittel, die alle­ samt darauf abzielten, beispielsweise ein Bohren, Kleben oder Sägen zu vermeiden. Die Materialien wurden dabei nicht nur von Baumärkten oder direkt von den Herstellern, sondern auch von Bewohnerinnen oder Bewohnern der Stadt zur Verfügung gestellt und ausge­liehen. Den unteren Teil der Tragstruktur bildeten Betonfertigteile, die sonst üblicherweise als Gründungspfähle in Gebrauch sind, hier aber als Stützen zur Anwendung kamen. Auf diese aufgesetzt war der obere Teil des

5 People’s Pavilion auf der Dutch Design Week, Eindhoven 2017, bureau SLA und Overtreders W a Außenansicht b Der Pavilion wurde größtenteils aus geliehenen Materialien so konstruiert, dass diese nach Gebrauch wieder in gleicher Qualität zurückgegeben ­werden konnten, wie hier die durch Metallbänder gefügten Bauhölzer.

6  People’s Pavilion nach dem Rückbau

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Tragwerks aus Holzbalken, die – lediglich mit lösbaren Stahlbändern und Zurrgurten unge­ schnitten verbunden – zudem die Dimen­ sionen des Bauwerks vorgaben. Die glä­ serne Erdgeschossfassade stammte von der Sanierung eines Bürogebäudes und wurde nach der Nutzung im Pavillon wieder in ein anderes Bürogebäude eingesetzt. Die Fassade darüber bestand aus Kunststoff­ schindeln in verschiedenen Farben, die aus Haushaltsmüll selbst und mit eigens entwor­ fenen Maschinen hergestellt wurden. Diese Schindeln oder Fliesen haben inzwischen eine baurechtliche Zulassung und sind unter dem Namen Pretty Plastic auf dem Markt erhältlich. Das Dach des Pavillons aus einem in den ganzen Niederlanden massenhaft ver­ wendeten Bausystem für Gewächshäuser ging ebenfalls nach der Nutzungsphase als Pavillon an die Leihgeber zurück (Abb. 6). Auch für die Möblierung wurde auf gelie­ henes Material zurückgegriffen: So bestand das Podium aus geliehenen Betonplatten, die Bänke überließ eine Kirche zur temporä­ ren Nutzung [4]. Der People’s Pavilion zeigt mit einem radika­ len Ansatz und unkonventionellen Kon­struk­ tionsmethoden, wie vollständig geschlos­ sene Materialkreisläufe schon heute funktio­ nieren können. Dabei geht es nicht nur um die richtige Wahl von Materialien und das Entwickeln von geeigneten Fügungstechni­ ken, auch Fragen wie Logistik, Verfügbarkeit und die Nutzung von Materialien und nicht deren Besitz stehen zunehmend im Vorder­ grund der Betrachtung. Im weitesten Sinne

könnte man daher unter temporärer Architek­ tur auch neue Geschäfts­modelle der Kreis­ laufwirtschaft verstehen. So bietet eine Firma aus den Niederlanden ihre Teppich­ fliesen nur unter der Prämisse „Product as a service“ an (siehe „RoofKit“, S. 60ff.). Kun­ dinnen und Kunden zahlen nicht für den Besitz des Teppichbodens, sondern nur noch für die Nutzung. Dieses Modell ist mög­ lich, da die Firma den Aufbau ihres Produkts so abgeändert hat, dass es zu 100 % rezy­ klierbar ist und daraus ein neuer Teppich­ boden hergestellt werden kann. Warum also verkaufen und sich ständig neue Rohstoffe besorgen müssen? Die Firma verleiht das Produkt nur noch und will es bei Austausch schlichtweg zurück als neue Ressource. Die Betrachtung von diesen beispielhaften temporären Produkten und Bauten aus Sicht des kreislaufgerechten und sortenrei­ nen Bauens ließe sich nahezu beliebig fort­ führen. Betrachtet werden könnten noch die Flugzeughangars von Konrad Wachsmann, der IBM Pavillon und das Projekt Diogene von Renzo Piano, die Kleinstbauten von Richard Horden, nahezu das gesamte Werk von Buckminster Fuller, der Pavillon auf der Expo 2000 von Peter Zumthor, das Haus Benthem von Benthem Crouwel oder auch anonyme Bauwerke wie Gerüste, Markt­ stände oder Messebauten bis hin zu den beschriebenen Produkten und Geschäfts­ modellen. Auch wenn viele der vorgestell­ ten Bauten nicht alle heutigen Anforderun­ gen der mitteleuropäischen Klimazone und

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des Rechtsrahmens in Deutschland bzw. Europa in Bezug auf Wärme-, Schall- oder Brandschutz erfüllen, wird das Potenzial, das hier im kreislaufgerechten Konstruieren liegt, extrem deutlich. Grundlegende Prinzipien für ein kreislaufgerechtes Konstruieren Folgende wiederkehrende Prinzipien lassen sich bei der Betrachtung von temporären Bauten erkennen und allgemein auf ein kreislaufgerechtes Konstruieren übertragen. Fokus auf Verbindungsmittel Lösbare Verbindungsmittel sind der Schlüs­ sel für eine zerstörungsfreie Demontage (siehe „Reversible Füge- und Verbindungs­ methoden“, S. 104ff.). Temporäre Bauten zeigen die enorme Vielfalt solcher Verbin­ dungsmittel – insbesondere die Schraube. Ebenso kann es wie bei einem Gerüst Sys­ temlösungen geben oder aber unkonven­ tionelle Verbindungsmittel wie Spanngurte (People’s Pavillon) oder Kabelbinder kom­ men zur Anwendung. Eine Typisierung ist anhand des Materialkontexts möglich: Laschen und Seile eignen sich gut für Texti­ lien und Membranen, Schellen und Schrau­ ben für Stahl und Holz. Leistungsfähige Knotenpunkte Die Konstruktionslogik von temporären Bau­ ten fußt oft auf lösbaren Knotenpunkten, die sich nur für einen Anwendungsfall eignen oder sich durch Drehbarkeit (Gerüst) sowie durch anderweitige geometrische Flexibili­

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tät unterschiedlichen Situationen anpas­ sen lassen [5]. Diese Knoten können eine beachtliche Komplexität erreichen [6] und werden meist mit linearen Elementen wie Rohren oder anderen Halbzeugen kombi­ niert. Sie ergeben ein System, in dem sich Komplexität und Einfachheit synergetisch ergänzen und so extreme Effizienz bei gleichzeitiger Flexibilität schaffen. Trennen von Funktionen auf Gebäudeebene Temporäre Bauten weisen oft eine klare strukturelle Trennung verschiedener Funkti­ onsbereiche auf. So etwa werden dienende Funktionen gebündelt und oft in einer ande­ ren Konstruktionsweise erstellt als andere Funktionsbereiche. Beispiele hierfür finden sich bei den Entwürfen von Jean Prouvé oder schlicht bei temporären Großzelten, denen Toilettenanlagen oder Küchenberei­ che angegliedert sind [7]. Trennen von Funktionen auf Bauteil­ebene Auch auf Ebene der Bauteile ist vielfach eine Funktionstrennung – hier oft in Schich­ ten – zu beobachten. Dies kann sich z. B. in einer Trennung von Tragwerk, Dichtungs­ ebene und thermischer Trennung zeigen (siehe „Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip“, S. 118ff.). Die einzelnen Bauteile werden auf diese Art nicht nur trennbar, sondern auch weniger komplex, leichter und oft flexibler. Zu finden ist dies z. B. bei den Bauten von Jean Prouvé (siehe S. 50f.) oder auch beim Lustron-Haus (S. 49f.).

Wechselwirkung von Spezialisierung und Standardisierung Sowohl die Materialien als auch die Bau­ teile temporärer Bauten lassen sich oft in zwei Kategorien teilen: standardisiert und spezialisiert. Standardisierte Materialien und Bauteile weisen eine sehr gute Verfüg­ barkeit und eine hohe Flexibilität in der Nut­ zung auf. Dies sind z. B. die Pappröhren beim Paper Log House (siehe S. 51f.) oder die Fertigteil-Gründungspfähle des People’s Pavillon (siehe S. 52f.). Spezialisierte Mate­ rialien und Bauteile werden hingegen oft speziell für ein Projekt entwickelt und erhö­ hen die Flexibilität oder Leistungsfähigkeit der standardisierten Bauteile und Materia­ lien, indem sie diese Standardprodukte intel­ ligent verbinden.

Anmerkungen [1] Schneider 2005 [2] Balzer 1973, S. 46—49 [3] Huber / Steinegger 1971; Vitra Design Museum 2006; Sulzer 2005 [4] Bureau SLA 2017; archdaily 2017 [5] mero-tsk.de [6] siehe hierzu die Bausysteme von Konrad Wachsmann [7] neptunus.de

Modularität Es überrascht wenig, dass temporäre Kon­ struktionen ein hohes Maß an Modularität aufweisen. Diese ermöglicht es, dass sich eine Konstruktion unterschiedlich konfigurie­ ren lässt und so an verschiedene Aufbau­ orte oder an unterschiedliche Nutzungs­ anforderungen angepasst werden kann. Nutzungsneutrale Bauteile Viele der Beispiele demonstrieren, welche Potenziale für Wiederverwendungen entste­ hen, wenn Bauteile anders eingesetzt wer­ den, als dies ursprünglich die Intention war. Exemplarisch dafür sind die Weiterverwen­ dung der Stahlelemente des Crystal Palace für ein Hochhaus oder die Papierrollen im

Paper Log House als statisch wirksames System. Wenn Bauteile von Beginn an nut­ zungsneutral konstruiert werden, also eine Art Steckbausystem entsteht, eröffnet dies neue Möglichkeiten einer Kreislaufgerech­ tigkeit (siehe „Zeitgenössische Beispiele kreislaufgerechter Bauten“, S. 56ff.). Beim temporären Bauen herrschen seit jeher besondere Zwänge hinsichtlich Fle­ xibilität, Materialeffizienz, Baugeschwindig­ keit und Wirtschaftlichkeit – oft ausgelöst durch Krisen, wie bereits beschrieben (z. B. Lustron und Paper Log House). Unter diesem Druck entstanden und entstehen oft äußerst innovative, überraschende und manchmal hoch spezialisierte Lösungen, die aber immer auch nach einer gewissen Einfachheit suchen. Es zeigt sich, dass die Anforderungen an das temporäre Bauen oft denen des kreislaufgerechten Bauens sehr nahekommen, wobei die zerstörungsfreie Demontage als kleinster gemeinsamer Nen­ ner identifiziert werden kann. Darüber hin­ aus lässt sich beim temporären Bauen eine hohe Innovationsdichte beobachten. Diese ergibt sich aus den genannten Anforderun­ gen, aber auch daraus, dass mit anderen Voraussetzungen wie denen des Baurechts oder des Wärme- und Schallschutzes deut­ lich flexibler umgegangen werden kann. Das temporäre Bauen stellt also durchaus eine reiche Fundgrube für Detaillösungen, Materialgebrauch oder Tragwerkskonzepte zum kreislaufgerechten Entwerfen und Kon­ struieren dar.

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Zeitgenössische Beispiele kreislaufgerechter Bauten Katharina Blümke

Marcel Duchamp provozierte 1923 die Kunst­szene mit „Fountain“, einem um 90 Grad gekipptem Urinal mit der Aufschrift „R. Mutt“. Bis zu diesem Zeitpunkt war es undenkbar, dass ein einfacher Alltagsge­ genstand als Kunst gelten könnte. Heute zählt das Kunstwerk zu den bedeutendsten des 20. Jahrhunderts [1]. Das hat – neben einem schockierenden Effekt und der Frage, was überhaupt Kunst ist – auch damit zu tun, dass dieses Werk einen neuen Blick­ winkel auf die Wertigkeit eines gebrauchten Gegenstands ermöglichte. Interessanter­ weise raubte Duchamp dem Gegenstand durch die Drehung und die sanitärtechnisch inkorrekte Befestigung ohne Verrohrung die ursprüngliche Funktion und erhob die Gestalt sowie die Gebrauchsspuren und damit auch die Geschichte des Objekts zur Kunst. Und dies mit einem Gegenstand, der seriell und industriell bis heute millionenfach gefertigt wird. Die Wertschöpfung hin zur Kunst liegt daher nicht im Akt des künstle­ rischen objekthaften Erschaffens, sondern in der Umdeutung eines banalen Gegen­ stands in den musealen Kontext bei gleich­ zeitiger Sichtbarmachung der Geschichte des Objekts. Die zugefügten Spuren und der psychologische Raum, der sich durch die Betrachtung öffnet, schaffen einen ein­ zigartigen, unverwechselbaren Charakter, ein neues Unikat anderer Art. Und dieser Mehrwert steht Kunstschaffenden sowie Betrachterinnen und Betrachtern kostenlos in Form einer Weiterverwendung zur Verfü­ gung, deren Wichtigkeit für das kreislauf­

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gerechte Bauen in der Einleitung der vor­ liegenden Publikation (S. 12ff.) bereits beschrie­ben wurde. Wasteland Exhibition Etwa 100 Jahre nach Duchamp eröffnete die Lendager Group 2017 eine Ausstellung namens „Wasteland“ [2], die die Thematik der Einzigartigkeit von zu entsorgenden Baumaterialien und Bauteilen erneut zur Kunst in einem musealen Kon­text erhob. Ähnlich wie bei Duchamp wurde auch hier ein Diskurs eröffnet, der hinterfragt, warum wir gebrauchte Mate­rialien und Gegen­ stände überhaupt als Abfall betrachten und diese entsorgen, anstatt sie wieder in einen Kreislauf einzuspeisen. Das dänische Architekturbüro schaffte es, über gebaute Projekte Möglichkeiten eines versteckten Mehrwerts aufzuzeigen und zu postulieren, dass das, was man heute als Müll bezeich­ net, nicht wertlos ist. Die Ausstellung for­ derte, dass wir aus den sogenannten Bau­ abfällen und weggeworfenen Objekten sowie deren einzigartiger Geschichte

1 Ausstellung Wasteland, 2017, Lendager Group a Wiederverwendete Fenster bilden eine neue Doppelfassade. b Unterschiedliche Abfall-Material­frak­tio­ nen werden kartiert und als greifbare Objekte gezeigt. c Abfallhaufen als wertvolle Ressource

b

c

1 a

Trapezblechdach aus wiederverwertetem Aluminium Zellulosedämmung aus wiederverwertetem Zeitungspapier Lattung aus wiederverwendeten Holzprofilen Pfettenlage aus wiederverwendeten Holzprofilen Fassadenmaterial aus weiterverwertetem Altpapier Rundstützen aus wiederverwendetem Stahl Bodenprofile aus weiterverwertetem Kunststoff wiederverwendete Fenster Zellulosedämmung aus wiederverwertetem Zeitungspapier

2 Schichtenaufbau des Upcycle House, Nyborg, Dänemark 2013, Lendager Arkitekter

Wand aus wiederverwendeten PET-Flaschen wiederverwendete Ziegelsteine Trockenwand aus wiederverwer­tetem Industriegips leimfreie Holzwerkstoffplatten aus wiederverwerteten Holzspänen Lattung aus wiederverwendeten Holzprofilen Balkenlage aus wiederverwendeten Holzprofilen wiederverwendeter, überhoher Seefrachtcontainer Dämmung aus granulierten Einwegverpackungen wiederverwendete Schraubfundamente 2

einen Mehrwert ziehen müssen und sie somit als Teil einer endlos zirkulieren­ den gebauten Umwelt verstehen sollen (Abb. 1 a und b). Nachdem die Besucherinnen und Besucher in einem ersten Raum mit Fakten und Zah­ len der Klimabilanz der Baubranche kon­ frontiert wurden, öffnete sich die Ausstel­ lung zu einem Bereich, in dem auf dem Boden liegende entsorgte Materialhaufen in verschiedene Baustoffgruppen unterteilt waren: Beton, Ziegel, Plastik, Metall, Glas und Holz (Abb. 1 c). Jeder Materialkate­ gorie war ein Bauprojekt des Architektur­ büros zugeordnet, das einen qualitätsvollen Umgang mit „Abfall“-Materialien aufzeigte und darüber hinaus bewies, dass neue ästhetische Möglichkeiten und sogar eine neuartige kon­struktive Sprache daraus ent­ stehen können [3].

3 Upcycle House, Nyborg, 2013, Lendager Arkitekter a Zwei Seecontainer bilden die Tragstruktur des Gebäudes, was teilweise im Innenraum sichtbar bleibt. b Sektkorkenreste kommen als Boden-

belag in der Küche zum Einsatz. OSBPlatten werden hauptsächlich auf der Basis von Lignin zusammengepresst. c Rezykliertes Aluminium spart 95 % der Energie im Vergleich zur Primärrohstoffverarbeitung.

3 a

Upcycle House Ein Beispiel für ein solches Projekt ist das Upcycle House im dänischen Nyborg, das nahezu vollständig aus rezyklierten Materia­ lien gebaut wurde (Abb. 2 und 3). Zwei alte Schiffscontainer bilden die Tragstruktur, die nach Fertigstellung des Gebäudes von außen nicht mehr sichtbar ist. Von außen wurde das Haus mit zu Papierwolle verar­ beiteten alten Zeitungen gedämmt und mit einer Dach- und Fassadenbekleidung aus wiederverwerteten Aluminiumgetränke­ dosen bekleidet. Beim Recyceln von Alumi­ nium lässt sich 95 % der Energie einsparen, die zur Herstellung von Primäraluminium benötigt wird [4]. Die dunklen Fassadenpa­ neele bestehen aus recyceltem Papiergra­ nulat, das zusammengepresst und wärme­ behandelt wurde. Als Fenster kamen aus­ schließlich wiederverwendete zum Einsatz,

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so beispielsweise Fenster aus einer alten Schule in Kopenhagen [5]. Die Bekleidung von Wänden und Böden im Inneren bilden besondere OSB-Platten, bei deren Produktion Holzspäne, die als Neben­produkt in der Holzindustrie anfallen, ohne Leim zusammengepresst wurden [6]. Solche Sägenebenprodukte wie auch Säge­ mehl, Schwarten oder Hackschnitzel stel­ len derzeit europaweit noch einen großen Anteil von Sekundärmaterialien dar, da nach wie vor eine Kaskadennutzung von Holz eta­bliert ist. Dieses lineare Denken gilt es effi­zienter zu gestalten bzw. langfris­ tig durch ein kreislauffähiges zu ersetzen. 2005 fielen in Deutschland 14,3 Millionen m3 Säge­neben­­produkte an, was einem Anteil von 38,5 % des gesamten Einschnitts ent­ spricht [7]. Diese wertvollen Ressourcen landen leider häufig in synthetisch gebunde­ nen Kompositwerkstoffen, die dem Anspruch der Sortenreinheit und damit einer Kreislauf­ gerechtigkeit nicht Genüge tun. Allein in Deutschland wurden im Jahr 2011 5,6 Mil­ lionen m3 Spanplatten hergestellt, womit Deutschland der größte Spanplattenherstel­ ler in Europa ist [8]. Das Upcycle House beweist: Für ein Wohn­ haus mit allen funktionalen Anforderungen für eine Familie (Wohnzimmer mit direkt angeschlossener Küche, Schlafzimmer, drei kleinere Zimmer, Badezimmer, Haus­ wirtschaftsraum, Terrasse und Gewächs­ haus) müssen nur wenige Primärmaterialien zum Einsatz kommen. Die Wieder- und Wei­ terverwendung sowie Weiterverwertung spart jedoch nicht nur natürliche Ressour­ cen, sondern verhindert auch einen weite­ ren CO2-Ausstoß, der entstünde, müssten sie neu bereitgestellt oder gefertigt werden. Nach Aussage von Anders Lendager, dem Gründer der Lendager Group, ließen sich die CO2-Emissionen beim Upcycle House durch den kompromisslosen Einsatz von gebrauchten Materialien und Bauteilen im Vergleich zu einem konventionellen Haus um 86 % reduzieren [9]. „How much does your building weigh, Mr. Foster?”, fragte einst Buckminster Fuller den jungen Architekten des Sainsbury ­Centre an der University of East Anglia in

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England. Die Frage zielte auf den Einsatz von Materialien und die Idee, durch ein ­fundiertes Fachwissen Materialien einzu­ sparen und den Leichtbau zu propagieren und voranzutreiben, wie es Buckminster Fuller immer wieder einforderte und in sei­ nen Projekten vorführte. Die Antwort auf diese provokative Frage ist nicht genau überliefert, doch heute wäre es an der Zeit, die Frage anders zu stellen: „Wieviel Treib­ hausgase hat Ihre Konstruktion verursacht?“ Alle Planenden und Verantwortlichen im Baugewerbe müssten eigentlich in der Lage sein, diese Frage zu beantworten. Und dabei einen neuen Blick auf ihr gebau­ tes Lebenswerk richten und sich die Frage gefallen lassen, ob in diesem Bereich genug getan wurde. Konnte man bis zum Ende des 20. Jahrhunderts noch von einem Unwissen sprechen, müssen wir uns mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts kompro­ misslos damit beschäftigen, wie sich ein Paradigmenwechsel gestalten lässt. Dieser muss messbar und nachvollziehbar sein und zukünftige Generationen mit den glei­ chen Möglichkeiten und Chancen ausstat­ ten, wie auch vorherige Generationen sie hatten. Die Aussage von Anders Lendager ist darum wichtig und im besten Sinne zeit­ gemäß. Während die Lendager Group mit ihren ­Projekten auf die Baustoff- sowie die Bau­ teilebene eingeht und bereits mindestens einmal gebrauchten Materialien durch Wie­ der- und Weiterverwertung eine neue Nut­ zungsphase gibt, zeigt das schweizerische baubüro in situ Wege auf, die sich mit der Wieder- und Weiterverwendung und einer abgeleiteten Konstruktionsweise auszeich­ nen, die dadurch unverkennbar werden. baubüro in situ Das Basler baubüro in situ widmet sich seit mehr als 25 Jahren der Umnutzung und dem Umbau von Bestandsgebäuden sowie der Wiederverwendung von Bauteilen. Dazu hat das Kollektiv über die Zeit mehrere Fir­ men gegründet sowie andere unterstützt, die sich beispielsweise mit dem Handel und Vertrieb sowie der Koordination der Vermitt­ lung von gebrauchten Bauteilen beschäfti­

4 K.118, Winterthur, Schweiz, 2021, baubüro in situ a Das bestehende Gebäude wurde saniert und um drei Geschosse mit Büronutzung aufgestockt. b Die wiederverwendeten Fassaden­ elemente werden reversibel montiert.

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gen. 2020 ging Zirkular aus dem baubüro in situ hervor, eine Firma, die sich mit der Fachplanung und der Entwicklung und Umsetzung von zirkulären Bauprozessen beschäftigt. In zahlreichen gebauten Bei­ spielen zeigt das Kollektiv dabei auf, wie sich Gebäude umnutzen und wie sich Mate­ rialien aus rückgebauten Gebäuden erneut einsetzen lassen. Ein wichtiger Bestand­ teil der Arbeit ist hier die Katalogisierung, Bewer­tung und Evaluation weiterer Einsatz­ möglichkeiten anfallender Bauteile. Der Pla­ nungsprozess wird dabei umgekehrt, da er immer auf den gegebenen Kontext der Materialien und Bauteile reagiert: Der Ent­ wurf folgt den zur Verfügung stehenden Bauteilen [10].

Materialien und Bauteilen [12]. Dabei war die Bauteiljagd die längste Planungsphase, und der gesamte Planungsprozess musste immer wieder je nach Verfügbarkeiten von Bauteilen und Materialien umgestellt wer­ den. Ein wiederverwendetes Stahlskelett aus der ehemaligen Verteilzentrale einer Supermarktkette auf dem Lysbüchel-Areal in Basel bildet heute das Haupttragsystem der Aufstockung. Das einfache, modulare und geschraubte System ermöglichte einen unkomplizierten Rückbau in Basel und einen Wiederaufbau in Winterthur. Der außen ­liegende Treppenturm an der Nordwest­ fassade stammt – noch um einen Aufzug ergänzt – aus einem ehemaligen Zürcher Bürogebäude. Wiederverwendet wurden aber auch Bauteile aus der Nachbarschaft und dem Sulzer-Areal als solches: Heiz­ körper, Waschbecken und die Photovoltaik­ anlage auf dem Dach bis hin zu den Fens­ tern, Türen und sogar den Briefkästen. Die neue Außenfassade besteht aus vorge­ fertigten Holzbauelementen, in die wieder­ verwendete Fenster und Türen aus zwei Rückbauprojekten in Zürich und Winterthur eingepasst wurden (Abb. 5 b und c, S. 60). Dabei nahm das Kollektiv teilweise Doppe­ lungen im Kastenfensterformat vor, um die notwendigen thermischen Anforderungen zu erfüllen. Gedämmt sind die Elemente mit Stroh und innenseitig mit Lehm aus lokal gewonne­nem Aushubmaterial verputzt. Die Außenhaut – unverkennbares Wahrzeichen dieses Pilotprojekts – bilden orange-rötliche Aluminium-Trapezbleche, die aus einer ehe­

Aufstockung K.118 Beim Projekt K.118 handelt es sich um die Aufstockung einer ehemaligen dreigeschos­ sigen Maschinenfabrik auf dem SulzerIndustrieareal in Winterthur (Abb. 4). Auf­ gabe war es, den Bestandsbau mit drei zusätzlichen Geschossen zu versehen, in denen sich heute Atelier- und Werkräume befinden. Die Bauherrin (Stiftung Abendrot) forderte dabei einen äußerst materialscho­ nenden architektonischen Ansatz, den Erhalt des Bestands mit allen einhergehen­ den Reparaturen sowie die Aufstockung aus möglichst vielen wiederverwendeten Materialien [11]. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Nach eigenen Angaben bestehen die neuen Stockwerke zu etwa 70 % aus gebrauchten

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maligen Druckerei in Winterthur stammen und ungeschnitten zum Einsatz kommen (Abb. 5 a). Verschiedene Profilarten sorgen dafür, dass die Fassade überlappend mon­ tiert werden musste, was die gestalterische Eigenheit der konstruktiven Methode des Wiederverwendens unterstreicht [13]. In den Holzständerinnenwänden sind Türen und Dreischichtplatten aus dem Bühnenbau wei­ terverwendet, die Massivholzfußböden und Dach­elemente stammen von einem vorma­ ligen Holz­bauprovisorium. Auch hierbei wurde das notwendige Einbringen von mine­ ralischen Stoffen zur Erfüllung der Schallund Brandschutzanforderungen in losen Schüttungen ausgeführt, die sich jeder­zeit sortenrein zurückgewinnen lassen. Nach eigenen Angaben des baubüros in situ konnten mit dieser kreislaufgerechten Konstruktionsmethode 60 % der Treibhaus­ gasemissionen und 500 t Primärmaterialien im Vergleich zu einer konventionellen Kon­ struktionsweise eingespart werden [14]. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass erste Berechnungen ergaben, dass die Investi­ tionskosten für die Bauherrin nicht höher waren als eine konventionelle Bauweise, aber eine eindeutige Verschiebung statt­ gefunden hat: weg von den Anschaffungs­ kosten von Materialien und Bauteilen hin zu Planung, Koordination, Wiederaufberei­ tung und Logistik. Und genau hier liegt noch ein weiterer nachhal­tiger Ansatz: das Erzeugen lokaler Wertschöpfungsketten in Handwerk und Logistik verbunden mit dem Schaffen von neuem und technologischem Wissen, das bei den beteiligten Firmen ­verbleibt und auch weitergegeben werden kann.

RoofKIT Das Projekt RoofKIT ist der Beitrag der Fakultät für Architektur des Karlsruher ­Instituts für Technologie (KIT) zum inter­ nationalen Hochschulwettbewerb Solar ­Decathlon Europe 2021/22, der erstmals in Deutschland in der Stadt Wuppertal aus­ getragen wurde (Abb. 6 a). Dabei war die Stadt zugleich auch Planungsgegenstand – die Teilnehmerinnen und Teilnehmer muss­ ten sich zwischen drei möglichen Inter­ ventionsorten in der Stadt und entsprechen­ den Typologien (Lückenbebauung, Ergän­ zungsbau oder Aufstockung) entscheiden. Beim Wettbewerb traten insgesamt 18 ver­ schiedene Hochschulteams gegeneinan­ der an. Die Aufgabe bestand darin, ein ­Projekt zu entwerfen, das die nachhalti­ gen Aspekte der Soziologie (Einbindung in die bestehende Nachbarschaft, Mobili­ tätskonzepte, Partizipationsprozesse, Bau­ methoden), der Ökologie (Energie und Ressour­cen­fragen) und auch der Ökono­ mie (wirtschaftliche Effek­ti­vität) miteinbe­ zieht. Das Projekt RoofKIT ging letztend­ lich als Gesamt­sieger dieses Wettbewerbs hervor. Das Einzigartige am Solar Decathlon Europe 2021/22 war es, dass die Teams neben einem Gesamtentwurf für ein größe­ res architektonisches Projekt einen charak­ teristischen Gebäudeteil als Demonstra­ tionseinheit im Maßstab 1:1 bauen muss­ ten. Diese Einheiten wurden für drei Wochen auf dem Gelände des ehe­ma­ligen Mirker Bahnhofs in Wuppertal aufgestellt, getestet und dann prämiert. Die einzelnen modularen Holz-Wohneinhei­ ten des RoofKIT-Gesamtentwurfs sind um

5 K.118, Winterthur, Schweiz 2021, baubüro in situ a Die Fassadenelemente stammen aus dem Rückbau einer ehemaligen Druckerei in Winterthur. b Verschobener ­Planungsprozess: Am Anfang steht das Jagen und Sammeln, anschließend der Entwurf aufgrund der gegebenen Teile, hier die Fenster. c Wiederverwendete Fenster bilden ein neues Kastenfenster.

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6 RoofKIT, Solar Decathlon Europe 2021/22, Fakultät für Architektur des Karlsruher Instituts für Technologie KIT a temporär aufgeständerte Konstruktion b Alle Bauteile und Materialien entsprechen zu 100 % dem Kreislaufprinzip.

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ein öffent­liches Atrium angeordnet. Jeder einzelne Raum, so auch die Demonstra­ tionseinheit, die eine Wohneinheit darstellt, ist um ein zentrales Kernelement angelegt, in dem Küche, Bad, die gesamte technische Infrastruktur und Stauraum untergebracht sind. Diese Idee macht die Konstruktion von vorgefertigten Holzmodulen sehr effektiv: Nur eines der vier in Wuppertal gezeigten und aufgebauten Module enthält die größe­ ren Infrastrukturelemente. Die Vorfertigung garantiert hierbei nicht nur ein sozial und sicherheitstechnisch vorteilhaftes Arbeiten für alle Ausführenden, sondern auch eine hohe Präzision im Konstruktionsprozess, die eine wichtige Voraussetzung für eine sorten­ reine Konstruktion und Fügung ist, da bau­ stellenübliche Toleranzausgleichsstrategien wie der Einsatz von Bauschaum vermieden werden. Konzipiert als vorgefertigtes Modulsystem in 100 % kreislaufgerechter Bauweise beweist die gebaute Einheit, dass es schon heute mit aktueller Technologie und Entwurfs­ka­ pa­zitäten möglich ist, die Anforderungen des European Green Deal zur Kreislauf­ wirtschaft im Bauwesen zu erfüllen. So kom­ men etwa keine Klebstoffe, keine Impräg­ nierungen und Farben, keine Schäume oder Nass­abdich­tungen zum Einsatz (Abb. 6 b). Außerdem wird bei der Konstruktion auf die ausschließliche Verwendung sorten­ reiner Materialien geachtet. Auch finden keine Verbundstoffe oder Mate­rial­mischun­ gen Anwendung. Sogar der Badezimmer­ spiegel besteht aus hochglanzpoliertem Stahl, wodurch sich Metall-Glas-Verbindun­ gen wie bei herkömmlichen Spiegeln ver­ meiden lassen.

Wiederverwendung Die Idee von RoofKIT beschränkt sich nicht nur darauf zu zeigen, was in Zukunft mög­ lich ist. Viele Bauteile und Materialien sind bereits aus der sogenannten urbanen Mine entnommen und im Projekt nun im zweiten, dritten oder gar vierten Kreislauf verwendet: Holz aus alten Scheunen im Schwarzwald, die Eingangstür aus einem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, Fenster aus einem Abbruchgebäude in Basel und Bad- und Küchenarmaturen aus Rückläufen von Mes­ seständen. Diese Strategie der Wieder­ verwendung ist sicher der einfachste und direkteste Weg, eine kreislaufgerechte Bau­ weise zu etablieren. Wiederverwertung Das Gebäude enthält darüber hinaus eine Reihe von Materialien, die wieder- oder ­weiterverwertet wurden. Als Dachbelag ver­ baute das Team 100 % wiederverwertetes Kupfermaterial, die Küchen- und Badezim­ merbekleidungen sind aus alten Joghurt­ bechern hergestellt (Abb. 7b, S. 62), die Toilette und die Duschkabine mit Glaskera­ mik bekleidet, die aus zerbrochenem Glas besteht. Die Wege der Außen­anlagen sind mit Steinen aus wieder­gewonnenem Bau­ schutt gepflastert. Biobasierte und kultivierte Materialien Neben diesen mineralischen, metallischen oder synthetischen Kreislaufmaterialien wur­ den vor allem auch natürliche biologische Baustoffe verwendet: Alle Wände sind mit Lehmbauplatten versehen, um die Luft­ feuchtigkeit und damit die Luftqualität inner­ halb der Einheit zu kontrollieren. Ein natür­

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7 a

licher Filz bekleidet den Kern der Einheit und die Decke, zudem besteht sämtliches Dämm­material zu 100 % aus getrocknetem Seegras ohne weitere Behandlung oder Zusätze. Auch Plattenwerkstoffe und Lam­ penschirme aus Myzelium, dem Wurzelwerk von Pilzen, und sogar lebende Pilzorganis­ men als Witterungsschutz an der Unterkon­ struktion der Außenfassade kommen zum Einsatz. Das für die Konstruktion verwendete Holz ist leimfrei und unbehandelt. Sortenreine Verbindungen und Fügungen Das RoofKIT Projekt ist ein Holzrahmenbau, an dem die einzelnen Funktionsschichten aus sortenreinen Bauteilen reversibel gefügt sind: Die Holzrahmen sind statt wie üblich mit OSB-Platten mit einer Diagonalschalung aus Vollholz, ohne jegliche synthetische Behandlung, beplankt. Die Dämmung in den Ständerzwischenräumen erfolgt mit Seegras. Eine sortenreine, unverklebte PEFolie fungiert als Dampfsperre, die Wand­ innenseiten sind mit feinem Lehm verputzt, die Schalung ist mit aufgeschraubten Lehmbauplatten bekleidet. Auf der Außen­ seite wird die Unterspannbahn durch die geschraubte Unterkonstruktion der Holz­ fassade an die Schalung geklemmt. Alle Montageverbindungen der Demonstrations­ einheit sind so ausgeführt, dass sie einen verlustfreien Rückbau garantieren. Die Schraub­verbindungen sind in der Regel gut zugänglich. Die reversiblen Holzverbindun­ gen entstanden mithilfe digitaler Fertigungs­ verfahren (CNC). Die erforderliche thermi­

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sche Masse innerhalb des Holzleichtbaus wird durch luftgetrocknete, einfach verlegte Lehmsteine als Fußbodenheizungsträger erreicht. Für die Holzfuß­böden kommen ver­ schraubte, unbehandelte Esche-Vollholz­ dielen und wiederverwendete Dielen aus einer alten Scheune zum Einsatz (Abb. 8 a). An vielen Stellen bestimmt der Aspekt der Kreislauffähigkeit den Entwurf, ohne dabei zu funktionalen Einschränkungen zu führen. Die sortenreinen Verbindungen reichen bis hin zum Badezimmer, in dem vollständig auf Silikone verzichtet und stattdessen nur mit Trockendichtungen gearbeitet wird. In eine aufgekantete Edelstahlwanne hat das Team U-Profile eingesetzt, in die sich aus Altglasresten hergestellte Glaskeramikplat­ ten als Wände einstellen lassen (Abb. 8 b). Zwischen Glaskeramikplatte und U-Profil befindet sich eine lediglich eingeklemmte Trockendichtung. So können alle Mate­ rialien rückstandslos wieder voneinander getrennt und in einem weiteren Projekt ­eingebaut werden. Kombination von Vorteilen — Synergien Ein zu etablierendes Kreislaufsystem im Bauwesen ist nur dann effektiv, wenn es mit erneuerbaren Energiequellen betrieben wird. Da es sich beim RoofKIT-Gesamt­ entwurf um eine Aufstockung mit hohem Energieeffizienzstandard handelt, wird der benötigte Energiebedarf des Gebäudes (inklusive Geräte und E-Mobilität) vor allem durch Solaranlagen auf der Gebäudehülle gedeckt. Um in den Sommermonaten ein

7 RoofKIT a Die Fassade besteht aus wiederverwendeten Brettern, die Unterkonstruktion wird mit lebenden Pilzkulturen geschützt. b Die Küchenfronten bestehen aus ge­­ brauchten, weiter­ verwerteten Joghurtbechern.

8 RoofKIT a Die Böden stammen aus einem alten Schwarz­waldhof und sind mit Neuholz an den Modulstößen kombiniert. b Die Innenwände der Nasszellen sind mit trocken geklemmten Glaskeramikplatten geschützt, die aus Altglas hergestellt wurden.

Anmerkungen  [1]  Emke 2017  [2]  Lendager Group, Wasteland Exhibition 2017  [3]  Lendager Group, Wasteland Exhibition  [4]  Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2020  [5]  ArchDaily, 6.4.2017  [6]  Lendager Group, Upcycle House   [7] Sörgel / Mantau / Weimar 2006  [8]  Umweltbundesamt 2014  [9]  ArchDaily: Upcycle House / Lendager Arkitekter [10] baubüro in situ: K.118, 2021 [11] Feil 2021 [12] BauNetz, 25.11.2021 [13] ebd. [14] wie Anm. 9

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angenehmes Raumklima zu gewährleisten, wird ein passives Kühlkonzept unter mini­ malem Technologieeinsatz verfolgt, das eine effektive Beschattung, thermische Masse sowie eine Nachtlüftung zur Entla­ dung eben dieser Masse umfasst. Das Thema der Suffizienz (das Weglassen auf­ wendiger Technikinfrastruktur) wird in der Demonstrationseinheit durch dezentrale, in die Fassade eingebaute Pendellüfter ohne Luftkanäle sowie Lichtschalter ohne Kabel umgesetzt. Durch Drücken des Schalters wird, ähnlich wie bei einem Fahrraddynamo, elektrische Energie erzeugt, die den Leucht­ körper mittels eines Funksignals an- oder ausschaltet. Das gesamte Beleuchtungs­ konzept folgt der gleichen Idee: Vermeidung nicht erforderlicher Leuchten, wo immer es möglich ist, und Verwendung flexibler, von Hand getragener kabelloser Elemente, um nur die Bereiche zu beleuchten, wo es benötigt wird. Product as a Service Da die Roofkit-Einheit grundsätzlich als Auf­ stockung konzipiert ist, wurde das Gebäude auch in Wuppertal auf eine Gerüstkonstruk­ tion gesetzt. Mit den Gerüsten kam ein bewährtes, auf temporäre Nutzung ausge­ legtes System zum Einsatz, bei dem alle Elemente nach dem Wettbewerb ohne Qua­ litätsverlust in der gleichen Weise wie zuvor genutzt werden können. Die Gerüste wie auch alle anderen Bauteile und Materialien zum Anheben der Einheit waren nur für eine bestimmte Zeitspanne ausgeliehen. Da auf

dem Wettbe­werbs­ge­lände keine traditio­ nellen Fundamente erlaubt waren, wurden Gabionen zum Abtragen horizontaler Lasten verwendet (Abb. 7 a), die wiederum nach dem Wett­bewerb vollständig an einen loka­ len Anbieter zurückgingen. Materiallager Am Ende seiner Nutzungszeit bildet das RoofKIT-Projekt ein Materiallager für künf­ tige Projekte: Statt Elemente und Bauteile unlösbar miteinander zu verbinden, verwen­ det die Einheit reversible Schraubverbin­ dungen, Klammern oder vollverriegelte Sys­ teme, um alle verbrauchten Stoffe sauber und sortiert zurückzugewinnen und sie ohne Qualitätsverluste in ihre spezifischen Stoff­ kreisläufe zurückzuführen. Fazit Ein Umdenken im Umgang mit der unmiss­ verständlichen Aufforderung der Europäi­ schen Union, bis zum Jahr 2050 vollständig in die Kreislaufwirtschaft eingestiegen zu sein, hat bereits in wegweisenden aktuellen gebauten Projekten Einzug gehalten. Diese demonstrieren einen erfolgreichen kreis­ lauffähigen Materialeinsatz und entspre­ chende Konstruktionsmethoden. Die Frage nach einer Wertigkeit von Materialien und Objekten, die Marcel Duchamp schon vor 100 Jahren gestellt hat, muss endlich auch im Bauwesen neu evaluiert, diskutiert, prak­ tiziert und letztendlich auch gelehrt werden, damit die Architektur nicht ihre Relevanz und Verantwortung verliert.

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MATERIAL — FÜGUNG — SCHICHTEN

Materialwahl für ein kreislaufgerechtes Bauen Elena Boerman, Dirk E. Hebel

Die Einführung einer neuen Gebäudeklasse „E“ zielt darauf ab, Planende, losgelöst von produktbezogenen DIN-Normierungen, wieder mehr in die Verantwortung für Detaillösungen und damit auch für eine sinnvolle und situative Materialwahl und daraus abzuleitende Fügemethoden aktiv einzubinden. Das kann als Paradigmenwechsel der Baukultur in Deutschland angesehen werden (siehe „Zirkuläres Konstruieren“ S. 25ff.). Dieses Lösen von einer tradierten normgeprägten Herangehensweise erscheint im ersten Augenblick er­­ staunlich, da das Selbst­ver­ständnis unserer Disziplin im Grunde bis heute war, Entscheidungen in allen Maßstabsebenen ohnehin eigenständig und frei zu treffen. Doch scheint in den letzten Jahrzehnten eine andere Kultur die Oberhand gewonnen zu haben, die nicht mehr der Entwicklung des Details nach kontextualen und handwerklich sinnvollen Prinzipien folgt. Stattdessen kommen heute zunehmend vorgegebene normierte Systemlösungen zur Anwendung, die wie eine Blackbox ohne die genauen Kenntnisse der materiellen Inhaltstoffe und deren Verbindungen zu­­ sammengefügt werden, um vorgegebenen technischen Standards gerecht zu werden und Regelwerke oder Normen möglichst ohne Verantwortung – diese geht an die Hersteller – zu erfüllen. Auch daher fällt es Architektinnen und Architekten sehr schwer, neue kreislaufgerechte und nachhaltig sinnvolle Materialien zum Einsatz zu bringen, da bei diesen oft das „Rundum-

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Sorglos-Paket“ fehlt. Es müssen hingegen neue Details und Standards entwickelt, Fehler gemacht und Erkennt­nisse gewonnen werden, die meist zu einer Zulassung im Einzelfall führen – eng verbunden mit dem entsprechenden zeitlichen und dadurch finanziellen Aufwand. Insofern ist die Forderung, die Ver­antwortung wieder zurück in das Architekturbüro zu bringen, durchaus verständlich und sehr wahrscheinlich auch ein vielversprechender Weg, um eine kompromisslose Kreislaufwirtschaft im Bauwesen voranzutreiben. Erst dieses Verständnis von Konstruieren scheint es möglich zu machen, neue Baumaterialien, die ent­we­der aus Sekundär­ strömen oder biologischen Quellen stammen, großmaßstäblich zum Einsatz zu bringen. Die Forderung nach einem einfachen Bauen (siehe „Einfach (Um)Bauen“, S. 98ff.) und dem sortenreinen Fügen mithilfe kreislaufgerechter Bauprinzipien und dem Einbringen sekundärer Rohstoffe sind in diesem Punkt deckungsgleich und finden in dieser Publikation ihren Platz. Bauten, die zwar versprechen, sortenrein demontierbar zu sein, aber darauf verzichten, bereits heute diese Sekun­därroh­stoffe einzusetzen, sind Lippenbekenntnisse und in diesem Sinne nicht konsequent. Derzeit tätige Architektinnen und Archi­ tekten müssen hierfür ein neues Verständnis aufbauen und auch die nachkommende Generation an Planenden für wieder- und weiterverwertete Materialien begeistern.

Baustoffbedarf und kreislauffähiges Materiallager Der Aufruf „Mehr als Mine“ in diesem Buch bezieht sich in erster Linie auf den Erhalt von bestehenden Gebäuden und einen geänderten Umgang mit dieser Ressource, schließt aber die Materialebene als solche mit ein und die Frage, wie Architektinnen und Architekten es schaffen können, diese wichtigen Rohstoffe des anthropogenen Lagers wieder kreislauffähig rückzuführen (siehe „Mehr als Mine — der Gebäude­ bestand als mate­rielle und kulturelle Ressource“, S. 34ff.). Die Notwendigkeit hierfür ist beim Betrachten der benötigten Baustoffmengen erdrückend: Allein im Jahr 2020 wur­den in Deutschland insgesamt 30,1 Millionen Tonnen Zement verbraucht [1]. Rechnet man diese Menge auf die Herstellung von Beton im Mischverhältnis 1:4 um, kamen schätzungsweise 120 Millionen Tonnen Gesteinskörnungen zum Einsatz, etwas mehr als ein Fünftel des gesamten mineralischen Rohstoffverbrauchs in Deutschland, der jährlich bei etwa 600 Millionen Tonnen liegt. Der gesamte Rohstoff­ bedarf der Bundesrepublik beläuft sich auf ca. 1,3 Billionen Tonnen jährlich; darin enthalten sind die besagten nicht metallischen Mineralien (45 %) sowie fossile Energie­ träger (29 %) und Biomasse (21 %) [2]. Die Gewinnung und Herstellung dieser enormen Mengen an Primärrohstoffen erscheint umso kritischer vor dem Hintergrund, dass in Deutschland jährlich ca. 230 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle anfallen, die zum größten Teil in einer Kaskadennutzung, Deponierung oder Verbrennung enden [3]. Gepaart mit der Tatsache, dass der deutsche Rohstoffkonsum durchschnittlich mit 10 % höher als der europäische und sogar 100 % höher als der globale Durchschnitt angegeben wird [4], liegt es fast zwingend auf der Hand, das bestehende Materiallager effektiver zu bewirtschaften und damit die Abhängigkeit von Primärmaterialien radikal zu reduzieren. Für ein solches erfolgreiches Bewirtschaften sind eine durchdachte, sortenreine und einfache Rückbauideologie, die dem Kreislaufprinzip folgt, eine digitale Verwaltung des Warenbestands und eine auf regenerativen

Energiequellen basierende Aufbereitung und Logistik von enormer Bedeutung (siehe „Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft“, S. 92ff.). Auch der politische Hebel, res­ sourcensparende Technologien, Produkte und Materialien steuerlich besser zu stellen, wird zwar seit Jahren diskutiert, ist aber bis heute nicht umgesetzt. So führen neuartige Produkte aus rezyklierten Materialien noch immer ein Nischendasein, indem sie fast nur in Leuchtturmprojekten in geringen Mengen verbaut werden. In Baumärkten ­findet man sie eher in Dekorationsecken, aber nie in den großen Bereichen der etablierten Baumaterialien. Dieses Schicksal ­teilen sie leider auch mit biologischen Alternativmaterialien. Wärmedämmungen aus synthetischen Stoffen werden samt Klebern, Vliesen, Putzen und Dichtigkeitsbändern als Systemanwendungen in unterschiedlichsten Varianten und Stärken angeboten. Sortenreine Naturdämmstoffe gibt es jedoch noch fast gar nicht im großen Maßstab im Handel zu kaufen, da sie die Akzeptanz der Kundschaft noch nicht erreicht haben und damit auch nicht wirtschaftlich sind. Dabei wird ein immenser Pluspunkt des kreislaufgerechten Bauens noch überhaupt nicht beachtet und in seiner immensen Bedeutung diskutiert: die gesundheitlichen Vorteile. Messungen in konsequent kreislaufgerecht und mit natürlichen anstatt mehrheitlich synthetischen Baustoffen (man denke an alle Verklebungen und Komposite) ausgeführten Bauten haben ergeben, dass die Schadstoffbelastung in den entsprechenden Räumen erheblich geringer ausfällt als in solchen aus konventionellen Bauweisen und Produkten errichteten. Dies hat nicht nur mit dem bewussten Verzicht auf Verbundwerkstoffe und nicht sorten­ reine Materialien zu tun, sondern auch mit der konsequenten Vermeidung geklebter, geschäumter, imprägnierter oder anderweitig behandelter Verbindungsmittel (siehe „Schadstoffe im Kreislauf“, S. 80ff.). Wertigkeit eines Baumaterials Die Wertigkeit eines Baumaterials wird heute häufig auf die Eigenschaften der Produktion und des Herstellungsverfahrens zurückgeführt: je intensiver oder aufwendi-

Materialwahl für ein kreislaufgerechtes Bauen

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ger die Behandlung im Prozess, desto wertiger das Material. So gibt es Unterschiede zwischen sägerauen und gehobelten Holzprodukten bis hin zu Veredelungen, die meistens zu einem nicht sortenreinen Produkt führen. Die Wertigkeit der Sortenreinheit, der Anteil an Sekundärmaterial oder der Werterhalt bei einer möglichen Wiederoder Weiterverwertung spielen derzeit hingegen keine Rolle und sind meist auch nicht als Materialeigenschaft deklariert. Im Kontext von Baumaterialien rücken jedoch vermehrt andere Maßstäbe in den Vordergrund, z. B. die Lebenszyklusanalyse. Damit bezeichnet man die Methode zur Ermittlung von Auswirkungen von Bautätigkeiten (unterschieden in die einzelnen Phasen der Herstellung, des Betriebs und des Rückbaus) auf die natürliche Umwelt. Sie lässt sich auf einzelne Baumaterialien, auf ganze Bauteile und auch auf das gesamte Bauwerk inklusive der Nutzung und damit verbundenen Betriebsauswirkungen anwenden. Die gängigste Betrachtung ist hierbei das sogenannte Global Warming Potential (GWP), dass in Form eines sogenannten CO2-Äquivalents ermittelt wird. Äquivalent deswegen, weil es neben CO2 auch noch andere Treibhausgase gibt, die einen vergleichbaren, äquivalenten Effekt auf die Atmosphäre haben: Methan (CH4) und Lach­gas (N2O) sowie fluorierte Treib­haus­ gase (F-Gas), wasserstoffhaltige Fluor­koh­ len­wasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwe­fel­hexa­ fluorid (SF6). Diese Auswirkungen werden in der Berechnung angeglichen an den Effekt, den CO2 auf das Klima hat: Das CO2Äquivalent ist eine Maßeinheit, um verschiedene Klimaeinflüsse miteinander zu vergleichen. So hat Methan, wenn man die Wirkung innerhalb von 100 Jahren berechnet, ein CO2-Äquivalent von 25 bis 33. Das heißt, es ist 25- bis 33-mal „wirksamer“, also klimaschädlicher, als CO2. Wählt man einen Betrachtungshorizont von nur 20 Jahren, ist es sogar 70- bis 80-mal „wirksamer“. Dies hat damit zu tun, dass Methan in der Atmosphäre viel schneller umgewandelt wird als CO2. Bei der Oxidation von Methan in der Atmosphäre entstehen letztendlich

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ebenfalls Kohlenstoffdioxid (CO2) und ­Wasser, gegebenenfalls sogar Ozon (O3). Man kann mit dieser Maßeinheit neben den Effekten der reinen Gase auch Aktivitäten wie das Reisen oder Objekte wie Gebäude betrachten und deren GWP ermitteln und vergleichen. Zudem lassen sich mit dieser Methode gezielt politische Vorgaben formulieren, wie hoch die jeweiligen Klimaaus­ wirkungen eines Gebäudes in Zukunft überhaupt noch sein dürfen. Die europäische Gebäuderichtlinie sieht vor, dass der insgesamt zu betrachtende Gebäudebestand innerhalb der EU bis zum Jahr 2030 nur noch 55 % der Klimaauswirkungen (GWP) zum Vergleichsjahr 1990 aufweisen soll. Dies bedeutet, dass Architektinnen und Architekten diese Rechenmethoden erlernen und beherrschen müssen – schließlich zählen die Kennwerte künftig zu den essenziellen rechtlichen Datengrund­lagen eines Gebäudes. Materialien und Bauteile im Fokus Während man bei existierenden Gebäuden hauptsächlich die Emissionen im Betrieb dokumentiert (wieviel Energie ist zum Wärmen und Kühlen notwendig, wieviel elek­ trische Energie wird verbraucht und wo kommen diese Energien her?), rücken im Um-, Weiter- und Neubau das Material und die benötigten Bauteile immer mehr in den Fokus der Betrachtung. Ging man bis vor einigen Jahren noch davon aus, dass etwa zwei Drittel der Klimaauswirkungen in der Betriebsphase und nur ein Drittel in der Herstellungsphase von Gebäuden erzeugt wurden, kehrt sich dieses Bild mit immer besseren, deutlich weniger und vermehrt klima­ neutralen Technologien um: Die Betriebs­ phase stellt zukünftig den kleinsten Teil dar und die Herstellung von Material und Gebäude den weitaus größten. Umso wichtiger werden Datenbanken, die die Auswirkungen von Materialien verlässlich anzeigen und die immer wieder aktualisiert werden, da sich hier verschiedene Faktoren – von Rohstoffgewinnung, Transport zur Weiterverarbeitung bis hin zur Veredelung und Verpackung – auch ständig verändern können. So analysieren immer mehr Hersteller

Anmerkungen [1] Verein Deutscher Zementwerke e. V. 2021/2022 [2] Umweltbundesamt Pressemitteilung Nr. 39/2018 [3] Destatis: Abfall­ bilanz 2022 [4] wie Anm. 2 [5] Joachim 2013

diese sogenannten Wertschöpfungs- oder Lieferketten und versuchen, die einzelnen Schritte und Maßnahmen zu optimieren. Doch nicht nur die Klimaauswirkung von Materialien wird in den nächsten Jahren ein zentrales Thema beim Entwerfen von Gebäuden. Die Materialherkunft muss ebenfalls ins Zentrum der Betrachtung rücken. Und auch hier macht die Europäische Kommission klare Vorgaben. Sie will durch das Instrument der EU-Taxonomie bis zum Jahr 2030 den Einsatz von Primärmaterialien in Bauwerken auf 50 % reduzieren und gleichzeitig einen Anteil von 25 % an Rezyklaten und 25 % an regenerativen Baumaterialien erreichen. Die Taxonomie ist dabei ein EUweit eingeführtes System zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. Nach den ersten drei Betrachtungsebenen (Aktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten; Aktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel leisten; Aktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zur nachhal­ tigen Nutzung und dem Schutz von Wasser und maritimen Lebensräumen leisten), die bereits im Jahr 2021/22 in Kraft getreten sind, soll 2023 das Thema der Kreislaufwirtschaft vorrangig behandelt und verabschiedet werden – mit dem Ziel, Anlegerinnen und Anlegern Orientierung zu geben, um Kapital für den grünen Umbau des bestehenden Wirtschaftssystems bereitzustellen. Dabei ist sich die EU-Kommission bewusst, dass das Finanzsystem eine Schlüsselrolle im Übergang zu einer emis­sionsarmen, ressourcenschonenden Wirtschaft spielt. Großen und finanzstarken Unternehmen und Vereinigungen soll dadurch ein Instrument an die Hand gegeben werden, um ein sogenanntes Green­washing zu vermeiden. In diesen europäischen Vorgaben ist die Wiederverwendung und Wiederverwertung bereits und künftig verbauter Materialien ausschlaggebend, um die ehrgeizigen Klima- und Ressourcenziele zu erfüllen. Wie müssen wir ab sofort unsere Gebäude rea­lisieren, um sie später als Materiallager nutzen zu können? Die Antwort liegt wiederum in kreislaufgerechten und sortenreinen Konstruktionen, wie sie ab S. 130ff. exem­

plarisch aufgezeigt sind. Beide Betrachtungsebenen, die Klimaauswirkung und die Wiederverwendbarkeit oder Wiederver­ wertbarkeit, müssen in der Entwurfsphase gleichwertig mit den Vitruv’schen Fragen nach Schönheit, Nützlichkeit, Festigkeit oder Langlebigkeit betrachtet und bewertet werden. Eine neue Materialbibliothek Um dieser auf mehreren Ebenen beschriebenen immensen Bedeutung der Materialität im Bauwesen gerecht zu werden und ein neues Wertigkeitsverständnis für wirklich moderne, da verantwortungsbewusste und zukunftsfähige Baumaterialien einzuführen, haben die drei Architekturfakultäten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), der Bergischen Universität Wuppertal (BUW) und der Fachhochschule Münster (MSA) im Jahr 2022 die Initiative „Materialbiblio­ theken der deutschen Hochschulen“ ge­­ gründet, die einen Verbund aller Material­ bibliotheken der deutschen Hochschulen anstrebt. Ziel ist es, die Wertigkeit zukünftiger Baumaterialen neu zu hierarchisieren und Materialdatenblätter zu entwickeln, bei denen die beschriebenen Eigenschaften gelistet und vergleichbar sind. Auch hier gilt es, Planerinnen und Planern Instrumente und Werkzeuge an die Hand zu geben, um ­verantwortungsvolle, für die Gesellschaft relevante und informierte Entscheidungen zu treffen, um die gebaute Umwelt aus dem größten Lager zu speisen, auf das der Mensch Zugriff hat: den existierenden und zukünf­tigen Gebäudebestand. Die Stadt der Zukunft wird, wie es Mitchell Joachim bereits 2013 ausdrückte, keinen Unterschied mehr machen zwischen Abfall und Ressource [5]. Für einen gelingenden Paradigmenwechsel braucht es aber Planerinnen und Planer, die unsere Gebäude so entwerfen, dass sie hierfür geeignet sind. Und es braucht Hersteller, die Materialien und Produkte nach den Prinzipien der Sortenreinheit anbieten. Die auf S. 70ff. gezeigten Materialien entstammen dieser Datenbank und geben einen Eindruck von den neuartigen Baumaterialien, die sich endlos im (Stoff)Kreislauf zirkulieren lassen.

Materialwahl für ein kreislaufgerechtes Bauen

69

Materialien der Kreislaufwirtschaft Elena Boerman

Schützen Dach- und Fassadenmaterial: wiederverwertetes Kupfer (unbewittert und nach einigen Monaten freier Bewitterung)

Fassaden- und Bodenmaterial: wiederverwertetes Fichtenholz (durch Bürstung gereinigtes Schnittholz)

Materialklasse: metallisch

Materialklasse: biologisch

Beschreibung Die statische Reserve der weltweiten Kupfererz­ vorkommen liegt nach heutigem Stand bei etwa 40 Jahren (siehe „Ressourcen, Reserven und Reichweiten”, S. 17ff.) [1]. Allerdings müssen immer mehr Erdmassen bewegt werden, um an diese Reserven ­heranzukommen, was die Primärmaterialproduktion ineffektiver und teurer macht. Die Gewinnung ist durch Tageabbau sehr bodeninvasiv sowie hoch energieintensiv. Außerdem entstehen bei der Herstellung von Primärkupfer hohe Umweltbelastungen, unter anderem durch giftige Emissionen und toxische Abscheidungen von Feststoffen. Kupfer lässt sich jedoch sehr gut und ohne Qualitätsverlust wiederverwerten. Sogar aus Verbundmaterialien kann der wertvolle Rohstoff zurückgewonnen werden, sodass die endproduktbezogene Recyc­ling­ rate des Materials im Baubereich mittlerweile bei bis zu 95 % liegt [2]. Ein wesentlicher Vorteil des Sekundärmaterials besteht in der geringeren be­­ nötigten Energiemenge beim wiederholten Einschmelzen und der wesentlich geringeren Umweltbelastung im Vergleich zum Primärmaterial. Im verbauten Zustand und bei freier Bewitterung bildet das Metall eine bräunliche bis grünliche, ungiftige Patina aus, die für eine hohe Korrosionsbeständigkeit sorgt und dem Material sein charakteristisches Aussehen verleiht. Kreislaufpotenzial nach Rückbau:

Beschreibung Die Europäische Fichte gehört zu den wichtigsten heimischen Holzarten in Europa und damit zum am häufigsten verwendeten Bau- und Konstruk­ tionsholz. Im Jahr 2016 fielen in Deutschland ins­ ge­samt rund 10 Millionen Tonnen Altholz an, davon etwa 40 % als Bau- und Abbruchabfälle [3]. Altholz wird aktuell mehrheitlich nach dem ersten Einsatz kaskadenartig stofflich verwertet, wobei am Ende meist die Verbrennung oder Depo­nie­ rung steht, der Großteil (über 90 %) geht sofort in die thermische Verwertung. Die eigentlich sinnvolle Wieder- oder Weiterverwendung scheitert oft an Verklebungen, Imprägnierungen, Lackierungen und metallischen Verunreinigungen durch Befestigungsmaterialien, die zudem eine natürliche Kompostierung verhindern. Zur Wieder- oder Weiterverwendung von wiedergewonnenem Altholz darf das Material jedoch weder synthetische Kleber oder Beschichtungen, Impräg­nierungen, Schadstoffe oder Metallverunreinigungen aufweisen. Im Zuge einer Wiederaufbereitung kann das Holz z. B. durch eine mechanische Bürstung gereiDach- und Fassadenmaterial: GWP nigt und für den Wiedereinbau zugeschnitten und CO2 - emittierend Wiederverwertetes Kupfer abgebunden werden. Durch den Reinigungsprozess des Holzes können zudem unterschiedliche Färbungen härterer und weicherer Faserbündel entstehen, die eine charakteristische Ästhetik erzeugen. Kreislaufpotenzial nach Rückbau:

Dach-Wiederverwendung, und Fassadenmaterial: Wiederverwertetes Kupfer

GWP

Wiederverwertung

Fassadenund Bodenmaterial: Wiederverwendung,

COWiederverwendetes 2 - emittierend Fichtenholz

Weiterverwertung, Kompostierung

CO2 - bindend

GWP

GWP

CO2-bindend

CO2-emittierend

Fassaden- und Bodenmaterial: 70 Wiederverwendetes Fichtenholz

CO2 - bindend

Transluzentes Plattenmaterial: Recycelte Glaskeramik

GWP

CO2 - emittierend

Schützen transluzentes Plattenmaterial: recycelte Glaskeramik (weiterverwertete Glasabfälle aus der Fensterund Glasflaschenproduktion)

Mauerwerk: Recycling-Ziegel aus mineralischem Abbruchmaterial (weiterverwertete Bau- und Abbruchabfälle)

Materialklasse: mineralisch

Materialklasse: mineralisch

Beschreibung Beschreibung Die Herstellung von Glaswerkstoffen aus Primär­ Das Bauwesen hat nicht nur einen enorm hohen rohstoffen ist durch einen sehr hohen Energie­ Ressourcenverbrauch, sondern war beispielsweise bedarf geprägt. Glas ist perfekt und ohne Quali­ im Jahr 2020 mit rund 230 Millionen Tonnen für tätsverlust recycelbar. Durch die farbsortierte 55,4 % des Gesamtabfallaufkommens in DeutschAlt­glassammlung liegt die Recyclingquote bei land verantwortlich [6]. Davon wird aktuell nur etwa Dach- und Fassadenmaterial: Behälterglas in Deutschland bei über 90 % [4]. ein Drittel zu Baustoffen weiterverwertet, die meist CO2 - emittierend GWP Wiederverwertetes Kupfer Bei Flach­­­gläsern ist dieser Wert hingegen wesentnicht in gleichbleibender Qua­lität, sondern im Erd- und Straßenbau oder als Zuschlagstoffe minlich niedriger, da ausgebautes Flachglas hohe derwertig zur Anwendung kommen. Aus der gro­Verschmutzungsanteile durch Verklebungen, an­­ haftende Nassdichtungen oder Bedampfungen ßen Menge anfallender mineralischer Bau- und ­aufweist. Die EU definiert hier einen maximalen Abbruchabfälle lassen sich jedoch nachweislich neue, ästhetisch anspruchsvolle Baumaterialien Verunrei­nigungs­grad von bis zu 25 g mineralischen und 2,5 g metallischen Fremdstoffen pro Tonne herstellen. Ziegelsteine aus hochwertig wiederverdamit das Material wieder eingeschmolzen Fassadenwertetem Stein-, Beton- und Ziegelbruch gemischt und Bodenmaterial: Dach-Altglas, und Fassadenmaterial: CO2 - bindend COWiederverwendetes GWP GWP 2 - emittierend Fichtenholz Wiederverwertetes Kupfer und zu neuem Flachglas ver­arbeitet werden darf mit Ton reduzieren Abfallströme aus der Bauin­ [5]. Das Reinigen des Altglases ist zurzeit jedoch dustrie erheblich und machen den Einsatz bereits unwirtschaftlich und wird nicht prak­tiziert. Dabei knapper, primärer Rohstoffe für die Herstellung gibt es ästhetisch und mechanisch hochstehende der Bauelemente obsolet. Vor der Produktion werWeiterverwertungsprodukte. Transluzente Glaskeden die aus der Bauindustrie wiedergewonnenen Sekundärrohstoffe sortiert, sodass unterschied­liche ramikplatten mit einer Stärke von 20 mm bestehen beispielsweise aus farblich sortierten AltglasscherSteintypen und Farbmischungen mit einer neuen, ben, die bei relativ niedrigen Temperaturen mitein- Transluzentes eigenen Wertigkeit entstehen. Plattenmaterial: Fassaden- und Bodenmaterial: CO2 - emittierend GWP GWP 2 - bindend Recycelte Glaskeramik ander verschmelzen, wobeiCO jedoch die einzelnen Wiederverwendetes Fichtenholz Bruchstücke erkennbar bleiben und damit der sekundäre und dadurch sehr eigenständige Charakter des Mate­rials sichtbar wird.

