Sachenrecht des Öffentlichen Rechts: Probleme und Grundlagen eines Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts [1 ed.] 9783428458585, 9783428058587

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Sachenrecht des Öffentlichen Rechts: Probleme und Grundlagen eines Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts [1 ed.]
 9783428458585, 9783428058587

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MICHAEL

KROMER

Sachenrecht des Öffentlichen Rechts

Schriften

zum Öffentlichen Band 493

Recht

Sachenrecht des öffentlichen Rechts Probleme und Grundlagen eines Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts

Von D r . Michael K r o m e r

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

CI Ρ-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kromer, Michael: Sachenrecht des öffentlichen Rechts: Probleme u. Grundlagen e. A l l g . Teils d. ö f f e n t l . Sachenrechts / von Michael Kromer. — Berlin: Duncker u n d Humblot, 1985. (Schriften zum Öffentlichen Recht; Bd. 493) I S B N 3-428-05858-5 NE: G T

D 16 Alle Redite vorbehalten © 1985 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1985 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-05858-5

Vorwort Die „unkritische Übertragung privatrechtlicher Begriffe ins öffentliche Recht ist gewiß ein methodischer Fehler, obwohl es zweifellos allgemeine Rechtsformen gibt, die allen Rechtsgebieten gemeinsam sind" (G. Jellinek, Allg. Staatslehre, 3. Aufl., Neudruck 1966, S. 51). Die Erkenntnis Jellineks von allgemeinen Rechtsformen scheint heute weitgehend bestritten oder vergessen. Der Wille ist auf zunehmende Begriffsdifferenzierung gerichtet. Wenn ehedem zusammenhängende Gebiete i n einzelne Spezialgebiete für Experten zerfallen, die nur noch das Singuläre „ihres" Gebietes i m Auge haben, dann hat das schon fast den Charakter einer Selbstgesetzlichkeit und natürlichen Zellteilung. Leidtragende einer solchen Entwicklung sind alle Rechtsbetroffenen. Die vorliegende Arbeit ist auch gegen diejenigen Formen der Wissenschaft vom Recht gerichtet, die wie alles Fachidiotentum getreu dem merkwürdigen Aphorismus verfahren: Wer nichts als einen Hammer hat, dem ist alle Welt ein Nagel. Die Dissertation wurde i m Sommer 1984 bei der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg eingereicht. Sie verfolgt das Ziel, für einzelne Gebiete des öffentlichen Sachenrechts eine gemeinsame Grundstruktur zu finden und nach Verwandtschaften in anderen Teilrechtsgebieten zu suchen. Dabei spielen auch verfassungsrechtliche und rechtstheoretische Erwägungen eine Rolle. Literatur und Rechtsprechung wurden bis Ende 1984 vollständig berücksichtigt. Danken w i l l ich mit der Untersuchung meinem Lehrer Prof. Friedrich Müller. Michael Kromer

Inhaltsverzeichnis Einleitung

11 I . Durchsicht und Kritik der Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

1. Begründüngen Rechtsgebiet

für

das öffentliche

Sachenrecht

als

eigenständiges

16

1.1 Historische Begründungen

16

1.2 Sachen i n öffentlichem Gebrauch

19

1.3 öffentlich-rechtliches u n d sachenrechtliches Recht

23

1.4 Dualismus privates u n d öffentliches Recht

26

1.5 Rechtsverhältnistheorien

26

1.6 Res sacrae

30

1.7 Zusammenfassung

32

2. Typologie

der Sachgegenstände

2.1 Abgrenzung öffentliche Sache/Sachgegenstand

34 34

2.2 Mögliche Rechtsverhältnisse u n d Nutzungen an Sachgegenständen — Tabelle möglicher Kombinationen 35 2.3 Einzelne Sachgegenstände — Sachgesamtheiten — Sachteile 3. Musterung

der bisherigen

Teilrechtsgebiete

40 42

3.1 Straßenrecht

43

3.2 Wasserrecht

48

3.3 Anstaltsnutzungsrecht u n d Sachen i n Verwaltungsgebrauch

54

3.3.1

Begriffsklärung

54

3.3.2

Sachen i n Verwaltungsgebrauch

56

3.3.2.1 3.3.2.2 3.3.2.3 3.3.2.4

Rechtspositionen i n einer Hand Auseinanderfallen der Rechtspositionen Rechtsverhältnis zu Außenstehenden Zusammenfassung

57 57 60 63

8

Inhaltsverzeichnis 3.3.3

Anstaltsnutzungen

64

3.3.3.1 Begriffliche Differenzierungen

64

3.3.3.2 A n s t a l t als „Öffentliche Sache"?

65

3.3.3.3 Anstaltsgewalt u n d Hausrecht

67

3.3.3.4 öffentliche Sachen i n „Anstaltsgebrauch"?

69

3.3.4

70

Zusammenfassung

3.4 Res sacrae

72

3.4.1

W i d m u n g zum K u l t u s als „dinglicher Verwaltungsakt"? . .

72

3.4.2

Schutz v o r Enteignung u n d E n t w i d m u n g

76

3.4.3

Schutz v o r widmungswidrigem Gebrauch

78

3.4.4

Schutz vor Gutglaubenserwerb

80

3.4.5

Zusammenfassung

81

3.5 Sonstige Sachen

82

3.5.1

Elektrizität

82

3.5.2

Luft

83

I I . Das öffentliche Sachenrecht als Sachenrecht des öffentlichen Redits

1. Strukturmerkmale

des Bürgerlichen

Sachenrechts

86

1.1 Begründungen für ein Sachenrecht als Bereichsdogmatik 1.2 Prinzipien des Sachenrechts 1.2.1

86 88

Numerus clausus der Sachenrechte

88

1.2.2

Publizitätsgrundsatz

89

1.2.3

Grundsatz der Spezialität

89

1.2.4

Abstraktheit des Verfügungsgeschäfts

89

1.2.5

Absolutheit des Klageschutzes

90

2. Parallelen und Verschiedenheiten

öffentlich-rechtlicher

Sachprobleme

— Festlegung der dogmatischen Grundstruktur 2.1 Parallele Sachproblematik 2.2 Sachenrechtliche Prinzipien i m öffentlichen Sachenrecht 2.2.1

91 91 94

Numerus clausus der Sachenrechte

94 95

2.2.2

Publizitätsgrundsatz

2.2.3

Spezialität (Bestimmtheitsgrundsatz)

96

2.2.4

Abstraktheit des Verfügungsgeschäfts

96

2.2.5 Absolutheit des Klageschutzes 2.3 Abweichungen v o m B G B - E i g e n t u m 2.4 Zusammenfassung

97 99 102

Inhaltsverzeichnis 3. Anbindung

des Lösungsansatzes

ans Verfassungsrecht

3.1 Eigentumsgrundrecht 3.1.1

104 105

I n h a l t u n d Schranken durch Gesetz

107

3.1.2

Legalenteignung

112

3.1.3

Administrativenteignung

113

3.1.4

Untergesetzliche Inhaltsbestimmung

113

3.1.5

Zusammenfassung

116

3.2 Andere Grundrechte 4. Systematische

Einordnung

117 ins Verwaltungsrecht

127

4.1 Z u m Allgemeinen Teil des öffentlichen Sachenrechts: Zusammenfassung der Grundlinien der Dogmatik 127 4.2 Konsequenzen 4.2.1

139

Sachen i n Anstalts- u n d i n Verwaltungsgebrauch

140 144

4.2.2

N a t u r - u n d Landschaftsschutzrecht

4.2.3

Denkmalschutzrecht

148

4.2.4

Rechtsnachfolge i m Baurecht

152

Literaturverzeichnis

155

Sachverzeichnis

164

Einleitung Zugleich m i t der Herausbildung der Verwaltungsrechtswissenschaft i n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellte sich i m Öffentlichen Recht das Problem der rechtlichen Einordnung öffentlicher Sachen. Schon das erste große Lehrbuch des Deutschen Verwaltungsrechts von Otto Mayer 1 setzte sich mit dem Geflecht an Rechten und wirtschaftlichen Interessen an Sachen, die i n irgendeiner Weise der Öffentlichkeit zugute kommen, auseinander. Trotz dem langen bisher verstrichenen Zeitraum ist die Diskussion auf diesem Gebiet des Verwaltungsrechts noch nicht zu einem Abschluß gekommen. Die besonders hervorzuhebenden Monographien von Maunz 2 , 1933, und Niehues 3 , 1963, und die Diskussion auf der Staatsrechtslehrertagung 19624 markieren lediglich Punkte der Entwicklung. Seit den 60er Jahren hat die Tätigkeit des Gesetzgebers und von Wissenschaft und Lehre auf den angestammten Gebieten des öffentlichen Sachenrechts: Wasserrecht, Wegerecht, Luftrecht, Anstaltsrecht zu immer stärker werdenden Unterschieden der einzelnen Gebiete geführt, die die Gemeinsamkeiten fast vernachlässigbar erscheinen lassen. Diesen Gemeinsamkeiten nachzuspüren, ohne Unvereinbares i n einer A r t öffentlich-rechtlicher Dreieinigkeitslehre verschmelzen zu wollen, soll Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein. Es kann nicht darum gehen herauszufinden, was „das Wesen" der öffentlichen Sache ist, wie sie „natürlicherweise" beschaffen ist. Denn es gibt nach der hier vertretenen Auffassung weder die abstrakte und allgemeingültige Idee eines Dings noch eines Begriffs. Worum es der Untersuchung geht ist zu klären, was man vernünftigerweise mit öffentlichem Sachenrecht bezeichnen kann, u m damit ein bestimmtes Problemfeld von anderen abzugrenzen und dogmatisch m i t Inhalt zu füllen. Die hier geleistete theoretische Erörterung und Begriffsbildung findet ihre Rechtfertigung allein i n der Fähigkeit zur praktischen Problemlösung. Der Grund, daß für solche überhaupt eine theoretische Überwölbung versucht wird, liegt i n der Eigenart kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen, Recht als kodifizierte, systematische, dogmatisch durchgebildete Ordnung zu begreifen. 1 2 3 4

Ders., Deutsches Verwaltungsrecht, 2 Bände, 1. A u f l . 1895/96; Bd. 2, S. 63 ff. Ders., Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts. Ders., Dinglichkeit i m Verwaltungsrecht. Referate von Weber u n d Stern, V V D S t R L 21 (1962), S. 145 ff. und 183 ff.

12

Einleitung

Die Veränderungen des öffentlichen Sachenrechts sind nicht durch willkürliche Änderungen der Gesetzeslage oder durch nie enden wollende Diskussionslust der Rechtsgelehrten verursacht, sondern sind in der zugrundeliegenden Sache selbst begründet. Die Veränderungen der allgemeinen Lebensverhältnisse i m Verlaufe der letzten einhundert Jahre in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß hat auch die Regelungsbedürfnisse und Ordnungspflichten von Gesetzgebung und Verwaltung i n bezug auf Wege, Flüsse, Wälder, Seen, Luft, Friedhöfe, K i r chen usw. direkt beeinflußt. Sie müssen auch die Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts beeinflussen. Anstatt überkommene Lehrmeinungen einfach fortzuschleppen, soll daher die Untersuchung die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde legen, allgemeine Lehrsätze auf ihre praktische Bedeutung i n den Einzelgesetzen und der Verwaltungspraxis abklopfen und thematische Verwandtschaften zu neueren Rechtsgebieten und Problemen aufzeigen. Wolff / Bachof sollen beim Wort genommen werden, wenn sie sagen „öffentliches, insbesondere verwaltungsrechtliches Sachenrecht . . . ist der Inbegriff derjenigen Rechtssätze, welche Sachen Subjekten hoheitlicher Gewalt zuordnen und dadurch eine Sachherrschaft dieser Subjekte begründen . . ." s . Die Arbeit beginnt unter der Prämisse, daß manche Rechtsgebiete ihre Existenzberechtigung nicht von einem bestimmten oder mehreren einzelnen Gesetzen beziehungsweise den darin auftauchenden Fragen herleiten — ζ. B, dem Verfassungsrecht, Beamtenrecht —, sondern von einer Fragestellung, die sich quer durch viele Rechtsnormen und Rechtsgebiete zieht. Dies mögen die Gebiete Amtshaftung, Enteignungsrecht oder das Allg. Verwaltungsrecht veranschaulichen. Ein solches Gebiet ist auch das i m Entstehen begriffene Umweltrecht 6 . Als ein solches von einer besonderen Problemstellung ausgehendes Rechtsgebiet w i r d auch das öffentliche Sachenrecht angesehen. I m ersten Teil werden Begründungen, die die Existenz eines eigenständigen Rechtsgebietes „öffentliches Sachenrecht" rechtfertigen und umschreiben sollen, vorgestellt (1.1). Sie werden daraufhin überprüft, ob sie i n der Lage sind, ein sachlich bestimmtes Rechtsgebiet überhaupt zu definieren und ob die gegebene Begründung auch für alle oder nur einen Teil der Rechtsprobleme zutrifft. Das Wort Begründung ist i m doppelten Sinne gemeint als Rechtfertigung dafür, daß ein eigenständiges Rechtsgebiet — eine Bereichsdogmatik 7 — gebildet w i r d und als Festlegung der Grundstruktur der Bereichsdogmatik. Die daran an5

Dies., § 32 V a 2. Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts. 7 Z u m Begriff u n d dem dahinterstehenden Konzept F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 181 f., 201 ff.; ders., Positivität der Grundrechte, S. 40 ff. 6

Einleitung

schließende „Musterung" soll die wichtigsten heutigen Begriffe und dogmatischen Figuren vorstellen und diskutieren (I. 3). Das Problemfeld w i r d daraufhin untersucht, ob die Problemlösungen überhaupt Bestandteile des öffentlichen Sachenrechts sein können. Es w i r d sich zeigen, daß viele Äußerungen über „das öffentliche Sachenrecht" nach geltender Rechtslage allein Aussagen zu einem bestimmten Gebiet des öffentlichen Sachenrechts, etwa dem Wasserrecht, sind. Zur Absicherung vor logischen und rechtlichen Widersprüchen oder Lücken sowie zur genaueren Begriffsbestimmung dessen, was „öffentliche Sache" sein soll, wurde der Musterung der einzelnen Gebiete eine Typologie der Sachgegenstände vorangestellt (1.2). Diese dient allein der begrifflichen Schärfung. I m zweiten Teil der Arbeit soll versucht werden, die Gemeinsamkeiten, die überhaupt erst ein einheitliches, eigenständiges Rechtsgebiet ausmachen, deutlicher als bisher herauszuarbeiten. Das Präfix „Sachen-" i m Begriff „öffentliches Sachenrecht" w i r d als Anlaß genommen, die Besonderheiten des Bürgerlichen Sachenrechts zusammenzustellen (II. 1). Dessen strukturelle Besonderheiten werden dann mit den Sachproblemen und Lösungsvorschlägen des öffentlichen Sachenrechts verglichen (II. 2). Ergebnis ist ein sogenanntes Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, ein allgemeiner Teil der dinglichen Regelungen, die es i m Öffentlichen Recht gibt (II. 4.1). Ein solches Sachenrecht des Öffentlichen Rechts muß außerdem an den verfassungsrechtlichen Anforderungen überprüft werden (II. 3). Als Ausblick auf die Konsequenzen einer solchen Sichtweise sind dann noch einige Gesichtspunkte erörtert, die bisher nicht i m Rahmen des öffentlichen Sachenrechts behandelt wurden (II. 4.2). Die hier wiedergegebenen Überlegungen haben sich auch mit einem Phänomen zu beschäftigen gehabt, das erst bei näherer Beschäftigung ins Auge fällt. Dann bemerkt man, daß das öffentliche Sachenrecht nicht einheitlich strukturiert und i n Beziehung zu anderen Teilen des Verwaltungsrechts gesetzt wird. Die zwei sich ergänzenden Lehrbücher zum Verwaltungsrecht von Erichsen (Allgemeines Verwaltungsrecht) und v. Münch (Besonderes Verwaltungsrecht) beispielsweise sehen das öffentliche Sachenrecht als Teil des Allgemeinen Verwaltungsrechts 8 , gleichzeitig die Bereiche des Wasserrechts und des Wegerechts als Teile des Besonderen Verwaltungsrechts 9 ; Fragen zu Sachen i n Verwaltungsgebrauch, i n Anstaltsgebrauch oder zu res sacrae tauchen i m Lehrbuch des Besonderen Verwaltungsrechts von v. Münch nicht auf. Andererseits soll das öffentliche Sachenrecht als Teil des Allgemeinen Verwal8 9

§§ 45—49 bei Erichsen / Martens. Achter und neunter Abschnitt bei v. Münch.

14

Einleitung

tungsrechts strikt vom Anstaltsrecht geschieden werden 10 . Papier redet gar von einer „doppelten Zuordnung" des öffentlichen Sachenrechts 11 zum Allgemeinen wie Besonderen Verwaltungsrecht. Manche Lehrbücher des Allgemeinen Verwaltungsrechts behandeln das öffentliche Sachenrecht gar nicht 12 . Die eigene Stellungnahme hierzu w i r d nach einer k r i tischen Durchsicht der bisherigen Lehrmeinungen dahingehend erfolgen, daß das öffentliche Sachenrecht nicht Teil des Allgemeinen Verwaltungsrechts ist, sondern Gemeinsamkeiten einiger Gebiete des Besonderen Verwaltungsrechts zusammenfaßt, insofern ein allgemeiner Teil einiger Gebiete des Besonderen Verwaltungsrechts darstellt (II. 4.1). Die hier entwickelte Auffassung von einem Sachenrecht des Öffentlichen Rechts als „Allgemeiner Teil des Öffentlichen Sachenrechts" (dem die besonderen Teile: Wasserrecht, Wegerecht, Sachen i n Anstaltsgebrauch usw. noch hinzugefügt werden müssen) hat sich sowohl vom Sachenrecht des BGB als auch von der phänomenologischen Sicht von Sachen i n öffentlichem Gebrauch so weit entfernt, daß ab I. 3 (Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete) zur Kennzeichnung der eigenen Position das Wort „öffentlich" großgeschrieben werden w i r d — öffentliches Sachenrecht —, u m auszudrücken, daß es sich dabei u m die Benennung eines selbständigen Rechtsgebietes handelt und nicht u m die adjektivische Charakterisierung eines allgemeinen Rechtsgebietes Sachenrecht. Die Referierung und K r i t i k der bisher vertretenen Ansichten w i r d weiterhin die Bezeichnung „öffentliches Sachenrecht" verwenden. Bei dem stetig wachsenden Umfang der Literatur und Rechtsprechung auf den zum öffentlichen Sachenrecht gehörenden Gebieten Straßen« und Wegerecht, Wasserrecht, Recht der Anstalten und öffentlichen Einrichtungen, Kirchenrecht, Luftrecht plus einiger weiterer vereinzelt m i t einbezogenen Gebiete wäre es unmöglich gewesen, alle Probleme und Lösungsvorschläge sinnvoll abzuhandeln oder gar zu ihnen erschöpfend Stellung zu nehmen. Die Auswahl der hier anzusprechenden Rechtsfragen wurde zunächst i n Anlehnung an die zentralen und grundlegenden Werke des öffentlichen Sachenrechts von Maunz, Niehues, Wolff / Bachof, Papier und Salzwedel insofern vorgenommen, als diese das Gemeinsame der einzelnen Teilrechtsgebiete herausarbeiten: Arten öffentlicher Sachen, Widmung, Gemeingebrauch, Sondernutzungsarten, Verhältnis zwischen Eigentümer, Verwaltungsträger und Nutzungsinteressenten u. a. Die Fragen, die sich speziell auf ein Rechtsgebiet beziehen, ζ. B. die Verteilung der Verwaltungszuständigkeiten auf einzelne 10 11 12

Salzwedel, i n : A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. Papier, S. 3. Maurer, A l l g . Verwaltungsrecht; Achterberg, A l l g . Verwaltungsrecht.

Einleitung

Träger, die besonderen Bedingungen für Erlaubnis oder Bewilligung i m Wasserwirtschaftsrecht, kirchliche Handlungen zur Entstehung von res sacrae (Benediktion, Konsekration), wurden allenfalls am Rande behandelt. Bezüglich der Gebiete Luftrecht und kirchliches Sachenrecht, auf die bei anderen Autoren nur lapidar ohne eigene Stellungnahme verwiesen wird, mußten zur Begründung des eigenen Ansatzes nähere Untersuchungen angestellt werden. Es reicht nicht aus zu sagen, Luft ist öffentliche Sache; das Nähere regelt das Luftrecht. Mindestens müßte nachgewiesen werden, ob Luftrecht und öffentliches Sachenrecht irgendwelche Gemeinsamkeiten und der Satz „ L u f t ist öffentliche Sache" irgendeinen Sinn und Inhalt hat. Gleiches gilt für die res sacrae. Die von Literatur und Rechtsprechung entwickelten zentralen Begriffe des öffentlichen Sachenrechts wie Widmung, Gemeingebrauch, Sondernutzung, Anliegergebrauch, dinglicher Verwaltungsakt, Zulassung und Benutzung von Anstalten stehen jedoch i m Mittelpunkt der Untersuchung.

I. Durchsicht und Kritik der Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts 1. Begründungen für das öffentliche Sachenrecht als eigenständiges Rechtsgebiet 1.1 Historische Begründungen Die Probleme dessen, was heute öffentliches Sachenrecht genannt wird, wurden schon erörtert, bevor sich ein eigenständiges Rechtsgebiet des Verwaltungsrechts entwickelt hatte. M i t den Versuchen, die Probleme des öffentlichen Sachenrechts mit pandektistischen oder bürgerlichen Rechtsfiguren zu lösen, mußte sich Theodor Maunz noch auseinandersetzen 1. Diese heute durch die Entwicklung der Dogmatik und der grundlegenden Änderung der Rechtslage überholten Auffassungen wollten und konnten keine Bereichsdogmatik erarbeiten. Die Pandektenwissenschaften begründeten selbst unter der Geltung des BGB noch Einteilungsversuche öffentlicher Sachen wie die zwischen Flüssen und Bächen mit Fundstellen aus den Pandekten oder i m Straßenrecht m i t dem Verweis auf römische „theatra" und „stadia" 2 . Wegen des Fehlens eines ausgebildeten Verwaltungsrechts wurde die Bedeutung von Konstruktionen wie res extra commercium oder res omnium communes, für die sich Parallelen i m aktuellen öffentlichen Sachenrecht finden, nicht erkannt. Die bürgerlich-rechtlichen Lösungsversuche bemühten sich, die Probleme der öffentlichen Sachen auf bürgerlich-rechtliche Rechtsfiguren zurückzuführen 3 , vor allem auf das Eigentum des Staates als Privateigentum m i t gewissen Zweckbindungen. Als eine solche Zweckbindung kam vor allem ein Veräußerungsverbot i n Betracht. Dabei mußten selbst die Beschränkungen der eigentümerischen Verfügungsbefugnis aus den Digesten abgeleitet werden, da selbst das „gemeine Eigenthum des Staats" i n A L R II, 14 § 21 durch Gesetz und Rechtsprechung i n pri1 Ders., Hauptprobleme, S. 81 ff. Dabei zieht er allerdings n u r die Erstauflagen der nachfolgend herangezogenen L i t e r a t u r zu Rate. 2 Dernburg, S. 159 ff. (Beispiele auf S. 164, A n m . 7); Wülscheid, S. 629 ff. 3 Biermann, S. 17 ff., 34 ff.; Oertmann, A l l g . Teil, S. 255 ff.; m i t Nachwirkungen bei der Verkehrssicherungspflicht bis heute, s. die Begründung i n Β GHZ 9, 373 (387).

1. Begründung für das öffentliche Sachenrecht

17

vates umgedeutet worden war 4 . Selbst die Behinderung von Gemeingebrauch durch Dritte (Private) wurde über zivilrechtliche Abwehransprüche zu lösen versucht 5 . Alle diese Ansätze beruhten darauf, daß das Verwaltungsrecht damals eine sich gerade erst entfaltende Wissenschaft war und viele das Verwaltungsrecht als Modifikation des Privatrechts oder als Verwaltungspolitik auffaßten. Die geringe Normendichte ließ für solche Lösungsansätze Platz. Heute kann das öffentliche Sachenrecht nicht mehr auf dem BGB, seinen Einführungs- und Nebengesetzen und dem A L R aufgebaut werden und auch nicht auf den aus dieser Zeit übernommenen Rechtsinstituten. Ausgangspunkt der vorliegenden A r beit ist die positive Rechtsordnung mit A r t . 89 und 90 GG, den einschlägigen Bundes- und Landesgesetzen sowie A r t . 86 LVerf. Baden-Württemberg. Die Lösungsvorschläge der früheren Rechtsordnungen können aber als historisch-genetische Auslegungshilfe bei der Konkretisierung geltender Rechtsnormen oder bei der Lückenfüllung dienen. Als von der positiven Rechtsordnung großenteils überholt muß auch die Theorie des öffentlichen Eigentums von Otto Mayer angesehen werden 6 . Er konstatierte nicht i n einzelnen Fällen oder als Ausnahme die Geltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, sondern er erhob „als Forderung die Idee eines öffentlichen Sachenrechts, vor allem die eines Eigentums . . . ein öffentlich-rechtlich gedachtes Eigentum" 7 . Das öffentliche Sachenrecht stellt sich bei i h m als Ausformulierung aller Voraussetzungen und Folgen dar, die zur Annahme eines Instituts „öffentliches Eigentum" erforderlich sind und sich daraus ableiten. Und umgekehrt gilt: „Das ganze bürgerliche Recht hat m i t dem öffentlichen Eigentum nichts zu tun", „steht die öffentliche Sache einheitlich i n öffentlichem Eigentum, so ist jede private Rechtsbegründung daran ausgeschlossen"8. Dies ist auch aus der Benutzung des Begriffs Idee i m ersten Zitat zu schließen, der i n der idealistischen Philosophie keineswegs „Einfall, Gedanke", sondern den absoluten wesenhaften Begriff meinte. Als rechtspolitische Forderung mag das öffentliche Eigentum diskutabel sein, sie beachtet jedoch nicht die aktuelle Rechtslage, die i n vielen Vorschriften mit der allgemein herrschenden und praktizierten Meinung von dem Dualismus privaten Eigentums mit möglicher öffentlich-rechtlicher Exemtion ausgeht9. Soweit diese Theorie sich allerdings i n Rechtsnormen 4

RGZ 3, 236 (238); 40, 280 (283 ff.). Biermann, S. 31 ff., 41 ff. 6 Ders., Bd. 2, S. 39 ff.; anscheinend jetzt auch Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft, S. 86 ff. 7 Ebd., S. 40. 8 Zitate ebd., S. 63, 65. 9 Z. B. § 8 X FStrG, § 23 I bwStrG. Grundlegend dazu Β GHZ 9, 373 ff.; 21, 319 (327 ff.). 5

2 Kromer

18

I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

niedergeschlagen hat, w i r d auf sie noch zurückzukommen sein (unten 3.2 und II. 2.3). Ebensowenig hat sich diese Theorie i n der Literatur durchsetzen können 10 , weil ihr theoretischer Aufwand groß, der dogmatische Ertrag aber nicht mehr ist als ein Veräußerungsverbot an den Rechtsträger vor der Aufhebung der Widmung 1 1 für die Fälle, i n denen Eigentum und Sachherrschaft bei einem Rechtsträger liegen. Forsthoff findet es allerdings de lege ferenda begrüßenswert, diese Theorie weiter zu diskutieren 12 . Dem ist zuzustimmen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß es sich bei der Lehre Mayers, soweit der Gesetzgeber diese seiner Gesetzgebung nicht zugrunde gelegt hat, u m eine außerpositive Theorie handelt, die allein dann als Theorieelement bei der Normtextauslegung eine Rolle spielen kann, wenn Wortlaut und die anderen Elemente der Auslegung hierfür den erforderlichen Spielraum lassen 13 . Beispielsweise würde der Wortlaut des A r t . 89 I GG: „Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen" sowohl die These vom privaten Eigentum des Staates als auch die vom öffentlichen Eigent u m zulassen, da der Text nicht von „Privateigentum" spricht. Die Problematik einer gedankenlosen Übernahme zeigt sich vor allem bei der Widmung deutlich. Selbst wenn man von dem heutigen Charakter der Widmung ausgeht 14 , kommt man zu folgendem vom Gesetz nicht gedeckten Phänomen: Befindet sich die zu widmende Sache i n Privateigentum, so muß zunächst eine Teilenteignung vorausgehen, die Widmung selbst erreicht dann nur die öffentlich-rechtliche Zweckbindung und Nutzungsgewährung für die Öffentlichkeit. Steht die Sache aber i m Eigentum des Staates, so erfolgt mit der Widmung gleichzeitig ein gestaltender A k t , der die Sache der bürgerlich-rechtlichen Rechtsordnung entzieht — und zwar völlig —, eine solche teilweise Doppelfunktion ist 10 Maunz, Hauptprobleme, S. 126 ff.; Niehues, Diss., S. 10 ff., der kritisiert, daß Mayers Lehre sich ausschließlich auf ein Uber-Unterordnungsverhältnis beziehen könne (zu Mayer, S. 64, 66 f.), u n d daß Mayer fälschlich von der U n möglichkeit einer Person-Sachbeziehung ausgehe. Salzwedel, DÖV 1963, S. 244; ders., in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.417f.; Papier, S. 5 ff.; Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 158 f.; Stern, W D S t R L 21 (1962), S. 188 ff.; neutral: W o l f f / Bachof, § 57 I b. 11 Mayer, S. 63, 65: „Es ist falsch zu sagen, die öffentliche Sache sei unveräußerlich", „Bürgerliches Recht w i r d selbstverständlich anwendbar, sobald die öffentliche Sache aufhört, öffentliche Sache zu sein". 12 Ders., A l l g . Verwaltungsrecht, S. 379, A n m . 5. — Solche rechtspolitischen Elemente gehören streng genommen nicht zur Dogmatik, da v o n ihnen nicht behauptet w i r d , sie seien i n Geltung. Z u r Definition eines so eingeengten Dogmatikbegriffs s. Kromer, S. 13 f., 18 f., 22 f. 13 Zur Rolle der Theorie-Elemente s. F. Müller, Methodik, S. 189 ff. 14 Mayer, S. 58, h ä l t die W i d m u n g für einen tatsächlichen A k t , der eher unserer heutigen Indienststellung vergleichbar ist. Das Problem, daß eine W i d m u n g eine an A r t . 14 I / I I GG zu messende Eigentumsbeschränkung bzw. Teilenteignung sein könne, sieht er selbstverständlich nicht. Enteignung ist ebd. für i h n n u r vollständig u n d bei Grundeigentum denkbar.

1. Begründung für das öffentliche Sachenrecht

19

i n den einschlägigen Gesetzen (von denen, die dieses Institut übernommen haben, abgesehen) nicht auszumachen. Die umrissenen historischen Positionen demonstrieren, daß die Figur der öffentlich-rechtlichen Exemtion nicht nur systematisch-dogmatisch zu verstehen ist, sondern i n der Tat auch wissenschaftsgeschichtlich als allmähliche Positivierung besonderer, eben öffentlich-rechtlicher Normen i n Bereiche gemeinen, dann bürgerlich-rechtlichen Rechts hinein. Begünstigt durch die besondere Gegenständlichkeit und Anschaulichkeit von Grundeigentum und bedingt durch die Entwicklung der Lehre von Sozialbindung und Enteignung des Eigentums entwickelte sich die Vorstellung vom Staat als Eigentümer, der sein Eigentum durch Vollenteignung erlangt hat, weiter zum Sachherrn über gewisse Sachgegenstände, unabhängig von der Frage, i n wessen Eigentum sich diese befinden. Seine Sachherrschaft w i r d nun — losgelöst von den Beschränkungen auf Grundeigentum — lediglich durch seine Eigenschaft als Sachwalter der Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt. Das öffentliche Sachenrecht hat sich damit über die „derben Rechtsgebilde" 15 imperium und dominium hinausentwickelt.

1.2 Sachen in öffentlichem Gebrauch Der hier zur Systematisierung eingeführte Terminus „Sache i n öffentlichem Gebrauch" lehnt sich an die Feststellung Wolff / Bachofs an, daß eine Sache zwar „ i n öffentlichem Gebrauch" stehen könne, damit aber noch nicht automatisch zur öffentlichen Sache werde, sondern weitere Negativkriterien zu beachten sind 16 . Vom Grundsatz her werden öffentliche Sachen damit durch die Tatsache, daß sie der Öffentlichkeit dienen, gekennzeichnet, diesem grundlegenden Element werden dann weitere einschränkende Merkmale hinzugefügt, die als Ausnahmen einige vom Grundsatz her ebenfalls der Öffentlichkeit dienende Sachen aus dem öffentlichen Sachenrecht ausscheiden sollen, zum Beispiel die nur öffentlich belasteten Privatsachen und die Sachen des Finanzvermögens. Diese erste Gruppe von Begründungs versuchen faßt also das Problemfeld des öffentlichen Sachenrechts zunächst so weit wie möglich 17 . Deshalb kann Bartels schreiben, unter die öffentlichen Sachen i. w. S. fielen alle der Öffentlichkeit irgendwie dienenden Sachen18. Diese Definition 15

Angelehnt an Mayer, S. 41, A n m . 1. Dies., § 56 1,4. Abs. 17 Niehues, Diss., S. 43; Sieder, S. 92 f. n i m m t sogar an, es gebe öffentliche Sachen i n Verwaltungsvermögen — zur Terminologie s.u. 3.1.1 —, für die teilweise dennoch die öffentlich-rechtlichen Normen nicht gelten würden. 18 Bartels, S. 61. 16

2*

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

ist wegen des einzigen positiv kennzeichnenden Merkmales, das zudem noch sehr ungenau ist, viel zu umfassend, als daß damit der Gegenstandsbereich beschrieben wäre, wie die vielen erforderlichen Abgrenzungen vor allem der tatsächlichen öffentlichen Sache und der öffentlich-rechtlich belasteten Privatsachen zeigen 19 . Das gilt auch für Sachen des Finanzvermögens, das schließlich auch „irgendwie" dem öffentlichen Wohl dient und nicht mehr als gleichsam private Gewinnerzielung eines Monarchen oder Fiskus angesehen werden kann 2 0 . Einer konkreten Bestimmung dessen, was Gegenstand des öffentlichen Sachenrechts sein soll, nähert man sich dann, wenn man nach den einzelnen Argumenten innerhalb dieser allgemeinen Umschreibungsversuche Ausschau hält. Öffentliches Sachenrecht w i r d als „besonderes Verwaltungsrecht öffentlicher Sachen" angesehen, das sich i n Abgrenzung zum Personalbestand öffentlicher Verwaltung auf alle sächlichen Hilfsmittel bezieht 21 . Gegenstand wären danach alle die Mittel, die die Verwaltung zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigt sowie die Sachen, an denen die Öffentlichkeit einen Bedarf hat bzw. die dieser von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden 22 . Einengendes und konstitutives Merkmal ist genauer die öffentlich-rechtliche Zweckbindung der Sache, nach der die Nutzung der Sache direkt oder indirekt der Öffentlichkeit, d. h. dem Bürger, zugute kommen soll. Diese Zweckbindung w i r d jedoch von allen hier referierten Begründungen verlangt und kann zudem alle Sachgegenstände einschließlich denen des Finanzvermögens einbeziehen. Unter einer solchen allgemeinen Beschreibung kann so gut der Nutzen verstanden werden, den der Bürger durch den Gebrauch eines Dienstwagens durch einen Beamten hat, wie der Nutzen, den der Bürger bei einer Gletscherwanderung hat 2 3 . Bei solch allgemeiner Begriffsbestimmung und Problemformulierung wundert es nicht, daß viele Autoren meinen, keine näheren Kriterien angeben zu können 24 . Erstmals Niehues hat sich gegen die Begründungen, die hier m i t 19 Papier, S. 3 f.; W o l f f / Bachof, § 55 I a 1, 2 u n d b; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 421. 20 Sachen des Finanzvermögens wollen Maunz, Die Verwaltung, S. 3 f., u n d Fleiner, S. 352, zu den öffentlichen Sachen rechnen; ersterer, w e i l auch für diese öffentliches Recht, ζ. B. Haushaltsrecht, gelte, letzterer, w e i l es einem Hoheitsträger gehöre, auch w e n n es ausschließlich privatem Recht unterstehe. 21 W o l f f / Bachof, § 55 I v o r a 1, I I a. 22 Ä h n l i c h Papier, S. 1, der auf die besondere öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung abstellt, u n d Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 376. 23 Für Alpengletscher als öffentliche Sachen k r a f t natürlicher Beschaffenheit Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 377. 24 Salzwedel, i n : A l l g . Verwaltungsrecht, S. 417, beschränkt sich darauf festzustellen, daß es n u r sehr wenige, auf die Entstehung u n d Beendigung des Status als öffentliche Sache begründete, allgemeine Aussagen gebe; Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 146; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 376.

1. Begründung für das öffentliche Sachenrecht

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dem Begriff der (öffentlichen) „Sachen i n öffentlichem Gebrauch" bezeichnet wurden, gewandt — von i h m „Recht der öffentlichen Sachen" genannt — und hat dem den Begriff des „öffentlichen Sachenrechts" entgegengesetzt25. Zwei Argumente müssen an der Begründung der Sachen i n öffentlichem Gebrauch jedoch für später festgehalten werden: das Erfordernis öffentlicher Sachherrschaft und das der Widmung plus Indienststellung. Wolff / Bachof bestimmen das Wesen der öffentlichen Sache ausdrücklich dadurch, daß diese Subjekten öffentlicher Gewalt zugeordnet werden und dadurch eine öffentliche Sachherrschaft 26 begründet w i r d — das heißt, daß Hoheitsträger Sachherrschaft nach den sie bindenden Normen ausüben. Unbestritten ist mittlerweile, daß zur Entstehung öffentlicher Sachen Widmung plus Indienststellung erforderlich ist: „Eine Sache w i r d zu einer ,öffentlichen Sache' i m Rechtssinne durch einen Staatsakt, den man Widmung nennt 27 ." Daraus folgt konsequenterweise, daß das öffentliche Sachenrecht nicht Eingriffsverwaltung oder Güterbeschaffung, sondern Statusrecht ist 28 . Dieses gemeinsame und schärfste K r i t e r i u m w i r d jedoch dadurch i n Frage gestellt, als behauptet wird, es gebe öffentliche Sachen kraft natürlicher Beschaffenheit 29 . Wie Wolff / Bachof zu Recht feststellen 30 , ist eine Sache, die aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit zum allgemeinen Gebrauch durch eine unbestimmte Anzahl von Personen geeignet ist, damit noch keine öffentliche Sache i m Rechtssinne. Zu einer solchen werden sie erst aufgrund oder durch Rechtsnormen 31 . Der Strand, der rechtlich erst mühsam seeseits und landseits abgegrenzt werden muß, w i r d erst durch den Menschen ein besonderes Ding — er ist keine 25

Niehues zuerst i n Diss., S. 26 ff., zuletzt i n DVB1. 1982, S. 319 ff. W o l f f / Bachof, §32 V a 2; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 417 f.; Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 169. 27 W o l f f / Bachof, § 56 I (der enge Zusammenhang m i t dem Zweckbindungsk r i t e r i u m k o m m t i m darauf folgenden Satz zum Ausdruck); Maunz, Hauptprobleme, S. 231; Papier, S. 3 f., 45 f.; Weber, W D S t R L 21 (1962), S. 169; Stern, ebd., S. 195, 198 ff. Einzig Niehues, Diss., S. 98, 105 ff., erwähnt den Widmungsakt nicht (zu seinen K r i t e r i e n s.u. 1.3): aus seiner Einordnung ergibt sich als damit verwandt das sachenrechtliche Verlautbarungsprinzip: ders., DVB1.1982, S. 320 f. 28 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 420. 29 Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 377, 379, 383. Dies ist u m so erstaunlicher, als er einer der letzten Vertreter des staatsrechtlichen Positivismus w a r (s. ders., in: Festschrift f. Carl Schmitt, S. 35 ff. v. a. 59 ff.; moderater in: Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 22 ff., 39 f.), er hier aber den Fakten eine normativierende K r a f t zuschreibt. 30 Dies., § 56 I. 31 Ebenfalls gegen öffentliche Sachen aufgrund lang andauernden tatsächlichen Zustandes Maunz, Hauptprobleme, S.239; Stern, V V D S t R L 21 (1962), S. 195; Schallenberg, S. 98 ff. 26

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

Sache an sich. Ein vereistes Stück Berghang verströmt an sich keinerlei Rechte, es „gewährt" lediglich tatsächlich jedermann allgemeinen Gebrauch i n dem Sinn, daß tatsächlich jedermann darauf herumklettern kann. Doch wie die Überfüllung der Alpen, der Meeresstrände und der Luft (Hängegleiter) zeigen, sind auch für solche ihrer Natur nach faktisch allgemein gebrauchbaren Sachen rechtliche Regelungen erforderlich. Die Annahme, solche Sachen kraft natürlicher Beschaffenheit gewährten Gemeingebrauch ohne vorherigen Widmungsakt, beruht bestenfalls auf naturrechtlichen oder wesensphilosophischen Alltagstheorien. Wer aus der Beschreibung und Betrachtung eines Gegenstandes allgemeine Rechte herausholen w i l l , der benutzt die „Natur" der Sache32 oder das „Wesen" der öffentlichen Sache33 dazu, u m das herauszuholen, was er vorher hineingesteckt hat. Diese Sichtweise w i r d nicht geteilt. Objektive und subjektive Rechte bestehen nicht auf natürliche Weise, sondern entstehen durch einen konstitutiven Rechtsakt. Zusammengefaßt ergibt sich für die allgemeine Begründung öffentlichen Sachenrechts als Recht über alle Sachen „ i n öffentlichem Gebrauch" folgendes: Alle Sachgegenstände oder Vermögensteile, die i n irgendeiner Form i n öffentlichem Gebrauch stehen, werden von einem entsprechend weiten Begriff der öffentlichen Sache umfaßt. Davon müssen aber sogleich große Gruppen wieder ausgesondert werden, weil auf sie die Dogmatik nicht paßt. Welche Gruppen dies sind, ist weithin umstritten und soll unten bei der Musterung untersucht werden. Bei der hier dargestellten Gruppe von Begründungsversuchen fußen die Schwierigkeiten schon auf der allgemeinen Begriffsbestimmung, die Privateigentum von Bürgern, das durch Normen eingeschränkt w i r d (öffentlich-rechtlich belastete Privatsachen), Privateigentum des Staates unter Geltung privaten Rechts (Finanzvermögen) sowie Sachen i n der Benutzung des Staates wie der Bürger zum öffentlichen Wohl (jeweils kombiniert m i t der Möglichkeit staatlichen oder privaten Eigentums!) umfassen soll. Sachbestimmte Eigenarten, die wie bei anderen Gebieten des Besonderen Verwaltungsrechts zur Begründung einer eigenen Bereichsdogmatik veranlassen können, werden so von Anfang an aus dem Blick verloren. Das bestätigen sogar die Vertreter der herrschenden Meinung selbst, ohne daraus allerdings Konsequenzen zu ziehen. Forsthoff spricht vom „sogenannten öffentlichen Sachenrecht", das „disparate Rechtserscheinungen" umfasse und „jeder durchgängigen Systematik ermangelt" 34 . Salzwedel w i l l Sa32 F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 94 ff., 175 ff.; ders., Methodik, S. 85 ff. 33 Scheuerle, A c P 163 (1964), S. 431 ff.; Podlech, AöR 95 (1970), S. 185 ff. 34 Ders., A ö R 31 (1940), S. 220; beifällig Stern, W D S t R L 21 (1962), S. 195, A n m . 76.

