Sämtliche Werke: Band 4 Prosa-Schriften I 9783110837445, 9783110079388

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Sämtliche Werke: Band 4 Prosa-Schriften I
 9783110837445, 9783110079388

Table of contents :
Unverfängliches Bedencken
Von Erhaltung der Städte
Ursachen der Verterbung und Auffrichtung der Städte
Raison d’Estat der Fürstenthümer Schweidnitz und Jawer
Gesandschaffts-Relation
Belegung oder Einqvartierung
Steuer
Schildtbachs Defensions-Schrifft
Nachwort der Herausgeber
Inhalt des vierten Bandes
Daniel Czepko Sämtliche Werke

Citation preview

C Z E P K O , SÄMTLICHE WERKE IV

w DE

G

A U S G A B E N D E U T S C H E R LITERATUR DES XV. BIS XVIII. J A H R H U N D E R T S

unter Mitwirkung von Käthe Kahlenberg herausgegeben von Hans-Gert Roloff

DANIEL CZEPKO SÄMTLICHE WERKE

WALTER DE G R U Y T E R • B E R L I N • N E W YORK 1980

DANIEL CZEPKO SÄMTLICHE WERKE herausgegeben von

HANS-GERT R O L O F F und

MARIAN SZYROCKI VIERTER

BAND

PROSA-SCHRIFTEN I

WALTER DE G R U Y T E R • B E R L I N • NEW Y O R K 1980

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Czepko, Daniel: [Sammlung] Sämtliche Werke / Daniel Czepko. Hrsg. von Hans-Gert Roloff u. Marian Szyrocki. — Berlin, New York : de Gruyter. Bd. 4. Prosa-Schriften. 1 . - 1980. (Ausgaben deutscher Literatur des XV. [fünfzehnten] bis XVIII. [achtzehnten] Jahrhunderts ; 94) ISBN 3-11-007938-0

© Copyright 1980 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner - Veit & Comp. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Druck: Arthur Collignon G m b H , Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

Unverfängliches Bedencken

(310)

DEO &

PATRICE.

UNVERFÄNGLICHES BEDENCKEN, WARUMB DAS E X E R C I T I U M D E R A U G S P Ü R G I S C H E N C O N F E S S I O N DEN STÄDTEN D I E S E R FÜRSTENTHÜMER ZUZULASSEN.

J n einem iedweden Bedencken wird erfodert I. ANIMI LIBERTAS. D a ß der Gutachter sein Gemüthe von allen AFFECTEN, als H a ß , Zorn, Freundschaft und Mitleiden ausleere, und einen beständigen und gerechten Vorsatz in seinem CONSILIO habe. II. COMMUNIS UTILITAS. D a ß kein anderer Zweck in solchem Bedencken gesucht werde, als die allgemeine Wolfarth oder BEATA CIVIUM VITA: welcher allgemeinen Wolfarth alle Gesetze, so von Menschen erfunden und aufgebracht worden, weichen müßen. (311) III.

M E D I U M PIUM E T J U S T U M . D a ß

das Mittel zu

dem

Zweck durch einen beständigen und gerechten Vorsatz zu gelangen, nicht wieder Gott und die heilige Justitz, als die zwey Saülen, auf welchen die allgemeine Wolfarth stehet, lauffe.

4

Daniel

Czepko

Dieses erwegende habe ich 1.)

der dem Vaterlande mit Rath und That beyzustehen:

TANQUAM BONUS C I V I S ,

SOCIETATIS

EX LEGE

2.) TANQUAM FIDELIS SUBDITUS, der dasjenige, was dem Vaterlande und Ihro KAYS. M A Y . Frommen oder Schaden verursachen möchte, EX NECESSITATE JURAMENTI ZU sagen und anzudeuten; 3 . ) TANQUAM HOMO IN COMMUNE ADJUTORIUM GENITUS,

oder seinem Nechsten EX bunden: ( N A T U R A ENIM

JURE HUMANITATIS

zu dienen ver-

OMNIUM HOMINUM INTEREST, UT

HOMINIBUS ALLIIS CONSULATUR)

Dieses unverfängliche Bedencken aufsetzen und dabey PROTESTiren wollen I. Ex ANIMI LIBERTATE, niemanden zu Lieb oder Leid, oder eintzigen P R E J U D I Í Z , oder bevorhabenden C O N T R O VERSIA, ichtwas zu reden oder zu schreiben; II.

auf nichts als auf SAin gegenwärtigem Gutachten zu sehen und

PROPTER UTILITATEM PUBLICAM,

LUTEM P O P U L I

zu zielen; III. Ex MEDII PIETATE ET jusTiTiA, minder wieder Gott und sein [Gebot] Wort, viel minder wieder Recht und Billichkeit zu verleiten. Massen dann alles, so wieder ANIMI LIBERTATEM, UTILITATEM PUBLICAM, w i e a u c h IPSAM PIETATEM ET JUSTITIAM

hierbey angeführt oder ausgedeutet werden möchte, {312) nicht geredet noch geschrieben, sondern verworffen und CASSiRet seyn sol.

Unverfängliches

Bedencken

5

Die Ursachen nun, warumb hiesigen Städten das freye verstattet werden solle, sind diese:

EXERCITIUM

I.

Der grosse R U I N .

Daß es die höchste Nothwendigkeit und der beyden F ü r s t e n t ü m e r Aufnehmen, vornemlich Jhro Kays. May. R E G A L I E N erfodern, daß die item K A Y S , und die I I andern LandesStädte wieder in den vorigen Flor gesetzet werden möchten. Solches wird niemand in der Abrede seyn. O b aber dergleichen REPARirung von den H . Catholischen, derer es in den Landstädten, wie auch in etlichen Kayserl. WeichbildsStädten keinen einzigen, in etlichen aber mehr nicht, als es darinnen Aemter, in vielen auch nicht so viel, daß solche noch nicht bestellet werden können, hat und giebet, bey künfftigen Zeiten wird gehoffet und PR^STiRct werden können; Wann die Evangelischen von der Hoffnung, das E X E R C I T I U M L I B E R U M ZU erlangen (welche Hoffnung sie in allen Orten, Städten, Flecken und Dörffern bis DATO beysammen gehalten hat) durch ietziges unterthänigstes SuppLiciRen abgewiesen werden solten, ist eine Sache, die grossen Zweifel nach sich zeucht. Solte gleich hier eingerücket werden wollen: Es würden sich die H . Catholischen vermehren, und das Land und Städte wieder auf und anbauen und erfüllen; Solche mehrende, auf und anbauende und erfüllende nun müßen entweder anderswo her kommen, {313) oder die Innwohner müsten bekehret werden: oder auch es würde dieses von der INSTITUTION der innwohnenden Jugend und Anführung zum Catholischen Glauben gehoffet und P R « s u P P O N i R e t werden.

6

Daniel

Czepko

1.) auf die anderwerts herkommende ist keine H o f f n u n g zu machen. Denn es sind entweder wolhabende; die bleiben in ihrem POSSESS: oder sind Umblauffer, die werden schlechte Mittel zum Erbauen mitbringen, auch nicht in MAJORI COPIA

kommen.

2.) Die Bekehrung der Inwohner ist ein vergebenes Werck: Weil die Leute wegen der grossen A r m u t h ; der gehabten H o f f n u n g zu dem EXERCITIO ZU gelangen: auch der im Friedensschlüsse geschehenen Versicherung niemanden in GlaubensSachen hinführo zu beirren, sehr harte, fest und beständig in ihrer Meinung worden. Auch die m i n s t e n b i s h e r o n i c h t R A T I O N I B U S , SED O F F I C I I S &

MUNERI-

BUS zu solchem Glauben PERSUADiRet worden. 3.) Die JNSTITUTION der J u g e n d ist weder zu hoffen, noch anzufangen; und ehe die Innwohner zur Unterweisung ihrer Kinder sich zwingen laßen werden, werden sie eher ihre Brandstellen und das gantze Land raümen, in Anmerckung, daß sie hin und wieder so viel als sie verlassen, u n d d a r z u P E R P E T U A M CONSCIENTI^E L I B E R T A T E M

erlangen

können. Zumal

da bereits der CANON ToLETANischen

CONCILII

a l l e n Z w a n g v e r b o t e n : PIOCCIPIT S A N C T A S Y N O D U S , N E M I N I D E I N C E P S AD C R E D E N D U M VIM I N F E R R E . D E U S MISERETUR, &

Cui

ENIM

VULT,

Q U E M VULT, INDURAT. W o r a u f f

d a s JNSTRUMENTUM PACIS z i e l e t , u n d w i l ,

(314)

daß,

auch biß

wegen der Christlichen RELIGION entweder durchgehends, oder unter den unmittelbaren Ständen, und deren Unterthanen mit einhelligem CONSENS ein anders verglichen, keiner von dem andern einigerley Weise TURBiRet werde. ALIO LOCO: D e r Augspurgischen

CONFESSION

Zugethane

sollen geduldet werden, und in freyen Gewissen in ihren Häusern ausser INQUISITION oder TuRBiRung PRIVATIM ihrer DEVOTION abwarten. ALIO LOCO: Ihre Kinder mögen sie ihrer RELIGION zugethanen frembden Schulen, oder zu

Unverfängliches

7

Bedencken

Hause PRIVATIS PR^CEPTORIBUS in die Unterweisung ohne Verhinderung dargeben. ET ALIBI.P.P.

II. Der Mangel der Leute.

Denn alle Macht, aller Schutz, alle Hoheit der Obrigkeit bestehet in nichts nicht, als in der Menge der Unterthanen. Nun werden ausser Zweifel die in benachbarten Orten und Königreichen sich aufhaltende und aus diesen Städten gewichene Bürger, in welchen sie gantze COLONIAS CONSTITuiRet, neue Städte erbauet, und aus etlichen nicht zu grossen Städten 2.3. biß 4.hundert beysammen wohnen, wieder, wann sie die Freyheit des EXERCITII erlangen würden, IN PATRIAM und das ihrige kommen, solches anbauen, anfüllen und vermehren: auf den wiedrigen Fall ist das die höchste Wahrheit, die vor Gott und dem Römischen Kayser offenbahret werden sol, daß nicht allein niemand wieder kommen, sondern die wenig übrig gebliebenen {315) sich vollends verlauffen, und die Städte wüst und öde liegen lassen werden. Wolte gleich hier entgegen gesetzet werden: Es hätte der Abzug nichts zu bedeuten. Ziehe Paul weg, so käme Peter wieder. So hat doch diese MAXIMA von A o . 2 9 . biß auf diese Stunde zu keinem EFFECT gebracht, oder in die PRAXIN gesetzet werden können. Zwar viel ehrliche Leute sind TAM DIRECTE, QUAM INDIRECTE z u m A b z u g u n d V e r l a s s u n g d e s

Ihrigen genöthiget und gedrungen worden: aber niemand ist wieder kommen. Welches nicht viel RATIONES, sondern IPSA CIVITATUM RUDERA, u n d d i e e h e r v o n

neuen

aufzu-

bauen als zu RE PARI Ren befindliche Städte augenscheinlich und handgreifflich darthun und erweisen. Zudem, so wer-

8

Daniel

Czepko

den solche PETRI aus frembden Orten und Reichen nicht kommen: weil ein iedweder Herr mehr auf die Erhaltung als Verjagung der Unterthanen siehet: Und die CAUS^E ATTRACTIV-E PER PACIS INSTRUMENTUM, a l s d i e ÜEPOSSIDIRUng

Alten u n d Evangelischen, u n d REGALiRung d e r n e u e n katholischen P 0 S S E S S 0 R e n a u f g e h a b e n u n d e i n e m i e d w e d e n sein Jus SALVUM ET INCOLUME PR/ESTmet w o r d e n . Sollen sich aber die Städte selbst untereinander in diesen Oertern anfüllen und bewohnet machen? Q U A N D O ERIT ILLA DIES? Sie liegen alle in dieser Schwindsucht kranck, indem es überall öde, wüst und aufgeräumt ist. Zumal, weil die Evangelischen von solchen PETRIS ausgeschlossen, derer nicht allein die Städte, (316) sondern hiesige und benachbarte Länder voll sind. Denn daß die gezwungene Frömmigkeit vor sich die TESTE nicht halte, und nichts als Heucheley sey, dieses hat sich mehr als zu viel in den Erbländern erwiesen, wann etwa bey einem oder dem andern Regiment sich ein Evangelischer Feldprediger befunden, da die Leute zu tausend und mehr weit und breit herzugelauffen, sich der C O M M U NION gebraucht und bewiesen, daß sie die nicht sind, vor die man sie halte, und wie man sie haben wollen. Und ist nun in Wahrheit nicht die Evangelische Lehre der Zunder so vieler CoNFUSiONen und REBELLiONen, sondern eben der Zwang, und, daß man wieder solche Lehre die Leute auf was anders zu nöthigen getrachtet. der

und

W i e d e n n d e r h e i l . ATHANASIUS d i e A R R i A N i s c h e K e t z e r e y d e s s e n t w e g e n s t r ä f f l i e h a n z e u c h t : Q U O D PRIMA IN CONTRA DICENTES USA ESSET JUDICUM POTESTATE, ET, QUOS NON POTUISSET VERBIS INDUCERE, EOS VI, PLAGIS, CARCERIBUS AD SE PERTRAHERE ANNITERETUR: ATQUE ITA, INQUIT, SE IPSAM, QUAM NON SIT PIA, NEC DEI CULTRIX, MANIFESTAT.

