Salzburg, 4. bis 6. September 1947 [1. Aufl.] 978-3-211-80063-8;978-3-7091-4417-6

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German Pages IV, 293 [298] Year 1948

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Salzburg, 4. bis 6. September 1947 [1. Aufl.]
 978-3-211-80063-8;978-3-7091-4417-6

Table of contents :
Front Matter ....Pages i-v
Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen (Leopold Arzt)....Pages 1-6
Vom Chaos zum Menschen (A. Durig)....Pages 7-87
Frequenz und Art gegenwärtiger Todeskrankheiten (H. Chiari)....Pages 88-102
Ueber neuere Bestrebungen, die Resultate in der Abdominalchirurgie zu verbessern (H. Finsterer)....Pages 103-139
Auswirkungen des zweiten Weltkrieges auf die Volksgesundheit in Oesterreich (Franz Ritschl)....Pages 140-151
Wie kann die Behandlung der Lungentuberkulose rationeller gestaltet werden? (A. Brunner)....Pages 152-168
Gegenwartsaufgaben des Kinderarztes (E. Glanzmann)....Pages 169-184
Zur Frage hormonaler Regulationen (K. Fellinger)....Pages 185-203
Neues aus Forschung und Behandlung der Blutkrankheiten (Anton Hittmair)....Pages 204-216
Gegenwartsfragen der physikalischen Therapie (W. Holzer)....Pages 217-238
Die Syphilis ein gegenwärtiges und zukünftiges Kriegserbe Oesterreichs (Leopold Arzt)....Pages 239-259
Dringliche Fragen der Nachkriegsorthopädie (Albert Lorenz)....Pages 260-276
Eindrücke und Erfahrungen beim 5. internationalen Kongreß für Kinderheilkunde in New York am 14. bis 17. Juli 1947 (Karl Kundratitz)....Pages 277-291
Back Matter ....Pages 293-293

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1. Österreichische Ärztetagung Salzburg 4. bis 6. September 1947

Tagungsbericht Herausgegeben von

Professor Dr. Leopold Arzt Mit 10 Textabbildungen

Springer-Verlag Wien GmbH

1948

1. Österreichische Ärztetagung Salzburg 4. his 6. September 1947

Tagungsbericht Herausgegeben von

Professor Dr. Leopold Arzt Mit 10 Textabbildungen

Springer-Verlag Wien GmbH 1948

ISBN 978-3-7091-4417-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-4417-6

ISBN 978-3-211-80063-8

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis Tagungsbericht 4. September 1947

Seite

Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen ...................•• 1 Durig, A.: Vom Chaos zum Menschen..................... 7 Chi a ri, H.: Frequenz und Art gegenwärtiger Todeskrankheiten 88 Finsterer, H.: Deber neuere Bestrebungen, die Resultate in der Abdominalchirurgie zu verbessern .................... , 103 Ritschl, F.: Auswirkungen des zweiten Weltkrieges auf die Volksgesundheit in Oesterreich ........................... 140

5. September 1947 B run n er, A.: Wie kann die Behandlung der Lungentuberkulose rationeller gestaltet werden? ...................... GI a n z man n, E.: Gegenwartsaufgaben des Kinderarztes .... Fell i n ger, K.: Zur Frage hormonaler Regulationen........ Hittmair, A.: Neues aus Forschung und Behandlung der Blutkrankheiten .... " " '" '" .. " ... " ..... , ...........• Holzer, W.: Gegenwartsfragen der physikalischen Therapie

152 169 185 204 217

6. September 1947 Ar z t, L.: Die Syphilis ein gegenwärtiges und zukünftiges Kriegserbe Oesterreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . •. 239 L 0 ren z, A.: Dringliche Fragen der Nachkriegsorthopädie ... , 260 Ku nd rat i tz, K.: Eindrücke und Erfahrungen beim 5. internationalen Kongreß für Kinderheilkunde in New York am U. bis 17. Juli 1947 ................................... 277

Ein Rückblick Es war Anfang September des vergangenen Jahres, daß sich Oesterreichs Aerzte zum ersten Male in ihrem wiedererstandenen Vaterlande in übermsehend großer Zahl in der durch ihre geographische Lalge und duroh ihre Geschichte dazu förmlich vlOrbestimmten Stadt an der grünen Salzach zu einer Tagung versammelten. Führend,e Männer der Heilkunst aus der benachbarten Schweiz, wie der Chirurg B run ne r und der Kinderarzt G I a n z man n, standen Pate und hatten in liebenswürdiger Weise wichtige Referate übernommen. Auf ähnliche vorangegangene Veranstaltungen in den alpenländiS'Chen Tagungen rückblickend, die an ihrem Anfang den Namen des venHenten Grazer Orthopäden W i tte k aufweisen, war mit dieser ersiten Aeil'zteztlJsammenkunft für die damalige Zeit ein vielleicht kühner Versuch unternommen worden. Salzburgs Chirurg, Professor Dr. Erwin D 10 man i g, leiistete eine mustergültige Vorarbeit, wobei ihm sein Lehrer Prorossor Den k dabei und Vlor al1em bei de,r Tagung selbst als bewährter VorsitzendeT hilfreich zur Seite stand. Es wäre eine unangebrachte, über die Grenzen der sprichwörtlichen österreichis'chen Art hinausgehende, Bescheidenheit gewesen, diese T~ der Vergessenheit anhe,im fallen zu lassen. Wurde sie d'och eingeleitet durch den Vortrag eines führenden Wisselnschaftlers doc Wiener medizinischen Schule, Arnold Dur i g, der :in zweistündlg~r freier Rede wohl ein nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich weitaus:greifendes Thema glänzend behandelte: "Vom Chaos zum Menschen". DieseT Tagung durch die Herausgabe der gehaltenen Referate und Vorträge in Buchform einen daJuernden Wert zu verleihen, war daher nur eine selbstverständliche vaterländische Pflicht. Wird dieses nunmehr vorliegende kle,ine Werk doch e,in bleibendes Zeugnis der Leistung der österretichischen Medizin und ihrer Vertreter in schwerster Zeit sein und damit auch ein Kulturdokument unseres' wieder€irstandenen Vaterlandes Oesrterreich.

L. Arzt.

Tagungsbericht 4. September 1947

Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen Pvof. Dr. W. D 'e n k, Wien, begrüßt an erster Stelle die ausländischen 'l1eilnehme,r, insbesondere die Referentoo Pflof. Dr. A. Brunner, Zürich, und Prof. Dr. E. Glanzman n, Bern, sowie weiterhin Prof. Dr. A. W i t te k und Hofrat Prüf. Dr. A. Dur i g. Er dankt der Stadt und dem Lande Salzburg für die gastliche Aufnahme, dankt Prof. Dr. Dom a n i g und seinen Mitarbeitern für die Vorarbeit.ell und Organisation, weiterhin auch allen Aus!steUern, und wiederhült die Einladung zum Besuche der Aus,stellung. Es sind fast auf den Tag 10 Jahre her, fäih'rt er for~, daß die letzte Tagung der alpenIändischen Ae,rzte hier in Salz burg stattgefunden hat. Aus kleinen, aber bedootungsyollen Anfängen, auf Anregung Prof. W i t t e k s als Chirurgen tagung entstanden, wurde es schließlich traditionell, daß sich die, österreichischen Aerzte alljährlich anfangs September zusammenfanden, um ihre Erfah'rungen und Fürschungsergebnisse aus· zutauschen. Im Laufe de,r Jahre wurden die Zusammenkünfte geradezu ,ein Bedürfnis, wi,e die, ste,igende Zahl der Teilnehmer bewies. Die Chirnrgentagung zog immer weitel'e Kreise, die Gyn.äkologen, Internisten, Pädiater, Neurologen, Oto-Rhinü·Laryngologen hielten teHs' im Rahmen der Haupt· sitzungen, teils in eigenen Zusammenkünften Referate und Vorträge, und sü entstand allmählich! eine nahezu alle Gebiete der Medizin umfas'Sende österreichische Aerztetagung, für deren Bedeutung eHe Teilnahme zahlreicher ausländischer Aerzte aus den Nachbarländern Zeugnis ablegte. 1. Oesterreichische Aerztetagullg 1947.

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Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen.