1. Begründung für das öffentliche Sachenrecht

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chen i n Anstaltsnutzung scharf von öffentlichen Sachen trennen 35 und stuft die Bedeutung des öffentlichen Sachenrechts für Sachen i n Verwaltungsgebrauch eher als gering ein 36 . Als ein wesentliches K r i t e r i u m zur Bestimmung öffentlicher Sachen wurde hier die öffentliche Sachherrschaft über Sachgegenstände erwähnt. Diese Sachherrschaft ist Mittel zur öffentlich-rechtlichen Zweckbindung, von der sie damit auch begrenzt ist und damit unterschieden von fiskalischen Modellen staatlicher Sachherrschaft. Nach der mittlerweile unbestrittenen Lehre und Rechtsprechung ist Voraussetzung für die Annahme einer öffentlichen Sachherrschaft wegen öffentlicher Zweckbindung die vorherige Widmung und Indienststellung. Trotz dieser Strukturgleichheiten soll angesichts der unsicheren, teils voneinander abweichenden, teils sich widersprechenden Begründungen ein allgemeiner Zweifel formuliert werden: Wenn keine für alle öffentlichen Sachen geltenden dogmatischen Aussagen gefunden werden können, dann gibt es logischerweise nichts, was alle darunter zusammengefaßten Gebiete gemeinsam haben — dann gibt es kein solches öffentliches Sachenrecht, sondern verschiedene Bereichsdogmatiken, die allenfalls noch durch ihre Geschichte zusammenhängen und noch Ähnlichkeiten aufweisen. Die i n I. 3 folgende Musterung soll erweisen, ob die aufgestellte Hypothese richtig ist, daß das öffentliche Sachenrecht i m Sinne der hier dargestellten Auffassung kein einheitliches Rechtsgebiet ist, weil es kein gemeinsames Problemfeld besitzt. Damit müßte das öffentliche Sachenrecht neu definiert und die Sachgebiete neu durchforstet werden.

1.3 öffentlich-rechtliches und sachenrechtliches Recht Damit w i r d eine Position gekennzeichnet, die das Rechtsgebiet nicht durch das Regime bestimmter Sachen, eben als „Recht der öffentlichen Sachen" kennzeichnen w i l l , sondern für die neben dem selbstverständlichen Merkmal „öffentlich-rechtlich" die unmittelbare Sachbeziehung, die Dinglichkeit, typisierend ist 37 . Dabei darf diese Position jedoch nicht verstanden werden als Berührungslinie (genauer Schnittmenge) zivilen Sachenrechts mit Öffentlichem Recht, sondern als Parallele zum Bür35

Salzwedel, i n : A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. Ebd., S. 453 f. 37 Niehues, Diss., S. 26 ff., 29 ff.; ders., Verwaltungssachenrecht, S. 248 ff.; ders., DVB1. 1982, S. 319 f.; Bartels, S. 53 ff.; — i n § 3 2 V a 2 übernehmen W o l f f / B a c h o f w ö r t l i c h die Definition des verwaltungsrechtlichen Sachenrechts von Niehues, Diss., S. 103. Dies hindert sie jedoch nicht daran, wie Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 247 f. bemerkt, die alten Definitionen i n §§ 55, 56 fortzuschleppen. 36

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

gerlichen Sachenrecht, das jedoch Teilgebiet des Öffentlichen Rechts ist 38 . Das so gekennzeichnete Verwaltungssachenrecht 39 w i r d sich mit dem „Recht der öffentlichen Sachen" überschneiden, aber nicht decken. Privates und öffentliches Sachenrecht unterscheiden sich abstrakt durch die verschiedenen Zuordnungssubjekte, nämlich jedes beliebige oder nur ein Subjekt öffentlicher Gewalt 40 . Der sachenrechtliche Charakter liegt demnach i n der unmittelbaren Sachzuordnung, einer sogenannten unmittelbaren Person-Sachbeziehung als theoretisches Konstrukt an Stelle einer Unzahl personaler Rechtsbeziehungen. Die Definition, die Niehues abschließend selbst für das öffentliche Sachenrecht als „Verwaltungssachenrecht" gibt, verwischt jedoch das typische und bahnbrechende Element seiner Arbeit, wenn er auf die Zuordnung von Sachen an Hoheitsträger innerhalb deren Aufgabenbereiche abstellt 41 . Wie die Ausführungen zum Ordnungsrecht zeigen, bedeutet dies für i h n lediglich, daß fremde Sachen zum Gegenstand öffentlicher Regelungen werden können und deren Benutzbarkeit damit eingeschränkt wird 4 2 . Alle Sachgegenstände, die sich i n einem ordnungswidrigen Zustand befinden, wären dann öffentliche Sachen einschließlich aller Baugrundstücke. Das entscheidende K r i t e r i u m ist aber nach der hier vertretenen Position nicht eine irgendwie geartete öffentlich-rechtliche Zweckbindung, wie sie oben 1.2 beschrieben wurde oder eine vage Zuordnung zum Bereich des Öffentlichen Rechts, sondern allein die Notwendigkeit dinglicher Regelungen, die öffentlich-rechtliche Sachherr schaff* 3. Das bedeutet nichts anderes, als daß es besondere Probleme i m Öffentlichen Recht gibt (wie unten II. 2.1 sowie II. 3.1 noch zu zeigen sein wird), die am ehesten dadurch lösbar und i n ein sinnvolles System gebracht werden können, wenn von dem zuerst i m Zivilrecht entwickelten Charakteristikum Dinglichkeit ausgegangen wird: als rechtstechnischer Verkürzung einer Vielzahl personaler Rechtsbeziehungen mittels (rechtlicher) unmittelbarer Sachzuordnung. Damit verbunden w i r d die Festlegung der A u f gaben und Befugnisse der jeweiligen Sachzuordnungssubjekte, der Sachherren 44 , als Kompetenzregelungen. Damit gibt Niehues aber i m Grunde zwei Merkmale öffentlichen Sachenrechts an. Zum einen die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft aufgrund dinglicher Rechte, mit 38

Niehues, DVB1. 1982, S. 319; ders., Diss., S. 26 f. So der T i t e l des Festschriftbeitrages für H. J. W o l f f v o n Niehues; aufgegriffen bei W o l f f / Bachof, § 32 V a 2, 39, 40 I I I c 2. 40 Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 254 f. 41 Ders., Diss., S. 103; Übernahme unter dem Begriff „Verwaltungsrechtliches Sachenrecht" durch W o l f f / Bachof, § 32 V a 2. 42 Niehues, Diss., S. 80 ff., 105 ff. 43 So ausdrücklich W o l f f / Bachof, § 32 V a 2. 44 Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 248 ff.; zuletzt DVB1. 1982, S. 319. 39

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Hilfe derer er das neuartige Institut des dinglichen Verwaltungsaktes konstruieren konnte, und die Sachzuordnung zum Öffentlichen Recht als allgemeine Unterworfenheit unter die Ordnung der öffentlich-rechtlichen Rechtsregeln, was gleichermaßen auch für Baugrundstücke, Kraftfahrzeuge und alle ordnungspflichtigen Dinge gelten soll. I m Rahmen dieser dogmatischen Sicht bewegt sich auch die Auffassung, der Benutzer habe bei öffentlichen Sachen ein dingliches subjektives Recht auf Benutzung, wogegen bei Anstalten lediglich eine gewisse obligatorische Rechtsposition auf Zulassung bestehe 45 . Diese Meinung hätte, nähmen sie die Autoren alle so ernst wie Salzwedel, weitreichende Konsequenzen für die Anstaltsnutzung und die Sachen i n Ver^waltungsgebrauch (s. dazu v. a. unten 3.3). Sie ist i n sich widersprüchlich. Denn wenn eine öffentliche Sache nur dann vorläge, wenn an ihr dingliche Benutzungsrechte bestehen würden, könnte das Anstaltsrecht nicht Teil des öffentlichen Sachenrechts sein, und was Sachen i n A n staltsgebrauch sind, w i r d fraglich 46 , da deren Benutzung nur nach Zulassung möglich ist. Da diese These jedoch nur ein dogmatisches Argument i m öffentlichen Sachenrecht ist und keine Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Rechtsgebietes, sollen die angebrachten Bedenken hier nicht vertieft werden. Der Einwand, das öffentliche Sachenrecht sei eine Materie des Öffentlichen Rechts und könne damit „weder Gegenstück noch Ergänzung" des zivilen Sachenrechts sein 47 , geht an der Sache vorbei und ist nur aus dem ängstlichen Bemühen einer sich entwickelnden Verwaltungsrechtswissenschaft u m ihre Selbständigkeit zu erklären. Denn eine „Ergänzung" der §§ 854 ff. BGB w i r d seit langem von niemandem mehr vertreten 4 8 und wäre auch unhaltbar; ein „Gegenstück" zu sein, macht juristisch keinen Sinn und w i r d auch von niemandem behauptet. Worauf Niehues hinaus w i l l ist, Parallelen i n Struktur und Problemlagen aufzuzeigen und aus den gemeinsamen Strukturen die Begründung und den Aufbau des öffentlichen Sachenrechts zu entwickeln, indem er vorhandene rechtliche Erklärungsversuche auf ihre Brauchbarkeit für die Problemlage i m öffentlichen Sachenrecht abklopft. Diese Bemühungen sind, abgesehen vom Siegeszug des dinglichen Verwaltungsakts, nicht rezipiert worden, was unten i m Abschnitt über Parallelen und Verschiedenheiten öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Probleme eines Sachenrechts (II. 2) nachgeholt werden soll. 45 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.400; Papier, S. 25 f.; Bachof, § 99 I I I a. 46 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. 47 Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 378. 48 Siehe oben 1.1.

Wolff/

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

1.4 Dualismus privates und öffentliches Recht Die heute meist vertretene These ist die, daß das öffentliche Sachenrecht ein öffentliches Rechtsgebiet ist, das die Privatrechtsordnung nicht, soweit sie gilt, beseitigt, sondern überlagert. Es bewirkt mittels öffentlich-rechtlicher Dienstbarkeit eine öffentlich-rechtliche Modifikation des bürgerlich-rechtlichen Privateigentums 49 . Dieses Argument unterscheidet sich von dem i n 1.3 genannten dadurch, daß die Begründung eines eigenständigen, öffentlich-rechtlichen und gleichzeitig dinglichen Normengefüges wie gezeigt nicht ausschließlich Dienstbarkeiten umfaßt, zudem sogar öffentliches Eigentum unter Ablösung der Privatrechtsordnung zuläßt. Die Hervorhebung öffentlich-rechtlicher sachenrechtlicher Charakteristik als ein Fall von unmittelbarer Person-Sachbeziehung der allgemeinen Rechtslehre ließ die Stufung zwischen grundlegender Privatrechtsordnung und öffentlich-rechtlicher Exemtion zurücktreten und setzte diese auch nicht als Bedingung voraus. Umgekehrt ist aber der hier angesprochene Dualismus logisch nicht ohne einen besonderen öffentlich-rechtlichen dinglichen Charakter denkbar. U m so genauer soll deshalb geprüft werden, ob tatsächlich bei den öffentlichen Sachen der h. M. in irgendeiner Form eine Exemtion der Privatrechtsordnung durch öffentlich-rechtliche Dienstbarkeiten erfolgt. Theoretisch ist dieses K r i terium der öffentlich-rechtlichen Exemtion ausreichend, genauer: hinreichende Bedingung, um das öffentliche Sachenrecht gegenüber allen anderen Rechtsgebieten auszuzeichnen, und es soll deshalb der nachfolgenden Musterung zugrunde gelegt werden. Die herrschende Meiming soll und muß an ihrer Begründung für die Existenz öffentlichen Sachenrechts gemessen werden.

1.5 Rechtsverhältnistheorien Einen völlig eigenen und interessanten Weg beschreitet Maunz 50 . Er konstruiert — genau umgekehrt wie die heute herrschende Meinung — gewidmete öffentliche Sachen als unvollständige, relative Rechte und die einzelnen Nutzungsverhältnisse an öffentlichen Sachen als dingliche Rechte. Zunächst setzt er die Unterscheidung zwischen Rechtsverhältnissen i. e. S. und i. w. S. voraus. Rechtsverhältnisse i. e. S. definiert er 49 A m deutlichsten Papier, S. 9 ff.; Maunz, Hauptprobleme, S. 120 als Wiedergabe der damals h. M.; W o l f f / Bachof, § 57 I a 2; Salzwedel, in: A l l g . V e r waltungsrecht, S.418; ders., Wege- u n d Verkehrsrecht, S. 747; undeutlich i n bezug auf den dinglichen Charakter der Exemtion Weber, V V D S t R L , 21 (1962), S.149,169. 50 Ders., Hauptprobleme, S. 66 ff., 207 ff.

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als Verhältnis zwischen einer Person und der Rechtsordnung 51 : Rechtsverhältnisse i. w. S. als Rechtsverhältnisse zwischen Personen untereinander 52 . Diese Unterscheidung muß bekannt sein, wenn man verstehen w i l l , was es heißt, wenn Maunz die öffentliche Sache als Rechtsverhältnis konstruieren w i l l 5 3 . Er verfolgt diesen Ansatz und die Unterscheidung der beiden A r t e n von Rechtsverhältnissen, weil er richtig erkennt, daß zwischen dem Substrat, dem hier als Sachgegenstand bezeichneten, und den daran bestehenden Rechten getrennt werden muß. Unter Verweis auf Jellinek sieht er auch i m Privatrecht die Unterscheidung zwischen dem Weg als Rechtstatsache und dem Stück Erdoberfläche als seiner körperlichen Grundlage. Die öffentliche Sache selbst ist kein reales Substrat, kein Sachgegenstand. Die öffentliche Sache selbst ist nun das Rechtsverhältnis i m engeren Sinne an einem Substrat: öffentliche Sache ist die „Rechtspflicht eines Trägers öffentlicher Verwaltung gegenüber der Rechtsordnung", der durch einen Selbstverpflichtungsakt des Trägers entsteht; „diesem Rechtsverhältnis w i r d die Bezeichnung öffentliche Sache gegeben.. ," 54 . Die öffentliche Sache sei nichts anderes als die Rechtspflicht zum Halten oder Bereithalten von Sachen oder Einrichtungen. Bei Sachen i n Verwaltungsgebrauch nach heutiger Terminologie erschöpft sich darin ihr besonderes Wesen. Es besteht nach Maunz an diesen lediglich eine generelle Nutzung 55 . Bei diesen Sachen schlägt die Konstruktion jedoch i n ein Paradoxon um; hat sich doch der öffentlich-rechtliche Träger gegenüber „der Rechtsordnung" selbst verpflichtet, die Sache für sich selber zu halten zu Zwecken, die er selbst bestimmt; er selbst verpflichtet sich (ohne daß Ansprüche des Bürgers bestehen), die Sache zu den Zwecken zu benutzen, die er für richtig hält. Bei keinem anderen Autor w i r d deutlicher, wie überflüssig die Konstruktion der öffentlichen Sache i n Verwaltungsgebrauch ist.

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Ebd., S. 67, i n A n l e h n u n g an Kelsen, S. 705 f. Anders W o l f f / Bachof, § 32 V a l ; Rupp, S. 16; Achterberg, A l l g . Verwaltungsrecht, S.294; ders., Rechtsverhältnisordnung, S. 31 f., 36 ff. — Das Rechtsverhältnis „i. w . S." (das V e r hältnis v o n Rechtsperson zur Rechtsordnung i m Sinne Achterbergs) lehnt Achterberg ab, Kelsen lehnt das zwischen Rechtspersonen ab. 52 Als kritischer E i n w a n d wäre hier anzumerken, daß die K o n s t r u k t i o n einer Rechtspflicht gegenüber „der Rechtsordnung" recht platonisch anmutet; die Tatsache, daß „die Untertanen . . . zunächst Pflichtsubjekte" (ebd., S. 67) sind, ist rechtsstaatlich fragwürdig geworden. Deshalb verwundert die Subj e k t i v i e r u n g des Rechtsverhältnisbegriffs bei Achterberg keineswegs (Rechtsverhältnisordnung, S. 31,36). 53 Ebd., S. 66 ff. 54 Ebd., S. 207. 55 Ebd., S. 208 f.

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Die hier zu referierende, von Maunz entwickelte Theorie des öffentlich-rechtlichen Mantelrechtsverhältnisses, die erstaunlicherweise von der Literatur nicht aufgegriffen wurde, ist dagegen, aufbauend auf dem A k t der Selbstverpflichtung, nur bei solchen öffentlichen Sachen relevant, die dem Zivilgebrauch, dem direkten Gebrauch durch die Bürger, zugänglich gemacht werden sollen. Erst auf diesem Mantelrechtsverhältnis aufbauend kommt dann das Nutzungsrechtsverhältnis zustande. Den Charakter dieser Konstruktion bringt Maunz am besten zum Ausdruck mit der Formulierung: „ I m Mantelrechtsverhältnis erklärt die das Rechtsgeschäft vornehmende Person folgendes: Ich verpflichte mich, falls ein Nutzungsrechtsverhältnis zustande kommt, i h m den jetzt schon geprägten Inhalt zu geben 56 ." Dies soll also ein Rechtsgeschäft sein, das ein Rechtssubjekt allein dadurch abschließt, daß es sich auf einen bestimmten Rahmen für zukünftige Nutzungsrechtsverhältnisse festlegt. Diese Selbstverpflichtung ist wieder nicht dinglich, sondern rein relativ! Es gibt auch keinen Anspruch auf Abschluß eines Nutzungsrechtsverhältnisses, sondern lediglich eine Anwartschaft 57 . Der daraufhin abgeschlossene Vertrag über ein einzelnes Nutzungsrechtsverhältnis soll dinglichen Charakter tragen 58 . Der faktische Bestand der Nutzung, die Vornahme der Handlung selbst, hat dann ebenfalls dinglichen Charakter 59 . Diese Konstruktion ist aus mehreren Gründen unbrauchbar für ein öffentliches Sachenrecht. Immanent betrachtet ist die Frage nach dem Sinn der Aufeinanderschichtung verschiedener vom Träger allein „abgeschlossener" Rechtsgeschäfte zu stellen 60 , die dann i n der Abwicklung plötzlich i n ein dingliches Rechtsverhältnis umschlagen sollen. Grundlegender ist aber der Einwand, daß die vorgeführte Konstruktion einer öffentlich-rechtlichen Parallele zur Privatautonomie verfassungsrechtlich unhaltbar ist. Die von i h m vorausgesetzte Beliebigkeit der Selbstverpflichtung — ohne subjektive Ansprüche Dritter auf Nutzungsmöglichkeiten, allein als Reflex der Selbstverpflichtung gegenüber der Rechtsordnung — ist mit einem Staat unter dem Grundgesetz, der der Gesetzmäßigkeit allen staatlichen Handelns, der freien Entfaltung aller Bürger verpflichtet ist und der sich selbst durch intensive Rechtswegegarantie i n seiner Beliebigkeit beschränkt hat, nicht mehr vereinbar. Dies w i r d besonders gut sichtbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Nutzung beispielsweise der Straßen demnach auf dinglichen Verträgen zwischen öffentlichem Träger und Nutzungsinteressent zustande käme, deren Inhalt allein vom öffentlichen Träger festgelegt worden ist. 56 57 58 59 60

Ebd., S. 225. Ebd., S. 201 ff., 226. Ebd., S. 220,226. Ebd., S. 227. Deren eine A r t auch noch die Satzung sein soll! Ebd., S. 223;

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Von diesem Ansatz her ließe sich vielleicht die zeitweilige Neigung zur Straßennutzung als Anstaltsgebrauch erklären. Gerade hier zeigt sich, daß die Konstruktion nicht, nur rein fiktiven Charakter hat, sondern auch die verfassungsrechtliche Perspektive völlig vermissen läßt. Satzung und Widmung als die zwei Formen öffentlich-rechtlicher „ A G B " zu deuten, ist gekünstelt und verfassungsrechtlich bedenklich. Genauer w i r d das Rechtsverhältnis von Rechtspflichtsubjekt zu Rechtsordnung i n neueren Ansätzen von Achterberg untersucht 61 . Schon der erste Ansatz ist exakter, i n dem er die mysteriöse Verpflichtung eines Hoheitsträgers gegenüber „der Rechtsordnung" zu den selbstgewählten Zwecken auflöst durch Isolierung einzelner Organe und Organisationen i m staatlichen Bereich (jeweils wieder mit Binnendifferenzierung), die untereinander selbstverständlich Verpflichtungen eingehen können 62 . Rechtsverhältnisse sind nun die Beziehungen zwischen mindestens zwei Rechtssubjekten. Achterberg beschäftigt sich zwar nicht m i t dem öffentlichen Sachenrecht und nennt auch den Ansatz von Maunz nicht. Er t r i t t jedoch mit dem umfassenden Anspruch auf, die gesamte Rechtsordnung als eine „Rechtsverhältnisordnung" deuten zu können 63 . I n der von ihm angebotenen Einteilung der Rechtsverhältnisse müssen die Begründung von öffentlichen Sachen (also Widmung, Umwidmung, Entwidmung) sowie einige dadurch entstandene Lasten (wie die Streupflicht) wohl als asymmetrische Rechtsverhältnisse gedeutet werden 64 . Schon hier h i l f t seine Theorie aber nicht weiter, da dieser Begriff inkonsistent ist. Denn wenn das eine Rechtssubjekt als Pflichtsubjekt einen Gegenpart hat, „demgegenüber die Pflicht besteht", fragt sich, was das überhaupt heißen soll, wo doch umgekehrt dem anderen Subjekt kein Recht auf die Erfüllung der Pflicht zustehen soll. Entweder es handelt sich beim Inhalt dieses Verhältnisses zwischen den beiden Rechtssubjekten u m eine Rechtspflicht, dann muß die Möglichkeit zur Durchsetzung der Erfüllung der Rechtspflicht bestehen (d. h. ein Anspruch korrelieren), oder es handelt sich allein u m ein regelmäßig eingehaltenes Verhalten oder eine moralische Pflicht, die das Pflichtsubjekt einhalten sollte, dann handelt es sich nicht u m ein Rechtsverhältnis. Daß Achterbergs Explikation der Rechtspflicht ohne Anspruch inkonsistent ist, zeigt auch sein einziges (!) Beispiel: die Aufrechterhaltung der öffentlichen Straße, womit er wohl die Unterhaltungspflicht meint. Bei Verletzung 61

Ders., Rechtsordnung als Rechtsverhältnisordnung, durchgängig. Ebd., S. 31 f., 36 ff. 63 Ebd., S. 17 ff.; 54 ff. u n d durchgängig. Anders Rupp, S. 15. 64 Ebd., S. 39 u n d 62; S.39 das folgende Beispiel. A l s Beispiele werden öffentliche Sachen i n seinem Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 301, 315, aufgeführt, wo sie als dauernde Rechtsverhältnisse, teils m i t subjektiven Rechten, teils m i t Rechtsreflexen eingeordnet werden. 62

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

der Unterhaltspflicht hat jedoch die Straßenaufsichtsbehörde die Möglichkeit der Kontrolle, der Anmahnung und der Durchsetzung der Pflicht (§§ 50 bwStrG, 20 FStrG). Dieses Aufsichtsverhältnis als Rechtsverhältnis zu deuten — als polytomes Inter-Organ plus Staat-Bürger-Verhältnis — ist gerade nach der Theorie Achterbergs möglich. Viele Behörden sind nach ihm, kreiert nach Rechtsnormen, auch Rechtssubjekte 65 , so daß sein Beispiel von der Unterhaltungspflicht der Straßen eher zur Polysymmetrie gehört. Sie ist ein Rechtsverhältnis gegenüber Bürger und Staat als Rechtspflicht der Straßenbehörde, als Rechtsanspruch der Straßenaufsichtsbehörde gegenüber der Straßenbehörde. Für die vorliegende praktische Fragestellung anhand einzelner Probleme des öffentlichen Sachenrechts w i r d die Brauchbarkeit der Achterbergschen Rechtsverhältnistheorie als „analytische Jurisprudenz" 6 6 dadurch i n Frage gestellt, daß sich die rechtstheoretischen und staatswissenschaftlichen Äußerungen nur schwer auf die praktischen Probleme beziehen lassen. A u f die sachlichen Gründe der Unterscheidung relativer und absoluter, schuldrechtlicher und dinglicher Rechte — die spezifischen Sachprobleme — geht Achterberg an keiner Stelle ein. Die Postulierung polytomer Rechtsverhältnisse ist abstrakt und h i l f t hier nicht weiter. Die von i h m getroffenen Unterscheidungen werden jedoch noch von Nutzen sein, wenn es darum geht, das Geflecht von Rechten und Pflichten inner- und außerstaatlicher Subjekte aufzudröseln.

1.6 Res sacrae Die Behandlung der res sacrae i m öffentlichen Sachenrecht mutet arg stiefmütterlich an, die Begründungen für ihre Einbeziehung sind eher dürftig. Was auffällt ist, daß die Gegenstände der Religionsausübung und der religiösen Verehrung i n den heutigen Lehrbüchern und Monographien, soweit sie sich nicht ausschließlich mit Kirchenrecht beschäftigen, kaum einen Satz wert zu sein scheinen 67 . Ob dies an der Bescheidenheit der Autoren hinsichtlich ihres Wissens i n abgelegenen Rechtsgebieten oder an der Irrelevanz der dogmatischen Aussagen des öffentlichen Sachenrechts für die res sacrae liegt, soll bei der Musterung der einzelnen Rechtsgebiete (3.4) untersucht werden. 65

Ebd., S. 36 ff., 99 f. Ebd., S. 68 ff. 67 A m umfangreichsten noch Papier m i t über einer von 153 Seiten: S. 33 ff.; Wolff / Bachof, § 55 I I a; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.401, 407; Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 148 f., 176, A n m . 62; Forsthoff, A l l g . V e r w a l tungsrecht, S.387. 66

1. Begründung für das öffentliche Sachenrecht

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Auch hier gilt jedoch der Begründungszwang für das Aufstellen des dogmatischen Satzes, res sacrae seien öffentliche Sachen. Die einzige Begründung i n Verwaltungsrechtslehrbüchern lautet, dies sei deshalb so, weil Kirchen Körperschaften des öffentlichen Rechts seien 68 . Dies ist lediglich eine Spezialisierung der oben referierten These, alle dem Gemeinwohl dienenden Sachen seien öffentliche Sachen, weil ein Hoheitsträger die Sachherrschaft ausübe (oben 1.2). Inwieweit eine solche scheinbar rechtssoziologische Ausgrenzung bestimmter Sachgegenstände zu bestimmten Zwecken es rechtfertigt, ein eigenes Rechtsgebiet anzunehmen, wurde oben schon bezweifelt. Hinzu kommt, daß es sich bei den Kirchen keineswegs u m Träger staatlicher Hoheitsgewalt handelt, sondern u m öffentlich-rechtliche Körperschaften sui generis 69 — um Körperschaften des Verfassungsrechts gem. A r t . 140 GG/137 V WRV. Der Einwand, Kirchen „leben nicht nach öffentlichem Recht, sondern nach Kirchenrecht" 70 , w i r d völlig unterschlagen; es w i r d i n der verwaltungsrechtlichen Literatur übersehen, daß der Staat infolge der K i r chenautonomie nach A r t . 140 G G / A r t . 137 I I I WRV nicht befugt ist, Widmung und Entwidmung sowie die Bestimmung des Rechtsstatus der res sacrae i n irgendeiner Form, sei es Verwaltungsakt oder Satzung, zu normieren. Danach können res sacrae so wenig öffentliche Sachen unter der Geltung des staatlichen (!) Verwaltungsrechts sein, wie die Kirchen Körperschaften des Verwaltungsrechts sein können 71 . Ebensowenig können Kirchen aus eigenem Recht Verwaltungsakte erlassen, fremdes Eigentum „widmen" oder Verwaltungsträger verpflichten. A u f die bestehenden oder nicht bestehenden Parallelen zum öffentlichen Sachenrecht w i r d noch einzugehen sein. Da die Kirchen ihre Angelegenheiten selbst regeln, regeln sie auch selbst, wie „res sacrae" entstehen (durch Widmung, Benediktion usw.), wie sie enden, wer sie wozu benutzen darf. Die staatlichen Normen des öffentlichen Sachenrechts sind hier zunächst irrelevant. Wenn sich allerdings die staatlichen Kirchen an sie anlehnen, dann ist dies eine Erscheinung, die wegen der Übernahme der dogmatischen Strukturen auch eine Einbeziehung i n dieses Sachgebiet „öffentliches Sachenrecht" rechtfertigen würde. Dies soll unten näher geklärt werden. 68

Papier, S. 33; W o l f f / Bachof, § 55 I I a; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 387. 69 Besonders deutlich: v. Campenhausen, S. 95 ff.; Friesenhahn, HdbStKirchR, S. 548 ff., 560 f.; BVerfGE 18, 385 (387); M a u n z / D ü r i g , A r t . 140 G G / A r t . 137 W R V Rdnr. 25. 70 v. Campenhausen, S. 95. 71 Eindeutig gegen Inkorporation i n die staatliche Verwaltung, z. B. B V e r w GE 42, 321 f. u n d die oben zit. Entscheidung des BVerfG. Ebenfalls gegen eine „unkritische Einordnung ins Verwaltungsrecht" schon Forsthoff, AöR 70 (1940), S. 223.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

I n der kirchenrechtlichen Literatur taucht aber eine völlig anders geartete Begründung auf. Dort w i r d nämlich gesagt, öffentliche Sachen seien res sacrae (und kirchliches Verwaltungsvermögen), weil der Staat das Widmungsrecht an denselben den Kirchen, i n A r t . 140 GG/137, 138 I I WRV, garantiert habe 72 . I n dem Aufsatz von Weber w i r d überzeugend nachgewiesen, wie die Figur der res sacra i n Verbindung mit den Weimarer Kirchenartikeln benutzt wurde, u m staatliche Eingriffe i n die Kirchenautonomie mittels Planung und Enteignung abzuwehren. So unterstützenswert das Anliegen Webers ist, so fragt es sich, was das mit der Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts zu t u n hat. Von diesem „kirchenrechtspolitischen" Argument abgesehen, ist keine dogmatische Aussage i m öffentlichen Sachenrecht bekannt, die ein solches Abwehrrecht ermöglichte. Der Schutz der Kirche vor dem Staat ist nach A r t . 140 G G / A r t . 137 I I I , 138 I I WRV und A r t . 4 I GG voll gewährleistet und w i r d vom Bundesverfassungsgericht extensiv interpretiert 7 3 . Das Heranziehen der dogmatischen Figur der öffentlichen Sache kann diesen um nichts erweitern und schafft nur die Gefahr, verwaltungsrechtliche Sätze unbedacht aufs Kirchenrecht zu übertragen 74 . Zu dieser zweiten Begründung braucht hier nur soviel gesagt zu werden, daß das öffentliche Sachenrecht keinen Anspruch auf Beibehaltung einer bestimmten Nutzung enthält und kein Verbot der Enteignung (eher i m Gegenteil). Die Heranziehung der Figur der öffentlichen Sache kann dann nicht mutatis mutandis ein Abwehrrecht gegen Entwidmung oder ein Abwehrrecht gegen Enteignung ergeben: Beides ergibt sich allein aus A r t . 140 G G / A r t . 137 I I I , 138 I I WRV und A r t . 4 I GG! Inwieweit andere Probleme oder i n der Literatur angeführte Beispiele dennoch die Eingliederung ins öffentliche Sachenrecht nahelegen, soll unter 3.4 untersucht werden. 1.7 Zusammenfassung Die Versuche einer Begründung (Festlegung der Grundstrukturen und Rechtfertigung) für die Bereichsdogmatik „öffentliches Sachenrecht" zeigten sich von unterschiedlicher Ergiebigkeit. Die unterschiedlichen Beschreibungsversuche, die unter dem Stichwort „Sachen i n öffentlichem Gebrauch" zusammengefaßt wurden, waren viel zu abstrakt und ungenau, enthielten jedoch zwei Kriterien, die festgehalten werden müssen: das der öffentlichen Zweckbindung — öffentliche Sache als Re72

Muus, ZevKirchR, 1964/65, S. 135 f.; Weber, ZevKirchR 1964/65, S. 119 ff. BVerfGE 18,385; 24,236 ff. 74 Eine solche Übernahme m i t einem Schluß v o n der materiell-rechtlichen Einordnung auf den Rechtsweg erfolgt bei BVerwG, JZ 1984, S. 228 ff. u n d Goerlich, JZ 1984, S. 221 ff. 73

1. Begründung für das öffentliche Sachenrecht

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gelungsgegenstand öffentlich-rechtlicher Regelungen — und das des Widmungserfordernisses. Die „Sachen des öffentlichen und sachenrechtlichen Rechts", die die Position von Niehues und teilweise von W o l f f / Bachof wiedergeben, verschärften das K r i t e r i u m der öffentlichen Zweckbindung zur Figur der Sachzuordnung zu einem Träger öffentlicher Verwaltung durch eine öffentlich-rechtliche Norm, verwischte jedoch die Frage nach öffentlicher Sachherrschaft an der öffentlichen Sache. Die heute allgemein vertretene Theorie des „Dualismus des Rechtsstatus öffentlicher Sachen" brachte darauf aufbauend den wichtigen Gesichtspunkt ein, daß die Privatrechtsordnung nicht völlig suspendiert, sondern durch öffentlich-rechtliche Normen — soweit solche vorhanden — überlagert wird. Die Begründung für res sacrae als öffentliche Sachen wurde als Spezialfall einer Sache „ i n öffentlichem Gebrauch" eingeordnet und als nicht schlüssig nachgewiesen. Die untersuchten Rechtsverhältnistheorien offenbarten sich als teils m i t der geltenden Rechtsordnung unvereinbar, teils als nicht fruchtbar für die praktischen Fragen einer Bereichsdogmatik.

2. Typologie der Sachgegenetände 2.1 Abgrenzung öffentliche Sache/Sachgegenstand Vor einer kritischen Durchsicht und Überarbeitung der Grundstrukturen des öffentlichen Sachenrechts muß als grundlegender Begriff der Sachbegriff geklärt werden. Dabei darf insbesondere nicht die objektiv vorhandene, gegenständliche Sache (das Schulhaus, die Straße, der See) — i m folgenden Sachgegenstand genannt — mit der rechtlichen Regelung, mit dem, was die Eigenschaft als öffentliche Sache ausmacht, verwechselt werden. Schon Jellinek betont dies, wenn er feststellt: „Der juristische Begriff der Sache entsteht erst durch das In-Beziehung-Setzen der Außenwelt zu menschlichen Zwecken; daher kann auch ein und dasselbe Objekt, unter Berücksichtigung verschiedener Zwecke betrachtet, verschiedene Sachen darstellen 1 ." Maunz weist darauf hin, daß der Weg nicht identisch ist mit jenem Stück Erdoberfläche, das i h m als Grundlage dient: „Der öffentliche Weg als öffentliche Sache i m Rechtssinne ist weder ein Stück Erdoberfläche . . . noch gewalzter Teer noch nebeneinandergelegte Pflastersteine 2 ." Trotz gelegentlich anders k l i n gender Formulierung wie: Öffentliche Sachen seien diejenigen Objekte des Staates, welche öffentlichen Zwecken dienen 3 , es gebe öffentliche Sachen kraft natürlicher Beschaffenheit 4 , muß dies auch die Lehre voraussetzen. Denn sie formuliert, daß eine öffentliche Sache mit der Widmung entstehe und mit der Entwidmung untergehe 5 . Das heißt nichts anderes, als daß die „öffentliche Sache", die durch Widmung entsteht und durch Widmung untergeht, nicht ein körperlicher Gegenstand, ein Objekt der Außenwelt sein kann, sondern nur die durch die Rechtsakte geschaffenen Rechtsverhältnisse; die rechtlichen Eigenschaften eines Sachgegenstandes sind die „öffentlichen Sachen". Insofern war der A n satz der Theorie eines Mantelrechtsverhältnisses von Maunz durchaus 1

Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 23. Maunz, Hauptprobleme, S. 72. 3 Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 376. 4 Ebd., S. 377,379. 5 W o l f f / Bachof, § 56 I, V, die E n t w i d m u n g als „Wegfall der öffentlich-rechtlichen Eigenschaften" definieren; Maunz, Hauptprobleme, S.231; Papier, Öffentliches Sachenrecht, S. 37; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 383 ff.; u n genau Stern, V V D S t R L 21 (1962), S. 198 ff. 2

2. Typologie der Sachgegenstände

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korrekt, als er als öffentliche Sache nicht die Sache selbst, sondern die entstandenen Rechtsverhältnisse ansah6. Darin liegt ein weiteres Argument gegen Sachen kraft ihrer natürlichen Beschaffenheit 7 . A l l e i n die Tatsache der Zugänglichkeit von Bergen, Gletschern oder Meeresstränden für viele gleichzeitig begründet noch keine rechtliche Eigenschaft einer Sache. Öffentliche Sache ist ein Rechtsbegriff: öffentliche Sachen sind eben spezifische öffentlich-rechtliche Eigenschaften einer Sache und nicht die Normativierung irgendwelcher vorgeblicher Faktizitäten. Dies stellt an anderer Stelle Forsthoff sogar selbst fest, wenn er schreibt „ . . . ihnen ist durch Gesetz . . . oder Gewohnheitsrecht dieser Charakter zuerkannt" (Unterstreichung d. Verf.) 8 . Kraft natürlicher Beschaffenheit hat das Meer einen bestimmten Tidenhub, Salzgehalt, ist es ein Wattenmeer oder offene See, aber nicht i m Gemeingebrauch irgendwelcher Menschen stehend 9 . Öffentliche Sache soll i n Zukunft also die Menge aller durch besondere (noch näher zu qualifizierende) Akte des öffentlichen Sachenrechts entstandenen Eigenschaften eines Sachgegenstandes sein. Da nicht sicher ist, ob die h. M. alle möglichen Fallkonstellationen vollständig erfaßt und richtig einordnet, soll zunächst eine Typologie erstellt werden, die die unterschiedlichen Problemstellungen und Rechtsebenen trennt und systematisiert. Hierbei soll von einer Dreiteilung ausgegangen werden, die allgemein anerkannt ist, daß öffentliche Sachen i n Form von einzelnen Sachgegenständen, Sachgesamtheiten oder Sachteilen existieren können. Weiter muß die Aufteilung der Rechte an einer Sache auf verschiedene Rechtssubjekte untersucht werden.

