Schwierige Wörtchen leicht übersetzt!: Modalpartikeln und sinnverwandte Ausdrücke im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Französischen [1 ed.] 9783205214694, 9783205214687

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Schwierige Wörtchen leicht übersetzt!: Modalpartikeln und sinnverwandte Ausdrücke im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Französischen [1 ed.]
 9783205214694, 9783205214687

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Steven Schoonjans

Schwierige Wörtchen leicht übersetzt! Modalpartikeln und sinnverwandte Ausdrücke im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Französischen

Steven Schoonjans

SCHWIERIGE WÖRTCHEN LEICHT ÜBERSETZT Modalpartikeln und sinnverwandte Ausdrücke im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Französischen

böhlau verlag wien köln

Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften und des Instituts für Germanistik der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2022 Böhlau Verlag, Zeltgasse 1, A-1080 Wien, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande  ; Brill USA Inc., Boston MA, USA  ; Brill Asia Pte Ltd, Singapore  ; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland  ; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Korrektorat  : Sara Alexandra Horn, Düsseldorf Einbandgestaltung  : Bernhard Kollmann, Wien Satz  : Michael Rauscher, Wien Vandenhoeck & Ruprecht Verlage www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21469-4

Inhalt

Vorwort.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Was sind Modalpartikeln? . . . . . . . . . . . Terminologie. . . . . . . . . . . . . . . . Wozu benutzt man Modalpartikeln? . . . Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln.. . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Unveränderlich.. . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Unbetont. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Stellungsverhalten . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.1 Im Deutschen und im Niederländischen . 2.3.3.2 Im Französischen und im Englischen. . . 2.3.4 Kombinierbar . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Nicht modifizierbar . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Bedeutungsbezogene Merkmale. . . . . . 2.3.6.1 Weiter Skopus . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6.2 Kein Satzgliedstatus . . . . . . . . . . . . 2.4 Abgrenzung der Kategorie.. . . . . . . . 2. 2.1 2.2 2.3

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. . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 18 20

. . . . . . . . . . . .

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24 24 26 28 28 31 35 38 40 40 41 43

3. 3.1 3.2 3.3 3.4

Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen? . . Keine direkten Pendants. . . . . . . . . . . . . . Keine propositionale Bedeutung.. . . . . . . . . Heterosemie und Polysemie. . . . . . . . . . . . Wie übersetzt man denn nun Modalpartikeln?. .

. . . . .

. . . . .

52 52 56 59 64

4. 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht . Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntheit oder Evidenz markieren . . . . . . . . . ja . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . doch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 70 71 71 77

Inhalt

5

4.2.3 4.2.4 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.6

eben, einfach & halt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . schon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tendenziöse Entscheidungsfragen . . . . . . . . . . Negative Antwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Positive Antwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rhetorische Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachdenkliche Fragen. . . . . . . . . . . . . . . . . Erinnernde Fragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufforderungen abschwächen . . . . . . . . . . . . . mal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . doch & ruhig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1 Aufforderungen verstärken . . . . . . . . . . . . . . 4.6.2 Ergänzungsfragen verstärken . . . . . . . . . . . . . 4.6.3 Wünsche verstärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.4 Ausrufe verstärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Einen Kontextbezug herstellen . . . . . . . . . . . . 4.7.1 Die Frage findet ihren Anlass in einem Element der Gesprächssituation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.2 Themenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.3 Erwartbarkeit signalisieren . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Unsicherheit ausdrücken.. . . . . . . . . . . . . . . 4.8.1 Kein oder unzureichender Nachweis . . . . . . . . . 4.8.2 Subjektive Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. 5.1 5.2 6. 6.1 6

83 91 95 96 99 102 102 105 107 109 109 112 114 116 116 123 127 130 133 133 138 142 145 145 150

Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Allgemeine Referenzen und Studien zu einzelnen Partikeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Studien zur Übersetzung von Modalpartikeln und zu möglichen Äquivalenten . . . . . . . . . . . . . . 157 Index.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Inhalt

6.2 6.3 6.4

Niederländisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Französisch.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Englisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Inhalt

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Vorwort

Bereits seit meiner Studentenzeit trage ich den Spitznamen Herr Modalpartikel. Das ist an sich nicht so verwunderlich, denn seit ich im Studienjahr 2006–2007 in einer Germanistiklehrveranstaltung die deutschen Modalpartikeln (auch Abtönungspartikeln genannt) kennen lernen durfte, haben mich diese kleinen Wörtchen, die trotzdem einen großen Unterschied ausmachen können, immer wieder fasziniert. Inzwischen bin ich mehr als zehn Jahre älter und habe mehrere Hausarbeiten, eine Bachelorarbeit, vier Diplomarbeiten, eine Dissertation und mehrere wissenschaftliche Aufsätze zu den Modalpartikeln veröffentlicht und an den Universitäten Löwen, Innsbruck und Klagenfurt mehrere Lehrveranstaltungen zu diesem Thema angeboten, und die Faszination hat nicht nachgelassen – ganz im Gegenteil. Frustrierend habe ich dabei jedoch immer gefunden, dass es keine gute aktuelle Übersicht der deutschen Modalpartikeln und ihrer Bedeutungen gibt. Die meisten wissenschaftlichen Schriften thematisieren nur eine oder einige Partikeln und gehen also auch nur auf die Funktionen dieser Partikeln ein. In einigen Arbeiten findet man zwar umfassendere Übersichten, aber diese sind oft immer noch eindeutig unvollständig (etwa bei Weydt 2010), oder aber die Erläuterungen zu den Bedeutungen und Funktionen der Partikeln sind dermaßen kurz gefasst, dass man relativ wenig damit anfangen kann, wenn man nicht bereits einigermaßen mit dem Thema vertraut ist (etwa bei Duch 2008). Für eine vollständigere Übersicht mit Erklärungen zu den Bedeutungen muss man also ältere Arbeiten wie Thurmair (1989) oder Weydt & Hentschel (1983) heranziehen, aber diese enthalten naturgemäß nicht mehr den aktuellen Stand der linguistischen Forschung, und da die Modalpartikelforschung erst in den letzten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts einen richtigen Aufschwung erlebt hat, ist man auch nach der Veröffentlichung der besagten Vorwort

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Übersichten noch zu wichtigen Einsichten bezüglich dieser Partikeln gekommen. Trotzdem ist Thurmairs (1989) Modalpartikeln und ihre Kombinationen immer noch ein gutes Nachschlagewerk, aber aufgrund der altersbedingten Unvollständigkeiten und aufgrund seines Umfangs (über 300 Seiten) eignet es sich manchmal doch nur bedingt als Lektüre zu einer Lehrveranstaltung, in der die Modalpartikeln thematisiert werden  – vor allem, wenn die Modalpartikeln nur eines der in der Lehrveranstaltung besprochenen Themen ausmachen. Mit diesem Heftchen versuche ich, diese Lücke zu füllen, indem ich eine Übersicht der wichtigsten deutschen Modalpartikeln und ihrer wichtigsten niederländischen, englischen und französischen Pendants biete, die auch den aktuellen Forschungsstand widerspiegelt. Das Heftchen ist primär für Studierende gedacht, die im Rahmen ihres Curriculums (Germanistik, Lehramt, Translation usw.) mit den deutschen Modalpartikeln konfrontiert werden und Informationen zu ihren Bedeutungen oder zu möglichen Pendants im Niederländischen, Französischen oder Englischen suchen, aber auch andere, denen im Rahmen ihres Studiums oder ihres Berufsalltags Modalpartikeln in einer dieser vier Sprachen unterkommen und die in diesem Bereich nicht sehr beschlagen sind, werden in diesem Heftchen schnell weitere Informationen und Übersetzungsvorschläge finden. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Zustandekommen dieses Heftchens beigetragen haben   : Kurt Feyaerts, der mich damals in die wunderbare Welt der Modalpartikeln eingeführt hat, Lies Sercu, die mich davon überzeugt hat, nach langem Zweifeln dieses Heftchen dann doch herauszubringen, das Team des Böhlau-Verlags, das mich bei der Fertigstellung der Arbeit unterstützt hat, und alle (Schüler*innen, Studierende, Kolleg*innen und andere), die Anregungen für den Inhalt gegeben haben  – insbesondere, wenn es um die anderen Sprachen geht, denn selbstverständlich beherrsche ich sie nicht alle auf C2-Niveau. Natürlich bin ich auch für weitere Hinweise 10

Vorwort

offen, die dazu beitragen können, das Heftchen noch weiter zu verbessern. Steven Schoonjans Dozent deutsche und französische Sprachwissenschaft und Lehrkraft Deutsch & Französisch Mechelen/Klagenfurt am Wörthersee, Frühjahr 2021

Vorwort

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1. Einführung

Wenn der Herbst zu Ende geht und sich die Kinder auf den Dezember mit seinen vielen Geschenken freuen, taucht er überall in Supermärkten und Spielzeugläden auf  : der Nikolaus, der Kinder zu sich bittet und fragt, ob sie brav waren und was sie denn gerne hätten. Vielleicht ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass der Nikolaus dann meistens ‚Komm mal her  !‘ sagt – aber haben Sie sich jemals gefragt, warum er denn dieses mal benutzt und nicht einfach ‚Komm her  !‘ sagt  ? Oder warum das im Deutschen geht, und im Niederländischen auch mit ‚Kom eens hier  !‘, aber warum man im Französischen nicht so gut ‚Viens une fois ici    !‘ sagen kann (viele Wallonen werden es wohl noch akzeptieren, aber für die meisten Französischsprachigen hört es sich komisch an), und im Englischen schon gar nicht ‚Come once here  !‘  ? Wahrscheinlich haben Sie sich darüber nie wirklich Gedanken gemacht – es sei denn, dass Sie den Satz schon mal zu übersetzen hatten. Das ist auch normal  : Wir denken sehr oft nicht über unseren Sprachgebrauch nach und vieles in unserem Sprachgebrauch ist uns nicht bewusst. Wenn wir aber mit einer anderen Sprache konfrontiert werden, können solche Unterschiede auf einmal zum Problem werden. Manchmal ist das gar nicht so tragisch  : Jemandem zu erklären, dass man im Englischen nicht immer rooster sagen kann, wenn es im Deutschen Hahn heißt (ein Hahn kann auch a tap sein), dürfte noch gehen, weil wir uns bei diesen Wörtern etwas Konkretes vorstellen können, nämlich entweder ein männliches Huhn oder eine Wasserentnahmestelle. Aber wenn man schon auf Deutsch Schwierigkeiten hat, zu sagen, um was es geht (worauf verweist dieses mal bzw. was bedeutet es  ?), dann ist es umso schwieriger, gut zu verstehen, warum man im Englischen nicht immer once sagen kann, wenn im Deutschen mal verwendet wird. Das führt uns direkt zum Thema dieses Heftchens  : die Modal- oder Abtönungspartikeln. Das ist eine Wortart, der in der 

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Schule oft wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, obwohl sie in Sprachen wie dem Deutschen und dem Niederländischen relativ stark vertreten ist  ; das mal im Nikolausbeispiel wäre eine Modalpartikel. Diese Modalpartikeln sind Wörtchen, durch die wir eine bestimmte Nuance zum Ausdruck bringen, die sonst oft nur sehr schwer in Worte zu fassen ist – weitere Beispiele wären u. a. denn, doch, halt, ja und schon. Dass ihre Bedeutung so schwer in Worte zu fassen ist, ist an und für sich nicht sehr praktisch, aber meistens stört es uns nicht (wie gesagt  : Unser Sprachgebrauch ist meistens unbewusst). Schlimmer ist es, wenn wir sie in eine Sprache übersetzen müssen, in der kein direktes Pendant besteht – und das ist ausgerechnet bei den Modalpartikeln sehr oft der Fall. Manche Sprachen sind relativ reich an Modalpartikeln (das Deutsche gilt als die Modalpartikelsprache schlechthin, und auch das Niederländische hat ein relativ umfangreiches Modalpartikelinventar), während das Englische und das Französische wesentlich weniger Modalpartikeln haben. Aber auch zwischen partikelreichen Sprachen wie dem Niederländischen und dem Deutschen kann man oft nicht direkt übersetzen, weil die entsprechenden Partikeln dann doch oft nicht genau das gleiche Nuancenspektrum abdecken – und auch, weil das Deutsche dann doch noch etwas partikelreicher ist als das Niederländische. Eine gute Beherrschung der Modalpartikeln ist denn auch eine große Herausforderung für DaF-Lernende, und oft werden Menschen, die die deutsche Sprache nahezu perfekt beherrschen, dann doch noch als anderssprachig entlarvt, weil es bei den Modalpartikeln noch ein bisschen hakt. Das macht die deutschen Modalpartikeln auch zu einem heißen Eisen für jemanden, der im Alltag das Deutsche des Öfteren mit einer anderen Sprache konfrontieren muss (Lehrkräfte, Übersetzer*innen, Dolmetscher*innen usw.). Diesen Personen möchte ich mit diesem Heftchen zu Hilfe kommen, indem ich einerseits eine Übersicht der wichtigsten Nuancen der deutschen Modalpartikeln liefere und andererseits ein paar Übersetzungshinweise ins Niederländische, Französische und Englische gebe. Eine exhaustive Übersicht ist allerdings nicht machbar – das würde das 14

Einführung

Heftchen zu umfangreich machen  : Nicht nur hat das Deutsche mehr als zwanzig Modalpartikeln mit oft mehreren Funktionen  ; auch die Tatsache, dass oft keine direkte Eins-zu-eins-Übersetzung möglich ist, führt dazu, dass je nach Kontext eine andere Übersetzung angemessen ist, und eine Auflistung all dieser Übersetzungen mit detaillierten Erklärungen zu den oft sehr subtilen Unterschieden ist praktisch nicht realisierbar. Dementsprechend ist dieses Heftchen als erste Hilfe gemeint für diejenigen, die wissen möchten, was eine bestimmte Partikel bedeutet (oder bedeuten kann) und wie sie sich ggf. übersetzen ließe. Auch beim Übersetzen und Dolmetschen kann das Heftchen also sicher eine Inspirationsquelle sein, aber wenn es darauf ankommt, genau die richtige Nuance zu treffen, ist es auch wichtig, gut abzuwägen, welche Übersetzung im Einzelfall die angemessenste ist und ob nicht vielleicht noch eine andere Ausdrucksweise die Nuance genauer trifft als die, die in diesem Heftchen vorgeschlagen werden. Natürlich bietet sich dafür auch immer die einschlägige Fachliteratur (auf der auch dieses Heftchen basiert) an  ; in der Referenzliste am Ende finden Sie eine ganze Liste von Schriften zur Übersetzung der deutschen Modalpartikeln und zu ihren möglichen Pendants im Niederländischen, Französischen und Englischen – ergänzt um einige sporadische Verweise auf andere Sprachen. Die meisten, die dieses Heftchen heranziehen, werden sich denn auch vor allem das 4. Kapitel mit der Übersicht der Partikeln und ihrer Übersetzungen sowie die Referenzliste im 5. Kapitel anschauen. Die beiden vorangehenden Kapitel dienen eher als theoretische Einrahmung und sind vor allem für diejenigen Leser*innen gedacht, die sich ausführlicher mit den Modalpartikeln (Kapitel 2) und der Problematik ihrer Übersetzung (Kapitel  3) befassen möchten (zum Beispiel Studierende in den Bereichen Germanistik und Translationswissenschaften). Diese beiden Kapitel sind denn auch etwas stärker linguistisch orientiert. Den größten Teil des Heftchens macht aber die Übersicht der Partikeln und ihrer Übersetzungen im 4. Kapitel aus. Anders als die meisten Studien, die mehrere Partikeln berücksichtigen, werEinführung

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den die Partikeln jedoch nicht der Reihe nach besprochen, sondern die Besprechung ist nach Funktionen geordnet.1 Dies hat zur Folge, dass eine Partikel mit mehreren Funktionen an mehreren Stellen im Heftchen zur Sprache kommt und man also in der Inhaltsübersicht oder im Register am Ende nachschlagen muss, wo die Partikeln und ihre unterschiedlichen Verwendungen besprochen werden. Trotzdem wurde für diese Vorgehensweise optiert, weil so die verschiedenen Partikeln mit gleicher oder ähnlicher Funktion zusammen besprochen werden. Dies vermeidet zum einen, dass die gleiche Information mehrfach gegeben werden muss (zum Beispiel die Übersetzungen synonymer Partikeln), und zum anderen hat man so jedes Mal eine Übersicht der Ähnlichkeiten und (manchmal sehr subtilen) Unterschiede zwischen den deutschen Partikeln, aber auch und vor allem zwischen ihren Übersetzungen. So findet man also jeweils alle relevanten Informationen und alle Möglichkeiten, eine bestimmte Nuance in den unterschiedlichen Sprachen auszudrücken, zusammen an einem Ort.

1 Auch Renate Rathmayr (1989, S.  625) hat bereits auf den Nutzen einer solchen Einteilung nach Funktionen statt nach Partikeln hingewiesen, wenn keine Eins-zu-eins-Übereinstimmung zwischen den Partikeln in den einzelnen Sprachen besteht.

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Einführung

2. Was sind Modalpartikeln?

Wenn Sie noch nie von Modalpartikeln gehört haben, gibt es dafür einige mögliche Erklärungen. Eine davon ist die Tatsache, dass sie in der Schule oft kaum bis gar nicht besprochen werden, obwohl wir sie im Deutschen und im Niederländischen eigentlich ständig benutzen – und wenn sie überhaupt besprochen werden, dann werden sie oft der Einfachheit halber zu den Adverbien (= Umstandswörtern) gezählt. Aus didaktischer Sicht lässt sich das vielleicht verteidigen (man braucht nicht zu wissen, ob ein Wort Adverb oder Modalpartikel ist, um es benutzen zu können, also können diese linguistischen Feinheiten das Ganze für Schüler*innen allzu kompliziert machen), aber für unsere Zwecke ist der Unterschied schon relevant. Daher wird in diesem Kapitel auf die Frage eingegangen, was gemeint ist, wenn von Modalpartikeln die Rede ist. Genauer gesagt, wird in diesem Kapitel auf vier Fragen eingegangen. Zunächst (2.1) werden kurz die unterschiedlichen Bezeichnungen für die Kategorie ‚Modalpartikel‘ besprochen. Danach (2.2) folgt eine allgemeine Besprechung der Funktion der Modalpartikeln  : Wofür verwenden wir sie  ? Die durch Modalpartikeln vermittelten Nuancen sind sehr verschieden, aber sie haben durchaus etwas gemeinsam, und das wird hier besprochen. Im Anschluss (2.3) werden die Formmerkmale der Modalpartikeln thematisiert. Wenn wir sagen, dass die Modalpartikeln keine richtigen Adverbien sind, liegt das daran, dass sie sich formal dann doch von den Adverbien unterscheiden. Schließlich (2.4) bleibt noch die Frage nach der Abgrenzung der Gruppe der Modalpartikeln. Das ist eine lebhaft diskutierte Frage und bis heute ist man sich auch in der Linguistik nicht darüber einig, welche Wörter zu den Modalpartikeln zu zählen sind und welche nicht. Hier wird kurz besprochen, woran das liegt und wie sich das auf den Inhalt dieses Heftchens auswirkt. 

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Da das Deutsche von den vier in diesem Heftchen besprochenen Sprachen nicht nur die partikelreichste ist, sondern auch diejenige, deren Modalpartikeln bereits am ausführlichsten erforscht worden sind, werden in diesem wie im 4. Kapitel die deutschen Modalpartikeln den Ausgangspunkt darstellen, auch wenn auch in diesem Kapitel bereits häufiger auf die Modalpartikeln der anderen Sprachen eingegangen wird. Selbstverständlich kann an dieser Stelle keine umfassende und sehr detaillierte Beschreibung der Kategorie ‚Modalpartikeln‘ geliefert werden  ; dafür lässt sich über diese Wortart einfach zu viel sagen – wie auch die Unmengen an Fachliteratur zu diesem Thema beweisen. Wer noch mehr zu den Modalpartikeln wissen möchte, kann also gerne ein bisschen in der umfangreichen einschlägigen Literatur herumstöbern, zum Beispiel Thurmair (1989), Diewald (2007), Müller (2014) oder Schoonjans (2018). 2.1 Terminologie Bevor wir genau klären können, was Modalpartikeln sind, müssen wir noch auf zwei terminologische Schwierigkeiten eingehen. Kurz vorweg  : Mit den Modalpartikeln sind hier die Abtönungspartikeln gemeint. Dieser Satz trägt eigentlich bereits die beiden Schwierigkeiten in sich. Die erste  : Die Bezeichnung Modalpartikeln wird in der Linguistik doppelt verwendet  – neben den Partikeln, die uns in diesem Heftchen interessieren, werden damit manchmal auch Wörter wie sicherlich, vermutlich und zweifellos bezeichnet, die gemeinhin Modalwörter oder Satzadverbien genannt werden. Diese Verwendung des Terminus ist jedoch eher ungeläufig  ; öfter (wie auch in diesem Heftchen) sind mit Modalpartikeln die Abtönungspartikeln gemeint. Damit wären wir bei der zweiten terminologischen Schwierigkeit  : Für diese Partikelart kursieren mehrere Bezeichnungen. Die beiden üblichsten sind Modalpartikeln und Abtönungspartikeln (mit den Varianten Tönungsparti18

Einführung

keln1, modale Partikeln und Modalitätspartikeln), aber man hört und liest auch u. a. Urteilspartikeln, pragmatische Partikeln und Diskurspartikeln, obwohl diese Bezeichnungen streng genommen weiter gefasst sind und auch andere Partikeln mit einschließen können, für die wir uns hier nicht interessieren. Weitere, weniger gängige Termini sind u. a. Satzpartikeln, Redepartikeln, Gesprächspartikeln, Illokutionspartikeln, Präsuppositionspartikeln, Einstellungspartikeln, Intentionalpartikeln und Existimatoren sowie die in der älteren Fachliteratur noch verwendeten, negativ konnotierten Bezeichnungen Würzwörter, Färbewörter, Füllwörter und Flickwörter. Obwohl man gegen den Terminus Modalpartikeln einwenden könnte, dass noch nicht eindeutig geklärt wurde, inwiefern diese Partikeln tatsächlich der linguistischen Domäne der Modalität im engeren Sinne angehören, scheint er heute die geläufigste Bezeichnung für diese Kategorie zu sein, weshalb wir ihn hier auch verwenden. Die terminologische Vielfalt besteht im Übrigen nicht nur im Deutschen  : Auch in den anderen Sprachen, die wir uns hier anschauen, hat sich die Linguistik bislang nicht auf eine Bezeichnung einigen können. Im Niederländischen wird meistens von schakeringspartikels oder modale partikels (manchmal auch modaalpartikels) gesprochen, die wörtlichen Übersetzungen von Abtönungspartikeln und Modalpartikeln, aber man findet ebenso die (eigentlich zu weit gefassten) Bezeichnungen oordeelspartikels, pragmatische partikels und discourspartikels. In der einschlägigen französischen Literatur findet man u. a. particules modales, particules de modalité und particules modalisatrices als Übersetzungen von Modalpartikeln und particules de démodulation als Übersetzung von Abtönungspartikeln. Im Englischen wird neben modal 1 Gelegentlich wird gegen die Bezeichnung Abtönungspartikeln eingewandt, dass der Begriff Abtönung eine Abschwächung impliziere oder zumindest suggeriere, die bei den Abtönungspartikeln nicht unbedingt gegeben ist (wie wir in Kapitel 4 noch sehen werden). Die alternative Bezeichnung Tönungspartikeln, die gerade aus diesem Grund geschaffen wurde, hat sich jedoch bislang nicht durchsetzen können. Terminologie

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particles (Modalpartikeln) und downtoning particles 2 (Abtönungspartikeln) vor allem das eigentlich zu weit gefasste discourse particles sehr oft verwendet. 2.2 Wozu benutzt man Modalpartikeln? Wenn man einfach jemanden fragt, was eine Modalpartikel (wie das mal in unserem ersten Beispiel aus der Einführung komm mal her) bedeutet, dann stehen die Chancen gut, dass diese Person keine Ahnung hat oder gar antwortet, dass dieses Wörtchen gar keine Bedeutung habe. Irgendwie stimmt das auch  : Eine sogenannte propositionale Bedeutung haben Modalpartikeln nicht. Das bedeutet, dass es nicht von der Modalpartikel abhängt, ob ein Satz wahr ist oder nicht. Das wollen wir kurz verdeutlichen. Wenn Lena ein rotes Auto hat, dann kann man sagen, dass die Sätze (1a) und (1b) wahr sind, aber (1c) nicht. Adjektive wie rot und gelb beeinflussen also den Wahrheitswert  : Sie haben eine propositionale Bedeutung. Für Modalpartikeln gilt das nicht  : Wenn Lena ein rotes Auto hat, kann man alle Sätze unter (2) sagen, und sie sind alle gleich wahr. (1a) Lena hat ein Auto. (1b) Lena hat ein rotes Auto. (1c) Lena hat ein gelbes Auto. (2a) Lena hat ein rotes Auto. (2b) Lena hat ja ein rotes Auto. (2c) Lena hat doch ein rotes Auto. (2d) Lena hat halt ein rotes Auto.

2 Genauso wie im Deutschen findet man auch hier die Variante toning particles, die den Eindruck vermeiden soll, dass es sich immer um eine Abschwächung handelt, aber genauso wie im Deutschen hat sich diese Variante noch nicht wirklich durchsetzen können.

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Einführung

Für den Wahrheitswert eines Satzes (d. h., ob der Satz wahr ist oder nicht), spielt es also keine Rolle, ob man eine Modalpartikel verwendet (und wenn ja, welche).3 Das bedeutet jedoch nicht, dass man jeden dieser Sätze immer sagen könnte  : Es gibt sehr wohl einen Nuancenunterschied, der dafür sorgt, dass je nach Kontext der eine oder der andere Satz passender ist. Worin dieser Nuancenunterschied besteht, wird in Kapitel 4 dargelegt  ; vorerst ist vor allem wichtig, dass es diesen Nuancenunterschied überhaupt gibt und dass er durch die Wahl der Modalpartikel herbeigeführt wird. Es ist also nicht so, dass die Modalpartikeln überhaupt keine Bedeutung hätten (dann würden wir sie auch nicht so oft verwenden  : So verschwenderisch gehen wir nicht mit unserer Energie um), nur handelt es sich um eine sogenannte nicht-propositionale Bedeutung  : um eine Nuance oder ‚Schattierung/Abtönung‘, die einen Satz bereichern kann, aber den Wahrheitswert nicht beeinflusst. Es handelt sich aber nicht einfach um jede beliebige Nuance. Richard Waltereit (2006) hat Abtönung definiert als das Anpassen eines Satzes im Hinblick auf die Reaktion des Gegenübers. Man äußert also eine Stellungnahme zum Gesagten oder zu dessen Kontextbezug und versucht so gleichzeitig die Reaktion des Gegenübers zu beeinflussen oder gibt zumindest zu verstehen, was für eine Reaktion man erwartet. Ein paar Beispiele können das vielleicht verdeutlichen. Durch den Gebrauch von etwa in (3) bringt S4 zum Beispiel eine Stellungnahme zu einer bestimmten Handlung (in diesem Fall  : zum Abhören des Polizeifunks) zum Ausdruck und stuft diese Handlung als unerwünscht, nicht passend oder nicht erlaubt ein, dabei implizierend, dass eine negative Antwort auf die Frage erwartet wird. Ähnlich markiert S mit halt 3 Auch für die grammatische Richtigkeit eines Satzes macht die An- oder Abwesenheit einer Partikel meistens wenig aus, was den Eindruck noch verstärkt, dass man sie einfach weglassen könnte und dass sie also eigentlich keine Bedeutung hätten. 4 S steht in diesem Heftchen für den Sprecher oder die Sprecherin, G für das Gegenüber (also den Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin). Wozu benutzt man Modalpartikeln?

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in (4) einen bestimmten Sachverhalt (eine zukunftsorientierte Zeitung ist nicht nur ein Ex-cathedra-Medium) als selbstverständlich oder auf der Hand liegend und damit nicht weiter zur Diskussion stehend (erzielte Reaktion  : G widerspricht nicht). Mit mal in (5) schwächt S eine Aufforderung ab  : Es ist kein Befehl, sondern (laut S) eher eine Einladung. Die Absicht ist denn auch, dass G die Handlung ausführt, ohne sich dazu gezwungen zu fühlen (gerade weil es kein Befehl ist). Das wohl in (6), zu guter Letzt, signalisiert, dass S gerne eine positive Antwort hätte, aber keine Ahnung hat, ob das auch so sein wird (Stellungnahme  : erwünschte, aber unsichere Situation), und deshalb nach Gs Vermutungen oder Ansichten fragt, wohl wissend, dass G vielleicht auch keine Ahnung hat. Die angestrebte Reaktion ist also, dass G nicht einfach ‚ich weiß es nicht‘ antwortet, sondern vielmehr eigene Vermutungen äußert. (3) Hast du etwa wieder den Polizeifunk abgehört  ? (4) Eine zukunftsorientierte Zeitung ist halt nicht nur ein Medium ex cathedra. (5) Komm mal her  ! (6) Ob sie mich wohl liebt  ?

Wie diese wenigen Beispiele bereits zeigen, sind die Nuancen, die durch Modalpartikeln vermittelt werden können und die wir in Kapitel 4 noch ausführlicher besprechen werden, recht verschiedenartig  – sogar so verschiedenartig, dass manchmal hinterfragt wird, ob tatsächlich von einer einzigen Kategorie die Rede sein kann (zumal manchmal die eigene Stellungnahme, manchmal die Erwartung an die Reaktion des Gegenübers prominenter ist und den anderen Aspekt in den Schatten stellen kann). Auf diese Diskussion einzugehen, würde an dieser Stelle zu weit führen  ; wir schließen uns Waltereit an und gehen davon aus, dass es sich immer um Abtönung im beschriebenen linguistischen Sinne handelt. 22

Einführung

Zum Schluss sollen wir noch darauf hinweisen, dass nicht nur Modalpartikeln eine solche Abtönungsnuance zum Ausdruck bringen können. Das ist vor allem wichtig für die Übersetzung in Kapitel 4  : Sprachen wie das Englische und das Französische haben zwar weniger Modalpartikeln, aber das bedeutet nicht, dass man in diesen Sprachen die Abtönungsbedeutungen nicht zum Ausdruck bringen könnte  ; nur verwendet man dafür andere sprachliche Mittel. Aber auch im Deutschen sind die Modalpartikeln nicht die einzigen Abtönungsmittel. Ein Beispiel findet man in (7). Um zu signalisieren, dass ein bestimmter Sachverhalt bereits bekannt sein sollte (Stellungnahme durch S) und also nicht mit Widerspruch gerechnet wird (Reaktion durch G), kann man dafür im Deutschen die Modalpartikel ja benutzen, aber genauso das Adverb bekanntlich oder eine Paraphrase mit wissen. Natürlich bestehen subtile Unterschiede zwischen den Varianten. Man kann zum Beispiel bekanntlich nur verwenden, wenn der Sachverhalt bereits allgemein bekannt sein sollte, und nicht, wenn man nur davon ausgeht, dass G es schon weiß, während ja in letzterer Situation schon möglich ist, und in (7c) ist es für G noch leichter möglich als in (7a–b), das Gesagte zur Diskussion zu stellen (‚das wusste ich gar nicht‘). Darauf kommen wir in Kapitel 4.2.1 noch zu sprechen  ; vorläufig ist es vor allem wichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass die Modalpartikeln, zumal im Deutschen, eine typische (wenn nicht die typischste) Ausdrucksweise für Abtönungsnuancen sind, aber bestimmt nicht die einzige. (7a) Ich empfehle ja nur Produkte, die ich auch selbst nutze und von denen ich überzeugt bin. (7b) Ich empfehle bekanntlich nur Produkte, die ich auch selbst nutze und von denen ich überzeugt bin. (7c) Wie du weißt, empfehle ich nur Produkte, die ich auch selbst nutze und von denen ich überzeugt bin.

Wozu benutzt man Modalpartikeln?

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2.3 Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln Wie wollen wir nun aber wissen, ob ein Wort eine Modalpartikel ist oder nicht  ? Warum betrachten wir ja in (7a) als Modalpartikel, aber bekanntlich in (7b) nicht  ? Und wie kann man wissen, ob ja als Modalpartikel gebraucht wird und nicht als Antwortpartikel  ?5 Tatsächlich ist das ein weiteres typisches Merkmal der Modalpartikeln  : Das gleiche Wort wird auf mehrere Weisen gebraucht, und ‚Modalpartikel‘ ist nur eine davon (darauf gehen wir in Kapitel 3.3 noch ausführlicher ein). Zum Glück gibt es auch dafür eine Lösung. Die Modalpartikeln weisen nämlich einige spezifische Formmerkmale auf, die erlauben, zu bestimmen, ob wir es mit einer Modalpartikel zu tun haben oder nicht. Wie immer in der Sprachwissenschaft gibt es ein paar Ausnahmen, aber im Allgemeinen sind diese Merkmale schon nützlich. Darum gehen wir hier darauf ein. 2.3.1 Unveränderlich Modalpartikeln sind Partikeln. Daraus könnte man ableiten, dass sie unveränderlich sein sollten, denn das ist, was Partikel in der Sprachwissenschaft eigentlich bedeutet  : Wort, das man nicht beugen kann. Aus sprachübergreifender Sicht ist es etwas übertrieben, zu behaupten, dass alle unbeugbaren Wörter Partikeln sind, aber für das Deutsche gilt schon, dass man Partikeln nicht beugen kann. Das ist zum Beispiel bei einfach nützlich, um zu bestimmen, ob es als Modalpartikel (in der Bedeutung ‚schlichtweg‘) oder als Adjektiv (in der Bedeutung ‚unkompliziert‘) verwendet wird. In Satz (8) weiß man zum Beispiel, dass das zweite und das dritte einfach keine Modalpartikeln sein können, denn sie haben eine Beugungsendung (-e bzw. -ere). Das erste einfach 5 Wie die Bezeichnung ‚Antwortpartikel‘ bereits ahnen lässt, handelt es sich um die Verwendung von ja als Antwort auf eine Frage, wie in ‚Warst du schon mal in Bremen  ? – Ja, schon oft.‘

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hingegen ist schon Modalpartikel, und dort kann man eine solche Endung also nicht haben (man kann auch keinen Komparativ oder Superlativ daraus machen). (8) Für dieses Problem gibt es einfach keine einfache Lösung, oder zumindest keine einfachere als die, die das Parlament vorgeschlagen hat.

Allerdings sind nicht alle Modalpartikeln komplett unveränderlich, aber die Veränderungen, die es geben kann, sind keine Beugungen. Es ist nämlich so, dass oft benutzte Wörter und Ausdrücke im Laufe der Zeit oft nicht mehr ganz ausgesprochen werden und dadurch kürzer werden, weil das einfacher ist (ein typisches Beispiel ist das Englische be going to, das als Zukunftsmarkierer oft nur noch als gonna ausgesprochen wird). Das haben wir auch bei den deutschen Modalpartikeln, insbesondere bei mal und denn. Mal ist an und für sich bereits eine Verkürzung von einmal, das ebenso, wenn auch weniger oft (außer in den südlichen Dialektformen amol und amoi), mit derselben Abtönungsfunktion verwendet wird (9a)  – was man schon öfter hört, ist eine Aussprachevariante zwischen einmal und mal, nämlich [əmal] (die geschriebene Form emal wird eigentlich nur in Texten verwendet, die bewusst gesprochene Sprache nachahmen, zum Beispiel in Romanen oder Internetmemes) (9b). Andererseits geht in der gesprochenen Umgangssprache die Reduktion noch weiter  : Oft hört man nur noch ma statt mal (9d), und bei einigen frequenten Ausdrücken, vor allem bei sogenannten Diskursmarkern, wird die Partikel sogar schon mit dem Verb zusammengeschrieben (sagma oder gar samma für sag mal, hömma für hör mal) (9e). Etwas Ähnliches passiert bei denn, das oft nicht als [dɛn], sondern als [dən], [ən] oder sogar einfach [n] ausgesprochen wird und in der letzten Variante auch oft ans vorangehende Verb angehängt wird, auch in informeller Schriftsprache (10a–b). Noch ein weiteres Beispiel sind die Partikeln, die von Verben abgeleitet sind (glaub, denk, find, mein, vermut). Diese sind eigentlich aus der ersten Person Singular entstanden und ab und zu findet man sie auch noch in Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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der Form, also mit -e (glaube usw.), wie in (11), wo es um die Getriebeelektronik geht, aber mittlerweile ist dieses -e, das ursprünglich schon eine Art Endung war, in der Verwendung als Partikel weitestgehend verschwunden. (9a) Du, Junge, wie alt bist du denn überhaupt  ? Zeig einmal deinen Ausweis  ! (9b) Stell ihn emal vorn ans Hoftor. (Ella Danz, Nebelschleier) (9c) Komm mal her  ! (9d) Erna, komm ma her. Guck ma, wie braun der ist, der kommt sicher ausm Urlaub. (9e) Sagma, gibt’s wirklich Leute, die einen Deadlock „Verklemmung“ nennen  ? (10a) Was hasten du da in der Tasche  ? (10b) Hey Noah, wann kommstn endlich  ? (11) Schalter und Automatik kann man glaube mit VagCom codieren oder irre ich mich da  ?

2.3.2 Unbetont Ein weiteres Merkmal der Modalpartikeln ist, dass sie im Normalfall unbetont sind. Die Reichweite dieses Kriteriums ist jedoch eine lebhaft diskutierte Frage. Manche behaupten, dass Modalpartikeln nie betont werden können, andere sind der Meinung, dass alle Modalpartikeln grundsätzlich betonbar (aber meistens unbetont) sind, und noch andere nehmen eine Zwischenposition ein und behaupten, dass nur einige Modalpartikeln betont werden können. Wie dem auch sei, in den meisten Fällen sind die Modalpartikeln unbetont. Wir schließen uns in diesem Heftchen den Forscher*innen an, die für die goldene Mitte optieren (u. a. Thurmair 1989). Das bedeutet, dass es eine Partikel gibt, die immer betont ist, nämlich ja in Aufforderungen, das eine verstärkende Wirkung hat (es 26

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macht die Frage zu einer Art Drohung, also das Gegenteil von mal – siehe auch Kapitel 4.6.1) (12).6 Auch bloß und nur können Aufforderungen (und Wünsche) verstärken und je nachdem, wie sehr sie sie verstärken, können auch sie betont sein (13–14). Auch das regionale glaub, das u. a. Zweifel oder Unsicherheit zum Ausdruck bringt, kann betont werden und bringt dann eine noch größere Unsicherheit zum Ausdruck, aber dies ist eher unüblich (15). (12) Und lass dich hier JA nicht mehr blicken  ! (13a) Geh BLOSS nicht zu nah an den Teich ran  ! (13b) Geh bloß NICHT zu nah an den Teich ran  ! (14a) Und sag jetzt NUR nichts Falsches  ! (14b) Und sag jetzt nur nichts Falsches  ! (15) Die Katzen waren GLAUB zu dritt, können aber auch zu viert gewesen sein.