Unverfängliches

Bedencken

9

III. Mangel der Handwercker und Kauffmannschafft. Dann, wo die Unterthanen gebrechen, da ist auch keine Nahrung: Wo keine Nahrung ist, da sind keine C O M M E R CIA: W O keine COMMERCIA sind, da ist kein Geld: Wo kein Geld ist, da kan den Obrigkeiten an C o N T R i B i m o N e n auf äuserste Nothfälle nicht geholffen, noch das gemeine Wesen errettet werden. (317) Daß aber das eigentliche Aufnehmen in den Zünfften und Handwerckern, und derer Verstärckungen, wie auch an den Handels und Kauffleuten, so der Handwercker Arbeit und Waaren verführen, und andere Nothwendigkeiten in die Städte und Länder dafür bringen, bestehet, solches ist eine offenbahre und von allen POLITICIS zugestandene Sache; also gar, daß auf die COMMERCIA ein grosses Theil der allgemeinen Wolfarth gegründet wird. Solte nun hier eingehalten werden wollen 1.) Wenn nicht Jungfrauen verhanden, tantzete man mit Zofen. 2.) Dorfffiedler und Sackpfeiffer sind ehe im Rathtische zu dulden, als Evangelische. 3.) TannenZapffen sind nützlicher in Häusern, als Lutherische Bürger: ET ALIA EJUSDEM FARIN/E. So sind doch diese Regeln in der PRACTICA gar nicht bestanden. Denn, nachdem alle Handwercker und Kauffleute, so ihrer Nahrung Grund auf ihre Handwercke und Handelschafft gelegt, hiesige Städte QUiTTiRet, sind nichts als arme und an braüen und säen hangende Leute, die kein Mittel anders wo fort zu kommen, gehabt, übrig und kleben blieben. Dadurch alle Handthierung und C o M M E R C i e n , und mit ihnen alles Geld aus den Städten kommen, und

10

Daniel

Czepko

darauf, weil die armen Leute die Städte nach der völligen, alten INDICTIONSQUOTA an C o N T R i B u n o N e n u n d E i n q u a r -

tierungen vergeben und vertreten müssen, der itzt befindliche RUIN und (318) aüserster Gebrauch der GeldMittel erfolget. Und haben also Zofen, Sackpfeiffer und TannenZapffen weder Städte noch Land erhalten, noch das gemeine Wesen und der H . Catholischen eigene Sache schützen noch retten; viel minder coNTRiBuiRen, und die Soldaten führen oder verpflegen können und wollen. Wie es dann in mancher Stadt allein an Tuchmachern in die 700. in einer andern an Züchnern in die 1000. und so fort gehabt; zugeschweigen, was in vielen Oertern vor Handlung an Pärchen, Meselan und Schleyern getrieben worden, woraus bald ein COMPUTUM ZU machen, was vor Nutzen den Städten und Innwohnenden, die ihre Nahrung dabey gehabt, dadurch und den Kays. INTRADEN zugewachsen. Derowegen die CANONES vom Gesetze des Krieges ausgeschlossen 1 . ) A G R I C O L A S IN PRCELIIS Q U I D E M HÖSTES ALII ALIOS INTERFICIUNT: AT AGRICOLAS

R E L I N Q U U N T INTACTOS

TAN-

Q U A M IN COMMUNE UTILES. 2 . ) M E R C A T O R E S , NAM VITA EORUM AB ARMIS ALIENA EST. INDE APUD F L O R U M : SUBLATIS COMMERCIIS RUPTO FCEDERE GENERIS HUMANI. 3 . ) O P I F I C E S , Q U I P P E ET H O R U M QUJESTUS PACEM AMAT, NON B E L L U M : ET AB HORUM CONSERVATIONE PENDET JUSTITIA UT TRIBUTI, ITA ET VECTIGALIS.

Unverfängliches

Bedencken

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IV. Mängel der Zölle und Gefälle. D a n n w o die Obrigkeit nicht Unterthanen hat, da hat sie kein E i n k o m m e n : w o nicht E i n k o m m e n sind, da kan (319) ihre H o h e i t nicht befestiget werden, und s o fort an. Wolte gleich hier eingewendet werden: E s würde den Gefällen und Zöllen kein so grosser A b b r u c h durch die Handelschafft zuwachsen, in A n m e r c k u n g , daß die K a u f f mannschafft in andern Ländern einen Weg als den andern getrieben werden würde. So ist doch niemand in der A b rede, sammt der Zölle und Gefälle Sachen nicht so wol in den eingebrachten als ausgeführten Waaren, so weder dieses L a n d von andern, noch andere von diesem L a n d e entrathen können, bestehen solte. U n d ist, wenn man die Sache hinwirfft, w o man wil, der Gefälle und Zölle PRINCIPALIOR CAUSA die N a h r u n g der Bürger. W o nun nicht Bürger, H a n d w e r c k e r und Handelsleute sind, da kan ja niemand braüen, handthieren, kauffen und verkauffen; und w o dieses nicht ist, wer wil vorgeben, es geschehe den Gefällen und Zöllen kein s o mercklicher A b b r u c h . U n d was kan und wil ein H e r r bey solchem A b b r u c h e von REGALien und INTRADEN, in welchen alle seine Macht und Erhaltung seiner H o h e i t , seiner Länder, seiner Unterthanen und seines STATUS bestehet, haben. U n d ist auch dessentwegen auf die Städte und derer E r haltung zu sehen 1.) Daß durch der Bürger G e w e r b und Handelschafft aus andern Ländern und den benachbarten Oertern Geld und G u t in das L a n d gebracht, und die Zölle und Gefälle in das A u f f n e h m e n und die Tauren gesetzet werden. (320) 2.) D a ß die Städte rechte V o r m a u e r n und Schutzgatter des Landes, der Herren Wolfarth und Autorität sind: welche ehe als das L a n d zu coNSERviRen, welches in feindlichen Einfällen des DOMiNiRenden Soldatens ist.

12

Daniel

Czepko

3.) Daß die Städter wegen ihrer PRiviLEGien, ihrer Nahrung und ihrer Kauffmannschafft, ihrer Kinder Zucht: ihrer Obrigkeit: wegen vornehmer Leute und der Geschlechter, und ihrer Freyheit erwecket und gereitzet werden, die Städte, und durch sie, das Land, und durch dis der Obrigkeiten Hoheit und Herrlichkeit biß auf das aüserste zu DEFENDIRen.

V. Stärckung der Benachbarten. Daß auf die Macht der Benachbarten zu sehen, ist eine allgemeine RegierungsRegul. Und daß von denen aus diesen Städten entwichenen, und annoch auf weichendem Fusse stehenden Bürgern die benachbarten Potentaten bereit mit Handwerkern und Handelsleuten und andern die Waffen tragen können, erfüllet worden, und mehr erfüllet werden können, solches ist in offenbahrer NOTORIETÄT. Da dann Ihro Kays. May. an Unterthanen, CoMMERCien, Einkommen, Geld und Schutz gemindert und geschwächet, die andern hingegen umb ein grosses nicht ohne PR/EjUDitz des allgemeinen Wesens gestärcket und erweitert worden. Wolte gleich auch hier eingehalten werden, die Abweichenden wären arme Leute. Die Benachbarten vor sich keiner so hohen CONSIDERATION, daß man ihre Macht scheuen dürffe. {321) So sind es freylich arme, aber DESPERATE Leute. Und ist sich, wie die P O L I T I C I lehren, vor niemanden mehr vor zusehen, als welche nicht mit vieler BAGAGE, grossen Reichthum und gläntzenden Waffen versehen: sondern mit Armuth und Verzweifflung gewaffnet sind. Und dieses sind eben diejenigen, so uns in diesen Kriegen den hefftigsten Schaden gethan, und umb derer willen die

Unverfängliches

Bedencken

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CONDITIONES PACIS so schwer gefallen. Dann, wie die letzten Bisse der sterbenden Thiere mehrentheils vor tödlich und unheilsam geschätzet werden: dergleichen Nachdruck hat die Verwegenheit DESPERATer Leute. Und dieser Groll wird durch vermeinte Unschuld in den Gemüthern am meisten geschärffet, daß man also mit der Armuth nicht f o r t k o m m e n k a n , Q U I A MAGNUM PAUPERIES OPPROBRIUM, J U B E T QUIDVIS ET FACERE ET PATI.

Wegen der Benachbarten ist dieses zu erwegen: daß aus einem geringen Füncklein offt ein grosses Feuer entstehen kan. U n d sind keine mehr zu scheuen, als auf die man am minsten Achtung giebet, und heist bey itzigem Zustande: N O S T R A CORRUPTIO EST I L L O R U M GENERATIO. I n d e m i h r e

Länder so wol mit Handwerckern und Handelsleuten, sondern auch mit INTRADEN und Einkommen gefüllet worden. Ich wil nicht sagen, daß nach und nach so verjagte Leute und ihre Kinder ihrer QuALiTÄTen halber AD CONSILIA ET CONSULTATIONES bey Fürsten und Herren erhaben worden. Welchen immerzu von ihren Eltern ein Stachel mit angebohren wird, der ihnen in die Ohren blaset: EST VINDICTA BONUM.

VI. Verrückung des vorgehabten Zieles.

{322)

Denn wegen Mangel der Mittel hat das vorgesetzte Ziel nicht erreichet werden können, sondern ist mitten in der INTENTION ersitzen blieben: ja hat augenscheinlich einen CONTRARIUM EFFECTUM von sich gegeben: indem es endlichen über die hinausgegangen, die andern die Grube gegraben. Woraus diese MAXIMA sich durch sich selbst REFUTiRet: DEPAUPERENTUR. Und wird kein Theil dem andern hie2

Czepko IV

14

Daniel

Czepko

rinnen was vorzuwerffen haben. Und ist eben die D E P A U PERATIO Ursache, daß man das Ziel nicht erlangen können, was gesucht worden, sondern dabey verlohren, was man gar wol hätte behalten können. Wolte gleich entgegen gesetzet werden, die Gelegenheit, wäre bloß verrückt, und nicht das Ziel. So ist doch aus den H i S T O R i e n so viel zu R E M O N S T R i R e n , daß eine Gelegenheit QUO AD IMPERIA FORMANDA in 100. Jahren nicht herumbkommt. Vor mehr als 100. Jahren hat sie der glorwürdigste Römische Kayser Carl der V te gehabt: aber das Ende nach so vielen Kriegen und erlangten V i c T O R i e n war RESTITUTIO LIBERTATIS ET CONCESSIO RELIGIONIS. Sie dürffte in 100. Jahren nicht wieder kommen und keinen andern E F F E C T als den itzigen erreichen und mit sich bringen. Denn Deutschland ist das rechte C E N T R U M ULTIMAE M O N A R C H L E , und dessen LIBERTAS ist gantz E U R O P A ^QUILIBRIUM.

VII. Der angenommene

CATHOLICISMUS.

Und ist in Wahrheit einer höhern CONSIDERATION, ob Jhro Kays. May. die Städte dieser Fürstentümer wegen der so wenig darinnen befindlichen (hirbey P R O T E S T i R e {323) ich vor Gott und Jhro Rom. Kays. May., daß ich die auffrichtige, ehrliche, fromme, treue, Catholische nicht wil gemeinet haben) Catholischen völlig in den aüsersten R U I N sitzen und sincken laßen sollen. Zumal da der FINIS die Leute zum Catholischen Glauben PER ARCTIORA zu bringen durch das JNSTRUMENTUM allergnädigst an die Seite gesetzet worden: indem hinführo niemand der R E L I G I O N halber angefochten werden sol, und

Unverfängliches

15

Bedencken

sich bis STANTIBUS niemand zur Catholischen R E L I G I O N wird bereden laßen, weil seither der gewaltsamen R E F O R M A T I O N niemand darzu, es sey denn durch Aemter beredet worden. Denn man wird in keiner Stadt ausser die auf den Rathhaüsern sitzen, fast niemanden Catholisch finden. Wie es dann in der berühmtesten Handelsstadt Hirschberg mehr nicht als 7. Bolckenhayn 1) )! >> 1* Landeshutt >> » )> 15. Lähn >) )> >> Lemberg >> ») J> 14 Striegau Jauer ,, „ o. Schweidnitz ,, „ 30. Reichenbach >> >» 5> Buntzlau „ „ 10. 108. Aber in Wahrheit in etlichen Orten solche Catholische hat, welche (EXCEPTIS EXCIPIENDIS) vor diesem mehrentheils

wegen ihrer Ubelthaten und Mißhandlungen aus {324) den Zünfften und Zechen, da Ehr und Redlichkeit so hoch als der Apffel im Auge in acht genommen wird, gestossen worden, und also bloß umb der weltlichen wolverdienten Straffen zu entgehen (massen sie dessen von eben den H. Catholischen bezüchtiget und überwiesen worden, auch aus der Stadt- und Schöppen-Büchern, wo solche noch unverfälscht, zu überweisen, und von den CoMMUNen und Bürgerschafften zu überzeugen seyn) die Catholische Religion nicht zu dem Ende, daß sie ihr Leben durch Busse und gute Wercke bessern wolten, sondern, wie solches der Augenschein dargethan, daß sie desto frecher ihren sündl. A F F E C T E N nachhängen, ihre PRIVATAS INJURIAS viNDiciRen, und das BONUM PUBLICUM, wie auch Jhro Kays. May.