2.2 Mögliche Rechtsverhältnisse und Nutzungen an Sachgegenständen — Tabelle möglicher Kombinationen Um die ganze Vielfalt der Rechtsbeziehungen und unterschiedlichen praktischen Anforderungen an die rechtliche Gestaltung der öffentlichen Sachen beschreiben zu können, sind regelmäßig mindestens drei Rechtsträger an derselben Sache erforderlich 10 , wobei niemand zwischen 6

Z u dieser Theorie u n d der dagegen vorgebrachten K r i t i k s. o. 1.5. Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 377, 379. 8 Ebd., S. 383. 9 Die Piraten hatten sicher andere Vorstellungen von „natürlichem" Gemeingebrauch w i e etwa die sh. Landesregierung sie heute hat; wobei allerdings übelmeinende Zeitgenossen das Erheben v o n K u r t a x e n durch die Gemeinden als i n der Piratentradition stehend sehen. 10 Nach Papier, S. 54, der anders gliedert, müßten es bei Annahme des Gemeingebrauchs als subjektivem Recht, S. 105 ff., sogar vier sein; ebenso bei Wolff / Bachof, § 57 I a 3 u n d § 58 I I b. 7

3*

I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

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den verschiedenen Rechtspositionen (Eigentümer, Sachherr usw.) und dem Rechtssubjekt, das diese einnehmen kann, unterscheidet. Diese Unterscheidung soll hier einmal durchgespielt werden. Danach müssen folgende Rechtspositionen unterschieden werden 11 : — das BGB-Eigentum, nach dem die Sache selbst oder einzelne Rechte daran veräußert oder belastet werden kann, — die Sachherrschaft als die Position, von der aus die Sache faktisch oder rechtlich überwiegend beherrscht wird, andere von der Nutzung ausgeschlossen oder Rechte auf Benutzung neu begründet werden, — das Nutzungsinteresse als Position von jemandem, der weder BGBEigentum noch öffentlich-rechtliche Sachherrschaft hat, dem die Sache nicht gehört, für deren Herstellung und Unterhaltung er nicht sorgen muß, d. h., daß er i n einzelnen Beziehungen die Sache benutzen darf, meist ohne daß er Besitz an der Sache erlangt (wer auf einer Straße fährt, übt damit noch lange nicht die Sachherrschaft aus). Der Kreis der Nutzungsinteressenten kann durch sachliche Merkmale eingeschränkt sein (Fahrer eines Pkw, Inhaber eines Ausweises usw.), ist jedoch prinzipiell nicht zahlenmäßig oder auf ausgewählte Individuen beschränkbar (wegen A r t . 3 1 GG, der i m Privatrecht aber nicht gilt). Dabei w i r d der ungewöhnliche Ausdruck „BGB-Eigentum" verwendet, u m die hier zu untersuchenden Rechte an körperlichen Gegenständen i. S. d. § 90 BGB und dem Sacheigentum i m Sinne der §§ 903 ff. zu kennzeichnen und sie vom wirtschaftlichen „Eigentum" an Patent- und Urheberrechten oder Unternehmen u. ä. sowie dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff abzugrenzen (dazu u. II. 3.1). Typisch für das Verhältnis zwischen Sachherr und Benutzer ist, daß der Sachherr bestimmt, welche Nutzungen durch welchen Benutzerkreis zulässig sind. Ob und wie eine Nutzung stattfindet, entzieht sich der Rechtsmacht des Benutzers. Er ist insofern dem Sachherrn untergeordnet, als seine Nutzungsmöglichkeiten von den Entscheidungen des Sachherrn abhängen. Dabei soll einstweilen zwischen Gemeingebrauch, Anstaltsnutzung und den anderen Arten der Nutzung nicht unterschieden werden. Diese drei Rechtspositionen können von jeweils verschiedenen Rechtssubjekten eingenommen werden: Von einer Privatperson oder vom Staat, wobei verschiedene Privatpersonen i n den drei Rechtspositionen auftauchen können. Symbolisieren kann man dies durch die Buchstaben: Ρ = Privateigentümer, S = für den Staat i n jedweder Rechtsposition, Ν = Nutzungsinteressent als eine Privatperson, die nicht Eigentümer 11

W o l f f / B a c h o f , § 5 7 1 a 3.

2. Typologie der Sachgegenstände

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ist, aber Nutzungsinteressen oder Rechte an der Sache hat. Durch das Einsetzen von bestimmten Rechtssubjekten i n die Rechtspositionen entstehen damit verschiedene Kombinationen der Reihung Eigentümer — Sachherr — Nutzungsinteressent. Für diese gilt: (1) Das BGB-Eigentum kann entweder bei einer Privatperson (oder mehreren) liegen oder sich i n öffentlicher Hand befinden. (2) Die Sachherrschaft liegt beim BGB-Eigentümer 12 , beim Staat oder bei einem privaten Dritten. (3) Nutzungen zu ziehen, kann der Privateigentümer, der Staat (als BGB-Eigentümer), ein privater Dritter oder der Staat (als Nichteigentümer) berechtigt sein — also jedes der drei genannten Rechtssubjekte. (4) Dabei ist für die vorliegende Untersuchung jede Kombination ohne mindestens ein S uninteressant, da sie nicht Teil des öffentlichen Sachenrechts sein kann 1 3 . Setzt man die Symbole P, S, Ν i n die Reihe Eigentümer — Sachherr — Benutzer ein und scheidet die nach obigen Bedingungen unmöglichen Kombinationen aus, so bleiben folgende Kombinationen zwischen Rechtssubjekten und Rechtspositionen möglich: A n Einer-Kombinationen 14 gibt es ausschließlich S-S-S. A n ZweierKombinationen gibt es noch P-P-S; P-S-P; P-S-S; S-S-N; S-N-S; S-N-N. A n Dreier-Kombinationen verbleiben noch: P-N-S; P-S-N. Diese sollen nun untersucht werden. S-S-S: Das heißt nichts anderes, als daß der Staat nicht nur Eigentümer und Sachherr ist, sondern auch, daß Private diese Sache nicht nutzen dürfen. Eine solche Kombination ist logisch und rechtlich möglich. Es gibt sie i n 12 A n dieser Stelle k a n n auch die Problematik, daß oft mehrere staatliche Stellen verschiedene Aufgaben u n d Rechte haben, vereinfacht werden. Denn i m Verhältnis zum Eigentümer u n d Nutzungsinteressenten k o m m t es nicht auf die Frage an, ob faktische u n d rechtliche Unterhaltungslast, Aufsichtspflichten über staatliche Stellen usw. besonderen Organen zugeordnet werden oder nicht — aus deren B l i c k w i n k e l ist dies bei öffentlichen Sachen eben die Staatsorganisation u n d k e i n Privater. Aus dem B l i c k w i n k e l v o n Eigentümer u n d Nutzungsinteressent erübrigt sich die Binnendifferenzierung zwischen Sachherr, Unterhaltungspflichtigem usw., die Papier u n d W o l f f / Bachof v o r nehmen. 13 Aus deflatorischen Gründen scheiden zudem aus: alle Kombinationen m i t Ν i n der Position des Β GB-Eigentums (Ν- . . - . . ) , alle Kombinationen m i t P, w e n n S Β GB-Eigentümer ist (S-P- ..; S- . . -P). 14 Einer-Kombinationen sind Kombinationen, bei denen die Rechtspositionen alle von einem Rechtssubjekt ausgefüllt werden; Zweier-Kombinationen solche, bei denen die möglichen Rechtspositionen von zwei verschiedenen Rechtssubjekten ausgefüllt werden können usw.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

Form stäatseigener Sachen i m Verwaltungsvermögen; ob eine solche Kombination allerdings sinnvoll ist, d.h. ein sachlicher Grund für die Aufspaltung der Rechtspositionen und Einführung ins öffentliche Sachenrecht gegeben ist, soll unten 3.3 untersucht werden. P-P-S: Hier liegt i n Wahrheit ein zweiseitiges Rechtsverhältnis vor, ein privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen einem Privateigentümer und dem Nutzungsinteressent Staat. Typische Fälle sind Anmietung von Gebäuden und Geräten i m Rahmen normaler Verträge. Der Hoheitsträger hat hier keine Sachherrschaft i n dem umfassenden oben beschriebenen Sinn als Recht, Rechte anderer neu begründen oder entfallen lassen zu können, wohl aber eine als unmittelbarer Besitzer i. S. d. BGB. öffentlich-rechtliche dingliche Rechte, die ein Hoheitsträger eigenständig begründet, sind hier nicht möglich, da sie den Staat zum Sachherrn aufwerten würden. Diese Kombination scheidet aus dem öffentlichen Sachenrecht aus. Sie ist der Normalfall schuldrechtlicher Verträge. P-S-P: Diese Kombination ist teils sachlich unmöglich, teils logisch identisch m i t P-S-N. Sie kann bedeuten, daß S der Sachherr ist, der laut Definition Rechte anderer neu begründen und wieder entziehen kann, also den Benutzerkreis selbst festlegen kann. Würde man diese Kombination so interpretieren, daß allein der Eigentümer als Benutzer i n Frage kommt, so würde dies die Sachherrschaft vernichten. Die zweckgebundene öffentlich-rechtliche Sachherrschaft kann nicht von vornherein auf einen Benutzer festgelegt werden. Daß manche Nutzungen nur dem Eigentümer zustehen — Anliegergebrauch — spricht nicht dagegen, da neben diesen jederzeit auch Benutzungen eingeräumt werden können. W i r d diese Kombination so interpretiert, daß auch Ρ als Nutzungsinteressent i n Frage kommt, so ist sie identisch m i t P-S-N. P-S-P entfällt somit als selbständige Kombination aus logischen Gründen. P-S-S: Dem Staat ist eine umfassende Herrschaftsmacht i n bezug auf einzelne Rechte und Nutzungen eingeräumt, die so weit gehen kann, daß Ρ nur noch die (u. U. wirtschaftlich wertlose) Verfügungsbefugnis bleibt. Hier liegt ein typischer Problembereich zwischen Enteignung und Sozialbindung (s. u. II. 3). Mögliche Fälle wären etwa vorübergehende Inbesitznahme nach dem BLG, wasserrechtliche Sachherrschaft an Talsperren, Brunnen, Regenrückhaltebecken; möglicherweise auch das Flurbereinigungsverfahren.

2. Typologie der Sachgegenstände

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S-S-N: Der Staat ist Eigentümer und Sachherr und w i l l seine Sache der Öffentlichkeit zugänglich machen. Hier können Sachprobleme auftreten, die m i t den Konstruktionen anderer Gebiete nicht lösbar sind. Beispiele seien gemeindliche Einrichtungen, Anstaltsnutzungen, staatseigene Straßen oder Wasserwege: einer der Problemschwerpunkte des öffentlichen Sachenrechts. S-N-S: Daß ein Privater Sachherr i m oben genannten Sinne an staatseigenen Sachen sein kann und der Staat als Eigentümer dennoch nur Nutzungsinteressent sein soll, ist zumindest rechtlich wegen der Zweckbindung am öffentlichen Wohl unzulässig. S-N-N: Sollte dies sinnvoll sein, müßte mindestens ein Fall denkbar sein, i n dem der Staat von seinem Eigentum eine umfassende Sachherrschaft einem Privaten weitergibt, so daß dieser die Sache selbst nutzen kann oder aber Rechte anderer einräumen darf: Es darf Ν also nicht nur ein begrenztes Nutzungsrecht eingeräumt sein, sonst liegt S-S-N vor. Ein solcher Fall könnte die wasserrechtliche Bewilligung bezüglich öffentlicher Gewässer sein, bei der Ν erreicht hat, daß keinerlei andere Nutzungen ohne seine Zustimmung zulässig sind. P-N-S: S t r i t t hier Privaten gegenüber als Nutzungsinteressent auf, wobei nicht er, sondern Ν über die Gewährung entscheidet: ein Fall des Privatrechts. P-S-N: S ist Sachherr an einer i m privaten Eigentum stehenden Sache und w i l l diese der Öffentlichkeit zugänglich machen: der Ursprung von Wege- und Wasserrecht, der typische Fall des öffentlichen Sachenrechts. Somit verbleiben als problematische und sachhaltige Kombinationen für das öffentliche Sachenrecht: S-S-S, P-S-S, S-S-N, S-N-N, P-S-N. Die Kombination S-N-N erscheint dabei allein i m Wasserrecht als möglich und soll deshalb i m folgenden nicht näher untersucht werden 15 .

15 I n 3.2 am Ende w i r d kurz auf die wasserrechtliche Problemstellung eingegangen.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

2.3 Einzelne Sachgegenstände — Sachgesamtheiten — Sachteile A n dieser Stelle soll wiederholend und zusammenfassend auf eine Sachproblematik eingegangen werden, deren Lösung einhellig vertreten w i r d und die auch zur Begründung der Eigenständigkeit des öffentlichen Sachenrechts herangezogen wird. Es handelt sich u m das Problem, daß der bürgerlich-rechtliche Sachbegriff für die Aufgabenstellung i m öffentlichen Sachenrecht nicht taugt 16 . Zunächst sind Sachen i m Sinne des Zivilrechts gem. §90 BGB nur „körperliche Gegenstände". Das heißt, Objekt — hier Sachgegenstand genannt — bürgerlich-rechtlicher Rechte kann nur ein körperlicher Gegenstand sein. Autoren, die die fließende Welle, die Luft oder die Elektrizität als öffentliche Sache angesehen haben wollen 1 7 , meinen, dafür einen abweichenden Sachbegriff konstruieren zu müssen. Für die Atmosphäre über dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik und für Elektrizität ist dies sicher richtig. Allerdings ist bei diesen fraglich, ob sie überhaupt öffentliche Sachen sind; d. h. ob es irgendeinen dogmatischen Wert hat, den Sachgegenständen die Eigenschaft „öffentliche Sache" zu verleihen mit den Rechtsfolgen, die dann aus der Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts für sie gelten 18 . Für die „fließende Welle", d.h. das fließende und damit seine Substanz an einer bestimmten Stelle immer verändernde Wasser, ist die Forderung eines erweiterten Sachbegriffs allerdings richtig 19 . Ein zweites Problem besteht darin, daß die öffentliche Sache nicht immer eine ganze Sache i m Sinne des BGB ist, sondern oft Teile oder Zusammenfassungen davon nennt. Solche Nicht-Identität zwischen bürgerlicher und öffentlicher Sache liegt etwa bei einzelnen Seen oder denkmalschützerischen Dienstbarkeiten vor; sie sind jedoch selten. Dagegen kommen Sachgesamtheiten sehr viel häufiger vor, als man gemeinhin vermutet. Denn eine Straße oder ein Wasserweg dürfte i n den seltensten Fällen auf ein Grundstück beschränkt sein. D. h. öffentliche Sache ist nicht der gewalzte Teer, der sich über viele Grundstücke hinzieht, sondern eine geordnete Menge von öffentlichen Dienstbarkeiten an Grundstücken. Diese erscheinen nach außen als ein Rechtsobjekt, an dem Rechte und Pflichten entstehen können, und die Hoheitsträger haben die Möglichkeit, rechtsbegründende oder -vernichtende Akte nur 16 W o l f f / Bachof, § 55 I I b m i t Fehlverweis auf § 57 I a 1 u n d auf Weber, W D S t R L 21 (1962), S. 73; Weber, W D S t R L 21 (1962), S. 149, 173; Papier, S. 1; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 378. 17 W o l f f / Bachof, § 55 I I b 1; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S.378; Niehues, Diss., S. 41 ff.; Salzwedel, Wasserrecht, S. 788. 18 Dazu unten 3.5. 19 L u f t , fließendes Wasser u n d das Meer sind nach einhelliger Auffassung keine Sachen i m Sinne des § 90 BGB, s. ζ. B. Palandt, v o r § 90 Rdnr. 4 a; B G B RGRK, § 90, Rdnr. 12.

2. Typologie der Sachgegenstände

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einmal vornehmen zu müssen und damit eine Wirkung „für den, den es angeht" 20 zu erzielen, ζ. B. wenn ein falscher Eigentümer i m Grundbuch eingetragen ist, eine Straße über das falsche Grundstück gelegt wird. Dabei liegt also parallel zum Planfeststellungsverfahren allgemein ein Interesse daran vor, m i t einem statuarischen A k t eine (vielleicht nicht bekannte) Vielzahl von Rechtsverhältnissen regeln zu wollen, ohne zu einer Rechtsnorm greifen zu müssen. Die andere Seite der Konstruktion, nach außen gegenüber Nutzungsinteressenten eine einheitliche öffentliche Sache zu schaffen, kommt vor allem bei Anstaltsnutzungen zum Tragen. Solche sind sinnvoll nicht ohne Menge von Dienstbarkeiten oder anderen Rechten an Sachgesamtheiten konstruierbar. Auch der Wunsch nach einer diesbezüglichen Regelungsmöglichkeit verlangt nach einem das bürgerliche Sachenrecht überlagernden Rechtsgebiet 21 . Parallel dazu besteht das Bedürfnis, an einzelnen Sachteilen eines Grundstücks Rechte zu begründen. Wegen § 93 BGB ist dies bei wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks (ζ. B. Kanalisation, Telefonleitung, Uferbefestigung) nicht möglich. Auch dies verursacht die Forderung nach einem besonderen öffentlichen Sachenrecht. Sinnvolle Regelungen zur Benutzung von Sachen sind also oft nur möglich, wenn vom BGB abweichende, dort nicht vorgesehene Regelungen i m öffentlichen Sachenrecht getroffen werden. Von daher rechtfertigt sich eine Bereichsdogmatik des öffentlichen Sachenrechts, ohne daß damit die Antwort auf die Frage nach dem (dinglichen) Charakter solcher Regelungen oder dogmatischen Aussagen schon gegeben wäre.

20 Z u diesem bürgerlichen Rechtsinstitut s. Baur, § 51 V I I 3; Westermann, §42 I V 3; dieses Geschäft w i r d meist n u r v o n der Seite betrachtet, die den Verkäufer u n d den „eigentlichen" Käufer kennt. I m Verwaltungsrecht dazu BVerwG, JZ 1969, S. 69 f.; Kopp, § 39 Rdnr. 60. 21 Das übersieht Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399; wie hier Papier, S. 11.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete 1 Notwendige Bedingungen einer Versicherung und Festlegung der dogmatischen Grundstrukturen des Öffentlichen Sachenrechts ist das Suchen von typischen Sachproblemen und dogmatischen Strukturen, die die einzelnen Rechtsgebiete, die gemeinhin zum Öffentlichen Sachenrecht gezählt werden, charakterisieren, und deren anschließende Zusammenschau. Dies soll i m folgenden 3. Abschnitt geklärt werden. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß weder eine detaillierte Darstellung der einzelnen Sachgebiete (das straßenrechtliche Standardwerk von Kodal umfaßt allein über 1000 Seiten) noch eine K r i t i k und Verbesserung einzelner Streitpunkte in dieser Musterung möglich ist. Sie soll nicht mehr und nicht weniger erreichen, als daß die abgegebenen Begründungen und aufgestellten Theorien mit den dogmatischen Aussagen 2 aus den jeweiligen Sachgebieten verglichen werden. A u f der Stufe der Musterung kann also zweierlei erreicht werden; nämlich zum einen eine K r i t i k an vorhandener Dogmatik, weil sie nicht zu den Begründungen des öffentlichen Sachenrechts paßt, und zum zweiten das Erstellen der textempirischen Grundlage für die Festlegung der dogmatischen Grundstruktur i m zweiten Teil. Diese ermöglicht dann, nach Gebieten Ausschau zu halten, die von ihrer Problemstruktur ebenfalls sachenrechtlich sind (s. dazu II. 4.2). Daß hierbei schon des öfteren auf Verfassungsrecht verwiesen wird, obwohl dies erst dem 2. Teil vorbehalten werden soll, liegt daran, daß viele Autoren zur Absicherung ihrer Ausgangsthesen auf Verfassungsrecht i n mehr oder weniger pauschaler Weise rekurrieren. Ein ins einzelne gehende, inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtfertigung solcher verfassungsrechtlicher Bezüge soll hier noch nicht geleistet werden. Sie ist einem eigenen Abschnitt (II. 3) vorbehalten.

1 A b hier folgt der Aufbau der eigenen dogmatischen Theorie. A b hier soll deshalb das zugrundeliegende Gebiet m i t dem groß geschriebenen Terminus „Öffentliches Sachenrecht" u n d sein Gegenstand als „öffentliche Sache" bezeichnet werden, u m die eigene Position zu kennzeichnen. 2 Z u diesem Begriff s. Kromer, S. 10.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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3.1 StraBenrecht Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG), Freizügigkeit (Art. 11 GG), Berufsfreiheit (Art. 12 I GG), die Möglichkeit der Nutzung von Eigent u m (Art. 14 I GG) sowie Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit (Art. 8 GG) bedürfen der Möglichkeit der Fortbewegung und Kommunikation — dies ist nicht erst seit der Geltung des Grundgesetzes so. Die allgemeine Handlungsfreiheit muß zwangsläufig die Möglichkeit, mit anderen beliebig i n Verbindung treten und sich von einem Ort zum anderen begeben zu können, enthalten. So nimmt es nicht Wunder, daß schon das allgemeine Landrecht jedermann die Benutzung der Heerstraßen zum Reisen und zur Fortschaffung seiner Güter gestattete 3 und die Fortbewegungsmöglichkeiten bzw. deren Verweigerung oder Abhängigmachung von Entgeltlichkeit am frühesten das erfahren haben, was man heute Verrechtlichung nennt. Von daher rührt es, daß drei der grundlegenden Institute des Öffentlichen Sachenrechts aus dem Straßenrecht 4 stammen und hier referiert werden sollen: Der Gemeingebrauch, die Widmung und die Unterhaltslasten. Kristallisationspunkt für den Verrechtlichungsprozeß und frühestes Institut des Wegerechts war der Gemeingebrauch 5. Nach nur in Einzelheiten umstrittener Definition ist Gemeingebrauch die jedermann gewährte öffentliche Berechtigung, eine öffentliche Sache ohne besondere Zulassung gemäß ihrer Zweckbestimmung zu benutzen. Der Gemeingebrauch ist Bestandteil der auf dem Privateigentum als Dienstbarkeit ruhenden öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft 6 . Der Gemeingebrauch w i r d damit als rechtlicher und faktischer Ausfluß des oben theoretisch umschriebenen Dualismus von nach wie vor bestehendem privatrechtlichen Eigentum und einer öffentlich-rechtlich konstituierten Dienstbarkeit betrachtet. Jede dem Gemeingebrauch entsprechende Sachnutzung hat der Eigentümer zu dulden 7 . Durch den gesetzlich eingeräumten Gemeingebrauch w i r d jedermann berechtigt, die Sache nach Maßgabe der Widmung zu benützen. Ein subjektives Recht besteht nach den Regeln des Allgemeinen Verwaltungsrechts jedenfalls dann, wenn jemandem durch Normen des öffentlichen Rechts die Willensmacht verliehen ist, 3

A L R I I 15 § 7. Abgrenzung zum Straßenverkehrsrecht Steiner, JuS 1984, S. 1 ff. 5 Z u m Nachfolgenden i m Detail W o l f f / Bachof, §58; Papier, S. 31 ff.; Kodal, Kapitel 24; Salzwedel, Wege- u n d Verkehrsrecht, S. 760 ff. 6 Diese dogmatische Aussage ist Bestandteil des Richterrechts seit Β GHZ 9, 373 (382 f.). — Zur dogmatischen Qualität v o n Richterrecht Esser, Grundsatz u n d Norm, v. a. S. 132 ff.; Coing, JuS 1975, S. 277 ff.; Kromer, S. 15 ff. 7 Für die Sondernutzung ist dies umstritten. Für Duldungspflicht des Eigentümers Papier, S. 108 f.; W o l f f / Bachof, § 59 I I c; a. A . zu abweichendem L a n desrecht B G H Z 19, 85 (92); 28, 34 (44). 4

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von einem Dritten ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können 8 . Nach den Straßengesetzen des Bundes und der Länder darf jedermann i m Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften die öffentlichen Straßen benutzen 9 . Soweit und solange also Gemeingebrauch besteht, hat der Bürger ein subjektiv-öffentliches Recht auf Ausübung des individuellen Gemeingebrauchs. Manche ordnen den Gemeingebrauch aus verfassungsrechtlichen Gründen sogar i n die Kategorie institutionelle Garantie ein 10 . Es w i r d argumentiert, daß den Freiheitsgarantien nur dann Funktionsfähigkeit zukommen kann, wenn ein öffentliches Straßennetz als Stätte der Fortbewegung und Kommunikation vom Staat zur Verfügung gestellt w i r d und wenn dem einzelnen daran ein Recht auf Benutzung zusteht. Die genannten Freiheitsrechte verpflichten also die Gemeinwesen, ein öffentliches Straßennetz den Bürgern i n angemessenem Umfang zur Verfügung zu stellen. Das zweite Rechtsinstitut des Straßenrechts, das Pate für alle Gebiete des Öffentlichen Sachenrechts stand, ist die Widmung 11. Sie hat eine Doppelfunktion. Sie grenzt i n Verbindung mit den Gesetzen den Gemeingebrauch gegenüber unzulässigem Gemeingebrauch, solchen Nutzungen, die nur auf privatrechtlicher Basis vereinbart werden können und gegenüber Sondernutzungen ab. Der oben beschriebene Gemeingebrauch geht eben nur so weit, als die Sache nach Maßgabe der Widmung benutzt werden darf. Die zweite Funktion der Widmung ist ihre eigentümergerichtete Wirkung, d.h. die Begründung einer öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit inklusive Duldungspflichten des Eigentümers. Notwendige, das heißt unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung einer Öffentlichen Sache ist die Widmung 1 2 . Ob eine Sache i m Rechtssinne eine öffentliche ist, bestimmt sich nur nach der Rechtsordnung und den danach zugelassenen Rechtsakten. Daher gibt es auch rein tatsächlich öffentliche Sachen. Eine charakteristische Eigenschaft der Widmung, die auf der Tatsache beruht, daß an einer Straße vielfältige Interessen, Rechte und Pflichten bestehen, sind die vielfältigen automatisch eintretenden Wirkungen. Notwendiger Bestandteil einer Widmung ist die Einordnung i n eine der abschließend aufgeführten Straßenklassen. Weiter muß der widmende Hoheitsträger die Verkehrsfunktionen der Straßen bestimmen — damit legt er zugleich den Umfang der Duldungspflichten des Eigentümers, die Rechte und Pflichten der Verkehrsteilnehmer, die 8

Dazu i m einzelnen W o l f f / Bachof, § 43. Papier, S. 96 ff. 10 Ebd. 11 Z u m folgenden statt aller Papier, S. 77 f., 103 f., 111 f. 12 Kodal, S. 146 ff.; W o l f f / Bachof, §561; Papier, S. 36 ff.; undeutlich Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.419f.; ders., Wege- u n d Verkehrsrecht, S. 752 ff. 9

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eigenen Unterhaltungspflichten und die Sicherungspflichten der Straßenämter fest. Diese Widmung als der inhaltsbestimmende konstitutive A k t , der die öffentliche Straße erst schafft, darf zwar straßenverkehrsrechtliche Modifikationen erfahren. Einzelne Nutzungsarten, die durch Widmung ausgeschlossen oder zugelassen sind, können allerdings nicht mittels verkehrsrechtlicher Regelungen geändert werden 13 . Es gilt der sogenannte „Vorbehalt des Straßenrechts" 14 . Durch das Straßenrecht und seine Akte ist der Widmungsrahmen vorgegeben. Gleichzeitig damit w i r d der Träger der Straßenbaulast bestimmt (dies ist i n der Regel der Widmende selbst). Durch Gesetz entstehen damit automatisch auch die Anliegerrechte, soweit dies natürlich vom Gesetz vorgesehen ist (in Baden-Württemberg gilt Anliegergebrauch „innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen" als gestattet, § 15 I S. 1 bwStrG). Ein solches Geflecht von Interessen, Rechten und Pflichten, die zum Teil durch Gesetz, zum Teil durch Verwaltungsakt entstehen, wie Zahnräder ineinandergreifen, ist typisch für die komplexen Verhältnisse i m Öffentlichen Sachenrecht, die mit einzelnen autoritativen Anordnungen gegenüber Individuen, aber auch mit einem einzelnen abstrakt-generellen Gesetz nicht mehr zu lösen sind. Somit stellt das Straßenrecht ein Modell der Öffentlichen Sache dar. Ebenfalls charakteristisch sind die materiellen Voraussetzungen der Widmung. Der Widmende benötigt nämlich die rechtliche Verfügungsmacht, das heißt — er muß das Eigentum erwerben (dann liegt die Kombination S-S-N, s. o. 2.2 vor); oder — der Eigentümer muß der Widmung zustimmen; das heißt, er muß eine öffentlich-rechtliche, empfangsbedürftige Willenserklärung abgeben, der ein Verwaltungsakt auf Unterwerfung folgt. Diese Willenserklärung hat Wirkung auch für den Nachfolger 15 . Hierbei handelt es sich u m die Kombination P-S-N. Außerdem ist eine privatrechtliche, vertragliche Besitzüberlassung möglich; — ist alles dies nicht erreichbar, muß eine Enteignung vorausgehen, ohne die die Widmung rechtswidrig ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Verwaltungsakt rechtmäßig zustande gekommen, und ist die Sache i n Dienst gestellt, so ist damit die Straße als Öffentliche Sache entstanden. Sie ist damit Sachgesamtheit Öffentlichen Rechts 16 mit nunmehr ungeteiltem verwaltungsrecht13

B V e r w G E 62, 376 ff., 378 f. Steiner, JuS 1984, S. 4 ff. 15 Kodal, S. 151; Schallenberg, S. 72. — Z u m Ganzen Erichsen / Martens, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 201. 16 Kodal, S. 147. 14

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lichem Schicksal. Die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Zubehör, Sachteile, wesentliche Bestandteile interessieren nicht mehr. Es gelten die allgemeinen dogmatischen Regeln des Straßenrechts. Wichtig ist festzuhalten, daß es keine stillschweigende Widmung mehr gibt 1 7 . Die häufigste Widmungsart ist die durch Verwaltungsakt. Daneben gibt es noch weitere Widmungsarten: — durch Gesetz, — durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung, — durch Planfeststellungsbeschluß, — durch Verkehrsübergabe als fiktive Widmung i n eng begrenzten, gesetzlich umschriebenen Ausnahmefällen (§ 5 V I I bwStrG, § 2 V I a FStrG, — i n eng begrenzten, heute kaum noch vorkommenden Fällen, die unvordenkliche Verjährung, — i n einigen Fällen auch noch die Eintragung ins Straßenverzeichnis 18 . Nicht mehr möglich sind anderweitig begründete Entstehungen der Öffentlichen Sache „Straße" wie z. B. durch tatsächliche Benutzung, durch Duldung 1 9 , durch Gewohnheitsrecht einschließlich Observanz oder durch faktische Unterhaltung einer privaten Straße durch Hoheitsträger. Auch eine „faktische Widmungserweiterung" gibt es nicht, wie der V G H Baden-Württemberg festgestellt hat 2 0 . Dem lag ein Streit u m einen kraft unvordenklicher Verjährung gewidmeten Fußweg zugrunde, der zunehmend durch Fahrradfahrer und i n den letzten Jahren auch durch Kraftfahrzeuge benutzt worden war. Die Gemeinde hatte den Weg unterhalten, ohne daß nach den Feststellungen des Gerichts die Gemeinde damit konkludent eine Widmung beabsichtigt hätte. Eine förmliche Widmung war nicht erfolgt. Ohne einen Widmungsakt lag damit trotz Unterhaltung durch die Wegebehörden und öffentlicher Benutzung keine „faktische Widmungserweiterung" vor, sondern es bestand lediglich ein öffentlicher Fußweg. Bzgl. des Verkehrsrechts wurde vom V G H festgestellt, daß eine solche fehlende Widmung als Fahrweg auch nicht durch verkehrsregelnde Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde vorgenommen werden kann, die Widmung nicht über den Umweg verkehrsregelnder Maßnahmen erweitert werden kann 2 1 . Die dargestellte Figur der Widmung ist zunächst allein Bestandteil der straßenrechtlichen Dogma17

Kodal, S. 154 ff. statt aller. Ebenso seit der 2. A u f l . auch Papier, S. 39 f. Z u den beiden letzten Widmungsarten s. Kodal, S. 160 f. 19 W o l f f / Bachof, § 56 I I e 3. 20 V G H - B a W ü , N J W 1984, S. 819 ff. i m Anschluß an B V e r w G E 62, 376 ff. 21 Ebenso muß natürlich auch v o r der bedenkenlosen Übernahme dogmatischer Figuren aus anderen Teilen ins Straßenrecht gewarnt werden, etwa die Straße als Anstalt. 18

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tik, die nicht auf Theorien oder ästhetischen Erwägungen fußt, sondern auf den jahrzehntelangen Erfahrungen, Erörterungen und Problemen, die die Praxis aufgeworfen hat. Die dienende und systematisierende Funktion einer Dogmatik hat sich daran zu orientieren, und daran muß Sinn und Unsinn der Übernahme dogmatischer Figuren i n andere Sachproblematiken gemessen werden. Schon frühzeitig hat sich auch die Unterhaltungslast als selbständige öffentliche Aufgabe herausgebildet 22 . Das heißt zunächst nicht mehr und nicht weniger, als daß die Aufgabe, die Sache i n einem dem Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu halten, nicht mehr i n der Hand eines Privaten, und sei es des Eigentümers, liegt, sondern eine öffentliche Aufgabe ist. Außerdem kann es keine Unklarheiten über die Unterhaltungslasten und somit Unsicherheiten i n der rechtlichen Beurteilung geben, weil der Träger der Unterhaltungslast sich nach der Zugehörigkeit der Straße zu den gesetzlich festgelegten Straßengruppen bestimmt. Da notwendiger Bestandteil der Widmung die Eingruppierung i n eine Straßenklasse ist und eine öffentliche Straße nur nach Widmung entsteht, ist mit Entstehen der öffentlichen Straße gleichzeitig der Träger der Straßenbaulast bestimmt; damit ist i m Zweifel auch der Träger der Verkehrssicherungspflicht bestimmt, sofern dieser sich nicht über den faktischen Straßenbaulastträger entlasten kann (ζ. B. über A r t . 90 I I GG) 23 . Eine Öffentliche Sache „Straße" entsteht nach dem Gesagten also nur dann, wenn der Eigentümer, der Widmende, der Unterhaltungspflichtige, die Aufsichtsbehörde, die Verkehrsbehörde feststehen. Was i m Straßenrecht mittlerweile nicht mehr bestritten werden kann, da es i n den Gesetzen positiviert ist, ist die dualistische Konstruktion eines modifizierten Privateigentums 23 . Danach unterliegen die Straßen i m allgemeinen der Privatrechtsordnung und sind Objekte des privatrechtlichen Eigentums. Gleichzeitig unterliegen öffentliche Straßen aber auch öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft, die zu der privatrechtlichen Sachherrschaft hinzutritt und diese überlagert. Aufgrund der Widmung lastet wie dargestellt für einen öffentlichen Zweck auf der öffentlichen Straße ein beschränkt dingliches öffentlich-rechtliches Recht, eine sogenannte Dienstbarkeit des Öffentlichen Rechts. Diese ermöglicht die Sachherrschaft über die Sache mit all den genannten Rechtsfolgen. Die 22 Z u r Straßenbaulast W o l f f / Bachof, § 57111b 2; Kodal, K a p i t e l 12 ff.; Papier, S. 72 f. 23 Die unter 1.3, 1.4 gegebenen Begründungen passen also auf das Straßenrecht vollständig; die Rechtsverhältnistheorien (1.5 der Gliederung) w i d e r sprechen dem hier Gesagten zwar nicht, können i n ihrer Allgemeinheit jedoch für die Sachproblematik nichts an Lösungsvorschlägen beitragen. Wegen der Allgemeinheit der Begründung der „Sachen i n öffentlichem Gebrauch" paßt diese auch auf die Straßen. — Nach der Auffassung v o n Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft, S. 86 ff. müßte dies w o h l verfassungswidrig sein.

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Dienstbarkeit hat zugleich die negative vateigentümer, daß dessen Befugnisse i m lichen Sachherrschaft verdrängt werden. setzen liegt diese Konstruktion zugrunde

Wirkung gegenüber dem Prijeweiligen Umfang der öffentDen hier interessierenden Ge(§ 8 X FStrG, § 23 bwStrG).

Einzig Bartlsperger meint, eine dualistische Konstruktion sei dogmatisch unbrauchbar, rechtstheoretisch unmöglich und verfassungsrechtlich unzulässig 24 . Seine Auffassung hätte die von den bestehenden Gesetzen vermiedene Konsequenz, daß Sachen i m Eigentum eines Bürgers, die der Staat nur i n einzelnen Aspekten nutzt (ζ. B. Fußwege oder Bewirtschaftungswege, Gewässer 2. Ordnung, Gegenstände i n Museumsbesitz, Privateigentum bei Hand- und Spanndiensten) und dazu Sachherrschaft statuiert, nicht mehr möglich wären. Der Staat müßte die Sachen kaufen oder enteignen und i n öffentliches Eigentum überführen, was finanziell unmöglich und unverhältnismäßig wäre, oder auf alle Abstufungen öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft verzichten. Wegen des i m Straßenrecht häufigen Zusammenfallens von Eigentum und Sachherrschaft i n der Hand des Staates geraten i h m andere Konstellationen aus dem Blick. Die rechtstheoretischen Differenzierungen i n 2.2 und die dogmatischen Voraussetzungen einer öffentlichen Sache i n 3.1 und 3.2 sind nicht entbehrlich. Die völlige Fixierung auf eine praktikable Sondernutzungstheorie für Leitungsrechte an Straßen hat den Blick für die Vielgestaltigkeit öffentlich-sachenrechtlicher Probleme verstellt.

3.2 Wasserrecht Bei Gewässern, einem Problemgebiet, dessen Verrechtlichung von Anfang an neben dem Straßenrecht eine der Wurzeln des Öffentlichen Sachenrechts war, ist eine Musterung auf die grundlegenden dogmatischen Strukturen und Figuren heute sehr schwierig, weil sich die Gesetze i n zum Teil minutiösen Regelungen verlieren (wie ζ. B. der Regelung des Gemeingebrauchs i n § 26 bwWG: „Der Gebrauch . . . zum Baden, Waschen, Schöpfen m i t Handgefäßen, Tränken, Schwemmen (?) . . . als Eisbahn..."), die kaum noch erkennen lassen, was die Grundsätze, was die Ausnahmen sind und inwieweit überhaupt noch der als allgemein ausgegebenen Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts gefolgt wird. Auch Küstengewässer, Oberflächengewässer und das Grundwasser (also die Gewässer i m Sinne der Wassergesetze) stehen trivialerweise i n öffentlichem Gebrauch (s.o. 1.2). Sie werden befahren, ihr Bett w i r d ausgebeutet, das darin fließende Wasser w i r d entnommen oder fremde 24

Bartlsperger, Hoheitliche Sachherrschaft, S. 85 ff.

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Gegenstände werden diesem zugeleitet. Doch gerade i m Wasserrecht zeigt sich, daß diese allgemeine Einordnung und Begründung für öffentliche Sachen völlig unbrauchbar ist, ja die eigentlichen Sachprobleme gerade verdeckt. Denn bei genauerer Betrachtung w i r d sich zeigen, daß verschiedene Sachgegenstände dualistisch dogmatisiert sind, andere als reines öffentliches Eigentum und möglicherweise wieder andere als nicht eigentumsfähiges Allgemeingut unter staatlicher Bewirtschaftung (s. u. II. 2.3); solche Differenzierungen bedürfen auch differenzierter Betrachtungsweise i n den rechtlichen Auswirkungen und der dogmatischen Darstellung 25 . Die Brauchbarkeit der dualistischen Begründung öffentlicher Sachen w i r f t einige Fragen auf. Auch an den öffentlichen Gewässern soll nach wie vor charakteristisch sein, daß ein privatrechtlicher Eigentümer vorhanden ist, die Sachherrschaft jedoch von einem öffentlich-rechtlichen Sachherrn ausgeübt wird 2 6 . Danach müßte i m Wasserrecht die Regel sein, daß ein privatrechtlicher Eigentümer vorhanden ist, der nach den Regeln des Bürgerlichen Rechts über sein Eigentum verfügen kann — sei dies ein Bürger oder ein Hoheitsträger —, und diese privatrechtliche Verfügungsbefugnis vom öffentlichen Sachherrn bzw. dessen Hoheitsakten überlagert werde. Dies soll nun näher untersucht werden. Was die Bundeswasserstraßen betrifft, so regelt A r t . 891 GG: „Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen", nunmehr der Bundeswasserstraßen. Diese Regelung bedeutet, daß Bundeswasserstraßen immer nur i m Eigentum des Bundes stehen können 27 . Das heißt allerdings nicht, daß der Bund nach Abstufung einer Bundeswasserstraße i n eine andere Gewässerart oder eine völlige Entwidmung als Bundeswasserstraße nicht dieses Eigentum an andere öffentlich-rechtliche Träger oder Private abtreten könnte. Deshalb geht die Rechtsprechung davon aus, daß das Eigentum des Bundes bürgerlich-rechtliches Eigentum ist 28 . Da der Bund die Sachherrschaft durch eigene Behören oder ausnahmsweise durch Länderauftragsverwaltung ausführt (Art. 89 I I GG), ist auch ein Auseinanderfallen zwischen Sachherrschaft und Eigentum nicht möglich. Inwiefern eine dualistische Konstruktion erforderlich für die Lösung von Sachproblemen ist, erscheint also fraglich. Dennoch gilt die allgemeine Rechtfertigung für die dualistische Begründung auch hier: 25 Insoweit werden W o l f f / Bachof i n § 58 I I c 3, § 58 I I I a 1 u n d § 59 I I b 1 den wasserrechtlichen Differenzierungen nicht gerecht. 26 W o l f f / Bachof, § 57 I a, die sogar i n § 57 I a 3 noch meinen, den privaten Eigentumsrechten käme i m Wasserrecht eine größere Bedeutung zu als i m Straßenrecht; genau die gegenteilige Auffassung wie Wolff / Bachof, aber i m Grundsatz auch für die dualistische K o n s t r u k t i o n eintretend Papier, S. 10; Breuer, Rdnr. 30. 27 Vgl. Friesecke, S. 48. 28 Β GHZ 28, 34 (37); 47, 117 (119 f.); 49, 68 (71).