Bei den anderen Partikeln tendieren wir eher nicht dazu, die betonte Form als Modalpartikel zu betrachten. In den meisten Beispielen aus der Literatur scheint es sich bei der betonten Form eigentlich um eine andere Verwendung der Partikel zu handeln, sowohl von der Bedeutung her (die sogar nicht immer nicht-propositional ist) als auch, was die anderen Merkmale betrifft (zum Beispiel die Stellung im Satz). Es geht zum Beispiel um das betonte denn, das ein Synonym des konsekutiven Adverbs dann zu sein scheint (in manchen Gegenden werden denn und dann zur Markierung von Folgen sowieso durcheinander verwendet), oder um das betonte doch, das ungefähr die gleiche Bedeutung hat wie dennoch oder trotzdem und daher auch eher als Adverb zu sehen ist (hier benutzt man im Niederländischen im Übrigen auch ein betontes toch). 6 Die Kapitälchen in den Beispielen signalisieren die Betonung. Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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(16) Wie heißt du DENN (wenn du nicht Theo heißt)  ? (17) Er hatte gesagt, dass er nicht kommen würde, und er ist DOCH gekommen.

Übrigens kann dieses Merkmal auch nützlich sein, um zu entscheiden, ob es sich in einem konkreten Fall um eine Modalpartikel handelt oder nicht. In (18a) lässt sich auch zum Beispiel nur als Fokuspartikel interpretieren, in der Bedeutung ‚ebenfalls‘ (du genauso wie wir), während in (18b) eine Interpretation als Modalpartikel ebenso möglich und sogar wahrscheinlich ist – als Modalpartikel gibt auch zu verstehen, dass S mit einem ja als Antwort rechnet. (18a) Gehst du AUCH mit ins Kino  ? (18b) Gehst du auch mit ins Kino  ?

2.3.3 Stellungsverhalten 2.3.3.1 Im Deutschen und im Niederländischen Bei der Frage, ob ein bestimmtes Wort eine Modalpartikel sein kann (und ob eine Sprache Modalpartikeln hat), taucht ein Argument immer wieder auf  : Modalpartikeln stehen immer im sogenannten Mittelfeld des Satzes. Damit wird die für den deutschen (und niederländischen) Satzbau typische Klammerstruktur angesprochen  : Ein Satz enthält zwei Stellen, an denen Verben erscheinen können, und diese beiden Positionen bilden gemeinsam die Satzklammer. In einem Hauptsatz hat man eher zum Anfang hin (meistens in zweiter Position) eine Stelle für das gebeugte oder ‚finite‘ Verb, den ‚linken Teil‘ der Satzklammer  ; etwaige ungebeugte oder ‚infinite‘ Verbformen (Infinitive und Partizipien) sowie der abtrennbare Teil bei sogenannten trennbaren Verben oder Partikelverben (zum Beispiel das zu in ich höre zu) stehen weiter hinten im ‚rechten Teil‘ der Satzklammer, und der Teil zwischen diesen beiden Verbpositionen, in dem andere Satzglie28

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der ihren Platz haben, ist das sogenannte Mittelfeld. In einem Nebensatz steht im linken Teil die unterordnende Konjunktion  ; alle Verbformen (finit und ggf. infinit) stehen zusammen im rechten Teil.7 Im Mittelfeld stehen also nicht nur die meisten Satzglieder, sondern auch etwaige Modalpartikeln, wie etwa in (19a), ja in (19b) und halt in (19c) (zur Verdeutlichung wurde in diesen Beispielen der linke Teil der Satzklammer einfach, der rechte Teil doppelt unterstrichen). Wo genau im Mittelfeld die Partikeln stehen, ist eine Frage, die bislang nicht eindeutig geklärt werden konnte. Eine allgemeine Regel gibt es nicht, lediglich ein paar Tendenzen. Zum Beispiel scheinen Modalpartikeln sehr oft zwischen dem Thema (der bereits bekannten Information) und dem Rhema (der neuen Information) zu stehen. Eine weitere Tendenz ist, dass Modalpartikeln oft entweder direkt vor oder direkt nach dem Fokus stehen  – mit ‚Fokus‘ ist das von der Informationsstruktur her wichtigste (und oft auch das am stärksten betonte) Element im Satz gemeint. Des Weiteren stehen unbetonte Personalpronomina (du in (19a), dich in (19b), es in (19c)) im Prinzip vor Modalpartikeln, während Negationen im Prinzip nach der Partikel stehen (siehe auch 2.3.5). (19a) Hast du etwa wieder den Polizeifunk abgehört  ? (19b) Und lass dich hier ja nicht mehr blicken  ! (19c) Die Entscheidung wurde nur als Notlösung getroffen, weil es halt nicht anders geht.

Nun gibt es in Sprachen kaum Regeln ohne Ausnahmen, und das ist auch hier der Fall. Die wichtigste Ausnahme finden wir in Fragewortfragen  : Hier können Modalpartikeln tatsächlich im Mittelfeld stehen, aber genauso gut direkt nach dem Fragewort im Vorfeld (d. h. vor dem linken Satzklammerteil). Dies sehen

7 Dies ist eine leicht vereinfachte Wiedergabe  ; auf die Details einzugehen würde an dieser Stelle zu weit führen. Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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wir in (20) für das deutsche nur und das niederländische toch, das hier tatsächlich als Übersetzung von nur verwendet werden kann. (20a) Warum ist nur immer alles so furchtbar für mich  ? (20b) Warum nur ist immer alles so furchtbar für mich  ? (20c) Waarom is alles toch altijd zo verschrikkelijk voor mij  ? (20d) Waarom toch is alles altijd zo verschrikkelijk voor mij  ?

Darüber hinaus ist es natürlich so, dass wir in der spontanen Umgangssprache unsere Sätze nicht immer so bilden, wie wir es den Regeln nach eigentlich sollten, und auch das kann die Stellung der Modalpartikeln beeinflussen, indem sie ‚fälschlicherweise‘ am Satzanfang oder am Satzende auftauchen. Sehr oft kommt das zwar nicht vor (insbesondere der Satzanfang ist ungewöhnlich), aber um einen solchen Satz gut zu übersetzen, muss man schon beachten, dass zum Beispiel halt in (21) sehr wohl Modalpartikel ist, obwohl es nicht in einer üblichen Modalpartikelposition steht. (21) Die Autos müssen andersrum fahren. – Ah ja, da hat’s gekracht halt.8

Zum Schluss ist noch hinzuzufügen (obwohl es in vielen Beschreibungen der Modalpartikeln fehlt), dass Modalpartikeln auch innerhalb eines Satzgliedes stehen können. Normalerweise stehen Modalpartikeln zwischen Satzgliedern, aber ab und zu findet man auch eine in einer Nominalphrase (zwischen dem Determinativ und dem Substantiv oder einem etwaigen Adjektiv) (22a) oder in einer Präpositionalphrase (zwischen der Präposition und ihrem Objekt) (22b). In dem Fall gelten natürlich nicht die normalen Regeln zum Stellungsverhalten von Modalpartikeln  : Wo im Satz 8 Dieses Beispiel entstammt Imo (2008, S.  143), der ausführlicher auf dieses ‚abweichende‘ Stellungsverhalten von Modalpartikeln eingeht. Thurmair (2020) plädiert eher für eine Analyse als Diskurspartikel denn als Modalpartikel, allerdings mit einer sehr ähnlichen Bedeutung (auf die Details können wir hier nicht eingehen).

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die Partikel steht, hängt in diesem Fall davon ab, wo das partikelhaltige Satzglied steht  – in Beispiel (22a), das Thurmair (1989, S. 27) entnommen wurde, ist das zum Beispiel das Vorfeld. (22a) Dieser ja leider viel zu früh verstorbene Komponist hat uns eine Reihe von großartigen Werken hinterlassen.9 (22b) Ich meine „echte“ Valuetitel, sowas wie Coca-Cola, Altria, ihr wisst schon ... nur mit halt recht hoher Divrendite etc.

Zu beachten ist auch, dass die Modalpartikeln, unabhängig von ihrer Stelle im Satz, im Prinzip immer integriert sind. Das heißt, dass sie nicht durch Kommata, Klammern, Gedankenstriche o. dgl. vom Rest des Satzes getrennt werden und dass auch in der Aussprache keine solche Trennung (durch Pausen, leiseres Sprechen, andere Stimmlage usw.) sattfindet, während das bei anderen ‚Einschüben‘ oder Parenthesen oftmals passiert oder zumindest möglich ist. Insbesondere bei jüngeren Partikeln wie glaub(e) findet man ab und zu Ausnahmen, die die Regel bestätigen (‚Ich hab den damals, glaube, ohne Eiweiß gemacht.‘), aber eine solche Ausgrenzung der Partikel ist doch eher unüblich. 2.3.3.2 Im Französischen und im Englischen Der niederländische und der deutsche Satzbau sind ziemlich vergleichbar (auch wenn im Niederländischen die Tendenz, auch Satzglieder nach dem rechten Satzklammerteil zu haben und damit das Mittelfeld zu entlasten, etwas stärker ist). Die Regeln für die Stellung der Modalpartikeln sind denn auch in beiden Sprachen gleich. Anders ist es im Englischen und im Französischen. Oft wird davon ausgegangen, dass in diesen Sprachen keine Satzklammer bestehe, und damit auch kein Mittelfeld. Demnach dürfte eigentlich nichts zwischen den finiten und infiniten Verbformen stehen und alle Satzglieder (außer denen im Vorfeld) müssten im Nachfeld zu finden sein, d. h. nach der rechten Verbposition. In Nebensätzen ändere sich für die Wortfolge 9 Unterstrichen ist jeweils die Phrase, in der die Modalpartikel steht. Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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nichts  : Die unterordnende Konjunktion stehe ganz vorne, vor dem Vorfeld, und alles andere bleibe einfach stehen, sodass auch nicht von einem Mittelfeld zwischen Konjunktion und Verb die Rede sein könne. Diese Beobachtung hat einige Linguist*innen dazu veranlasst, anzunehmen, dass es in Sprachen wie dem Englischen und dem Französischen keine Modalpartikeln geben könne, denn Modalpartikeln gehörten ins Mittelfeld, und das gebe es in diesen Sprachen nicht. Dieses Argument ist jedoch aus mindestens drei Gründen nicht stichhaltig  : 1. Bei anderen Wortarten wird nicht davon ausgegangen, dass sie in unterschiedlichen Sprachen genau die gleichen Merkmale aufweisen müssten, also ist nicht klar, warum das bei den Modalpartikeln anders sein sollte  ; 2. Auch im Deutschen stehen die Modalpartikeln nicht immer im Mittelfeld  ; 3. Die Behauptung stimmt auch für das Englische und das Französische nicht mit der Wirklichkeit überein. Nicht nur gibt es einige Wörter, die (auf Form- wie Funktionsebene) beachtliche Ähnlichkeiten mit den Modalpartikeln aufweisen10  ; auffällig ist auch, dass diese Wörter des Öfteren zwischen dem finiten und dem infiniten Verb stehen, also ausgerechnet in der Position, die wir im Deutschen und im Niederländischen als Mittelfeld bezeichnen würden (und von der behauptet wird, dass sie im Französischen nicht bestünde)  : (23a) Il faut tout de même penser à sa santé   ! (23b) Mais où ai-je donc mis ma montre   ? (23c) Si j’avais seulement pu le consulter avant de rencontrer Reslaut  !

10 Im Englischen geht es vor allem um only, simply und just  ; für das Französische sind u. a. bien, bonnement, déjà, donc, quand même, seulement, simplement, tout de même und un peu zu erwähnen  – zu beachten ist, dass wir un peu als Modalpartikel als ein einziges Wort betrachten, obwohl es getrennt geschrieben wird (ähnlich wie quand même und tout de même). Auf die genauen Abtönungsfunktionen dieser Elemente und wie sie sich funktional zu den deutschen und niederländischen Partikeln verhalten, wird in Kapitel 4 eingegangen.

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Diese Beispiele aus Schoonjans (2014, 2015) machen deutlich, dass die Modalpartikeln im Französischen tatsächlich zwischen den Satzklammerteilen stehen können (obwohl in der Position, anders als im Deutschen und im Niederländischen, bis auf Personalpronomina im Allgemeinen nicht viel anderes steht). Das ist keine Ausnahme  : Schoonjans (2014) hat gezeigt, dass in literarischen Texten über 80 % der französischen Modalpartikeln diese Mittelfeldposition einnehmen, was zwar weniger ist als im Deutschen (99 %), aber immerhin beachtlich. Auch sind wesentliche Unterschiede zwischen den Partikeln nachweisbar  : Die kürzeren und stärker grammatikalisierten Partikeln, wie donc, stehen häufiger in diesem Mittelfeld, während längere Elemente wie quand même und tout de même öfter am Satzanfang oder am Satzende zu finden sind, wie in (24). Bemerkenswert ist, dass deutsche Modalpartikeln am Satzanfang oder am Satzende meistens genauso integriert sind wie im Mittelfeld, während im Französischen für satzinitiale oder satzfinale Partikeln (aber nicht für Partikeln im Mittelfeld  !) eine Ausgrenzung durch Kommata o. dgl. etwas üblicher ist. (24a) Vous pourriez faire quelque chose, tout de même  ! (24b) On allait à un enterrement quand même. (24c) On n’a pas osé, tout simplement.

Übrigens ist bei einer Partikel wie donc in Fragewortfragen auch die Stellung direkt nach dem Fragewort nicht ausgeschlossen, sondern sogar in etwa einem Viertel der Belege anzutreffen. Die Stellungsregeln für Modalpartikeln scheinen also im Französischen nicht wesentlich anders zu sein als im Deutschen und im Niederländischen, obwohl sie etwas öfter satzinitial oder satzfinal vorkommen. (25) Pourquoi donc croyez-vous que je refuserai votre remède   ?

Zum Schluss ist noch darauf hinzuweisen, dass für Wunschsätze eine vergleichbare Tendenz gilt. Wunschsätze haben im FranzöForm- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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sischen typischerweise die Form eines Konditionalsatzes mit si (‚wenn‘) und enthalten außerdem die Modalpartikel seulement (vergleichbar mit nur und bloß im Deutschen). Diese kann sowohl im Mittelfeld stehen (26a) als direkt nach si (26b)  : (26a) Si j’avais seulement pu le consulter avant de rencontrer Reslaut  ! (26b) Si seulement j’avais pu le consulter avant de rencontrer Reslaut  !

Im Englischen ist die Situation auf den ersten Blick etwas einfacher, weil es weniger Modalpartikeln gibt. Auch hier stellt sich die Stellung, die mit dem Mittelfeld im Deutschen übereinstimmt, als relativ üblich heraus (27a, 28a), auch wenn es noch keine systematischen Studien zur genauen Distribution gibt. Die wichtigsten Ausnahmen ähneln auch denen, die wir in den anderen Sprachen finden, insbesondere in Wunschsätzen, wo only oft direkt nach if steht (27b). Simply und just finden wir häufiger im Vorfeld, direkt vor dem finiten Verb (28b), was der Tendenz in Fragewortfragen ähnelt, obwohl wir in diesem Fall über Aussagesätze und nicht über Fragen sprechen.11 (27a) If I could only remember my name  ! (27b) If only I could remember my name  ! (28a) I have to just delete the whole thing and start all over. (28b) I just have to delete the whole thing and start all over. 11 Zu beachten ist, dass jeweils ein Nuancenunterschied zwischen den beiden Varianten besteht, der zwar in den anderen Sprachen nicht ausgeschlossen, aber zumindest oft weniger deutlich ist. In (27b) ist only eher eine Verstärkung des Wunsches als Ganzes, während in (27a) stärker betont wird, dass alleine schon das Erinnern des Namens ausreichen würde (hier besteht also noch eine größere Nähe zur heterosemen Verwendung als Fokuspartikel). Analog in (28)  : ‚ich muss einfach nur das tun, denn das reicht aus, also ist es logisch, dass ich das tue‘ in (28a) (vergleichbar mit der Fokuspartikel) versus ‚ich muss das einfach machen, denn ich habe keine andere Wahl‘ in (28b).

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2.3.4 Kombinierbar Vor allem im Deutschen und im Niederländischen kommen in einem Satz oft mehrere Modalpartikeln vor. Modalpartikeln können denn auch sehr einfach untereinander kombiniert werden (manchmal auch mehr als zwei, wie in [29]), zumindest sofern sie im selben Satztyp eingesetzt werden können und ihre Bedeutungsnuancen miteinander verträglich sind (im Prinzip werden auch und etwa also nie gemeinsam in einer Ja/Nein-Frage vorkommen, denn die eine Partikel geht von einer bestätigenden, die andere von einer verneinenden Antwort aus). Oft erscheinen die Partikeln direkt hintereinander (‚geschlossene Kombination‘) (30a), aber ab und zu gibt es auch sogenannte ‚offene Kombinationen‘, bei denen ein oder mehrere andere Elemente zwischen den Partikeln stehen (30b). (29a) Du musst die Automatische Registrierung in DNS abschalten und dann einfach halt eben alle Records manuell pflegen. (29b) Kom gerust maar eens een kijkje nemen. (30a) Wie spät fährt unser Zug denn eigentlich ab  ? (30b) Wie spät fährt denn unser Zug eigentlich ab  ?

Über die Reihenfolge der Partikeln in einer Kombination wurde bereits viel diskutiert. Die verschiedenen Theorien widersprechen sich zum Teil, und das letzte Wort in dieser Diskussion wurde sicherlich noch nicht gesprochen. Eine allgemeine Tendenz scheint aber zu sein, dass wenn eine Partikel eine stärkere oder genauere Bedeutung hat als die andere, diese ‚stärkere‘ Partikel die zweite in der Kombination ist. Man könnte zum Beispiel sagen, dass die Partikel nur, die eine Fragewortfrage illokutiv verstärkt (siehe 4.6.2), stärker ist als die Partikel denn, die lediglich einen Kontextbezug herstellt, also ist die normale Reihenfolge denn nur und nicht nur denn. Das gleiche gilt für die Kombination ja eben  : eben signalisiert, dass S den Sachverhalt für evident hält, was man als eine stärkere Bedeutung betrachten kann als einfach zu sagen, Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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dass G es bereits wissen sollte (die Bedeutung von ja), also findet man häufiger ja eben als eben ja. (31a) Warum denn nur braucht ausgerechnet der deutsche Auslands-Geheimdienst Daten über oder von deutschen Journalisten  ? (31b)   ?Warum nur denn braucht ausgerechnet der deutsche Auslands-Geheimdienst Daten über oder von deutschen Journalisten  ?12 (32a) Der Nicht-Liquide soll es sich ja eben zweimal überlegen, ob eine Anschaffung notwendig ist. (32b)   ?Der Nicht-Liquide soll es sich eben ja zweimal überlegen, ob eine Anschaffung notwendig ist.

Nun hört sich das in der Theorie schön und gut an, aber in der Praxis ist es nicht immer einfach, zu bestimmen, welche von den beiden Partikeln die ‚stärkere‘ sein soll  – etwa bei den nahezu synonymen Partikeln eben und halt, bei denen tatsächlich beide Reihenfolgen (eben halt und halt eben) nahezu gleich oft vorkommen (33). Ein anderer Sonderfall ergibt sich in Fragewortfragen, wo die Möglichkeit besteht, dass nur eine von beiden Partikeln ins Vorfeld gerückt wird, und meistens ist das dann die ‚stärkere‘, die in dem Fall also eigentlich vor der ‚schwächeren‘ steht (34a). (33a) So hat jeder eben halt seine Fachgebiete. (33b) So hat jeder halt eben seine Fachgebiete. (34a) Warum nur hast du denn so exzessiv abgepumpt  ? (34b) Warum hast du denn nur so exzessiv abgepumpt  ?

12 Ein kleines Fragezeichen vor einem Beispiel bedeutet, dass das Beispiel nicht unbedingt fehlerhaft ist, aber zumindest seltsam wirkt. Wenn ein Beispiel wirklich fehlerhaft ist, steht ein Sternchen davor, wie in (39c).

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Mehrere Modalpartikeln in einem Satz zu haben ist also, zumindest im Deutschen und im Niederländischen, nichts Außergewöhnliches. Im Französischen und im Englischen sind solche Kombinationen allein schon dadurch, dass es weniger Modalpartikeln gibt, wesentlich seltener, aber völlig ausgeschlossen sind sie nicht  : (35) Viens donc un peu ici. (36) It is just simply inevitable.

Zu beachten ist, dass es sich in all diesen Fällen (und in allen vier Sprachen) um eine reine Kombination von Modalpartikeln handelt, d. h., dass zwischen den Partikeln kein und/en/et/and (oder eine andere nebenordnende Konjunktion) steht. Eine solche Koordination (also mit und o. dgl.) wird in der Literatur auch oft als unmöglich betrachtet, und tatsächlich scheint es sich um ein sehr seltenes Phänomen zu handeln. Ab und zu lassen sich Beispiele wie (37a,b) finden, aber Muttersprachler finden solche Beispiele meistens eher seltsam  – außer vielleicht im Französischen tout bonnement et simplement, das noch etwas häufiger vorkommt. Die einzige richtige Ausnahme scheint schlicht und einfach zu sein (38), aber das wird auch oft als eine feste Verbindung betrachtet und außerdem wird schlicht oft nicht zu den Modalpartikeln gezählt, obwohl es vom Verhalten her den ‚richtigen‘ Modalpartikeln sehr stark ähnelt, sodass wir es schon als Modalpartikel einstufen. (37a) Es ist halt und eben schon so, dass die Society krank ist, ne  ? (37b) Le Bisphénol A doit être tout bonnement et simplement banni de l’ensemble du territoire. (38) Das ist schlicht und einfach nicht machbar.

Wie schon gesagt, sind Modalpartikelkombinationen im Französischen und im Englischen deutlich seltener als im Deutschen und im Niederländischen, u. a. aufgrund der niedrigeren PartikelForm- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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zahl. Wie in Kapitel 4 noch ausführlicher dargelegt werden soll, bedeutet das nicht, dass man die Bedeutungen der Partikeln ohne direktes Pendant in den anderen Sprachen nicht zum Ausdruck bringen könnte. Grundsätzlich sollte man also nicht nur jede Partikel, sondern auch jede Partikelkombination übersetzen können. Trotzdem zeigt die Forschung, dass das nicht immer passiert  : Oft scheint in der Übersetzung nur eine Partikel (oder eine äquivalente Ausdrucksform) auf. Meistens handelt es sich um die Partikel, die als ‚stärker‘ oder ‚wichtiger‘ erfahren wird – oft also die letzte, auch wenn sich das nicht ohne Weiteres verallgemeinern lässt. Eine mögliche Erklärung für dieses Verschwinden von Partikeln aus Kombinationen könnte sein, dass man bei der Übersetzung, sofern kein direktes Pendant vorliegt, manchmal von ziemlich komplexen Satzmustern Gebrauch machen muss, und die sind halt schwieriger untereinander zu kombinieren als kurze Partikeln. Der Versuch, alle Partikeln zu übersetzen, würde dann in der Zielsprache zu unleserlich komplexen Sätzen führen, was meistens nicht Sinn und Zweck der Sache sein kann (sofern es sich nicht um ein typisches Autoren- oder Stilmerkmal handelt). Oft werden bei Übersetzungen also einige Modalpartikeln ausgelassen oder wo möglich durch Intonation und nonverbale Ausdrucksformen (Gesichtsausdruck, Gestik usw.) ersetzt, nicht weil eine Übersetzung in Worten nicht möglich wäre, sondern weil eine solche das Ganze zu komplex machen würde. Dieser Punkt wird in Kapitel 3.4 wieder aufgegriffen. 2.3.5 Nicht modifizierbar Wenn wir in der Sprachwissenschaft von ‚Modifikation‘ sprechen, dann meinen wir u. a. Negation und Intensivierung (Steigerung bzw. Graduierung). Beide Vorgänge sind bei Modalpartikeln grundsätzlich ausgeschlossen, und zwar in allen vier in diesem Heftchen behandelten Sprachen. Fangen wir mit Negation an. Natürlich kann ein Satz mit einer Modalpartikel auch eine Negation enthalten  – nur kann 38

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sich diese Negation nicht auf die Modalpartikel beziehen, und daher im Prinzip auch nicht vor der Modalpartikel stehen. Wenn man in Satz (39a) eine Negation hinzufügen will, kann man also beispielsweise (39b) daraus machen, in dem sich das nicht auf unbedingt bezieht, aber nicht (39c), in dem das nicht auf ja Bezug nimmt. Auch dieses Merkmal kann also verwendet werden, um zu bestimmen, ob ein Wort als Modalpartikel verwendet wird oder nicht, wie in (40) anhand von eben gezeigt wird  : Als Modalpartikel kann ihm keine Negation vorausgehen (40a), in der Verwendung als Adjektiv mit der Bedeutung ‚flach‘ gilt diese Beschränkung nicht (40b). (39a) Sie muss es ja unbedingt von Hand erledigen. (39b) Sie muss es ja nicht unbedingt von Hand erledigen. (39c) *Sie muss es nicht ja unbedingt von Hand erledigen. (40a) *Männer sind nicht eben so. (40b) Die Kauflächen der Backenzähne sind nicht eben, sondern reliefartig gestaltet.

Mit Intensivierung bzw. Graduierung ist die Verstärkung durch Steigerungspartikeln wie ganz und sehr gemeint. Auch dies ist im Prinzip ausgeschlossen (wie in (41a)  ; (41b), mit eben als Adjektiv, ist möglich) – aber es gibt eine wichtige Ausnahme  : Einfach und seine Pendants in den anderen Sprachen lassen sich graduieren (42). Allerdings kann nicht einfach jede beliebige Steigerungspartikel benutzt werden. Ganz einfach ist zum Beispiel möglich, aber sehr einfach nicht (das geht nur, wenn einfach als Adjektiv oder Adverb verwendet wird), und im Französischen ist tout simplement möglich, aber très simplement (zumindest als Modalpartikel) nicht. Im Deutschen und im Niederländischen findet man eine ähnliche Graduierung auch mit ruhig und gerust, wenn auch weniger oft (und sie wird auch nicht von allen Deutschbzw. Niederländischsprachigen ohne Weiteres akzeptiert, deswegen auch hier wieder die vorangestellten Fragezeichen). Wichtig ist in diesem Fall, gut darauf zu achten, ob ruhig und gerust als Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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Modalpartikel (‚getrost‘) oder als Adverb (‚in Ruhe, ohne Lärm oder Eile‘) verwendet werden, denn das wird oft erst im weiteren Kontext klar. (41a) *Männer sind ganz eben so. (41b) Diese Platten sind ganz eben und zeigen keine nennenswerten Unebenheiten. (42a) Sie haben ganz einfach keine andere Wahl. (42b) Ze hebben heel eenvoudigweg geen andere keuze. (42c) Ils n’ont tout simplement pas d’autre choix. (42d) They have very simply no other options. (43a)   ?Wer mit seinen Eltern oder mit wem auch immer darüber reden möchte, kann das ganz ruhig machen, darf aber nicht dazu gezwungen werden. (43b)   ?Wie er met zijn ouders of met wie ook over wil praten, kan dat heel gerust doen, maar mag daartoe niet gedwongen worden.

2.3.6 Bedeutungsbezogene Merkmale 2.3.6.1 Weiter Skopus Unter ‚Skopus‘ wird in der Sprachwissenschaft der ‚Geltungsbereich‘ einer Partikel verstanden, d. h. dasjenige, worauf sie sich bezieht. Im Prinzip ist das immer der ganze Satz. In Beispiel (2b), das wir hier der Einfachheit halber wieder aufnehmen, wird also die ganze Situation ‚Lena hat ein rotes Auto‘ als bekannt dargestellt, und nicht nur ‚ein rotes Auto‘  ; in (3a) bezieht sich etwa, das eine negative Antwortpräferenz signalisiert, auf die ganze Frage ‚hast du wieder den Polizeifunk abgehört  ?‘ und nicht nur auf zum Beispiel ‚wieder‘. Das ist auch der Grund, weshalb Negationen normalerweise nicht vor Modalpartikeln stehen können (wie unter 2.3.5 erwähnt)  : Die Modalpartikel hat Skopus über den ganzen Satz, einschließlich der Negation, also bezieht sich die Modalpartikel auf (u. a.) die Negation und nicht umgekehrt. 40

Einführung

(2b) Lena hat ja ein rotes Auto. (3a) Hast du etwa wieder den Polizeifunk abgehört  ?

Allerdings können Modalpartikeln, wie unter 2.3.3.1 bereits angesprochen, durchaus in einer Phrase stehen, wie in (22a–b). In diesem Fall wird meistens davon ausgegangen, dass sie sich auf den Rest dieser Phrase beziehen – in (22a) ist demnach bekannt, dass der Komponist leider viel zu früh verstorben ist, und in (22b) steht nicht zur Diskussion, dass die Rendite der Dividenden ziemlich hoch ist. Manchmal wird zwar behauptet, dass sich solche in Phrasen eingebetteten Partikeln unter Umständen trotzdem auf den ganzen Satz beziehen können, aber das ist sicherlich nicht generell der Fall. Deshalb, und weil diese Situation (zumindest in den in diesem Heftchen besprochenen Sprachen) nicht so oft vorkommt, gehen wir hier nicht weiter auf diese Diskussion ein. (22a) Dieser ja leider viel zu früh verstorbene Komponist hat uns eine Reihe von großartigen Werken hinterlassen. (22b) Ich meine „echte“ Valuetitel, sowas wie Coca-Cola, Altria, ihr wisst schon ... nur mit halt recht hoher Divrendite etc.

2.3.6.2 Kein Satzgliedstatus Damit haben wir auch den Grund genannt, weshalb Modalpartikeln zwischen Satzgliedern stehen  : Durch ihren weiten Skopus sind sie auf Satzebene zu situieren. Sie stehen also auf einer höheren Ebene als die Satzglieder und machen (wenn sie nicht in einer Phrase stehen) keinen Teil davon aus. Das bedeutet, dass sie selbst auch keinen Satzgliedstatus haben. (Dies hat wiederum auch damit zu tun, dass ihre Bedeutung nicht-propositional ist, denn Satzglieder sind im Normalfall propositional – aber andererseits haben einige Negationen, wie nicht, auch keinen richtigen Satzgliedstatus, obwohl sie propositional sind.) Auch der fehlende Satzgliedstatus hat seine Auswirkungen auf die Verwendungsmöglichkeiten von Modalpartikeln. Sie können zum Beispiel normalerweise keine Einwortäußerungen bilden – Form- und Verwendungsmerkmale von Modalpartikeln

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was beispielsweise bei ja, doch und eben die Modalpartikel von der Antwortpartikel unterscheidet, denn als Antwortpartikel können sie natürlich schon allein, ohne weitere Wörter, eine perfekte Antwort bilden (‚Kommst du mit  ? – Ja.‘). Dies impliziert auch, dass es nicht möglich ist, eine Fragewortfrage zu stellen, die nur eine Modalpartikel als Antwort hat  :13 (23) Mein Bruder arbeitet halt schon seit fast einem Jahr im Ausland. Wer arbeitet schon seit fast einem Jahr im Ausland  ? – Mein Bruder. Was macht dein Bruder schon seit fast einem Jahr im Ausland  ? – Arbeiten. Wie lange arbeitet dein Bruder schon im Ausland  ? – Seit fast einem Jahr. Wo arbeitet dein Bruder schon seit fast einem Jahr  ? – Im Ausland.   ?  ?  ?  ?  ? – Halt.

Eine andere Folge ist, dass Modalpartikeln nicht durch sogenannte Proformen ersetzt werden können. Proformen sind (meistens kürzere) allgemeinere Formen, die anstelle von spezifischeren Elementen benutzt werden können, wie Pronomina oder sehr allgemeine Verben und Adverbien. Solche Proformen sind grundsätzlich propositional und nahezu alle propositionalen Satzbausteine (außer Negationen) können durch Proformen ersetzt werden, aber bei nicht-propositionalen Elementen (und sonstigen Elementen ohne Satzgliedstatus) wie Modalpartikeln ist das wesentlich schwieriger  : (24) Mein Bruder arbeitet halt schon seit fast einem Jahr im Ausland. 13 Ausnahmen sind freilich sogenannte metasprachliche Fragen, d. h. Fragen über Sprache und Sprachgebrauch, wie ‚welches Wort steht dort  ?‘ oder ‚welche Partikel hat S benutzt  ?‘

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Einführung



Er arbeitet halt schon seit fast einem Jahr im Ausland. Mein Bruder macht es halt schon seit fast einem Jahr im Ausland. Mein Bruder arbeitet dann halt im Ausland. Mein Bruder arbeitet halt schon seit fast einem Jahr dort. Mein Bruder arbeitet  ?  ?  ?  ?  ? schon seit fast einem Jahr im Ausland.

2.4 Abgrenzung der Kategorie Mittlerweile haben wir bereits einen gewissen Eindruck davon, was Modalpartikeln sind. Schön, dann können wir uns jetzt der Übersetzungsfrage zuwenden, könnte man glauben, aber Fehlanzeige … Wie das öfter der Fall ist, ist die Theorie etwas schöner als die Praxis. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass noch nicht endgültig geklärt wurde, welche Wörter zu den Modalpartikeln zu zählen sind und welche nicht – sogar im Deutschen besteht darüber noch Diskussion, trotz der mittlerweile sehr umfangreichen einschlägigen Forschungsliteratur. Wenn man mehrere Auflistungen der deutschen Modalpartikeln miteinander vergleicht, wird schnell klar, dass sich all diese Listen irgendwie voneinander unterscheiden, und in vielen jüngeren Arbeiten findet man gar keine exhaustive Aufzählung mehr. Das ist auch der Grund, weshalb wir den Merkmalen der Kategorie ‚Modalpartikeln‘ so viel Aufmerksamkeit gewidmet haben  : Oft ist (leider) nicht ganz klar, ob ein Element Modalpartikel ist oder nicht, bzw. dies lässt sich nur im Einzelfall anhand dieser Merkmale entscheiden. Daher konnten wir uns auch in diesem Heftchen nicht einfach auf eine Liste der Modalpartikeln beschränken. Dass die genaue Abgrenzung nach wie vor ein heikles Thema ist, dafür sind verschiedene Gründe zu nennen. Ausführlich darauf einzugehen würde an dieser Stelle zu weit führen, aber ein paar Gründe können wir kurz ansprechen, um zu zeigen, wo das Problem liegt. Abgrenzung der Kategorie

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Ein wichtiger Teil der Erklärung ist, dass kaum ein Element ausnahmslos alle aufgelisteten Merkmale aufweist. Einfach und ruhig lassen sich graduieren, viele Partikeln (darunter auch halt, das oft als die Modalpartikel ‚par excellence‘ gilt) stehen nicht immer im Mittelfeld, einige Partikeln sind betonbar und so fort – im Endeffekt lassen sich für jede Partikel Belege finden, in denen sie nicht alle Kriterien erfüllt. Daher tut sich die Forschung schwer mit der Frage, wie viel Variation die Kriterien erlauben, um noch von Modalpartikeln sprechen zu können, und natürlich ist es schwierig, diese Frage endgültig zu klären. Solche Schwierigkeiten sind in der Sprachwissenschaft nichts Ungewohntes. Sprache ist ständig im Wandel, und meistens sind Sprachveränderungen keine jähen, sondern nach und nach ablaufende Prozesse. Die meisten Modalpartikeln haben auch andere Funktionen, und meistens sind diese anderen Funktionen die älteren, während die abtönende Wirkung erst später hinzugekommen ist. Dadurch, dass solche Entwicklungen schrittweise ablaufen, kann es also sein, dass ein Wort bereits eine abtönende Funktion bekommen hat, aber sich noch nicht völlig wie eine Modalpartikel verhält. So lassen sich einige der vorhin erwähnten Ausnahmen erklären. Ruhig war zum Beispiel früher nur ein (auch als Adverb verwendbares) Adjektiv in der Bedeutung ‚in Ruhe‘. Erst später ist für den adverbialen Gebrauch auch die abtönende Bedeutung ‚getrost‘ hinzugekommen, und allmählich hat ruhig angefangen, sich in dieser Funktion mehr wie eine Modalpartikel und weniger wie ein Adverb zu verhalten, während es sich in der Bedeutung ‚in Ruhe‘ sehr wohl noch wie ein Adverb (oder Adjektiv) benimmt. Gerade dadurch, dass diese Veränderung nach und nach abläuft, dauert es eine Weile, bis sich ruhig in der Bedeutung ‚getrost‘ komplett wie eine Modalpartikel und nicht mehr wie ein Adverb benimmt, und oft spürt man, dass noch etwas von der alten Verwendung übriggeblieben ist. Im Fall von ruhig zeigt sich das darin, dass ganz ruhig zum Teil immer noch akzeptiert wird, auch wenn ruhig als Modalpartikel verwendet wird  : Dies ist ein Überbleibsel der Verwendung als Adverb, das ohne Weiteres durch ganz intensiviert werden kann. Im Prinzip sollte ruhig als 44

Einführung

Modalpartikel diese Intensivierungsmöglichkeit verlieren, denn Modalpartikeln lassen sich normalerweise nicht graduieren, aber bislang ist das noch nicht geschehen (obwohl die Tatsache, dass nicht mehr alle Deutschsprachigen ganz ruhig als Modalpartikel akzeptieren, zeigt, dass sich hier etwas tut). Da sich viele der besprochenen Ausnahmen auf diese Weise als ‚Spuren‘ älterer Verwendungen der Partikeln erklären lassen, stellt sich manchmal die Frage, ob bei einem bestimmten Element die Entwicklung bereits weit genug vorangekommen ist, um von einer Modalpartikel sprechen zu können. Oft ist die Frage dann einfach, ob sich ein Wort bereits ausreichend wie eine Modalpartikel benimmt. Dass die andere(n) Funktion(en) meistens älter ist/sind, macht die Diskussion nicht einfacher. Menschen sind oft ziemlich konservativ, und das gilt auch in der Sprachwissenschaft. Für eigentlich, einfach und ruhig, die zunächst als Adjektiv und Adverb bestanden, wird manchmal behauptet, dass sie auch in ihrer abtönenden Verwendung als Sonderverwendung des Adverbs zu betrachten sind, was aus linguistischer Sicht einfacher wäre (zumal einfach und ruhig durch ihre Graduierbarkeit adverbiale Eigenschaften aufweisen, auch wenn sie durch ihre Unbetonbarkeit und ihr Stellungsverhalten eher Modalpartikeln als Adverbien sind). Dadurch, dass es nicht machbar ist, einen konkreten Umschlagpunkt zu bestimmen, ab dem ein Wort als Modalpartikel betrachtet werden kann, passiert es manchmal, dass auch in der Sprachwissenschaft Wörter mit einer abtönenden Funktion, bewusst oder unbewusst, (noch) nicht zu den Modalpartikeln gezählt werden, obwohl es dafür bereits gute Gründe gäbe, und das trägt zu den Diskussionen über den Umfang der Kategorie der Modalpartikeln bei.14 14 Ein schönes, wenn auch bereits etwas älteres Beispiel aus der Literatur ist die Diskussion zwischen Kohrt (1988) und Oppenrieder & Thurmair (1989), ob eigentlich als Modalpartikel zu betrachten ist oder nicht. Ein ähnliches Beispiel ist langsam, wenn es nicht als Adjektiv oder Adverb in der Bedeutung ‚ohne Eile‘ verwendet wird, sondern als Ausdruck von Ungeduld, Eile, Überdruss oder Überfälligkeit, etwa in ‚wir sollten langsam mal fertig werden‘. Dieses langsam verhält sich zum Teil wie eine Modalpartikel, zum Teil (etwa im StellungsverAbgrenzung der Kategorie