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Transluzentes Plattenmaterial: Wiederverwendung, Recycelte Glaskeramik

Wiederverwertung, Weiterverwertung

Kreislaufpotenzial nach Rückbau:

GWP

Mauerwerk: Recycling-Ziegel aus Wiederverwendung,

Wiederverwertung, Weiterverwertung

CO2-emittierend

Mauerwerk: Recycling-Ziegel aus mineralischem Abbruchmaterial

GWP

GWP

COmineralischem 2 - emittierend Abbruchmaterial

CO2 - emittierend Materialien

CO2 - emittierend

CO2-emittierend

der Kreislaufwirtschaft

71

Dämmen Dämmplatte: Schilfrohr (100 % kompostierbares Material aus natürlichen Rohrkolben-Schilffasern)

Dämmschüttung: Seegras (naturbelassenes Neptungras — Posidonia oceanica)

Materialklasse: biologisch

Materialklasse: biologisch

Beschreibung Rohrkolben-Schilffasern, die aus heimischen Süßgraspflanzen gewonnen werden, bilden den natürlich nachwachsenden Rohstoff einer kompostier­ baren Dämmplatte. Schilfrohr- und Rohrkolbenpflanzen wachsen an den Ufern europäischer Binnenseen oder Teiche und werden als Kulturpflanze jährlich im Winter geschnitten. Die daraus gewonnenen Fasern werden mit einer Bindefaser aus Maisstärke vermischt, zu einem Vlies aufgestreut und mit warmer Luft erhitzt. Die Stabilität der Platte wird ohne Zugabe weiterer Zusatzstoffe erreicht, indem die Fasern beim Erwärmen aufschmelzen und sich beim Abkühlen zu einer sta­bilen Matrix verbinden. Die natürliche Schilfdämmung kann in Wänden, Decken und Dächern zum Einsatz kommen und lässt sich nach Ende ihrer Nutzungszeit entweder wiederverwenden, weiterverwerten oder mittels Kompostierung im biotischen Kreislauf ­führen.

Beschreibung Der natürliche Dämmstoff besteht aus getrockneten Seegrasfasern der Pflanze Posidonia oceanica, die in großen Mengen in den Ozeanen in einer Wassertiefe von 3 bis 40 m wächst. Das Seegras wird nach dem natürlichen Absterben der Pflanze am Meeresgrund durch die Wellenbewegungen als kugelförmige Agglomerate am Ufer angespült. Diese Seegrasballen werden an den Stränden gesammelt und anschließend getrocknet und aufgefasert, sodass ein naturbelassenes, weiches Dämmmaterial entsteht, das als diffusionsoffene Isolierung in Dach-, Wand- oder Deckenkonstruktionen eingesetzt werden kann. Das Material eignet sich auch als Trittschalldämmung. Aufgrund seines natürlich hohen Silikat- und Salzgehalts ist Seegras ein verrottungsresistentes und natürlich nicht brennbares Material, dem keine weiteren Zusatzstoffe beigemischt werden müssen, um geltende Brandschutzanforderungen einzuhalten. Es ist zudem nicht anfällig für Schimmel, andere Mikroorganismen oder Ungeziefer. Nach seiner Nutzungszeit lässt sich der lose eingefüllte Dämmstoff einfach zurückDämmplatte: CO2weiterverwerten - bindend GWP bauen undSchilfrohr wiederverwenden, oder letztendlich kompostieren.

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Dämmplatte: Wiederverwendung, CO2 - bindend Schilfrohr Weiterverwertung, Kompostierung

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Dämmschüttung: Wiederverwendung (Hersteller­ CO2 - bindend GWP Seegras rücknahme), Weiterverwertung, Kompostierung CO2-bindend

GWP CO2-bindend

72

Dämmschüttung: Seegras

CO2 - bindend

GWP

Dämmgranulat: Blähton

GWP

CO2 - emittierend

Dämmen Dämmgranulat: Blähton (versintertes Material aus aufgeblähten Tonkugeln)

Dämmplatte: Schaumglas (weiterverwertetes Altglas)

Materialklasse: mineralisch

Materialklasse: mineralisch

Beschreibung Zur Herstellung von Blähtondämmgranulat wird ein Ton gewonnen, der durch einen hohen Energie­ eintrag Luftkammern ausbildet. In einem sogenannten Wellenmischer wird der Ton zuerst zu kleinen Kugeln geformt, die anschließend im Drehrohr­ ofen auf ca. 1200 °C erhitzt werden, wobei noch eingeschlossene organische Verbindungen verbrennen [7]. Die dabei entstehenden Gase sorgen für das Aufblähen der Kügelchen. Die Ober­fläche der Kugeln versintert, was die Druckfestigkeit des Materials enorm erhöht. Unter dem heu­tigen Einsatz fossiler Energieträger weist das Material durch die notwendige hohe Prozesswärme einen relativ hohen auf, der bei entsprechender UmstelCO2-Ausstoß Dämmplatte: CO2 - bindend GWP Schilfrohr lung auf regenerative Energien jedoch vermieden werden könnte. Blähtongranulat ist verrottungs-, frost- und feuerbeständig und zeichnet sich außerdem durch eine hohe Druckfestigkeit und Diffusionsoffenheit aus [8]. Das Dämmmaterial eignet sich aufgrund seiner hohen Dichte insbesondere zur Schalldämmung oder Wärmespeicherung, als SchüttungDämmschüttung: oder Ausgleichsschicht. Nach seiner CO2 - bindend ausGWP Nutzungsphase Blähton Seegras ist das Dämmgranulat wiederverwendbar oder wiederverwertbar, kann aber als ökologisch unbedenkliches Material auch im Garten- und Landschaftsbau als Schütt- oder Belagsmaterial weiterverwendet ­werden.

Beschreibung Schaumglas besteht aus weiterverwertetem Altglas, das unter Hitzeeinwirkung zu einer Glasschmelze weiterverarbeitet, extrudiert, zerkleinert und gemahlen wird. Unter Zugabe von Kohlenstoff wird das Gemisch erneut erhitzt, sodass GasDämmplatte: blasen entstehen, die in derCO abkühlenden Masse GWP 2 - bindend Schilfrohr eingeschlossen werden. Wünschenswert ist auch hier die Umstellung auf regenerative Energiesysteme, um den heute noch hohen CO2-Fußabdruck des Materials deutlich zu reduzieren. Schaumglas findet als leichtes, frostsicheres Schüttmaterial ­insbesondere unter Bodenplatten als Dämmstoff Anwendung, hier kann zudem auf eine zusätzliche kapillarbrechendeoder Sauberkeitsschichten verDämmschüttung: CO2 - bindend GWP Seegras zichtet werden. In Form von druckresistenten Platten kommt das Material häufig als außen liegende Dämmung im Kellerbereich oder als begehbare Flachdachdämmung zum Einsatz. Das Material ist langlebig und lässt sich vollständig ohne Qualitätsverlust wiederverwerten.

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Dämmgranulat: Wiederverwendung, Blähton Wiederverwertung, Weiterverwendung

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Dämmplatte: Wiederverwendung, Wiederverwertung

GWP

Dämmgranulat: Blähton

CO2 - emittierend Schaumglas

CO2-emittierend

Dämmplatte: Schaumglas

GWP

CO2 - emittierend Materialien

GWP

CO2 - emittierend

GWP

CO2 - emittierend

CO2-emittierend

der Kreislaufwirtschaft

73

Dichten Dampfsperre: PE-Recyclingfolie (wiederverwertetes Polyethylen)

Rieselschutz: Kraftpapier (diffusionsoffene Trennlage aus 100 % Zellulose)

Materialklasse: synthetisch

Materialklasse: biologisch

Beschreibung Die sortenreine PE-Recyclingfolie besteht aus wiederverwerteten Polyethylenfolien, die zunächst aus dem Gebäudebestand wiedergewonnen, sortiert, gereinigt und anschließend zerkleinert werden. Die dabei erzeugten kleinteiligen Granulate lassen sich dann zu neuen Folien einschmelzen und extrudieren. Das Baumaterial ist transluzent, kälteflexibel und alterungsbeständig und zeichnet sich durch seine hohe Reißfestigkeit und Wasserbeständigkeit aus. Die PE-Recyclingfolie kommt beispielsweise als Dampfsperre in Wand- oder Dachkonstruktionen zum Einsatz. Sie ist aufgrund ihrer Material­ eigenschaften als hoch kreislauffähiger Baustoff deklariert [9] und lässt sich nach Ende des Gebäu­ de­lebenszyklus vollständig wiederverwerten.

Beschreibung In der industriellen Holzproduktion als Abfallprodukt anfallende Nadelholzspäne werden in einem weiteren industriellen Prozess zu Zellstoff verarbeitet, der als Rohmaterial für die Herstellung von Kraftpapier dient. Nach dem Reinigen und dem Entfernen etwaiger Fremdstoffe wird der Zellstoff zu einem dünnen Papierbogen geformt, getrocknet und aufgewickelt. Kraftpapier ist aufgrund seiner hohen Schlag- und Reißfestigkeit gut im Bauwesen einsetzbar, beispielsweise als Rieselschutz in Decken­konstruktionen. Nach Ende des Gebäude­ lebens­zyklus lässt sich das sortenreine Baumaterial bei richtigem, reversiblen Einbau einfach wieder­ gewinnen und im technischen Papierkreislauf weiDampfsperre: GWP terverwerten oder durch Kompostierung im biolo- CO2 - emittierend PE-Recyclingfolie gischen Kreislauf abbauen.

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Dampfsperre: Wiederverwendung, PE-Recyclingfolie Wiederverwertung

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Rieselschutz: Wiederverwendung, Weiterverwertung, Kompostierung

GWP

CO2 - emittierendKraftpapier

CO2-emittierend

74

Rieselschutz: Kraftpapier

GWP

GWP

CO2 - emittierend

CO2-emittierend

Winddichtung:

CO2 - emittierendPE-Folie

GWP

CO2 - emittierend

Dichten Winddichtung: PE-Folie (dampfdiffusionsoffene Dichtungsbahn)

Trockendichtung: Dichtungsprofile (elastische, feuchtebeständige Dichtungen aus TPE)

Materialklasse: synthetisch

Materialklasse: synthetisch

Dampfsperre: PE-Recyclingfolie

GWP

CO2 - emittierend

Beschreibung Beschreibung Polyethylen (PE) ist ein sortenreiner Kunststoff und Thermoplastische Elastomere (TPE) gehören zu den sehr beständig gegen Säuren, Laugen, Öle oder synthetischen Kunststoffen, die unter WärmeeinwirFette. Zur Herstellung von Winddichtungen wird kung gut verformbar sind. Die Herstellung von sorder granulatförmig vorliegende Grundstoff aufgetenreinen Trockendichtungen erfolgt in der Regel schmolzen und in die gewünschte Form gebracht. durch Extrusion der Kunststoffe oder im Spritzgussverfahren. In die gewünschte Form gebracht lassen Durch spezielle Rieselschutz: Dampfsperre:Fertigungsmethoden wird die CO2 - emittierendKraftpapier GWPmit CO2 - emittierend GWP PE-Recyclingfolie Dampfdiffusionsoffenheit der Dichtungsbahn sich die unterschiedlichen Trockendichtungen erreicht. So kann das Baumaterial, in Dach- und einfachen Werkzeugen zuschneiden und weiterverFassadenkonstruktionen eingesetzt, zugleich dafür arbeiten. Im Bauwesen kommen sie beispielsweise sorgen, dass Feuchtigkeit nach außen abgegezur Abdichtung von Fenstern und Türen zum Einben und das Eindringen von Niederschlagswasser satz. Die elastischen Trockendichtungen zeichnen verhindert wird. Die Winddichtung, die in verschiesich zudem durch eine hohe Widerstandsfähigkeit denen Dichten und Farbgebungen erhältlich ist, gegenüber wechselhaften Witterungs- und Tempeist zudem reiß- und schlagfest, witterungs- sowie raturbedingungen und chemischen Substanzen Winddichtung: Rieselschutz: CO2 - emittierend GWP GWP PE-Folie temperaturbeständig und wenn vor direkter UV- CO2 - emittierend aus. Nach der Rückgewinnung der DichtungsproKraftpapier Bestrahlung geschützt, sehr langlebig. Nach Ende file, sofern sie korrekt reversibel eingebaut wurden, des Gebäudelebenszyklus lässt sich das Baumatekönnen die sortenreinen Baumaterialien wiederverrial aus Polyethylen — sofern sortenrein verbaut — wendet oder vollständig wiederverwertet werden. zurückgewinnen und ist anschließend im technischen Kreislauf endlos wiederverwertbar. Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Winddichtung: Wiederverwendung, PE-Folie Wiederverwertung

GWP

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Trockendichtung: Wiederverwendung, Wiederverwertung

CO2-emittierend

Trockendichtung: Dichtungsprofile

GWP

GWP

CO2 - emittierendDichtungsprofile

CO2 - emittierend Materialien

CO2 - emittierend

CO2-emittierend

der Kreislaufwirtschaft

75

Tragen Konstruktionsmaterial: Fichtenholz (naturbelassenes Nadelholz)

Konstruktionsmaterial: Stahlträger (wieder- oder weiterverwendbarer Baustahl)

Materialklasse: biologisch

Materialklasse: metallisch

Beschreibung Fichtenholz ist eine der am weitesten verbreiteten heimischen Holzarten und das meistverwendete Bau- und Konstruktionsholz in Europa. Das leichte bis mittelschwere, sehr weiche Nadelholz verfügt über gute Festigkeits- und Elastizitäts­eigen­schaf­ ten bei einer mittleren Rohdichte von 470 kg/m2. Durch Entrindung, technische Trocknung und Zuschnitt zu Konstruktionsvollholz weiterverarbeitet kommt Fichtenholz sowohl als tragendes Element sowie als Fassadenverkleidung oder im Innenausbau zur Anwendung. Der Einbau leimfreier, unbehandelter Vollholzelemente mit rever­siblen, kreislaufgerechten Fügungsmethoden sorgt für einen einfachen Rückbau der Holzelemente zur werterhaltenden Wiederverwendung ohne Qualitätsverluste. Kann das Material nicht mehr in gleicher oder ähn­ licher Funktion eingesetzt werden, ist die sortenreine, d. h. im Bereich Holz vor allem die leimfreie, kaskadenartige Nutzung, z. B. als biologisch gebundener Holzwerkstoff, anzustreben, bis sich das Naturmaterial schließlich als Nährstoff in den biotischen Kreislauf zurückführen lässt. Eine Verbrennung bei gleichzeitiger Freisetzung des gespeicherten CO2 ist nicht erstrebenswert und ist im Sinne der Nachhaltigkeit zu ver­meiden.

Beschreibung Als Stahl werden Eisen-Kohlenstoff-Legierungen mit einem Kohlenstoffgehalt unter 2 % bezeichnet, Bau­ stähle enthalten z. B. 0,1 bis 0,6 % Kohlenstoff [10]. Das Material wird aus Erzen und zunehmend auch rückgeführtem Eisenschrott hergestellt. Stahl ist in Form unterschiedlichster Bauteile in Gebäuden enthalten, sei es als Armierung in Betonbauteilen, als Bleche, Schrauben oder Bänder in Türen und Fenstern. Der Wieder- und Weiterverwertungsgrad von Baustahl ist heute durch die Möglichkeit magnetischer Aussortierung sehr hoch — unter der Voraussetzung, dass das Material sortenrein eingebaut und nicht behandelt wurde, um die Qualität neuer Produkte nicht zu schmälern. Wird Kohlenstoffstahl rein aus wiederverwertetem Mate­rial hergestellt, lassen sich gegenüber einer Primärmaterialpro­ duktion pro Tonne Stahl 1,67 t CO2 einsparen [11]. Zudem sind aufgrund der natürlichen Dauerhaftigkeit des Materials bei entsprechendem Witterungsschutz Bauteile aus Stahl am Ende des Gebäude­ lebenszyklus meist sehr gut erhalten und damit auch grundsätzlich wiederverwendbar. Dabei sollten jedochKonstruktionsmaterial: aus Gewährleistungsgründen für statische CO2 - bindend GWP Nachweise die Materialkennwerte aus vorherigen Fichtenholz Nutzungen und etwaige Beschädigungen durch Hitze- oder Kraftein­träge bekannt sein oder alternativ nach Bauteilrückbau durch Tests, Untersuchungen oder Versuchsreihen ermittelt werden (siehe „Digitalisierung der urbanen Mine”, S. 94ff.).

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Konstruktionsmaterial: Wiederverwendung, CO2 - bindend GWP Fichtenholz Weiterverwertung, Kompostierung CO2-bindend

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Konstruktionsmaterial: Wiederverwendung, Stahlträger Wiederverwertung

76

Konstruktionsmaterial: Stahlträger

GWP

GWP

CO2 - emittierend

CO2-emittierend

Mauerwerk:

CO2 - emittierend Lehmstein

GWP

CO2 - emittierend

Tragen Mauerwerk: Lehmstein (luftgetrockneter Baustein aus Naturlehm)

Mauerwerk: Kalksandstein (thermisch gebundener Kunststein aus Sand und Kalk)

Materialklasse: mineralisch

Materialklasse: mineralisch

Beschreibung Beschreibung Lehmsteine bestehen zu 100 % aus einer Mischung Zur Herstellung von Kalksandsteinen werden Cal­ der natürlich vorkommenden Mineralien Sand, ciumoxid (Branntkalk), Sand und Wasser miteinanSchluff und Ton, die sich lediglich in ihrer Kornder vermischt. Die daraus erstellten Rohlinge wergröße unterscheiden. Bei der Lehmsteinherstellung den zu Steinen geformt, gepresst und härten bei wird diese Mischung erdfeucht oder nass — dabei relativ niedrigen Temperaturen (200 °C) innerhalb meistens mit biologischen Zuschlagstoffen wie eines Tages aus [13]. Hier hat der Kalksandstein Stroh oder Gras als Armierungsmaterial gegen einenKonstruktionsmaterial: Vorteil gegenüber dem Ton­ CO2 gebrannten - bindend GWP Fichtenholz ­Rissbildung — mithilfe eines Schalungselements in ziegel, der bei wesentlich höheren Temperaturen die gewünschte Steinform gebracht und unter Songebrannt wird und damit einen höheren Energienen- oder anderer Wärmeeinwirkung getrocknet. einsatz benötigt. Allerdings ist die Gesamtbilanz Anschließend kommt der Lehmstein für tragende des Global Warming Potentials (GWP) immer noch und nicht tragende Bauteile wie Wandverbände extrem hoch und mit Beton vergleichbar, da bei oder Gewölbedecken zum Einsatz. Zudem haben der energieintensiven Herstellung von Calcium­ sich mittlerweile auch maschinelle Produktions­ oxid aus Kalkstein (Calciumcarbonat) sehr viel CO2 methoden für erdfeuchte Lehmmischungen etabdurchKonstruktionsmaterial: die nötige Prozesswärme und die chemische Konstruktionsmaterial: CO2 - emittierend CO2 - bindend GWP GWP Stahlträger Fichtenholz liert, bei denen die Steine durch hohen Druck sehr Reaktion freigesetzt wird [14]. Kalksandsteine eignen sich aufgrund ihres hohen Gewichts und ihrer schnell geformt werden. Als sortenreine Fügungsmethode von Lehmsteinen bietet sich die Vermau­ guten Dämmwirkung als Mauersteine, insbesonerung mit Lehmmörtel an. Um die physikalischen dere in mehrschichtigen AußenwandkonstruktioEigenschaften des Baumaterials zu verändern, lasnen. Bei reversibler Fügung untereinander — hier müsste noch intensiver geforscht werden — lassen sen sich der Naturlehmmischung weitere natürliche Stoffe wie z. B. biologische Fasern zur verbesserten sich die Steine nach Ende des Gebäudelebens­ Dämmwirkung beimischen [12]. Allerdings kann zyklusMauerwerk: wiederverwenden oder als neuer ZuschlagKonstruktionsmaterial: CO2 - emittierend GWP Lehmstein stoff wiederverwerten, daher finden sie in GWP dieser CO2 - emittierend sich dadurch Stahlträger auch die Tragfähigkeit des Materials verändern. Um ihre Kreislauffähigkeit zu erhalten, Auflistung zur Kreislauffähigkeit ihren Platz. dürfen den Lehm­gemischen keine synthetischen oder zementösen Zuschlagstoffe beigemischt oder mit diesen vermauert ­werden. Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Mauerwerk: Mauerwerk: Wiederverwendung, Wiederverwendung, CO2 - emittierend CO2 - emittierend GWP GWP Kalksandstein Lehmstein Wiederverwertung, Wiederverwertung Rückführung in natür­liche Lagerstätten CO2-emittierend CO2-emittierend

Mauerwerk: Kalksandstein

GWP

CO2 - emittierend Materialien

der Kreislaufwirtschaft

77

Bekleiden Wand- und Deckenbekleidung: Lehmbauplatte (verputzte Bauplatte aus Naturlehm)

Wand- und Deckenbekleidung: Wollfilz (Stoff aus unbehandelter Schafwolle)

Materialklasse: mineralisch

Materialklasse: biologisch

Beschreibung Lehmbauplatten (oder Lehmplatten) kommen im Trockenbau zur Bekleidung von Innenwandunterkonstruktionen zum Einsatz. Die Platten sind mit Sägewerkzeugen leicht zuzuschneiden und können durch Verschraubung an der Wand- oder Deckenkonstruktion befestigt werden. Lehmplatten setzen sich aus den Naturmaterialien Lehm, Biofasern und Stärke zusammen, unterseitig sind die Platten als Flächenbewehrung meist mit einem Jute- oder anderen pflanzlichen Geweben versehen [15]. Dieses stabilisiert die Platten bei Transport, Einbau und Nutzung und verhindert Rissbildung. Weitere Naturgewebe dienen nach der Fugenverspachtelung als Armierungslage für Lehmunterputze und -oberputze, auch hier werden sie zur Rissverhin­ derung eingesetzt. Lehmoberflächen sorgen im Gebäude­inneren für ein hervorragendes Raumklima, indem sie Feuchte aus dem Raum aufnehmen und zeitverzögert wieder abgeben können sowie zusätzlich Schadstoffe binden. Zudem dienen Lehmbaustoffe gerade im Leichtbau (Holzkonstruktionen) als guter thermischer Speicher, um Wärme aufzunehmen und phasenverschoben wieder ab­­ zugeben — ein Thema, das im Zuge der Klimaer­ wärmung immer wichtiger wird. Im Boden eingebaut, können Lehmbauplatten oder luftgetrocknete Lehmsteine zudem helfen, in den Sommermonaten Energie und damit Wärme mithilfe von wasser­ betrie­­benen Systemen abzuführen. Lehmverputzte Lehmbauplatten lassen sich am Ende des Gebäude­ lebenszyklus vollständig und ohne Wertverlust rezyklieren und anschließend in gleicher Qualität wiederverwerten oder in natürliche Lager zurückgeben.

Beschreibung Wollfilz ist ein textiles Gewebe, das aus hochwer­ tiger Schafwolle hergestellt wird. Die Schafwolle fällt als Nebenprodukt der Weidewirtschaft an und wird nach ihrer Gewinnung zunächst gewaschen, um überschüssiges Wollfett und Verschmutzungen zu entfernen. Der Motten- und Käferschutz erfolgt durch eine biozidfreie, elektrophysikalische Behandlung, die die Oberfläche der Wollfasern so modifiziert, dass ein permanenter Schutz gegeben ist. Anschließend wird das Material unter Einwirkung von Feuchtigkeit, Wärme, Druck und Bewegung ohne Zugabe von Bindemitteln oder Stütz­ fasern in eine Mattenform verfestigt. Wollfilz weist als Wandverkleidung im Innenraum schalldämpfende und wärmeisolierende Eigenschaften auf und trägt durch Feuchteaufnahme und -abgabe zu einer besseren Luftqualität bei. Das sortenreine Naturmaterial lässt sich als Wandbespannung verwenden und ist nach seiner Nutzungszeit zu 100 % wiederverwend- oder -verwertbar.

Anmerkungen  [1] USGS 2020  [2] Kupferverband e.V.  [3] BMUV 2021  [4] Umweltbundesamt 2022  [5] ebd.  [6] Statistisches ­Bundesamt 2021   [7] Linden / Marquardt 2018, S. 97  [8] Hillebrandt u. a. Wand- und Deckenbekleidung: CO emittierend GWP 2 Lehmbauplatte 2018, S. 90  [9] AMANN Die Dachmarke, 2016, amann-dachmarke.at [10] wie Anm. 7, S. 568 [11] Fraunhofer IMWS Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Kreislaufpotenzial nach Rückbau: 2019 Wand- und Deckenbekleidung: Wand- und Deckenbekleidung: Wiederverwendung, Wiederverwendung, CO2 - emittierend emittierend CO2 - [12]  GWP GWP Lehmbauplatte Wollfilz wie Anm. 7, S. 361 Wiederverwertung, Wiederverwertung, [13] ebd., S. 321 Rückführung in natür­liche Kompostierung [14] oekobaudat.de Lagerstätten CO2-emittierend CO2-emittierend [15] wie Anm. 7, S. 364

Wand- und Deckenbekleidung:

Wollfilz 78

GWP

Plattenmaterial:

CO2 - emittierend Recyclingkunststoffplatten

GWP

CO2 - emittierend

Bekleiden Plattenmaterial: Recyclingkunststoffplatten (wiederverwertete Joghurtbecher)

Bodenbelag: wiederverwertbare Teppichfliese (100 % kreislaufgerechte Materialien)

Materialklasse: synthetisch

Materialklasse: synthetisch

Beschreibung Beschreibung Plattenwerkstoffe aus wiederverwerteten, synthe­ Die Teppichfliese besteht aus vollständig kreislauftischen Materialien sind eine Perspektive, Kunstgerechten wiederverwerteten und wiederverwertstoffgegenstände wie Joghurtbecher oder Ver­ baren Materialien. Als Nutzungsgegenstand wird packungsmaterialien, die in großen Mengen im die dafür speziell entworfene Fliese vom HerstellerHaushaltsabfall enthalten sind, einer hochwertigen unternehmen nach ihrer Nutzungszeit kostenlos Weiterverwertung zuzuführen. Zudem sorgen derwieder zurückgenommen. Der Endkunde bezahlt artige Werkstoffe aus Sekundärmaterialien gezielt also für die Benutzung, nicht für den Besitz, da die für die Schonung natürlicher wie auch fossiler Resdarin enthaltenen Rohstoffe für den Hersteller so sourcen. Nach dem Reinigen und dem Sortieren wertvoll sind, dass sie nach der Gebrauchsphase der einzelnen Kunststoffarten lassen sich unter der wieder in den Produktionsprozess der Firma eingeEinwirkung von Hitze und Druck einzigartige, sorspeist werden. Die an der Oberfläche sichtbaren Wand- und Deckenbekleidung: tenreine Plattenwerkstoffe mit diversen Mustern Teppichschlaufen bestehen zu 100 % aus sortenreiCO2 - emittierend GWP Lehmbauplatte und Farben herstellen. Das Material zeichnet sich nem wieder- und weiterverwertetem Nylon, das aus durch eine hohe Korrosions- und WasserbeständigAbfallstoffen gewonnen wird. Die Unterseite der keit, eine hohe Resistenz gegen Säuren, Laugen, Teppich­fliesen enthält zusätzlich Calciumcarbonat, Öle und Fette sowie eine gute Kratzfestigkeit aus das als Nebenprodukt bei der Trinkwasseraufbereiund kann in vielfältiger Weise als Oberflächenmatetung entsteht und in der Wiederverwertung ebenrial im Innen-, Nass- und Außenbereich zum Einsatz falls sortenrein ausgefällt werden kann. Zudem wird kommen. Zudem ist es durch seine Sortenreinheit die Fliese nicht mehr auf dem Unterboden verklebt, Wand- und Deckenbekleidung: Wandund Deckenbekleidung: zu 100 % ohne Qualitätsverlust wiederverwertbar. sondern lose verlegt und verklemmt. Der wiederCO2 - emittierend CO2 - emittierend GWP GWP Wollfilz Lehmbauplatte verwertbare Bodenbelag verbindet Innovation, Eventuelle Verunreinigungen, hier im Beispiel als gewollte Farbmarkierung der Reste von Aluminium­ Funktionalität und die einfache Anwendung der Kreislaufwirtschaft zu einem neuen, ökologischen deckeln am Joghurtbecher im Material sichtbar Modell, das auf Nutzung und nicht mehr auf Besitz gelassen, könnten in jedem Lebenszyklus jedoch problemlos entfernt werden. basiert.

Wand- und Deckenbekleidung: Wollfilz

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Plattenmaterial: Wiederverwendung, Recyclingkunststoffplatten Wiederverwertung

Plattenmaterial:

GWP

CO2 - emittierend Recyclingkunststoffplatten

GWP

CO2 - emittierend Wiederverwertbare Teppichfliese

Kreislaufpotenzial nach Rückbau: Bodenbelag: Wiederverwertung, Herstellerrücknahme

CO2-emittierend

Bodenbelag: Wiederverwertbare Teppichfliese

GWP

CO2 - emittierend Materialien

GWP

CO2 - emittierend

GWP

CO2 - emittierend

CO2-emittierend

der Kreislaufwirtschaft

79

Schadstoffe im Kreislauf Daniela Schneider

Die Auswahl und Verwendung von sorten­ reinen und schadstoffminimierten Materia­ lien ist eine Grundvoraussetzung für das kreislaufgerechte Konstruieren von Gebäu­ den. Die Zusammensetzungen von heute gängigen, konventionellen Baumaterialien sind vielfältig und ihre Auswirkungen auf Mensch, Flora und Fauna aufgrund von Schadstoffen und Emissionen sehr komplex. Für die Materialauswahl konventioneller Bauten müssen aktuell zwar gesetzliche Vorgaben und Rahmenbedingungen einge­ halten werden, eine umfassende Material­ deklaration geschieht allerdings immer nur auf freiwilliger Basis. Für ein kreislaufge­ rechtes Konstruieren und „gesunde“ Aufent­ haltsräume ließen sich Materialien in biologi­ schen und technischen Stoffströmen führen, ohne dass es zur unkon­trollierten Abgabe gefährlicher Schadstoffe oder Emissionen kommt. Schadstoffe können nicht per se als „schlecht“, „gut“ oder gar als „grüne Che­ mie“ identifiziert werden. Die Bewertung und Identifikation erfolgt immer im Einzelfall und im Gesamtkontext aller Inhaltsstoffe. Eine Substanz muss nicht zwingend toxisch auf den Menschen und auf die Umwelt wir­ ken – ganz nach dem Prinzip von Paracel­ sus: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ [1] Eine Substanz kann also in niedriger Dosis für die Umwelt und den Menschen von Nutzen sein, die gleiche Substanz in hoher Dosis dagegen schäd­ lich. Daher ist eine Bewertung entsprechen­ der Substanzen auch im Bauwesen beson­

80

ders wichtig, da ihre Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen unbedenklich sein müssen. Per Definition können Schad­ stoffe Eigenschaften aufweisen, die sich möglicherweise auf die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen oder die Auf­ rechterhaltung ganzer Ökosysteme negativ auswirken [2]. Einteilung von Schadstoffen Potenziell schädliche Inhaltsstoffe und Emis­ sionen sind entweder biologischer, chemi­ scher oder elektrischer Art [3]. Auch „natür­ liche“ biologische Stoffe können aus natur­ wissenschaftlicher Sicht toxisch für den Menschen sein. In der Natur existierende Giftstoffe dienen in der Regel als Abwehr­ mechanismus. Natürliche Produkte wie Holz, Lehm, Wachse und Öle können natürliche organische Verbindungen wie Terpene, Form­­aldehyd und Lösemittel enthalten [4], die für den Menschen unter Umständen schädlich sind. Zudem gibt es Emissionen beispielsweise aus Schimmelpilzen, auf die der Mensch allergisch reagieren kann [5]. Zu chemisch schädlich wirkenden Stoffen zählen Inhaltsstoffe und Emissionen aus synthetischen Stoffen, die ebenfalls die menschliche Gesundheit und die Umwelt beeinträchtigen [6]. Dazu gehören Löse­ mittel, Weichmacher, Biozide, Formaldehyd, Organohalogene, Schwermetalle, Flamm­ schutzmittel, künstlich hergestellte Mine­ ralfasern sowie nach der EU-Verordnung REACH besonders besorgniserregende Stoffe (engl. Substances of Very High

Schadstoffe nach Substanzen

organische Schadstoffe

anorganische Schadstoffe

Metalle

Fasern

kohlenwasserstoffbasierte Schadstoffe (Auswahl typischer gebäudespezifischer Schadstoffe)

mögliche Schwer- und Halbmetalle in Innenräumen:

anorganische Fasern:

•  Pentachlorphenol (PCP) •  Polychlorierte Biphenyle (PCB) •  Polycyclische aromati­ sche Kohlenwasserstoffe (PAK) 1

• Antimon • Arsen • Blei • Cadmium • Cobalt • Kupfer

• Asbestfaser • künstliche ­Mineralfaser (KMF)

• flüchtige organi­ sche Verbindun­ gen (VOC) • Dioxine • Furane • Formaldehyd

­ oncern – SVHC). Die REACH-Verordnung C (EG) 1907/2006 ist Bestandteil der Europäi­ schen Chemikalienverordnung zur Regis­trie­­ rung, Bewertung, Zulassung und Beschrän­ kung chemischer Stoffe. Neben biologischen und chemischen sind auch elektrische und magnetische Einflüsse zu nennen. Dazu zählen externe und interne elektrische, magnetische und elektromag­ netische Felder in und an Gebäuden [7]. In diesem Kapitel liegt der Fokus jedoch auf der Betrachtung von natürlichen und chemi­ schen Wirkungen (Abb. 2). Organische und anorganische Schadstoffe Man unterscheidet Schadstoffe auch nach ihren Wirkprinzipien in organische und anor­ ganische (Abb. 1). Zu der Gruppe der anor­ ga­nischen Schadstoffe zählen ausgewählte Schwermetalle wie vor allem Cadmium, Arsen, Blei, aber auch Kupfer und Queck­ silber sowie anorganische Fasern [8]. Orga­ nische Schadstoffe bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff. In der Natur kommen diese

• Nickel • Queck­ silber • Thallium • Zink • Zinn

Verbindungen, auch potenziell toxische, in Erdöl- und Erdgaslagerstätten und ­Stein­kohlenteer vor [9]. Anorganische und organische Schadstoffe werden im biologi­ schen Metabolismus unterschiedlich schnell abgebaut, sie können sich weit ausbreiten und eine hohe Beständigkeit (Persistenz) besitzen [10]. Organische Schadstoffe kön­ nen in der Umwelt und im Menschen akut oder lang­fristig (chronisch) wirken und reversible oder irreversible Schäden verur­ sachen. Organische und anorganische Schadstoffe begegnen uns in unterschiedlichen Lebens­ bereichen, beispielsweise in der Landwirt­ schaft, in Lebensmitteln, in Verpackungen, in der Bekleidung, in Kosmetika oder aber auch in Gebäuden. Sie aus Gebäuden zu entfernen, stellt aktuell eine große Heraus­ forderung dar. Im Gebäudebestand kamen teilweise Materialien zum Einsatz, die im 20. Jahrhundert noch gesetz­lich zugelassen und als „unproblematisch“ eingestuft wur­ den [11]. Diese waren unter anderem mit

Schadstoffe nach Wirkungen

chemische Wirkungen 1 Einteilung der Schad­ stoffe nach Substanzen 2  Einteilung der Schad­ stoffe nach ihren Gefährdungen

• besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) • Biozide • flüchtige organische Verbindungen (VOC) • Formaldehyde • Lösemittel • künstliche Fasern (KMF) 2

biologische Wirkungen • Bakterien • Pilze • Viren • Endoparasiten • mikrobielle flüchtige ­organische Verbindungen (MVOC)

elektrische Wirkungen • radioaktive Strahlung • ionisierende Strahlung • nicht ionisierende Strahlung • elektrische Wechselfelder • magnetische Wechselfelder • elektromagnetische Wellen

Schadstoffe im Kreislauf

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Asbest, oder auch Substanzen wie poly­ chlorierten Biphenylen, Pentachlorphenol oder polycyclischen aromatischen Kohlen­ wasserstoffen versehen. Zum Zeitpunkt der Produktentwicklung, der Zulassung und der Gebäudeplanung hatten die Produkte bei den Planenden noch großen Zuspruch gefun­den, da sie sich multifunktional einset­ zen ließen. Nach chronischen Erkran­kungen der Personen, die in den Gebäuden arbeite­ ten oder wohnten, weiteren Erkenntnissen zu den Materialien sowie wissenschaftlichen Untersuchungen wurden die Stoffe erst Jahr­ zehnte später gesetzlich verboten. Heutzu­ tage kommen chemische Substanzen zum Einsatz, um Bauprodukte lange haltbar und beständig zu machen. Hierzu zählen Kon­ servierungsmittel, Stabilisatoren, Phthalate (Weichmacher in Kunststoffen), Biozide, Aldehyde, Flammschutzmittel sowie Bindeund Lösemittel. Die genannten Schadstoff­ gruppen stellen jedoch nur eine kleine Aus­ wahl der existierenden Substanzen dar. Grenzwerte und Anreicherung von Schadstoffen am Beispiel HBCD In konventionellen Bauprodukten wie etwa in synthetischen Dämmstoffplatten aus Hart­ schaum (z. B. expandiertes und extrudiertes Polystyrol) wurden jahrzehntelang Flamm­ schutzmittel verwendet, die die bromierte Chemikalie Hexabromcyclododekan (HBCD) enthalten. Diese ist nur unter anaeroben Bedingungen (ohne Sauerstoff) biologisch abbaubar und lässt sich in der Luft, im Was­ ser und im Boden nachweisen [12]. Sie wird

82

gemäß REACH-Verordnung als „sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wir­ kung“ eingestuft [13] und kann durch fettrei­ che Nahrung in den menschlichen Körper gelangen [14]. Ihre uneingeschränkte Ver­ wendung ist seit 2015 in der Europäischen Union generell verboten. In Gebäuden ver­ wendete und verbaute HBCD-haltige Pro­ dukte mit mehr als 1000 mg/kg müssen seit dem Jahr 2016 als Sonderabfall ent­ sorgt werden [15]. Sofern der Grenzwert von 1000 mg/kg unterschritten ist, werden HBCD-haltige Produkte jedoch nicht als gefährlich eingestuft und gelten hinsichtlich ihrer Entsorgung als gemischte Bau- und Abbruchabfälle [16]. Dies hat zur Folge, dass sich bereits lang bekannte und als toxisch eingestufte Flammschutzmittel in geringeren Mengen durch falsche Entsor­ gungswege in der Umwelt weiter verbreiten und anreichern können. Anreicherung von Schadstoffen durch ­fehlende Grenzwerte Wie das Beispiel HBCD zeigt, haben schad­ stoffhaltige Produkte auch unterhalb eines Grenzwerts undefinierbare Folgen, indem sie sich in der Umwelt anreichern und in natürlichen Prozessen nicht oder nur teil­ weise abgebaut werden. Sie können in der Gesamtsumme unkontrolliert in biologische oder technische Stoffströme gelangen und eine Wiederverwendung negativ beeinflus­ sen bzw. unmöglich machen. Grenzwerte regeln dafür grundsätzlich das Ausmaß des Inverkehrbringens, der Nutzung und der

Entsorgung von Schadstoffen, nicht nur in Bauprodukten. Allerdings sind nicht alle diese Grenzwerte der bekannten Schad­ stoffe gesetzlich verpflichtend einzuhalten, sondern werden auch durch freiwillige Handlungen über Umweltlabels und Zertifi­ kate festgelegt. Die in Altbeständen aufzu­ findenden schadstoffhaltigen Materialien können und sollten daher nicht in eine Wie­ derverwendung oder -verwertung überführt werden. Würden sich die genannten gefähr­ lichen Stoffgruppen unkontrolliert in weitere biologische oder technische Stoffströme verteilen, hätte dies unabsehbare Folgen. Gesetzliche Regularien für schädliche Stoffe in Bauprodukten Weltweit werden für den globalen Markt ­laufend neue Bauprodukte entwickelt, die in allen möglichen Umgebungen chemisch wirken können. Der Chemical Abstract Ser­ vice (CAS) registriert in einer Datenbank alle bekannten organischen und anorganischen Substanzen. 2021 wurden seit der ersten Aufzeichnung im Jahr 1907 weltweit insge­ samt mehr als 183 Millionen regis­trierte che­ mische Verbindungen dokumentiert [17]. Davon werden 2022 mehr als 350 000 Che­ mikalien weltweit hergestellt und auch in Bauprodukten ver­arbeitet [18]. Diese Viel­ zahl erschwert die Beurteilung hinsichtlich möglicher Gesundheits- und Umweltgefah­ ren, auch für Material­experten. Das nach­ haltige Chemikalienmanagement seitens der Europäischen Union sowie eine zuneh­ mend sensibilisierte Öffent­lichkeit haben

dazu geführt, dass schädliche Stoffe, auch in Bauprodukten, öffentlich gemacht wer­ den [19]. Seit 2007 besteht eine neue EUVerordnung für das Inverkehrbringen von neuen Chemikalien: Die erwähnte REACHVerordnung (siehe S. 80f.) soll einen hohen Schutz für Umwelt und Mensch sicher­ stellen [20], indem die schäd­lichen Chemi­ kalien regis­triert werden. Eine solche Regist­ rierung allein stellt jedoch noch keine Garantie für eine Unschädlichkeit der Stoffe dar. Aktuell sind im Anhang besagter Ver­ ordnung 224 besonders besorg­nis­erre­ gende Chemikalien gelistet [21], die auf Grundlage einer wissenschaftlichen Nach­ weiserbringung nicht mehr in Produkten in Verkehr gebracht werden dürfen. Allerdings zieht ein solcher gesetzlicher Ausschluss von Schadstoffsubstanzen immer einen langwierigen Prozess nach sich und stellt nie eine vorausschauende Vorsorgemaß­ nahme dar. Gemäß einer Untersuchung des European Environmental Bureau (EEB) dauert es durchschnittlich 13 Jahre und 8 Monate, um gefährliche Chemikalien aus dem Verkehr zu ziehen [22]. Mittlerweile entwickelt sich die Stoffvielfalt also schneller als eine entsprechende Gefahrenbewertung passieren kann. Selbst für Materialfachleute ist eine belastbare Einstufung einzelner Chemikalien, insbesondere die Beschaffung von Informationen hinsichtlich ihrer Gefähr­ lichkeit, eine komplexe und zeitintensive Angelegenheit, da sie auf die Informationen von Herstellern angewiesen sind. Detaillier­ tere Informationen bezüglich Inhaltsstoffe

Schadstoffe im Kreislauf

83

finden sich z. B. in Technischen Merkblät­ tern und Sicherheitsdatenblättern, wenn auch meist nicht vollständig. Diese enthal­ ten Hinweise zur Verwendung der Produkte sowie sicher­heits­bezo­gene Informationen über Stoffe und Gemische, die bei der Aus­ wahl der Bauprodukte unterstützen können. Oft decken diese Informationen jedoch nur einen Teil dessen ab, was für ein kreislauf­ gerechtes Planen und Bauen erforderlich wäre. Empfehlenswert ist daher das Einho­ len einer Volldeklaration bei den Herstellern sowie die Abfrage der Zusammensetzung einzelner Komponenten bis auf die Lieferan­ tenebene (siehe „Volldeklaration“, S. 85f.). Dem stehen allerdings meist Geheimhal­ tungserfordernisse entgegen. Die Auswahl sortenreiner und schadstoffarmer Baumaterialien Ökologisch unbedenkliche, langlebige, wertbeständige und universell einsetzbare Materialien sind ein wichtiger Bestandteil einer kreislaufgerechten Strategie. Pro­ dukte, die diese Eigenschaften aufweisen, können theo­­retisch immer wiederverwendet oder zumindest hochwertig verwertet wer­ den. Dazu zählen sowohl natürliche als auch chemisch künstlich hergestellte Bau­ materialen. Sie bestehen aus nicht schäd­ lichen Substanzen und lassen sich nach ihrer Nutzungsphase als „Nährstoffe“ in natürliche und technische Stoff­stöme voll­ ständig zurückführen und haben so einen positiven Mehrwert (Abb. 8, S. 25). Ressour­ cenminimierte und sortenreine Materialen

84

sind immer zu bevorzugen und auf ihre Wirksamkeit zu identifizieren. Ausschließliche Verwendung bekannter Materialinhaltsstoffe Grundsätzlich sollten Planende in der Anwendung Materialien vermeiden, deren Inhaltsstoffe nicht vollumfänglich bekannt sind. In den letzten Jahrzehnten nahm die Entwicklung von stark modifizierten, multi­ funktionalen Produkten mit zeitsparenden, kostenoptimierten und praktischen Anwen­ dungseigenschaften zu. Diese Bauprodukte gelten als überwiegend sicher, flexibel und montagefreundlich. Mit ihnen lassen sich oft aufwendige Berechnungen und Vorberei­ tungsarbeiten vermeiden sowie mangeln­ des handwerkliches Können oder auch der Einsatz von bestimmten Werkzeugen kom­ pensieren. Meist setzen sich diese Bau­ mate­ria­lien – oft Verbundwerkstoffe – aus synthetischen Stoffen zusammen, die für eine zirkuläre Wiederverwendung jedoch proble­matisch sein können. Keine CMR-Stoffe Substanzen in Bauprodukten dürfen keine humantoxikologischen oder ökotoxischen Faktoren sowie keine sensibilisierenden, krebserregenden, fruchtschädigenden Stoffe als auch Keimzellmutagene aufwei­ sen. Die Einstufung dieser sogenannten CMR-Stoffe (engl. Carcinogenic, Mutagenic and Toxic to Reproduction) nach der ­europäischen GHS-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, genannt CLP-Verordnung

(Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures), erfolgt anhand von zwei Kategorien und wird in Form von Gefahrensymbolen und Gefahrenstoffhinweisen auf den Produktla­ bels und den Sicherheitsdatenblättern dar­ gestellt [23]. Die entsprechenden Grenz­ werte der einzelnen Substanzen sind jedoch nicht eindeutig seitens der Gesetzgeber geregelt (siehe „Grenzwerte und Anreiche­ rung von Schadstoffen am Beispiel HBCD“, S. 82). Schädliche Substanzen in Baupro­ dukten, die man bei einer sortenreinen Materialwahl vermeiden will, müssen heute oft nur auf freiwilliger Basis ausgeschlossen werden – ein Umstand, der politisches Han­ deln verlangt. Um dies zu ändern, ließen sich z. B. gesetzliche Regularien wie REACH bis hin zu einer Volldeklaration der Inhalts­ stoffe erweitern. „Kombinationsprodukte“ vermeiden Kombinationsprodukte aus natürlichen und synthetischen Materialien sollten vermieden werden, um eine Kreislauffähigkeit sicherzu­ stellen. So sind etwa Brettsperrhölzer, ver­ leimt mit Klebstoffen auf Kunstharzbasis, ein Beispiel für die Vermischung von natürlichen und technischen Komponenten. Die Nach­ nutzung ist dann nur noch in einem techni­ schen Stoffstrom der Holzkaskade möglich. Unbehandeltes Vollholz ohne synthetische Imprägnierungen etc. hingegen ließe sich nach Gebrauch bedenkenlos wiederver­ wenden oder in den biologischen Kreislauf überführen.

Sortenrein gefügter Bauteilaufbau Ein weiterer relevanter Parameter für die Umsetzung einer kreislaufgerechten Strate­ gie und einen entsprechenden Materialein­ satz ist es, einen reversibel gefügten und geschichteten Bauteilaufbau in der Ent­ wurfsplanung zu berücksichtigen. Ein Redu­ zieren der Komplexität der einzelnen Bau­ teilschichten und Funktionen hilft dabei, Ver­ bundlösungen zu vermeiden (siehe „Einfach (Um)Bauen“, S. 98ff., und „Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip“, S. 118ff.). Selbst bei einer sehr sorgfältigen Auswahl an Bau­ produkten kann es dazu kommen, dass Materialien herangezogen werden müssen, die nicht vollständig schadstoffarm sind. Gründe hierfür sind die Einhaltung der ­Normung (z. B. hinsichtlich Brandschutz), die Umsetzung von technischen Regula­ rien und auch die Marktverfügbarkeit bzw. mangelnde gesunde Produkt­allternativen. Grund­sätzlich sollte auf synthetische, flüs­ sige, pastöse oder auszuhärtende unlös­ bare Beschichtungen, Putze, Spachtelun­ gen, Anstriche o. Ä. verzichtet werden, da sie nicht nur ein sortenreines Trennen verhindern, sondern als oberflächennahe Schichten oft auch Schadstoffe enthalten und leicht Emissionen ausdampfen können. Volldeklaration Für eine vollumfängliche Kenntnis der Inhalts­stoffe in Bauprodukten ist idealer­ weise eine Volldeklaration beim Hersteller einzuholen. Das Wissen über die chemische Zusammensetzung von Materialien, ihre

Schadstoffe im Kreislauf

85

Inhaltsstoffe und Emissionen ist ausschlag­ gebend für eine mögliche und gefahrlose Nachnutzung von Materialien [24]. Als Grundlage für die Volldeklaration kann die „C2C Verbotsliste für Chemikalien“ (engl. C2C Banned List of Chemicals) [25] heran­ gezogen werden, die schädliche Chemika­ lien definiert und ausschließt, die sich in der Bio- und Technosphäre ansammeln, beim Menschen zu irreversiblen Schäden führen sowie in Herstellung, Nutzung und Entsor­ gung gefährlich für die Umwelt sein können. Die Liste soll nicht einfach als eine Check­ liste zur Eliminierung von bedenklichen Che­ mikalien dienen, sondern vielmehr als Bei­ spiel und Anreiz betrachtet werden, Stoff­ gemische mit einer ähnlichen Struktur und Wirkung nicht als Ersatz zu verwenden. Die Liste unterscheidet in technische und in biologische Nährstoffe – erkennt also zwei getrennte Kreisläufe an. Für eine Volldekla­ ration kann die Liste dem Hersteller für eine Einhaltung und Bestätigung der verwende­ ten Stoffe zugesandt werden. Inhalts- und Emissionszertifikate Neben einer erstrebenswerten Volldeklara­ tion werden Produkte in der Regel mit einem etablierten Güte- und Umweltzeichen und Umweltzertifikate herangezogen. Gemäß der Online-Plattform „Label-Online“ stehen aktuell 169 verschiedene Umweltlabels für Bauprodukte (Stand Oktober 2022) zur Ver­ fügung [26]. Diese können zu einer transpa­ renten Darstellung von Inhaltsstoffen und Emissionen von Bauprodukten beitragen, sind aber schwer miteinander vergleichbar, da sie unterschiedliche Ziele, Schwer­punkte und Ansätze zur Bewertung und Sicherstel­ lung der Qualitäten verfolgen: • Prüfung von Inhalten und Emissionen: Einige Umweltlabels fokussieren in der Prüfphase von Bauprodukten auf ausge­ wählte einzelne Inhaltsstoffe und Emissio­ nen (z. B. Blauer Engel) [27]. • Prüfung von Emissionen: Auch gibt es Um­­ weltlabels, die ausschließlich spezifische Emissionen aus Bauprodukten be­werten. Die entsprechende Prüfung und Bewer­ tung erfolgt z. B. bei Emicode in einer Prüfkammer nach 3 und 28 Tagen [28] sowie basierend auf AgBB-NIK-Werten

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[29]. Einzelne Substanzen der Inhaltsstoffe werden im Rahmen des Prüfvorgangs nicht analysiert und bewertet. • Prüfung von Inhaltsstoffen, Emissionen und Gerüchen: Darüber hinaus gibt es Zertifikate, die sowohl Inhaltsstoffe, Emis­ sionen als auch Gerüche nach einer insti­ tutionellen Prüfmethodik abfragen und bewerten (z. B. GUT Teppichsiegel) [30]. Die Labels und Zertifikate werden nach einer freiwilligen Ausschlussliste vergeben, die seitens der jeweiligen Institution defi­ niert wurde. Dabei wird festgesetzt, welche Stoffe nicht oder bis zu einem bestimmten Grenzwert im Produkt oder in den Emissio­ nen enthalten sein dürfen. Diese Art der Definition ist eine gängige und einfache Regulierung und Bewertung von einzelnen Substanzen und gleicht der Vorgabe gemäß einem Grenzwert (siehe „Grenzwerte und Anreicherung von Schadstoffen am Bei­ spiel HBCD“, S. 82). Es besteht jedoch das Risiko, dass enthaltene problematische Substanzen nicht unter die Betrachtung ­fallen und somit toxisch wirken können, weil fortlaufend neue Substanzen und Ver­ bindungen auf den Markt kommen, und die Ausschlussliste – je nach Institution – zeit­ verzögert ergänzt wird. Folglich ist es emp­

3  ABC-X Deklarations­ liste für die Bewertung von Baumaterialien: Jeder einzelne Inhalts­ stoff eines Produkts wird bestimmt und sein Risiko engestuft. Stoffe, die mit „A” bewertet werden, sind bereits optimiert; mit „X” ­werden CMR-Stoffe bezeichnet, die im Pro­ dukt langfristig nicht akzeptabel und gegen bessere Stoffe auszu­ tauschen sind.

Produkt

Chemikalie

Materialbewertung

3

A B Verwendung empfohlen

C Verwendung akzeptabel

X Empfehlung „Phase-out”

undefi­ niert

ausge­ schlossen

fehlenswert, bei der Auswahl von Bau­ produkten mit einem vergebenen Label die folgenden Parameter genauestens zu hinter­fragen: • Anzahl und Vollständigkeit der betrach­ teten Inhaltsstoffe • Anzahl und Vollständigkeit der betrach­ teten Schadstoffe • betrachtete Emissionen und Verflüch­ tigungen • festgelegte Grenzwerte Zudem sollte man beachten, dass sich die Kriterien der Zertifizierungsstellen mit der Zeit ändern können. Ein Blick auf die ent­ sprechenden Datenabgaben zu den aktuel­ len Prüfverfahren ist daher ratsam. Für eine kreislaufgerechte Planung empfiehlt es sich, nur Bauprodukte auszuwählen und zu ver­ wenden, deren Inhaltsstoffe vollständig bekannt sind, was mit einer Volldeklaration gleichzusetzen ist. Derzeit stehen allerdings noch nicht ausreichend Produkte für den Bau eines kreislaufgerechten Gebäudes mit einer Volldeklaration auf dem Markt zur Ver­ fügung. Diese müssen dann einzeln nach­ gefordert und einholt werden. Beispiel: Cradle-to-Cradle-Zertifikat Das Cradle-to-Cradle-Zertifikat setzt auf eine vollständige Untersuchung aller Inhalts­ stoffe. Das Bewertungsprogramm erfolgt nicht nach vordefinierten Stoffgruppen, son­ dern verfolgt die transparente Bestands­ aufnahme aller Inhaltsstoffe einschließlich der Lieferkette. Die genaue Ermittlung der Inhaltsstoffe durch Materialgutachter im Zertifizierungsprozess schließt ökotoxikolo­ gische Substanzen aus. Sofern solche im Zertifizierungsprozess festgestellt werden, besteht die Möglichkeit, dass der Hersteller diese gegen unschädliche Substanzen aus­ tauschen kann [31]. Als Grundlage für die Bewertung der Substanzen wird die Cradle to Cradle Certified Restricted Substances List (RSL) herangezogen [32]. Das Label stellt mit der transparenten Vergabe und Kon­trolle einen hohen Anspruch an die Kreis­ lauffähigkeit. In fünf Kategorien werden neben der Materialgesundheit auch die Her­ kunft und Wiederverwendbarkeit des Mate­ rials, die Herstellung mit erneuerbaren Ener­

gien, die verursachten Treibhausgasemis­ sionen, das Wassermanagement sowie die soziale Verantwortung betrachtet. Nach Cradle to Cradle zertifizierte Bauprodukte sind beispielsweise Bodenbeläge, Wand­ farben und Möblierungen, aber auch ganze Systeme für den Innenausbau und die Haus­ technik. Diese für die Umwelt und Menschen positiv gestalteten Produkte gelten als sicher, transparent und verwertbar [33]. Bei der Produktzertifizierung für die C2CVer­botsliste erfolgt die Einordnung und Bewertung der Stoffe nach dem ABC-X ­System. Jeder einzelne Inhaltsstoff eines Produkts wird dabei bestimmt und sein Risiko entsprechend eingestuft. Stoffe, die mit A bewertet werden, sind bereits optimiert, mit Kategorie X werden CMRStoffe bezeichnet, die langfristig nicht im Produkt akzeptabel und gegen bessere Stoffe auszutauschen sind (Abb. 3). Als weitere Empfehlung werden Bauprodukte mit dem Umweltlabel Natureplus und dem Eco-Institut-Label ausgesprochen. Irreführende Produktlabels und Angaben Auf dem Markt existieren neben Baupro­ dukten mit Umweltzeichen und -zertifikaten auch Bauprodukte mit von den Herstellern selbst geschaffenen Gütezeichen, die z. B. die Einhaltung der Normung bestätigen. Damit sparen sich Hersteller die Kosten für ein unabhängiges Prüfverfahren und werben mit ihren eigenen Labels und Logos [34]. Die firmeneigenen Aussagen, die Gütezei­ chen ähneln, suggerieren dem Verbraucher oft irreführende Inhalte, schaffen jedoch die Substanzen betreffend keine Transparenz. Die Europäische Gesellschaft für Gesundes Bauen und Innenraumhygiene (EGGBI) weist darauf hin, dass „umfassende Krite­ rien­kata­loge, vor allem aber auch Prüf­ berichte von diesen Herstellern oder Han­ delsorganisationen meist nicht erhältlich sind“ [35]. Grundsätzlich sind solche Her­ stelleraussagen in der Werbung und in Pro­ duktbeschreibungen kritisch zu hinterfragen. Bei der Betrachtung von Umweltlabels wird empfohlen, die Methodik der Prüfung, die Analytik, den Umfang, die gesetzliche Prüf­ grundlage sowie die Einzelergebnisse zu untersuchen. Ein weiteres wich­tiges Quali­

Schadstoffe im Kreislauf

87

Abkürzung

Beschreibung

Siedebereich

VVOC

Very Volatile Organic Compound (V VOC) (sehr leicht flüchtige organische Verbindungen)

< 0 bis 50 — 100 °C

VOC

Volatile Organic Compound (VOC) (leicht flüchtige organische Verbindungen)

50 —100 bis 240 — 260 °C

SVOC

Semi-Volatile Organic Compound (SVOC) (mittel bis schwer flüchtige organische Verbindungen)

240 — 260 bis 380 — 400 °C

POM

Organic compound associated with particulate matter or ­particulate organic matter (POM) (partikelgebundene organische Verbindungen)

380 °C

TVOC

Der Begriff Total Volatile Organic Compounds beschreibt die Konzentration aller Einzelverbindungen.

4

tätsmerkmal wäre auch die im Prüfzeugnis angege­bene akkreditierende Institution [36]. Beispiel für eine irreführende Beschreibung ist etwa, wenn ein Produkt mit „formalde­ hydfreies Holzprodukt“ beworben wird. ­Korrekt müsste es lauten: „Formaldehydfrei verleimt, Holz enthält natürliches Formal­ dehyd.“ [37] Zudem sagt diese Beschrei­ bung nichts über weitere Schadstoffe aus, die eventuell durch die Verklebung oder Beschichtung zu erwarten sind. Es ist zu beobachten, dass Hersteller mit solchen sogenannten Greenwashing-Aussagen immer mutiger werden, ohne fundierte Nachweise zu erbringen [38]. Unterschied­ liche Begriffsdefinitionen und Summenwerte sind mit unterschiedlicher Aus­sagekraft angegeben. Auch an dieser Stelle wäre es Zeit, klarere politische Regeln zu definieren und zudem eine Zertifizierung zur Kreislauf­ gerechtigkeit einzuführen, nämlich die Her­ steller zu verpflichten, umfängliche gesamt­ heitliche Positivdeklaration für Bauprodukte zu erstellen und die Prüfergebnisse trans­ parent aufzuzeigen, um die europäischen Ziele des Green Deals bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Emissionen aus Bauprodukten Bauprodukte, Einrichtungsgegenstände (z. B. Böden, Möbel, Teppiche), aber auch die Nutzung, die Raumpflege oder die anwe­senden Personen selbst können unter­ schiedliche Emissionen an die Innenraum­ luft verursachen. Man spricht bei Emissio­ nen in Innenräumen auch von flüchtigen organischen Verbindungen (engl. Volatile Organic Compound – VOC). Unter diesem Oberbegriff werden zahlreiche Lösungs­

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mittel und andere chemisch-organische Sub­stanzen zusammengefasst, die gasför­ mig in der Raumluft vorliegen. Gemäß WHO sind diese Verbindungen nach ihrem Siede­ punkt bzw. der daraus resultierenden Flüch­ tigkeit eingeteilt (Abb. 4). Sie werden über­ wiegend über die Lunge aufgenommen und spielen deshalb bei der Bewertung der Innenraumluftqualität die wichtigste Rolle. Wie „gesund“ und schadstoffarm die Raum­ luft ist, hängt auch von der Qualität der zuge­ führten Außenluft und von den Schadstoff­ belastungen und Verunreinigungen innerhalb des Gebäudes ab. Nicht riechende Emis­ sionen können ebenfalls krank machende allergische Reak­tionen auslösen und die Gesundheit beeinträchtigen. Im Gegensatz zu genau beschriebenen und auch eindeu­ tig charakterisierbaren Inhaltsstoffen von Bauprodukten treten generell bei Luftbelas­ tungen in Innenräumen komplexe Gemische aus Verbindungen mit unterschiedlichsten Emissionseigenschaften auf. Qualitätssicherung im Planungs- und Ausführungsprozess Die Auswahl von schadstoffarmen und „gesunden“ Bauprodukten setzt sowohl ein notwendiges Konzept als auch einen Prüf­ prozess für die Einhaltung der Qualitätsan­ forderungen voraus. Hierfür bedarf es eines erweiterten Prozesses für das kreislaufge­ rechte Planen und Bauen, der in sechs Stu­ fen auf standardisierten Leistungsphasen und -abschnitten aufbaut (Abb. 5). Expertise im Planungsteam Zusätzlich zu den bisherigen Prozessabläu­ fen und Leistungsphasen der deutschen

4   Übersicht über die Volatile Organic Com­ pounds (VOC), flüchtige organische Verbindun­ gen, nach ihren Siede­ punkten

5  Qualitätssicherungs­ prozess für die Aus­ wahl von sortenreinen Materialien

Vorentwurf

Honorarordnung für Architekten und Inge­ nieure (kurz HOAI) wäre das Schaffen einer „Materialkompetenz“ im Planungsteam von Bedeutung. Beispielsweise könnte eine qua­ lifizierte Person aus dem Fachbereich Bau­ ökologie bzw. eine Person mit Expertise für Materialgesundheit oder eine entsprechend weitergebildete Architektin oder ein Archi­ tekt den gesamten Planungs- und Ausfüh­ rungsprozess diesbezüglich begleiten. Zu Projektbeginn erstellt das Team idealerweise ein Materialkonzept. Hierbei geht es um die Materialauswahl, die erforderlichen Deklara­ tionen der Materialien vor der Bauausfüh­ rung, die Prüfung der eingebauten Materia­ lien auf der Baustelle auf Konformität und die Anforderungen an die Innenraumluft­ qualität.

