Sämtliche Werke: Band 8 Die sieben Hauptlaster [Reprint 2017 ed.]
 9783110836561, 9783110040029

Table of contents :
Der Text der Siben Hauptlaster
Variantenverzeichnis
Nachwort des Herausgebers
Inhalt des achten Bandes

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WICKRAM, SÄMTLICHE W E R K E VIII

AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR D E S XV. B I S XVIII. J A H R H U N D E R T S

unter Mitwirkung von Käthe Kahlenberg herausgegeben von Hans-Gert Roloff

GEORG WICKRAM SÄMTLICHE WERKE

WALTER DE G R U Y T E R - BERLIN • NEW Y O R K 1972

GEORG

WICKRAM

SÄMTLICHE

WERKE

herausgegeben von

HANS-GERT ROLOFF

ACHTER BAND DIE SIEBEN HAUPTLASTER

WALTER DE G R U Y T E R • B E R L I N • NEW YORK 1972

© ISBN 3 1 1 004002 6 Copyright 1972 by Walter de Gruyter & Co., vonnals G. J. Göschen'sche Verlagshacdlung J . Guttcntag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp Printed in Germany — alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co.. Berlin 30

D I E SIBEN H A U P T LASTER / SAMPT IREN SCHÖNEN FRFLCH TEN V N D EYGENSCHAFFTEN. E I N SCHÖNES V N D KURTZWEILIGES B Ü C H L I N / I N N WELCHEM BEGRIFFEN WERDEN DIE SIBEN HAUPTLASTER / SAMPT IHREM VRSPRUNG / WAS GROSSER GEFERLIGKEIT AUS EINEM YEDEN ENTSPRUNGEN / V N D N O C H ERWACHSEN MÜGEN. D U R C H SCHÖNE A L T E E X E M P E L VND HISTORIEN

ANGE

ZEIGT. A U C H DURCHAUS MIT SCHÖNEN F I G U R E N GEZIERT. E I NEM

YEDEN

JUNGEN

VND

ALTEN

/ MANNEN

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FRAW-

EN / K N A B E N V N D T Ö C H T E R N / KURTZWEILIG V N D NÜTZLICH ZÖLESEN / SUNDER ALLEN ANSTOS ODER ERGERNIS / VND I N SON DERHEIT DIE ANGENDE J Ü G E N D T DARINN ANzirpirREN. N E U L I C H MIT FLEISS ZUSAMMEN GETRAGEN V N D AN T A G GEBEN / D U R C H G E O R G W I C K R A M VON COLMAR / DISER ZEIT STATSCHREI BER ZÖ B U R C K H A I M . G E D R U C K T zi

STRASSBURG / I N

KNOBLOCHS DRUCKEREI.

©te Streif gmtpfc lafíer/fampt jrcn f c g o n w frucg te» v n b eyg«»fcfy eivcad?ftn müt ¿eti.iDurcí) fcbánc 2litc ¿Egcmpcl \>nb JOtjíortctt anffe $cígt.Zu wftjtbtnenfiguren $e$ittt. t£v ncmyebcn ¿fungen vnb 2Utc» / (¡Oanntn vni» Sraxct cn/Äimbett unb Có4>tcrn /turQwctU^ v n b nüQlúí» 3Ülcfcrt /funber alle» anßoe ober er^erntd / vnb w f o a berbett bte an&cnt>e jugcn&tbarinn a n i ü f i r c n .

tKrjttiSurctíwún.

Dem Ersamen / Fürsichtigen / Weisen herren Ruprechten Kriegel9tein / Stätmeister zu Colmar / meinem in sunders günstigen gebietenden lieben herren. ERsamer / Weyser / Günstiger lieber herr / Ich müs bekennen / nach den alten Sprichworten / mich yetzund auch handien / dann man sagt gwonlich / übel beritten will zü allen Zeiten den vordrab haben / auch spricht man / die blinden / krüppell und lammen / sind alweg zu erst auff der kirchweihe / Also mag man auch billich von mir aus geben / Dieweil ich eben in meiner kranckheit understanden hab (yedoch mit Gottes hilff) etwas zii schreiben / dann ich eben diser zeit keiner andren arbeit mechtig war / wolte ich dannocht nit die zeit also müssig verzeren und hienschleichen lassen / wiewol ich wais das iren viel (so diss mein büchlin nit gefallen würdt) mich tadlens nit erlassen werden / So hab ich doch an disem ort den spruch Jesus Syrach bedacht / der sagt im xij. Cap. Welcher auff den wind achtet I der sewet nit / und welcher auff die wolcken achtet / der erndet nit 2C. Darumb habe ich die sach recht auch gewaget / Gedencke mich auch nit an einen yeden wind zü keren / Binn güter hoffnung / es werdend dannocht etlich güthertzige / an disem meinem einfaltigen und geringen büchlin ein genügen haben / und mit meiner einfalt für gfit nemen / Dieweil ich doch mein langwirige zeit / tag und stunden in keinen andren weg hab kürtzen mügen. Das spatzieren was mir gewöret / so was mein meistergsang zerstört / Also müßt ich dannocht etwas an die hand nemen / damit ich nit des müssiggangs gewonet / Oder in solcher müssigen zeit anderen unnützem dingen nachgedenckens het. Wie Syrach im xxxiij. Capitel spricht / Der müssiggang hatt viel Übels gelernet. So erschreckten mich auch die wort Pauli / als er spricht zün