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Auf diese Weise lässt sich bereits ein großer Teil der Unklarheit über die Abgrenzung der Kategorie der Modalpartikeln erklären, aber es gibt noch mehr. Sprache ist ein sehr flexibles und kreatives Ausdrucksmittel, was u. a. impliziert, dass wir Wörter manchmal ‚ad hoc‘ anders verwenden können als normal, ohne dass es auffällt. Tatsächlich können wir unter Umständen Wörter anders einsetzen als üblich, mit den Merkmalen einer anderen Wortart, sodass sie in diesem einen Fall als Belege dieser anderen Wortart einzustufen sind. Ein Beispiel kann das verdeutlichen. Am 29.8.2006 erschien auf motorsport-magazin.com15 eine Kolumne, die u. a. die Verbformen gevettelt, gemassat, geschumachert und gefernandot enthält, verweisend auf typisches Verhalten der F1-Fahrer Sebastian Vettel, Felipe Massa, Michael Schumacher und Fernando Alonso. Die Verben vetteln, massaen, schumachern und fernandoen gibt es im Deutschen so nicht – bis heute sind die Wörter Sebastian Vettel, Felipe Massa, Michael Schumacher und Fernando Alonso Eigennamen und damit Substantive, aber hier wurden sie wie Verben gebeugt („es hat gevettelt“), und so interpretieren wir sie auch  : als Verben mit der Bedeutung ‚typisches Verhalten des besagten Fahrers aufweisen‘.16 halten) noch wie ein Adverb. Burkhardt (1994, S. 145) bezeichnete es bereits als Modalpartikel „in statu nascendi“ (ähnlich Katharina Paul & Marco Coniglio in einem aktuell laufenden, aber noch nicht veröffentlichten Projekt), während Pittner (2002) noch explizit für eine Einteilung als Adverb statt als Modalpartikel plädiert. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich im Übrigen auch beim deutschen allmählich, beim niederländischen stilaan und langzaam(aan), beim englischen slowly und beim französischen doucement und zum Teil auch bei lentement ab. 15 (letzter Zugriff  : 16.6.2021). 16 Eine solche ‚abweichende‘ Verwendung wird oft nach Analogie mit anderen Wörtern gebildet, die auf beide Weisen verwendet werden können. Verben wie vetteln folgen dem Beispiel etablierter Wörter wie kneippen (eine Wasserkur nach den Prinzipien Sebastian Kneipps machen), mendeln (von Erbmerkmalen  : nach bestimmten, von Gregor Mendel beschriebenen Gesetzmäßigkeiten

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Einführung

Auch bei Abtönung taucht dieses Phänomen auf. Wenn man fragen möchte, wie jemand nochmal heißt, weil einem der Name gerade nicht einfällt, dann kann man dafür verschiedene Modalpartikeln verwenden  – u. a. noch(mal), doch, gleich und wieder (zum Beispiel ‚wie hieß er nochmal  ? ‘, siehe 4.4.3), aber in einigen Regionen werden auch schon, gschwind (umgangssprachliche Variante zu geschwind) und schnell verwendet (‚wie hieß er gschwind/ schnell  ? ‘). In Gustav Renkers Roman Die Führer von Valbruna ist auch einmal die Frage ‚wie hieß er rasch  ? ‘ zu finden. Im Allgemeinen wird rasch nicht als Modalpartikel verwendet, aber hier finden wir es dann doch  : In diesem Satz funktioniert es als Modalpartikel (vielleicht unter Einfluss von schnell – als Adjektiv sind rasch und schnell synonym) und wir sollen es denn auch so interpretieren, was in diesem Fall (zumal durch die Ähnlichkeit mit schnell) kein großes Problem darstellt. Nur ist diese Verwendung von rasch als Modalpartikel dermaßen selten, dass kein einziges Übersichtswerk zu den Modalpartikeln sie erwähnt – aber um sie richtig zu interpretieren und zu übersetzen, muss einem bewusst sein, dass rasch, das normalerweise keine Modalpartikel ist, hier doch als eine solche (also in der Bedeutung ‚nochmal‘ statt ‚zügig‘) verwendet wird. Darüber hinaus ist noch auf regionale Unterschiede hinzuweisen. Auch innerhalb des deutschen Sprachraums gibt es nämlich Unterschiede zwischen Sprecher*innen in der Verwendung von Modalpartikeln. Manchmal wird dieselbe Partikel zum Beispiel mit unterschiedlichen Nuancen verwendet. Denken wir etwa an die quasisynonymen Partikeln eben und halt. In diesem Heftchen gehen wir von einer Art Kompromiss für die Standardsprache aus und nehmen an, dass beide Partikeln einen Sachverhalt als logisch in den nächsten Generationen wieder in Erscheinung treten) oder fringsen (aus der Not heraus stehlen, wie das vom Kölner Kardinal Joseph Frings gebilligt wurde). Anfangs ist es immer ein Ad-hoc-Phänomen, obwohl wiederholt verwendete Formen sich etablieren können (kneippen und mendeln stehen tatsächlich im Wörterbuch), aber es sind gerade die Ad-hoc-Fälle, die eine Herausforderung darstellen und es schwierig machen, eine Kategorie genau abzugrenzen. Abgrenzung der Kategorie

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oder auf der Hand liegend markieren und dass eben dabei noch eine Spur kategorischer ist als halt. Das stimmt ziemlich gut mit dem überein, was im Allgemeinen als die ‚standarddeutsche‘ Verwendung dieser Partikeln gesehen wird, abstrahiert aber über die eigentliche Variation in ihrer Verwendung hinweg. Hentschel & Keller (2006) gehen ausführlicher darauf ein, aber im Großen und Ganzen zeigen ihre Befunde, dass im Norden kaum ein Unterschied zwischen den beiden Partikeln zu bestehen scheint und eben vielleicht etwas häufiger verwendet wird, während im Süden halt etwas emotionaler zu sein scheint als eben (weicher, wärmer, weniger stark – was auch zu unserem ‚Kompromiss‘, es sei weniger kategorisch, passt) und auch etwas gängiger ist. Möglicherweise hat dies auch mit dem allgemeinen Bild zu tun, dass Norddeutsche in der Kommunikation etwas direkter sind, während sich Süddeutsche etwas zurückhaltender, vorsichtiger und euphemistischer ausdrücken und dadurch weniger oft die (aus ihrer Sicht) direktere und kategorischere Variante wählen. Solche regionalen Unterschiede sind aber noch nicht wirklich ausführlich untersucht worden, sodass wir auch nicht weiter darauf eingehen können. Die Unterschiede zwischen Regionen können allerdings noch größer sein. Eben und halt sind im ganzen Sprachraum mehr oder weniger synonym (die Unterschiede beziehen sich auf subtile Nuancen), aber manchmal kann die gleiche Partikel anderswo auch eine ganz andere Bedeutung haben. Ein Beispiel ist schon in seiner Verwendung in Fragewortfragen. Typischerweise liest man, dass schon die Frage als eine rhetorische markiere, die außerdem einen gewissen Widerspruch zu etwas Vorangehendem impliziere, wie in diesem Beispiel aus einem Pressetext über den Rapper B-Tight  : (25) „Jeder Künstler braucht ja für die Presse immer so ’ne Biografie.“ Ja, das hat B-Tight ganz richtig erkannt – und noch mehr  : „Natürlich hab ich sie auch, aber wer liest das schon  ?“

Es handelt sich um eine rhetorische Frage (implizierte Antwort  : niemand), und es besteht eine Art Widerspruch zwischen der 48

Einführung

Tatsache, dass man eine solche Biographie braucht, und der Beobachtung, dass kein Mensch sie liest. In dieser Verwendung ist schon im deutschen Sprachraum ziemlich weit verbreitet. Darüber hinaus ist schon eine von den vielen Partikeln, die in Fragen verwendet werden können, wenn einem die Antwort nicht einfallen will. Statt wie hieß er nochmal  ? kann man also auch wie hieß er schon  ? sagen. Nur werden die meisten Deutschen in dem Fall eher nochmal (oder eine andere der oben aufgelisteten Partikeln) verwenden  ; schon in dieser Verwendung hört man vor allem in der Schweiz und in angrenzenden Regionen, obwohl schon als Modalpartikel in Fragewortfragen an und für sich (mit einer anderen Funktion, eben die Frage als eine rhetorische zu markieren) im ganzen Sprachraum bekannt ist. Ähnlich gibt es auch Wörter, die zwar überall bekannt sind, aber eben nicht überall als Modalpartikel, wie schnell. Alle Deutschsprachigen kennen schnell als Adjektiv und Adverb in der Bedeutung ‚zügig, flott‘, aber als Modalpartikel (erneut in Fragewortfragen als Synonym von nochmal) scheint es sich vor allem im Norden um ein Phänomen zu handeln, das zwar passiv verstanden, aber nur selten aktiv gebraucht wird. Dieses schnell (und im alemannischen Raum auch gschwind) findet man im Übrigen auch in Aufforderungen – Sag mir’s schnell bedeutet nicht, dass es zügig gesagt werden soll, sondern dass einem das richtige Wort gerade nicht einfallen will (und dass also jemand nachhelfen soll). Früher war dieser Gebrauch von schnell relativ weit verbreitet, aber heutzutage scheint er vor allem auf bestimmte Regionen beschränkt zu sein und sonst nur mehr passiv verstanden zu werden, was auch erklärt, wieso nicht immer spontan daran gedacht wird, wenn es um das Auflisten der Modalpartikeln geht. Ein anderes Beispiel ist schier, das im Südosten des deutschen Sprachraums noch benutzt wird und mehr oder weniger bedeutungsgleich ist mit wohl (d. h., es signalisiert, dass man sich des Gesagten nicht ganz sicher ist). Im Rest des Sprachraums ist diese Verwendung von schier inzwischen nicht mehr gebräuchlich und man hört es nur noch als Gradpartikel in der Bedeutung ‚nahezu‘. Abgrenzung der Kategorie

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Zu guter Letzt gibt es natürlich auch noch die richtig regionalen oder gar dialektalen Partikeln. Im Süden des deutschen Sprachraums hört man zum Beispiel Partikeln wie eh (vergleichbar mit sowieso) und lei (in Aufforderungen vergleichbar mit nur, in Aussagesätzen mit halt oder einfach), die für Menschen aus nördlicheren Gegenden oft ziemlich exotisch klingen oder ihnen gar völlig unbekannt sind (lei wird zum Beispiel vor allem in Tirol und Kärnten verwendet und ist sogar in anderen Teilen Österreichs zum Teil unbekannt). Ähnliches gilt für glaub, das einer Äußerung einen subjektiven Charakter verleiht (siehe 4.8.2)  : Diese Partikel kommt ursprünglich aus dem alemannischen Raum (im Südwesten Deutschlands und in der Schweiz) und breitet sich zwar allmählich über den deutschen Sprachraum aus, aber trotzdem ist sie vielen Personen aus anderen Gegenden (noch) nicht oder allenfalls passiv bekannt. Zweifelsohne ist es nicht verwunderlich, dass solche regionalen Phänomene in vielen Arbeiten zum Standarddeutschen fehlen – vielleicht sind sie auch vielen Sprachwissenschaftler*innen aus anderen Regionen gar nicht bekannt. Aber auch bei nicht regional beschränkten Partikeln besteht, wie gesagt, noch viel Diskussion darüber, ob wir sie (bereits) als Modalpartikeln betrachten können oder (noch) nicht. Es wäre natürlich schön, wenn wir diese Diskussionen hier schlichten könnten, aber dafür ist dieses Heftchen nicht der richtige Ort  : Wir müssen wohl oder übel damit leben, dass die Kategorie ‚Modalpartikeln‘ nicht genau abgegrenzt werden kann. Das bedeutet, dass wir hier auch keine exhaustive Liste der deutschen Modalpartikeln geben können. Daher fokussieren wir im Folgenden, ohne Vollständigkeit anzunehmen, vor allem die Partikeln, die zumindest in weiten Teilen des deutschen Sprachraums verwendet werden und deren Einstufung als Modalpartikel relativ unkontrovers ist. Hin und wieder werden auch andere Elemente wie bekanntlich angeführt, wenn eine Einstufung als Modalpartikel zumindest plausibel ist oder wenn andere Gründe eine Aufnahme in dieses Heftchen rechtfertigen (funktionale Übereinstimmung, Verdeutlichung von Bedeutungsnuancen oder Relevanz für die Übersetzung), 50

Einführung

und auch nur regional gebräuchliche Partikeln können kurz Erwähnung finden, aber ausführlich wird meistens nicht darauf eingegangen. Wir versuchen mit anderen Worten, eine Art Kompromiss zu bieten, der einen guten Eindruck der Verwendung von Modalpartikeln im Deutschen gibt, vor allem als erstes Hilfsmittel für diejenigen, die über wenig Erfahrung mit diesen Partikeln verfügen. Wir können aber nicht auf jede einzelne potenzielle Modalpartikel eingehen und manchmal wird für weiterführende Informationen die einschlägige Fachliteratur heranzuziehen sein, aber zumindest die wichtigsten und geläufigsten Formen werden wir hoffentlich besprechen können.

Abgrenzung der Kategorie

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3. Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen? Was macht man, wenn man ein Wort übersetzen möchte und die Übersetzung nicht kennt  ? Spontan werden viele Menschen ein Wörterbuch nehmen (oder eine Übersetzungsapp auf dem Handy öffnen) und es nachschlagen. So einfach ist es aber leider nicht immer, und ausgerechnet bei den Modalpartikeln wird ein Wörterbuch nicht immer den richtigen Weg zeigen. Ärgerlich, aber es ist so, und wir können es den Wörterbuchautor*innen auch nicht wirklich verdenken  : Einerseits basieren Wörterbücher zu einem großen Teil auf linguistischer Forschung und in der linguistischen Forschung zu den Modalpartikeln sind halt noch viele Fragen unbeantwortet  ; andererseits würden die Wörterbücher, wie sich noch herausstellen wird, bald sehr (vielleicht sogar zu) umfangreich werden, wenn sie einen guten Eindruck der Möglichkeiten bei der Modalpartikelübersetzung vermitteln sollen. Oft ist es auch einfach eine richtige Herausforderung, zu wissen, wie man eine Modalpartikel am besten übersetzt. In diesem Kapitel versuchen wir zu erklären, woran das liegt (3.1–3.3), und ein paar Hinweise zu geben, wie man beim Übersetzen am besten mit Modalpartikeln umgeht (3.4). 3.1 Keine direkten Pendants Modalpartikeln stellen für die Übersetzung eine große Herausforderung dar, und dafür gibt es verschiedene Gründe. In diesem und den beiden nächsten Abschnitten besprechen wir einige davon, und wir fangen mit dem vielleicht wichtigsten an  : In vielen Fällen existieren in anderen Sprachen keine direkten Pendants zu den deutschen Modalpartikeln. Wenn man zum Beispiel ein deutsches Wort wie Hund oder Tisch ins Niederländische übersetzen möchte, ist das eigentlich 52

Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

gar nicht so schwierig  : Ein Hund ist ein hond und ein Tisch heißt tafel. Höchstens metaphorischer Sprachgebrauch oder manche Sprichwörter und Ausdrücke könnten noch Schwierigkeiten mit sich bringen (in informellem Deutsch kann man zum Beispiel sagen, dass etwas unter allem Hund ist, während es im Niederländischen nicht beneden alle hond heißt, sondern beneden alle peil). Leider haben jedoch nicht alle Wörter ein solches direktes Pendant in anderen Sprachen. Manchmal ist das Problem gar nicht so groß, wenn man zum Beispiel je nach Kontext einfach zwischen zwei Übersetzungen wählen muss. Je nach Situation wird man zum Beispiel das deutsche Wort Zug im Niederländischen als trein oder als tocht wiedergeben, aber auch hier ist es noch ziemlich einfach, zu wissen, wann man wie übersetzen soll (meistens ist klar, ob das Schienenfahrzeug oder der Luftstrom gemeint ist), und es ist immer eine Übersetzung verfügbar. Nur hat nahezu jede Sprache auch Wörter, die man nicht so direkt übersetzen kann, weil es dafür in anderen Sprachen keine Wörter gibt. Diese muss man also umschreiben. Wer oft in sozialen Medien unterwegs ist, hat sicherlich bereits Listen gesehen wie „The ten most untranslatable German words“ oder „17 German words with no English translation“, in denen dann Wörter auftauchen wie verschlimmbessern, Fernweh oder Kummerspeck. Ähnliche Beispiele für das Niederländische wären u. a. ronkedoor (von der Herde verstoßener Elefant) und pretogen. In all diesen Fällen kann man sich retten, indem man das Wort in der Zielsprache umschreibt (wie man das auch bei anderen Wörtern machen kann, deren Übersetzung man nicht kennt, zum Beispiel wenn man nicht weiß, dass ein Tisch auf Niederländisch tafel heißt), und das ist auch, was in Wörterbüchern gemacht wird (für pretogen liest man zum Beispiel schalkhafte Augen und Freude ausstrahlende Augen – wie passend erstere Übersetzung ist, sei jetzt mal dahingestellt), aber das bleibt dann doch etwas umständlich. Genau dieses Problem haben wir auch bei den Modalpartikeln. Auch wenn man, wie im vorigen Kapitel dargelegt wurde, nur schwer eine Liste ‚der‘ Modalpartikeln einer Sprache erstellen kann, ist es ziemlich einfach, einen Eindruck davon zu gewinnen, Keine direkten Pendants

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ob eine Sprache viel oder wenig Modalpartikeln hat, und die Unterschiede diesbezüglich sind beachtlich. Das Deutsche gilt als die Modalpartikelsprache schlechthin, weil es relativ viele Modalpartikeln hat und diese außerdem relativ oft verwendet werden. Auch das Niederländische ist noch ziemlich reich an Modalpartikeln, auch wenn sie weniger zahlreich sind als im Deutschen. Über das Englische und das Französische wird manchmal behauptet, dass es in diesen Sprachen gar keine Modalpartikeln gäbe, was nicht stimmt, aber immerhin gibt es (insbesondere im Englischen) noch einmal deutlich weniger Modalpartikeln als im Niederländischen – und es könnte tatsächlich modalpartikellose Sprachen geben (oder zumindest Sprachen, in denen keine Kategorie existiert, die den Modalpartikeln, wie wir sie kennen, ähnlich genug sieht, um sie auch so zu bezeichnen). Dass eine Sprache weniger Modalpartikeln hat als das Deutsche, impliziert freilich noch nicht, dass kein Eins-zu-eins-Verhältnis bestehen kann, und tatsächlich scheinen in Fällen wie (1) das deutsche etwa und das niederländische soms ziemlich genau übereinzustimmen, aber eine solche Übereinstimmung besteht gewiss nicht immer. In vielen Fällen entspricht dem deutschen doch zum Beispiel das niederländische toch, wie in (2), aber in (3) ist eine Übersetzung durch toch eher unnatürlich.1 Und auch soms und etwa stimmen nicht perfekt überein, wie die klassischen schlechten Anmachsprüche zeigen. In (4) wäre etwa zum Beispiel ziemlich unnatürlich, weil diese Partikel impliziert, dass man mit einer negativen Antwort rechnet. Bei soms ist diese Nuance nicht immer präsent (in (1) schon, in (4) nicht), was bedeutet, dass sich soms nicht immer durch etwa übersetzen lässt (dafür geht vielleicht, das wir hier als Übersetzung verwenden, in beiden Fällen, also auch in (1)). (1a) Bist du etwa doof  ? 1 Die Beispiele (2–3) basieren auf Beispielen aus Foolen (2006), der ausführlicher auf die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen doch und toch (nicht nur in ihrer Verwendung als Modalpartikel) eingeht.

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Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

(1b) Ben jij soms achterlijk  ? (2a) Maar ik kan toch thuis koffie zetten. (2b) Aber ich kann doch zu Hause Kaffee machen. (3a) Fast ohne hinzusehen konnte ich die Rille finden, bei der Cassio mit seiner Geschichte beginnt  ; hatte ich doch schon so oft diese Rille gesucht. (3b) Bijna blindelings kon ik de groef (op de langspeelplaat) vinden waar Cassio zijn verhaal begint  ; ik had die groef immers al zo vaak gezocht. (4a) Zijn jouw ouders soms architecten  ? Want jij bent verdraaid goed gebouwd... (4b) Sind deine Eltern vielleicht Architekten  ? Denn du bist verdammt gut gebaut ...

Obwohl keine Eins-zu-eins-Äquivalenz zwischen den deutschen und den niederländischen Partikeln besteht, lässt sich in all diesen Fällen also noch ein relativ direktes Pendant finden, das oft zudem eine Modalpartikel ist  – nur immers in (3) verhält sich eher wie ein Konjunktionaladverb als wie eine Modalpartikel. Doch wie so oft, wenn es um Sprachen geht, ist es nicht immer ganz so einfach. Versuchen Sie zum Beispiel mal, das aber in (5a) ins Niederländische zu übertragen. (Aber bringt Staunen über den Ausprägungsgrad zum Ausdruck  – hier also kein Staunen darüber, dass das Kind groß geworden ist, sondern darüber, dass es bereits so groß geworden ist.) Wie (5b) und (5c) zeigen, ist es möglich, diesen Effekt im Niederländischen zu kreieren, aber das geht nicht mit einer Modalpartikel  : Man muss andere Wörter benutzen und mit der Intonation spielen, um diesen Effekt herbeizuführen. (5a) Na du bist aber groß geworden  ! (5b) Amai, jij bent groot geworden  ! (5c) Wat ben jij groot geworden, zeg  ! Keine direkten Pendants

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Im Niederländischen, das im Vergleich zu anderen Sprachen über relativ viele Modalpartikeln verfügt, sind Situationen wie in (5) eher selten  : Meistens steht eine passende Modalpartikel zur Verfügung (wie in (1), (2) und (4)) – selbst wenn nicht immer eine Eins-zu-eins-Äquivalenz zu einer deutschen Partikel besteht. Je weniger Modalpartikeln es in einer Sprache gibt, umso öfter muss man die Abtönungsbedeutung umschreiben oder andere Konstruktionen verwenden (wie in (5)). Das wird sich auch in Kapitel 4 zeigen, wenn wir zu einer konkreteren Übersicht der Übersetzungen der deutschen Partikeln kommen  : Für das Niederländische, das nicht sehr viel weniger Partikeln hat als das Deutsche, klappt das noch recht gut, aber für das Französische und mehr noch für das Englische, die deutlich weniger Partikeln haben, werden wir häufiger auf solche Strukturen ausweichen müssen, was die Übersetzung nicht unbedingt einfacher macht. 3.2 Keine propositionale Bedeutung Wenn die Zielsprache für eine Modalpartikel kein Pendant parat hat, muss man also die Bedeutung umschreiben oder eine andere Konstruktion mit (annähernd) gleicher Bedeutung einsetzen. Es wird ja angenommen, dass die Bedeutungen der Modalpartikeln grundsätzlich auch in partikellosen Sprachen vermittelt werden können. Welche Bedeutung haben aber die Modalpartikeln  ? Bei konkreten Wörtern wie malen, Tisch oder Hund kann man sich meistens problemlos ein Bild davon machen, was gemeint ist (obwohl eine Person beim Wort Hund spontan vielleicht eher an einen Labrador denkt und eine andere Person an einen Chihuahua). Abstraktere Wörter wie Liebe und schön sind schon etwas schwieriger zu erklären (versuchen Sie mal …), aber trotzdem können wir uns etwas darunter vorstellen und wissen also mehr oder weniger, was sie bedeuten. Aber was bedeuten die Modalpartikeln  ? Was ist die Bedeutung von einfach, doch und nur in den Sätzen unter (6)  ? 56

Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

(6a) Der Gestank ist einfach unerträglich. (6b) Rede doch keinen Blödsinn  ! (6c) Komm nur rein  !

Wenn es nicht gleich gelingt, zu sagen, was diese Partikeln bedeuten oder welche Funktion sie haben, so ist das nicht wirklich verwunderlich. Der wichtigste Grund wurde im Kapitel 2.2 bereits erwähnt  : Sie haben eine nicht-propositionale Bedeutung, d. h., ihre An- oder Abwesenheit hat keinen Einfluss auf den Wahrheitswert des Satzes. Sie agieren auf der Interaktionsebene und bringen (oft subtile) Nuancen zum Ausdruck, die oft sehr schwer zu fassen und noch schwieriger zu paraphrasieren sind – in anderen Sprachen, aber auch in der Sprache der Partikeln selbst. Ab und zu geht es noch halbwegs, wie bei der deutschen Partikel ja, die man oft annähernd umschreiben kann als wie du weißt, und diese Strategie wird denn auch in anderen Sprachen oft angewandt, um diese Partikel zu übersetzen (u. a. im Französischen comme tu le sais, im Englischen as you know, im Dänischen som du ved, im Russischen как ты знаешь, und natürlich auch im Niederländischen und im Deutschen als Umschreibung dieser Partikel). Bei anderen Partikeln ist die Bedeutung nicht so leicht zu umschreiben, zumindest nicht in solch kurzer Form, sodass es nahezu unmöglich ist, bei der Übersetzung eine gute Umschreibung als Ersatz der Partikel in den Satz einzubauen. Dies zeigt auch der Vergleich der Beispiele (7–8)  : Während die Übersetzung von ja in (7) noch halbwegs elegant ist, ist die entsprechende Variante für doch in (8), einer an den Vorgesetzten gerichteten Aussage, für die Alltagssprache dann doch etwas umständlich. Aufgrund der subtilen, nicht-propositionalen Bedeutung von Modalpartikeln ist eine solche Situation keine Seltenheit, und oft ist es sogar ziemlich schwierig, eine gute Umschreibung zu finden, die wirklich die Bedeutung der Partikel vermittelt  – oft ist die Nuance dann doch nicht ganz gleich. (7a) Ich bin ja ein großer Fan von dieser Regierung, aber wenn es um Steuern geht, sind die bislang sehr nachlässig gewesen. Keine direkten Pendants

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(7b) I am a great supporter of this government, as you know, but when it comes to taxes, they have been very lackadaisical so far. (8a) Was regen Sie sich denn so auf  ? Ich tue doch nur meine Pflicht  ! (8b) But why are you so upset  ? I’m only doing my duty, as you should know, although your behavior (i.e. your being upset) is not in line with this.

Wenn eine Partikel kein direktes Pendant hat und die Umschreibungen so umständlich sind wie in (8), muss also auf eine andere Form oder eine andere Satzstruktur ausgewichen werden, die mehr oder weniger die gleiche Nuance herbeiführt. Nur ergibt sich hier das gleiche Problem  : Dadurch, dass die Nuancen so schwer zu erfassen sind und die Unterschiede zwischen den Partikeln (und den anderen Abtönungsformen) so subtil sind, ist es auch nicht sehr einfach, sicherzustellen, dass tatsächlich genau die gleiche Nuance vermittelt wird. Ein Beispiel ist halt. Diese Partikel lässt sich nicht immer ohne Weiteres genau übersetzen, zumal das Deutsche in diesem Funktionsbereich (es liegt auf der Hand und man kann nichts dafür) mehrere Abtönungsformen (Partikeln und andere) hat, die sich von der Bedeutung her sehr stark ähneln, aber doch nicht identisch sind (siehe auch Kapitel 4.2.3). Der schwierigste Unterschied ist der zwischen halt und eben, und tatsächlich werden diese zwei Partikeln manchmal zu Unrecht als reine Synonyme betrachtet. Auch in der Linguistik ist man sich noch nicht darüber einig, was genau der Unterschied zwischen diesen zwei Partikeln ist, aber im Allgemeinen scheint halt etwas weniger kategorisch zu sein und öfter eine gewisse Gelassenheit oder Resignation zu enthalten  : Wir können es nicht ändern, also akzeptieren wir es, obwohl es unangenehm ist. Diese Nuance finden wir auch in Beispiel (9a) aus Ingrid Nolls Roman Der Hahn ist tot 2  : Witold zufolge ist es typisch (und daher irgendwie auch logisch), 2 Viele Beispiele im weiteren Verlauf dieses Kapitels sowie im nächsten ­Kapitel entstammen meiner eigenen Forschung zur literarischen Übersetzung von

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Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

dass Apotheker zu Hause keine Lutschtabletten haben, und damit muss man dann leben, auch wenn es nicht angenehm ist. In einer französischen Übersetzung lesen wir den Satz unter (9b), mit toujours ‚immer‘. In diesem Kontext können wir diesen Satz nicht als eine schlechte Übersetzung betrachten, obwohl toujours eine andere Bedeutung vermittelt als halt und also nicht als eine wörtliche Übersetzung betrachtet werden kann. Die Idee, dass etwas immer der Fall ist, ist bei halt vielleicht impliziert (da es typischerweise oder logischerweise der Fall ist), aber trotzdem lässt man mit halt, anders als mit dem kategorischeren eben, noch eine Hintertür offen und das macht man mit toujours nicht. Zugleich schwingt bei halt stärker als bei toujours die Nuance mit, dass man es nicht ändern kann und also damit leben muss. Obwohl also die Ähnlichkeit zwischen toujours und halt groß genug ist, um toujours als Übersetzung von halt betrachten zu können, sollte man also nicht aus dem Auge verlieren, dass die Nuance nicht gleich ist und dass sich toujours nicht immer gleich gut eignen wird als Übersetzung von halt. (9a) „Was ist los  ?“, fragte Ernst. Annette maulte  : „Ach Papa, seit gestern habe ich so schreckliche Halsschmerzen, und im Haus ist nicht eine Lutschtablette.“ „So ist das halt bei Apothekern“, warf Witold ein. (9b) C’est toujours comme ça chez les pharmaciens.

3.3 Heterosemie und Polysemie Eine weitere Herausforderung stellt die Heterosemie dar, auf die bereits implizit hingewiesen wurde. Heterosemie ist eine Art Polysemie (ein Wort mit mehreren verwandten Bedeutungen), bei der die unterschiedlichen Verwendungen (Bedeutungen, Funktionen) unterschiedlichen Wortarten angehören. Modalpartikeln Modalpartikeln ins Französische. Nähere Angaben zu den Quellen der Übersetzungen sind u. a. bei Schoonjans (2013a, 2014) zu finden. Heterosemie und Polysemie

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werden nicht als solche ‚geboren‘  ; es geht um andere Wörter (oft, aber nicht immer, Adverbien), die erst später eine abtönende Funktion bekommen und sich zu Modalpartikeln entwickelt haben. Die älteren Funktionen (als Adjektiv, Adverb usw.) leben aber neben dieser neuen Verwendung als Modalpartikel weiter.3 Wir haben bereits gesagt, dass es durch diese Heterosemie (Modalpartikelverwendung neben einer Verwendung als, zum Beispiel, Adverb) manchmal schwierig ist, genau zu sagen, welche Wörter als Modalpartikel gelten können und welche nicht, aber auch für die Übersetzung kann die Heterosemie eine zusätzliche Schwierigkeit sein, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zunächst einmal lässt sich nicht immer einfach bestimmen, ob ein Wort in einem bestimmten Satz als Modalpartikel verwendet wird oder nicht. Dies betrifft nicht nur neuere Entwicklungen im Sprachgebrauch  : Auch bei ‚etablierten‘ Partikeln ist, trotz aller in Kapitel 2 besprochenen Kriterien, nicht immer klar, ob wir die Modalpartikel vor uns haben oder eine heteroseme Verwendung der gleichen Form – was vor allem lästig ist, wenn die verschiedenen Verwendungen unterschiedlich zu übersetzen sind (schnell als Adjektiv oder Adverb heißt zum Beispiel auf Niederländisch snel oder vlug, aber als Modalpartikel in einer erinnernden Frage übersetzt man es durch ook alweer). In gesprochener Sprache kommt dieses Problem weniger oft vor, weil in dem Fall die Intonation oft noch ein weiteres Indiz für die richtige Interpretation ist, aber in geschriebener Sprache müssen wir, mangels Intonation, nur anhand des geschriebenen Textes herauszufinden versuchen, ob es sich um die Modalpartikel handelt oder nicht. Zwei Beispiele können das verdeutlichen. Das erste Beispiel (10), mit eigentlich, entstammt Fritz Zorns Roman Mars. Als Mo3 Die einzige Ausnahme unter den ‚etablierten‘ Modalpartikeln ist halt  : Anders als gelegentlich behauptet wird, ist halt nicht mit dem Verb halten (oder dem Substantiv der Halt) verwandt, sondern es stammt von einer alten und inzwischen verschwundenen Komparativform ab (ausführlicher dazu  : Autenrieth 2002). In diesem Fall haben wir es also nicht mit Poly- bzw. Heterosemie zu tun, sondern mit Homonymie  : Es handelt sich um historisch nicht verwandte Wörter, die im Laufe der Zeit gleichlautend geworden sind.

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Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

dalpartikel signalisiert eigentlich, dass mit der Frage zu einem anderen Thema gewechselt wird  ; oft handelt es sich um Fragen, die zwischendurch gestellt werden. Obwohl diese Interpretation hier durchaus plausibel ist, hat der Übersetzer für vraiment optiert, das eher zur adverbialen Verwendung von eigentlich passt, die man tatsächlich oft annähernd als ‚wirklich, in echt‘ umschreiben könnte (ein möglicher Kontext wäre  : ‚Für was interessierst du dich denn wirklich, wenn Fußball und Tennis bei dir nur auf mäßiges Interesse stoßen  ?‘). Obwohl diese Interpretation auf den ersten Blick weniger wahrscheinlich sein dürfte, ist sie im Kontext nicht ganz ausgeschlossen. Wir können also nicht sagen, dass vraiment eine schlechte Übersetzung wäre, aber es ist auf jeden Fall keine typische Übersetzung der Modalpartikel, die, sofern sie nicht einfach weggelassen wird, eher durch au fait oder donc übersetzt werden würde. Ein weiteres Beispiel ist nur in (11), aus Max Frischs Andorra. Sogar im Kontext lässt sich hier nur schwer bestimmen, ob nur als Modalpartikel oder als Fokuspartikel gemeint ist.4 Der Übersetzer hat mit ne … que die zweite Lesart gewählt (11b), aber auch die erste wäre möglich, mit einer Übersetzung wie in (11c). (10a) So erinnere ich mich an ein Gespräch mit einem Schulkameraden, der mich fragte, für was ich mich eigentlich interessierte. (10b) Ainsi je me rappelle une conversation avec un condisciple qui voulait savoir à quoi je m’intéressais vraiment. (11a) Warum schämst du dich nur vor mir  ? (11b) Pourquoi n’as-tu honte qu’avec moi   ? 4 Der Kontext  : Andri möchte Sex mit Barblin, die er gut kennt und die schon mit mehreren Männern geschlafen hat, aber sie weigert sich. Daraufhin stellt er diese Frage. Nur könnte hier als Fokuspartikel gemeint sein (‚Warum schämst du dich lediglich vor mir und nicht vor all den anderen Männern, mit denen du schon geschlafen hast  ?‘), oder aber als Modalpartikel (‚Warum um Gottes willen schämst du dich vor mir, obwohl wir uns so gut kennen und du dich normalerweise nicht vor einem Mann schämst  ?‘). In einem gesprochenen Text würde die Intonation die Doppeldeutigkeit aufheben (Betonung auf nur oder mir bei der Fokuspartikel, auf schämst oder ggf. auf warum bei der Modalpartikel). Heterosemie und Polysemie

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(11c) Pourquoi donc as-tu honte avec moi   ?

Die Abgrenzung zwischen Modalpartikel und Heterosem ist also nicht immer einfach, was die Übersetzung erschwert. Außerdem, und das ist die zweite Schwierigkeit, besteht manchmal eine gewisse Persistenz der älteren Funktion. Das bedeutet, dass wir es zwar eindeutig mit der Modalpartikel zu tun haben, dass aber die ältere Bedeutung immer noch durchschimmert und sich auch in der Übersetzung zeigen kann. Ein Beispiel ist eben, das als Modalpartikel eine Art Evidenz zum Ausdruck bringt (‚nun mal‘), aber auch als Fokuspartikel verwendet werden kann (‚ausgerechnet, gerade‘). Justement (und im Übrigen auch précisément) ist eine übliche französische Übersetzung für eben als Fokuspartikel – und auch als Modalpartikel, aber nur in Kontexten, in denen noch eine fokussierende Nuance im Spiel ist, wie in diesem Beispiel aus Rolf Hochhuths Der Stellvertreter  : (12a) Mich beschäftigt eben, wie lange es nach dem Ende Napoleons gedauert hat, bis dieser Schurke, der zu Metternich bemerkte, er schere sich den Teufel um den Tod einer Million Menschen, zum Idol der Nachwelt wurde. (12b) Ce qui m’occupe, justement, c’est de savoir combien de temps après sa mort Napoléon ...