Mate­rialtypen werden anhand folgender Liste ausgewählt: • biogenes Material (d. h. nachwachsend und biologischen Ursprungs), das nicht aus fossilen Quellen stammt • technisches Material, das aus einer fossi­ len Quelle stammt, aber für Rückbau und Wiederverwendung so konzipiert ist, dass es in höchstmög­licher Qualität wiederver­ wendet werden kann • wiederverwendbare biogene und techni­ sche Komponenten • hybride Systemlösungen, bei denen Teile biogen und technisch wiederverwendet werden können • Demontage und Rückgabe an Hersteller und Lieferanten möglich • Weiterverwendung und -verwertung [39]

Stufe 1: Konzeption — Entwicklung eines Materialkonzepts im Vorentwurf Am Anfang des Prozesses steht im Vorent­ wurf das Erstellen eines projektspezifischen Materialkonzepts. Dieses enthält unter ande­ rem die allgemeinen Anforderungen an die Herkunft der Materialien, die Ressourcen­ schonung und die Baustelleneinrichtung sowie die Beschreibung im Umgang mit Bauabfällen. Zudem werden die relevanten Materialtypen für den Entwurf sowie die ­Herstellungsprozesse und Umweltauswir­ kungen definiert und ausgewählt, was einen wich­tigen Aspekt für den Gesamtprozess der Qualitätssicherung darstellt. Einzelne

Generell sollten Materialien bereits in einer frühen Phase hinsichtlich ihrer Umweltbelas­ tung geprüft werden, d. h. hinsichtlich grauer Energie und den CO2-Emissionen durch den Herstellungsprozess, den Einsatz von sekun­ dären Rohstoffquellen sowie den Einsatz von erneuerbaren Energien zur Herstellung der Produkte und Materialien [40]. Das Planungsteam muss die einzelnen Ver­ wertungswege für die Material­typen, aber auch für die Fügetechniken bestimmen. Es wird empfohlen, das gesamtheitlich projekt­ spezifische Materialkonzept anhand einer bereits bekannten gewerkespezifischen Sys­ tematik zu gliedern. Im Materialkonzept ist

Entwurf

Werkplanung

Gestaltung und Entwurf von sortenreinen Konstruktionen

Erstellung ­Materialkonzept Festlegung Materialtypen

Stufe 1

generische Materialauswahl

Stufe 2

bauprodukt­ spezifische ­Materialauswahl

Ausschreibung Vergabe Integration der ­ nforderungen in A die Ausschreibung und Vergabe

Konformitätsprüfung

Stufe 3

Stufe 4

Ausführung

Überprüfung durch Begehungen, Dokumenten­ prüfungen und Materialprüfungen der eingesetzten Produkte Innenraumluftmessungen

Dokumentation

Dokumentation der verbauten Materialien und ­angewendeten Konstruktionen mittels Gebäudepass

Stufe 5 + 6

Stufe 7

Sicherstellung der Materialqualitäten fortlaufende Dokumentation 5

Schadstoffe im Kreislauf

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Definition der Produkte

Konformitätsprüfung

ausführende Firma

Fachplanung für Materialgesundheit

Die ausführende Firma weist alle geforderten Eigenschaften für die Produkte, die sie verwenden möchte, nach. Die im Materialkonzept geforderten Nachweise sind durch die ausführende Firma in digitaler Form vorzulegen.

Freigabe Die Fachperson für Materialgesundheit prüft die Produkte auf die ausgeschriebenen Anforderungen und gibt diese frei.

Wird das Produkt freigegeben, darf es verbaut werden. Ablehnung Entspricht das Produkt nicht den Prüfkriterien, wird das ­Produkt abgelehnt. Es darf nicht verbaut werden. Die ausführende Firma muss eine ­Alternative finden. Der Prüf­ prozess beginnt ­erneut.

6

anhand der Materialwahl und -spezifikation auch ein möglicher einwandfrei funktionie­ render Wiederverwendungsweg darzulegen. Stufe 2: Entwurf Im Entwurf sind die positiven Inhaltsstoffe und Substanzen für die einzelnen Material­ typen anhand möglicher Obergrenzen laut Regularien festzulegen. Das bereits erstellte Materialkonzept wird mit weiteren detaillier­ ten Angaben zu den Inhaltsstoffen und Emis­ sionen, die ausgeschlossen oder mit einer positiven Wirkung für Mensch und Umwelt definiert sind, ergänzt. Für jedes Produkt werden klare individuelle Qualitätskriterien festgelegt, die ein kreislaufgerechtes Planen und Bauen berücksichtigen. Dazu gehört die Definition der Anforde­rungen an: • Inhaltsstoffe • positive Formulierungen • Volldeklarationen • Grenzwerte von schädlichen Chemikalien, Störstoffen und Nebenprodukten • Gütesiegel und Umweltlabels In dieser Bemusterungsphase werden all­ gemein gültige Baumaterialien ausgewählt und die dabei bestimmten Leitprodukte auf die definierten Qualitätskriterien hin von einer Fachperson geprüft. Das Konzept umschreibt auch das Nachweisverfahren für jedes einzelne Produkt. Ein solches kann über Dokumente wie Technische Merkblät­ ter, Sicherheitsdatenblätter, Herstellererklä­

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rungen sowie über weitere, bei Gütesiegeln und Umweltlabels zusätzlich betrachteten Stoffgruppen oder auch über die so wich­ tige Volldeklaration erfolgen. Stufe 3: Werkplanung Je weiter ein Entwurf und seine Planung fortschreiten, desto detaillierter müssen die Informationen zu den Substanzen und Emis­ sionen von Materialien vorliegen und von einer qualifizierten Fachperson bewertet werden. Die Auswahl und Deklaration von Materialien sind ein ständiges Abwägen und Finden von passenden Bauprodukten. Stufe 4: Ausschreibung Die Anforderungen an die Materialien wer­ den in die Leistungsverzeichnisse bis in die Einzelpositionen integriert. Für eine Einhal­ tung und Umsetzung der Materialqualitäten wird eine vertragliche Ergänzung zum Leis­ tungsverzeichnis empfohlen. Sofern Mate­ rialqualitäten vertraglich vereinbart sind, besteht der Anspruch gegenüber den aus­ führenden Firmen bzw. Handwerkern, die Qualitäten durchzusetzen. Stufe 5: Materialdeklaration vor der Ausführung Im Rahmen einer Materialdeklaration wird die Konformität der Materialien mit den Anforderungen aus dem Materialkonzept abgeglichen. Bereits während der Vergabe sind die angegebenen Bauprodukte und

6   Ablauf einer Material­ prüfung

Anmerkungen  [1] Schäfer 2021   [2]  Kaub 2021, S. 120  [3]  Bayrische Archi­ tektenkammer 2018, S. 146   [4]  BAM 2007, S. 8  [5] wie Anm. 3  [6] ebd.  [7] REACH  [8]  Gesamtverband Schadstoffsanie­ rung 2010, S. 170 und S. 179   [9]  ebd., S. 66 [10] Glücklich 2005, S. 121 [11] Zwiener / Lange 2015, S. 5 [12] Linden / Marquardt 2018, S. 247 [13] ebd., S. 248 [14] Umweltbundes­ amt 2017, S. 8–12 [15] wie Anm. 12 [16] wie Anm. 14 [17] American ­Chemical Society: CAS Content [18] Scinexx 2020 [19] wie Anm. 12, S. 522 [20] ECHA: REACH [21] ECHA: Liste [22] BUND 28.7.2022 [23] BfGA: CMR [24] Schneider. In: ­Heisel / Hebel 2021, S. 127 [25] Cradle to Cradle: Banned List of Chemicals [26] Label-Online [27] Blauer Engel [28] Emicode [29] Umweltbundes­ amt 4.11.2022 [30] GUT-Produkt­ prüfung [31] C2C Products Innovation Institute [32] Cradle to Cradle Certified [33] EPEA [34] Spritzendorfer 2022 [35] ebd. [36] ebd. [37] EGGBI Holz [38] EGGBI Green­ washing [39] EPEA [40] ebd. [41] Material Building Scout [42] DGNB — ENV1.2

Materialien mit den definierten Qualitätskrite­ rien zu überprüfen. Als Nachweisverfahren und zur Bewertung der Materialien sind Infor­mationen zum Produkt im Rahmen von Volldeklarationen der Hersteller sowie Tech­ nische Merkblätter, Sicherheitsdatenblät­ ter, Nachhaltigkeitsdatenblätter und spezifi­ sche Erklärungen der Hersteller einzuholen. Anhand der Informationen lassen sich mög­ liche Stoffe identifizieren und auf eine Kreis­ lauffähigkeit hin bewerten. Die Materialdekla­ ration ist vor der Bauausführung relevant. Nur vom Fachplaner freigegebene Bauma­ terialien und -produkte dürfen auf der Bau­ stelle zur Anwendung kommen. Für die Umsetzung der Material- und Kon­ formitätsprüfung sowie einer durchgängi­ gen Dokumentation der freigegebenen und abgelehnten Produkte ist die Verwendung einer Online-Serviceplattform wie z. B. Buil­ ding Material Scout ratsam [41]. Darauf sind die für die Planung und Ausführung definier­ ten und geprüften Materialien durchgängig dokumentiert, was die Auswahl und die Kommunikation aller an Planung und Bau Beteiligten vereinfacht. Der in Abb. 6 gezeigte Materialprüfprozess hat sich seit Beginn der Durchführung von Gebäudezertifizierungen im Bauwesen eta­ bliert. Die Vorlage für diesen Prüfprozess wurde in Deutschland unter anderem durch das DGNB-Kriterium ENV 1.2 „Risiken für die lokale Umwelt“ auferlegt [42]. Aufgrund der für die Bewertung von umweltverträg­lichen Materialien und Bauprodukten relevanten Kri­ terien wurde ein Materialprüfprozess erprobt und etabliert, der den Unternehmern, Herstel­ lern und Handwerkern bekannt sein dürfte. Als Begleitung zur Umsetzung des Prozesses bedarf es immer noch einer Kontrollfunktion – in diesem Fall einer qualifizierten Fachper­ son – für die Sicherstellung der Materialqua­ litäten in allen Leistungsphasen (siehe „Ex­­ pertise im Planungs­team“, S. 88f.). Als poli­ tische Handlungs­option wird die Umsetzung eines Materialprüfprozesses für das kreis­ laufgerechte Planen und Bauen gefordert. Stufe 6: Innenraumluftmessungen Für die Qualitätssicherung der Innenraum­ luftqualität ist es erforderlich, Baumateria­

lien mit geringem Emissionsverhalten aus­ zuwählen und anzuwenden. Bekannte, zu erwartende und vermeidbare Emissionen sind bereits im Materialkonzept zu berück­ sichtigen und anzugeben. Erfahrene Fach­ personen können auf Grundlage der Her­ stellerdaten Emissionen frühzeitig analysie­ ren und bewerten. Das Risiko einer unvor­ hersehbaren Reaktion von Emissionen in der Innenraumluft (Sekundäremissionen) kann in einer Materialdeklaration jedoch kaum vorhergesagt werden, da diese vom Zeitpunkt des Einbaus, der Raumlüftung, der Raumtemperatur und der Sonnenein­ strahlung abhängig sind. Ein Nachjustie­ ren von Materialien auf der Baustelle ist in der Regel nur unter hohem baulichem Aufwand möglich und mit hohen Kosten ­verbunden. Zudem sollte in den Bauablauf eine Innenraumluftmessung integriert wer­ den, die idealerweise nach den Vorgaben der DIN 16 000 vor Baufertigstellung durch ein akkreditiertes Prüfinstitut durchgeführt wird. Stufe 7: Dokumentation der verbauten Materialien Um Materialien nach ihrer vorgesehenen Nutzung weiterverwenden und -verwerten zu können, bedarf es ausgewählter Informa­ tionen zu den verbauten und deklarierten Produkten, die im Laufe der einzelnen Leis­ tungsphasen zu dokumentieren und fortzu­ schreiben sind. Auch hier empfiehlt es sich, eine Online-Plattform wie z. B. den Building Material Scout zu nutzen, um alle Informatio­ nen zusammenzutragen. Der Aufwand in der Dokumentation liegt vor allem darin, die Nach­weise für die einzelnen Produkte zu ver­walten. Auch schadstoffhaltige Materia­ lien, die aufgrund ihrer technischen Erfor­ dernisse oder der gesetzlichen Gegeben­ heiten verbaut werden mussten (z. B. bei Brandschutzanforderungen), sind zu erfas­ sen – idealerweise in einem Gebäudemate­ rialpass (siehe „Digitalisierung der geplan­ ten und gebauten Umwelt“, S. 96f.). Damit sind alle Informationen über die ausgeführ­ ten Bauteile, die für die Nachnutzung der Materialien relevant sind, in einem Dokument zusammengefasst.

Schadstoffe im Kreislauf

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Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft Hanna Hoss

Seit den 1980er-Jahren schreitet die Digita­ lisierung im Bauwesen rasant und stetig voran. Anfangs noch als elektronischer Zeichenstift genutzt, begannen Planerinnen und Planer, die immensen technologischen Möglichkeiten entweder für den Entwurfsprozess komplexerer Aufgaben und Formen zu nutzen oder auch, um die Verwaltung, Logistik und das Management von Prozessen im Bauwesen grundlegend neu zu strukturieren und effizienter zu gestalten. Häufig standen hier Adaptionsprozesse aus anderen Industriezweigen Pate. So auch beim Einsatz von Robotern in der Bauproduktion, die im Automobilbau schon länger üblich waren und noch immer sind. Da das Bauwesen allerdings mit weniger repe­titiven Aufgaben konfrontiert ist, mussten hier neue Wege und Ansätze gefunden werden, wie sich solche Technologien sinnvoll im Bauprozess anwenden lassen. Generell können schnellere Abläufe, höhere Präzision oder auch geringere Personalkosten von Vorteil sein, zumal die Interaktion von Mensch und Maschine auch auf dem Bau vorangetrieben wird. Dazu gehört sicherlich der großmaßstäbliche 3D-Druck mineralischer Baustoffe, der immer häufiger genutzt wird. Aber auch kleinere Drohnen werden vor allem in der Bauüberwachung, der Dokumentation des Baufortschritts, der Vermessung oder dem Unterhalt von Bauwerken künftig eine wichtige Rolle spielen. Die digitale Dokumentation und die Übermittlung der Informationen in Echtzeit erlauben zudem die Nutzung künstlicher Intelligenz: das Erkennen von

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bestimmten Mustern und Abläufen und die daraus resultierenden Handlungen einer angewendeten Technologie bis hin zur Schadbilderkennung für einen geregelten Unterhalt. Die Möglichkeiten sind vielfältig und widmen sich zunehmend auch den Fragen von Nachhaltigkeit und Kreislaufgerechtigkeit. So wird mit digitalen Werkzeugen gearbeitet, um beispielsweise den Kräftefluss in statischen Systemen zu optimieren und somit den Materialeinsatz in Bauwerken drastisch zu minimieren. Digitale Entwurfswerkzeuge Philippe Block, Professor an der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ), nutzt mit seiner Block Research Group gezielt parametrische Entwurfsprin­ zipien, um komplexe geometrische Tragwerke zu entwickeln, die den Gedanken der Suffizienz und Effektivität ins Zentrum der Betrachtungen stellen. Vom Wissen einstiger Baumeister inspiriert, die Materialien ihren Eigenschaften entsprechend optimal einsetzten und damit unter geringstmöglichem

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1 Armadillo Vault der Block Research Group auf der Biennale 2016 in Venedig

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2 a—b robotisch vorgefertigtes Dachtragwerk des Arch_Tec_Lab, ETHCampus Hönggerberg, Zürich 2016, Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, Leitung: Fabio Gramazio, Matthias Kohler 3 Materialeinsparung durch Formoptimierung mithilfe digitaler Entwurfswerkzeuge, Prototyp einer Deckenkonstruktion für das Projekt HiLo, Zürich 2021, Block Research Group mit EMPA und NEST

Materialeinsatz große Spannweiten erzeugen konnten, liegt die Expertise der Block Research Group besonders auf ausschließlich druckbelasteten Schalentragwerken. Dafür entwickelte die Forschergruppe das Plug-in RhinoVAULT, das den optimalen Verlauf der Kräftelinien ermittelt. So kann ihr nur auf Druck belasteter Entwurf des Armadillo Vault [1] für die Biennale 2016 in Venedig durch die Formoptimie­rung komplett auf Armierungen verzichten (Abb. 1). Das Team entwickelt die Prinzipien weiter, die in der High Performance – Low Emis­sions (HiLo) Unit der Eidgenössischen Materialprüfungsund Forschungsanstalt (EMPA) in Zürich 2021 erstmals in einer Geschossdecke zur Anwendung kamen [2]. Diese Decke besteht aus einer dünnen, doppelt gekrümmten Schale mit vertikalen Aussteifungen, deren Schalung mittels 3D-Druck gefertigt wurde. Da der Material­einsatz auch hier dem Kräftefluss folgt, ließen sich mehr als 70 % des Betons und 90 % des Bewehrungsstahls [3] einer vergleichbaren, auf Biegung belasteten Stahlbetondecke einsparen (Abb. 3). Folglich können „schwache Mate­ rialien“ [4] ihren spezifischen Eigenschaften entsprechend verbaut werden, ohne durch den Verbund mit anderen Materialien zusätzliche Fähigkeiten erwerben und damit in der Regel ihre Sortenreinheit einbüßen zu müssen. Als historisches Beispiel für Tragwerke mit optimiertem Materialeinsatz lohnt sich der Blick auf das Zollingerdach: Nach dem Ersten Weltkrieg aus der Wohnungsnot und Materialknappheit der 1920er-Jahre entstanden, zeigt es eindrucksvoll, wie Frie­drich Zollinger mithilfe einer leichten, seriellen und

vor allem kostengünstigen Bauweise Holzdächer realisieren konnte. Diese kommen ohne längere Stäbe und auch ohne Stützen aus, indem sie mit ihrer ton­nen­ähn­lich gefüg­ ten Form große Räume überspannen. Die freitragende Konstruktion in Systembauweise besteht aus vorgefertigten, relativ kurzen und im Querschnitt kleinen Holzstücken, die rautenförmig zu einem Stabnetztragwerk zusammengesetzt werden, sodass eine Materialeinsparung von 40 % gegenüber einem Pfettendach erreicht wird [5]. Auch eine Demontage der verschraubten Kon­ struktion ist problemlos durchführbar. Alleinig der anspruchsvolle Standsicherheitsnachweis war damals nur anhand von Näherungsverfahren möglich, was die statische Prüfung komplex machte. Und auch hier gibt es eine zeitgenössische Übertragung in heutige Fertigungstechnologien, bei der die Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielt. Zweifellos war Fabio Gramazio und Matthias Kohler, den Architekten der Dachkonstruktion des Arch_Tec_Lab auf dem ETH-Campus Hönggerberg (Abb. 2), das Zollingerdach bekannt. Das Reallabor für roboterbasierte Fabrikation zeigt am eigenen Dach, wie aus fast 50 000 Holzlatten eine freitragende Dachstruktur entstand, deren geschwungene Fachwerkträger über 15 m spannen [6]. Möglich wurde dieses Holzdach durch einen digitalen, interdiszi­ plinären Planungsprozess, dessen Gebäude­ modell anschließend zur Fertigung an einen Portalroboter über­tragen wurde. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Hochbau mit einem Material­verbrauch von 400 kg/m3 wurden für das Arch_Tec_Lab nur 240 kg/m3 benötigt [7].

Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft

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Im Bauwesen wird ein Großteil der Ressourcen für den Rohbau verwendet [8], gleichzeitig ist dessen Nutzungsdauer mit 50 Jahren doppelt so lang wie die der Fassade [9]. Wenn also keine Um- oder Weiternutzung des Bestands möglich ist, besteht hier enormes Potenzial zur Ein­sparung von Emis­ sionen und grauer Energie. Die genannten Forschungsprojekte, aus denen reale Gebäude hervorgingen, machen deutlich, dass sich aus genau dieser statischen Optimierung – kombiniert mit innovativen digitalen Fertigungstechniken – eine funktionale, ästhetisch ansprechende und gleichzeitig nachhaltig geprägte Architektur ent­wickeln lässt, die einen Blick in die Zukunft des digitalen Bauens erlaubt. Digitalisierung der urbanen Mine Wenn es um die Verwaltung und Bereitstellung großer Daten und Informationen geht, spielt im Bauwesen das sogenannte Building Information Modeling (BIM) eine zen­trale Rolle in der Digitalisierung. Nicht nur bietet es neue Visualisierungsmöglichkeiten, es lassen sich damit auch die komplexen Bau­ ablaufprozesse verwalten, dokumentieren und Veränderungen in einem sogenannten digitalen Zwilling archivieren. Dieses digitale Abbild des Bauwerks wird in den sehr langen Unterhaltsphasen eines Gebäudes immer wich­tiger, da es in Zukunft Daten enthält, welche Baumaterialien und Baustoffe wo, wann und in welcher Qualität wieder für weitere Anwendungen zur Verfügung stehen werden. Die Digitalisierung von Bauwerken wird also helfen, die Ressourcen der Zukunft intelligent zu verwalten und Infor­ma­ tionen für deren Weiternutzung in Daten­ form bereitzustellen. Heute sehen solche Prozesse – wenn man von Materialien aus der sogenannten urbanen Mine spricht – leider anders aus: Informationen über ausgebaute Materialien oder Bauteile, also deren mate­rialspezifische Eigenschaften oder Fähig­keiten, sind kaum vorhanden. 2018 begann das Team der Professur Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Tech­ nologie (KIT) gemeinsam mit Studierenden den Planungsprozess des sogenannten Mehr.WERT.Pavillons für die Bundesgartenschau (BUGA) in Heilbronn. Beauftragt

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waren der Entwurf und die Realisierung eines temporär nutzbaren Bauwerks, das beweisen sollte, dass eine Ausstellungsarchitektur nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft schon heute kompromisslos möglich ist und sich nach Ausstel­lungs­ende sortenrein demon­tieren und in die entsprechenden Materialkreisläufe zurückgeben lässt (Abb. 4). Alle verwende­ten Materialien und Bauteile sind aus der Wie­der­verwendung oder Wiederverwertung gewonnen, haben also schon einen oder mehrere Lebenszyklen durchlaufen. Eine Herausforderung stellte dabei allerdings die Tragstruktur dar, die sich aus gebrauchten Stahlpro­filen eines alten und mittlerweile abgebrochenen Kohlekraftwerks in der Nähe von Köln zusammensetzt. Schon heute ist die Wiederverwertung von Stahlschrott mit 88 % aus wirtschaftlichen Gründen üblich. Die Wiederverwendung hingegen kommt mit 11 % noch recht selten vor [10], dabei ließen sich hier Kosten und Emissionen einsparen. Es war im Fall des Mehr.WERT.Pavillions zwar gelungen, eine Vielzahl von Stahlelementen zerstörungsfrei und sortenrein auszubauen, doch lagen absolut keine Daten zu den Profilen, der Stahlgüte oder den mechanischen Eigenschaften vor. Und es zeigte sich, warum die Wiederverwendung von Stahl aktuell noch einen großen planerischen, zeitlichen, aber auch wirtschaftlichen Aufwand bedeutet: Welche Menge an geeignetem Stahl kann aus dem Kraftwerk rückgebaut werden? Welche Abmessungen haben die Bauteile, welche Querschnitte? Gibt es stoffschlüssige Verbindungen, also Schweißnähte, die einen Rückbau erschweren? Welcher Stahl

4

4 100 %ige Wiederverwendung und Wiederverwertung, Mehr.WERT. Pavillion, Bundesgartenschau Heilbronn 2019, Professur Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

ist verbaut, mit welchen Eigenschaften? Kann ein Hersteller die Qualität zertifizieren? Wie wurde mit dem Stahl während der Nutzungsphase umgegangen? Die meisten ­dieser Fragen blieben unbeantwortet. Die einzige Möglichkeit, die Profile einzusetzen und tragwerksplanerisch zu evaluieren, war eine aufwendige und damit auch kosten­ intensive technische Untersuchung. So folgten umfang­reiche Tests am KIT in Karlsruhe, bei denen eine Vielzahl von Prüfmustern aus den Rohren geschnitten und auf ihre Stahlqualität hin geprüft wurden. Das Ergebnis dieser Prüfungen waren Zulas­sungen im Einzelfall, die jedoch wiederum nur für das spezifische Bauprojekt galten. Weil Bau­stähle lediglich nach ihren mechanischen Eigenschaften charakterisiert werden, kann ein Stahl mit der gleichen Bezeichnung je nach Hersteller und Charge eine unterschiedliche chemische Zusammensetzung aufweisen. Da der Pavillon nach seinem Rückbau ein Beispiel für ein künftiges sortenreines Materiallager sein soll, müsste eigentlich ein erneuter aufwendiger Zertifizierungsprozess für den nächsten Einsatz des Stahls vermieden werden, damit „Gebäude die Material­ lager von morgen“ [11] sein können. Um diesen Anspruch zu erfüllen, muss künftig die Verfügbarkeit, Menge und Qualität dieser Materiallager auch in der bestehenden urbanen Mine digitalisiert werden. Voraussetzung wäre daher die Erstellung eines digitalen Zwillings eines jeden Gebäudes, der in eine Materialdatenbank eingespeist wird und Informationen zu Materialien und Bauteilen enthält. Ein Prozess, der allerdings sehr aufwendig und kostenintensiv ist. Doch auch hier setzen neue Prinzipien der Digitalisierung an: Weltweit forschen verschiedene Initiativen an der Datengene­ rierung und -verwaltung von bestehenden gebundenen Materialien und Bauteilen im Bestand. Algorithmen erlauben es dabei, Bauaufnahmen in Echtzeit mit üblichen Tablets oder Smartphones etc. durchzuführen: Das digitale Gerät nimmt über eine Bild­ erkennung die einzelnen Bauteile eines Bestandsgebäudes auf, erkennt das Poten­ zial von Materialien und Elementen und gibt Anleitungen zu Wiederverkaufswert oder sogar Ausbaustrategien. Ausgerüstet mit

solchen Werkzeugen, entwickelt sich immer mehr ein digitaler Marktplatz für gebrauchte Baumaterialien und Bauteile. Seit 2014 haben sich mehrere Firmen auf diese Branche spezialisiert: RotorDC in Brüssel, Zirkular in der Schweiz oder Restado in Deutschland [12], wobei letztere sich mittlerweile zur größten digitalen Plattform in Europa für die Wiederverwendung von Baustoffen entwickelt hat. Neue Baustoffe, die beispielsweise durch Fehlplanungen anfallen und in der Folge bisher entsorgt und deponiert wurden, werden auf dem digitalen Marktplatz gehandelt und sowohl an private als auch professionelle Abnehmerinnen und Abnehmer vermittelt. Gleichzeitig sind aber auch Materialien und Produkte im Verkaufsangebot, die das Ende ihrer ersten Nutzungsphase erreicht haben und ausgebaut und aufbereitet werden. Das Unter­ nehmen wirbt mit bis zu 70 % günstige­ren Preisen im Vergleich zum Neuprodukt [13]. Durch entsprechende Suchfilter, wie sie auf gängigen digitalen Marktplätzen üblich sind, lässt sich der Umkreis von potenziellen Abnehmerinnen und Abnehmern einschränken, wodurch eine neue Regionalität entsteht. Dabei werden unterschiedlichste Teilhabende in die regionale und zirkuläre Wert­ schöpfungskette einbezogen. Hierzu zählen lokale Rückbau- und Aufbereitungsunternehmen, Prüfstellen, Projekt- und Architekturbüros oder sogenannte Baustoffrettende, der auf sekundäre oder historische Baustoffe spezialisierte Handel, Transportfirmen oder das Handwerk, das den Baustoff schließlich wieder in ein Gebäude einbaut, bis eine weitere Nutzungsphase abge­schlos­ sen ist und der Kreislauf erneut durchschritten werden kann. So lassen sich – neben der Einsparung von Ressourcen und Emissionen durch die Herstellung selbst – globalisierte, emissions­ intensive Lieferketten vermeiden, die durch Ursprung und Herstellung der Rohstoffe und Halbzeuge in Ländern mit zudem oft bedenklichen Arbeitsbedingungen entstehen. 2020 wurde von den Restado-Gründern die Software-as-a-Service-(SaaS)-Plattform Concular aufgebaut, um die entsprechenden Materialströme vor und nach dem Markplatz zu digitalisieren und entspre-

Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft

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Graue Emission Graue Graue Graue Emission Graue Emission Graue Emission Graue Emission Emission Emission

Summen Baukonstruktionen Fassade Technische Anlagen Innenausbau Mobiliar Umgebung Summen Summen Summen Summen Baukonstruktionen Summen Baukonstruktionen Summen Baukonstruktionen Baukonstruktionen Baukonstruktionen Baukonstruktionen Fassade Fassade Fassade Fassade Technische Fassade Technische Fassade Technische Anlagen Technische Anlagen Technische Technische Anlagen Innenausbau Anlagen Innenausbau Anlagen Anlagen Innenausbau Innenausbau Innenausbau Innenausbau Mobiliar Mobiliar Mobiliar Mobiliar Mobiliar Umgebung Mobiliar Umgebung Umgebung Umgebung Umgebung Umgebung

graue Energie Graue Graue Graue Emission Emission Graue Graue Emission Graue Emission Emission Emission

Summen BaukonstrukFassade Technische Innenausbau Mobiliar Umgebung Summen Summen BaukonstrukBaukonstrukFassade Fassade Technische Technische Innenausbau Innenausbau Mobiliar Mobiliar Umgebung Umgebung Umgebung Summen Summen Summen Summen BaukonstrukBaukonstrukBaukonstrukBaukonstrukFassade Fassade Fassade Fassade Technische Technische Technische Technische Innenausbau Innenausbau Innenausbau Innenausbau Mobiliar Mobiliar Mobiliar Mobiliar Umgebung Umgebung Umgebung Mobiliar Baukonstruktion Summen Fassade Anlagen technische Anlagen Innenausbau Umgebung tionen Anlagen tionen tionen Anlagen Anlagen tionen tionen tionen tionen Anlagen Anlagen Anlagen Summen

Baukonstruktionen

Fassade

TechnischeAnlagen

Innenausbau

Mobiliar

Umgebung

Graue Emission 221,03 CO eq. Ökobilanzierungs47,2% 26,8% 4,3% 17,4% 3,4% 0,9 %0,9 221,03 221,03 t221,03 CO t CO 221,03 eq. 221,03 t2eq. CO 221,03 tteq. CO t47,2 CO teq. CO eq.eq. 47,2% Ökobilanzierungs47,2% 47,2% 26,8% 26,8% 26,8% 26,8% 26,8% 26,8% 4,3% 4,3%4,3%4,3% 4,3% 17,4% 4,3% 17,4% 17,4% 17,4% 17,4% 17,4% 3,4% 3,4%3,4%3,4% 3,4% 3,4% 0,90,9% % 0,9 %0,9 0,9 % % % ÖkobilanzierungsÖkobilanzierungsÖkobilanzierungsÖkobilanzierungsÖkobilanzierungsÖkobilanzierungs-221,03 t CO 2 2 22 47,2% 2% 2 47,2% 2eq. pphase hase (A–C) phase (A–C) phase phase phase (A–C) (A–C) phase (A–C) phase (A–C) (A–C) (A–C) 221,03 t CO2eq. 47,2% 26,8% 4,3% 17,4% 3,4% 0,9 % Ökobilanzierungsphase (A–C) 59,26 9,56 38,47 7,5 1,94 104,29 104,29 104,29 t 104,29 t104,29 104,29 t104,29 59,26 59,26 tt t 59,26 t t 59,26 59,26 t 59,26 9,56 tt 9,56 t t 9,56 t 9,56 t 9,56 38,47 9,56 tt 38,47 t t 38,47 t t 38,47 38,47 t 38,47 7,5 tt t7,5 t t t7,5 t7,5 7,5 tt1,94 7,5 t 1,94 t t 1,94 t 1,94 t 1,94 1,94 tt t t CO eq. CO eq. CO eq. CO eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. CO eq. CO eq. eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. CO eq. CO eq. eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. CO eq. CO eq. eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. CO eq. CO eq. eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. CO eq. CO eq. eq. CO eq. CO eq. CO CO eq. eq. eq. 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 a 59,26 t 9,56 t 38,47 t 7,5 t 1,94 t 104,29 t Madas Madas Madas terter Madas Zi Madas rter Zi kularitätsindi Madas rkularitätsindi ter Zirter kularitätsindi Zi ter rZi kularitätsindi rZi kularitätsindi rkularitätsindi kator kator k(MZI) ator (MZI) kator k(MZI) ator kator (MZI) (MZI) (MZI) CO2eq. CO2eq. CO2eq. CO2eq. CO2eq. CO2eq. Madaster Zirkularitätsindikator (MZI)

Madaster Zirkularitätsindikator (MZI) 3333% %33 % 3333 % %33 %33 %

& & & && & &

33 %

Materialherkunft Materialherkunft Materialherkunft Materialherkunft Materialherkunft Materialherkunft Materialherkunft (Ziel: keine Primär­ Materialherkunft rohstoffe = 100 %)

8787 %87% 8787 % %87 %87 % %

& & & && & &

87 %

Lebensdauer Lebensdauer Lebensdauer Lebensdauer Lebensdauer Lebensdauer Lebensdauer (Ziel: länger als Lebensdauer Durchschnitt ≥ 100 %)

89% 89% 89 %89%89% 8989% %

= = = == = =

89%

Materialverwertung Materialverwertung Materialverwertung Materialverwertung Materialverwertung Materialverwertung Materialverwertung

(Ziel: Keine Primärrohstoffe = 100%) 100%) (Ziel: Länger als Durchschnitt ≥ 100%) 100%) (Ziel: Ausschließlich Recycling = 100%) 100%) (Ziel: (Ziel: Keine Keine (Ziel: Primärrohstoffe Keine (Ziel: Primärrohstoffe (Ziel: Keine Primärrohstoffe (Ziel: Keine Keine Primärrohstoffe = Primärrohstoffe 100%) = Primärrohstoffe 100%) = 100%) = = 100%) = 100%) (Ziel: (Ziel: Länger Länger (Ziel:als Länger (Ziel: Durchschnitt als (Ziel: Durchschnitt Länger (Ziel: als Länger Durchschnitt Länger als ≥als Durchschnitt 100%) ≥Durchschnitt als 100%) Durchschnitt ≥ 100%) ≥ ≥ 100%) ≥ 100%)(Ziel: (Ziel: Ausschließlich Ausschließlich (Ziel: Ausschließlich (Ziel: (Ziel: Recycling Ausschließlich (Ziel: Ausschließlich Recycling Ausschließlich Recycling = 100%) =Recycling 100%) Recycling = Recycling 100%) = = 100%) = 100%) (Ziel: ausschließlich (Ziel: Keine Primärrohstoffe = 100%)

6969 %69 6969 % %69 %69 % %%

(Ziel: Länger als Durchschnitt ≥ 100%)

x x x xx x

69 %

ZI ZI Gebäude Gebäude ZI Gebäude ZIZI Gebäude Score ZI Gebäude Score Gebäude Score Score Score Score ZI ZI Gebäude Score Gebäude Score

x

Materialverwertung Recycling = 100 %)

ZI Gebäude Score

(Ziel: Ausschließlich Recycling = 100%)

=

77 %

Korrekturfaktor Korrekturfaktor Korrekturfaktor Korrekturfaktor Korrekturfaktor Korrekturfaktor fürfür für fürfürfür unbekannte Materialien unbekannte unbekannte unbekannte unbekannte Materialien unbekannte Materialien Materialien Materialien Materialien (%Materialien) erkannter Materialien) (% erkannter (% erkannter (% erkannter Materialien) (% (% erkannter erkannter (% Materialien) erkannter Materialien) Materialien) Materialien) Korrekturfaktor Korrekturfaktor für für unbekannte Materialien unbekannte Materialien (% erkannter Materialien) (% erkannter Materialien)

69%

Lorem Lorem Lorem Lorem ipsum Lorem ipsum Lorem ipsum ipsum ipsu ips Lorem ipsum

ZI ZI Gebäude Gebäude ZI Gebäude ZIZIGebäude Score ZI Gebäude Score Gebäude Score Score Score Score Gebäude Score

= = = == =

7777 %77% 7777 % %77 %77 % %

69% 69% 69%69%69% 69% 69%

5353 %53% 53% 53%53%53 % % 53%

Madaster Madaster Madaster Madaster Madaster Madaster Zirkularitätsindikator Zirkularitätsindikator Zirkularitätsindikator Zirkularitätsindikator Zirkularitätsindikator Zirkularitätsindikator Madaster (MZI) (MZI) Score (MZI) Score (MZI) (MZI) Score (MZI) Score Score Score Madaster Zirkularitätsindikator Zirkularitätsindikator (MZI) Score (MZI) Score

5 b

chend verfügbar und einsehbar zu machen, ihnen also eine digitale Identität zu geben [14]. Damit wird ein „digitales Ökosystem für zirkuläres Bauen“ [15] geschaffen, wobei sich der Prozess vom Rückbau und der Qualitätsprüfung bis zur Logistik und dem Wiedereinbau wirtschaftlich und ökologisch messen lässt. Digitalisierung der geplanten und gebauten Umwelt „Die Gebäude von heute sind die Material­ lager von morgen“ [16] – um dieser Prämisse gerecht zu werden, sind zukünftig Datensätze zu generieren, um komplexe Materialflüsse abbilden und verstehen zu können. Hieraus entsteht die Notwendigkeit eines Materialpasses. Man schafft damit sozusagen ein digitales „Reiseinventar“ eines jeden neu errichteten Gebäudes, das seine materielle Zusammensetzung erfasst. Solche Materialpässe werden sowohl auf der Ebene des Gebäudes notwendig (lokale Ebene) als auch auf ­speziellen Plattformen, die ent-

96

sprechende Daten in einem internationalen ­Kontext zusammenfassen. Ein Beispiel für einen solchen Materialpass ist die Plattform Madaster (Abb. 5). Angelehnt an einen ersten Vorschlag zur Bewertung der Kreislauffähigkeit durch die britische Ellen MacArthur Foundation von 2015 (Abb. 8, S. 25), entwickelte die Madas­ter Foundation den sogenannten Zirkularitätsindikator (ZI) bzw. Circularity Indicator (CI). Dieser bewertet den Grad der Kreislauffähigkeit von Gebäuden mithilfe eingespeister Informationen zur Materialität und Fügung der einzelnen Komponenten eines Bauwerks [17]. Mit dieser Kategorisierung, die in Prozentwerten die Kreislaufgerechtigkeit von Gebäuden angibt, entsteht ein vergleichendes Werkzeug, das zukünftig auch die ökonomische Betrachtung des Materiallagers erlaubt und so den Blick von den Investitionskosten auf die Lebenszykluskosten lenkt. Dabei werden drei spezifische Teil­indikatoren bemessen: die Bauphase (Materialherkunft), die Nutzungsphase (Lebensdauer) und die Abriss- / Rückbau-

5 Darstellung nach Plattform Madaster a Im Materialpass der Plattform werden Materialmengen und Posi­tionen (Einteitung der Schichten nach Brand, siehe S. 119ff.) innerhalb eines Beispielgebäudes abge­bildet und nach den Ökobilanzierungsphasen A— C aufgeschlüsselt (vereinfacht dargestellt). b Der Zirkularitätsindikator ZI, der sich aus den Teilindikatoren der Gebäudenut­ zungs­phasen Herkunft, Lebensdauer, Verwertung ergibt, zeigt die Kreislaufgerechtigkeit auf.

Material and Building Circularity Report

Created using RhinoCircular V1.1, an application by the Circular Construction Lab of Cornell University. Assembly: Location Date

Assembly United States 07/14/2023

CI Total Building Total: Glass: Plastic: Metal: Mineral: Organic: Timber:

Mass (kg) 26 0 7 4 2.1 0 13.1

CI Production

6 Der Screenshot zeigt RhinoCircular, ein Plug-in für die 3DModellierungssoftware Rhinoceros, das Planenden bereits in frühen Entwurfsphasen dabei hilft, Entwurfsentscheidungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Kreislauffähigkeit zu treffen.

Anmerkungen [1] www.block.arch. ethz.ch [2] www.empa.ch [3] Block 2017, S. 33 [4] ebd. S. 17ff. [5] Winter / Rug. In: Bautechnik 4/1992, S. 193 [6] Troxler. In: NZZ, 22.9.2016 [7] ebd. [8] Hettinger / DGNB 2020 [9] Hillebrandt u. a. 2018, S. 65 und 72 [10] Heisel / Hebel 2021, S. 99 [11] ebd., S. 157 [12] Presskit Concular 2021 [13] restado.de [14] Campanella / DGNB Sustainability Award 2020 [15] ebd. [16] wie Anm. 10, S. 158 [17] ebd. [18] Sobek mit Hebel / Heisel [19] Heisel/RauOberhuber 2020 [20] Heisel / McGranahan 2023

Total: Glass: Plastic: Metal: Mineral: Organic: Timber:

Mass (kg) 18 0 0 3 1 0 13

Pathways

CI (%) 82.1 0 50 89.6 69.2 0 99.6

CI (%) 68.3 0 0 93 63 0 99.1

Reused: Recycled: Renewable: Virgin: Reusable: Recyclable: Biodegradable: Landfill:

82.1%

Mass (kg) 10.2 4.7 2.8 8.2 25.9 0 0 0

CI End of Use

68.3%

100%

Total: Glass: Plastic: Metal: Mineral: Organic: Timber:

Mass (kg) 26 0 7 4 2 0 13

CI (%) 39.3 18.1 10.9 31.7 100 0 0 0

CI (%) 100 0 100 100 100 0 100

Shearing Layers CI Skin Total:

Glass: Metal:

CI Structure

Mass (kg) CI (%) 13.8 0

Plastic: 7.1 0

Mineral: 2.1 Organic: 0

Timber: 4.7

Total:

50

Plastic: 0

0 0

69.2

Glass:

69.4%

0

Metal:

12 0

3.6

Mineral: 0 Organic: 0

98.8

Timber: 8.4

CI Spaceplan

96.7 0

89.6 0 0

Total:

0

0

0

Plastic: 0

0

Metal:

0

Mineral: 0 Organic: 0 Timber: 0

0 0 0 0 0

Glass:

0%

Metal:

0 0

Mineral: 0 Organic: 0 Timber: 0

0 0 0

0 0 0

0%

0 0

0

0 0

Glass:

0%

Mass (kg) CI (%)

Plastic: 0

Total:

0 0

0

CI Unknown

Mass (kg) CI (%)

0

0

0

0

Mineral: 0 Timber: 0

CI Stuff

Mass (kg) CI (%)

0

Metal:

Organic: 0

100

0

Glass:

0

Glass:

96.7%

Mass (kg) CI (%)

Plastic: 0

Total:

0

Plastic: 0

Total:

CI Service

Mass (kg) CI (%)

69.4

Metal:

0 0

Mineral: 0 Organic: 0 Timber: 0

0 0 0

0%

0 0

6

phase (Materialverwertung). Die Versuchseinheit Urban Mining and Recycling (UMAR) [18] als Teil der Forschungsplattform NEST (Next Evolution in Sustainable Technology) an der Eidgenössischen Materialprüfungsund Forschungsanstalt (EMPA) wurde bereits im Jahr 2018 als Fallstudie auf der Plattform Madaster ausgewertet. Der digitale Zwilling der UMAR-Unit besteht aus 32 Materialdatenblättern und 90 Produktdatensätzen. So können Produkte auf verschiedene Materialdatenblätter verweisen, aus denen sie sich zusammensetzen. Auch wurden in der Studie Materialfamilien unterschieden und somit z. B. die Holzkonstruktion (nachwachsende Rohstoffe), der Einsatz von Glaskeramik (weiterverwertete Rohstoffe) oder die metallenen Türgriffe von RotorDC (wiederverwendete Bauteile) getrennt voneinander bewertet [19]. Das einzelne Produkt wird über eine Bauelementliste im Gebäude lokalisiert, sodass sich mit dem von Stewart Brand entwickelten Gebäudeschichtenmodell (siehe „Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip“, S. 118ff.) Austausch- oder Wartungsintervalle eines bestimmten Produkts innerhalb des Gebäudes abschätzen lassen. Das bedeutet aber auch, dass der digitale Zwilling kein statischer Datensatz sein kann, sondern dynamisch verwaltet werden und jedes Mal eine Aktualisierung erfahren muss, wenn am Gebäude Veränderungen vorgenommen werden, sei es durch Renovierungsarbeiten, genauso aber z. B. auch durch Schäden am Gebäude, die einen Einfluss auf den Materialbestand haben.

Die Ergebnisse der Bewertung werden in Prozent angezeigt und nach den drei Teilindikatoren (Bau, Nutzung, Verwertung) aufgeschlüsselt. Im Fall der UMAR-Unit wurden die Berechnungen allerdings nach Fertigstellung des Gebäudes erstellt. Ideal wäre künftig, diese Bewertungsparameter auch schon in die Entwurfsphase einfließen zu lassen – als neuartiges Entwurfswerkzeug. An der Entwicklung dieser Option forscht das Circular Construction Lab (CCL) an der Cornell University unter Leitung von Felix Heisel. Hier werden Plug-ins entwickelt, mit denen sich, integriert in die Oberfläche der CAD-Software (Abb. 6), Entwurfsentscheidungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf eine Kreislauffähigkeit bereits in frühen Entwurfsphasen treffen lassen [20]. Der Einsatz digitaler Werkzeuge sowie das Erheben und Verwalten großer Datensätze werden die Grundvorraussetzung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft sein. Lehre und Forschung müssen sich vermehrt diesen Fragen widmen, um eine einfache und breite Anwendungsebene zu erreichen, die vom Entwurfsprozess selbst bis hin zu Verwaltungsebenen reicht. Hier werden zukünftig Nachweise erforderlich, die die Kreislauffähigkeit bei beantragten Genehmigungen evaluieren und auch vergleichen können. Mit solchen Instrumenten ließen sich Grenzwerte immer wieder dynamisch anpassen und verschärfen, bis das ausgerufene Ziel der Europäischen Union, bis zum Jahr 2050 vollständig in die Kreislaufwirtschaft eingestiegen zu sein, auch tatsächlich erreicht ist.

Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft

97

Einfach (Um)Bauen Thomas Auer, Andreas Hild

Fokus Bestand Das Bundesministerium für Wirtschaft hat bereits im Jahr 2016 das „Grünbuch Energieeffizienz“ auf den Weg gebracht, das die darin enthaltenen Thesen und Leitfragen zum Thema Energieeffizienz in einem Konsultationsprozess mit Fachleuten, aber auch einer breiteren Öffentlichkeit diskutieren will. Mit dem Leitsatz „Efficiency First“ will man klarstellen, dass eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen nur möglich ist, wenn die vorhandenen Energieeinsparpotenziale im Bau- und Gebäudesektor voll ausgeschöpft werden [1]. Auch wenn alle zukünftig neu errichteten Gebäude klimaneutral gebaut und betrieben werden, ist der Kompensationseffekt für die Emissio­nen, die sich zukünftig aus dem unsanierten Gebäudebestand ergeben, nicht ausrei­ chend für die zu erreichenden Ziele – vom Ausgleich bereits erfolgter Emissionen des Bausektors ganz zu schweigen. Geht man zudem davon aus, dass die Neubaurate in Deutschland von rund 1 % auch in den nächsten Jahren konstant bleibt, bedeutet das, dass 70 % des Gebäudebestands von 2050 bereits heute schon existiert. Es ist deshalb dringend erforderlich, sich auf den Bestand zu fokussieren und bereitgestellte Fördermittel neu zu verteilen, um dieses klimapolitische Ziel zu erreichen. Zahlreiche Studien [2] kommen zu dem Ergebnis, dass sich ambitionierte energe­ti­ sche Ziele im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau sowie bei Neubauten und Sanie­ rungen meist nicht einstellen; der tat­säch­

98

liche Verbrauch liegt oft deutlich über dem berechneten Bedarf. Man spricht von dem sogenannten Perfomance Gap, was im Deutschen mit „Leistungsdefizit“ bezeich­net werden könnte. Der Unterschied zwi­schen den prognostizierten und den realen Präferenzen der Nutzerinnen und Nutzer hat dabei, insbesondere im Wohnungsbau, einen gro­ ßen Anteil an dem Perfomance Gap [3]. Es liegt der Schluss nahe, dass eine Vielzahl von neuen, durch­aus ambitioniert geplan­ ten Gebäuden deut­lich mehr Energie verbraucht, als erfor­derlich wäre. Die Komplexität von Gebäuden hat in den vergangenen 20 Jahren ständig zugenommen, und trotzdem wurden die Erwartungen an die zu erzielenden Effekte dieser Bauten häufig nicht erfüllt. Zudem waren auch stei­ gende Baukosten die Folge. Daraus er­gibt sich die Frage, ob die zu dieser Komplexität führende gegenwärtig vorherrschende Pra­ xis in der Bau- und Nutzungsphase (Betrieb, Wartung, Instandhaltung und Sanierung) und in der Rückbauphase überhaupt ge­recht­ fertigt bzw. praxistauglich ist. Das Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ [4] beschreibt, wie durch den als Robustheit [5] bezeichneten Ansatz bereits gestalte­risch, konstruktiv und technisch dieser Kom­plexität entgegengewirkt werden kann. Hierbei wird durch gezieltes Weglassen von Schichten sowie zugängliches Integrieren von sortenreinen Installationsschichten im Sinne einer Kreislaufwirtschaft und gemäß dem Schich­ tenmodell von Stewart Brand [6] über alle Phasen hinweg – Errichtung, Nutzung und

Wärmebedarf

100 % 1  Hypothese, was mit einer „minimalinvasi­ ven“ Sanierung im Ver­ gleich zu einer Sanie­ rung gemäß dem Effi­ zienzhaus-55-Standard erzielbar ist, wenn man Pre- und Rebound sowie den Material­ einsatz berücksichtigt. 100 % beschreibt den theoretischen, nach dem Gebäudeenergie­ gesetz berechneten Wärmebedarf vor einer energetischen Sanie­ rung.

LCA Materialeinsatz theoretische Einsparung

75 %

50 %

reales Delta zu minimalinvasiv

25 %

1

Bedarf unsaniert

Verbrauch — minimalinvasive inkl. Prebound Sanierung

Rückbau – Komplexität reduziert und gleich­ zeitig die Kreislauffähigkeit [7] opti­miert (siehe „Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip“, S. 118ff.). Die Lebenszyklusanalyse zeigt, dass die Klimabilanz der für das Forschungsprojekt in Bad Aibling errichteten Testgebäude über einen Referenzzeitraum vergleichbar ist mit einem Nearly Zero-Energy Building Standard (Niedrigstenergiegebäude), wobei der beschriebene Performance Gap in der Betrachtung nicht berücksichtigt ist. Die Messungen an den Forschungshäusern zeigen, dass die bewohnten Gebäude keine solche Differenz zwischen dem errechneten Modell und dem tatsächlich gemessenen Bedarf aufweisen [8] und damit die Hypo­ these eines robusten Verhaltens im Betrieb nachgewiesen haben. Ein Übertragen des Einfach-Bauen-Ansatzes auf den Bestand ist – vor allem für den Nicht­ wohnungsbau – von großer Relevanz. Häufig lässt sich die Installation aktueller technischer Systeme jedoch gar nicht oder nur mit unangemessenem Aufwand realisieren. In der Regel haben weder schon existie­ rende Schächte noch Technikzentralen die notwendige Größe. Zudem erschwert oft eine geringe Geschosshöhe die horizontale Medienverteilung. Versucht man den heutigen Stand der Technik in ein Bestandsgebäude zu integrieren, (wobei vor allem die oft viel Platz bean­spruchende Klimatechnik kritisch ist), dann kommt es häufig zu extrem spezifisch angepassten Installatio­nen, die eine Rückbaubarkeit schwierig oder unmög­

Verbrauch — Bedarf gemäß Effizienzhaus-55 inkl. Rebound

lich machen. Unter diesen Voraussetzungen ist das Ziel der Zirkularität, einer Zugäng­ lich­keit und Trennbarkeit von Ressourcen, nicht erreichbar. Abb. 1 zeigt qualitativ die Hypothese einer ganzheitlichen Lebenszyklusbetrachtung, was mit einer minimalinvasiven Sanierung an CO2-Einsparung erzielbar wäre. Dabei wurden der Pre- und Rebound-Effekt (Perfor­ mance Gap) ebenso wie der erforderliche Materialeinsatz berücksichtigt. Gemäß der Hypothese ist die tatsächliche CO2-Einsparung, die durch eine energetische Sanie­ rung gemäß dem Effizienzhausstandard erzielbar wäre, entsprechend dieser ganzheitlichen Betrachtung wesentlich gerin­ ger, als dies durch eine Berechnung nach DIN 18 599 (Gebäudeenergiegesetz) ausgewiesen wird. Diese Hypothese gilt es wie bei „Einfach Bauen“ in Reallaboren – wie beispielsweise dem Maschinenhaus in Schwabing – nachzuweisen. Einfach (Um)Bauen: Maschinenhaus Schwabing Ein Beispiel für eine Sanierung nach dem Prinzip „Einfach (Um)Bauen“, eine Erwei­­ terung des Prinzips „Einfach Bauen“ mit einer Fokussierung auf den Bestand, ist das Maschinenhaus in München Schwa­bing. Das denkmalgeschützte Kesselhaus des Klinikums Schwabing wird für eine Büro­ nutzung von den Architekten Hild und K umgebaut (Abb. 2, S. 100). In der Regel sind moderne Bürogebäude in erster Linie den Grundsätzen der Flexibilität

Einfach (Um)Bauen

99

und der Wirtschaftlichkeit unterworfen. ­Letzteres drückt sich vor allem durch eine vermeintliche Effizienzmaximierung aus. Damit ist vorrangig eine räumliche Effizienz gemeint, d. h. eine maximale Nutzfläche im Verhältnis zur Bruttogeschossfläche sowie zur Grundstücksgröße. Die Flexibilität lässt sich in die unterschiedlichen Nutzungsszenarien wie Zwei-, Drei-, oder Vierachsbüro sowie Kombi- oder Gruppenbüros übersetzen. Letztlich werden Büroarbeitsplätze typi­scherweise entlang der Fassade aufgereiht, was zwangsläufig zu einer regel­ mäßigen Fassadenabwicklung und häufig zu durchgerasterten und meist monotonen Gebäude­ansichten führt. Überlagert man die Anfor­derungen der Normung in Bezug auf Auf­enthaltsqualität (Licht-, Luft-, akustische und thermische Qualität), so entstehen zuneh­mend Räume, die jegliche Spannung vermissen lassen. Nutzeranforderungen, wie z. B. eine individuelle Regelbarkeit des thermischen Komforts im Winter als auch im Sommer und ein hohes Maß an Konditio­ nierung, werden als vermeintliche Standards gefordert. Dies führt zu einem hohen Technisierungsgrad, was in einer Sanierung nur mit enormem Aufwand herstellbar ist, häufig ohne dass sich das Ziel der Energieeffizienz und Nutzerzufriedenheit einstellt. Denkmalschutz und Hallennachnutzung Das Maschinenhaus in Schwabing steht unter Denkmalschutz. Dieser bringt Zwänge mit sich, die eine „normale“ Büronutzung und typische Grundrisse unmöglich machen. Eine technische Aufrüstung nach den übli-

chen Standards ist nur mit einem enormen Aufwand und unangemessenen Eingriffen herstellbar. Gleichzeitig sind Planerinnen und Planer durch den Denkmalschutz vom Gebäudeenergiegesetz befreit. Hierbei wird bekanntermaßen der Denkmalschutz gegen­ über dem Wärmeschutz höher gewichtet. Diese Möglichkeiten der Abwägung bräuchte es auch außerhalb des Denkmalschut­ zes, da es natürlich auch viele Gebäude umzubauen gilt, die nicht unter Denkmal­ schutz stehen und trotzdem einen schützenswerten Bestand bilden. Gerade dieser Be­­ stand – für den es keine Definition gibt – ist für unsere Städte identitätsstiftend. Das Maschinenhaus dient über den denkmalgeschützten Bestand hinaus als Sanie­rungs­ modell im Sinne von „Einfach (Um)Bauen“. Eine Dämmung der Fassade und ein Austausch der Fenster ist – aufgrund des ­Denkmalschutzes – grundsätzlich normativ nicht erforderlich. Ganz unabhängig von etwaigen Zwängen des Denkmalschutzes gilt es, will man aus klima- und ressourcentechnischer Sicht den Umbau unseres immensen Bestands ernst nehmen, eine Vielzahl von bestehenden Hallengebäuden in Deutschland und Europa zu erhalten. Diese werden nur in den allerwenigsten ­Fällen als Hallen eine Weiternutzung finden können – meist kommt dafür nur eine kulturelle Nutzung infrage. Dies führt häufig entweder zu einer räumlichen Unterbelegung oder nur zur temporären Nutzung der entsprechenden Immobilien oder zum Abriss. Es ist daher sinnvoll, beispielsweise Büronutzungen systematisch auf ihre

2  denkmalgeschütztes Maschinenhaus in München Schwabing (DE) 2024, Hild und K, Energiekonzept: Trans­ solar, Projektentwick­ lung: Ehret und Klein 2

100

Nutzen des Kamineffekts als Auftrieb für die natürliche Lüftung Schacht für Sanitär­, Sprinkler­, Elektro­ und Wärme­ / Kälteleitung

Deckenventilatoren zur Frischluftverteilung / sommerlicher Komfort

natürliche Quer­ lüftung im Sommer

Fußbodenheizung /­kühlung

Rippenrohrheizung zur Ver­ meidung abfallender Kaltluft Perforation zur Frischluft­ versorgung

3

Medienkanal

Konvektor zur Beheizung auf 18 °C

Eignung für die Implementierung in Hallenstrukturen hin zu untersuchen. Raum- und Klimakonzept Maschinenhaus Die Tatsache, dass typische Büroanordnungen entlang gerasterter Fassaden in dem vorliegenden Bestand nicht umsetzbar sind, führt in letzter Konsequenz zu einer architektonischen Einraumlösung. Die neuen Geschosse werden wie aufeinanderstehende Tische frei in den hohen Raum platziert, sodass ein offenes, zusammenhängendes Raumkontinuum entsteht. Da die Einbauten die Wände und dadurch das Denkmal weitgehend unberührt lassen, bildet sich eine Art Pufferzone zwischen neuer Nutzung und bestehender Gebäudehülle. Das Fehlen von Technikzentralen und Schächten führt zu einem konsequenten Lowtech-Ansatz (Abb. 3). Die Bürobereiche werden über eine Aktivierung der einge-

4 operative Raumtempe­ ratur über der Außen­ temperatur im 2. Ober­ geschoss. Jeder Punkt repräsentiert eine Stunde des Jahres wäh­ rend der Nutzungszeit. Die rote und grüne Linie beschreiben das Komfortband gemäß DIN EN 16 798.

operative Raumtemperatur [°C]

3 Klimakonzept, Maschi­ nenhaus, München 2024, Hild und K, Ener­ giekonzept: Transsolar

33 31 29

stellten Geschossplatten konditioniert. Frischluft strömt – angetrieben durch den Kamineffekt der offenen Halle mit seinen existierenden Ablufttürmen – natürlich ins Untergeschoss, während die Abluft nach oben Richtung Dach entweichen kann. Die Luftverteilung im Gebäude erfolgt durch Deckenventilatoren, wodurch eine Luftverteilung mit Schächten und Kanälen nicht notwendig ist. Trotz der minimalen technischen Ausstattung kann ganzjährig ein hohes Maß an Komfort erzielt werden, was auf das große, zusammenhängende Volumen und die thermische Masse des Bestands – kombiniert mit der Bauteilaktivierung und einer natürlichen Lüftung – zurückzuführen ist (Abb. 4). Der Wärme- und Kältebedarf (Nutzwärme und -kälte) lässt sich durch wenige Maßnahmen signifikant reduzieren (Abb. 5, S. 102). Dabei ist der Kältebedarf (Nutzkälte) mit

operative Temperatur während der Nutzungszeit oberer Grenzwert nach DIN EN 15 251NA (Überschreitung: 0 Kh) unterer Grenzwert nach DIN EN 15 251NA

27 25 23 21 19 17 15

4

-8 -6 -4 -2 0

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 Außentemperatur [°C]

Einfach (Um)Bauen

101

200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0

5 a

102

177

Betrieb des sanierten Maschinenhauses die Emissionen neuer Bürogebäude über den Lebens­zyklus betrachtet signifikant unterschreiten. Einerseits sind die Emissionen aus der Sanierung im Vergleich zu einem Neubau deutlich geringer; andererseits ist es durchaus realistisch, dass der Energie­verbrauch des Betriebs den mo­­ derner Bürogebäude unterschreitet. Dies kann letzt­lich nur durch ein Monitoring nach der Fertigstellung – voraussichtlich im Jahr 2024 – nachgewiesen werden. Großraumbüro in offener Raumstruktur Die offene Struktur, die Einraumlösung des Maschinenhauses, nutzt idealerweise das Potenzial des Bestands und unterstützt eine konsequente Lowtech-Lösung. Es erscheint zunächst logisch, dass eine derartige Neu­ interpretation des Großraumbüros mittels eingestellter Tische nur dann erfolgreich sein kann, wenn der umgebaute Raum nicht mehr dem Diktat der Effizienz unterliegt. Das Büro wird dabei in erster Linie zu einem Ort der Begegnung; der Einzelarbeitsplatz ist nachrangig und wird folglich auch nicht mehr als Einzelbüro realisiert. Es entsteht aber im Gegenzug nicht einfach nur ein Großraumbüro. Ohne Frage bedarf die Begegnung in einem Raum einer entsprechenden archi­tektonischen Behandlung, nicht nur im Hinblick auf die Aufenthaltsqualität und damit Parameter wie Licht, Luft, Akustik und thermische Behaglichkeit. Das sich mitt­ lerweile verstärkt durchsetzende partielle Arbeiten im Homeoffice hat die Anforderungen an Büro­gebäude verändert. Die persön-

-12 % -27 %

155

-40 %

128 106

-48 % 92

Kühlbedarf [kWh/m²]

Wärmebedarf [kWh/m²]

unter 5 kWh pro m2 und Jahr nahezu ver­ nach­lässigbar und etwa um Faktor 10 ­gerin­ger als bei modernen hochverglasten Bürogebäuden. Auf eine Innendämmung wurde verzichtet, da diese den sommerlichen Wärmeschutz verschlechtert hätte. Der Wärmebedarf liegt bei mehr als 100 kWh pro m2 und Jahr und damit rechnerisch zunächst um Faktor 2 bis 3 über den Wer­ ten eines moder­nen Bürogebäudes. Dabei wurde angenommen, dass das Gebäude fünf Tage die Woche von mor­gens bis abends voll belegt ist, was einen entspre­ chend großen Luft­austausch erforderlich macht. Dem erhöh­ten Wärme­bedarf müsste der elektrische Energiebedarf für den Be­­ trieb einer Lüftungsanlage mit Wärme­ rückgewinnung gegengerechnet werden. Da der Luft­aus­tausch bedarfsge­recht über CO2-Senso­ren geregelt und eine ganz­ tägige Vollbelegung unrealistisch ist, wird sich ein deut­lich geringerer Wärmebedarf einstellen. Man spricht hierbei vom soge­ nannten Pre-Bound-Effekt, d. h. dem Effekt, dass bei Bestands­gebäu­den der tatsäch­ liche Energieverbrauch unter dem kalkulier­ ten Energiebedarf liegt. Dies zeigen die Ergebnisse von Feldtests, die demons­ trieren, dass der Primärenergie­bedarf natürlich gelüfteter Bürogebäude – im Vergleich zu einer maschi­nellen Lüftung – trotz feh­ lender Wärmerückgewinnung aus der Abluft im Mittel geringer ist [9]. Übersetzt man die in Abb. 1 (S. 99) darge­ stellte Hypothese auf Bürogebäude, dann ist davon auszugehen, dass die flächen­ bezogenen CO2-Emissionen aus Bau und

vorgeVariante 1 Variante 2 Variante 3 Variante 4 fundener DämmIsolier- Isolierglas Isolierglas Ist-Zustand putz glas + Dämm- + Innenputz dämmung b

5.0 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0

4.4

5  Die Simulationen zei­ gen die Reduzierung des Wärme- und Kälte­ bedarfs durch ­einzelne Maßnahmen. Sanie­ rung Maschinenhaus, München 2024, Hild und K a Wärmebedarf b Kältebedarf

-16 % -29 %

3.7

-42 %

3.1 2.6

-35 % 2.8

vorgeVariante 1 Variante 2 Variante 3 Variante 4 fundener DämmIsolier- Isolierglas Isolierglas Ist-Zustand putz glas + Dämm- + Innenputz dämmung

6  Visualisierung der Innenraumsituation, Sanierung Maschinen­ haus, München 2024, Hild und K

6

liche Begegnung an den Präsenztagen wird relevanter, im Gegenzug entfällt die Typologie des Einzelarbeitsplatzes. Die gefundene Lösung im Maschinenhau­s in Schwabing ist unter reinen Marktge­sichts­ punkten zunächst ungewöhnlich und wird sich eher nicht im großen Maßstab auf im Bestand neu entste­hende Büronutzungen übertragen lassen. Dennoch sind derartige Versuche notwendig und nützlich, erweitern sie doch die Klaviatur bei der Sanierung solcher Hallenbauten. Der extrem reduzierte Technikanteil erfordert eine archi­tektonische Begleitung, die bis zu innen­architekto­ni­ schen Fragestellungen wie der räumlichen Positionierung von Aufent­halts­bereichen reicht. In einer prosperierenden Großstadt ist es sicherlich unproblematisch, einen Nut­zer für ein solches Gebäude zu finden. Dennoch war vor der Covid-19-­Pandemie die Zielgruppe, an die sich solche Umbau­ ten richten, kleiner als bei bekannten Lösungen. Die wissenschaftliche Evaluation wird zeigen, ob sich das Konzept des Maschi­ nen­hauses auf künftige Umbauten zu Büro­ gebäuden übertragen lässt. Intelligentes Weglassen Das Beispiel des Maschinenhauses zeigt die Potenziale von „Einfach (Um)Bauen“ im Hinblick auf Nutzungsflexibilität, Zirkularität, Aufenthaltsqualität und Energieeffizienz. Jeder einzelne Aspekt dient als Modell im Hinblick auf den Bestand und auch in Teilen für den Neubau. Die Gegebenheiten des Hallenbaus führten zu einem konsequenten Weglassen – in einem Maße, das sich Archi­ tektinnen und Architekten bei einem neuen Gebäudeentwurf kaum trauen würden. Dies

lässt sich am Beispiel der Decke im Maschi­ nenhaus demonstrieren: Da die bauzeitliche Rabitzdecke (Drahtputz­decke) in der Ebene des Untergurts der Stahlträger aufgrund von Brandschutzanfor­derungen und der nicht mehr gewährleis­te­ten Stand­sicherheit nicht erhalten werden konnte, erschien eine Umnutzung als Büro aus denk­malpflege­ rischer Sicht zunächst nicht sinn­voll. Bei Erhalt der Decke wäre eine Entrauchung nicht möglich und die Nutzung auf ein Erd­ geschoss begrenzt gewesen. Dies zeigt, dass die Umnutzung eines schützenswerten Gebäudes meist nicht ohne Verluste und auch das Entfernen von Bauteilen realisierbar ist, die Denkmä­ler oder relevante Teile davon betreffen. Das Argument des bau­ zeitlichen Substanz­er­halts ist zwar verständ­ lich, die daraus resultierende Nutzungsbeschränkung in einem Abwägungsprozess jedoch schwie­rig darzustellen. Ein Umbau erzwingt oft Lösun­gen, deren Probleme sich im Neubau nie stellen. So gesehen hat die Beschäftigung mit Umbauten und Sanierungen absolut das Potenzial, zu einem Inno­ vationstreiber im Bauwesen zu werden. Dies macht es erfor­derlich, dass die Lösungen als solche verall­ge­mei­ner­bar realisiert werden. Die entsprechenden Ansätze ­müssen zwingend konstruktiv einfach und Lowtech sein, sodass eine Übertragbarkeit sowohl auf Neubauten als auch auf den Umbau möglich ist. Die Bestätigung der in Abb. 1 (S. 99) auf­ gestellten Hypothese lässt sich letztendlich nur durch ein Monitoring von Betriebsdaten und Nut­zerzufriedenheit nach Fertigstellung erbringen. Trotzdem zeigen die durchgeführten Simulationen, dass mit einfachen Maßnahmen und vernünftigen Energiekennzahlen ein sehr guter Komfort herstellbar ist. Gleichzeitig entsteht ein in vielfältiger Hin­sicht erlebnisreicher Raum, jenseits der ­gängigen Effizienzmodelle. Wollen wir die eingangs erwähnte Bauwende erfolgreich bestreiten, indem wir alte Gebäude syste­ ma­tisch unternutzen? Die Gesellschaft sowie die Baubranche weltweit wird sich wandeln müssen, wobei wie hier dargestellt das intelligente Weglassen kein Verlust sein muss. Dies gilt es, mit guten Ideen und architekto­ nischen Lösungen auszubalan­cieren.

