Sämtliche Werke: Band 3 Historische Dramen III [Reprint 2017 ed.]
 9783110839135, 9783110035926

Table of contents :
Eine Misculance, von der also genannten Tragoedie und Comoedie
Der Fall des französischen Marschalls von Biron
Anhang A: Neue Proben von der vertrauten Redens-Kunst Vorrede
Anhang Β: Freymüthiger und höfflicher Redner Teil der Vorrede
Nachwort des Herausgebers
Inhalt des dritten Bandes

Citation preview

W E I S E , S Ä M T L I C H E W E R K E III

w DE

G

AUSGABEN D E U T S C H E R LITERATUR D E S XV. BIS XVIII. J A H R H U N D E R T S

unter Mitwirkung von Käthe Kahlenberg herausgegeben von Hans-Gert Roloff

CHRISTIAN WEISE SÄMTLICHE WERKE

WALTER D E G R U Y T E R · B E R L I N · N E W Y O R K 1971

CHRISTIAN SÄMTLICHE

WEISE WERKE

herausgegeben von

J O H N D. L I N D B E R G

DRITTER

BAND

H I S T O R I S C H E D R A M E N III

WALTER DE G R U Y T E R · B E R L I N · NEW YORK 1971

© ISBN 3 1 1 003592 8 Copyright 1971 by Walter de Gruyter 6c Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshaudlung J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter, Berlin 30

ÄwSwm B^cno=Sun(i/ »»η 6 « t«trauten

©Λβ ißt

fcre^Theatralif^eSiÖCfe/ h QSon ^ e m S S p a n i f t i c i t F a v o riten Olivarez. I I . W m t>em m m äS&tticje ©cn&e!w3W{iinctu Iii. Ü o n b c m tvaumenfcett S a u e r am £ o f e Phiiippi Boni in BurgundictU Söetc&c wrmai)l$ auff Um 3ίίΐ r*rgnügt Vi Ufeit feym nebft einer 33orreDe con bttolfo «nannten PRUDENTIA SERMONIS SECRETI» fym&mdm Si^ijtianflgeifem bey ffimunb Sodann W M Bitntnmnatwn, Anne 1700·

EINE MISCULANCE, VON DER ALSOGENANNTEN TRAGOEDIE UND COMOEDIE, I N DER VORSTELLUNG E I N E R H I S T O R I E ODER EINER F A B E L VOM KONIG WENTZEL / WELCHER D E R ALTEN T R A D I T I O N N A C H IN Z I T TAU SOLL ERZOGEN SEYN. AUFFGEFÖHRET DEN 3 0 . O C T O B R . M . D C .

1 Weiseln

LXXXVL

efttt MISCULANCE, oon

TRAGOEDIE Oftb

COMOEDIE» an bet ScrfeHuna _ , „ SttW $ftotie tött einet; Μ D O W #£6nig Igenfel/ iDtralfettTradiiion ηαφ inSifr tmi foil ttmm fötu bm OÄQtoffatßbett obr. MD . C, LXXXVL

INNHALT. W i r nennen das Spiel nicht unbillig eine MISCULENCE, weil die A C T I O N bißweilen aus Hohen und Königlichen Personen / bißweilen aus gemeinen Bürgers-Leuten bestehet. Ja weil viel kleine Personen mit untermischet werden / die nach ihrem Verstände was kindisches mercken lassen. Ob auch wohl die Sache dergestalt eingerichtet ist / daß sie nirgend besser als auff einen Zittauischen T H E A T R O kan PR^ESENTiret werden; so dürffte doch nur hin und wieder was weniges ausgelassen werden; damit würden sich auch die Zuschauer anderswo daran vergnügen können. Es bezeucht sich aber alles auff eine T R A D I T I O N , damit unsere lieben Alten sich über die massen viel gewust haben. Wir wolten auch einen grössern Staat davon machen / wenn sich nur in einem HISTORICO was G e - ( A a 2T = 5>wisses antreffen liesse. Zum wenigsten sind die Umstände derselben Zeit nicht allerdings zuwider / daß wir uns auch an der Fabel belustigen mögen. Sonderlich da man in solchen Lust-Spielen nicht allemahl verbunden ist / lauter Historien anzuführen / wenn nur die Vorstellungen an sich selbst dem Menschlichen Leben ähnlich sind / und mit gutem Nutzen können angesehen werden. Die Begebenheit an sich selbst ist diese: Königs O T T O C A R I in Böhmen hinterlaßener Sohn WENCESLAUS, wird in seiner zarten Kindheit von dem Marggrafen zu Brandenburg als Vormunden auffgehalten. Doch als er auff inständiges Begehren der Grossen im Lande wiederum geliefert wird / verbindet sich die verwittwete Mutter mit einem von Zabisch / und da sie