4 Kromer

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Wenn auch die Normendichte i n bezug auf Nutzungen von Bundeswasserstraßen als Verkehrswege oder des Bettes selbst sehr hoch ist, so kann es doch erforderlich sein, auf die Eigentumsabwehransprüche, Fragen der Ersitzung, des Schatzfundes, der Eigentümerverkehrssicherungspflichten zu rekurrieren. Diese Konstruktion ist nicht mehr möglich beim öffentlichen Eigent u m an Gewässern i n Baden-Württemberg: Gem. § 4 I i. V. m. §§ 3 I und 2 sind alle öffentlichen Gewässer i m Zweifel Gewässer i m öffentlichen Eigentum. Für dieses ist m i t aller wünschenswerten Klarheit festgestellt worden: „Das öffentliche Eigentum ist ein umfassendes öffentlichrechtliches Herrschaftsverhältnis und kein durch öffentlich-rechtliche Beschränkung modifiziertes Privateigentum 2 9 ." Für alle Gewässer, die nicht Bundeswasserstraßen sind und sich nicht beim Inkrafttreten des b w W G i n Privathand befanden, gilt also die dualistische Konstruktion zwischen öffentlich-rechtlicher Dienstbarkeit und privatrechtlichem Eigentum nicht. Doch weist gerade der 2. Teil des W G ein Charakteristik u m auf, auf das später noch zurückzukommen sein wird. Er enthält nämlich Bestimmungen darüber, wer i n welcher normativen Ausgestaltung Eigentümer der Gewässer erster und zweiter Ordnung ist, und enthält Vorschriften über Entstehung und Untergang von öffentlichem Eigentum. Damit konstituiert es eigenständige sachenrechtliche Normen. Alles dies betraf bisher ausschließlich Oberflächengewässer. Da für Küstengewässer weder die Bundeswassergesetze noch das b w W G Aussagen enthalten, soll auf diese Problematik hier nicht eingegangen werden. Von großer Aktualität und rechtlicher Problematik ist das hier kurz anzusprechende Grundwasser (s. dazu näher u. II. 3.1.1). Teilweise w i r d behauptet, das Grundwasser sei Bestandteil des Grundstückseigentums 30 . Diese Aussage mag i m Geltungsbereich des ehemaligen Preußischen Wassergesetzes richtig gewesen sein. Heute fällt die Nutzungsbefugnis am Grundwasser selbst oder der Eingriff i n Grundwasseradern gem. § 1 a I I I i. V. m. § 3 I Nr. 5 und 6 und I I W H G sowie § 12 bwWG nicht mehr unter die Eigentümerbefugnisse. Das Bundesverfassungsgericht hat bindend festgestellt 31 , daß das W H G und die Wassergesetze der Länder insoweit eine Inhaltsbestimmung des Eigentums und Sozialbindung desselben vornehmen können und die gerade angesprochene des W H G i m Rahmen der Befugnisse des Art. 141 GG liegt. Damit fällt das Grundwasser als fließende Welle selbst sowie die Wasseradern als Hohlräume, i n denen das Grundwasser fließt, aus dem BGB-Eigen29

B u l l i n g / Finkenbeiner, § 4 Rdnr. 1; ebenso Boehme, b w V w B l . 1980, S. 100. Salzwedel, Wasserrecht, S. 788; Gieseke, Eigentum u n d Grundwasser, S. 11 ff. 31 BVerfGE 58, 300 (348 f.). Dazu unten I I . 3.1.1). 30

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tum heraus. Es w i r d aber auch keine Regelung dahingehend getroffen, daß Privateigentum des Staates oder öffentliches Eigentum daran bestehe. Dies läßt die Schlußfolgerung zu, daß Grundwasser i n niemandes Eigentum steht, nicht eigentumsfähig ist. Dies ist keine abstrakte Aussage der Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts, sondern eine zwingende Konsequenz aus der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts und der Gesetzgebung der Parlamente. Damit ergibt sich für das Wasserrecht, daß eine einheitliche Betrachtungsweise nach einem dualistischen oder sonstigen Modell nicht möglich ist 32 . Auch das Gewässer als öffentliche Sache bedarf nach unbestrittener Meinung i n Literatur und Rechtsprechung der Widmung. Sie erfolgt jedoch, anders als i m Straßenrecht, direkt durch Gesetz: Für Bundeswasserstraßen durch A r t . 89 I GG i. V. m. dem BWaStrG, alle übrigen Gewässer i n Baden-Württemberg sind durch §§ 2 und 3 W G gewidmet 33 . Diese gesetzlichen Widmungen legen ebenso wie i m Straßenrecht i n zwei Richtungen den öffentlich-rechtlichen Status der Sache fest: Einmal begrenzt er die Eigentümerbefugnisse bis auf die sogenannte Eigentümerrestherrschaft; zum anderen bestimmt er sowohl den zulässigen Gemeingebrauch als auch den i m Ermessen der Behörden liegenden Umfang der Erteilung von Sondergebrauch 34 . Damit ist schon gesagt, daß auch das Wasserrecht verwandte Institutionen wie den Gemeingebrauch und den Sondergebrauch kennt 3 5 . Allerdings sind die Benutzungen eines Gewässers, die als Gemeingebrauch bezeichnet werden könnten, bei vielen Autoren i n dem Ruch, nurmehr Anhängsel an dem grundsätzlich geltenden Sondergebrauch, d. h. ausnahmsweise zulassungsfrei und gebührenfrei seiender Sondergebrauch zu sein 36 . Hierzu ist zu bemerken, daß der Blick auf eine einzelne Problematik wie hier die der Wasserverbände und Kiesunternehmer den Blick für die Proportionen und allgemeinen dogmatischen Figuren verstellen kann. Denn es ist eine Tatsache, daß die Wasserstraßen als Verkehrswege ebenso dem Gemeingebrauch gewidmet sind, wie dies die öffentlichen Straßen 32 Z u den A u s w i r k u n g e n der Naßauskiesungsentscheidung s. Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 104 ff.; Ossenbühl, N J W 1983, S. 1 ff. 33 W o l f f / Bachof, 56 I I a. 34 Z u diesem Doppelcharakter s. statt aller Salzwedel, Z f W 1962/63, S. 73 ff. — Obwohl Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 419 ff. v o n der W i d m u n g als notwendigem K r i t e r i u m ausgeht, f ü h r t er dazu in: Wasserrecht, S. 784 ff. nichts aus. 35 Z u m Gemeingebrauch s. Papier, S. 19 ff.; W o l f f / Bachof, § 58 I I c 3; Salzwedel, Wasserrecht, S. 802; ders., Z f W 1962/63, S. 73 ff. — Z u m Sondergebrauch als darüber hinausgehender Benutzung s. Papier, S. 21 ff.; W o l f f / Bachof, § 59 I I b 1; Salzwedel, Wasserrecht, S. 793 ff. 36 So v o r allem Papier, S. 20 f. unter Berufung auf Salzwedel, in: A l l g . V e r waltungsrecht, S. 438 ff., der dies allerdings auf die wasserwirtschaftliche F u n k t i o n beschränkt.

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sind, Straßen wie Wasserwege sind „zum Verkehr" gewidmet. Daß dies unproblemtisch und unumstritten so ist, mindert weder die rechtliche Bedeutung dieser dogmatischen Aussage noch sollte es die ökonomische Wertschätzung mindern, was vielleicht leichter fällt, wenn man an den Schiffahrtsverkehr auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen denkt. Die immer wieder gemachte, teils resignative, teils beunruhigt klingende Feststellung, i n wasserwirtschaftlicher Hinsicht gebe es keinen nennenswerten Gemeingebrauch, muß ebenfalls näher untersucht werden. Merkwürdig an dieser Feststellung ist, daß die Unterscheidung zwischen einem Gewässer zum Verkehr oder zu sonstigen Angelegenheiten, die das Wasser aber unberührt lassen auf der einen Seite, und den Benutzungen, die die Substanz des Wassers nicht nur kurzfristig verändern, auf der anderen Seite nicht gesehen wird. Merkwürdig daran ist, daß betont wird, daß die Veränderung der Substanz des Wassers nur i n wenigen Ausnahmefällen Gemeingebrauch darstelle. Diese Besonderheit ist nur aus der Geschichte der Industrialisierung und des wachsenden Konsumdenkens zu erklären 37 . Es mag noch i n den Köpfen sitzen, daß früher Mühlenbesitzer, Hammerschmiede, Landwirte und Handwerker Wasser aus öffentlichen Gewässern entnehmen durften und private Haushaltungen ihre Abwässer ungeklärt i n öffentliche Gewässer einleiten durften, weil dies i n der Regel nicht zu einer Verminderung der Wasserqualität führte; weil, selbst wenn dies der Fall war, noch genügend qualitativ ausreichendes Wasser vorhanden war; weil also die Inanspruchnahme der Wassersubstanz durch Gewerbe und Private nicht die Lebensgrundlagen gefährdeten. Doch damals gab es noch keine chemische Industrie, kein Waldsterben, keine Geschirrspülmaschinen und noch nicht den Wunsch, jeden Tag mit Deo-Seife zu duschen. Nachdem all dies zusammen eine nicht wiedergutzumachende Substanzveränderung bewirkt hat, sollte endlich der Mythos vom verlorengegangenen wasserwirtschaftlichen Gemeingebrauch zu Grabe getragen werden. Es lag auch nie i m Gemeingebrauch, Straßen zu beschädigen oder A l l mende-Wälder abzuholzen. Das Benutzen von Wasser war und ist jeweils nur so weit erlaubt, als die Gesamtheit aller solcher Benutzungen zu geringfügig ist, u m die jeweilige Wasserqualität als Brauchwasser, Trinkwasser usw. oder die i h m naturgegebenen ökologischen Wechselwirkungen (Laich- oder Brutgewässer ζ. B.) zu beeinträchtigen. Unerheblich für die rechtliche Qualifizierung ist der prozentuale Anteil der wirtschaftlich bedeutsamen Gemeingebrauchsnutzungen an der Gesamtheit der wasserwirtschaftlichen Benutzungen. Dieser Anteil ist ein Bestandteil des Sachbereichs, die Qualität des Wassers hingegen, die Schädlichkeit einer Inanspruchnahme der Wassersubstanz werden von 37 Die gleiche Normbereichsanalyse findet sich i n BVerfGE 58, 300 (349 ff.) — Naßauskiesung.

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den Gesetzen selbst vorausgesetzt, angesprochen oder als Zielvorgabe benutzt und sind Elemente des Normbereichs, d. h. des Ausschnitts der von der Norm regierten Wirklichkeit, der den Inhalt der Norm mit festlegt 38 . Der Anteil der Gemeingebrauchsnutzungen kann je nach Entwicklung von Bevölkerung, Wasserverbrauch insgesamt und technischer Innovation steigen oder fallen. Als i n die Zukunft gerichtetes Beispiel: Wenn die Wärmegewinnung mittels Wärmepumpen ausgereift und rentabel sein wird, werden u. U. sich möglicherweise Wärmeabgabe und -aufnähme eines Gewässers i m Rahmen eines unschädlichen Bereichs halten, so daß das Abkühlen oder Aufheizen eines Gewässers wieder als unschädlicher, weil die Substanz des Wassers nicht verändernder Gemeingebrauch bewertet werden kann (was heute wegen des einseitigen, jahrzehntelangen Mißbrauchs als preiswertes K ü h l m i t t e l nicht der Fall ist). So könnte die technische Entwicklung zu einem Normbereichswandel und dieser zu einem Normwandel führen 39 , soweit solche Nutzungen nicht ausdrücklich i m Gesetz als Sondergebrauch geregelt sind. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß es i m Wasserrecht ebenfalls Sonderformen der Nutzung gibt, die dort als „Sondergebrauch" — das sind Erlaubnis und Bewilligung — bezeichnet werden 40 . Die Unterscheidung zwischen Erlaubnis als i n der Regel widerruflich, persönlich und ohne D r i t t w i r k u n g und Bewilligung als i n der Regel unwiderruflich, dinglich und präklusiv sowie die i n den Wassergesetzen normierten Einzelheiten sind für eine kritische Durchsicht der Grundlagen des Öffentlichen Sachenrechts nicht von Interesse. Sie unterscheiden sich grundlegend von den Voraussetzungen der Sondernutzungen i m Straßenrecht oder des Sondergebrauchs i m Anstaltsrecht und sind lediglich Bestandteil der Bereichsdogmatik des Wasserrechts. Letztendlich soll noch darauf hingewiesen werden, daß die Aufteilung der unterschiedlichen Befugnisse an der Öffentlichen Sache i m Wasserrecht ebenso verteilt sind wie i m Straßenrecht. Neben dem Gewässereigentümer gibt es den Träger der Bau- und Unterhaltungslast, wobei hier neben der Unterhaltungslast zur Erhaltung der Schiffbarkeit (wasserwegerechtliche Unterhaltung) noch die Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes für 38 Siehe zu diesem Normmodell F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 168 ff., 184 ff., 250 ff.; ders., Juristische Methodik, S. 116 ff. 39 Z u m Normwandel durch Normbereichswandel s. allgemein Bäumlin, Recht, Staat u n d Geschichte, 1961; G r i m m , S. 9 ff.; Hesse, Festschrift für Scheuner, S. 123 ff.; Schmidt-Jortzig, in: Rechtstheorie 12 (1981), S. 395 ff. Neuestens F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 363 ff. 40 Die Terminologie ist sehr uneinheitlich. Wie hier der Sondergebrauch als einzige wasserwirtschaftliche Sondernutzung (neben der eigentlichen v e r kehrsrechtlichen Sondernutzung) s. Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 438; Papier, S. 118. W o l f f / B a c h o f bezeichnen dagegen Sondergebrauch als „schlichte Sondernutzung", § 58 I I , u n d die B e w i l l i g u n g als gesteigerte Sondernutzung, § 58 I I I . I n den Wassergesetzen k o m m t der Terminus nicht vor.

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den Wasserzu- und -abfluß (wasserwirtschaftliche Unterhaltung) hinzukommt (§ 28 WHG). I m Wasserrecht w i r d von Gesetzes wegen festgelegt, wer unterhaltungspflichtig ist (z. B. § 7 I BWaStrG, § 29 WHG). Für die gewässerherrschaftlichen Funktionen als Wasseraufsicht bzw. wasserwegerechtliche Strompolizei sind i n allen Ländern Wasserbehörden gebildet. Diese entscheiden nach § 7 und § 8 W H G auch über die Erteilung von Erlaubnissen und Bewilligungen 4 1 .

3.3 Anstaltsnutzungsrecht und Sachen in Verwaltungsgebrauch 3.3.1 Begriffsklärung

Sachen i n Verwaltungsgebrauch sind nach herrschender Meinung Sachgegenstände, die die öffentlichen Stellen (aller drei Gewalten) nutzen, u m ihre öffentlichen Aufgaben zu erfüllen. A n ihnen besteht gerade kein Gemeingebrauch. Dennoch werden sie zu den öffentlichen Sachen gerechnet 42 . Davon unabhängig ist es jedoch oft erforderlich, daß Private Sachen i n Verwaltungsgebrauch dennoch nutzen, weil sie m i t den öffentlichen Stellen i n Kontakt treten, u m ihre Interessen oder Pflichten zu verfolgen; dabei müssen sie zwangsläufig öffentliche Sachen in Verwaltungsgebrauch mit benutzen, ζ. B. durch Betreten der Dienstgebäude, Benutzung von Inventar wie Klinikbetten, Stühle, Toiletten usw. Alle diese Benutzungen sind jedoch direkt abhängig von der übergeordneten Verfolgung der Verwaltungszwecke; sie sind ein Annex zu letzteren 43 . Demnach werden unter dem Begriff „Sachen i n Verwaltungsgebrauch" Sachgegenstände wie Dienstgebäude und deren Inventar, Dienstfahrzeuge, Arbeitsgeräte, Hilfsmittel zur Amtsausführung (Stempel, Dienstpistole, Uniform, Siegel) zusammengefaßt. Die Sachen i n Verwaltungsgebrauch werden gelegentlich auch Verwaltungsvermögen (i. e. S.) genannt 44 . Dies setzt eine Einteilung von verschiedenen Vermögensmassen voraus 45 . Eine solche haushaltsrechtlich gebotene oder das Rechnungswesen erleichternde Einteilung kann hier jedoch nicht von 41 Siehe i m einzelnen Salzwedel, D Ö V 1963, S. 247 ff.; ders., Wasserrecht, S. 792 ff.; W o l f f / Bachof, § 57 I V b. 42 W o l f f / B a c h o f , §55 l i l a ; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S.376f.; Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 353 (allerdings i n heute unhaltbarer Vermengung von Anstalten, Finanzvermögen u n d Kircheneigentum); Maunz, Hauptprobleme, S. 208; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 453 f.; Papier, S. 31 f. 43 Papier, S. 31 f. 44 W o l f f / Bachof, § 55 I I I a; Maunz, Die Verwaltung, S. 4; Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 168; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 377; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 420 f. 45 Z u r Geschichte dieser Einteilung Maunz, Hauptprobleme, S. 118 ff.

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Nutzen sein. Denn die Zuordnung zu einzelnen Vermögensmassen allein kann die Rechte auf Gemeingebrauch, auf Zulassung oder fehlerfreien Ermessengebrauch nicht beeinflussen. Von der Verfassungslage und den bèstehenden Gesetzen sowie von der Sachproblematik her kann eine Sache i n Gemeingebrauch oder Anstaltsnutzung stehen — trotzdem kann sie unter anderer Problemstellung dem Verwaltungsvermögen zugeordnet werden 46 . Die Zuordnung aller Sachgesamtheiten und Sachen zu einer bestimmten Vermögensmasse führt daher nicht weiter. Das nach einer Formulierung von Wolff / Bachof sogenannte Betriebsvermögen gehört danach auch zu den Sachen i n Verwaltungsgebrauch 47 . Es soll der Inbegriff der Gegenstände sein, der den wirtschaftlichen Einrichtungen, insbesondere den Eigenbetrieben, den land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen der Daseinsvorsorge eines Trägers öffentlicher Verwaltung dienen. Eine solche Begriffsbestimmung für einen bestimmten Teil der Sachen i n Verwaltungsgebrauch müßte einen sachlichen Grund haben; ein solcher läßt sich womöglich i m Haushaltsrecht oder i n der Verwaltungslehre als Organisationslehre staatlicher Tätigkeiten finden. Unter dem Blickwinkel des öffentlichen Sachenrechts gibt es jedoch kein Sachproblem, keine dogmatische Aussage, die eine solche Trennung erforderlich machte. Zählt man wie die h. M. Sachgegenstände i n Gebrauch der öffentlichen Verwaltung zu den öffentlichen Sachen, wenn sie unmittelbar dadurch öffentlichen Zwecken dienen, so spielt es keine Rolle, ob daneben auch Gewinn erwirtschaftet wird, ob eine verselbständigte Organisation vorliegt oder nicht. Auch Wolff / Bachof machen außer der Begriffsbildung keinerlei Ausführungen zum Betriebsvermögen. Die Aufspaltung w i r d deshalb nicht weiter verfolgt. Heute unbestritten ist es, daß das Finanzvermögen nicht zum öffentlichen Sachenrecht zählt 48 . Ob es überhaupt zum Verwaltungsrecht zählt, kann damit für die weitere Untersuchung dahinstehen 49 . 46 Siehe etwa Püttner, Verwaltungslehre, § 1311 u n d § 1 1 1 1 ; aus rein finanztechnischem B l i c k w i n k e l ebenso Schmitz, Die Unterscheidung zwischen Finanz- u n d Verwaltungsvermögen, durchgängig. 47 Dies., § 55 I I I a. 48 W o l f f / Bachof, § 55 I b; Papier, S.3f., 42; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 376,377; Kodal, S. 87 f.; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 420 f. — Die frühere Mindermeinung z. B. Maunz, Die Verwaltung, S. 2 f.; Fleiner, S. 352, zählte es zu den öffentlichen Sachen i. w . S. 49 Forsthoff w i l l es sogar aus dem Verwaltungsrecht überhaupt ausscheiden, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 376; i h m folgend Papier, S. 3 f. — Daß aber auch die Fiskalverwaltung der Grundrechtsbindung insbesondere an A r t . 3 GG unterliegt, das Haushaltsrecht u n d die Kompetenzordnung des Grundgesetzes u n d vieles mehr hier gilt, können diese dann nicht mehr begründen. I h r e Auffassung ist spätestens m i t der Fiskalgeltung der Grundrechte u n h a l t bar geworden. Dagegen noch W o l f f / Bachof, §23 I I a l ; Stein, Staatsrecht, S. 256; zweifelnd Salzwedel, Wege- u n d Verkehrsrecht, S. 767; Badura, W i r t -

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

Zwischen den beiden Begriffen des Verwaltungsgebrauchs und der Anstaltsnutzung besteht eine Überschneidung, die soweit ersichtlich noch nicht thematisiert wurde. Anstaltsnutzung ist nach allgemeiner Ansicht eine A r t von Nutzung durch Privatpersonen, auch Zivilgebrauch oder externe Nutzung genannt 50 . Als Sachgegenstände i n externer Nutzung stehen sie den Sachgegenständen i n interner Nutzung — den Sachen i n Verwaltungsgebrauch — gerade gegenüber. Es gibt jedoch auch Anstalten ohne Publikumsverkehr, m. a. W.: Diesen zugeordnete Sachgegenstände stehen logischerweise nicht i n externer Nutzung. Die Sachgegenstände i n Zuordnung zu Anstalten ohne Publikumsverkehr stehen nicht i n Anstaltsnutzung, sondern i n Verwaltungsgebrauch 51 . Danach muß also unabdingbar zwischen Anstalten und anderen Organisationsformen einerseits und den verschiedenen Kategorien der Benutzungsrechte unterschieden werden. Anstalten selbst, so ergibt sich damit, sind keine Öffentlichen Sachen, sondern haben solche52. Die ihr zugeordneten Sachgegenstände stehen dann aber i n Verwaltungsgebrauch. Und nur die Öffentlichen Sachen, die den der Öffentlichkeit zugänglichen Anstalten zugeordnet sind, stehen i n sogenannter Anstaltsnutzung. Über die Sachgegenstände i n interner Nutzung soll i m folgenden unter 3.3.2 gesprochen werden, Sachgegenstände i n „anstaltlicher Nutzung" werden unter 3.3.3 behandelt. 3.3.2 Sachen in Verwaltungsgebrauch

Diejenigen Sachen, die der öffentlichen Verwaltung unmittelbar durch ihre Gebrauchsmöglichkeit dienen und von den Amtswaltern selbst benutzt werden 53 , sollen nunmehr näher untersucht werden. A n der Existenz einer Bereichsdogmatik Öffentlicher Sachen i n Verwaltungsgebrauch 54 oder als eines Begriffs des Allg. Verwaltungsrechts 55 schaftsverwaltungsrecht, S. 347. — Für konsequente Beachtung der Fiskalgeltung aber Hesse, Verfassungsrecht, § 111; v. Münch, Grundgesetz-Kommentar, A r t . 20 Rdnr. 40; Bleckmann, S. 130 f.; Mallmann, W D S t R L 19 (1960), S. 201 ff.; v. Münch, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 47 ff. 50 W o l f f / Bachof, § 55 I I I b 1; Papier, S. 24 f. 51 Berührt w i r d diese Feststellung auch v o n Papier, S. 46. 52 W o l f f / B a c h o f , § 9 8 I c 3 ; Erichsen, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399, 449 ff.; Stern, W D S t R L 21 (1962), S. 191 gegen Weber, ebd., S. 176 ff. — Dazu näher unten 3.3.3.2, 3.3.3.4. 53 Wolff/ Bachof, § 55 I I I a. 54 Bei Papier n i m m t diese Kategorie knapp zwei Seiten i n Anspruch, S. 31 f.; bei W o l f f / B a c h o f erfolgt lediglich eine Begriffsdefinition, § 55 I I I a u n d kurze Hinweise i n §56 I I e 3; ein eigenes Kapitel taucht jedoch ebensowenig auf w i e bei Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht. I m Lehrbuch des Bes. Verwaltungsrechts v o n v. Münch ist es nicht berücksichtigt. I n Monographien taucht es lediglich als haushaltsrechtliches u n d finanztechnisches Stichwort auf z.B. bei Püttner, Verwaltungslehre, §§1111, 1311; bei Schmitz durchgängig.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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kann man allerdings zweifeln, untersucht man die einschlägige Literatur. Da jedoch Sachen, die von der Verwaltung benutzt werden, die Vorstellung einer Öffentlichen Sache in Verwaltungsgebrauch evoziert, sollen die verschiedenen denkbaren Sachprobleme dargelegt werden. Von den oben aufgezählten Fallvarianten (2.2) kommen dabei S-S-S, P-P-S und P-S-S i n Betracht. Außerdem w i r d noch die Beeinträchtigung der Sachen durch Dritte, die nicht Eigentümer oder Benutzer sind, eine Rolle spielen. 3.3.2.1 Rechtspositionen in einer Hand Der einfachste Fall ist der, daß BGB-Eigentum, öffentlich-rechtliche Sachherrschaft und Nutzungen i n einer Hand liegen (S-S-S). Dort ergeben sich von Rechtsreflexen der Bürger und deren Problematik abgesehen nur behördeninterne, organisatorische Probleme 56 . Das Hausrecht über Personen, die die Verwaltungstätigkeit stören, ist i n seinem Rechtscharakter hier ebenso umstritten, wie wenn die Verwaltungsgebäude nicht i m Eigentum der Behörde stehen (diese Unterscheidung w i r d nirgends thematisiert). Entscheidend ist i n dem einen wie i m anderen Fall nicht die Besitz- oder Eigentumsstörung, sondern die Störung der Verwaltungstätigkeit. Eine solche von privaten Eigentümern, Besitzern oder Außenstehenden kommende Störung der Verwaltungstätigkeit muß genauso behandelt werden, wie wenn es an der Sache externe Nutzungen gäbe, nur daß bei letzterer die Störung durch Benutzer hinzukommt (s. dazu unten 3.3.3.3). Dennoch könnte aus Gründen der Systematik und Einheitlichkeit auch die unproblematische Kombination S-S-S zum Öffentlichen Sachenrecht gerechnet werden, wenn es bzgl. der anderen Kombinationen Sachgegenstände i n Verwaltungsgebrauch gäbe, bei denen sich eine öffentlich-rechtliche Exemtion als nötig oder nützlich erweisen würde, oder wenn unabhängig vom Modell der Exemtion öffentlich-rechtliche dingliche Rechte begründet werden müßten. 3.3.2.2 Auseinanderfallen

der Rechtspositionen

Beim Auseinanderfallen der Rechtspositionen (P-P-S, P-S-S) stellt sich die Frage nach besonderen Sachproblemen, die eine Konstruktion des Öffentlichen Sachenrechts erfordern. Dies bedarf jedoch einer eingehenden Betrachtung. Zunächst muß dabei unterschieden werden, ob Maßnahmen gegenüber dem Eigentümer oder einem Außenstehenden 55 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 453 f. meint, die Bedeutung des öffentlichen Sachenrechts für Sachgegenstände i n Verwaltungsgebrauch sei gering; Maurer, A l l g . Verwaltungsrecht, k l a m m e r t das gesamte öffentliche Sachenrecht aus; Achterberg, A l l g . Verwaltungsrecht, erwähnt Sachen i n Verwaltungsgebrauch als Begriff ebenfalls nicht. 56 Siehe dazu Thieme, S. 284 ff.; Püttner, S. 224 ff.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

getroffen werden sollen. Außerdem müßte gefragt werden, welche Rechte denn überlagert werden sollen. Ein Randproblem dabei ist das des Eigentumsübergangs. Salzwedel 57 w i l l den Erwerbsvorgang als öffentlich-rechtliche Sachproblematik einführen. Falls während diesem Fehler unterlaufen, soll die Verwaltungstätigkeit durch öffentlichrechtliche Dienstbarkeit gesichert werden. Ob dies zulässig wäre, müßte an einem Fall erörtert werden. Doch scheint ein solcher noch nicht vorgekommen zu sein. Daß ein privatrechtlicher Erwerb beweglicher Gegenstände — etwa Kohlen, Papier, Polizeiknüppel — gescheitert wäre und eine dann drohende privatrechtliche Rückabwicklung die Verwaltung zum Stillstand gebracht hätte, ist bisher noch nie mitgeteilt worden. Auch bei Immobilien dürfte die Verwaltung dank der üblichen Räumungsfristen i m Zivilrecht i n der Lage sein, ihre Funktion ohne öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit aufrechtzuerhalten. Solange solche Fälle nicht auftauchen, scheint eine Problematisierung des Erwerbsvorganges von keinem dogmatischen Interesse. Soweit dazu theoretisch Stellung genommen werden kann, sollen die Bedenken von verfassungsrechtlicher Sicht hiergegen sogleich mit der nächsten Fragestellung erörtert werden. Interessanter, weil wirklichkeitsrelevanter, w i r d die Untersuchung, wenn die Sachgegenstände nicht i m Verwaltungseigentum stehen, sondern aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verträge genutzt werden. Neben früher schon üblichem Anmieten von Häusern und Grundstücken dürften i n den letzten Jahren durch die Anpassung der Verwaltung an die Usancen der Wirtschaft auch verschiedene Formen der Nutzung von beweglichen Sachen hinzugetreten sein (ζ. B. Leasing von Computern und Büromaschinen). Solche Inbesitznahme erfolgt dann ja nicht durch hoheitliche Verfügung — also durch einen Verwaltungsakt —, sondern durch privatrechtlichen Vertrag 5 8 . Eine besondere Sachproblematik, die die Entwicklung einer besonderen Bereichsdogmatik des Öffentlichen Sachenrechts oder die Einbeziehung i n eine solche bestehende erforderlich machte, könnte also allein dadurch entstehen, daß das alleinige privatrechtliche Regeln des Verhältnisses zwischen Eigentümer und Verwaltung unbefriedigend ist. Es könnte das Bedürfnis nach öffentlichrechtlicher Sachherrschaft — eines charakteristischen Topos für das Öffentliche Sachenrecht — bestehen. Genau dies schneiden einige Autoren auch an 59 . Die rechtliche Differenz zwischen P-S-S und P-P-S wäre 57

Ders., in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 453. Siehe dazu Püttner, S. 167 f., 225 f. 59 Ζ. B. Fleiner, S. 362 f.; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 377; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 453 f.; Wolff / Bachof, § 57 I a 3 sprechen v o n einer angeblich hoheitlichen Verfügungsgewalt über die Sache, davon, daß eine Behörde „die Sache für den Verwaltungsbedarf beansprucht". 58

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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damit die entscheidende Frage, wobei die Sachherrschaft hier nicht auf dem Miet- oder Leasingvertrag beruht, eine privatrechtliche Sachherrschaft eines Verwaltungsträgers, sondern als öffentlich-rechtliche, also auf Öffentlichem (Sachen-)Recht beruhend, verstanden werden muß. Die Kombination P-P-S gehört dem Privatrecht an (so schon oben 2.2). Zunächst müßte also nachgewiesen werden, daß eine solche hoheitliche Inanspruchnahme dinglich oder durch „quasi-obligatorisches Nutzungsregime" 6 0 tatsächlich erfolgt oder wenigstens sachlich geboten ist. Die Frage wäre also, was mit dieser hoheitlichen Sachherrschaft (eben der Differenz zwischen P-P-S und P-S-S) überlagert werden soll. Dafür kämen die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Ersitzung (§§ 937 ff. BGB), Verarbeitung und Verbindung (§§ 946 ff. BGB) oder der gutgläubige Erwerb (§§ 932 ff. BGB) i n Betracht. Ob nach 30 Jahren noch die Aufgaben der Verwaltung eine Ersitzung verbieten oder ob wegen ihnen die Vorschriften des Grundstücksverkehrs nicht gelten sollen, erscheint zumindest problematisch. Noch drängender sucht man jedoch eine Antwort i n Literatur und Rechtsprechung dann, wenn etwa der privatrechtliche Vertrag unwirksam oder angefochten ist, der Eigentümer kündigt. Kann sich dann die Behörde auf ihre öffentlich-rechtliche Sachherrschaft berufen? M i t anderen Worten: Kann sie dem Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB oder anderen Rückabwicklungsansprüchen entgegenhalten, zwar habe sie zivilrechtlich kein Zurückbehaltungsrecht, aber sie übe die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft aus, die Sache sei nicht entwidmet — solches habe die Verwaltung auch nicht vor —, deshalb werde die Sache weiterhin von der Verwaltung genutzt? Formuliert man diese Problematik zwischen privatrechtlichem Eigentum und dieses überlagernder öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft so konkret, so drängt sich die Lösung auf: Hier läge eine (Teil-) Enteignung vor, die weder eine gesetzliche Grundlage noch eine Entschädigung vorsähe und somit eklatant gegen A r t . 14 GG verstieße 61 . Der Vorschlag der Begründung öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft bei Gegenständen i n Verwaltungsgebrauch in Privateigentum ist auch nicht dadurch zu retten, daß man die Widmung als konkludenten Verwaltungsakt auf Unterwerfung konstruiert 6 2 . Davon müßten die betroffenen Personen Kenntnis haben, was wohl i n der Praxis nicht nur Erstaunen hervorrufen dürfte, sondern auch zum sofortigen Kündigen der Verträge wegen des Wegfalls einer sicheren betriebswirtschaftlichen Kalkulationsgrundlage führen dürfte. Eine öffentliche Sachherrschaft 60

Papier, S. 11,45 f. Die oben genannten Positionen von Salzwedel u n d W o l f f / Bachof sind deshalb unhaltbar. Dazu näher unten I I . 3. 62 Diese Voraussetzung der Verfügungsbefugnis nennen W o l f f / B a c h o f sogar selbst, §56 I V a l . 61

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

ist zwar theoretisch denkbar (die Kombination P-S-S), sie ist aber i m gegenwärtigen System des Verwaltungsrechts, soweit es verfassungsrechtlich verankert ist, nicht vorgesehen. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Trägern der Verwaltung, die Sachen i n Privateigentum benutzen, und den Privateigentümern spielen sich allein nach Privatrecht ab. Offen muß hier allerdings bleiben, wie die Situation aussähe, wenn die Verwaltung dazu überginge, Sachgegenstände für den Verwaltungsgebrauch sich durch öffentlich-rechtliche Verträge zu beschaffen. Das bisher i n 3.2.2 Gesagte galt nur für die Geschäfte und Hilfsmittel der „normalen" Verwaltung, wie sie i n den gesichteten Literaturmeinungen und Entscheidungen auftaucht. Es wäre doch eine Untersuchung wert, inwieweit es nicht i n der Tradition der Hand- und Spanndienste Vorschriften gibt, die Ermächtigungsgrundlagen für öffentlich-rechtliche Sachherrschaft — damit Sachen i n Verwaltungsgebrauch — bieten (ζ. B. § 2 1 Nr. 1 und Nr. 3—8 Β LG, beachte jedoch die Abgeltungspflicht i n § 2 0 1 BLG; §§24, 25 bwKatastrophenSchG mit den Entschädigungspflichten nach §§28, 29 KatastrophenSchG; §§36, 37 bwFeuerwehrG. Ebenso wohl noch Observanzen i n vielen Dörfern bei Hochwasser und Brand). Diese Frage einer möglichen Bereichsdogmatik von „Sachen i n Verwaltungsgebrauch" muß hier offengelassen werden, da sie nicht Bestandteil eines allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts ist. 3.3.2.3 Rechtsverhältnis

zu Außenstehenden

Ein weiteres Problem besteht bzgl. Dritter, Außenstehender, die i n keinem privatrechtlichen Verhältnis zum Eigentümer stehen und auch nicht (mögliche) Benutzer sind. Das heißt, daß jetzt bei Sachgegenständen i n Verwaltungsgebrauch (beachte dabei die Abgrenzung zum „Anstaltsgebrauch" oben 3.3.1) nur Abwehrrechte gegen Störungen von außen betrachtet werden sollen, dabei zuerst beschränkt auf das einzige i n der Literatur besprochene Problem — das Hausrecht an Gebäuden, die hoheitlicher Aufgabenerfüllung dienen. Dabei ist von Interesse, ob ein solches Störungsabwehrrecht allein als Teil öffentlich-rechtlicher dinglicher Sachherrschaft zu erklären wäre — ein Beweis dafür, daß alle Sachgegenstände i n Verwaltungsgebrauch als Öffentliche Sachen zu konstruieren wären. Damit wäre auch eine Begründung für die Einbeziehung der Sachgegenstände der ansonsten unproblematischen Kombination S-S-S ins Öffentliche Sachenrecht gegeben. Theoretisch ist es möglich, für alle Sachen i n Verwaltungsgebrauch die Sachherrschaft der Verwaltung mit der öffentlich-rechtlichen dinglichen Eigenschaft „Öffentliche Sache" zu erklären. Danach gebe es zwar noch BGB-Eigentum, die Regeln über Besitzrechte, Abwehransprüche, Nutzungsrechte und so weiter wären aber von öffentlich-rechtlichen sachenrechtlichen Regeln

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

Gl

überlagert (die dann übrigens immer noch allein dogmatisch, nicht positiv-rechtlich begründet sind!). Aufgrund allgemeinen Verwaltungsgewohnheitsrechts würde die bürgerlich-rechtliche Eigentumsordnung überlagert. Der Begriff der Öffentlichen Sache und die dogmatische Zuordnung von Sachgegenständen i n Verwaltungsgebrauch zum Öffentlichen Sachenrecht würde dann die Herrschaftsrechte gegenüber Außenstehenden begründen. Daran ist sicher richtig, daß das Jedermann-Hausrecht aus A r t . 13 GG, § 859 ff. BGB, § 123 StGB nicht ausreicht und bei der hoheitlichen Aufgabenerfüllung nicht die actio negatoria, sondern die hoheitliche Anordnung Störungen der öffentlichen Aufgabenerfüllung vermeiden hilft 6 3 . Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß ausschließlich bei der Annahme einer Öffentlichen Sache hoheitliche A n ordnungen möglich sind. Vielmehr erscheint es sinnvoll, unabhängig davon, ob eine Widmung zur Öffentlichen Sache tatsächlich stattgefunden hat, eine Ordnungsgewalt zu konstituieren. Es erscheint zweckmäßig, die Widmung nicht durch Sachbeschaffung fingieren zu müssen, allein damit eine Ordnungsgewalt an einer durch Fiktion entstandenen „Sache" begründet werden kann 6 4 . Dogmatisch ist es folgerichtiger, sich nicht auf ein verwaltungsgewohnheitliches Institut zu stützen, sondern einzelne positive Rechtsnormen zur Störungsabwehr heranzuziehen 65 . Solche sind zum Beispiel A r t . 40 I I S. 1 GG, §§ 40, 41 GeschOBT, §§ 176 ff. GVG, § 36 bwGO, § 12 V bwUG. Aus diesen Normen läßt sich dann eine allgemeine Annexkompetenz folgern. Dies hat das Bundesverfassungsgericht auf dem Gebiet der Gesetzgebungskompetenz getan, i n dem es die Ordnungsgewalt als Annex zu dem Sachgebiet bezeichnet hat, auf dem die Verwaltung tätig ist 66 . Dem ist die Literatur großenteils gefolgt und ordnet das Problem demzufolge ins Anstaltsrecht 67 , zum Teil i n das Polizeirecht ein 68 . Eine solche Anerkennung einer Ordnungs63 Schmitt, Diss., S. 71 ff.; Frühling, Diss., S. 97 ff.; Knoke, AöR 94 (1969), S. 396; Bethge, Die Verwaltung, 10 (1977), S. 313 ff.; Knemeyer, DÖV 1970, S. 596 ff.; ders., DÖV 71, S. 303 f. 64 Fiktionen i m Sachenrecht sind jedenfalls systemwidrig. 65 So zu Recht Knoke, AöR 94 (1969), S. 398 ff. 66 BVerfGE 3, 407 (433); 8, 143 (149); BayVGH, DVB1. 1981, S. 1010 ff. 67 Knemeyer, VB1BW 1982, S.252. Wolff / Bachof, § 99 I I c 1.: Das A b w e h r recht zur Sicherung des Betriebs einer Anstalt sei A n n e x der öffentlich-rechtlichen Sachkompetenz. Da hierzu auch Anstalten ohne Benutzer gehören, läßt sich diese Aussage auch auf Sachen i n Verwaltungsgebrauch übertragen, allzumal W o l f f / B a c h o f über ein A b wehr recht der V e r w a l t u n g bei Sachen i n Verwaltungsgebrauch keinerlei Aussagen machen. 68 So Martens, Polizeirecht, S. 32 f., allerdings ohne dann die Sachgegenstände i n Verwaltungsgebrauch als öffentliche Sachen zu problematisieren; Knemeyer, DÖV 1970, S. 596 ff.; ders., DÖV 1971, S. 303 f.; Zeiler, DVB1. 1981, S. 1000 ff. — Ebenso aber pauschal für alle öffentlichen Sachen und deshalb irreführend Stern, V V D S t R L 21 (1962), S.205: „Polizei der öffentlichen Sachen". — E i n Hausrecht aufgrund des Demokratiegebotes des A r t . 201 GG