Als wir zuletzt, 1937, hier in Salzburg beisammen waren, lag scbon Gewitterschwüle in der Luft und das Wetterleuchten verkünde,te den herannahenden Sturm. Mit elementarer Ge,walt brach dann das, Gewitter los~ Tod und Vernichtung über unser Land verbreitend. Nun ist das Gewitter vorüber, und uns erwächst die Aufgabe, die Schäden dieses Sturme,s zu beseitig~n unll wieder aufzubauen. Hr. Landeshauptmann Ing. H '0 chI e, i t n er: Wir stehen vor einer großen, ja hisborischen Aufgabe, im edlen Wettbewerb der medizinischen Weltzentrelll der österreichirohen Medizin wieder ihren gebührenden Platz zu eJ.1obern. Die vergangenen schweren Jahre sind auch an der österreich ischen Medizin nicht spurlos vorübergegangen. Der hermetische AbscJhluß vom Ausland, die Unterbindung des Gedankenaustausches mit den Wisslensohaften der übrigen Welt, der Druck, der auf uns gelaste,t hat, und die seelische Not wirkten hemmend auf die freie Entfaltung der geistigen Kräfte, und wo sie sich regten, konnten sie sich infolge der materiellen Not nicht fruch'tbringend ges1talten. Auch heute srind wir noch ni,cht frei von jeder physischen und psychIschen Belastung, die eines' der schwersten Hindernisse für edolgreiche, wissenschaftliche F'orschung ist. Wir haben aber anderseits erfahren, welche Fortschritte die Medizin im Auslande in den letzten 10 Jahren gemacht hat. Wir verdanken diese Kenntnisse Zlahlreichen ausländischen Gelehrten, die zu uns gekommen sind, um uns mit den Yortschritten der Meclizlin in ihren Heima,tlanden verh~aut zu machen, und wir verdanken dies der erfreulichen Tatsache, daß wir wieder ausUindi,sche Literatur in die Hände bekommen. Die Kenntnisnahme der F:ortscrrritte der Heilkunde bedeutet für uns eine große Verpflichtung: wü' müssen Versäumtes nachholen, diese Kenntni,~se verbreiten und dadurch allen Kranken zugute ~ommen laslsen. Wir müslsen aber anders>eits, wollen wir d'er österrei:chischen Medizin wiooer jene Geltung verschaffen, die sie frühe,r bes'eiSisen hat, selbst am F10rtschritt mitarbeiten. Um de,r ers'ten F:orclerung gerecht zU werden - sie wird uns erleichtert durch di,e dankenswert~n Hilf~n, die uns die Sanit.äts1abteilung der alliierten Mächte und hesondt\rs die verschiedenen Zweige des Hauptquartiers de,r

Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen.

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U. S. Forces in Austria gewähren, ich erinnere nur all die medizinischen Nachtichten dm- Ve:reinigten Staaten -, müssen wir d1e Bitte an die österreich ischen Regierungsstellen richtoo, daß sie delf medizinischen !>roSise etwas mehr Papier zuteilen mögen, denn sonst ist es! Wlmöglich, daß alle wichtigen Neuerungen. der Medizin alloo Aerzten in dem Maße bekannt werden, wie es wünschenswert Wld notwendig ist. DiJeser ersten F:orderung dient auch unsere Tagung, aber wir wis'soo wohl, daß diese Tagung' nUT einen Teil dieser Forder\lng m-füllen kann, denn die Gegenwartsaufgaben der HeilkWlde sind viel zlU groß und umfangreich, um in wenigen Vorträgen erschöpfend behandelt werden zu kÖIllllen. Dnselre TagWlg dient in erster Linie dazu, die Wege aufzuzeigen, wie die gröbsten Schäden, welche der Krieg und die Nachkriegszeit geschlagen haben, beseitigt werden könnten. Die zweite Aufgabe, die Mitarbeit a.m Fortschritt der Heilkunde, ist von nicht geringerer Bedeutung, aber zweifellos noch schwieriger als die erste. Wenn wir uns fragen, worauf denn die F:ortschritte in der Medizin der letzten Jahre zurückzuführen sind, so dürfte man wohl nicht zu weit fehlgehen, wenn man sie in der Anwendu:n~ der Forschungserge1bnisse der theoretischen Fächer auf die praktische Heilkunde erblickt. Es ist der Sieg der eJrakten Lahoratoriumsarbeit über den Empirismus der alten Medizin. Auch dieser ist unentbeh:rlich und die Beobachtung 30m Krank€ubett für den 80rtschritt ebenso notwendig wie die Laboratoriumsarbeit. Die Entwicklung der Medizin im Zeitalter der reinen Empirie ging aber nur sehr langsam vor sich, im Zeitalter des Laboratoriums in ungeahntem Tempo und Ausmaß. Es ist wohl sehr wahrsche,inlich, daß in Zukunft der Chemie und der Physik neben den medizinisch-theoretischen Fächern die Hauptaufgabe in der Weitemntwicklung der Heilkunde zulmmmen wird. Denken Sie nur an das Penicillin und seine chemische Formel und an die Bestrebungen, durch Aendemng der chemischen Zusammensetzung tödliche Wirkung auf Bakte,rien zu erzielen, welche durch Penicillin unangf{~ifbar sind. Denken Sie weiter an die Strahlenforschung, an die At'Ümforschu:ng und an ihre allerdings heute noch nebelhaften Aussichten a;uf ihre Anwendbarkeit in de,r Medizin. Auch die Karzinomforsc:hung rückt immer mehr in daS! Gemet der Ch~mie und Physik hinein. Die Hormon- und Vitamin~orschung beschäftigt neben dem Physiolog€ll und Pharmal\lologen besonders den Chemiker, 1·

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Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen.

und so sind auch die Beziehungen zwischen Karzinom und Hormonen vorwiegend chemis~h-Mologische Probleme geworden, auf deren Lösung die Klinik sehnsüchtig wartet. Das sind nur einige Andeutungen, die aber immerhin die unerläßliche Notwendigkeit erkennen lltgsen, daß Theoretiker und Kliniker zusammenarbeiten, daß einer dem anderen seine Ideen, Wünsche und Bedürfnis'!re mitteilt, die bei geeigneter Zusammenarbeit rascher einer Lösung zugeführt werden können, alSI wenn jeder s~ine eigenen Wege geht, ohne Kenntnis der Wege des anderen. Zur erfolgreichen Forsdhung ist aber nocH etwas unentbehrlich, die materieUen Mittel. Wir lesen Vüll Millionenbeträgen, welche der wissenschaftlichen Forschung im Ausland zur Verfügung gestellt werden. Gewiß kommt es in erster Linie auf die Idee run, aber zur UmsetzlUlg in die Tat benötigt sie doch der finanziellen Hilfe. Die Medizin war neben der Musik einer der stärkstoo. Pfeilerästerreicltisdher Kultur und österreichischer Wertschätzung im Ausland. Sie z.og ungezählte Kranke aus aller Herren Länder in die medizinisühen Zentren Oesterreidrs, um hier Heilung zlu snchen und zu finden. Der Staat hätte das größte Interesse daran, wenn dieser Strom seinen Weg wieder in unser Land fände, und so richte ich! die zweite Bitte an die zusmdigen Regierungsstellen, die wissenschaftliche Forschung auf medizinischem Gebiet tatkrältig zu unterstütoon, damit durch gemeinsame Kraftans'trengung jenes Ziel erreicht wird, auf welches, wie der amerikanische Hochkommissar Herr General K e y e sanläßlich der Eröffnung der SalzhurgeiI' Festsp~ele mit Bezug auf die österreich ische Musik gesClJgt hat, jede andere Nation mit Recht stolz selin könnte.

Prof. Dr. F. Reu ter, Volksgesundhffitsamt (Wien): Hochverehrter Herr Landeshauptmann, hohe Alliierte, Herr Bür~ei.ster, Herr Präsident, meine Damen und Herren I I~h habe die Ehre, Sie im Namen des Herrn Unterrichtsministers Dr. H u r des und des Herrn Ministers für soziale Verwaltung Mai seI, die leider beide verhindert siind, an Ihrer Tagung teilz;unehmen, aufs herzliohste zU begrüßen und Ihnen einen erfolgreichen Verlauf di,eser Tagung zu wünsohen. Gegenstand Ihrer Tagung ist: G~gen­ wartsaufgaben der ärztlichen Wissenschaft, ein Gedanke, der sich, wie ein Blick auf das reichhaltige Vortragsprogramm,

Eröffnungs- und Begrüßungsanspracheil.

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an dess€lI1 Durchführung sich hervorragende Ve,rtreter der medizinischen Wissenschaft aus der Schweiz und Oesterreich heteili~n, wie ein roter Faden durch alle Themen, die das Programm beinhaltet, hindurch'zieht. Die Wissenschaft war in der Medizin stets der Wegbahner neuer Methoden zur Heilung de,r krankem. Menschheit. Die medizinische Wissetns0haft hat aber nicht nur die Aufgabe" mit kritischem Auge die wissensrchaftlichoo Ergebniss'e im Laboratorium und im Tierexperimetnt ~'u beurteilen, bevor diese am Krankoo pmktische Anwendung finden dürfen, sondem ihr obliegt auch' die Ueberprüfung der nach Anwendung neuer Methoden am Kmnkenbette eingetretenen F:olgen. Seien Sie überzeugt, daß das' Unterrichtsministerium stets di'e Fortschritte der Wissensohaft mit großem Interesse verfolgt und auch in sl(~hwierigen Lagen de,s' Staates alles daransetzen wird, um diesen ~ortschritt zu fördern und ihm dem Unte,rridht der jungen Aerz:tegeneration dienstbar zn machen. Der wissenschiaftlich arbeitende Arzt muß aber bei der Anwendung nffillßr Methoden am Krankenbette stets im Auge behalhm, daß das Objekt, an dem diese Methoden ausprobiert werdetn sollen, ein kranker Mensch ist. Niemals darf dieser zum Ge,~nstand eines wissenschaftlichoo Experimentes erniedrigt werden; immer muß sich auch! der Wissenschaftler vor Augen halten, daß die Erprobung eine,r neuern Therapie nur dann am Kranken ärztlich-ethiS'c'll be'rechtigt ist, wenn die' Anwendung der Methode mit dem Heilzweck motiviert werden kann und der Patient zu dieser seine Einwilligung gegeben h:at. Nie mehr möge die Menschhe,it e,ine Ze,ü wieder erleben, in der sich Aerzte zum Werkzeug einer Weltansoh:a:uung herbeiließen, derelJl Zid Verkneohtung und Vernichtung vorn Rassen und Völkem war. Die ärztliche Ethlik hat, wie die Religion, ihre eigenen hehren Gesetz;e, deinen sie g'ehorchen muß, ohne Rücksi01ü auf Beifall oder Ablehnung ,"on seiten der Masse. Die ärztliche Wissenschaft slteBt, wie B a c 'Ü n sagt, eine Macht dar, die im praktischen Leben aber nur dann eine erfolgreiche Wirkung entfalten Imnn, wenn sie ZIUl' Tat wird, denn die Tat ist, wie Go e t h e sagt, überall entscheidend. Wir stehen gegenwärtig mitten im sozialeln Zeitalter. Eine s'Oziale Welle durchströmt gegenwärtig nicht nur Politik und Wirtschaftslebetn, sie hat auch mit Macht die ~mte Aerzteschaft erlaßt, den Arzt tägliC!h daran erinnernd, daß er niemals, vom Wegfl d'es barmherzigen Sa-