Dies führt uns nahtlos zum nächsten und letzten hier zu erwähnenden Faktor  : Polysemie. Modalpartikeln unterliegen nämlich nicht nur der Heterosemie, wie wir gerade gesehen haben  ; die meisten Modalpartikeln haben außerdem mehrere abtönende Funktionen und sind in der Hinsicht also auch polysem im engeren Sinne. Noch dazu ist die genaue Nuance, die Modalpartikeln vermitteln, sehr stark vom Kontext abhängig, sodass ein Wort, das in einem Kontext perfekt passt als Übersetzung einer Modalpartikel, sich in einem anderen Kontext doch weniger gut eignet, um genau die gleiche Partikel zu übersetzen. Ein Beispiel davon haben wir gerade gesehen  : justement und précisément kommen als Übersetzung von eben nur in Frage, wenn 62

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tatsächlich eine fokussierende Nuance im Spiel ist. In (13), aus Fritz Zorns Mars, ist diese fokussierende Nuance weniger deutlich  ; vielmehr ist es (dem Ich-Erzähler zufolge) logisch, dass man im Lichthof der Universität auf Gesellschaft wartet, wenn man gerade keine hat. Hier mit justement oder précisément zu übersetzen, würde den Ort (le hall de l’université) stärker in den Fokus rücken, als dies im Deutschen der Fall ist (im Deutschen betrifft die fokussierende Nuance, sofern sie überhaupt vorliegt, eher wartete als im Lichthof ), sodass tout bonnement hier tatsächlich eine passendere Übersetzung ist. Ähnlich kommt eben auch gelegentlich in Aussagen vor, die nicht einfach als logisch oder evident markiert werden, sondern zugleich auch eine logische Erklärung für das Vorangehende oder eine Zusammenfassung bzw. Schlussfolgerung aus dem Vorangehenden nennen. In dem Fall ist es oft auch eben, das den Bezug zum Vorangehenden klar macht. Ob eben tatsächlich auch markiert, dass es sich um eine Erklärung oder eine Zusammenfassung handelt, oder ob es vielmehr eine allgemeine Beziehung herstellt (die wir dann im Kontext als Erklärung oder Zusammenfassung interpretieren), ist auch in der Sprachwissenschaft noch eine lebhaft diskutierte Frage,5 aber auf jeden Fall kann man nur in solchen Fällen eine Übersetzung verwenden, die weniger explizit die Evidenzbedeutung von eben enthält, dafür aber den Bezug zum Vorangehenden explizit macht, wie in (14–15) aus Franz Kafkas Proceß und Fritz Zorns Mars. (13a) Wenn ich gerade keine Gesellschaft hatte und nicht wusste, was ich tun sollte, so wartete ich eben im Lichthof der Universität auf Gesellschaft. (13b) … j’attendais tout bonnement dans le hall de l’université. (14a) Der Prozess kann nicht stillstehen, ohne dass wenigstens scheinbare Gründe dafür vorliegen. Es muss deshalb im Prozess nach außen hin etwas geschehen. Es müssen also von 5 Letztere Ansicht (Interpretation der Beziehung im Kontext) gewinnt allerdings in der Forschung an Beliebtheit und wird auch in diesem Heftchen vertreten. Heterosemie und Polysemie

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Zeit zu Zeit verschiedene Anordnungen getroffen werden, der Angeklagte muss verhört werden, Untersuchungen müssen stattfinden und so weiter. Der Prozess muss eben immerfort in dem kleinen Kreis, auf den er künstlich eingeschränkt worden ist, gedreht werden. (14b) … Il faut en un mot que le procès ne cesse de tourner dans le petit cercle ... (15a) Ich schien überhaupt keine Probleme zu haben und musste es immer schwieriger finden, diese scheinbare Problemlosigkeit so überzeugend wie nur möglich in mein Weltbild einzubauen. Ich wollte eben auch vor mir selbst als ein unproblematischer Typ dastehen und verwandte alle möglichen Täuschungsmanöver darauf, mich vor mir selbst als diese Idealfigur erscheinen zu lassen. (15b) … C’est que je voulais être aussi à mes propres yeux un type sans problèmes …

Beim Übersetzen von Modalpartikeln sollte man also immer genau abwägen, ob die Übersetzung, die man verwenden möchte, im Kontext auch wirklich passt. 3.4 Wie übersetzt man denn nun Modalpartikeln? Wir wissen also nun, dass Modalpartikeln nicht immer leicht zu übersetzen sind. Was soll man nun aber machen, wenn ein zu übersetzender Text Modalpartikeln enthält  ? Im Folgenden geben wir noch ein paar Hinweise, die u. a. auf gängigen Praktiken der literarischen Übersetzung basieren, aber wie immer gilt es auch hier, genau abzuwägen, welche Hinweise im konkreten Einzelfall nützlich sind und welche nicht. Die einfachste Variante ist natürlich, die Modalpartikeln schlicht und einfach gar nicht zu übersetzen. Tatsächlich machen einige Übersetzer*innen es systematisch so, aber man sollte beachten, dass die Übersetzung dadurch deutlich ärmer wird und 64

Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

auch nicht mehr wirklich wortgetreu ist. Je nachdem, was für einen Text man übersetzt und welche Anforderungen für die Übersetzung gelten, sollte man das also besser nicht systematisch machen. Sogar wenn es weniger wichtig ist, möglichst wörtlich zu übersetzen (wie wörtlich oder frei man übersetzen darf/soll, ist für Übersetzer*innen sowieso ein heißes Eisen), kann man besser versuchen, zumindest einige Partikeln irgendwie beizubehalten, einerseits, weil der Text dadurch wesentlich natürlicher und weniger ‚trocken‘ wirkt, und andererseits, weil Modalpartikeln (und andere Abtönungsformen) manchmal auch bewusst eingesetzt werden, um bestimmte Effekte herbeizuführen (zum Beispiel bestimmte Eigenschaften der Figuren in literarischen Texten).6 Wenn es aber wichtig ist, die genaue Nuance des Ausgangstextes beizubehalten, empfiehlt es sich umso mehr, zu versuchen, die Partikeln irgendwie zu übersetzen, insbesondere bei Partikeln wie einfach, die sich oft ziemlich direkt übersetzen lassen. Soll das heißen, dass man um jeden Preis versuchen soll, jede Modalpartikel in der Übersetzung irgendwie beizubehalten   ? Auch das ist nicht unbedingt wünschenswert  : Wie bereits erwähnt, lässt sich die Bedeutung einer Modalpartikel manchmal nur durch eine relativ komplexe Umschreibung wiedergeben. Vor allem, wenn ein Satz mehrere Partikeln enthält oder die gleiche Partikel in mehreren aufeinander folgenden Sätzen auftaucht, besteht die Gefahr, dass die Übersetzung durch die unnatürliche Reihung komplexer Abtönungsformen nahezu unleserlich wird. Man muss also wirklich gut abwägen, wie man es am besten macht. Als Hinweis geben wir hier einige Faustregeln mit, die beim Übersetzen literarischer Texte gelegentlich verwendet werden bei der Entscheidung, welche Partikeln übersetzt werden sollen und welche nicht  :

6 Eine andere Möglichkeit ist, dass Modalpartikeln verwendet werden, um den dialogischen Charakter eines Textes zu verstärken, sowohl in den Dialogen im Text selbst als auch bei intertextuellen Verweisen, wie es zum Beispiel Bornebusch (1989) für Gedichte beschrieben hat. Wie übersetzt man denn nun Modalpartikeln?

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• Sowieso werden bei literarischen Übersetzungen viele Modalpartikeln einfach weggelassen, obwohl das eigentlich eine Art Verarmung ist. Insbesondere Modalpartikeln mit einer weniger starken oder weniger ausgesprochenen Bedeutung entfallen oft. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Partikel ja, die generell signalisiert, dass eine Behauptung als wahr gelten kann (vielfach, weil es sich sowieso um gemeinsames Wissen handelt), öfter ausgelassen wird als etwa eben, das argumentativ stärker ist und das Gesagte nicht einfach als wahr, sondern als logisch oder evident markiert. • Das Gleiche sehen wir auch bei Modalpartikelkombinationen. Insbesondere, wenn sich nicht alle Partikeln direkt durch andere Partikeln übersetzen lassen, bleibt in der Übersetzung oft nur eine Partikel erhalten, und meistens ist das dann die ‚stärkste‘ (vielfach die letzte) Partikel. Im Fall von ja eben ist es also nicht unüblich, dass eben übersetzt wird, ja jedoch nicht. • Wenn in mehreren aufeinander folgenden Sätzen derselben Person oder Figur die gleiche Partikel vorkommt, passiert es insbesondere bei der Übersetzung in eine Sprache wie das Französische öfter, dass nur die erste Partikel übersetzt wird, während die anderen implizit bleiben. Nicht nur wird die Übersetzung dadurch oft etwas eleganter  ; im Französischen scheint es sowieso auch eher unüblich zu sein, mehrfach nacheinander die gleiche Abtönungsform zu verwenden, während das im Deutschen durchaus häufiger vorkommt. • Natürlich kann man auch berücksichtigen, was alles paraverbal (durch Intonation) oder nonverbal (durch Gestik, Körperhaltung usw.) zum Ausdruck gebracht werden kann und also nicht unbedingt in Worte gefasst werden muss.7 Generell scheinen Sprachen mit weniger Modalpartikeln, wie Englisch, Französisch und Türkisch, zum Vermitteln von Abtönungsnuancen stärker auf Intonation zu setzen. Insbesondere beim 7 Sowieso korreliert Intonation stark mit Modalpartikelgebrauch, auch in einer Sprache wie dem Deutschen, wo eine andere Nuance also oft nicht nur eine andere Modalpartikel, sondern auch ein anderes Intonationsmuster herbeiführt.

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mündlichen Übersetzen (oder Dolmetschen) kann man das ausnutzen, um nicht für jede Partikel tatsächlich eine Übersetzung in Worten suchen zu müssen – nur ist zu beachten, dass auch Intonations- und Gestikmuster sich zwischen Sprachen unterscheiden können (leider können wir darauf in diesem Heftchen nicht weiter eingehen)  ; beim schriftlichen Übersetzen muss man sich darauf verlassen, dass das Lesepublikum ausgerechnet die Intonation ‚hineinliest‘, die man selbst im Kopf hatte, was auch nicht immer selbstverständlich ist. Wenn man sich tatsächlich dafür entscheidet, eine bestimmte Partikel zu übersetzen, muss man, wie wir schon mehrmals gesagt haben, abwägen, welche Übersetzung im jeweiligen Kontext am besten passt – unter Berücksichtigung der subtilen Nuancen der Partikel sowie der Übersetzung, der genauen Bedeutung im Kontext, der Komplexität des Satzes usw. Außerdem sind unterschiedliche Höflichkeitsstandards zu beachten, denn was in einem Sprach- oder Kulturgebiet durchaus normal und höflich ist, kann anderswo gerade sehr unhöflich sein. House & Kasper (1981) haben zum Beispiel die Behauptung geäußert, dass Deutschsprachige gelegentlich direkter sind als Englischsprachige, zum Beispiel beim Erteilen von Aufträgen  – und das hat seine Auswirkungen auf die verwendeten Modalpartikeln. Nur können wir diese Behauptung nicht einfach so stehen lassen, denn auch innerhalb des deutschen Sprachraums scheint man in nördlicheren Regionen gelegentlich direkter zu sein im Sprachgebrauch als in südlicheren Regionen – Ähnliches wird im Übrigen auch für den niederländischen Sprachraum behauptet, und vielleicht gilt es auch für weitere Sprachen. Man muss also beim Übersetzen von Modalpartikeln auch darauf achten, welcher Höflichkeitsstandard gerade zutrifft, sowohl in der Ausgangssprache als auch in der Zielsprache. Das alles im Einzelnen zu besprechen, übersteigt den Rahmen dieses Heftchens, das insbesondere eine erste Hilfe bei beim Verstehen und Übersetzen von Modalpartikeln sein soll, sodass lediglich vereinzelt auf diese Frage verwiesen werden kann, aber vor allem in Kontexten, in denen Höflichkeit Wie übersetzt man denn nun Modalpartikeln?

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eine Rolle spielt, sollte man diese Frage nicht einfach aus dem Auge verlieren. Den ultimativen Hinweis, wie man eine Modalpartikel am besten übersetzt, können wir an dieser Stelle also leider nicht geben  ; wahrscheinlich gilt wie bei so vielen Sachen, dass Übung den Meister macht und dass es manchmal nicht schadet, erfahrenere Kolleg*innen oder Fachexpert*innen zurate zu ziehen. Eigentlich fasst Louise Liefländer-Koistinen (2006, S. 369), erneut mit Fokus auf literarischen Texten, die Geschichte perfekt zusammen  : Gerade beim Übersetzen von literarischen Texten bzw. fiktionalen Diskursen […] sind Kreativität und Subjektivität der ÜbersetzerInnen gefragt. Hierbei muss die Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit der literarischen Texte, oft auch eine Vielzahl von impliziten Verweisen und Präsuppositionen, die z.B. durch Modalpartikeln erscheinen, berücksichtigt werden.

Man muss mit anderen Worten immer wieder nach der passendsten Übersetzung suchen und dabei etwas Kreativität und Originalität zeigen, um die Nuancen der Modalpartikeln möglichst elegant zum Ausdruck zu bringen. Alles, was wir jetzt noch machen können (auch wenn wir gerne mehr Hilfe leisten würden), ist im nächsten Kapitel eine Übersicht der Bedeutungen und einiger möglicher Übersetzungen der wichtigsten deutschen Modalpartikeln zu bieten. Diese Übersicht wird als erste Hilfe sicher nützlich sein, aber wir können sie auch nicht als den Heiligen Gral vorstellen, der für jeden Einzelfall die optimale Übersetzung anbietet  ; manchmal kann eine andere Übersetzung noch passender sein als die, die wir auflisten. Etwas Kreativität beim Übersetzen kann also sicherlich vorteilhaft sein. Zum Schluss geben wir vielleicht noch einen sehr wichtigen Hinweis  : Man soll nicht immer unbedingt die Satzstruktur des Ausgangstextes beibehalten wollen. Manchmal kann alleine schon eine Veränderung der Satzstruktur (sofern die Anforderungen an die Übersetzung dies erlauben) auch eine abtönende Wirkung herbeiführen, und auch dessen ungeachtet kann es bei 68

Warum sind Modalpartikeln so schwer zu übersetzen?

einem anderen Satzbau vielleicht einfacher sein, auf elegante Weise eine Übersetzung einer bestimmten Partikel einzuarbeiten. Wir schließen hier denn auch mit einem bereits etwas älteren, aber immer noch zutreffenden Zitat Eva Paneths (1979, S. 468), das darauf hinweist, und wünschen viel Erfolg bei Ihren Versuchen, Modalpartikeln zu übersetzen  ! Lexical equivalents are the exception […] Correspondence of the content is achieved by a mixture of lexical items, changes of structure, intonation, segmentation, different idioms and presentations.

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4. Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht 4.1 Einführung In diesem vierten und umfangreichsten Kapitel bieten wir eine Übersicht der wichtigsten deutschen Modalpartikeln und ihrer wichtigsten Pendants im Niederländischen, Englischen und Französischen, und verweisen dabei zu Vergleichszwecken manchmal auch auf andere Sprachen. Wie in den vorangehenden Kapiteln bereits gesagt wurde, ist es nicht machbar, hier eine umfassende Übersicht aller Partikeln und aller möglichen Übersetzungen zu geben  : Nicht nur wäre dieses Heftchen dann viel zu umfangreich, es wäre auch ein nahezu unmögliches Unterfangen, weil die genaue Abgrenzung der Kategorie ‚Modalpartikeln‘ noch nicht ganz klar ist, aber auch, weil die Übersetzung von Modalpartikeln oft eine Frage der Kreativität im jeweiligen Kontext ist, sodass sich eigentlich immer weitere Elemente finden lassen, die in einem bestimmten Kontext herangezogen werden könnten, um eine bestimmte Abtönungsnuance zu vermitteln. Mit dieser Übersicht bieten wir also vor allem erste Hilfe beim Übersetzen von Modalpartikeln  : einige Hinweise, die in vielen Fällen nützlich sein dürften, um die deutschen Modalpartikeln zu übersetzen, aber manchmal kann es sein, dass diese Übersicht dann doch nicht ausreicht und noch mehr Kreativität gefragt ist. Wir erinnern noch kurz daran, dass für diese Übersicht auch der aktuellen Forschung zur Partikelübersetzung Rechnung getragen wurde, die vor allem die literarische Übersetzung fokussiert.1 Dement1 Auch hier entstammen viele Beispiele den Forschungen zu literarischen Übersetzungen, auf die vorher schon hingewiesen wurde. Diese literarischen Übersetzungen sind nicht immer ganz wortgetreu und enthalten also manchmal auch Abweichungen zwischen den Sprachen, die etwa dem von Anckaert et al. (2013) vorgeschlagenen Beurteilungsformular für Übersetzungen zufolge als

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

sprechend könnte es ein, dass denjenigen Übersetzungen, die für literarische Texte geeignet sind, im Folgenden etwas mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, aber auch für diejenigen, die andere Textsorten zu übersetzen haben, kann diese Übersicht sicherlich nützlich sein, um die genauen Nuancen der Partikeln besser zu erfassen und damit einen Eindruck davon zu bekommen, wie sie am besten übersetzt werden. Anders als in Übersichten der Modalpartikeln üblich ist, gehen wir nicht semasiologisch vor und besprechen für jede Partikel alle jeweils möglichen Funktionen. Stattdessen ist die Übersicht onomasiologisch aufgebaut, was zwar bedeutet, dass Partikeln mit mehreren Funktionen auch mehrmals zur Sprache kommen, aber zugleich den Vorteil hat, dass Ausdrücke aus demselben Funktionsbereich zusammen besprochen werden. Dies erleichtert die Suche nach einer geeigneten Übersetzung, zumal so einfacher auf die manchmal subtilen Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Elementen in einem Funktionsbereich hingewiesen werden kann. Um die Suche nach den einzelnen deutschen Partikeln und ihren Übersetzungen zu erleichtern, wurde am Ende noch ein Index aufgenommen. 4.2 Bekanntheit oder Evidenz markieren 4.2.1 ja Die am meisten verwendete Modalpartikel des Deutschen ist ja. Dieses Wort kennen wir auch als Antwortpartikel (‚Kommst du mit  ?  – Ja.‘), und auch als Modalpartikel bringt es eine Bestätigung zum Ausdruck. Als typischer Gebrauchskontext gilt herkömmlicherweise, dass man etwas sagt, von dem man vermutet Fehler betrachtet werden könnten. Uns geht es hier vor allem um die Übersetzung der Modalpartikeln und wir haben unsere Beispiele im Hinblick darauf ausgesucht  ; auf etwaige weitere Abweichungen zwischen Ausgangs- und Zielsprache gehen wir nicht ein. Bekanntheit oder Evidenz markieren

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(oder gar mit Sicherheit weiß), dass es dem Gegenüber eigentlich bereits bekannt ist, aber trotzdem erwähnt man die Information nochmals, weil sie im Kontext durchaus relevant ist.2 In (1), zum Beispiel, geht S davon aus, dass G bereits wusste, dass gestern diese Besprechung mit dem Direktor war, aber trotzdem erwähnt S das nochmals als Rahmung für den Rest der Geschichte. Ähnlich geht S in (2) davon aus, dass G sein Alter bereits (zumindest annähernd) kannte, erwähnt es aber trotzdem nochmals, weil es in diesem Kontext besonders relevant ist. In diesen Situationen ist ja für einen fließenden Gesprächsablauf von großer Wichtigkeit, weil man durch die Partikel zu verstehen gibt  : ‚Ja, ich weiß, dass du das eigentlich schon weißt, aber ich sage es trotzdem nochmals, weil es in diesem Kontext wirklich wichtig ist, dass du die Information parat hast.‘ Man vermeidet also die Reaktion  : ‚Jaja, das weiß ich schon, hast du vielleicht noch etwas Interessantes zu erzählen  ? Sonst vergeude ich meine Zeit nicht weiter damit, dir zuzuhören.‘ (1) Du, gestern hatte ich ja diese Besprechung mit dem Direktor, und da hat er mir gesagt, dass … (2) In meinem Alter – ich bin ja schon 72 – denkt man über solche Sachen zweimal nach.

Dass ja im Deutschen so oft verwendet wird, ist umso auffälliger, als keine andere in diesem Heftchen besprochene Sprache über ein direktes Pendant verfügt. Natürlich kann man immer eine Umschreibung wie zoals je weet, as you know, comme tu sais/vous savez benutzen – im Übrigen auch im Deutschen, wo man auch 2 Ab und zu trifft man ja auch in Fällen an, in denen nicht einfach davon ausgegangen werden kann, dass G (= das Gegenüber  ; S = der Sprecher/die Sprecherin) die Information bereits kannte, oder sogar in Situationen, in denen das mit Sicherheit nicht der Fall sein kann. In dem Fall bringt man eigentlich zum Ausdruck, dass man die Information für eindeutig wahr hält (und sie also eigentlich bereits bekannt hätte sein können), oder zumindest dass man keinen Widerspruch erwartet.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

wie du weißt/ihr wisst/Sie wissen sagen kann.3 Der große Unterschied zwischen diesen Umschreibungen und ja ist, dass die Umschreibungen zum Teil einer etwas höheren Stilebene angehören als ja und dadurch, dass sie länger sind, auch prominenter sind und stärker auffallen, sodass die Tatsache, dass es sich um geteiltes Wissen handelt, stärker betont werden kann (es geht weniger um Information, die einfach zwischendurch erwähnt wird). (3a) Ich hatte gestern diese Besprechung mit dem Direktor, wie du weißt, und da hat er mir gesagt, dass … (3b) Je weet dat ik gisteren die bespreking met de directeur had, he. Wel, hij heeft me gezegd dat…

Zusätzlich gibt es im Deutschen das Adverb bekanntlich (seltener auch bekanntermaßen), die allerdings nur verwendet werden kann, wenn es sich um Allgemeinwissen handelt (‚wie jeder weiß‘), nicht um etwas, das nur bestimmten Personen bereits bekannt ist, während ja in beiden Fällen möglich ist (denn wenn es jeder schon weiß, dann auch G). In einem Satz wie (1) wäre die Verwendung von bekanntlich also weniger passend als zum Beispiel in (4). (4) Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.

Auch für bekanntlich gibt es in keiner der hier besprochenen Sprachen ein direktes Pendant. Man muss also auf Strukturen wie zoals iedereen weet, comme chacun sait, as everyone knows oder zoals geweten is, as is well-known ausweichen. Im Französischen findet man als Pendant zu ja und bekanntlich auch gelegentlich bien – wenn auch vor allem mit Verben wie devoir (‚müssen‘), dire 3 Auch in anderen Sprachen kann man diese Umschreibung benutzen, etwa im Russischen как ты знаешь. Auch die Varianten weißt du (wisst ihr, wissen Sie), weet je/u, tu sais (vous savez), you know am Satzanfang oder Satzende können im Übrigen diese Funktion haben, aber sie können auch einfach auf eine relevante Hintergrundinformation hinweisen, die nicht unbedingt bereits bekannt ist oder als bekannt vorausgesetzt wird. Bekanntheit oder Evidenz markieren

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(‚sagen‘), voir (‚sehen‘) und savoir (‚wissen‘). Eigentlich ist die Nuance von bien auch eine andere  : Es hat eher eine verstärkende oder betonende Wirkung und weist weniger auf gemeinsames Wissen hin. Trotzdem wird es von Übersetzer*innen gerne zur Wiedergabe von ja benutzt, wie die nachstehenden Beispiele aus literarischen Übersetzungen (aus Ingrid Nolls Der Hahn ist tot und Max Frischs Andorra) zeigen. (5a) Das weißt du ja. (5b) Tu le sais bien. (6a) Irgendwo müssen die Steuern ja hin. (6b) Faut bien que les impôts servent à quelque chose.

Was man insbesondere im Französischen und im Englischen auch machen kann, ist das Arbeiten mit ‚Tags‘ oder Frageanhängseln, wie in (7). Die Basisfunktion solcher Tags ist eigentlich das Bitten um Bestätigung (in der Hinsicht ähneln sie der Verwendung von doch, die in 4.2.2 und 4.3.2 besprochen wird), aber manchmal werden sie auch rhetorisch benutzt und implizieren eher eine Bestätigung, als diese zu erbitten. Vor allem, wenn der Satz mit ja eine weitere Geschichte einrahmt (wie in (1)), ist die Verwendung solcher Tags üblich  ; durch die Tags lässt man dem Gegenüber die Gelegenheit, ggf. negativ zu antworten, aber eigentlich geht man davon aus, dass die Antwort sowieso bestätigend wäre. (7a) Sie haben ihn ja kennen gelernt. (7b) Vous avez fait sa connaissance, n’est-ce pas   ? (7c) You know him, don’t you  ?

Oft wird ja auch in Sätzen verwendet, die eine Ursache oder einen Grund für etwas Vorerwähntes nennen. In dem Fall kann man im Niederländischen und im Französischen für ein spezifisches Verbindungswort (Konjunktionaladverb bzw. Konjunktion) optieren  : immers und puisque werden vor allem verwendet, wenn die Begründung an sich für G nicht neu ist. Dies unterscheidet 74

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

diese Wörter von anderen Verbindungswörtern, die ebenfalls eine Ursache oder einen Grund markieren, aber dessen Bekanntheit nicht unbedingt implizieren (nämlich, namelijk, parce que …). Im Englischen lässt sich mit after all eine ähnliche Wirkung erzielen.4 (8a) Wir waren die ‚Zuschauer‘, denn wir taten ja nichts, wir sahen immer bloß zu. (8b) Nous étions le ‘public’, puisque nous ne faisions rien, nous étions de simples spectateurs.

Wie (8a) zeigt, enthalten solche Sätze mit ja, die eine Ursache oder eine Erklärung nennen, oft keine Konjunktion. Das liegt daran, dass Modalpartikeln oft implizieren, dass der partikelhaltige Satz in einem Bezug zum Vorgängersatz steht. Manchmal ist dieser Bezug auch in der Partikelbedeutung spezifiziert (zum Beispiel bei schon in rhetorischen Fragen, das einen Widerspruch zum Vorangehenden impliziert – siehe 4.4.1), aber ja indiziert nur, dass es einen Bezug gibt, ohne ihn genauer zu spezifizieren. Dass wir diesen Bezug als Grund oder Begründung oder Erklärung interpretieren, ist auch nicht mehr als das  : eine Interpretation im Kontext. Trotzdem wird in Übersetzungen oft ein Verbindungswort (Konjunktion oder Konjunktionaladverb) hinzugefügt, das die Beziehung explizit macht. Wie die Beispiele unter (9) zeigen, können das die Verbindungswörter sein, die wir bereits erwähnt haben, aber auch andere Verbindungswörter, die eine Ursache oder einen Grund markieren, sind möglich (want, omdat, immers, parce que, comme, car, c’est que, en effet, as, since, because …). In dem Fall verschwindet bei der Übersetzung zwar oft die Nuance des geteilten Wissens, aber trotzdem können wir diese Verbindungswörter als Übersetzungen der Partikel betrachten, weil zumindest der Bezug zwischen den Sätzen explizit gemacht wird. Beispiel (10), aus Rainer Maria Rilkes Geschichten vom lieben Gott, illust4 Auch Elemente wie tenslotte und per slot van rekening im Niederländischen oder somme toute im Französischen können so verwendet werden. Bekanntheit oder Evidenz markieren

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riert schön die verschiedenen Möglichkeiten  : Im Französischen wird eine Konjunktion verwendet, im Englischen bleibt der Bezug völlig implizit und aus dem Kontext abzuleiten (eigentlich wird ja hier also gar nicht übersetzt), und im Niederländischen erscheint ein Semikolon, das, genauso wie ja, einen Bezug zwischen den beiden Sätzen signalisiert, aber diesen nicht weiter spezifiziert. (9a) Ich bin mir sicher, dass es noch nicht vorbei ist  ; man weiß ja nie, was die Zukunft noch bringt. (9b) Ik ben zeker dat het nog niet voorbij is  ; je weet immers nooit wat de toekomst nog brengt. (9c) Je suis convaincu que ce n’est pas terminé, puisqu’on ne sait jamais ce que l’avenir nous réserve. (9d) I am convinced that it isn’t over yet  ; after all, you never know what the future will bring. (10a) Man kann dich nicht zerschlagen, du bist ja nur Eines. (10b) Jij bent niet kapot te krijgen  ; je bent in één stuk. (10c) On ne peut pas te briser, car tu es Un. (10d) You can’t be split apart, you’re a unity.

Zum Schluss ist noch darauf hinzuweisen, dass ja oft auch in Sätzen mit einer ‚zwar‘-Nuance erscheint, die nicht unbedingt ein zwar enthalten. Das ist nicht so verwunderlich, denn mit zwar … aber erwähnt man im ersten Teil (also im zwar-Teil) auch etwas, das sicher wahr und oft bereits bekannt ist – also gerade der typische ja-Kontext.5 In dem Fall wird für die Übersetzung oft anstelle einer Modalpartikel ein Pendant zu zwar benutzt (zum Beispiel weliswaar im Niederländischen, certes oder il est/c’est vrai (que) im Französischen, to be sure oder it’s true im Englischen), ohne direktes Pendant zu ja, wie in Beispiel (11) aus Thomas 5 Trotzdem ist die Kombination ja zwar nicht so gängig  ; zwar wird vielfach ohne ja benutzt. Vermutlich ist die Erklärung dafür gerade, dass zwar an sich schon ja impliziert.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

Manns Zauberberg. Auch Wörter wie zugegebenermaßen, toegegeven und admittedly kann man dafür verwenden. Im Übrigen können auch Elemente wie natürlich, natuurlijk, bien sûr und of course eine ‚zwar‘-Nuance enthalten  ; wenn die Bedeutung ‚natürlich‘, obwohl sie eigentlich etwas stärker ist als ja, im Kontext passt, kommen also auch diese Elemente als Übersetzung von ja in Frage. (11a) Ich habe ja ungewöhnlich viel zum Frühstück gegessen, aber das kann der Grund nicht sein. (11b) Ik heb weliswaar erg uitgebreid ontbeten, maar dat kan de oorzaak niet zijn. (11c) Il est vrai que j’ai déjeuné d’une manière exceptionnellement copieuse, mais cela ne peut pas être la raison. (11d) I did eat more than usual for breakfast, it’s true, but that cannot be the reason. (12a) Was Sie sagen, das ist ja ganz richtig, aber darum geht es hier nicht. (12b) Was Sie sagen, das ist natürlich ganz richtig, aber darum geht es hier nicht. (12c) Wat u zegt, is natuurlijk helemaal waar, maar daar gaat het hier niet om. (12d) Ce que vous dites est vrai, bien sûr, mais ce n’est pas de ça qu’il s’agit. (12e) What you say, is right, of course, but that’s not the point.

4.2.2 doch Eine zweite deutsche Partikel, die wir in diesem Kontext erwähnen können, ist doch (sehr vergleichbar mit dem niederländischen toch). Ähnlich wie ja verwenden wir doch (und toch) in Verbindung mit einer Information, die dem Gegenüber eigentlich bereits bekannt sein dürfte. Nur haben typische doch/toch-Kontexte etwas Besonderes  : Das Verhalten oder die Aussagen des Gegenübers Bekanntheit oder Evidenz markieren

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passen nicht zu dieser eigentlich bereits bekannten Information. Durch den Satz mit doch/toch macht man G darauf aufmerksam, in der Hoffnung, dass G sein Verhalten entsprechend anpassen wird. Satz (13a) aus Thurmair (1989, S.  111) kann das verdeutlichen. Im Prinzip sollte der Sonderführer (eine Art Unteroffizier) bereits wissen, dass ich nur meine Pflicht tue. Eigentlich hat er also keinen Grund zur Aufregung, aber trotzdem regt er sich auf. Durch den Satz mit doch mache ich ihn auf diesen Konflikt aufmerksam (‚Ich tue nur meine Pflicht, und trotzdem regen Sie sich auf‘), implizierend, dass er sein Verhalten entsprechend anpassen (und sich abregen) sollte. Das Gleiche sehen wir in (14)  : G sollte wissen, dass Anna gerade in Spanien ist und mir also nicht helfen kann, aber trotzdem schlägt G genau das vor. Durch den Satz mit doch weise ich auf diesen Konflikt hin, implizierend, dass Gs Annahme (Anna kann mir helfen) nicht stimmt und also fallen gelassen werden sollte. (13a) Was regen Sie sich denn so auf, Herr Sonderführer  ? Ich tue doch nur meine Pflicht  ! (14a) Kann die Anna dir nicht helfen  ? – Anna  ? Die ist doch derzeit in Spanien  !

Für die Übersetzung ins Niederländische ist toch, durch seine direkte Äquivalenz zu doch, die naheliegendste Lösung. Eine gute englische Übersetzung zu finden ist nicht so einfach. In einem Satz wie (13a) könnte man ggf. noch after all verwenden (‚after all, I’m just doing my duty‘) und auch surely kommt gelegentlich zum Einsatz, aber in einem Satz wie (14a) passen diese Lösungen weniger gut. Was man machen könnte, ist, eine tendenziöse Frage daraus zu machen (siehe 4.3.2), wie in (14b), aber das ist eine weniger starke Variante, die den Konflikt nicht so deutlich hervorhebt. Dies gilt auch für viele andere Umschreibungen, wie in (14c). Die passendste Übersetzung ist vielleicht noch ein betontes you know (14d), das übrigens auch in einem Satz wie (13a) ginge 78

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

(‚you know I’m just doing my duty‘), aber das kommt weniger oft vor als doch im Deutschen und ist aufgrund der assertiven Prosodie vielleicht auch nicht so geeignet, wenn G dein*e Vorgesetzte*r ist. Im Allgemeinen scheint das Englische stärker auf Intonation zu setzen, um diese Nuance zum Ausdruck zu bringen, ggf. in Kombination mit ‚Tags‘ wie isn’t she in (14c). Generell werden solche Tags im Englischen auch wesentlich öfter benutzt als in unseren anderen Sprachen, insbesondere in Kontexten, in denen man nach Bestätigung sucht oder zumindest vermutet, dass G bereits wissen könnte, was gesagt wird. (14b) Can’t Anna help you  ? – Anna  ? Isn’t she in Spain at the moment  ? (14c) Can’t Anna help you  ? – Anna  ? But I thought she’s in Spain at the moment, isn’t she  ? (14d) Can’t Anna help you  ? – Anna  ? You know she’s in Spain at the moment  !

Fürs Französische ist die Situation etwas einfacher, aber nicht viel. Wahrscheinlich wurde in der Schule gesagt, dass man doch ins Französische übertragen kann als quand même oder tout de même. Für die Verwendung von doch als (oft betontes) Adverb, in der Bedeutung ‚dennoch, trotzdem‘, stimmt das auch (‚er hatte gesagt, dass er nicht kommen würde, aber er ist doch gekommen‘  – ‚il avait dit qu’il ne viendrait pas, mais il est venu quand même‘), und auch für doch als Modalpartikel kommen diese Übersetzungen in Frage (am Satzende oder in einer mittelfeldähnlichen Position, wie sie doch einnehmen würde)  : (13b) Je ne fais que mon devoir, quand même   ! (15) Vous ne pouvez tout de même pas serrer la vis à vos recrues en cet état d’intoxication avancé   !

Aber bei Sprachfragen ist es leider nie so einfach. Diese Sätze mit quand même und tout de même sind zwar richtig, aber vor allem Bekanntheit oder Evidenz markieren

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quand même wird in dieser Situation weniger oft verwendet, als man aufgrund der Frequenz des deutschen doch (oder des niederländischen toch) erwarten würde. Insbesondere mit Verben wie voir (‚sehen‘), entendre (‚hören‘) und savoir (‚wissen‘) hört man im Französischen oft bien  : (16a) Sie sehen doch, wie sehr das Kind an ihm hängt  ! (16b) Vous voyez bien comme l’enfant l’aime   !

Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte insubordinierte puisque. Damit ist gemeint, dass puisque nicht wie üblich einen Nebensatz einleitet, sondern dass der Satz mit puisque, der wie ein Nebensatz aussieht, eigentlich ein Hauptsatz ist. Das sehen wir in (17a), wo puisque je te le dis ungefähr die gleiche Bedeutung hat wie ‚Das sage ich doch  !‘. Übrigens fangen solche insubordinierten Sätze mit puisque oft mit einem mais an, das den für doch typischen Widerspruch ausdruckt (‚du weißt, dass ich es sage und dass es also wohl wahr sein wird, und trotzdem fragst du, ob es wahr ist‘), wie in (17b) – auf die Rolle von mais als Übersetzung von doch gehen wir weiter unten noch ein. Auch das Deutsche kann hier im Übrigen eine insubordinierte Struktur mit wo haben, wie in (17c), in der wo – ähnlich wie puisque – eigentlich eine kausale Konjunktion ist  ; der Unterschied ist, dass hier, anders als im Französischen, normalerweise noch eine explizite Modalpartikel vorliegt, und typischerweise ist das gerade doch.6 (17a) C’est vrai  ? – Ben… puisque je te le dis  ! 6 Näheres zu dieser Konstruktion liest man u. a. bei Günthner (2002, 2007). Sie weist darauf hin, dass doch hier zwar oft vorkommt, aber nicht unerlässlich ist (obwohl manche Grammatiken das Gegenteil behaupten)  : Diese Konstruktion ist auch ohne Modalpartikel oder mit ja anstelle von doch möglich. Dies ist im Übrigen einer der wenigen Fälle, in denen eine Modalpartikel in der geschriebenen Sprache häufiger vorkommt als in der gesprochenen. Außerdem wird diese Konstruktion (auch ohne Partikeln), Günthner zufolge, vor allem verwendet, wenn das Gesagte irgendwie evident ist oder nicht zur Diskussion steht, was die Affinität mit Partikeln wie ja und doch noch steigert.

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(17b) C’est vrai  ? – Mais puisque je te le dis  ! (17c) Wo ich es dir doch sage  !

Ähnlich wie ja wird doch oft in Sätzen verwendet, die einen Grund oder eine Ursache erwähnen. Auch hier wird, ähnlich wie bei ja, oft puisque als Konjunktion verwendet (hier handelt es sich um die klassische Konjunktion, nicht um das insubordinierte puisque). Auch die anderen Strategien mit Konjunktionen, die für ja besprochen wurden, lassen sich im Fall von doch anwenden. (18a) Ich habe ja Zeit, ich kam doch in der Erwartung her, dass heute eine Verhandlung sein werde. (18b) Ik heb tijd, want ik had gedacht dat er vandaag een verhoor zou zijn. (18c) J’en ai le temps puisque je venais ici dans l’espoir d’un interrogatoire. (18d) I have time  ; after all, I had expected there to be a hearing today.

Wie gesagt, besteht im Allgemeinen ein Widerspruch zwischen dem doch-Satz und den Aussagen oder dem Verhalten des Gegenübers. Auch das können wir ausnutzen, indem wir keine kausale oder begründende Konjunktion verwenden, sondern eine oppositive (maar, mais, but 7). Sowieso werden diese manchmal eher wie Diskursmarker und nicht wie reine Konjunktionen verwendet  – in Beispiel (19) aus Ingrid Nolls Der Hahn ist tot könnte man auch im Deutschen ein aber hinzufügen. Auch pourtant, das in Schulbüchern oft mit ‚jedoch‘ übersetzt wird, kann gelegentlich in Kontexten verwendet werden, in denen im Deutschen ein doch steht, gerade weil es auch diesen Widerspruch explizit macht (20).

7 Dies gilt auch für andere Sprachen, zum Beispiel für das italienische ma und das spanische pero (obwohl auch in diesen Sprachen natürlich andere Übersetzungen möglich sind, etwa das italienische pure). Bekanntheit oder Evidenz markieren

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(19a) Witold lachte. „Ja, Thyra, so ist es. Ich bin in Vivian verliebt. Durch dich habe ich Beate kennengelernt und bei ihr wiederum ihre hinreißende Tochter.“ Ich stotterte  : „Vivian ist doch fast noch ein Kind  !“ (19b) Ich stotterte  : „Aber Vivian ist doch fast noch ein Kind  !“ (19c) Ik stotterde  : “Maar Vivian is toch noch bijna een kind  !” (19d) Mais Vivian est encore pour ainsi dire une enfant, bredouillaije. (19e) I stuttered  : But Vivian is still almost a child  ! (20a) Das war doch Ihr Befehl  ! (20b) C’était pourtant l’ordre que vous aviez   !