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

gewalt, die sich als Annex zu den übertragenen Verwaltungsaufgaben i n Verbindung mit dem tatsächlichen Besitz an solchen Sachen ergibt, braucht nicht mehr das öffentliche Sachenrecht, sondern richtet sich allein nach den Sacherfordernissen der jeweiligen Aufgaben und den dazu verwendeten Räumlichkeiten 69 . Damit hätte man die Möglichkeit, ausgehend von den positiv geregelten Hausrechten und Ordnungsgewalten, gestützt auf die vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Annexkompetenz zu Verwaltungsangelegenheiten, punktuell Ordnungsrechte zu entwickeln, die wesentlich sachnäher sind als ein aufgrund einer fiktiven (!) Widmung des Öffentlichen Sachenrechts ergangener Rechtsakt. Außer den aus dem öffentlichen Sachenrecht entlehnten Worten hat die Rechtsprechung sich auch nicht auf die Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts, wie sie von den Lehrbüchern empfohlen wird, gestützt, sondern hat problembezogen die Fälle gelöst, dabei allerdings ein äußerst widersprüchliches und verwirrendes B i l d hinterlassen 70 . Daran muß kritisiert werden, daß diese rein richterrechtliche, punktuelle Lösung einzelner Fälle den Anforderungen an Rechtssicherheit und Rechtsanwendungsgleichheit nicht gerecht wird. Was fehlt, wäre ein dogmatischer Rahmen des Problems, der auch praktikabel ist. Ein solcher wurde hier vorgeschlagen. Die Begründung eines solchen Rechtsinstituts des Ordnungs- und Organisationsrechts läßt sich von den Dienstgebäuden auch auf alle anderen Hilfsmittel der Verwaltung, der Sachgegenstände i n Verwaltungsgebrauch ausdehnen 71 . Die Verwaltung kann sich gegen Angriffe auf Sachgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben braucht, wehren, auch ohne sich auf die §§ 985, 861 oder 1004 BGB berufen zu müssen — aber auch ohne eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit konstruieren zu müssen. Daß niemand dem Beamten seinen Bleistift oder dem Polizisten seine Dienstwaffe wegnehmen darf, liegt nicht daran, daß sie diese (heimlich) gewidmet haben, daß auf dem Bleistift eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit „lastet". Dies liegt daran, daß die Verwaltungsbehörde als Eigentümer oder Fremdbesitzer die Sachherrschaft (den Beohne Bezugnahme zum öffentlichen Sachenrecht n i m m t an: Haak, DVB1.1968, S. 134 ff. 69 Knoke w i l l deshalb gar das W o r t „Hausrecht" durch das Wort „betriebliche Ordnungsgewalt" ersetzen. Ebenso Martens, S. 32 f. 70 O V G Berlin, DVB1. 1952, S. 763; O V G Hamburg, M D R 1957, S. 188; BGH, DVB1. 1961, S. 46 f.; Β GHZ 33, S. 230 ff.; O V G Münster, DVB1. 1963, S. 303 auf den privatrechtlichen Charakter des Hausrechtes bei Obdachlosensiedlungen abstellend; differenzierend dagegen O V G Münster, DVB1. 1963, S. 450; ebenso BGH, DVB1. 1968, S. 145 ff.; BVerwGE 35, S. 103 ff.; OVG Münster, DVB1.1975, S. 587 f. Jetzt einheitlich als öffentlich-rechtlich BayVGH, DVB1. 1981, S. 1010; dem zustimmend Zeiler, DVB1. 1981, S. 1000 ff. 71 Diese Problematik ist bisher soweit ersichtlich noch nicht thematisiert worden.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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sitz) ausübt, die sich gegenüber dem eventuell vorhandenen Eigentümer als privatrechtlicher Besitzanspruch (z. B. § 986 BGB) äußert. Als öffentlich-rechtliche Sachherrschaft w i r k t sie aber allein gegenüber Störern, denen die Verwaltung Störungen ihrer Verwaltungstätigkeit verwehren darf. Diese Abwehrhandlungen tragen wegen der modifizierten Subjekttheorie verbunden mit der Annexkompetenz denselben Rechtscharakter wie die Verwaltungshandlungen, die gestört wurden, selbst — nämlich öffentlich-rechtlichen! Ein solches absolutes Abwehrrecht als Annexkompetenz muß noch nicht zur Konstruktion einer Öffentlichen Sache, eines Gebietes des Öffentlichen Sachenrechts führen, da absolute Rechte nicht unbedingt Bestandteile eines eigenständigen Rechtsgebiets des Sachenrechts sein müssen. Dies ist auch beim Namensrecht gem. § 12 BGB, der Auslobung gem. § 657 BGB oder dem Schutz der Ehe aus Art. 6 I GG/§ 1004 BGB nicht der Fall. 3.3.2.4 Zusammenfassung Als der entscheidende Punkt, an dem sich die Notwendigkeit Öffentlichen Sachenrechts entscheidet, stellte sich die Frage nach öffentlichrechtlicher Sachherrschaft (also die Differenz zwischen P-P-S und P-S-S) heraus. Ist eine solche nicht vorhanden, richten sich die Beziehungen zwischen Eigentümer und staatlichen Nutzungsinteressenten nach Privatrecht. Wäre eine solche vorhanden, so wäre damit ein Feld für Öffentliches Sachenrecht gegeben. Die Annahme öffentlicher Sachherrschaft ist aber entweder (wie bei den fehlerhaften Erwerbsvorgängen) verfassungsrechtlich und verwaltungsdogmatisch unzulässig oder (wie bei den Leistungsanforderungen) rechtlich noch völlig ungeklärt. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben dürfen die Behörden i m Rahmen ihrer Aufgabenermächtigung Verwaltungsakte erlassen, und zwar auch soweit die Verwaltungsakte Behinderungen und Störungen ihrer Aufgabenerfüllung durch Dritte verhindern oder beseitigen sollen. Zur Aufgabenerfüllung gehört nämlich als Annex die Sicherung der Hilfsmittel gegen Störer. Die öffentliche Sachherrschaft gegenüber Außenstehenden ist Ausfluß der Hoheitsgewalt und somit nicht abhängig von einem besonderen Rechtsakt wie der Widmung oder dem Rechtsstatus einer Öffentlichen Sache. Inwieweit die Verwaltung abwehrende Verwaltungsakte selbst vollstrecken darf, ist eine Frage des Verwaltungsvollst reckungsrechts, nicht des Öffentlichen Sachenrechts.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts 3.3.3 Anstaltsnutzungen

3.3.3Λ Begriffliche

Differenzierungen

Nach einer auf Otto Mayer 7 2 zurückgehenden Formulierung werden Anstalten umschrieben als „verwaltungsorganisatorisch oder auch rechtlich verselbständigte Verwaltungseinheiten, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen" und aus „einer Zusammenfassung von persönlichen und sächlichen Mitteln" bestehen 73 . Da eine so weite Definition alle Veranstaltungen des Staates 74 einschließlich Körperschaften, Stiftungen, Eigenbetrieben, öffentlichen Einrichtungen umfaßt, soll der engere, zu einer Systematisierung besser geeignete Begriff der wohl herrschenden Lehre zugrunde gelegt werden. Nach dieser ist Anstalt eine rechtlich subjektivierte und institutionalisierte Organisation, die, von einer oder mehreren Hoheitspersonen getragen, i n der Regel mit Hoheitsgewalt ausgestattet, ihr auferlegte öffentliche Angelegenheiten wahrnimmt und auf die der Träger dauernd maßgebenden Einfluß ausübt 7 5 . I n diesen engen Begriff fallen die „öffentlichen Einrichtungen" nicht. Solche kommen vorwiegend i n der kommunalen Leistungsverwaltung vor und können wegen der Vielgestaltigkeit ihrer Erscheinungen und Aufgaben (Sportzentren, Leihbücherei, Park, Kanalisation und Kläranlage, Wasserwerk, Schleuse, Theater) nur allgemein als Sachinbegriff i n der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung, der keine selbständige Organisation erfordert, definiert werden 76 . Die öffentliche Einrichtung steht somit zwischen den rechtlich subjektivierten und organisatorisch verselbständigten Anstalten (die damit noch nicht rechtsfähig sein müssen) und einzelnen organisatorisch getrennten Behördengliederungen wie den Sonderbehörden. Daraus ergibt sich eine begriffliche Differenzierung für Sachen i n Anstaltsnutzung: (1) Wie i n 3.3.1 näher erläutert, gibt es Anstalten, an denen es keine Nutzungsmöglichkeit für die Öffentlichkeit gibt; die von ihr umfaßten Sachgegenstände sind Sachen i n Verwaltungsgebrauch. 72

Ders., Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 268. Z i t a t bei Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.399. Ä h n l i c h Maurer, S. 465 f.; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 513; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S.542. 74 Fleiner, S. 321 f. gliedert auch die allgemeine V e r w a l t u n g i n Anstalten: „Inneres, Finanzen usf.". 75 Wolff / Bachof, § 98 I a 6; ebenso Papier, S. 25. 76 So Papier, S. 25; ebenso W o l f f / Bachof, § 9 8 1 a 6 — Bachof setzt dann aber i n § 98 I I b 3 die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen den nicht rechtsfähigen öffentlichen Anstalten gleich, was nach seiner eigenen Definition, „rechtlich subjektivierte u n d institutionalisierte Organisation", i n § 9 8 I a 6 fraglich erscheint. Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 542, verwendet einen weiteren Begriff, so daß es bei i h m öffentliche Einrichtungen i n Form einer Anstalt geben kann. 73

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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(2) Nutzbare, der Öffentlichkeit zugängliche, öffentliche Anstalten: A l lein hier gibt es Anstaltsbenutzungsverhältnisse, bei denen die noch zu klärende „Anstaltsbenutzung" vorliegen kann. (3) Öffentliche Einrichtungen des Verwaltungsrechts: Auch diese werden von der einhelligen Meinung teils aus Begriffsverwirrung 7 7 , teils aus Tradition des früheren Anstaltsbegriffs 78 , teils durch vorsichtige terminologische Erweiterung 7 9 zum „Anstaltsgebrauch" dazugeschlagen. Davon soll auch hier nicht abgewichen werden. Angesichts der organisatorischen Verselbständigung öffentlicher Einrichtungen und externer Nutzungsmöglichkeiten von Sachgegenständen i n öffentlicher Sachherrschaft erscheint es vertretbar, auch Sachgegenstände i m Besitz öffentlicher Einrichtungen als i n „Anstaltsgebrauch" stehend zu bezeichnen. (4) Öffentliche Einrichtungen des Verwaltungsprivatrechts hingegen, die i n Form einer juristischen Person des Privatrechts organisiert werden und privatrechtliche Rechtsverhältnisse mit den Bürgern eingehen, können nicht vom Anstaltsgebrauch erfaßt werden; sie können auch keine öffentlichen Sachen haben, denn eine juristische Person des Privatrechts kann keine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft ausüben, keine Widmung durchführen 80 . 3.3.3.2 Anstalt als „Öffentliche

Sache"?

Bevor versucht wird, i n die Beziehungen zwischen Anstaltsrecht und Öffentlichem Sachenrecht mehr Licht zu bringen, soll zunächst die Frage geklärt werden, ob es bezüglich der Anstalten Normen gibt, die spezifischen sachenrechtlichen Charakter tragen und somit i n eine eigenständige Bereichsdogmatik des Öffentlichen Sachenrechts eingeordnet werden können. Dies wäre nicht der Fall, wenn die i m Anstaltsrecht behandelten Probleme und dafür aufgestellten Aussagen sich ausschließlich auf Sachen i n anstaltlicher Nutzung beziehen könnten und umgekehrt i n bezug auf solche keine Aussagen des Öffentlichen Sachenrechts, die für alle Öffentlichen Sachen formuliert sind, fruchtbar gemacht werden können. Dabei ist es unschädlich, wenn, wie häufig, rechtliche Probleme oder auftauchende Fragen gleichzeitig von mehreren Bereichsdogmati77 W o l f f / Bachof, § 98 I a 6 a. E.: „Der Begriff der öffentlichen Anstalt ist enger als der der »öffentlichen Einrichtung'" gegen §98 I I b 3 : „Die nicht rechtsfähige öffentliche Anstalt w i r d auch »öffentliche Einrichtung' genannt." 78 Papier, S. 25 f., 27; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 409 f. 79 Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, spricht S. 407 ff. v o n „anstaltlich gewährter Nutzung öffentlicher Sachen". Papier nennt die Sachen öffentliche Sachen i m „Anstaltsgebrauch", S. 25 f. 80 So auch Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.402f., 450; Papier, S. 26 f., Ausnähme selbstverständlich bei Beleihung.

5 Kromer

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

ken behandelt werden, solange diese dann auch zur Lösung etwas beitragen können. Fragen wie die nach der Abgrenzung zwischen ordentlicher Benutzung und Sonderbenutzung, der Qualität der jeweiligen Hechtsansprüche, der Klassifizierungen der Benutzungsverhältnisse nach offenen, geschlossenen und abgeschlossenen, freiwilligen und unfreiwilligen bleiben deshalb beiseite 81 . Bisher wurde noch nichts darüber gesagt, was denn nun die Öffentliche Sache sei. So wie sich gezeigt hat, daß der Terminus „Sachen in Anstaltsgebrauch" i n bezug auf „Anstaltsgebrauch" inkorrekt war, könnte es auch mit dem ersten Teil des Terminus sein, daß nicht „Sachen" i n Anstaltsgebrauch stehen, sondern die Anstalten selbst die Öffentlichen Sachen sind (einschließlich der öffentlichen Einrichtungen). Dies w i r d nicht schon begrifflich ausgeschlossen, weil etwa Öffentliche Sachen nur einzelne Gegenstände sein könnten 8 2 und Anstalten Zusammenfassungen von Sachen seien. Wie oben 2.3 gezeigt, gibt es i n jeder Gebrauchsart öffentlicher Sachen auch Sachgesamtheiten 83 ; darin liegt sogar einer der Gründe, die für ein eigenständiges Öffentliches Sachenrecht sprechen. Dennoch ist es richtig zu sagen, daß Anstalten (und öffentliche Einrichtungen) keine öffentlichen Sachen sind, sondern Öffentliche Sachen haben*. Dazu muß jedoch nach einer anderen Begründung gesucht werden. Folgt man der oben 2. eingeführten Terminologie, so ist die Sache selber nicht „öffentlich", sondern die „öffentliche Sache" ist eine rechtliche Eigenschaft von einzelnen Sachen oder auch Sachgesamtheiten. Voraussetzung einer Anstalt als Öffentlicher Sache wäre aber, daß deren „Sachgesamtheit", die Zusammenfassung von „sächlichen und personellen Mitteln", irgendwie durch statusbildende Akte wie eine Widmung hervorgebracht oder geregelt werden kann. Unter der Geltung von A r t . 1 I I I GG kann aber keine solche Anstaltsgründung oder Erlaß einer Anstaltsordnung gedacht werden, die die Sachgegenstände und die Personen, die i n einer solchen Anstalt Dienst tun, zu einer „öffentlichen Sache" zusammenfassen, Amtswalter und Inventar als Sachgesamtheit betrachten. Eine Widmung von Menschen zum Anstaltszweck 85 scheidet aus. Das Inventar allein könnte dann zwar als die Öffentliche Sache „Anstalt" betrachtet werden 86 . Damit 81

Siehe dazu Papier, S. 29 ff.; W o l f f / Bachof, § 98; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 407 ff. 82 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399. 83 Als einziger bemerkt dies Papier, S. 12. 84 W o l f f / Bachof, § 98 I c 3; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.377; so w o h l auch Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S.412 t „anstaltlich verwaltete . . . Sachen"; i m p l i z i t auch Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 513. 85 Daran scheitert Papiers Vorschlag einer Anstalt als öffentlicher Sache, S. 11 ff.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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wäre aber der oben gegebene Anstaltsbegriff, der gerade auf die Organisationseinheit einschließlich der dieser zugeordneten Personen abstellt, verfehlt und würde die oft marginalen und wechselnden Gegenstände (vom Bleistift bis zum Gebäude) zum Kern der Sache machen, obwohl diese nur die Hilfsmittel des Anstaltsträgers zur Erfüllung der i h m auferlegten Zwecke sind. Daraus folgt, daß Anstalt wie öffentliche Einrichtung als Organisationseinheit keine Öffentlichen Sachen sein können, sondern solche nur haben können. Solche öffentlichen Anstalten können also öffentlich-rechtliche Sachherrschaft an einzelnen Sachgegenständen haben, womit sich als hier einschlägige Kombinationen (nach oben 2.2) S-S-N und P-S-N ergeben. 3.3.3.3 Anstaltsgewalt

und Hausrecht

I n den beiden genannten Fällen unterliegen Benutzer derselben A n staltsgewalt, teilweise auch besonderes Gewaltverhältnis genannt 87 . Diese Anstaltsgewalt leitet sich jedoch nicht aus der allgemeinen Hoheitsgewalt des Staates ab, sondern gründet sich auf das jeweilige Nutzungsverhältnis zwischen Benutzer und Anstaltsträger 88 . Ein solches Nutzungsverhältnis kommt meist erst nach zwei übereinstimmenden W i l lenserklärungen zustande, einem öffentlich-rechtlichen schuldrechtlichen Vertrag oder einem Antrag auf Zulassung zur Benutzung und darauffolgendem bewilligenden Verwaltungsakt. I n beiden Fällen handelt es sich nicht um eine dingliche, absolute Regelung, sondern u m ein öffentlich-rechtliches, relatives Benutzungsverhältnis, das selbst nach Zulassung nur eine obligatorische Rechtsposition vermittelt 8 9 . Vor dem öffentlichen Benutzungsverhältnis liegen somit also erstes der A k t der Konstituierung einer Anstalt (dieser w i r d teilweise als Widmung gedeutet, s. o. 3.3.3.2) einschließlich der Wahl der Rechtsform und danach die Wahl zwischen zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Zulassung, wobei diese durch öffentlich-rechtliche Zulassungsansprüche wie i n § 10 I I bwGO vorentschieden sein kann. Erst wenn beide Entscheidungen zugunsten des öffentlichen Rechts getroffen worden sind, kommt die Anstaltsnutzung als Benutzungsform des öffentlichen Sachenrechts i n Betracht. Die öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhält86 A l l e i n auf diese könnte sich eine W i d m u n g durch Satzung beziehen, w i e sie ζ. B. Papier, S. 37, vorschlägt. 87 Z u diesem u n d dem dafür v o n W o l f f geprägten Begriff des Sonderverhältnisses s. W o l f f / Bachof, § 3 2 I V c 3 ; Loschelder, V o m besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung. 88 Das k a n n allerdings auch erzwungen werden wie ζ. B. bei Strafgefangenen, W o l f f / Bachof, § 98 I I f 2. 89 Papier, S.26, 45; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.400, 405 f. m. w. N.; Wolff / Bachof, § 99 I I I a.

δ·

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

nisse werden jedoch auch von denen, die eine Anstalt als öffentliche Sache bezeichnen oder die die Anstaltsnutzung als Nutzungsform Öffentlichen Sachenrechts anerkennen, i n einem selbständigen Gebiet, der Bereichsdogmatik „Anstaltsrecht", abgehandelt 90 . Die rechtlichen Probleme einer theoretisch folgerichtigen und praktisch befriedigenden Einordnung der Nutzungen ins Z i v i l - oder Öffentliche Recht tauchen nur i m Anstaltsrecht und nicht i m öffentlichen Sachenrecht auf — problematisch daran war immer nur, wie theoretisch das Verhältnis zwischen allgemeinem und besonderem Gewaltverhältnis gesehen werden soll, ob es sinnvoll ist, eine bestimmte staatliche Einrichtung (etwa allgemeinbildende Schulen) als Anstalten zu bezeichnen, und inwieweit es sinnvoll ist, staatliche Organisationseinheiten, die nicht „Anstalten" sind, dennoch denselben Regeln der Benutzungsrechte und -pflichten zu unterstellen. Dafür scheint ein „Recht öffentlicher Organisationseinheiten", eine Bereichsdogmatik verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse als Teilgebiet des Allgemeinen Verwaltungsrechts nützlich zu sein, nicht jedoch die Zusammenfassung mit Wege- und Wasserrecht, m i t den Rechtsverhältnissen am Luftraum oder mit Sachgegenständen i n ausschließlicher Benutzung der Verwaltung. Konsequent handhabt diese Trennung schon Salzwedel 91 . Die Trennung der Problembereiche und -lösungen w i r d auch von Papier vorgenommen 92 . Hier zeigt sich jedoch der Bann alter Begriffe, die ihr Eigenleben entfaltet haben. Papier w i l l Sachgegenstände i n Verwaltungsgebrauch und solche, die mittels Benutzungsordnung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, den öffentlichen Sachen zurechnen, „weil und soweit sie einer öffentlichrechtlichen Benutzungsordnung unterliegen". Damit verläßt er den Bereich seiner eigenen Begründung des Öffentlichen Sachenrechts: der Exemtion der Privatrechtsordnung. Neben diese Exemtion stellt er die Regelung von Benutzungsordnungen durch Öffentliches Recht als eine eigenständige Begründung dafür, daß etwas keine private, sondern eine öffentliche Sache sei. Soweit man ins öffentliche Sachenrecht auch öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnisse, obligatorische Rechtsverhältnisse mit einbeziehen w i l l , schafft man damit einen Bereich, der mit der besonderen öffentlichen Sachherrschaft, wie sie oben 2.2 beschrieben wurde und von der Theorie der Exemtion vorausgesetzt wird, nichts mehr gemein hat. Verbindendes Glied kann hier allein die Begründung der öffentlichen Sache als Gegenstand, der irgendwie i n öffentlichem Gebrauch steht, sein. 90 Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 407 ff.; W o l f f / Bachof, §§ 98 ff.; Papier, S. 24 ff.; ohnehin v ö l l i g getrennt bei Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. 91 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. 92 Papier, S. 12 ff., nachfolgendes Zitat S. 15.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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Von der Anstaltsgewalt ist das Hausrecht gegenüber nicht zur Benutzung zugelassenen Personen zu unterscheiden. Das Verhältnis zu Störern außerhalb eines Anstaltsbenutzungsverhältnisses gestaltet sich ebenso wie i m Falle einer Sache i n Verwaltungsgebrauch (oben 3.3.2). Auch hier gibt es eine Ordnungsgewalt m i t öffentlich-rechtlichen A b wehrrechten, die die Verfolgung und Durchsetzung der Verwaltungszwecke (hier der Anstaltszwecke) sichern. Eine solche Ordnungsgewalt begründet sich auf der Pflicht der Verwaltungsträger zur Zweckverfolgung und entspricht dem Begriff des Anstaltsrechts als „Zwecksicherungsrecht" 93 . 3.3.3.4 Öffentliche

Sachen in

„Anstaltsgebrauch"?

I m Abschnitt über „Anstalten als Öffentliche Sachen" wurde dargelegt, warum Anstalten als verselbständigte Organisationseinheiten der Verwaltung keine Öffentlichen Sachen sein können. Was blieb, war die Möglichkeit, diejenigen Sachgegenstände, die einer Anstalt zugeordnet sind, zu einer Sachgesamtheit zusammenzufassen oder an einzelnen Gegenständen öffentlich-rechtliche Sachherrschaft zu begründen. Soweit ersichtlich, vertritt niemand die Auffassung, bei Anstalten sei die „Öffentliche Sache" die Gesamtheit der sächlichen Mittel, die einer Anstalt zugeordnet sind. Einzelne Sachgegenstände w i l l Salzwedel i n „Anstaltsgebrauch" sehen94. Ergänzt u m die dogmatische Aussage, daß der Benutzer keine dinglichen Positionen, sondern nur obligatorische erwirbt 9 5 , die i n Permanenz Zulassungen erfordern, ist damit die Rechtsstellung, die ein Benutzer bei i h m an den einzelnen Sachgegenständen einer A n stalt hat, stark an die Rechtsstellung an Sachen i n Verwaltungsgebrauch angenähert. Dabei ist er der einzige, der sorgfältig und explizit zwischen „Anstaltsnutzung" mit den speziellen anstaltsrechtlichen Problemen der Zulassung und Benutzung einerseits und den „Öffentlichen Sachen i m Anstaltsgebrauch" m i t sachenrechtlichen Problemen der Gewährleistung öffentlich-rechtlicher Zweckbestimmung und -Verfolgung und Widmung unterscheidet 96 . Die oben 3.3.3.2 getroffene Unterscheidung deckt sich inhaltlich m i t der von Salzwedel. Um i n dem hier gebrauchten Sinne von einer Öffentlichen Sache i m „Anstaltsgebrauch" sprechen zu können, ist eine Widmung erforderlich, die allgemein i n der Sachbeschaffung und Indienststellung gesehen 93

W o l f f / Bachof, § 99 I I I a.

94

Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 449 ff.; Papier, S. 24 ff., sieht das Problem auch (beachte v. a. die Uberschrift „Öffentliche Sachen i m ,Anstaltsgebrauch'"), läßt es jedoch zugunsten der Beibehaltung der h. M . offen. 95 96

Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. Ebd., S. 401 ff. u n d S. 449 ff.

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I . Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

wird 9 7 . Diese Widmung ergibt, wie schon bei den Sachen i n Verwaltungsgebrauch ausgeführt, gegenüber dem Eigentümer eine besondere Problematik, vor allem aber gegenüber dem zukünftigen Erwerber von Rechten an der Sache. U m dies zu schützen, müssen gewisse Mindesterfordernisse an Publizität beachtet werden 98 . Hierfür ist nicht nur eine eindeutige durch einen Willensakt verdeutlichte Einordnung i n eine solche verselbständigte Verwaltungsorganisation erforderlich, sondern auch die Erkennbarkeit von außen. Nur für den, der einen Sachgegenstand erwirbt, der erkennbar i n eine öffentlich-rechtliche Organisationseinheit eingeordnet war, kann es keinen Gutglaubensschutz geben. Die durch Widmung entstehende öffentliche Sachherrschaft muß mehr sein als das Besitzrecht des rechtmäßigen Besitzers nach den Regeln des BGB i n Händen der öffentlichen Verwaltung, soll sie dogmatische Aussagen für eine Bereichsdogmatik öffentlicher Anstalten als Öffentliche Sachen abgeben. Soweit an Sachen i n Anstaltsgebrauch noch Privateigentum des Bürgers besteht, gilt für die Exemtion und die daraus folgende Sachherrschaft der öffentlichen Hand das, was oben 3.3.2 über die rechtliche Differenz zwischen P-S-S und P-P-S dargelegt wurde, übertragen auf die Kombination P-S-N. Eine öffentliche Sachherrschaft, die die Eigentumsregeln überspielen würde und etwa fehlerhafte Erwerbsvorgänge „heilen" könnte, indem sie die bürgerlich-rechtliche Rückabwicklung außer Kraft setzte, gibt es allein i n den Darlegungen juristischer Dogmatik 9 9 . Eine derartige Norm gibt es nicht, derartiges Gewohnheitsrecht müßte nachgewiesen werden. Es ist jedoch kein Fall bekannt, i n dem eine Verwaltungsbehörde sich auf ein solches Recht berufen hätte. Unabhängig davon könnte eine solche öffentliche Sachherrschaft, gesetzlich eingeführt, eine verfassungsrechtlich zulässige Eigentumsbindung sein. 3.3.4 Zusammenfassung

Die herrschende Meinung gruppiert Öffentliche Sachen nach der A r t ihrer Benutzbarkeit i n solche i n Gemeingebrauch und daneben solche i n Anstaltsgebrauch und i n Verwaltungsgebrauch. Definiert wurde die „Anstaltsnutzung" durch Nutzungsmöglichkeiten des Bürgers ohne einen direkten dinglichen Zugriff, sondern allein über eine hoheitliche Zulassung. Sachgegenstände i n „Verwaltungsgebrauch" wurden bestimmt als 97 W o l f f / Bachof, §56 I I e 3; undeutlich: Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 449 ff. Anders Papier, S. 46, der die Eigenschaft „öffentliche Sache" durch „Rechtssatz plus faktischer Inanspruchnahme" begründet sieht. 98 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 452. 99 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 451 f. Explizit schreibt er, daß eine bürgerlich-rechtliche Herausgabeklage unzulässig (wieso nicht unbegründet?) sei, solange öffentlich-rechtliche Verstrickung bestehe, S.451.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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solche, die allein von dem begünstigten Verwaltungsträger, nicht aber den Bürgern, benutzt werden können. Für Sachen i n Anstaltsnutzung nach herrschender Auffassung ergab sich die Schwierigkeit, daß die Nutzungen vieler Organisationseinheiten wie ζ. B. der öffentlichen Einrichtungen i n die Gruppe der Anstaltsnutzungen eingeordnet werden, obwohl sie nach heutiger Terminologie keine Anstalten sind. Sie wurden auch hier i n dieser Kategorie belassen, sofern auf sie die Umschreibung für Sachen i n Anstaltsnutzung zutreffen. Damit umfaßt der Terminus aber mehr als die Sachgegenstände, die sich i n der Sachherrschaft einer öffentlich-rechtlichen Anstalt befinden. Andererseits mußte der Terminus enger gefaßt werden. Es gibt nämlich Anstalten, die keinen Publikumsverkehr haben, somit auch keine externen Nutzungen kennen. Diese sind ex definitione allenfalls Sachen i n Verwaltungsgebrauch. Aus den Sachen i n Verwaltungsgebrauch mußten wiederum verschiedene Sachgegenstände ausgeschieden werden. Es zeigte sich, daß die Begriffe des Finanzvermögens und des Verwaltungsvermögens mit den Begründungen und den dogmatischen Aussagen des Öffentlichen Sachenrechts nicht vereinbar waren. Insgesamt kann nur dann eine Sache als Sache i n Anstaltsnutzung oder Verwaltungsgebrauch stehend bezeichnet werden, wenn Sachherr ein Subjekt des öffentlichen Rechts, nicht des Privatrechts war. Dazu muß noch eine spezifisch öffentlich-rechtliche Sachherrschaft des Trägers hinzukommen, soll sich die öffentliche Sache nicht i n der Ausübung zivilrechtlicher Rechte durch einen Träger öffentlicher Verwaltung erschöpfen. Soweit eine solche Sachherrschaft begründet wird, stellt sich das Problem, inwieweit dies m i t Einverständnis des Eigentümers geschieht bzw. eine (Teil-)Enteignung vorliegt. Die Begründung öffentlicher Sachherrschaft muß dem hier gefundenen Ergebnis nach auf Rechtssatz und einem dementsprechenden Willensakt, der nach außen kundgegeben wurde, beruhen. Für Sachen i n Anstaltsnutzung und Verwaltungsgebrauch ergab die Untersuchung, daß Fehler i n den privatrechtlichen Verträgen nicht durch nachträgliche (oder fiktive anfängliche) Hoheitsakte ausgebügelt werden können. Entweder der Verwaltungsträger widmet nach außen auch für den Eigentümer der Sache erkennbar zu öffentlichen Zwecken und schafft damit öffentliche Sachherrschaft, oder er muß sich auf die Normen des Zivilrechts einlassen und hat dann lediglich die Position, die jedem Vertragspartner hätte eingeräumt werden können — dann hat er keine öffentliche Sachherrschaft. Für die beiden Kombinationen P-P-S und P-S-S ergab sich damit, daß ohne Hoheitsakt P-S-S nicht vorliegt bzw. deren fiktive A n nahme verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist. P-P-S dahingegen gehört nicht dem Öffentlichen Sachenrecht an. Bei Benutzung oder

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

Besitz aufgrund öffentlich-rechtlicher Regelungen könnte es aber einen Gegenstandsbereich für Öffentliches Sachenrecht geben. Dasselbe gilt für das wissenschaftlich vernachlässigte Gebiet der Hand- und Spanndienste, der Observanzen und der Leistungsanforderungen nach den Leistungsgesetzen. Von der Erörterung der Kombinationen zwischen Rechtspositionen und Rechtssubjekten wurde der Bereich der Störungen von außen unterschieden, d. h. von Störern, die weder Eigentümer noch Sachherr noch zugelassener Benutzer sind. Für die Kombinationen S-S-S, P-P-S und P-S-S ergab sich deshalb gleichermaßen, daß sich die Störungsabwehr eines Hoheitsträgers nicht nach seinen Eigentums- oder Besitzrechten richtet, sondern aus der Annexkompetenz zu den jeweils betroffenen Verwaltungsaufgaben und dazugehörigen Sachkompetenzen abgeleitet wird. Bezüglich der Anstalten hat sich an mehreren Stellen ergeben, daß die Öffentliche Sache nicht die Anstaltsorganisation selbst ist, sondern daß eine Anstalt allenfalls Öffentliche Sachen haben kann. Dies setzt voraus, daß es sich u m eine öffentliche Organisationseinheit, nicht um eine private juristische Person handelt, und daß die betroffenen Sachgegenstände gewidmet sind.

3.4 Res sacrae 3.4.1 Widmung zum Kultus als „dinglicher Verwaltungsakt"?

Begründungen für das Absondern einer Menge von Rechtsnormen oder dogmatischen Aussagen zu einem eigenständigen Rechtsgebiet werden dann fragwürdig, wenn schon die bestehende Einordnung i n ein Gebiet fruchtbar für die Problemlösung ist oder die Einordnung i n einen neuen Zusammenhang Systemunverträglichkeiten hervorruft. Was die res sacrae betrifft, so ist hier zu untersuchen, ob sie neben ihrer Eigenschaft als Bestandteile des Kirchenrechts auch noch dem Öffentlichen Sachenrecht angehören können. A l l e i n die Tatsache, daß Kirchen öffentlichrechtliche Körperschaften sind, reicht dazu, wie oben 1.6 dargelegt, nicht aus. Kirchen, soweit sie öffentlich-rechtliche Körperschaften sind, sind, wie aus A r t . 137 I WRV i. V. m. A r t . 140 GG hervorgeht, kein Teil der Staatsgewalt und Staatsorganisation. Sie sind Korporationen sui generis 100 . Damit erkennt das Grundgesetz i n A r t . 140 GG ebenso einen Bereich des öffentlichen, dennoch nicht-staatlichen an wie i n A r t . 9 I I I GG bei den Koalitionen oder i n Art. 211 GG bei den Parteien. Alle sind 100 v. Campenhausen, S. 95 ff.; Quaritsch, S. 297 ff.; Friesenhahn, in: HdbStKirchR, Bd. 1, S. 545 ff.; v. Münch, GG-Kommentar, A r t . 140 Rdnr. 22 f.; BVerfGE 18, 386 f. A . A . noch Peters, V V D S t R L 11 (1952), S. 187.

3. Musterung der bisherigen Teilrechtsgebiete

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öffentlich-rechtliche (verfassungsrechtliche) Verbände sui generis, die nicht nur für ihre Mitglieder Rechte und Pflichten entstehen lassen, sondern einen vielfältigen je eigenartigen Einfluß auf Gesellschaft und Staatsorganisation ausüben. Kirchenrechtliche Regelungen sind damit aber so wenig Bestandteil des Verwaltungsrechts wie Gewerkschaftssatzungen oder Parteistatuten. Kirchliche besondere Gegenstände sind damit ebensowenig dem staatlichen Verwaltungsrecht unterworfen wie von Parteien genutzte Gebäude oder von den Koalitionen Interessenten zur Benutzung zur Verfügung gestellte Einrichtungen. Diese Vergleiche sind anscheinend erforderlich, u m die offensichtlich immer noch m i t schwingenden Vorstellungen von der staatlichen Gebundenheit und staatlichen Autorität der Kirchen bloßzustellen. D.h. so wenig wie der verfassungsrechtliche Status der Parteien ausreicht, u m die Sachgegen-•tände i n ihrer Sachherrschaft zu Öffentlichen Sachen zu machen, so wenig reicht dies beim verfassungsrechtlichen Status der kirchlichen Körperschaften nach A r t . 140 GG/137 V WRV. Spätestens seit dem Rechtsspruch des Bundesverfassungsgerichts dürfte dies unbestritten sein: „ . . . ist kirchliche Gewalt zwar öffentliche, aber nicht staatliche Gewalt. Nur soweit die Kirchen vom Staat verliehene Befugnisse ausüben oder soweit ihre Maßnahmen den kirchlichen Bereich überschreiten . . . betätigen die Kirchen mittelbar auch staatliche Gewalt m i t der Folge, daß ihre Selbstbestimmung eine i n der Sache begründete Einschränkung erfährt" 1 0 1 . Weder kann die Kirche also originär fremde Sachen widmen, noch hat sie Enteignungsrecht, noch kann sie Nichtmitglieder zu Geldleistungen ohne staatliche Eingriffsermächtigungen verpflichten. Dem kann jedoch entgegnet werden, die besondere Sachproblematik sei parallel zu der des Öffentlichen Sachenrechts, und es biete sich daher die Übernahme der Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts — als ein Gebiet des besonderen, staatlichen Verwaltungsrechts — an. Sofern dies bedeutet, daß die Kirchen sich an diese dogmatischen Strukturen anlehnen, ist gegen eine solche Argumentation nichts zu sagen. Die Kirchen können ihr Innenrecht eigenverantwortlich gestalten und dogmatische Figuren auch aus staatlichem Recht entlehnen — binden können sie damit aber nur ihre Mitglieder! Festzuhalten ist außerdem, daß diese A r gumentation von vornherein wegen Art. 140 GG/137 I I I WRV verfassungswidrig wäre, bedeutete diese Übernahme eine gesetzgeberische Regelung der res sacrae nach Entstehungsgrund oder -inhalt. Bei der Untersuchung der Rechtsnatur der res sacrae und ihrer evtl. erforderlichen Einordnung ins Öffentliche Sachenrecht ist zunächst zu überprüfen, inwieweit die Begriffe folgerichtig entwickelt sind und ob 101

BVerfGE 18, 385 (387).

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

die Rechtswirkungen i m Innenverhältnis sauber von denen gegenüber Staat und beliebigen Dritten getrennt sind. Dabei möchte ich von der Begriffsbestimmung ausgehen, daß res sacrae solche Sachen sind, die durch Konsekration oder Benediktion zum Kultus bestimmt sind 102 oder bei der eine rechtlich ähnliche Einweihungshandlung festgestellt werden kann 1 0 3 . A n der soeben zitierten Auffassung von Erler fällt zunächst die Ausrichtung auf die katholische Kirche auf. Sollte diese Beschreibung tatsächlich einen Rechtsbegriff m i t Relevanz für staatliche Stellen definieren wollen, so wäre dies als Ungleichbehandlung der anderen Kirchen schon wegen Verletzung von A r t . 3 I GG verfassungswidrig. Faßt man die Definition weiter i m oben beschriebenen Sinne, nämlich als öffentliche oder offizielle Bestimmung oder Bereitstellung zur bestimmungsgemäßen Nutzung nach den jeweiligen Bestimmungen der Religionsgesellschaften auf, was selbstverständlich auch i n Form einer Weihehandlung geschehen kann, ist dieses Problem zwar umgangen; man erlangt damit aber nur den internen Akt einer „Widmung", daß für alle Kirchenglieder dieser Gegenstand hinfort als sakraler gelte. Damit ist noch nicht der öffentlich-rechtliche, dingliche Verwaltungsakt einer rechtsgestaltenden Wirkung auch gegenüber Dritten gemeint! Dabei reicht es nicht, einen geäußerten Rechtswillen als Widmung und diese als Spezialfall eines Verwaltungsaktes zu behaupten 104 , da beides mittlerweile genau bestimmte termini technici sind, die heute ein ganzes System an rechtlichen Konsequenzen und Rechtsschutzmöglichkeiten implizieren. Was ein Verwaltungsakt ist, richtet sich nach § 35 V w V f G (inhaltlich identisch: § 35 LVwVfG). Danach muß der Verwaltungsakt von einer Behörde i. S. d. § 1 I V V w V f G erlassen worden sein und einen Einzelfall regeln. Eine Behörde kann zwar auch eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts sein 105 , die ebenfalls Aufgaben öffentlicher Verwaltung erfüllt. Die Kirchen erfüllen jedoch nur selbstgewählte Aufgaben und grundsätzlich keine staatlichen. Deshalb hat § 2 I V w V f G (in102

Erler, Kirchenrecht, K a p i t e l 51, S. 158 f. Z u r Problematik i m ev. Kirchenrecht s. Muus, ZevKirchR 1964/65, S. 128. — Die auf das A L R I I 11 § 160 ff. gestützte Meinung v o n Forsthoff, AöR N F 31 (1940), S. 218 f., die Entstehung der res sacrae geschehe m i t der Ingebrauchnahme ohne besonderen Widmungsakt, der sich auch Schallenberg S. 97 anschließt, widerspricht der Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts. Wie sich unten I I . 2.2 u n d 4.1 zeigen w i r d , ist ein v o n außen erkennbarer, statuierender A k t erforderlich, u m eine öffentliche Sache zur Entstehung gelangen zu lassen. Die Entstehung der öffentlichen Sache „Kirchengebäude" v o n einer staatlichen Genehmigung abhängig zu machen ( A L R I I 11 § 176, Forsthoff, AöR N F 31 [1940], S.218, Schallenberg, S. 97), widerspricht wegen A r t . 140 GG/137 I I I W R V dem Grundgesetz. Dementsprechende Normen sind nichtig. 104 Forsthoff, AöR N F 31 (1940), S. 227. 105 Knack, V w V f G , § 1 Rdnr. 6.2 u n d 6.2.1. 103

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haltlich identisch § 2 I LVwVfG) das ganze Gesetz für die Kirchen für unanwendbar erklärt, es sei denn, die Kirchen seien Beliehene. Dann und nur dann können sie als unmittelbare staatliche Verwaltung Verwaltungsakte erlassen; es gilt dann das V w V f G und die VwGO 1 0 6 ; es ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben 107 . D. h. mit anderen Worten, daß die Kirche nicht aus eigener Machtvollkommenheit i n Rechte (und sei es auch nur das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit) irgendeines ihr nicht angehörenden Bürgers eingreifen kann. Bei den zu prüfenden Fällen ist also genau zu unterscheiden, ob die Kirche i n kirchlichen Angelegenheiten über eine res sacra verfügt, ob sie eine solche gegenüber dem Staat geltend macht, oder ob sie einem Außenstehenden als Beliehene ein Recht versagt, i n ein Recht eingreift. Eine irgendgeartete Hoheitsgewalt über andere hat die Kirche nur insoweit, als der Staat — das Gewaltmonopol auch i n bezug auf Rechtsbeschränkungen — diese ihr verliehen hat. Eine Widmung, soweit sie Dienstbarkeiten, Veräußerungsverbote, Unterhaltungslasten oder Duldungspflichten begründet, kann nur nach staatlicher Ermächtigung erfolgen 108 ; eine solche könnte i n der Verleihung des Status als Körperschaft des Öffentlichen Rechts nach A r t . 140 GG/137 V WRV gesehen werden 109 . Dies wäre jedoch nur möglich nach eingehender historischer Auslegung von A r t . 137 WRV, genetischer Interpretation des Wortlauts von A r t . 140 GG und einer genauen und detaillierten Abgrenzung der kirchlichen Rechte zum Staat einerseits und zu anderen öffentlich-rechtlichen Verbänden andererseits, nach eingehender systematischer Interpretation der anderen, öffentlich-rechtliche Verbände betreffenden Grundgesetzvorschriften und der Grundrechte — m i t h i n ein Gegenstand für eine selbständige Monographie. Statt dessen soll an einigen Beispielen eine Normbereichsanalyse begonnen werden, die mit dem Herausarbeiten der Sachprobleme die Heranziehung oder Ablehnung der bisherigen Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts induzieren kann. Ein solches Beispiel ist die Rechtsfigur, die gerade typisch für das Öffentliche Sachenrecht ist: die Widmung nicht i m Eigentum des Widmungssubjekts stehender Sachen. I m Öffentlichen Sachenrecht gibt es 106 Knack, V w V f G , §2 Rdnr. 1.2; Stelkens / Bonk / Leonhardt, V w V f G , §35, Rdnr. 45, 46; Eyermann / Fröhler, V w G O , §42, A n m . 82; Redeker / Oertzen, VwGO, § 40, A n m . 34. 107 Z u diesem Problemkreis insgesamt beachte die Entscheidungen zur K i r chensteuerveranlagung: BVerfGE 19, 206 (215 ff.); 288 ff.; zur Friedhofsbenutzung: BVerwGE 25, 364 ff.; O V G Lüneburg, D Ö V 1954, S. 695; O V G Münster, DVB1. 1954, S. 305 f.; zum Schulrecht: BGH, M D R 1961, S.205. 108 Forsthoff, A Ö R N F 31 (1940), S. 211, 221 f. 109 So die Argumentation, die dieses Recht aus dem Status der Kirchen als öffentlich-rechtlicher Körperschaften ableitet: Weber, ZevKirchR 1964/65, S. 115 f.; Marx, HdbStKirchR, Bd. 2, S. 120, 121.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

bei Privateigentum die Möglichkeit, eine Sache teilzuenteignen, einen öffentlichen Vertrag mit dem Eigentümer abzuschließen oder vorher das Einverständnis des Eigentümers einzuholen (sog. Verwaltungsakt auf Unterwerfung) 1 1 0 . Was die Kirchen betrifft, so haben sie die erste Möglichkeit nicht; sie können ζ. B. nicht ein Grundstück oder Gebäude i n staatlichem oder privatem Eigentum „widmen" und damit ihren eigenen Zwecken zuführen. Denn sie haben nicht die Möglichkeit der Enteignung, da eine Enteignung nach A r t . 14 I I GG nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen darf und ein solches nicht existiert. Auch ein Verwaltungsakt auf Unterwerfung gibt es für Kirchen i n diesem Fall nicht, da sie mit der Widmung eigene Angelegenheiten regeln würden (s. dazu oben). Folglich bleibt als einzige Möglichkeit die des Vertrages. Ob dieser öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist, kann hier dahingestellt bleiben, da zwar auch öffentlich-rechtliche Verträge innerhalb des Kirchenrechts möglich sind, deren Vorhandensein allein nicht für eine Einordnung ins Öffentliche Sachenrecht sprechen. Das typische Problem der Widmung fremder Sachen mit den typischen Lösungsmöglichkeiten des Öffentlichen Sachenrechts gibt also nichts für eine Einbeziehung der res sacrae i n dieses Rechtsgebiet her.