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Thessalonichern inn der ij. am iij. Welcher nit werckt / der soll nit essen. Züdem sagt auch Christus der mundt der warheit in seiner Parabel Luce am xix. Von dem faulen zaghafften und forchtsammen knecht / welcher sein pfunt in das schwaistüch (oder fatzanet) gebunden unnd verknüpfft / bis auff die zukunfft seines herren / ohn allen wücher nutz und gewinn hatt ligen lassen / der selbig aber kleinen danck gegen seinem herren verdient / dann im das eintzig pfunt genummen / und demjenigen so züvor zehen pfunt hatt / geben ward. Derhalben weiser herr hab ich mein klein pfunt / nit also im schwaistüch verknüpfft und ohn gewinn wöllen ligen lassen / Gott wolt das sollich pfunt / bey der jugent grossen wücher und gewinn trug / damit ich nit auch umb das einig pfunt (so mir von Gott meinem herren geben) kummen m6cht. Das aber ich weyser herr / dises mein schlechts und unachtbars büchlin / under ewer Ersamen Weysheit nammen und titel ausgohn lassen / und zü gefallen und ehren an tag bracht / ist diss die vornembst ursach. Es hat sich begeben (lang vor dem grossen sterbet) das mir ewer weysheit von einem büchlin anzeig geton / welches der Ritter vom Türn / seinen sünen zügeeyget unnd gemacht hab / in welchem gar viel < A i i f ' y schöner Exempel stöhn sollend / auff semlichs habe ich nach semlichem büchlin gar viel frag unnd nachsehens gehabt / zü Franckfort und anderswo / inn allen büchleden in die ich kummen binn / aber nie erfaren mögen / bin doch so weit in kuntschafft kummen / das es in Franckreich an vielen enden in Frantz6sischer sprach noch geschrifftüch funden würt / aber im druck nie ausgangen / auch nit gedruckt werde / ursach das es gar wunderbarlich und alte exempel hab / so diser zeit gar nit mer under die weit dienen / gleich wie sant Brandons Lügend. Dieweil ich nun wais das ewer Weisheit von Got dem mechtigen mit viel schönen knaben begabt / die auch zü der leer und schül ernstlich und fleissig gezogen werden / habe ich gedacht inen nutz und güt sein / solche alte und schöne Hystorien zü lesen / und darinn gleich in einem lustigen blümen girtlin zü spatzieren / dann sie hier-

Die siben Hauptlaster

i

innen mancherley schöner blümlin (so der waichen jugendt ire kräntzlin gar wol zieren) abbrechen und auslesen mügend / dann sie dem kräntzlin der tagenden nit übel anstohn werden / Dieweil hierinnen gemeldet was die laster (damit die jungen befleckt werden) für grossen und bärlichen schaden mit sich bringend / was für schädlichen bösen lohn sie geben. Dargegen auch der tugent Ion und widergeltung hierinnen anzeigt. Dieweil ich nun Weiser Günstiger herr / das obgemelt büchlin des Ritters zürn Türn nit hab mügen züwegen bringen / Und ich aber mit allem fleis ewerem begeren gern wilfaren wolt / das auch durch kein andre weg (dann das mir müglich ist) Volbringen künden / hab ich ewer Weisheit dise Exempel also züsammen gelesen / sovil mir müglich / ( A ü ß ) und die zeit vergunt hat. Nit das ich gedenck E. Weisheit mit solchem schlechten büchlin ir zeit verzeren werd / dann ich die selb mit andren wichtigern geschefften wais beladen sein. Allein aber darumb / ist diss beschehen / das Ewer Weysheit junge sün / ir kurtzweil und lust hierinn süchen mügen / Gott wöl / unnd gebe sein gnad hiezü / das sie (und alle andre jugent) das best hieraus klauben / und dardurch das arg zu vermeiden geursacht werden. Bitt hiemit Ewer Ersam Weisheit / wölle diss mein einfalt im besten auff nemen / und mich alzeit als ein dienstwilligen erkennen. Befilch hiemit Ewer Ersam Weisheit auch deren weib und kinder in den schütz / schirm / und pfleg / Got des almechtigen / Wünsch euch auch allen nach disem zergencklichen leben / die Ewige freud unnd Seligkeit Amen. Datum Burckhaim am Rein gelegen / den xiiij. Januarij / im jar nach der geburt Christi unsers Säligmachers. 1556. E. E. W. Dienstwilliger Georg Wickram / Statschreiber zü Burckhaim.