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass dieser Widerspruch bei doch nicht immer gleich stark ist.8 Manchmal hat doch auch eine einfache Erinnerungsfunktion und signalisiert, dass das Gesagte wichtige Hintergrundinformation ist, die man braucht, um eine nachfolgende Aussage oder Geschichte gut zu verstehen, aber auch nicht mehr als das  : Hintergrundwissen, das man parat halten sollte. Ein Beispiel ist (21a), das in dieser Form dem Internetforum motor-talk.de entnommen wurde. Das Thema ist die Frage, aus welchem Material bei getunten Autos die Scheiben hergestellt sein dürfen. Einer der Beitragenden fängt seine Antwort mit diesem Satz an  ; der Verweis auf die Fernsehsendung dient lediglich der Einrahmung der Antwort und impliziert keinen Widerspruch, sondern nur Bekanntheit (S geht davon aus, dass alle die Sendung kennen, wenn auch vielleicht ohne den Namen parat zu haben). Auch im Niederländischen kann man in diesem Fall toch verwenden (21b), obwohl es in dieser Situation vielleicht etwas weniger geläufig ist als das deutsche doch. Sowieso scheint der Erinnerungseffekt in anderen Sprachen 8 In diesem Fall ist das insubordinierte puisque als französische Übersetzung weniger passend  : Es wird vor allem verwendet, wenn ein klarer Widerspruch besteht (siehe auch Detges & Gévaudan 2018, S. 321 für eine ausführlichere Besprechung dieses Unterschieds zwischen doch und insubordiniertem puisque).

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weniger oft als im Deutschen durch Partikeln herbeigeführt zu werden, sondern eher durch die Intonation oder Umschreibungen wie je weet wel oder tu te rappelles. Bemerkenswert ist auch, dass in diesen Beispielen bei den als bekannt unterstellten Elementen oft Demonstrativa anstelle von einfachen bestimmten Artikeln verwendet werden (diese anstelle von die in (21a), die anstelle von de in (21b), cette anstelle von la in (21c)), und vor allem im Englischen kann die bewusste Verwendung von Demonstrativa wie this (anstelle von the) an sich bereits für einen Erinnerungseffekt sorgen (21d). (21a) gestern war doch diese tv-show wo man einen racing-mini gewinnen kann.....dem haben die auch „polycarbonat“scheiben hinten und vorne verpasst  ! (21b) Gisteren was er toch die tv-show waar je een racing-Mini kunt winnen… Daar hebben ze vooraan en achteraan ook ruiten uit ‘polycarbonaat’ ingebouwd  ! (21c) Tu te rappelles cette émission télé hier où … (21d) Yesterday there was this show on television where …

4.2.3 eben, einfach & halt Die drei deutschen Partikeln eben, einfach und halt werden oft zusammen besprochen. Das ist auch nicht so verwunderlich, denn funktional ähneln sie sich sehr stark und sie werden auch oft untereinander kombiniert. Allerdings bedeutet das auch, dass es sehr schwer ist, den Unterschied genau zu beschreiben. Zum Glück ist zumindest einfach nicht so schwer zu übersetzen, hat es doch ziemlich direkte Pendants in den anderen Sprachen, die wir berücksichtigen  : im Niederländischen gewoon(weg) oder simpelweg 9, im Englischen simply oder just, und im Französischen 9 Außerdem kann man eenvoudigweg oder domweg benutzen, obwohl domweg bei positiven Bewertungen eher unüblich ist. Man kann also sagen, dass man über etwas domweg te weinig (‚zu wenig‘) weiß oder dass etwas domweg niet Bekanntheit oder Evidenz markieren

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simplement oder (vor allem in Sätzen, die eine Erklärung geben) voilà tout am Satzende. (22a) Ich habe einfach nichts mehr zu tun. (22b) Ik heb gewoon niks meer te doen. (22c) I just don’t have anything to do anymore. (22d) Je n’ai simplement plus rien à faire. (22e) Je n’ai plus rien à faire, voilà tout.

Wenn ein Adjektiv folgt, hat man im Französischen noch eine weitere Möglichkeit  : Unter Einfluss des Englischen wird im Französischen zunehmend auch juste gesagt anstelle von simplement (23d). Außerdem kann man purement, carrément oder vraiment benutzen (23e). Das wäre zwar in Sätzen wie (22) auch nicht ausgeschlossen, aber diese Elemente werden doch häufiger in Sätzen mit einem Adjektiv verwendet. (23a) Das war einfach wunderbar. (23b) Dat was gewoon prachtig. (23c) That was just marvelous. (23d) C’était juste/simplement magnifique. (23e) C’était purement/carrément/vraiment magnifique.

Bemerkenswert ist, dass das deutsche einfach und das französische simplement graduiert werden können (ganz einfach, tout sim-

waar (‚nicht wahr‘) ist, aber zu sagen, dass man etwas domweg prachtig (‚prächtig‘) findet, ist eher seltsam. Mit einem Adjektiv oder einem davon abgeleiteten Adverb kann man auch ronduit gebrauchen  : Dat is ronduit prachtig hat ungefähr die gleiche Nuance wie dat is gewoon prachtig, scheint aber manchmal eine Spur kategorischer zu sein. Wichtig ist auch, dass die deutschen und niederländischen Partikeln einfach, gewoon(weg) (mit den besprochenen Varianten) und ronduit zusammen mit einem Adjektiv, Adverb o. dgl. auch im Vorfeld stehen können, während das mit den gleich im Anschluss zu besprechenden Partikeln eben, halt, nu eenmaal usw. nicht möglich ist  : (i) Einfach großartig ist dieses Projekt.

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plement), während dies im Niederländischen und im Englischen kaum möglich ist.10 (24a) Ich bin ganz einfach zu alt für eine Zukunft. (24b) Je suis tout simplement trop vieille pour une postériorité.

Was bedeuten nun diese Partikeln  ? Sie signalisieren, dass S der Meinung ist, dass nicht mehr dazu zu sagen ist (oder dass S nicht mehr dazu sagen möchte)  : ‚So ist es und damit ist alles gesagt  ; du brauchst also nicht weiter darüber zu diskutieren, denn es liegt auf der Hand, dass es so ist.‘ In (22) bedeutet das also, dass es laut S nur einen Grund für die Langeweile gibt (nämlich, dass S nichts mehr zu tun hat), in (23) ist S zufolge wunderbar das einzige passende Wort und in (24) hält S es nicht für nötig, über ihr Alter zu diskutieren – sie ist (ihrer eigenen Meinung nach) zu alt, Punktum. Wo liegt dann der Unterschied zwischen einfach auf der einen und eben und halt auf der anderen Seite  ? Dieser Unterschied besteht darin, dass es sich bei einfach um eine Einschätzung von S selbst handelt (er hat nach eigenem Sagen nichts mehr zu tun, sie findet sich selbst zu alt), während sich eben und halt eher auf objektive Tatsachen beziehen, über die man tatsächlich nicht diskutieren kann oder die man tatsächlich nicht ändern kann.11 In 10 Auch lei, das wir in Kapitel 2 kurz erwähnt haben und das in einigen Regionen Österreichs und Italiens neben einfach (oder der Dialektform oafoch) besteht, lässt sich nicht graduieren. Für eine ausführlichere Besprechung von lei verweisen wir auf Heinrich (2001). 11 Über den genauen Unterschied zwischen eben und halt ist man sich auch in der Linguistik noch nicht einig, aber eben scheint etwas kategorischer zu sein als halt. Außerdem scheint halt etwas öfter als eben in Kontexten Verwendung zu finden, in denen man sich mit etwas Unangenehmem zufriedengeben muss, weil man es nicht ändern kann, auch wenn man es lieber anders gesehen hätte. Das gilt im Übrigen auch für das norddeutsche man, das ebenfalls vor allem in Situationen vorkommt, die man lieber anders gesehen hätte (siehe Blume 1988 für eine etwas ausführlicheren Besprechung zu diesem regional verwendeten man)  : (ii) So einfach ist das halt/man leider nicht. Bekanntheit oder Evidenz markieren

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(25a) ist es zum Beispiel unwidersprechlich so, dass die Situation in Wirklichkeit eine andere ist (als in der Theorie), und daran kann man nun einmal nichts ändern. Der gleiche Satz mit einfach würde bedeuten, dass S selbst findet, dass die Realität sowieso anders ist, aber noch Raum für andere Meinungen lässt, während eben und halt andere Standpunkte marginalisieren oder gar komplett ausschließen. (25a) In Wirklichkeit verhält es sich halt/eben nicht so.

Auch im Niederländischen steht in solchen Sätzen eher nicht gewoonweg oder simpelweg (obwohl es nicht ganz ausgeschlossen ist), sondern vielmehr das etwas stärkere nu eenmaal. Auch im Deutschen kann man im Übrigen in diesem Kontext nun (ein-) mal bzw. regional (vor allem im Süden) auch halt (ein)mal sagen.12



Des Weiteren kann man eben auch besser als halt verwenden in Situationen, in denen man sich auf seine eigenen Vorkenntnisse beruft – ähnlich, wie das auch mit ja geht (siehe Fußnote 2). Man kann mit anderen Worten etwas erwähnen, das G sicherlich noch nicht wusste, und trotzdem durch eben zu verstehen geben, dass es dermaßen logisch oder evident ist, dass darüber eigentlich keine Diskussion bestehen kann. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass halt – aber nicht eben – inzwischen auch eine Art abgeschwächte Variante zu entwickeln scheint, die eher auf einer Meta-Ebene zu funktionieren scheint und die Aussage als eine eher beiläufige rahmt  : als eine logische Hinzufügung/Erklärung/Zusammenfassung, die aber nur beiläufig und ohne viel kommunikatives Gewicht geäußert wird. Dies betrifft vor allem die Verwendung im Nachfeld (siehe 2.3.3.1) sowie in elliptischen Äußerungen wie in (iii), aber auch im Mittelfeld ist diese Abschwächung nicht ausgeschlossen. Für eine ausführlichere Besprechung verweisen wir auf den Aufsatz von Thurmair (2020), dem auch das folgende Beispiel entstammt  : (iii) Mal spielt er mit einem Holzstab auf dem Xylophon, dann holt er ein Pack brasilianische Cracker, um sich kurz darauf mit seinem Handy in die Hängematte zu legen. Künstler halt. 12 Vor allem im Internet und in den sozialen Medien liest man manchmal auch nunmal (zusammengeschrieben) oder sogar nunma, numma oder numa, aber diese Varianten sind eigentlich nicht korrekt. Von der Verwendung her ähnelt nun einmal (mit all diesen Varianten) eben vielleicht noch etwas stärker als halt.

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(25b) In Wirklichkeit verhält es sich nun mal nicht so. (25c) In het echt is de situatie nu eenmaal niet zo.

Im Englischen wird der Unterschied zwischen der stärker sprecherliierten Nuance (einfach, gewoonweg) und der objektiveren Nuance (eben/halt, nu eenmaal) nicht so systematisch gemacht. Als Übersetzung von eben oder halt wird meistens auch just verwendet (simply ist dagegen weniger üblich)  : (25d) Things just don’t work that way in reality.

Auch im Französischen findet man oft tout simplement (aber nicht das einfache simplement) in Kontexten, in denen im Deutschen eben/halt und im Niederländischen nu eenmaal stehen würde, aber noch geläufiger ist das sehr ähnliche, aber noch etwas stärkere tout bonnement (anders als simplement wird bonnement kaum ohne tout verwendet). Wenn man zu verstehen geben will, dass man es wohl oder übel so hinnehmen muss, weil man es nicht ändern kann, gibt es auch die Möglichkeit, eine Paraphrase wie et on n’y changera rien hinzuzufügen (was natürlich auch in den anderen Sprachen nicht ausgeschlossen ist). (25e) En réalité, il n’en est tout bonnement pas ainsi. (25f ) En réalité, il n’en est pas ainsi et on n’y changera rien.

Weitere mögliche französische Übersetzungen von eben sind justement und (ab und zu) précisément. Diese beiden sind allerdings nur in bestimmten Kontexten möglich, wie das nachstehende Beispiel aus Fritz Zorns Roman Mars illustriert. Das deutsche eben signalisiert, dass sie bereits andere Pläne hatten und dass daran nichts mehr geändert werden konnte, und dass sie deshalb nicht bleiben konnten  ; im Französischen dagegen hat man die Nuance, dass sie nicht bleiben konnten, gerade weil sie bereits andere Pläne hatten, ohne dass impliziert ist, dass daran nichts mehr geändert werden könnte. Mit justement wird also stärker hervorgehoben, dass gerade das der Grund ist, und (anders als mit eben Bekanntheit oder Evidenz markieren

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oder tout bonnement) weniger stark, dass der Sachverhalt evident oder unveränderlich ist.13 (26a) Sie wollten nicht etwa deshalb nicht bei mir bleiben, weil auch sie nichts zu tun gehabt hätten, sondern sie konnten nicht bei mir bleiben, weil sie eben etwas anderes vorhatten. (26b) Ce n’était pas qu’ils ne voulaient pas rester avec moi parce qu’eux non plus n’avaient rien à faire, au contraire, ils ne pouvaient pas rester avec moi parce qu’ils avaient justement un autre programme.

Ähnlich wie für ja und doch gilt für eben, einfach und halt, dass sie des Öfteren in Sätzen verwendet werden, die eine Ursache oder einen Grund anführen.14 Wie bei der Besprechung von einfach bereits erwähnt wurde (22e), kann man in diesem Kontext im Französischen c’est tout oder voilà tout am Satzende verwenden. Ansonsten findet man vor allem die gleichen Übersetzungen wie bei den (eigentlich weniger kategorischen) Partikeln ja und doch in Begründungskontexten, im Französischen also zum Beispiel puisque und c’est que, wie im nachstehenden Beispiel (erneut aus Fritz Zorns Mars), in dem sich der Ich-Erzähler über die immer wiederkehrende Frage ärgert, warum er denn noch keine Freundin hat  : (27a) Offenbar war der Tanzkurs der Ort, an dem es Freundinnen gab. Solange ich noch nicht im Tanzkurs war, hatte ich eine ganz bequeme Erklärung für mich  : ich war eben noch gar nie am Ort gewesen, an dem es Freundinnen gab. 13 Zu beachten ist auch, dass eben nicht nur als Modalpartikel, sondern auch als Fokuspartikel (mehr oder weniger synonym mit gerade) verwendet werden kann und dass diese Trennlinie nicht immer ganz scharf ist. Justement und précisément sind eigentlich relativ direkte Übersetzungen der Fokuspartikel eben, lassen sich aber auch (wie hier) als Gegenstück der Modalpartikel finden, wenn bei dieser noch eine fokussierende Nuance mitschwebt (oder hineingelesen werden kann). 14 Felder (2017) weist darauf hin, dass im Schweizerdeutschen in diesem Kontext statt eben auch darum (meistens mit dialektaler Aussprache als drum oder drom) verwendet wird.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

(27b) Manifestement le cours de danse était l’endroit où il y avait des amies. Tant que je n’étais pas inscrit au cours de danse, j’avais une explication commode pour moi   : c’est que je ne m’étais encore jamais trouvé à l’endroit où il y avait des amies.

Bisher haben wir nur Beispiele in Aussagesätzen gegeben. Die deutschen Partikeln eben, einfach und halt und die meisten bereits erwähnten Übersetzungen können aber auch in Aufforderungen verwendet werden, mit derselben Bedeutung  : ‚Es liegt auf der Hand, es ist evident, es kann keine Diskussion darüber bestehen, dass du das tun musst‘ (Ausnahmen sind justement/précisément und nu eenmaal/nun einmal sowie die Übersetzungen in begründenden Sätzen  : Diese Nuancen sind in Aufforderungen weniger üblich.) Auch donc wird in der einschlägigen Literatur manchmal als Übersetzung aufgelistet, aber dabei handelt es sich eigentlich eher um eine reine Verstärkung der Aufforderung (ähnlich wie das deutsche doch, siehe 4.6.1), die weniger die Nuance enthält, dass etwas logisch ist oder auf der Hand liegt, also gehen wir an dieser Stelle nicht weiter darauf ein. (28a) Vergiss mich einfach. (28b) Vergeet me gewoon. (28c) Just forget me. (28d) Oublie-moi simplement.

Darüber hinaus kann einfach auch in Entscheidungsfragen ( Ja/ Nein-Fragen) verwendet werden. In dem Fall fragt man, ob G etwas für eine logische Erklärung hält. Das erklärt auch, warum dies mit eben und halt weniger gut geht  : Einfach markiert, dass S einen Sachverhalt für evident hält, und man kann also auch fragen, inwiefern G dieser Meinung ist, während eben und halt objektive und für jedermann geltende Evidenz markieren, sodass es wenig sinnvoll ist, zu fragen, ob G diese Meinung teilt (das muss der Fall sein, sonst wäre der Sachverhalt nicht objektiv evident). Auch in den anderen Sprachen finden wir die gleichen Übersetzungen wie bei den anderen Verwendungen von einfach. BeiBekanntheit oder Evidenz markieren

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spiel (29), das einem Nachhilfeforum (Thema  : Konflikte mit dem Lehrer entschärfen) entnommen wurde, kann dies verdeutlichen. Mareike hat anscheinend ihre Hausaufgaben nicht geschafft und ein Elternteil fragt beim Lehrer nach, ob er die Erklärung, dass die Aufgabe für sie zu viel Arbeit war, für eine logische hält. Der Elternteil behauptet also nicht selbst, dass es evident ist, dass die Aufgabe für sie zu groß war, sondern fragt den Lehrer, ob er es für eine logische oder evidente Erklärung für ihr Nichtfertigwerden hält. (29a) Mareike hat die gestrigen Aufgaben mal gerade so geschafft, muss ich mir Sorgen machen oder war es einfach zu viel für sie  ? (29b) Moet ik me zorgen maken of was het gewoon te veel voor haar  ? (29c) Should I be worried or was it just too much for her  ? (29d) Dois-je me faire des soucis ou le devoir était-il tout simplement trop de travail pour elle   ?

Zum Schluss ist noch auf zwei weniger oft verwendete deutsche Partikeln einzugehen. Die erste, schlicht (manchmal auch schlichtweg), ist nahezu synonym mit einfach 15  ; es ist auch dieses schlicht, das in der Kombination schlicht und einfach vorliegt, einem der wenigen Fälle, in denen zwischen den Partikeln ein und stehen kann. (30–31) Schlicht (und die Kombination schlicht und einfach) wird, ähnlich wie einfach, in Aussagesätzen wie in Aufforderungen verwendet. Interessant ist, dass auch das Französische eine Struktur mit Koordination hat, nämlich mit purement et simplement, während das im Englischen und im Niederländischen nicht möglich ist. (31b–c) Die zweite noch zu besprechende Partikel ist jetzt (manchmal auch nun), das mehr oder weniger synonym ist mit halt und vor allem in Aussagesätzen gebraucht wird. (32) Aufgrund der Ähnlichkeit zu einfach und halt ist es nicht ver15 Die Ähnlichkeit zwischen einfach und schlicht zeigt sich auch darin, dass schlicht genauso wie einfach u. U. im Vorfeld stehen kann (siehe Fußnote 9).

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wunderlich, dass schlicht und jetzt weitestgehend gleich übersetzt werden wie diese Partikeln, obwohl man für jetzt zumindest im Niederländischen auch nu findet. Das französische maintenant kennt diese Verwendung nicht (oder allenfalls regional), und auch das englische now ist in dieser Verwendung relativ unüblich und wirkt für viele auch eher unnatürlich. (30a) Das ist schlicht nicht die Aufgabe der EU. (30b) Ce n’est tout simplement pas la tâche de l’UE. (31a) Er ist schlicht und einfach der Beste in dieser Position. (31b) Hij is gewoonweg de beste in die positie. (31c) Il est purement et simplement le meilleur dans cette position. (32a) Ich hätte es auch gern anders gesehen, aber die Regierung hat das jetzt so entschieden. (32b) Ik had het ook graag anders gezien, maar de regering heeft dat nu zo beslist.

4.2.4 schon Bei der Besprechung der Partikel ja haben wir bereits auf Kontexte mit einer ‚zwar‘-Nuance verwiesen. Das sind auch typische Kontexte für eine weitere deutsche Partikel   : schon. Schon beschränkt sich allerdings nicht auf solche Kontexte, sondern bringt ganz allgemein zum Ausdruck, dass S durchaus zur Aussage steht und diese für wahr und zutreffend hält, trotz möglicher Zweifel, Einwände oder Gegenargumente. In (33a) gesteht S zum Beispiel ein, Free Jazz nicht so zu mögen, bleibt aber trotzdem der Meinung, dass das Konzert toll war. Eine ähnliche Verwendung hat schon auch in Aufforderungen  : In (34), einer Variante eines Beispiels aus Thurmair (1989, S. 153), versucht S G zum Tanzen zu überreden und weist damit Gs Einwand (‚ich kann nicht walzen‘) zurück. Bekanntheit oder Evidenz markieren

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(33a) Also das Konzert gestern war schon toll, obwohl ich ja Free Jazz eigentlich nicht so mag. (34) Tanzen wir  ? – Nein, walzen kann ich leider nicht. – Das ist doch gar nicht so schwer  ! Na los, komm schon  !

Auf die Verwendung von schon in Aufforderungen kommen wir im Abschnitt 4.6.1 noch zu sprechen  ; hier beschränken wir uns auf die Verwendung in Aussagesätzen. Aussagesätze mit schon beziehen sich sehr oft auf die Zukunft. In dem Fall kann man sagen, dass schon eine beruhigende Wirkung hat. Das sehen wir zum Beispiel in (35a)  : S bemerkt, dass sich G Sorgen macht, weil seine Eltern noch nicht da sind, um ihn abzuholen, also beruhigt S G und sagt, dass sie schon noch kommen werden und dass die Sorgen (= Einwände, Gegenargumente) also eigentlich nicht nötig sind. Im Deutschen erreicht man diesen Effekt mit schon, im Niederländischen mit wel und im Französischen mit bien, jeweils in Kombination mit einer beruhigenden Intonation (und, vor allem im Niederländischen, ggf. auch Interjektionen am Satzende, zum Beispiel hoor oder das dialektale zenne). Auffällig ist, dass im Französischen statt bien auch certainement oder sûrement verwendet wird, und dass auch im Deutschen oder im Niederländischen sicher/bestimmt/gewiss und zeker in diesem Kontext durchaus vorkommen (wenn auch vielleicht etwas seltener als certainement/ sûrement). Der Grund ist, dass diese Wörter inzwischen etwas von ihrer Stärke verloren haben und also weniger kategorisch wirken.16 Wenn sie betont sind, signalisieren sie tatsächlich (nahezu) 100%ige Gewissheit und heben diese auch hervor, aber in unbetonter Verwendung sind sie etwas weniger kategorisch und 16 Diesen Effekt hat man eigentlich auch mit sans doute, das nicht ‚zweifelsohne‘ bedeutet, sondern ‚wahrscheinlich‘. Wenn man im Französischen ‚zweifelsohne‘ oder ‚ohne Zweifel‘ sagen möchte, muss man also eigentlich ‚ohne jeden Zweifel‘ sagen, also sans aucun doute. Für eine zwar etwas ältere, aber trotzdem noch aufschlussreiche Besprechung der Verwendungen von sicher/bestimmt/gewiss verweisen wir auf Dieling (1985).

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

eher mit schon vergleichbar (keine absolute Sicherheit, aber trotzdem ausreichend, um sich darauf verlassen zu können).17 Dies gilt im Übrigen auch für das englische surely. Davon abgesehen kann man natürlich auch immer eine Phrase wie mach dir keine Sorgen/ maak je maar geen zorgen/ne te fais pas de soucis hinzufügen, was im Englischen sowieso die geläufigste Variante ist für Sätze mit Zukunftsbezug (etwa don’t worry (35e)). (35a) Sie werden schon kommen. (35b) Ze zullen wel komen. (35c) Ils vont bien/certainement/sûrement venir.18 (35d) They’ll surely come. (35e) Don’t worry, they’ll come.

In Sätzen ohne Zukunftsbezug (wie (33a)) kommen hauptsächlich die gleichen Übersetzungen zum Einsatz  ; lediglich Phrasen wie mach dir keine Sorgen sind hier weniger üblich. Andererseits findet man im Niederländischen auch die Partikelkombination best wel, oder sogar nur best. (33b) Best ist daneben auch möglich in Sätzen, in denen schon eine ‚zwar‘-Nuance hat, im Deutschen oft in Kombination mit mögen, wie in (36). In diesem Fall hält S die Gegenargumente an und für sich für berechtigt (‚ja, das stimmt‘), beharrt aber trotzdem auf die eigene Meinung (‚sie ist deplatziert‘). Im Französischen ist auch hier bien möglich, und auch im Englischen findet man zum Beispiel (very) well. Auch das deutsche wohl ist in solchen Fällen nicht ganz ausgeschlossen (36e), aber es besteht ein subtiler Bedeutungsunterschied  : Während man mit schon dem Gegenüber völlig recht gibt (‚ja, das 17 Die Unbetontheit legt eine gewisse Nähe zu den Modalpartikeln nahe. Zudem stehen diese Wörter (sicher, bestimmt, gewiss, zeker, certainement, sûrement) in dieser Verwendung meistens im Mittelfeld. Trotzdem werden sie im Allgemeinen noch nicht als richtige Modalpartikeln betrachtet, sondern noch als Adverbien. 18 Välikangas (1982, S. 398) weist darauf hin, dass im Elsass, wohl unter Einfluss des deutschen schon, auch déjà in dieser Bedeutung verwendet wird  : ‚Ils vont déjà venir.‘ Bekanntheit oder Evidenz markieren

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stimmt tatsächlich‘), ist bei wohl noch eine gewisse Zurückhaltung spürbar (‚ja, das dürfte wahrscheinlich stimmen‘). Auf wohl gehen wir im Abschnitt 4.8.1 noch ausführlicher ein. Übrigens  : Das direkte Pendant zum französischen bien ist eigentlich das deutsche gut (bzw. das niederländische goed), und auch das finden wir manchmal in dieser Funktion, aber eigentlich nur in Sätzen wie (37), in denen auch eine Intensivierung durch sehr (aber nicht durch ganz) bzw. durch heel möglich ist, obwohl gut und goed hier wie Modalpartikeln funktionieren. (33b) Het concert gisteren was best wel goed, ook al ben ik dan eigenlijk niet zo’n fan van free jazz. (36a) Das mag schon stimmen, aber trotzdem finde ich die Anmerkung etwas deplatziert. (36b) Dat kan best kloppen, maar toch vind ik die opmerking een beetje misplaatst. (36c) Cela peut bien être vrai, mais néanmoins je trouve cette remarque un peu déplacée. (36d) That may well be true, but still I find that comment a bit out of place. (36e) Das mag wohl stimmen, aber trotzdem finde ich die Anmerkung etwas deplatziert. (37a) Das kann (sehr) gut sein, aber das interessiert mich überhaupt nicht. (37b) Dat kan (heel) goed zijn, maar dat interesseert me hoegenaamd niet.

Außerdem gibt es eine weitere nennenswerte Verwendung von schon in Bedingungssätzen mit wenn  – vor allem in solchen, in denen wenn auch durch sofern ersetzt werden könnte. Schon signalisiert hier, dass S nicht wirklich vom Nutzen einer bestimmten Handlung überzeugt ist (in (38)  : ‚Warum soll das Wort Chat überhaupt geändert werden  ?‘) und sich höchstens überreden lassen würde, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist (in (38)  : 94

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

wenn es durch Tschätt ersetzt wird). Im Niederländischen und im Französischen kann man hier die direkten Pendants von schon, al und déjà, verwenden, während im Englischen already in dieser Situation nicht wirklich geläufig ist  ; stattdessen findet man eher Strukturen mit zum Beispiel at all.19 (38a) Wenn man das englische Wort ‚Chat‘ schon ändern muss, dann sehe ich nicht ein, warum ‚Tschätt‘ nicht in Ordnung wäre … (38b) Als het Engelse woord ‘chat’ al moet vervangen worden, dan zie ik niet in waarom ‘tsjet’ geen goed alternatief zou zijn. (38c) Si déjà il faut remplacer le terme anglais ‘chat’, je ne vois pas pourquoi ‘tchat’ ne conviendrait pas... (38d) If the English word ‘chat’ has to be replaced at all, I don’t see why ‘tshat’ wouldn’t do the job.

4.3 Tendenziöse Entscheidungsfragen Grundsätzlich sind bei Entscheidungsfragen ( Ja/Nein-Fragen) die Antwortmöglichkeiten relativ beschränkt  : Sieht man von „ich weiß es nicht“ einmal ab, so sind die einzigen Möglichkeiten in der Regel ja, nein oder etwas dazwischen (manchmal, vielleicht, wahrscheinlich u. dgl.). Trotzdem kann man die Möglichkeiten noch weiter einschränken, indem man in der Frage bereits andeutet, dass man eigentlich ein ja (oder gerade ein nein) als Antwort erwartet. In dem Fall sprechen wir von einer tendenziösen Entscheidungsfrage.

19 Diese Verwendung von schon hat man auch in der umgangssprachlichen festen Verbindung wennschon, dennschon (meistens so geschrieben, manchmal aber auch wenn schon, denn schon), deren Bedeutung man umschreiben kann als ‚wenn man es schon macht, dann sollte man es besser gleich gut/richtig tun‘. 2007 erschien im Tagesspiegel zum Beispiel ein Artikel mit dem Titel Heiraten  : wenn schon, denn schon, in dem es darum geht, dass zwar immer weniger geheiratet wird, aber dass diejenigen, die schon noch heiraten, es gleich ‚richtig‘ machen und immer mehr Geld dafür ausgeben. Tendenziöse Entscheidungsfragen

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4.3.1 Negative Antwort Wenn eine negative Antwort präferiert ist, kann man das durch vielleicht oder (noch üblicher, zumindest in Deutschland) durch etwa andeuten. An Satz (39a) könnte zum Beispiel noch „ich hoffe nicht“ angehängt werden als Zeichen, dass man ein nein als Antwort erwartet. In Satz (40a) ist es vielleicht schon etwas schwieriger, zu behaupten, dass man eine negative Antwort erwartet (grundsätzlich wäre es nicht unbedingt schlecht, wenn der andere eine bessere Idee hätte), aber durch die Partikel gibt man schon zu verstehen, dass man von einer negativen Antwort ausgeht (d. h., dass S davon ausgeht, dass G keine bessere Idee hat). (39a) Bist du etwa auf den Kopf gefallen  ? (40a) Oder hast du vielleicht eine bessere Idee  ?

Wenn die Frage an sich bereits negativ ist, kann man mit dieser Partikel auch andeuten, dass man ein doch als Antwort erwartet. In Satz (41), zum Beispiel, bringt vielleicht zum Ausdruck, dass S davon ausgeht, dass G sehr wohl bereits irgendwann einmal irgendetwas angestellt hat. (41a) Hast du vielleicht noch nie etwas angestellt  ?

Die Übersetzung ins Niederländische ist in diesem Fall relativ einfach, gibt es doch im Niederländischen auch zwei Partikeln mit genau dieser Funktion  : soms und misschien (das auch in anderen Kontexten das direkte Pendant zu vielleicht ist). Unabhängig davon, ob die Frage eine Negation enthält oder nicht, kann man eine dieser Partikeln einsetzen. (39b) Ben jij soms op je kop gevallen  ? (40b) Of heb jij soms een beter idee  ?

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

(41b) Heb jij soms nog nooit iets uitgespookt  ?

Auch im Französischen kann man die direkte Entsprechung von vielleicht benutzen  : peut-être. Zu beachten ist, dass peut-être in diesem Fall meistens am Satzende steht. In Satz (42), zum Beispiel, ist der Mann empört, weil seine Frau ihm etwas nicht sagen will, und fragt sie deshalb, ob er vielleicht nicht ihr Mann ist, implizierend, dass er das sehr wohl ist (die erwartete Antwort ist also si bzw. auf Deutsch doch) und dass er also das Recht hat, es zu wissen. (42) Comment ça, je ne peux pas le savoir   ? Je ne suis pas ton mari, peut-être   ?

Im Englischen ist die Verwendung von perhaps oder maybe in diesem Fall eher unüblich.20 Stattdessen verwendet man umschreibende Konstruktionen – wie das im Übrigen auch im Französischen anstelle von peut-être öfter gemacht wird. Im Englischen kann man zum Beispiel are you trying to tell me that… oder do you mean/want to tell me that… sagen, was mit der richtigen Intonation auch eine negative Antworterwartung impliziert  ; im Französischen gilt dies u. a. für tu ne vas quand même pas me dire que… (43a) Are you trying to tell me that it was my fault that I got sent to my room  ? 20 Daneben können vielleicht, misschien und soms (und regional auch das deutsche wohl und das niederländische ook) auch verwendet werden, um eine Frage etwas höflicher und vorsichtiger wirken zu lassen (‚Könnten Sie vielleicht kurz helfen  ?‘). In dem Fall ist perhaps im Englischen sehr wohl möglich. Auch peutêtre ist im Französischen nicht ausgeschlossen, obwohl es weniger geläufig ist, als man aufgrund der Frequenz von vielleicht und misschien in diesem Kontext glauben könnte (stattdessen werden andere Höflichkeitsstrategien wie der ‚conditionnel‘ verwendet). In diesem Fall steht peut-être übrigens meistens schon im Satzinneren (‚pourriez-vous peut-être…  ?‘). Alternative Möglichkeiten sind by any chance, zufällig/toevallig/par hasard oder Umschreibungen wie is there any chance… Tendenziöse Entscheidungsfragen

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(43b) Tu ne vas quand même pas me dire que c’était de ma faute si on m’a envoyé dans ma chambre   ?

Diese letzte Struktur lässt sich auch im Deutschen und im Niederländischen anwenden. Generell gilt übrigens, dass man Intonationsfragen (Entscheidungsfragen ohne Inversion, also mit dem Verb an zweiter Stelle) mit doch nicht (im Deutschen), toch niet (im Niederländischen) oder ne … quand même/tout de même pas (im Französischen) derart ‚färben‘ kann, dass eine negative Antwort normal ist. (44a) Je hebt dat toch niet allemaal opgegeten zonder met mij te delen  ? (44b) Du hast das doch nicht alles aufgegessen, ohne mit mir zu teilen  ? (44c) Tu n’as quand même pas mangé tout ça sans partager avec moi  ?

Mangels eines direkten Pendants für doch ist diese Variante im Englischen etwas schwieriger, aber man kann mit einer ‚tag question‘ eine ähnliche Struktur bilden, wie in (44d), wo S tatsächlich mit einem ‚no, I haven’t‘ als Antwort rechnet. (44d) You haven’t eaten it all on your own without sharing with me, have you  ?

Unabhängig davon lassen sich im Deutschen, Englischen und Niederländischen auch Infinitivkonstruktionen (meistens mit einem modalen Hilfsverb) bilden, die eine negative Antworterwartung signalisieren, wie in (45). Allerdings können solche Konstruktionen leicht einen ironischen oder gar sarkastischen Unterton bekommen, sodass immerhin gelegentlich eine Partikel wie etwa oder soms eingeschoben wird, um diesen Unterton zu vermeiden. Im Französischen bieten sich solche Infinitivkonstruktionen weniger an, aber wie Beispiel (46), ein elliptischer Satz aus Rainer Maria Rilkes Geschichten vom lieben Gott, zeigt, kann man dafür den ‚conditionnel‘ verwenden. 98

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

(45a) Soll das ein Kompliment sein  ? (45b) Moet ik dat als een compliment zien  ? (45c) Is that supposed to be a compliment  ? (46a) Sollte Gott etwa … (46b) Dieu aurait-il …21

4.3.2 Positive Antwort Im vorigen Abschnitt wurde beschrieben, dass man doch und seine Pendants in Kombination mit einer Negation verwenden kann, um eine negative Antworterwartung zum Ausdruck zu bringen. Selbstverständlich lässt sich die Strategie ohne Negation (oder für das Englische  : mit der Negation im ‚Tag‘) auch anwenden um anzudeuten, dass man eine positive Antwort erwartet. Im Französischen ist es allerdings üblich, in diesem Fall bien zu verwenden statt quand même oder tout de même (auch wenn diese beiden Elemente nicht ganz ausgeschlossen sind)  ; im Englischen kommt anstelle eines ‚Tags‘ gelegentlich auch surely zum Einsatz (dann allerdings eher als reiner Aussagesatz und nicht unbedingt als Bitte um Bestätigung).22 (47a) Sie kennen mich doch noch  ? 21 Zu beachten ist, dass die englische Struktur is supposed to hier nicht wirklich möglich ist. Die englische Übersetzung durch M. H. Kohn enthält eine ganz andere Satzstruktur, die allerdings mit der richtigen Intonation ebenfalls eine negative Antworterwartung signalisieren kann  : „You mean that God …“ 22 Im Deutschen und im Niederländischen findet man doch/toch also sowohl in Aussagesätzen, die eine Bestätigung implizieren, da es sich um geteiltes Wissen handelt (siehe 4.2.2), als auch in Intonationsfragen, die gerade um Bestätigung bitten. Im Französischen dagegen hat man in ersterem Fall eher quand même und tout de même, in letzterem eher bien. Bien hat allerdings nicht ganz das gleiche Verwendungsspektrum wie doch/toch  : In beiden Fällen ist man sich im Allgemeinen noch relativ sicher, dass es tatsächlich so ist, und möchte nur kurz der Sicherheit halber abchecken, aber mit bien kann der Zweifel doch noch etwas größer sein als mit doch/toch. Tendenziöse Entscheidungsfragen

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(47b) U kent me toch nog  ? (47c) Vous me reconnaissez bien encore  ? (47d) You still know me, don’t you  ?

Aber Achtung  : In diesem Fall handelt es sich eigentlich nicht um richtige Entscheidungsfragen, sondern um Intonationsfragen. Das bedeutet, dass die Wortfolge die eines einfachen Aussagesatzes ist, mit dem Verb an zweiter Stelle, und dass lediglich die Intonation bzw. das Fragezeichen deutlich macht, dass es sich um eine Frage handelt. Selbstverständlich bestehen aber auch Strategien, um bei ‚richtigen‘ Entscheidungsfragen eine positive Antworterwartung zum Ausdruck zu bringen. Man kann zum Beispiel in allen vier Sprachen eine Negation in die Frage einbauen  – meistens ein nicht (oder das Pendant in einer anderen Sprache), aber es geht auch mit kein und manchmal auch mit anderen Negationen. Manchmal wird sogar davon ausgegangen, dass diese Negation dann als eine besondere Art von Modalpartikel zu betrachten ist. Alternativ gibt es auch hier im Englischen und im Französischen die Variante mit einer ‚tag question‘ (48e). (48a) Ist das nicht wunderbar  ? (48b) Is dat niet prachtig  ? (48c) N’est-ce pas merveilleux   ? (48d) Isn’t it marvellous  ?23 (48e) C’est merveilleux, n’est-ce pas   ?