3.4.2 Schutz vor Enteignung und Entwidmung

A n der Struktur und Zielrichtung des Öffentlichen Sachenrechts geht es völlig vorbei, wenn man meint, die res sacra als öffentliche Sache deshalb behaupten zu müssen, u m sie gegen staatliche Enteignung zu schützen 111 . Dies ist eine Frage des Verfassungsrechts, die i n A r t . 141, 140 GG/138 I I WRV besonders geregelt ist. Öffentliche Sachen sind gegen Enteignungen keinesfalls sakrosankt. Öffentliches Sachenrecht ist kein normativer Schutzwall gegen Enteignungsakte 112 . Hier zeigt sich besonders verhängnisvoll, daß das Nachbeten alter Formeln 1 1 3 , die einmal rechtlich bedeutsam und rechtspolitisch wichtig zur Abwehr von Eingriffen waren, sich bei geänderter Rechtslage ins Gegenteil verkehren kann. Es gibt i n der heutigen Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts keinen Satz, der eine „Enteignung" einer Öffentlichen Sache verbietet 114 . Statt dessen bietet A r t . 14 I I I GG, 110 W o l f f / Bachof, §48111; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S.212, 386; auch mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt genannt, s. Erichsen / Martens, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 201. 111 Muus, ZevKirchR 1964/65, S. 135 f. u n d v. a. Weber, ZevKirchR 1964/65, S. 111 ff., v. a. 115 ff.; Heckel, S. 44 ff. 112 Siehe dazu schon oben 1.6; zum Verhältnis öffentliches Sachenrecht/ Enteignungsrecht unten I I . 3.1. 113 Forsthoff, AöR N F 31 (1940), S. 221, 222, 227.

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der eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit erlaubt und von einer Entschädigung abhängig macht, und A r t . 4 I GG, der den Kirchen und ihren Mitgliedern die Religionsausübungsfreiheit ohne Gesetzesvorbehalt garantiert, einen Schutzwall, der aus rein politischen Erwägungen oder verwaltungsrechtlichen Zweckmäßigkeitsgründen nicht überschritten werden kann. Eine Enteignung und darauffolgender Abriß einer Kirche aus Gründen der Flüssigkeit oder Leichtigkeit des Verkehrs oder zum Bau eines neuen, politisch erwünschten Verkehrsweges dürfte nach jeweils eingehender Prüfung nach der praktischen Konkordanz 115 ebenso wie bei einer Abwägung 1 1 6 scheitern. Demgegenüber ist das Berufen auf einen nicht positivierten Rechtssatz, der aus einer Zeit stammt, i n der die Kirchen noch einen völlig anderen Rechtsstatus hatten und die verwaltungsrechtlichen Begriffe „Körperschaft", „Anstalt" und „Verwaltungsakt" eine andere Bedeutung hatten, nichtssagend. Auch i m Interesse der Kirchen sollte er fallengelassen werden. Damit eng verknüpft ist die alte, heute wohl unbegründete Angst vor staatlicher „Entwidmung" kirchlicher Sachen117. Wenn dabei gesagt wird, der Staat dürfe zwar enteignen, aber nicht entwidmen, so führt diese Differenzierung zu dogmatischen Widersprüchen. Zum einen kann damit gemeint sein, der Staat dürfe gewidmete Sachen nicht enteignen — der Staat müsse also vor jeglicher res sacra haltmachen; dies meinen diese Autoren jedoch offensichtlich nicht 1 1 8 , sonst würden sie das Beispiel der zu enteignenden Kirche i m Einzugsbereich eines geplanten Stausees nicht anführen. Zum anderen kann damit gemeint sein, daß eine staatliche Enteignung unabhängig von der kirchlichen Widmung geschehen kann oder daß die Kirche i n einem solchen Fall der staatlichen Enteignung entwidmen muß. Dann ist jedoch die Frage, was ein Widmungsrecht m i t Stoßrichtung gegen staatliche Enteignung noch wert ist. Diese Auffassung erscheint auch deshalb unsinnig, weil alle denkbaren Fälle „staatlicher Entwidmung" immer mit einer Enteignung oder einer Veräußerungspflicht an den Staat zu (verwaltungsrechtlich zulässigen) Zwecken der Erfüllung staatlicher Aufgaben zusammenhängen 114 Eine dementsprechende Aussage habe ich i n keinem Beitrag zum ö f f e n t lichen Sachenrecht i m Rahmen des besonderen Verwaltungsrechts gefunden. Sie ist, w i e sich u n t e n I I . 3.1 zeigen w i r d , auch sachlich unsinnig. 115 Hesse, Verfassungsrecht, S. 28 ff., 138 ff. u. ö.; Stein, § 14 I ; jetzt auch BVerfGE 50, 290 ff.; 52, 1 (29). 116 Ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 7, 198 ff. (205 ff.); 14, 263 (282); 21, 239 ff. (243 f.). i n weber, ZevKirchR 1964/65, S. 115, 118 f.; indirekt auch M a r x , HdbStKirchR, Bd. 2, S. 117 ff. ne weber, ZevKirchR 1964/65, S. 115; M a r x , HdbStKirchR, Bd. 2, S. 117 ff.; ähnlich Forsthoff, AöR N F 31 (1940), S.228 f., bei letzterem das sogleich angeführte Beispiel.

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

müssen. Denn daß der Staat aus anderen Gründen eine res sacra „entwidmet" 1 1 9 , ist wegen A r t . 140 GG/137 WRV ausgeschlossen und bedarf keiner anderweitigen, ohne jegliche Begründung aufgestellten, dogmatischen Behauptungen. Der Satz „der Staat darf zwar nicht entwidmen, aber enteignen" verbessert den Schutz der res sacrae gegenüber den ausdrücklichen Abwehr- und Selbstgestaltungsrechten des Grundgesetzes nicht i m geringsten. Außerdem ist er nicht Bestandteil des Öffentlichen Sachenrechts. Logisch führt nämlich die Frage nach dem Rechtssubjekt der Entwidmung auf das Rechtssubjekt der Widmung zurück. Wenn das Recht zur Widmung als Recht zur Festlegung des Verwendungszweckes definiert wird, so ist logisch nicht möglich, daß ein anderes Rechtssubjekt zu irgendeinem Zeitpunkt diesen Verwendungszweck aufhebt. Denn wäre dies möglich, so müßte es heißen: Widmung ist das Recht, den Verwendungszweck so lange zu bestimmen, wie nicht ein anderer einen anderen Widmungszweck bestimmt. Einen solchen Satz gibt es i m Öffentlichen Sachenrecht nicht. Es gibt auch nicht den Satz, daß ein Rechtssubjekt die Möglichkeit hat, unabhängig von der von einem anderen Rechtssubjekt getätigten Widmung eine Sache zu enteignen. Zusammenfassend ergibt sich für diese Problematik damit, daß das Heranziehen des Öffentlichen Sachenrechts bzw. die Einbeziehung von res sacrae i n das bisherige verwaltungsrechtliche öffentliche Sachenrecht weder einen Schutz vor Enteignung noch vor Entwidmung bietet, der über den grundgesetzlichen Schutz des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen und der freien Religionsausübung i n irgendeiner Weise hinausginge. 3.4.3 Schutz vor widmungswidrigem Gebrauch

Alle Äußerungen zu diesem Komplex begehen den Fehler, überhaupt nicht zu differenzieren, wie die Rechtslage nach Bürgerlichem Recht ist und bezüglich welcher Gegenstände wer gegen wen Ansprüche haben w i l l 1 2 0 . Die Rechtsverhältnisse Staat—Kirche bezüglich hoheitlicher Eingriffsakte wurden oben an einem Fall bereits untersucht. Davon streng zu trennen ist die Frage, wie sich die Rechtsverhältnisse zwischen Kirche und Privaten gestalten (die Rechtsverhältnisse zwischen Kirche und ihren Mitgliedern sind rein kirchenrechtlicher Natur und haben i m Öffentlichen Sachenrecht so wenig zu suchen wie das Beamten- oder Soldatenverhältnis). Was die Rechtsmacht der Kirchen zur Beschränkung von Rechten Privater betrifft, wurde oben 3.4.1 schon das Nötige gesagt. Nun bleibt noch zu untersuchen, ob das Öffentliche Sachenrecht 119 E i n zulässiger F a l l wäre etwa die Sperrung oder gar der zwangsweise Abriß einer akut einsturzgefährdeten Kirche. 120 V ö l l i g unüberlegt v o r allem Muus, ZevKirchR 1964/65, S. 126, 129 f., 132, 135 f.; Erler, Kirchenrecht, S. 158 ff.

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zum Schutz der Kirche vor Privaten erforderlich ist. Dies kann nicht dadurch geschehen, daß man einfach behauptet, geweihte Gegenstände seien dem weltlichen Rechtsverkehr schlechthin entzogen 121 . Warum dies so sein sollte, müßte begründet werden. Denn grundsätzlich sind alle Sachgegenstände Regelungsobjekte des BGB. Wer dies ignoriert, fällt hinter die Erkenntnisse Forsthoffs von 1940 zurück 122 . Steht die grundsätzliche Geltung des BGB fest, ist zu fragen, i n welchen Fallkonstellationen dessen Regelungen den Problemen bei res sacrae nicht entsprechen. Das Öffentliche Sachenrecht kommt hier insbesondere bei Nutzungen von Sachen durch andere Personen als dem Eigentümer i n Betracht (die typische Problematik des Öffentlichen Sachenrechts, s. o. 2.2., wie schon allein die Unterteilung i n Sachen i n Gemeingebrauch, Anstaltsnutzungen, Verwaltungsgebrauch zeigt). Untersucht werden muß also, ob das BGB den Kirchen nicht die Möglichkeit gibt, Nutzungen Privater nur i m Rahmen der eigenen Vorstellungen zulassen zu müssen 123 . Die meisten gefundenen Beispiele für die Notwendigkeit öffentlichen Sachenrechts zeigen nur eins: daß die Autoren nicht wissen, was die Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts beinhaltet und zu welchen Problemlösungen sie dient. Ob Räume i n Pastoraten nicht vermietet werden dürfen 1 2 4 oder ob Kirchen nicht für „weltliche" Konzerte benutzt werden dürfen 125 , entscheidet sich allein nach — nur intern geltendem — Innenrecht; es macht bürgerlich-rechtliche Mietverträge nicht unmöglich oder per se nichtig. Dazu fehlt die Behauptung, A r t . 140 GG i. V. m. WRVA r t i k e l n enthalte ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB. Wozu hier Öffentliches Sachenrecht dienen soll, ist völlig unerfindlich. Hier reicht das BGB. Schlösse etwa ein Pfarrer mit einem Privaten einen Mietvertrag über einige Räume des Pfarrhauses, so wäre die Frage, ob er dies überhaupt kann — ob er unmittelbaren Besitz und Nutzungsmöglichkeiten verschaffen kann (§ 535 BGB), ob er u. U. nur zur Untervermietung berechtigt ist (§ 549 BGB) und sich sein Dienstherr dagegen wehren 121

Muus, ZevKirchR 1964/65, S. 126; Erler, Kirchenrecht, S. 158. Ders., AöR N F 31 (1940), S. 219. Den Dualismus befürwortet ebenfalls v. Campenhausen, S. 139. 123 „Nutzungen" des Staates sind hier nicht zu prüfen. Denn sie sind schlicht Eingriffsverwaltungsakte des Staates, die dem Rechtsstaatsgebot genügen, insbesondere eine Ermächtigungsgrundlage haben müssen u n d dabei ohne Verstoß gegen das Ubermaßverbot i n die Selbstverwaltungsautonomie der Kirchen eingreifen. Deshalb ist das Glockenbeispiel v o n Muus, ZevKirchR 1964/65, S. 126, abwegig. Nutzungen v o n Kirchenmitgliedern richten sich ohneh i n nach Verbandsrecht, nicht nach Öffentlichem Sachenrecht. 124 Muus, ZevKirchR, S. 129, unter Verweis auf Kirchengesetz v o m 11.11. 1960, GVB1. der ev.-luth. Landeskirche Schleswig-Holstein 1961, Nr. 1 — innerkirchliches, obligatorisches Recht. Auch w i r d hier keineswegs die Bedeutung des Pfarrgartens für die Meditation unterschätzt. 125 Erler, Kirchenrecht, S. 158. 122

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

kann. Die Rechtslage i m Fall, daß eine Kirchengemeinde zur Erzielung von Einnahmen ihr Gotteshaus für weltliche Musikveranstaltungen vermietet, mag sehr kompliziert sein (Vertreter ohne Vertretungsmacht, § 164, 177, 179 BGB; Durchsetzbarkeit des Anspruchs des Mieters und Geltendmachung eines Schadens). Was jedoch sicher inadäquat ist, ist die Zugrundelegung von Öffentlichem Sachenrecht, nach der hier etwa eine — von einer Stelle rechtswidrig erteilten — Sondernutzungserlaubnis durch die höhere (Verwaltungs?)Behörde zurückgenommen w i r d und ein Mieter vor dem V G Klage wegen Erteilung oder Nichterteilung einer solchen Sondernutzungserlaubnis erheben könnte. A l l dies ist systemwidrig und abwegig. Ein weiteres Problem sind die ohne Vertrag erfolgten Nutzungen. Jemand „leiht" sich Bücher des Pfarrers aus, u m sie nach dem Lesen wieder zurückzubringen; ein Penner richtet sich auf einem Kirchenfriedhof häuslich ein; ein Musikstudent beruft sich auf Gemeingebrauch an einer Kirchenorgel. A l l dies sind Fälle verbotener Eigenmacht (§ 858 BGB) bzw. anderweitiger Besitzstörung (§ 1004 BGB). I m Fall des Musikstudenten beruft sich dieser gerade auf ein Institut des Gemeingebrauchs. Ohne Öffentliches Sachenrecht könnte er dies nicht; er könnte nicht darlegen, warum er Nutzen aus einer Sache ziehen w i l l , die ihm nicht gehört. A u f den Streit, ob dies noch Gemeingebrauch oder schon Sondernutzung ist, braucht sich die Kirche nach der hier vertretenen Ansicht gar nicht einzulassen! Einem Begehren des Studenten kann sie § 903 BGB, einem Besitzergreifen von der Orgel §§ 858, 1004 BGB entgegensetzen. Ebenso sind die anderen Fälle zu lösen. 3.4.4 Schutz vor Gutglaubenserwerb

Ernster werden die Schwierigkeiten, wenn es gilt, Kirchengut vor gutgläubigem Erwerb zu schützen. Hierher gehört der Topos der strafbaren Profanisierung und der Veräußerungsbeschränkungen 126 . Da ein gutgläubiger Erwerb eines Grundstücks, auf der sich eine res sacra befindet (z. B. Kirche, Kloster), kaum denkbar erscheint, soll sich die Untersuchung auf bewegliche Sachen beschränken. W i r d Kirchengut gestohlen, so ist wegen § 935 BGB rechtlich eine Sicherung von Eigentum und Nutzungsdestination nicht erforderlich. Dogmatische Figuren wie die öffentliche Dienstbarkeit werden dafür nicht benötigt. Sollte einmal ein Pfarrer oder ähnlicher Würdenträger eine res sacra veräußern, dürfte es nicht schwer sein, dem Erwerber einer Madonna, eines Abendmahlkelches, einer Kirchenglocke o. ä. seinen fehlenden guten Glauben (§ 932 I I BGB) nachzuweisen. Sollte ausnahmsweise einmal eine solche 126

Erler, Kirchenrecht, S. 158.

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Sache von dem veräußert werden, der den Besitz an der Sache hat (für Besitzdiener, ζ. B. Ministranten, gibt es diese Möglichkeit nicht, § 855 BGB), und der Erwerber ohne grobe Fahrlässigkeit davon ausgegangen sein, die Sache gehöre dem Veräußerer selbst, so muß man so konsequent sein, und den Erwerber Eigentum erwerben lassen. Den Meinungen, die dies zwar zulassen, die Widmung aber die privatrechtliche Eigentümerstellung überspielen lassen 127 , kann nicht gefolgt werden. So wenig wie die Kirchen unter dem Grundgesetz originäre nicht vom Staat verliehene Hoheitsgewalt haben, so wenig können sie öffentlichrechtliche Dienstbarkeiten statuieren, die die Privatrechtsregeln derart überlagern, daß die Vorschriften über Vertretungsmacht i n § 164 und über Gutglaubenserwerb i n § 932 ff. BGB für res sacrae außer Kraft gesetzt werden. Auch ein gesetzliches Veräußerungsverbot i. S. d. §§ 134,135 BGB, das Element des öffentlichen Sachenrechts wäre, besteht nicht (einschlägig können hier nur Parlaments-, nicht Kirchengesetze sein) 128 .

3.4.5 Zusammenfassung

Damit hat sich ergeben, daß kein Fall gefunden werden konnte, i n dem das Bürgerliche Recht, die anderen Gebiete des Verwaltungsrechts oder das Verfahrensrecht nicht eine sachgerechte Lösung erlaubt hätten. Sollte doch ein Fall gefunden werden, der ohne Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts nicht angemessen lösbar ist, so ist eines festzuhalten: Gegenüber Nichtmitgliedern kann sich eine Kirche nur dann auf staatliches Verwaltungsrecht und danach vollzogenen A k t e n berufen, wenn sie zu diesen Hoheitsgewalt verliehen bekam. Wegen des Vorbehalts des Gesetzes i m Öffentlichen Recht, dem allein eine Exemtion von BGB-Normen angehören kann, muß eine Exemtion aufgrund Gesetzes ergehen. Eine solche Grundlage gibt es nicht. Letztendlich gibt es keinen Rechtssatz — auch nicht die Anerkennung als öffentliche Körperschaft i n A r t . 140 G G / A r t . 137 V WRV —, die eine kirchenrechtliche, innerverbandliche Handlung zu staatlichem, gegenüber jedem geltenden Recht transformieren könnte. Solange ein einschlägiger Fall nicht gefunden oder die Notwendigkeit der Beleihung als normative Grundlage nicht nachgewiesen ist, ist die res sacra aus dem Öffentlichen Sachenrecht zu verabschieden.

127

S.139.

M a r x , HdbStKirchR, Bd. 2, S. 120; v. Campenhausen, Staatskirchenrecht,

128 I n Frage käme hier allein der Codex Maximilianeus, s. Forsthoff, AöR NF 31 (1940), S. 218; für dessen Geltung noch Schallenberg, S. 50 f.

6 Kromer

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I . Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

3.5 Sonstige Sachen 3.5.1 Elektrizität

Die bisher dargestellten öffentlichen Sachen bezeichneten alle eine bestimmte Gebrauchsart. Auch die meisten Sachgegenstände, die als Beispiele genannt werden, wie Gletscher, Meeresstrand, Wälder, Wanderwege, sind Sachgegenstände, die einer der oben genannten Gebrauchsarten zugeordnet werden sollen oder können. Dies t r i f f t für die Elektrizität nicht zu. Bei keinem Autor wurde eine Aussage darüber gefunden, zu welcher Gebrauchsart — etwa Gemeingebrauch oder A n staltsnutzung — elektrischer Strom zu rechnen wäre. Sie muß daher als eigenständige Gebrauchsart beziehungsweise öffentliche Sache behandelt werden. Forsthoff 129 und Wolff / Bachof 130 behaupten, soweit ersichtlich, als einzige, daß elektrischer Strom eine öffentliche Sache sein kann. Keiner dieser verschwendet aber mehr als zwei Sätze auf diese merkwürdige öffentliche Sache. Vor allem erfolgt keine Auseinandersetzung mit der anderen Meinung, nach der erstens die Körperlichkeit für Sachen wesentlich sei (beide Seiten stellen lediglich die Behauptung auf, ohne Argumente dafür anzuführen) und zweitens Elektrizität nicht der Privatrechtsordnung unterliegen könne, gerade weil sie keine Sache im Sinne des BGB sei 131 . Dieses Argument ist treffend. Denn wenn Elektrizität deshalb nach Aussagen der beiden Autoren öffentliche Sache sein kann, weil für solche Körperlichkeit nicht erforderlich ist, dann gilt für den elektrischen Strom die Sachdefinition des § 90 BGB gerade nicht — eine Exemtion bürgerlich-rechtlicher Vorschriften ist nicht erforderlich. Auch eine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft ist schwer vorstellbar, sie müßte ebenso konstruiert w i r k e n wie die öffentliche Sachherrschaft an der Wärme eines Herdes oder der Federkraft einer gespannten Feder. Doch sollten noch zwei andere Argumente überzeugen: Für öffentlichrechtliche Sachherrschaft ist ein Hoheitsträger, der widmet und die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft ausübt, erforderlich. Ein Privater kann dies nicht. Nun sind aber Stromlieferanten und -erzeuger privatrechtlich organisiert, oft i n Form einer AG, zum Teil sogar ohne Beteiligung des Staates, sie schließen privatrechtliche Versorgungsverträge ab, sie versenden keine Gebührenbescheide, sondern privatrechtliche 129

Ders., A l l g . Verwaltungsrecht, S. 378. Dies., §55 I I b 1. 131 Gegen Elektrizität als öffentliche Sache: Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 149; Papier, S. 2; — Elektrizität als öffentliche Sache k o m m t nicht v o r bei: Jellinek, Verwaltungsrecht; Erichsen / Martens, A l l g . Verwaltungsrecht. I n v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, k o m m t sie n u r unter dem Gesichtsp u n k t der Energieversorgung u n d Wettbewerbssicherung bei Β adura, W i r t schaftsverwaltungsrecht, S. 332, vor. 130

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Rechnungen. Bei all diesen Energieversorgungsunternehmen kann von öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft nicht die Rede sein. Letztlich sollte zu denken geben, daß der elektrische Strom i m Öffentlichen Sachenrecht noch nie Gegenstand von Erörterungen gewesen ist oder auch nur ein Problem aufgeworfen hätte, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Stromerzeugern, -lieferanten und -konsumenten bisher jedoch recht reibungslos auch ohne Öffentliches Sachenrecht abgewickelt werden konnten. Weder von der Begründung noch von den Bedürfnissen der Betroffenen her scheint daher große Nachfrage nach Elektrizität als Öffentlicher Sache zu bestehen. 3.5.2 Luft

Bei Luft beziehungsweise Luftraum soll es sich nach den Behauptungen einzelner Autoren ebenfalls um eine öffentliche Sache handeln, diesmal um eine i n Gemeingebrauch 132 . Auch hier sind viele Autoren der Meinung, daß Luft keine öffentliche Sache sein könne, weil hier die für Sachen wesentliche Körperlichkeit fehle oder weil diese ohnehin nicht der Privatrechtsordnung unterliege, somit keine Exemtion erforderlich sei 133 . Was die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Luft, die Zusammensetzung des Gasgemisches betrifft, so ist dies alles Teil des Immissionsschutzrechts. Dieses ist speziell auf die Sachprobleme der Luftreinhaltung zugeschnitten und ist kein Spezialfall des Öffentlichen Sachenrechts. Immissionsschutzrechtliche Probleme m i t Widmung von Gasgemischen, m i t dinglichen Verwaltungsakten oder einer Exemtion der Privatrechtsordnung lösen zu wollen, ginge an der Sache vorbei. Die Annahmen, dieses Gasgemisch könne i m Privateigentum stehen, bedürfe aus Gründen des öffentlichen Wohls einer dieses überlagernde Sachherrschaft, es erfolge eine Widmung zum öffentlichen Gebrauch, scheitern an §§ 903, 90 BGB. Kurzum heißt das, daß die Einwirkungen auf die Zusammensetzung der Luft beziehungsweise der Übertragung von Einwirkungen mittels des Gasgemisches Luft nicht innerhalb des ö f fentlichen Sachenrechts zu konstruieren ist. A n d e r s k ö n n t e dies m i t d e m L u f t r a u m sein. S o f e r n a u f die B e n u t z u n g des Raumes zu i r g e n d w e l c h e n H a n d l u n g e n v o n P r i v a t e n oder ö f f e n t l i c h e n S t e l l e n die Rede ist, k ö n n t e es so e t w a s w i e eine ö f f e n t l i c h e Sache geben, da f ü r d e n L u f t r a u m j e d e n f a l l s die H o h e i t s g e w a l t d e r B u n d e s republik Deutschland gilt. Der R a u m über den privatrechtlichen G r u n d i g So W o l f f / Bachof, § 55 I I I b 2, § 58 I I I c 2; Niehues, Diss., S. 42 f.; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 506. Unentschieden w i r k t Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S.378. W D S t R L 21 (1962), S. 149; Stern, ebd., S. 193; Papier, S. 2. 133 weber, 6*

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I. Dogmatik des öffentlichen Sachenrechts

stücken endet dort, wo der Grundstückseigentümer an der Ausschließung der Benutzung durch andere kein Interesse mehr hat (besser wohl kein Interesse mehr haben soll), wie § 905 S. 2 BGB regelt. Darüber beginnt der sogenannte hohe Luftraum, der i n der Hoheit der Bundesrepublik steht — insofern ist an diesem Raum Sachherrschaft des Staates begründet. Erste Bedenken müssen sich die oben genannten Vertreter der Luft als öffentlicher Sache jedoch deshalb aussetzen, weil der hohe Luftraum gerade dadurch bestimmt ist, daß für ihn die Privatrechtsordnung nicht gilt. Folglich kann hier auch keine öffentlich-rechtliche Exemtion des Bürgerlichen Rechts gelten, die unter 1.4 gegebene Begründung gilt hier nicht. Eine öffentliche Sache wäre deshalb hier nur dann anzunehmen, wenn diese Vertreter zugestünden, daß es Sachen i n niemandes oder i n öffentlichem Eigentum gibt, über die niemand anderes als der Staat — ohne u. U. Eigentümer zu sein — öffentlich-rechtliche Sachherrschaft ausübt. Weiter scheint daran zu bedenken zu sein, daß ein mathematischer, dreidimensionaler Raum, ausgeschnitten durch die Staatsfläche der Bundesrepublik Deutschland und die Senkrechte auf diesen Grenzen als selbständige Sache des Öffentlichen Rechts bezeichnet wird, den die Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedürfe. Richtig daran scheint auf jeden Fall, daß die Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgabe auch Raum bedarf. Worin der Wert einer Einordnung des Luftrechts i n das Öffentliche Sachenrecht liegen soll, müßten diese Autoren erst noch darlegen. Tatsache ist jedenfalls, daß sich das Luftrecht ohne das Öffentliche Sachenrecht entwickelt hat, eine Differenzierung, wie sie i m Straßenrecht zwischen Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht erfolgt ist und hier ebenso nötig wäre, bisher nicht gezogen worden ist. Normen, die sich auf die Sache selbst beziehen sollen, die jedoch keine verkehrsrechtlichen Vorschriften sein sollen, müßten dogmatisch erst noch begründet werden. Da auch hier nicht i n ein Einzelgebiet des Verwaltungsrechts tiefer eingedrungen werden kann, sei nur noch eine Anmerkung zum Luftrecht aus sachenrechtlicher Sicht gemacht. § 25 I L u f t V G sieht eine generelle Genehmigungspflicht durch die Luftfahrtbehörde für die Benutzung der Luft vor, auch wenn sie außerhalb eines genehmigten Flugplatzes erfolgt. (Auf einem genehmigten Flugplatz ist wiederum Startund Landeerlaubnis erforderlich.) Eine solche Regelung mutet mehr nach Anstaltsgebrauch an (ein dreidimensionaler Raum als Anstalt?). Da dieser Paragraph wegen § 1 I I L u f t V G für alles gilt, was Menschen durch die Luft bewegen kann, ist ein Luftgebrauch zum Verkehr als Gemeingebrauch nicht mehr vorhanden. Eine solche Norm wäre auf jeden Fall für eine Sache i n Gemeingebrauch nicht möglich und w i r f t damit verfassungsrechtliche Zweifel auf (s. u. II. 3).

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Der Luftraum (nicht die Luft als Gasgemisch) wäre infolge der Gebietshoheit der Bundesrepublik Deutschland als Öffentliche Sache unter öffentlicher Sachherrschaft konstruierbar, bereitet aber Probleme mit der Einordnung als Sache i n Gemeingebrauch und würde darüber hinaus neben den Sachen unter privatrechtlichem Eigentum noch solche verlangen, die entweder in öffentlichem oder i n niemandes Eigentum stehen (s. u. II. 2.3).

I I . Das öffentliche Sachenrecht als Sachenrecht des öffentlichen Rechts 1. Strukturmerkmale dee Bürgerlichen Sachenrechts 1.1 Begründungen für ein Sachenrecht als Bereichsdogmatik I n Abgrenzung zum Schuldrecht, das als Zusammenfassung von Handlungs-, Dui dungs- oder Unterlassungspflichten eines Rechtssubjekts gegenüber einem anderen gilt, w i r d die eigenartige Struktur des Sachenrechts darin gesehen, daß hier die Rechtsbeziehung primär zwischen einem Rechtssubjekt und einer Sache — einem Rechtsobjekt — hergestellt wird: Dieses Rechtsverhältnis verleiht ein umfassendes oder teilweises Herrschaftsrecht über die Sache selbst 1 . Dabei w i r d zwischen dem Sachenrecht i m objektiven Sinne als Gesamtheit so strukturierter Normen (von denen das dritte Buch des BGB der größte Teil ist) und Sachenrecht i m subjektiven Sinne als dingliches Recht, das einer bestimmten Person an einer bestimmten Sache zusteht (z. B. Eigentum, Besitz, Nießbrauch) unterschieden 2 . Selbst das dingliche Recht als subjektives Recht besitzt nicht die Struktur einer schuldrechtlichen Beziehung. Erst wenn jemand das Recht verletzt, entsteht daraus ein relativer Abwehranspruch, also ein Anspruch, bei dem ein Rechtssubjekt von einem anderen ein bestimmtes Verhalten verlangen kann — § 194 BGB 3 . A n sprüche aus §§ 985, 1004 BGB sind also unter diesem Gesichtspunkt relative Rechte, die aus dinglichen Rechten (den subjektiven Sachenrechten) i m Störungsfalle entstehen. Damit ist aber die eigenartige Struktur schon verlassen. Denn objektives wie subjektives Sachenrecht zeichnet sich gerade dadurch aus, daß die sachenrechtliche Beziehung davon unabhängig ist, ob zwei bestimmte Rechtssubjekte als Endpunkte des Rechtsverhältnisses vorhanden sind oder nicht 4 . Diese besondere Struk1 Baur, S. 6, 27 f.; Westermann, S.4f.; Eichler, S. 1 ff.; L e n t / S c h w a b , S. 1; Niehues, Diss., S. 50; Jauernig, vor § 854, A n m . I. 2 Baur, S. 6; Jauernig, vor §§ 854, A n m . I 2. 3 Baur, S. 7. 4 Maunz, Hauptprobleme, S. 207f., 209 ff. n i m m t solche Rechtsverhältnisse ebenfalls an, w e n n er v o n einem Selbstverpflichtungsakt des Trägers gegenüber der Rechtsordnung spricht, von dem Halten einer Sache unabhängig v o n individueller Nutzung als Mantelrechtsverhältnis.

1. Strukturmerkmale des Bürgerlichen Sachenrechts

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tur w i r d als unmittelbare Person-Sachbeziehung gedeutet. Sie besteht darin, daß das Herrschaftsrecht über die Sache (die Benutzung der Sache für eigene Zwecke) sich ohne Rücksicht auf den Willen eines anderen entfalten kann, m i t h i n nicht von der Leistungspflicht und -erfüllung eines Partners abhängig ist 5 . Der dinglich Berechtigte darf auf die Sache einwirken, ohne andere Personen u m Erlaubnis bitten zu müssen. Diese Loslösung der Sachbeziehung von einem zweiten Rechtssubjekt w i r d auch als das eigentliche „Wesen" der Dinglichkeit bezeichnet 6 . Das Recht an Sachen als Herrschaft über Sachen w i r d abstrakter auch begründet als Sachzuordnung zu einem bestimmten Vermögen. Diese Herrschaftsmacht über Sachen ist nicht i m faktischen Sinne als tatsächliche Beherrschung bestimmter Gegenstände gemeint; sie rührt von der rechtlich geregelten Zuordnung von Sachgegenständen zu bestimmten Personen beziehungsweise deren Vermögen her 7 . A r t . 14 I GG garantiert das Eigentum nicht nur als subjektives Abwehrrecht gegen den Staat. Eine solche Auffassung greift zu kurz. Vielmehr gewährleistet er über die institutionelle oder objektivrechtliche Garantie eine Chance zur B i l dung einer Vermögenssphäre für jeden einzelnen, die die materielle Grundlage für die eigene Persönlichkeitsentfaltung darstellt. Gerade als Zuordnung zum Vermögen einzelner Personen soll das Eigentum geschützt werden und nicht nur als subjektive Abwehransprüche monadischer Bürger gegen potentiell alle anderen 8 . Der Position von der unmittelbaren Person-Sachbeziehung als negatives Ausschließungsrecht soll hier zur Unterstützung einer umfassenderen, positiven Sachzuordnung i m Sinne Westermanns die Befriedungsfunktion von dinglichen Rechten 5 Lent / Schwab, S. 1; Eichler, S. 1 ff.; a. A . Fuchs, S. 18; Oertmann, AcP 123 (1923), S. 135 ff.; Rupp, S. 166 ff., 224, der die dinglichen Rechte als „soziale Beziehungskomplexe" umschreibt. Eine Anerkennung der Person-Sadhbezieh u n g erfolgt bei Penski, DÖV 1966, S. 845 f. unter Ablehnung des dinglichen Verwaltungsaktes. 6 Eichler, S. 2. Der E i n w a n d gegen die Zuordnungslehre, sie verwische den dinglichen Charakter durch die Ausdehnung des allgemeinen Zuordnungsprinzips auch auf andere Rechte, wodurch der Anknüpfungspunkt „Sachgegenstand" unterbelichtet werde, ist richtig, läuft i m Ergebnis jedoch leer, da auch die Zuordnungslehre praktisch auf die Unmittelbarkeit der Person-Sachbeziehung abstellt, diese jedoch positiv wendet (dazu sogleich), s. z. B. Westermann, S. 5 f. — Ebenso wie Eichler, Wolff / Raiser, S. 8; Niehues, Diss., S. 48 ff., letzterer trennt allerdings nicht zwischen Sachzuordnung zum Vermögen u n d unmittelbarer Person-Sachbeziehung als Herrschaftsrecht an einer einzelnen Sache. 7 Dazu statt aller Westermann, S. 6 ff. 8 Insofern zu eng Baur, S. 6. M i t falscher Schwerpunktbildung Eichler, S. 3, der i n der absoluten Sicherung u n d dinglichen Gewährleistung den K e r n des objektiven Sachenrechts sehen w i l l . „Dingliche Gewährleistung" ist als K e r n zu nebulös, die absolute Sicherung w i r d erst durch relative Abwehransprüche v e r w i r k l i c h t , kennzeichnet aber nicht objektive dingliche Normen. Dagegen ders., S. 5.

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

entgegengehalten werden. Die dingliche Position w i r d beim Volleigentum besonders deutlich; es besteht an einer Sache und w i r k t gerade dann gekünstelt, wenn man es als Abwehrrecht gegen potentielle Störer des Eigentums betrachtet 9 oder gar so weit geht zu behaupten, es gebe überhaupt keine absoluten dinglichen Rechte; diese seien bloße Anwartschaften für den Fall einer Rechtsverletzung, bei der dann subjektive dingliche Ansprüche entstünden 10 . Die Sachzuordnungen, d.h. die rechtliche Zuordnung von Sachgegenständen i n die Rechtssphären bestimmter Personen, haben selbst schon rechtliche Qualität unabhängig davon, ob der Begünstigte beim Gebrauch der Sache gestört w i r d oder nicht. Der Wert der Sachzuordnung, der dinglichen Rechtsposition, liegt darin, daß i n aller Regel diese Eigentums- und Besitzrechte nicht streitig sind, sondern von anderen alltäglich anerkannt werden, wie jeder leicht an den Sachgegenständen, die er selbst „beherrscht", sehen kann. Solche Sachzuordnungen mit solchen Sachherrschaften sind der Kern des Bürgerlichen Sachenrechts 11. Natürlich ist es nicht falsch, die unmittelbare Person-Sachbeziehung „rechtstechnisch zu verstehen als die Verkürzung einer Vielzahl personaler Rechtsbeziehungen, die i m Hinblick auf eine Sache bestehen" (können) 12 . Nur w i r d damit die Eigenart solcher Rechtsverhältnisse, daß sie noch unvollständig sind, indem sie oft weder eine konkrete Pflicht noch einen Pflichtadressaten haben (es sei denn, man nehme die Unterlassungspflicht jedes Mitbürgers gegen jeden Eigentümer als Rechtsverhältnis an), verwischt.