( A i i i f y Register über diss Büchlin. E i n kurtze vorred über diss büchlin mit entschuldigung des Dichters in Reimen verfaßt. 15 Wie Lucifer der schönest under allen Englen mit seinem anhang von Himmel Verstössen / von wegen irer grossen Hoffart / Das erst Capitel. 21 Wie Adam und Eva von der schlangen betrogen worden sind / Das ij. Capitel. 23 Wie Eva aus anstifftung der schlangen von der verbotnen frücht gessen / auch irem man darvon geben / und wie Gott dem Menschen und der schlangen den Flüch geben 27 hat / Das iij. Capitel. Ein herliche Histori von zweyen Rümwirdigen weibern des alten Testaments / nämlich / Delbore unnd Jael / Das iiij. Capitel. 30 Die gemein dirn Rahab / errettet die zwen kuntschaffter zu Jericho vor dem König / Das v. Cap. 34 Von dem Fürsichtigen rhat und anschlag des weibs Pithei / dardurch das gantz land zü rhüwen kummen ist / Das vj. Capitel. 38 Von der wunderbarüchen malzeit des weibs Pithei / Das vij. Capitel. 41 Ein Exempel von grossem eyfer und rachsal Timoclie / von wegen irer abgedrungenen ehren / Das viij. Capitel. 44 Gewaltige räch Thiomare / an dem so ihr ire Ehr mit gewalt abtrang / Das ix. Capitel. 48 Wes sich Adam und Eva gehalten haben / als sie aus dem paradis gestossen wurden / Das x. Cap.

äugen auffgethon / und werdet sein wie Got / und wissen was gut und bös ist". Diß war das gifft / da Hoffart und für- w i r c k e t sc hon die hoffart ir erst gewirck / witz haben uns inn , _ . , , u we PP- Dann bald iiva verstund / das eilend bracht sie Got geleich solten werden / genüget sie nicht an dem / so ihnen Gott underthenig hat gemacht / sie lies sich auch nit settigen / des lustigen anblicks so sie hat in allen geschöpften gottes / die wolgestalten / wolschmackenden / und schongeferbten bliemlein / alle fruchtbaren edlen beum / Sunn und Mon / und das gantz Firmament / sähe sie tiglich vor äugen / Dis alles mocht ir gesicht und begird nit erfüllen / Sonder meinet / wann sie der schlangen rat volgen / würd ir gesicht noch clarificierter werden / und Got in allen dingen gleichen. O du schnöde hoffart / wo hastu uns hinbracht / wie hastu unser aller müter so gar vergeßlich gemacht ires schöpfers befelch unnd gebot / Ach Adam wo ist dein vernunfft und verstand hin gewichen / Der du zuvor allen Adam benambßt geschöpfen / bäumen / kreutern und thieren von GotTcrschaT fen waren

I V O g l e n U t l d fischen / i r e n n a m e n g e b e n / Hastu doch dein fleisch und bein erkennen künnen / wie wol Got das im schlaff von dir genumen hat. Warumb hastu nit hie auch scharpff auffgesehen / und deinem weib eingeret. Dann durch dein grosse ungehorsamkeit / sind wir in die gröst verderbnüß gefallen / Ja das gantz menschliche geschlecht / ist aus deinem apffelbis mit tödlichem gifft hart umbfangen worden / welchem kein Artzney keinen widerstandt gethün mocht / bis der arzet kam welchen dir nachmals Got im Paradeis verheissen hat.