16

Daniel

Czepko

REGALIA, gleich als ob sie Eyde darüber geschworen, LABEFACTiRet und iNVADiRet; angenommen. Wie sie dann unterm PR/ETEXT des Catholischen Eyfers alles verübet, was ihnen in Sinn und Gedanken kommen: die Kays. COLLECTEN nicht nach dem gewöhnlichen MODO, sondern nach ihren AFFECTen doppelt angelegt, wenn sie, und wie viel sie gewolt; damit als mit ihrem PROPRIO umbgangen: die bürgerliche Nahrung als den BraüUrbar und andere REGALien zum Untergang der Städte, Verjagung der Bürger, und zum grössern Nachtheil J h r o Kays. May. REGALien allein gebraucht, und also den allgemeinen Nutzen, von dem die armen Leute CONTRIBUiRen sollten, an sich gezogen, und die Beschwerden und CONTRIBUTIONES den Leuten aufgehalset und ausEXEQumet, gepeiniget, und verjaget: Und also {325) nicht allein J h r o Kays. May. die Städte aus einem unbezaümten DOMINAT RUiNiRet, derer Einkommen verschmälert, und alles an sich gezogen, sondern auch unterm PR«TEXT der Kays. DEVOTION vielmal die armen Leute der aüsersten Feindl. Gewalt EXPONiRet und OBTRUDiRet, und dieses ist geschehen so wol vor diesem in theils Fürthenthümern u. Städten in dem Kriege: als auch itzt in etlichen FFthn. und Städten nach dem Kriege, endlichen die Städte selbst TRADiRet und verrathen, und also durch ihren CATHOLICISMUM, darauf sie eine solche PLENITUDINEM POTESTATIS gebraucht, welche weder Christlich, und wieder alle vernünfftige POLICEY E . Kays. May. den grösten und unverwindlichen Schaden zugefügt: Und also zugefügt, daß die Städte mehr Schaden von solchen eigenwilligem und gewaltthätigen DOMINAT der eingeführten MAGisTRATen, welchen an statt Jhro Kays. May.

d i e H . JUSTITZ a n d e r K a y s e r l . S t e l l e n u n d JUDICIIS

anvertrauet worden, erlitten, als von den überhaüfften CoNTRiBUTiONen, Einquartierungen, Plünderungen, Verheerungen, Einfällen, Belägerungen, Stürmungen, Eroberungen, ÜEMOLiRungen: IN SUMMA mehr, als von Schwerd,

Unverfängliches

Bedencken

17

Pest und Feuer: wie solches die Bürgerschafften an den meisten Oertern, auch die in andern Ländern und Oertern von ihnen verjagten einmüthig beseuffzen, beklagen und bezeugen werden. Dann, als auf die armen Leute so gestürmet worden, haben sie nicht allein ihr Vermögen an sich gezogen, sondern auch die an Ihro Kays. May. durch so ansehnliche P R I V I L E G I A und die Oesterreichische Güte in ihren Hertzen tieff eingewurtzelte D E V O T I O N endl. aus dem Hertzen gerissen, daß ihrer viel wieder ihren Willen Schutz und Hülffe, auch Unterhalt bey dem Feinde zu suchen, ge-' zwungen und (326) genöthiget worden. Wie dann der heil. SALVIANUS über dergleichen Haushalten suo T E M P O R E in den überaus schönen Büchern DE P R O V I D E N T I A DIVINA Klage führt ( L I B R I P R O P T E R S E C U L O RUM CONFORMITATEM VERE NECESSARII) welches der Autor in dem Büchlein von der Welt verkehrtem P R O C E D E R E A P P O S I T E angeführet, und s o viel n e b s t dem A L L E G i R t e n E P I S C O P O M A R S I L I E N S I darthut, daß alles Unheil, alle Zerrüttung und Auffstände von dem übel gebrauchten D O M I NAT der RathHäuser in den Städten damals herkommen, und daß die Gothen Italien durch Italien bezwungen hätten. Und das sind die schönen ReformationsFrüchte gewesen, denn aus Mangel der Leute, weil niemand nicht was redliches studieret, muste alles räudige gut genung seyn. So hieß es offt: Der ehgestern Kälber führt, Heute Stadt u. Land regiert. Deswegen wurden auch die heilsamen C O N S I L I A auf der Fleischbank zugehauen, u. ist das Fette vom Vaterlande offt in die Würste gehackt worden. Wo nun nach dem Kriegerischen S^ECULO Jhro Kays. May., wie sie dann ein allergerechtester und frömmster Herr seyn, den Städten und dero Unterthanen geholfen wissen wollen, und ein gerechtes Einsehen auf das geführte

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Daniel C'zepko

Haushalten wenden, und den H . Catholischen, bisher erzehlten, DIRECTE zwar wieder die Evangelische, INDIRECTE aber wieder J h r o Kays. M a y . höchstes Kleinod, oder vielmehr das Ertzherzogliche Hertze selbsten, d. i. wieder der Unterthanen DEVOTION, und J h r o Kays. M a y . REGALien und Einkommen verführten Catholischen Eyfer benehmen und entziehen laßen w e r d e n : w i r d es sich bald weisen, w a s vor ein Unterscheid unter den Treuen und AmtsCatholischen sich erzeigen w i r d . Massen bereits die H . H . Rathsleute in den Städten, nachdem Jhro Reichsgräfl. Gn. als ein witziger, J h r o Kays. M a y . , und (327) dero Unterthanen Wolfarth vor Augen habender H e r r , ihrer Unbändigkeit wegen durch Kayserl. AmtsCoMMissiONES gesteuret, ihre übel gebrauchte Gewalt LiMiTiRet, und die von J h r o Kays. M a y . Vorfahren den Städten verliehene PRIVILEGIA wieder RESTiTuiRet u n d JUSTAM REIPUBLICJE FORMAM P R i E S C R i B i R e t , von nichts als DiMissiONen, Beurlaubungen und Wegziehen reden und DiscuRRiRen, und Ih. Kays. M a y . den Stuhl gleichsam vor die Thüre rücken: und wollen itzo alles, nun sie w a s bey dem gemeinen Wesen beytragen, und sich mit ihren SALARIIS begnügen sollen, zu lauter Unmöglichkeiten machen; Da sie sich doch vor nicht gescheuet, da sie in der eigenmüthigen Freyheit gesessen, wenn die armen Bürger über ihre Beschwerden und Drangsalen geklaget, und nach einer in das 30.ste J a h r gewährten Harre von Unmöglichkeit gesagt, solches nichts als Halsstarrigkeit und REBELLErey zu INTITULIRen.

O b nun dieser wenigen und so beschaffenen Leute halber die Städte und J h r o Kays. M a y . INTERESSE völlig in RUIN ZU setzen: ist in Wahrheit eine Sache, die hochwichtiges Nachdencken nach sich zeucht. D e n n daß der RUIN unfehlbar in W e g e r u n g des EXERCITII

LIBERI folgen wird, ist zur Genüge dargethan. Wolte gleich hier eingewendet werden, wann nur der FINIS durch solche angeführte PROCEDURen erlanget würde, {328) hätte es

Unverfängliches

Bedencken

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nichts zu bedeuten. Es würde alles des guten endes halber gethan. So laüfft doch solches 1 . ) Wieder CANONEM S. S C R I P T U M , die nicht wil, daß man böses thun solle, daß gutes daraus folge und komme.

2 . ) Wieder den CANONEM SYNODI TOLETAN/E, da die heil. Versammlung nicht will, daß iemanden des Glaubens halber Gewalt geschehen sol, so bereit droben A L L E G i R e t worden. 3 . ) Wieder die DECRETA P A T R U M : Da der heil. A U G U -

diejenige vor Ketzer D E C L A R i R e t , welche eines zeidichen Gewinnsts halber eines andern Lehre folgen. STINUS

4.) Wieder das Recht der Natur: welches wil, daß wir andern nicht thun sollen, was wir nicht wollen, das uns von andern gethan werden sol. 5.) Wieder die RELIGION: welche durch böses Zulassen beweiset, daß sie nichts minder als Catholisch sey.

6.) Wieder

BONOS MORES:

Da alles böse verboten wird.

7.) Wieder SALUTEM REIPUBLIC/E: indem durch eine solche Zulassung Thür und Thor allen Gottlosigkeiten, REBELL i O N e n , und Verachtung der Obrigkeit aufgethan wird: indem alle Bösewichtereyen mit dem bemäntelt werden können: JCH HABE ES EINES GUTEN ENDES HALBEN GETHAN.

VIII. Die Augspurgische

CONFESSION.

Die CONFESSION, welche vom Heyden- und Judenthum a u s g e s c h l o s s e n u n d a u f d e n CANONEM S . SCRIPTUR/E{329)

die drey HaubtSYMBOLA, und die vier allgemeine CONCILIA gegründet ist.

20

Daniel

Czepko

Die CONFESSION: welche aus diesem Grunde durch die damalige Kays. C O N S T I T U T I O N E S den Nahmen Catholisch erworben: welche den Grund der Heiligkeit auf keinen Engel noch Menschen, sondern auf Gott und sein Wort; oder offenbahrlicher auf die erbarmende Liebe des grundgütigen Gottes, und das blutige Verdienst seines und unsers gecreutzigten Christi bauet und gründet. Die CONFESSION: auf welche alle Märtyrer und Heilige willig gelitten und gestorben: welche zu allen Zeiten durch so viel tausend Bekenner und Zeugen der Wahrheit richtig erkannt, und dannenhero Catholisch genannt und CANONisch erfunden worden. Die C O N F E S S I O N : welche das E V A N G E L I U M d. i. C H R I STUM J E S U M mit Mund und Hertzen bekennet, ohne welches kein ander E V A N G E L I U M den Menschen zur Seeligkeit gegeben ist, und sich aus diesem Grunde Evangelisch genennet. Die CONFESSION: welche auf diesen Grund gerichtet, von damaligen Irrthümern gesäubert und dem Worte Gottes R E S T i T u i R e t und Kayser C A R O L O dem V E N zu Augspurg übergeben: von F E R D I N A N D O I. durch das Rom. Reich PER F O R M U L A M T O L E R A N T L E , die ihm Gott sonderl. (dafür Jhro Kays. May. Gott auch hertzlich vor ihrem Ende gedancket) in das Hertze gegeben, zugelassen: von M A X I M I L I A N O II. geduldet: von R U D O L P H O II. (330) P E R LITERAS M A J E S T A T I C A S diesem Lande bestätiget: von M A T T H I A II. ferner C O N F I R MiRet: von F E R D I N A N D O II. aller Christmildesten Gedächtnüs nicht allein coNFiRMiRet, sondern auch durch den ChurSächsischen A C C O R D P L A C i D i R e t , und P E R PATENTES R A T i F i c i R t und P U B L i c i R t : von Jhro Kays. May. F E R D I NANDO III. unserm Glorwürdigsten Rom. Kayser, König und allergnädigsten LandesVater in der T R A D I T I O N dieser FFtth. gefunden und gleichfalls bestätiget worden. Die CONFESSION: welche Jhro Kays. May. in dem J N S T R U M E N T O P A C I S durch ewige PACTA mit Billigung der

Unverfängliches

Bedencken

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meisten Catholischen THEOLOGen und des gantzen Capitels, der Churfürsten, Fürsten, Ständen, u. Städten des H. Rom. Reichs, auch den Fürstentth. und der Stadt Breslau verwilliget, den ErbFürsttth. aber DE N O V O EX LUCE G R A T I S , alsbald sie es begehren werden, allergnädigst verheischen laßen. Die CONFESSION: welche feste bey der Obrigkeit hält: derer Verwandte in den geheimen ReichsRath gezogen: vor diesem und itzo dem Ertzhause von Oesterreich treue Und beständige Krieges- und Friedens-Dienste geleistet, und sich als treue Unterthanen verhalten: und bei Jhro Kays. May. und dem Hochlöbl. Hause zu Oesterreich treu und beständig verblieben, und Ehre, Leib, Gut und Blut bey ihm die Zeiten über zugesetzet haben, und hinführo in untertänigster D E V O T I O N zusetzen wollen und sollen. Wolte nu gleich hier entgegen gesetzet werden: Weil {331) die Obrigkeit der Catholischen Religion zugethan, könte niemand vor recht treu erkannt und genannt werden, der nicht der Catholischen Religion gleichfalls beygethan wäre. So haben doch itzige Zeiten so viel dargethan, daß unter einem aufrichtigen Evangelischen und Heuchlerischen Catholischen ein grosser Unterscheid sey. Wie sie dann die alten Evangelischen Jhro Kays. May. in C O N T R I B U T I O N , BATAiLLen, und andern KriegsNECESSiTäten in diesen Zeiten so viel Dienste gethan, als die neuen Catholischen: als welche sich in hiesigen Städten durch dieses Mittel aller ORDINÄR- und EXTRAORDINAR- Anlagen befreyet und EXEMT gemacht, und nicht der Wahrheit, sondern ihrem eigenen Nutzen; nicht Gott, sondern Menschen; nicht dem gemeinen Wesen zugefallen und zum Besten, sondern ihren Kisten und Kasten, und also auf den Judas-Beutel Catholisch worden. Auf welche ich auch alles, was in diesem PASSU nothwendig erinnert werden müssen, oder vielmehr auf ihr uncatholisches Leben und Wesen verstanden haben wil: Vor

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Daniel

Czepko

Gott, Jhro Kays. May. , und der erbaren Welt P R O T E S T I Rende, daß alles und iedes der heil. Catholischen R E L I G I O N , auch denen aufrichtigen, frommen und alten H . Catholischen zu keinem P I L E J U D U Z oder Nachtheil weder gemeinet und ausgedeutet werden kan, mag und sol. Massen ich dann hochversichert, und habe es von unterschiedenen PRiELATen und Herren selbst gehöret, daß sie keine Lust und Gefallen an derogleichen M O D E R A T O R I B U S RERUM P U B L I CARUM und ihren Wer(332)cken haben und tragen. Als welche wol wissen: 1 . ) Q O D R E L I G I O N I P R O P R I A SIT J U S T I T I A . 2 . ) Q U O D PIETATE SUBLATA IPSA JUSTITIA T O L L A T U R . 3 . ) Q U O D LEX NOVA SE NON VINDICET U L T O R E G L A D I O . 4 . ) Q U O D C H R I S T U S LIBERAM HOMINIBUS A R B I T R I I P O T E STATEM R E L I Q U E R I T , NON M O R T E T E M P O R A L I EOS P U NIENS, SED IN ALTERO SECULO AD REDDENDAM R A T I O NEM EOS REVOCANS. 5 . ) Q U O D A SAPIENTIBUS CULPATUM F U E R I T CONSILIUM C A R O L I , Q U I SAXONES, ET J U S T I N I A N I , Q U I S A M A R I TAS VI AC MINIS AD C H R I S T I A N A M R E L I G I O N E M C O M P U L I T , INCOMMODA INDE SECUTA RECENSET

PROCO-

PIUS. 6 . ) Q U O D FACILIUS QUIS ALIA EXUAT, QUANTUMVIS ILLIS AFFIXUS SIT, QUAM EA, QU/E DOGMATUM SUNT. 7 . ) Q U O D MODUS ILLUMINATIONIS SUB H O M I N U M A R B I T R I U M NON CADAT, ET SIMILIA.