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Eröffnungs- und Begrüßungsansprachen.

mariters abweiohen darf, wenn er seine erhiaOOfie und befriedigende Aufgabe erfüllen soll. Das Soz:iaIministerium, in des'soo Namen ioh' mich als Leiter dei5 Volksgesundheits~ amtes an Sie woode, ef'WIarbet von Ihnffil, vor allem ,"on der jüngeMll Generation, daß sie sich' bei allen ihren ärztliohen Handlungen von diesem sozialen Gedanken leiten lasse und ihn in k:len Dienst der Erhaltoog der Votks" gesundheit stellen. Die Errungenschaften der modemen Therapie sollen ia 11 e n Sohichten der Bevölkerung zu.gute kommen. Denn die Erhaltung der Volksgesutndhieit ist eine der wichtigsten Grundlagtln des modernen Staat~}s, dessen Wohlstand auf der Arbeitskraft und Arbeitstähigkeit der Gesamtbevölkerung beiI"Uht Ein Blick auf das Pl'ogramm der heutigen Tagung zeigt, daß sich fast alle Themen mit dieser Frage, vor allem auch mit der Rückwirkung deis Krieges und der Nachkriegszeit auf die V,olksgesundheit oo,schäftigen. Mögen die Lehren, die, Sie nun aus dem Mund'e berufener Vertreter der ärz:tlichen Wis'senschaft vernehmen werden und die wir mit Spannung erwarten, in die' Herwn der jungen Aerztegeneration eindringen und sie beLähigen, di'e Maoht der Wisisenschaft in soziale Tat umzusetzen. Hr. Vizebürgermeister Ing. R. H i I d man n begrüßt im Namen der Stadt Salzhurg mit warmen Worten die Tagungsteilnehmer. Die große kulturelle Tradition Salzburgs wird von der StadtverWialtung als Verpflichtung angesehen, der Ae,rztetagung jede Unterstützung zukommen zu lasisen. Auch im Namen des dienstli0hr verreisten Bürgermeisters übermittelt er die besten Wünsche für den Verlauf der Tagung.

Vom Chaos zum Menschen Von

Professor Dr. A. Durig Wien Im Anfange war das Wort. In dem eng begrenzten Rahmen zugemessener Zeit soU der Gedanke üoor Millionen, ja über Milliarden von Jahren fliegen, in einer Auffassung, die naturgemäß einen subjektiven Charakter tragen muß. ,Es soll ein Bild entrollt werden üoor Werden, Sein und V'on Monaden aufgebaut und Gott selbst ist die höchste und v'Üllkommenste M'Ünade. Die Verschiedenheit der M'Ünaden bedingt die Sondereigenschaften v'Ün Tier und Pflanze und von Menschen untermnander, in denoo die Zentralmonade, die See I e, regiert. Mit dem 18. Jahrhundert beginnt zugleich mit der FüUe n~uer Erkenntnissie auf dem Gebiet der Naturwissenschaften die Zeit der Blüte d,er aufstrebenden' Aufklärung in der Emanzipation vom Schöpfergedank~. Zuerst sind es wohl die Franzosen La met t r ie und D i der 0 t, die der Id~e einer l'ein mechanistischen Weltentstehung und Weltordnung di~ Bahn freimachen wollen. Die vorangegangenen wissenschaftlichen Fortschritte und Erfahrungen über den Kosmos, der Aufschwung der Mathematik und Astromonie, sowie die Fülle neuer physikalischer und chemischer K~nntnisse, so insbesondere die Begründung der neuel'en Chemie durch La v 0 i sie r, das Wiederaufleben der Atomlehre im Jahre 1717, die um 1600 v'Ün Pet r u s Gas sen d i n~u erweckt worden war, brachten es mit sich, daß der Ma~rialismus immer weitere Kreise zog. Im Jahl'e 1718 wurde die Bewegung der Fixsterne erkannt, 1788 die kinetische Gastheorie entwickelt, um die Jahrhundertwende entwickelte Cu v i €I r sein~ Katastl'ophentheorie und Iegte gleichzeitig den Grund zur Paläobiologie, L am are Ir verkündete die neue Abstammungslehre, Die Erfindung des Mikroskops, die schon

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A. Durig:

auf das Jahr 1612 und auf Ga 1i 1 ei zurückgeht, ermöglichte v a n Lee u wen h 'Ü e k immer tiefere Einblicke in das bi.ologische Geschehen. Eine Ueberfülle physikalischer Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten wurde erkannt, es gelang die erste Synthese .organischer Substanz durch W ö h 1 er 1828, und stürmisch entwickelte sich die Wissenschaft um die Elektrizität im Anorganischen. Die Entdeckung der tierischen Elektrizität schien das Rätsel des Lebens zu lösen, die Er~enntnis des Baues der Gewebe aus Zellen, Dar w ins Deszendenztheorie 1859, Vi r c h .0 ws Zellula.rpathologie 1856, die Entdeckung der Mitose und der Chromoslomen und deren Aufspaltung im Jahre 1887, di(' Vererbungslehre Me n deI s und der Aufbau der physikalischen und Kolloidchemie, die Spektralanalyse als ganz neue Wis.s.ensoh:aftszweige sind nur einige Marksteine aus dieser Zeit. Bhantasiev'Üll, der Ze·it weÜ vorausgreifend, glaubte man sch.on, alles Gescheh~n in der leblosen und belebten Substanz auf Grund durchsichtiger physikalisch-chemischer Gesetze erklären zu könn:en. Es war die Zeit gekommen, VDn der Gottfried KeIl e r im Sinngedicht spöttisch sagt, .,in welcher die Naturwissenschaften wieder einmal ihre höchste Höhe errelicht hatten". Ein Fieber des Materialismus hatte die gebilde,te Laienwelt, aber auch gar manchen Gelehrten erfaßt, mit Begeisterung wurden die Schriften v'Ün Moleschott, Büchner, Schopen.hauer, Haeckel und anderen: gelesen. Die Pflanze, das Tier, der Mensch wurden zu mechanisch wirIrenden, chemischen und thermodynamischen Maschinen ges~mpelt, die Entstehung der Welten, die Entwicklung d'er Tier- und Pflanz·enwelt schien ein ganz klar zutage liegendes Erg'ehnis bekannter kausaler Folgen und es galt als rückständig und pietistisch, noch an eine Schöpfung zu glauben oder als Vitalist oder NeÜ'vitalist im Leben etwas anderes zu sehen als einen Ablauf bekannter chemischer und physikalischer Vorgänge. Einige n.och ungeklärte Geringfügigkeiten, über die man als ganz selbstverständlich hinwegextrapolierte·, schienen in Bälde geklärt zu sein und so zur Vollendung dieses schönen Idealgebäudes führen zu k'önnlen. H a eck e 1, des~ umfassend·es Wissen' und große Bedeutung als Forscher nicht b~tritteI1 werden s'Üllen, stellte sich auf vollkommen realistischen: Boden und verbreitete seine Idelen in vielgelesenen populären Schriften: Die Welt ist nicht von Gott erschaffen, sie h~steht s'eÜ Ewigkeit, es gibt kein in den Invalidengesetzen näher de.. finierten PersIOnenkreis zuerkannt werden. Immerhin ist dieser Personenkreis so groß, daß die Auswertung der Invaliditätsmaterialien wichtige Aufschlüss,e über den Grad und die Art der Gesamtinvalidität ergibt. Einen Ueberblick über den Grad der Invalidität gibt uns di'e Aufschlüsselung der 80.000 nach dem letzten Krieg zuerkannten Renten nach der Versehrtenstufe. Zur Versehrtenstufe I gehören ....... . 35.000 11 ....... . 26.000 III ....... . 15.000 " IV ....... . 1.500

"

"

Vergleichszahlen aus dem ersten Weltkrieg sind nicht vorhanden, da die Invaliden nach dem ersten Weltkrieg nicht nach Versehrtenstufen, sondern nach Prozenten der Erwerbsunfähigkeit registriert wurden. Leider fehlt noch volIlmmmen eine statistische Aufteilung der Kriegsleiden nach medizinischen Fachgebieten und nach ihrem organischen Sitz. Nach einer völlig unv,erbindlichen Schätzung entfallen etwa 40 0/0 der Fälle auf chirurgische, 25 0/0 auf interne, 25 0/0 auf Nerven~ und je 5 0/0 auf Ohren- und Al!generkrankungen:. Nur von einzelnen Sondergruppen hahen wir nähere Angaben. Die Zahl der Amputierten beträgt..... 12.739 Davon sind: Oberarmamputierte .. . . . . . . . . . . . . . . . . Unterarmamputierte ................. Oberschenkelamputierte . . . . . . . . . . . . . . . Unterschenkelamputierte. . .. . . . . . . . . . .