(Ciif = i i i f ) Wie Eva aus anstifftung der schlangen von der frucht gessen / auch irem mann darvon geben / und wie Gott der schlangen den fluch geben hat. Das iij. Capitel. A L S nun Eva die wort der schlangen mit fleissigen Ohren gehört / aber gar wenig verstanden was unradts ir daraus erfolgen möcht / bedacht hat / Sähe sie den lustigen bäum mit begirigem gemüt an / bedacht auch die süssigkeit der Frucht / nit minder ward sie nach der falschen schlangen radt betrachten / was grossen nutz ir das geschleck bringen möchte / Da hat sie von stundan von dem bäum die frucht gebrochen / und mit grossem lust und begird gessen / Als sie ihr nun geschmackt und ir lieplichkeit befunden / hat sie der frucht genumen und irem mann auch gegeben. Adam aber hat sich nit fast besunnen / noch dem verbott seines schöpffers nachgetrachtet / sunder seinem weib gehorchet / die frucht von ir empfangen und gessen. Bald nun sollichs geschehen / sind ire äugen auffgangen / und haben gesehen das sie nackendt gewesen sind / da ist die schäm sampt dem gewissen vorhanden gewesen / Dann sie haben von stundan feygenbletter von den bäumen gebrochen und schürtz daraus gemacht. Als es aber jetzund kül ward / unnd alle hitz hien was am tag / kam Gott der herr wider in den garten / und Adam sampt seinem weib höretten die stimm des herren Gotts / sie aber wolten ires schöpffers nicht mehr warten / sunder verbargen sich in von einem gar jungen kindlein / so noch nit reden kund / an den tag kummen. Dises aber geschah auff semliche weys / Der Keyser / als er eines tags / allein inn seinem saal / nach seiner gewonheit / auff einem beth entschlaffen / hat er gemeltes kindlein im zü einer kürtzweil

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Georg Wickram

bey im behalten / welches kindlein / gantz nackend im Keyserlichem saal umbgeloffen. Da nun der Keyser Antonius böser anentschlaffen / hat das kind gemelts büchlein schlag würt durch f u n d e n i v il e icht aus sunderlicher Schickung ein

unmündiges

kindlein

b rac ht.

an tag



, „

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...

^ j o t , : e s / Damit nlt so vll unschuldlgs blüt

vergossen würd / Das gemelt kindlein / ist aus dem saal gangen / unnd gedacht buch mit im getragen / Alsbald ist im begegnet / eine des Königs kebsweib / mit nammen Martia / welche das kindlein auch seer liebet / Die hat es gleich auffgefangen und geküßt / das büchlein bey im ersehen / das hat sie zu stund von im genummen / und auffgethon / und mit grossem schrecken die nammen der vergezeychneten erlesen / under welchen sie auch / mit irem namen verzeichnet gewesen ist. Bald ist sie in grimmen zorn gegen dem Keyser entzündt / hat sich mit gemeltem buch verfüget / zu denjenigen / so mit nammen inn dises blütregister verzeichnet gewesen / Die haben die sach mit grossem schrecken vernummen / unnd hierauf? gar kurtz / mit gemelter Martia sich entschlossen / wie doch die Sachen derzeit anzügreiffen / Also ward sie gar bald / von den andern darzü erwelet / das sie dem werck ein anfang zü geben am geschicktsten were / Und ward also ein scharpffes und schnelles gifft zübereittet / das ward bis zü gelegner zeit / gar wol verwaret. Kurtz darnach fügt sichs / das der Keyser aus dem bad gieng / gantz hitzig und durstig / Dann er eben dis morgens auff dem gejagd gewesen war. Nün was Martia alzeit gewohn / so der Keyser aus dem bad kam / bodt sie im alwegen das drinckgeschirr dar / Darumb meinet sie / diser zeit die sach am besten an ein ort zü bringen sein. Sie nam das bereit gifft / mischet das under das tranck / und mit freydigem angesicht bodt sie das dem Keyser inn seine hand. Als er aber gantz hitzig / und mit sehr grossem durst beschwert / Hat er mit begirigem gemüt den guldinen becher erwischet / unnd mehr dann den halben theyl daraus getruncken / Demnach sich auff sein beth gelegt / und starck angefangen zü schlaffen / dann dis