6

Christian Weise

wohl siehet / daß ihr kein andrer Weg zur Bestätigung des Königreiches offen stehet / als der Tod ihres Sohnes / werden viel Mittel ersonnen / diesen jungen Herrn um das Leben zu bringen. Allein die andern Landes-Stände mercken die List / 5 und schaffen ihren künfftigen Trost heimlich fort. Und da hat eben die unlängst erbaute Stadt Zittau das Glöcke / (4} daß er daselbst auffgenommen / und auff einige Zeit versorget wird. Ob nun wohl unterschiedne List gebraucht wird / des Königes habhafft zu werden; So bricht doch letzlich die io Untreu aus / die Königin wird mit ihrem Liebsten gefangen / der Anhang wird zerstreuet / und WENCESLAUS wird mit Freuden nach Präge abgeholet / da er sich erkläret / der Stadt Zittau mit unsterblicher Königlicher Gnade beygethan zu verbleiben.

PERSONEN.

der junge König in Böhmen. die verwittwete Königin. RUDOLF, ein junger Graff. ΖABIS CH, in C u N i G U N D e n verliebt. WENTZEL,

CUNIGUNDA,

dessen Brüder. Landstände / König

WENTZELN

zugethan.

des Königs INSPECTOR. des Königs kleiner Mönch. WAZEK, dessen lustiger Diener. LUDOMILLA, des Königs alte Kammer-Frau. BÄBEL, ein lustiger Gärtner. ( Aa 3 r = 5y HINKO,

GIRSCHICK,

Frau. dessen kleine Tochter.

ROSINE, BERTHOLDS LISEL,

ein Münch von Zittau. ein böhmischer Wursthindler. ZBISLA, ein böhmischer Semmelkrimer. M A R I N KA, eine LeimtMndlerin vom jungen Buntzel. CHRISTOFFEL, der Heldermeister von Zittau. TOBIASCH, ein junger Bettler.

BRUNO,

JAROSLA,

OTTOCARI GEIST. 10

III. Was vor diesem bey den anwesenden Mönchen der Ccel e s t i n e r Berg geheissen hat / das sey noch künfftig ein Merckmahl / daß man bey dieser löblichen Stadt auff dem HimmelsBerg sehen kan / von welchem Hülffe kömmt.

IV. Was groß beständig und gesegnet ist / nennet man mit allem Rechte Königlich: und wenn wir diesen Verstand annehmen / so gebe GOtt / daß Zittau / vornehmlich dieses Hauß / darinne wir uns befinden / von lauter Königs-Holtze 20 gebauet sey. V. So vielmahl als die Lausche in ihrem Calender Regen setzt / so vielmahl werde der Thau der Göttlichen Gnade reichlich und überflüßig auff diese Gräntzen herab geschicket. 15

25

VI. Der breite Berg sey ein Zeichen / daß sich die GnadenAllmacht GOttes über unsere Wohnungen ausbreiten will. VII.

Das liebe Lichtenberg / welches an dem Fusse meines Berges 30 liegt / daß Licht und Recht in diesen Gräntzen ewig wohnen soll.

Was frag ich darnach / ich rede anders / damit muß meines auch wahr seyn.

BÄBEL.

Ich komme den Augenblick von gewissen Leuten her / die sollen zeugen / daß ichs nicht habe thun können.

LUDOMILLA.

Botz tausend! mein Possen geht zurücke. Die Frau bringt mich unschuldig in ein Wesen / das ich nicht verdienet habe.

BÄBEL.

Nu nu / ihr solt hübsch auffs Rad kommen / ihr Strassen-Räuber.

LUDOMILLA.

Ey Frau LUDOMILLA, redet nicht solch wunderlich Ding / wenn jemand dazu käme / so dächte er wohl es wäre wahr.

BÄBEL.

Sie sollen es auch dencken / warum bin ich euch zur Liebsten zu geringe / nun will ich wieder weisen / daß ich böse seyn kan.

LUDOMILLA.