1.2 Prinzipien des Sachenrechts 1.2.1 Numerus clausus der Sachenrechte

Die Tatsache, daß die Sachenrechte sich nicht von vornherein gegen bestimmte Personen richten, daß sich als deren Rechtsfolge bei einer Verletzung Abwehrrechte gegen jeden ergeben können, zwingt dazu, daß nicht jeder seine eigenen dinglichen Rechte i n individuellem Umfang und mit besonderem Inhalt schaffen kann. Vielmehr gibt es den sachenrechtlichen Typenzwang, die Typenfixierung. Das Gesetz legt bestimmte Arten dinglicher Rechte mit bestimmtem Umfang eigener Gestaltungsmöglichkeit fest, weshalb dingliche Rechte nur innerhalb eines der positivierten Typen entstehen können 13 . 9

Ebenfalls gegen diese Theorie Enneccerus / Nipperdey, § 30 I I I 2. Oertmann, A c P 123 (1925), S. 137 f. 11 Wie hier Niehues, Diss., S. 55 f. 12 Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 252; ders., DVB1. 1982, S. 319. 13 Westermann, S. 19 f.; Heck, S. 87 ff.; Eichler, S. 54 f.; L e n t / S c h w a b , S.3; Jauernig, vor § 854, A n m . I 2 b. 10

1. Strukturmerkmale des Bürgerlichen Sachenrechts

89

1.2.2 Publizitätsgrundsatz

Der Publizitätsgrundsatz — auch Verlautbarungsprinzip oder Grundsatz der Offenkundigkeit genannt — basiert ebenfalls auf den Besonderheiten des Sachenrechts. Da sich Abwehrrechte gegen potentiell alle richten können, muß für die Allgemeinheit auch ersichtlich sein, wer welches Recht innehat. Bei beweglichen Sachen ist der Besitz — die tatsächliche Sachherrschaft — Zeichen für dingliche Rechte und u. U. A n knüpfungspunkt für gutgläubigen Erwerb; bei Immobilien ist dies die Eintragung ins Grundbuch. Dieses Erfordernis der Offenkundigkeit gilt sowohl für den Rechtsübergang als auch als Voraussetzung für die Vermutung des Bestehens eines dinglichen Anspruchs 14 . Bei beweglichen Sachen muß grundsätzlich zur Eigentumsübertragung die Übergabe erfolgen, §929 BGB; selbst die Ausnahmen hiervon i n §§930, 931 BGB wirken beim Gutglaubenserwerb i n §§ 933, 934 BGB gerade als Konsequenzen des Publizitätsgrundsatzes, da der Besitz des Veräußerers einen Rechtsschein erzeugen muß und dessen Besitz auf den Erwerber übergehen muß 15 . Ein Grundstück geht erst mit Eintragung ins Grundbuch i n das Eigentum eines anderen über, ebenso wie dingliche Rechte an einem solchen erst mit Eintragung entstehen, § 873 BGB. Selbst bei verkehrsfähig gemachten Rechten am Grundstück ist lediglich von der Voraussetzung der Grundbucheintragung auf die Eigentumsvermutung für den durch öffentlich beglaubigte Abtretungserklärungen ausgewiesenen Briefbesitzer gewechselt, §§ 1160, 1155 BGB. 1.2.3 Grundsatz der Spezialität

Diese auch Bestimmtheitsgrundsatz genannte Regel legt fest, daß alle dinglichen Rechte nur an einzelnen Sachgegenständen, nicht an Sachgesamtheiten bestehen können 16 . D.h., daß dingliche Rechte zur Übertragung nicht nur nach allgemeinen Merkmalen umschrieben, sondern einzeln benannt werden müssen. Ein Unternehmen, ein Warenlager oder andere Sachgesamtheiten sind nicht anders übertragbar oder belastbar als durch Übertragung jeder einzelnen Sache. Auch dieser Grundsatz ist typisch für die Bereichsdogmatik Sachenrecht. 1.2.4 Abstraktheit des Verfügungsgeschäfts

Als eines der elementaren Prinzipien bedeutet es, daß die Gültigkeit einer Verfügung über ein dingliches Recht grundsätzlich von der Gül14

Siehe dazu näher Westermann, S. 16 ff.; Baur, S. 29 ff. Jauernig, § 932, A n m . I 2 b. 16 Westermann, S. 15 t ; Baur, S. 32; L e n t / S c h w a b , S. 6 f. Zur K r i t i k u n d Geschichte Wieacker, AcP 148 (1943), S. 57 ff., insbesondere S. 77 ff. 15

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I I . Das Sachenrecht des Öffentlichen Rechts

tigkeit der Verpflichtung, etwas zu t u n (ζ. B. eine Verfügung vorzunehmen), zu trennen ist 17 . Allerdings setzt die endgültige Zuordnung voraus, daß die Verfügung eine causa besitzt. Soll nicht ein relativer, nichtdinglicher Bereicherungsanspruch entstehen, erfordert die Verfügung ein vorausgehendes schuldrechtliches Rechtsgeschäft, dessen Zweck damit i n der Verfügung liegt 1 8 . 1.2.5 Absolutheit des Klageschutzes

Da die dinglichen Rechte wie bemerkt gegenüber jedermann gelten, w i r d daraus ein umfassender Rechtsschutz gegenüber potentiell jedem gefolgert. Die Verhaltenspflichten gelten also nicht von vornherein gegenüber einer bestimmten Person 19 . Aus einem dinglichen Recht (absolut, ohne 2-Personen-Verhältnis) entsteht i m Falle der Störung ein dinglicher Anspruch (gegen eine bestimmte Person gerichtet und deshalb relativ). Das Prinzip „Absolutheit des Klageschutzes" bedeutet, daß ein solcher dinglicher Anspruch sich gegen jeden richten kann, das dingliche Recht gegenüber jedermann schützt 20 . Neben der Theorie von der unmittelbaren Person-Sachbeziehung und der Sachzuordnung zum Vermögen war die Auffassung von der Absolutheit des Klageschutzes eine Beschreibung der besonderen Struktur des Sachenrechts 21. Wegen den oben 1.1 erörterten Argumenten w i r d der i n Anm. 1 und auf der vorigen Seite nachgewiesenen Meinung gefolgt, nach der die Absolutheit des Klageschutzes nicht die theoretische Grundlage selbst, sondern ein Prinzip als Ausfluß der besonderen Struktur des Sachenrechts ist.

17 Dies setzt logisch das Trennungsprinzip voraus, s. Larenz, Schuldrecht B T § 39 I I ; Jauernig, Vor § 8 5 4 I V 1, § 929, A n m . 1. 18 Baur, S. 42 ff.; Westermann, S. 21 ff.; Lent / Schwab, S. 8 ff. 19 Westermann, S. 7; Baur, S. 6, 27 ff.; Heck, § 1, 3. 20 Heck, §§ 31, 32; Medicus, § 19 I. 21 Siehe v. a. Fuchs, Grundbegriffe des Sachenrechts, durchgängig; Oertmann, AcP 123 (1925), S. 137 f.

2. Parallelen und Verschiedenheiten öffentlich-rechtlicher Sachprobleme — Festlegung der dogmatischen Grundstruktur 2.1 Parallele Sachproblematik Nun gilt es, das Öffentliche Sachenrecht auf verwandte Sachprobleme, auf ähnliche Strukturierungen der Normbereiche und auf verwandte öffentlich-rechtliche Rechtsfiguren h i n durchzusehen. Daß eine solche Durchsicht nur beispielhaft sein kann, versteht sich angesichts der Fülle der Probleme und Lösungsvorschläge i m Besonderen Verwaltungsrecht von selbst. Näher untersucht werden daher nur die ins Allgemeine Verwaltungsrecht gelangten Elemente der Dogmatik. Neben der immer häufiger verwendeten Möglichkeit, öffentlich-rechtliche Verträge abzuschließen, gibt es i m Öffentlichen Recht eine spezifische Figur, Rechtsverhältnisse zwischen zwei oder mehreren Personen zu regeln: den Verwaltungsakt. Auch bei mehr als zwei Rechtssubjekten hält die herrschende Meinung an dem Merkmal der Bestimmbarkeit eines Adressaten für personale Verwaltungsakte fest; bei mehreren Adressaten w i r d von einer Bündelung von Verwaltungsakten ausgegangen1. Unterhalb einer Rechtsnorm, die nur abstrakt-generelle Rechtsbefehle enthält, bedarf es einer rechtlichen Regelung, für die sich ein bestimmter Adressatenkreis nur nach sachlichen Merkmalen festlegen läßt bzw. ein Adressatenkreis sich als Fiktion erweist. Die Verkehrsregelungen auf viel befahrenen Autostraßen etwa, die jeden Tag auf unbestimmte Zeit i n die Zukunft hinein Zigtausende von Adressaten anspricht, die Festlegung eines Naturschutzgebietes oder eines Naturdenkmals mit Begünstigten, die u. U. mehr als ein Interesse oder Rechtsreflex an der Erhaltung und Pflege derselben haben (s.u. 4.2.2); die Festlegung des Umfangs des Gemeingebrauchs an Gewässern und die Erteilung von Bewilligungen sind nicht nur von allgemeinem Interesse, sondern belasten Personen, die beim Erlaß noch nicht feststehen, geben den Begünstigten u. U. Abwehrrechte gegen Personen, die ebenfalls noch nicht feststehen. 1 Dazu u n d zu dem unter 4.1 zu besprechenden dinglichen Verwaltungsakt Niehues, DVB1. 1982, S. 317 f.; Stelkens / Bonk / Leonhardt, §35, Rdnr. 125 ff., 133 m. w. N.; zu der Problematik personaler Regelungen v. Mutius, Festschrift f. Hans Wolff, ν. a. S. 199 ff.; er stellt zu Recht fest, daß bei Unbestimmbarkeit des Adressatenkreises weder Einzelakt noch Rechtsnorm vorliegen könne: S. 197 f.

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I I . Das Sachenrecht des

ffentlichen Rechts

Vor allem i m Straßen- und Wasserrecht zeigt sich eine Gemengelage von Interessen und Rechten, die es erforderlich macht, nicht einzelne Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürgern durch Verwaltungsakt zu regeln, sondern Sachgegenstände dem Herrschaftsbereich von Hoheitsträgern zuzuordnen als Verleihung einer beschränkten oder unbeschränkten Herrschaftsgewalt über die Sache. Dieses sachliche Erfordernis ist identisch mit dem der Vermögenszuordnung des Bürgerlichen Sachenrechts. Das bei der Darstellung seiner Sachproblematik Referierte gilt auch hier. Vor allem bedeutet dies, daß letztendlich sich immer zwei Rechtssubjekte u m das Recht streiten, sie die beiden Endpunkte von Rechtsverhältnissen sind 2 . Dies bedeutet aber auch, daß derjenige den Rechtsstreit gegenüber der Rechtsbefolgung prinzipiell überbewertet, der diese Beziehung allein als Ausschließungsrecht des Staates gegenüber dem Bürger sieht und nicht als Sachzuordnung, die als solche schon ohne Rechtsstreit den Sachgegenstand i m öffentlichen Wohl nutzen läßt und die meisten Bürger zur Rechtsbefolgung veranlaßt. Wie i m Bürgerlichen Sachenrecht (o. 1.1), so muß auch i m Öffentlichen Recht darauf beharrt werden, daß zwischen der Regelung des Zustandes einer Sache und den sekundär, transitiven, daraus entstehenden relativen Rechtsbeziehungen zu unterscheiden ist 3 . Der wertlose, fiktive Charakter von personalen Einzelverwaltungsakten mit bestimmbarem Personenkreis w i r d i m Falle des Verkehrszeichens besonders deutlich: Es soll vieltausendfach Verwaltungsakte absondern, von denen vielleicht nur jeder tausendste oder noch weniger Gegenstand eines Rechtsstreits wird. Intransitive Zustandsregelungen sind nicht eine geniale Erfindung oder schlimme Verwirrung eines juristischen Geistes, sondern eine dogmatische Lösung für Probleme, die i m Bürgerlichen Sachenrecht wie gezeigt eine Entsprechung i n der positiv-gestaltenden Nutzungsmöglichkeit von Vermögensgegenständen haben und dort durch dingliche Rechte gelöst werden. Alle Problemgebiete, bei denen Sachzuordnungen, intransitive Zustandsregelungen also, eine elegantere und widerspruchsfreie Bearbeitung erlauben, könnten also zum Gegenstand einer Bereichsdogmatik zusammengefaßt werden. Umgekehrt gilt dort, wo Rechtswissenschaft und Rechtsprechung dingliche Verwaltungsakte oder andere dingliche Rechte entwickelt haben, daß diese einem einheitlichen Rechtsgebiet angehören. Als dieses Rechtsgebiet hat Niehues das Öffentliche Sachenrecht herausgearbeitet 4 . Es stellt sich als Schnittmenge zwi2 Achterberg, Rechtsverhältnisordnung, S. 31, 35 ff. Dazu oben 1.1.5. Das gibt auch Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 252, zu. 3 Deswegen ist die Auffassung von der „brennpunktartigen Bündelung" aller Rechtspflichten bezüglich des Unterschiedes zwischen dinglichen u n d relativen Rechten zu eng, so aber Rupp, S. 225. Dagegen treffend Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 251 f. m i t einer Parallele zum Namensrecht. 4 Ders., zuerst i n seiner Dissertation, zuletzt i n DÖV 1982, S. 319 f.

2. Parallelen u n d Verschiedenheiten i m öffentlichen

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sehen dinglicher Zuordnung zu einem Vermögensträger und dem Öffentlichen Recht dar. Das heißt, wenn und soweit ein Problemgebiet nur sinnvoll mit Sachzuordnungen zu Rechtssubjekten, mit Rechtsverhältnissen ohne benannte Rechtspflichten und Rechtspflichtsubjekte oder ohne benannte subjektive Rechte und Rechtsinhaber bearbeitet werden kann und das Rechtssubjekt ein öffentlich-rechtlicher Träger ist, handelt es sich u m öffentliches Sachenrecht. Dabei ist es allerdings nicht möglich, jeden Sachgegenstand, der als Anknüpfungspunkt für staatliche Befehle gilt, gleich als Öffentliche Sache einzuordnen. Dies liegt zum einen daran, daß von den gleich auszuarbeitenden Prinzipien des Öffentlichen Sachenrechts nicht alle auf sämtliche Staatsakte zutreffen, weshalb nach Überprüfung der sachenrechtlichen Prinzipien viele Rechtsakte nicht als dingliche, sondern als relative eingeordnet werden müssen, d. h. als normale personale Verwaltungsakte. Zum anderen folgt aus der Anwendung Öffentlichen Rechts, aus der Geltung eines öffentlichen Rechtsbefehls bezüglich bestimmter Sachgegenstände noch nicht automatisch der Charakter einer Öffentlichen Sache5. Eine Rechtsnorm i m Bereich des Öffentlichen Rechts kann wegen ihres abstrakt-generellen Inhalts kein dingliches Recht an einer Sache sein, sie müßte dazu eine konkrete Regelung, die Begründung öffentlicher Sachherrschaft, vorsehen. Nach dem, was bisher zum grundsätzlichen Inhalt der Sachenrechte gesagt wurde, kann weder die Zustandshaftung des Polizeirechts noch das Gelten eines Bebauungsplans als dingliches Recht oder als Begründung öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft gelten 6 . Weder die Zustandshaftung noch das Inkrafttreten eines Bebauungsplans rufen (beschränkte) dingliche Rechte an einer Sache zugunsten eines öffentlichen Trägers hervor. Denn baut der Eigentümer vorschriftsgemäß oder gar nicht, hält der Eigentümer oder Besitzer einer Sache diese Sache so i n Schuß, daß von ihr keine Gefahren ausgehen, so haben die Behörden keine Eingriffsrechte, insbesondere keinerlei öffentlich-rechtliche Sachherrschaft an einer solchen Sache. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie wichtig es ist, Eigentum und Besitz nicht allein als Anwartschaft auf prozessuale Abwehrrechte zu verstehen. Selbst wenn jedoch ein polizeiwidriger Zustand eintritt, so hat der zuständige Verwaltungsträger nicht unmittelbar ein Zugriffsrecht auf die Sache kraft eigenen Rechts. I m Baurecht muß zunächst eine Verfügung gegen den Baurechtswidrigen ergehen; erst wenn diese nicht befolgt wird, kann mit den üb5 Niehues, Diss., führt hier den problematischen Begriff „Sachen des öffentlichen Rechts" ein, S. 45. 6 So aber Niehues, Diss., S. 80 ff., 105 ff.; ders., Verwaltungssachenrecht, S. 260 ff. — Wie hier v. Mutius, Festschr. f. Wolff, S. 210 ff. (213).

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I I . Das Sachenrecht des

ffentlichen Rechts

liehen Zwangsmitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts vorgegangen werden. Die Verwaltungsvollstreckung begründet oder benutzt aber keine dinglichen Rechte. Die Parallelen i n der Sachproblematik enden bei der Frage, ob das Bedürfnis nach dinglicher Regelung auch automatisch Sachherrschaft zur Folge hat. Für das Zivilrecht ist diese Frage m i t einem klaren Nein zu beantworten. Der Inhaber einer Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB), einer Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) oder einer Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) hat zwar ein dingliches Recht an einer Sache, hat aber bei Hypothek und Grundschuld keine Sachherrschaft, keinen mittel- oder unmittelbaren Besitz, bei der Grunddienstbarkeit muß er eine solche nicht haben 7 . I m Öffentlichen Sachenrecht kann die Frage vice versa nicht anders als m i t Ja beantwortet werden. Für das öffentliche Eigent u m versteht sich öffentliche Sachherrschaft von selbst — sie ist der Grund für dessen Einführung. Auch Sachen i n niemandes Eigentum (s. u. 2.3) werden allein deshalb als Rechtsbegriff eingeführt, weil an bestimmten Teilen der Natur, selbst wenn sie nicht i n jemandes Eigentum stehen, Sachherrschaft der öffentlichen Verwaltung nötig erscheint. Für die Sachgegenstände, für die der Dualismus von BGB-Eigentum mit Überlagerung durch eine öffentliche Dienstbarkeit gilt, kann nichts anderes vertreten werden. Besteht die Notwendigkeit einer öffentlichen Dienstbarkeit, so bedeutet dies immer, daß ein Träger öffentlicher Verwaltung die Sache selbst besitzt (Sachen i n Anstalts- und Verwaltungsgebrauch) oder sie unterhält, u m sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu halten (Unterhaltungslast an Sachen i n Gemein- und Sondergebrauch). Öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit ist somit zwangsläufig mit öffentlicher Sachherrschaft verbunden.

2.2 Sachenrechtliche Prinzipien i m Öffentlichen Sachenrecht 2.2.1 Numerus clausus der Sachenrechte

Die Frage nach einer beschränkten Anzahl und Ausgestaltungsmöglichkeit von sachenrechtlichen Rechtsfiguren läßt sich i m Öffentlichen Sachenrecht nicht leicht beantworten. Bezieht man sich allein auf Privateigentum der Bürger, an denen dingliche öffentliche Rechte begründet werden sollen, so w i r d man feststellen, daß es einen solchen bisher aber nicht formulierten Grundsatz gibt. Zwar gibt es keine verschiedenen Typen der Abtretung einzelner Eigentumsrechte wie Hypothek, Nießbrauch, Dienstbarkeit, aber die Frage, ob eine Dienstbarkeit einge7

Baur, S. 305 ff., 2. u n d 3. Fallgruppe.

2. Parallelen u n d Verschiedenheiten i m öffentlichen

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räumt werden darf, i n welchem Umfang und zu welchem Zweck, muß wegen der vielfältigen betroffenen Grundrechte verschiedener Grundrechtsträger und dem Rechtsstaatgebot gesetzlich geregelt sein 8 . Für einen Verwaltungsakt ist dies selbstverständlich. Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen, die ohne gesetzliche Ermächtigung gleichsam an den öffentlich-rechtlichen sachenrechtlichen Typen vorbei mit einem Privaten getroffen werden, sind zumindest problematisch, wenn nicht unzulässig. Wollte die Verwaltung etwa i m Baurecht dingliche Rechte an Grundstücken besitzen, die sie nicht anders als durch eine solche Vereinbarung erlangen könnte (also ζ. B. nicht durch einen Verwaltungsakt oder eine Bedingung oder Auflage anläßlich eines Verwaltungsaktes), so dürfte sie leicht m i t dem verwaltungsrechtlichen Koppelungsverbot i n Konflikt geraten. Diesen Grundsatz des Numerus clausus der Sachenrechte auf seine verwaltungsrechtlichen Konsequenzen und verfassungsrechtlichen Bedingungen abzuklopfen, wäre nur i n einer gesonderten Monographie möglich. Es scheint jedoch als These vertretbar zu sein, die Einräumung von dinglichen Rechten an Sachen i n BGB-Eigentum nur in der A r t und Weise zu gestatten, wie dies gesetzlich vorgesehen ist. Die an die Rechtswissenschaft und -praxis zu stellenden Fragen lauten nach Umfang und Freiheit öffentlich-rechtlicher vertraglicher Regelungen und nach der Begrenzung durch Privatrechtsordnung und Verfassung. Eine Verwandtschaft zum Typenzwang des Bürgerlichen Sachenrechts entsteht, wenn neben die Exemtion der Privatrechtsordnung durch öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit dogmatisch die Möglichkeiten öffentlichen Eigentums oder von Sachen i n niemandes Eigentum treten (s. u. 2.3), die als Abweichungen, als Suspendierungen der Privatrechtsordnung gesetzlich bestimmt sein müssen. 222

Publizitätsgrundsatz

Diesen Grundsatz i m Öffentlichen Sachenrecht nachzuweisen, ist nicht schwer. Die einhellige Meinung i n der Rechtswissenschaft setzt als Bedingung der Entstehung einer Öffentlichen Sache die Widmung 9 . Die dingliche Wirkung gegenüber jedermann, d. h. gegenüber noch nicht bekannten, i n Zukunft einmal betroffenen Personen, setzt rechtlich die Möglichkeit der Kenntnisnahme voraus. Eine Widmung setzt, um w i r k sam zu sein, die Bekanntheit ihres Inhalts (Gewohnheitsrecht) oder dessen Bekanntgabe (Gesetz, Verordnung, Verwaltungsakt) begriffsnotwendig voraus. Deshalb ist das Publizitätsprinzip, auch Verlautbarungs8 Z u r Ausdehnung des Vorbehalts des Gesetzes über die reine Eingriffsverw a l t u n g hinaus s. Ossenbühl, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 61 ff. 9 Ζ. B. W o l f f / Bachof, § 56 I m. w. N., Papier, S. 50; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 419 ff.

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I I . Das Sachenrecht des Öffentlichen Rechts

grundsatz genannt, allseits stillschweigend oder ausdrücklich anerkannt 1 0 . Die angebliche Verletzung desselben i n § 12 BBauG 1976 wurde sogar zum Gegenstand eines Vorlagebeschlusses des hessischen Verwaltungsgerichtshofes 11 , und die Lösung des Rechtsproblems ist unter Einordnung des Bebauungsplans unter das sachenrechtliche Verlautbarungsprinzip gesucht worden 12 . Eine Variante dieses Prinzips stellt der Grundsatz der formstrengen, publizierten Statusfestlegung von Sachen dar 13 (dazu näher unten 4.1). 2.2.3 Spezialität (Bestimmtheitsgrundsatz)

Dieser sachenrechtliche Grundsatz ist nach einhelliger Auffassung einer der Gründe, warum die bürgerlich-sachenrechtlichen Regelungen nicht ausreichen 14 . Hier zeigt sich gerade das Charakteristikum an öffentlich-rechtlichen sachenrechtlichen Problemlagen, daß es sich häufig nicht u m körperliche Gegenstände, sondern u m Sachgesamtheiten wie Straßen, Gewässer, Anstalten handelt und das Bedürfnis nach einheitlicher Sachzuordnung zu einem Hoheitsträger und nach einheitlicher Regelung des Rechtszustandes besteht. Dies wurde schon oben I. 2.1 und 2.3 formuliert und hat sich bei der Musterung der einzelnen Rechtsgebiete i n I. 3.1—3.3 erwiesen. Diese besondere Problemstruktur induziert besondere dogmatische Konstruktionen mit dinglichem Charakter für das Öffentliche Sachenrecht, die die Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes verbieten. Solche sind auch längst positiviert worden: ζ. B. die Verkehrszeichen i n der StVO i. V. m. § 35 S. 2 VwVfG, der Gemeingebrauch ζ. B. i n §§ 5, 15 bwStrG.

2.2.4 Abstraktheit des Verfügungsgeschäfts

I m Sachenrecht des BGB gehen Eigentums- oder beschränkte dingliche Rechte durch zwei Willenserklärungen, d. h. durch dinglichen Vertrag über. Öffentliche Sachen als Rechte an Sachgegenständen dinglicher Natur können naturgemäß nicht durch zweiseitige Willenserklärungen entstehen, da ein Träger öffentlicher Hoheitsgewalt beteiligt ist und dieser öffentliche Sachherrschaft begründet. Dieser gründet die dinglichen Rechte i n Verfolgung der i h m übertragenen Zwecke zum 10

Ausdrücklich bei W o l f f / Bachof, § 56 I I e 3. Abgedruckt in: DVB1. 1982, S. 363 ff.; BVerfGE 65, 283 (288 ff.). 12 Niehues, DVB1. 1982, S. 321 ff. 13 Mindesterfordernisse hierzu sind aufgestellt bei Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.429. 14 Forsthoff, Verwaltungsrecht, S.378; W o l f f / Bachof, § 55 I I b, Weber, W D S t R L 21 (1962), S. 149; Papier, S. 16 f. 11

2. Parallelen u n d Verschiedenheiten i m öffentlichen

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öffentlichen Wohl. Eine solche typisch hoheitliche Aufgabenerfüllung kann nicht als Abgabe einer Willenserklärung einem Privaten gegenüber erklärt werden. Insofern unterscheidet sich die Entstehung Öffentlicher Sachenrechte von der Bürgerlicher Sachenrechte. Aber auch hier gilt deshalb die Abstraktheit — hier des gestaltenden Hoheitsaktes. Denn zur Begründung von öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeiten ist es erforderlich, daß vorher der Eigentümer einwilligt, der Hoheitsträger das Eigentum erwirbt oder die Sache enteignet — die widmende Behörde braucht vorher privatrechtliche Verfügungsmacht 15 . Da die A b straktheit des Widmungsaktes gilt, läßt sich leicht das Problem lösen, das auftritt, wenn eine Widmung ohne eine gültige Verfügungsbefugnis erfolgt, die rechtlichen Konsequenzen lassen sich klar ziehen. Zwar ist die Widmung dann ohne Rechtsgrundlage erfolgt (im Bürgerlichen Sachenrecht: sine causa), sie ist rechtswidrig; jedoch muß diese geltend gemacht, die Rückgängigmachung verlangt und durchgesetzt werden. Keineswegs ist die Widmung dadurch nichtig 16 . Hier zeigt sich erneut, daß die unterschiedlichen Rechtsgebiete dogmatische Figuren beinhalten, die inhaltlich ähnlich oder gleich sind. Die Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist also größer als von den einzelnen Spezialisten der Rechtsgebiete oft angenommen. 2.2.5 Absolutheit des Klageschutzes

Aus der Typik des Öffentlichen Rechts resultiert, daß dieser Grundsatz i m Öffentlichen Sachenrecht keine Bedeutung haben kann. Sachherr ist ein Träger öffentlicher Verwaltung, der diese i h m zugeordnete Sache zu den i h m übertragenen Aufgaben benutzt. Soweit ein Privater diese Aufgabenerfüllung stört beziehungsweise die Sachherrschaft beeinträchtigt, steht dem Träger öffentlicher Gewalt die Möglichkeit hoheitlicher Verfügungen zu. Wenn jemand eine Öffentliche Sache i n Gemeingebrauch über den Gemeingebrauch hinaus benutzt, wenn er die Sondernutzung über den genehmigten Rahmen hinaustreibt, wenn die Anstalt entgegen der Anstaltsordnung benutzt w i r d oder der Anstaltsbetrieb von einem Außenstehenden gestört wird, so sind jedenfalls die einschlägigen Normen des Sachgebietes verletzt; das heißt, daß auch ohne Spezialermächtigung ein ordnungsrechtlicher Abwehranspruch aus dem Polizeigesetz wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gegeben ist. Dieser findet seine Rechtfertigung nicht i m Öffentlichen Sachenrecht, sondern gilt i n allen Bereichen des Öffentlichen Rechts als selbst15

W o l f f / Bachof, § 56 I V a 1; Papier, S. 38 f.; s. a. § 2 I I FStrG, § 5 I bwStrG. Ebenso Wolff / Bachof, § 56 I V a 2; Sieder, S. 96; BGH, N J W 1967, S.2309; DÖV 1968, S. 132; bayObLG, M D R 1971, S. 393. A . A . m i t unvertretbarem E r gebnis: Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 386 f. m . w . N. 16

7 Kromer

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I I . Das Sachenrecht des

ffentlichen Rechts

verständliche Berechtigung, von außen kommende Störungen der Zweckerfüllung der Verwaltung verhindern zu dürfen. Eine Übertragung des Prinzips der Absolutheit des Klageschutzes ins Öffentliche Recht würde die Typik des Hoheitlichen und die Eigenarten eines Verwaltungsaktes unter den Tisch fallen lassen. Soweit die Beeinträchtigung der Sachherrschaft von einem anderen Träger öffentlicher Hoheitsrechte kommt, muß unterschieden werden, ob dieser eine selbständige juristische Person ist oder nicht. Einzelne nicht selbständige Behörden der allgemeinen Staatsverwaltung oder nicht-rechtsfähige Anstalten und Körperschaften können gegeneinander unbestrittenermaßen keine Prozesse führen, sondern sind auf Einigung beziehungsweise Weisung von vorgesetzten Behörden, letztendlich der jeweiligen Kabinette, angewiesen. Auch hier gibt es weder Klageschutz noch Absolutheit. Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn rechtsfähige juristische Personen des Öffentlichen Rechts beteiligt sind. Diese können nach herrschender Meinung selbständig Rechte geltend machen 17 . Da aber die Rechtsfähigkeit einzelner juristischer Personen für bestimmte Aufgabengebiete nur punktuelle Gewährleistungen innerhalb des Gesamtbereiches öffentlicher Aufgabenerfüllungen darstellen und die Frage, wann solches gewährleistet ist, nur mit Hilfe der Funktionenlehre öffentlicher Gewalt und des Verfassungsrechts beantwortet werden kann, ist hier weder von einer Absolutheit des Klageschutzes noch davon die Rede, daß eine Übertragung dieser dogmatischen Figur ins Öffentliche Sachenrecht i n irgendeiner Weise hilfreich wäre. Demgemäß werden Störungen öffentlicher Sachherrschaft aufgrund des Polizeiund Ordnungsrechts durch Verwaltungsakt beseitigt und nicht durch Klagen vor Verwaltungsgerichten. Aus einem Vergleich der Probleme und Strukturen des Bürgerlichen Sachenrechts ergibt sich also, daß die Grundsätze der Spezialität und der Absolutheit des Klageschutzes i m Öffentlichen Recht keine Anwendung finden können. Als charakteristisch für einige Fragen des Verwaltungsrechts haben sich jedoch die Grundsätze „Numerus clausus der Sachenrechte", „Publizitätsgrundsatz", „Abstraktheit des Verfügungsgeschäfts" ergeben. Dingliche Regelungen und Hoheitsakte sind damit genauer umschreibbar als mit pauschalen Feststellungen von öffentlichen Sachzuordnungen.

17 Z u m Stand der Diskussion: Bethge, AöR 104 (1979), S. 54 ff., 265 ff.; für den Grundrechtsbereich m i t t l e r w e i l e anerkannt durch BVerfGE 31,314 (321 f.); Bonner Kommentar, Rdnr. 78 ff. zu A r t . 19 I I I GG (Zweitbearb. v. Mutius).

2. Parallelen u n d Verschiedenheiten i m öffentlichen Recht

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2.3 Abweichungen vom BGB-Eigentum Die bisherigen Ausführungen gelten zwar fürs gesamte Öffentliche Sachenrecht, sie wurden aber unter der stillschweigenden Prämisse gemacht, daß es sich bei öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft u m eine das BGB-Eigentum überlagernde Sachzuordnung handelt. Diese Sicht ist jedoch möglicherweise zu eng, wie einzelne Feststellungen i n der Musterung ergeben haben. Das Institut des öffentlichen Eigentums w i r d von der absolut herrschenden Meinung zwar abgelehnt, hat jedoch i n §§ 4 ff. bwWG und i n § 4 I hamb. WegeG 18 , § 4 a I hamb. DOG 1 9 seinen Niederschlag gefunden. Das Institut des öffentlichen Eigentums wurde von Otto Mayer für das Deutsche Verwaltungsrecht vorgeschlagen 20 . Dieses Institut verfiel i n der deutschen Rechtslehre der Ablehnung 2 1 . Vor allem Papier hält diesem Institut vor, daß allein die Leerformel des „öffentlichen Eigentums" noch keine eigene Rechtsqualität schaffe, daß diese Gestaltungsmacht für sich allein aussage- und sinnlos bleibt, solange nicht tatsächlich andere, vom privaten Eigentum unterschiedene Regelungen getroffen werden. Bei Fehlen eines eigenen Systems personaler Rechte und Pflichten i n bezug auf Öffentliche Sachen sei die Verwendung des Begriffs „öffentliches Eigentum" ohne Kodifizierung eines Inhalts sinnlos, weitgehend „Etikettenschwindel" 2 2 . Ist der K r i t i k am öffentlichen Eigentum beim heutigen Stand der Dogmatik auch weitestgehend zuzustimmen, so bedarf es hier doch zweier Anmerkungen. Zunächst ist festzuhalten, daß der Gesetzgeber mit seinen Formulierungen ein neues, wenn vielleicht auch inhaltlich identisches Institut neben dem BGB-Eigentum dem Wortlaut nach schaffen wollte. Das heißt aber nichts anderes, als daß eine Dogmatik des positiven Rechts dieses Rechtsinstitut berücksichtigen und erläutern muß, wenn es auch kritisiert wird. Insofern sind auch diese Sätze Teil des Öffentlichen Rechts, und zwar eines Öffentlichen Sachenrechts und nicht personaler Rechtsbeziehungen oder Bürgerlichen Sachenrechts. Zum zweiten bedeutet dies konstruktiv nach Auffassung des Gesetzgebers, daß die oben i n I. 2.2 getroffene Unterscheidung der drei Rechtspositionen theoretisch jedenfalls falsch geworden ist, weil es keinen BGB-Eigentümer mehr gibt, dem ein beschränkt dingliches Recht entzogen wird. Vielmehr ist das öffentliche Eigentum (theoretisch) konstru18

Hamb. GVB1.1961, S. 119. Hamb. GVB1.1964, S. 79. 20 Ders., Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 39 ff., 57 ff. 21 W o l f f / Bachof, § 57 I b; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.417f.; Weber, W D S t R L 21 (1962), S. 159, 266; Stern, ebd., S. 188 f.; besonders drastisch Papier, S. 5 ff. — Positive Stellungnahmen s.u. 3.1.1. 22 Papier, S. 8. 19

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iert als Eigentum m i t umfassender öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft i n Händen eines Trägers öffentlicher Verwaltung ohne einen BGBEigentümer. Das bedeutet nichts anderes, als daß vom Grundsatz her solches öffentliches Eigentum nicht mehr der Privatrechtsordnung untersteht. Daran ändert auch eine Vorschrift wie § 5 S. 1 bwWG nichts, die bürgerlich-rechtliche Normen subsidiär für anwendbar erklärt. So richten sich Eigentumsübertragungen nach Öffentlichem Recht (§5 S. 2 bwWG); bei Streitigkeiten ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Über die Fälle hinaus, die i n Gesetzen ausdrücklich geregelt sind, erscheint jedoch auch bei anderen Gegenständen die Anwendung Bürgerlichen Sachenrechts lebensfremd. Genannt werden diplomatische Akten, Gegenstände des Münzwesens, die Waffen der Bundeswehr 23 . I n der Tat sind die Vorschriften über Erwerb und Verlust des Eigentums, über Pfandrechte, Grundstücksbelastung, Ersitzung, Verbindung, Vermischung und Verarbeitung kaum sinnvoll anwendbar. Für diese Dinge ein eigenes Institut des öffentlichen Eigentums konstruieren zu wollen, wäre jedoch nicht schon dann sinnvoll, wenn es theoretisch oder ästhetisch befriedigender wäre, sondern allein dann, wenn Sachprobleme auftauchen, deren Lösung damit besser möglich ist. Eine diesbezügliche Problemerörterung konnte jedoch nicht festgestellt werden. Daß ein solches Institut des öffentlichen Eigentums theoretisch möglich ist, bleibt hier bei den Grundlagen der Dogmatik festzuhalten. Daß es verfassungsrechtlich zulässig ist, muß noch festgestellt werden (unten 3.1.1). Ob es praktisch ist, w i r d die weitere Diskussion zeigen. Weiter bestünde eine i n das Öffentliche Sachenrecht gehörende Abweichung vom BGB-Eigentum dann, wenn es auch Sachgegenstände i n niemandes Eigentum gäbe 24 . Verschiedentlich wurden einzelne Bereiche der Erdoberfläche, einzelne benannte Teile der Natur schon erwähnt, die benutzt werden können, damit aber noch nicht Öffentliche Sachen i m Rechtssinne sind. Daß Meeresstrände und Gletscher sowie Luft Öffentliche Sachen kraft natürlicher Beschaffenheit sein könnten, wurde oben 1.1.2 bestritten. Stellt man nicht auf die soziologistische Beobachtung ab, daß einzelne Teile der Natur von Menschen faktisch benutzt werden, sondern stellt man beim Begriff der Öffentlichen Sache auf die öffentlich-rechtliche Eigenschaft von Sachgegenständen ab (s. ο. I. 2.1), so gibt es selbst i n der dicht gestrickten Rechtsordnung der Bundesrepub l i k Deutschland (möglicherweise) noch Naturbereiche, die nicht i m Eigentum stehen. Dafür kommen das offene Meer innerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik, die Meeresstrände, Berghänge und 23

v. Münch, GG-Kommentar, A r t . 14, Rdnr. 12. Siehe dazu Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 417; Gieseke / Wiedemann / Czychowski, Einl. V I I I . 24

2. Parallelen u n d Verschiedenheiten i m öffentlichen Recht

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Gletscher, soweit für sie keine Grundbuchblätter angelegt sind 25 , der Luftraum sowie das Grundwasser und die fließende Welle i n Betracht. Wie unter I. 3.5.2 festgestellt wurde, kommt als Sachgegenstand für eine öffentliche Sache „ L u f t " nicht etwa eine große Anzahl von Luftmolekülen in Frage, sondern allein der Luftraum. Für diesen wurde festgestellt, daß der hohe Luftraum gerade dadurch definiert wird, daß er dort beginnt, wo die Herrschaftsmacht der Grundstückseigentümer nach BGB endet (§ 905 S. 2 BGB). Für diesen gelten also die Vorschriften des Bürgerlichen Sachenrechts gerade nicht; es gibt an ihm kein BGB-Eigentum. Außerdem fehlt ihm die Körperlichkeit. Oben wurde bezweifelt, ob die Notwendigkeit besteht, Rechtsprobleme i m Bereich der Luftfahrt mit Hilfe des Öffentlichen Sachenrechts zu lösen. W i r d diese Meinung diskutiert, so handelt es sich bei der Auseinandersetzung u m die Einordnung der Luft als Element der Bereichsdogmatik Öffentliches Sachenrecht. Für beide Seiten dieses Streits muß gelten, daß sie die logischen Implikationen, die sie m i t der von ihnen vertretenen Einordnung mitmachen, kennen, daß sie die strukturellen Besonderheiten berücksichtigen und sich nicht einfach aus rhetorischen Gründen einiger Worthülsen bedienen. Wer also behaupten wollte, Luft sei eine Öffentliche Sache, der kann dies nur tun, wenn er behauptet, neben dem BGBEigentum gebe es Sachgegenstände des Öffentlichen Rechts, die nicht eigentumsfähig sind und dennoch einer öffentlich-rechtlichen, dinglichen Regelung des Gebrauchs durch eine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft bedürften. Ob eine solche dogmatische Einordnung sinnvoll erscheint, muß i m Luftrecht selbst als Besonderem Teil des Verwaltungsrechts entschieden werden. Eigentum bedeutet nicht allein, daß sich jemand einen Gegenstand i n irgendeiner Weise nutzbar machen kann. Denn das kann man auch vom Weltraum, vom Mond, von den Weltmeeren und der Antarktis. Wie oben festgestellt, ist das entscheidende Merkmal eine Sachzuordnung zu einem Vermögen als rechtlicher Regelung, meist positiviert. Eine solche umfassende Einordnung i n ein Vermögen bedeutet, daß — das Eigentum, die Sachherrschaft, der Besitz jederzeit aufgegeben werden kann, und sei es i m Wege der Dereliktion (§ 959 BGB), — die Sache selbst sowie die Erträgnisse genutzt werden können,

25 L t . Schreiben des Bayer. Staatsministeriums der Justiz v. 2. 8. 83 u n d des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen v. 15.12.83 sind i n Deutschland zwar das Zugspitzblatt sowie alle Berghänge u n d -stürze, auf denen sich Lifte oder Stützpfeiler o. ä. befinden, grundbuchmäßig erfaßt, keineswegs jedoch das gesamte Gebiet der deutschen Alpen. E i n nicht grundbuchmäßig erfaßtes Grund-/Flurstück ist jedoch nicht automatisch herrenlos, s. Bengel / Simmerding, S. 167 ff. Z u Meeresstrand u n d - g r u n d B G H Z 44, 27 ff. (DÖV 1965, S. 568).

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

— die Sache selbst oder deren Erträgnisse einem anderen entgeltlich oder unentgeltlich überlassen werden können, d. h. einzelne Vorteile wirtschaftlich verwertbar gemacht werden können. Untersucht man daraufhin den hohen Luftraum und das Grundwasser, so stellt man fest, daß diese Punkte hier entweder überhaupt nicht vorliegen (Übertragung bzw. Dereliktion des Eigentums, wirtschaftliche Verwertung des Grundwassers oder der Luft nach Marktgesichtspunkten) oder kaum übertragbar sind (Eigennutzung des „Eigentums", die Aneignung der Erträgnisse geschieht j a immer zum öffentlichen Wohl und nicht etwa „auf private Rechnung" des Staatsfiskus). Lediglich die Überlassung der Nutzungsmöglichkeiten an einer Sache weist Parallelen zum BGB-Eigentum auf, wobei diese allerdings öffentlich-rechtlichen Regeln untersteht. I m Unterschied zu den Sachen i n niemandes Eigent u m genügen Sachgegenstände i n BGB-Eigentum oder öffentlichem Eigentum sehr wohl diesen Bedingungen. Für die letztgenannten Sachen gilt, daß Staat oder unterstaatliche juristische Personen Öffentlichen Rechts sehr wohl Eigentum erwerbswirtschaftlich nutzen können; oftmals hat die Verwaltung Sachgegenstände i m Wege des Privatrechtsgeschäfts erworben; selbst Sachen in Gemeingebrauch können entwidmet und veräußert werden; auch während der Widmung können einzelne Nutzungen mittels privater oder öffentlich-rechtlicher Verträge abgetreten werden (ζ. B. Leitungsrechte). Alles dies gilt für den hohen Luftraum und das Grundwasser von vornherein nicht; für Berggegenden, für die kein Grundbuch angelegt und kein gesetzlich geregeltes Eigent u m konstituiert worden ist, gilt dies mangels rechtlicher Qualifikation ebenfalls nicht. I m Bereich des Wasserrechts sind solche i n niemandes Eigentum stehenden Sachgegenstände i n § 12 b w W G für das Grundwasser und i n § 4 I b w W G für die fließende Welle („das Bett eines Gewässers . . . steht i n öffentlichem Eigentum . . . " ) gesetzlich anerkannt 26 .

2.4 Zusammenfassung

Öffentliches Sachenrecht ist die Menge derjenigen Normen, die zugleich Bestandteil des Öffentlichen Rechts sind und dingliche Rechte (deren Entstehung, Übergang, Beendigung, Inhalt) regeln. Dingliche Rechte sind nicht schon alle Rechte, die lediglich eine faktische unmittelbare Person-Sachbeziehung i n irgendeiner Weise, etwa durch Verwaltungsvollstreckung, begründen oder die Ansprüche gegen Personen bzgl. Sachen darstellen. Vielmehr sind nur das dingliche Rechte, die eine, 26 Siehe dazu Ziegler, § 4, A n m . 2, § 12, A n m . 2; B u l l i n g / Finkenbeiner, § 4, A n m . 1, § 12, A n m . 1.