Die siben

Hauptlasier

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was sein brauch / so offt er gebadet / oder sunst in einer vollen zech gewesen / hat er kein zeit noch Ordnung im schlaffen gehabt. Als er aber jetzund etliche stund geschlaffen / hat sich das gifft / gar starck in wirckung aller seiner glider / und den gantzen leib außgetheilt / Und sind im solliche grosse schmertzen zugestanden / das er darvon ist munder worden. Er aber / het auch vor dem und ehe er sich zü beth gelegt / gar geitziglich die speysen so im geschmackt genossen / Derhalben er nach dem er aufferwacht ist / hat ihn ein grosser Unwillen und erbrechen ankummen / Davon sind die gifftbereyter gar sehr erschreckt worden / dann sie sorgten / wo im gemelt gifft / kein schad sein / müsten sie allsammen den todt leiden / Haben sich derhalben kurtz bedacht / und verschafft / das der Keyser an seinem beth erwürgt / und umbracht worden. Dise Histori hab ich auffs kürtzist übergangen / wer aber die nach der leng begert zü erfaren / der findt sie in dem ersten buch Herodiani. Hie mag man abnemmen / was nutz und wolfart der kummen / und das mit grossem spott und hon gleich wie vormals ausgeschrawen / darzü verschmecht er gantz Israel / darab erschrack Saul sampt allem volck / nit destweniger ordnet er alles volck inn ein Ordnung / als wann sie den feinden yetz under äugen ziehen unnd angreiffen wolten / wiewol es zü keiner schlacht kam. Saul aber het den David wider heim zü seinem vater gesandt / damit er im in seinem alter möcht zühilff kummen / dieweil sunst drei sün Jesse bey Saul im hier waren / mit nammen Eliab / Abinadab / und Samma / noch hett Jesse vier sün und den David / also das seiner s6nen acht waren an der zal / und David was yetzund wider hingangen des viehes zü hüten / Sein vatter aber hett in gleich zü der zeit in der Hebreer läger zü seinen brüdern gesandt / damit er in irs leibs narung solt bringen / nämlich etlich sanglat / und zehen brodt / sampt zehen frischer kis / die solt er dem Hauptman bringen / und seine brüder besüchen / auch eben erkundigen was sie lebten. Als nün David ins liger kummen ist / hatt er erstlich seins vatters befelch ausgericht / in dem ist der stoltz Philister aber daher gangen / und gantz Israel geschmehet / Davon ist David in seinem gemüt erbittert / unnd sagt daruff zü seinen brüdern / er wer gäntzlich willens mit disem hochmütigen mann zü streiten. Als aber Eliab sein ältester brüder / solche wort von im gehört hat / ist er unwirs über David worden / und in seiner vermessenhait gestrafft / dann er meint David wer der Sachen noch zü kindisch / unnd unnerfaren / sagt im dabey / er solt wider haim züm vatter keren / und der schaaffhütten. David seinen brüdern wilfarend/

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ist hingegangen. Z U Wormbs uff dem Reichstag im xxv. jar / begab sich das etliche hethschiern (das sind die hundert so uff R. K. M. zu ross und zu füss warten müssen / zu ross fürend sie glenen / und zü füss partisonen) Der selbigen waren etliche (als sie müssig zeit heften) in einer alten wittfrawen haus / hetten einen schlam miteinander / und druncken auch über das ziel / wie man sagt / Nun hett man in kurtzer zeit einen burger aus der statt Wormbs in das gütleuthaus oder lasary gethon / der selbig het ein junge tochter in der statt dienen / die begert auff ein feyrtag an ihr herschafft / sie wolten ir vergünnen zü irem vatter zü gohn / unnd im etwas zü bringen / semliches ward ir bewilliget. Als sie aber durch das quartier gohn müßt / darinn die hethschier lagen / stunden der hethschier zwen vor gemelter wittfrawen haus / fast wol (ich sagt schier übel) bedruncken / die andren aber so mit ihn gezecht / waren wider in ir losament gangen / Inn dem nün die güt junckfraw daher gangen ist / haben sie die junckfraw mit gewalt hinein gezogen / und sie verwehnt als wolten sie ir nur einen trunck geben. So bald sie aber in die Stuben kummen / habend sie gewaltige hand an sie gelegt / mit gewalt auff die gutsch getru-

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eket / unnd iren schantlichen mütwillen mit ir understanden zu treiben / Als sie aber den ernst gespürt / hatt sie angehaben zu schreyen / bald ist die alt in die Stuben gelauffen / understanden die tochter aus iren henden zu reissen / aber umbsunst gearbeit / 5 also ist sie hienaus gelauffen gewalt unnd mordt geschrawen /