Ihr gute Frau / wollt ihr denn einen Strassen-Räuber zum Manne haben?

BÄBEL.

Wenn ihr mich nehmen wollet / so sols nicht wahr seyn. Nun gebt eure Antwort / wolt ihr mit mir leben / oder ohne mich sterben?

LUDOMILLA.

(Zehlet an den KnSpffen.) Leben sterben / leben sterben. Ich dächte ich wolte lieber sterben.

BÄBEL.

König Wentel III, 5 LUDOMILLA. N U

nu / es kan geschehen. (Sie will

85 weggehen.)

BABEL. Ey Mutter LUDOMILLA, ihr must nicht (92} flugs davon lauffen / itzt bedenck ich mich / ich will leben / thut mir nur das zu gefallen / und helfft mir die Leiche in einen Winckel tragen. LUDOMILLA. Wenn ihr mich haben wolt / so helff ich euch. BABEL. Ja ja doch / ja ja doch / ihr seyd meine mit Leib und Seele / helfft mir nur die Leiche tragen. (Sie fassen ihn an.)

DRITTER HANDLUNG FÜNFFTER AUFFZUG. Die Vorigen, HEYNO, ein Soldate. HEYNO. i H r Leute was habt ihr da zu tragen? LUDOMILLA. Nicht gar viel. Es ist ein arm Mutterkind / das ist an der COLICA gestorben. HEYNO. Wenn er gestorben ist / so muß er liegen bleiben / biß er von andern Personen besichtiget wird. LUDOMILLA. Ich dichte wohl auch so / aber die Königin möchte den Weg herkommen. HEYNO. Und wenn die Königin käme? LUDOMILLA. Ach fürwahr sie hat so eine weiche Natur / sie kan keine Leiche sehen. HEYNO. Die Entschuldigung mag gelten. Aber gebt achtung auff euch selber / daß ihr auff eine Rede beständig bleibt. (Geht ab.) (Sie schaffen ihn hinein.) (93}

86

Christian

LUDOMILLA.

Weise

Nun mag ich dich wohl meinen Schatz heissen?

Und ich mag dich wohl einen Narren heissen. Der Soldate hats gehöret / daß der Kerl an der COLICA gestorben ist / nun gesteh ich nichts / als daß du eine alte heßliche Madratze bist. (Ldufft davon.)

BABEL.

Nun seht / wie sauer wird es einem ehrlichen Frauenzimmer / wenn es zum andernmahl soll unter die Haube kommen. Geh immer geh/ du solst mir noch wohl dran / du magst dich immer so wunderlich stellen als du wilst. (Geht ab.)

LUDOMILLA.

DRITTER HANDLUNG SECHSTER AUFFZUG. CUNIGUNDA, ZABISCH.

CUNIGUNDA.

W i r haben noch keine Zeitung von dem jungen

Könige. ZABISCH.

Ich trage Bedencken / darnach zu forschen.

Und ich wolte / daß mir die Zeitung unverhofft gebracht wurde.

CUNIGUNDA.

ZABISCH.

Das

CUNIGUNDA.

CONFECT

war gut pR^PARiRet.

Er nahm es auch begierig an.

Ich will nicht hoffen / daß mich der MEDICUS betrogen hat / er ist mir sonst in dergleichen Dingen sehr treu gewesen. cke dir / daß du mir solche Eltern beschehret hast / die mich zu nichts gehalten haben.

NIKSCHI.

BABEL.

Hört erstlich solt ihr da stehen / und auffwarten.

JANKU.

Nu das ist eine Arbeit / die kann ich verrichten.

Und ich dencke / man wird sich wohl dürfen dabey niedersetzen.

NIKSCHI.

BABEL.

Darnach sollen eure Knechte mit ihrem Fuhrwercke seyn.

PARAT

ja / wenn mein Knecht eingeschmiert hat / so fährt er daß es ein Geschicke hat.

JANKU. Ο

Und mein Knecht darff ein Seidel Brantewein im Leibe haben / so fährt er wenn er gleich nicht einschnürt.

NIKSCHI.

Wenn es zu der Schlägerey kommen soll / so helfft feine drauff schmeissen / und bleibt so lange zurücke biß wir weg seyn.

BÄBEL.

JANKU.

Sonst bleibe ich gerne bey meiner Herrschafft.

Und ich richte mich gerne nach meiner Widerpart / wenn sie mir den Willen läst so lauff ich nicht davon.