Einfach (Um)Bauen

103

Reversible Füge- und Verbindungs­methoden Daniela Schneider

Neben der Auswahl von geeigneten Materia­ lien ist die konstruktive Systematik, die Varia­ bilität und Flexibilität einer Fügetechnik für das kreislaufgerechte und sortenreine Kon­ struieren ausschlaggebend. Anhand von werkstoffgerechten Fügetechniken lassen sich Materialschichten und -komponenten lösen und für eine Weiter -und Wiederver­ wendung vorsehen. Ziel ist es, bereits in der Entwurfsphase Materialien als zukünf­ tige Sekundärrohstoffe anzusehen, deren Potenzial zu erhalten und durch geeignete Kon­struktionsmethoden nachfolgenden Generationen zur Verfügung zu stellen [1]. Für das sortenreine Konstruieren sind dem­ nach Füge- und Verbindungstechniken in Betracht zu ziehen, die den Eigenschaften, Funktionen und dem Erhalt von Fügeteilen in allen zyklischen Stoffströmen und Phasen gerecht werden. Auf der Planungsebene gibt es eine vielfältige Auswahl an Verbin­ dungstechniken sowie Gestaltungs- und Funk­tions­mög­lichkeiten auf dem Weg hin zu einer sortenreinen Konstruktionsmethode. Bei der Produktentwicklung und -herstel­ lung steht ein später wieder mögliches zer­ störungsfreies Trennen oder Lösen aber lei­ der noch immer nicht an erster Stelle von Qualitäts- oder Nach­haltigkeitskriterien – das lineare Modell des Produzierens, Nutzens und Wegwerfens dominiert weiterhin (siehe „Take, Make, Throw“, S. 16f.). Reparatur­ möglichkeiten und damit ein langlebiger Einsatz sind oft noch immer konstruktions­ bedingt nicht möglich und ein einfacher Austausch und Wechsel von Produkten

104

durch einen reversiblen Einbau nur bedingt vorgesehen. Die fehlende Übersichtlichkeit und fehlende Kenntnisse insbesondere auf der Produktebene können zudem ein Grund sein, warum Architektinnen und Architekten die Planung und Detaillierung der reversib­ len Verbindungen nur bedingt priorisieren und zur Umsetzung bringen. Zudem ist das sortenreine Planen und Kon­ struieren an sich noch immer nicht Teil des Selbstverständnisses von Architekturschaf­ fenden. Dabei wäre es wichtig, sämtliche Konstruktionsprinzipien, Materialien, Detail­ planungen, Schichtaufbauten, technische Anlagen bis hin zu Tragwerkskonzepten und -entwürfen von Anfang an unter ein gemeinsames Konzept der Kreislaufgerech­ tigkeit über alle Fachplanungen hinweg zu stellen – eine gemeinsame Aufgabe für alle am Bau Beteiligten. Und so zeigt die Ent­ wicklung von sortenreinen und kreislauf­ gerechten Konstruktionen in den letzten Jahren durchaus eine aufkeimende Inno­ vationskraft und einen neuen Erfindergeist. Geeignete Füge- und Verbindungstechni­ cken mit reversiblen und flexibilitätsrele­ vanten Eigenschaften wurden vermehrt aus anderen Branchen adaptiert und für architektonische Details zur Anwendung gebracht. Beispielsweise wurden Füge- und Verbindungsmittel aus anderen Bereichen übernommen: • Klett- und Reißverschlüsse aus dem Textilbereich • Clip- und Steckverbindungen aus der Automobil- und Flugzeugindustrie

Technische Komponenten werden verwend Technische Komponenten werden verw

Nutzungsphase Nutzungsphase Nutzungsphase Fügen

Zusammenschluss: Mindestens zwei oder Nutzungsphase mehrere Fügeteile werden kombiniert Zusammenschluss: Mindestens zwei oder mehrere Fügeteile werden kombiniert Zusammenschluss: Zusammenschluss: Mindestens zwei oder mindestens zwei oder mehrere Fügeteile werden kombiniert mehrere Fügeteile

Schlusselement: Es entsteht eine Feste Anordnung Schlusselement: Schlusselement: Es entsteht eine feste Es entsteht eine Feste Anordnung Anordnung. Schlusselement: Es entsteht eine Feste Anordnung

Fügen Fügen Fügen 1 Überlappung / Über­ deckung mit Schraub­ fixierung beim Fügen und Entfügen nach der Nutzungsphase

1

Entfügen

Lösen mit geeignetem Werkzeug Lösen mit geeignetem Werkzeug Lösen mit geeignetem Werkzeug Lösen mit geeig­ netem Werkzeug

Zerlegen: Komponenten auseinandernehmen Zerlegen: Zerlegen: Zerlegen: Komponenten aus­ Komponenten auseinandernehmen Komponenten auseinandernehmen einandernehmen

Vorsehen Verbindungsmittel als Technische Komponenten werden verwendet, um die für Vorsehen fürdie die Nachnutzung Nachnutzung Zusatzmittel: Technische Komponenten Technische Komponenten werden verwendet, um die für die Nachnutzung Vorsehen Vorsehen für die Nachnutzung werden verwendet, um die Funktion des Zusammen­ Technische Komponenten werden verwendet, um die schlusses zu bestärken.

Nutzungsphase• Holz-in-Holz-Verbindungen lassen sich

zungsdauer, verhindert aber den einfachen dank digitaler Methoden aus ursprüng­ und sortenreinen Austausch kurzlebigerer Nutzungsphase lichen Handwerkstraditionen neu inter­ Schichten. Auch daher bedarf es einer Wei­ pretieren. terentwicklung von Verbindungsmitteln, die Nutzungsphase • Magnetverbindungen erleben dank neuer den unterschiedlich funktionsbestimmten Lösen mit geeignetem Forschung und leistungsstarker Produkte Werkzeug Lebenszyklen von Fügeteilen gerecht wer­ eine Renaissance undLösen Einzug ingeeignetem die Bau­ den. Der Schwerpunkt einer kreislaufge­ mit Werkzeug branche. rechten und sortenreinen Konstruktion muss Lösen mit geeignetem Werkzeug daher insbesondere auf der Planung und dem Einsatz reversibler Verbindungen lie­ Zudem zeigen sogenannte Leuchtturmpro­ Zerlegen: jekte zum sortenreinen Bauen vermehrt inno­ gen, die die Demontage von Bauteilen und Komponenten auseinandernehmen Zerlegen: Gebäuden erlauben. vative Konstruktionsprinzipien auf. Ein Vorrei­ Komponenten auseinandernehmen Zerlegen: terprojekt kann ein Anreiz für Architektinnen und Architekten sein,Komponenten leider werden auseinandernehmen entspre­ Grundprinzipien des Fügens Beim Fügen werden Materialien und Teile chende Beispiele in Fachpublikationen nur Vorsehen für die Nachnutzung zusammengeführt, um Kräfte, Momente in einem bedingt vertieften Detaillierungs­ und Bewegungen weiterzuleiten. Fügen ist grad abgebildet. Hier sind Kommunikations­ Vorsehen für die Nachnutzung damit ein auf Dauer angelegtes Verbinden strategien notwendig, die diese Innovatio­ Vorsehen dieinNachnutzung oder anderweitiges Zusammenführen von nen publik machen und so denfür Weg eine zwei oder mehreren Fügeteilen geometrisch standardisierte Anwendbarkeit ebnen. bestimmter, fester Form [2]. Unter dem Bei der Auswahl und Anwendung von FügeBegriff des Fügens fasst man Prozesse und Verbindungstechniken stehen zurzeit mit verschiedenen Ausprägungen hinsicht­ die Aspekte Sicherheit und Langlebigkeit – meist aufgrund fehlender Alternativen – noch lich Fügevorgang und -bewegung sowie im Widerspruch zur vorgesehenen Tren­ Zusammenhalt und Lösbarkeit zusammen. Die Fügeteile lassen sich unter der Verwen­ nung der Verbindung: So haben aktuell ein­ gesetzte Bodenbelagskleber oft eine deut­ dung von Verbindungsmitteln wie beispiels­ lich höhere Lebensdauer als beispielsweise weise Schrauben verbinden. Für das kreis­ das damit fixierte Parkett. Ein Ausbau des laufgerechte und sortenreine Konstruieren Bodenbelags ist daher nicht zerstörungs­ ist der Fügeprozess nach seiner Lösbarkeit der erzielten Verbindung einzuordnen [3], frei möglich, abgesehen von den nicht zu wie Abb. 1 zeigt. lösenden Verunreinigungen am Holz und am Unterbelag, was wiederum zu einer Deponierung oder schlimmstenfalls Ver­ Füge- und Verbindungstechniken Bei der Gestaltung von Füge- und Verbin­ brennung führt. Eine dauerhafte Verklebung dungstechniken ist genauestens zu hinter­ gewährleistet zwar eventuell eine lange Nut­

Reversible Füge- und Verbindungsmethoden

105

Beschreibung Beschreibung Beschreibung

Formschlüssige Formschlüssige Formschlüssige formschlüssige Verbindungen Verbindungen Verbindungen Verbindungen

Verbindungen Verbindungen Verbindungen Verbindungen

Stoffschlüssige Stoffschlüssige Stoffschlüssige stoffschlüssige Verbindungen Verbindungen Verbindungen Verbindungen

Verbindung durch die Verbindung durch die Verbindung durch die

Verbindung zweier Werk Verbindung zweier Werk - -Verbindung zweier Werk

Verbindung durch beteiligte Verbindung durch beteiligte Verbindung durch beteiligte

kraftschlüssige

Verbindung zweier Fügeteile Materialien Verbindung durch betei­ BeschreibungFormgebung Verbindung durch die Form­stoffe Materialien Formgebung stoffe durch Reibung durch Reibung Materialien Formgebung stoffe durch Reibung gebung und das Ineinander­ durch Reibung oder Kräfte ligte Materialien [4] und das Ineinandergreifen und das Ineinandergreifen und das Ineinandergreifen greifen von Fügeteilen

von Werkstoffen von Werkstoffen von Werkstoffen

FT = Fügeteil

physikalisches Physikalisches Physikalisches Physikalisches Wirkungs­ Wirkungsprinzip Wirkungsprinzip Wirkungsprinzip prinzip FT1 FT1 FT1

FT2 FT2 FT2

FT1 FT1 FT1

FT2 FT2 FT2

FT1 FT1 FT1

FT2 FT2 FT2

Anzahl der Anzahl der Anzahl der Anzahl der Werkstoffe Werkstoffe Werkstoffe Fügeteile

Mindestens zwei oder Mindestens zwei Werkstoffe zwei oder Werkstoffe Mindestens zwei Werkstoffe Mindestens zwei Werkstoffe Mindestens zwei oder Mindestens zwei Werkstoffe Mindestens Mindestens zwei Werkstoffe mindestens zwei Fügeteile Mindestens mindestenszwei zwei Fügeteile mindestens zwei oder mehrere Werkstoffe mehrere Werkstoffe mehrere Werkstoffe mehrere Fügeteile

Beispiele Beispiele Beispiele Beispiele

Nut-Feder-Verbindungen •••Nut-Feder-Verbindungen Klemmverbindung •• Klemmverbindung •••  Nut-Feder-Verbindungen •Press-/Schmelzschweiß Press-/Schmelzschweiß PPress-/Schmelzschweiß ress- / Schmelschweiß­ - -•  Nut-Feder-Verbindungen •• KKlemmverbindung lemmverbindung Reißverschluss •••Reißverschluss Schrumpfverbindungen ••••  Schrumpfverbindungen verbindungen verbindungen Reißverschluss Schrumpfverbindungen verbindungen verbindungen •  Reißverschluss S chrumpfverbindungen LLötverbindungen ötverbindungen •  Schwalbenschwanz­ N ageln Schwalbenschwanz•••SchwalbenschwanzNageln ••••  Nageln •••  SchwalbenschwanzNageln •Lötverbindungen Lötverbindungen verbindungen • elastischer Schluss: Schraub- • Klebverbindungen verbindungen verbindungen • • • Klebverbindungen • Klebverbindungen verbindungen • und Nietverbindungen • NKlebverbindungen •  ietverbindungen •  Zahnkupplung (Zahnrad) Zahnkupplung (Zahnrad) •••Zahnkupplung (Zahnrad) Schraub-, Keil-, Bolzen-, Schraub-, Keil-, Bolzen-, •••  Zahnkupplung (Zahnrad) •  Schraub-, Keil-, Bolzen-, •Nietverbindungen Nietverbindungen BNietverbindungen eschichten [7] K eil-, Bolzen-, Stiftund •  Stiftverbindungen LBeschichten ackieren [8] ­Niet­verbindungen ••• • Clinchverbindungen •••  •Beschichten Beschichten • Feldschluss: Magnetismus, •  Falzverbindungen Clinchverbindungen •••Clinchverbindungen Nietverbindungen Nietverbindungen Lackieren •••Lackieren Clinchverbindungen Nietverbindungen Lackieren Schwerkraft •  Bolzenverbindungen Falzverbindungen •••Falzverbindungen Falzverbindungen •  Schnappverbin­dungen [5] •••• Reibschluss: Pressver­­bin­ dungen [6] Bolzenverbindungen •••Bolzenverbindungen Bolzenverbindungen Schnappverbindungen •••Schnappverbindungen Reibschluss: Schnappverbindungen •••Reibschluss: Reibschluss: Pressverbindungen Pressverbindungen Pressverbindungen

2

fragen, wie beim Einsatz einer Verbindung ein sortenreines Trennen bewerkstelligt wer­ den kann, um die Funktion der Fügeteile für die Nachnutzung zu erhalten. Die Aspekte der Fügung und der Flexibilität sind mit Beginn der Entwurfsphase zu berück­sich­ tigen und zeigen ihre Anpassungsfä­hig­keit in verschiedenen Nutzungsphasen. Neben Effizienz, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Ver­ braucherfreundlichkeit in der Anwen­dung stellt das Einbinden von unterschied­lichen flexibilitätsrelevanten Faktoren eine große Herausforderung an die Planung dar. Verbindungen werden nach ihren physika­ lischen Wirkprinzipien in formschlüssige, kraftschlüssige und stoffschlüssige Verbin­ dungen unterschieden (Abb. 2).

Formschlüssige Verbindungen Formschlüssige Verbindungen definieren sich über die Form und das Ineinandergrei­ fen der Fügeteile. Als einfache und günstige Verbindungstechnik ist sie auch eine der ältesten Verbindungsformen, die im Bau­ wesen zur Anwendung kommt [9]. Über die Wirkfläche der Form werden Kräfte physika­ lisch übertragen. Mittels Formschlussverbin­ dungen lassen sich feste, aber auch lose

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(unfixierte) Verbindungen herstellen. In der Regel sind dies keine wasser- oder ­luftdichten Verbindungen, dazu kommen zusätzliche Materialien zur funktionalen Unterstützung der Wirkfläche zum Einsatz. Formschlüssige Verbindungen sind über­ wiegend lösbar.

Kraftschlüssige Verbindungen Kraftschlüssige Verbindungen vereinen Fügeteile durch Kräfte wie Reibung oder Druck. Durch das Anpressen der Fügeteile wird eine Reibfläche erzeugt und das Fixie­ ren der Verbindung durch die wirkende Kraft gewährleistet. Kraftschlüssige Verbin­ dungen haben gegenüber den formschlüs­ sigen den Vorteil, dass sie dynamisch stär­ ker belastet werden können. In der Nut­ zungszeit lassen sie sich einfacher nach­ spannen und -justieren [10]. Im Bauwesen kommen überwiegend Kombinationen von form- und kraftschlüssigen Verbindungen zur Anwendung. Die Fügeteile werden an dieser Stelle mit einem zusätzlichen Verbin­ dungsmittel (z. B. Schraube oder Nagel) fixiert. Die Schraube als Verbindungsmittel wirkt mit ihrem Gewinde als Form kraft­ schlüssig.

2 Übersicht über unter­ schiedliche Verbin­ dungsarten: Reversible Verbindungs- und Füge­techniken zeich­ nen sich unter ande­ rem durch die Lösbar­ keit und die Beschä­ digungsfreiheit der Füge­teile aus.

Stoffschlüssige Verbindungen Bei einer stoffschlüssigen Verbindung wer­ den die Fügeteile mittels atomarer oder molekularer Kräfte verbunden. Dies erfolgt in der Regel durch Kleben, Schweißen oder Löten. Der Zusammenhalt wird durch art­ eigene oder artfremde Zusatzstoffe herge­ stellt und ist nicht mehr einfach lösbar. Die Beschädigungs- und Zerstörungsintensität der Fügeteile bei einem späteren Trennen hängt sowohl von den beteiligten Mate­ria­ lien als auch der Verbindungsfläche ab. Verbindungsmittel Ein Verbindungsmittel dient als zusätzliche Befestigung beim Fügen von zwei oder mehreren Fügeteilen. Sie werden abhängig vom Werkstoff des Fügeteils ausgewählt und müssen bestimmte Anforderungen, unter anderem an den Brandschutz und an die bauphysikalischen Gegebenheiten, erfüllen. Im Holzbau kommen überwiegend mechanische Verbindungsmittel wie Nägel, Klammern, Bolzen etc. zum Einsatz. Die Verwendung von verschiedenen Materiali­ täten der Fügung können die Rückführung der verbundenen Fügeteile in einzelne Kreisläufe erschweren. Neben der Material­ wahl ist auch die Menge an verwendeten Ver­bindungsmitteln für die Demontage und den Erhalt der Fügeteile relevant: Klein­ teilige, aber in großer Anzahl eingesetzte Verbin­dungsmittel wie Klammern oder Nägel können das Fügeteil in seiner Fläche intensiv beschädigen. Sie lassen sich bei der Demontage nur arbeitsintensiv entfer­

nen, was in der Praxis kontraproduktiv und aufwendig ist. Hybridformen von Verbindungen Kombinationen von Kraft- und Formschluss­ verbindungen sind je nach Einsatz und Funktion möglich. Die entsprechenden ­Verbindungen unterscheiden sich in ihrer mechanischen Funktion und den funktiona­ len Anforderungen, Kraftflüssen sowie struk­ turellen Merkmalen. Eine Hybridverbindung kann z. B. eine verschraubte Formschluss­ verbindung sein. Durch die Kombination aus mehreren Verbindungsarten lässt sich eine höhere Wirkweise und damit zusätzlich Sicherheit erzielen, die sich beim Demon­ tage- und Trennprozess der Fügeteile nega­ tiv darstellt. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob Hybridformen in einer Konstruktion erforder­ lich sind. Das Verkleben von Formschlüssen oder das (Ab-)Kleben von Schrauben zur Herstellung von Luftdichtigkeit oder zur Erhöhung des Kraftschlusses gehören zu den Beispielen, die zu vermeiden sind. Kleb- und Dichtstoffe In den letzten Jahren hat der Einsatz von hochspezialisierten Kleb- und Dichtstoffen in der Bauindustrie verstärkt zugenom­ men [11]. Aus Gründen der Kosten- und Zeitersparnis kommen elastische Kleb- und Dichtstoffe bei der Herstellung von größeren Flächen bevorzugt zur Anwendung, ohne dass hier ein kreislaufgerechtes Trennen berücksichtigt wird. Aufgrund ihrer Eigen­ schaften lassen sich Nacharbeiten verrin­

Reversible Füge- und Verbindungsmethoden

107

gern oder sogar verhindern. In Gebäuden werden Kleb- und Dichtstoffe in fast allen Gewerken des Rohbaus, bei Fassaden­ konstruktionen, in der Haustechnik und im Innenausbau eingesetzt – mit der uner­ wünschten Folge eines nicht sortenreinen Rückbaus, der meist zur Zerstörung der Materialien oder Bauteile führt [12]. Das „Ent­fügen“ von heute gängigen verklebten Materialien ist enorm arbeits- und zeitinten­ siv und sollte daher vermieden werden. Alternativ hierzu können beispielsweise pro­ blemlos ausbaubare Trockendichtungen zum Einsatz kommen, die das „Entfügen“ auf einfache und sortenreine Art und Weise erlauben. Zudem sollte die Entwicklung neuartiger lösbarer Klebemittel im Sinne der Kreislaufwirtschaft intensiviert werden. Die Planung einer reversiblen Fügung Um eine kreislaufgerechte Konstruktion zu planen, ist es wichtig, die für die jeweilige Bauweise geeigneten Fügetechniken auf ihre reversible Funktionalität hin zu hinter­ fragen und zu überprüfen. Diese kann zeit­ lich eingeschränkt oder aber auch komplett unab­hängig sein. Folgende Überlegungen sollten sich Planerinnen und Planer daher machen: • Bestimmen der Lebensdauer der zu ver­ bindenden Fügeteile • Untersuchen der Dauerhaftigkeit der ­Verbindungsmittel • Definieren der Funktionen von Verbin­ dungen in den einzelnen Phasen und ­Zyklen

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• Eruieren des „Schadenspotenzials“ beim Rückbau von Verbindungsmitteln • Planen der Demontage, Trennung und Wieder­verwendung von Fügeteilen und Verbindungsmitteln Als Anhaltspunkt kann ISO 15 686 „Hoch­ bau und Bauwerke – Planung der Lebens­ dauer“ für die Planung herangezogen ­wer­den. Zudem sind bereits in der Pla­ nungsphase Einflüsse, die potenziell in der Nutzungsphase auftreten können, abzu­ schätzen, wie beispielsweise die Nutzungs­ dauer und die Schadensanfälligkeit von Verbindungsmitteln, der Einfluss von bau­ physikalischen Faktoren (z. B. Temperatur­ schwankungen) sowie Reparaturmöglich­ keiten und -intervalle. Dazu zählen auch die Qualität und Präzision der Montage, die Montageabläufe, die Zugänglichkeit, das verwendete Werkzeug, der Einfluss von handwerklichen Toleranzen und die Quali­ tätssicherung auf der Baustelle. Die vorge­ sehenen Fügungen und Verbindungen sind sowohl in der Detailplanung als auch in der Ausschreibung zu definieren, um den unge­ wollten Einsatz von nicht reversiblen Füge­ techniken bei den Montagearbeiten zu ver­ hindern. Wieder trennbare Verbindungen setzen zudem eine präzise Vorgabe seitens der Bauleitung und eine zuverlässige Ver­ arbeitung durch den Handwerker voraus. Dies betrifft unter anderem die Umsetzung von aufwendig anzubringenden Formund Kraftschlussverbindungen wie bei­ spielsweise Schrauben, Klemmschluss­

3 Arten von Geometrien einer Anschlussfläche, die den Montage- und Demontageprozess beeinflussen [16]. So­wohl die Fügung als auch die systematische Anord­ nung der geo­metrisch geformten Fügeteile beeinflussen den De-­ mon­tageprozess. Je nach Demontageablauf ist die Geo­metrie der Füge­teile entsprech­ end zu gestalten.

1

3

5

1

3

5

Offene, lineare Geometrie offene, lineare Geometrie

einseitige Überlappung

2 Offene, lineare Geometrie

4

6

2

4

6

Symmetrische Überlappung

Unsymmetrische Überlappung

Symmetrische Überlappung symmetrische Überlappung

Unsymmetrische Überlappung unsymmetrische Überlappung

geschlossen, beidseitig integriert

3

verbindungen sowie Schnapp- oder Reiß­ verschlüssen. Für Form- und Kraftschluss­ verbindungen bedarf es im Vergleich zu Stoffschlussverbindungen zumeist einen höhe­­ren zeit­lichen Mehraufwand sowie ­planerische als auch handwerkliche Kennt­ nisse und Erfahrungen [13].

Anmerkungen  [1]  Schneider 2021  [2]  DIN 8580:2003-08, S. 3   [3] Bender / Gericke 2021, S. 729f.  [4]  Hering 2009, S. 120 –130   [5] Mayer 2020, S. 35  [6]  ebd.   [7] Rieg / Weidermann 2018. S. 156 – 253  [8]  DIN 8580:2003-08, S. 12   [9] Steinhilper / Röper 2000, S. 1f. [10] ebd., S. 36 [11] Doobe 2016 [12] wie Anm. 1 [13] ebd. [14] Durmisevic 2006, S. 178 –179 [15] ebd.

geschlossen, einseitig integriert

Demontage Bei einem Demontageprozess erfolgt die Trennung von baulichen Komponenten an der Verbindungsstelle. Wie gut sich dies durchführen lässt, hängt von den Eigen­ schaften der Materialien und der gewählten Konstruktion ab. Insbesondere Fügeteile mit formschlüssigen Verbindungen ent­schei­den über die Möglichkeit einer zer­stö­rungsfreien Demontage. Nach Durmisevic [14] beein­ flusst die Geometrie der Anschluss­flächen die Montage- und Demontage­abläufe (Abb. 3). Es lassen sich grund­legend drei Typen definieren: eine offene, eine überlap­ pende und eine geschlossene Geometrie. Die offene Geo­metrie lässt eine unkompli­ zierte Demontage zu. Die überlappende Geometrie begrenzt die Demontage in eine Richtung, die geschlossene Geometrie ver­ hindert die Demontage eines einzelnen Fügeteils [15]. Darüber hinaus ist es vorteilhaft, Einflüsse auf eine spätere Demontage bereits in der Planung mit zu berück­sichtigen. Diese kön­ nen die Zugänglichkeit betreffen, den Kraftund Energie­aufwand für die Demontage, den zeitlichen und damit wirtschaftlichen Auf­wand, eventuell einzuplanende zusätz­

liche Werkzeuge und Maschi­nen, eine eventuell notwendige thermische Behand­ lung der Anschlussflächen, eine Nach- und Aufbereitung der Fügeteile oder die Lage­ rung der Fügeteile am Demontage­ort. Für den Entwurf ist es daher ratsam, den Ablauf für die Montage und Demontage für die vorgesehenen Schichten bzw. Kom­ ponenten eines Bauteils genauestens zu betrachten und zu simulieren. Fallspezifisch stellt eine Demontage nicht immer zwin­ gend auch den umgekehrten Montage­ prozess dar. Anhand von theoretischen Darstellungen lassen sich so potenzielle Schwachpunkte beim Rückbau und beim Trennen von Verbindungen iden­tifizieren und in der Planung frühzeitig ändern. Die Fügetechnik erfordert daher besondere Aufmerksamkeit in der Frage nach Kreis­ lauffähigkeit und Sortenreinheit in der Bau­ konstruktion. Genaue Planung und detail­ lierte Ausschreibungen helfen, eine Wieder­ verwendung oder -verwertung nachhaltig zu ermöglichen und somit der Verantwor­ tung für zukünftige Generationen gerecht zu werden. Es existieren diverse Fügeprinzipien, die auf den auf S. 106 beschriebenen physikali­ schen Wirkprinzipien basieren. Auf S. 110ff. findet sich eine entsprechende Auswahl. Aller­dings werden stoffschlüssige Füge­ prinzipien (Stoffschluss) dort nicht thema­ tisiert, da bei entsprechend gefügten Bau­ teilen eine Weiter- oder Wiederverwendung der Mate­rialien erschwert oder verhindert wird.

Reversible Füge- und Verbindungsmethoden

109

Fügungsprinzipien

Im Folgenden werden die wichtigsten Fügungs­prinzipien für ein sortenreines Konstrui­eren vorgestellt. Die Struktur greift dabei auf die Begrifflichkeiten und Definitionen von DIN 8593:2003-09 „Fertigungsverfahren Fügen” zurück, die einen umfassenden Überblick über 1. Zusammensetzen industrielle Verbindungsmethoden gibt. Neben den dort formulierten und definierten lösbaren Fügungsmethoden, die sich auf die Bau­ 1. Zusammensetzen kon­struktion übertragen lassen, werden einige weitere bauspezifische handwerkliche Verbindungstechniken abgebildet, die von der Norm nicht trennscharf erfasst sind. Die verschiedenen Fügungstechniken werden durch die Art des Zusammenhalts und ihrer Lösbarkeit in 1.1 Auflegen, Aufsetzen, Schichten unterschiedliche Kategorien unterteilt. Dabei wird die Art der Verbindung durch die physikalischen Wirkprinzipien von Form-, Kraft- und 1.1 Auflegen, Aufsetzen, Schichten Stoffschluss (siehe S. 106) oder einer Kombination aus mehreren beschrieben.

Auflegen einer Fertigteiltreppe Auflegen einer Fertigteiltreppe

Auflegen von Dachziegeln Auflegen von Dachziegeln Zusammensetzen 1.1.Zusammensetzen Zusammensetzen Zusammensetzen beschreibt die Verbindung mehrerer durch ihre Form zusammenpassender Teile. Dabei wird der Zusam­menhalt 1.1 Auflegen, Aufsetzen, Schichtendie Schwerkraft Auflegen, Aufsetzen, Schichten der1.1 beiden Fügeteile durch einen Formschluss, oder eine Kombination davon erzeugt.

Auflegeneiner einerFertigteiltreppe Fertigteiltreppe Auflegen

Auflegenvon vonDachziegeln Dachziegeln Auflegen

Aufsetzen einer Blattverbindung Aufsetzen einer Blattverbindung

Art des Zusammenhalts: Formschluss, Schwerkraft Lösbarkeit: im Allgemeinen ohne Schädigung oder Zerstörung der Fügeteile lösbar

Auflegen von Dachziegeln

Auflegen einer Fertigteiltreppe Schichten einer Trockenmauerwerkswand Schichten einer Trockenmauerwerkswand

Schichteneiner einerTrockenmauerwerkswand Trockenmauerwerkswand Schichten

Aufsetzeneiner einerBlattverbindung Blattverbindung Aufsetzen

Aufsetzen einer Blattverbindung

Schichten einer Trockenmauerwerkswand

Auflegen, Aufsetzen, Schichten Beim Auflegen, Aufsetzen und Schichten werden zueinanderpassende Teile durch Nutzung der Schwerkraft gefügt. Einzelne Teile werden dabei stabil aufeinandergestapelt. Zusätzlich können

die Verbindungsflächen zur Vermeidung von Verdrehen oder Ver­­schie­ben der Teile geometrisch formschlüssig aufeinander abgestimmt sein.

Einlegen einer Fußbodenheizung in ein Formteil Einlegen einer Fußbodenheizung in ein Formteil

Einsetzen einer Schwalbenschwanzverbindung Einsetzen einer Schwalbenschwanzverbindung

1.2 Einlegen, Einsetzen 1.2 Einlegen, Einsetzen

110

1.2Einlegen, Einlegen,Einsetzen Einsetzen 1.2

1.7 Verschränken

FederndEinsetzen Einspreizen 1.21.6 Einlegen,

2.2F 1.6

Eckverschränkung im Block- oder Strickbau Einsetzen einer Schwalbenschwanzverbindung

Einspreizen Attika Heftblechabdeckung Einlegen einerder Fußbodenheizung in ein Formteil

Einlegen einer Fußboden­ heizung in ein Formteil Einsetzen 1.3Einlegen, Ineinanderschieben

Ein Bauteil wird in ein geome­trisch passendes Gegenstück ein­ge­ Ineinanderschieben setzt oder eingelegt. Die Verbindung erfolgt über Formschluss.

1.3 1.3 Ineinanderschieben Einschieben einer Stütze in einen Stützenschuh

Öle Einsp

Eckverschränkung im Block- oder Strickbau Verschränken Beim Verschränken werden zwei übereinanderliegende Bauteile mit Einkerbungen gekreuzt miteinander verbunden.

Einschieben zweier Teile mit Nut und Feder

I neinanderschieben Bei diesem Fügeprinzip wird ein Bauteil in, auf oder über ein ande­ 1.4res Einhängen geschoben. Man unterscheidet zwischen dem Aufschieben,

1.4 Einhängen 1.4 Einhängen Einhängen von Fassadenelementen in eine Unterkonstruktion Einhängen von Fassadenelementen von Fassadenelementen 1.4 Einhängen in eineEinhängen Unterkonstruktion in eine Unterkonstruktion

Z

Einschieben zweier Teile mit Nut und Feder

Einschieben einer Stütze in einen Stützenschuh

1.8 Zap 1. Zapfe

Zapfenv Z 1

Einschieben einer Stütze in einen Stützenschuh Einschieben zweier Teile mit Nut und Feder Einschieben einer Stütze in einen Stützenschuh Einschieben zweier Teile mit Nut und Feder 1.3 Ineinanderschieben Einschieben einer Stütze in einen Stützenschuh

1.8 Z

Einschieben zweier Teile mit Nut und Feder bei dem das Außen- auf das Innenteil geschoben wird, und dem

1.5 Einschieben, Einrenken bei dem das Innen- in das Außenteil eingeführt wird.

2. Fü

2. Fülle 2. 2.1 E

1.5 Einrenken 1.5 Einrenken Einrenken der Parkett Klickverbindung

2.1 Einf 2. 2 Einfü

Einrenken der Parkett Klickverbindung Einrenken der Parkett Klickverbindung 1.5 Einrenken

Einfülle E 2

Einrenken der Parkett Klickverbindung

E

Einhängen von Fassadenelementen in eine Unterkonstruktion

Einhängen von Fassaden­ ­elementen in eine Unterkonstruktion

Einrenken einer ParkettKlickverbindung

Einhängen Einrenken Bei dieser Fügetechnik wird ein Fügeteil in das andere eingehängt Beim Einrenken entsteht durch eine Kombination aus Schieben und in der Regel durch die Schwer­­kraft gesichert, meist in Kombiund Drehen eine Verbindung zweier Teile. Die Verbindung wird mit Formschluss. die dabei entstehenden Druckkräfte geschaffen. 1.7 durch Verschränken 1.6nation Federnd Einspreizen

1.6 Federnd Einspreizen 1.6 Federnd Einspreizen Einspreizen der Attika Heftblechabdeckung

1.7 Verschränken 1.7 Verschränken Eckverschränkung im Block- oder Strickbau

Einspreizen der Attika Heftblechabdeckung Einspreizen Attika Heftblechabdeckung 1.6 Federndder Einspreizen

Eckverschränkung im Block- oderFügungsprinzipien Strickbau Eckverschränkung 1.7 Verschränken im Block- oder Strickbau

Einspreizen der Attika Heftblechabdeckung

Eckverschränkung im Block- oder Strickbau

2.2 T

2.2 Trän 2. Ölen 111

Ölen ein Ö 2

Ö

2. Füllen 1.7 Verschränken 1.8 Zapfen 2.1 Einfüllen

1.5 Einrenken 1.6 Federnd Einspreizen Einspreizen der Attika Heftblechabdeckung Einschieben zweier TeileKlickverbindung mit Nut und Feder Einrenken der Parkett

2.2

Eckverschränkung Block- oder Strickbau Zapfenverbindung imim Holzbau Einfüllen von Hohlraumschüttung

Einspreizen einer AttikaHeftblech­abdeckung

Öle Einfüllen von Schü

Zapfenverbindungen im Holzbau

Federnd Einspreizen Zapfen Die Zapfenverbindung ist eine traditionelle Holzverbindung, bei Das zu fügende Teil wird durch elastische Verformung in das starre 2. Füllen der das Verbindungsstück (Zapfen), in das Verbindungsstück Gegenstück eingelegt oder aufgeschoben. Da das elastisch ver(Schlitz) geschoben wird. Durch die formschlüssige Verbindung formte Fügeteil nach dem Einschieben seine Ursprungsform wie1.8 Zapfen 1.8 Zapfen 1.5 Einrenken Einfüllen 1.7 Verschränken 2.2 Tränken, Imprägnieren wird ein Verschieben und Verdrehen der Fügeteile verhindert. der annimmt, entsteht ein Formschluss mit dem starren Fügeteil. 2.1

Zapfenverbindung im Holzbau Zapfenverbindung im Holzbau Einrenken der Parkett Eckverschränkung imKlickverbindung Block- oder Strickbau

3.1

Ver Einfüllen von Schütt

Einfüllen von Holzbauteils Hohlraumschüttung Ölen eines

Füllen Füllen beschreibt das lose Einbringen von gasförmigem, flüssigem, pas­­tösem oder schüttfähigem Material in Hohlkörper oder poröse 2.Zwischenräume. Füllen 2. Füllen

3. A

Ölen eines Holzbauteils

2.1 Einfüllen 2.1 Einfüllen Lösbarkeit: ohne Schädigung der Fügeteile lösbar 1.7 Verschränken

Tränken und Imprägnieren Durch Tränken und Imprägnieren mit biolo­gisch abbaubaren Stoffen lassen sich aufnahmefähige Bauteile widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse machen. Tränken beschreibt dabei das tiefe Eintauund vollständige Benetzen des Bauteils mit einer Flüssigkeit. 2.2 chen Tränken, Imprägnieren

Einfüllen vonvon Hohlraumschüttung Einfüllen Hohlraumschüttung Eckverschränkung im Blockoder Strickbau

Einfüllen Schüttdämmung Einfüllen von Schüttdämmung Ölen einesvon Holzbauteils

Art des Zusammenhalts: Einschluss

Einfüllen von Hohl­raum­­ schüttung Einfüllen Das Einbringen durch Schütten, Gießen oder Füllen von fes­tem, flüssigem, pastösem oder dampfförmigem Material in einen

Eins

Einfüllen von Schütt­ dämmung Hohlraum oder in eine andere vorgegebene Struktur wird als ­Einfüllen bezeichnet.

2.2 2.2 Tränken, Imprägnieren Tränken, Imprägnieren Ölen eines Holzbauteils Ölen eines Holzbauteils 112

Eink

au

3. Anpressen, Einpressen 3. Anpressen, Einpressen

3.4 Fügen druch Einpressen

3.1 Schrauben 3.1 Schrauben Anschrauben von Beplankung im Holzbau

3.5 Fügen durch 3.4 3.4 F Verstiftung von H Ein Einpr

Einpressen von Trockenabdichtung Verschraubung mit Mutter und Schraube im Stahlbau Anschrauben von Beplankung im Holzbau Verschraubung mit Mutter und Schraube im Stahlbau Anschrauben von Beplankung im Holzbau

Anpressen und Einpressen Die Verbindung durch Einpressen oder Anpressen erfolgt über eine elastische Verformung der Fügeteile bzw. der Hilfsfügeteile wie Schrauben oder Nägel. Ein unerwünschtes Lösen wird durch den erzeugten Kraftschluss verhindert.

3.5 Fügen durch Einpressen: Verstiften 3.2 Klemmen Art des Zusammenhalts: Kraftschluss

Lösbarkeit: meist ohne Schädigung oder Zerstörung der Verstiftung von Holzdübeln in Brettstapeldecke lösbar Abdichtung mitFügeteile Klemmleiste Einschrauben eines Schraubfundaments Einschrauben eines Schraubfundaments

Anschrauben einer Beplankung

4.4 Verankern Schrauben 3.7 Nageln 3.6 Fügen durch Dehnen 3. Anpressen, Schrauben sindEinpressen Befestigungselemente, die aus einem zylindrischen 3.6 3.2 Klemmen Körper und einem Gewinde bestehen. Sie kommen zum Einsatz, Zugsichere Ankerverbindung mit Flachstahlanker 3.6 F 3.2 um Klemmen zwei oder mehrere Materialien miteinander zu verbinden. Nageln von Schi 3.1 Ausdehnung Schrauben von Holzdübel in Brettstapeldecke Au Abdichtung mit Klemmleiste Ausd Abdichtung mit Klemmleiste Verschraubung mit Mutter und Schraube im Stahlbau Anschrauben von B

Einschrauben eines Schraubfundaments

werden Schrauben durch ein Material hindurch in ein weite3.7Dafür Nageln 3.3 Klammernres Material eingeschraubt, wobei das Schraubengewinde in das zu fügende Material greift und eine feste Verbindung zwischen

Nageln von Schindeln aufweitere Unterkonstruktion peldecke den Materialien bildet. Eine Methode des Schraubens Klammern von Textilien Einklemmen von Dämmstoff Einklemmen von Dämmstoff Einfüllen von Schüttdämmung

Verschraubung mit Mutter und Schrauben

4. Fügung durch Urformen

besteht im Durchführen einer Schraube durch ein oder mehrere 4.1 Einbetten 4.2 V Fügeteile. Hierbei wird das Gewinde der Schraube auf der Gegen3.8 Verspannen 3.9 Verkeilen seite mit einer Mutter gekontert und dadurch ein Kraftschluss 3.8 3.3 Klammern Einbetten von Errosionsbremsen in Stampflehm BetoV durch Anpres­sen hergestellt. 3.8 3.3 Klammern

Stahldraht Spannseil Klammern von Textilien Klammern von Textilien Einschrauben eines Schraubfundaments

Nagelung von Schindeln auf Unterkonstruktion Nageln Beim Nageln werden zwei Werkstücke durch das Einschlagen eines Nagels gefügt. Die Verbindung der Fügeteile erfolgt durch 3.9Aneinanderpressen. Verkeilen Ist der Nagel selbst das Fügeteil, spricht man von Einschlagen.

Verkeilung von Holzteilen

3.2 Verkeilung Klemmen von H Sta Stahl Abdichtung mit Klem

Stahldraht — Spannseil Verspannen Beim Verspannen werden Werkstücke über festes Zusammenziehen miteinander verbunden und durch Schrauben, Muttern oder 4.3 Kitten und in Position gehalten. Durch AnzieBolzen zusammengedrückt hen der Schrauben oder Bolzen lässt sich die Klemmkraft erhöhen.

Kitten von Lehmsteinen mit Lehmmörtel

Einklemmen von Dämmstoff

Fügungsprinzipien

3.3 Klammern

113Klammern

von Texti

3.2 Klemmen

ments

3.3 3.2 Klammern Klemmen

Abdichtung mit Klemmleiste

3.6 Fügen durch Dehnen

3.7

Ausdehnung von Holzdübel in Brettstapeldecke

3.8 3. Na

Klammern Abdichtungvon mitTextilien Klemmleiste

Einklemmen von Dämmstoff Einschrauben eines Schraubfundaments

Sta Au

Abdichtung mit Klemmleiste

Einklemmen von flexiblem Dämm­stoff

3.5 3.4 Fügen druch Einpressen Klemmen Klemmen bezeichnet den Vorgang, zwei oder mehrere Materialien 3.4 zusammengehalten oder -gepresst werden. Die Verbindung ent- 3.5 3.8 Verspannen 3.3 Klammern Fügen druch Einpressen miteinander zu verbinden, indem diese durch ein starres Hilfsteil fest steht durch plastische oder elastische Verformung des Fügeteils.

Anschrauben von Beplankung im Holzbau von Anschrauben von Klammern Beplankung imTextilien Holzbau

Einpressen von Trockenabdichtung 3.3 Klammern Stahldraht Spannseil Einpressen von Trockenabdichtung Klammern von Textilien

Einklemmen von Dämmstoff

Klammern

Einpressen

beschreibt Fügen eines Innen- mit einem Außenteil,3.7 Nageln 3.6Einpressen Fügen durch Dehnen 4.4das Verankern wobei zwischen beiden ein Übermaß besteht. Durch die elastische 3.7 Nageln 3.6Verformung Fügen durch Dehnen des Fügeteils entsteht eine kraftschlüssige Verbindung. Nageln von Schinde Ausdehnung von Holzdübel in Ankerverbindung Brettstapeldecke mit Flachstahlanker Zugsichere Nageln von Schinde Ausdehnung von Holzdübel in Brettstapeldecke

Verstiftung von Holzdübeln in Brettstapeldecke Einpressen: Verstiften Beim Verstiften werden Stifte oder Bolzen in Löcher oder Boh­run­ gen eingepresst, um Teile miteinander zu verbinden, wobei zwischen Innen- und Außen­bauteil ein Übermaß besteht. Eine ­stabile, lang­ Verbindung erfordert dabei hohe Präzision. 3.7lebige Nageln

3.3 Klammern 3.3 Klammern Klammern von Textilien Nageln von Schindeln auf Unterkonstruktion stapeldecke Klammern von Textilien 114

Sta

Einpressen von Trocken­ abdichtung

Klammern von Textilien

Klammern sind federnde Befestigungselemente, die verwendet 3.2 Klemmen 3.5 Fügen durch Einpressen: Verstiften werden, um zwei oder mehrere Materialien oder Gegenstände 3.2 Klemmen zusam­men­zuhalten oder zu befestigen. Abdichtung mit Klemmleiste Verstiftung von Holzdübeln in Brettstapeldecke Abdichtung mit Klemmleiste

Fügen durch Ein 3.9 Fügen durch Ein Verstiftung von Holz 3. Ve Verstiftung von Holz

Ausdehnung von Holz­­ dübeln in Brettstapeldecke

Ausdehnen Eine Fügung durch4. Ausdehnen durchUrformen loses IneinanderschieFügungwird durch ben eines zuvor geschwundenen (gekühlt /getrocknet) Innen- und Außenteils erreicht. Durch Ausdehnen (erwärmt /befeuchtet) des entsteht der 3.8Innenteils Verspannen 3.9 4.1Kraftschluss Einbettenbeider Teile.

Verkeilen 4 3.8 Verspannen 3.9 Verkeilen Stahldraht Spannseil Verkeilung von Holz Einbetten von Errosionsbremsen in Stampflehm B Stahldraht Spannseil Verkeilung von Holz

4. Fügung durch Urformen 3.7 Nageln

4.1 Einbetten

4.2 Vergießen

3.5 Fügen durch Verstiften 3.9Einpressen: Verkeilen Nageln von Schindeln auf Unterkonstruktion

4.4 Verankern 4.3 Kitten Einbetten von Errosionsbremsen in Stampflehm

Betonfertigteile mit

Zugsichere Ankerverbindung mit Flachstahlanker Kitten von Lehmsteinen mit Lehmmörtel

Verstiftung vonVerkeilung Holzdübelnvon in Brettstapeldecke Holzteilen

Verkeilung von Holzteilen Verkeilen

5. 5. F

Mauerwerksanker Verankern

4.4 Verkeilen Verankern Beim wird ein keilförmiges Teil in den Spalt zwischen zwei das zugsichere Verbinden zweier Teile mittels Hilfs­ 4.Verankern Fügungistdurch Urformen Verankern 3.9 Verkeilen 4.4 4.3 Kitten aufeinander abgestimmten Werkstücken eingeschlagen, um sie fügeteil, einem Anker. Das Einlegen oder Einschieben des Ankers miteinander zu ver­binden.

Zugsichere Ankerverbindung mit Flachstahlanker 3.7 Nagelnvon Zugsichere Verkeilung Holzteilen Ankerverbindung mit Flachstahlanker

erzeugt eine kraftschlüssige Verbindung zwischen den Teilen.

E 4.2 VergießenEde

4.1 Einbetten Kitten von Lehmsteinen mit Lehmmörtel

Einbetten von Errosionsbremsen in Stampflehm

Nageln von Schindeln auf Unterkonstruktion

Formen Fügen durch Formen beschreibt eine Verbindung zwischen einem Bauteil mit einem formlosen, flüssigen, pastösen, körnigen, pulver­förmigen oder gasförmigen Ergänzungsstück. Dabei handelt es sich entweder um eine Verbindung zwischen einem Bauteil und einem form­schlüssi­gen, formlosen Ergänzungsstück oder um eine Verbindung mehrerer Bauteile durch das Einbringen von form­ losem Material. durch Urformen 4. Fügung

4. Fügung durch Urformen

Art des Zusammenhalts: Formschluss, hervorgerufen durch Urformen 4.1 Einbetten 4.1 Einbetten Lösbarkeit: bei sortenreiner Materialwahl ohne Schädigung oder Zerstörung lösbar

Einbetten von Errosionsbremsen in Stampflehm 3.9 Verkeilen Einbetten von Errosionsbremsen in Stampflehm Verkeilung von Holzteilen

5. 5.1

Betonfertigteile m

Mörteln von Lehmsteinen mit Lehmmörtel

Mörteln

BeimVergießen Mörteln wird eine weiche, pastöse Substanz aufgetragen, 4.2 4.2umVergießen eine Verbindung herzustellen. Der Mörtel muss nach dem

5. 5.3

Betonfertigteile mit Kalkmörtel vergießen 4.3 Kitten Betonfertigteile mit Kalkmörtel vergießen

Zu Zus

Aushärten wieder sortenrein lösbar sein.

Kitten von Lehmsteinen mit Lehmmörtel

Einbetten von Erosionsbremsen in Stampflehm

Einbetten Einbetten ist ein Prozess, bei dem ein Objekt oder Material in eine feste Umgebung eingebettet wird, um sie zu stabilisieren oder zu 4.3 Kitten schützen.

4.3 Kitten

Betonfertigteile mit Kalk­mörtel vergießen

Vergießen Das Vergießen ist ein Verfahren, bei dem flüssiges Material in eine Form oder einen Hohlraum gegossen wird, um in diesem eine feste Struktur zu erzeugen.

5. 5.5

Fo Foli

Kitten von Lehmsteinen mit Lehmmörtel Kitten von Lehmsteinen mit Lehmmörtel Fügungsprinzipien

115

5.1 Drahtflechten

5.2 Gemeinsames Verdrehen 5. Fügung durch Umformen

5. Fügung durch Umformen Edelstahlgeflecht 5. Fügung durch Umformen

Eisenflechten von Bewehrungsstahl 5.1 Drahtflechten

F 5.2 Gemeinsame

5.1 Drahtflechten 5.1 Drahtflechten

5.2 Gemeinsames Verdrehen 5.2 Gemeinsames Verdrehen Edelstahlgeflecht

Eisenflechten vo

Edelstahlgeflecht Edelstahlgeflecht

Eisenflechten von Bewehrungsstahl Eisenflechten von Bewehrungsstahl

Umformen Beim Umformen, auch mechanisches Fügen genannt, entsteht eine Verbindung der Werkstücke durch eine plastische Verformung. Dabei unterscheidet man, ob die Werkstücke selbst oder ein Hilfsfügeteil, wie z. B. ein Niet, umgeformt werden.

5.3 Knoten

4.2

Art des Zusammenhalts: Formschluss, hervorgerufen durch Umformen Lösbarkeit: im Allgemeinen nurSeilen mit Schädigung oder Zerstörung Zusammenknoten von Vergießender Fügeteile lösbar

5.3 Knoten 5.3 Knoten Betonfertigteile mit Kalkmörtel vergießen Zusammenknoten von Seilen Zusammenknoten von Seilen

Edelstahlgeflecht

5.4 Wickeln mit Draht

5

Drahtflechten Beim Drahtflechten wird der Draht in einem bestimmten Muster Isolierung mit Draht umwickeln gewebt oder geflochten, um ein flächiges Element herzustellen. 5.3 Knoten

g 5.4 Wickeln mit

5.4 Wickeln mit Draht 5.4 Wickeln mit Draht Zusammenknoten von Seilen

5 Isolierung mit Dr

Isolierung mit Draht umwickeln Isolierung mit Draht umwickeln

5.5 Heften Knoten Beim Knoten wird ein Seil oder eine Schnur verdreht und ver­ knotet, um eine feste und dauerhafte Verbindung zwischen zwei Folieherzustellen. auf Unterkonstruktion geheftet Enden Filzumwicklung eines Holzrahmens 5.5 Heften 5.5 Heften Folie auf Unterkonstruktion geheftet Folie auf Unterkonstruktion geheftet

5.6 Wickeln Wickeln mit Draht Bei dieser Fügungsmethode wird ein dünner Draht um einen 5.7 Falzen gewickelt, um diesen zu umschließen oder zu Gegenstand Textilumwicklung eines Handlaufs fixieren. 5.5 Heften Stehfalz Dacheindeckung aus Blech 5.6 Wickeln 5.6 Wickeln Folie auf Unterkonstruktion geheftet

Falzen Beim Falzen wird ein blechartiges Werkstück über eine Kante oder Fläche gefaltet. Gemeinsam mit einem anderen Werkstück umge­ schlagen entsteht eine formschlüssige Verbindung zwischen beiden Teilen. Für eine präzise, gleichmäßige Kante wird das Mate­ rial in der Regel mit einer Falzkante oder Falzmaschine bearbeitet.

5.9 Fügung durch Nieten

gequetschtes Edelstahlgewebe

Genietete Metallkonstruktion

5.6 Wickeln

G

G

Blechdach mit Steh­falzen

5.8 Quetschen

5

5 Textilumwicklung

Textilumwicklung eines Handlaufs Textilumwicklung eines Handlaufs

Folie auf Unterkon­ struktion geheftet Heften Als Heften bezeichnet man eine Fügetechnik, bei der zwei Mate­rialien mithilfe gebo­gener Klammern, Stifte oder Nadeln mit­einander verbunden werden, um sie vorübergehend zu ­fixieren, bevor sie anschließend dauerhaft befestigt oder genäht werden.

g

Isolierung mit Draht umwickeln

Zusammenknoten von Seilen

116

F

5.7 Falzen

5. Fügung durch Umformen

5.7 Falzen 5.7 Falzen Stehfalz Dacheindeckung aus Blech 5.2Falzen Gemeinsames Verdrehen 5.7 Stehfalz Dacheindeckung aus Blech Stehfalz Dacheindeckung 5.10 Webenaus Blech Eisenflechten von Bewehrungsstahl Stehfalz Dacheindeckung aus Blech

Filzumwicklung eines Holzrahmens 5.1 Drahtflechten Filzumwicklung eines Holzrahmens Filzumwicklung eines Holzrahmens 5.6 Wickeln Edelstahlgeflecht Filzumwicklung eines Holzrahmens Textilumwicklung eines Handlaufs

5. Fi

Ve

Gewebte Fassadenbekleidung

Eisenflechten von Bewehrungsstahl

Textilumwicklung eines Handlaufs Wickeln (Umwickeln, Bewickeln) 5.8 Quetschen

Gemeinsames Verdrehen 5.9 Fügung durch Nieten

5.3Quetschen Knoten 5.8 gequetschtes Edelstahlgewebe gequetschtes Edelstahlgewebe Zusammenknoten von Seilen gequetschtes Edelstahlgewebe

bei der zwei oder mehrere Draht- oder Kabelenden miteinander 5.9 Fügung durch Nieten verdrillt werden. 5.9 Fügung durch Nieten Genietete Metallkonstruktion 5.4Fügung Wickelndurch mit Draht 5.9 Nieten Genietete Metallkonstruktion Genietete Metallkonstruktion Isolierung Metallkonstruktion mit Draht umwickeln Genietete

Beim Wickeln wird ein bandartiges Material aus z. B. Textil, Leder oderQuetschen Metallgewebe um ein Objekt oder eine Oberfläche gewickelt, 5.8 um zu umhüllen oder zu verstärken. 5.8dieses Quetschen gequetschtes Edelstahlgewebe

Das gemeinsame Verdrehen beschreibt eine Fügungstechnik,

Quetschverbindung bei Metallgewebe Quetschen

5.10 Webenbezeichnet man eine Fügetechnik, bei der zwei Als Quetschen Teile, meist mithilfe eines Hilfsfügeteils, durch Zusammenpressen

5.10 mitei­nWeben verbunden werden. 5.10 ander Weben Gewebte Fassadenbekleidung 5.5 Heften 5.10 Weben Gewebte Fassadenbekleidung Gewebte Fassadenbekleidung Folie auf Fassadenbekleidung Unterkonstruktion geheftet Gewebte

5.

ge

genietete Metall­ kon­struktion Nietverfahren

5.11 Seilbund Bei dieser Technik wird ein Niet in ein gebohrtes oder gestanztes Loch eingebracht und durch Stauchen oder Schmieden verformt,

5.11 Seilbund sodass eine formschlüssige Verbindung entsteht. 5.11 Seilbund Verbindung von Bambusrohren durch Seilbindung 5.6 Wickeln 5.11 Seilbund Verbindung von Bambusrohren durch Seilbindung Verbindung von Bambusrohren durch Seilbindung Textilumwicklung eines Handlaufs Verbindung von Bambusrohren durch Seilbindung

5.

G

gewebte Fassadenbekleidung

Verbindung von Bambusrohren durch Seilbindung

Weben Weben ist eine Technik, bei der Teile in einem solchen Muster mit­ einander verflochten werden, dass ein flaches oder röhren­förmi­ges Gewebe entsteht. Es ähnelt dem Weben von Stoffen, jedoch können verschiedene Materialien verwendet werden.

Seilbund Beim Seilbund werden mithilfe eines Hilfsfügeteils, dem Seil, unterschiedliche Bauteile an einer Stelle miteinander fixiert. Die Technik wird im Bauwesen oft eingesetzt, um zylindrische Bauteile miteinander zu verbinden und die Stabilität der Verbindung zu erhöhen.