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Davon die nachbauren zügelauffen / nämlich ein Haffner / unnd ein Weber / Alsbald hat der ein sein Partason erwüscht / die beiden zu hauff geschlagen / also das der ein in kurtzer zeit todt gewesen / der ander aber schwerlich auffkummen / des streichs / welchen er empfangen / Bald aber Römische Keyserliche Majestat die ding erfaren / hat ir M ( a j e s t a f ) befolhen / eylends nach den zweyen sichern zü greiffen / der ein aber unnd eben der rechtschuldig ist hinden durch die gärten (deren es dann sehr vil zu wormbs im zwinget oder der rinckmauren hat) hien und darvon kummen / der ander gefangen / und am andren morgen mit wenig geschrey hienaus in busch gefürt / in einem gantzen sammaten rock. Nach dem er nün seine sünd bekent / und den wein fast und hart beschuldigt / hat im der hencker sein rock / wammas / schuh und hüt / abzogen / und ein strick a n g e w o r f f e n / u n d aus < Z i j v y TLb(mischy

Yjeyiserlicher'y

Mißje-

s t a f y befelch an ein bäum erhangen. Gott w61 uns alle vor solchem schädlichen drunck behüten / damit wir unser sinn und vernunfft tag und nacht behalten.

Cambises ein König Persarum / erschießt einem mechtigen Landtherren seinen sun / umb das er in seiner trunckenen weis gestrafft hat. Das xlij. Capitel. HErodotus einfürtreffenücher Griechischer geschichtschreiber / schreibt in seinem andren und dritten büch / von dem mechtigen König Cambises ein König der Persier / der het ein sundere neygung zu der trunckenheit / niemans aber dorfft in darumb straffen. Diser het under den siben Landtherren einen / dem er

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vor den andren gar vil heimligkeit vertrawet / und im auch für sie all angenem was / der hies mit seinem nammen Prexaspes / gar ein herlich und hochverstendiger mann. Den selbigen fragt der König auff ein zeit / „Lieber" sprach er / „was sagen doch die Persier von mir?" bald sagt Prexaspes / „O Herr König / davon ist nicht zü sagen / dann ewer lob bey allen Persiern erschalt / biß in den himmel hienauff / und halten in allen dingen sehr wol von euch / allein haben sie disen mangel an euch / das ihr euch den wein zü fast lassen überkummen" / Diss redt der gut Prexaspes güter meinung / verhofft den König von disem laster auch abzüwenden / dieweil er im sunst in allen dingen so grosses lob verjehen het. Cambises aber / nam im das zü grossem verdries auff / und iZiijT — Ixxxiiijy sagt / „Wie sagen die Persier das ich voll wein unnd ein trunckenboltz sey? so redend sie nit den andren Worten gleichförmig / dann mir vormals der gantz Rhat / in beywesen des Königs Cresus das höchst lob verjehen hat / Dann sie sagten / wie das ich meinen vatter in allem weit übertreff." Als bald saget der König weiter zü gedachtem Landtherren / „Damit du yetz sehen mögest / das die Persier inn dem nit wargesaget / so nim war / dort Stadt dein sün under dem vorschopff / wann ich ihm seines hertzen fälen unnd das selbig nit treffen würd / so haben die Persier inn allen dingen wargesagt" / Damit faßt er seinen bogen / unnd mit dem auffgelegten pfeil / schoss er des Landtherren sün auff sein lincke brüst. Demnach ließ er den jüngling in gegenwertigkeit seines vatters auffschneiden / Da befand sich das der pfeil gerad inn der brüst unnd hertzen des jungen Stacke. Da hatt der König Cambises gelachet / und zü dem Landtherren gesagt / „Sichstu yetzund das die Persier mich mit der unwarheit einen druncknen boltz genant haben. Nün aber sag mir / welchen du doch under allen Persiern also einen gewissen schützen mögst erkennen" / Der gütt Landtherr sähe wol wie die sach geschaffen was / dorfft sich keines unmüts gegen im / dem König annemen / sunder sagt / „O König / ich glaub nit das der gott Jupiter in seinen schüssen so gar gewiß