1.755 1.203 5.318 4.463

Weltkriegsauswirkungen auf die VOlksgesundheit.

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Auffällig ist der hlohe Prozentsatz der Beinamputier-

ten, der auch im ersten Weltkrieg zu bemerken war. Doppel-

amputierte sind in diesen Zahlen nicht berücksichtigt. Schätzungsweise kommen auf 200 Armamputierte 2 und auf 250 Beinamputierte 11 Doppelamputierte. Aus dem ersten Weltkrieg leben heute noch 2134 Kriegsblinde, davon ist alle:r'dings nur ein Drittel schußblind, zwei Drittel kamen erst in der Nachkriegszeit infolge von inneren Leiden, z. B. rheumatischer Iritis u. dgl. hinzu. Die Zahl der Erblindungen beim Ende des ersten Weltkrieges betrug 300. Nach dem zweiten Weltkrieg zählen wir 401 Blinde, davon sind 950/0 schußblind. Aus der Zunahme der Schußblinden um ein Drittel gegenüber dem ersten WeHkrieg dürfen wir einen Schluß auf die Zunahme der Schwerund Schwerstverletzung>en überhaupt machen. Die Invaliden und Kriegshinterbliebenen schaffen ein eigenes ooziales Problem, dessen Lösung eine, Reihe von sozialpolitischen Maßnahmen erfordert. Der Grundgedanke dieser Maßnahmen besteht darin, daß man dem berufsunfähig gewordenen Versehrten hilft, irgendwie wieder in den produktiven Arbeitsprozeß zu gelangen und daß man jenen, welche ihren Lebensunterhalt nur mehr teilweise oder überhaupt nicht mehr s>elbst bestreiten können, eine entsprechend>e finanzielle und materielle Unterstützung gewährt. Dem elrsten Zweck dient die Umschulungsaktion, welche vom Sozialministerium durchg>eführt wird und gegenwärtig ungefähr 1000 Versehrte umfaßt. Dem anderen: Zweeke sucht man durch Rent'en sowie durch Bereitstellung von Heil- und Hilfsmitteln gerecht zu werden. Wie eingangs bemerkt, bedeutet die Realisierung dieser Maßnahmen eine ungehfmre Belashmg der Staatsfinanzen. Oesterreich wird noch im Jahre 1970 zirka S 1,000.000'- für Kriegsopfer aus dem er s te n We I t k l' i e g zahlen müssen. Was uns der zweite Weltkrieg schon jetzt an Ausgaben kostet, kann man daraus entnehmen, daß das Budget für das Jahr 1947 unter Kriegsbeschädigtenfürsorge die Summe von S 274,855.800'- vorsi,eht, um rund S 100,000.000'mehr als im Jahre 1946. So wurden z. B. für berufliche Ausbildung............ S 1,100.000 für die Beschaffung für Körperersatzteile S 2,450.000 für Prothesenwerkstätten ............ S 1,091.300 und für Versorgungsgebühren ......... S 255,000.000

ausgegeben. Voraussichtlich werden bis zum nächsten Jahr die Auslagen für Kriegsopferrenten so hoch ansteigen, daß 10·

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F. Ritsch!:

auf den Kopf der BevölkJerung eine jährliche Belastung von S 100'- fällt. Was könnte mit diesen phantastischen Summen an wirlschaftliche:!.' und kulturel1er Aufhauarbeit geleistet werden. Man denke nur z. B. an die armselige Dotierung unserer medizinischen Fakultäten. Was könnten aber auch diejenigen, denen diese Summen zugewendet werden, an produktiver Leistung hervorbringen, wenn sie im Vollbesitz ihrer Kräfte wären I Zusammenfassung Der zweite Weltkrieg hat der österreichischen Nation schwerste Verluste an Leben und Gesundheit der Bevölkerung zugefügt, welohe die Höhe der gesundlIeitlichen Sohäden des er8lten Weltkrieges' durchwegs erreichen, in vielen Punkten aber noch übertreffen. Er hat die ungünstige Tendenz der Bevölkerungsentwicklung durch Steigerung des Frauenüberschusses und: der Vergreisung weiter verstärkt. Er ist nach den Ergebnissen der gegenwärtigen Zwischenbilanz mit 300.000 Toten, 150.000 Verwundeten, mit einer Einbuße von 4 0/0 der Volkskraft und einer Reduktion von 8 0/0 des männlichen Elementes der blutigste und verlustreichste Krieg, in den Oesterreich in der Neuzeit verwickelt war. Unter den Kriegsv,erletzungen haben die schweren Verwundungen eine absolute Steigerung erfahren. De·r zweite Weltkrieg hat auch von der Zivilbevölkerung schwere Opfer erforderl, wofür die 7016 tot~m Frauen der Stadt Wien allein ein erschütternder Ausdruck sind. Welche ~orderung'en ergehen sich aus diesen Tatbeständen? 1. Sozial medizinisch erwächst neben der rein ärztlichen Behandlung und Versorgung der Kriegsversehrten die Aufgahe, möglichst bald eine Endbilanz der Gesundheitsschäden des Krieges zu erstellen, damit sie beim Wiederaufbau des Gesundheitswesens entsprechend herücksichtigt werden kann. 2. In sozialpolitischer Hinsicht verlangt die Situation eine Reihe von Maßnahmen, welche über die derzeitige Kriegsopferbefürsorgung hinausg,ehen. Durch eine, den gegenwärligen süzialwirlschaftlichen Verhällniss·en angepaßte Familienpolitik süllte versucht werden, die kriegsbedingten Bevölkerungslücken allmählich zu schließen. Weiter muß, ange!sichts der Tatsache, daß die Nation auf Jahrzehnte hinaus mit einem hohen Prozentsatz von Versehrten und

Weltkriegsauswirkunge!Il. auf die Volksgesundheit.

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Leidenden zu rechnen hat, eine Sanierung ,"om Uebel de'r Erbkrankheiten auf ethisch einwandfreie Weise als vordringlich ins Auge gefaßt werden. Die Lehren der Erbbiologie müssen in geeigneter Form in das sittliche Verantworlungsbewußtsein de,s Volkes eingepflanzt und insbes,ondere bei der Eheschließung mit berücksichtigt werden. Die Mitwirkung des Staates im Sinne einer entsprechenden Volksaufklärung, Eheberatung und bestimmter sozialhygienischer Maßnahmen ist hi,erbei unerläßlich. 3. Sozialethisch e,rgibt sich folgende Konsequenz. Die aus der Antike stammende Sentenz, wonach' der Krieg der Vater aller Dinge s'ei, ist eine Blasphemie und Irrlehre. Der Krieg ist nach -modernen Gesichtspunkten der reinste Selbstmord der Völker und noch dazu die g~äßlichste und unrationellste Form eines solchen, die man sich V'orstellen kann. Wir können heute nicht einmal mehr sagen: bella gerant alii... Denn auch wenn sich die alii oder, wie wir in der Zeitsprache sag,en würden, die Alliierten streitoo, k:ommen die kleinen Nationen, ja schließlich die gesamte Kultur und Zivilisation der Menschheit unter die Räder des Konfliktes. Darum gibt es, sozialethisch gesehen, nur eine Folgerung: Die A,echtung des Krieges. Wir österreichischen Aerzte rufen deshalb allen Völkern der Erde zu: Rüstet zum Frieden I Die Menschheit wartet darauf! Aussprache: Hr. Dr. Fis ehe r (\Vi,en): Zu den Schädigun· gen des -Krieges an der Volksgesundheit g'ehört die Steigerung der Sterblichkeit und Morbidität der Tuberkulose. In Wien ist die Sterblichkeit an Tuberkulose zwischen den beiden Weltkriegen gleichmäßig und stetig abgesunken. In den Jahren 1915-1919 war die Sterblichkeit 406 auf 100.000 der Wohn bevölkerung. 1936 bis 1937 ist. sie auf 106-107 ab'gesunken. Seoit 1938 ist ein Anstieg der Sterblichkeit an Tuberkulose zu verzeichnen, sie betrug 1944 193 auf 100.000. Die Ursache für diese Steigerung ist zu suchen in der Erhöhung der Arbeitsintensität, in der schlechten Ernährungslage und in der verschlechterten Fürsorge, besonders seit Einführung der sozialen Einheitsfürsorge. Dadurch wurde die Methode der bewährten Wiener Tuberkulosefürsorg,e praktisch aufgehoben. Das Jahr 1945 brachte eine Steigerung der Tuberkulosesterblichkeit von 288 auf 100.000 der Wohnbevölkerung. Es starben in diesem Jahve 4213 Menschen an Tuberkulose. Diese Erhöhung der Sterblichkeit ist dadurch zu erkläven, daß in diesem schweren Jahr die schon vorher Erkrankten dem Druck der Verhältnisse nicht gewachsen waren und vorzeitig wegstarben. Das Jahr 19-16 brachte erwartungsgemäß ein Absinken der Sterblichkeit auf 172 auf 100.000. Im Jahre 1947 ist ein weiteres

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F. RitschI:

Absinken zu boobachtelJl. Die Zahl der von der Füroorge erfaßten neuen Fälle v'On Tuberkul'Ose steigt aber dauernd. Antangs 1946 waven in Wien 27.600 Fälle v'On aktiver und 8800 Fälle von 'Offener Lungentuberkul'Ose erfaßt w'Orden. Im Juli 1947 waren die entsprechenden Zahlen 35.700 und 8400. Im ersten Halbjahr 1947 wurden ebensoviele Fälle '"Oll TuberkuLose erfaßt wie im Jahre 1937 und mehr als im ganoon Jahre 1936. Ueber die Verbreitung der Tuberkul'Ose in V'erschiedenaltrigen Gruppen haben wir gewisse Vürstellungen. Auf Grund ron Reihenuntersuchungen konnte folgendes ~estgestel!t werd,en: Bei 10.000 Lehrlingen fanden wir 0'44 Fälle vün aktiV'er Tuberkulüse und 0'08 'Offene Fälle. Bei 11.000 H'Ochschülern war die entsprechende Zahl 1'25 0/0 und 0'140/0. Die starke Verbreitung der Tuberkulose bei den Hochschülern ist wühl dem Umstand zuzuschreiben, daß es sich hier um eine höhere Altersgruppe handelt. Ich glaube, d,aß dabei auch der Wehrdienst eine R'OHe, spielt. In der deutschen Wehrmacht war die Tuberkul'Ose stark verbreitet. Wir konnten Ende 1946 mehr als 1000 'Otrene Fälle feststeHen, die in der Wehrmacht er· krankt waren. Wesentlich höhere Zahlen fanden wir bei der Untersuchung ron 1366 Arbeitern und Angestellten eines Wiener Großbetriebes. Wir finden dort fast 5 % vün aktiver Tuberkulose und 0'80;0 'Offene Tuberkulose. Daraus ,ergibt sich, daß gerade bei der arbeitenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter die Anfälligkeit an Tuberkulose eine besonders hohe ist. A~s unseren Fest· st,ellungen ,ergibt sich, daß das Erbe der nati'Onalsozialistischen Herrschaft in Oesterreich auf dem Gebiete der Tube,rkulose uns in eine bes'Onders schwierige Situation gebracht hat. Es klingt wie ein Hohn, wenn man die Voraussage liest, die der führende deutsche Tuberkulosearzf K a y se r - Pet er sen 1943 gemacht hat: " Wenn wir uns klar machen, wlas lauf dem Gebiete der Ernährungslwirtschaft geschehen und auf dem der W'Ohnungswirtschaft geplant ist, dann dürfen wir hoffen. daß es gelingen wird, diesmal die Folgen der UmweHseinflüsse des Krieges, auf ein Minde,stmaß zu beschränken und auch diese sobald wi'e möglich wieder gutzumachen." Diese Wiedergutmachung ist unsere Aufgabe geworden. Die Aufgabe ist schwer, bes'Onders wenn man den katastl'ophalen Bettenmangel und die furchtbare Ernährungslage, in Betracht zieht. Gegenwärtig erha.lten dIe Wiener Tuberkulosekranken als Krankenzubuße 7/4 I Milch, 500 g Brot und: ein Ei in der Woche. Aus aIl dem ergibt sich, daß die Aufgaben, di,e vor uns stehen, ;außerordentlich schwierig sind. Hr. Dr. F. R i t sc hel (Schlußwort): Meine Ausführungen waren nur auf das Maß der Gesundheitsschäden beschränkt, die auf direkte Kriegseinwirkungen zurückzuführen sind. Wenn wir auch jene Erkrankungen ins Auge fassen wollten, welche als Kriegsfolgen aufzufassen sind, wäre ein Vortrag dafür viel zu wenig, denn man könnte, über ,ein Thema solchen Umfanges eine, eigene Tagung veranst,alten. Die Schilderung der als Kriegsfolgen aufzufassenden Erkrankungen 'eröffnet eine neue Katastrophenperspek-

Weltkriegsauswirkungen auf die Volksgesundheit.

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live. Herr Dr. Alfred Fis ehe, r hat in dankenswerter Weise mit einem kurzen Bericht über die Nachkriegstuberkulosee:inen Einblick in dieser Hinsicht gewährt. Einen Einblick von einer anderen Seite, nämlich der Syphilis als Kriegserbe, werden Sie den Ausführungen von Prof. A r z t entnehmen können. Es wäre jedenfalls auch im Hinblick auf die notwendige Klärung dieser Frage die von mir bereits im Vortrag erwähnte baldige Abfassung einer Endbilanz der gesundheitlichen Kriegsschäden erstrebenswert.

5. September 1947

Wie kann die Behandlung der Lungentuberkulose rationeller gestaltet werden? Von

Professor Dr. A. Brunner Zürich Mit 4 Abbildungen

Die Zunahme d'er Lungentuberkulose in allen Ländern, die durch den unheil~ollen zweiten Weltkrieg in irgend einer Weise erfaßt Wlorden sind, dJ;ängt die Frage nach möglichst rationeller Behandlung geradezu auf. Je wirksamer die Behandlung g,estaltet wird, um SIO rascher werden die Kranken negativ und können in den HeilanSitalten anderen Platz machen. Die überraschenden Erfolge, die die Chemotherapie und die, Entdeckung des Penicillins bei der Bekämpfung verschiedener Infektionsk:r~ankheiten gebracht haben, erwecken natürlich die Hoffnung, daß aucll ein Mittel gefunden wird, das sich gegenüber den Tub€!rkelbazillen als wirksam erweist. Nach den vorliegenden Erfahrungen scheint dias S t re pt 10 m y ein bei gewissen akuten Formen der Tuberkulose unter Umständen eine entscheidende Wendung herbeizuführen. Bei der tediären Phthise darf man aber einstweilen keine Wunder erwarten, zumal es' bei längerem Gebmuch schwerwiegende Nebenwirkungen hat. Bei dem heutigen Stand der F10rschung wird deshalb das Streptomycin Wlohl noch keine grundsätzliche Umstellung der Tuberkuliosrebehiandlung einleiten. Es ist aber nach den bisherigen Erfahrungen bei anderoo Infektionskrankheiten durcha:us mit der Möglichkeit zU rechnen, daß vielleicht

A. Brunner: Behandlung der Lungentuberkulose.

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schon in kurzer Zeit ein Mittel gefund~ wird, das revolutionär unsere jetzigen Ansichten über den Haufen werfen wird. SlOlange wir aber noch nicht SIO weit sind, müssen wir die Tubelrkulose auf den soliden Grundlagen bekämpfen, die in den vergangenen Jahrzehnten in zäher Arbeiit ausgebaut worden sind. Jede Bekämpfung einer Infektionskrankheit beginnt mit der P I' 'Ü P h Y1a x e. Solange keine genügende Ernährung und keine hygienisch befriedig,enden Wohn verhältnisse gewährleistet sind:, kann man ,"on den speziellen Maßnahmen einen durchschlagenden Erfolg nicht erwarten. Da die Tuberkulose namentlich durch: die unerkannten und undisziplinierten Bazillenstreuer verbreitet wird', gehört illre Erkenn:ung zu den wichtigsten Aufgaben. Die Re i he nun tel' Si u eh u ngen mit Durchleuchtungen und namentlich durch Schirmbildaufnahmen sind von gI10'ßer Bedeutung. In der Schweiz soll in den nächsten Jahren damit die ganz'e Bevölkerung erfaßt werden. Selbstverständlich haben slolche Maßnahmen aber nur dann einen Sinn, wenn Hand in Hand auch genügende Betten in den Heilanstalt~m bereitgestellt werden, um die neu entdeckten Kranken aufnehmen zu können. Wenn die Ueberwachung der Tuberkulö·sen namentlich durch Umgebungsuntemuchungen in Familie, Fabriken und' anderen Unternehmungen schon V>0'rher ein~m befriedigenden Stand erreicht hatte, wird man ,"on systematisch durchgeführten Roeihenuntersuchungen keine überborelende Zunahme der Krankmeldung,en erwarten müssen, wie die Erfahrung in der Stadt Zürich beweist. Anderseits sind wir uns selbstverständlich d.arüber klar, daß überall doOrt, W0' die Tuberkul'Osefürsorg,e aus ganz verschiedenen Ursachen n0'ch im argen liegt, die Schirmbildaufnahmen ein ungesohminktes Bild der Ni0'tlageenthüllen werdell. Mit der Einschränkung der Infekti0'nsmöglichkeit duroh verantwortungsbewußte Ueberwachung der Lungenkranken geht die TuberkuloOsledurchseuchung de3 ganzen Volkes zuruck. Während bei den klassischen Untersuohungen von O. Na e ge I i in den Jahren 1896 bis 1898 97 bis 980;0 Ider Zürcher Bevölkerung Zeichen einer durchgemachten Tuberkulüse aufg1ewiesen hatten, künnten U eh 1i n ger und B 1a n g e y 1933 bis 1939 am gloeichen Orte, eine Genemtion später, nur n0'ch hei 800;0 der verstorbenen Erwachsenen die Tuberkuloseinfektion nachweisen. Während früher (Iie GIIoßzahl der Erstinfektionen in das Kindes- und Adoleszentenalte,r fiel und üft gar keine auffallenden Krankheits€lrsche,inungen henn0'rrief, zeigen sioh jetzt häu-