Fügungsprinzipien

117

Schichten als kreislauf­ gerechtes Prinzip Daniel Lenz

„All buildings are predictions. All predictions are wrong.“  Stewart Brand [1]

Langlebigkeit und Angemessenheit Jedes Bauvorhaben erfordert den Einsatz von Energie und stofflichen Ressourcen. Die­ ser Einsatz korreliert dabei mit der Lebens­ dauer des errichteten Gebäudes. Je länger ein Gebäude existiert und genutzt wird, desto günstiger fällt der in der Kon­struktion gebundene Energieeinsatz im Verhältnis aus. Man kann daraus schlussfolgern, dass eine Konstruktion maximal langlebig und robust ausgeführt werden muss, damit die ökologische Auswirkung des Gebäudes möglichst minimal ist. Aber diese Betrach­ tungsweise bleibt unvollständig, weil sie außer Acht lässt, dass nur solche Gebäude wirklich langlebig sind, die auch Verände­ rungen und Anpassungen erlauben. In sei­ nem 1994 erschienenen Buch „How Buil­ dings Learn: What Happens After They’re Built“ beschreibt der US-amerikanische Autor Stewart Brand eindrücklich, welchen Einfluss der Faktor Zeit auf die Nutzung und die Gestalt von Gebäuden hat [2]. Moden, wech­­selnde Anforderungen oder Gewohn­ heiten sowie Naturereignisse können Gründe für Veränderungen an Gebäuden sein. Ergän­zend zu diesen Faktoren spielen auch sich ändernde Normen und Gesetze (z. B. Brand-, Schallschutz) eine Rolle. Jede kleine oder große Veränderung und Anpassung zieht den erneuten Einsatz von Energie, Material und natürlich auch finan­ ziellen Mitteln nach sich, führt aber im Ideal­ fall zu einer Verlängerung der Lebenszeit eines Gebäudes als funktionierendes Sys­ tem. Folgt man dem Ziel, den Gesamtener­

118

gie- und Materialeinsatz über eine im besten Fall sehr lange Zeit so gering wie möglich zu halten und dabei schädliche Nebeneffekte für Mensch, Umwelt und Klima (z. B. toxi­ sche Stoffe oder Treibhausgase) weitest­ gehend auszuschließen, ist zwischen zwei scheinbar konträren Idealen abzuwägen: Das erste Ideal fokussiert auf eine robuste, auf Haltbarkeit ausgelegte Verwendung von Material, die die Bilanz der eingesetzten Energie und stofflichen Ressourcen auf die Nutzungsspanne gerechnet günstig ausfal­ len lässt. Das zweite Ideal hat die maximale Rezyklierbarkeit des verwendeten Materials zum Ziel. Dabei gilt es, alle Rohstoffe so in das Gebäude einzubauen, dass sie pass­ genau für eine vorher bestimmte Einsatz­ dauer bereitgestellt werden, um sie anschlie­ ßend schnell, einfach und energiesparend wieder entnehmen und in einen Folgekreis­ lauf als Ressource einbringen zu können. In der Praxis werden sich die meisten Fälle zwischen diesen Polen bewegen oder in Teilen beide Ideale gleichzeitig beinhalten – so kann z. B. die Tragkonstruktion maximal robust sein, während die Fassade auf schnelle Erneuerbarkeit ausgelegt ist. Kreisläufe, Faktor Zeit und Trennbarkeit Aufgrund anstehender Anpassungen und Veränderungen muss bei jedem Gebäude in bestimmten Abständen zwangsläufig mit einem Austausch von materiellen Ressour­ cen gerechnet werden. Der Extremfall ist dabei der Austausch des gesamten Gebäu­ des durch einen Ersatzbau. Betrachtet man

das Gebäude als ein Material- bzw. Roh­ stofflager [3], bei dem die darin verbauten Ressourcen nach ihrer Nutzungsdauer wie­ der frei und erneut in einen Kreislauf einge­ führt werden, so stellt sich unweigerlich die Frage nach einer darauf abgestimmten Pla­ nungs- und Konstruktionsmethodik. Dazu muss man verstehen, wie die verschiedenen Bestandteile eines Gebäudes technisch und funktional miteinander in Beziehung stehen, wie sie sich in der Nutzungsphase über die Zeit verhalten, und wie sie so zusammenge­ fügt werden, dass sie sich als Rohstoffe in hoher Qualität zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder entnehmen lassen. Hier ist eine differenziertere Betrachtung der verschiedenen Bestandteile eines Gebäudes wichtig, die schließlich alle für sich äußerst spezifische Funktionen mit sehr varii­erenden Lebensdauern haben. Ein Lösungs­ansatz („Design for Disassembly“) besteht darin, sinnvolle Schnittstellen verschiedener Bau­ teile zu identifizieren und diese – entspre­ chend ihres Zwecks und ihrer anvisierten maximalen Lebensdauer – auf Trennbarkeit zu gestalten [4]. Jedes der eingesetzten Bauteile oder Mate­rialien ist dann in Hinblick auf eine bestmögliche Wiederverwendbar­ keit oder mindestens eine Wiederverwert­ barkeit auszuführen. So fließt der Faktor Zeit bereits beim Entwurf der Kon­struktion mit ein. Nimmt man ein Gebäude als Materiallager ernst, so ist es unabdingbar, dass sämtliche eingesetzten Materialien für eine optimale Wiederverwendung oder Wiederverwertung sortenrein verbaut und wiederauffindbar kar­ tiert (z. B. in Materialpässen) werden [5]. Die Verbindungen zu anderen Baustoffen oder -teilen sind auf eine möglichst einfache und praktikable Weise reversibel zu gestalten. Wird die Wiederverwendung eines komplet­ ten Bauteils angestrebt, so muss dieses Bauteil sich beschädigungsfrei von der wei­ teren Kon­struktion trennen lassen. Je ein­ facher dabei die Kon­struktionslogik sowie die Verbindungs- und Lösetechnik gestaltet wird, desto wahrscheinlicher ist ein erfolg­ reicher Kreislaufschluss. Neben dem Erken­ nen der Schnittstellen geht es also auch darum, diese zu reduzieren, wie es z. B. beim Ansatz „Einfach Bauen“ [6] beschrieben

wird (siehe „Einfach (Um)Bauen“, S. 98ff.). Das Prinzip ist denkbar einfach: angemes­ sen wenige und/oder gut trennbare Schnitt­ stellen einplanen. Welche Schnittstellen es gibt, hängt dabei vom Einzelfall ab, je nach Bauweise und Material sind die Bedin­ gungen dafür unterschiedlich. Um zu ver­ stehen, welche allgemeinen Regeln bei der Festlegung dieser Schnittstellen helfen kön­ nen, werden im Folgenden zwei Modelle betrachtet: Dem von Stewart Brand eher als allgemeingültige Beobachtung formulierten System der „Shearing Layers of Change“ wird das spezifisch auf die Baukonstruktion fokussierende System gegenübergestellt, das auch als Grundlage für die Struktur der in diesem Buch vorgestellten Überlegungen zum sortenreinen Kon­strui­e­ren dient. Stewart Brands Schichtenmodell Stewart Brand präsentiert in „How Buildings Learn“ das Modell der sechs „Shearing ­Layers of Change“. Diese Betrachtungs­ weise fußt wiederum auf den Untersuchun­ gen und Erfahrungen von Francis Duffy. Der britische Architekt und Bürodesigner hatte darauf hingewiesen, dass über einen Zeit­ raum von 50 Jahren die Ausgaben für Ver­ änderungen in und am Gebäude die Errich­ tungs­kosten um ein Mehrfaches überstei­ gen [7]. Diese Kosten reflektieren selbst­ verständlich auch einen entsprechenden Ressourcen- und Energieverbrauch. Duffy wird in Brands Buch als Urheber der syste­ matischen Betrachtung von Gebäuden in verschiedenen (Nutz-)Schichten vorge­ stellt. Er definiert Gebäude als Schichtung von Bauelementen mit unterschiedlicher Dauerhaftigkeit und nennt dabei den Faktor Zeit als das entscheidende Entwurfspro­ blem [8]. Die daraus abgeleiteten sechs Shearing Layers, die Brand schließlich als allgemein­ gültig vorschlägt, sind Site (Ort), Structure (Tragwerk), Skin (Hülle), Services (Gebäu­ detechnik), Space Plan (räumliche Konfigu­ ration) und Stuff (Ausstattung, Möbel etc.). Das zugehörige Diagramm, ursprünglich von Donald Ryan illustriert, ist inzwischen aus vielen Publikationen zum Thema des nachhaltigen oder zirkulären Bauens nicht mehr wegzudenken (Abb. 1, S. 120).

Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip

119

Konkret beschreibt Brand die Lebensdau­ ern der einzelnen Schichten so: • Site (Ort): ewig während Site beschreibt das Baugrundstück und somit eine geografische Verortung auf der Erde, die unabhängig von menschen­ gemachten äußeren Einflüssen besteht. • Structure (Tragwerk): 30 – 300 Jahre Structure umfasst die Gründung und die Tragstruktur eines Gebäudes. Neben dem von Brand angemerkten Umstand, dass sich diese Schicht am aufwendigsten und schwierigsten verändern lässt, ist im Gebäudetragwerk in der Regel auch ein Großteil der eingesetzten grauen Energie (die Tragstruktur enthält bis zu 75 % der grauen Energie und des grauen Wassers eines Gebäudes) gebunden [9]. • Skin (Fassade/Gebäudehülle): 20 Jahre Die Schicht Skin umfasst die Fassade als äußere Schutzschicht und Ausdrucksträ­ ger des Gebäudes. Dies kann auch die Funktion der thermischen Gebäudehülle beinhalten. • Services (Gebäudetechnik): 7–15 Jahre Unter Services werden alle Medien (Elek­ tro, Wasser, Abwasser, Heizung, Kühlung etc.) einschließlich der dafür erforderlichen Leitungen und Installationen sowie Auf­ züge oder Rolltreppen zusammengefasst. • Space Plan (räumliche Konfiguration / Innenausbau): 3 – 30 Jahre Mit Space Plan meint Brand das Grundrissoder Raumlayout des Gebäudes, z. B. Innenwände, (Abhang-)Decken, Türen. Die große Spannbreite der Lebensdauer ergibt sich aus den unterschied­lichen Nutzungen. Als Beispiel für sehr schnelllebige Space Plans nennt Brand Läden und Geschäfte, als Gegenbeispiel über längere Zeiträume bewohnte Wohnungen. • Stuff (Ausstattung, Möbel): täglich bis monatlich. Die Schicht Stuff beinhaltet alle losen Möbel und Ausstattungsgegenstände. Brand stellt dabei fest, dass jedes Gebäude aus langsamen (dauerhafteren und schwie­ rig zu ändernden) und schnellen (kurzlebige­ ren und einfach zu ändernden) Schichten besteht. Die langsamen Schichten dominie­ ren dabei die schnellen und ermöglichen

120

Stuff täglich  — daily monatlich - monthly STUFF Space Plan 3  — 30 Jahre 3 - 30 years SPACE PLAN Services 7  7 - 15 years SERVICES —15 Jahre 20 years Structure 30  — 300 Jahre SKIN 30 - 300 years Skin 20 Jahre STRUCTURE

SiteSITE



eternal

1

(oder verhindern) eine schrittweise Integra­ tion von gewünschten Veränderungen, die sich über die schnelleren Schichten umset­ zen lassen. Zu den langsameren Schichten des Gebäudes zählen der Ort, das Tragwerk und mit Abstrichen die räumliche Konfigura­ tion sowie die Gebäudehülle, da sie übli­ cherweise am längsten zuverlässig nutzbar bleiben. Schnell sind entsprechend Gebäu­ detechnik, Innenausbau und vor allem Aus­ stattung. Da sich ein Gebäude mit der Zeit ohnehin, wie Stewart Brand es ausdrückt, „aufgrund der unterschiedlichen Verände­ rungsgeschwindigkeiten seiner Bestandteile selbst zerlegt“ [10], ist es sinnvoll, die von ihm vorgeschlagenen Schnittstellen auch in der Konzeption einer Gebäudeplanung zu berücksichtigen. Zur wichtigsten Erkenntnis aus Brands Betrachtungen gehört, dass eine Verände­ rung von Gebäuden stetig und unaufhörlich stattfindet. Dies erfolgt bei verschiedenen Bauteilen unterschiedlich schnell und häufig. Für das kreislaufgerechte Konstruieren bedeutet das, dass besonders Schnittstellen zwischen langsamen und schnellen Schich­ ten mit großer Sorgfalt zu betrachten sind. Baukonstruktives Schichtenmodell Mit dem Modell der Shearing Layers im Hin­ terkopf, das vor allem den zeitlichen Aspekt zur Ermittlung möglichst sinnvoller Schnitt­ stellen innerhalb der Komponenten eines Gebäudes in den Blick nimmt, liegt nun der Fokus auf der Baukonstruktion. Baukon­struk­ tiv betrachtet bleibt Brands Modell letztlich an einigen Stellen unscharf. So ist z. B. unklar, wo er die thermische Gebäudehülle verortet und wo genau die Trennlinie von Structure und Space Plan verläuft. Es bleibt

1 Modell der sechs Shearing Layers nach Steward Brand, Dar­ stellung in Anlehnung an das Diagramm von Donald Ryan: Den sechs allgemeingülti­ gen Schichten Site (Ort), Structure (Trag­ werk), Skin (Hülle), ­Services (Gebäudetech­ nik), Space Plan (räum­ liche Konfiguration) und Stuff (Ausstattung, Möbel etc.) sind die von Brand angenommenen Veränderungszyklen zugeordnet.

SCHÜTZEN DÄMMEN DICHTEN TRAGEN Schützen BEKLEIDEN

∞ JAHRE ∞ JAHRE ∞ JAHRE ∞ JAHRE ∞ Jahre ∞ JAHRE

Dichten

∞ Jahre

Tragen

∞ Jahre

Dämmen ∞ Jahre

Bekleiden ∞ Jahre

2

Anmerkungen   [1] Brand 1997, S. 178   [2] ebd., v.a. S. 12— 23 und S. 178— 221   [3] Heisel / Hebel 2021  [4]  ZHAW/ Stricker 2021, S. 129—142   [5] Heisel / RauOberhuber. In: Heisel /Hebel 2021, S. 157—167   [6] Einfach Bauen. For­ schungsvorhaben. TU München 2018   [7] Duffy. In: Brand 1997, S. 12f.  [8]  ebd.   [9] Stahel. In: Heisel / Hebel 2021, S. 39f. [10] Brand 1997, S. 13

aber die Erkenntnis, dass zum einen jede Gebäudeschicht in Hinblick auf Funktion und Lebenszyklus maximal effizient einge­ setzt werden soll. Und zum anderen sollten die einzelnen Schichten untereinander gut trennbar ausgestaltet sein, damit sie sich einzeln verändern, austauschen oder anpas­ sen lassen, ohne dass dies die Lebens­ dauer des Gesamtsystems verringert. Die Komponenten, auf die das baukonstruk­ tive Schichtenmodell fokussiert, sind auf die elementaren Anforderungen eines thermisch abgeschlossenen Gebäudes in gemäßigten Breitengraden ausgelegt. Der Betrachtungs­ raum bewegt sich dabei, wenn man es mit Brands Modell vergleicht, in den Schichten Skin, Structure und (auf Bauelemente bezo­ gen) Space Plan. Eine Trennung von Baukon­ struktion und Haustechnik sowie eine adap­ tierbare Grundstruktur des architektonischen Entwurfs wird als Prämisse vorausgesetzt. Evaluiert man einen zeitgenössischen Neu­ bau mit seinen Anforderungen an Komfort und Bauphysik, so lässt sich feststellen, dass er von außen nach innen betrachtet folgende technisch-funktionalen Anforderungen erfül­ len muss: Schützen, Dämmen, Dichten, Tra­ gen, Bekleiden. Bei diesem Modell bestimmt die technisch-funktionelle Anforderung der Schicht die Schnittstelle. Auch hier lässt sich auf unterschiedliche „Geschwindigkeiten“ Rücksicht nehmen. • Schützen (Anforderung: Schutz gegen Witterung, Regen, Wind): äußerste Schicht der Gebäudehülle, Fassadenbekleidung, Dachdeckung, in der Regel auf Unter­kon­ struktionen, mit oder ohne Hinterlüftung • Dämmen (Anforderung: Minimierung von Wärmeverlusten, Reduktion des (Heiz-) Energieverbrauchs):

2 Modell der fünf tech­ nisch-funktionalen Schichten der Baukon­ struktion. Sortenreiner Einbau und wieder ­lösbare Verbindungen sind die Voraussetzun­ gen für eine optimale Lebensdauer und eine möglichst unendliche Zirkulierbarkeit der ein­ gesetzten Materialien.

Dämmung außenseitig vor der Tragkon­ struktion, Dämmung zwischen der Trag­ kon­struktion, Dämmung innenseitig • Dichten (Anforderung: Schutz gegen Feuchtigkeit von außen und Dampf von innen, ggf. Entkoppelung von Bauteilen): Folien oder Bahnen als Dampfsperren, Unterspannbahnen, Windpapiere etc. • Tragen (Anforderung: Abtragen der Las­ ten des Gebäudes und der anfallenden Nutzlasten, Aussteifung des Gebäudes, Standsicherheit, z. B. auch bei Erdbeben): unterschiedliche Bauweisen (Filigranund Massivbau) • Bekleiden (Anforderung: sauberer Abschluss der Konstruktion innenseitig, Kontakt- und Abnutzungsschicht, Raum­ akustik, Verdecken von Installationen etc.): Wandbekleidungen, Abhangdecken, Instal­­lationsschichten, Oberflächen, Boden­beläge Das vorgeschlagene Modell adressiert einen Paradigmenwechsel in der Art, wie Archi­ tektinnen und Architekten Material und Kon­ struktion betrachten sollten (Abb. 2). Wäh­ rend das Modell der Shearing Layers auf die lebenszyklusbedingten Schnittstellen eines Gebäudes fokussiert und selbst in einem linearen Wirtschaftsmodell (siehe „Das lineare System“, S. 15ff.) noch anwend­ bar wäre, lokalisiert das baukon­struktive Modell die konstruktiv-technischen Schnitt­ stellen. Ziel ist es, eben dort sortenreine, wieder lösbare Verbindungen zu etablieren und so jedem eingesetzten Material nicht nur die optimale Lebensdauer, sondern auch ein optimales Nachleben im Sinne einer möglichst unendlichen Zirkulierbarkeit zu ermöglichen.

Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip

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Schichtenaufbauten Die Konstruktion eines Gebäudes definiert sich maßgeblich durch das statische System, das Material der tragenden Bauteile und die Lage der einzelnen Bauteilschichten in der Gesamtkon­struktion. Im Folgenden werden exemplarisch Wand- und Deckenaufbauten sortenreiner Kon­struktionen vorgestellt — kategorisiert nach Fili­gran- und Massivbau, der Lage der Dämmschicht im Bezug zu den tragenden Bauteilen und den vorherrschenden Baumaterialien Holz, Stahl, Beton, Mauerwerk und Lehm. Dabei werden besonders die unterschiedlichen Bauteilschichten mit den Funktionen Schützen, Dämmen, Dichten, Tragen und Bekleiden (siehe „Baukon­struktives Schichtenmodell“, S. 120f.) sowie ihre Fügungen zueinander (siehe „Fügungsprinzipien“, S. 110ff.) thematisiert. alle Isometrien Maßstab 1:25

Filigranbau | Gefachdämmung | Holz Funktion Aufbau Schützen Schindeln, genagelt Lattung, mit Konterlattung verschraubt Konterlattung als Hinterlüftung, geschraubt Dichten Unterspannbahn, diffusionsoffen, überlappend verlegt, getackert Dämmen Dämmstoffplatte, druckfest, mit Lattung auf ­Ständer geschraubt Dämmung, zwischen Ständer geklemmt Tragen Ständer aus Vollholz Bekleiden Diagonalschalung, diffusionsdicht, auf Ständer geschraubt GSEducationalVersion

Filigranbau | Gefachdämmung | Stahl Funktion Aufbau Schützen Stahlbleche, verdeckt auf Unterkonstruktion geschraubt Unterkonstruktion Stahlprofil, über Konsole durch Dämmung an Trockenbauplatte geschraubt Dämmen Dämmung, mit Dämmstoffdübeln an Trocken­bauplatte verankert Trockenbauplatte, an Ständerwand geschraubt Dämmung, zwischen Ständer geklemmt Tragen Ständer aus Stahlprofilen Dichten Dampfsperre, überlappend verlegt und geklemmt Bekleiden Trockenbauplatte, an Ständerwand geschraubt Grund- und Deckputz

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Filigranbau | Außendämmung | Stahl Funktion Aufbau Schützen Fassadenplatten, in Konsolen eingehängt Unterkonstruktion, Stahlprofil fi, verzinkt, durch Dämmung an Systemkassette geschraubt Dichten Unterspannbahn, diffusionsoffen, überlappend verlegt, geklemmt Dämmen Dämmung, mit Dämmstoffdübeln an System­kassette verankert Systemkassette Stahlblech, mit eingelegter Däm­mung, verzinkt, gekantet, verschraubt, an Stahltragwerk geschraubt Tragen Tragprofil Stahl, verzinkt

122 GSEducationalVersion

Filigranbau | Außendämmung | Beton Funktion Aufbau Schützen Pfosten-und-Riegel-Kassettenprofile, Stahlblech, & Dämmen  verzinkt, zwischen Riegel geklemmt Dämmung in Kassettenprofil geklemmt Tragen Fertigteil Stahlbetonstütze

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Massivbau | Außendämmung | Beton Funktion Aufbau Schützen Fassadenpaneele, eingehängt in Lattung Lattung, mit Konterlattung verschraubt Konterlattung als Hinterlüftung, geschraubt Dichten Unterspannbahn, diffusionsoffen, verschweißt Dämmen Traglattung, auf Konterlattung geschraubt Konterlattung, auf Stahlbetonfertigteil geschraubt dazwischen Dämmplatten, zweilagig, geklemmt Tragen Fertigteil Stahlbeton

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Massivbau | Außendämmung | Holz Funktion Aufbau Schützen Fassadenschalung, sichtbar gestoßen, geschraubt Lattung, mit Konterlattung verschraubt Konterlattung als Hinterlüftung, geschraubt Unterspannbahn, diffusionsoffen, verschweißt Dämmen Dämmstoffplatte druckfest, mit Dämmstoffdübeln und Konterlattung an Massivholzwand verankert Tragen Massivholzwand, mit Holzdübeln gefügt

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Massivbau | Außendämmung | Mauerwerk Funktion Aufbau Schützen Schindeln, genagelt Lattung, mit Konterlattung verschraubt Konterlattung als Hinterlüftung, geschraubt Dichten Unterspannbahn, diffusionsoffen, verschweißt Dämmen Lattung, mit Konterlattung verschraubt Konterlattung, an Mauerwerk geschraubt dazwischen Dämmung, zweilagig, geklemmt Tragen Lehmsteinmauerwerk, vermörtelt Bekleiden  Grund- und Deckputz

Schichtenaufbauten GSEducationalVersion

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Massivbau | Außendämmung | Trockenmauerwerk Funktion Aufbau Schützen Wellblech, verzinkt, geschraubt Unterkonstruktion als Hinterlüftung, Stahlkonsole verzinkt, an Mauerwerk geschraubt Dichten Unterspannbahn, diffusionsoffen, verschweißt Dämmen Dämmung, mit Dämmstoffdübeln an Mauerwerk ver­ankert Tragen Rastermauerblöcke, geschichtet Bekleiden Lattung, an Rastermauerblöcke geschraubt Dämmung, zwischen Lattung geklemmt Trockenbauplatte mit integrierten Heizrohren, verschraubt an Lattung Deckputz

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Massivbau | Innendämmung | Lehm Funktion Aufbau Tragen Stampflehm, mit eingebetteten Erosionsbremsen Dämmen Lattung Dämmung, zwischen Lattung geklemmt Bekleiden Trockenbauplatte, an Lattung geschraubt Grund- und Deckputz

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Massivbau | Kerndämmung | Lehm Funktion Schützen

 ufbau A Fertigteil Stampflehm, selbsttragend, mit Geo­gitter an tragender Wandscheibe ver­ankert Dämmen Dämmplatten, im Werk eingelegt Tragen Fertigteil Stampflehm, selbsttragend, mit ­inte­grierter Wand­heizung

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Massivbau | Mauerwerk Funktion Aufbau Schützen Grund- und Deckputz Dämmen Hochlochziegel, dämmend, vermörtelt, mit Mauerwerks­ anker an tragender Schale verankert Tragen Flachstahlanker, eingelegt im Mörtelbett Hochlochziegel, tragend, vermörtelt Bekleiden Grund- und Deckputz

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Massivbau | Holz Funktion Aufbau Schützen Schindeln, genagelt Lattung, mit Konterlattung verschraubt Konterlattung als Hinterlüftung, geschraubt Dichten Unterspannbahn, diffusionsoffen, verschweißt Tragen Massivholzwand, mit Hartholzdübeln oder Grat­leisten & Dämmen gefügt

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Fachwerk | Kerndämmung | Lehmstein Funktion Aufbau Schützen Grund- und Deckputz Tragen Fachwerk Holz, gezapft und geschraubt, mit Lehmsteinen ausgefacht Dämmen Dämmung, mit Dämmstoffdübeln an Fachwerk verankert Bekleiden Lehmstein, nicht tragend, vermörtelt, mit Mauer­werks­ anker verankert Grund- und Deckputz GSEducationalVersion

Schichtenaufbauten

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Filigranbau | Hohlraumdämmung | Holz

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Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Heizrohre auf Wärmeleitblechen, in Verlegeplatte ­eingelegt Verlegeplatte mit Einfräsungen für Heizrohre, zwischen Lattung schwimmend verlegt Dämmen Trittschalldämmung, schwimmend verlegt Tragen Schalung, Nut und Feder, an Deckenbalken geschraubt Deckenbalken Vollholz Dämmen Fehlboden mit schwerer Schüttung auf Rieselschutz, zum Schallschutz, lose verlegt, aufgelegt auf Lattung, an Deckenbalken verschraubt Dämmung, zwischen Balken geklemmt Bekleiden  Abhangdeckensystem, Hut-Federschiene Stahl, verschraubt Trockenbauplatte, an Unterkon­struktion geschraubt, verspachtelt

Filigranbau | Hohlraumdämmung | Stahl

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Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Trockenbauplatte, zweilagig, zwischen Lattung ­schwimmend verlegt Trittschalldämmung als Installationsebene, schwimmend verlegt Schalung, Nut und Feder, mit Trägerklemmen an Deckenträger geschraubt Tragen Deckenträger, Stahlprofil aufgedoppelt Dämmen Dämmung, zwischen Deckenträger gelegt Bekleiden Schalung, Nut und Feder, mit Trägerklemmen an Deckenträger geschraubt Unterkonstruktion, Stahlprofil, an Schalung geschraubt Heiz- und Kühldecke mit eingelegen Heizrohren, an Unterkonstruktion geschraubt

Filigranbau | Holz Funktion Aufbau Bekleiden Stampflehm Heizrohre in Lehmsteine eingelegt Lehmsteine mit Aussparungen für Heizrohre, schwimmend verlegt Trockenbauplatte, zweilagig, schwimmend verlegt Dämmen Trittschalldämmung, schwimmend verlegt Ausgleichsschüttung, lose, als Schallschutz Rieselschutz, lose verlegt Tragen Schalung, Nut und Feder, an Deckenbalken geschraubt Deckenbalken Vollholz

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Filigranbau | Beton Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Heizrohre auf Wärmeleitblechen, in Verlegeplatte eingelegt Verlegeplatte mit Einfräsungen für Heizrohre, zwischen Lattung schwimmend verlegt Dämmen Trittschalldämmung, mehrlagig, schwimmend verlegt Tragen Rippendecke Fertigteil Stahlbeton

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Filigranbau | Stahl Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Trockenbauplatte, zweilagig, zwischen Lattung schwimmend verlegt Dämmen Trittschalldämmung als Installationsebene Tragen Masseschüttung, lose, in Pappwaben Trapezblech mit Masseschüttung, auf Stahlträger geschraubt Tragprofil Stahl, verzinkt Bekleiden Abhangdeckensystem, Hut-Federschiene Stahl, verschraubt Heiz- und Kühldecke, Stahlpaneel mit Heizrohren, aufgefüllt mit loser Dämmung, mit Unterkonstruktion verschraubt GSEducationalVersion

Massivbau | Holz Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Dämmen Trittschalldämmung, zweilagig, schwimmend verlegt Trockenestrichplatte, schwimmend verlegt Ausgleichsschüttung, lose als Schallschutz Rieselschutz, lose verlegt Tragen Massivholzdecke, mit Holzdübeln verstiftet

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Massivbau | Beton Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Lattung, verschraubt dazwischen Trockenbauplatten, zweilagig Heizrohre auf Wärmeleitblechen, in Verlegeplatte eingelegt Verlegeplatte mit Einfräsungen für Heizrohre Dämmen Trittschalldämmung als Installationsebene, schwimmend verlegt Tragen Decke, Fertigteil Stahlbeton

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Hybrid | Holz und Lehm Funktion Aufbau Bekleiden Dielen, Nut und Feder, verdeckt auf Lattung geschraubt Lattung, verschraubt dazwischen Trockenestrichplatte, zweilagig Schalung mit Einfräsung für Fußbodenheizrohre Dämmen Trittschalldämmung als Installationsebene Diagonalschalung, mit Lattung verschraubt Dämmung, lose zwischen Lattung eingelegt Tragen Holz-Lehm-Verbunddecke, Stampflehm auf Brettstapelholzdecke, Brettstapeldecke mit Holzdübeln verstiftet

Schichtenaufbauten GSEducationalVersion

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DETAILKATALOG

Fokus Holz

Holz ist einer der ältesten und am weitesten verbreiteten Baustoffe. Die sehr gute Ver­ fügbarkeit, leichte Verarbeitung und hohe Leistungsfähigkeit haben dazu geführt, dass fast jede besiedelte Region auf der Welt und jede Epoche seit der Frühzeit der Menschheit charakteristische Holzbauten hervorgebracht hat. Fachwerkbauten, skan­ dinavische Holzhäuser, aber auch hölzerne Brücken und andere Ingenieurskonstruk­ tionen prägten das Bauen in Europa über Jahrhunderte hinweg. Schwachpunkt des Holzbaus war dabei stets seine Anfälligkeit für Brände. Nachdem im 19. Jahrhundert in Paris immer wieder verheerende Feuer wüteten und unter anderem mehrere Thea­ ter zerstörten, schrieb die französische Regierung einen Preis für feuerfeste Kon­ struktionsweisen aus, was vor allem dem Betonbau Vorschub leistete [1]. Ab diesem

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Zeitpunkt befand sich der Holzbau auf dem Rückzug. Fasziniert von den neuen Werk­ stoffen Beton, Stahl und Glas kam Holz bei den Architekten der Moderne kaum mehr zur Anwendung. Auch die bitteren Erfahrun­ gen der Weltkriege und deren zerstöreri­ sche Brände führten dazu, dass beim Wie­ deraufbau Holz als Baustoff im urbanen Kontext weitestgehend vermieden wurde [2]. Der Holzbau blieb meist auf ländliche Regio­ nen beschränkt und diente darüber hinaus spezifischen Aufgaben wie der Konstruktion von Dächern. Im Zuge der Industrialisierung des Bau­ gewerbes wurden häufig chemische Holz­ schutzmittel gegenüber traditionellen hand­ werklichen Schutzmaßnahmen bevorzugt. Das führte zu gesundheitlichen und ökolo­ gischen Problemen bei der Anwendung und das Ansehen des Holzbaus litt darunter.

1  Schnitteinteilungen bei einem Baumstamm

Dieser Negativtrend änderte sich ab den späten 1970er-Jahren langsam. Triebfeder hierfür waren ein wachsendes ökologisches Bewusstsein, das den Baustoff Holz wieder attraktiv erscheinen ließ. Auch die Beschäfti­ gung der Architekturavantgarde mit dem Holzbau als Ausdruckmittel einer selbst­ bewussten zeitgenössischen Baukultur half dabei. Bautechnische Fortschritte im Holzbau unterstützten diese Entwicklungen ebenfalls und bewirkten eine größere Ver­ breitung, die bis heute anhält. So sind mitt­ lerweile mehrgeschossige Holzbauten im großem Maßstab wie z. B. Hochhäuser auch im städtischen Kontext zu finden. Vorkommen als Roh- und Werkstoff Holz ist in der grundsätzlichen Definition das verholzte Gewebe von Bäumen und Sträuchern. Die Verholzung basiert auf der Einlagerung von Lignin in das pflanzliche Gewebe, wodurch es seine für das Bauen unerlässlichen Eigenschaften erhält [3]. Bauholz wird als nachwachsender Rohstoff aus Bäumen gewonnen, die in Sägewerken in der Regel zu linearen Elementen wie Lat­ ten, Brettern, Kanthölzern und Balken zuge­ schnitten werden (Abb. 1). Es ist in Mittel­ europa nahezu überall, wo Menschen sie­ deln, regional verfügbar, obwohl in manchen Regionen ein zu großer Bedarf an Holz im Lauf der Geschichte zu irreparablen Abhol­ zungen geführt hat, wie beispielsweise im Schwarzwald, um den regionalen und über­ regionalen Holzbedarf im 17. Jahrhundert zu decken [4]. 2021 waren 21,3 % der ge­­

nehmigten Wohngebäude in Deutschland ein Holzbau [5]. Für eine deutliche Erhö­ hung dieser Quote wäre in Deutschland genügend Holz vorhanden [6]. Allerdings sind auch dem Einsatz dieses Rohstoffs natürliche Grenzen gesetzt. Laut einer Stu­ die des WWF werden die planetaren Gren­ zen nachhaltiger Holznutzung bereits beim gegenwärtigen Kon­sumstand überschritten. „Würden wir in Deutschland alle mit Holz bauen, würde kaum mehr inländisches Holz für die anderen Sektoren zur Verfü­ gung stehen.“ [7] Der lineare Charakter der aus dem Rohstoff gewonnenen Bauteile hat lange das Bauen mit Holz geprägt. Das zeigt sich in Kon­ struktionsweisen wie dem Fachwerkbau, in den Mustern von Schalungen, aber auch im Innenausbau etwa bei Vertäfelungen. Ziel war es dabei immer, kleine lineare Elemente zu einem großen Ganzen zu fügen. Ganz ähnlich – was Erscheinung und Logik betrifft – verhält es sich bei Textilien. Auch hier werden viele kleine Elemente zu einem Gesamtbild gefügt bzw. verwoben, woraus ein Muster oder Rhythmus entsteht. Die Linearität verliert an Bedeutung, wenn das Holz durch Bindemittel oder auch form­ schlüssige Verbindungen zu Plattenwerk­ stoffen verarbeitet wird, die deutlich größere Abmessungen haben können als die vom natürlichen Wuchs limitierten Größen der Schnitthölzer. Solche Plattenwerkstoffe sind in vielfältiger Form auf dem Markt erhältlich, unter anderem als Sperrholz, Leimholz, Spanplatten, Brettstapelelemente oder

Fokus Holz

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Kreuzlagenhölzer. Dieser Trend von der Linie zur Fläche hat den zeitgenössischen Holzbau grundlegend verändert und leis­ tungsfähiger gemacht. Eigenschaften Seine spezifischen Materialeigenschaften machen Holz zu einem vielseitigen Baustoff. Holz ist relativ leicht, kann also gut verar­ beitet und transportiert werden. Trotzdem ist es mechanisch stark belastbar und flexi­ bel, kann Zug-, Druck- und Biegekräfte ­aufnehmen, sodass es zu leistungsfähigen Deckensystemen oder Tragwerken gefügt werden kann. Die verschiedenen Holzarten unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und ihrer Optik (Farbe, Maserung) sehr stark voneinander. Molekular besteht Holz aus den Substanzen Zellulose, Hemicellu­ lose und Lignin. Seine Struktur ist durch die Zellen als kleinster Grundbaustein ge­­ kennzeichnet. Die meist lang gestreckten, in Längsrichtung des Stamms verlaufen­ den Zellen werden auch als Fasern bezeich­ net. Ihre Zellwände bestehen aus Lignin­ schichten, die von Fibrillen aus Zellulose und Hemicellulose umgeben sind. Diese können Zugkräfte aufnehmen, während die Ligninschichten nur fähig sind, Druckkräfte abzutragen [8]. Durch die gerichtete Anord­ nung der Struktur verhält sich Holz in Faser­ längs- und -querrichtung unterschiedlich (anisotrop). Holz ist in der Lage, Feuchtigkeit aufzuneh­ men und abzugeben, wobei es sein Volumen bzw. seine Länge verändert. Diesen Vorgang bezeichnet man als Quellen und Schwinden. Ein Feuchteeintrag über die offenporingen Stirnseiten ist besonders zu vermeiden, da dort die Aufnahmefähigkeit von Wasser besonders hoch ist, was zu starken Ver­ formungen und zu einer beschleunigten natürlichen Zersetzung des Holzbauteils führen kann. Durch seine geringe Dichte ist Holz ein relativ gut dämmender Werkstoff, was die Konstruktion im Vergleich zu Stahl und Beton vereinfacht, da Wärmebrücken kaum ein Problem darstellen. Die geringe Masse wiederum birgt Probleme hinsicht­ lich Schallschutz und thermischen Komfort. Hier muss, je nach gefordertem Standard,

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ein konstruktiver Mehraufwand betrieben werden. Schädlingsbefall und Fäulnis galten lange als Achillesferse von Holz und führten in jüngerer Vergangenheit zu einem verbrei­ teten Einsatz von chemischen Holzschutz­ mitteln, der häufig gesundheitlich und öko­ logisch bedenklich ist. Mit konstruktiven Maßnahmen lässt sich chemischer Holz­ schutz allerdings vollständig vermeiden, ohne die Lebensdauer von Gebäuden zu beeinträchtigen. Auch der Brandschutz stellte bei vielen Bau­ aufgaben ein Problem für den Holzbau dar. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durch­ gesetzt, dass Holz zwar gut brennt, sich seine Brandeigenschaften aber als „gut­ mütig“ bezeichnen lassen – es brennt lang­ sam und berechenbar. Neueste Erkennt­ nisse beziehen auch die beim Abbrand entstehende Kohleschicht in die Berech­ nungen mit ein. Sie verlangsamt den Pro­ zess des Abbrennens und führt zu einer Neubewertung des Brandverhaltens. Ein enormer Vorteil von Holz sind seine Eigen­ schaften in Bezug auf Behaglichkeit. Die Wahrnehmung als ein warmes Material, sein Geruch und seine lebendige Anmutung führen dazu, dass viele Menschen ange­ ben, sich in Holzbauten wohlzufühlen [9]. Übliche Konstruktionsmethode Die Möglichkeiten der Fügung der einzel­ nen größenmäßig limitierten Elemente bestimmen das Konstruieren mit Holz. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren dies die monomaterialen zimmermannsmäßigen Verbindungen wie Zapfen, Versatz und Ver­ blattung. Weil diese handwerklichen Verbin­ dungen sehr arbeitsintensiv sind, wurden sie ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun­ derts zunehmend von ingenieursmäßigen Verbindungen mit Metallteilen wie Winkel und Lochplatten ersetzt. Durch die heute zur Verfügung stehenden digitalen Ferti­ gungsmethoden mithilfe von CAD und CNC ist es möglich, Hölzer wirtschaftlich so zu bearbeiten, dass wieder monomateriale Verbindungen entstehen, die als eine Wei­ terentwicklung der Zimmermannsverbindun­ gen gesehen werden können. Die digital unterstützte präzise Fertigung ermöglicht

Anmerkungen  [1]  Collins 2004, S. 19—56   [2] Gerbig / Greschat 2015   [3] Volz 2003, S. 31ff.  [4]  Stuttgarter Nachrichten 2018  [5]  Holzbau 2021  [6]  Umweltbundesamt 2020  [7]  Beck-O’Brien u. a. 2020, S. 15 und S. 46   [8] wie Anm. 3  [9]  Selberherr 2020, S. 15 [10] ebd. [11] Reversibel Bauen 2019 [12] ebd.

einerseits eine Renaissance historischer Verbindungsmittel wie dem Holznagel und andererseits die Fügung von Holzbrettern oder Kanthölzern mittels Holzverbindern zu plattenförmigen Werkstoffen, die ohne Leime auskommen. So nutzen bereits ­mehrere Produkte Schwalbenschwanzver­ bindungen, Holznägel oder Holz­dübel als Fügungsmittel für hochleistungsfähige monomaterielle Bauteile. Diese Entwicklung gibt dem Holzbau neue Impulse bei Bau­ technik, Ästhetik und Kreislaufgerechtigkeit. Weiter zeigen sich im Holzbau verschie­ dene Konstruktionsweisen, die oft auch in hybriden Formen vorkommen. Dies sind der Holzskelettbau oder der Holzrahmen­ bau, bei dem beplankte Rahmen tafelför­ mige Elemente ergeben; ebenso der Bau mit Sperr- oder Kreuzlagenholz als massive scheibenförmige Bauteile und klassische Massivholz-Konstruktionsweisen wie Strickoder Blockbau, die aber heute eher selten vorkommen. Bei der Ausbildung von Decken stehen ebenfalls viele verschiedene Syste­ ­me zur Verfügung: von klassischen Balken­ decken oder vorgefertigten Elementen aus Brettstapelholz, die nur in eine Richtung spannen, über ungerichtete massive Kreuz­ lagen-Holzdecken bis hin zu Holz-BetonVerbunddecken. Die üblichen Konstruk­ tionsmethoden sind meist schichtartig auf­ gebaut. Jede Schicht hat dabei eine Funk­ tion, z. B. Tragen, Dämmen, Luftdichtigkeit, Brandschutz, Hinterlüften, Schallschutz, Witterungsschutz. Diese Schichtung macht den Holzbau gleichermaßen leistungsfähig wie komplex. Kreislaufpotenzial Das Bauen mit Holz hat eine sehr gute CO2Bilanz. Dies rührt zum einen daher, dass Holz während seines Wachstums CO2 bin­ det [10], zum anderen daher, dass für seine Herstellung im Vergleich zum Bauen mit Stahl oder Beton nur sehr wenig Energie aufgewendet werden muss. Neben diesem Aspekt der CO2-Bilanz ist Holz der Baustoff mit dem wahrscheinlich größten Kreislauf­ potenzial. Dies ergibt sich vor allem aus der dem Material immanenten Logik des Kon­ struierens. Die üblicherweise verwendeten Verbindungsmittel lassen es dabei zu, Holz­

bauteile wieder relativ einfach und zerstö­ rungsfrei zu demontieren. Schon alte Fach­ werkhäuser konnten und können, wenn die Ausfachungen entfernt sind, einfach zerlegt werden. Dies gilt im Kern auch für den heu­ tigen Holzbau. Neben den beschriebenen monomaterialen und formschlüssigen Ver­ bindungen ist nach wie vor die Schraube eines der im Holzbau am häufigsten ver­ wendeten Verbindungsmittel, sodass eine Demontage, auch wenn sie einen gewissen Aufwand bedeutet, viel einfacher ist als bei Beton- und Mauerwerksbauten. Dies ermöglicht einen relativ einfachen Trans­ port. Die leichte Reparatur und Modifikation von Bauteilen sowie ganzen Gebäuden geht mit der Möglichkeit der Wiederverwen­ dung von Bauteilen wie Balken, Decken oder Böden einher. Da Holz einfach zu bearbeiten ist, können notwendige Anpas­ sungen von Bauteilen leicht erfolgen. Für die Wiederverwendung in Form eines erneuten Einsatzes des Bauteils muss bei Holz in der Regel geprüft werden, ob die Eigenschaften von genormtem Frischholz noch gegeben sind. Dass dies möglich ist, zeigt die Historie. Auch die Forschung beschäftigt sich inzwischen mit dem Poten­ zial von wiedergewonnenem Altholz [11]. Wenn eine Wiederverwendung von Bautei­ len nicht möglich ist, bleibt die Nachnutzung von Holz mit sinkender Materialqualität: Dies kann einerseits eine Rückgewinnung von kleineren Holzstücken oder solchen mit geringerem Querschnitt aus Altholzbautei­ len sein und andererseits eine Weiterverar­ beitung von zerkleinerten Holzstücken bei­ spielsweise zu Dämmstoff oder (nicht sor­ tenreinen) Holzwerkstoffplatten. Wegen der häufig damit einhergehenden Substanz­ verkleinerung eines Holzbauteils findet eine Kaskadennutzung statt [12]. Diese endet, sofern das Holz nicht durch chemische Zusätze wie Leime oder Lacke verunreinigt ist oder Fremdstoffe wie Nägel in sich trägt, mit der Kompostierung, die das Material als Nährstoff in seinen natürlichen Kreislauf zurückführt. Dieser natürliche Kreislauf ist einem Verbrennen immer vorzuziehen, um Nährstoffe in ihren natürlichen Kreisläufen zu wahren. Die richtige sortenreine Herstel­ lung und Fügung ist dabei der Schlüssel.

Fokus Holz

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Modulbau Holz Schützen Stehfalzdeckung Holzlamellen Dämmen Seegrasdämmung Tragen Holzständer Konstruktionsvollholz Dichten PE-Folie Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Lehmputz auf Lehmbauplatte Schafschurwollfilz auf Trägerplatte aus Abfallzellulose Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Photovoltaik (PV), auf Unterkonstruktion geklemmt Unterkonstruktion Metallprofil, auf Stehfalz geklemmt Stehfalzdeckung, an Falz auf ­Schiebehafte geklemmt Vollholzschalung, min. 24 mm, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt, geklemmt Vollholzschalung, verschraubt Dachsparren Konstruktionsvollholz als Modul­ abschluss dazwischen Balkenlage Konstruktionsvollholz, im Abstand von max. 60 cm mit Schwalbenschwanzverbindung an Sparren ­eingehängt, ­verschraubt Gefachdämmung Seegras, lose verlegt Dämmung Seegras, lose verlegt zwischen ­Lattung Diagonalschalung, aussteifend, verschraubt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt, an Fußpfette heruntergeführt Vollholzlattung, verschraubt textile Bespannung Schafschurwollfilz, um ­Trägerplatte Zellulose gespannt 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­ geschützt, ­verschraubt auf Schalung und Konter­ lattung

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  3 Kastenrinne, korrosionsgeschützt, verschraubt   4 Stahlprofil ∑, korrosionsgeschützt, zur Befestigung der Module untereinander, verschraubt   5 horizontale Verbindung der Module am Rähm (horizontaler Abschluss) mit Schrauben und Muttern, raumseitig sichtbar   6 vertikale Verbindung der Module am Rähm (horizontaler Abschluss) mit Schrauben und Muttern, raumseitig sichtbar   7 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen mit Aluminium-Deckschale, wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein   8 Absturzsicherung Edelstahlnetz, eingespannt in Stahlrahmen   9 Außenwandaufbau: Lamellen Altholz, sonnenverbrannt, verschraubt Traglattung Vollholz, Anstrich mit Schutzschicht aus lebenden organischen Komponenten, ­verschraubt an Holzständerkonstruktion Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Holzständerkonstruktion Konstruktionsvollholz, verschraubt dazwischen Dämmung Seegras, lose verlegt Diagonalschalung, aussteifend, verschraubt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzlattung / Installationsebene, verschraubt Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt 10 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Vollholzschalung mit seitlicher Nut und aufgelegten Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Trittschalldämmung / Installationsebene Kork PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Diagonalschalung, aussteifend, verschraubt Holzbalkenkonstruktion, Konstruktionsvollholz, verschraubt dazwischen Dämmung Seegras, lose verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Vollholzlattung als Unterkonstruktion für ­Holzständerkonstruktion, auf Bestandsdecke verschraubt dazwischen Dämmung Seegras, lose verlegt Decke (Bestand) 11 Bestandsgebäude

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Isometrie Dach Isometrie Wand / Sockel ohne Maßstab

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Vorfertigungsmethoden wie die Holz-Modulbauweise ermöglichen eine deutliche Verkürzung der Bauzeit. Die Fertigung geschieht unter kontrollierten Bedingungen und witterungsunabhängig. Besser kal­ kulierbare Sicherheitsrisiken und Planbarkeit der Prozesse führen zu einer erhöhten Präzision in der Ausführung. Diese wiederum ist im Sinne einer sortenreinen Rückbaubarkeit essenziell.

1 Auf einer wiederverwerteten Abfallzelluloseplatte wird ein Filz aus Schafwolle aufgespannt. Filz hat sehr gute akustische Eigenschaften und wirkt schallabsorbierend. 2 Stahlwinkel dienen zur Befestigung der Module untereinander. Raumseitig sichtbar bleibende Schrauben und Muttern verbinden die Module jeweils am Rähm (horizontaler Abschluss). Die Verschraubung erfolgt sowohl vertikal als auch horizontal. Die Ständer der Module sind mit ­langen Holzschrauben diagonal verschraubt. Abdeckbretter verdecken die Modulstöße. 3 Die Traglattung ist zum Einstellen und Verschrauben der Altholzlamellen ausgefräst. Eine Behandlung der Traglattung mit Leinöl und einer Schicht aus funktionellen Mikroorganismen fördert die Bildung eines sogenannten ­Biofilms. Dieser schützt das Holz langfristig, da er sich selbst regeneriert. 4 Ein Kupferblech mit Aufkantung dient als kon­ struktiver Holzschutz. 5 Zweilagig verlegte Lehmbauplatten sorgen für die im Leichtbau erforderliche thermische Masse. Durch ihre Lage direkt auf den Heiz­ rohren können sie Wärme aufnehmen und an den Raum abgeben. 6 Die Vollholzschalung ist mit einer seitlichen, 16 ≈ 16 mm tiefen Nut versehen. Darauf werden die Wärmeleitbleche aufgelegt, die die Fuß­ bodenheizungsrohre aufnehmen.

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Ständerbau Holz I Schützen Holzschindeln Dämmen Holzweichfaserplatten Seegrasdämmung Tragen Holzständer Konstruktionsvollholz Holzbalken Punktfundamente Fertigteile Beton, ­wiederverwendet Trägerrost Stahlprofile HEB Dichten PE-Folie Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Vollholzschalung Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Holzschindeln, dreilagig, gedübelt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Wärmedämmung Holzweichfaserplatte, ligningebunden, zwischen Abstandshölzer gelegt Dachkonstruktion Fachwerk Konstruktions­ vollholz, verschraubt dazwischen Dämmung Seegras, lose verlegt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindung, verschraubt 2 Außenwandaufbau: Holzschindeln, dreilagig, gedübelt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Wärmedämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden, zwischen Abstandshölzer gelegt Fachwerkkonstruktion Konstruktionsvollholz dazwischen Dämmung Seegras, lose verlegt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindung, verschraubt

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3 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, lignin­ gebunden Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden, lose verlegt Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, mit ­Schwalbenschwanzverbindung an Ringanker eingehängt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbes­ serung des Schallschutzes Einschubbrett, gelegt auf Lattung, verschraubt Vollholzschalung, verschraubt 4 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 5 Terrassendielen, Riftschnitt, gehobelt, unbe­ handelt, verschraubt Balken Konstruktionsvollholz, zweilagig Punktfundamente Betonplatten, wiederver­ wendet, verschraubt 6 Gitter Metall, korrosionsgeschützt 7 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Schüttung Sand, zur Erhöhung der Gebäudemasse PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Balken Konstruktionsvollholz, mit Schwalbenschwanzverbindung gefügt dazwischen Dämmung Seegras Vollholzschalung, verschraubt Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, ­verschraubt 8 Punktfundament Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet, frostfrei gegründet Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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1 Bei einer geringen Dachfläche kann unter Umständen auf eine Dachrinne verzichtet werden. Außerdem sollten ausreichend Versickerungsmöglichkeiten im Boden vorhanden sein. Diese Gegebenheiten müssen für jedes Projekt individuell überprüft werden. 2 Die Diagonalstrebe dient zur Aussteifung des Holzrahmenbaus. Alternativ kann auch eine ­Diagonalschalung zum Einsatz kommen, worauf hier aus optischen Gründen verzichtet wurde. 3 Die innere Schalung bilden mehrere Einzel­ bretter, die mit Schwalbenschwanzverbindungen zu einer luftdichten Platte gefügt und ­verschraubt werden. Aufgrund der Dicke von 30 mm ist die Luftdichtigkeit gegeben und es kann auf eine Folie verzichtet werden. Im Bereich der Ecken ist dennoch eine Folie nötig. 4 Der Trägerrost aus korrosionsgeschützten Stahlprofilen ist mit dem Fundament aus wieder­ verwendeten Beton-Fertigteilen verschraubt. 5 Die Schüttung aus Sand wird zur Erhöhung der Gebäudemasse lose zwischen die Lattung ein­ gebracht. 6 Das Terrassenfundament besteht aus wieder­ verwendeten, gestapelten Gehwegplatten.

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Die aufgelöste Holzständerkonstruktion setzt das Material sehr effizient ein. Aufgrund der daraus resultierenden Leichtbauweise ist das Einbringen von thermischer Masse erforderlich, um eine systemische Trägheit der Energiespeicherung und damit eine hohe Energieeffizienz und Nutzerzufriedenheit zu erreichen.

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Ständerbau Holz II Schützen Stehfalzdeckung Holzschalung, hinterlüftet Dämmen Schilfrohrdämmung Hanfdämmung Tragen Holzständer Konstruktionsvollholz Holzbalken, Dachsparren Fertigteile Stahlbeton, wiederverwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Diagonalschalung, luftdicht Bekleiden Dielen Altholz Lehmputz auf Lehmbauplatte Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Stehfalzdeckung, Falz geklemmt auf Schiebehafte Wirrgelege Polypropylen, diffusionsoffen, auf Schalung befestigt Vollholzschalung, min. 24 mm, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Dachsparren Konstruktionsvollholz, mit Kerve auf Fuß- und Firstpfette gelegt, verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr, lose verlegt Diagonalschalung Vollholz, min. 30 mm, ­luftdicht, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene Hanf Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt 2 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 3 Außenwandaufbau: Vollholzschalung, sichtbar verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 30 mm, ­verschraubt

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Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Dämmung Holzweichfaserplatte Holzständerkonstruktion Konstruktionsvollholz, verschraubt dazwischen Wärmedämmung Hanf Diagonalschalung Vollholz, min. 30 mm, ­luftdicht, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene Hanf Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt 4 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, ligningebunden, als Systemplatte mit Einfräsungen und ­Wärmeleitblechen zur Aufnahme der Fußbodenheizungsrohre Lehmbauplatte, schwer, lose verlegt Masseschüttung Sand, zur Verbesserung des Schallschutzes PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, ­verschraubt dazwischen Wärmedämmung Hanf Vollholzschalung, verschraubt Abhangdeckensystem: Hut-Federschiene Stahlblech, verzinkt, ­verschraubt Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt 5 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Wand Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet, über Schraubverbindungen an Bodenplatte gekoppelt, frostfrei gegründet 6 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, lignin­ gebunden Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Die Konstruktion eines Kellers stellt eine Herausforderung dar. Im hier gezeigten Beispiel kommen wiederverwendete und wiederverwendbare Elemente zum Einsatz. Ob die Errichtung eines Kellers nötig ist, sollte im PlanungsproGSEducationalVersion zess kritisch hinterfragt werden.

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1 Die Stehfalzdeckung liegt auf einer flächigen Schalung aus Vollholz auf, damit sich im Blech keine Verformungen bilden. Dazwischen befindet sich ein Wirrgelege aus Polypropylen als Trennlage zum Korrosionsschutz und gegen Geräusche durch Witterung. 2 Für die Diagonalschalung werden Einzelbretter mit Schwalbenschwanzverbindungen zu einer luftdichten, aussteifenden Platte gefügt und ­verschraubt. Die Luftdichtigkeit ist ab einer Dicke von 30 mm gegeben. Da die Stöße in den Ecken nicht luftdicht verbunden werden können, muss hier eine Folie angebracht werden. Die Diagonalschalung steift den Ständerbau gegen Horizontallasten aus, sodass keine diagonalen Streben eingebaut werden müssen. 3 Der Pfosten aus Konstruktionsvollholz steht auf der Schwelle und ist mit dieser verschraubt. 4 Zwischen die Vollholzlattung wird eine lignin­ gebundene Holzweichfaserplatte als Verlegeplatte mit Einfräsungen eingelegt. In den Ein­ fräsungen befinden sich Wärmeleitbleche, die die Fußbodenheizungsrohre aufnehmen.

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Massivbau Holz I Schützen Attikablech, Kiesschüttung Schindeln aus weiterverwertetem Kunststoff, ­hinter­lüftet Dämmen Massivholzwand Schaumglasplatten Schaumglasschotter Tragen Massivholzwand Holzbalken Fundament Fertigteil Stahlbeton Dichten Abdichtungsbahn EPDM Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Massivholzplatte, innen sichtbar Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 Schnitt Geschossdecke  Maßstab  1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt mit Massivholzwand 2 Dachaufbau: Kiesschüttung Dachabdichtungsbahn EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, an Attika hochgeführt, unter Haftenblech geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, lose im Verband verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, an Attika hoch­ geführt, unter Haftenblech geklemmt Dachbalken Konstruktionsvollholz, verschraubt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbes­ serung des Schallschutzes Massivholzplatte, Nut- und Kammverbindung, verschraubt 3 Außenwandaufbau: Schindeln aus weiterverwertetem Kunststoff, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen,

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min. 30 cm überlappend verlegt Massivholzwand, mit Gratleisten gefügt 4 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, ligningebunden, als System­platte mit Einfräsungen und ­Wärmeleitblechen zur Aufnahme der Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden Vollholzschalung, an Deckenbalken verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, verschraubt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbesserung des Schallschutzes Massivholzplatte, Nut- und Kammverbindung, verschraubt 5 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet

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Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 6 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, ligningebunden, als Systemplatte mit Einfräsungen und ­Wärmeleitblechen zur Aufnahme der Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, min. 30 cm ­überlappend, lose verlegt, zwischen Fundament und Bodenplatte geklemmt Sauberkeitsschicht Sand 7 Sockelschutz Stahlblech, verzinkt, verschraubt 8 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, mit Befestigungsschiene geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, umschließt Schaumglasdämmplatte Fundament Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet, über Schraubverbindungen an Bodenplatte gekoppelt, frostfrei gegründet Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Wand / Decke Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Der verhältnismäßig hohe Materialverbrauch der Holzmassivbauweise geht zu Lasten eines effizienten Ressourceneinsatzes. Bei einer aufgelösten Holzständerkonstruktion kann das gleiche Bauvolumen mit deutlich geringerem Holzeinsatz realisiert werden. Deshalb ist es wichtig zu hinterfragen, ob der notwendige Holzbedarf mit den Mitteln einer nachhaltigen Forstwirtschaft zu decken ist. Die Holzmassivbauweise ist darum mit Bedacht einzusetzen.

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1 Die Massivholzwand besteht aus senkrechten Holzbohlen, die mit Nut- und Kammverbin­ dungen gefügt sind und damit eine Wind- und Luftdichtigkeit gewährleisten. 2 Maximal getrocknete Gratleisten stellen eine kraftschlüssige Verbindung der Lagen her. Sie nehmen die Feuchte des umgebenden Holzes auf und pressen sich so in die Holzbohlen. 3 Schindeln aus weiterverwertetem Kunststoff bekleiden die Fassade. 4 Die Massivholzdecke besteht aus Holzbohlen, die mit Nut- und Kammverbindung gefügt sind. Gratleisten verbinden diese formschlüssig zu einem flächigen Bauteil. 5 Als Sockelschutz dient ein verzinktes Stahlblech. 6 Ein ∑-Profil aus Stahl dient zur Lagesicherung der Wand. 7 Ein genutetes Schwellholz erlaubt den pass­ genauen Einbau der Wand, die damit präzise aufgesetzt werden kann. Die Wand wird von innen und außen diagonal mit dem Schwellholz verschraubt.

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Massivbau Holz II Schützen Attikablech Stülpschalung, hinterlüftet Terrassendielen Dämmen Schaumglasplatten Hanfkalkplatten Holzweichfaserplatten Schaumglasschotter Tragen Massivholzkonstruktion Fundament / Bodenplatte Fertigteil Stahl­ beton, wiederverwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Massivholzwand, innen sichtbar Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt mit Massivholzwand 2 Notüberlauf 3 Dachaufbau: Terrassendielen, Riftschnitt, gehobelt, unbe­ handelt, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Nivellierstelzen Kunststoff, sortenrein, höhen­ verstellbar Dachabdichtungsbahn EPDM, zweilagig, mate­ rialhomogen verschweißt, an Attika hochgeführt, unter Windpapier und Lattung geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, lose im Verband verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, an Attika hochgeführt, Massivholzdecke, mehrlagig, mit Hartholzdübeln gefügt, über Konsole mit Massivholzwand verschraubt 4 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein

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5 Außenwandaufbau: Stülpschalung Vollholz, vertikal, verschraubt Vollholzlattung, min. 20 mm, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 30 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt, geklemmt Dämmung Hanfkalkplatte, mit Dämmstoffdübeln befestigt Massivholzwand, mehrlagig, mit Hartholzdübeln gefügt 6 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Ausgleichsdämmung Holzweich­ faserplatte, ligningebunden, zweilagig Lehmbauplatte, schwer, zweilagig, lose verlegt Rieselschutz Kraftpapier, min. 30 cm überlappend, lose verlegt Massivholzdecke, mehrlagig, mit Hartholzdübeln gefügt, über Konsole an Massivholzwand ­verschraubt 7 Spritzwasserschutz Sockelputz Kalk, auf Putz­ trägerplatte, Sockelhöhe min. 30 cm über ­Geländeoberkante 8 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Ausgleichsdämmung Holzweich­ faserplatte, ligningebunden, zweilagig Lehmbauplatte, schwer, zweilagig, lose verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt Bodenplatte als Plattenfundament, Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, min. 30 cm ­überlappend, geklemmt Sauberkeitsschicht Sand Tragschicht Perimeterdämmung, Schaumglasschotterschüttung, min. 80 cm tief 9 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, mit Befestigungsschiene geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, umschließt Schaumglasdämmplatte Bodenplatte als Plattenfundament, Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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1 Ein Flachstahlgeländer dient als Absturzsicherung. Über Winkel ist es mit der Massivholzwand verschraubt. 2 Die materialhomogen verschweißte EPDMDachabdichtungsbahn muss zweilagig an der Attika hochgeführt werden bis über den Notüberlauf. 3 Durch den ausgestellten Fallarm der Markisolette kann ausreichend Tageslicht in den Raum eindringen bei gleichzeitigem Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung. 4 In Kreuzlagen geschichtete Bretter werden durch Hartholzdübel kraftschlüssig verbunden. Die maximal getrockneten Dübel nehmen Feuchtigkeit aus der Umgebung auf und quellen, sodass eine kraftschlüssige Verbindung ­zwischen Dübeln und Brettern entsteht. Die leimfrei verbundenen Wand- und Deckenelemente können problemlos einem biologischen Kreislauf zugeführt werden. 5 Ein mit der Bodenplatte verschraubtes Schwellholz erlaubt den passgenauen Einbau der Wand, die damit präzise aufgesetzt werden kann. 6 Die wiederverwendete Bodenplatte aus Stahl­ beton bildet das Plattenfundament. Die Frost­ sicherheit wird durch den Überstand des Schaumglasschotters gewährleistet.

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Massivbau Stroh Schützen Pfannenziegel Stülpschalung Vollholz auf Lattung Deckputz Kalk Dämmen Stroh, zu Ballen gebunden Strohplatten Tragen Holzbalken, Dachsparren Strohballen mit Haselnussstäben als Bewehrung Ringanker Holzrahmen Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Lehmputz Schalung Vollholz Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Pfannenziegel, in Lattung eingehängt, ­verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Dachsparren Konstruktionsvollholz, mit Kerve auf Fuß-/ Firstpfette gelegt, verschraubt dazwischen Strohballen, gebunden, lose verlegt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindungen, verschraubt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm stoß­ überlappend verlegt, an Fußpfette herunter­ geführt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene Strohplatten, geklemmt Vollholzschalung, sichtbar, verschraubt 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­

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geschützt, ­verschraubt auf Schalung und ­Konterlattung   3 Ringanker Holzrahmen   4 Außenwandaufbau: Stülpschalung Vollholz, verschraubt Vollholzlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Holzweichfaserplatte, ligningebunden, ­verschraubt Strohballen, tragend, gebunden, mit Hasel­ nussstäben armiert Grundputz Lehm, Armierung Metallgitter Feinputz Lehm   5 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Vollholzschalung mit seitlicher Nut und aufgelegten Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Trittschalldämmung / Installationsebene Kork Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, über Schwalbenschwanzverbindung mit Ringanker verbunden dazwischen Masseschüttung Sand, zur Ver­ besserung des Schallschutzes PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt   6 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein   7 Außenwandaufbau: Deckputz Kalk Grundputz Kalk, Armierung Metallgitter Strohballen, tragend, gebunden, mit Hasel­ nussstäben armiert Grundputz Lehm, Armierung Grasfasermatte Feinputz Lehm   8 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Vollholzschalung mit seitlicher Nut und aufgelegten Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Trittschalldämmung / Installationsebene Kork Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, über Schwalbenschwanzverbindung mit Ringanker verbunden dazwischen Strohballen, gebunden, lose verlegt Vollholzschalung, verschraubt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, geklemmt Klemmen Metall, zur Befestigung der Abdichtungsbahn, unterseitig verschraubt   9 Fundament Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet, min. 50 cm aus dem Erdreich ragend, frostfrei gegründet 10 Lüftungsgitter zur Belüftung des Hohlraums

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab 1 Haselnussstäbe dienen als Armierung der Strohballen und verbinden diese kraftschlüssig mit dem als Ringanker ausgebildeten Holzrahmen. 2 Ein vorgefertigter Holzrahmen ist zum Einbau der Fenster nötig. Er ist so dimensioniert, dass er die Setzung des Strohs berücksichtigt und im Einbauzustand kleiner ist als die Rohbauöffnung der Strohwand. 3 Die Trassen für die Elektroinstallationen liegen hinter der Fußbodenleiste. Durch die Aufputz­ installation sind diese raumseitig revisionierbar und können sich an ändernde Bedürfnisse anpassen. 4 Als Sockelschutz wird Kalkputz angebracht. 5 Die Deckenbalken sind über Schwalbenschwanzverbindungen und Verschraubungen mit dem Ringanker verbunden.

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Etwa 20 % des jährlich in der regio­ nalen Landwirtschaft geernteten Strohs wird landwirtschaftlich nicht benötigt, dadurch entsteht keine Flächenkonkurrenz zum An­­ bau von Nahrungsmittelpflanzen. In Deutschland erfolgen Genehmigung und Nachweis der Tauglichkeit bislang meist im Einzelfall für Gebäude mit lasttragenden Strohballenbauteilen. Noch fehlen allgemein anwendbare und reproduzierbare Bemessungskonzepte und Ausführungsregeln.