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seye." Am anderen tag aber hernach / hatt der toll truncken Cambises in unsinniger weis noch zwölff edler Persier / also umb alle unschuld jämerlichen tödten lassen / und ihnen ire heupter lebendig lassen durchboren / Vileicht das er in argwon gegen jnen gewesen / sie haben sein volsauffen be(Ziij"yze.&t / und ein mißfallen daran gehabt / Darumb keinem follen mann nicht zu sagen ist / dann ihn von irem gott Liber eingebunden ist / das sie frey reden / thün und lassen sollen / was in lieben und gefallen thüt / Der sie auch zü letst gar hoch darum belonen will. Von diser hohen belonung des gots Liber (sunst auch Bachus mit seinem gemeinen nammen genandt) hat gar artlich haraus gestrichen zü Klingenmünster (einer mit nammen Leonardus Schirdtlin) in Reimen gestelt / des büchleins nammen ist Künstlich Trincken / die selbigen belonungen wie die inn Reimen verfaßt / will ich eins theils hiehar setzen / und redt der gott Bachus also. Bachus zü dem vollen Sileno Sllene mein vernim mich recht Du lieber voller werder knecht Lass dein Werbung yetzund bey dir Bis du zum nechsten kumpst zü mir Weil du mich yetz machst offenbar Will ich mein kunst und nammen klar Jetzund kürtzüch anzeigen frey Das man wiss wer gott Bachus sey Gott Bachum man mich stetigs nendt Unnd mich darmit auch recht erkendt Ich sunst auch andre nammen han Dabey man mich erkennen kan Er sey von sprachen wer er well H6r mein diener und güter gsell heil was so er angriff / Dann Gott segnet das gantze haus des Egypters von Josephs wegen / Da machet in sein herr gros in seinem haus / und gab im alles was er het under seine h-indt / zü schalten und zü verwalten / alles gesind müst ein auffsehens auff in haben / unnd seiner stimm gehorchen. Es het aber der Potiphar ein weib / unkeusch und böser sitten / die warff ein aug auff den guten Joseph / ihm gantz unwissend. Auff ein zeit / als sie meinet platz zü haben / und auch gar niemants umb die weg was / satzt sie an den jüngling / bat in das er bey ir schlaffen solt. „O Fraw" sagt Joseph / „ein semliches will sich nit gebüren / dann es ein gross und schwere sünd wer / wo wolt ich mich ymmermer gegen Got entschuldigen / ob gleich wol die sünd und schand vor der weit verborgen blib / Wie kündt ich doch so bößlichen gegen einem solchen frummen herren handien / der im selb under allen seinen gutem gar nichts vorbehalten / sunder alles under meine hind gegeben / allein deinen Leib hat er im zum voraus behalten." Als sie aber durch mancherley listiger wort an in setzt / und aber gar nichts an im hafften wolt / hatt sie in understanden mit gewalt zü irem willen zü ziehen / sie hatt in bei seinem kleid oder mantel erwüschet / und in mit gewalt understanden zü heben. Er aber lies ir das kleid in iren händenn und flöhe darvon. Bald nun das boßhafft weib gemerckt unnd gesehen / das ire anschleg alle umb sunst sind gewesen / hatt sie ein tumult unnd mechtig geschrey angefangen / hatt auch ire kleider zerrissen / Das hausgesind ist yetzund mit hauffen herzü gelauffen / den hatt das schamlos weib ire lugen und tdding angezeigt / unnd den güten < D D i i j » ) Joseph gar hart verschreit. Dise klag ist bald für den herren kummen / der hatt seinem schalckhafftigen bösen weib glaubt / und von stundan bevolhen / den Joseph in des Königs Pharao kercker zü füren / Dahin bracht in die

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unkeusch und arglistig fettel / mit iren betrognen unnd erdichten worten / Gott aber der die seinen so auff ihn bawen und vertrawen / wol waißt zu erhalten / hat disen Joseph auff das letst gros gemacht / Dann Gott halff ihm das er nach zweyen jaren mit grossen freuden aus dem kercker kam / und nach dem König der Obrist und gewaltigest inn gantzem Egypten ward.

Wie Samson durch ein weib bedoret ward / das er ir anzeigt / warinn seine stercke verborgen leg / auch wie sie in den Philistinern verriet. Das lj. Capitel.