Aber wir haben es bereits gesagt  : Deutsch ist die Modalpartikelsprache schlechthin, und das zeigt sich auch hier. Das Deutsche hat tatsächlich noch eine weitere Partikel, die eine positive Antworterwartung signalisieren kann  : auch. Meistens wird auch in dieser Verwendung einfach nicht übersetzt, und wenn doch, wird 23 Die tendenziöse Lesart hat man typischerweise mit -n’t am Verb (also vor dem Subjekt), während ein echtes not nach dem Subjekt (Is it not marvellous  ?) eher als richtige Negation gelesen wird  : ‚Findest du tatsächlich, dass es nicht wunderbar ist  ?‘ Romero & Han (2004) gehen ausführlicher darauf ein.

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meistens eine andere Strategie verwendet. Während im Englischen die ‚Tags‘ dafür die geläufigste Form sind, wird vor allem in Niederländischen und im Französischen meistens für die Intonationsfrage mit toch oder bien optiert (im Niederländischen manchmal noch mit dem Anhängsel hè  ?). Das haben wir zum Beispiel in Satz (49), wenn Mama oder Papa die Kinder aus der Kita abholt und fragt, ob sie brav waren, natürlich in der Hoffnung, dass die Antwort ja lauten wird. Diese Partikel gibt es auch in Fragen mit einer Negation  ; dann ist die erwartete Antwort nein, tatsächlich nicht. Ein Beispiel ist Satz (50a), den man beim Aussteigen auf den Monitoren in manchem deutschen Zug lesen kann (und natürlich sollte man in der Tat nichts vergessen haben). Zwar besteht im Niederländischen auch die Möglichkeit, ook zu verwenden, vor allem in Fragen ohne Negation (wie in (49c)), aber das ist deutlich seltener als auch im Deutschen. (49a) Und seid ihr auch brav gewesen  ? (49b) Jullie zijn toch braaf geweest, hè  ? (49c) En zijn jullie ook braaf geweest  ? (49d) Vous avez bien été sages, les enfants   ? (50a) Haben Sie auch nichts vergessen  ? (50b) U bent toch niks vergeten, he  ?

Daneben ist für das Niederländische noch auf eine Verwendung von wel mit vergleichbarer Funktion hinzuweisen, die van Baardewijk-Rességuier (1991, S. 45) u. a. anhand der nachstehenden Beispiele kurz bespricht. Zu beachten ist, dass solche Sätze mit wel oft einen kritischen oder kritisierenden Unterton haben (wie in (51)), der beim deutschen auch meistens nicht im Spiel ist.24 Beispiele ohne diesen Unterton gibt es zwar auch (52), aber in dem Fall scheint wel (zumindest in Flandern) weniger oft vorzu24 Auch beim französischen bien scheint ein solcher Unterton häufiger vorzukommen als beim deutschen auch, aber immer noch weniger oft als bei wel (in (49d) ist dieser Unterton zum Beispiel nicht vorhanden). Tendenziöse Entscheidungsfragen

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kommen. Ein Satz wie (53) hat ebenfalls beide Lesarten  : In den beiden Fällen hoffen die Kinder darauf, dass der Kuchen lecker ist, aber während sie bei der neutralen (und wohl weniger üblichen) Lesart einfach auf einen leckeren Kuchen hoffen, wagen sie in der kritischen Lesart zu bezweifeln, ob der Kuchen tatsächlich lecker ist, obwohl sie natürlich hoffen, dass er es ist. (51a) Essen Sie auch jeden Tag Obst  ? (51b) Eet u wel elke dag fruit  ? (52a) Denkst du auch daran, die Katze zu füttern  ? (52b) Denk je er wel aan de poes te voeren  ? (53) De kinderen proeven of de taart wel lekker is.

4.4 Besondere Fragen 4.4.1 Rhetorische Fragen Im Grunde genommen könnte man sagen, dass auch rhetorische Fragen eine gewisse Antworterwartung in sich tragen. Trotzdem besprechen wir die rhetorischen Fragen separat, weil sie sich in (mindestens) zweierlei Hinsicht von tendenziösen Entscheidungsfragen unterscheiden  : Zum einen geht man bei einer rhetorischen Frage davon aus, dass sich alle über die implizierte Antwort einig sind, während eine einfache tendenziöse Frage immer noch Raum für die dispräferierte Antwort lässt, und andererseits sind rhetorische Fragen nicht unbedingt Entscheidungsfragen. Das zeigen wir hier anhand einer Partikel die, zumindest was Fragesätze angeht, lediglich in rhetorischen Ergänzungsfragen (= Fragewortfragen) eingesetzt werden kann  : schon. Auch die anderen Partikeln, die in Fragen eingesetzt werden können, kommen manchmal in rhetorischen Fragen vor, aber nur bei schon ist die rhetorische Natur der Frage auch eine richtige Voraussetzung für die Partikel. Aus diesem Grund wird gelegent102

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lich behauptet, dass schon gerade markieren würde, dass die Frage eine rhetorische ist. Irgendwie mag das auch stimmen, aber die Funktion von schon darauf zu reduzieren, wäre eine vorschnelle Verallgemeinerung  : Einerseits kann eine Frage auch ohne schon rhetorisch sein, und andererseits fügt schon noch eine andere Nuance hinzu. Wir beschränken uns hier denn auch auf rhetorische Fragen, die diese schon-Nuance enthalten. Mit schon geht nämlich so gut wie immer ein gewisser Widerspruch einher.25 In (54) ist zum Beispiel impliziert, dass kein Mensch die Bild liest (rhetorische Frage) und dass also niemand wissen könnte, was in dieser Zeitung steht – entgegen der vorangehenden Behauptung. Ähnlich, aber ohne Sprecherwechsel, ist in (55) impliziert, dass niemand der Verführung von Süßigkeiten widerstehen kann, obwohl sich eine gesunde Ernährung, zumal für Kinder, wirklich empfiehlt (Beispiel nach Thurmair 1989, S. 154). (54) Das stand doch neulich in der Bild-Zeitung. – Die Bild-Zeitung  ? Wer liest die schon  ? (55a) Keine Frage  : Kinder müssen gesund essen. Aber wer kommt schon gegen Pommes und Schokolade, Limonade und Naschereien an  ?

In diesem Fall ist es nicht so einfach, ein direktes Pendant in anderen Sprachen zu finden. Im Niederländischen ist n(o)u 26 wahrscheinlich die passendste Übersetzung. Für das Französische wird 25 Eine weitere Partikel, die primär in rhetorischen Fragen vorkommt (vor allem in Fragen mit können oder sollen), aber diese Widerspruchsnuance nicht unbedingt enthält, ist das in seiner Partikelverwendung bislang nicht wirklich erforschte groß  : (iv) Was sollten wir groß machen  ? 26 Die genaue Distribution von nou und nu ist noch ein Forschungsdesiderat. Einen klaren Bedeutungsunterschied scheint es nicht zu geben. Vielmehr scheint die Distribution u. a. vom Register abhängig zu sein (nou ist noch etwas informeller als nu), wobei es auch eine regionale Tendenz gibt (in den Niederlanden tendiert man etwas stärker zu nou, in Flandern eher zu nu). Besondere Fragen

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gelegentlich donc vorgeschlagen, aber das ist eigentlich eher ein Pendant zu nur, bloß oder denn (siehe 4.6.2 und 4.7.1), die weniger den Effekt einer rhetorischen Frage mit Widerspruch erzielen. Im Englischen kann man ggf. ever 27 verwenden, auch wenn Beispiel (55d) für viele etwas unnatürlich wirken mag, und tatsächlich wird im Englischen vor allem auf Intonation gesetzt. Das scheint im Übrigen in all unseren Sprachen eine Konstante zu sein, und sonst wird der Satz oft zu einem Aussagesatz mit doch (oder dem Pendant in der jeweiligen Sprache) umgestaltet, wie in (55e). Eine andere Umformulierungsstrategie ist das Hinzufügen eines modalen Hilfsverbs wie sollen (im Deutschen auch oft, aber nicht immer, in Kombination mit schon) oder wollen, wie in (55f,g). Dafür muss allerdings die ganze Frage umgestaltet werden, sodass die Gefahr besteht, dass ein anderes Satzglied fokussiert wird  ; es gilt also, genau abzuwägen, ob und inwiefern das ein Problem sein könnte. (55b) Zeker, kinderen moeten gezond eten, maar wie kan er nu aan frietjes, chocolade, limonade en snoep weerstaan  ? (55c) Les enfants doivent consommer une nourriture saine, certes, mais qui donc peut résister aux frites, au chocolat, à la limonade et aux friandises   ? (55d) Kids have to eat healthy, definitely, but who ever manages to resist to fries, chocolate, lemonade and candy  ? (55e) Keine Frage  : Kinder müssen gesund essen. Aber gegen Pommes und Schokolade, Limonade und Naschereien kommt doch niemand an  ! (55f ) Keine Frage  : Kinder müssen gesund essen. Aber wie sollen sie schon gegen Pommes und Schokolade, Limonade und Naschereien ankommen  ? 27 Auch das deutsche jemals und das niederländische ooit werden manchmal in dieser Bedeutung verwendet, wenn auch nicht so oft. Folgende Beispielsätze entstammen gettyimages.de und geenstijl.nl  : (v) Wer möchte jemals diese Schönheit verlassen  ? (vi) Wie begint er ooit aan een bord erwtjes en worteltjes, als er niet een heerlijke cordon bleu naast ligt  ? Precies.

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(55g) Les enfants doivent consommer une nourriture saine, certes, mais comment veux-tu qu’ ils résistent aux frites, au chocolat, à la limonade et aux friandises   ?

4.4.2 Nachdenkliche Fragen Es gibt noch eine andere deutsche Modalpartikel, von der gelegentlich behauptet wird, die Fragen, in der sie vorkomme, seien immer rhetorischer Natur  : wohl. Tatsächlich können Fragen mit wohl rhetorisch sein, aber das ist sicher nicht immer der Fall. Wohl findet sowohl in Ergänzungsfragen als auch in Entscheidungsfragen Anwendung, und die Funktion ist in beiden Fragetypen eigentlich mehr oder weniger die gleiche  : andeuten, dass es sich um eine sogenannte nachdenkliche Frage handelt. Das bedeutet, dass man nicht davon ausgeht, dass G sofort eine passende Antwort parat hat, sondern vielmehr um eine Einschätzung, Vermutung oder Meinung bittet. In den folgenden Beispielen erwartet S also nicht, dass G gleich sagen kann, ob seine Traumfrau noch an ihn denkt (56a), ob die Prüfung positiv abgeschlossen werden wird (57a) und was noch passieren wird (58), sondern fragt, wie G die Situation einschätzt oder was G glaubt, das passieren könnte. (56a) Denkt sie wohl noch an mich  ? (57a) Ob ich wohl diesmal die Prüfung bestehe  ?28 (58) Was wird wohl noch alles auf uns zukommen  ?

28 Diese Art von insubordinierten Fragen, bei der man eine direkte Frage wie eine indirekte formuliert, ist an sich schon geläufiger im Deutschen als in anderen Sprachen und vor allem bei solchen nachdenklichen Fragen mit wohl ziemlich üblich, wohl gerade weil keine direkte Antwort (sondern lediglich eine Einschätzung) verlangt wird. Auch (56) könnte als insubordinierte Frage formuliert werden  : ‚Was wohl noch alles auf uns zukommen wird  ?‘ Besondere Fragen

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Wie wird dieses wohl übersetzt  ? Meistens gar nicht, oder zumindest nicht als Modalpartikel. Man könnte von bestimmten Hilfsverben oder Verbformen (zouden, would, ‚conditionnel‘ (56)) oder Paraphrasen wie in (57) Gebrauch machen. Im Niederländischen ist wel zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber es scheint doch weniger üblich zu sein und vor allem in Entscheidungsfragen vorzukommen, bei denen man selbst bereits zu einer negativen Antwort tendiert, wie in (59), das die gleiche Doppeldeutigkeit wie Beispiel (53) aus Abschnitt 4.3.2 enthält. (56b) Zou ze nog aan me denken  ? (56c) Penserait-elle encore à moi  ? (56d) Would she still be thinking of me  ? (57b) Wat denk je, zou ik deze keer slagen voor het examen  ? (57c) What do you think, will I pass this time  ? (59a) Ob das wohl wieder wird  ? (59b) Komt dat wel weer goed  ?

Typisch für diese Art von Fragen ist, dass sie oft ironisch oder gar sarkastisch geäußert werden und dann auch einen rhetorischen Charakter bekommen. Eine Frage wie (60a) könnte also bedeuten, dass man keine Ahnung hat, warum etwas nicht klappt, und nach etwaigen Vermutungen des Gegenübers fragt, aber mit der passenden Intonation kann sie genauso gut implizieren, dass nur zu klar ist, warum etwas nicht funktioniert, nämlich durch einen Fehler des Gegenübers. Indem man diese Kritik an G als nachdenkliche Frage formuliert, macht man sie etwas weniger direkt, aber nicht weniger deutlich. Die Übersetzung ist in diesem Fall nicht wesentlich anders als bei klassischen nachdenklichen Fragen, obwohl im Niederländischen oft noch ein zusätzliches n(o)u erscheint, wie in (60b). Auch die Verwendung eines extra Hilfsverbs wie kunnen ‚können‘ oder moeten ‚sollen‘ (wie in (60b)) ist im Niederländischen relativ üblich, ist aber auch in den anderen Sprachen und auch im Deutschen nicht ausgeschlossen (60c). 106

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(60a) Woran das wohl liegt  ? (60b) Waaraan zou dat nu kunnen liggen  ? (60c) Woran das wohl liegen könnte  ?

In seiner rhetorisch-sarkastischen Verwendung kann man das niederländische wel aus (59b), bzw. dan wel, im Übrigen auch in Ergänzungsfragen verwenden. Wie gesagt, ist wel typisch für Entscheidungsfragen, bei denen man selbst zu einer negativen Antwort tendiert, aber auch in Ergänzungsfragen kann es eine negative Antwort suggerieren (wenn auch nicht neen ‚nein‘, sondern geen ‚keine‘). Auch hier ist die Kombination mit kunnen oder moeten geläufig. (61a) Und was wären denn deiner Meinung nach wohl die Vorteile eines Atomkraftwerks  ? (61b) En wat zouden volgens jou de voordelen van een kerncentrale dan wel moeten zijn  ?

4.4.3 Erinnernde Fragen Als ‚erinnernde Fragen‘ werden Fragen bezeichnet, auf die S die Antwort eigentlich kennt, aber gerade nicht parat hat. Sehr oft liegt das daran, dass es einem gerade nicht einfällt (‚es liegt mir auf der Zunge‘), aber erinnernde Fragen können sich auch auf etwas beziehen, das man früher mal gewusst und wieder vergessen hat und sich jetzt in die Erinnerung zurückzurufen versucht. In (62) versucht sich S zum Beispiel daran zu erinnern, wo Woodstock nochmal liegt, und in (63a) ist es ihr Name, der aus dem Gedächtnis von S verschwunden ist. (62) Woodstock, wo war das schnell wieder  ? (63a) Wie heißt sie doch gleich nochmal  ?

Besondere Fragen

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Das Deutsche verfügt über eine ganze Reihe von Partikeln, die in solchen Fragen eingesetzt werden können  ; die wichtigsten sind doch, gleich, noch(mal), schnell und wieder.29 Oft werden diese Partikeln auch untereinander kombiniert  ; doch gleich nochmal ist zum Beispiel eine relativ geläufige Kombination. Im Niederländischen kann man u. a. ook (al)weer verwenden (manchmal auch nur (al-) weer oder, vor allem in den Niederlanden und vielleicht etwas veraltet, (ook) nog maar). Das Englische hat eine Partikelverwendung von again  ; im Französischen kann man déjà oder encore verwenden (bemerkenswert ist, dass encore gelegentlich durch ein Komma vom Rest des Satzes abgegrenzt wird, während das für déjà relativ unüblich ist – auch scheint encore vor allem in Wallonien und Québec verwendet zu werden, während in Frankreich häufiger déjà gesagt wird).30 (63b) Hoe heet ze ook alweer  ? (63c) Hoe heet ze nog maar  ? (63d) Elle s’appelle comment déjà   ? (63e) Elle s’appelle comment encore   ? (63f ) What’s her name again  ?

Zum Schluss ist noch darauf hinzuweisen, dass die deutschen Partikeln (vor allem schnell und gschwind) in dieser Funktion auch in Imperativsätzen verwendet werden können. Auch in dem Fall signalisieren die Partikeln also ein ‚Es-liegt-mir-auf-der-ZungeGefühl‘. (64a) und (64b) kann man also als mehr oder weniger synonym betrachten. In den anderen Sprachen ist es zwar vielfach

29 Wie in Kapitel 2 bereits erwähnt wurde, hört man regional auch rasch, gschwind und schon, obwohl diese letzte Partikel (außer vielleicht im Südwesten des deutschen Sprachraums, wo sie noch häufiger verwendet wird), zumindest in dieser Funktion, oft als einigermaßen archaisch empfunden wird. 30 Ab und zu findet man auch maintenant mit dieser Funktion, aber das scheint im Gegenwartsfranzösischen nicht gerade eine standardisierte Verwendung von maintenant zu sein. Auch das italienische Pendant zu déjà, già, wird manchmal (vor allem im Nordwesten Italiens) in dieser Funktion verwendet.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

auch möglich, die Frage in einen Imperativsatz umzuwandeln, aber meistens enthalten diese dann keine solche Partikel (64c). (64a) Das war die … ähm … die … wie heißt sie schnell  ? (64b) Das war die … ähm … die … sag mir’s schnell. (64c) Dat was de… euhm… de… allé, zeg het.

4.5 Aufforderungen abschwächen 4.5.1 mal ‚Aufforderung‘ ist an sich eine weit gefasste Kategorie, die mehrere Arten umfasst, jemanden zu etwas anzuregen. Man kann jemanden zu einer Handlung einladen, jemandem etwas raten, oder gerade jemandem etwas zwingend auftragen und dazu verpflichten, etwas zu tun. Ein Beispiel kann das vielleicht verdeutlichen  : Wenn der heilige Nikolaus Ende November oder Anfang Dezember im Supermarkt oder im Spielzeugladen sitzt und ein Kind zu sich bittet, dann sagt er nicht zwingend ‚Komm her  !‘, sondern eher einladend und mit sanfter Stimme ‚Komm mal her.‘ ‚Komm her  !‘, das ist nachher die Mama oder der Papa, wenn das Kind nicht schön an der Hand bleiben will und zum Nikolaus zurückläuft. In diesem Abschnitt gehen wir zunächst auf die Möglichkeiten ein, Aufforderungen abzuschwächen, also wenn man das Gegenüber nicht zu etwas verpflichtet, sondern einlädt oder anregt. Eine erste Partikel, die man dafür im Deutschen verwenden kann, ist mal, wie der Nikolaus im Supermarkt (manchmal findet man auch die längere Variante einmal und in der gesprochenen Umgangssprache auch die reduzierten Varianten emal und ma). Satz (65a) mit mal ist also keine Verpflichtung, sondern eher eine Art Einladung oder vorsichtige Anregung, etwas anzuschauen.31 31 Natürlich lassen sich alle Beispiele in diesem Abschnitt auch mit sarkastischem oder drohendem Ton aussprechen. In dem Fall wirken die Partikeln, durch die Aufforderungen abschwächen

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(65a) Schau dir das mal an.

Das niederländische Pendant zu mal ist eens (oft verkürzt zu ns of es). Oft wird eens in Kombination mit even(tjes) gebraucht (65c) und gelegentlich findet man even(tjes) sogar auch alleine mit dieser einladenden Bedeutung (65d). Was genau der Unterschied ist zwischen eens und even(tjes), ist nicht ganz deutlich. Even(tjes) scheint aber vor allem Anwendung zu finden, wenn man andeuten möchte, dass etwas nicht lange dauert oder nicht viel Mühe kostet, und dies als extra Argument verwendet um jemanden zu überzeugen  : ‚Mach nur, es kostet dich nicht viel Zeit oder Energie.‘ Dies hat zur Folge, dass in Sätzen wie (65d) ohne Kontext nicht immer deutlich ist, ob even(tjes) als Modalpartikel oder als Temporaladverb (in der Bedeutung ‚ein Weilchen, einen kurzen Augenblick‘) gemeint ist. Auch im Deutschen erscheint mal gelegentlich in der Kombination mit kurz, aber anders als das niederländische even erscheint kurz noch nicht so oft allein als Modalpartikel  ; wenn es allein steht, ist kurz meistens noch als Temporaladverb gemeint. (65b) Kijk hier eens naar. (65c) Kijk hier eens even naar. (65d) Kijk hier even naar.

Das Französische ist hier insofern etwas einfacher, als es nur eine Form hat  : un peu (65e). Gleichzeitig ist zu beachten, dass diese Form im Vergleich zu den deutschen und niederländischen Partikeln seltener verwendet wird  ; im Französischen wird stärker auf Intonation oder auf andere Strukturen wie den ‚conditionnel de politesse‘ (pourrais-tu…) gesetzt. Das ist auch, was es im Englischen zu tun gilt, denn das Englische hat kein direktes Pendant für mal. Stattdessen verwendet man zum Beispiel could you oder would you oder eine entsprechende Intonation. In übersetzenden Wörterbüchern findet man für das Französische neben un peu oft abweichende Intonation, eher verstärkend als abschwächend.

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auch donc als Übersetzung von mal. Wirklich falsch ist das nicht, aber es betrifft vor allem feste Verbindungen wie dis donc (auf Deutsch sag mal oder hör mal), wie in (66)  ; in anderen Kontexten ist donc oft eher das Pendant zu doch (siehe u. a. Abschnitt 4.6.1). (65e) Regarde un peu ici. (66a) Mais dis donc, comment tu connais l’hôtel Beau-Rivage   ? (66b) Aber sag mal, woher kennst du eigentlich das Hotel Beau-Rivage  ?

Zum Schluss sind noch zwei besondere Verwendungen von mal anzusprechen. Die erste ist der Gebrauch in Aussagesätzen, die eine Aufforderung implizieren. Das können Sätze mit einem Verb wie sollen oder können sein (67a–b), aber auch Sätze ohne Modalverb (67c). Diese letzte Gruppe wirkt, trotz der Anwesenheit von mal, oft zwingender, da die Aufforderung als einfache Mitteilung gegeben wird, aber trotzdem funktioniert mal hier wie in den vorigen Beispielen (im Niederländischen ist auch die Verwendung von eens hier möglich). Der zweite Sonderkontext sind rhetorische Aufforderungen, wie in (68). Das sind Aufforderungen, bei denen man gar nicht die Absicht hat, jemanden etwas tun zu lassen – ganz im Gegenteil  : Man meint eigentlich, dass das Gesagte unrealistisch, absurd oder (nahezu) unmöglich ist, und möchte so klar machen, dass man es denn auch nicht getan hat oder es zumindest nicht oder nur mit viel Mühe geschafft hat (oft fangen solche rhetorischen Aufforderungen mit jetzt an). Auch hier funktionieren mal und eens, trotz des rhetorischen Charakters der Aufforderung, auf dieselbe Weise, obwohl im Niederländischen in diesem Fall schon eher maar eens gesagt wird. (67a) Du kannst mal bei verschiedenen Praxen anrufen und schauen, ob dir der Heilpraktiker am Telefon sympathisch ist, wenn er selbst dran ist. (67b) Du sollst mal mehr Respekt vor Mädchen haben. (67c) Du gehst jetzt mal hin und schaust nach. Aufforderungen abschwächen

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(68a) Jetzt ruf mal beim Flughafen an und frag, ob du im Flugzeug einen Herd im Gepäck mitnehmen kannst. (68b) Maar bel maar eens naar de luchthaven en vraag of je in het vliegtuig een fornuis in je bagage kunt meenemen.

4.5.2 doch & ruhig Das Besondere am deutschen doch (und auch am niederländischen toch und am französischen donc) ist, dass es in Aufforderungen sowohl verstärkend als auch abschwächend wirken kann. Hier beschränken wir uns vorerst auf die abschwächende Wirkung, bei der eine Aufforderung eher als Einladung zu interpretieren ist (für die verstärkende Wirkung  : siehe Abschnitt 4.6.1). In den folgenden Beispielen verpflichtet S zum Beispiel niemanden, sich hinzusetzen, bietet aber die Möglichkeit an. Typischerweise handelt es ich um Situationen, in denen G etwas aus eigener Bewegung nicht tun würde (oder sich nicht traut) – in diesem Fall also sich hinzusetzen –, obwohl eigentlich nichts dagegenspricht (und G das auch wissen sollte). Ähnlich wie in Aussagesätzen mit doch (siehe Abschnitt 4.2.2) besteht also eine Art Widerspruch zwischen etwas, das G bereits wissen sollte (G darf sich hinsetzen), und Gs Annahmen oder Handlungen (G bleibt stehen)  ; durch die Aufforderung mit doch regt S G dazu an, das Verhalten entsprechend anzupassen (also sich hinzusetzen). (69a) Nehmen Sie doch Platz, so gut es geht. (69b) Neemt u toch plaats, voor zover dat gaat. (69c) Asseyez-vous donc, dans la mesure du possible.

Eine ähnliche Wirkung haben auch das deutsche ruhig (manchmal auch gern(e) 32 oder in gepflegterem Sprachgebrauch auch ge32 Gern(e) wird vor allem in Aussagesätzen verwendet und ist in Imperativsätzen weniger gebräuchlich. Es scheint auch noch etwas stärker einladend zu sein und weniger stark als ruhig und getrost darauf hinzuweisen, dass S nichts dagegen

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trost) und das niederländische gerust  : Auch mit diesen Partikeln gibt man zu verstehen, dass man nichts dagegen hat, wenn G etwas tut. Sie sind vielleicht etwas weniger einladend als doch/toch/ donc, aber auch hier geht es darum, dass G unbesorgt etwas tun kann  : ‚Du zögerst vielleicht, es nochmals zu versuchen, aber es ist kein Problem, wenn du das machst‘. Anders als Sätze mit doch/ toch sind Sätze mit ruhig/gerust auch nicht immer Imperativsätze  : Auch Aussagesätze mit können/kunnen sind möglich, sofern sie einladend gemeint sind. (70a) Du kannst es ruhig/gern/getrost nochmal versuchen. / Versuch es ruhig/gern/getrost nochmal. (70b) Je kunt gerust nog eens proberen. / Probeer het gerust nog eens.

Wichtig ist, dass solche Aussagesätze mit können/kunnen (oder auch mit dürfen/mogen) und ruhig/gerust nicht unbedingt in der zweiten Person stehen. Man kann auch sagen, dass man nichts dagegen hat, wenn eine dritte Person etwas macht, und dann steht der Satz mit ruhig auch in der dritten Person (sie kann es ruhig/gerne nochmal versuchen). Auffällig sind auch Fälle wie (71), in denen S nicht nur nichts dagegen hat, wenn ‚er‘ es erfährt, sondern unter Umständen sogar suggeriert, dass es wünschenswert wäre, dass ‚er‘ es erfährt. Eine weitere Möglichkeit sind Sätze in der ersten Person, bei denen jemand anders als S nichts gegen das Ausführen der Handlung hat. In (72) geht S also davon aus, dass es wohl für niemand ein Problem ist, wenn er es sagt (im Niederländischen ist hier statt gerust auch wel möglich). (71a) Ich mag ihn nicht und das darf er ruhig wissen. (71b) Ik moet hem niet en dat mag hij gerust weten. (72a) Ich denke, das kann ich ruhig sagen  ; das ist kein Geheimnis. (72b) Ik denk dat ik dat wel kan zeggen  ; dat is geen geheim. hat, dass G die Handlung ausführt. Es ist im Übrigen keine reine Modalpartikel insofern, als es u. U. betonbar und vorfeldfähig ist. Aufforderungen abschwächen

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Ein direktes französisches Pendant für ruhig gibt es nicht  ; man muss also eine Umschreibung verwenden (zum Beispiel il n’y a pas de souci, in Imperativsätzen oft in Kombination mit einer extra Anregung wie vas-y oder n’ hésite pas, wie in (70d)) oder mit der Intonation spielen  – was im Übrigen auch anstelle von donc als Übersetzung für doch gemacht wird. Dies gilt auch fürs Englische, das weder für doch noch für ruhig ein direktes Pendant hat. Mögliche Umschreibungen sind zum Beispiel feel free to, don’t be afraid to und don’t hesitate to (70e), oder noch freiere Varianten wie in (70f ). (70c) (70d) (70e) (70f )

Tu peux essayer encore une fois, il n’y a pas de souci. Vas-y, essaye encore une fois, il n’y a pas de souci. Feel free to try again. You can try again if you want to.

Generell muss man auch sagen, dass Aussagesätze mit können/ kunnen/pouvoir (und ggf. auch mit can) an sich bereits einladender und beruhigender wirken als Imperativsätze. Man könnte also sagen, dass der Bedarf an einer Partikel wie ruhig hier geringer ist und dass die Partikel den einladenden Charakter des Satzes vor allem noch stärker hervorhebt. Dementsprechend sieht man manchmal auch, dass ein Imperativsatz mit ruhig durch einen Aussagesatz mit dem entsprechenden Pendant zu können übersetzt wird, wie in diesem Beispiel aus Ingrid Nolls Der Hahn ist tot, in dem die Sprecherin die Herkunft ihres Namens erklärt  : (73a) Übrigens hatte ich eine dänische Großmutter, von der stammt die Thyra. Nennen Sie mich ruhig so, ohne ‚Frau‘. (73b) J’avais d’ailleurs une grand-mère danoise, c’est d’elle que vient Thyra. Vous pouvez m’appeler ainsi, inutile d’ajouter ‘madame’.

4.5.3 nur Um jemanden zu beruhigen und zu überzeugen, etwas zu tun, kann man im Deutschen auch nur (regional in Österreich und 114

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Südtirol auch lei) verwenden33, und im Niederländischen maar. Der Unterschied zu ruhig/gerust ist sehr subtil und besteht darin, dass bei ruhig/gerust die Nuance ‚ich habe nichts dagegen‘ im Spiel ist, während das bei nur/maar nicht unbedingt der Fall ist. Manchmal wird behauptet, dass nur signalisiert, dass S keinen Grund sieht, etwas nicht zu tun, und also etwas allgemeiner ist als ruhig, das lediglich signalisiert, dass S selbst nichts dagegen hat. In den nachstehenden Sätzen versucht S also einfach, G zu überzeugen, etwas näher zu kommen. Natürlich hat S auch nichts dagegen, dass G näherkommt, aber anders als mit ruhig/gerust steht eher das Überzeugen (denn es gibt weder persönliche noch andere Einwände) im Vordergrund und weniger die Tatsache, dass S selbst nichts dagegen hat.34 (74a) Komm nur, ich beiße nicht. (74b) Kom maar, ik bijt niet.

Im Französischen findet man manchmal auch seulement oder eine Paraphrase mit tu peux ‚du kannst‘ (was auch in den anderen Sprachen möglich ist), aber das ist nicht sehr üblich  ; genauso wie das Englische setzt das Französische hier eher auf Intonation oder eine der Umschreibungen aus 4.5.2. (74c) Viens seulement, je ne mords pas. (74d) Tu peux venir plus près, je ne mords pas. 33 In der Fachliteratur liest man oft, dass dies nur in Aufforderungen gehe, die keine Negation enthalten. Das stimmt nicht ganz, aber es ist schon so, dass abschwächendes nur vor allem in Aufforderungen ohne Negation vorkommt. 34 Hier liegt auch der Unterschied zwischen ruhig/gerust und nur/maar auf der einen und mal/eens auf der anderen Seite  : Mal ist eher allgemein einladend und hat nicht unbedingt den beruhigenden oder überzeugenden Unterton, der bei nur und ruhig oft mitschwingt. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, weshalb mal häufiger als nur und ruhig in rhetorischen Aufforderungen Anwendung findet. Auch hier sollten wir übrigens auf das norddeutsche man hinweisen, das ebenfalls Aufforderungen zu Empfehlungen oder Erlaubnissen abschwächen kann (ähnlich wie nur und ruhig). Aufforderungen abschwächen

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Übrigens kann nur auch in ironischen Aufforderungen oder Scheinaufforderungen verwendet werden. In diesem Fall fordert S G eigentlich gar nicht auf, etwas zu tun, sondern kritisiert vielmehr (mit etwas Ironie), dass G es tut. In (75) will der Vater also gar nicht allein gelassen werden und mit seiner ironischen Aufforderung kritisiert er, dass man ihn allein zu lassen gedenkt. Trotz der Ironie funktioniert nur hier nicht anders als in einfachen Aufforderungen, und es wird auch gleich übersetzt, obwohl man im Englischen auch just findet, das sonst eher mit einfach oder mit aufforderungsverstärkenden Partikeln übereinstimmt als mit abschwächendem nur. (75a) Ja, gehens nur und lassens einen gramgebeugten Vater zurück  ! (75b) Ja, ga maar en laat een vader die gebukt gaat onder het leed maar alleen achter  ! (75c) Yeah, just go and leave a father who is bowed down with grief behind  !

4.6 Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken Wie bereits gesagt, lassen sich Aufforderungen nicht nur abschwächen, sondern auch verstärken und also in eine Art Drohung umwandeln. Auch Fragewortfragen und Wünsche lassen sich verstärken. Im Deutschen, und zum Teil auch in den anderen Sprachen, werden dafür hauptsächlich die gleichen Partikeln verwendet. Daher besprechen wir diese drei Äußerungstypen hier direkt nacheinander. Gleich im Anschluss gehen wir auf die Verstärkung von Ausrufen ein, auch wenn dafür hauptsächlich andere Partikeln zum Einsatz kommen. 4.6.1 Aufforderungen verstärken Um Aufforderungen zu verstärken, hat das Deutsche fünf ziemlich geläufige Partikeln  : bloß, doch, ja, nur und schon. Zu beachten 116

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ist, dass bloß und nur in diesem Fall betont sein können und dass ja in diesem Fall eigentlich immer betont ist, obwohl Modalpartikeln im Prinzip unbetont sind.35 Die Basisformen sind bloß und nur. Sie verstärken eine Aufforderung und wandeln sie also in eine Warnung oder Drohung um, ohne dass eine andere Nuance im Spiel sein muss. Im nachstehenden Beispiel weisen die Partikeln also darauf hin, dass man vor allem nicht zu nah an den Teich herangehen soll. Einen klaren Unterschied zwischen den beiden gibt es nicht, obwohl gelegentlich behauptet wird, das bloß noch etwas stärker sei. Vielleicht hat dies damit zu tun, dass nur, aber nicht bloß, Aufforderungen auch abschwächen kann. Bei nur muss man also immer genau aufpassen, welche Nuance im Spiel ist, aber meistens wird das aus dem Kontext und (bei gesprochener Sprache) aus der Intonation schnell deutlich.36 (76a) Geh bloß nicht zu nah an den Teich ran  ! (76b) Geh nur nicht zu nah an den Teich ran  !

Im Niederländischen könnte man hier vooral verwenden, oder eventuell auch zeker (beide betonbar  !), aber genauso wichtig sind in diesem Fall die Intonation und das Nonverbale, oft in Kombination mit einem hè am Satzende. Dass sich in diesem Kontext im Niederländischen vooral anbietet, ist nicht so verwunderlich  : 35 Im Grunde genommen könnte man auch eben, einfach und halt in Aufforderungen als verstärkend betrachten. Bei diesen Partikeln wird die verstärkende Wirkung aber vor allem durch ihre Evidenzbedeutung herbeigeführt, die im Abschnitt 4.2.3 bereits thematisiert wurde, sodass wir hier nicht weiter darauf eingehen. 36 In der Fachliteratur liest man oft, dass nur als Verstärkung nur in negierten Aufforderungen möglich wäre, was es vom abschwächenden nur unterscheiden würde. Auch das stimmt nicht ganz, obwohl verstärkendes nur tatsächlich vor allem in Aufforderungen mit Negation verwendet wird. Wichtig ist, dass nur das verstärkende nur betont sein kann, das abschwächende nicht. Auch das norddeutsche man kann, wie nur, u. U. auch verstärkend gebraucht werden, ist aber immer unbetont  ; das südliche lei ist ebenfalls immer unbetont, scheint aber auch eher auf den abschwächenden Gebrauch beschränkt zu sein. Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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Auch im Deutschen kann man unter Umständen und mit der passenden Intonation anstelle von nur und bloß auch vor allem verwenden, und auch im Französischen steht in dieser Situation surtout (oft am Satzanfang) zur Verfügung (76e). Eine typische englische Übersetzung ist die Struktur you’d better, meist mit einer einigermaßen drohenden Intonation (76f ), oder in Aufforderungen mit einer Negation don’t you dare to, das üblicher ist als das deutsche wage es nicht zu oder das niederländische waag het niet om. In (76g,h) werden exemplarisch noch zwei weitere Möglichkeiten vorgeschlagen. (76c) Kom vooral niet te dicht bij de vijver  ! (76d) Kom niet te dicht bij de vijver, hè  ! (76e) Surtout ne t’approche pas trop de l’étang   ! (76f ) You’ d better not get too close to the pond. (76g) Mind you don’t get too close to the pond. (76h) Be sure not to get too close to the pond.

Ähnlich wie nur und bloß kann auch doch eine Aufforderung verstärken (und also nicht nur abschwächen, wie wir in 4.5.2 gesehen haben). Doch wird vor allem benutzt, wenn G eigentlich bereits wissen sollte, dass die angesprochene Handlung eigentlich schon hätte ausgeführt sein sollen. Das Gleiche gilt für das niederländische toch. Im Französischen werden ab und zu quand même und tout de même verwendet, aber für diese aufforderungsverstärkende Wirkung ist donc das üblichste Pendant. Im Englischen bieten sich die gleichen Paraphrasen an wie für nur/bloß, aber in doch-Kontexten ist es (vor allem, wenn keine Negation im Spiel ist) mindestens genauso üblich, die paraphrastische Struktur mit do zu verwenden (77e) oder den Satz in eine negierte warum-Frage umzuwandeln, die, mit der passenden Intonation, ebenfalls als eine Art Aufforderung zu lesen ist (77f ). Diese letzte Variante bietet sich auch in den anderen Sprachen an, ist aber etwas weniger geläufig, wenngleich vor allem im Französischen auch Strukturen wie (77g) eingesetzt werden, die durch die Be118

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deutung von qu’est-ce que tu attends (‚worauf wartest du‘) eine ähnliche Wirkung haben. (77a) Lass dich doch konfirmieren  ! (77b) Laat je toch vormen  ! (77c) Fais-toi confirmer, quand même   ! (77d) Fais-toi donc confirmer   ! (77e) Do get yourself confirmed  ! (77f ) Why don’t you get yourself confirmed  ? (77g) Qu’est-ce que tu attends pour te faire confirmer   ?