NIKSCHI.

König

Wentel

163

V, 3

BABEL. Nun stellt euch / Maulaffen mögt ihr feil haben so lange ihr wollet j nur last euch nichts mercken / und wenn jemand fraget / so thut als wenn ihr nicht köntet auff drey zehlen. (Mmr = 177} JANKU. Ja fürwahr / in meinem Gelde habe ich noch keinmahl können über drey zehlen. des Herrn sein Maul ein Evangelium-Buch ist/ so wollen wir in drey Tagen über hundert zehlen.

NIKSCHI. W O

BÄBEL. Ja ja / ihr solt brave zehlen lernen. Doch bleibt stehen / ich habe weiter zu coMMANDiren.

FÜNFFTER HANDLUNG DRITTER AUFFZUG. BERTHOLD,

MARTIN,

MARTIN.

1



p w e y Burger.

S O geht ihr nicht in die Kirche?

BERTHOLD. Ach wer will in der Noth an die Kirche gedencken / es ist nicht anders / die gestrigen Herren wollen unsrem Könige einen Possen machen. MARTIN. Das Ding wäre zwar ziemlich grob. BERTHOLD. Was vornehme Leute thun / das heist darnach recht / und thut mirs nur zu gefallen / und bleibt bey mir. MARTIN. Ich halte wenn wir das Hauß zumachten / wer anklopften wolte / der möchte um den Mittag wiederkommen. 11*

164

Christian Weise

Das Hinter-Hauß ist nicht wohl verwahrt. Schelme und Diebe finden leicht eine Strasse. Doch wir wollen sehen / daß uns niemand an unserer Vorsichtigkeit tadeln soll. (178s)

BERTHOLD.

Seht nur seht / dort stehen ein paar Strauch-Häne / ich wolte daß sie 6. Meilen hinter Reichenberg an dem höchsten Baume hiengen.

MARTIN.

meinetwegen möchten sie eine Meile hinter der Kratze hingen / da müssen sie wohl auff eine Schelmerey umgehen.

BERTHOLD. Ο

Nun das weiß ich / zu unsrer Thüre sollen sie nicht rein kommen.

MARTIN.

FÜNFFTER HANDLUNG VIERDTER AUFFZUG. CZENKO, W O K O , B Ä B E L .

Die Bauern. ROSINE,

die ΐζum Fenster heraus stehet.

Die Stunde ist da / was wir heute versiumen / das wird sich künfftiger Zeit nicht P R A C T i c i r e n lassen.

CZENKO.

Und den Lohn / den ein getreuer Diener bekommen kan / der möchte darnach zurücke bleiben.

WOKO.

Hier in dem Hause wohnen Verräther / die müssen verrathen werden.

CZENKO.

Und hier wohnet der König / der muß dem Königreiche wieder geliefert werden.

WOKO.

Klnig Wentel V, 4

165

Die Leute haben die Thüre ziemlich verwahret / sie wollen uns so wohl betrügen / als den König. (Mm2r = 179y

CZENKO.

WOKO.

Meister Bäbel klopffet an.

BABEL.

Holla ho! ist niemand / der auff die Thüre bestellet ist ?

Nun wer klopfft denn so? die Leute seyn in der Kirche / es kan niemand auffmachen.

ROSINE.

Wenn die Leute in der Kirche seyn / wer kan denn zum Fenster rauß raffen?

BÄBEL.

ROSINE. N u n d a s b i n i c h .

Und wenn ich klopffe das bin ich. Holla holla . . .

BABEL.

Hört doch / ich brauche die Thüre morgen wieder / last sie immer gantz.

ROSINE.

Macht auff / so bleibt die Thüre gantz.

BÄBEL.

Der Mann hat den Hauß-Schlüssel mitgenommen / ich kan nicht auffschüessen.

ROSINE.

Schliesset auff / oder wir wollen das Schlüssel-Loch treffen.

BÄBEL.

Je nu / macht was ihr wollt / wer mehr Gewalt über meine Hauß-Thüre hat / der mag sie brauchen. (Sie macht das Fenster £u.)

ROSINE.

BÄBEL.

Ihr Herren / solchen

CZENKO.

Der Herr

RESPECT

INSPECTOR

hat einer meines gleichen.

kan auch zwey Sprachen reden.

Und wo er uns vor dießmahl stecken läst / so mag er sich vor der Königin vorsehen.

WOKO.