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A. Brunner:

figer S p ä te r s tin fe k t i 10 n e n. GeraIde die Erfahrungen im Militärdienst, wenn junge, kräftige Männer infiziert würden sind, haben gezeigt, daß diese Spätinfektionen e,inen verheerenden Ve,rlauf nehmen können. Es drängt sich deshalb die Frag,e auf, lOb die ängstliche Fernhaltung jeder Möglichkeit tuberkulöser Infektion letzten Endes nicht auch wieder einen Nachteil beldeutet. Diesem Nachteil läßt si0h aber durch die Impfung mit abgeschwächten Tuberkelbazillenstämmf'u nach C alm e t te wirksam begegnen. Ueberall dort, Wo' gewisse Berufsgruppen wegen des unvermeidlichen Kontaktes mit Kranken besonders gefährdet sind, wird man deshalb durch Tuberkulinprüben festzustellen haben, lüb der erwünschte I(,üntakt mit den Krankheitserregern schün stattgefunden hat. Bei negativer Prübe ist die Calmette-Impfung durchzuführen. Wir denken in erster Linie an Medizinstudenten, junge Ae:rzte, und das ganze PflegeperslOnal. Nach den bisherigen Erfahrungen darf die Schutzimpfung bei sorgfältiger Hers1tellung des ImpfstQffes als ungefährlich bezeichnet und als wichtige p'l'üphylaktische Maßn4hme allgemein empfühlen werden. Bei der Be h a nd I u n g der Lungentuberkull()se gehen wir auf allgeme,ine Maßnahmen nicht näiher ein. Welch grüße Bedeutung der Heilstättenbehandlung in klimatisch: günstiger Lage bei Vlüllwertiger Ernährung zukümmt, hat man in der Schweiz, namentlich bei Internierten, in überzeug~:mde,r Weise immer wieder fests,tellen können. Man war üft überrascht, wie ausgesprüchen prügrediente, exsudative ~ürmen der Tuberkull()s·e sich in kurzer Zeit stabilisierten und in produktive Flormen übergingen. Wir sind; uns darüber klar, daß auch psychische FaktlOren, wie das Gefühl des Gebürgenseins, Vlün ausschlaggebender Bedeutung sein können. Wenn für die Angehörigen nicht in befriedigender Weise gesorgt ist, wird der Kranke nie die für die Genesung notwendige innere Ruhe finden. Eine Zeitlang hat man die Möglichkeiten der Tuberkul'osebehandlung recht pessimistisoh beurteilt. Braeuning und N eis e n haben 1936 das Krankengut der FürsorgesteIle Stettin Vlün 1920 bis 1927 bearbeitet .und mußten dabei feststellen, daß bereits nach 3 Jahren 67 0/0, nach 5 Jahren 77 0/0 und nach 10 Jahren 840;0 der Fälle verstürben waren. Wie aus einer ZusamrnensteIlung Vlün D ü g gel i hervorgeht (Tabelle 1) waren in anderen F'ürsorgestellen die Ergebnisse nicht vie,l besser. Im Heilstättenkrankengut sind die Zahlen auch nicht sehr ermutigend, 'Ob Wühl berücksichtigt ,,,erden muß, daß ganz sohwere, relativ rasch ihrem Leiden

Behandlung der Lungentuberkulose.

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erliegende Fälle in die Tuberkuloseabteilung der Spitäler eingewiesen werden und gar nicht in die Heilstätten gelangen. Die Erhebungen aus der Thurgauisch-Schaffhausisch€'n Heilstätte in Davos (Chefarzt Dr. S t ö c k I i n) lassen die Erglebnisse d00h wieder in etwas günstigerem Lichte erscheinen. Es zeigt sich namentlich, daß die Zahl der Todesfälle in den versehiedenen Beobachtungspe1rioden eindeutig zurückgegangen ist. D ü g gel i * hat in seiner sehr verdienstvlollen Arbeit das Schicksal von 1331 Offentuberkulösetn der erwähnten Heilstätte während 6 bis 21 Jahren sm:gfältig verßolgt. Er stellt zusammenfassend fest: Tabelle 1. Sterblichkeit bei Offen tu b er kulös e n nach 3, 5 und 10 Beobachtungsjahren (nach D ü g g e li)

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Abb. 2. Prozentsatz der Offen tuberkulösen, die in der gleichen Heilstätte im Laure der Beobachtungsjahre mit Kollaps behandelt worden sind (nach D ü g gel i)

Abb. 3 zeigt den Dauerer~olg in bezug auf Erwerbsfähigkeit und Sputumbefund der ehemals Offentuberkulösen aus den drei Beobachtung:sperioden, also nach 6 bis 21 Jahren. Da die Gesamtheit der Beobachteten erfaßt ist, ist die gl'oße Zahl der Verstorbenen verständlich. Der Prozentsatz dei' Lebenden zu den Verstorbenen beträg'l 24'4 in den Jahren 1922/23 gegenüber 70 0/0 im Jahre 1937. Mit Nachdruok muß aber dara:uf hing'ewi,esen werden, daß bei den Ueberlebenden aus dein Jahl'en 1922 bis 1927 die volle Erwerbsfähiglmit den durchschnittlichen Wert von 90'5 % erreicht, um in der dritten Beobachtungsperiode auf 82'50/0 zurückzngehen. Die teilweise Erwerbsfähigkeit nimmt entsprechend etwas zu. Parallel geht die Entwicklung der Resultate des Sputumbefundes. Von dein Kranken der Jahre 1922 bis 1927 sind 97'1% negativ und gehen auf 90'20/0 in der dritten Peri'Üde zurüdk.

A. Brunner:

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Auch die Dauererfolge des nach Schwere aufgeteilten Krankengutes nach 6 bis 21 Beobaohtungsjahren sind in bezug auf Erwerbsfähigkeit und Sputumbefund (Abb.4) sehr lehrreich. Es überrascJht auch hier die Tatsache, daß von den Ueberlebend€ln t])otz schweren Lungenbefundes sogar ErwerbslilJiglreil: li22-27 '128-'2 /133-J1

-

Spulumoefuntl: "/N7 1J18-J2 /133-J7

-

vollErwer6.mllige IIII!II leilweise Erwerbsfähtge ~ Erwerbsunfällige ~ 0 VersforiJene 0

TB neg. fille ft7lruHaliv TBpos. fille TDpos.fille Verstorbene

Abb. 3. Dauererfolg in bezug auf Erwerbsfähigkeit und Sputumbefund der ehemals Offentuberkulösen aus den 3 Beobachtungsperioden, also nach 6 bis 21 Beobachtungsjahren [ThurgauischSchaffhausische Heilstätte Davos (nach D ü g gel i)]

von doppelseitig gJ.1oßkavernösen Formen 77'3 % voll erwerhsfähig und 81 0/0 negativ sind, während die günstigsten Zahlen bei den einseitig großkavernösen mit 89 0/0 voll erwerbsfähig und bei den einseitig kleinkavernösen Formen mit 95'8 0/0 n~at.ivem Auswurf erreicht wurden. Aus den s,ehr wertV'olIen und s'orgfältigen Untersuchungen ",on D ü g ge 1i gehen die wichtigen Schlußfolgerungen hervor: 1. Das Schicksal der Offentuherkulösen wird in der

Heilstätte entschieden. 2. Der weitere Verlauf hängt davon ab, ob es gelingt,

Behandlung der Lungentuberkulose.

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die 'offene Tuberkulose in eine geschloss'ene FOI1U überzuführen. 3. Wenn dies,es Ziel erreicht wird, S'O wird nioht nur das Leben verlängert, s'ondern es läßt sich auch ein hoher Pr'Ozentsatz Schwerkranker klinisch heilen und wird voll arbeitsfähig. c/'WerIJsfi/Jigkeif:

einselli; rIojpe!seiltj tiIJStilig ItJfJPtIstiliJ

!mn-

KlfYn-

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SpulumlJefvnt/: tliAseilig '~j einseifT! rlOfJpe/Slilig kleinklein- jl'IlB- großkm'fflos IrilYe/YJÖS IrweI'lJÖs Kavernis

_ TB neg. fille liIIII falKvllafiY TBpilS. FJJle el Erwerbsvnfällige o tlers/orDene

Abb. 4. Dauererfolg des nach der Schwere und Beobachtungsperiode aufgeteilten Krankengutes nach 6 bis 21 Beobachtungsjahren [Thurgauisch-Schaffhausische Heilstätte Davos (nach D ü g gel i)]

4. Dies,e ErJiolge werden duroh Heilstättenbehandlung unter günstigen klimatischen Bedingungen in Verbindung mit sachgemäß durchgeführter K10llapstherapie erreicht. Wir müssen die große Be d e u tun g der akt iv e n Be h an d I u n g der Lungentuberkulose besonders unterstreichen. Die gezeigten Kurven in Abb. 1 und 2 sprechen eine überzeugende Spracoo. Wir sind uns darüber klar, daß die K'ollapshehandlung noch nioht überall die Anwendung findet, die ihr zuIDommt. In 35 schweizerischen Heilstätten mit einer Gesamtbetten zahl von 3802 wurde im Jallre 1945 folg'ende Kollapsbehandlung durohgeführt:

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A. Brunner: Pneumothorax (Kaustik 698 = 41'7% der Fälle) 1410 Thorakoplastik... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Pneumolyse inkl. Plombierung................ 156 74 Phrenicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kavernendrainage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Oleothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Verschiedene Eingriffe .. .. .. . . .. .. . . . . . . . . . .. 46 1994