So dann nun wegen der C O N F E S S I O N vor sich, vor Gott und der erbaren Welt kein Bedencken, U T P O T E IN QUA N I H I L , Q U O D SOCIETATI H U M A N « NOCEAT, SED Q U O D P R O S I T , T R A D I T U R ET AD HONESTA OMNIA ATQUE AD EXHIBENDAM

und in deren C O N Jhro Kays. May. und der verarmten Jnnwohner und

S U P E R I O R I B U S OBEDIENTIAM P E R D U C I T , FESSION

Unverfängliches Bedencken

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RUiNiRten Städte Aufnehmen bewendet, wie solches bishero verführet: so mögen alle und iede Rathgebende zuschauen, und in ihren DELIBERATRIONIBUS dahin zielen: Daß MODERATA C O N S I L I A e r g r i f f e n , u n d d a d u r c h SACRUM I M P E RIUM R E S T A U R i R e t : T E R R A DESOLATA R E ^ D i F i c i R e t : BONUM

PUBLICUM ASSERIRet:MAJESTAS IMPERATORIS (333) viRet, SALUS POPULI ADSTRuiRet:

CONSER-

V o r allem SUUM C U I Q U E H O N O R D E O , LIBERTAS C O N S C I E N T E , ANIMÉE R E L I G I O

ATTRIBUIRet, REDDIRet und RESTAURiRet werden möge. FIAT! FIAT! SCRIPSI CTO.

1649.D.5.MARTII.

Dan. von C z e p k o CHRYSOSTOMUS: SUMMA ET MAXIMA C O N C O R D I A CAUSA DE UNO D E O SENSUS, EX Q U O VELUT FONTE P R O C E D I T I N S O L U B I L I S E T ANIMOS INTER SE VINCIENS AMICITIA. JOSEPHUS: E A N D E M DE D E O HABERE SCIENTIAM, N I H I L Q U E VITA ET INSTITUTIONE I N T E R SE DISCREPARE PULCHERRIMAM IN ANIMIS HOMINUM CONCORDIAM EXCITAT. Q U I D SI SIC?

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5

Daniel

Czepko

Weil die R E S T I T U T I O I I nicht von Schweden EX B E L L I CAUSA, nicht von Sachsen EX FIDEJUSSIONE, noch von Ih. K . M . EX P A C T O erhalten, sondern dem J U R I R E F O R M A N D I einen Weg als den andern C0NCEDiRet und zugesprochen worden, und EA RATIONE überschwerlich unsere STATUS RATIO bleiben wird: als wäre zu bitten und anzuhalten, daß in Ansehung dieses Gutachtens in iedwedem Weichbild eine Kirche Land und Städten vergünstiget werden möchte.

Von Erhaltung der Städte

Praef(itiio)

*Ober BierGefälle-Einnehmer

Ablegati sunt [Ao 1648 gestr.] circa finem anni [hujus gestr., darüber:] 1648 ab [excellentissimo gestr.] illustrissimo Ducatuum Praefecto Georgio Ludovico de Stahremberg Matthaeus de Püschel, in Bögendorff, S. Caes. Maj. 5 Redituum Cerealium Collector* supremus et Daniel de Czepko tq. Caesarei Commissarii cum Strigoviam, tum etiam Landeshutam, ad digerendas utriusque civitatis pecuniarum rationes, ut et ad confusas magistratus et civium res in ordinem redigendas, urbiumque & adjacentium pagorum l0 statum in melius pro virili convertendum: (Negotium non unius sanè anni!) quo munere vero uterque non sine laude functus est, cuius etiam muneris satis laboriosi gravissimique testimonium tibi perhibent. Sequentia, quae, cum optime elaborata cerneremus, Tibi etiam, L . G . communia facere is. non dubitavimus.

VON E R H A L T U N G DER STÄDTE AN JHRO REICHS GRÄFL.

GNADEN

GRAFEN UND H E R R N VON STAHREMBERG VOLLMÄCHTIGEN LANDES HAUBTMANN ÜBER DIE F Ü R S T E N T H . S C H W E I D N I T Z UND J A U E R 10

EIN BESONDERES B U C H DURCH D A N . VON

I5,

CZEPKO

IM 1 6 4 7 . J A H R E

(8 r)

Hoch und Wohlgeb. Reichs Gr. Gn. ReichsGraff und Herr.

Ausführlich hören: vernünfftig entscheiden: beständig schliessen. Dieses sind drey mit den Händen einander haltende Schwestern, durch welche die Göttin der Wage und des Schwerdts bedienet, verehret und auf den Triumph Wagen geführet wird. Dieses sind drey Tugenden, die einen Richter zieren: drey Säulen, darauff das Recht der Natur, der Völcker, der Bürger geimpfet, gegründet und befestiget ist. Dann hören ohne Ausführung wird vor eine unbedachtsame That; entscheiden ohne Vernunfft vor eine Übereilung; schliessen ohne Beständigkeit vor eine nichtige Erkäntnüs von den Rechts-Lehrern geachtet und angezogen. Und so wir es recht erwegen, so ist die Gerechtigkeit durch hören ohne Entscheiden, und schliessen aus einer freyen Besitzerin zu einer Magd: durch entscheiden ohne schliessen und hören aus einer keuschen Jungfrauen zu einer Kupplerin: durch schliessen ohne hören und entscheiden aus einer gerechten Richterin zu einer Tyrannin gemacht und erkohren worden. Nebenst vielen lobwürdigen Eigenschafften, so ich mit der Eitelkeit meiner Gedancken nicht erreichen kan, hab ich auch diese drey, Gnädiger ReichsGraff! Als ich die in einem ziemlichen Umbschweiff bestehende, und von uns auf Anbefehlen, und geendigte der zwischen dem Rath und der Gemeine in der Kays. Stadt (#*) Striegau geschwebten verglichenen und nach geziemender Erzehlung 3

Czepko IV

30

Daniel Czepko

und Berichtigung dem Kays. A m b t e hinterbrachten und übergebenen Sache in Eu. Reichs Gräfl. Gn. erlauchtem Gemüthe gefunden und gesehen. Denn Sie haben nicht allein den Verlauff hören: sondern auch die Sache entscheiden: und nicht allein entscheiden, sondern auch darinnen schliessen wollen; und also schliessen, daß das Hören durch A u s f ü h r u n g : das Entscheiden durch Vernunfft: das Schliessen durch Bestand von Zeit auf Zeit, von Volcke zu Volcke w i r d beliebet, erhalten und geewiget werden. J n Wahrheit eine göttliche, eine gerechte, eine recht gewünschte Sache: aber w a s kan anders von unserm Grafen von Stahremberg, der sich und alle das Seine dem Göttlichen Hause von Oesterreich aufgeopfert hat, anders gehoffet und gewähnet werden, als was dem Ertzhertzoglichen Kayserlichen H a u s e gleich und ähnlich ist? A u s dieser Quelle nun, oder vielmehr aus diesen dreyen Adern der Quellen sehe ich die niemals genugsam berühmte und die eines unsterblichen N a h m e n s allein w ü r d i g e Vorsorge aus Eu. ReichsGr.Gn. undurchschaulichen Verstände hervor strömen und röhren, die Sie auf Erhaltung und W i e dererstallung der Städte in diesen Fürstenthümern anwenden wollen. Ach der überaus seeligen Vorsorge! Eine Vorsorge; durch welche viel tausend Thränen, (9 r) so über der W i t t w e n und W a y s e n Backen täglich gerollet und geflossen, gantz väterlich abgewischet und aufgetrocknet w o r d e n . Eine Vorsorge; welche viel hundert im Elend u n d in der Frembde lebende wieder nach H a u s e ruffet, daß sie den gewünschten Rauch von den väterlichen Schornsteinen nunmehr sehen, und nicht allein sehen, sondern auch besitzen können.

Erhaltung der

Städte

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Eine Vorsorge: welche die wenige in den Städten verterbte, zurüttete und gequälten Bürger wiederumb erquikken und ermuntern wird. Eine Vorsorge; welche die Aermsten reitzet und treibt, daß sie nunmehr ihr Vaterland hinführo vorsichtiger lieben, ihre Kinder freudiger ziehen, gesicherter leben, und ruhiger sterben können. Eine Vorsorge; durch welche die Bürger aus gleichsam leibeigenen zu freyen Kayserl. Unterthanen, die Rathsleute aus gleichsam Eigenthums Herren zu Verwaltern und zu Vorgehem der Gemeine; die Städte aus gleichsam wüsten und öden Steinhauffen zu bewohnten und erbauten Märckten gemacht werden. Eine Vorsorge, welche der Freyheit des Glückes, der Gewalt der Zeiten, der Veränderung der Dinge, der Verterbung guter Sitten und Ordnungen nicht weiter so ein nachtheiliges, so ein unverantwortliches, so ein unwiederbringliches, so ein schädliches vergönnen wil. Eine Vorsorge, welche vor das allgemeine Wesen und Jh.R.K.M. Aufnehmen sorget, und der gött(9 1 ')liehen Vorsorge am nechsten ist. Ach der überaus tröstlichen Vorsorge! Nur durch den Glantz dieser Vorsorge werde ich als ein bisher im Schatten verlegenes, aber nichts desto minder dem gemeinen Wesen und J.R.K.M. verbundenes Theil dergestalt erleuchtet, daß ich mir vorgenommen, dieses besondere Buch von Erhaltung der Städte Eu.ReichsGr.Gnaden auszufertigen. So nehmet nun, gnädiger LandesHerr, unter so vielen Harnischen und Degen, Büchsen und Picken, Lunten und Kugeln, so vor die Erhaltung der Städte funckein und gläntzen, knallen und brechen, glimmen und rauchen diese Feder an. Eine schwache Stütze gegen dieses schwache pra-

32

Daniel Czepko

ßelnde und brechende Gebäude. Aber wenn sie von Eu.ReichsGr.Gnaden hochgepreisten Vorsorge erhalten wird, so starck, so wichtig, so mächtig, daß sie grössere Wichtigkeit mit der Zeit wird zu erkennen geben, als iemals die 5 schwersten Geschütze und knasternden Mörser nicht gethan haben. Denn diese beschirmen die Mauern und Bollwerke, unsere Feder hingegen nebst dem Papier ordnet die Bürger und Gemüther. Das letztere in diesem Werck ist, daß ich wünsche, daß 10 der unsterbliche Gott, wo E. ReichsGr.Gn. etwas hier gefällig seyn möchte, solches bestätigen, und dem gemeinen Wesen und J h . R . K . M . zum besten segnen, ja wol angewendet seyn und bleiben lassen wolle.

Ursachen der Verterbung und Auffrichtung der Städte

(10")

VORTRAG ODER REDE, DARINNEN

VON U R S A C H E N D E R V E R T E R B U N G UND A U F F R I C H T U N G DER STÄDTE GEHANDELT WIRD. S o IN D E R L A N D S H Ü T T I S C H E N K A Y S E R L . A M B T S VERSCHICKUNG V O R G E B R A C H T UND G E H A L T E N WORDEN. I M 1 6 4 8 . J A H R E DEN 3 0 .

CHRISTMONATSTAG.

Jm Nahmen der Heiligen hochgelobten unzutrennten Dreyfaltigkeit und auf Befehl des Hoch und Wolgebohrnen Herren, Herrn Georg Ludwiges des Heil. Rom. Reichs Grafen und Herren von und zu Stahremberg, Herren zu Schönbühl, auf Bechau, Schlaupitz, Oberpeyla, Bielitz, Fuchswinckel, Weißbach und Arnoldsdorff Rom. Kays. May. Rathes und Kämmerers, dieser beyder Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer vollmächtigen Kays, und Königl. Landeshaubtmanns, unsere allerseits gnädigen ReichsGr. und Herren wird gegenwärtige auf die allgemeine Wolfarth gegründete und zuvorhin ordentlich angekündigte Tagleistung hochfeyerlich bedinget, und hiemit durch nachgehende Rede an diesem Orte, an welchem nichts, als was der heil. Gerechtigkeit gemäß, der allgemeinen {10") Wolfarth dienlich, dem Rathe löblich, der Bürgerschafft nützlich seyn wird, vorgenommen werden sol, geheget und dergestalt angefangen: Ehrenveste, Wolweise, Hochbenahmte. Jnsonders hochgeehrte Herrn des Rathes. Ehrenveste, Wolgeachte, vorsichtige. Jnsonders liebe Herren von der Bürgerschafft. Jndem ich von denen Sachen, darinnen die allgemeine Wolfarth bestehet, zu reden entschlossen: erinnere ich mich des zuvor auf den meisten Rathshaüsern bekannten, aber auf den minsten in Obsicht gehaltenen Gesetzes: SALUS POPULI SUPREMA LEX ESTO.