166

Christian Weise

FÜNFFTER HANDLUNG FÜNFFTER AUFFZUG. (180} Die Vorigen. HINKO,

des Königs

INSPECTOR.

i H r Herren / wozu dienet dieser heßliche Tumult? ich dachte / was wir vorhaben / das solte in der Stille ausgef ü h r t werden.

HINKO.

Und ich dachte / ein Werck von solcher Wichtigkeit solte etwas ordentlicher bestellet werden.

CZENKO.

Und wo die Sache keinen Verzug leidet / da solten meines Bedünckens nach rechtschaffene Leute nicht auffgehalten werden.

WOKO.

ist alles PUNCTUEL in acht genommen worden / drum dürffen sie vor der Zeit nicht ungeduldig seyn.

HINKO. ES

CZENKO. WOKO.

Gleichwohl ist die Thüre verschlossen.

Und mit guten werden sie uns nicht hinein lassen.

will ichs haben. Die Thüre muß verschlossen seyn / damit kein Nachbar zu HülfFe kommen kan. Ich will aber einen Weg zum Hinter-Hause weisen / da sollen sie unser nicht eher gewahr werden / als biß der König in unsern Klauen ist. Sie lassen sich die Mühe nicht verdriessen / und folgen mir.

H I N K O . SO

Seine Redligkeit machts / daß wir auf seine Treue keinen Zweifel setzen. (Gehen ab.)

CZENKO.

König Wentel V, 6

167

FÜNFFTER HANDLUNG SECHSTER AUFFZUG. {Mm 3' = 181) Die mittelste Scene dffnet sich. MARTIN, BERTHOLD, ROSINE,

WENTZEL,

GIRSCHICK, WAZEK,

dessen Frau.

dessen Tochter.

LISEL,

RUDOLF,

J Bürger.

der junge König.

dessen junger Graff. dessen kleiner Münch. sein lustiger Diener.

Die Sache scheint gefährlich / ihr Herren macht es so mit uns / daß ihr es bey dem Könige / und bey den Landstdnden verantworten könnt.

RUDOLF.

Die Thüre ist verschlossen / wer in das Hauß will / der muß mit Gewalt hineinbrechen.

BERTHOLD.

Wenn aber solche Gewalt käme / wo wolten wir mit dem Könige bleiben?

RUDOLF.

Das wollen wir nicht hoffen / die Nachbarschaft stehet auch beysammen / und es möchte solchen Strassenräubern gar übel bezahlet werden.

BERTHOLD.

Unterdessen könte der König gleichwohl in Gefahr kommen.

RUDOLF.

168

Christian

Weise

Das hab ich im Anfange versprochen / daß ich so viel dabey helffen will / als ich kan. Aber wo ist denn der Herr INSPECTOR?

BERTHOLD.

Er bleibet bey seiner Mode / wenn es was zu thun giebt / so macht er sich unsichtbar.

RUDOLF.

BERTHOLD.

Doch was poltert vor der Thüre? (182)

Ο wir sind verrathen. (Das Gefummel wird grösser / sie schrejen zusammen·. Ο wir sind verrathen.)

RUDOLF.

FÜNFFTER HANDLUNG SIEBENDER AUFFZUG. Die Vorigen. CZENKO, WOKO, BÄBEL, HINKO

und die Bauern.

S A COURAGE / so muß man die Königs-Diebe zu Schanden machen.

CZENKO.

Und so muß man die Verräther in ihrem Neste bestricken.

WOKO.

Sieh da / ist das der Ort / da der König seine auffzuschlagen pflegt?

CZENKO.

RESIDENZ

Und ist das der Ort / da ein ehrlicher Unterthan seinen König suchen soll?

WOKO.

CZENKO.

Höre du Kerl.

BERTHOLD.

Der Herr verzeihe mir zwar. . .

König Wentel

V, 7

169

Ey nun wird zu langsam an die Verzeihung gedacht / du hast dich an der Majestät beleidiget / und das Unglück / das auff deinen Kopff kommen soll / das wird durch keine Verzeihung gemildert werden.

CZENKO.

Und die Straffe soll auff deinem Kopffe nicht beruhen / du solt noch andre Geferten bekommen. Gnade Gott der armen Stadt / daß sie nicht vor eure Boßheit büssen muß.

WOKO.

{Mm

4' = 183>

Ich habe meinen König und meinen Landsherrn beherberget / wenn ich dasselbe nicht gethan hätte / alsdenn hätte ich die Straffe verdienet.