Da die mitneve Kuvdauer der Patienten 249 Tage betrug, entspricht also die Gesamtzahl \'Ion 1994 Eingriffen einem PI10zlentsatz unter 500/0, während in der ThurgauischSch:affhausischen Heilstätte im Jahre 1942 76 0/0 der Kranken aktiv behandelt wovd,en sind. Nachdem die ausschlaggebende Bedeutung der Kollapsbehandlung ,einwandfrei nachgewiesen ist, muß sie mögliCJhst rationell gestaltet werden. Dazu gehört in erster Linie die F:orderung der Fr ü h he h an d I u n g. Sobald bei einer Lungentuherkuvos'e eindeutige Destruktion besteht, zögere man nicht mit der Anlegung des k ü n s t li c he n Pneuffilot h 0 ra x. Je früher 'er ein:g'eleitet wird, um so günstiger sind die Aussichten für sein Gelingen. Wenn man monatelang zögert, so können sich bei kortikal gelegenen Herden Verwachsungen bilden, die den Vlollständigen Kavemenkollaps verhindern. Deber die BeJ.eutung di,eser A d h ä s ion e n ist man sich heut,e einig. Wenn unter dem Pneumothorax eine Kaverne nicht ganz, zur Entspannung lmmmt, so droht das spätere Rezidiv, auch wenn das Verschwinden der Bazillen Heilung vortäuscht. Man muß deshalb immer danach trachten, den I\Iollaps so vollständig als mögliCJh zu gestalten. Sobald wiederholte Röntgenlmnt.J:1011en zeigen, daß die Verwachsungen sich niCJht lösen, schreitet man zur Thorakoslmpie. Welche Bedeutung praktis!ch der Kau s ti k zuImmmt, geht aus der 'erwähnten Zusammenstellung aus 35 schweiz,erischen Heilstätten herv.or. Nach den Pneumothoraxanlagen war in 410j0 der Fälle endoskop ische Durchtrennung \'Ion Ver~achsungen notwendig. Finden sich bI'eite Verwachsungen, S.o soll die Kaustik nicht erzwungen werden. Die Erfahrung zeigt immell' wieder, daß in slolchen G:venzfällen die Gefahr unliebsamer Komplikationen durch Erg'ußbildung bis zur Kavernenperfüration zunimmt. Bei nichtbr,ennbaren Verwachsungen läßt sich der Kollaps namentlich dumh extrapleurale Pneumo1y s e erreichen, indem man die 'Operativ erzeugte extrapleurale Höhle in breite Verbindung mit dem darunlerliegenden intrapleuralen Pneumothorax (Pneumothorax mixte)

Behandlung der Lungentuberkulose.

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bringt. Wir verfügen üoor zahlreiohe günstige Erfahrungen und halten diese,s Verfahren für ungefährlicher als die 'Offene S t ra n g dur c h t ren nun g, wie sie namentlich von schwedischen Autoren, wie H u I te n und C ra f '0 '0 r d, befürwOltet wird. Bei großen, breit verwachsenen und IDortikal gelegenen Spitzenkavernen ist unter Umständen ,eine Spitzenplastik zur dauernden Ausschaltung angezeigt. Wenn man bei einer relativ frischen Erkrankung die Indikation zum künstlichen Pneumothorax gestellt h'at, ihn aber wegen breiter Verwachsungen nicht anlegen kaun, SIO ist es inklOnsequent, wenn man sich nun wieder mit der einfachen Ruhekur zufrieden gibt und auf das Wunder der doch seltenen spontanen Kavernenheilung wartet. Wenn man die Nütwendigkeit der Kollapsbehandlung erkannt hat, sü srOllte sie iolgerichtig durchgeführt werden, a;uch wenn technische Schwierigkeiten sich zeigen. Es war eine Zeitlang Mode, in solchen Fällen zuerst eine k ü n s tl ich e Z wer c h f ,e 11 ä h m u n g vorzunehmen. Wir müssen mit Nachdruck VIOr dies,em schematischen Vorgehen warnen, das leider auch heute noch an einzelnen Ürten beliebt ist. Wir haben im Laufe der .lahm namentlich bei der aktiven Beh:andlung der düppelseitigen Lungentuberkulose gelernt, daß der Zwerchfellatmung eine viel größere Bedeutung zuroommt, als ma;n eine Zeitlang anzunehmen geneigt war. In voller Uebereinstimmung mit den Untersuchungen von A s c h '0 f f, L 10 e s c h k e und des englisCJhen Physiologen K e i t h, die namentlich von Web e I' durch sorgfältige kymographische Untersuchungen bestätigt worden sind, weiß man heute, daß der Überlappen durch die kostosternale, der Unterlappen aber duroh die diaphragmale Atmung gelüftet wird. Da di,e tuberkulösen Kavernen in der gI'oßen Mehrzahl im Überlappen gelegen sind, ist es sinnwidrig, den Unterlappel1 aus seiner F'unktion auszuschalten. Die Zwerchfellähmung behält in erster Linie ihre Berechtigung bei den seltenen Unterlappenkavernen. Auf weitere spezielle Indikati'onen können wir hier nicht näher eingehen. Bei indizierter Kollapsbehandlung wird man ooi Verwac'h'sungen in erster Linie an den ex t rap leu r ale n P neu m rO t h 0 ra x denken. Wir sind uns darüber klar, daß dieses Behandlungsverfahren noch nicht allgemein die Anerkennung g'efunden hat, die es verdient. Auf Grund eig'ener Erfahrung bei über 800 Pneumolysen können wir uns ein abschließendes Urteil erlauben. Wir haben naohweisen können, daß der extrapleurale Pneumothorax sich in 1. Oesterrelcblsche AerztetaguDg 1947.

11

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A. Brunner:

der Mehrzahl der Fälle duroh regelmäßige Luftfüllungen beliebig lange unterhalten läßt. Man kann auch nach 3 bis 5 Jahren. noch mit einer praktisCJh V'ollständigen Wiederausdehnung der Lunge rechnen. Die bekannten Komplikationen der Blutung und der Ergußbildung lassen sich auoh hei guter 'Operativer Technik und sorgfältiger Nachbehandlung nicht ganz vermeiden. Man muß damit rechnen, -daß starke Blutungen in etwa einem Vierte"! der Fälle, Ergußbildung noch häufiger auftreten. Sie lassen sioh aber wirksam bekämpfen. Wic;htig ist die Feststellung, daß Art und Schwere der Ergüsse eine deutliohe Abhängigkeit v'On der Anzeig1estellung zeigen. Der extrapleurale Pneumothorax hildet das Verfahren der Wahl bei kleinen bis nußgroßen Frühkavernen namentlich junger Kranker. Hier erlaubt er eine eigentliche Restituüo ad integrum, wenn die Nachfüllungen zur richtigen Zeit wieder aufgegeben werden. Der frühere Iod-er spätere Ersa,tz des extra pleuralen Pneumothorax durch einen Oleothorax wird deshalb grundsätzlich nach wie v'Or abg'elehent. Naoh Oe,leinfüllung wird eine gewisse V-erschwartung der Pneumolysenwand eintreten, SIO daß später auch nach Abpunktieren des Oeles eine Viollständige WiedeI1ausdehnungder Lunge nicht mehr möglioh sein wird. Die Oelplombe hat nur eine Berechtigung in Ausnahmefällen bei vorzeitiger Schrumpfung der Pneumolysenhöhle, namentlich nach starken Blutungen. Man mUß sich aber dann darüber klar sein, daß der Fremdkörper liegen bleiben muß und auch nooh nach vielen Jahren zu Spätkomplikationen Veranlassung geben kann. Es dürfte sich deshalb in geeigneten Fällen der Ersatz der Oelp1orribe durch eine entsprechend dosierte Thorakoplastik empfehlen. An einem Beispiel wird gezeigt, wie bei einem jungen Mann mit schwerer doppelseitiger Erkrankunf5 mit mehrfachen bis eigro&n Kavemen der ausgesprochen exsudative pI'ogrodiente Prozeß durch doppelseitige Pneumolyse zum Stillstand gebracht werden knnnte. Die extrapleuralen Pneum;othoraoos werden immer n'Och unterhalten. Der Mann ist seit 6 Jahren ohne Bazillen und als: Student Vloll arbeitsfähig. Diese Beobachtung zeigt die großen V'Orzüge der 'Opemtiven Pneumolyse in überzeugender Weise. In der ausgesprochen progredienten Phase der Erkrankung hätte man seinerzeit dem Kranken eine doppelse~tige Thorakoplastik nicht zumuten können. Durc;h die Anlegung des extrapleuralen Pneumothorax erreichte man eine vollständige Ausschaltung der erkrankten Oherlappen, während die Untergesch'osse der Lunge für die Funktion erhalten blieben, S'O

Behandlung der Lungentuberkulose.