SAmson ein streitbar mann und richter in Israel / Sein erste küne that so er begangen / was dise / Als er sampt seinem vatter unnd seiner mütter hienab gohn Timnath gangen / unnd Samson ein weib daselbens nemmen wolt / als sie nun kummen sind / nahend bey Timnath / zwischen die Weinberg / ist dem Samson ein junger Lew brülend mit offnem rächen entgegen kummen lauffen / den selbigen hatt er angefallen und zerrissen. Als nun Samson nach dem unnd die hochzeit vergangen / ein zeit lang nit zu seinem weib kam / für sein schweher zu unnd gab sie einem anderen / und als es nun ward umb die waitzen ernd / nam Samson ein jungs böcklin von der herdt / und gieng hinab zu seinem weib / guter ding mit ir zu sein / aber sein schweher saget zü ihm / „Ich lasse dich nit zü ir / dann ich hab gemeinet du habst einen mißfallen an ir gewunnen / darumb habe ich sie einem anderen

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mann geben." Da sagt Samson / „Jetzund hab ich ursach genüg an die Philistiner" / Er bracht zü wegen dreyhundert Füchs / band ye zwen mit den wedlen zusammen / er band auch zwischen je zwen wedel ein brinnende facklen / und lies sie also inn die frucht lauffen / verbrant also den Philistern alle 5 frucht so im fäld war. Als sie sich nun versamletten unnd in understünden zü fahen / unnd umbzübringen / Da fand er ein bein

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Georg Wickram

von einem esell / nämlich ein kinbacken / den erwuscht er unnd erschlüg tausent mann darmit. Item als er zu (DD 4vy Gasa in der statt bey der gemeinen metzen verhütett / und sie in auch des morgens widerstünden umbzübringen / stund Samson auff umb mitternacht / Nam die beiden Stattpforten / sampt den neben pfosten / aus dem grund / und trüg die weit von der statt auff einen hohen berg. Demnach gewann er ein weib lieb an dem bach Soreck / die hies mit irem nammen Dilila / Die Philister kamen zü der selbigen / verhiessend ir grausam groß güt / wo sie von im erfaren m6cht / worin doch seine sterck verborgen wer / Also kam sie mit listigen Worten an in / wie das dann semliche weiber wol künnend / Und wiewol er ir einmal oder etlich falsch anzeiget / so lies sie doch nit nach / mit täglichem anhalten biß er ir zum letsten alle ding offenbaret. Also Überantwort sie in den Philistinern / die bunden in hart / stachen im seine beide äugen aus / und fürten in mit in hinab gohn Gasa. Bald harnach versamletten sich die Fürsten der Philistiner / irem got Dagon / ein sunderlich groß fest zü halten / und im danck zü sagen das er inen iren feindt also inn die händ hett geben / Es was ein mächtig haus / uff wellichem sie das fäst begingen / also das etlich tausent menschen darauff wandlen mochten. Nün hett jung und alt ir fatzwerck mit dem güten Samson / es was ihm aber sein har inn solcher zeit wider gewachsen / Samson sagt zü dem knaben welcher in füret / „Lieber für mich zü der seulen auff welche das haus gesteh ist / das ich mich ein wenig daran lenen müg." Das haus aber was unden und oben voller menner unnd weiber/ Auch die Fürsten der Philister / allein das sie Samson züsehen wolten. Samson aber rüfft an den nammen des Herren / unnd sagt / (EEr = c i j y „O Herr Herr / gedenck mein und sterck mich numen diss mal / Damit ich mich für meine beide äugen an den Philistinern möge rechen" / Damit fasset er die beiden seulen / (darauff sich das gantze haus erhalten müßt) inn seine beide händ / und sagt / „Mein seel sterb heut mit den Philistinern" / Damit risse er die seulen zü hauff / da fiel das gantze

Die siben Hauptlaster

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haus miteinander ein. Also bracht Samson fiel mer umb in seinem todt / dann er in seinem leben umbbracht het. Diser Samson was zweintzig jar richter in Israel gewesen / und mochten im die Philister gar nichts abgewinnen / bis er durch das schantlich weib betrogen und Überlist ward / kam dardurch umb seine sterck und beide äugen.

Wie Amon seine schwester Thamar schwechet / demnach von im sties. Das lij. Capitel. W E n wolt aber nit gnügsam verwunderen / ab der schantlichen unkeuschen begirde des Amons / so er zü seiner schwester Thamar gewann / Dann er so inbrünstig gegen ir entzünt / das man ihm an seiner gestalt semlichs ansehen war / Dann sein freunt Jonadab kam zu im und sagt / „Lieber was gebricht dir / das du so gar mager und ellent würst? Lieber sag mirs / vileicht hab ich einen rhat bei mir / damit dir geholffen würt." Also sagt im Amon wie er die Thamar sein schwester so lieb gewunnen hett. Dise Thamar war nur sein schwester vom vater har / sie aber was des Absolons rechte schwester / Jonadab sagt zum Amon / „Thü ihm also / Mache dich gar kranck / und lege dich auff dein beth / wann dann