Zum niederländischen toch ist noch anzumerken, dass es vielfach in den Kombinationen n(o)u toch oder toch eens (oder sogar in der Dreifachkombination n(o)u toch eens) vorkommt (77h). Auch diese Kombinationen sind verstärkend zu interpretieren, trotz der Präsenz des eigentlich abschwächenden eens. Des Weiteren gibt es noch die Kombination n(o)u eens (77i), in der zwar die drängende toch-Nuance (‚du solltest wissen, dass du es schon hättest tun sollen‘) fehlt, aber die trotzdem als verstärkend betrachtet werden kann. Diese Kombination ist umso auffälliger, da n(o)u, wenn es alleine verwendet wird, zwar eine ähnliche verstärkende Nuance haben kann, aber in dieser Verwendung nur in negativen Aufforderungen wie (78a) wirklich geläufig ist, während für n(o)u eens diese Beschränkung nicht zu gelten scheint. Auch das deutsche jetzt kann manchmal eine vergleichbare Nuance haben (für nun ist das weniger der Fall), ist allerdings dann eher als Interjektion oder Diskurspartikel denn als Modalpartikel zu betrachten (es steht häufig am Satzanfang) und hat oft noch eine weitere Modalpartikel bei sich – das kann auch mal sein, das in dem Fall aufgrund der Intonation (vgl. Fußnote 31) eher nicht abschwächend, sondern gerade verstärkend wirkt (78b). (77h) Laat je nu toch eens vormen  ! (77i) Laat je nu eens vormen  ! (78a) Vertel nu geen onzin, he. Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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(78b) Jetzt rede mal keinen Blödsinn  !

Was das Niederländische angeht, ist noch eine andere geläufige Kombination mit toch zu erwähnen  : dan toch. Auch dan an sich kann im Übrigen eine verstärkende Nuance vermitteln (77j), beschränkt sich dann jedoch vor allem auf bestimmte Kontexte, in denen impliziert ist, dass G eigentlich gute Gründe hat, es zu tun, oder es unbedingt will, aber es trotzdem noch nicht getan hat (also etwas wie ‚Mach es doch, wenn du glaubst, dass das besser ist‘). Diese Implikation fehlt bei toch meistens, außer wohlgemerkt in den Kombinationen dan toch, und ist auch beim deutschen doch oft nicht präsent.37 Das gilt auch für die französischen und englischen Übersetzungen, obwohl donc in dieser Hinsicht einigermaßen ambig ist, denn es eignet sich sowohl als Übersetzung für doch/toch als auch (unter Umständen) für dan(n), und damit auch für die Kombination dan toch. (77j) Laat je dan vormen  !

Die nächste zu besprechende deutsche Partikel ist schon, das gewissermaßen die Mitte hält zwischen doch und ruhig. Auch diese Partikel wird vor allem verwendet, um jemanden zu überzeugen, der zu zögern scheint, aber es ist schon stärker und zwingender als das eher einladende ruhig (und trotzdem nicht so stark wie doch), da es impliziert, dass etwaige Einwände zurückgewiesen werden. In (79a) wird G zum Beispiel dazu angeregt, mitzukommen, während G dazu keine Anstalten macht (G ist nämlich mit etwas beschäftigt, das aber noch Zeit hat38). Im Niederländischen bietet sich hier n(o)u an und im Französischen findet man oft allez 37 Früher konnte man im Deutschen auch denn als Modalpartikel in Aufforderungen verwenden, mit genau dieser Nuance (bei Johann Wolfgang von Goethe kann man das zum Beispiel noch lesen), aber heutzutage wird denn höchstens noch regional so gebraucht. 38 Dies erinnert an die Besprechung von schon in 4.2.4  : Dass G mit etwas anderem beschäftigt ist, wäre dann das Gegenargument, das S zurückweist, weil G daran später noch weiterarbeiten kann.

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am Satzanfang, aber meistens wird doch eher eine der Übersetzungen der anderen verstärkenden Partikeln (insbesondere doch) verwendet. Regional hört man im Französischen auch déjà als Partikel mit dieser Funktion (siehe Hansen & Strudsholm 2008 für eine ausführlichere Besprechung), auch wenn sogar im Kontext nicht immer deutlich ist, ob dieses déjà als Pendant zu schon oder doch eher zu doch zu lesen ist. Im Englischen finden ebenso vor allem die Pendants der anderen verstärkenden Partikeln Anwendung, daneben manchmal auch just (ggf. in Kombination mit already), das eigentlich eher mit einfach übereinstimmt, aber sich gerade dadurch auch dazu eignet, etwaige Gegenargumente oder Einwände zurückzuweisen, impliziert es doch, dass keine Diskussion über den Sachverhalt möglich ist (siehe 4.2.3). (79a) Komm schon, das kannst du später auch noch machen  !39 (79b) Kom nu, dat kun je later ook nog doen  ! (79c) Allez viens, tu peux faire ça plus tard   ! (79d) Just come, you can do that later on  !

Darüber hinaus gibt es im Deutschen noch die Partikel ja, die ebenfalls eine Aufforderung verstärken kann und in dem Fall immer betont ist. Diese Partikel verwendet man, wenn man etwas partout will (oder gerade partout nicht will, dann natürlich in Kombination mit einer Negation). Ab und zu findet man für diese Partikel denn auch Übersetzungen wie absoluut/absolument/ absolutely, aber meistens wird eher auf Intonation gesetzt oder alternativ auf eines der Pendants der anderen verstärkenden Partikeln (zum Beispiel vooral/surtout). (80) Geh ja nicht zu nah an den Teich ran  ! 39 Komm schon  ! wird auch als feste Verbindung verwendet, im Sinne von ‚tu jetzt nicht so blöd‘ oder ‚schwafle nicht so‘. Auch im Niederländischen findet man dafür Strukturen wie kom hè oder (vor allem in den Niederlanden) kom n(o)u  ; im Französischen kann man dis sagen (oder eventuell dis donc, aber das stimmt eher mit dem weniger starken sag mal überein). Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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Neben den bereits besprochenen Partikeln sind für das Deutsche noch drei weitere, etwas weniger frequente Modalpartikeln zu erwähnen  : gefälligst, hübsch (manchmal in gleicher Verwendung auch schön) und brav.40 Diesen Partikeln ist gemeinsam, dass sie vor allem in auffordernden (und mit entsprechender Intonation gesprochenen) Aussagesätzen vorkommen  – obwohl zumindest gefälligst auch in Imperativsätzen und in als Aufforderung zu interpretierenden Entscheidungsfragen verwendet wird. In den folgenden vier Beispielsätzen (81a–d) drängt S also jeweils deutlich (und mit passender Intonation) darauf, dass G draußen bleiben soll. (81a) Du bleibst gefälligst draußen  ! (81b) Du bleibst hübsch draußen  ! (81c) Du bleibst brav draußen  ! (81d) Könntest du gefälligst draußen bleiben  ?

Gefälligst macht die Aufforderung zu einer dringlichen und sofort auszuführenden. Insofern besteht eine deutliche Ähnlichkeit mit bloß, und es ist denn auch nicht verwunderlich, dass Aufforderungen mit gefälligst in den anderen Sprachen auf die gleiche Weise wiedergegeben werden wie Aufforderungen mit bloß. Im Englischen besteht daneben auch die Möglichkeit, den Satz in einen Imperativsatz mit will you am Ende umzuwandeln (81e). Für das Französische findet man in Wörterbüchern auch satzfinales voyons  ! oder veux-tu  ! (81f ), aber noch häufiger scheint man solche Sätze einfach als Aussagesätze mit zwingender Intonation zu übersetzen. Ähnliches gilt auch für hübsch und brav, die etwas weniger drohend sind  : Auch hier wird in den anderen Sprachen vor allem auf die Intonation gesetzt. Im Niederländischen findet man allerdings gelegentlich auch mooi oder braaf (und in der flä40 Nicht unbedingt wirklich verstärkend, aber immerhin eine gewisse Dringlichkeit zum Ausdruck bringend ist der Grenzfall der Modalpartikelkategorie langsam (bzw. allmählich, stilaan, langzaam(aan), doucement, lentement, slowly), der im Abschnitt 2.4 kurz angesprochen wurde.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

mischen Umgangssprache auch schonekes oder braafkes) als Pendant. (81e) Stay outside, will you  ! (81f ) Reste dehors, veux-tu  ! (81g) Jij blijft mooi buiten  ! / Gij blijft schonekes buiten  !

Zum Schluss ist an dieser Stelle noch der ethische Dativ anzusprechen. Das ist eine besondere Verwendung der ersten (oder manchmal zweiten) Person Singular des Personalpronomens im Dativ, im Deutschen also mir oder dir, die gewisse Ähnlichkeiten mit den gerade besprochenen Modalpartikeln aufweist. Es handelt sich um eine Art Verstärkung, die vor allem verwendet wird, wenn man viel Wert auf etwas legt oder einen besonderen Nutzen davon hat. Grundsätzlich ist diese Verwendung des ethischen Dativs in allen vier Sprachen in diesem Heftchen möglich, aber in Aufforderungen kommt sie im Deutschen deutlich häufiger zum Einsatz, wenn auch oft in Kombination mit Modalpartikeln. Wir geben hier einige deutsche und französische Beispiele, die diese Verwendung des Dativs illustrieren sollen  : (82a) Geh mir nur nicht zu nah an den Teich ran  ! (82b) Bleibt mir bitte gesund  ! (82c) Allez-moi mettre une autre blouse   !

4.6.2 Ergänzungsfragen verstärken Auch Ergänzungsfragen lassen sich illokutiv ‚verstärken‘. In dem Fall zeigt man ein besonderes Interesse daran, die Antwort zu erfahren, oft weil man keine Ahnung hat, wie diese lauten könnte, wie in den nachstehenden Beispielen, in denen S gar keine Ahnung hat, wie G etwas getan hat. Im Deutschen kann man dafür ohne Bedeutungsunterschied die Partikeln bloß und nur verwenden (ab und zu hört man auch doch), im Niederländischen n(o)u und toch (oft in der Kombination n(o)u toch) und im Französischen donc. Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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(83a) Wie hast du das bloß/nur gemacht  ? (83b) Hoe heb je dat toch gedaan  ? (83c) Comment as-tu donc fait   ?

Erneut gibt es kein direktes englisches Pendant. In der Literatur und in Wörterbüchern heißt es u. a., dass man die Frage mit but (übrigens im Französischen auch mit mais) oder einer anderen Interjektion anfangen kann, wie in (83d–f ). Das ist tatsächlich möglich, aber eigentlich ist die ausgedrückte Nuance nicht ganz die gleiche  : Oft ist bei diesen Elementen ein gewisses Staunen in Spiel, das bei bloß/nur/toch/donc nicht unbedingt mitschwingt  ; diese Partikeln heben vor allem hervor, dass man keine Ahnung hat oder die Antwort besonders gerne erfahren würde. (83d) Mais comment as-tu fait   ? (83e) But how did you do that  ? (83f ) My goodness me, how did you do that  ?

Eine weitere Möglichkeit für das Französische, zumindest für die Umgangssprache, ist eine bestimmte Frageform mit einem extra que nach dem Fragewort und ohne Inversion (und oft auch mit einem mais am Satzanfang). Diese Frageform ist typisch für diejenigen Situationen, in denen man im Deutschen eine verstärkende Partikel wie bloß oder nur hätte. (83g) Mais comment que tu as fait   ?

Alternativ kann man auch sogenannte IAW-Strukturen einsetzen. Diese Möglichkeit besteht in allen vier Sprachen, aber ähnlich wie bei den Modalpartikeln gibt es große Frequenzunterschiede. Am häufigsten kommen sie im Englischen zum Einsatz (was vielleicht insofern nicht verwunderlich ist, als das Englische für diesen Kontext nicht über Modalpartikeln verfügt), aber auch im Deutschen findet man sie ziemlich oft  – das Deutsche hat sogar mit Vorsprung die meisten verschiedenen IAW-Strukturen von den vier Sprachen, die wir uns anschauen. Im Französischen dagegen wir124

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

ken viele dieser Strukturen etwas veraltend und die meisten sind hauptsächlich noch in literarischem Sprachgebrauch zu finden. Die nachstehende Tabelle bietet eine Übersicht der geläufigsten IAW-Strukturen in den vier Sprachen (eine vollständige Liste würde zu viel Platz einnehmen, zumal insbesondere im Deutschen, aber auch in den anderen Sprachen, kreativ ad hoc neue Varianten dieser Strukturen gebildet werden können). Übrigens können die englischen Strukturen durch Entlehnung auch in den anderen Sprachen eingesetzt werden (84a). Deutsch

Niederländisch

Englisch

Französisch

bei Gott beim Barte + Genitiv41 in aller Welt in (drei) Gottes Namen in (des) Himmels Namen in (des/drei) Teufels Namen um alles auf/in der Welt um Gottes willen um (des) Himmels willen um (des) Teufels willen zum Donner(wetter) zum Geier zum Henker zum Himmel zum Kuckuck zum Teufel zur Hölle

in Gods naam in ’s hemels naam

for God’s sake for heaven’s sake in all world in God’s name in heaven’s name in tarnation on earth the devil the dickens the deuce the fuck the heck the hell the hey

au monde au nom de Dieu au nom du ciel au nom du diable bon Dieu (que) diable42 pour l’amour de Dieu

41 Die meistverwendete Form ist beim Barte des Propheten, aber die Struktur besteht auch mit anderen männlichen Personen (zum Beispiel beim Barte des Weihnachtsmannes oder beim Barte Merlins) und in kreativem Sprachgebrauch manchmal sogar mit weiblichen Personen (beim Barte meiner Schwiegermutter) oder Tieren (beim Barte des Schneeleoparden). 42 Wenn die Struktur direkt nach dem Fragewort steht, sagt man diable  ; am Satzanfang oder am Satzende ist es que diable (andere Satzpositionen sind bei dieser Form nicht möglich). Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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Wie die nachstehenden Beispielsätze zeigen, stehen IAW-Strukturen im Deutschen, im Englischen und im Französischen oft direkt nach dem Fragewort, während sie im Niederländischen oft erst später im Satz erscheinen (was auch insbesondere im Deutschen nicht ganz ausgeschlossen ist) (84a–d). Zum Teil können diese Strukturen auch am Satzanfang (vor dem Fragewort) oder am Satzende stehen (85a–d). (84a) Wie zum Geier / um Himmels willen / in aller Welt / the fuck hast du das gemacht  ? (84b) Hoe heb je dat in ’s hemels naam gedaan  ? (84c) Comment diable as-tu fait   ? (84d) How on earth / the fuck / the hell did you do that  ? (85a) Um Himmels willen, wie hast du das gemacht  ? (85b) Comment as-tu fait, au nom du ciel / que diable / pour l’amour de Dieu   ? (85c) Bon Dieu, comment as-tu fait   ? (85d) For heaven’s sake, how did you do that  ?

Zum Schluss noch eine abschließende Anmerkung zum niederländischen n(o)u. Wenn es alleine (ohne toch) verwendet wird, scheint n(o)u etwas schwächer zu sein als das deutsche bloß oder nur und eher der Partikel denn zu entsprechen (siehe 4.7.1) – die Übersetzung von ‚Wer weiß denn sowas  ?‘, dem Namen eines bekannten deutschen Fernsehquiz, könnte zum Beispiel ‚Wie weet er nu zoiets  ?‘ lauten – aber trotzdem ähnelt es bloß und nur insofern, als man damit auch zu verstehen geben kann, dass man die Antwort gerne erfahren würde. Oft handelt es sich um Sätze, bei denen ein kritischer Unterton mitschwingen könnte (wie in (86–87)), aber Beispiele wie (88), frei nach Carry van Bruggens Roman Eva, zeigen, dass das nicht unbedingt der Fall ist. Dieser Effekt lässt sich auch im Deutschen mit jetzt oder nun herbeiführen (allerdings seltener als im Niederländischen mit n(o)u). Im Französischen hört man ab und zu maintenant, auch wenn das in dieser Situation weniger geläufig zu sein scheint als das Nieder126

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

ländische n(o)u (donc ist oft eine gute Alternative), und im Englischen geht es auch mit now, das dann allerdings normalerweise am Satzanfang oder am Satzende zu stehen hat. (86a) (86b) (86c) (86d)

En waar is nu het station  ? Und wo ist jetzt/nun der Bahnhof  ? Et où est maintenant la gare   ? Now where is the railway station  ?

(87a) Hoe zit het nu  ? Kom je nu mee of niet  ? (87b) Was ist jetzt  ? Kommst du jetzt mit oder nicht  ? (88) Ik stond als kind een ui te pellen, en ik dacht  : “Dit zijn de ‘rokken’, maar waar is nu de ui zelf  ?”

4.6.3 Wünsche verstärken Auch in Wunschsätzen können Modalpartikeln verwendet werden. Auch hier ist ihre Funktion ursprünglich eine verstärkende  : Mit einer Modalpartikel sehnt man sich noch stärker nach dem Gewünschten. Das berühmte Hiobszitat in (89a) kann das verdeutlichen   : Selbstverständlich wünscht sich Hiob, wie jeder Mensch auch, dass ihm jemand zuhört, wenn er seinem Herzen Luft macht, aber wenn man diesen Wunsch mit einer Partikel (in diesem Fall doch) äußert, ist dieser Wunsch noch stärker, als wenn man die Partikel weglässt (89b). Nur ist die Verwendung von Modalpartikeln in Wunschsätzen inzwischen so geläufig geworden, dass wir eigentlich immer mindestens eine Partikel verwenden und dass diese Sätze ohne Partikeln kaum noch als Wunschsätze erkannt werden. Insofern kann man eigentlich kaum noch sagen, dass die Partikeln verstärkend wirken  : Sie sind schon fast zu einem inhärenten Teil von Wunschsätzen geworden. (89a) Gäbe es doch einen, der mich hört  ! (89b) Gäbe es einen, der mich hört  ! Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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Das betrifft im Übrigen nicht nur das Deutsche, sondern alle vier Sprachen in diesem Heftchen  : Es gibt kaum Wunschsätze ohne Modalpartikeln. Im Deutschen kann man außer doch (ohne richtigen Bedeutungsunterschied) auch nur und bloß verwenden (manchmal hört man auch mal oder jetzt, und im Norden erneut auch man, im Süden auch wieder lei) und im Niederländischen maar und toch sowie in Wunschsätzen, die mit als anfangen, auch eens (auch in Kombinationen wie toch maar und nu (toch) eens  ; nu allein ist in Wünschen weniger üblich, aber auch nicht ganz ausgeschlossen). Im Französischen enthalten Wünsche meistens seulement und das Englische verwendet only (also zweimal die direkte Übersetzung von nur). Gerade dadurch, dass in allen vier Sprachen Wünsche fast per Definition eine Partikel enthalten, gibt es in diesem Fall auch wenig Variation bei den Übersetzungen. Höchstens sollten wir noch darauf hinweisen, dass sich im Französischen Wünsche auch mit pourvu que ausdrücken lassen und dass es dann meistens keine weitere Partikel mehr gibt (91). (90a) Wenn er mich nur/bloß lieben könnte  ! (90b) Kon hij nu toch eens van me houden  ! (90c) Si seulement il pouvait m’aimer   ! (90d) If only he’d love me  ! (91a) Wenn bloß kein Regen kommt über Nacht  ! (91b) Pourvu qu’ il ne pleuve pas cette nuit   !

Wichtig ist, dass vor allem im Deutschen und im Niederländischen die Grenze zwischen Wunschsätzen und Konditionalsätzen nicht immer ganz deutlich ist  – oft folgt auch Wünschen noch ein Hauptsatz mit dan(n) oder es lässt sich zumindest einer aus dem Kontext ableiten (in (90) zum Beispiel  : ‚… dann wäre ich das glücklichste Mädchen auf dieser Welt‘). Dies betrifft an erster Stelle Wunschsätze mit jetzt bzw. nu, da diese Partikeln auch in Konditionalsätzen nicht unbedingt als reine Zeitangaben zu lesen sind. Sie können zum Beispiel eher hervorheben, dass etwas aktuell nicht der Fall ist, aber dass man es, ähnlich 128

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

wie in einem Wunsch, schon gerne hätte (in (92) also  : ‚Ich weiß es nicht, aber ich wüsste es gerne‘  – es gibt also schon eine gewisse Relevanz für das Jetzt, die gerade erklärt, dass man hier jetzt verwenden kann). Auch in Konditionalsätzen, die diesen Wunschcharakter nicht haben, können diese Partikeln (sowie im Deutschen regional auch heute) eine nicht rein temporale Lesart bekommen und in dem Fall unterstreichen, dass es sich um eine hypothetische oder kontrafaktische Aussage handelt, die aktuell keine Gültigkeit hat (wie in (93)  : ‚Ich suche keinen Spielecomputer‘), aber an diesem Punkt im Diskurs schon relevant ist, oder aber um eine allgemeingültige Aussage, die also nicht spezifisch nur für diesen Augenblick gilt (wie in (94)  : ‚Es ist immer so, dass ich einen Satz nicht verstehe, wenn ich die meisten Wörter nicht verstehe‘  ; vielleicht wurde die Aussage durch einen spezifischen Satz ausgelöst, was auch wieder ihre aktuelle Relevanz erklären würde, aber sie gilt generell und bezieht sich also nicht direkt auf einen spezifischen Satz). (92a) Wenn ich jetzt wüsste, was du meinst … (92b) Als ik nu wist, wat je bedoelt… (93a) Wenn ich jetzt einen reinen Spielecomputer gesucht hätte, dann wäre das eine gute Option gewesen, aber ich suche ein Gerät für die Arbeit. (93b) Als ik nu een computer gezocht had alleen om te spelen, dan was dat een goeie optie geweest, maar ik zoek een toestel voor het werk. (94a) Wenn ich jetzt in einem Satz acht von zehn Wörtern nicht verstehe, dann werde ich auch den Satz als Ganzes nicht verstehen. (94b) Als ik nu acht van de tien woorden in een zin niet begrijp, dan begrijp ik ook de hele zin niet.

Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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4.6.4 Ausrufe verstärken Die Behauptung, dass sich Ausrufe verstärken lassen, mag auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen. Streng genommen ist es auch nicht der Ausruf selbst, der verstärkt wird, sondern eine bestimmte Nuance, die oft gerade der Anlass für den Exklamativsatz war. Dies betrifft insbesondere das Ausdrücken von Staunen oder Überraschung in V2-Exklamativsätzen (das sind Ausrufesätze mit dem Satzbau eines normalen Aussagesatzes). Staunen (bzw. Überraschung) in Ausrufen kommt in zwei Formen vor  : Man kann erstaunt darüber sein, wie sehr etwas der Fall ist, oder aber darüber, dass etwas überhaupt der Fall ist. Die nächsten Beispiele können das verdeutlichen. In Satz (95a) ist man überrascht, dass die Suppe kalt ist, denn man hatte eine warme Suppe erwartet. An sich könnte man einfach ‚Die Suppe ist kalt  !‘ rufen, aber durch die Partikel ja kann man diese Überraschung noch stärker betonen.43 Es kann aber natürlich auch sein, dass man damit gerechnet hatte, dass die Suppe nicht warm sein würde (zum Beispiel, weil man wusste, dass es sich um Gazpacho handelt), aber nicht damit, dass sie so eiskalt sein würde. Man hatte also kalte Suppe erwartet, nur nicht so kalte, und staunt nicht darüber, dass sie kalt ist, sondern darüber, wie kalt sie ist. In dem Fall verwendet man nicht ja, sondern aber oder vielleicht, wie in (95b–c). (95a) Die Suppe ist ja kalt  ! (95b) Die Suppe ist aber kalt  ! (95c) Die Suppe ist vielleicht kalt  !

43 Wie bei der im Abschnitt 4.2.1 besprochenen Verwendung von ja erwartet man auch hier keinen Widerspruch vonseiten des Gegenübers, aber anders, als gelegentlich behauptet wird, ist es nicht so, dass ja nur in Ausrufen möglich wäre, die sich auf etwas beziehen, dass das Gegenüber bereits wissen könnte oder gar sollte (oft ist das sogar nicht der Fall, anders als bei ja in Aussagesätzen, aber ausgeschlossen ist es nicht).

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

Über den genauen Unterschied zwischen aber und vielleicht gehen die Meinungen auseinander. Jedenfalls scheint vielleicht häufiger (wenn auch gewiss nicht immer  !) mit einer ironischen Nuance verwendet zu werden, während diese bei aber meistens fehlt. Andere Hypothesen besagen, dass sich aber eher auf den Umfang und vielleicht eher auf andere auffällige Eigenschaften beziehe (Der hat aber einen Bart = einen langen Bart  ; Der hat vielleicht einen Bart = einen besonderen Bart, zum Beispiel mit mehreren Zöpfen) oder dass sich aber besser als vielleicht verwenden lasse, wenn der Sachverhalt auch dem Gegenüber ‚zugänglich‘ ist (d. h., dass das Gegenüber es auch sehen oder, wie im Suppe-Beispiel, kosten kann). Wie bringt man nun diese Erstaunensnuance in anderen Sprachen zum Ausdruck  ? Ein direktes Pendant gibt es jedenfalls in den Sprachen dieses Heftchens nicht. Stattdessen kann man zum Beispiel (typischerweise satzinitiale) Interjektionen verwenden, wie amai im Niederländischen (vor allem in Flandern gebräuchlich) oder why, gosh oder wow im Englischen.44 Im Niederländischen lässt sich, vor allem für ja, auch verdorie (oder verdomme) verwenden, mit starker Betonung auf koud. Wichtig ist, dass dies mit verdomd und verdraaid sowie mit dem deutschen verdammt nicht geht, denn damit gibt man eher zu verstehen, dass die Suppe wirklich sehr kalt ist  ; sofern sie als Übersetzung einer Partikel in Frage kommen, stimmen sie also eher mit aber und vielleicht überein als mit ja. (95d) Amai, die soep is koud  ! (95e) Wow, that soup is cold  ! (95f ) Die soep is verdorie koud  !

44 Möllering (2004, S. 33) erwähnt auch u. a. boy als Interjektion und gibt auch noch dieses Beispiel  : (viia) Die werden aber staunen  ! (viib) They’re going to be surprised, I can tell you  ! Aufforderungen, Fragen, Wünsche und Ausrufe verstärken

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Eine Alternative, vor allem für aber und vielleicht, ist die Verwendung von Adverbien wie niederländisch echt, französisch vraiment oder englisch really/truly (oder auch im Deutschen wirklich oder ggf. echt), obwohl die Nuance eine etwas andere ist  : Mit diesen Adverbien bringt man zum Ausdruck, dass man kaum glauben kann, dass die Suppe so kalt ist (vielleicht sogar, obwohl man gewarnt wurde, dass die Suppe kalt sein könnte), während man mit aber und vielleicht einfach ausdrückt, dass man nicht erwartet hatte, dass sie so kalt sein würde, aber sie auch nicht unbedingt unvorstellbar kalt findet. (95g) That soup is really cold  !

Im Französischen, und zum Teil auch im Englischen, bietet sich darüber hinaus die Möglichkeit an, auf andere Satztypen zurückzugreifen,45 wie in den Beispielen (96–98) aus Les invariables difficiles (Métrich et al. 2009). Für das deutsche ja kann im Französischen auch ein satzinitiales mais, wie in (99), eine ähnliche verstärkende Nuance herbeiführen, ähnlich wie das satzinitiale niederländische maar und das englische but  ; das deutsche aber ist satzinitial (also nicht als Modalpartikel  !) nicht ganz ausgeschlossen, scheint aber in dieser Verwendung weniger geläufig zu sein, zumal wenn noch eine satzinterne Modalpartikel vorliegt (sei es aber oder eine andere Modalpartikel). (96a) Das ist aber nett  ! (96b) Comme c’est gentil   ! (96c) How kind of you  ! 45 Sowieso gibt es in allen vier Sprachen auch Arten von Ausrufesätzen, die nur verwendet werden können, wenn Staunen über das Wie (aber, vielleicht) und nicht über das Dass (ja) geäußert wird, zum Beispiel das deutsche was für ein interessantes Buch  ! oder das niederländische wat een interessant boek  ! Diese Sätze enthalten meistens keine Modalpartikeln, können aber dadurch, dass sie sich normalerweise auf das Wie beziehen, eine Möglichkeit sein, die Nuance von aber oder vielleicht zum Ausdruck zu bringen bzw. zu übersetzen. Eigentlich ist das auch die Strategie, die in den Beispielen (96–98) vorliegt.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

(97a) Diese Dinge sind vielleicht kompliziert  ! (97b) Que ces choses sont compliquées   ! (98a) Bist du aber groß geworden  ! (98b) Qu’est-ce que tu as grandi   ! (99a) (99b) (99c) (99d)

Das ist ja fürchterlich  ! Mais c’est affreux  ! Maar dat is verschrikkelijk  ! But that’s awful  !

4.7 Einen Kontextbezug herstellen Wie wir schon mehrfach angedeutet haben, bereichern Modalpartikeln eine Aussage oft nicht nur um eine Nuance, sondern sie stellen auch eine Beziehung zum Kontext her. Das zeigt sich zum Beispiel bei den Partikeln ja, doch, eben, einfach und halt, die oft in Sätzen erscheinen, die eine Erklärung für das Vorangehende liefern. Häufig gibt es dann keine Konjunktion (oder Konjunktionaladverb), die diese kausale Beziehung markiert (weil, denn o. dgl.)  : Die Partikel bringt eine Abtönungsnuance zum Ausdruck und stellt zugleich den Bezug zu dem Element her, das begründet wird. Es gibt jedoch noch andere Fälle, in denen Modalpartikeln einen Kontextbezug herstellen, manchmal sogar, ohne dass noch eine richtige abtönende Nuance im Spiel ist. 4.7.1 Die Frage findet ihren Anlass in einem Element der Gesprächssituation Einige Modalpartikeln werden im Deutschen deutlich häufiger verwendet als die anderen, zum Beispiel ja in Aussagesätzen und denn in Fragen. Dabei unterscheiden wir nicht zwischen Entscheidungs- und Ergänzungsfragen, denn denn kommt in beiden Fragetypen vor. Mit denn macht man deutlich, dass in der Gesprächssituation ein konkreter Anlass für die Frage vorliegt. Das Einen Kontextbezug herstellen

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kann eine Vorgängeräußerung des Gegenübers sein, aber ebenso etwas, das man gerade wahrnimmt, das aber eigentlich kein Teil des Gesprächs ist. Häufig ist dieser Anlass etwas Unerwartetes, Erstaunliches oder Überraschendes (das ist denn auch die abtönende Nuance, die denn zugeschrieben wird), aber man findet die Partikel auch häufig in Situationen, in denen auf ein Element aus der Gesprächssituation zurückverwiesen wird, ohne dass diese Nuance deutlich präsent ist.46 In den beiden folgenden Beispielen ist der Anlass schon eher unerwartet  : In (100) ist S einigermaßen erstaunt über die Frage ‚Willst du morgen mitkommen zum Baden  ?‘, und fragt deshalb selbst, ob G Urlaub hat (sonst hätte G wohl keine Zeit für einen Badeausflug)  ; in (101) ist der Anlass für die Frage der komische Geruch im Zimmer. (100) Willst du morgen mitkommen zum Baden  ? – Hast du denn zurzeit Urlaub  ? (101) Was ist denn hier passiert  ? Hier riecht’s so komisch.

Das direkteste niederländische Pendant zu denn wäre dan, und tatsächlich kommt das in solchen Situationen vor, aber weniger oft, als man aufgrund der Frequenz des deutschen denn erwarten würde. Denn ist historisch betrachtet eine Variante von dann, daher die Übereinstimmung mit dan, und auch im Englischen und im Französischen findet man häufiger then bzw. alors in Kontexten, in denen man im Deutschen denn verwenden würde.47 Al46 Manchmal wird behauptet, dass sich denn zu einem reinen Markierer des Illokutionstyps ‚Frage‘ entwickle, ähnlich wie das lateinische -ne. Gemeinsam mit der Wortstellung und der Intonation signalisiere diese Partikel also nur noch, dass der Satz als Frage gedacht ist, ohne weitere abtönende Nuance. Dazu passe auch die Beobachtung, dass denn oft nur noch als (e)n ausgesprochen wird und, wie das lateinische -ne, ans vorangehende Wort angehängt wird. Es ist wohl nicht verwunderlich, dass denn in solchen Fällen, in denen es als reiner Fragemarkierer betrachtet werden kann, oft nicht übersetzt wird  ; wir widmen uns denn auch vor allem den Fällen, in denen noch eine gewisse Nuance mitschwingt und auch häufiger übersetzt wird. 47 Masi (1996) erwähnt auch eine ähnliche Verwendung des italienischen allora.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

lerdings implizieren diese Elemente (insbesondere alors) oft noch eine gewisse Wenn-dann-Beziehung zwischen dem Kontext und der Frage. Das zeigt sich zum Beispiel in (102) aus Max Frischs Andorra  : ‚Wenn ich (Andri) tatsächlich kein Jude bin, wie du behauptest, warum willst du mich dann vor den Soldaten verstecken  ?‘ (102a) Andri, du bist keiner [= kein Jude]  ! – Warum willst du mich denn verstecken  ? (102b) Andri, jij bent geen jood  ! – Waarom wil je me dan verstoppen  ? (102c) Mais, Andri, tu n’es pas juif   ! – Alors, pourquoi veux-tu me cacher   ? (102d) But Andri, you’re not jewish  ! – Then why are you trying to hide me  ?

Das geläufigste französische Pendant ist jedoch erneut donc. Dies scheint sowieso eine Art Passepartoutübersetzung für Modalpartikeln zu sein, zumal in Ergänzungsfragen und Aufforderungen (wir haben es ja auch schon mehrfach erwähnt), und insofern ist es nicht verwunderlich, dass es oft als Übersetzung der gängigsten und auf Bedeutungsebene unspezifischsten deutschen Partikel in Fragen auftritt, denn. Außerdem besteht eine weitere Übereinstimmung mit denn  : Genauso wie denn ist donc als Modalpartikel entstanden aus einem Konsekutivadverb (donc in der Bedeutung ‚also‘) und markiert also genauso, dass die Frage aus dem Vorangehenden folgt. Übrigens weist Hybertie (1996, S. 19) darauf hin, dass bei dieser Verwendung von donc auch Nuancen wie Erstaunen, Verärgerung und Ungeduld im Spiel sein können, wie das auch bei denn der Fall ist.48

48 Squartini (2014) deutet an, dass sich das französische déjà ebenfalls zu einer solchen Passepartoutform in Ergänzungsfragen entwickeln könnte, obwohl es sicher noch nicht so breit eingesetzt werden kann wie donc oder das deutsche denn  ; Beispiele wie (vii), gefunden auf yabiladi.com, in denen es eine allgemeine Einen Kontextbezug herstellen

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(103a) Wovon sprechen Sie denn  ? (103b) De quoi parlez-vous donc   ?

Oft bringen wir im Französischen, wie im Niederländischen und Englischen, unser Erstaunen jedoch eher durch Intonation und Mimik zum Ausdruck und verwenden also kein direktes Pendant zu denn, aber es bestehen schon noch weitere Wörter, die als Übersetzung für denn in Frage kämen. Ein bereits erwähntes Beispiel ist das niederländische n(o)u, wie in (104). Diese ­W irkung lässt sich im Deutschen übrigens auch mit jetzt oder nun herbeiführen  – aber wichtig ist, dass vor allem jetzt hier auch als Zeitangabe (und also nicht als Modalpartikel) gemeint sein kann. Wie im Abschnitt 4.6.2 bereits erwähnt, ist das französische main­tenant in diesem Kontext weniger üblich  ; das englische now ist nicht ausgeschlossen, dürfte aber, wie manchmal auch n(o)u, eine Spur stärker sein als denn (siehe 4.6.2). (104a) En wat heeft dat nu voor zin  ? (104b) Und was hat das denn/jetzt/nun für einen Sinn  ? (104c) Now what sense does that make  ?

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Frage mit maar/mais/ but anzufangen (obwohl maar in diesem Kontext weniger geläufig ist als mais und but – übrigens ist auch das deutsche aber am Satzanfang, also als Konjunktion und nicht als Modalpartikel, diesmal ebenso möglich) (105). Wenn ein starkes Staunen im Spiel ist, kann man das in Entscheidungsfragen auch durch die Satzadverbien echt 49, réellement/vraiment, really oder auch im Deutschen durch wirklich zum Ausdruck bringen  ; diese Elemente machen Funktion hat (wie denn) und keine Erinnerungsfrage markiert, sind bislang eher selten. (viii) Un père qui frappe la mère – comment veux-tu déjà que cet enfant ne soit pas traumatisé   ? 49 Vor allem im Niederländischen, seltener im Deutschen. Manchmal (wenn auch wesentlich seltener) auch werkelijk oder eerlijk sowie im Deutschen ehrlich.

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

(vor allem mit der richtigen Intonation) deutlich, dass man etwas wirklich nicht glauben kann (106). Anders als die Modalpartikeln können sie im Übrigen auch allein stehen als Unglauben ausdrückende Rückfrage (Wirklich  ?, Echt  ?). (105a) Was machst du denn  ? (105b) Mais qu’est-ce que tu fais   ? (105c) But what are you doing  ? (106a) Muss das denn wirklich jetzt geschehen und gerade hier  ? (106b) Moet dat echt nu gebeuren, en uitgerekend hier  ? (106c) Faut-il vraiment que cela se fasse maintenant, et de plus ici   ? (106d) Do we really have to do it here and now  ?

Das Französische hat noch eine weitere Besonderheit  : Vor allem in Ergänzungsfragen mit dem Verb pouvoir ‚können‘ wird für denn oft auch bien verwendet, wie in Beispiel (107) aus Robert Musils Drei Frauen. Manchmal wird in der Übersetzung sogar noch pouvoir hinzugefügt, damit bien verwendet werden kann, wie in Beispiel (108) aus Moritz Rinkes Café Umberto. Dies ist umso auffälliger, da die direkten Pendants zu bien (wohl, wel, well) entweder in dieser Situation eher unüblich sind (well) oder eine etwas andere Nuance zum Ausdruck bringen, auf die im Abschnitt 4.4.2 bereits eingegangen wurde  : Sie signalisieren, dass es sich um sogenannte nachdenkliche Fragen handelt (wohl, wel), während das mit bien weniger der Fall ist. (107a) Wer könnte es denn wissen  ? (107b) Qui pourrait bien savoir   ? (108a) In welcher Kiste ist denn die Isomatte  ? (108b) Dans quel carton peut bien se trouver le matelas isolant   ?

Wenn die Frage nur aus einem Fragewort besteht, lässt sich im Französischen und im Niederländischen eine ähnliche Wirkung (Staunen oder Unverständnis über das gerade Gesagte) auch Einen Kontextbezug herstellen

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durch das Hinzufügen von ça (cela) bzw. dat erzielen. Im Deutschen besteht diese Struktur zwar auch, wird jedoch nur selten ohne denn verwendet. Im Englischen ist diese Variante unüblich  ; allenfalls geht es in einigen Kontexten, wenn man noch ein Verb (meistens is) hinzufügt, und die Nuance des Staunens oder Unverständnisses scheint in dem Fall auch nicht unbedingt gleich stark zu sein wie in den anderen Sprachen. (109a) Warum denn  ? / Warum das denn  ? / Warum denn das  ? (109b) Waarom dat  ? (109c) Et pourquoi ça   ? (109d) Why is that  ?