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Daniel

Czepko

Eines Gesetzes: welches nicht aus dem Gehirne etwa eines Rechtsgelehrten, sondern aus dem Grunde der Natur, aus der einhelligen Beystimmung aller Völcker: sondern aus dem innersten Grund der ersten Versammlung und Gesellschafft der Menschen ihren Anfang genommen. Denn wo die Wolfarth der Unterthanen das höchste Gesetze ist; da werden die Armen beschützet, die Wittwen verthaidiget, die Waisen versorget, das gute hat seine Beförderung, das Böse seine Verhinderung. Ein ieder kan nicht allein das Seinige erwerben, sondern das erworbene sicher und ruhig gebrauchen. Kurtz: Fried und Einigkeit küssen und hertzen sich auf allen Gassen, durch alle Haüser, in allen Hertzen. Eines Gesetzes: welches ein ied( weder Oberer und Richter nicht allein über dem Tische, darüber er rathschläget, sondern auch, darüber er richtet, darüber er lieset, drüber er isset, vor Jhm mit goldenen Buchstaben geschrieben, sehen, lesen und betrachten solte. Denn die allgemeine Wolfarth ist in allen Städten und Vergesellungen die eintzige Grundquelle, aus welcher aller und ieder darinnen befindlicher Mitglieder, Bürger und Jnnwohner absonderliche Wolfarth dergestalt entspringet: daß davon nicht allein die RathHaüser nebst Kirchen und Schulen, sondern auch die löblichen Zünfften und Zechen und gantze BurgerschafftsGemeinde vereinbaret und erhalten werden kan. Massen dann wir von der Sonnen das Licht, von dem Hertzen das Leben, von der Erden die Fruchtbarkeit: Also von der Einigkeit die Versicherung: von der Versicherung die Ordnung: von der Ordnung die Nahrung: von der Nahrung die Erhaltung, von der Erhaltung die beständige Wehrung der gantzen Stadt und Gemeinschafft auszuführen und zu behaupten ist. Eines Gesetzes, sage ich: über welches Fürsten, Könige und Kayser, die sonsten durch ihre Hoheit und Majestät von allen andern Gesetzen entfreyet sind, die unwiedersprechliche Vollmacht ihrer Gewalt nicht gehen lassen können: es sey dann, daß sie das Recht der Natur,

Verterbung und Auffrichtung

der Städte

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welches auch von der Göttlichen Majestät nicht verändert werden kan, umbkehren und vergewaltigen wolten. Dann, wo die allgemeine Wolfarth das höchste Gesetze ist, da ste( l l v ) h e t alles in voller Blüte, vollem Wachsthum, vollem Aufnehmen. Wo hingegen der eigne Nutzen das höchste Gesetze ist: da ist nichts anders vor der Thür, als Fallen und zu Grunde gehen. Wann dann Jhro Reichsgr. Gn. das vollmächtige Kays. u. Königl. Ammt uns itzt gedachtes Gesetze in der Kays. u. Königl. AmmtsVollmacht auf das beste befohlen: haben wir der unumbgänglichen Nothwendigkeit zu seyn erachtet, etwas weniges zuvoraus: Worinnen die allgemeine Wolfarth der unterthanen bestehe, E . E . Rathe u. der löbl. Bürgerschafft in gegenwärtiger Rede vorzutragen: Damit daraus von einem iedweden der vorgesetzte Zweck gegenwärtiger Mahlstatt verspüret und gemercket, und darauff desto friedlicher, desto glimpfflicher, was solchem Zweck bequem und dienlichen, befördert und angenommen: was demselbigen wiedrig und beschwerlich, an die Seite gesetzt und unterlassen werden möge. Wann ich die erste GrundSaüle der allgemeinen Wolfarth erwege, so stellet mir solches dieses Rathhaus, diese Stube selbsten vor. Denn ich sehe vor meinen Augen denselbigen Pfeiler, auf welchen sie sich, und also auch unsere vorhabende Handlung lehnen und steuern sol: und ist nichts anders, als die woleingerichtete Ubereinstimmung und Einträchtigkeit des Raths und der Bürgerschafft: als zweyer Theile, welche ein gantzes, das ist eine Gesellschafft, eine Stadt vollkommen machen. Dann wenn der Rath ihre Untergebenen (12") wie ein Braütigam seine verlobte, ein Vater seinen Sohn, Christus seine Gemeine wegen der Treue, damit sie ihnen verbunden, liebet: wegen des Ammtes, dadurch sie der Stadt Väter und Vorsteher seyn, versorget: wegen der aufgetragenen Gewalt und Ansehens, dadurch sie vor andern erhaben und unterschieden seyn, beschützet. Wieder: wann die Untergebenen dem Rathe als ihrer von

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Daniel Czepko

Gott u. der Rom. Kays. May. vorgesetzten Obrigkeit, wegen der Göttlichen Ordnung, durch welche die Obern den Untern vorstehen und die Würde haben, gebührende Ehr erzeigen; wegen so theuren abgelegten Eyde, damit sie den Städten und der Gemeine verbunden, gehorsame Folge leisten: wegen der allgemeinen Wolfarth, vor die ein iedweder nicht allein sein Haab und Gut, sondern auch seine Ehre, ja Leib und Leben dahin zu geben und aufzusetzen schuldig, mit treu eyfrigem Gemüthe an die Hand gehen: Was ist in einer Stadt, einer Gemeine anders zu hoffen, anders zu sehen, und zu befinden; als Friede und Einigkeit in den Gemüthern, Glück und Seegen in Verwaltung der Aemter: Aufnehmen und Gedeyen in der Nahrung und allen ehrlichen Gewerbschafften. Die Städte sind voll an Haüsern: die Haüser voll an Innwohnern: die Inn wohner sind bemühet, wie ihre Kinder, Jhnen, dem Vaterlande, der hohen Obrigkeit zu Nutz und Frommen in aller Gottesfurcht theils in den Schulen und Erlernungen einer und { I T ) der andern Wissenschafft, theils auf den Handwercken und Übungen ehrlicher Gewerbschafften auferzogen, und also in den Städten, gleichsam neue Städte in den Vorrath gezeuget, angeleget und besetzet werden möchten. Jm Gegentheil: wenn die Rathleute nicht die Untergebenen zu lieben, zu versorgen, und zu beschützen, sondern sich und etwa ihre Verwandte zu erhalten, zu bereichern, und groß zu machen, die Aemter führen und an sich bringen; Wenn sie nicht lassen die allgemeine Wolfarth, sondern ihren eigenen Nutzen, eigenes Aufnehmen ihr höchstes Gesetze seyn: in allem auf sich sehen, sich meinen, und das ihre suchen: obgleich das allgemeine Wesen darüber zuscheitert, die Städte an Haüsern verwüstet, an Bürger und Innwohnern vermindert, und sie alleine nach so erledigten Besitztümern Herren der Sachen gelassen werden sollen. Wann, sage ich, E . E . Rath nicht dahin trachtet, wie die armen Leute der Beschwerden erleichtert, sondern durch

Verterbung und Auffrichtung der Städte

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Befreyung ihrer Beschwerden täglich mit mehrern Beschwerden gedrücket werden möchten: daß also die Aembter nicht ihnen Beschwerden, sondern sie selbst vielmehr den Aembtern, den Städten und den verarmten Gemeinden zu fast unerträglichen Beschwerden werden. Wieder: wann die Unterthanen und Untergebenen: Bürger und Inn wohner nicht mit dem gegenwärtigen Zu stand und Herrschafft vergnüget sind; sondern ihre Sinnen und Gedancken immerzu auf unordentliche Veränderungen und Erneurungen führen und leiten lassen; Wann sie sich durch übel geschöpfften Argwohn untereinander trennen und verzwisten, und durch das leidige Mißtrauen, welches allein Gifft genung hat, auch die mächtigsten Reiche und Länder, geschweige eintzele Städte und Gemeinden, und ihre löbl. Verfaßungen und Ordnungen in Verterb zu setzen, dergestalt eingenommen und angestecket werden, daß sie nicht vor einen Mann stehen, nicht mit zusammen gesetzten Gemüthern vor das gemeine Wesen reden: und also, was zu ihrem Besten dienet, vermitteln nicht wollen; was zu ihrer Erhaltung erfordert wird, bey Uberhaüffung allgemeiner Beschwerden nachmals suchen nicht dürffen; Was zu ihrem Untergange so eyfrig von ihnen selbst vorgegraben wird, ohn gefährliche Zurüttung der eingeführten Herrschafft endlich ändern nicht können; Wann, sag ich, eine Gemeinde aus Verdruß gegenwärtiger Laüffte die Schrancken ihrer Pflicht und Schuldigkeit eröffnet, überschreitet, und aus dem Wege räumet; der Obrigkeit ihre gebührende Obsicht entzeucht; die rechten Ursachen der allgemeinen Landplagen und Straffen, nicht in ihrem eigenen Busen, das ist, in ihrem sündlichen Hertzen und verletzten Gewissen, nicht bey dem eyfrigen und über unsern ungerechten Handel und Wandel erzür(/3 t ')neten Gott; sondern bey der Verwaltung und der Obrigkeit, welcher nicht allein das Schutz- sondern auch das Rach-Schwerd von Gott gegeben ist; und ebenfals die ordentliche Abhülffe so gedachter Plagen und Straffen nicht

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Daniel

Czepko

in Besserung des Lebens; nicht bey einem gnädigen Gotte, sondern vielmehr durch solche Mittel, die den Zorn Gottes mehr über uns erwecken, als besänfftigen, suchet, erwartet und hoffet. Wann endlich einer den andern ansiehet, keiner nichts dabey thut. Die, so verschonet worden, schweigen und stille sitzen, die Vermögenden sich selbst befreyen: einer nach dem andern davon gehet. Meine liebe Herren und guten Freunde, was kan anders folgen, ja was, leider Gott erbarme es, sehen, erfahren und empfinden wir anders; als, daß die, so vor diesem inner der Ringmauren mit so vielen Haüsern und Wohnungen gezierte Stadt numehr auf allen Gassen verheeret und eingefallen, und mit einem Worte ein wüster Steinhauffen ist; als daß die vor diesem in etlichen hundert wolhabenden Wirthen bestandene Bürgerschafft numehr auf diese wenige vor Augen stehende Anzahl gantz armer bekümmerter und auf flüchtigen Fuß gebrachter Leute herunter gesetzet und gebracht worden: Als daß die vor diesem in diesem O r t e durch das gantze Jahr von Ausländischen und Einheimischen (l4 r) mit so grossem Nutzen getriebene Handelschafft also gar zu Grunde geschwunden: daß der mehrere Theil aus Mangel der Lebensmittel davon gegangen, die Hinterbliebene mit Sorgen und Borgen, ach des bitteren Tranckes! Ach des würgenden Brodtes! Bishero auf die blosse Hoffnung des von so vielen Jahren mit unendlichen Seuffzen und Thränen gewünschten, numehro aber (Ach der überaus seeligen Bothschafft!) zu Münster und Osnabrück von allen Theilen unterschriebenen, und nicht allein unterschriebenen, sondern in gantz Deutschland, was Deutschland? in gantz Europa durch Trompeten und Carthaunen Schall und Knall, durch d a s G ö t t l i c h e SURSUM CORDA u n d g e h e i l i g t e T E D E U M LAU-

DAMUS durch vereinbarete Zungen und Hertzen bestätigten Friedens, ihr Leben, oder vielmehr ihre Plagen mehr fort geschleppet und getrieben, als versehen und unterhalten. Welches alles an einem grossen Theile, wann wir die Wahr-

Verterbung

und Auffrichtung

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heit bekennen und uns selbst nicht heucheln wollen, von dem verdammlichen Eigen Nutze, den Übeln Zuneigungen; von dem schädlichen Argwohn, dem leidigen Mißtrauen und mit einem Worte von denen wegen einer und der andern Sache enthaltenen Mißhelligkeiten, und daraus zwischen dem Rathe und der Bürgerschafft erwachsenen Zwistungen seinen Anfang und Ursprung genommen. Dann das halte ich vor gewiß, ist auch unschwer {14") darzuthun, daß, die von dem 18. Jahre her biß auf diese Stunde und also bis in das 30. Jahr unverruckt aufeinander gesetzte Anlagen, und alle und iede KriegsBeschwerden den Schaden, den Kummer nicht verursachet, welcher in hiesigen Städten von der so übel gefasseten und zwischen den Rathleuten und Bürgern recht verstimmten Unzufriedenheit die Jahre her den Kayserl. Unterthanen, und dadurch der allgemeinen Wolfarth und Ihro R.K.M. unumbgänglichen Aufnehmen selbst zugefüget, angethan und aufgewältzet worden. Daß also ohn alle Wiederrede das Wolvernehmen und Einhelligkeit zwischen dem Rathe und der Gemeine unter den Saülen nicht die schwächeste ist, auf welcher in allen Städten und Ständen die allgemeine Wolfarth iederzeit gestanden und erhalten worden. Sehe ich mich nu weiter um, so befinde ich, daß die löbliche Verwaltung der Aemter auch unter die vornehmste Grundfeste zu zehlen, auf welche das Haus der allgemeinen Wolfarth gebauet ist. Solche löbliche Verwaltung aber sothaner Aemter hat die Obsicht des allgemeinen Wesens vor sich, welches allgemeine Wesen in nachgehenden Bestellungen stehet. Die erste Bestellung ist der Gottesdienst: Dieser hat billich den Vorzug. Denn einer iedweden Obrigkeit lieget dieses zum fördersamsten ob, daß nicht allein die Gotteshaüser mit Ziegel und Kalk, sondern auch (15') die Menschen als die geweihte Lehrstäte des heiligen Geistes in aller Gottesfurcht und guten Sitten durch fromme und gelehrte Priester