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daß der Kranke trotz der recht bedeutenden Einsohränkung der AtmungSiOberfIäche im täglichen Leben. nicht behindert ist. Der extrapleurnie Pneumothorax erfüllt in geradezu idealer Weise die F'Orderung nach sei €I k t i v €I m KlO I· 1a p s, während die Atmung der Restlunge nach spivographisehen Untersuchungen nicht beeinträchtigt wird. Daher eignet sich das Verfahren auch ganz besonders bei dQPpelseitigen Erkrankungen. An einer weiteren Beobaohtung wird gezeigt, wie weitgehende Reduktion der atmenden Lungenteile noch mit einem erträgliohen Leben vereinbart ist. Wie weit die Indikati10nsstellung für den extrapleuralen Pneumothorax ausgedehnt werden kann, geht aus unserem Krankengut herror. Bei 754 Eingriffen handelte es sich nur in 23'8% der Fälle um praktisoh einseitige Erkrankungen. In 52'5% war die Gegenseite erkrankt und mit geringen Streuherden bis zu kavernösen Prozessen befallen. In 23'7 0/0 war sie bereits durch Eingriffe in ihrer Funktion eingesohränkt, und zwar duroh intrapleuralen Pneumothorax in 122 Fällen, durch extrapleuralen Pneumothorax in 34 Fällen und dureh andere 'Operative Verfahren, wie Plastik, Zwerchfellähmung, Plombe und Saugdrainage, in 23 FäHen. Nach unseren Erfahrungen kann kein Zweifel dariibe.r bestehen, daß gerade durch den extrapleuralen Pneumothorax die Anzeigestellung ganz erheblioh erweitert werden kann. Die Erkrankung der Gegenseite bUdet kaum eine Gegenanzeige, es sei denn, daß il:lre Funktion schon durch eine künstliche Zwerchfellähmung herabgesetzt ist. Bei Tertiärkavernen, namentlich bei älteren Leuten, wird man eine umschriebene Pneumolyse unter Umständen durch das Einlegen einer Par a f f i n pi 10 m b €I zu einem Dauerkollaps gestalten. Da dieser Eingriff die Atemfunktiou praktisch nicht beeinträchtigt, bilden weder Erkrankung der Gegens:eite noch Alter eine Gegenanzeige. Die älteste Kranke, die wir in diesler Weise 'Operiert haben, war 66 Jahre alt. Sie wurde durch die Plombe von ihren Bazillen befreit und lebt noch nach 7 Jahren. Wir haben bewußt bei den operativen Verfahren die Pneumolyse zuerst besprochen. Sie sollte unseres Erachtens beim Versagen der Pneumothoraxbehandlung an erster Stelle erwogen werden, da die Operation weniger eingreifend ist als eine ThQrakoplastik und zu keiner dauernden Funktionseinschränkung führt. Wenn man sich vor Augen hält, wie oft im Laufe d:er Jahre auch die Gegenseite erkrankt, wird man mit der dauernden Ausschaltung ,"on funktiQnstüchti11-

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A. Bruuner:

gern Lungeng,ewebe immer zurückhaltender. Man wird deshalb auch die T h '0 r a k 0 p 1 ast i k nicht nach einem S'ogenannten Standardverfahren schematisch ausführen, s'Ondern den Eingriff immer genau den vwliegenden Verhältnissen anpassen. Wenn man die ausreichende Resektiün der obersten Rippen mit der extmfaszialen Apikolyse nach Sem b fuümbiniert, wird man in der Mehrzahl der Fälle mit der Resektiün Vlün 5 bis 6 Rippen auskümmen. Bei diesem Vorgehen kann der Eingriff ohne Bedenken auch düppels'eitig ausgeführt werden, wie an dem Beispiel eines 53jährigen Hilfsarbeiters gezeigt wird, der durch die Resektion v'On 5 Rippen links und 4 Rippen l'eohts Vlon seinen etwa nußgrüßen Kavernen befreit und wieder arbeitsfähig wurde. Die Th'Oraküplastik behält ihre Indikati'Onsstellung namentlich für ältere Kavernen, bei denen nach dem ganzen Verlauf DauerlmIlaps erwünscht ist. Bei grüßen und starren Kavernen wird man sie unter Umständen mit der Sangdrainage nach M,o n a 1 d i Immbinieren.Dieses Verfahren empfiehlt sich namentlioh bei grüßem Auswurfmengen. Durch die Vorbehandlung erreioht man nicht nur ein Zurückgehen des Auswurfes und setzt damit die Aspirati'Onsgefahr bei der späteren Plastik herab, sondern führt zugleich eine 'Oft überrasche'llJd'e Entgiftung herbei, die sich durch Hebung des Allgemeinbefindens bemerkbar macht. Schwerkranke können durch münatelange Saugbehandlung operationsfähig gemacht werden. Auf diese Weise läßt sich die AnzeigesteIlung auch wieder erweitern, S'O daß auch die Altersgrenze für die Thorakoplastik nioht mehr schemalisch mit 50 Jahren festg'esetzt werden muß, wIe man es früher getan hat. Wir haben mehrfach bei Kranken im 6. Jahrzehnt nach vorangegangener Drainage die Thoraküplastik mit Ertülg ausführen können. Die älteste Kranke, bei der ursprünglich eine mandarinengI10ße Kaverne v'ürhanden war und hei der nach ,einer Vlorbereitenden Saugbehandlung während 3 Monaten di,e Thoraküplastik unter Resektion v'On 5 Rippen mit Erfolg vürgenommen werden künnte, war zur Zeit des Eingriffes 61 Jahre alt; sie wurde geheilt und wieder arbeitsfähig. Bei heSlOllders hartnäckigen Kavernen, die tI10tz ThQrakoplastik und Saugdrainage nicht zum Vers0hwinden gebracht werdewendet) hemmend auf die Thyroxinwirkung, einzeln angewandt aber oxydationsfördernd, wobei die VerhältnissIe zu k'ompliziert liegen, als daß ich hier darauf näher eingehen könnte; wir beschäftigen uns

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Fellinger:

selbst derzeit mit der Wirkung des Thyroxinrestes auf die Zellatmung und es kann kein Zweifel sein, daß es sich um biologisch hochaktive Stoffe handelt, eine Erkenntnis, die natürlich bereits wieder eine Fülle neuer Fragestellungen aufwirft, vor allem, wie sich die Angriffspunkte der verschiedenen Wirkungsstoffe verteilen und wie sie ihrerseits gesteuert werden; ob etwa das thyreotrope Hormon sich auch wieder zerlegen läßt in verschiedene spezifische Anteile oder ob die Steuerung der Thermothyrine ausschließlich nervös erfolgt und vor allem, wie ihr Verhalten beim Basedow und bei der Thyroose des Menschen ist, w:as für uns Kliniker ja in; erster Linie von Bedeutung wäre. Besonderes Interesse gilt dieser Fragestellung auch deswegen, weil es so wesentlich würe, dem Mechanismus jener zahlreichen Fälle näherzuklommen, die heute das tägliche BI10t der Praktiker, Internisten und Neurologen bilden: jene vegetativ übererregten, labilen Menschen, die keineswegs dominierende, aber doch deutliche Schilddrüsenzeichen zeigen; "Thyreoneurosen" hat W i I d er einmal dieses Zustandsbild bezeichnet, ein' Name, der mir ungemein treffend erscheint und den ich gerne benütze. da er so charakteristisch für das klinische Bild ist und onomatopoetisch das Zustandsbild umschreibt und dabei auch der sch'webenden PaWogenese dieser Fälle durchaus gerecht wird. Ein näheres Wissen: um diese, so häufigetl Zustände wäre nicht nur theoretisch, eben vom Gesichtspunkt des Ineirrandergreifens v,erschiedener Steuerungsmechanismen, von; höchstem Interesse, sonde,rn hätte auch große praktische Bedeutung, da wir ja immer wieder im Einzelfalle die Frage zu entscheiden haben, inwieweit der Schildllrüse eine wesentliche Rolle zufällt und wie die Behandlung zu leiten: ist, vor allem, ob die Operation in Frage kiäme; es scheint mir allerdings, daß wenigstens dieser praktische Teil der Frage, die Indikationsstellung, heute durch die Thio-Harnstoffbehandlung eine gewisse Erleichterung erfahren hat; ich pflege in diesen zweifelhaften Fällen wenigstens eine versuchsweise Behandlung mit TMourea einzuleiten; gibt diese gute Erfolge, so ist jedenfalls auch von der Operation ein positiver Erfolg zu erwarten, abgesehen davon, daß sich sicherlich oft genug dabei die Operation eben wegen dieses guten Erfolges vermeiden läßt; eine Entscheidung, die der Erfahrene im Einzelfalle zu treffen hat. Soweit ich bisher selbst Erfahrungen sammeln; kionnte und soweit Literaturberichte darüber vorliegen, versagt aber die Thiourazilbehandlung

Zur Frage hormonaler Regulationen.

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in der Mehrzahl dieser (mehr vegetativen) Fälle völlig oder weitgehend, was begreiflicherweise zu Vorsicht in der Indikations stellung zur Operation mahnt; ein Standpunkt, der rein aus klinischer Erwägung internistischerseits ja in der Regel eingenommen wurde; oft genug handelt es sich dabei nicht so sehr um Thyreosen, sondern eben um vegetative Erregungszustände, in deren Rahmen dann auch die mit den vegetativen Zentren so eng verbundene Schilddrüse erhöht mitschwingt, ohne aber das fühl'lClIlde Instrument im Gesamtorchester darzustellen. Wobei natürlich außerdem nicht zu vergessen ist, daß e,ine Reihe von Symptomen eben dem erhöhten vegetativen Tonus ebens.o zugehören wie der Schilddrüsenüberfunktion, ja sogar, wie der Ex;ophthalmus z. B., meist ersterem zugeschrieben werden, also auc}): in das echte Hyperthvreosebild sozusagen auf Umwegen erst eingeschaltet sind, endlich auch das thyreotl'Ope Hormon einen: noch näher zu bestimmenden direkten Einfluß nehmen mag. Es bleibt übrig,' bei dieser Streifung therapeutischer Fragen auch' des durchaus noch nkht befriedigend geklärten Umstandes des in der Regel guten und dauernden, oft genug ausgezeichneten:, gelegentlich noch ausbleibenden Erfolges der Thyreoidektomie beim Basedow zu gedenken. Da wir die Hyperthyreose nun nicht als eine einfache Ueberfunldion der Schilddrüse, also als Ausdruck eines einfachen Mehrvorhandenseins des Schilddrüsenhormons. sondern wohl nun als Störung der, wie idl zum Teil wenigstens zeigen kJonnte, reichlich komplexen Wechselbeziehungen zwischen Thyreoidea und dem gesamten übrigen SteuC

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