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Fokus Mauerwerk

Als Mauerwerk bezeichnet man das Fügen von natürlichen oder künstlichen Steinen zu einem statisch wirksamen Bauteil [1]. Die Fügung erfolgt in einem Verband, bei dem die vertikal verlaufenden Fugen zwischen den Steinen versetzt zueinander angeord­ net sind. Die vertikalen Fugen werden als Stoßfugen bezeichnet, die horizontal verlau­ fenden als Lagerfugen. Die Technik des Mauerns begann mit dem einfachen Schichten unbehauener, vorge­ fundener Feldsteine. Die Stabilität der dar­ aus entstehenden Mauer konnte nur durch die geschickte Wahl der Steinsetzung gewährleistet werden. Durch die handwerk­ liche Bearbeitung der Steine verbesserte sich auch die Lastverteilung von Stein zu Stein. Auf diese Weise konnte eine Optimie­ rung der Kontaktflächen der Fugenanteile erzielt werden, bis schließlich die Enwick­ lung von Mörtel als formbare und aushär­ tende Fugenfüllmasse begann [2]. Vermör­ telte Mauerwerksbauteile bieten eine hohe Stabilität bei relativ geringem handwerkli­ chen Aufwand und ermöglichen außerdem die Verwendung wirtschaftlich herstellbarer Kunststeine, die sich für eine handwerkliche Verarbeitung zum Trockenmauerwerk nicht eignen würden. In industrialisierter Form hat sich diese Art der Mauerwerkskonstruktion bis heute erhalten [3]. Mauerwerkskonstruktionen finden sich über die ganze Welt verteilt und waren über Jahrtausende hinweg die dominierende Bauweise, vor allem für repräsentative und sakrale Bauten. Die Pyramiden von

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Gizeh oder die griechischen Tempel sind bekannte frühe Beispiele für die Anwen­ dung von Mauerwerk. Gemauerte Bögen und Gewölbe ermöglichten bereits seit der Antike die Errichtung großer Raumvolumina mit wenigen Stützen oder sogar stützenfrei. Die Entwicklung des gebrannten Ziegel­ steins führte zur Herstellung gleichförmiger und berechenbarer Bausteine, die außer­ dem leicht zu verarbeiten und zu transpor­ tieren sind (Abb. 1). Vorkommen als Roh- und Werkstoff Die Bestandteile eines Mauerwerks sind Steine und – abgesehen vom Trockenmau­ erwerk – Mörtel. Dabei wird zwischen Natur­ steinen und künstlichen Steinen unterschie­ den. Auf dem Markt sind daher verschiedene Materialvarianten erhältlich. Natursteine spielen heute aufgrund ihrer kosten­intensiven Gewinnung und Verar­ beitung im modernen Mauerwerksbau nur eine untergeordnete Rolle und kommen vor allem an Fassaden oder als Sonderbauteile aus gestalterischen Gründen zum Einsatz. Künstliche, durch Brennen (Ziegelstein, Klinker) oder Pressen (Kalksandstein) indus­ triell hergestellte Steine hingegen können in einem modularen Maßordnungssystem miteinander kombiniert werden. In der jün­ geren Vergangenheit entwickelte die Indus­ trie Kunststeinmaterialien, die verschiedenste Eigenschaften aufweisen können. Die Band­ breite reicht von leichten, porösen und gut wärmedämmenden Steinen bis hin zu schweren, hochbelastbaren Steinen [4].

Die Errichtung von Mauerwerken ist nicht nur aus gebrannten Tonsteinen, sondern auch aus getrockneten Lehm-, Kalksand-, Beton- oder Porenbetonsteinen möglich. Ziegelsteine bestehen aus gebranntem Ton, der je nach geologischer Zusammenset­ zung in einer großen Vielfalt an Farben, ­insbesondere im rötlichen und gelblichen Farbspektrum, vorkommt. Luftgetrocknete Lehmsteine (siehe Fokus Lehm, S. 206ff.) sind die vermutlich ältesten handwerklich hergestellten Steine der Welt und finden ihren Ursprung in Ägypten um

14 000 v. Chr. Die Technik des Brennens zur Verbesserung der Eigenschaften und Haltbarmachung ist vermutlich seit ca. 5000 v. Chr. bekannt [5]. Kalksandsteine sind durch Dampfdruck gehärtete Steine aus Kalk und quarzhalti­ gem Sand [6]. Porenbetonsteine bestehen aus dampf­ gehärtetem feinporigem Beton und enthal­ ten quarzhaltigen Sand in Verbindung mit Zement, Kalk und Gips. Die charakteristi­ sche Porigkeit, durch die der Stein über eine geringe Rohdichte verfügt, wird durch

1  Mauerwerkssteinfor­ mate der Bauindustrie 1

Fokus Mauerwerk

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Zugabe eines Treibmittels im Produktions­ prozess erreicht. Porenbeton­steine beste­ hen bis zu 80 % aus Luft. Betonsteine sind Steine aus unbewehrtem Beton (siehe Fokus Beton, S. 174ff.), die wie andere Mauerwerkssteine eingesetzt werden können. Aufgrund der bis vor wenigen Jahrzehnten üblichen, vorwiegend händischen Herstel­ lung von Mauerwerkskonstruktionen waren Mauerwerkssteine zumeist in Größe und Gewicht auf eine bestmögliche Handhab­ barkeit durch eine verarbeitende Person ausgelegt. Heutige Mauerwerkssysteme setzen aus wirtschaftlichen Gründen häufig auf großformatige Steine, die mit techni­ schen Hilfsmitteln versetzt werden müssen. Zusätzlich zu den üblicherweise quaderför­ migen Steinen sind künstliche Steine auch als Sonderbausteine in verschiedenen For­ maten erhältlich. Eigenschaften Mauerwerk ist in der Lage, Druckkräfte senkrecht zu den Lagerfugen aufzunehmen. Zugkräfte hingegen können von klassischen Mauerwerkswänden systembedingt kaum aufgenommen werden. Eine durch Quer­ kräfte verursachte Schub- und Biegebean­ spruchung, beispielsweise bei Windlasten, kann eine Mauer nur über die durch Auflast entstehende Reibung in Verbindung mit der Haftzug- und Scherfestigkeit der Fugen abtragen [7]. Generell variieren die Eigen­ schaften je nach Material des Steins, der Leistungsfähigkeit des Mörtels und dessen Hafteigenschaften sowie der Art der Verar­ beitung sehr stark. Es gibt eine Reihe von spezialisierten ­Ziegelsteinen. Mit sehr hoher Temperatur gebrannte Ziegel werden als Klinker bezeichnet. Während des Brennvorgangs setzt der sogenannte Sinterprozess ein, beim dem die Poren des Ziegelsteins ver­ schlossen werden. Deshalb eignet sich Klinker vor allem für Vormauerungen und exponierte Fassaden. Andere sind sehr tragfähig und wieder andere werden als Hochlochziegel besonders leicht mit vielen Lufteinschlüssen und entsprechend guten Wärmedämmeigenschaften hergestellt. Durch den Brennvorgang kann neben

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Struktur und Härte auch die Optik des Zie­ gelsteins beeinflusst werden. Bei Mauerwerken mit Mörtelfugen wirkt der Mörtel als Bindemittel, um die Steine kraftund formschlüssig miteinander zu verbin­ den. Dabei weisen unterschiedliche Mörtel­ materialien verschiedene Eigenschaften auf. Gängige industrielle Mörtel enthalten in der Regel Zement und häufig auch syn­ thetische Zuschläge, um ihre Leistungs­ fähigkeit zu steigern. Trass-Kalk-, Kalkund Lehmmörtel lassen sich durch einfa­ ches Abschlagen vom Mauerstein trennen. Diese Mörtelsorten werden heute aufgrund ihrer geringeren Festigkeit gegenüber dem zementhaltigen Mörtel nur noch selten ­verbaut, könnten aber zu einer höheren Kreislauf­gerechtigkeit im Mauerwerksbau beitragen. Übliche Konstruktionsmethoden Mauerwerke bestehen aus mehreren Lagen geschichteter Steine im Verband. Die Schichtung erfolgt als Einsteinmauerwerk (Läuferverband) oder als Mauerwerksver­ band mit mehreren Steinreihen, die neben­ einander gesetzt und durch orthogonale Verdrehung einzelner Steine miteinander verschränkt werden (z. B. Block-, Kreuz­ verband). Mauerwerkswände können als einzelne Scheibenbauteile oder in der so­­ genannten Schachtelbauweise mit vielen Wand- und Eckanschlüssen als Gesamtge­ füge zum Einsatz kommen. Die Ausführung erfolgt ein- oder mehrschichtig als tragen­ des oder nicht tragendes Mauerwerk. Bei mehrschichtigen Konstruktionen eignet sich Mauerwerk nicht nur als tragende Schicht, sondern auch als witterungsbeständiges Fassadenmaterial. Bei einschichtigen Kon­ struktionen werden hochdämmende Steine verwendet, die gleichzeitig die Dämm- und die Tragfunktion übernehmen. Bis heute basieren die Standardmaße für künstliche Steine auf dem oktametrischen Maßordnungssystem. Dabei sind alle Stein­ maße auf das Verarbeitungsraster eines Achtelmeters (12,5 cm) ausgelegt [8]. Materialgerecht sind druckbelastete Trag­ werke. Das Tragverhalten einer Mauer­ werkskonstruktion wird dabei maßgeblich von der strukturellen Art der Verwendung

des Materials beeinflusst. Bei einer ver­ schachtelten Anordnung im Grundriss kann Mauerwerk auch mit geringen Materialquer­ schnitten sehr leistungsfähig sein. Je weiter man sich von diesem „Schachtelprinzip“ entfernt und die Bauteile als Scheiben oder Stützen ausbildet, desto mehr spielen die spezifischen Eigenschaften der einzelnen verbauten Materialien (Steinart und Mörtel) eine Rolle für die Konstruktion und Trag­ fähigkeit [9]. Neben dem Einsatz zur Errichtung von Wänden eignet sich Mauerwerk auch für Bögen, Kuppeln oder Gewölbestrukturen. Wandöffnungen können mit reinem Mauer­ werk als Rundbogen oder als scheitrechter Sturz ausgeführt werden. In Europa kom­ men aus wirtschaftlichen Gründen zumeist industriell hergestellte Stürze zum Einsatz. Andere Materialien wie z. B. Beton ersetzen hier häufig das Mauerwerk. Als Deckenkon­ struktionen findet Mauerwerk im modernen Mauerwerksbau eher selten Verwendung und wird meist nur in Form von Einlegebau­ teilen oder Halbfertigteilen für industriell vorgefertigte Deckensysteme genutzt.

Anmerkungen   [1] Dierks / Wormuth 2012, S. 65  [2]  Moro 2021, S. 254—258  [3]  ebd., S. 258  [4]  Hillebrandt u. a. 2018, S. 69   [5] Pfeifer / Ramcke 2001, S. 10  [6]  wie Anm. 1  [7]  wie Anm. 5, S. 92—95  [8]  Bundesverband Kalksandstein­ industrie e. V. 2019   [9] Belz 1999, S. 86 [10] Kreislaufwirtschaft Bau / Bundesver­ band Baustoffe — Steine und Erden e. V. 2021 [11] Müller 2018, S. 234—235 [12] Martens / Gold­ mann 2016, S. 358 [13] wie Anm. 4, S. 69 [14] wie Anm. 4, S. 50

Kreislaufpotenzial Im Jahr 2018 fielen in Deutschland ungefähr 219 Millionen Tonnen mineralischer Bau­ abfälle an, davon waren etwa 27,3 % Bau­ schutt aus Beton, Keramik und vor allem Mauerwerksabfällen [10]. Schätzungen zufolge beträgt die Menge des jährlich rückgebauten Mauerwerks etwa 25 Millio­ nen Tonnen [11]. Grundsätzlich ist aufgrund der Langle­ bigkeit und Robustheit des Materials die Wiederverwendbarkeit der meisten Steine gegeben, scheitert allerdings häufig am hohen manuellen Aufwand für eine sorten­ reine Trennung oder kaum lösbaren Ver­ mörtelungen. Historisch war die Wiederverwendung von Natursteinen und Ziegeln aus abge­ brochenen Mauerwerksgebäuden für die Errichtung neuer Bauwerke keine Selten­ heit. (siehe „Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens”, S. 30ff.). Trockenmauerwerke konnten händisch rückgebaut werden, wobei der einzig limi­ tierende Faktor für die Wiederverwendbar­

keit der Steine ihre Form und Dimension war. Auch die historischen Kalk- und Lehm­ mörtel ließen eine verhältnismäßig einfache Trennung von Stein und Mörtel zu und ermöglichten so die Wiederverwendung von Steinen aus vermörtelten Mauerwerken. Durch das Aufkommen des Zementmörtels verbesserte sich die Leistungsfähigkeit des errichteten Mauerwerks deutlich, gleichzei­ tig erschwerte sich jedoch die Trennbarkeit von Stein und Mörtel erheblich. Abgebro­ chenes Mauerwerk wird heute zumeist als mineralischer Bauschutt auf unterschiedli­ che Weise in eine Kaskadennutzung mit abnehmender Nutzqualität überführt. Typi­ sche Einsatzbereiche sind, je nach Eigen­ schaft des Bruchmaterials, Auffüllungen im Straßenbau wie Trag- oder Frostschutz­ schichten, Verfüllungen im Tiefbau oder Betonzuschläge [12]. Wie andere mineralische Rückbauprodukte ist auch Mauerwerksbruch nur sehr einge­ schränkt bei gleichbleibender Produktquali­ tät wiederverwertbar. Aktuelle Entwicklungen in der Industrie zeigen vermehrt Versuche, den Anteil an Abbruchmaterial in neuen Produkten zu erhöhen. Bei Ziegelsteinen wird das Potenzial für den Einsatz sorten­ reinen Rezyklats, abhängig vom Ausgangs­ stoff, auf 20 – 60 % geschätzt, in einzelnen Forschungsvorhaben wurden bis zu 70 % Rezyklatanteil realisiert [13]. Neben der Verwendung alternativer Mörtel­ materialien wie Kalk- und Trass-Kalk-Mörtel, tragen sortenreine Mauerwerkskonstruk­ tionen aus Lehmstein, Lehmmörtel oder ­Trockenmauerwerke, die als Stecksysteme gefügt sind, zu einer hochwertigen Wieder­ verwendbarkeit tragender Mauerwerke bei. Bei Fassadenbekleidungen aus Mauerwerk gibt es inzwischen eine Reihe von mechani­ schen Befestigungssystemen, die eine sor­ tenreine Wiedergewinnung der Einzelsteine und somit eine verlustfreie Wiederverwen­ dung zulassen. Diese funktionieren häufig ohne Vermörtelung [14].

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Massivbau Mauerwerk Schützen Attikablech, Kiesschüttung Kalkputz Dämmen Hochlochziegel, dämmend Schaumglasplatten Korkplatten Tragen Hochlochziegel, tragend Ringanker U-Schlale Holz-Lehm-Verbunddecke Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie Bekleiden Dielen Altholz Kalkputz Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt mit Mauerwerk 2 Dachaufbau: Kiesschüttung Dachabdichtungsbahn EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, an Attika hochgeführt, unter Haftenblech geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, zweilagig PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm über­ lappend verlegt, an Attika hochgeführt, unter Haftenblech geklemmt Holz-Lehm-Verbunddecke: Stampflehm auf Brettstapelholzdecke Brettstapel, mit Holzdübeln verbunden 3 Klappladen Holz, auf Mauerwerk punktuell ­verschraubt 4 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 5 Außenwandaufbau: Kalkputz Hochlochziegel, dämmend, vermörtelt Fugen Kalkmörtel

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Flachstahlanker, eingelegt im Mörtelbett Hochlochziegel, tragend, vermörtelt Kalkputz 6 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Vollholzschalung mit seitlicher Nut und auf­ gelegten Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Trittschalldämmung / Installationsebene Kork PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm über­ lappend verlegt, geklemmt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindungen, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung Kork, lose verlegt Holz-Lehm-Verbunddecke: Stampflehm auf Brettstapelholzdecke Brettstapel, mit Holzdübeln fixiert 7 Kellerbodenaufbau: Pflastersteine, lose verlegt Schüttung Split, min. 40 mm Trag- und kapillarbrechende Schicht Kies 8 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Hochlochziegel, dämmend, vermörtelt Fugen Kalkmörtel Flachstahlanker, eingelegt im Mörtelbett Hochlochziegel, tragend, vermörtelt Kalkputz

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Bei der Auswahl von Putzen und Mörteln muss auf die spätere Trennbarkeit vom Stein geachtet werden, um eine einfache und ökonomisch sinnvolle Wieder­ verwendung zu gewährleisten. Ein gepflasterter Kellerboden im Sinne des einfachen Bauens ist nur bei Böden mit gutem Versi­ ckerungsbeiwert und Geländesi­ tuationen ohne drückendes Was­ ser möglich. Der CO2-Fußabdruck von ge­ ­ brannten Tonsteinen liegt deut­ lich über dem von luftgetrockne­ ten Steinen (Lehmziegeln).

1 Um eine höhere Masse zu generieren, wird Lehm auf die Brettstapeldecke aufgetragen. 2 Maximal getrocknete Hartholzdübel nehmen Feuchtigkeit aus der Umgebung auf und quel­ len, sodass eine unlösbare Verbindung zwischen Dübeln und Brettern entsteht. Die leimfrei ver­ bundenen Brettstapelelemente können prob­ lemlos einem biologischen Kreislauf zugeführt werden. 3 Weil der Rundbogen nur auf Druck belastet ist, kann auf ein zusätzliches Sturzelement verzich­ tet werden. Als Mörtel kommt Trass-Kalk zum Einsatz. 4 Die Sockelleiste ist flächenbündig mit dem Putz angebracht. Eine Metallschiene dient zum Anputzen und zur Verschraubung der Holzleiste. 5 Die Bewehrungsstäbe im U-Schalen-Ringanker sind mit Trass-Kalk-Mörtel vergossen. 6 Ein Flachstahlanker verbindet beide Mauer­ werksschalen.

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Lehmstein Mauerwerk Schützen Schieferdeckung Holzschindeln, hinterlüftet Sockelputz Kalk Dämmen Schilfrohrdämmung, Hanfdämmplatten Schaumglasschotter Tragen Lehmstein Ringanker Konstruktionsvollholz Holzbalken, Dachsparren Fundament Fertigteil Stahlbeton, ­wiederverwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Kalkputz, Lehmputz, Lehmterrazzo Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt Fassade  Maßstab  1:20 Schnitt Geschossdecke  Maßstab  1:20 1 Dachaufbau: Dachdeckung Schieferplatten, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Dachsparren Konstruktionsvollholz, mit Kerve auf Fuß-/ Firstpfette gelegt, ­verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindungen, ­verschraubt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm über­ lappend verlegt, an Fußpfette heruntergeführt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene Hanf Vollholzschalung, verschraubt 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt auf Schalung und ­Konterlattung 3 Ringanker Konstruktionsvollholz 4 Sonnenschutz Textil, außen liegend

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5 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 6 Geschossdeckenaufbau: Decklage Lehmterrazzo, geschliffen Grundlage Lehmterrazzo mit eingelegten ­Fußbodenheizungsrohren PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Trittschalldämmung Kork, druckfest Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden; Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbesse­ rung des Schallschutzes Einschubbrett, auf Lattung gelegt, verschraubt Zwischenbalkendämmung Hanf, geklemmt Abhangdeckensystem: Hut-Federschiene Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehm­ putz, armiert, verschraubt 7 Außenwandaufbau: Holzschindeln, dreilagig, gedübelt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Wandsparren horizontal / vertikal, zweilagig, ­verschraubt dazwischen Dämmung Hanfdämmplatte

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Mauerwerk Lehmstein mit Trass-Kalk-Mörtel gemauert, min. 24 cm Lehmputz doppelschichtig mit Grasfaserarmie­ rung 8 Bodenaufbau: Decklage Lehmterrazzo, geschliffen Grundlage Lehmterrazzo mit eingelegten ­Fußbodenheizungsrohren PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Trittschalldämmung Kork, druckfest Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, min. 30 cm über­ lappend, zwischen Fundament und Bodenplatte geklemmt Sauberkeitsschicht Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotter­ schüttung 9 Spritzwasserschutz Sockelputz Kalk, auf Putz­ trägerplatte, Sockelhöhe min. 50 cm über Gelän­ deoberkante (bei Lehmbaustoffen)

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Isometrie Dach Isometrie Decke / Wand ohne Maßstab

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1 Lärchenholzschindeln für die zweilagige Deckung werden vom Holzstamm entlang der Längsfaser gespalten, nicht durchschnitten. Dadurch bleibt das Holz widerstandsfähiger gegen eindringendes Wasser. 2 Ringanker Konstruktionsvollholz 3 Ein wiederverwendetes Beton-Fertigteil dient als Fenstersturz. 4 Die Sockelleiste ist flächenbündig mit dem Putz angebracht. 5 Stahlwinkel dienen zur Befestigung des Decken­ balkens auf dem Ringanker.

Die E-DIN 18 940 ermöglicht den Einsatz von tragendem Lehmmau­ erwerk bis zu Ge­bäudeklasse 4. Zu beachten sind außerdem die verschiedenen Anwendungsklas­ sen für Lehmsteine. Aufgrund ihrer Feuchte- und Frostempfindlichkeit ist eine sorg­ fältige Planung von Gebäuden aus Lehmsteinen unerlässlich. Vor allem im Sockelbereich muss ein ausreichender Spritzschutz aus wasserunempfindlichem Material gewährleistet sein. Der Einbau einer horizontalen Sperre gegen aufsteigende Feuchte ist uner­ lässlich. Eine Sortenreinheit besteht nur, wenn die Lehmsteine ohne künst­ liche oder zementöse Zuschläge hergestellt und mit Lehmmörtel vermauert werden.

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Kalksandstein Mauerwerk Schützen Attikablech, Extensivbegrünung Wellblech Stahl, verzinkt Dämmen Schilfrohrdämmung Schaumglasplatten Tragen Rastermauerblöcke Kalksandstein Ringanker U-Schlale Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Lehmputz auf Lehmbauplatte Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 Isometrie  Maßstab 1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt auf oberes Stahlprofil ‰ der Stahlleichtbauwand Attika als Stahlleichtbauwand ausgebildet 2 Extensivbegrünung Kiesstreifen an Bauteilanschlüssen Vegetationstragschicht, geschüttet Filtervlies Polypropylen, lose verlegt Dränageelement HDPF sortenrein oder Edel­ stahl, lose verlegt, wiederverwendet Speicherschutzmatte Kunststoff, sortenrein, lose verlegt Dachabdichtungsbahn EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, hochgeführt an Attika, geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, lose im Verband verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, hochgeführt an Attika, geklemmt Trapezblech, verzinkt, punktuell verschraubt auf Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbes­ serung des Schallschutzes, lose in Pappwaben­

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platte zwischen Sicken des Trapezblechs geschüttet Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, gelagert auf Mauerwerk Abhangdeckensystem: Unterkonstruktion Stahlblech, korrosions­ geschützt, ­verschraubt Hut-Federschiene Stahlblech, korrosions­ geschützt, ­verschraubt Lehmbauplatte mit Lehmputz, verschraubt 3 Träger Stahlprofil ∑, korrosionsgeschützt, zur Verankerung der Stahlleichtbauwand, thermisch getrennt, verschraubt 4 Wellblech Stahl, verzinkt, verschraubt Unterkonstruktion Stahlkonsole, verzinkt, ­verschraubt an Mauerwerk Hinterlüftung, min. 40 mm Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Dämmung Schilfrohrmatte, verankert an Mauer­ werk mit Dämmstoffdübeln Rastermauerblöcke Kalksandstein, gesteckt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene ­Schilfrohrmatte Lehmbauplatte mit Lehmputz, Heizrohre ­integriert, verschraubt 5 Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Trittschalldämmung Kork Ausgleichsschicht Kork PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Trapezblech, verzinkt, punktuell ­verschraubt auf Träger Stahlprofil HEB, korro­sionsgeschützt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbesse­ rung des Schallschutzes, lose in Pappwaben ­zwischen Sicken des Trapezblechs geschüttet Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, gelagert auf Mauerwerk Abhangdeckensystem: Unterkonstruktion Stahlblech, korrosions­ geschützt, ­verschraubt Hut-Federschiene Stahlblech, korrosions­ geschützt, ­verschraubt Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehm­ putz, armiert, verschraubt 6 Sonnenschutz Textil 7 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 8 Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Trittschalldämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden, zweilagig PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Perimeterdämmung Schaumglasplatten, ­zweilagig, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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1 Zur Ausbildung der Attika ist ein Befestigungs­ winkel mit Aussteifung mit einem liegenden ‰-Profil aus korrosionsgeschütztem Stahl ­verschraubt. 2 Die Stahlleichtbauwand ist mit Schilfrohrmatten gedämmt. 3 Das Dränageelement besteht aus dem sorten­ reinen Kunststoff HDPE oder aus Edelstahl. Lose verlegt kann es problemlos wiederverwendet werden. 4 Die Bewehrungsstäbe im U-Schalen-Ringanker sind mit Trass-Kalk-Mörtel vergossen. 5 Eine mit Langlöchern zur Justierung versehene Lasche ist am Mauerwerk befestigt und mit der Bekleidung aus Wellblech verschraubt. 6 Die Kalksandsteine des Einstein-Mauerwerks sind im Läuferverband verlegt und werden ­mörtellos aufeinandergesetzt. Noppen und ­Vertiefungen auf der Ober- und Unterseite der Steine gewährleisten die kraftschlüssige ­Verbindung. 7 Als Oberflächenfinish können die Dielen aus ­Altholz mit biologisch abbaubaren Produkten behandelt werden. 8 Kimmschicht im Mörtelbett

Die Luftdichtigkeit muss bei mit Formschluss operierenden Syste­ men z. B. durch Folien oder Putze erzeugt werden. Aufgrund der Verwendung von Calciumoxid bei der Herstellung liegt der CO2-Fußabdruck von Kalksandstein ähnlich hoch wie bei Betonstein. Nach Möglichkeit sollten wiederverwendete Steine zum Einsatz kommen. Im Bereich des Fundaments und wenn nötig des Kellers ist auf die sortenreine Trennbarkeit der ein­ zelnen Schutzschichten zu achten.

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Siebdurchgang [V-%]

Siebdurchgang [V-%]

Vermutlich eher zufällig wurden vor über 5000 Jahren betonähnliche Kompositwerkstoffe entdeckt, die aus mineralischen Bindemitteln und Gesteinskörnern bestanden. Die Entdeckung dieser mineralischen Bindemittel, die ihre Festigkeit nicht durch Trocknen, sondern durch die chemische Bindung von Wasser erlangen, revolutionierte das Bauwesen. Im Hinblick auf das sortenreine Bauen scheint die Verwendung des Begriffs Bindemittel – ein Stoff, dessen Aufgabe es ist, viele verschiedene Partikel zu einem heterogenen Teilchenverbundstoff zu verbinden [1] – jedoch beinahe paradox.

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Eigenschaften Das für die Bauindustrie wahrscheinlich wichtigste mineralische Bindemittel entstand Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Erfindung des Portlandzements. Mit unterschiedlich großen Gesteinskörnen gemischt, reagiert Zement unter Zugabe von Wasser zu Zementstein. Durch das vollständige Umschließen der Gesteinskörner mit Zementstein entsteht der Verbundwerkstoff Beton – einer der mittlerweile am meisten verwendeten Baustoffe der Welt. Bei der Zementherstellung, bei der – vereinfacht gesagt – ton- und kalkhaltige Gesteine vermahlen und bei ca. 1450 °C zu Zement­

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Lochweite Lochweite [mm] [mm] 1

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Korngruppen Korngruppen

1  Siebkurve der Zuschlagstoffe im Beton

klinker gebrannt werden, entsteht unter Abspaltung von CO2 der Hauptbestandteil des Zements: Calciumoxid (CaO). Neben der immensen Menge Energie, die zum Brennen des Klinkers benötigt wird, ist vor allem diese chemische Reaktion dafür verantwortlich, dass die Zementherstellung ca. 8 % der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen weltweit ausmacht. Die hohe Festigkeit, die plastische Formbarkeit, die brandschutztechnischen Eigenschaften sowie die hohe Widerstandskraft gegen Feuchtigkeit machen Beton zu einem Hochleistungsbaustoff, der im heutigen Verständnis des Bauwesens kaum zu ersetzen ist. Vorkommen als Roh- und Werkstoff Die zur Produktion des Werkstoffs Beton notwendigen Rohstoffe Zement, Sand, ­größere Gesteinskörner und Wasser sind (noch) beinahe weltweit verfügbar. Die verhältnismäßig unkomplizierte Herstellung dieser Mischung in Verbindung mit den vorher beschriebenen Eigenschaften des Betons führt dazu, dass der Einsatz des Werkstoffs weltweit stetig ansteigt. Dabei wird Beton sowohl im Tiefbau beispielsweise im Straßen- und Tunnelbau als auch im Hochbau für alle denkbaren Gebäudetypen verwendet. Die problematischen Aspekte, wie die Verfügbarkeit von Sand und Kies sowie die CO2-Emission bei der Zementherstellung, werden langfristig zu deutlich höheren Preisen und damit zwangsläufig zu einem sparsameren Umgang mit dem Werkstoff führen. Auch aus Gründen der sich abzeichnenden

Rohstoffknappheit spielt der Recyclingprozess dieses Baustoffs daher eine zentrale Rolle in der Baustoffforschung. Neben der bereits beschriebenen ökologischen Problematik um das Bindemittel Zement sind auch die Zuschläge Sand und Kies kritisch zu be­­trachten. Beide gehören zu den massen­ mäßig am meisten abgebauten Ressourcen der Welt, weshalb die Gewinnung große landschaftliche Flächen einnimmt und damit einen immensen Eingriff in das ökologische Gleichgewicht darstellt. Beim Anblick der gigantischen Sandmengen in den Wüstenregionen unserer Erde scheint die Frage nach Sandknappheit befremdlich. Die Antwort liegt in der Form und Größe der Sandkörner (Abb. 1). Während Wüstensand vom Wind rund geschliffen ist und in gleichmäßig großer Körnung vorliegt, benötigt man für Beton kantige Sandkörner, die durch ihre unterschiedlichen Körnungsgrößen und polygonen Formen sehr kompakt verdichtet werden können und daher wenig Zement benötigen (siehe „Das lineare System”, S. 15f.). Übliche Konstruktionsmethode Im Bauwesen kommt Beton meist als sogenannter Ortbeton, d. h. Beton, der vor Ort in eine Schalung gegossen wird, zur Anwendung. Da Beton kaum Zugkräfte aufnehmen kann, wird in den zugbeanspruchten Bereichen eines Bauteils oftmals eine Bewehrung, meist aus Stahl, eingebaut. Der so entstandene Stahlbeton ist nun in der Lage, sowohl Druck- als auch Zugkräfte aufzu­

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nehmen. Das alkalische Milieu des Zementsteins schützt dabei den Stahl vor Korrosion. Werden die Bauteile nicht auf der Baustelle, sondern im Werk gegossen, ist von Betonfertigteilen die Rede. Auch diese sind meist bewehrt, um Zugkräfte aufnehmen zu können. Durch die Beimischung von leichten Gesteinskörnern wie Perlit, Blähton oder Schaumglasschotter entstehen Betone mit geringer Wärmeleitfähigkeit und wenig Gewicht. Diese als Leichtbeton bezeichneten Rezepturen weisen gegenüber klassischen Mischungen wesentlich geringere Druckfestigkeiten auf, wodurch Wände aus Leichtbeton – auch als Dämmbeton bezeichnet – häufig wesentlich dicker als konventionell betonierte Wände sind. Im Hinblick auf Wiederverwendung oder -verwertung ist Leichtbeton als problematisch einzustufen. Der sehr poröse und daher nur wenig tragfähige Betonanteil kommt für die Verwendung als Zuschlag für Recycling­ beton oder als Betonbruch für Tragschichten als Unterbauten z. B. im Straßenbau nicht infrage. Die dämmenden Zuschläge aus Perlit, Blähton oder Schaumglasschotter lassen sich nicht sortenrein von den anderen Bestandteilen des Betons trennen, somit muss Leichtbeton heute noch als Bauschutt deponiert werden [2]. In der monolithischen Bauweise hat Leichtbeton jedoch den Vorteil, dass kaum zu­­ sätzliche Schichten wie Dämmung oder Putze notwendig sind. Tragwerk, Dämmung und die vor Witterung schützende Schicht kann in einstofflicher Bauweise ausgeführt werden. Dies führt zu einfacheren und weniger fehleranfälligen Details und damit zu robusten und verhältnismäßig dauerhaften Gebäuden. Kreislaufpotenzial Die dem konventionellen Beton eigene Problematik bezüglich Klimaschädlichkeit und Kreislauffähigkeit steht den enorm vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten eines äußerst robusten Baustoffs gegenüber – ein Dilem­ ­ma, mit dem sich Forschende seit Jahrzehnten beschäftigen. Bei der Überlegung, wie Beton nachhaltiger hergestellt werden kann, spielen vor allem drei Faktoren eine Rolle: Bindemittel, Bewehrung und Zuschläge.

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Die bereits beschriebene emissionsintensive Herstellung von Zement macht es dringend nötig, über alternative Bindemittel nachzudenken. Bereits gut erforschte Alternativen sind hier die sogenannten Geopolymere, bei deren Herstellung bis zu 70 % weniger CO2 emittiert werden als bei klassischem Portlandzement [3]. Geopolymere, wie die bereits bei den Römern bekannten kalzinierten Tone oder der Klinker Celitement, sind anders als Zement kein hydraulisches Bindemittel, sondern gehören zur Gruppe der anorganischen Bindemittel. Ihren Namen haben diese Bindemittel zum einen aufgrund der ähnlichen Materialeigenschaften zu mineralischen Gesteinen („Geo-”) und zum anderen wegen des Erhärtungsvorgangs, der mit der Polymerisation von Kunststoffen vergleichbar ist. Geopolymere können höhere Festigkeiten und eine bessere Säurebeständigkeit als klassische Betone aufweisen. Aktuell sind allerdings weder eine großtechnische Verfügbarkeit noch eine vergleichsweise wirtschaftliche Herstellung absehbar. Die für die meisten Bauteile benötigte Bewehrung zur Aufnahme von Zugkräften wird heutzutage meist in Stahl ausgeführt. Eine Trennung von Stahl und Beton nach dem Ende der Lebenszeit eines Stahlbetonbauteils ist mithilfe von Brechern üblicherweise wenig problematisch. Oft jedoch ist ein solches Bauteil aufgrund von Korrosion des Stahls nicht mehr tragfähig. Ausreichende Betondeckungen von 3 –5 Zenti­ metern schützen den Stahl zwar meist vor Korrosion, sind aber für die Tragfähigkeit größtenteils nicht notwendig. Um Beton zu sparen, wäre es daher erstrebenswert, dünnere Bauteile mit einer alternativen Bewehrung herzustellen, die auf weniger Betondeckung angewiesen ist. Neben ­vielversprechenden Forschungen mit ­natürlichen Materialien wie Bambusfasern werden Textilbetone, die mit Glasfasern, Basalt- oder Carbon-Rovings bewehrt sind, bereits seit Jahren in der Baupraxis ein­ gesetzt. Durch die engmaschigeren Tex­ tilgewebe ist eine sortenreine Trennung jedoch schwieriger als bei Stahlbeton. Dies gilt insbesondere für die sehr effizient und wirtschaftlich herstellbaren Betone,

Anmerkungen [1] Koenders / Weise / Vogt 2020 [2] Binder / RieglerFloors 2018, S. 105 [3] Beton und Naturstein 2019 [4] Hillebrandt u.  a. 2018, S. 70 [5] Moffatt / Haist 2019, S. 34 [6] Zeumer / El Khouli / John 2014, S. 10 [7] Meyser 2011 [8] Asam 2007, S. 4

die mit nicht metallischen Kurzfasern be­­ wehrt sind. Bezogen auf die Klimabilanz ist Textil- oder Kurzfaserbeton allerdings dem klassischen Stahlbeton überlegen, da weniger Beton benötigt wird und die energieintensive Herstellung von Stahl entfällt. Auf der Suche nach alternativen Zuschlägen spielt der Einsatz von Recyclingbeton eine immer größere Rolle. Dieser Beton, in dem gebrocherner Altbeton die üblichen Zuschläge aus Sand und Kies in einem gewissen Umfang ersetzen kann, wird auch politisch immer weiter forciert [4]. „Dieser Ansatz [...] schränkt derzeit die zulässigen Austausch­raten auf maximal 45 % der Körnungen mit einem Kleinstkorndurchmesser von 2 mm ein. Der Einsatz von feineren Rezyklaten, sogenanntem Brechsand, ist derzeit nicht vorgesehen. Das Potenzial des Ansatzes ist daher stark eingeschränkt. Seine Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit sind zudem stark von der Transport­ entfernung für die Körnungen abhängig, sodass nur die Wiederaufbereitung in Nutzungsnähe wirtschaftlich und umweltfreundlich sinnvoll erscheint.“ [5] An der selektiven Trennung der Bestandteile von Beton wird aktuell noch in verschiedene Richtungen geforscht. Beispielsweise mit dem Prinzip der elektrodynamischen Fragmentierung lassen sich am Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) die Bestandteile von Beton selektiv freilegen, sieben und somit hochwertige Rezyklate gewinnen. Im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sollten Abfälle vermieden oder wiederverwendet werden. Bei der Frage, wie Beton nicht nur nachhaltig hergestellt, sondern auch eine sortenreine Verwendung ­finden kann, ist eine Kaskadennutzung z. B. als Verfüllmaterial keine zufriedenstellende und somit nach dem KrWG nur die drittbeste Lösung. Eine Wiederverwendung von (Stahl-)Betonfertigteilen, bestenfalls innerhalb eines standardisierten Bausystems, wie bereits 1914 von Le Corbusier aufgezeigt, würde zu einer drastischen Reduktion der Abfälle und des Energieeinsatzes führen. Mit dem Domino-Haus-Prinzip (frz.: Maison Dom-Ino) – einem System zur industriellen Fertigung von Häusern in Stahlbeton-Skelettbauweise –

begründete Le Corbusier die später übliche Trennung von Tragkonstruktion, Ausbau und Fassade und war damit gewissermaßen Wegbereiter des modernen sortenreinen Bauens [6]. Im Fall von Beton ist vor allem die zur Herstellung des Zements erforderliche Energie ökologisch und damit auch wirtschaftlich relevant. Während für die Produktion eines Kubikmeters Beton etwa 500 kWh (ca. 50 l Heizöl) erforderlich sind, ist für Ausbau, Aufbereitung und Wiedereinbau eine Energiemenge von etwa 25 kWh (ca. 2,6 l Heizöl) Energie pro Kubikmeter nötig [7]. Auf die Bauteilproduktion bezogen ist dabei schon heute die Wiederverwendung um etwa 50 % günstiger gegenüber einem vergleichbaren, neu produzierten Fertigteil [8]. Die Voraussetzungen für die beschriebene werterhaltende Wiederverwendbarkeit von Betonkonstruktionen sind bei Fertigteilen aus (Stahl-)Beton somit weitaus besser gegeben als bei Ortbetonkonstruktionen. Im Sinne der Sortenreinheit ist (Stahl-)Beton als heterogenes Materialgemisch kritisch zu sehen. Betrachtet man den Werkstoff jedoch als monomaterielles System, dessen Einsatz heute noch vielerorts kaum umgangen werden kann, bildet hier eine zerstörungsfreie Lösbarkeit der Bauteile, insbesondere die Trennung von Tragwerk und Gebäudehülle, eine gute Voraussetzung für eine sortenreine Bauweise. Wünschenswert wäre der Ausbau eines gut funktionierenden Markts für gebrauchte Betonbauteile und ein maßlich standardisiertes System, in dem diese als Fertigteile verfügbar sind. Selbstverständlich muss sich damit auch die Denkweise von Planenden in Entwurfsund Ausführungsplanung weiterentwickeln und anpassen. Der seit Erfindung des Werkstoffs Beton bei Architekturschaffenden so beliebten freien Formbarkeit von raumbegrenzenden Bauteilen wäre damit definitiv Grenzen gesetzt. Der Umgang mit standardisierten Betonteilen kann aber auch zu einer neuen Art von Kreativität führen.

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Skelettbau Beton Schützen Attikablech, Recycling-Tonziegelsplitt Pfosten-Riegel-Konstruktion Dämmen Schaumglasplatten Hanfdämmplatten Pfosten-Riegel-Konstruktion Tragen Fertigteile Stahlbeton, wiederverwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM, PE-Folie Pfosten-Riegel-Konstruktion Bekleiden Dielen Altholz Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt Fassade  Maßstab  1:20 Schnitt Geschossdecke  Maßstab  1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt mit Fertigteil Stahl­ beton 2 Dachaufbau: Recycling-Tonziegelsplitt, min. 50 mm, lose geschüttet Dachabdichtungsbahn EPDM, zweilagig, materialhomogen verschweißt, an Attika hochgeführt, unter Haftenblech geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, lose im Verband verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, hochgeführt an Attika, geklemmt Rippendecke Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet 3 Sonnenschutz Textil, außen liegend, verschraubt an Pfosten-Riegel-Konstruktion 4 Fenster: Dreifachverglasung in Pfosten-RiegelKon­struktion Pfosten und Riegel aus Vollholz mit Pressleiste und Deckprofil Aluminium, wiederverwendet 5 Außenwandaufbau: Systemkassette Stahlblech, gekantet, korrosionsgeschützt dazwischen Dämmung Hanf, zweilagig Kassettenprofil zwischen Riegeln eingesetzt und geklemmt

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  6 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, lignin­ gebunden, als Systemplatte mit Einfräsungen und Wärmeleitblechen zur Aufnahme der ­Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden Rippendecke Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet   7 Träger Fertigteil Stahlbeton, über Ausklinkung auf Stütze elastisch gelagert   8 Sockelschutz Stahlblech, verzinkt, an PfostenRiegel-Konstruktion verschraubt   9 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, lignin­ gebunden, als System­platte mit Einfräsungen und Wärmeleitblechen zur Aufnahme der ­Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet

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Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, min. 30 cm überlappend, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotter, lose geschüttet 10 Perimeterdämmung Schaumglasschotter, in Säcken aus Textilgewebe als Montagehilfe, mechanisch befestigt an Stahlbeton Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Sockel Stahlbeton-Fertigteil, wiederverwendet, über Schraubverbindung an Bodenplatte gekoppelt

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Der Betonskelettbau kann durch innovative mechanische Fügetechniken einfach rückgebaut und in anderen Konfigurationen wiederverwendet werden. Die aus Brandschutzgründen er­­ forderlichen Überdeckungen der Fügestellen sind beispielsweise mit Trass-Kalk reversibel ausführbar und somit beim Rückbau einfach zu erreichen.

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1 Die Attika ist mit der Fertigteildecke aus Stahl­ beton reversibel verschraubt. 2 Der Stahlbeton-Fertigteilträger ist über Aus­ klinkungen auf den Stahlbeton-Fertigteilstützen elastisch gelagert. 3 Die Stahlbeton-Fertigteilstützen sind über Schraubverbindungen mit den Fundamenten verbunden. 4 Die zwischen der Lattung liegenden Verlege­ platten aus ligningebundenen Weichholzfasern sind mit Einfräsungen versehen. In diese Aus­ sparungen werden die Fußbodenheizungsrohre auf Wärmeleitblechen gelegt. 5 Das Stahlbeton-Fertigteilfundament ist über Schraubverbindungen an die Bodenplatte gekoppelt. 6 Als Perimeterdämmung kommt Schaumglasschotter in einer Montagehilfe aus Textilgewebesäcken zur Anwendung. Alle Stahlbeton-Fertigteile sind wiederverwendet oder können aufgrund ihrer reversiblen Verbindungen wieder- bzw. weitergenutzt werden.

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Massivbau Beton Schützen Biberschwanzdeckung Paneele aus gepressten Lüftungsrohren Dämmen Schilfrohrdämmung Hanfdämmplatten Tragen Fertigteile Stahlbeton, wiederverwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Schalung Vollholz Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Biberschwanzdeckung, eingehängt, ­verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Vollholzschalung, verschraubt Dachsparren Konstruktionsvollholz, mit Kerve auf Fuß- und Firstpfette gelegt, verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr, lose verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, an Fußpfette herunter­ geführt, geklemmt Vollholzlattung, verschraubt auf Sparren Vollholzschalung, verschraubt 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt auf Schalung und ­Konterlattung 3 Außenwandaufbau Dachgeschoss: Schalung Wickelfalzrohre, Weiterverwendung von geschnittenen und gepressten Lüftungsschächten, eingehängt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt, verschweißt Holzrahmen Konstruktionsvollholz dazwischen Dämmung Hanf, zweilagig Holzständerkonstruktion Konstruktionsvollholz, verschraubt

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dazwischen Dämmung Hanf PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, an Fußpfette herunter­ geführt, geklemmt Vollholzlattung, verschraubt Vollholzschalung, verschraubt 4 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Vollholzschalung mit seitlicher Nut und aufgelegten Wärmeleitblechen zum Einlegen der ­Fußbodenheizungsrohre Trittschalldämmung / Installationsebene Hanf PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Decke Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet, über Schraubverbindung an Wandkonsole befestigt 5 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, mit brüstungsbildender Festverglasung ­(Verbundsicherheitsglas), wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 6 Außenwandaufbau Regelgeschoss: Schalung Wickelfalzrohre, Weiterverwendung von geschnittenen und gepressten Lüftungsschächten, eingehängt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Holzrahmen Konstruktionsvollholz dazwischen Dämmung Hanf, zweilagig Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet, über Schraubverbindung an Fundament befestigt 7 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Vollholzschalung mit seitlicher Nut und aufgelegten Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Trittschalldämmung / Installationsebene Hanf PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt, geklemmt Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, min. 30 cm überlappend, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotter­ schüttung 8 Sockelschutz Stahlblech, verzinkt, gekantet, ­verschraubt mit Lattung 9 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, mit Befestigungsschiene geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Fundament Fertigteil Stahlbeton, wiederver­ wendet, frostfrei gegründet

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Isometrie Dach Isometrie Wand / Decke ohne Maßstab

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1 In die Zwischenräume der Holzständerkonstruktion aus Konstruktionsvollholz sind Hanfdämmplatten geklemmt. 2 Bei Bauwerksbewegungen dienen Neopren-Auflager als Gleitlager zwischen Decke und Wand. 3 Durch horizontale und vertikale Schraubver­ bindungen ist die Holzständerkonstruktion mit dem Stahlbeton-Fertigteil reversibel verbunden. Die vorgefertigte Holzständerkonstruktion wird erst nach dem Verschrauben vor Ort an den ­Elementstößen mit Dämmung ausgefüllt. 4 Fassadenpaneele aus geschnittenen und gepressten Wickelfalzrohren, die vormals als ­Lüftungsrohre im Einsatz waren, werden wiederverwendet und sind aus voriger Nutzung bereits verzinkt. 5 Durch horizontale und vertikale Schraubverbindungen sind die Stahlbeton-Fertigteile reversibel verbunden. Die Schraubbolzen sind in die Stahlbeton-Fertigteile eingegossen.

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Alle Stahlbeton-Fertigteile sind wiederverwendet oder können aufgrund ihrer reversiblen Verbindungen wieder- bzw. weitergenutzt werden.

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Beton-Fertigteile können nach Ge­­brauch wieder demontiert und an anderer Stelle wiederverwendet werden. Praktikabel ist die Wiederverwendung von Fertigteilen allerdings nur, wenn die mechanischen und physikalischen Kennwerte jedes Bauteils be­­ kannt und in Datenbanken digital hinterlegt sind. Stahlarmierter Beton gehört bei dem gegenwärtigen Herstellungsverfahren zu den Baustoffen mit dem größten CO2-Fußabdruck und ist daher gezielt und ressourcensparend einzusetzen.

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Bestand Beton Schützen Attikablech, Kiesschüttung Trapezblech Dämmen Gefachdämmung Hanf Schaumglasplatten Schaumglasschotter Tragen Stahlbetonskelett (Bestand) Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie Bekleiden Dielen Altholz Lehmputz auf Lehmbauplatte Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt auf oberes Stahl­ profil ‰ der Metallständer, korrosionsgeschützt 2 Dachaufbau: Kiesschüttung Dachabdichtungsbahn EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, an Attika hochgeführt, unter Haftenblech geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, an Attika hoch­ geführt, unter Haftenblech geklemmt Stahlbetondecke (Bestand) 3 Träger Stahlprofil }, korrosionsgeschützt, zur Verankerung der vorgehängten Ständerwand mit Lochung, um Wärmebrücken zu verringern, thermisch getrennt, verschraubt an Stahlbetondecke (Bestand) 4 Faltschiebeladen Stahl, korrosionsgeschützt 5 Schiebefenster: Dreifachverglasung in Holz­rahmen, wieder­ verwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 6 Handkurbel zum Antrieb der Faltschiebeläden 7 Absturzsicherung Stahlrahmen ¡ mit Streben Flachstahl, korrosionsgeschützt, an Laibung ­vertikal verschraubt 8 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte,

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ligningebunden, als System­platte mit Einfrä­ sungen und ­Wärmeleitblechen zur Aufnahme der Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ligningebunden Stahlbetondecke (Bestand)   9 Außenwandaufbau: Trapezblech, verzinkt, sichtbar verschraubt Unterkonstruktion Stahlprofil ‰, korrosions­ geschützt, verschraubt, thermisch getrennt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Ständerwand: Stahlprofil ‰, korrosionsgeschützt, mit Lochung zur Verringerung von Wärmebrücken Gefachdämmung Hanf Stahlprofil ‰, korrosionsgeschützt, mit Lochung zur Verringerung von Wärmebrücken Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt 10 Stütze Stahlbeton (Bestand) 11 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, lignin­ gebunden, als System­platte mit Einfräsungen und Wärmeleitblechen zur Aufnahme der ­Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt Dämmung Schaumglasplatten, zweilagig Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, min. 30 cm überlappend, lose verlegt Bodenplatte Stahlbeton (Bestand) 12 Entwässerungsrinne Edelstahl 13 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, geklemmt Fundament Stahlbeton (Bestand)

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  1 Das Trapezblech ist in der Tiefsicke mit der Unterkonstruktion verschraubt. Insektenschutzgitter bedecken alle offenen Kanten und verhindern das Eindringen unerwünschter Tiere in die Hinterlüftungsebene der Fassade.   2 Das ‰-Profil aus korrosionsgeschütztem Stahl ist mit einer Lochung versehen, um Wärme­ brücken zu verringern. Als Gefachdämmung kommen Hanffaserplatten zum Einsatz.   3 Zur Aufnahme der vorgehängten Ständerwand ist ein }-Profil aus korrosionsgeschütztem Stahl mit der Bestandsdecke verschraubt. Für die thermische Trennung sorgt ein Element aus ­sortenreinem Kunststoff.   4 Trockendichtung aus sortenreinem Kunststoff   5 Konstruktionsvollholz als Fenstersturz   6 Ein gelochtes Diagonalprofil dient zur Aus­ steifung der Fassadenelemente. Durch die Lochung des Stahlprofils werden Wärme­ brücken reduziert.   7 Stütze Stahlbeton (Bestand)   8 Entwässerungsrinne Edelstahl   9 Die Aufkantung aus Konstruktionsvollholz dient als Niveauausgleich zur Geländeoberkante und als Abschluss für den Fußbodenaufbau. 10 Die EPDM-Abdichtungsbahn wird lose verlegt, außen am Fensterprofil hochgeführt und festgeklemmt. Durch das Verzichten auf eine Klebung bleibt die Fügung reversibel. 11 Die Gründung und Abdichtung des bestehenden Fundaments aus Stahlbeton muss geprüft und gegebenenfalls ertüchtigt werden.

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Eine Weiternutzung der bestehenden Tragstruktur, in der ein Großteil der sogenannten grauen Energie des Gebäudes gebunden ist, vermeidet eine Neuerrichtung und den damit verbundenen Ausstoß von Treibhausgasen. Mit dem einfachen Austausch z. B. von Fassaden­ bekleidung, Haustechnik oder Innenausbauteilen bieten Betonskelettbauten eine extrem hohe Anpassungsfähigkeit. Rohbauten können durch Aufstocken, Heraustrennen oder Anbauen problemlos an geänderte Bedürfnisse angepasst werden.

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Fokus Stahl

Stahl ist eine Eisen-Kohlenstofflegierung mit einem Materialanteil des Kohlenstoffs von unter 2 %. Durch Zugabe von Metallen wie Silicium, Mangan, Molybdän, Chrom, Nickel oder Kupfer erhält man legierten Stahl, dessen spezifische Eigenschaften über die jeweilige Materialzusammenstellung beeinflusst werden können [1]. Beim Bauen kommen vor allem unlegierte und niedriglegierte Stähle zum Einsatz (Baustahl), in geringerem Umfang auch höher legierte Stahlsorten (nichtrostender Stahl) [2]. Die Herstellung von Stahl erfolgt entweder über die sogenannte Hochofenroute oder die Elektrostahlroute. Bei der erstgenannten Methode stellt man aus der Schmelze von Eisenerz, Zuschlägen sowie Koks und Reduktionsmitteln wie Kohle, Öl oder Gas flüssiges Roheisen in einem Hochofen her, das anschließend im Sauerstoffkonverter zu Rohstahl umgewandelt wird, dem sogenannten Oxygenstahl. Bei diesem Verfahren ist maximal 20 % Stahlschrott im Her­ stellungsprozess verwendbar. Bei der Elektrostahlroute entsteht in einem Elektrolicht­ bogenofen aus eingeschmolzenem Stahlschrott neuer Rohstahl. Dieses Verfahren eignet sich zur vollständigen Verwendung von Stahlschrott als Grundmaterial und ist deutlich weniger energieintensiv als die Hochofenroute, weshalb der Anteil des Elektrostahls an der Gesamtstahlproduktion in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist [3]. Im Bausektor ist Stahl mit etwa 84 % der am häufigsten verwendete metallische Baustoff.

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Ein Anteil von weniger als 16 % entfallen auf andere Metallwerkstoffe wie Aluminium, Kupfer oder Zink [4]. Vorkommen als Roh- und Werkstoff Als industriell geprägter Baustoff steht Stahl vor allem in Form von Halbzeugen und Walzstahlprodukten z. B. als Bleche, Profile oder Seile zur Verfügung. Baustahlprofile sind dabei in genormter Form als Stabstahl, Formstahl oder Hohlprofil in verschiedenen Gütegraden auf dem Markt [5]. Baustahl ­findet Anwendung als Bewehrung in Betonkonstruktionen und als Werkstoff für Stahlbaukonstruktionen. Die gebräuchlichsten offenen Profile sind sogenannte Doppel-T-Träger, I-Träger (z. B. I, IPE, IPN oder Breitflanschträger HEB, HEA, HEM nach DIN 1025) und U-, Z-, L- oder T-Profile. Darüber hinaus gibt es diverse Hohlprofile und kleinere Voll­ profile als Rund- oder Vierkantrohre auf dem Markt (Abb. 1). Als Blech bezeichnet man üblicherweise Stahl mit einer Dicke von weniger als 5 mm. Als weiter verarbeitete Halbzeuge existieren Bleche in unterschiedlichen Profilierungen. Am bekanntesten sind Trapez- und Well­ bleche, die sich durch eine dreidimensionale Profilierung trotz ihrer Dünnwandigkeit extrem formstabil verhalten. Besonderheiten stellen Lochbleche und Streckmetalle dar. Erstere werden durch Ausstanzungen perforiert, bleiben in der Regel aber planar, während Streckmetalle nach dem mechanischen Stanzvorgang auseinandergezogen

werden. Dadurch bekommt das Blech eine dreidimensionale Gitterform mit rautenför­ migen Löchern, die neben der Licht- und Luftdurchlässigkeit zu einer hohen Flächenstabilität führt. Für Außenbekleidungen sind spezielle Titanzinkbleche erhältlich. Es gibt darüber hinaus eine Vielfalt an weiteren Stahlprodukten und Halbzeu­gen wie z. B. Stahlseile und -drähte, Gitterroste, Netze, Gaze, Paneele oder Verbindungsmittel.

Eigenschaften Stahl zeichnet sich durch seine zähe Festigkeit aus. Er lässt sich warm oder kalt formen, biegen, walzen, ziehen oder schmieden und ist durch seine Eigenschaft, Druck-, Zug-, Biege-, Scher- und Torsionskräfte aufnehmen zu können, der leistungsfähigste unter den gängigen Baustoffen [6]. Außerdem ist Stahl langlebig und relativ pflegeleicht. Im Gegensatz zu vielen anderen

1  genormte Profile der Stahlindustrie im Bau­ wesen 1

Fokus Stahl

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Baustoffen kann er sortenrein bei Rück­ bauarbeiten zurückgewonnen werden und erhält oder steigert sogar seinen Materialwert. Stahl verfügt über eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit. Durchdringungen stählerner Bauteile durch eine thermische Gebäudehülle sind daher zu vermeiden oder mit großer Sorgfalt zu planen. Zu den baukonstruktiven Nachteilen von Stahl zählen vor allem sein Verhalten im Brandfall und seine Eigenschaft zu korrodieren. Bauteile aus Stahl sind zwar nicht brennbar, verlieren aber bei hoher Hitze ihre Zähigkeit und Stabilität. Das bedeutet bereits bei relativ kurzer Brandeinwirkung einen Verlust der Tragfähigkeit [7]. Dadurch wird, je nach Einsatzzweck, häufig eine zusätzliche Brandschutzmaßnahme in Form einer Beschichtung oder Ummantelung erforderlich, die nicht selten im Widerspruch zu den positiven Eigenschaften des Materials in Hinblick auf Sortenreinheit steht. Ab einer Luftfeuchtigkeit von etwa 65 –70 % [8] beginnt Baustahl zu korrodieren. Durch (Feuer-)Verzinken wird er dafür weniger anfällig. Alternativ können nicht rostende Stähle Verwendung finden. Stahl mit mehr als 12 % Chromanteil wird als rostfreier Stahl bezeichnet. Hierzu zählen auch Chrom-Nickelstähle und Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle, z. B. V2A, V4A. Bei diesen bildet sich ein Chromoxidfilm an der Oberfläche, der als Schutzschicht gegen Rost wirkt [9]. Aufgrund der hohen Kosten für rostfreien Stahl kommt dieser meist nur sparsam an und in Gebäuden zum Einsatz. Eine Möglichkeit des sortenreinen Korrosionsschutzes, vor allem im Außenbereich, besteht bei sogenannten wetterfesten Baustählen, z. B. dem unter der Handelbezeichnung bekannten Corten-Stahl. Wenn dieser besondere Stahl der Witterung ausgesetzt ist, bildet er aufgrund seiner Legierung mit höherem Kupfer und Phosphorgehalt nach einiger Zeit eine dichte rostähnliche Schutzschicht aus, die ihn vor weiterer Korrosion schützt [10]. Besonders in Innenräumen kann auch Schwarzstahl zur Anwendung kommen. ­Dieser unlegierte Stahl verfügt über eine Zunderschicht, die während der Herstel-

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lung entsteht. Schwarzstahl lässt sich mit einer dünnen reversiblen Ölschicht gegen Korrosion schützen. Neben der witterungs- und luftfeuchte­ bedingten Korrosion besteht bei direktem Kontakt von Metallen unterschiedlichen elektrischen Potenzials auch das Risiko der sogenannten Kontaktkorrosion. Metallteile beginnen dabei zu korrodieren, wenn sie sich berühren [11]. Aus diesem Grund ist beim Verbauen unterschiedlicher Metalle auf eine sorgfältig ausgeführte Trennlage zu achten. Übliche Konstruktionsmethode Durch die sehr unterschiedlichen Aus­ prägungen als Halbzeug ist das Material äußerst flexibel anwendbar. Als Trapezblech kann Stahl für flächige Sekundärkon­ struktionen wie Decken eingesetzt werden oder als Stahlseilauskreuzungen Tragwerke aussteifen. Stahlteile können ebenso die Außenhülle eines Gebäudes bekleiden oder als Rinnen und Rohre die Dachentwässerung bilden. Zudem gibt es Fensterrahmen und Türelemente aus Stahl und vieles mehr. Aufgrund der großen Bandbreite standardisierter stabförmiger Bauteile eignet sich Stahl vor allem für den Filigranbau in Form von Skelettbautragwerken. Mittels Schrauben, Nieten oder Schweißen können dabei Einzelteile zu sehr großen und leistungsfähigen Tragwerken kombiniert werden. Viele Brückenkonstruktionen und Hallen bestehen daher vorzugsweise aus Stahl, wohingegen Stahltragkonstruktionen für Gebäudetypen, die mit geringeren Spannweiten auskommen, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen wenig verbreitet sind. Während die frühen Stahl- und Eisenkonstruktionen meist mit Nietverbindungen hergestellt wurden, was an älteren Brückenbauwerken noch sichtbar ist, werden Stahlbauteile heute, je nach Anwendungsfall, eher verschraubt oder verschweißt. Beim Nieten handelt es sich physikalisch um die Herstellung einer formschlüssigen Verbindung zweier Bauteile, bei der durch Perforationen durchgesteckte und lagefixierte Nieten diese Bauteile daran hindern, sich auseinanderzubewegen. Durch den Anpressdruck der Niete auf das Bauteil

­ ntsteht eine kraftschlüssige Verbindung. e Schraubverbindungen führen ebenfalls zu kraftschlüssigen Verbindungen, indem sie ähnlich wie Nieten mehrere perforierte Bauteile fixieren. In der Regel werden Schrauben dabei mit Muttern gekontert. Durch stärkeres Anziehen der Schrauben lässt sich der Druck auf das Bauteil erhöhen und mittels Klemmwirkung eine kraftschlüssige Verbindung herstellen. Schrauben können statt mit Muttern auch in vorgeschnittene Gewinde eingebracht werden. Schweißen erzeugt eine stoffschlüssige Verbindung verschiedener Stahlbauteile. Dabei werden gewöhnlich Schweißzusatzwerkstoffe mit einem Schweißgerät bei großer Hitze direkt an oder zwischen den zu verbindenden Bauteilen zum Schmelzen gebracht. Sie verbinden sich mit diesem zur Schmelze und erstarren zu einer Schweißnaht oder dem Schweißpunkt. Während Schraubverbindungen gut lösbar sind und Nietverbindungen mit einem gewissen Aufwand und Verlust ebenfalls gut zerlegt werden können, sind Schweißverbindungen dauerhaft und nicht zerstörungsfrei lösbar. Stahlbleche und -halbzeuge eignen sich für verschiedene Nachbearbeitungsmethoden. Dazu zählen Fräsen, Schneiden, Bohren, Lasern und vieles mehr. Somit ist das Material nicht nur flexibel einsetzbar, sondern bietet auch eine außergewöhnlich große Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten. Anmerkungen   [1] Moro 2021, S. 294   [2] Eggen / Sandaker 1996, S. 30 — 37   [3] Helmus / Randel 2014  [4]  ebd., S. 1  [5]  Hestermann /  Rongen 2015, S. 262  [6]  ebd.   [7] Belz 1999, S. 54   [8] ebd., S. 55 und wie Anm. 2, S. 35   [9] wie Anm. 2, S. 99 und wie Anm. 5, S. 264 [10] ebd., S. 264 [11] ebd., S. 264 [12] Hillebrandt u.  a. 2018, S. 63 [13] wie Anm. 3, S. 4 [14] Kuhnhenne 2018, S. 215

Bauteile wiederverwendet [13]. Im Rahmen der Aufbereitung für die stoff­ liche Verwertung wird Stahlschrott erst ­zerkleinert und nach Stahlqualität sortiert. Anschließend erfolgt das Wiedereinschmelzen in einem Elektrolichtbogenofen. Bei diesem Prozess kann die Legierung und damit die Güte des neuen Stahls beliebig beeinflusst werden. Zwar ist das Einschmelzen in Elektrolichtbogenöfen nur etwa 25 % so energieintensiv wie die Stahlherstellung mittels Hochofen, stellt aber dennoch einen erheblichen Energieaufwand dar [14]. Eine Wiederverwendung von Stahlbauteilen ist daher einer Wiederverwertung immer vorzuziehen.