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gebauet und erhalten werden möchten. Zumahlen, weil die Gottesfurcht nicht allein die bekehrten Seelen der Menschen an die Göttliche Verheischung der ewigen Seeligkeit knüpffet und bindet, sondern auch ihre Gemüther durch eine obere Gewalt in die Schrancken des schuldigen Gehorsams schleust, und Sie gleichsam übertäubet, daß sie sich durch die weltlichen Obrigkeiten desto sanfftmüthiger und geduldiger führen und befehligen lassen. Massen der Römische Redner und Bürgermeister CICERO durch seine Heydnische Feder solches zu verstehen gegeben, schreibende: Die weisesten Gesetzgeber und Grundleger der Städte und Gesellschafften haben eine unvermeidliche Furcht über Uns erdacht; damit diejenige, welche durch keine Mittel zu gewinnen, durch den Gottesdienst in der Zucht und dem G e horsam gehalten, und der weltlichen Herrschafft unterwürffig gemacht werden können. Wir aber als eines weit bessern Gottesdiensts erfahrne lassen den CICERO mit seiner erdachten Furcht billich fahren, als die wir aus den aüserlichen Zeugnüssen der heil. Schrifft wissen, und aus dem innerlichen Beyfall unserer Gewissen empfinden: daß wahrhafftig ein Gott sey, der die Menschen über ihrem Thun richte und straffe. Zwar dieses bleibet eine zugestandene Sache, daß der Gottesdienst eine uner(/i I ')schöpffte Grundquelle des allgemeinen Wesens sey, welche, wann sie etwa verstopffet wird, den gantzen Leib der Gesellschafft beohnmächtiget, also zwar, das alle Glieder und Adern der Bewegung und des Lebens darüber beraubet werden. Wer mir nicht beyfallen wil, den wil ich in die glaubwürdigsten Geschichtschreiber, und aus denselbigen in viel edle Länder und Königreiche hiemit schicken und weisen, welche in Zurüttung dieses Grundsteines hin und wieder zu Boden gefället und gestürtzet worden. Wiederumb gründet sich das allgemeine Wesen auch nicht unbillich auf die Bestellung der Schulen. Denn wo die J u gend in Tugenden und freyen Künsten und Wissenschafften

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vorsichtig und weißlich auferzogen wird, da hat es mit der allgemeinen Wolfarth keine so grosse Noth. Und in Wahrheit, wann ich die unglückseeligen Fälle dieser Kriegerischen Zeiten bedencke, so befinde ich keine Belagerung so schädlich, keine Plünderung so unvermeidlich, keine Zustörung so nachtheilig, als, daß so viel Lehrstäten und Tugendhaüser theils durch die Krieger verwüstet, theils aus Unmöglichkeit der Spesen und Unkosten verlassen, theils aus Nachlässigkeit der Obern unangerichtet seyn und bleiben müssen. Und woher kommt es, daß in vielen Städten kaum ein eintziger bey den RathHaüsern gefunden wird, der, ich wil (16r) nicht sagen, aus dem Grunde eine und die andere Wissenschafft gelernet, sondern nur überhin einen Lehrer der Weißheit oder der Rechte mit Nutz lesen oder verstehen kan: ja daß der, so lesen und schreiben kan, sich nicht allein des Bürgermeister Amtes, sondern viel höherer Geschaffte würdig achtet, und nicht vorgehen, sondern kurtz umb herrschen wil? Aus Mangel der Schulen. Woher kommt es, daß man wegen Aufsetzung eines schlechten Klagbüchleins etliche Meilen ziehen muß: daß man keine in Gesetzen eingeführte Beweißthümer weder hören, noch verstehen kan, und niemanden nach der Richtschnur der Gesetze, sondern mehrentheils nach seinem Gutdüncken entscheiden wil: ja, daß man hinführo, wie unter dem TIBERIO die Griechische, also bey uns die lateinische Sprache abschaffen und verbitten müssen wird? Aus dem Mangel der Schulen. Woher kommt es, daß viel ehrliche Leute ihre Rechtstheidungen, daran ihre, und ihrer Kinder Wolfarth gelegen, liegen lassen, und in Mangel solcher Beförderung Hunger und Kummer leiden, und zuletzte gar zu Grunde gerichtet werden müssen: daß viel sieche und Krancke nicht nur vom untersten Stande an statt eines erfahrnen Artztes sich etwa eines unverständigen und aus der Frembde abgeholeten Baders und Kraüterlesers gebrauchen, und die Gewißheit seiner Kunst mit dem Tode bestätigen müssen: 4

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Daß, sage ich, viel in den letzten Zügen liegende und mit dem Tode kämpffende in etlichen Tagen kaum {16") eines Priesters und BeichtVaters theilhafftig werden können, und offt ohne Creutz und Licht (wo solches nicht im Hertzen durch den Glauben umbschlossen und angezündet wird) den finstern Thal des Todes antreten und durchwandeln müssen? Aus dem Mangel der Schulen. Der Mangel der Schulen ist es, lieben Herrn und Freunde, daß man sich an statt der einheimischen oft ausländischer Leute in den Städten bedienen muß, welche, wie sie unsere Gesetz und Gewohnheiten nicht verstehen, also eine und die andere Veränderung einführen, dadurch das allgemeine Wesen nothwendig in Zerrüttung gesetzet werden muß: denn, wie die eingebohrne die Liebe zu dem Vaterlande mit der Muttermilch gleichsam in sich trincken: die Gesetze, Gewohnheiten, Ordnungen von ihren Eltern hören und tieff in das Hertze drücken; die freyen Künste und Wissenschafften dem Vaterlande und allgemeinen Wesen zum besten lernen: Also halten sie auch über ihrem Vaterlande, ihren Freyheiten und dem allgemeinen Wesen, in welchem die eintzige Wolfarth der Städte bestehet, so bey den Ausländischen nur überall ermangeln wil. Damit nun die Verwaltung und Vorstehung in den Städten, und in der Verwaltung die Bestallung des Gottesdienstes, und im Gottes Dienst die Auferziehung der Jugend, und in der Jugend das allgemeine Wesen erhalten werden möchte, so lasse eine iedwede Obrigkeit ihr die Erneurung der Schulen, ( 2 4 r ) und in denselbigen die tauglichen und mit der Zeit der allgemeinen Wolfarth nützlichen Gemüther am besten befohlen seyn. Noch eines: Wer wil nicht gestehen, daß die Freyheit und darauf gerichtete Begnadungen, Gewohnheiten und Gebräuche nicht ein rechtes GrundGesetze, und, so zu sagen, unentbärlicher Hauptpfeiler ist, so von den lieben Vorfahren durch Schweiß und Blut erworben, und dem Gemeinen Wesen durch Witz und Tapfferkeit untersetzt und unter-

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zogen worden. Denn die Würde solcher Begnadungen und Gewohnheiten, solcher Ordnungen und Gebraüche ist die unverrückte Richtschnur, das aufrechte WinckelEysen, das eine iedwede Obrigkeit in Verwaltung ihrer Aemter weder aus den Augen noch den Händen, viel minder aus dem Gemüthe setzen, legen und lassen sol. Und wann ich mich in den Geschichtschreibern umbsehe, befinde ich so viel, daß nicht allein schlechte und unansehnliche Flecken und Städte, sondern gantze Länder, gantze Königreiche so lange, wie in Friedenszeiten unveränderlich gewesen, als lange ihre Vorsteher, ihre Gebitter und Oberherren solche Freyheit und daran hafftende Begnadungen, solche Reichs-Verfassungen und Gewohnheiten, solche väterliche Gesetze und löbliche Ordnungen wie mit Ehr und Ruhm, mit Blut und Degen erworben, also mit Witz und Tapferkeit, mit Gefahr Leibes und Lebens erhalten, ( 2 4 v ) und den Nachkommen ohn alle Zurüttung in ihrer ersten und unbefleckten Würde überantwortet und übergeben. Dann die Vorfahren haben beständig davor gehalten, das allgemeine Vaterland bestünde nicht in einem besondern mit Mauern umbschlossenen Platze; nicht in einem auf etliche Meilen abgemessenen Erdklumpen; nicht in Haüsern und Gütern, in Gärten und Ackerstücken: sondern vielmehr in der Freyheit, in den Begnadungen, in den Grundgesetzen und guten Verfassungen. Vor dieses Vaterland haben sie gestritten und gesieget, und sich iedesmal entschlossen, ehe ihr Leben, ihre Haüser und Gütter zu lassen, als eines Haares breit von so wol verwahrter Freyheit zu weichen. Gesetzet nun; angezogene und in den theuresten Verfassungen, Begnadungen und Grundgesetzen bestehende Freyheit wäre (wie solches nicht allein die Geschichte, sondern die bekannte und über alle Geschichte steigende Erfahrung überflüssig erweiset) die unentbärliche GrundSaüle, auf welche der Flecken und Städte, der Länder und Reiche allgemeine Wolfarth von unsern Vorfahren gebauet und gemau-

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ret worden; so folget ja unwiedersprechlichen, daß, wann ein Grundstein nach dem andern, oder eine Saüle nach der andern, entweder durch die einbrechende Gewalt der Kriege, oder durch schläffrige Nachlässigkeit der Vorsteher Verwalter und Obern, oder (18') durch Veränderung des gemeinen Wesens und geheime HerrschafftsKünste wackelnde und wanckelnde gemacht: wenn Sie von Zeit zu Zeit unterbrochen und abgethan werden, nothwendig das darauf stehende Gebaüde als das allgemeine Wesen, und darunter eines iedweden Gliedes Glück und Wolfarth zurüttet und zuscheitert, und in kurtzer Zeit zu Grunde gerichtet und gestürtzet werden muß. Derowegen sol E . E . Rath dieses in solchen Schrancken stehende Vaterland, als welchem sie so theuer verbunden, und in welchem ihre liebe Vorfahren bey so gewünschten und ruhigem und so sorgenreichem Zustande gelebet, als derer von der höchsten Obrigkeit verordnete Beschützer, Vormünder und Väter in allen Fällen so hoch als ihre Ehre und Wolfarth, ihr Leib und Leben, ihre Weiber und Kinder beobachten: damit nicht ihrer Nachlässigkeit und eigenen Verwahrlosung halben von den Nachkommenden ihre Gebeine in der Gruben verfluchet, sondern vielmehr geehret, und mit allerhand Lobsprüchen als mit dem köstlichsten WeihWasser besprenget und beopffert werden möchten. Wann ich weiter nachsinne, so finde ich unter den Bestellungen, in welchen das allgemeine Wesen beruhet, die unumbgängliche Handhabung der heilsamen Gerechtigkeit übrig. Eine Sache, welche gleichsam das Band ist, welches die allgemeine Wolfarth ver(_/#")knüpffet und beysammen hält: derogestalt, daß ohne solche Verknüpffung weder Rath noch Gemeine, weder Gesetze noch Verfassung nicht einen Augenblick bestehen kan. Und wie das schöne Gebaüde die Welt, wenn ihr der alles umbschliessende und umbgebende Geist des Höchsten entzogen werden solte, angesichts zustücket und zustaübet werden müste: Also müste eine

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iedwede Stadt, Land und Reich, wiewol es auch sonsten mit streitbaren Helden und weisen Verfassungen und Gesetzen versehen, urplötzlich über einen Hauffen drümern und scheitern, solte ihnen diese Sonne, diese Seele, dieser alles in der schönsten Ordnung haltende Geist der alles gleich austheilenden Gerechtigkeit entzogen werden. Es bestehet aber die Handhabung der Gerechtigkeit nicht vornemlich darinnen (ob sie gleich an einem grossen Theile darinne bestehet) daß man in gewissen Tagen und Stunden zusammen komme; eine und die andere Klag-Schrifft durchsehe; etliche in Mißverständnüß gerathende Theile mit ihren Ein- und Gegen-Reden höre; Endurtheile abfasse; Verträge bestätige; auch bestehet gedachte Handhabung der Gerechtigkeit nicht vornemlich darinnen (wiewol sie an einem grossen Theile darinnen bestehet) daß man sich der Untergebenen annehme; ihre Beschwerden verhindere; ihren ( 1 9 r ) Nutzen und Wolstand befördere; Bothschafften abfertige; über den BegnadungsBriefen und allen guten Satzungen halte; und was sonsten das Amt getreuer und sorgfältiger Vorsteher erfordert, unverdrossen und behutsam zu Wercke richte: sondern, wann ich es sagen darff, so bestehet der Grund, aus welchem sothane Handlung der Gerechtigkeit alle ihre Stärcke, ihre Krafft und ihren Nachdruck schöpffet, und nehmen sol, in dem Gemüthe, in dem Leben und in dem Wandel der vorgehenden Obrigkeit. Dann vergebens suchen wir Schutz bei der Gerechtigkeit, wann die Gerechtigkeit nicht zuvor in Uns eines solchen Schutzes theilhafftig gemacht worden. Nun ist die Gerechtigkeit vor sich nichts anders, als ein beständiger und ungeendeter Willen einem iedweden das Seinige zu lassen, zu geben, zuzueignen. Dieser Willen ist nun der Ursprung und die Grundfeste der Gerechtigkeit: nun kan sie in dem Gemüthe Leben und Wandel dessen, der sie sol aussprechen, nichts anders wollen, können, noch wircken, als was sie in demselbigen wollen, können und wircken sol,

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gegen dem sie ausgesprochen worden. Sonsten müste sich der Rechtende in Aussprechung eines EndUrtheils, wenn er ihm nicht zum besten bewust, selbst verdammen. Wie es denn gar offte geschehen mag. Dann mit was vor Gewissen kan ich den mir untergebenen zur Straffe zie( 19v)hen, wann er die Schrancken seines Beruffs überschritten: wann ich selbst in meinem Beruff nachlässig und verdrüsslich bin? Mit was vor Billichkeit kan ich denjenigen, der seinen Nechsten vervortheilet, zur Wiedererstattung anhalten; wann ich selbst die Hände im allgemeinen Geld- wil nicht sagen GottesKasten; die Augen auf meines Nechsten Grund und Boden; die Gedancken bey dem schädlichen und verteufelten Eigennutz habe? Mit was vor einem Gemüthe kan ich die Oesterreichische Treu und Schuldigkeit der Kays. Dienste andern so wol vorbilden und so ernstlich anbefehlen; wann ich selbst die gantze Zeit hero solche bey so aüserstem Nothstande mit nichts als mit eigen mächtigen Befreyungen erwiesen, und allein (indem alle und iede, hohe und niedrige Stände durch das liebe Vaterland deutsches Geblütes die Krieges Beschwerden vollauf empfunden) über alle Gesetze und allgemeine Beschwerden seyn wil? Jn Wahrheit: wie es in Bürgerlichen Händeln eine betrügerische Falschheit ist: ein anderes reden, und ein anders thun: also ist es in Austheilung der Gerechtigkeit, einer so heiligen so göttlichen Sache, eine innerliche Anklage, Verurtheilung und Straffe, wann ich an dem, dadurch ich den andern verdamme, selbst Schuld habe. Wo bleiben ( 2 0 r ) nun diejenigen, welche sich ihres eigenen Nutzens halber in die Aembter dringen: sich an statt der Rechte und Begnadungen, ihres eigenen Willens: an statt der anvertrauten Verwaltung, ihrer eigenthümlichen Herrschafft: an statt der Lindigkeit, ihres Pochens und Trotzens, Wütens und Tobens bedienen, gebrauchen und rühmen. Welche unter dem Schein der öffentlichen Anlagen, des Nechsten Schweiß und Blut, Haus und Hof, Gewerb und Nahrung: Unter