BERTHOLD.

Ein anders ist beherbergen / ein anders leichtfertiger weise verstecken. Doch dieser Punct gehöret vor ein ander Gerichte. Das ist die Braut / darum wir tantzen / dieser König muß uns geliefert werden.

CZENKO.

Ihr Herren / wenn er ein König heissen soll / so muß er auch besser RESPECTiret werden.

RUDOLF.

In einem gemeinen Bürger-Hause lässet sich der König nicht RESPECTiren / wenn er wird auff Präge kommen / so wollen wir an unsere Schuldigkeit gedencken.

CZENKO.

Wo ein König seine Unterthanen hat / da ist man ihm auch den RESPECT schuldig. Ich sag es noch einmahl / der Himmel wird die Grausamkeit straffen / die an dem unschuldigen Könige verübet wird.

RUDOLF.

Da steht des jungen Königes sein Herr INSPECTOR, der hat Macht zu coNTRADiciren / wenn der Majestät etwas zu leide geschieht.

CZENKO.

Eben dieser INSPECTOR mag sehen / wo er sich v o r der redlichen W e l t LEGiTiMiren wird.

RUDOLF.

170

Christian

Weise

Schweig du junger Kerl / laß diß dein letztes Wort seyn / sonst will ich dir die Rede verbieten. (184) {Sie schrejen alle zusammen: Au weh! wir müssen sterben.)

CZENKO.

Ihr Weibischen Bestien / da lieget eure COURAGE, ihr solt auch nicht so gut seyn / daß ihr unsern Zorn empfindet / es sollen sich andre Leute anmelden / die sich dazu werden gebrauchen lassen. Doch was halten wir uns auff / der König ist unser / die andern mögen bleiben wo sie wollen.

CZENKO.

BERTHOLD.

Ach ihr Herren ich bitte.

Was hastu zu bitten? wer sich an der Majestät versündiget / der hat die Gnaden-Thfire selber verschlossen.

CZENKO.

Ich will gerne ein Stucke Dreysiegler-Tuch dazu spendiren.

MARTIN.

CZENKO.

Dein Haab und Guth soll ohn dem in unsrer Gewalt

seyn. Ach erbarmet euch doch fiber mich / wenn sonsten keine Vorbitte helffen will / und lasset nur den lieben jungen Herr König leben.

ROSINE.

CZENKO.

Dessentwegen wird der König gesucht / daß er leben

soll. Ach ihr lieben bösen Herren / ich will euch gerne meine Puppen geben / nur nehmt mir meinen lieben König WENTZELN nicht.

LISEL.

Auff die letzt werden wir uns den Kindern sollen gleich stellen / nur fort mit dem jungen Könige.

CZENKO.

Was ? gesteht ihr gleichwohl / daß ich ein König bin? Geheime Rathe.

I

V I T R Y , CAMTAIN

über die Garde.

BIRON, der Marschall.

ist es an dem / daß der Gefangene zur Verantwortung hervor treten soll.

VILLEROY. SO

358

Christian

Weise

Es ist ein schweres Werck / und gleichwohl muß hierinn mehr auff den (Z 2r = 527) Befehl eines Königes / als auff unsere Bequemligkeit gesehen werden.

SOISSONS.

Die Gerechtigkeit soll im Urtheilen scharfsichtig / und im Ansehen der Person verblendet seyn.

SILLERY.

Wir werden unsere Stellen einnehmen und erwarten / was Ihr. Königliche Majestät nochmals befehlen werden. (Sie setzen sich: Drey auff die rechte / drey auff die lincke Seite / daß die mittelste Scene \ur Presentation des Parlaments f r e j bleibet.) VILLEROY.

Wir sind dem Könige gehorsam / und wer sich vor einen Feind des Königes erkläret / dem sind wir keine AFFECTION schuldig.

SOISSONS.

Doch soll ihm die AFFECTION nicht versaget seyn / wofern er die rechtmäßigen Beschuldigungen gebührender massen von sich abwenden kan.

SILLERY.

(Kdmt.) Auff Befehl Ihrer Königlichen Majestät wird der Marschall von BIRON hier gestellt und erwartet demnach ORDRE, wenn ihnen belieben möchte die CONFERENZ vorzunehmen.

VITRY.

VILLEROY. VITRY.

Ist er einmal so gehorsam ?