Kreislaufpotenzial Metallische Rohstoffe können in einem technischen Kreislauf immer wieder bei beinahe gleichbleibender Qualität zirkulieren [12]. Diese Eigenschaft trifft prinzipiell auch auf Stahl zu. Sofern er nicht mit Lacken oder Ähnlichem beschichtet wurde, kann Stahl sehr gut und ohne nennenswerten Qualitätsverlust wiederverwertet werden. Standardisierte genormte Halbzeuge, die z. B. als Träger oder Stützen zum Einsatz kommen, sind auch sehr gut wieder- oder weiterverwendbar. Der Einschätzung von Manfred Helmus und Anne Randel im „Sachstandsbericht zum Stahlrecycling im Bauwesen“ zufolge werden etwa 88 % der verbauten Stahle wiederverwertet (stofflich recycelt) und sogar bis zu 11 % als ganze

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Skelettbau Stahl I Schützen Trapezblech Stahl, korrosionsgeschützt Natursteinplatten Dämmen Hanfdämmung Schaumglasplatten Tragen Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt Fundament Fertigteil Stahlbeton, ­wiederverwendet Dichten PE-Folie Unterspannbahn Bekleiden Systemkassette Stahlblech, korrosions­ geschützt Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Trapezblech Stahl, korrosionsgeschützt, in ­Negativlage, ­verschraubt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Dämmung Hanf, mit Dämmstoffdübeln an ­Systemkassetten verankert Systemkassette Stahlblech mit Schaumglas­ dämmung, gekantet, korrosionsgeschützt, an Stahlskelettkonstruktion verschraubt Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, innenliegend 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt auf Schalung und ­Konterlattung 3 Fenster: Dreifachverglasung in Holz-Alu-­ Rahmen, wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 4 Konsole Stahl, korrosionsgeschützt, thermisch entkoppelt zur Aufnahme der Fassadenunter­ konstruktion 5 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Trittschalldämmung / Installationsebene Kork Wabenplatte Pappe Trapezblech Stahl, korrosionsgeschützt,

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­ unktuell verschraubt auf Träger Stahlprofil HEB, p korrosionsgeschützt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbesse­ rung des Schallschutzes, in Wabenplatte und zwischen Sicken des Trapezblechs geschüttet Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, ­verschraubt mit Stütze Abhangdeckensystem: Halter mit Gewinde Stahl, verschraubt Unterkonstruktion Stahlprofil ‰, verschraubt Heiz- / Kühldecke Stahlpaneel mit Heizrohren, dazwischenliegende Hanfdämmung, Leuchten integriert, verschraubt mit Unterkonstruktion 6 Außenwandaufbau: Natursteinplatte, wilder Verband, gesteckt Unterkonstruktion Vertikalprofile und Feder­ klammern Stahl, korrosionsgeschützt, ver­ schraubt durch Dämmung mit Systemkassette Stahlblech Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt, geklemmt Dämmung Hanf, mit Dämmstoffdübeln an ­Systemkassette verankert Systemkassette Stahlblech mit Schaumglas­ dämmung, gekantet, korrosionsgeschützt, an Stahlskelettkonstruktion verschraubt Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, innen liegend 7 Bodenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Trittschalldämmung / Installationsebene Kork PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm über­ lappend verlegt Wärmedämmung Schaumglasplatten, zweilagig, lose verlegt Trapezblech Stahl, korrosionsgeschützt, perfo­ riert, punkt­uell ­verschraubt auf Träger Stahlprofil HEB, ­korrosionsgeschützt Masseschüttung Schotter, zur ­Verbesserung des Schallschutzes, lose zwischen Sicken des Trapezblechs geschüttet Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, ­verschraubt mit Stütze 8 Tragkonstruktion Stahlprofil HEB, korrosions­ geschützt, außen liegend, verschraubt Übergang zwischen außen und innen liegendem Tragwerk thermisch getrennt 9 Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet

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Isometrie Dach Isometrie Decke / Wand ohne Maßstab

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1 Eine vollflächige Dämmebene dient zur ther­ mischen Trennung der äußeren Deckung aus Trapezblech und den Systemkassetten aus ­korrosionsgeschütztem Stahlblech. 2 Die Systemkassetten werden vorrangig horizon­ tal verlegt und reversibel montiert. Sie bilden die lastabtragende Innenschale von Wandsystemen. 3 Ein perforiertes korrosionsgeschütztes Stahl­ blech bedeckt alle offenen Kanten und verhin­ dert das Eindringen unerwünschter Insekten in die Hinterlüftungsebene der Fassade. 4 Die Unterkonstruktion der Fassade besteht aus fi-Profilen aus korrosionsgeschütztem Stahl, die durch die Dämmung mit den Systemkassetten verschraubt sind. Haken ermöglichen das rever­ sible Einhängen der Fassadenplatten. 5 Fensterbank mit Aufkantung aus korrosions­ geschütztem Stahlblech. 6 Das Trapezblech ist mit dem Tragwerk aus HEBTrägern verschraubt. Zur Verbesserung des Schallschutzes wird eine Masseschüttung aus Sand eingebracht. Pappwaben, die auf dem ­Trapezblech liegen, dienen zur Lagesicherung und vereinfachen das Aufbringen des Schütt­ materials. 7 Die Abhänger sind mit den Tiefsicken des ­Trapezblechs verschraubt. 8 Als Deckensystem kommen Stahlpaneele zum Einsatz, die mit einem Heiz- / Kühlregister ver­ sehen sind. Die Paneele sind mit lose verlegter biobasierter Hanfdämmung ausgelegt. Zusätzlich ist das Deckensystem mit integrierten Leuchten ausgestattet.

Bewitterter Stahl muss gegen Korrosion geschützt werden. Oberflächenbeschichtungen wie Lacke, Pulverbeschichtungen oder Verzinkungen vermin­ dern jedoch die Qualität des wiederverwerteten Materials und sind zu vermeiden. Stahlskelettkonstruktionen basieren in hohem Maße auf lösbaren Verbindungen wie z. B. Schrauben und sind daher prinzipiell sehr gut wiederverwendbar. In digitalen Datenbanken hinterlegte Materialkenn­ werte sollten jederzeit abrufbar sein.

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Skelettbau Stahl II Schützen Attikablech, Extensivbegrünung Systemkassette Stahlblech, verzinkt Pfosten-Riegel-Konstruktion Dämmen Schaumglasplatten, Hanffaserplatten Pfosten-Riegel-Konstruktion Tragen Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt Fundament Fertigteil Stahlbeton Dichten Abdichtungsbahn EPDM, PE-Folie Pfosten-Riegel-Konstruktion Bekleiden Teppichfliesen Lehmfeinputz Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt Fassade  Maßstab  1:20 Schnitt Geschossdecke  Maßstab  1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt mit Pfosten-RiegelKonstruktion 2 Dachaufbau: Extensivbegrünung Kiesstreifen an Bauteilanschlüssen Vegetationstragschicht, lose geschüttet Filtervlies Polypropylen, lose verlegt Dränageelement HDPF sortenrein oder Edel­ stahl, lose verlegt, wiederverwendet Speicherschutzmatte Kunststoff, sortenrein, lose verlegt Dachabdichtungsbahn EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, hochgeführt an Attika, geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, lose im Verband verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, hochgeführt an Attika, geklemmt Decke Fertigteil Stahlbeton Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, mit sortenreinen Kunststoff ummantelt, Schraub­ gewinde aufgeschweißt, thermisch entkoppelt

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Abhangdeckensystem: Hut-Federschiene Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt Lehmbauplatte mit Lehmputz, verschraubt   3 Sonnenschutz, Raffstore über Stahlprofil ∑ verschraubt an Pfosten-­ Riegel-Konstruktion   4 Fenster: Dreifachverglasung eingesetzt in ­Pfosten-Riegel-Konstruktion, mit Pressleiste und Deckprofil Aluminium, wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein   5 Geschossdeckenaufbau: Bodenbelag Teppichfliesen, lose verlegt Trockenestrich Gipsfaserplatten, zweilagig, gegeneinander versetzt angeordnet, ­verschraubt Schalung auf Kanthölzern und Nivellierstelzen Stahl, höhenverstellbar Auflager aus sortenreinen Kunststoff Decke Fertigteil Stahlbeton, verschraubt, ­wiederverwendet Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, Schraubgewinde aufgeschweißt, Ummantelung Kunststoff, sortenrein, thermisch entkoppelt

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Abhangdeckensystem: Hut-Federschiene Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehm­ putz, armiert, verschraubt   6 Außenwandaufbau: Systemkassette Stahlblech, gekantet, verzinkt dazwischen Dämmung Hanf, zweilagig, Kasset­ tenprofil zwischen Riegeln eingesetzt und geklemmt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt   7 Stahlkonsole, zur Befestigung der Pfosten-­ Riegel-Fassade, verschraubt an Decke   8 Träger Stahlprofil HEB, korrosionsgeschützt, außen liegend   9 Unterflurkonvektor mit Revisionsklappe 10 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, hinter Deckleiste des Riegels geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Perimeterdämmung Schaumglasplatten, lose verlegt Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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1 Die Beton-Fertigteildecke ist mit dem HEB-Träger aus korrosionsgeschütztem Stahl verschraubt. 2 Die Kopfplatten der HEB-Träger aus korrosions­ geschütztem Stahl sind miteinander verschraubt. Die thermische Entkopplung erfolgt durch die dazwischenliegende Dämmung aus sorten­ reinem Kunststoff. 3 Die tragende Konstruktion bilden außen ­liegende Stützen aus korrosionsgeschütztem HEB-Stahlprofilen. 4 Die Kopfplatten der Stützen sind reversibel mit dem Fundament verschraubt. 5 Die Pfosten und Riegel der Fassadenkonstruk­ tion bestehen aus korrosionsgeschütztem Stahl. 6 Durch das hohe Flächengewicht der Teppich­ fliesen von 3,5 kg/m2 ist eine Verklebung mit dem Untergrund nicht notwendig. 7 Höhenverstellbare Nivellierstelzen aus Stahl ermöglichen einen Hohlraumboden als freie ­Installationsebene. 8 Unterflurkonvektor mit Revisionsschacht

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Alle Stahlbeton-Fertigteile sind reversibel ­verbundenen, stammen aus einer Wiederver­ wendung und können erneut wiederverwendet werden.

Fundamente aus Beton-Fertigtei­ len sind sehr gut wieder- oder weiterverwendbar. Zu beachten ist, dass Gründungen stets frost­ frei ausgeführt werden müssen. Stahl gehört bei dem gegenwärti­ gen Herstellungsverfahren zu den Baumaterialien mit dem größten CO2-Fußabdruck und ist daher gezielt und ressourcensparend einzusetzen.

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Leichtbau Stahl Schützen Stehfalzdeckung Streckmetallpaneele Dämmen Hanfdämmung Schilfrohrdämmung Schaumglasplatten Tragen Stahlleichtbauwand und -decke Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz, Natursteinplatten Lehmputz auf Lehmbauplatte Heiz- / Kühldecke Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt Fassade  Maßstab  1:20 Schnitt Geschossdecke  Maßstab  1:20 1 Aufbau Kaltdach: Stehfalzdeckung, an Falz geklemmt auf ­Schiebehafte; Vollholzschalung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindungen, verschraubt Sparren Stahlprofil fi, korrosionsgeschützt, über Konsolen mit tragender Stahlleichtbau­ wand verschraubt 2 Aufbau abschließende Decke zu Kaltdach: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr Hauptträger Stahlprofil 2≈ ‰, mit tragender Stahlleichtbauwand verschraubt Nebenträger Stahlprofil fi, in Hauptträger ­eingeschoben, verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Vollholzschalung, verschraubt Abhangdeckensystem: Unterkonstruktion Stahlprofil ‰, verschraubt Deckensystem mit eingelegtem Heiz- / Kühl­ register, Stahl, korrosionsgeschützt

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3 Hebefaltladen: Stahlprofil ¥, korrosions­ geschützt, schienen­geführt mit Gasfeder Verkleidung Streckmetallpaneel 4 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, ­wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 5 Streckmetallpaneel, verdeckt verschraubt

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­Unterkonstruktion Stahlprofil ∑, korrosions­ geschützt, verschraubt; Unterspannbahn, sorten­ rein; Dämmung Hanf, verankert mit Dämmstoff­ dübeln an tragender Stahlleichtbauwand Gipsfaserplatte, zweilagig, verschraubt Tragkonstruktion Stahlleichtbauwand aus ­Stahlprofil ‰, korrosionsgeschützt dazwischen Dämmung Hanf PE-Folie, diffusionshemend, min. 30 cm über­ lappend verlegt, geklemmt Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehm­ putz, armiert, verschraubt 6 Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Lehmbauplatte, zweilagig Trittschalldämmung / Installationsebene Kork Vollholzschalung, verschraubt an Hauptträger Hauptträger Stahlprofil 2≈ ‰, mit tragender ­Stahlleichtbauwand verschraubt Nebenträger Stahlprofil fi, in Hauptträger ­eingeschoben, verschraubt; Dämmung Schilfrohr dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbesse­ rung des Schallschutzes, zwischen Sicken des Trapezblechs gerschüttet Vollholzschalung, verschraubt Abhangdeckensystem: Unterkonstruktion Stahlprofil ‰, verschraubt Deckensystem mit eingelegtem Heiz- / Kühl­ register, Stahl, korrosionsgeschützt 7 Fußbodenbelag Natursteinplatten Nivellierstelzen Stahl, höhenverstellbar Auflager Kunststoff, sortenrein Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, ­wiederverwendet; Perimeterdämmung ­Schaumglasplatten, lose verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt; Ausgleichsschüttung Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotterschüttung 8 Perimeterdämmung Schaumglasschotter in Säcken aus Textilgewebe als Montagehilfe, mechanisch befestigt an Stahlbeton Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, mit Befesti­ gungsschiene geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, umschließt Schaumglasplatte Bodenplatte Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Durch die Verwendung von sehr leichten, aber gleichzeitig sehr steifen ‰-Profilen aus Stahlblech kann der Materialverbrauch im Stahlleichtbau drastisch reduziert werden. Folien und Trennlagen zur Erfül­ lung der bauphysikalischen An­ ­ forderungen müssen gewissen­ haft geplant und auf ihre Kreis­ lauffähigkeit geprüft werden.

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1 Die Sparren aus korrosionsgeschützten Stahl-‰Profilen sind über Konsolen mit der tragenden Ständerwand und den Deckenträgern ver­ schraubt. 2 Die Stahlleichtbaukonstruktion des Decken­ trägers besteht aus aufgedoppelten ‰-Profilen aus korrosionsgeschütztem Stahl. 3 Das Streckmetallpaneel ist mit der Unterkon­ struktion verdeckt verschraubt. Die dahinterlie­ gende Hanfdämmung ist im unteren Bereich mit einer Abdichtungsbahn aus EPDM gegen Schlagregen geschützt. 4 Auch die Ständerwand besteht aus wiederver­ wendeten korrosionsgeschützten Stahlprofilen, die nach der Nutzungsdauer erneut dem Kreis­ lauf zugeführt werden können. Alle verbauten Stahlträger bestehen aus rever­ sibel verbundenen Standardprofilen. Sie sind möglichst wiederverwendet und können erneut wiederverwendet werden.

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Traditionelle und moderne Lehmkonstruktio­ nen sind seit Langem eine praktikable Bau­ weise für kostengünstigen Wohnraum welt­ weit. Etwa ein Fünftel der Erdbevölkerung lebt heute in Häusern, die ganz oder größ­ tenteils aus Lehm errichtet wurden, in sich entwickelnden Gebieten ungefähr ein Vier­ tel [1]. Auch in Deutschland ist der Baustoff beliebt, jedoch liegt der Anteil bei Bestands­ gebäuden nur bei 2 – 3 %. Dies sind vor allem traditionelle Fachwerkhäuser, bei denen die Gefache zwischen den Holzele­ menten mit Lehm ausgebaut oder verputzt sind. Das höchste Lehmgebäude Deutsch­ lands, das sechsgeschossige sogenannte Pisé-Haus (frz. pisé = Stampfbau) in Weil­ burg an der Lahn in Hessen, besteht aus massiven Stampflehmwänden und wurde bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichtet. Vorkommen als Roh- und Werkstoff Der Grund für diese großflächige, weltweite Verbreitung von Lehmbau und dessen Techniken ist, dass das für den Bau geeig­ nete Material praktisch kostenlos, oft lokal verfügbar und in fast allen Ländern der Welt reichlich vorhanden ist (Abb. 1). Lehm als Baumaterial traditioneller Konstruktionstech­ niken ist außerdem zu 100 % wieder- und weiterverwertbar, erfordert in der Regel keine großen Transportwege und benötigt in seiner ursprünglichen Verarbeitung wenig bis keinen fossilen Energieeinsatz. Dadurch hat der Baustoff Lehm einen extrem niedri­ gen CO2-Fußabdruck. Zudem stärkt der

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t­raditionelle Lehmbau noch heute in vielen Regionen eine Baupraxis, die von Gene­ ration zu Generation weitergegeben wird. Sie ist zudem kulturell mit regional unter­ schiedlichen typologischen Ausprägungen und Anwendungstechniken verankert [2]. In jüngster Zeit hat die Dominanz importier­ ter Baumaterialien in sich entwickelnden Gebieten jedoch enorm zugenommen und drängt den traditionellen Lehmbau immer weiter zurück. Hier spielt das Bauen mit Beton eine immer größere Rolle, da Beton industriell genormt, einfach verarbeitbar und kostengünstig erscheint. Ausgeblendet werden aber oft die negativen Folgen von wirtschaftlicher Abhängigkeit, Ressourcen­ ausbeutung, hohem CO2-Ausstoß bei der Zementherstellung und die noch nicht vor­ handene Recyclingfähigkeit der ursprüng­ lich eingesetzten Rohstoffe des verarbeite­ ten Materials. In Europa galt Lehm im 19. Jahrhundert mit der aufkommenden Industrialisierung und den dadurch neu entstandenen Materialien immer mehr als minderwertiger Baustoff einer weniger privilegierten Gesellschaft. Nur zu Krisenzeiten, beispielsweise nach Kriegen, erlebte der Lehmbau eine kurze Renaissance, aus den vorher genannten Gründen der einfachen Verfügbarkeit und leichten Handhabung. Durch den hohen Arbeitsaufwand bei der traditionellen Verar­ beitung schränkte sich die Verwendung in den Nachkrisenjahren aber regelmäßig wie­ der ein. Eine digitale, industrielle Fertigung könnte das jedoch ändern, da sich dadurch

die Anwendung eines einfach verfügbaren und kreislaufgerechten Baumaterials mit sehr guten mechanischen, physikalischen und gesundheitstechnischen Eigenschaften auch aus ökonomischer Sicht wieder lohnen könnte.

1  Übersicht sehr gut geeigneter Böden für den Lehmbau

Eigenschaften Lehm ist grundsätzlich eine Mischung aus Sand, Schluff und Ton. Dieses Gemisch wird mit Wasser angefeuchtet, in Form gebracht und trocknet anschließend aus. Die verschiedenen Lehmvorkommen unter­ scheiden sich durch das Mischungsver­ hältnis der drei Komponenten, Korngrößen

und -formen der Mineralien und die Art des Tons. Letzterer fungiert als Bindemittel im Lehm. Lehm mit hohem Tonanteil wird als „fett“ bezeichnet, mit geringen Tonanteil als „mager“. Daher sind nicht alle Lehme als Ausgangsbasis für den Lehmbau geeignet – es kommt auf die richtige Zusammenset­ zung aus passenden Tonen, Schluff und Sanden an. Fette Mischungen neigen beim Trocknungsprozess zu Rissbildungen, magere Mischungen dagegen werden brö­ ckelig und forminstabil. Häufig fungieren natürliche Fasern wie Stroh oder andere Gräser als natürliche Bewehrung im Lehm­ gemisch. Der Lehm haftet sehr gut an

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­ iesen, und je feiner die Beimischung ist, d umso besser kann das Gemisch verarbeitet werden. Dies gilt auch für sichtbare Ober­ putze.Traditionell kam dafür auch Kuh- und Pferdedung zur Anwendung, da die ver­ bliebenen Fasern der tierischen Ausschei­ dungen sehr fein und kurz sind. Zudem kann Kalk beigesetzt werden. Dieser wirkt desinfizierend und unterstützt das chemi­ sche Aufschließen der Zelluloseanteile, um eine noch bessere und komplexere Haftung der mineralischen mit den biologischen Bestandteilen zu er­­reichen. Lange Zeit gab es in Europa keine einheit­ liche Normierung des Lehmbaus, da die unterschiedlichen Zusammensetzungen des Materials aus verschiedenen Abbau­ gegenden schwer zu vereinheitlichen sind. Erst seit 2013 gibt es verbindliche Normen in Deutschland, die aber vornehmlich für werksmäßig hergestellte Lehmsteine, Lehm­ mauermörtel und -putzmörtel und nicht für Stampflehm- oder Lehmwellerbau-Anwen­ dungen gelten. 2018 erfolgte eine Überar­ beitung und Erweiterung der Norm, zudem wurde eine neue Normierung für Lehmplat­ ten und -mauerwerke eingeführt. Nichts­ destotrotz entwickelte sich schon davor ein neues Bewusstsein für den Werkstoff Lehm in Europa, obwohl sein Einsatz durch die nicht vorhandenen Normierungen und auch den großen Einsatz von nicht industrialisier­ ten Bauprozessen und weitestgehender Handarbeit ökonomisch nicht wettbewerbs­ fähig erschien. Pionierinnen und Pioniere wie Martin Rauch, Anna Heringer, Gernot Minke, Christof Ziegert, Eike Roswag-Klinge, Uwe Seiler oder Andrea Klinge entwickelten in den letzten Jahren jedoch neue Techni­ ken auch zu industriellen Anwendungen. Viele ihrer Bauten gelten als ökologische und technologische Meilensteine. Sie haben dazu beigetragen, dass das Material aus seiner traditionellen oder oft deklarierten „rückständigen“ Ecke befreit wurde und heute als moderner Baustoff mit hervorra­ genden bauphysikalischen Eigenschaften wahrgenommen wird. Lehm hat die Eigenschaft, die Luftfeuchte in Räumen gut und auf natürliche Art und Weise zu regulieren: Er kann Wasserpartikel aufnehmen und diese bei Trockenheit wie­

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der an die umgebende Luft abgeben. Dadurch kann er auch Schadstoffe binden. Lehm ist ein diffusionsfähiger Baustoff und fungiert als hervorragender thermischer Ausgleichsspeicher. Durch seine Trägheit moderiert er die Temperaturen im Tagesoder Jahresverlauf. So werden die Innen­ räume eines Lehmbaus im Sommer durch Wasserabgabe als angenehm kühl empfun­ den, im Winter hingegen schützen die feuchteregulierenden Eigenschaften vor zu trockener Raumluft. Er ist zudem schad­ stofffrei und wirkt abweisend gegenüber tie­ rischen und bakteriellen Schädlingen. Diese Eigenschaften bleiben jedoch nur erhalten, wenn den Lehmgemischen keine syntheti­ schen Produkte zur besseren Verarbeitbar­ keit beigesetzt werden. Diese verhindern die natürlichen, oben beschriebenen Pro­ zesse, indem die Tonplättchen, die auf mi­kroskopischer Ebene für die Wasserauf­ nahme und -abgabe verantwortlich sind, verkleben und dadurch nicht mehr aktiv an dem Prozess der Wasserregulierung teil­ nehmen können. Das geschieht ebenfalls mit der Beimischung von Zement, um die technischen Eigenschaften (Druckstabilität) zu erhöhen. Auch hier findet eine Verkle­ bung der Tonplättchen bei gleichzeitiger Verhinderung aktiver Wasseraufnahme- und Abgabeprozesse statt. Zudem wird dabei einer der größten Vorteile des natürlichen Materials ausgelöscht: die 100%ige Rezy­ klierbarkeit. Übliche Konstruktionsmethoden Holz und Lehm bilden im Fachwerkbau ein gut harmonierendes Bausystem, da Aus­ dehnung und Schwinden der beiden Bau­ stoffe vergleichbar sind. Außerdem konser­ viert und schützt Lehm das Holz bei richtiger Anwendung sowie Verarbeitung. Dabei ste­ hen für Wandsysteme mehrere Techniken zur Verfügung: Zum einen können die Gefa­ che zwischen den Holzständern, Riegeln und Verstrebungen beispielsweise mit an der Hauptkonstruktion befestigten Holzsta­ ken und/oder einem Weidengeflecht verse­ hen werden, das beidseitig mit Strohlehm beworfen und geglättet wird. Zum anderen können die Gefache des Fachwerk- oder Ständerbaus mit Lehmziegeln und einem

Anmerkungen [1] Marsh / Kulshreshtha 2021 [2] Hebel / Moges / Gray 2015 [3] ebd. [4] Sauer 2015

Lehmmörtel ausgemauert werden. Hier gilt es, auf die Fugen zwischen Lehmsteinen und Holzkonstruktion zu achten, die gege­ benenfalls ausgestopft werden müssen. Zudem sollten Lehmsteinausfachungen, die bewittert sind, mit einem zweifachen Kalk­ mörtel geschützt werden. Aber auch beste­ hende Wände können mit Lehmbausteinen, Leichtlehm im Feuchteinbau oder mit ge­­ stapelten Trockenlehmbausystemen als Vorsatzschalen innen oder außen verse­ hen werden, falls eine wärme- oder schall­ schutztechnische Maßnahme gewünscht ist, was immer häufiger vor kommt. Lehm kann in Verbindung mit Holzträger­ systemen auch in Deckenkonstruktionen zur Anwendung kommen. Dies ist möglich in Kombination mit Staketen, die zwischen den Hauptträgern liegen. Darauf wird feuchter Strohlehm aufgebracht, der von unten und oben geglättet wird. Die zeitgenössische Anwendung besteht aus einer vollflächigen Auflage aus Holz, die entweder über oder unter die Hauptträger befestigt wird. Darauf können Lehmbaustoffe in Trockenbauweise aufgebracht werden, wie beispielsweise luftgetrocknete Lehmsteine, -platten oder auch -bauteile, die mit Rillen für das Einbrin­ gen von Heizschlaufen versehen sind. Neben den beschriebenen hybriden HolzLehm-Konstruktionen gibt es auch soge­ nannte monolithische Anwendungstechni­ ken, die weltweit in leicht unterschiedlichen Varianten zu finden sind: Die Stampflehm­ konstruktion, bei der Lehm in einer Scha­ lung durch Rammen verdichtet wird und so ein homogenes, monolithisches Bauwerk entsteht. Durch die Versetzung oder das Gleiten der Schalung kann mit dieser Kon­ struktionsweise sehr effizient und nach vor­ herigem Aufbereiten des Materials relativ schnell gebaut werden. Stürze, Decken und Ringanker sowie die Dachkonstruktionen werden oft in anderen Materialien wie Holz oder Beton ausgeführt. Ähnlich verhält es sich beim Lehmwellerbau. Hier wird der Lehm mit Gräsern vermischt, sehr feucht an­­ gesetzt und aufgeworfen, um ihn anschlie­ ßend ebenfalls zu einer monolithischen Struktur abzustechen. Ebenfalls zu den monolithischen Anwen­ dungen gehört der Lehmziegelbau, bei dem

Lehm in Formen zu Ziegeln gepresst oder auch wieder sehr feucht geworfen und anschließend getrocknet wird. Die Ziegel können zu Wandsystemen oder auch zu Gewölbestrukturen vermauert werden. Bei den Gewölbebauweisen in Lehm unter­ scheidet man zwischen dem Tonnenge­ wölbe (nubisch) und dem Kuppelgewölbe (katalanisch) [3]. Allerdings werden hierbei größere Aufbauhöhen benötigt, wie sie im heutigen Geschossbau häufig nicht oder nur schwer realisierbar sind. Dazu kommen alle Lehmputze oder Mörtel­ techniken bis hin zu modernen Lehmbau­ platten oder größere vorgefertigte Lehm­ bauelemente, die auf der Baustelle versetzt und deren Fugen mit feuchtem Lehm aus­ gefacht werden. Kreislaufpotenzial Eine der größten Stärken von reinen Lehm­ bauten, nämlich die 100%ige Kreislauf­ gerechtigkeit, ist zugleich auch seine größte Schwäche: Lehm sollte während seiner ­Einsatzzeit nicht mit Wasser in Berührung kommen. Niederschlags- oder Bauwasser kann zu mechanischen Mängeln in Form von Druckversagen, Quell- und Schwind­ spannungen oder Rissbildung führen. In ­Klimazonen mit starken saisonalen Regen­ fällen gehört die Wassereinwirkung zu den ungünstigsten Szenarien für Lehmbauten. Doch auch hier gehen neueste Anwendun­ gen innovative Wege: Eingestampfte Steine oder Horizontalsperren verringern die Fließ­ geschwindigkeit von Regenwasser auf exponierten Wandelementen und stoppen somit die Erosion des Materials im Bauteil. Dadurch werden nun auch Gebäude aus Lehm ohne große Dachüberstände oder andere Schutzmaßnahmen realisierbar [4]. Die im folgenden gezeigten Beispiele beziehen sich auf diese moderneren Lehm­ anwendungen und zeigen Wege und Mög­ lichkeiten auf, diesen sehr traditionellen Baustoff neu und innovativ zu denken und anzuwenden. Denn die beschriebenen kli­ matischen und gesundheitlichen Vorteile sind einfach zu groß, um sie zu ignorieren.

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Massivbau Stampflehm I Schützen Stehfalzdeckung Stampflehm mit Erosionsbremsen Natursteinplatte Dämmen Schilfrohrdämmung Schaumglasschotter Tragen Stampflehm Ringanker Konstruktionsvollholz, mit Stahl­ platte als Rückverankerung Holzbalken, Dachsparren Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM Unterspannbahn Bekleiden Stampflehmboden, Holzschalung Lehmputz auf Lehmbauplatte Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Stehfalzdeckung, an Falz geklemmt auf ­Schiebehafte Vollholzschalung, min. 24 mm, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Dachsparren Konstruktionsvollholz, mit Kerve auf Fuß- und Firstpfette gelegt, verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr, lose verlegt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindungen, verschraubt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt, an Fußpfette heruntergeführt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene ­Schilfrohr Vollholzschalung, verschraubt 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt auf Schalung und ­Konterlattung 3 Ringanker Konstruktionsvollholz, mit ­Ummantelung aus Lehm, zur Vermeidung

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von Feuchtigkeitsbildung am Holz Rückverankerung Flachstahl ¡, verschraubt   4 Erosionsbremse Trass-Kalk-Mörtel   5 Fenstersturz Flachstahl, mit Stahlstab � von Ringanker abgehängt, in Lehm eingestampft Abhängung Stahlstab �, verschweißt   6 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein   7 Fensterbank Naturstein   8 Außenwandaufbau: Sockelschutz Natursteinplatte, in Stahlkonsole gehängt, verschraubt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, geklemmt Außenwand Stampflehm Wandsparren, verschraubt dazwischen Dämmung / Installationsebene Schilfrohr Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt   9 Geschossdeckenaufbau: Bodenbelag Stampflehm, gewachst Lehmsteine, luftgetrocknet, mit ausgesparten Rillen und Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Lehmbauplatte, zweilagig PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Trittschalldämmung Schilfrohr Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, sichtbar, verschraubt 10 Bodenaufbau: Bodenbelag Stampflehm, gewachst Lehmsteine, luftgetrocknet, mit ausgesparten Rillen und Wärmeleitblechen zum Einlegen der Fußbodenheizungsrohre Lehmbauplatte, zweilagig Bodenplatte Stampflehm Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotter­ schüttung 11 fetter Lehm Perimeterdämmung Schaumglasschotter in Säcken aus Textilgewebe als Montagehilfe, mechanisch befestigt an Stampflehm Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, an Fensterprofil hochgeführt, geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt Kellerwand Stampflehm 12 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, geklemmt Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet, frostfrei gegründet Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Decke ohne Maßstab 1 Als Erosionsbremse dient eine Schicht aus TrassKalk-Mörtel. 2 Der Ringanker aus Konstruktionsvollholz ist mit Lehm ummantelt, um Feuchtigkeitsbildung am Holz zu vermeiden. Eine Abhängung aus Flachstahl verbindet den Ringanker mit der Stampflehmwand. 3 Der Fenstersturz aus Flachstahl ist mit Stahl­ stäben am Ringanker abgehängt. 4 Die Fensterlaibung aus Vollholz mit eingefräster Tropfkante wird mit dem Fenstersturz verschraubt. 5 Im Sockelbereich schützt eine in eine Stahl­ konsole eingehängte Natursteinplatte die Stampflehmwand vor eindringendem Wasser.

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Stampflehm muss im Außenbereich gegen Auswaschung ge­­ schützt werden. Dies erfolgt durch Trass-Kalk-Schichten oder gröbe­ ­re Kiese, die die Geschwindigkeit des abfließenden Regenwassers mindern und dadurch die Erosion nach einigen Millimetern stoppen. Hochgedämmte Wandkonstruktionen mit Stampflehm sind kon­ struktiv und bauphysikalisch sehr anspruchsvoll. Je nach Erdbebenzone dürfen tragende Bauteile nicht ausschließlich aus Lehm bestehen.

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Massivbau Stampflehm II Schützen Attikablech, Extensivbegrünung Stampflehm mit Erosionsbremsen Dämmen Schaumglasplatten Schaumglasschotter Tragen Fertigteil Stampflehm Fertigteil Stahlbeton, wiederverwendet Fundament Fertigteil Stahlbeton, ­wiederverwendet Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie Bekleiden Stampflehm Stampflehmboden Lehmputz Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 Isometrie  Maßstab 1:20 1 Dachrandabschluss: Attikablech, gekantet, auf Hafte geklemmt Haftenblech, verschraubt an Attika 2 Dachaufbau: Extensivbegrünung Kiesstreifen an Bauteilanschlüssen Vegetationstragschicht, lose geschüttet Filtervlies Polypropylen, lose verlegt Dränageelement HDPF sortenrein oder Edelstahl, lose verlegt, wiederverwendet Speicherschutzmatte Kunststoff, sortenrein, lose verlegt Dachabdichtungsbahn EPDM, materialhomogen verschweißt, zweilagig, hochgeführt an Attika, geklemmt Gefälledämmung Schaumglasplatten, Gefälle min. 2 %, lose verlegt Dämmung Schaumglasplatten, lose im Verband verlegt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, hochgeführt an Attika, geklemmt Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindungen, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, unbehandelt, über Kopfplatte und Blech an Ringanker sichtbar verschraubt

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  3 Notentwässerung Zink oder Kupfer, ­eingestampft in Fertigteil Stampflehm   4 Ringanker Fertigteil Stahlbeton, thermisch getrennt, Stahlarmierung zur Verbindung ­beider Stampflehmschalen   5 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, wieder­verwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein   6 Geschossdeckenaufbau: Bodenbelag Stampflehm, gewachst PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Trittschalldämmung / Installationsebene Kork Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, unbehandelt, über Kopfplatte und Blech an Ringanker sichtbar verschraubt dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbesserung des Schallschutzes, lose in Wabenplatte geschüttet PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Einschubbrett, aufgelegt Zwischenbalkendämmung Schaumglasplatte, lose verlegt Vollholzschalung, verschraubt Vollholzlattung für abghängte Decke, ­verschraubt an Deckenbalken Lehmbauplatte mit doppelschichtigem Lehmputz, armiert, verschraubt   7 Außenwandaufbau: Fertigteil Stampflehm, selbsttragend, min. 12 cm Wärmedämmung Schaumglasplatten Fertigteil Stampflehm, selbsttragend, min. 24 cm, innenseitig mit integrierter Wand­ heizung   8 Spritzwasserschutz Sockelputz Kalk, auf Putz­ trägerplatte, Sockelhöhe min. 50 cm über Geländeoberkante   9 Bodenaufbau: Bodenbelag Stampflehm, gewachst PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend lose verlegt Trittschalldämmung / Installationsebene Kork Bodenplatte Kork-Trass-Lehm Mischung Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotter­ schüttung 10 Perimeterdämmung Schaumglasschotter, in Säcken aus Textilgewebe als Montagehilfe, mechanisch befestigt an Stahlbeton Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, mit Befestigungsschiene geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Fundament Fertigteil Stahlbeton, wieder­ verwendet, frostfrei gegründet Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Neue Techniken ermöglichen einen industrialisierten Lehmbau. Die Forschung an digitalen Fertigungsprozessen könnte helfen, den heute noch bestehenden ökonomischen Nachteil des ho­­ hen Arbeitsaufwands zu kompensieren.

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1 Die Aufmörtelung aus Trass-Kalk dient zum Nivellieren des Fertigteils. 2 Der Deckenbalken aus Konstruktionsvollholz ist über eine Kopfplatte und ein Blech am Ringanker verschraubt. 3 Das Fertigteil aus Stahlbeton mit Armierung dient als Ringanker und auch zur Verbindung beider Stampflehmschalen mit thermischer ­Trennung. Eingegossene Nägel verzahnen den Ringanker mit den Fertigteilen aus Stampflehm. 4 Das Laibungsbrett aus Vollholz ist über eine ­eingefräste Nut luftdicht mit dem Fensterrahmen verbunden. 5 Eine Gewebebahn aus Schilfrohr dient zur ­Verbindung beider Stampflehmschalen. 6 Auf der Innenseite des Fertigteils aus Stampflehm ist eine Wandheizung integriert. 7 Im Sockelbereich dient eine Klemmschiene zur Befestigung der Abdichtungsbahn aus EPDM.

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Fachwerkbau Holz und Lehm Schützen Biberschwanzdeckung, Ton Fachwerk Konstruktionsvollholz Lehmsteine, verputzt mit Kalkputz Dämmen Schilfrohrdämmung Schaumglasschotter Tragen Fachwerk Konstruktionsvollholz Fundament Naturstein Dichten Abdichtungsbahn EPDM PE-Folie, Unterspannbahn Bekleiden Dielen Altholz Stampflehmboden Lehmputz Isometrie  Maßstab 1:20 Vertikalschnitt  Maßstab 1:20 1 Dachaufbau: Biberschwanzdeckung Ton, eingehängt Vollholzlattung, verschraubt Konterlattung / Hinterlüftung, min. 40 mm, ­verschraubt Unterspannbahn, winddicht, diffusionsoffen, min. 30 cm überlappend verlegt Schalung Vollholz, verschraubt Dachsparren Konstruktionsvollholz, mit Kerve auf Fuß- und Firstpfette gelegt, verschraubt dazwischen Dämmung Schilfrohr Massivholzplatte als Diagonalschalung mit Schwalbenschwanzverbindung verbunden, ­verschraubt PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm überlappend verlegt, an Fußpfette heruntergeführt, geklemmt Vollholzlattung, verschraubt auf Sparren dazwischen Dämmung Schilfrohr als Installa­ tionsebene Vollholzschalung, sichtbar, verschraubt 2 Insektenschutzgitter Stahlblech, korrosions­ geschützt, verschraubt auf Schalung und ­Konterlattung 3 Balken als Zugelement, Konstruktionsvollholz, gesteckt, geschraubt 4 Außenwandaufbau: Kalkputz

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Mauerwerk Lehmstein, mit Trass-Kalk-Mörtel gemauert, als Ausfachung für Fachwerk ­Konstruktionsvollholz, verschraubt Dämmung Schilfrohr, rückverankert mit ­Dämmstoffdübeln an Mauerwerk Mauerwerk Lehmstein, nicht tragend, mit ­Trass-Kalk-Mörtel gemauert doppelschichtiger Lehmputz, Armierung Gras­ fasermatte 5 Geschossdeckenaufbau: Dielen Altholz, in Feder verdeckt verschraubt Vollholzlattung, verschraubt dazwischen Holzweichfaserplatte, lignin­ gebunden, als Systemplatte mit Einfräsungen und Wärmeleitblechen zur Aufnahme der ­Fußbodenheizungsrohre Ausgleichsdämmung Holzweichfaserplatte, ­ligningebunden PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Vollholzschalung, verschraubt Deckenbalken Konstruktionsvollholz, sichtbar, auf Rähm gelagert dazwischen Masseschüttung Sand, zur Verbes­ serung des Schallschutzes Rieselschutzmatte, min. 30 cm stoßüberlappend verlegt Einschubbrett, gelegt auf Lattung, verschraubt Vollholzlattung, verschraubt 6 Schiebeladen Holzlamellen 7 Fenster: Dreifachverglasung in Holzrahmen, wiederverwendet Trockendichtung Kunststoff, sortenrein 8 Bodenaufbau: Bodenbelag Stampflehm, gewachst, mit ­eingestampften Fußbodenheizungsrohren PE-Folie, diffusionshemmend, min. 30 cm ­überlappend verlegt, geklemmt Trittschalldämmung Schilfrohr Bodenplatte Stampflehm Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Sauberkeitsschicht Sand Perimeterdämmung Schaumglasschotter­ schüttung 9 Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, mit Befestigungsschiene geklemmt Noppenbahn, min. 30 cm überlappend verlegt Abdichtungsbahn gegen Bodenfeuchte EPDM, materialhomogen verschweißt, lose verlegt Fundament Naturstein z. B. Granit, gemauert, frostfrei gegründet Sauberkeitsschicht Sand

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Isometrie Dach Isometrie Sockel / Boden ohne Maßstab

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Lehm und Holz bilden eine ideale Hybrid-Kombination. Die beiden Materialien können sowohl in Wand- als auch in Deckenkon­ struktionen sortenrein miteinanGSEducationalVersion der kombiniert werden.

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1 Die Biberschwanzplatten aus Ton werden über eine Nase an der oberen Kante der Lattung ­eingehängt. 2 Der Dachsparren aus Konstruktionsvollholz wird mit der Kerve auf die Fuß- und Firstpfette gelegt und verschraubt. Die Balken sind ebenfalls aus Konstruktionsvollholz und werden mit gefrästen Schwalbenschwanzverbindungen an die Schwelle / Rähm gesteckt. 3 Eine Gewebebahn aus Schilfrohr dient zur ­Verbindung der beiden Lehmsteinschalen. 4 Eine Dreikantleiste aus Holz fixiert das Gefach. 5 Der Ständer ist mit dem Riegel und der diago­ nalen Strebe, die die Horizontalkräfte aufnimmt, verzapft. 6 Im Stampflehmboden sind Fußbodenheizungsrohre eingestampft. 7 Eine Schwelle mit Sperre gegen aufsteigende Feuchtigkeit aus EPDM ist am aufgemauerten Natursteinfundament angebracht.

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Biografien Dirk E. Hebel

Dirk E. Hebel ist Professor für Nachhaltiges Bauen und Dekan der Fakultät für Architektur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er ist Autor zahlreicher Buchpublikationen, zuletzt „Kreislaufgerechtes Bauen und Kreislaufwirtschaft” (Birkhäuser, 2022, mit Felix Heisel und Ken Webster) und „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen — die Stadt als Rohstofflager” (Fraunhofer IRB, 2021, mit Felix Heisel). Seine Arbeiten wurden weltweit ausgestellt, jüngst in „Plastic: Remaking our World” (Vitra Design Museum Weil am Rhein, 2022, mit Nazanin Saeidi, Alireza Javadian, Sandra Böhm und Elena Boerman). Als Fakultätsverantwortlicher gemeinsam mit Prof. Andreas Wagner gewann er den ersten in Deutschland ausgetragenen Solar-Decathlon-­ Wettbewerb 2022 in Wuppertal als Teil des Teams RoofKIT (Regina Gebauer and Nicolas Carbonare). Er ist Mitglied im BDA und praktiziert Architektur in dem von ihm mitbegründeten Büro 2hs Architekten und Ingenieur, Hebel/Heisel/Schlesier mit einem Fokus auf ressourcengerechtem Bauen und kreislaufgerechtem Materialeinsatz. Gemeinsam mit Werner Sobek und Felix Heisel schloss er vielbeachtete Bauprojekte wie die Forschungseinheit Urban Mining and Recycling im NEST Projekt der EMPA in Dübendorf bei Zürich ab, zudem mit Felix Heisel und Karsten Schlesier sowie Lisa Krämer und Simon Sommer den MehrWert Pavilion für das Landesumweltamt Baden-Württemberg auf der Bundesgartenschau Heilbronn.

Ludwig Wappner

Ludwig Wappner ist Professor für Entwerfen und Baukonstruktion an der Fakultät für Architektur am KIT und Sprecher des Instituts Entwerfen und Bautechnik (IEB). Er ist Gründungspartner von Allmann Sattler Wappner Architekten in München. Das Unternehmen firmiert seit 2022 unter allmannwappner. Ludwig Wappner war Gastprofessor an diversen nationalen und internationalen ­Universitäten. Er ist aktuell Vorsitzender der Gestaltungsbeiräte von Mannheim und Pforzheim, nach Erfahrungen in München, Bamberg, Ingolstadt und Trier. Darüber hinaus ist er BDA-Mitglied sowie Vorsitzender der Schellingstiftung in Karlsruhe. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung als Preisrichter von Wettbewerben und Gutachten. Vorträge, Publikationen sowie Gastkritiken und Workshops im nationalen und internationalen Kontext sind wesentlicher Teil seines ­Wirkens in Praxis, Lehre und Forschung. Das von ihm initiierte und 2022 gemeinsam mit Studierenden, seinem Forschungsteam und Zimmermeisterschülern aus Freiburg abgeschlossene Design-Build Projekt Reallabor Tiny House in Karlsruhe-Durlach gewann 2023 beim Hochschulpreis Holzbau eine der Auszeichnungen. Das Projekt gilt als Leucht-

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turm eines sortenrein und kreislaufgerecht konstruierten Wohngebäudes aus Holz, das neben dem enormen Wissensgewinn für alle Beteiligten in technischen Fragen vor allem auch als schöne Architektur erlebbar ist.

Werner Sobek

Werner Sobek ist Architekt und beratender Ingenieur. Er ist Gründer des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart und Initiator des Sonderforschungsbereichs SFB 1244 über Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen. Werner Sobek ist darüber hinaus Gründer und Ehrenpräsident mehrerer gemeinnütziger Initiativen wie z. B. dem aed e. V. 2022 wurde er von der Zeitschrift Cicero als einziger Architekt und Ingenieur in die Liste der 500 wichtigsten deutschsprachigen Intellektuellen auf­ genommen. Für sein überragendes gesellschaftliches Engagement im Bereich Architektur und Ingenieurswesen mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit wurde er 2022 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Thomas Auer

Thomas Auer ist Professor für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen an der Technischen Universität München (TUM) und Partner bei Transsolar. Er arbeitet mit namhaften Architekturbüros weltweit an preis­ gekrönten Projekten, die sich durch ihr innovatives Design und integrale Klimastrategien auszeichnen. Thomas Auer lehrte an diversen Universitäten, unter anderem an der Yale University in New Haven, und wurde 2014 als ordentlicher Professor an die TUM berufen. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Dekarbonisierung des Gebäudesektors sowie die Klimaadaption und deren Auswirkung auf die Aufenthaltsqualität. Er ist Mitglied der Akademie der Künste und außerordentliches Mitglied im BDA.

Katharina Blümke

Katharina Blümke ist wissenschaftliche Mit­ arbeiterin in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur für Nachhaltiges Bauen an der Fakultät für Architektur am KIT. Sie studierte an der HTWG Konstanz, an der Escola da Cidade São Paulo und am KIT, wo sie 2019 ihren Masterabschluss mit Auszeichnung erlangte. Für ihre Abschlussarbeit „Roter Ochse – die Resozialisierung der Architektur“, die sich mit der Umnutzung eines bald leer stehenden Gefängnisses in Halle an der Saale beschäftigt, erhielt sie den Friedrich-Weinbrenner-Preis und eine Nominierung für den wa-award. Neben ihrer universitären Tätigkeit arbeitet sie gemeinsam mit Falk Schneemann an der Realisierung des Projekts Garagenaufstockungen Heilbronner Straße in Karlsruhe, ein vom Land Baden-Württemberg gefördertes Leuchtturmprojekt zum innovativen, kreislaufgerechten Wohnungsbau.

Elena Boerman

Elena Boerman ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur für Nach­haltiges Bauen an der Fakultät für Architektur am KIT. Sie studierte Architektur am KIT, wo sie 2021 ihren Masterabschluss erlangte. Für ihre Abschluss­arbeit, in der sie sich mit städtebaulichen und architektonischen Strategien im Um­­gang mit bestehenden Bau­strukturen aus der Nachkriegsmoderne beschäftigte, erhielt sie eine Anerkennung des FriedrichWeinbrenner-Preises. Sie ist gemeinsam mit Sandra Böhm verantwortlich für den ­Aufbau einer neuartigen Material­bibliothek an der Fakultät für Architektur am KIT mit dem Fokus auf kreislaufgerechte Architektur. Ehrenamtlich engagiert sie sich in der Ortsgruppe Karlsruhe von Architects for Future, die im Jahr 2020 von Alisa Schneider und ihr gegründet wurde.

Steffen Bytomski

Steffen Bytomski ist wissenschaftlicher Mit­ arbeiter an der Professur für Nachhaltiges Bauen an der Fakultät für Architektur am KIT. Er studierte an der TH Nürnberg und am KIT, wo er 2022 seinen Masterabschluss erlangte. In seiner Abschlussarbeit setzte er sich mit städtebaulichen und architektonischen Strategien der Revitalisierung von leer stehenden Industrie­arealen auseinander. Als studentisches Mitglied gewann er den ersten in Deutschland ausgetragenen Solar-Decathlon-­ Wettbewerb 2022 in Wuppertal als Teil des Teams RoofKIT. Neben ­seiner universitären Tätigkeit arbeitet er bei Kühnl + Schmidt Architekten in Karlsruhe.

Valerio Calavetta

Valerio Calavetta ist Architekt und wissenschaftlicher Mitarbeiter in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur Baukon­ struktion und Entwerfen an der Fakultät für Architektur am KIT. Er studierte Archi­ tektur am KIT, wo er 2017 einen Masterabschluss mit Auszeichnung erlangte. Seine Masterarbeit wurde national und international mehrfach ausgezeichnet. Von 2017 bis 2021 arbeitete er bei allmannwappner in München und war dort verantwortlich für Wettbewerbe, Mehrfachbeauftragungen und andere kompetitive Verfahren. Seit 2022 hat er zudem einen Lehrauftrag für Entwerfen und Dar­stellen an der Hochschule für Technik in Stuttgart (HfT). Neben der Lehr­ tätigkeit ist er als Teil von Studio Sozia als freier Architekt tätig.

Lisa Häberle

Lisa Häberle ist Architektin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur Baukonstruktion und Entwerfen an der Fakultät für Architektur am KIT. Sie studierte Architektur am KIT, an der Università degli Studi di Napoli Federico II und an der TUM, wo sie 2020 ihren Master mit Auszeichnung erlangte. Ihre Master- und Theoriearbeit zum Thema der

sozialen Nachhaltigkeit und zukunftsfähiger Nachverdich­tungsstra­tegien im geförderten Wohnungsbau wurde mehrfach publiziert. Als freie Mitarbeiterin arbeitete sie bei Studio Knack und FAM Architekten in München an unterschiedlichen Projekten über alle Leistungsphasen. Neben der Lehrtätigkeit ist sie als Teil von Studio Sozia als freie Architektin tätig.

Andreas Hild

Andreas Hild ist Professor für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege an der TUM. Er studierte Architektur an der ETH Zürich und an der TUM, wo er 1989 sein Diplom erlangte. 1992 gründete er in München gemeinsam mit Tillmann Kaltwasser das Büro Hild und Kaltwasser Architekten. Seit 1998 ­firmiert das heute von Andreas Hild, Dionys Ottl und Matthias Haber geleitete Büro unter dem Namen Hild und K Architekten. Ver­ tretungs- und Gastprofessuren sowie Lehraufträge führten ihn an die Universität Kaiserslautern, die Münchner Fachhochschule (heute Hochschule München), die Akademie der Bildenden Künste in Hamburg, die Technische Universität Graz und die Technische Universität Darmstadt. Er war zudem Mitglied in den Gestaltungs­beiräten der Städte Bregenz, München und Regensburg und ist seit 2014 Teil des Baukolle­giums der Stadt Zürich.

Peter Hoffmann

Peter Hoffmann ist Architekt und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur ­Baukonstruktion und Entwerfen an der Fakultät für Architektur am KIT und dort in Lehre, Forschung und Innovation tätig. Er studierte Architektur am KIT, wo er 2014 seinen Di­plomabschluss mit Auszeichnung erlangte. Danach arbeitete er unter anderem bei Prof. Peter Krebs, Büro für Architektur, in Karlsruhe. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist er als Gründungspartner von Schneider Hoffmann Architekten als freier Architekt tätig. Zusammen mit Falk Schneemann und Helge Hörmann war er als Projektleiter verantwortlich für das preisgekrönte Projekt Reallabor Tiny House an der Professur Baukonstruktion und Entwerfen, das in sorten­ reiner Bauweise erstellt wurde und 2023 beim Hochschulpreis Holzbau ausgezeichnet wurde.

Christian Holl

Christian Holl ist freier Autor und Publizist, Kurator und Mitglied des Ausstellungsausschusses an der Stuttgarter architekturgalerie am weißenhof sowie Geschäftsführer des BDA Hessen. Nach dem Studium der Architektur an der RWTH Aachen, der Università degli Studi di Firenze und der Universität Stuttgart arbeitete er als Redakteur bei der db deutsche bauzeitung, gründete 2004 mit Ursula Baus und Claudia Siegele frei04 pub­ lizistik und war von 2005 bis 2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart. Er nahm verschie-

dene Lehraufträge wahr. Mit Ursula Baus und Claudia Siegele gibt er das seit 2017 erscheinende eMagazin Marlowes heraus. 2021 wurde Marlowes mit einer besonderen Auszeichnung beim BDA-Preis für Architektur­ kritik gewürdigt.

Paula Holtmann

Paula Holtmann ist wissenschaftliche Mit­ arbeiterin in Lehre, Forschung und Inno­ vation an der Professur für Nachhaltiges Bauen an der Fakultät für Architektur am KIT. Sie studierte Architektur an der Uni­ versität Siegen, der Universidad Ramon Llull in Barcelona und am KIT. Dort erlangte sie 2022 ihren Masterabschluss. In ihrer Abschluss­arbeit widmete sie sich leer ste­ henden Bestandsgebäuden der deutschen Nachkriegsära und entwickelte innovative Weiternutzungsstrategien, um der aktuellen Wohnungsknappheit zu begegnen. Dafür erhielt sie die Nachwuchsförderung der Ikea Stiftung für Wohnen und Wohnkultur. Sie war zudem Werkstudentin und Praktikantin in den Büros Nidus Studio, Düsseldorf, Caruso St John, Zürich, und Malo Architekten, Karlsruhe.

Hauke Horn

Hauke Horn ist Professor für Architektur­ theorie und -wissenschaft an der TU Darmstadt. Als Architekt, Energieberater und ­Kulturwissenschaftler lehrt und forscht er in den Schnittbereichen von Architektur­ geschichte, Nachhaltigkeit und Kommu­ nikationstheorie. Zu seinen zahlreichen ­Publikationen zählen zwei preisgekrönte ­Dissertationen in Architektur (Dr.-Ing.) und Kunstgeschichte (Dr. phil.), die sich mit ­baulichen Transformationsprozessen und Identitätsstiftung beschäftigen, sowie eine Habilitation, die mit einem PostDoc-­ Forschungsstipendium der Gerda Henkel ­Stiftung gefördert wurde. Neben seiner ­akademischen Tätigkeit führt er das Büro energiewaende mit Schwerpunkt auf Energieberatung und nachhaltige Sanierungen im Bestand.

Hanna Hoss

Hanna Hoss ist Architektin und wissen­ schaftliche Mitarbeiterin in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur für Nach­ haltiges Bauen an der Fakultät für Archi­ tektur am KIT. Sie studierte Architektur am KIT, wo sie 2020 ihren Masterabschluss erlangte. Für ihre Masterarbeit „Pro Humla – Geburtshaus in Westnepal“ wurde sie für den BDA-SARP-AWARD 2020 nominiert und erhielt eine Anerkennung des FriedrichWeinbrenner-Preises 2020. Von 2020 bis 2023 arbeitete sie bei Löffler_Schmeling Architekten, Karlsruhe, mit dem Schwerpunkt klimagerechte Architektur. 2022 war sie zudem wissenschaftliche Mitarbeiterin der STO-Stiftung-Gastprofessur „Sustainable Materials for a new Architectural Practice – Entering a circular economy“ von Peter van Assche und Katja Hogenboom.

Daniel Lenz

Daniel Lenz ist Architekt und wissenschaft­ licher Mitarbeiter am Fachbereich Bauwesen der Technischen Hochschule Lübeck. Nach seinem Studium der Architektur an der Technischen Universität Darmstadt und am Politecnico di Milano arbeitete er als ­leitender Architekt bei Pfeifer Kuhn Archi­ tekten sowie Kuhn und Lehmann Architekten in Freiburg. Von 2018 bis 2023 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur Nachhaltiges Bauen an der Fakultät für Architektur am KIT sowie von 2021 bis 2022 an der STO-Stiftung-Gastprofessur „Sus­ tainable Materials for a new Architectural Practice – Entering a circular economy“ von Prof. Dr. Anupama Kundoo. Neben seiner akademischen Tätigkeit arbeitet er in verschiedenen Kooperationen als praktizierender Architekt.

Falk Schneemann

Falk Schneemann ist Architekt und wissenschaftlicher Mitarbeiter in Lehre, Forschung und Innovation an der Professur Baukon­ struktion und Entwerfen an der Fakultät für Architektur am KIT. Er studierte nach ­seiner Ausbildung zum Zimmermann Architektur an der HfT Stuttgart und der TU Delft, wo er seinen Diplomabschluss mit Aus­ zeichnung erlangte. Es folgte langjährige Be­rufserfahrung in leitenden Positionen bei Foster + Partners in London und Herzog & de Meuron in Basel. 2019 schloss er am KIT seine Promotion mit dem Titel „Das Hochhaus als Gewebe von Gestaltung und Technik“ ab (Jovis Verlag, 2021). Mit dem von ihm ge­­gründeten Architekturbüro FSA stellte er 2023 das Projekt Garagenaufstockungen Heilbronner Straße in Karlsruhe fertig, ein vom Land BadenWürttemberg gefördertes Leuchtturmprojekt zum innovativen, kreislaufgerechten Wohnungsbau.

Daniela Schneider

Daniela Schneider ist Architektin und Senior Consultant im Bereich Cradle to Cradle bei EPEA GmbH — Part of Drees & Sommer in Stuttgart. Sie studierte Architektur an der HfT Stuttgart, wo sie 2008 ihr Diplom er­­ langte. Danach arbeitete sie mehrere Jahre als Bau- und Projektleiterin im Bereich nachhaltiges Bauen. Sie graduierte zudem 2012 im Masterstudiengang Architektur und Umwelt an der Hochschule Wismar. Aktuell promoviert sie nebenberuflich an der Pro­ fessur Nachhaltiges Bauen an der Fakultät für Architektur am KIT zum Schwerpunkt kreislaufgerechtes Konstruieren. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte umfassen die Entwicklung von kreislauffähigen Gesamtkonzepten sowie die Beratung von Investoren, Bauherren und Planenden in Fragen unschädlicher Baumaterialien und rezyklierbaren Konstruktionen. Als DGNB-Auditor ist sie Mitglied im DGNB-Ausschuss für Lebens­zyklus und zirkuläres Bauen.