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dem Schein der Verwaltung, gemeiner Stadt Renten und Einkommen, der verstorbenen Gutthaben und Gestiffte, der armen Leute Zinsen und Almosen, ihnen und ihren Kindern zueignen. Unter dem Schein ihrer Besoldungen, Dörffer versehren, Städte verbrennen, und also gebahren, daß sie allein alles seyn: Gott gebe, wer Kayserliche Dienste versiehet, Steuer abgiebt, und das gemeine Wesen erhält. Welche endlich durch anderer Verkleinerung groß: durch anderer Unterdrückung hoch: durch anderer Armuth reich: durch anderer Beschwerung frey: durch anderer Untergang neu und lebendig gemacht werden. Jch zwar meines Theils begehre darüber nicht zu urtheilen. Denn der Unschuldige bedarff keines Urtheils. Der ihm nicht recht bewuste aber ist schon geurtheilet, zwar nicht von andern, sondern von ihm selbsten. Das ist von seinem eigenen Gemüthe, Leben (20v) und Wandel. Ein iedweder aber kan diesem Urtheil entgehen; wann er, ehe er es andern thut, ihm zuvor das Recht ertheilet, sein Gemüthe, sein Leben und seinen Wandel, mit desjenigen, der geurtheilet werden sol, in die Wageschaale leget, mit dem zweyschneidenden Schwerd zutrennet, und, wann er es gleiche befunden, ein solches urtheil spricht, daß er ihm nicht allein selbst zu sprechen begehre, sondern auch zu frieden ist, daß ihm dergleichen von recht urtheilenden Menschen, und dem unsterblichen und in das innerste des Hertzens schauenden Gotte als dem ewigen Richter der Lebendigen und der Todten gesprochen werden möchte. Massen denn auch nicht den Menschen, sondern dem dreymal heiligen Herrn Himmels und der Erden iedes Gerichte von den Menschen geheget wird. Und weil also die Gerechtigkeit ein beständiger Willen ist, einem iedweden das seine zu geben, der beständige Willen nothwendig in dem richtenden Theile bestehen muß. Das richtende Theil innerlich mit dem Gewissen, aüserlich mit einem theuren Eyde, dem Willen und der daraus kommenden Gerechtigkeit verbunden. Das allgemeine

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Wesen in Handhabung solcher Gerechtigkeit lieget: als mögen die Richter mit dem allgemeinen Wesen mit ihren Eydes Pflichten und Gewissen, mit ihrem beständigen Willen und daraus {21') kommenden heiligen Gerechtigkeit also gebahren, daß sie nicht allein vor dem Kayserl. Thron, und dessen erlauchten Ammbte, sondern am Jüngsten Tage vor dem Richterstuhl Christi vor allen Engeln und ErtzEngeln, allen Thronen und Gewalten, allen Heiligen und Auserwehlten, auch denjenigen, über die ihre Urtheile ausgesprochen worden, davon Rechenschafft zu geben mit unerschrockenen Hertzen und Angesichtern erscheinen mögen. Wann ich mich, ehe ich zum annahenden Ziel dieser Rede gelange, noch einmal nach dem allgemeinen Wesen umbsehe, werde ich gewahr, daß sie auch an einem grossen Theil in dem Gehorsam der Gemeine bestehe. Denn ein iedweder, der sich unter eine Gesellschafft begiebt; sich des Herdes und Feuers in dem Orte gebrauchet; sich eydlicher an das BürgerRecht bindet; wird ein Glied, ein Theil, ein Leib mit der Gemeine. Die Gemeine aber hat ihren freyen Willen vollkommentlich dem obern übergeben, daß sie gehorchen wil: und weil ein ieder solchen Willen mit einem Eyde bestätiget, ist dieses, was aus freyem Willen geschehen, zur unumbgänglichen Nothwendigkeit worden: daß sie gehorchen muß. Solcher Gehorsam nun ist einmahl auf die allgemeine Wolfahrt: wiederumb auf die Obrigkeit gegründet: Auf die allgemeine Wolfarth: Dann sie zu retten bin ich schuldig Schoos u. Steuer; Hoff und Haus: Haab (21') und Gut: ja endlich Leib und Leben: abzuführen, einzuäschern, her zu geben, in die Schantze zu setzen. Warumb? Mein freyer Willen, mein Eyd und Pflicht zwinget mich dazu. Auf die Obrigkeit: dann sie zu ehren, zu lieben, zu fürchten: werden wir nicht allein von dem Rechte der Natur und Völcker, sondern auch von Göttlichen und Menschlichen Gesetzen ermahnt, erinnert, angetrieben und

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befehliget. Und obgleich etliche aus dem Schrancken ihrer Aembter scheiden solten; stehet doch keinem Unterthanen zu, sich dagegen mit Harnisch und Degen zu rüsten, sondern mit Geduld und Weichen. Und ist mir kein eintziger Fall, als offt ich in WeltGeschichten gelesen, vorkommen, darinnen solche Waffen glücklich abgelauffen: sondern es sind mehrenteils diejenigen, so die Rädelsführer gewesen, und aus denen Ursachen andere aufgewiegelt, in Harnisch gebracht, und das Schwerd angegürtet, durch das Schwerd umbkommen, oder sonsten nicht ohne Blut, das sie vergossen, jämmerlich zu den meisten gestürtzet worden. Welches allein Beweises genung ist, daß Gott fest über der Obrigkeit zu halten pfleget. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott, sie sey gut oder böse. Beyde führen das Schwerd: eine zum Schutz, die andere zur Rache. Wie uns dann Christus rechtes Weges zum Kayser weiset, sagende: (22r) Gebet dem Kayser, was des Kaysers ist. Nun wolan ihr seyd des Römischen Kaysers Unterthanen. Und zwar des Römischen Kaysers aus dem ErtzHerzoglichen Hause Oesterreich. Welches Haus mehr durch die angebohrne Güte und Milde, als durch die Kayserliche Hoheit und Majestätische Herrschafft auf der Welt bekannt worden. Wie es nun unsern und euren Vorfahren unter den Fittigen und Schwingen dieses mit dem Burgundischen Creutze versiegelten Römischen Kayserl. Adlers herzlichen wol gegangen, daß sie nicht allein in stiller Ruhe und süssen Freuden untereinander wohnen, sondern auch sich des Jhrigen bey so gewünschtem Stande der allgemeinen Wolfarth, welchen sie der Oesterreichischen Güte allein zuschreiben, auf deutschen Glauben einträchtiglich erfreuen und genüssen können. Also müssen wir und Jhr, nachdem wir als treue Unterthanen eines so mildgütigen Herrn unsere Haüser und Höfe, unser Haab und Vermögen bey diesen itzigen Kriegen, welche wieder Jhro Rom. Kays. May. und darunter wieder unsere und ihre allgemeine Wolfarth biß in

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das 30ste Jahr geführet worden, ehrlich, aufrichtig und beständig zugesetzt, nicht anitzo, indem die Triumphe, welche nicht durch Macht der Krieger zu erlangen gewesen, durch Macht der Milde und Güte, als den eintzigen Oester(22v)reichischen Waffen bey dem numehro durch soviel Stürmen und Blutvergiessen durch die Gnade des Höchsten erlangeten Frieden gesucht werden sollen, Gemüth und Hand zurücke ziehen, sondern nach der Lehre Christi dem Kayser geben, was des Kaysers ist. Was ist nu des Kaysers? Alles, was der allgemeinen Wolfarth ist. Meinst du Haus und Hof? Es ist zuvor hin. Hier ist es versessen. Dorten der Kayserl. Dienste halber eingerissen. Anderswo der Beschwerden wegen verlassen worden. Meinest du Haab und Gut? Es ist zuvor dahin. Wir haben mehr gegeben, als wir gehabt, indem wir es erborget, und haben nicht, so wir wiedergeben können, daß wir hinführo mehr zu geben hätten. Wie sehr nun alles hin doch gehet, lieben Freunde, gehet in eure Hertzen, durchsuchet euer Gewissen. Jhr werdet noch etwas darinnen finden, was des Kaysers ist. Was ist es dann? Ehre und Leben? Nein, es ist über Ehr und Leben, und was sol ich sie länger aufhalten? Es ist der Gehorsam. Den behaltet dem frommen Rom. Kayser treu und rein. Von dem lasset euch weder Sieg noch Niederlage, weder Befreyung noch Beschwerden, weder Glücke noch Gefahr nicht abkehrig machen. Dieses bildet euch fest ein. Dieses schreibet euren Kindern für. Dieses last den Nachkommen zum Bericht: daß es besser und (23r) rühmlicher gewesen unter dem Hause von Oesterreich ohne Haus und Hof, ohne Haab und Gut zu sterben, als wol vergnüget unter anderen Herren zu leben. Dann, was solche Land=, solche Reich-, solche Welt»Veränderungen vor Leid und Unheil erwecken, dessen sind die GeschichtBücher voll, und läst sich sicherer glauben, als empfinden, vorsichtiger verhalten, als erzehlen, besser erwegen, als vortragen. Dann die allgemeine Wolfarth und

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der Rom. Kayser sind numehr einander so nahe verwand, daß keines ohne des andern Untergang von einander getrennet, und gesondert werden kan. Wiewol nun Jhro Rom. Kays. May. auf dem Allerglorwürdigsten Throne des unüberwindlichen Kayserthums von dero eigenen Hoheit gleichsam beschlossen ist; so empfinden wir doch an einem grossen Theile Jhro Majestätische Herrlichkeit in dero hochansehnlichen Stadthaltern. Dieser heilwärtigen Gegenwart einen lebendigen Abriß vor Augen zu stellen, habe ich nichts vortrefflichers, als Jhro Reichs Gr. Gnad. unsern Vollmächtigen Gnädigen Herrn Landeshaubtmann, in welchem als in einem unvergleichlichen Nachbilde wir die Güte und Milde, die Vorsorge und Obsicht, den Glantz und die Wirckung der höchsten Majestät auf Erden, und mit einem Worte F E R D I N A N D den Dritten sehen, ehren und fürchten. (23") Und wer wil die niemals genugsam berühmte und eines unsterblichen Nahmens allein würdige Vorsorge, welche Jhro Reichs Gr. Gn. auf die Erhaltung und Beordnung der Städte in hiesigem Fürstenthum so väterlich wenden wird. Eine Vorsorge, durch welche viel tausend Thränen so über armer und auf flüchtigem Fuße stehender Leute, über hochbetrübter Witwen und Waisen Backen täglichen gerollet, gantz mildiglich abgewischet werden. Eine Vorsorge, durch welche die Bürger aus gleichsam leibeigenen zu freyen Kays. Unterthanen, die Rathsleute aus gleichsam Eigenthums Herrn zu Verwaltern und Vorgehern der Gemeine; die Städte aus gleichsam wüsten und öden Steinhauffen zu bewohnten und erbauten Märckten gemacht werden. Eine Vorsorge: welche vor das allgemeine Wesen und Jhro Rom. Kays. May. Aufnehmen sorget, und der Göttlichen Vorsorge am nechsten ist. Ach der treuen, der tröstlichen und der seeligen Vorsorge! Der Vorsorge, sage ich, welcher kein anders, als das ReichsGräfliche Stahrembergische erlauchte Gemüthe gemäß, gleich wichtig und gewachsen ist. Wer ist nun unter dieser Gemeine, unter

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dieser hier stehender Gesellschafft, der die so väterliche Vorsorge nicht als die eintzige Gelegenheit eines gewünschteren Zustandes zu errkennen in vollen Gedancken stehet? Der nicht in seinem Beruff embsiger: sei (/Tonern Vorsatz beständiger: seinem Christenthum ruhiger: seiner Kinderzucht vorsichtiger: seiner Schuldigkeit williger: in seinem Gehorsam eyfriger: in seinem Leben friedlicher zu seyn in voller Hoffnung stehet? Der nicht die so väterliche Vorsorge seinem Weibe und Kinde dergestalt, daß sie es von Nachkommen mit danckbarem Hertzen und Zungen nicht ohne Erhebung des gantzen Reichsgräfflichen Stahrembergischen Hauses erzelen sollen, als eine freudige Botschafft auf die allerbeste Weise zu befehlen in voller Bereitschafft stehet? Damit wir aber nicht ferner mit unsern Gedancken in der Weite umbschweiffen dürffen, so weiß ich euch endlichen nichts nähers vorzustellen, als Euren Rath. Diesen, wofern ihr Gott im Himmel, den Rom. Kayser auf Erden, das Kays. Ambt Ihro HochReichsGräfl. Gn. liebet, ehret und fürchtet, solt ihr, müst ihr lieben, ehren und fürchten. Dann wie der Rath in dieser Kayserl. Stadt von Jhr Reichs Gr. Gn. unserm Gnädigen Herrn Landeshauptmann: hochgedachter unser Gnädiger Herr Landeshauptmann von Jhr Rom. Kays. May., unserm Allergnädigster Rom. Kayser von Gott dem Allerhöchsten verordnet, gevollmächtiget und gesalbet ist: Also wird die Göttliche Majestät im Himmel, derer unerforschliche Herrschafft mit Menschlicher Vernunfft niemand (17") begreifen kan, in ihrem höchsten auf Erden gesalbeten Stadthalter, dem unüberwindlichen Rom. Kayser: Jhro Rom. Kays. May. in dem gevollmächtigen Ambte unser Fürstenthümer: ihr ReichsGr. Gn. in den verordneten Rathleuten geliebet, geehret und gefürchtet. Jch habe aber Euch nichts nothwendigers zu befehlen, als die allgemeine Wolfarth: wo ihr sie lasset Euer höchstes Gesetze seyn: wo ihr sie in eurem Gemüthe, eurem Vorhaben, eurem gantzem Leben begehret, suchet und