Die letzte zu erwähnende Möglichkeit bezieht sich auf diejenigen Fälle, in denen das durch denn zum Ausdruck gebrachte Staunen eine negative Antworterwartung impliziert und denn also mehr oder weniger als Synonym zu etwa betrachtet werden kann (obwohl die Nuance des Staunens oder Unverständnisses bei etwa oft nicht so stark ist). In dem Fall bieten sich für denn auch Übersetzungen an, die wir bereits in der Besprechung von etwa erwähnt haben (siehe 4.3.2). Insbesondere toch niet bzw. quand même (oder tout de même) in Kombination mit einer Negation werden häufiger verwendet, wie in Beispiel (110) aus Rebekka Kricheldorfs Ballade vom Nadelbaumkiller. (110a) Bin ich denn des Wahnsinns  ? (110b) Je ne suis quand même pas folle   ?

4.7.2 Themenwechsel Die Anmerkung, dass eine klare abtönende Nuance nicht unbedingt erforderlich ist, gilt noch stärker für eine andere Partikel  : eigentlich. Mit dieser Partikel, die ähnlich wie denn sowohl in Entscheidungs- als auch in Ergänzungsfragen verwendet wird, wird der Übergang zu einem anderen Thema (oder zu einem an138

Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

deren Aspekt des Themas) signalisiert. Oft handelt es sich um Fragen, die schnell zwischendurch gestellt werden, aber das ist nicht unbedingt der Fall. Durch eigentlich gibt man also zu verstehen, dass man selbst auch sehr gut weiß, dass man das Thema wechselt, und macht gleichzeitig auch das Gegenüber darauf aufmerksam, um Reaktionen zu vermeiden wie  : ‚Was hat das denn damit zu tun  ?‘ In (111a) wechselt der zweite Sprecher zum Beispiel vom Zeitpunkt der Besprechung zu deren Dauer und signalisiert also durch eigentlich  : ‚Achtung, diese Frage betrifft einen anderen Aspekt des Themas.‘ (111a) Ja, dann sagen wir doch einfach Dienstag, zehn Uhr, zu unserem Besprechungstermin. Wären Sie da einverstanden  ? – Ja. Wissen Sie eigentlich, wie lange der Besprechungstermin ungefähr dauern wird  ?

Eigentlich ins Niederländische zu übersetzen ist nicht so schwierig, steht doch im Niederländischen ein direktes Pendant zur Verfügung  : eigenlijk. Im Französischen kann man zum Beispiel au fait oder en fait verwenden, im Englischen in fact oder actually. Zu beachten ist allerdings, dass en fait und die englischen Übersetzungen oft eher dem adverbialen Gebrauch von eigentlich entsprechen (mit der Bedeutung ‚in Wirklichkeit, im Grunde‘ und oft betont, also wie in ‚man sagt zwar, dass …, aber eigentlich ist es gar nicht so‘). Hier besteht also kein Eins-zu-eins-Verhältnis (eine Übersetzung, die eher zum Adverb passt, und eine, die eher mit der Modalpartikel übereinstimmt – obwohl im Französischen au fait vor allem der Partikel und en fait eher dem Adverb entspricht)  ; erneut gilt es, die passendere Variante auszuwählen und mit der Intonation zu spielen. Als weitere mögliche französische Übersetzung wird manchmal auch donc erwähnt, aber eigentlich passt donc weniger gut, weil es nicht auf den Themenwechsel hinweist und damit eher denn, nur oder bloß entspricht. Alternativ bieten sich natürlich auch andere Ausdrücke an, die den Übergang zu einem anderen Thema (oder zu einem anderen Aspekt des Themas) andeuten. Im Deutschen sind das zum Beispiel im Einen Kontextbezug herstellen

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Übrigen und übrigens, im Niederländischen overigens und trouwens, im Französischen d’ailleurs und im Englischen by the way.50 (111b) Weet u eigenlijk hoe lang de bespreking ongeveer zal duren  ? (111c) Au fait, vous avez une idée de la durée de la réunion  ? (111d) In fact, do you have an idea of how long the reunion will take  ?

Am Rande soll hier auch kurz auf eine neuere Entwicklung im Niederländischen eingegangen werden51, bei der zelfs als Modalpartikel in Ergänzungsfragen verwendet wird. Ein Beispiel bietet (112a), das am 25.03.2020 in der Zeitschrift Knack erschienen ist  : (112a) En dus verwacht je nu een bestelwagen vol batterijslurpend, lawaaimakend en uit oogverblindend (hoe noem je die kleur zelfs  : fluohoornvliesbeschadiging  ?) plastic vervaardigd speelgoed dat de zorg van je kinderen minstens een kwartier per dag van je kan overnemen.

Dieses zelfs führt kein neues Thema ein, aber es erweitert das bisherige Thema um einen weiteren Aspekt bzw. fokussiert zumindest einen bestimmten Aspekt des Themas (in diesem Fall  : wie man diese Farbe nennen soll). Anders als eigentlich, das einfach einen Themenwechsel signalisiert, scheint dieses zelfs weniger neutral zu sein und eher dem Gebrauch des englischen even zu entsprechen, auf den Iatridou & Tatevosov (2016) ausführlicher eingehen. Ihrer Meinung nach ist diese Partikel typisch für Ergänzungsfragen, bei denen man so wenig über etwas weiß, dass 50 In Aussagesätzen ist eigentich (bzw. auch eigenlijk) meistens als Adverb zu lesen (‚in Wirklichkeit, im Grunde‘), aber manchmal scheint es doch auch eher wie die Modalpartikel zu wirken und einen Themenwechsel zu signalisieren  ; in dem Fall bieten sich die gleichen Übersetzungen an, die hier für Fragesätze besprochen wurden. 51 Bislang scheint sich dieses Phänomen vor allem auf die Jugendsprache zu beschränken  ; ob diese Verwendung von zelfs sich durchsetzen und auf andere Sprachvarietäten ausbreiten wird, ist noch ungewiss.

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man sogar die absolute Basisinformation (in diesem Fall  : den Namen der Farbe) noch erfragen muss. Dementsprechend taucht diese Partikel nur in Fragen nach richtiger Basisinformation auf und eher nicht in Fragen nach Details oder Hintergrundinformation  ; eine Frage wie (112b) ist also eher unwahrscheinlich. Oft haben solche Fragen auch einen negativen oder kritisierenden Unterton (wenn ich so wenig darüber weiß, dass ich sogar die absolute Basisinformation noch erfragen muss, wird es wohl nichts Besonderes sein) und wirken dann zum Teil auch rhetorisch, aber das ist bestimmt nicht immer der Fall. Ein etabliertes französisches Pendant scheint es bislang nicht zu geben, im Englischen bietet sich (wie gesagt) even an (112c) und im Deutschen ist dies einer der typischen Verwendungskontexte der ohnehin schwer zu ergründenden Partikel überhaupt, die im Übrigen auch im Niederländischen in diesem Kontext verwendet werden kann (112d– e). Im Französischen scheint sich auch ein ähnlicher Gebrauch für das satzinitiale déjà zu entwickeln, das allerdings hauptsächlich signalisiert, dass es sich um Basisinformation handelt, und weniger oft den kritisierenden Unterton hat. (112b) Wat is het RAL-nummer van die kleur zelfs  ? (112c) What is that color even called  ? (112d) W ie heißt die Farbe überhaupt  ? (112e) Hoe noem je die kleur überhaupt  ? (112f ) Déjà comment s’appelle cette couleur   ?

Auch in Entscheidungsfragen können even und überhaupt signalisieren, dass die Frage eine richtige Basisfrage ist, oft eine Voraussetzung für ein anderes Element im Kontext (in (113)  : Annas Anwesenheit ist Voraussetzung, damit man sie um Hilfe bitten kann). Das niederländische zelfs ist in dieser Verwendung zwar auch möglich, aber noch nicht so üblich. Dafür kann man mit wel (113e) einen ähnlichen Effekt herbeiführen, wenn auch oft mit dem Unterton,

Einen Kontextbezug herstellen

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dass man eigentlich von einer negativen Antwort ausgeht, was bei zelfs, even und überhaupt nicht unbedingt der Fall ist.52 (113a) Misschien moet je even aan Anna vragen om je te helpen. – Is die er vandaag zelfs  ? (113b) Is die er vandaag überhaupt  ? (113c) Is she even here today  ? (113d) Ist sie heute überhaupt da  ? (113e) Is die er vandaag wel  ?

4.7.3 Erwartbarkeit signalisieren Mit Modalpartikeln kann man im Deutschen auch zu verstehen geben, dass etwas erwartbar ist (oder war, wenn von der Vergangenheit die Rede ist). Insbesondere wird dafür die Partikel auch verwendet, oft in der Kombination denn auch, wobei nicht ganz klar ist, ob auch denn hier als Modalpartikel zu betrachten ist. In der einschlägigen Fachliteratur heißt es, dass eine vorher erwähnte Situation für S aufgrund des im auch-Satz angesprochenen Sachverhaltes eigentlich erwartbar war  ; dieser Sachverhalt bezieht sich dann auf vorherige Erfahrungen, Allgemeinwissen, logische Argumentation o. dgl. In (114a), zum Beispiel, findet S es nicht so verwunderlich, dass G vom Vortrag nicht viel verstanden hat, handelte es sich doch um ein kompliziertes Thema, und der 52 Iatridou & Tatevosov (2016, S.  321) suggerieren anhand des nachstehenden Beispiels, dass diese Verwendung von even im Englischen auch in Alternativfragen (also Fragen des Typs ‚A oder B  ?‘) möglich ist. Für zelfs und überhaupt scheint das bislang nicht der Fall zu sein (an und für sich ist überhaupt in Alternativfragen nicht ausgeschlossen, entspricht dann aber eher dem englischen at all und eher nicht diesem even). (ix) A  : When my friend Tony visits next week, can you please take very good care of him  ? Can you take him where he wants to go and cook for him his favorite dishes  ? B  : Does he even prefer coffee or tea with his breakfast  ? (I know nothing about what he likes  !)

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

Erfahrung nach kommt es bei schwierigeren Themen häufiger vor, dass nicht alles verstanden wird. Was in der Fachliteratur jedoch häufig fehlt, ist die Beobachtung, dass die Beziehung auch umgekehrt sein kann, d. h., dass im Satz mit auch etwas erwähnt wird, das aufgrund des vorher angesprochenen Sachverhaltes erwartbar ist. Das illustriert (114b)  : Es ist kein einfaches Thema, also ist es nicht verwunderlich, dass ich nicht viel verstanden habe. Der Unterschied zwischen den beiden Sätzen ist also, dass auch in (114a) den Grund (bzw. die Grundlage des Erwartbarkeitsverhältnisses) und in (114b) die Folge (also das Erwartbare) markiert.53 (114a) Ich habe von dem Vortrag nichts verstanden. – Es war auch kein einfaches Thema. (114b) Es war kein einfaches Thema. Ich habe von dem Vortrag denn auch nichts verstanden.

Ein niederländisches Pendant lässt sich leicht finden, denn die wörtliche Übersetzung (dan) ook kann auch in beiden Situationen verwendet werden ((114c) zeigt einen Grund, (115a) eine Folge). Wenn auch eine Folge markiert, bietet sich im Französischen aussi (am Satzanfang) an (115b)  ; wenn auch den Grund markiert, ist aussi weniger üblich, aber auch nicht ganz ausgeschlossen, nur steht es dann meistens im Satzinneren oder am Satzende (Hybertie 1996, S. 54 geht darauf ausführlicher ein). Ansonsten ist es nicht so einfach, ein gutes französisches oder englisches Pendant zu (denn) auch zu finden  : Sofern die Nuance nicht völlig implizit bleibt, wird meistens nur die kausale (Grund) oder konsekutive (Folge) Beziehung markiert, manchmal mit der expliziten Hinzufügung, dass es erwartbar und daher nicht überraschend war, wie in (115c).

53 Zwischen den Funktionen von auch (Grund oder Folge) und der Wahl zwischen auch und denn auch scheint keine richtige Korrelation zu bestehen, obwohl in Sätzen wie (114b) denn auch manchmal natürlicher anmuten dürfte als nur auch. Einen Kontextbezug herstellen

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(114c) Ik heb van die lezing niks begrepen. – Het was (dan) ook geen gemakkelijk onderwerp. (115a) Ze heeft hard gewerkt  ; ze is dan ook geslaagd. (115b) Elle a travaillé avec acharnement   ; aussi a-t-elle réussi. (115c) She has been working hard, so it’s no surprise that she passed her exams.

An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass das deutsche (denn) auch und das niederländische (dan) ook (manchmal auch nu ook) auch in (meistens rhetorischen) Ergänzungsfragen vorkommen können. Auch in diesem Fall signalisiert auch/ook Erwartbarkeit, wenn auch diesmal nur eine Möglichkeit besteht  : Die Frage erwähnt immer den Grund, der einen bereits angesprochenen Sachverhalt erwartbar macht. Wenn man immer spät ins Bett geht, ist es nicht verwunderlich, dass man sich nicht wohl fühlt (116), und wenn man den Mietvertrag nicht vorher genau durchliest, kann es schon mal zu unangenehmen Überraschungen kommen (117). Auch in diesem Fall setzt man im Englischen wie im Französischen meistens auf die Intonation oder eine Paraphrase, um die Nuance zum Ausdruck zu bringen. (116a) Ich fühle mich nicht sehr wohl heute. – Warum gehst du auch immer so spät ins Bett  ? (116b) Ik voel me niet echt lekker vandaag. – Waarom ga je ook altijd zo laat naar bed  ? (117a) Der Karl muss 40.000 Euro Kaution zahlen. – Wer unterschreibt auch einen Mietvertrag, ohne ihn vorher genau durchzulesen  ? (117b) Karel moet 40.000 Euro waarborg betalen. – Wie tekent er nu ook een huurcontract zonder het op voorhand grondig te lezen  ?

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Modalpartikeln und ihre Übersetzungsäquivalente: Übersicht

4.8 Unsicherheit ausdrücken Am Anfang dieser Übersicht standen Partikeln wie ja und doch, die gewissermaßen signalisieren, dass man seiner Sache sicher ist – zum Beispiel, weil es sich um Allgemeinwissen oder um Evidentes handelt. Jetzt schließen wir die Übersicht mit Partikeln ab, die genau das Gegenteil leisten  : eine gewisse Vorsicht oder Zurückhaltung einbauen, weil man sich des angesprochenen Sachverhaltes nicht ganz sicher ist. Hier lassen sich zwei Situationen ausmachen  : Einerseits kann es sein, dass man keine kategorische Behauptung machen kann/will, weil man etwas nicht nachweisen kann (4.8.1)  ; andererseits kann man die Aussage als eine richtig subjektive markieren, die nur auf eigenen Vermutungen, Einschätzungen oder Meinungen beruht (4.8.2). 4.8.1 Kein oder unzureichender Nachweis Eine der am meisten diskutierten Modalpartikeln des Deutschen ist sicherlich wohl, und zwar, weil es an der Grenze zwischen zwei Wortarten (Modalpartikel und Adverb) steht. Auf diese Diskussion gehen wir hier nicht ein, denn sie hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Frage der Bedeutung und Übersetzung. Wohl wird oft als Synonym zu vermutlich oder wahrscheinlich betrachtet, aber das ist ein vorschneller Schluss. In den folgenden Beispielen lässt sich wohl zum Beispiel nicht immer gegen vermutlich oder wahrscheinlich austauschen. Was man mit wohl eigentlich macht, ist zu signalisieren, dass man etwas vermutet oder gute Gründe hat, um anzunehmen, dass es so ist, aber sich trotzdem seiner Sache nicht sicher genug ist, um es als kategorische Aussage in den Raum zu stellen.54 Beispiel (118) aus den Asterix-Comics kann 54 Wie im Abschnitt 2.4 bereits erwähnt, wird regional auch schier mit dieser Bedeutung verwendet. Früher war dies im deutschen Sprachraum ziemlich geläufig  ; heutzutage hört man es hauptsächlich noch im Osten Österreichs (vor allem im Burgenland). Grosz (2017) bespricht dies ausführlicher. Unsicherheit ausdrücken

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das verdeutlichen  : Der Planung entsprechend sollte Tragicomix in diesem Moment an Bord eines Schiffes nach Afrika gehen, aber da man selbst gerade nicht in Marseille ist, kann man das nicht mit 100%iger Sicherheit sagen. (118a) Tragicomix ist mit einem Truppentransport aufgebrochen. Zur Stunde wird er wohl gerade von Massilia aus nach Afrika eingeschifft.

Oft wird wohl in Aussagen verwendet, die als Beleidigung interpretiert werden könnten. Durch wohl wird die Situation etwas entschärft, denn man erweckt den Eindruck, dass man sich seiner Behauptung nicht ganz sicher ist. Vor allem in der zweiten Person sind solche Aussagen ohnehin oft ironisch zu interpretieren und die Intonation macht dies meistens auch deutlich, aber trotzdem setzt man mit wohl noch einen weiteren Schritt zurück in der Hoffnung, weniger unhöflich oder aggressiv zu wirken. (119a) Der Typ da drüben, der hat sie wohl nicht mehr alle.55 (120a) Du bist wohl auf den Kopf gefallen  ?  !

Das direkteste niederländische Pendant zu wohl ist wel, und tatsächlich wird dies gelegentlich in Kontexten verwendet, in denen im Deutschen wohl stünde, etwa bei Schätzungen wie (121). Der Unterschied ist, dass wel hier oft zusätzlich die Bedeutung ‚mindestens‘ hat, während das bei wohl nicht unbedingt der Fall ist  : Wohl kann auch einfach signalisieren, dass die Zahl nur annähernd richtig ist.56 Sonst findet man wel als Pendant zu wohl vor allem in Kontexten mit epistemischem zullen ‚werden‘ (122), d. h. in Kontexten, in denen zullen keinen Zukunftsbezug markiert, 55 Beispiel aus Thurmair (1989, S. 142). 56 In dieser Verwendung steht wohl/wel manchmal auch am Satzanfang, wenn auch nicht alleine  ; es ist immer das ganze Satzglied, das verschoben wird  : Wohl tausend Sterne stehen am Himmel.

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sondern eher als Anzeichen einer Vermutung oder Annahme zu lesen ist. (121a) Am Himmel stehen wohl tausend Sterne. (121b) Aan de hemel staan wel duizend sterren. (122a) Er wird jetzt wohl zu Hause sein. (122b) Hij zal nu wel thuis zijn.

In anderen Kontexten eignet sich wel weniger gut als Übersetzung von wohl und entspricht eher der deutschen Partikel schon (siehe 4.2.4). Hier muss also für die Übersetzung eine andere Option gefunden werden. In einem Satz wie (118) kämen vermoedelijk oder waarschijnlijk (die direkten Pendants zu vermutlich und wahrscheinlich) in Frage  ; in Sätzen wie (119–120) ist eher auf Intonation und Umschreibungen zu setzen, etwa je zou zeggen/ denken dat. (118b) Op dit moment wordt hij waarschijnlijk net van Marseille naar Afrika ingescheept. (119b) Die kerel daar, je zou denken dat hij ze niet meer allemaal op een rijtje heeft…

Ähnliches gilt fürs Französische  : Mit bien ist zwar ein direktes Pendant vorhanden, aber dieses lässt sich nicht immer ohne Weiteres einsetzen. Der Grund ist, wie bei wel, dass bien eher dem deutschen schon entspricht (siehe 4.2.4) und also einen etwas höheren Gewissheitsgrad impliziert als wohl  : Mit schon (und mit bien) ist man meistens ziemlich sicher und zuversichtlich, dass das Gesagte stimmt, während es sich bei wohl nur um eine (zugegebenermaßen oft ziemlich starke) Vermutung handelt. Bien für wohl ist also nur möglich, wenn man sich sicher genug ist (Modicom 2017 geht ausführlicher darauf ein). Ansonsten sollte man eher auf andere Wahrscheinlichkeitsausdrücke ausweichen (probablement, vraisemblablement, manifestement, sans doute), oder Unsicherheit ausdrücken

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auf eine Umschreibung mit epistemischem devoir (dies funktioniert auch mit dem niederländischen moeten), d. h., die Verwendung von devoir/moeten, die keine Verpflichtung markiert, sondern signalisiert, dass es sich um eine starke Vermutung oder eine für sehr wahrscheinlich gehaltene Annahme handelt. Auch im Englischen sollte man so vorgehen, denn well kann nicht ohne Weiteres als Pendant zu wohl als Modalpartikel betrachtet werden  ; höchstens in der Kombination may/must/might/could well wäre das möglich (diese wird in Wörterbüchern denn auch oft als Übersetzung von wohl angeführt), aber auch hier ist zu beachten, dass well hier auch das Pendant zu schon sein kann. (123a) Es ist wohl nicht übertrieben, von einer Umwälzung zu sprechen. (123b) Il n’est sans doute pas exagéré de parler d’un bouleversement. (123c) It’s probably not an exaggeration to speak of a revolution. (124a) Sie verwechseln mich wohl mit jemandem. (124b) Vous devez me confondre avec quelqu’un d’autre. (124c) U moet me met iemand anders verwarren. (124d) You must/may well be confounding me with someone else. (124e) I guess you’re confounding me with someone else.

An dieser Stelle ist auch noch kurz auf die Verwendung von wohl und wel mit ‚zwar‘-Nuance einzugehen, die wir unter 4.2.4 bereits angesprochen haben. Im Abschnitt 4.2.4 haben wir für diese Nuance bereits Beispiele mit gut und schon bzw. niederländisch goed und best angeführt, aber auch wohl und wel sind also in diesem Kontext nicht ausgeschlossen. Nur gibt man mit schon oder gut dem Gegenüber völlig recht (‚ja, das stimmt tatsächlich‘), während bei wohl noch eine gewisse Zurückhaltung im Spiel ist (‚ja, das wird wahrscheinlich wohl stimmen‘). Zum Teil gilt dies auch für wel  : Auch hier ist, wie bei wohl, eine gewisse Zurückhaltung möglich, aber anders als bei wohl (und ähnlich wie bei goed und best oder gut und schon) kann man dem Gegenüber mit wel auch völlig recht geben (vgl. die Beobachtung, dass wel manch148

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mal eher schon entspricht). Viel hängt hier also vom Kontext ab, um zu wissen, ob man dem Gegenüber rundheraus oder doch nur zurückhaltend und zum Teil recht gibt. (36e) Das mag wohl stimmen, aber trotzdem finde ich die Anmerkung etwas deplatziert. (36f ) Dat kan wel kloppen, maar toch vind ik die opmerking een beetje misplaatst.

Zum Schluss gehen wir noch kurz auf eine niederländische Partikel ein, die kein direktes deutsches Pendant hat  : vast. Gewissermaßen ist vast die goldene Mitte zwischen den deutschen Partikeln schon und wohl  : Vast ist eigentlich etwas entschiedener als wohl, hat aber nicht ganz die gleiche Bedeutung wie schon, denn es weist nicht unbedingt Gegenargumente zurück und hat in Sätzen mit Zukunftsbezug nicht unbedingt eine gleich stark beruhigende Wirkung wie schon. Für die Übersetzung ins Deutsche muss man also zwischen schon und wohl wählen, je nachdem, welche von beiden Partikeln im jeweiligen Kontext der Bedeutung von vast am nächsten steht, und ähnlich ist für die Übersetzung ins Englische oder Französische abzuwägen, welches Pendant zu schon oder wohl am besten passt. Für Sätze mit epistemischem zullen bieten sich auch Elemente wie gewiss/bestimmt/sicher, certainement/sûrement oder certainly/surely an (auch je suis sûr que, I’m sure that u.  dgl.), die eben auch nicht immer absolute Sicherheit zum Ausdruck bringen (vgl. Abschnitt 4.2.4). Mit dem niederländischen zeker lässt sich eine ähnliche Wirkung herbeiführen, aber zu beachten ist, dass zeker hier oft in der Kombination zeker wel vorkommt (auch vast wird im Übrigen oft mit wel kombiniert), während bei den deutschen, französischen und englischen Ausdrücken eine solche Kombination eher unüblich ist.57 Übrigens kommt zeker manchmal auch als Übersetzung 57 Auffällig ist, dass hier auch die koordinierten Strukturen vast en zeker und (zumindest in Flandern) zeker en vast in Frage kommen. Wichtig ist allerdings, dass man sich mit vast en zeker manchmal noch einigermaßen zurückhält, wie Unsicherheit ausdrücken

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von wohl in Frage, insbesondere in Beschimpfungen wie (120)  ; in Schätzungen mit der zusätzlichen Bedeutungsnuance ‚mindestens‘ wie (121) scheint zeker dann doch noch eine etwas größere Gewissheit zum Ausdruck zu bringen als wel. (125a) Hij zal vast erg vereerd zijn. (125b) Er wird sich bestimmt sehr geehrt fühlen. (125c) Il sera certainement très enchanté. (125d) I’m sure he’ll feel very honored. (120b) Jij bent zeker op je kop gevallen  ?  ! (121c) Aan de hemel staan zeker duizend sterren.

4.8.2 Subjektive Aussagen Wie (124e) und (125d) bereits suggerieren, ließe sich in einigen dieser Beispiele auch ein Matrixsatz verwenden, zum Beispiel ich glaube/ik denk/je crois/I think (je nachdem, wie sicher man sich ist, auch mit anderen Verben). Auch diese können nämlich eine abtönende Wirkung haben, die insbesondere im Englischen und Deutschen auch ziemlich gut entwickelt ist – sogar in dem Ausmaß (und das ist der Grund, weshalb wir sie hier ansprechen), dass fünf deutsche Verben inzwischen auch eine Modalpartikelvariante ohne ich haben. Vier von diesen Partikeln sind eher selten und scheinen vor allem im Südwesten des deutschen Sprachraums Verwendung zu finden (denk, find, mein, vermut), aber eine ist deutlich frequenter und scheint sich allmählich auch in anderen Teilen des deutschen Sprachraums einzubürgern  : glaub. Übrigens bestehen alle fünf Partikeln sowohl mit als auch ohne -e am Ende (also sowohl glaube als auch glaub, sowohl denke als auch

mit wohl und schon, während zeker en vast (laut taaladvies.net, dem Sprachratgeber der Nederlandse Taalunie) tatsächlich mehr Gewissheit zum Ausdruck bringt.

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denk usw.), wenn auch vor allem die kürzere Variante sich weiter zu verbreiten scheint, sodass wir diese hier verwenden. Wirklich klar ist der Unterschied zwischen den fünf Partikeln nicht  : Allesamt machen sie die Aussage in irgendeiner Weise subjektiv. Die genaue Nuance ist vom Kontext abhängig, zum Beispiel ‚denke ich‘ (126), ‚wenn mich nicht alles täuscht‘ (127), ‚schätze ich‘ (128) oder ‚meiner Meinung nach‘ (129). In einigen Fällen ist es jedoch schwierig, die Nuance genau zu bestimmen, und es scheint, als ob glaub einfach signalisiert, dass es sich um eine subjektive Aussage handelt (130). Was Unterschiede zwischen den Partikeln angeht, kann man allenfalls sagen, dass bei find und vermut manchmal noch Spuren der ursprünglichen Verbbedeutung durchzuschimmern scheinen, denn find scheint vor allem bei Ansichten und vermut vor allem bei Vermutungen zum Einsatz zu kommen (131–132). (126) Wäre ich erwachsen, dann würde ich das glaub kaufen. (127) Schalter und Automatik kann man glaub mit Vagcom kodieren oder irre ich mich da  ? (128) Waren glaub 30 Leute oder so. (129) Das ist glaub die beste Antwort hier von allen. (130) Am Sonntag 20.8. und Montag 21.8. haben Andi und ich uns in der Greinahochebene aufgehalten. Die ist glaub immer wieder aufs Neue faszinierend für mich. (131) Das ist find das Schlimmste am Warten, jedes kleine Zeichen kann alles oder nichts bedeuten. (132) Kommt denn Strom am Stecker an  ? Wenn nicht, so ist vermut ein Kabelbruch vorhanden.

Unsicherheit ausdrücken

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Eine solche etablierte Partikelform gibt es im Niederländischen bislang nicht, obwohl sich in der Umgangssprache eine ähnliche Verwendung von denk zu entwickeln scheint. Vorerst müssen wir also einfach mit denk ik (oder einer anderen Struktur wie volgens mij oder naar mijn mening) paraphrasieren. Lediglich rein subjektive Fälle wie (130) sind auf diese Weise schwer zu erfassen  ; hier gibt es im Niederländischen meistens einfach keine Abtönung. Ähnlich gilt fürs Französische, dass sich entweder je crois oder eine andere Paraphrase (wie à mon avis) anbietet und dass Sätze wie (130) ohne Abtönung auskommen. Im Englischen kann man in all diesen Fällen I think verwenden  – im Übrigen in der gesprochenen Umgangssprache inzwischen gelegentlich auch ohne I. Schreiben sollte man dieses I aber schon noch, während im Deutschen ich glaube (als Verb) und glaub (als Partikel) inzwischen wirklich nebeneinander bestehen. Alternativ bieten sich auch Verben wie I suppose und I believe an, aber bei diesen Verben ist das Weglassen des I bislang eher unüblich, sogar in der gesprochenen Umgangssprache.58 Eine andere Partikel, die regional mit einer ähnlichen Funktion verwendet wird, ist jetzt (manchmal auch nun). Das haben wir im Abschnitt 4.2.3 bereits als Quasi-Synonym zu halt besprochen, also als eine Art Evidenzmarkierer, aber es kann auch das genaue Gegenteil sein, nämlich ein Zeichen von Subjektivität  : Es zeigt, dass S einfach die eigene Ansicht oder Meinung äußert, wohl wissend, dass auch andere Ansichten und Gegenargumente kursieren. Anders als mit schon werden diese mit jetzt nicht einfach zur Seite geschoben  : S steht nach wie vor zur eigenen Ansicht, bleibt aber offen für andere Ansichten und lässt Raum für Diskussion. In (133), zum Beispiel, findet S etwas nicht unbedingt schlimm, scheint sich aber der Tatsache bewusst zu sein, dass andere anderer Meinung sein könnten. Eine gewisse 58 Dieses Weglassen des Personalpronomens um ein Verb in eine Partikel umzuwandeln, scheint im Übrigen ein sprachübergreifendes Phänomen zu sein, das u. a. auch im Afrikaans vorkommt (zum Beispiel glo als Partikelvariante zu glo ek).

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Parallele zu Partikeln wie halt und (insbesondere) einfach besteht insofern, als man mit diesem jetzt schon zu verstehen gibt, dass es irgendwie logisch oder naheliegend ist, das nicht schlimm zu finden, aber insbesondere in solchen subjektiveren Aussagen lässt man doch noch Raum für andere Ansichten (wie das zum Teil auch bei einfach der Fall ist, aber weniger bei halt). (133a) Also ich finde das jetzt auch nicht schlimm, irgendwie. (134a) Ja gut, also „im ganzen Land“ ist jetzt vielleicht auch ein bisschen übertrieben. (135) Aber das wäre jetzt für mich der falsche Ansatz.

Im Niederländischen bietet sich hier die Partikel n(o)u an, auch wenn man in Sätzen wie (135) vielleicht eher nicht (oder höchstens durch Intonation) abtönen würde. Im Französischen und Englischen scheint kein richtiges Pendant zu dieser Verwendung von jetzt zu bestehen und meistens nicht weiter abgetönt zu werden (zumal in Sätzen wie (133) das ich finde die Aussage bereits als eine subjektive kennzeichnet). Allenfalls wird auf Intonation oder andere Paraphrasen (wie je crois oder I think) gesetzt, um klarzumachen, dass es sich nicht um eine kategorische Aussage handelt. (133b) Ik vind dat nu ook niet zo erg, eigenlijk. (134b) Nuja goed, “in het hele land” is nu misschien ook wel een beetje overdreven.

Unsicherheit ausdrücken

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Wichtig  : Diese Liste bietet einige Vorschläge und ist sicherlich nicht exhaustiv  ! Übersetzer*innen, die hier die Antwort auf ihre Fragen nicht finden, können sich ausgehend von diesen Referenzen immer noch weiter in der einschlägigen Literatur umsehen. Wir weisen auch nochmals darauf hin, dass bei einem Großteil der Forschung zur Übersetzung von Modalpartikeln literarische Texte im Fokus stehen  ; in anderen Textsorten können also manchmal andere Übersetzungen vorkommen oder angemessener sein als diejenigen, die in der Literatur zu literarischen Übersetzungen beschrieben werden.

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Bibliographie

6. Index Dieser Index bietet eine Übersicht der Modalpartikeln sowie der wichtigsten anderen Ausdrucksformen in den verschiedenen Sprachen, die in diesem Heftchen besprochen werden. Der Übersichtlichkeit halber werden allzu lange Umschreibungen sowie Verweise auf Intonation hier allerdings nicht aufgenommen. 6.1 Deutsch aber 131 allmählich 122 auch 100, 143 bekanntermaßen 73 bekanntlich 73 bestimmt 92, 150 bloß 117, 123, 128 brav 122 denk(e) 151 denn 120, 134 doch 77, 98, 99, 104, 108, 112, 118, 123, 128 eben 85 echt 132 ehrlich 137 eigentlich 139 einfach 83 einmal 109 ethischer Dativ 123 etwa 96 find(e) 151 gefälligst 122 gern(e) 112 getrost 113 gewiss 92, 150 glaub(e) 151 gleich 108 gschwind 108

gut 94 halt 85 heute 129 hübsch 122 IAW-Strukturen, z. B. zur Hölle 124 ja 71, 121, 131 jemals 104 jetzt 90, 119, 127, 128, 137, 153 kurz 110 langsam 122 lei 85, 115 mal 109, 115, 128 man 85, 115, 117, 128 mein(e) 151 nämlich 75 natürlich 77 nicht 100 noch(mal) 108 nun 90, 119, 127, 137, 153 nun (ein)mal 86 nur 114, 117, 123, 128 rasch 108 ruhig 112, 115 schier 146 schlicht(weg) 90 schnell 108 schon 91, 102, 108, 120 schön 122 Deutsch

167

sicher 92, 150 überhaupt 142 vermut(e) 151 vielleicht 96, 131 vor allem 118

wieder 108 wirklich 132, 137 wohl 93, 97, 105, 146 zufällig 97 zugegebenermaßen 77

6.2 Niederländisch absoluut 121 al 94 best 93 braaf(kes) 122 dan 120, 135 dan ook 144 domweg 83 echt 132, 137 eens (’ns, es) 110, 115, 119, 128 eenvoudigweg 83 eerlijk 137 eigenlijk 140 even(tjes) 110 gerust 113, 115 gewoon(weg) 83 goed 94 IAW-Strukturen, z. B. in Gods naam 124 immers 74 langzaam(aan) 122 maar 81, 111, 115, 128, 133, 137 misschien 96 mooi 122 namelijk 75 natuurlijk 77

niet 100 n(o)u 91, 103, 106, 119, 120, 124, 127, 128, 137, 153 nu eenmaal 86 ooit 103, 104 ook 97, 101, 144 ook (al)weer 108 per slot van rekening 75 ronduit 84 schonekes 123 simpelweg 83 soms 96 stilaan 122 tenslotte 75 toch 77, 82, 98, 100, 101, 112, 118, 124, 128 toegegeven 77 toevallig 97 vast 149 vooral 117, 121 wel 92, 101, 106, 107, 113, 142, 147 weliswaar 76 werkelijk 137 zeker 92, 117, 150 zelfs 141

6.3 Französisch absolument 121 allez 120 alors 135

168

Index

au fait 140 aussi 144 bien 73, 80, 92, 99, 101, 138, 148

bien sûr 77 bonnement 87 carrément 84 certainement 92, 150 certes 76 c’est que 88 c’est tout 88 déjà 93, 94, 108, 121, 136 donc 89, 104, 110, 112, 118, 120, 124, 127, 136, 140 doucement 122 encore 108 en fait 140 IAW-Strukturen, z. B. diable 124 juste 84 justement 87 lentement 122 maintenant 108, 127, 137 mais 80, 81, 124, 133, 137

par hasard 97 peut-être 97 pourtant 81 précisément 87 puisque 74, 80, 81, 88 purement 84, 90 quand même 79, 98, 99, 118 réellement 137 seulement 115, 128 simplement 84, 87 somme toute 75 sûrement 92, 150 surtout 118, 121 Tags 74, 100 tout de même 79, 98, 99, 118 un peu 110 voilà tout 84, 88 vraiment 84, 132, 137

6.4 Englisch absolutely 121 actually 140 admittedly 77 after all 75, 78 again 108 already 121 at all 95 but 81, 124, 133, 137 certainly 150 even 141 ever 104 IAW-Strukturen, z. B. the heck 124 in fact 140 (I) think 152

just 83, 87, 116, 121 now 127, 137 of course 77 only 128 perhaps 97 really 132, 137 simply 83 slowly 122 surely 93, 150 Tags 74, 79, 98 – 100 then 135 truly 132 well 93

Französisch

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Wie geht es dem österreichischen Deutsch?

Rudolf de Cillia | Jutta Ransmayr Österreichisches Deutsch macht Schule Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm 2019. 272 Seiten mit 88 s/w-Abb., gebunden € 35,00 D | € 36,00 A ISBN 978-3-205-20888-4 Open Access

Preisstand 30.8.2021

Rudolf de Cillia und Jutta Ransmayr untersuchen die Relevanz der Plurizentrik, des österreichischen Deutsch und der Varietäten des Deutschen (Standard, Umgangssprache, Dialekt) in Lehr- und Studienplänen und Lehrbüchern. Eine große empirische Erhebung unter Lehrer:innen und Schüler:innen (Fragebogen, Interviews, Gruppendiskussion, Teilnehmende Beobachtung) widmete sich der Konzeptualisierung des Deutschen in Österreich, den Einstellungen gegenüber den Standardvarietäten des Deutschen und gegenüber Austriazismen und Deutschlandismen, dem Normverständnis und Korrekturverhalten von Lehrpersonen sowie der Sprachverwendung im Deutschunterricht.

Schreibwissenschaft

Schreiben als Forschungsgegenstand findet mehr und mehr Beachtung im deutschsprachigen Raum. Mit der Publikation von Monographien und Sammelbänden will die Gesellschaft für wissenschaftliches Schreiben (GewissS) zur Etablierung und Schärfung einer Wissenschaft des Schreibens beitragen. Vertreter:innen unterschiedlicher Disziplinen wird ein Forum geboten, in welchem Schreiben als individuelle und soziale Praxis erforscht, analysiert, theoretisiert, didaktisiert und diskutiert werden kann.

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Preisstand 30.8.2021