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Bildnachweis Die Herausgeberinnen und Herausgeber, Autorinnen und Autoren sowie der Verlag sagen allen, die durch Überlassung ihrer Bild­ vorlagen, durch Erteilung von Reproduktions­ erlaubnis und durch Auskünfte am Zustande­ kommen des Buchs mitgeholfen haben, aufrichtigen Dank. Sämtliche Zeichnungen in diesem Werk sind eigens angefertigt. Trotz inten­siver Bemühungen konnten wir einige Urheber der Abbildungen nicht ermitteln, die Urheberrechte sind aber gewahrt. Wir bitten um dementsprechende Nachricht. EINLEITUNG Vom Sortenreinen Bauen 1 NASA, USA 2 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach Rogers, Richard: Cities for a small planet. New York 1993 3 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach ­Leonard, Annie: The Story of Stuff: How Our Obsession with Stuff is Trashing the Planet, Our Communities, and Our Health — and a Vision for Change. London 2010 4 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach ­Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI Essen), FraunhoferInstitut für System- und Innovationsfor­ schung (ISI), Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR): Trends der Angebots- und Nachfrage­situation bei mineralischen Rohstoffen. Endbericht Forschungsprojekt Nr. 09/05 des Bundesministeriums für Wirtschaft und ­Technologie (BMWi). Berlin 2005, S. 17 5 shutterstock.com 6 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach Umweltbundesamt (Hrsg.); Müller, Felix; Lehmann, Christian; Kosmol, Jan; Keßler, Hermann; Bolland, Til: Urban Mining — Ressourcenschonung im Anthropozän. Dessau-Roßlau 2017, S. 32, www.umweltbundesamt.de/publikationen/ urban-mining-ressourcenschonung-imanthropozaen. Originalquelle: Skinner, B. J.: Exploring the resource base. In: Unpublished notes for a presentation to the Conference on Depletion and the Long-Run Availability of Mineral Commodities held in Washington, DC. April 2001 7 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach Rogers, Richard: Cities for a small planet. New York 1993 8 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach Ellen MacArthur Foundation: Circular economy systems diagram, 2019, ellenmacarthurfoundation.org GESCHICHTE UND STATUS QUO Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens 1 Hauke Horn 2 Biller, Thomas; Wendt, Achim: Die Burgen im Welterbegebiet Oberes Mittelrheintal. Ein Führer zu Architektur und Geschichte. Regensburg 2013, S. 140

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3 Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, Foto: Carlos Teixidor Cadenas, 2022 4 Hauke Horn 5 Vio, Ettore (Hrsg.): San Marco. Geschichte, Kunst und Kultur. München 2001, S. 99 6 Bosman, Lex: The Power of Tradition. Spolia in the architecture of St. Peter’s in the Vatican. Hilversum 2004, S. 42 7 a Puhle, Matthias (Hrsg.): Aufbruch in die Gotik. Der Magdeburger Dom und die späte Stauferzeit und Europa, Band 1. Mainz 2009, S. 38 7 b ebd., S. 370 8 Hauke Horn 9 Kappel, Kai: Memento 1945? Kirchenbau aus Kriegsruinen und Trümmersteinen in den Westzonen und der Bundesrepublik Deutschland. Kunstwissenschaftliche Studien Band 145. München 2008, Taf. XXV 10 ebd., Taf. XXIII Mehr als Mine — der Gebäudebestand als materielle und kulturelle Ressource 1– 6  Christian Holl Vernakuläre Architektur 1 Katiekk / Shutterstock 2 Konstantin Litvinov  / shutterstock.com 3 Anton_Ivanov / shutterstock.com 4 Peter Hoffmann 5 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach Krauth, Theodor; Meyer, Franz Sales: Das Zimmermannsbuch: Die Bauund Kunstzimmerei. Leipzig 1895, S. 89 6 Viollet-le-Duc, Eugène-Emmanuel: Dictionnaire raisonné de l’architecture française du XIe au XVIe siècle. Band 7. Paris 1875, S. 43 und S. 47 7 Robert Schneider / stock.adobe.com 8 Ruedi Walti 9 Ricardo Canino / shutterstock.com 10 Hebel, Dirk; Moges, Melakeselam; Gray, Zara (Hrsg.) in collaboration with Something Fantastic: SUDU — the Sustainable Urban Dwelling Unit. Berlin 2015 11 Minke, Gernot: Building with Bamboo, Design and Technology of a Sustainable Architecture. Basel 2012 Von temporären Bauten lernen 1 Vintage-Illustration aus Brockhaus ­Konversations-Lexikon 1908  /  Vektorgrafik-Anbieter Hein Nouvens / shutterstock.com 2 Arnold Newman / Getty Images, Lustron Corporation, Columbus Ohio 3 Fonds Prouvé / Bildkunst.de / bpk-Bild­ agen­tur 4 Courtesy of Shigeru Ban Architects 5 a-b Filip Dujardin 6 Jeroen van der Wielen

Zeitgenössische Beispiele kreislaufgerechter Bauten 1 Rasmus Hjortshøj & Lendager 2–3 Lendager Group 4–5 in situ, Foto: Martin Zeller 6–8 Zooey Braun MATERIAL – FÜGUNG – SCHICHTEN Materialien der Kreislaufwirtschaft S. 70 links  KME SE, Fakultät für Architektur, KIT S. 70 rechts  Materialbibliothek, Fakultät für Archi­tektur, KIT S. 71 links  MAGNA Glaskeramik GmbH, Fakultät für Architektur, KIT S. 71 rechts  StoneCycling, Fakultät für Architektur, KIT S. 72 links  Naporo Klima Dämmstoff GmbH, Fakultät für Architektur, KIT S. 72 rechts  Neptu GmbH, Fakultät für Architektur, KIT S. 73 links  Liapor GmbH & Co. KG, Fakultät für Architektur, KIT S. 73 rechts  GLAPOR Werk Mitterteich GmbH, Fakultät für Architektur, KIT S. 74 links  AMANN Die Dachmarke, Fakultät für Architektur, KIT S. 74 rechts, S. 75 links  Ampack Bautechnik GmbH, Fakultät für Architektur, KIT S. 75 rechts  Hanno-Werk GmbH & Co. KG, Fakultät für Architektur, KIT S. 76 links  Hirsch & Sohn Holzhandel GmbH, Fakultät für Architektur, KIT S. 76 rechts  Metallwerkstatt, Fakultät für Architektur, KIT S. 77  Materialbibliothek, Fakultät für Architektur, KIT S. 78 links  CLAYTEC GmbH & Co. KG, Fakultät für Architektur, KIT S. 78 rechts  M & K Filze, Fakultät für Architektur, KIT S. 79 links  Smile Plastics, Fakultät für Architektur, KIT S. 79 rechts  Tarkett Holding GmbH, Fakultät für Architektur, KIT Schadstoffe im Kreislauf 1 Daniela Schneider, nach Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V.: Schadstoffe in Innenräumen und an Gebäuden. Hamburg 2010, S. 67, 171—172, 179, 241, 310, 319— 321 2 Daniela Schneider, nach Bayerische Architektenkammer: Nachhaltigkeit gestalten. München 2018, S. 146, byak.de/data/Nachhaltigkeit_gestalten/ Nachhaltigkeit_gestalten_Download.pdf (letzter Zugriff 22.6.2022) 3 EPEA GmbH — Part of Drees & Sommer 4 Linden, Wolfgang; Marquardt, Iris (Hrsg.): Ökologisches Baustofflexikon. Bauprodukte, Chemikalien, Schadstoffe, Ökologie, Innenraum. Berlin 2018, S. 622 5, 6 Daniela Schneider, angepasst und ergänzt nach EPEA GmbH — Part of Drees & Sommer

Quellen Digitalisierung in der Kreislauf­ wirtschaft 1 Iwan Baan 2 Gramazio Kohler Research, ETH Zürich 3 Matthias Rippmann 4 Zooey Braun 5 Zeichnung: Sebastian Kreiter, nach Madaster 6 Felix Heisel, Circular Construction Lab, Cornell University Einfach (Um)Bauen 1 TU München, Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen, 2 Hild und K Architekten 3–5 Transsolar 6 CommAG Reversible Füge- und Verbindungs­ methoden 1–2 Daniela Schneider, Zeichnung: Sebastian Kreiter 3 Zeichnung: Sebastian Kreiter nach ­Durmisevic, Elma: Transformable build­ing structures, Design for disassembly as a way to introduce sustainable engineering to building design & construction. Dissertation. Technische Universität Delft, 2006, S. 178f. Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip 1 Zeichnung: Luca Diefenbacher, nach Brand, Stewart; Ryan, Donald 2 Zeichnung: Luca Diefenbacher DETAILKATALOG Fokus Holz 1 Zeichnung: Luca Diefenbacher Fokus Mauerwerk 1 Zeichnung: Luca Diefenbacher Fokus Beton 1 Zeichnung: Luca Diefenbacher, nach Weber, Robert: Guter Beton. 24. Auflage. Verlag Bau +Technik, Düsseldorf 2014 Fokus Stahl 1 Zeichnung: Luca Diefenbacher Fokus Lehm 1 Zeichnung: Luca Diefenbacher nach Gandreau, David; Delboy, Leticia; Joffroy, Thierry: Patrimoine mondial, Inventaire et situation des biens construits en terre. UNESCO / CH / CPM. Paris 2010

EINLEITUNG Vom Sortenreinen Bauen   [1] United Nations: Rio Declaration on ­Environment and Development. The United Nations Conference on Environment and Development. Rio de Janeiro 3.—14.6.1992   [2] Winkels, Rebecca: Wer bestimmt die Erdzeitalter? In: Helmholtz-Gemeinschaft, 29.8.2016. www.helmholtz.de/ newsroom/artikel/wer-bestimmt-dieerdzeitalter/ (letzter Zugriff 22.8.2022)   [3] Crutzen, Paul J.; Stoermer, Eugene F.: The „Anthropocene”. In: IGBP Global Change Newsletter, Nr. 41, Mai 2000, S. 17f. www.igbp.net/download/18.3 16f18321323470177580001401/13763 83088452/NL41.pdf (letzter Zugriff 21.8.2022)   [4] Anthropocene Working Group: Sub­ comission on Quarternary Stratigraphy: Results of Binding Vote by the Anthropocene Working Group. 21.5.2019. http://quaternary.stratigraphy.org/ working-groups/anthropocene/ (letzter Zugriff 21.8.2022)   [5] Hauff, Volker (Hrsg.): Unsere gemeinsame Zukunft: Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven 1987, S. 46   [6] Milliman, John D.; Syvitski, James PM.: Geomorphic / Tectonic Control of ­Sediment Discharge to the Ocean: The Importance of Small Mountainous Rivers. In: The Journal of Geology, 5/1992, S. 525—544   [7] ECO Spezial: Sand — ein Milliarden­ geschäft. SFR. TV-Dokumentation. Zürich 2014. www.srf.ch/sendungen/eco/ecospezial-sand-ein-milliardengeschaeft-2 (letzter Zugriff 22.8.2022)   [8] Peduzzi, Pascal: Sand, Rarer than One Thinks. In: Global Environmental Alert Service. UNEP. März 2014. www.sciencedirect.com/science/article/ pii/S2211464514000396?­via%3Dihub, (letzter Zugriff 22.8.2022)   [9] Delestrac, Denis: Sand Wars. Dokumentation. 2014 [10] Hassler, Uta; Topalovic, Milica; Grün, Armin: Constructed Land — Singapore 1924 —2012. ETH Zürich 2014 [11] wie Anm. 8 und United Nations Commodity Trade Statistics Database (UNcomtrade). http:// comtrade.un.org/db/help/ureadMeFirst. aspx?returnPath=%2fdb%2fce%2fceSna pshot.aspx%3fpx%3dS1%26cc%3d273 (letzter Zugriff 22.8.2022) [12] wie Anm. 7 [13] Boden, George; Courtney, Oliver: ­Shifting Sand Report — Supporting Documents. Global Witness Report. London / Brüssel / Washington 2010 [14] Leonard, Annie: The Story of Stuff: How Our Obsession with Stuff is Trashing the Planet, Our Communities, and Our

Health — and a Vision for Change. ­London 2010 [15] U.S. Geological Survey: Mineral ­Commodity Summaries 2021. https://pubs.usgs.gov/periodicals/ mcs2021/ (letzter Zugriff 23.8.2022) [16] Institut für seltene Erden und Metalle AG (ISE): Kupfergewinnung und -produktion. https://institut-seltene-erden.de/kupfergewinnung-und-produktion/ (letzter Zugriff 24.8.2022) [17] Deutsches Kupferinstitut Berufsverband e. V.: Ressourcenschonung dank Recy­ cling, Düsseldorf. www.kupferinstitut.de/kupferwerkstoffe/ nachhaltigkeit/recycling/ (letzter Zugriff 23.8.2022) [18] Gäth, Stefan; Eck, Francis: Zur falschen Zeit am falschen Ort. Müll als Ressource. Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ). Bundeszentrale für Politische Bildung. Bonn 2018. www.bpb.de/shop/ zeitschriften/apuz/281502/zur-falschenzeit-am-falschen-ort/#footnote-target-4 (letzter Zugriff 23.8.2022) [19] ­ebd. [20] wie Anm. 17 [21] ebd. [22] Umweltbundesamt: Verwertung von Bauund Abbruchabfällen, Dessau-Roßlau 2021. www.umweltbundesamt.de/daten/ ressourcen-abfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/ bauabfaelle#verwertung-von-bau-undabbruchabfallen (letzter Zugriff 24.8.2022) [23] Bundesverband Glasindustrie e. V. (Hrsg.), BDE Bundesverband der deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V.; bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.: Qualitätsanforderungen an Glasscherben zum Einsatz in der Behälterglasindustrie. Standartblatt T 120. Düsseldorf 2014 [24] Neroth, Günther; Vollenschaar, Dieter: Glas. In: Neroth, Günther; Vollenschaar, Dieter (Hrsg.): Wendehorst Baustoffkunde. Wiesbaden 2011, S. 555– 635. doi: 10.1007/978-3-8348-9919-4_9 (letzter Zugriff 25.8.2022) [25] Europäische Kommission (Hrsg.): Establishing Criteria Determining When Glass Cullet Ceases to Be Waste under Directive 2008/98/EC of the European Parliament and of the Council, Commission Regulation (EU) 1179/2012. Brüssel 2012. http://data.europa.eu/eli/reg/2012/ 1179/oj. (letzter Zugriff 25.8.2022) [26] Heisel, Felix; Hebel, Dirk E.: Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen. Die Stadt als Rohstofflager. Stuttgart 2021 [27] ebd. [28] Kreislaufwirtschaft Bau, Bundesverband Baustoffe — Steine und Erden e. V.: ­Mineralische Bau- und Abbruch­abfälle.

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Monotoring, https://kreislaufwirtschaftbau.de/#services, (letzter Zugriff 3.10.2022) [29] wie Anm. 22 [30] Braungart, Michael; McDonough, ­William: Cradle to Cradle: Remaking the Way We Make Things. New York 2010 [31] Architektenkammer Bayern, Stabsgruppe des Vorstands „Gesellschaftliche Fragen“: Gebäudeklasse „E“xperiment, Rückkehr zu den wesentlichen Grund­ regeln der Architektur, Berlin: In: Deutsches Architektenblatt DAB, 1/2021 GESCHICHTE UND STATUS QUO Ein historischer Blick auf die Baukultur des Wiederverwendens   [1] Froschauer, Eva u. a. (Hrsg.): Vom Wert des Weiterbauens. Konstruktive Lösungen und kulturgeschichtliche Zusammenhänge. Basel 2020; Horn, Hauke: Die Tradition des Ortes. Ein formbe­ stimmendes Moment in der deutschen Sakralarchi­tektur des Mittelalters. Berlin 2015; Horn, Hauke: Erinnerungen, geschrieben in Stein. Spuren der Vergangenheit in der mittelalterlichen ­Kirchenbaukultur. Berlin 2017; Kappel, Kai; Müller, Matthias (Hrsg.): Geschichtsbilder und Erinnerungskultur in der Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts. Regensburg 2014; Hoffmann, ­Volker (Hrsg.): Die „Denkmalpflege” vor der Denkmalpflege. Akten des Berner Kongresses 30. Juni — 3. Juli 1999. Konferenzband. Bern 2005; Albrecht, Stephan: Die Inszenierung der Vergangenheit im Mittel­alter. Die Klöster von Glastonbury und Saint-Denis. München 2003; Meier, Hans-Rudolf; Wohlleben, Marion (Hrsg.): Bauten und Orte als Träger von Erinnerung. Die Erinnerungs­ debatte und die Denkmalpflege. Zürich 2000   [2] Meier, Hans-Rudolf: Spolien. Phänomene der Wiederverwendung in der Architektur. Berlin 2020, S. 9. Grundlegende Literatur zum Thema Spolien: Meier 2020; Altekamp, Stefan; Marcks-Jacobs, Carmen; Seiler, Peter (Hrsg.): Perspektiven der Spolienforschung 2. Zentren und Konjunkturen der Spoliierung. Berlin 2017; Altekamp, Stefan; Marcks-Jacobs, Carmen; Seiler, Peter (Hrsg.): Perspektiven der Spolienforschung 1. Spoliierung und Transpo­ sition. Berlin 2013; Klein, Ulrich; Untermann, Matthias (Hrsg.): Vom Schicksal der Dinge. Spolie – Wiederverwendung – Recycling. Paderborn 2014; Brillant, Richard; Kinney, Dale (Hrsg.): Reuse Value. Spolia and Appropriation in Art and Architecture. From Constantine to Sherrie Levine. Farnham 2011; Poeschke, Joachim (Hrsg.): Antike Spolien in der Architektur des Mittelalters und der Renaissance. München 1996

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  [3] Horn, Hauke: Erinnerungen, geschrieben in Stein. Spuren der Vergangenheit in der mittelalterlichen Kirchenbaukultur. Berlin 2017, S. 61—77   [4] Bosman, Lex: The Power of Tradition. Spolia in the Architecture of St. Peter’s in the Vatican. Hilversum 2004   [5] Gruber, Karl: Die Gestalt der deutschen Stadt. Leipzig 1937   Mehr als Mine — der Gebäudebestand als materielle und kulturelle Ressource   [1] Deutsche Umwelthilfe: Fördermittelcheck der Deutschen Umwelthilfe deckt auf. Milliardenschwere Fehlinvestitionen im Gebäudebereich gehen am Klimaschutz vorbei. Pressemitteilung. 17.2.2022. www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/foerdermittelcheck-der-deutschen-umwelthilfe-decktauf-milliardenschwere-fehlinvestitionenim-gebaeud/ (letzter Zugriff 22.4.2022)   [2] Schröer, Thomas: Neubauten sollen die Ausnahme werden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.9.2022   [3] Architects for Future e. V. (Hrsg.): Klima­ neutrales bzw. klimapositives Bauen: Vorschläge für eine Muster(um)bauordnung. Bremen 2021, S. 11. https://drive. google.com/drive/folders/1F1FECQCFn dKnYe4QmxrCDmmjTBN2fPZo (letzter Zugriff 23.10.2022)   [4] Berkemann, Karin: Das Studentenwohnheim an der Billwiese muss gehen. In: moderneREGIONAL, 12.2.2022. www.moderne-regional.de/das-studentenwohnheim-an-der-billwiese-mussgehen/ (letzter Zugriff 22.04.2022)   [5] Berkemann, Karin: Stadthalle Braunschweig. Abriss oder Sanierung? In: moderneREGIONAL, 13.2.2022. www.moderne-regional.de/stadthallebraunschweig-abriss-oder-sanierung/ (letzter Zugriff 22.4.2022)   [6] Dittrich, Philipp: Zitat, Reminiszenz, Abriss. In: marlowes, 5.4.2022. www.marlowes.de/zitate-reminiszenzenabriss/ (letzter Zugriff 22.4.2022)   [7] lernort garnisonkirche: Statt Wiederaufbau Kirchenschiff ein Haus der Demokratie und Erhalt des Rechenzentrums. 28.1.2022. http://lernort-garnisonkirche. de/?p=1770 (letzter Zugriff 22.4.2022)   [8] wie Anm. 3, S. 11   [9] BDA-Denklabor, Der Architektur-Podcast: Die Kreislaufwirtschaft zum Laufen bringen. Folge 23, 24.2.2022, ab Min. 13:47. https://bda-denklabor-dont-waste-thecrisis.stationista.com/bda-denklabor23-die-kreislaufwirtschaft-zum-laufenbringen_621762eaf625fe5edc3eef0d (letzter Zugriff 22.4.2022) [10] Europäische Kommission: Europäischer Grüner Deal: Neue Vorschläge zur Energieeffizienz von Gebäuden. Presseartikel, 15.12.2021. https://germany.representation.ec.europa.eu/news/europaischergruner-deal-neue-vorschlage-zur-energie­

­effizienz-von-gebauden-2021-12-15_de (letzter Zugriff 22.4.2022) [11] wie Anm. 5 [12] Tajeri, Niloufar: Fast unsichtbar. In: Holl, Christian u. a. (Hrsg.): Living the Region, Tübingen 2018, S. 206 [13] Groys, Boris: Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie. München 1992 [14] siehe z. B. Deutsche Stiftung Denk­ malschutz: Es kommen schwere Zeiten für Denkmale in NRW. 6.4.2022. www.denkmalschutz.de/presse/archiv/ artikel/es-kommen-schwere-zeiten-fuerdenkmale-in-nrw.html (letzter Zugriff 11.5.2022) [15] Kasparek, David: Die Villa zum Beispiel. In: marlowes, 30.11.2021. www.marlowes.de/die-villa-zum-beispiel/ (letzter Zugriff 11.5.2022) [16] zitiert nach Sellner, Jan: Der Abriss der Schmitthenner-Villa hat begonnen, In: Stuttgarter Nachrichten, 27.12.2021. www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt. architektur-in-stuttgart-der-abriss-derschmitthenner-villa-hat-begonnen. b8730094-d380-4874-a541-2cec1dc2ba9d.html?fbclid=IwAR3ka6YLULgB9u mfc7L-iDwVfNPYh_L6-cso7RYyHFCzCmezzbaBwo5-JVU (letzter Zugriff 11.5.2022) [17] Confurius, Gerrit: Architektur und Baugeschichte. Der intellektuelle Ort der europäischen Baukunst. Bielefeld 2017, S. 102 Vernakuläre Architektur   [1] Schittich, Christian: Traditionelle Bau­ weisen. Ein Atlas zum Wohnen auf fünf Kontinenten. Basel 2019, S. 18  [2] Umweltbundesamt: Abfallaufkommen: in Auftrag des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. DessauRoßlau 2022. www.umweltbundesamt.de/daten/­ ressourcen-abfall/abfallaufkommen# geanderte-statistische-erfassung (letzter Zugriff 24.10.2022)   [3] Statista: Wohnfläche je Einwohner in Wohnungen in Deutschland von 1991 bis 2021. Veröffentlicht am 5.5.2023. https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/36495/umfrage/wohnflaeche-jeeinwohner-in-deutschland-von-1989bis-2004/ (letzter Zugriff 30.10.2022)   [4] Marsh, Alastair T. M.; Kulshreshtha, Yask: The State of Earthen Housing Worldwide: How Development Affects attitudes and Adoption. Building Research & Information, 5/2021. doi: 10.1080/09613218.2021.1953369   [5] wie Anm. 1, S. 16   [6] Statista: Anteil sekundärer Rohstoffe an der Produktion von Kupfer, Aluminium und Rohstahl in Deutschland im Jahr 2021. Veröffentlicht am 14.4.2023. https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/259779/umfrage/recyclinganteil-

bei-der-produktion-ausgewaehltermetalle-in-deutschland/ (letzter Zugriff 1.1.2022)   [7] Habenicht, Gerd: Kleben: Grundlagen, Technologien, Anwendungen. Berlin / Heidelberg 2009, S. 142  [8]  ebd., S. 147 Von temporären Bauten lernen   [1] Schneider, Jens: Joseph Paxton, Erbauer des Londoner Kristallpalasts. db deutsche bauzeitung, 12/2005. www.db-bauzeitung.de/wissen/technik/ ingenieurportraet-joseph-paxton (letzter Zugriff 09.11.2022)   [2] Balzer, Willi: Das Hochhaus in den USA. Dissertation. Herten 1973, S. 46— 49   [3] Huber, Benedikt; Steinegger, JeanClaude: Jean Prouvé. Zürich 1971; Vitra Design Museum (Hrsg.): Jean Prouvé. Die Poetik des technischen Objekts. Weil am Rhein 2006; Sulzer, Peter: Jean Prouvé: Œuvre complète. Basel / Berlin 2005   [4] Bureau SLA: People’s Pavilion, ­Amsterdam 2017. www.bureausla.nl/ project/peoples-pavilion (letzter Zugriff 9.11.2022); ArchDaily: People’s Pavilion / bureau SLA + Overtreders W 2017, www.archdaily.com/915977/peoples-pavilionbureau-sla-plus-overtreders-w (letzter Zugriff 9.11.2022)  [5]  www.mero-tsk.de (letzter Zugriff 10.11.2022)   [6] siehe hierzu auch die Bausysteme von Konrad Wachsmann  [7]  www.neptunus.de (letzter Zugriff 10.11.2022) Zeitgenössische Beispiele kreislaufgerechter Bauten   [1] Emke, Verena: Treffpunkt Toilette: 100 Jahre Marcel Duchamp. 6.4.2017. www.weltkunst.de/ausstellungen/2017/ 04/treffpunkt-toilette-100-jahre-marcelduchamp (letzter Zugriff 3.10.2022)   [2] Lendager Group: Wasteland Exhibition. https://lendager.com/project/wastelandexhibition/ (letzter Zugriff 29.10.2022)   [3] Lendager Group: Wasteland Exhibition. https://lendager.com/project/wastelandexhibition/ (letzter Zugriff 29.10.2022)   [4] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe — Geologie der mineralischen Baustoffe, Arbeitsbereich Bergbau und Nachhaltigkeit: Aluminium — Informationen zur Nachhaltigkeit. Hannover 2020. www.deutsche-­­ rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/ Produkte/Downloads/Informationen_ Nachhaltigkeit/aluminium.pdf?__ blob=publicationFile&v=2 (letzter Zugriff 30.10.2022)   [5] ArchDaily: „Wasteland” Provides a ­Tactile Insight into the World of Up­cycling in Architecture. 6.4.2017. www.archdaily.com/868533/wasteland-

provides-a-tactile-insight-into-the-worldof-upcycling-in-architecture (letzter Zugriff 3.10.2022)   [6] Lendager Group: Upcycle House, https://lendager.com/project/upcyclehouse (letzter Zugriff 29.10.2022)   [7] Sörgel, Christian; Mantau, Udo; Weimar, Holger: Standorte der Holzwirtschaft — Aufkommen von Sägenebenprodukten und Hobelspänen. Universität Hamburg, Zentrum Holzwirtschaft. Arbeitsbereich Ökonomie der Holz- und Forstwirtschaft. Hamburg 2006, https://literatur. thuenen.de/digbib_extern/dn056893. pdf (letzter Zugriff 29.10.2022)   [8] Umweltbundesamt: Holzindustrie, 24.9.2014, www.umweltbundesamt. de/themen/wirtschaft-konsum/ industriebranchen/holz-zellstoff-papierindustrie/holzindustrie (letzter Zugriff 29.10.2022)   [9] ArchDaily: Upcycle House / Lendager Arkitekter, www.archdaily.com/458245/ upcycle-house-lendager-arkitekter (letzter Zugriff 3.10.2022) [10] baubüro in situ: K.118 — Kopfbau Halle 118, 2021, www.insitu.ch/projekte/ 196-k-118 (letzter Zugriff 3.10.2022) [11] Feil, Tanja: Aus Resten erbaut. In: ­Deutsche Bauzeitung, 7.11.2021, www.db-bauzeitung.de/bauen-imbestand/projekte/halle-118-winterthurinsitu (letzter Zugriff 3.10.2022) [12] BauNetz: Erfolgreiche Bauteiljagd. Ate­ liergebäude in Winterthur von baubüro in situ, 25.11.2021, www.baunetz.de/ meldungen/Meldungen-Atelierge­ baeude_in_Winterthur_von_baubuero_ in_situ_7780504.html (letzter Zugriff 1.10.2022) [13] ebd. [14] wie Anm. 9 MATERIAL — FÜGUNG — SCHICHTEN Materialwahl für ein kreislaufgerechtes Bauen   [1] Verein Deutscher Zementwerke e. V. (Hrsg.): Zementindustrie im Überblick 2021/2022 (Stand August 2021). ­Berlin 2021, https://vdz.info/ziue21  [2] Umweltbundesamt: Rohstoffkonsum steigt wieder an — auf 16,1 Tonnen pro Kopf und Jahr. Pressemitteilung Nr. 39/2018, 29.11.2018, www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/rohstoffkonsum-steigt-wieder-anauf-161-tonnen-pro, (letzter Zugriff 7.10.2022)   [3] Statistisches Bundesamt (Destatis): Umwelt. Abfallbilanz 2020. erschienen am 30.6.2022, www.destatis.de/DE/ Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/ Abfallwirtschaft/Publikationen/Downloads-Abfallwirtschaft/abfallbilanzpdf-5321001.html (letzter Zugriff 7.10.2022)  [4] wie Anm. 4  [5] Joachim, Mitchell. BBC Online. Mai 2013

Materialien der Kreislaufwirtschaft   [1] US Geological Survey (USGS). 2020. www.usgs.gov/centers/national-­ minerals-information-center/copper-­ statistics-and-information (letzter Zugriff 31.3.2023)   [2] Kupferverband e. V.: Kupfer und Circular Economy. https://kupfer.de/kupferwerkstoffe/nachhaltigkeit/kreislaufwirtschaft/ (letzter Zugriff 31.3.2023)   [3] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Altholz (Stand: 26.7.2021). www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/kreislaufwirtschaft/abfallarten-abfallstroeme/altholz (letzter Zugriff 31.3.2023)   [4] Umweltbundesamt: Glas und Altglas. 22.9.2022. www.umweltbundesamt.de/ daten/ressourcen-abfall/verwertungentsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/ glas-altglas (letzter Zugriff 31.3.2023)  [5] ebd.   [6] Statistisches Bundesamt: Abfallaufkommen in Deutschland im Jahr 2019 weiter auf hohem Niveau. Pressemitteilung Nr. 261, 4.6.2021. www.destatis.de/DE/ Presse/Pressemitteilungen/2021/06/ PD21_261_321.html (letzter Zugriff 31.3.2023)   [7] Linden, Wolfgang; Marquardt, Iris (Hrsg.): Ökologisches Baustofflexikon. Bauprodukte, Chemikalien, Schadstoffe, Ökologie, Innenraum. 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 2018, S. 97   [8] Hillebrandt, Annette u. a.: Atlas Recycling: Gebäude als Materialressource. München 2018, S. 90   [9] AMANN die DachMarke GmbH: Datenblatt PE Dampfsperre. Hard 2016. www.amann-dachmarke.at/fileadmin/ medien/produkte/abdichtung/Ecovap_ blue_beschreibung_datenblatt_ leistungserklaerung.pdf (letzter Zugriff 9.4.2023) [10] wie Anm. 7, S. 568 [11] Fraunhofer IMWS: Einsatz von Schrott in der Stahlherstellung mindert CO2Ausstoß erheblich. Pressemitteilung, 14.11.2019. www.imws.fraunhofer.de/ de/presse/pressemitteilungen/stahlschrott-kreislaufwirtschaft-co2.html (letzter Zugriff 31.3.2023) [12] wie Anm. 7, S. 361 [13] wie Anm. 7, S. 321 [14] Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Ökobaudat. Informationsportal ­Nachhaltiges Bauen. Datenbank­ suche. www.oekobaudat.de/no_ cache/datenbank/suche.html (Stand: 27.03.23) [15] wie Anm. 7, S. 364 Schadstoffe im Kreislauf  [1] Schäfer, Siegfried: Die Dosis macht das Gift. Wiebelsheim 2021

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  [2] Kaub, Siegmund: Schadstoffe im ­Bauwesen. Wiesbaden 2021, S. 120  [3]  Bayrische Architektenkammer: Nach­ haltigkeit gestalten. München 2018, S. 146. www.byak.de/data/Nachhaltigkeit_gestalten/Nachhaltigkeit_gestalten_Download.pdf (letzter Zugriff 22.6.2022)  [4]  Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Hermann-­ Rietschel-Institut (HRI) der Technischen Universität Berlin und des Umweltbundesamtes (UBA): Bauprodukte: Schadstoffe und Gerüche bestimmen und ­vermeiden. Berlin 2007, S. 8. www.nachhaltigesbauen.de/fileadmin/pdf/PDF_ weitere_leitfaeden/baupprodukteschadstoffe-gerueche.pdf (letzter Zugriff 7.10.2022)  [5]  wie Anm. 3  [6]  ebd.   [7] REACH — Verordnung (EG) 1907/2006  [8]  Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V.: Schadstoffe in Innenräumen und an Gebäuden. Hamburg 2010, S. 170 und S. 179  [9]  ebd., S. 66 [10] Glücklich, Detlef: Ökologisches Bauen. München 2005, S. 121 [11] Zwiener, Gerd; Lange, Frank-Michael: Handbuch Gebäude-Schadstoffe und gesunde Innenraumluft. Berlin 2015, S. 5 [12] Linden, Wolfgang; Marquardt, Iris: ­Ökologisches Baustofflexikon. Berlin 2018, S. 247 [13]  ebd., S. 248 [14] Umweltbundesamt: Hexabromcyclododecan (HBCD): Antworten auf häufig gestellte Fragen. Dessau-Roßlau 2017, S. 8 —12. www.umweltbundesamt.de/ sites/default/files/medien/421/publikationen/faq_hbcd_de_17.pdf (letzter Zugriff 26.8.2022) [15] wie Anm. 12 [16] wie Anm. 14 [17]  American Chemical Society: CAS Content. www.cas.org/about/cas-content (letzter Zugriff 31.10.2022) [18]  Scinexx das Wissensmagazin: Zahl der Chemikalien verdreifacht: Neues Register erfasst mehr als 350 000 Industrieche­ mikalien. 17.2.2020. www.scinexx.de/ news/technik/zahl-der-chemikalien-­ verdreifacht (letzter Zugriff 1.8.2022) [19] wie Anm. 12, S. 522 [20] European Chemicals Agency (ECHA): REACH verstehen. https://echa. europa.eu/de/regulations/reach/understanding-reach (letzter Zugriff 23.6.2022) [21] European Chemicals Agency (ECHA): Liste der für eine Zulassung in Frage kommenden besonders besorgniserregenden Stoffe. https://echa.europa.eu/ de/candidate-list-table (letzter Zugriff 23.6.2022) [22] Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) — Friends of

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the Earth Germany: EU braucht dreizehn Jahre, um gefährliche Chemikalien zu verbieten. 28.7.2022. www.bund.net/ themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/ eu-braucht-dreizehn-jahre-um-gefaehrliche-chemikalien-zu-verbieten/ (letzter Zugriff 14.7.2022) [23]  BfGA — Beratungsgesellschaft für Arbeits- und Gesundheitsschutz: CMR (cancerogen mutagen reprotoxic) — Definition. www.bfga.de/arbeitsschutz-lexikon-von-a-bis-z/fachbegriffe-c-i/cmr/ (letzter Zugriff 6.11.2022) [24] Schneider, Daniela: Einfach intelligent konstruieren. In: Heisel, Felix; Hebel, Dirk E.: Urban Mining und kreislauf­ gerechtes Bauen. Stuttgart 2021, S. 127 [25]  C2C Products Innovation Institute: ­Banned List of Chemicals, V3. http://www.c2c-centre.com/library-item/ banned-lists-chemicals (letzter Zugriff 14.08.2023) [26] Label-Online, Die Verbraucherinitiative e. V.: Blauer Engel, Label-Suche. https://label-online.de/suche/sp/1/f0/ sector%253ABauen%2Bund%2BWoh nen/ (letzter Zugriff 30.10.2022) [27] Blauer Engel: Vergabekriterien. RAL gGmbH. www.blauer-engel.de/de/ zertifizierung/vergabekriterien ­(letzter Zugriff 21.7.2022) [28]  Emicode: Grenzwerte, www.emicode. com/grenzwerte/ (letzter Zugriff 21.7.2022) [29] Umweltbundesamt: Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten. Dessau-Roßlau, 4.11.2022. www.umweltbundesamt.de/themen/ gesundheit/kommissionen-arbeitsgruppen/ausschuss-zur-gesundheitlichenbewertung-von#ausschuss-zur-gesundheitlichen-bewertung-von-bauprodukten-agbb (letzter Zugriff 20.11.2022) [30] GUT e. V.: Die GUT-Produktprüfung. https://gut-prodis.eu/produktpruefung (letzter Zugriff 4.11.2022) [31] C2C Products Innovation Institute: ­Certified Products. www.c2ccertified. org/products/registry (letzter Zugriff 31.10.2022) [32] C2C Products Innovation Institute: Cradle to Cradle Certified Restricted Substances List. Rotterdam, www.c2ccertified.org/resources/detail/ cradle-to-cradle-certified-restricted-­ substances-list-rsl (letzter Zugriff 11.12.2022) [33] EPEA GmbH: Cradle to Cradle. https://epea.com/ueber-uns/cradle-tocradle (letzter Zugriff 11.12.2022) [34] Spritzendorfer, Josef: EGGBI Bewer­ tungen von über 100 Gütezeichen und „Kennzeichnungen“, Datenbanken, Zertifikate für Baustoffe, Gebäude, Hotels „Produkte für das Wohnumfeld“ und „Berater“ für Verbrauche mit „erhöhten“ Anforderungen an die „Wohngesundheit“. EGGBI Schriften-

reihe. Abensberg 2022, S. 65. www.eggbi.eu/fileadmin/EGGBI/PDF/ EGGBI_UEberblick_Guetezeichen_­ Baustoffe_Gesundheit.pdf ­(letzter Zugriff 15.11.2022) [35] ebd. [36] ebd. [37] Europäische Gesellschaft für Gesundes Bauen und Innenraumhygiene (EGGBI): Holz: Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen. www.eggbi.eu/ forschung-und-lehre/zudiesemthema/ holz-­emissionen-aus-holz-und-holz­ werkstoffen/#c468, (letzter Zugriff 1.11.2022) [38] Europäische Gesellschaft für Gesundes Bauen und Innenraumhygiene (EGGBI): Greenwashing mit „Wohngesundheit” und „Ökologie”, www.eggbi.eu/beratung/ produktinformationen-guetezeichen/ greenwashing (letzter Zugriff 22.6.2022) [39] EPEA GmbH: Ressourcenschutz Zukunft Bauen, Planen und Bauen für die Circular Economy. Ein Leitfaden für die richtige Material- und Produktauswahl pro HOAI-Phase. https://norocketscience. earth/alles-im-kreislauf/ (letzter Zugriff 1.11.2022) [40] ebd. [41] Material Building Scout GmbH: DGNB, LEED, BREEAM, WELL, …? https://building-material-scout.com ­(letzter Zugriff 14.11.2022) [42] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen — DGNB System: Risiken für die gebaute Umwelt. Stuttgart, https://static.dgnb.de/fileadmin/dgnbsystem/de/gebaeude/neubau/kriterien/02_ENV1.2_Risiken-fuer-die-lokaleUmwelt.pdf (letzter Zugriff 14.11.2022) Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft  [1] www.block.arch.ethz.ch/brg/content/ project/armadillo-vault-venice-italy ­(letzter Zugriff 27.10.2022)  [2] www.empa.ch/web/nest/hilo (letzter Zugriff 27.10.2022)   [3] Block, Philippe; Rippmann, Matthias; Paulson, Noelle: Beyond Bending. ­München 2017, S. 33   [4] ebd., S. 17ff.   [5] Winter, Klaus; Rug, Wolfgang: Inno­ vationen im Holzbau: Die Zollinger ­Bauweise. In: Bautechnik, 4/1992, S. 193   [6] Troxler, Irène: Im Labor für digitales Bauen. In: Neue Zürcher Zeitung, 22.9.2016. www.nzz.ch/zuerich/aktuell/ neubau-der-eth-zuerich-im-labor-fuerdigitales-bauen-ld.118280 (letzter Zugriff 22.09.2022)  [7] ebd.   [8] Hettinger, Pia: Tragwerksplaner können in Sachen Nachhaltigkeit viel bewirken. In: DGNB Blog, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, 30.9.2020. https://blog.dgnb.de/tragwerksplanernachhaltigkeit/ (letzter Zugriff 22.9.2022)

  [9] Hillebrandt, Annette u. a.: Atlas ­Recycling: Gebäude als Material­ ressource. München 2018, S. 65 und S. 72 [10] Heisel, Felix; Dirk E. Hebel: Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen. Stuttgart 2021, S. 99 [11] ebd., S. 157 [12] Presskit Concular 2021. https://concular. de/wp-content/uploads/2021/09/ Presskit-Concular-2021.pdf (letzter Zugriff 27.10.2022) [13] Homepage Restado. https://restado.de (letzter Zugriff 27.10.2022) [14] Campanella, Dominik: DGNB Sustainability Award 2020. www.youtube.com/ watch?v=FU28DEkX2VY (letzter Zugriff 27.10.2022) [15] ebd. [16] wie Anm. 10, S. 158 [17] ebd. [18] Sobek, Werner; Hebel, Dirk E.; Heisel, Felix. http://nest-umar.net/portfolio/ umar/ (letzter Zugriff 6.10.2022) [19] Heisel, Felix; Rau-Oberhuber, Sabine: Calculation and Evaluation of Circularity Indicators for the Built Environment Using the Case Studies of UMAR and Madaster. In: Journal of Cleaner Production, 243/2020. doi: 10.1016/ j.jclepro.2019.118482 [20] Heisel, Felix; McGranahan, Joseph: ­Enabling Design for Circularity with Computational Tools. In: De Wolf, Catherine; Cetin, Sultan; Bocken, Nancy M. P.: A Circular Built Environment in the Digital Age. Circular Economy and Sustainability. Cham 2023

  [3] Delzendeh, Elham u. a.: The Impact of Occupants’ Behaviours on Building Energy Analysis: A Research Review. In: Renewable and Sustainable Energy Reviews, 80/2017, S. 1061—1071   [4] Einfach Bauen: Ganzheitliche Strategien für ein energieeffizientes, einfaches Bauen: Untersuchung der Wechsel­ wirkungen von Raum, Technik, Material und Konstruktion. Endbericht. Zukunft Bau (BBSR). Förderkennzeichen SWD10.08.18.7-16.29. TU München 2018   [5] Rhein, Beate: Robuste Optimierung mit Quantilmaßen auf globalen Metamodellen. Dissertation. Universität Köln. Berlin 2014; Maderspacher, Johannes: Robuste Optimierung in der Gebäudesimulation, Entwicklung einer Methode zur robusten Optimierung für die ener­getische Sanierung von Gebäuden unter unsicheren Randbedingungen. Dissertation. TU München 2017   [6] Brand, Stewart: How Buildings Learn — and What Happens After They Are Built. London 1997   [7] Heisel, Felix; Hebel, Dirk E. (Hrsg.): Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen. Die Stadt als Rohstofflager. ­Stuttgart 2021   [8] www.einfach-bauen.net/ (letzter Zugriff 10.1.2023)   [9] Fisch, M. Norbert; Plesser, Stefan; Bremer, Carsten: Abschlussbericht zum Projekt „EVA — Evaluierung von Energiekonzepten für Bürogebäude“. Institut für Gebäude- und Solartechnik — IGS. Braunschweig 2007

Einfach (Um)Bauen   [1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie — BMWi (Hrsg.): Energie­ effizienzstrategie Gebäude. Wege zu einem nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Broschüre. Berlin 2015   [2] Pérez-Lombard, Luis u. a.: A Review on Buildings Energy Consumption Information. In: Energy and Buildings, 40/2008, S. 394 –398; European Commission: Climate Action. 2050 Long Term Strategy. Brüssel 2018. https://ec.europa.eu/clima/policies/­ strategies/2050_en (letzter Zugriff 10.01.2023); Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Grünbuch Energieeffi­ zienz. Diskussionspapier des Bundes­ ministeriums für Wirtschaft und Energie. Berlin 2016; FIZ Karlsruhe — Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur GmbH (Hrsg.): BINE Informationsdienst: Nutzerverhalten bei Sanierungen berücksichtigen. Projektorganisation: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Projektbeteiligte: RWTH Aachen University, E.ON Energy Research Centre. Projektinfo 02/2015

Reversible Füge- und Verbindungsmethoden   [1] Schneider, Daniela: Reuse of Traditional Joining Techniques for Single-Variety Construction. KIT ChangeLab. Karlsruhe 2021. https://changelab.exchange/ reuse-of-traditional-joining-techniquesfor-single-variety-construction/ (letzter Zugriff 10.1.2023)   [2] DIN 8580:2003-08. Fertigungsverfahren Fügen — Teil 0: Allgemeines; ­Ordnung, Unterteilung, Begriffe, S. 3   [3] Bender, Beate; Gericke, Kilian: Pahl / Beitz Konstruktionslehre. Methoden und Anwendung erfolgreicher Produkt­ entwicklung. Berlin / Heidelberg 2021, S. 729—730   [4] Hering, Ekbert: Taschenbuch für Wirtschaftsingenieure. München / Wien 2009, S. 120 —130   [5] Mayer, Bernd; Groß, Andreas (Hrsg.): Kreislaufwirtschaft und Klebtechnik. Studie des Fraunhofer-Instituts für ­Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Bremen 2020, S. 35  [6] ebd.   [7] Rieg, Frank; Weidermann, Frank u. a.: Decker Maschinenelemente. München 2018, S. 156 — 253

  [8] DIN 8580:2003-08. Fertigungsver­ fahren Fügen — Einleitung, Begriffe, S. 12   [9] Steinhilper, Waldemar, Röper, Rudolf: Maschinen- und Konstruktionselemente 2: Verbindungselemente. Berlin / Heidelberg 2000, S. 1f. [10] ebd., S. 36 [11] Doobe, Marlene: Deutsche Klebstoff­ industrie auf Rekordniveau. In: Springer Professional, 6.4.2016. www.springerprofessional.de/verbindungstechnik/ deutsche-klebstoffproduktion-aufrekordniveau/11102508 (letzter Zugriff 10.1.2023) [12] wie Anm. 1 [13] ebd. [14] Durmisevic, Elma: Transformable ­Building Structures: Design for Disassembly as a Way to Introduce Sustain­ able Engineering to building design & construction. Dissertation. TU Delft 2006, S. 178f. [15] ebd. Schichten als kreislaufgerechtes Prinzip   [1] Brand, Stewart: How Buildings Learn — and what happens after they are built. London 1997, S. 178   [2] ebd., v. a. S. 12— 23 und S. 178— 221   [3] Heisel, Felix; Hebel, Dirk E. (Hrsg.): Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen. Die Stadt als Rohstofflager. ­Stuttgart 2021   [4] Institut Konstruktives Entwerfen ZHAW Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen (Hrsg.) Stricker, Eva u. a: Bauteile wiederverwenden: Ein Kompendium zum zirkulären Bauen. Zürich 2021, S. 129 —142   [5] Heisel, Felix; Rau-Oberhuber, Sabine: Materialpässe und Materialkataster für die Dokumentation und Planung. In: Heisel, Felix; Hebel, Dirk E. (Hrsg.): Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen. Die Stadt als Rohstofflager. ­Stuttgart 2021, S. 157—167   [6] Einfach Bauen: Ganzheitliche Strategien für ein energieeffizientes, einfaches Bauen. Untersuchung der Wechsel­ wirkungen von Raum, Technik, Material und Konstruktion. Endbericht für das Forschungsvorhaben. TU München 2018. www.einfach-bauen.net/wp-content/ uploads/2019/04/einfach-bauenschlussbericht.pdf (letzter Zugriff 7.9.2022)   [7] Francis Duffy, zitiert in: wie Anm. 1, S. 12f.  [8] ebd., S. 12f.   [9] Stahel, Walter R.: Wirtschaften in ­Kreisläufen: Eine Begriffserklärung für den Bausektor. In: Heisel, Felix; Hebel, Dirk E. (Hrsg.): Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen. Die Stadt als Rohstofflager. Stuttgart 2021, S. 39f. [10] wie Anm. 1, S. 13

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DETAILKATALOG Fokus Holz   [1] Collins, Peter: Concrete. The Vision of a New Architecture. Montreal 2004, S. 19— 56   [2] Gerbig, Chris; Greschat, Isabel; Timm, Christoph: Sie bauten eine neue Stadt. Der Neuaufbau Pforzheims nach 1945. Regensburg 2015   [3] Volz, Michael: Das Vollholz. In: Herzog Thomas u. a.: Holzbau Atlas. München 2003, S. 31ff.   [4] Stuttgarter Nachrichten, 27.2.2018. www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt. die-floesserei-im-schwarzwald-wieschwarzwaldtannen-nach-hollandkamen.256745b4-bafe-4769-b86990c04754a360.html (letzter Zugriff 24.09.2022)   [5] Holzbau — Quote der genehmigten Wohngebäude in Deutschland bis 2021. https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/456639/umfrage/quote-dergenehmigten-wohngebaeude-in-holzbauweise-in-deutschland/ (letzter Zugriff 05.10.2022)   [6] Umweltbundesamt: Potenziale von Bauen mit Holz. Berlin 2020. www.umweltbundesamt.de/sites/default/ files/medien/5750/publikationen/2020_ 10_29_texte_192_2020_potenziale_ von_bauen_mit_holz_aktualisiert.pdf (letzter Zugriff 24.09.2022)   [7] Beck-O’Brien, Meghan u. a.: Alles aus Holz: Rohstoff der Zukunft oder kommende Krise. Ansätze zu einer ausgewogenen Bioökonomie. Berlin 2020, S. 15 und S. 46. www.wwf.de/fileadmin/fmwwf/Publikationen-PDF/Wald/WWF-­ Studie-Alles-aus-Holz.pdf (letzter Zugriff 05.10.2022)   [8] wie Anm. 3   [9] Selberherr, Julia: Holzbau für institutionelle Investoren. Aktuelle Marktentwicklungen und zukünftige Chancen. In: Rinke, Mario; Martin Krammer (Hrsg.): Architektur fertigen. Konstruktiver Holzelementbau. Zürich 2003, S. 15 [10] ebd. [11] Meyer, Frederike: Reversibel Bauen. In: Baunetzwoche#531. Das Querformat für Architekten: Holz im Loop. 17.03.2019, S. 25. www.baunetz.de/baunetzwoche/ baunetzwoche_ausgabe_6437916.html (letzter Zugriff 05.10.2022) [12] ebd. Fokus Mauerwerk   [1] Dierks, Klaus; Wormuth, Rüdiger: Baukonstruktion. Köln 2012, S. 65   [2] Moro, José Luis: Baukonstruktion — vom Prinzip zum Detail, Band 1 Grundlagen, 3. Auflage. Berlin 2021, S. 254—258  [3]  ebd., S. 258   [4] Hillebrandt, Annette; Riegler-Floors, Petra; Rosen, Anja; Seggewies, JohannaKatharina: Atlas Recycling. Gebäude als Materialressource. ­München 2018, S. 69

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  [5] Pfeifer, Günter; Ramcke, Rolf u. a.: Mauerwerk Atlas. Basel 2001, S. 10   [6] wie Anm. 1   [7] wie Anm. 5, S. 92—95   [8] Bundesverband Kalksandstein­industrie e. V. (Hrsg.): Kalksandstein — Maurer­ fibel. Düsseldorf 2019   [9] Belz, Walter: Zusammenhänge. Bemerkungen zur Baukonstruktion und dergleichen. Köln 1999, S. 86 [10] Kreislaufwirtschaft Bau/Bundesverband Baustoffe — Steine und Erden e. V.: Mineralische Bauabfälle Monitoring 2018 — Bericht zum Aufkommen und zum Verbleib mineralischer Bauabfälle. 2021. https://kreislaufwirtschaft-bau.de/ Download/Bericht-12.pdf (letzter Zugriff 19.10.2022) [11] Müller, Anette: Baustoffrecycling: ­Entstehung — Aufbereitung — Verwertung. Wiesbaden 2018, S. 234—235 [12] Martens, Hans; Goldmann, Daniel: Recyclingtechnik. Wiesbaden 2016, S. 358 [13] wie Anm. 4, S. 69 [14] wie Anm. 4, S. 50 Fokus Beton   [1] Koenders, Eduardus; Weise, Kira; Vogt, Oliver: Werkstoffe im Bauwesen. Einführung für Bauingenieure und Architekten. Wiesbaden 2020   [2] Binder, Markus; Riegler-Floors, Petra: Einstoffliche Bauweisen. In: Hillebrandt, Annette u. a: Atlas Recycling: Gebäude als Materialressource. München 2018, S. 105   [3] Beton und Naturstein Babelsberg: ­Geopolymerbeton. 13.09.2019. https://bnb-potsdam.de/geopolymer­ beton-als-beitrag-zum-klimaschutz/ ­(letzter Zugriff 19.03.2023)   [4] Hillebrandt, Annette u. a.: Atlas Recycling: Gebäude als Material­ressource. München 2018, S. 70   [5] Moffatt, Jack; Haist, Michael: Konzepte zur Herstellung von ressourceneffi­ zienten Betonen am Beispiel der Gra­ nulometrie. In: Nolting, Ulrich u. a.: Ressourceneffi­zienter Beton: Zukunftsstrategien für Baustoffe und Baupraxis. 15. Symposium Baustoffe und Bauwerkserhaltung Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Karlsruhe 2019, S. 34   [6] Zeumer, Martin; El Khouli, Sebastian; John, Viola: Nachhaltig konstruieren: Vom Tragwerksentwurf bis zur Mate­ rialwahl — Gebäude ökologisch bilan­ zieren und optimieren. München 2014, S. 10   [7] Meyser, Johannes: Ressourcenschonung durch Wiederverwendung von Beton­fertigbauteilen: Die Lehrbaustelle Plattenvereinigung. In: Baabe-Meijer, Sabine; Kuhlmeier, Werner; Meyser, Johannes: bwp@ Spezial 5. Hochschultage Beruf­liche Bildung 2011. Fach­

tagung 03. ­Hamburg 2011, S. 1—15. www.bwpat.de/ht2011/ft03/meyser_ ft03-ht2011.pdf (letzter Zugriff 13.10.2022)   [8] Asam, Claus: Die Wiederverwendung von Betonfertigteilen als Beitrag zum nachhaltigen Bauen. IEMB-Info 2/2007. Institut für Erhaltung und Moderni­ sierung von Bauwerken e. V. an der TU Berlin. Berlin 2007, S. 4 Fokus Stahl   [1] Moro, José Luis: Baukonstruktion — vom Prinzip zum Detail. Band 1. Grundlagen. 3. Auflage. Berlin 2021, S. 294   [2] Eggen, Arne Petter; Sandaker, Bjørn Normann: Stahl in der Architektur. ­Konstruktive und Gestalterische Verwendung. Stuttgart 1996, S. 30 — 37   [3] Helmus, Manfred; Randel, Anne: Sachstandsbericht zum Stahlrecycling im Bauwesen. Bauforum Stahl. Wuppertal 2014. https://bauforumstahl.de/upload/ documents/nachhaltigkeit/Sach­ standsbericht.pdf, S. 5 (letzter Zugriff 15.9.2022)  [4] ebd., S. 1   [5] Hestermann, Ulf; Rongen, Ludwig: Frick / Knöll Baukonstruktionslehre 1. 36. Auflage. Wiesbaden 2015, S. 262  [6] ebd.   [7] Belz, Walter: Zusammenhänge: Bemerkungen zur Baukon­struktion und dergleichen. Köln 1999, S. 54   [8] ebd., S. 55 und wie Anm. 2, S. 35   [9] wie Anm. 2, S. 99 und wie Anm. 5, S. 264 [10] ebd., S. 264 [11] ebd., S. 264 [12] Hillebrandt, Annette u. a.: Atlas Recycling: Gebäude als Materialressource. München 2018, S. 63 [13] wie Anm. 3, S. 4 [14] Kuhnhenne, Markus u. a.: Wiederverwendung im Stahlbau und Metallleichtbau in Europa. In: Hauke, Bernhard (Hrsg.), Institut Bauen und Umwelt e. V., DGNB e. V.: Nachhaltigkeit, Ressourceneffi­ zienz und Klimaschutz: Konstruktive Lösungen für das Planen und Bauen — Aktueller Stand der Technik. Berlin 2018, S. 215 Fokus Lehm   [1] Marsh, Alastair T. M.; Kulshreshtha, Yask: The State of Earthen Housing Worldwide: How Development Affects Attitudes and Adoption, In: Building Research & Information, 50/2022, S. 485—501. https://doi.org/10.1080/09613218.2021. 1953369 (letzter Zugriff 12.05.2023)   [2] Hebel, Dirk E.; Moges, Melakeselam; Gray, Zara: SUDU: the Sustainable Urban Dwelling Unit. Berlin 2015   [3] ebd.   [4] Sauer, Marko (Hrsg.): Martin Rauch: Gebaute Erde. München 2015

Sachwortregister 3D-Druck ∫ 92ff. Abbruchgebäude ∫ 61 Altglas ∫ 62f., 71, 73 Aluminium ∫ 57, 59, 79, 135ff. Anthropozän ∫ 12ff. Antike ∫ 30ff., 45, 158 Asservatien ∫ 32ff. Atmosphäre ∫ 14, 17, 68 Aufstockung ∫ 59ff. Ausfachung ∫ 43ff., 133, 209 Bauelemente ∫ 15, 59, 71, 97,   119, 121, 209 Baukastensystem ∫ 27 Baustoffkreislauf ∫ 33 Bausubstanz ∫ 30, 34ff. Bausystem ∫ 51ff., 177, 208f. Bauteilaktivierung ∫ 101 Bauteilebene ∫ 54ff. Bauteiljagd ∫ 59 Betonfertigteil ∫ 27, 52, 115,   123, 168, 176 BIM ∫ 94 Biosphäre ∫ 12ff., 25 Bodenerosion ∫ 18 Brandschutz ∫ 6, 54, 85, 107 Bruchmaterial ∫ 161 CAD ∫ 97, 132 Chemikalien ∫ 18, 81ff. Circularity Indicator (CI) ∫ 96 CMR-Stoffe ∫ 84ff. CNC ∫ 42, 62, 132 CO2-Äquivalent ∫ 68 Cradle-to-Cradle ∫ 23ff., 87f. Dämmmaterial ∫ 62, 72f. Datenbank ∫ 24, 68f., 83, 95,   185, 197 Deckenkonstruktion ∫ 72, 74,   78, 93, 161, 209, 220 Denkmalpflege ∫ 36 Denkmalschutz ∫ 34ff., 100 DGNB ∫ 91 Digitalisierung ∫ 22, 67, 91ff. DIN-Norm ∫ 25, 66, 169 Downcycling ∫ 15, 21ff., 35

Formschluss ∫ 46, 106ff., 131ff.,   149, 160 Fügen ∫ 27, 66, 105ff.,   114ff., 158 Funktionstrennung ∫ 54 Fußabdruck ∫ 42, 73, 164, 173,   201, 205f. Gabione ∫ 63 Gebäudebestand ∫ 7, 24, 34ff.,   67ff., 74, 81, 98 Gebäudehülle ∫ 44, 62, 101,   120f., 177, 192 Gebäudeklasse ∫ 6, 26, 66, 169 Gebäuderichtlinie ∫ 68 Gesundheit ∫ 17, 67, 80ff., 130,   132, 207 Gewährleistung ∫ 22, 25, 76 Globalisierung ∫ 41 Global Warming Potential  (GWP) ∫ 68, 77 Gotik ∫ 31 Greenwashing ∫ 69, 88 Grenzwert ∫ 20, 82ff., 90, 97, 101 Halbzeug ∫ 54, 95, 190ff. Handwerk ∫ 27, 38, 41ff., 60,  66, 84, 90f., 95, 105, 108ff., 130ff., 158 hinterlüftete Fassade ∫ 42 Holozän ∫ 13 Holzständerkonstruktion  ∫ 135, 141, 143, 148, 185 Holzarten ∫ 70, 76, 132 Holzbauten ∫ 42f., 130f. Holzskelettbau ∫ 133 Holzwerkstoff ∫ 76 Hybrid ∫ 44, 107, 127 Hydrosphäre ∫ 17 Industrialisierung ∫ 13, 40f., 46,   48, 130, 206 Industriebau ∫ 46 Industrielle Revolution ∫ 41 Intervention ∫ 39

Kaskadennutzung ∫ 20f., 25,   58, 67, 133, 161, 177 Kleinstbauten ∫ 53 Effizienz ∫ 23f., 41, 54, 100, Klimabilanz ∫ 57, 99, 177 Klimawandel ∫ 13, 33, 69   102, 106 Einfaches Bauen ∫ 26, 98ff., 119 Klimazone ∫ 50, 53, 209 Knotenpunkt ∫ 43, 52, 54 Energieeffizienz ∫ 98ff., 103, Kohlenwasserstoff  ∫ 68, 81f.  141 Komfort ∫ 23, 42, 45, 100f., Energiequelle ∫ 18, 62, 67 Energieträger ∫ 18, 24, 45, 67, 73   103, 121 Kompositwerkstoff ∫ 15, 20, 58 Energieverbrauch ∫ 102, 119 Kompostierung ∫ 12, 21, 25, Environmental-Justice Bewegung ∫ 17   70ff., 133 European Green Deal ∫ 61 Kraftschluss ∫ 106ff., 113ff., EU-Taxonomie ∫ 69   172, 193 Kreislaufsystem ∫ 12, 14, 23f., 62 Fachwerk ∫ 125, 138, 214 Kreislaufwirtschaftsgesetz ∫ 40, Fauna ∫ 14, 18, 80   46, 177 Filigranbau ∫ 43, 122, 126, 192 Kupfer ∫ 18f. 61, 70, 81, Flammschutzmittel ∫ 80ff.   137, 190ff. Flexibilität ∫ 54f., 99f., 104, 106 Flora ∫ 14, 18, 80 Landdegradierung ∫ 18 Flugzeugbau ∫ 50f. Landgewinnungsprojekt ∫ 16

Langlebigkeit ∫ 25, 46, 69, 105,   118, 161 Lebenszyklus ∫ 20, 27, 34, 79,   102, 121 Lebenszyklusanalyse ∫ 68, 99 Lebenszykluskosten ∫ 24, 96 Lehm(bau) ∫ 43ff., 61f., 78,   166, 206ff. Lieferkette ∫ 69, 87, 95 Lignifizierung ∫ 42 Lustron-Haus ∫ 49f., 54f. Maison Tropicale ∫ 50 Massivbau ∫ 122ff., 127, 146ff.,   154, 162, 182, 210, 214 Massivholzbau ∫ 150 Materialbibliothek ∫ 69 Materialdeklaration ∫ 80, 90f. Materiallager ∫ 20ff., 27, 63,   67ff., 95f., 119 Materialpass ∫ 22, 91, 96, 119 Mauerwerkskonstruktionen  ∫ 158, 160ff. Metabolismus ∫ 12, 15, 22, 81 Methan ∫ 68 Modularität ∫ 55 Nachhaltigkeit ∫ 15, 26f., 33,   41, 76, 92, 104 Nichtwohngebäude ∫ 21, 35, 98f. Normierung ∫ 22, 25, 66, 208 Nutzungsphase ∫ 17, 26,  53, 58, 73, 84, 95f., 98, 105f., 108, 119 Obsoleszenz ∫ 17 Ökoeffektivität ∫ 23 Ökosystem ∫ 13f., 16, 80, 96 Ozon ∫ 68 Paper Log House ∫ 51f., 55 Papier ∫ 51, 55, 57, 74,   121, 150f. Partizipationsprozess ∫ 60 People’s Pavilion ∫ 52ff. Performance Gap ∫ 99 Pflanzen 12, 42, 49, 72, 78,   80, 157 Photosynthese ∫ 12 Pre-Bound-Effekt ∫ 102 Primärmaterialien ∫ 20, 23, 58,   60, 67, 69f., 76 Product-as-a-Service ∫ 24,   54, 63 Produktlabel ∫ 85, 87 Qualitätssicherung ∫ 88f., 91,  108 REACH-Verordnung ∫ 80ff. Recycling ∫ 18, 30, 34, 71,   96f., 176ff., 206 Reichweite ∫ 17f., 70 Ressourcenverbrauch ∫ 9, 17,   23, 42, 71 Rezyklat ∫ 9, 69, 161, 177 Rohstoffreserve ∫ 17 Rückgewinnung ∫ 20, 24,   75, 133

Sanierung ∫ 7, 34, 36, 53,   98ff., 102f. Schadstoffe ∫ 17, 67, 70, 78,   80ff., 85ff., 208 Schallschutz ∫ 6, 25, 55, 118,  126f. Schichtenaufbau ∫ 57, 122 Schraubverbindung ∫ 50, 62,   63, 143, 147, 183ff., 193 Sekundärmaterial ∫ 22, 58, 68,   70, 79 Sekundärrohstoff ∫ 19, 22, 66,   71, 104 Sharing Economy ∫ 24 Skelettbauweise ∫ 177 Solar Decathlon ∫ 60f. Soziologie ∫ 60 Spolien ∫ 30ff. Stahlbau ∫ 46, 190ff. Stoffkreislauf ∫ 21, 33, 35, 63 Stroh ∫ 59, 77, 154ff., 207ff. Suffizienz ∫ 23, 41, 47, 63, 92 Thermische Hülle ∫ 25, 42 Treibhausgas ∫ 13, 58, 60, 68,   87, 98, 118, 175, 189 Trockenbau ∫ 27, 78, 122, 124,   126f., 209 Typologie ∫ 43, 60, 103, 206 Umbau ∫ 14ff., 30ff., 51, 58, 69,   100, 103 Umweltbelastung ∫ 17, 70, 89 Upcycling ∫ 21, 57 Urban Mining ∫ 20, 30, 35, 97 Verbindungsmittel ∫ 47, 52, 54,   67, 104ff., 133, 191 Verbindungsmethoden ∫ 46,   54, 104, 110 Verbundwerkstoff ∫ 26, 67,   84, 174 vernakuläre Architektur ∫ 40ff. Verunreinigung ∫ 20ff., 70f.,   79, 88, 105 Volldeklaration ∫ 84ff., 90f. Wärmedämmverbundsystem  ∫ 42 Wärmeschutz ∫ 25, 100,   102, 132 Wasteland Exhibition ∫ 56 Werterhalt ∫ 68 Wertschöpfung ∫ 24, 47, 56,   60, 69, 95 Wirtschaftlichkeit ∫ 48, 55,   100, 177 Witterungsschutz ∫ 62, 76,  133 Wohnfläche ∫ 34, 40 Zero-Energy Building Standard  ∫ 99 Zertifizierung ∫ 22, 87f., 91,  95 zirkuläres Konstruieren ∫ 25,  66 Zollingerdach ∫ 93 Zuschlagstoff ∫ 15, 77, 174

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Impressum

Herausgeberinnen und Herausgeber: Dirk E. Hebel, Ludwig Wappner, Katharina Blümke, Valerio Calavetta, Steffen Bytomski, Lisa Häberle, Peter Hoffmann, Paula Holtmann, Hanna Hoss, Daniel Lenz, Falk Schneemann Autorinnen und Autoren: Dirk E. Hebel, Ludwig Wappner, Werner Sobek, Thomas Auer, Katharina Blümke, Elena Boerman, Lisa Häberle, Andreas Hild, Peter Hoffmann, Christian Holl, Hauke Horn, Hanna Hoss, Daniel Lenz, Falk Schneemann, Daniela Schneider Redaktion: Katja Pfeiffer (Projektleitung), Cosima Frohnmaier (Detailkatalog), Jana Rackwitz (Lektorat und Layout), Valerie D’Avis, Zoe Kleinbongartz (redaktionelle Mitarbeit), Sandra Leitte (Endkorrektorat), ­Barbara Kissinger (CAD) Coverentwurf: Wiegand von Hartmann, DE– München Zeichnungen: Katharina Blümke, Robina ­Behrendt, Patrick Bundschuh, Valerio Calavetta, Luca D ­ iefenbacher, Mattis Epp, Lisa Häberle, Hanna Hoss, Felix Caspar Jörgens, Sebastian Kreiter, Salesia Trenker, Amelie ­Vierhub-Lorenz Herstellung / DTP: Simone Soesters Reproduktion: ludwig:media, AT– Zell am See Druck und Bindung: Gutenberg Beuys ­Feindruckerei, DE–  Langenhagen Papier: Materica Clay 120 g (Umschlag), Magno Volume 135 g (Innenteil)

© 2023, erste Auflage DETAIL Business Information GmbH, DE– München detail.de ISBN 978-3-95553-613-8 (Print) ISBN 978-3-95553-614-5 (E-Book) Dieses Produkt wurde aus Materialien hergestellt, die aus vorbildlich bewirtschafteten, ­FSC®-zertifizierten Wäldern und anderen ­kontrollierten Quellen stammen. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des ­Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Zeichnungen, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Die Inhalte dieses Fachbuchs wurden nach bestem Wissen und Gewissen sowie mit größter Sorgfalt recherchiert und erarbeitet. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Beiträge wird keine Gewähr übernommen. Rechtliche Ansprüche können aus dem Inhalt dieses Buchs nicht abgeleitet werden.