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bewahret: so werdet ihr gleichsam von eurem eigenen Gemüthe, eigenem Vorhaben, eigenem Leben ermahnet, angetrieben und genöthiget: der Obrigkeit zu gehorsamen. Denn der Gehorsam ist wie oben gedacht, das eintzige Band, das die allgemeine Wolfarth bindet und beysammen hält. Dannenhero leicht zu erachten, was vor Jammer u. Noth, Unglück und Elend diejenigen nicht allein sich selbsten, sondern das gemeine Wesen, das liebe Vaterland, die theuer erworbene Freyheit und daran hafftende Begnadungen: die heilsame Gesetze und löbliche Ordnungen: sondern ihre Nebenbürger, ihre und derselbigen Haab und Güter Weiber und Kinder bringen und dringen, stürtzen und sencken, die ungehorsam sind, und das edle Band der allgemeinen Wolfarth zureissen. Dieses Band wird zurissen, wenn man (25T) des gegenwärtigen Zustandes überdrüssig wird: Denn aus dem Verdruß folget Wiederwillen, aus dem Wiederwillen Neid, aus dem Neide Haß, aus dem Haß Aufwiegelung: aus der Aufwiegelung Aufruhr: aus dem Aufruhr Veränderung: aus der Veränderung alles Aengsten und Quälen, Verfolgen und Verwüsten, Verterben und Untergehen. Wie es der leidige AugenSchein beweiset: Ach des elenden Augenscheines! Dieses Band wird zurissen, wenn man der Obrigkeit übel nachredet. Es heist: Fluche meinem Gesalbten nicht. Thut sie unrecht, gedulde dich. Gott wird sie darum straffen, der sie über dich zu Richtern gesetzet hat. Darumb bleibe ein iedweder in seinem Schrancken, halte sich seines Eydes, seines Gewissens, seiner Schuldigkeit: fürchte das Schwerd, das ihr Gott nicht umbsonst gegeben hat. Die Straffe wachet vor der Thür. Denn ein ungewaschenes Maul kan viel Unglück anstifften, das vielmal ohne Zurüttung des gemeinen Wesens nicht beygeleget werden kan. Ein iedweder trägt was dazu, endlich kommt es zur Thätigkeit. Dann gewinnet das Feuer Lufft, welches in seiner Raserey nicht aufhört, biß alles eine Asche ist: wie es der leidige Augenschein beweiset. Ach des

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elenden Augenscheines! Dieses Band wird zurissen, wenn man den Rathleuten ihre schuldige Aufsicht entzeucht. Dieser gifftige (25v) Wurm, welcher sich umb das Hertze allgemeiner Wolfarth offt gantz unvermerckter Weise einzufinden weiß, wird bey vielen aus Mißgunst, daß sie sich selber der Stellen und Aemter fähig und tüchtig achten: bey den meisten aus Mißtrauen, daß sie ihnen einbilden, der Rath habe kein so gar gutes Hertze zu dem allgemeinen Wesen, zu der Stadt und zu ihnen: bey andern aus Mißverstande, daß sie bey gegenwärtigen Beschwerden mehrentheils auf den Rathhaüsern, und nicht auf den gefährlichen Zustand des geplagten Landes sehen; empfangen, gebohren und an das Licht gebracht. Diese dem Ansehn nach nichtige, aber nach dem Nachsehen sehr wichtige Sachen sind mit Strumpf und Stiel aus Gemüthe, Hertz und Sinn auszurotten. Kurtz von der Sache zu reden; nach Zureissung dieses Bandes blitzet, donnert und haagelt nicht als Unheil, Jammer und N o t h : nichts als Mord, Brand und Todschlag: nichts als Verwüstung, Elend, Krieg, Hunger und Pest über Königreiche und Länder, Städte und Flecken, zuförderst aber die allgemeine Wolfarth des Vaterlandes. Wie es der leidige Augenschein beweiset: Ach des elenden Augenscheines. Denn wie es die erste Staffel zum Ungehorsam ist: Immer etwas neues wollen, also ist es der erste Stoß, durch welchen die allgemeine Wolfarth gekräncket ( 2 6 r ) und beschädiget wird: Dem Rathe die schuldige Aufsicht entziehen. Weil sothane Aufsicht das wesentliche Theil einer iedweden Obrigkeit ist, in dessen Entziehung nichts als eine allgemeine Zufällung des gantzen Rath- und Stadt=Gebäudes erfolgen muß. Derowegen, umb des Kays. Ambts willen, das euch mit so väterlichem Schutz entgegengehet: umb des Römischen Kaysers, des Oesterreichischen Hauses willen, das keinen iemals beleidiget, es sey dann, daß es ihm zu viel gutes gethan: umb Gottes willen, der eure Wolfarth, euer Heil und Seeligkeit embsiger

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befördert, als ihr gedencket, könnt, und, wo euch dieses, was vor euern Augen ist, mehr beweget, umb euer selbsten, umb euer Weiber u. Kinder willen, die ihr dermaleins nach eurem Tode, wo ihr von Menschen und väterlichen Zuneigungen berühret werdet, gern in besserem Zustande zu verlassen begehret: Fürchtet Gott, bleibet dem Römischen Kayser treu, ehret das hochgeehrte Ambt, seyd gehorsam eurer Obrigkeit. Werdet ihr dieses thun, so werdet ihr ein wolgeneigtes Ambt, einen grundgütigen Kayser und LandesFürsten, vor allen einen gnädigen G o t t haben. J a ihr, eure Weiber und Kinder werdet nach so vielem Hertzeleide, so vielem Kummer, vieler Gefahr getröstet, mit Glück und Seegen begäbet, und in eurer Nahrung, eurem Handel und Vornehmen (2dv) in mehr und mehr beseeliget werden. D a ß es also in der Kirchen und der Schulen, auf dem RathHause und dem Marckte, in allen Gassen und Häusern, oder vielmehr in aller ieder Hertzen heissen wird: SALUS POPULI SUPREMA L E X EST.

U n d welchen wird der numehr, dem unsterblichen G o t t sey dafür ewiges Lob und Danck gesaget, durch das gantze heilige Römische Reich angekündigte, mit Heerpaucken und Trompeten Schall ausgeblasene, mit Donner und Krachen der Geschütze befrolockte, und endlich mit lobsingenden Hertzen und Zungen geheiligte deutsche Frieden ein solches nicht wünschen: nicht wünschen, sondern hoffen: nicht hoffen, sondern vollauf genüssen heissen, ja ich dürffte ein mehrers sagen: werdet ihr dieses thun: so werdet ihr ein weit seeligers, weit nützlichers von der unvergleichlichen Güte unsers allergnädigsten Kaysers, als von dem Rechte des Friedens zu gewarten haben. Und dieses ist das Ende, ist der Zweck aller Verfassungen, Gesetz und Ordnungen, aller Begnadungen, Gunstbrief, und Freyheiten: J n Fried und

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Daniel Czepko

Ruhe das seinige besitzen und genüssen können. Dieses habe ich bisher in meiner geführten Rede gewollt, dieses habe ich vor Augen gestellet, auf daß, was in einer Stadt Gemeine schädlich, was verterblich und nachtheilig vermieden {27") und abgethan: was hingegen löblich, was nützlich und heilsam, vorgesuchet und eingeführet: vor allem die allgemeine Wolfarth und diejenigen Grundfesten, auf welchen die allgemeine Wolfarth stehet, beobachtet und handgehabet, und endlich eines iedweden baufälliger Zustand in mehr und mehr versichert und beruhsamet werden möchte. Dieses ist die Meinung, ist der Willen, welchen wir dem Rathe und der Bürgerschafft in Jhr ReichsGr. Gn.Nahmen unsers gnädigen und gebietenden Herrn Landeshauptmanns bei dieser Zusammenforderung vortragen und einhalten sollen. Demnach denn Jhr ReichsGr. Gn. dem hochgeehrten Ambte die Beschwerden von der Gemeinde den 22. Herbst Monat gehenden Jahres geklaget worden, haben Sie nicht allein, weil in Erhaltung der Bürger das meiste in Städten gelegen: sondern auch, weil der rühmlich abgefaste Schluß, der Städte Aufnehmen zu befördern, so gewünscht durch solche Klage verangelegenheitet worden, muß alsobald den 8. Weinmonaths Tage darauf in Gnaden befehliget; Vor eines: Zwischen E.E. Rath und der Bürgerschafft einen schleunigen Tag anzusetzen, eines Theils Klagen, und des andern Einreden an zuhören: Darnach durch eine und andere Erinnerung die Mißverständnüße aufzuheben: die Gemüther gegen einander zu vereinträchtigen: Endlich einen vollstän(27")digen Vortrag, und was uns sonsten des gemeinen Bestens halber drein zu verleiben, von dem Kayserl. Ambte anbefohlen worden, drüber aufzusetzen und zu eröffnen: und also in Erneurung und Aufrichtung einer und der andern Ordnung vor allen Dingen zu verfahren, daß SALUS POPULI SUPREMA L E X .

Verterbung und Auffrichtung

der Städte

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seyn und bleiben solle. Zu gehorsamer Folge nun alles dessen ist dieser Tag die Mahlstatt angesetzet. Damit nun in dieser so hochwichtigen, und nicht etwa ein Stücke Geld, einen unnöthigen Gräntzstreit oder eine gemeine Rechtstheidung, sondern die Freyheit, das Vaterland, sondern die allgemeine Wolfarth betreffenden Handlung, SALUS POPULI SUPREMA L E X

seyn und bleiben möge. Wolan beyde vor uns erscheinende Theile thut aus euren Gemüthern, euren Willen, euren Vorhaben hin, was diesem heilsamen Spruche zuwieder, hingegen nehmet an, was ihm gleichstimmig, gerecht, was ihm ähnlich ist. Ihr Raths Verwandte. Thut hin Unglimpff, Nachlässigkeit, Verdrückung. Nehmet an die Liebe des Vaterlandes, die Sorge der Aembter, den Schutz der Untergebenen. { 2 8 r ) Ihr Bürger und Innwohner. Thut hin Wiederwillen, Zwiespalt. Nehmt an, was zur obrigkeitlichen Obsicht, zum Gehorsam, zur Einträchtigkeit gehöret. Einträchtigkeit ist eine Grundsaüle allgemeiner Wolfarth. Ihr Raths Verwandte. Thut hin Heucheley, Versaümnüß, Mißbrauch, Gewalt. Nehmet an den Eyfer der Gottesfurcht, Zucht der Tugend, Handhabung der Freyheit, Austheilung der Gerechtigkeit, als Sachen, darinnen die Verwaltung des allgemeinen SatdtWesens bestehet. Ordentliche Verwaltung des Stadt Wesens ist eine Grundsaüle allgemeiner Wolfarth. Ihr Bürger und Innwohner. Thut hin unordentliche Gedancken, wiedrigen Wandel, mißtrauliche Wege. Neh5

Czepko IV

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Daniel

Czepko

met an Furcht des aller mildgütigsten Kaysers, Ehren des hochlöbl. Ammbtes, Liebe euer Oberen, und thut, was gehorsamen Unterthanen oblieget. Gehorsam ist eine Grundsaüle allgemeiner Wolfarth. Endlichen ihr RathsVerwandte thut hin eigene Rache, eigene Gewalt, eigenen Nutzen. Nehmet an Unschuld der Handlung, Versicherung der Gesetze, Unvervortheilung des gemeinen Wesens. Ihr Bürger und Innwohner thut hin Affterreden, Aufwieglerey, Verachtung. Nehmet an oder behaltet treue (28v) Gemüther, reine Eyde, unverletzte Gewissen. Kurtz: Bleibet beyderseits in Gehorsam. Eines theils im Gehorsam gegen Gott, andern theils in Gehorsam gegen Gott und der Obrigkeit. So wird alles, was schädlich, abgethan, was nützlich, angenommen seyn. Unsers Ortes haben die Herren sammt und sonders kein Mißtrauen auf uns zu setzen; Wir wollen in dieser so wichtigen Sache dergestalt verfahren, daß wir es mit gutem Gewissen vor Gott, dem Römischen Kayser, unserm gnädigen Reichsgrafen, ja auch gar vor dem RichterStuhl Christi am jüngsten Gericht zu verantworten, des gesicherten Zuvertrauens leben. Und damit alles dieses, was bisher in unvermerckter Weitlaüfftigkeit vorgebracht und angeführet worden, theils vermieden, theils angenommen, und, was wir in Befehlung haben, zum erwünschten Zweck geleget werden möchte: So nehmet insgesammt u. sonders von Jhr ReichsGr.Gn. nicht so sehr von einem erlauchten Stadthalter des unüberwindlichen Römischen Kaysers; als von einem gnädigen Vater, einem treuen Vormünde, einem sorgfältigen Pfleger, das in dieser Rede offt wiederholte GrundGesetze mit vereinbarten Hertzen und Gemüthern an: Und schreibet hinführo an eure Thore u. Thüren, setzet vor eure Rathschläge und

Verterbung

und Auffrichtung

der Städte

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Handlungen, grabet in eure Hertzen u. Gemüther, daß es die Nachkommen lesen, erfahren, und ihren Kindern ET QUI NASCENTUR AB ILLIS ( 2 9 r )

zu gutem Glück hinterlassen mögen. SALUS POPULI SUPREMA LEX ESTO ESTO. DIXI.

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Raison d'Estat der Fürstenthümer Schweidnitz und Jawer

(40r)

Danielis (v.) Czepko R A I S O N D' ESTAT

der Fürstenthümer