2. Parallelen u n d Verschiedenheiten i m öffentlichen Recht

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wenn auch beschränkte, öffentlich-rechtliche Sachherrschaft an der Sache selbst enthalten. I n Abgrenzung zu Bereichen des Polizei- und Baurechts bedeutet dies eine umfassendere Sachzuordnung zu einem Träger öffentlicher Gewalt, die nicht rein abwehrrechtlich-negativ, sondern gestaltend-positiv begriffen werden muß. Bei den Prinzipien des Sachenrechts hat sich gezeigt, daß es gemeinsame dogmatische Figuren gibt: den Numerus clausus der Sachenrechte, den Publizitätsgrundsatz und die Abstraktheit des Verfügungsgeschäftes. Grundlegend unterscheiden sich die beiden Dogmatiken der Sachherrschaft durch die Grundsätze der Spezialität und der Absolutheit des Klageschutzes. Weiter hat sich ergeben, daß allein die öffentlich-rechtliche Exemtion des BGB-Eigentums zur Lösung aller Sachprobleme des Öffentlichen Sachenrechts nicht ausreicht. Vielmehr w i r d man ein Institut des öffentlichen Eigentums konstruieren müssen und davon ausgehen, daß es Sachgegenstände i n der Natur gibt, die Gegenstand öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft sind, ohne i n BGB-Eigentum oder öffentlichem Eigentum zu stehen.

3. Anbindung des Lösungsaneatzes ans Verfassungsrecht I m folgenden geht es nicht u m einen „Einbau" der verwaltungsrechtlichen Probleme und der Verwaltungsdogmatik ins Verfassungsrecht; es w i r d auch nicht eine Standortbestimmung des Verwaltungsrechts als bloßer „Ausführungsbestimmungen" des Verfassungsrechts vorgenommen. Denn das Verwaltungsrecht ist eigenwertig und ausgezeichnet durch eigene Problemauf fächerungen. Verfassungsnormen, insbesondere Grundrechte, haben bei oft sehr kurzen Normtexten einen großen Bereich ihrer Geltung (Normbereich), sie sind in ihrem Normprogramm weniger festgelegt wie Normprogramme von Spezialgesetzen, dafür sind sie u m so sachhaltiger 1 . Das heißt, die Eigenarten der Normprogramme nebst der Weite der Normbereiche bewirken einen gesetzgeberischen und exekutivischen Spielraum, der hier thematisiert werden soll. Einzelne Meinungen oder gesetzliche Regelungen können deshalb so gut wie nie als verfassungsrechtlich zwingend behauptet werden. Verfassungsrecht läßt sich in den seltensten Fällen ohne W i l l k ü r i n „verwaltungsrechtliches Kleingeld" ummünzen 2 . Wenn i m folgenden also von einer A n bindung an Verfassungsrecht gesprochen werden soll, so ist damit gemeint, daß der Problembereich des Öffentlichen Sachenrechts daraufhin untersucht wird, welche Grundrechte ihn regieren, welche Sachprobleme des Öffentlichen Sachenrechts zugleich zum Normbereich eines Grundrechts gehören. Die allgemeine Erörterung der Schnittstellen und Berührungspunkte kann allerdings eine Konkretisierung von Grundrechts« und Verwaltungsrechtsnormen, die durch einen konkreten Rechtsfall aufgeworfen wird, nie ersetzen. Die i n Praxis zu lösenden Probleme können ebensowenig direkt aus der Verfassung wie aus einer allgemeinen Lehre des Öffentlichen Sachenrechts deduziert oder logisch abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es zur Normkonkretisierung gerade angesichts der vielgestaltigen Interessen und Rechte i m Verwaltungsrecht einer genauen Normbereichsanalyse sowie wertender Elemente und Folgenerwägungen. Dies setzt aber die Kenntnis des verfassungsrechtlichen Rahmens zulässiger Lösungen notwendig voraus und w i r d erleichtert durch einen Kanon von Rechtsformen und Verfahrensarten 3 , der abstrahierend entwickelt werden kann. 1 F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 178 ff., 202 ff.; zur Anwendung, S. 406 ff. 2 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee u n d System, S. 37 ff.; Zitat, S. 40. 3 Z u deren rechtsstaatlicher Bedeutung ebd., S. 29 ff.

3. A n b i n d u n g ans Verfassungsrecht

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3.1 Eigentumsgrundrecht Beim Ausgangspunkt besonderer öffentlich-rechtlicher sachenrechtlicher Normen oder dogmatischer Aussagen kommt von den Grundrechten als erstes das Eigentumsgrundrecht i n den Blick. Dabei w i r d es hier nicht möglich sein, alle Einzelprobleme von Eigentumsbindung und Enteignung etwa beim Straßen- oder Gewässerbau aufzuzeigen. Was jedoch geleistet werden muß, ist eine Verträglichkeitsfeststellung der hier behandelten Grundlagen der Dogmatik und eine Rahmengebung für die zu entfaltenden dogmatischen Figuren des Öffentlichen Sachenrechts. Dies ist um so notwendiger, als sich bisher das besondere Verwaltungsrecht öffentlicher Sachen — von wenigen Bemerkungen abgesehen4 — nicht um eine sorgfältige Rezeption des A r t . 14 I GG innerhalb des Öffentlichen Sachenrechts bemüht hat und lediglich die beeinträchtigenden Auswirkungen von der Rechtsprechung der Zivilgerichte und einem Spezialgebiet, dem Enteignungsrecht, aufgefangen wurde 5 . Die Dogmat i k der Enteignung knüpft allerdings nicht an das BGB-Eigentum, sondern an das Vermögen an: i. e. alle Vermögenswerten Rechte unabhängig davon, ob an ihnen Eigentum nach BGB bestehen kann (ζ. B. Urheber», Verlags- und Patentrechte, öffentlich-rechtliche Rechtspositionen) 6 . Selbst von diesem Teilgebiet des Staatshaftungsrechts „Enteignungsdogmatik" wäre also nur ein kleiner Teil einem Öffentlichen Sachenrecht zuzuordnen. Die Abgrenzung der beiden Gebiete erfolgt dadurch, daß das eine die Frage des Geldersatzes für entzogene Vermögensrechte, das andere die Fragen der Begründung und der Ausübungsmodalitäten der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft regelt. Das Öffentliche Sachenrecht setzt also zeitlich und rechtlich eine Enteignungsdogmatik voraus und klammert damit das Enteignungsrecht aus7. Überschneidungen entstehen, soweit Vorschriften wie § 191 FStrG 8 i n Gesetzen über Öffentliche Sachen Enteignungsermächtigungen enthalten; bei solchen Normtexten müssen beide Bereichsdogmatiken zur Auslegung herangezogen werden. Es soll hier nicht den Folgen einer Eigentumsverletzung nachgegangen werden, sondern den verfassungsrechtlichen Möglichkei4 Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.420; Kodal, S.406f., 455 ff. m. w. N.; W o l f f / Bachof, § 58 I I I a zum Anliegergebrauch; i m Wasserrecht: Papier, S. 38 f. m. w . N.; Salzwedel, Z f W 1962, S. 82 f.; ders., Wasserrecht, S. 788. 5 Z u m Enteignungsrecht Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 91 ff. m i t w e i terführenden Nachweisen. 6 Die Erweiterung wurde i n BVerfGE 1, 264 (276 ff.); 4, 219 (240); 15, 167 (200 f.); 16, 94 (112); 31, 229 (238 ff.); 50, 290 (339 ff.); 53, 257 (289 ff.) vollzogen. Siehe dazu Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 94 ff.; Döhring, S. 345. 7 Ebenso Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.420 ff.; Niehues, Diss., S. 101. A . A . Mayer, Bd. 2, S. 1 ff. 8 Papier, S. 67 f.

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ten hoheitlicher Eigentumsbeschränkungen. Auch dies w i r d nicht umfassend geschehen können, sondern anhand einer Typologie mit Beispielen zur Verdeutlichung. Den Blick von den Fragen der Entschädigungsansprüche auf A r t und Umfang der Eigentumsrechte und ihrer staatlichen Ausformungsmöglichkeiten gelenkt zu haben, ist das historische und nicht zu überschätzende Verdienst der Naßauskiesungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes 9 i m Anschluß an die Kleingartenentscheidung 10 . I m nachfolgenden soll eine Typologie von Eigentumsbestimmungen und -beschränkungen aufgeführt werden, anhand der später dogmatische Figuren eingeordnet und verfassungsrechtlich gehärtet werden können. Von vornherein sei dabei klargestellt, daß nicht immer, wenn der Staat Eigentum beschränkt oder Verhaltenspflichten an Eigentümer aufstellt, die er dann überwacht und notfalls durchsetzt, damit öffentlich-rechtliche Sachherrschaft gegeben ist, die als dingliches Recht einzuordnen wäre. Als typisch sachenrechtlich wurde oben 1.1 die unmittelbare Sachzuordnung zu einem Vermögen, die positiv-gestaltende Person-Sachbeziehung, die sich nicht i n potentiellen Abwehrrechten erschöpft, dargestellt. Die Untersuchung i n 2.1 ergab für die Probleme des Öffentlichen Sachenrechts ein gleichartiges Bedürfnis und schon vorhandene parallele dogmatische Lösungen i n Form einer besonderen öffentlichen Sachherrschaft. Diese Sachherrschaft und nicht ein beliebiges öffentliches Interesse oder die Geltung öffentlich-rechtlicher Normen zeichnet das Öffentliche Sachenrecht aus. Öffentliches Interesse für sich ist kein K r i t e r i u m Öffentlicher Sachen, noch nicht einmal eines des Öffentlichen Rechts, da öffentliche Interessen nach heutiger A n schauung oft auch i m Privatrechtsverkehr relevant sind, und selbst Verwaltungsträger i n Formen des Privatrechts öffentliche Interessen verfolgen dürfen 11 . Ebensowenig entscheidet die „Zuordnung zum öffentlichen Recht" das Schicksal der Öffentlichen Sache. Damit wären alle i m Straßenverkehr teilnehmenden Fahrzeuge, alle immissionsverursachenden Anlagen und alle dem Lebensmittelrecht unterstehenden Waren Öffentliche Sachen. Soll die Eigenschaft „Öffentliche Sache" mehr sein als die Feststellung, daß für fast alle Sachen i n Privathand auch öffentlich-rechtliche Normen gelten, so kann Geltungsbedingung nicht die Zuordnung zum öffentlichen Recht, sondern allein die öffentliche Sachherrschaft sein. Verfassungsrechtlich unzulässig ist etwa die Behauptung, Grundstücke i m Bereich eines Bebauungsplans seien öffentliche Sachen12. Sachherr9

E 58,300 ff. E 52,1 ff. 11 Deshalb paßt die Interessentheorie nicht mehr u n d deshalb ist das A b stellen von Niehues, Diss., S. 93, 117, 119, auf das öffentliche Interesse verfehlt. 10

3. A n b i n d u n g ans Verfassungsrecht

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schaft bedeutet mindestens Mitbesitz. Würde man diesen annehmen, so wäre gerade der wirtschaftlich interessanteste Teil der Fläche der Bundesrepublik mit der Verabschiedung des Bundesbaugesetzes und der Geltung der Bebauungspläne i n öffentlichen Mitbesitz geraten, eine Folgerung, deren Verstoß gegen die institutionelle Garantie des A r t . 141 GG auf der Hand liegt. Ein Grundstück, das gar nicht bebaut ist, oder ein Hausgrundstück, das nach den öffentlichen Regeln für die Bebauung korrekt bebaut ist, müßte unter öffentlicher Sachherrschaft stehen, falls einer der Grundstückseigentümer oder -besitzer einmal nicht rechtstreu sein sollte. Dies scheint eine unvertretbare obrigkeitsstaatliche Auffassung, die mit denselben Argumenten wie i m Bauordnungsrecht für das übrige Ordnungsrecht abzulehnen ist 13 . Die Tatsache allein, daß für Sachgegenstände öffentlich-rechtliche Vorschriften gelten, kann diese nicht zu öffentlichen Sachen machen, weil damit nahezu alle Sachgegenstände zu Öffentlichen Sachen würden und deren problembezogener besonderer Hintergrund verdeckt würde. Gerade i m Bauordnungsrecht 14 zeigt sich der Unterschied. Entspricht ein Gebäude nicht den Vorschriften, so kann nicht die Gemeinde oder die Baubehörde als Sachherr den Zustand beseitigen, sondern der Verwaltungsträger muß den Eigentümer oder Besitzer verpflichten (§§ 63, 64, 65 I LBO). Erst wenn der Pflichtige nicht handelt, kann die Behörde selbst i m Wege der Vollstreckung u. U. durch Ersatzvornahme die Angelegenheit selbst erledigen. I n den ersten drei nun abzuhandelnden Punkten wurde die gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung des Eigentumsgrundrechts wiedergegeben, nach der Inhaltsbestimmung, Legal- und Administrativenteignung drei eigenständige Rechtsinstitute des A r t . 14 GG sind 15 . Der vierte Punkt muß deshalb angefügt werden, da unterhalb der gesetzlichen Ebene weitere staatliche Handlungsformen vorkommen, die ebenfalls A r t . 14 GG zugeordnet werden müssen und gerade für das Öffentliche Sachenrecht mit der Handlungsform dinglicher Verwaltungsakt sehr wichtig sind.

3.1.1 Inhalt und Schranken durch Gesetz

Das Eigentum w i r d nicht nach der Theorie des Wirtschaftsliberalismus oder des positivistischen Staatsrechts als vorfindliches Institut be12

So aber Niehues, Diss., S. 91, 119. Nicht umsonst sind die Einordnungen v o n Niehues, Diss., S. 105 ff. i n L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung soweit ersichtlich nicht aufgegriffen worden. 14 Ebd., S. 109 ff. 15 BVerfGE 58, 300 (331); Schwerdtfeger, Dogm. Struktur, S. 12 ff. 13

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handelt, sondern sein Inhalt (damit auch dessen Schranken) muß vom Gesetzgeber erst bestimmt werden: „Der Gesetzgeber s c h a f f t . . . auf der Ebene des objektiven Rechts diejenigen Rechtssätze, die die Rechtsstellung des Eigentümers begründen und ausformen 16 ." Eine althergebrachte Inhaltsbestimmung bietet zunächst das BGB, das die Form von Rechtsübertragungen, aber auch den möglichen Inhalt einzelner Rechte regelt — gerade der Numerus clausus der Sachenrechte macht dies deutlich. Wie das Bundesverfassungsgericht nunmehr verbindlich festgestellt hat, gehören zu dieser Inhalts- und Schrankenbestimmung aber auch öffentlich-rechtliche Normen. Es sei nicht richtig, wenn gesagt werde, „aus der privatrechtlichen Rechtsstellung (könne) der Umfang der Gewährleistung des konkreten Eigentums bestimmt werden" 1 7 . Für das Wasserhaushaltsgesetz folgt daraus, daß seine Vorschriften den Umfang des Eigentums an Gewässern nicht notwendig entschädigungspflichtig einschränken, sondern mit festlegen. Erst die Bestandsgarantie als Schutz vor einzelnen Entziehungen und die Institutsgarantie als Schutz vor Abschaffung weiter Bereiche privatnützigen Eigentums bilden die Grenze für die Gestaltungsbefugnisse des Gesetzgebers 18 . Das heißt für die vorliegende Untersuchung vor allem, daß der Gesetzgeber nicht gehindert ist, sachenrechtliche Regelungen auch i m Öffentlichen Recht einzuführen oder gar abweichende Eigentumsformen vorzusehen. Damit gilt auch für die Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts die Freiheit, solche eigentumsbeschränkenden Figuren zu entwikkeln. I n diese erste Kategorie, der Bestimmung von Inhalt und Schranken durch Gesetz, gehört auch die Widmung durch Gesetz, sofern sie Dienstbarkeiten am Privateigentum begründen w i l l 1 9 . Die Zulässigkeitsgrenze für solche gesetzlich eingeräumten Dienstbarkeiten muß parallel zu der jetzigen Dogmatik des Enteignungsrechts entwickelt werden; d. h. unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Gesetze (s. Einzelaktund Sonderopfertheorien) wären verfassungswidrige Enteignungen bzw. Inhaltsbestimmungen 20 . 16 BVerfGE 58, 300 (330) u n d E 52, 1 (27). Ebenso v. Münch, GG-Kommentar, Art. 14, Rdnr. 37; Schwerdtfeger, Dogm. Struktur, S. 15 ff. 17 BVerfGE 58, 300 (334 ff.), Zitat S. 335. 15 Hierzu Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 105 ff.; Ossenbühl, N J W 1983, S. 2; BVerfGE 20, 351 (355); 24, 367 (389); 58, 300 (339). Diese Grenze sieht auch Salzwedel, Z f W 1962, S. 81 ff.; ders., DÖV 1963, S. 244 bei der Einschränkung des Eigentums durch viele Wassergesetze auf eine wirtschaftlich wertlose Eigentumsrestherrschaft überschritten. Für Baden-Württemberg gilt dies nach Salzwedels Meinung jedoch nicht. 19 Z u r W i d m u n g durch Gesetz Wolff / Bachof, § 56 I I ; Papier, S. 36. 20 Z u diesem Begriff Maurer, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 564; Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 107 f.; inhaltlich folgend aus: BVerfGE 58, 300 (301), ebenso Schwerdtfeger, Dogm. Struktur, S. 25 ff.

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Verfassungsrechtlich zulässig ist danach auch öffentliches Eigentum 21 und solche Institute wie § 4 1 hambWegeG, § 4 a hambWG sowie §§ 4 und 5 bwWG. Die Bestandsgarantie ist davon nicht betroffen. Sieht man i n diesem Institut eine Gefahr der institutionellen Garantie 22 , so kann dies allenfalls am Umfang des Eigentums i n öffentlicher Hand liegen, nicht jedoch an der Eigentumsform. Würde der Staat manche Vermögensbereiche der Privatnützigkeit entziehen, so könnte darin ein Verstoß gegen A r t . 14 I S. 1 GG gesehen werden, nicht aber darin, daß er sein Eigentum von einer dualistischen Konstruktion i n eine einheitlich öffentlich-rechtliche bringt 2 3 . Ob der Staat sein Eigentum i n den Formen des BGB übertragen darf oder nicht, ob er nach bürgerlich-rechtlichem Sachenrecht belasten darf oder nach öffentlich-rechtlichen Sondervorschriften, hat m i t der institutionellen Garantie des Privateigentums nichts zu tun. Nicht mehr möglich ist es heute, eine dogmatische Umetikettierung bisher bestehenden Privateigentums des Staates ζ. B. an Straßen oder Wasserwegen i n öffentliches Eigentum vorzunehmen 24 . Wenn etwa § 14 bwStrG die „Ausübung des Eigentums am Straßengrund" regelt, also davon ausgeht, daß auch an Straßen BGB-Eigentum besteht (in Händen des Staates oder eines Privaten) und dieses enteignet werden kann; wenn § 6 bwWG die „Eigentumsverhältnisse an privaten Gewässern" regelt, wenn Sachen i n Anstaltsgebrauch häufig privaten Eigentümern gehören und oft sogar die Anstaltsträger juristische Personen des Privatrechts sind, so stehen die betreffenden Sachgegenstände nicht i n öffentlichem Eigentum. Die Positivität der Gesetze, oft schon die Rechtsinhaberschaft einer juristischen Person des Privatrechts, verbietet hier die Annahme öffentlichen Eigentums 25 . Somit entscheidet sich der Streit, ob es öffentliches Eigentum gibt und geben darf, dahingehend, daß es solches laut Gesetz gibt, daß dieses verfassungsrechtlich zulässig ist, daß aber nicht alles Eigentum des Staates i n öffentliches umgedeutet werden kann oder darf. I m übrigen gehören Sinn und Inhalt eines solchen Instituts in die jeweilige Bereichsdogmatik 26 . 21 BVerfGE 24, 367 (388 ff.); B V e r w G E 27, 131 ff.; W i t t i g , DVB1. 1969, S. 685 f.; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 417 f. 22 W i t t i g , DVB1. 1969, S. 685 f.; zur institutionellen Garantie s. K i m m i n i c h (3. Bearb.), B K , A r t . 14, Rdnr. 92 ff.; Maunz / Dürig, A r t . 14, Rdnr. 30 ff. 23 Ä h n l i c h BVerfGE 24, 367, LS 3; 42, 20 ff. — Z u den verfassungsrechtlichen Einwänden i m einzelnen Bartlsperger, Hoheitl. Sachherrschaft, S. 83 ff. 24 Das schlägt jedoch Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 39 ff. vor. 25 Sehr v i e l schwieriger ist diese Frage für die Bundeswasserstraßen u n d die Bundesfernstraßen i n A r t . 89 I, 90 I GG zu beantworten, wonach die Formulierung u n d systematische Stellung i m GG eher gegen ein Β GB-Eigentum, die historisch-genetische Auslegung für ein solches spricht: B G H Z 47, 120; 49, 68, 71; N J W 1976, S. 31 ff.; v. Mangoldt / Klein, A r t . 89, A n m . I I I 4 a, aa; Maunz / Dürig, A r t . 89, Rdnr. 18 ff.; Friesecke, S. 19.

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Ebenfalls i n die Kompetenz des Gesetzgebers fallen Fragen danach, welche zu Sachgegenständen ausgrenzbaren Ausschnitte der menschlichen Umwelt überhaupt eigentumsfähig sind — welche Sachgegenstände damit in niemandes Eigentum stehen. Wie oben betont (1.1.2), gibt es keine Öffentlichen Sachen kraft natürlicher Beschaffenheit, sondern nur solche, die dazu gemacht wurden. Ebenso ist Eigentum nicht etwa „natürlich" 2 7 , sondern sowohl als vermögensrechtliche Sachzuordnung wie als absolutes Abwehrrecht durch die Rechtsordnung (u. U. gewohnheitsrechtlich) entstanden. Für den Luftraum über den Grundstücken, soweit er wirtschaftlich für den Eigentümer nicht nutzbar ist (sog. hoher Luftraum), kann § 905 BGB jedoch nicht dahingehend verstanden werden, daß dieser zwar noch i m Eigentum stehe, die Abwehrrechte jedoch beschränkt seien. Hier regelt § 11 L u f t V G die Grenzen des Eigentums eindeutig: „Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist f r e i . . . " (eingeschränkt nur durch die Luftfahrtgesetze!). Dabei handelt es sich nicht u m einen Anspruch oder Rechtsreflex etwa i n Form eines Betretungsrechts wie bei fremden Feldern, Wiesen oder Wäldern, sondern u m die Gewährung eines Freiheitsspielraums mit ausübungsregelnder Beschränkung wie i m Straßen- oder Schiffahrtsverkehrsrecht auch. Der hohe Luftraum gehört daher weder faktisch noch rechtlich zum Eigentum des Grundstückseigentümers. Die gesetzliche Einräumung des Rechts zum Überfliegen war eine Schrankenziehung des Privateigentums und keine Einräumung einer Dienstbarkeit oder Enteignung. Da i m BGB eine andere Vorschrift über das Eigentum am hohen Luftraum nicht enthalten ist, BGB-Eigentum daran nicht besteht und auch das GG eine mit den anderen Verkehrswegen vergleichbare Vorschrift der Gestalt „der hohe Luftraum ist Eigentum der Bundesrepublik" nicht enthält, steht dieser i n keinem Eigentum. Daß sich auf diesen die Hoheitsgewalt und Souveränität des Völkerrechtssubjekts Bundesrepub l i k erstreckt, ändert daran nichts, da eine solche völkerrechtliche Hoheitsgewalt nichts mit einem vermögensrechtlichen Begriff des Eigentums zu tun hat (die Unterscheidung zwischen dominium und imperium). Öffentlich-rechtliche Sachherrschaft als Lufthoheit besteht zweifellos. Die Konstruktion des Eigentums als dominium ist damit aber nicht verbunden. 26 I m einzelnen zum öffentlichen Eigentum de lege lata u n d ferenda: Sievers, DVB1. 1962, S. 77 ff., 195 ff., 313 ff.; ders., VerwArch. 51 (1960), S. 187 ff.; Kübler, DÖV 1961, S. 935 ff.; Haas, DVB1. 1962, S. 656; Böhme, b w V w B l . 1960, S. 97 ff.; ders., VerwPr. 1961, S. 79 ff.; B u l l i n g / Finkenbeiner, § 4, Rdnr. 1 ff., §12, Rdnr. 1 f.; W i t t i g , DVB1. 1969, S. 680 ff.; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 379, A n m . 5. Z u den Nachweisen gegen das öffentliche Eigentum s. o. 2.3. 27 Ä h n l i c h BVerfGE 58, 300 (339).

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Fällt die Vorstellung eines eigentumsfreien Luftraumes (tatsächlicher und rechtlicher Natur) noch leicht, so w i r d dies schwerer für Teile der Erdmasse selbst, z.B. für das Grundwasser. Bisher ging die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre davon aus, daß das Grundwasser Teil des Grundstücks sei, damit auch i m Eigentum des Grundstückseigentümers stehe 28 . Ob diese Meinung vom Bundesverfassungsgericht geteilt w i r d oder nicht, ist aus der Entscheidung i m 58. Band nicht ohne weiteres zu erkennen. Zunächst muß man wie das Bundesverfassungsgericht von § 1 a W H G ausgehen: „Das Grundeigentum berechtigt nicht . . . zu einer Gewässerbenutzung, die nach diesem Gesetz oder nach den Landeswassergesetzen einer Erlaubnis oder Bewilligung bedarf . . . " Da das Grundwasser gem. § 11 Nr. 2 ein Gewässer ist und für seine Benutzung — vom Kleinverbrauch abgesehen — gem. §§ 2 I, 3 WHG eine Erlaubnis oder Bewilligung erforderlich ist, heißt das, daß das Grundeigentum nicht zur Grundwasserbenutzung berechtigt! Dagegen spricht nicht, daß Kleinverbrauch nach § 33 WHG i. V. m. § 36 bwWG erlaubt ist. Dieser ist dem Wortlaut nach nicht an das Eigentum geknüpft, sondern kann jedem Besitzer gewährt werden — in Verbindung m i t dem Recht auf Zugang zur freien Natur u. U. sogar jedem anderen. Der grammatischen Auslegung des Wasserhaushaltsgesetzes t r i t t die genetische zur Seite. Der Gesetzgeber beabsichtigte 29 , daß der zitierte § 1 a I I I WHG eine inhaltsbestimmende Regelung i. S. d. A r t . 141 S. 2 GG sein sollte und das Eigentum von vornherein einschränken sollte. Damit wollte er die Grundwassernutzung aus der Privatnützigkeit des Eigentums überhaupt herauslösen! Dem t r i t t schließlich noch ein weiteres Argument zur Seite. Würde es sich bei der Grundwassernutzung um ein Eigentumsrecht handeln, das nur mit einem präventiven Erlaubnisvorbehalt 3 0 wie etwa der Baugenehmigungspflicht ausgestattet wäre, so würde die Eigentumsbeschränkung erst durch Verwaltungsakt erfolgen; es handelte sich dabei materiell-rechtlich u m eine Teilenteignung, die entschädigungspflichtig wäre. Da eine solche Entschädigung aber nur für alte Rechte geregelt ist, wäre die Vorschrift wegen Verletzung der Junktimklausel verfassungswidrig. Genau dieses Ergebnis hat das Bundesverfassungsgericht aber abgelehnt und die Vorschrift für verfas28

Anders ist der Vorlagebeschluß des B G H v. 13. 7.78, der zur Naßauskiesungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts führte, nicht zu verstehen: s. dazu BVerfGE 58, 300 (310 f.). Ebenso noch Gieseke, Eigentum u n d Grundwasser, S. 14 ff.; Salzwedel, Wasserrecht, S. 788 u n d das Bundesverfassungsgericht i n E 1 , 264 (278): A r t . 141 GG w o l l t e „das Rechtsinstitut des Eigentums, so wie es das bürgerliche Recht u n d die gesellschaftlichen A n schauungen geformt haben, schützen". 29 Bericht des Innenausschusses, BT-Drucksache 7/4546, S. 5 (1976). 30 Dazu Wolff / Bachof, § 48 I I a 1.

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sungsmäßig erklärt 3 1 . Daraus folgt, daß die Grundwassernutzung nicht Bestandteil des Eigentums sein kann. Nur so sind auch die Sätze i n BVerfGE 58, 300 (328 f.) verständlich: „Das Wasserhaushaltsgesetz unterstellt das Grundwasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung." „So wie seine (des Eigentümers, d. Verf.) Befugnisse an den Grundstücksgrenzen enden, endet seine Rechtsstellung i n der Tiefe prinzipiell dort, wo er mit dem Grundwasser i n Berührung kommt 3 2 ." § 12 bwWG hat diese Norm expliziert. Damit kann gegen das Vorhandensein von „Sachgegenständen in niemandes Eigentum" verfassungsrechtlich nichts vorgebracht werden, bei der jetzigen Gesetzeslage der Inhaltsbestimmung von Eigentum ist die A n nahme eines solchen Instituts sogar geboten. Als Ergebnis ist damit festzuhalten, daß erst durch Gesetz festgelegt wird, welche durch eine Rechtsordnung isolierbare Naturausschnitte zum Gegenstand der Eigentumsordnung gemacht werden. Es gibt also Sachgegenstände, die zwar zum Normbereich von Rechtsnormen gehören, dennoch nicht eigentumsfähig sind.

3.1.2 Legalenteignung

Bezüglich des so inhaltlich bestimmten Eigentums ist eine Enteignung einer Rechtsposition durch Legalenteignung möglich 33 , indem ein konkretes Vermögensrecht eines Eigentümers entzogen wird 3 4 . Das Recht der Enteignung steht jedoch mit den hier behandelten Sachproblemen und den dogmatischen Figuren der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft, des öffentlich-rechtlichen Eigentums, der nicht eigentumsfähigen Sachen, des Dualismus i m Öffentlichen Sachenrecht i n keiner direkten Beziehung. Es regelt, wann und unter welchen Umständen juristischen Personen des Privatrechts ihr Eigentum zugunsten des Staates entzogen werden kann. Es hat zwar insoweit sachenrechtlichen Charakter, als es den Übergang des dinglichen Rechts „Eigentum" von einem Rechtssubjekt zu einem anderen regelt, falls es sich u m Sacheigentum handelt, wurde aber vollkommen losgelöst vom Öffentlichen Sachenrecht aus Art. 14 I I I 31

BVerfGE 58, 300 ff. A . A . Maunz / Dürig, A r t . 14, Rdnr. 371 a. Derselben Ansicht sind Gieseke / Wiedemann / Czychowski, Einl. V I I I ; B u l l i n g / F i n k e n b e i n e r , §12, Rdnr. 1; Boehme, b w V w B l . 1960, S. 100. A . A . Salzwedel, Wasserrecht, S. 788. 33 v. Münch, GG-Kommentar, A r t . 14, Rdnr. 74 ff.; Maunz / Dürig, A r t . 14, Rdnr. 480 ff.; BVerfGE 24, 367 (398 ff.); B V e r f G DÖV 1969, S. 102 ff.; Döhring, S. 350 f. 34 I n w i e w e i t dieser Schutz auch für juristische Personen des Öffentlichen Rechts gelten kann, ist umstritten; Gemeinden steht er jedenfalls nach BVerfGE 61, 82 (101 ff.) — Sasbach nicht zu. Siehe auch Maunz / Dürig, A r t . 19 I I I , Rdnr. 33 ff.; Döhring, S. 373. 32

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GG entwickelt 3 5 und bietet hier keine Probleme der Anbindung des Öffentlichen Sachenrechts ans Verfassungsrecht. 3.1.3 Administrativenteignung

Auch für die Administrativenteignung gilt das soeben Gesagte. Sie ist nicht Teil des Öffentlichen Sachenrechts, sondern Voraussetzung für die Entstehung Öffentlicher Sachenrechte. Diesbezüglich bleibt jedoch festzuhalten, daß sie oft Voraussetzung für die Entstehung einer öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit ist. Soll die Öffentliche Sache erst durch Verwaltungsakt entstehen (ist sie also nicht schon eine durch Gesetz entstandene Belastung des Eigentums) und hat der Eigentümer nicht zugestimmt, so kann der Eingriff ins Eigentum nur durch (Teil-)Enteignung legalisiert werden (ζ. B. aufgrund § 19 FStrG). Eine solche Enteignung und Entschädigung ist Bedingung der Rechtmäßigkeit einer Widmung durch Verwaltungsakt 3 6 . 3.1.4 Untergesetzliche Inhaltsbestimmung

Nachdem Eingriffe i n das Eigentum auf gesetzlicher und untergesetzlicher Ebene sowie gesetzliche Inhaltsbestimmungen schon abgehandelt wurden, bleibt noch die Frage nach untergesetzlicher Inhaltsbestimmung des Eigentums. Für die Ebenen der Rechtsnormen — Verordnung und Satzung — fällt die Antwort leicht. Denn obwohl A r t . 14 I S. 2 GG lautet: „Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt", w i r d von niemandem bestritten, daß dies auch aufgrund von Gesetzen, d. h. von Verordnungen oder Satzungen mit gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage, geschehen kann 3 7 . Dies zeigen die Einführung von Bebauungsplänen und Anschluß- und Benutzungszwang durch gemeindliche Satzungen sowie Verordnungen i m Natur- und Landschaftsschutz 38 und i m Wasserrecht (z. B. § 36 bwWG). Auch durch Verordnungen oder Satzungen können also Widmungen erfolgen 39 , die, wie bei widmenden Ge35 Z u m Enteignungsrecht Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 91 ff.; Maunz / Dürig, A r t . 14, Rdnr. 447 ff.; K r o h n / Löwisch, Eigentumsgarantie, Enteignung, Entschädigung; Schulze-Osterloh, N J W 1981, S. 2537 ff. 36 W o l f f / B a c h o f , § 5 6 I V a ; Papier, S.61; Sieder, S.48; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 420; nach Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 386 f. ist die Verfügungsmacht des Widmenden sogar Tatbestandsmerkmal der W i d mung. 37 v. Münch, G G - K o m m e n t a r A r t . 14, Rdnr. 38; B V e r w G E 3, 335 f.; BayVerfGHE 12, 1. Undeutlich, ob untergesetzliche Inhaltsbestimmung oder Sozialbindung K i m m i n i c h (3. Bearb.), B K , A r t . 14, Rdnr. 97 ff., 112 f. m. w . N.; w i e hier M a u n z / D ü r i g , A r t . 14, Rdnr. 279 ff.; BVerfGE 58, 137 (146). 38 Z u deren Zulässigkeit Β GHZ 40, 395 ff.; 54, 293 ff.; B V e r w G E 3, 335 ff. 39 So ohne nähere Ausführungen W o l f f /Bachof, §56 I I b ; Papier, S. 36 f.;

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setzen, als Inhaltsbestimmung beziehungsweise Sozialbindung ohne enteignenden Charakter öffentlich-rechtliche Dienstbarkeiten begründen können. Voraussetzung ist dabei, daß die Normen allgemein gelten und nicht einzelne Sachgegenstände benennen oder Inhaltsbestimmungen anderer, höherrangiger Rechtsnormen konkretisieren 40 . A u f der Ebene der Verwaltungsakte ist schon vom Begrifflichen her nur die Konkretisierung einer Rechtsnorm auf einen zu entscheidenden Fall oder eine enteignende Maßnahme denkbar. Nicht nur nach der kombinierten Sonderopfer- und Schweretheorie 41 kann wegen des inneren Systems des A r t . 14 I GG nicht davon ausgegangen werden, daß einzelne zum Eigentum gehörende Rechte durch Hoheitsakt als „Inhaltsbestimmung" des Eigentums entzogen werden 42 . Die Wortlautgrenze von „durch die Gesetze" liegt bei der Bedeutung als abstrakt-genereller Regelung und kann nicht durch Verwaltungsakte erweitert werden. Diese Ebene der Eigentumsbestimmung durch Verwaltungsakte w i r d auch als Konkretisierung der Sozialbindung i n A r t . 14 I I GG angesehen43. Soweit eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist, die verfassungsgemäß den Inhalt des Eigentums bestimmt, ohne eine Entschädigungsnorm vorsehen zu müssen, kann zur Ausführung ein Verwaltungsakt ergehen 44 . Erst bei diesem liegt dann die i m Einzelfall zu ermittelnde Sozialbindung vor. Die Tatsache allein, daß ein Sachgegenstand i n Anspruch genommen worden ist, während für andere Objekte keine Konkretisierung der Sozialbindung erfolgt, reicht allein noch nicht aus, u m einen Entschädigungsanspruch zu begründen oder einen solchen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären. Kimminich nennt hier das Beispiel des Gesetzes, das nach allgemeinen Kriterien Grundstücke dem Landschaftsschutz unterstellt, die Konkretisierung aber durch Verwaltungshandeln erfolgt 45 . das Problem sieht nicht Weyreuther, Die Situationsgebundenheit des Eigentums. 40 Z u m Problem: enteignende W i r k u n g v o n Einzelfallgesetzen u n d -normen neuestens Maunz / Dürig, A r t . 14, Rdnr. 480 ff.; BVerfGE 52, 1 (27). 41 B G H Z 6, 270 u n d B V e r w G E 5, 143 als Ausgangspunkte; jetzt Β GHZ 30, 347 ff.; 45, 150 (155); 60, 126 ff.; B V e r w G E 19, 94 (98 f.); 32, 173 (179), gebilligt durch BVerfGE 52, 1 (18 ff.); 58, 300 (328 ff.). Dazu M a u n z / D ü r i g , A r t . 14, Rdnr. 311 ff.; Schwabe, JZ 1983, S. 273 ff. 42 Z u den vertretenen Theorien s. die Nachweise bei v. Münch, G G - K o m mentar, A r t . 14, Rdnr. 46 ff.; K i m m i n i c h (3. Bearb.), B K , A r t . 14, Rdnr. 125 ff.; Maunz / Dürig, A r t . 14, Rdnr. 295 ff. 43 K i m m i n i c h (3. Bearb.), B K , A r t . 14, Rdnr. 113. 44 Z u m Verwaltungsakt als Konkretisierung eines inhaltsbestimmenden Gesetzes undeutlich BVerfGE 58, 137 (146) — Ablieferungspflicht; genauer B V e r w G N V w Z 1984, S.434 zum rp. Weinaufbaugesetz. 45 Bei diesem Ausgangspunkt kommen zu unterschiedlichen sachgerechten Ergebnissen B V e r w G E 3, 335 ff.; 24, 60 LS 2 u n d 4; B G H L M Nr. 60 zu A r t . 14 — Buchendom.

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Von daher rührt auch das oben referierte Erfordernis der Verfügungsbefugnis über das Eigentum als Voraussetzung der Widmung. Die Widmung selbst ist kein eigentümergerichteter Eingriffsakt. Ihre „eigentümergerichtete W i r k u n g " 4 6 besteht i n der rechtsverbindlichen Festlegung und ins einzelne gehenden Bestimmung einer öffentlichrechtlichen Dienstbarkeit, für die schon vorher die rechtsgeschäftliche Einwilligung des Eigentümers oder eine (Teil-)Enteignung unter Entschädigung die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit geschaffen hat. Auch hier zeigt sich deutlich der dingliche Charakter der Statusfestlegung einer Sache, die sogenannte intransitive Zustandsregelung entgegen dem relativen Charakter von Rechtsverhältnissen zwischen Personen. Die Widmung selbst wendet die gesetzlichen Bestimmungen an, sie konkretisiert die Sozialbindung des Eigentums, sofern die Kriterien dafür positiviert sind. Die eigene Regelungsqualität liegt nur i n der feststellenden Wirkung der Rechtsqualität gegenüber jedermann (auch dem Eigentümer), nicht jedoch i n der eigentumsbeschränkenden Wirkung gegenüber dem Eigentümer. Sie liegt i n der „Titelfunktion" eines Verwaltungsaktes bei der Durchsetzung gesetzlicher Duldungspflichten oder Gemeingebrauchsrechte wie ζ. B. i n § 42 bwNatSchutzG. Wo diese Grenzlinie liegt, ist nicht vom Öffentlichen Sachenrecht zu bestimmen, sondern von einem Enteignungsrecht als strikt und umfassend grundrechtsgebundener Bereichsdogmatik. Eine Widmung, die die gesetzlichen Bestimmungen fehlerhaft anwendet, keine ausreichende gesetzliche Grundlage hat oder deren Rechtsgrundlage i n das Eigentum übermäßig oder ungleich eingreift, ist keine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit, die eine Entschädigung auslösen würde, sondern rechtswidrig und aufzuheben. Der Umfang der Widmungsmöglichkeiten w i r d jedoch nicht nur i n Richtung des Sacheigentümers der gewidmeten Sache begrenzt, sondern auch i n Richtung der Nutzungsinteressenten. Die meist diskutierte Frage ist dabei, ob private Dritte aus A r t . 141 GG ein Recht auf Benutzung haben — als Anliegergebrauch 47 (in Baden-Württemberg positiviert i n §§ 27 bwWG, 15 I S. 1 bwStrG). Ob er als Teil des Gemeingebrauchs oder als Sondernutzung angesehen wird, ist eine Frage der zweckmäßigen Terminologie und nicht des Verfassungsrechts. Entscheidend ist der Inhalt. Zutritt von Licht und Luft und angemessene Zufahrtsmöglichkeiten als Voraussetzungen einer Nutzung eines Grundstücks gehören schon seit eh und je zum Schutz aus Art. 14 I GG und sind demgemäß i n 46

Papier, S. 83,85. Wolff / Bachof, § 58 I I I a; Salzwedel, i n : A l l g . Verwaltungsrecht, S. 434; Papier, S. 18, 24, 79 ff.; M a u n z / D ü r i g , A r t . 14, Rdnr. 111 ff.; B V e r w G DÖV 1973, S. 238 ff.; E 30, 235 (238 f.); 32, 222 ff.; N J W 1975, S. 1528 f. zum G r u n d rechtsschutz. 47

8*

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§§ 8 a I V — V I I FStrG, 17 I I und I I I bwStrG positiviert worden. Auch hier wäre eine darin eingreifende Widmung nur bei vorhergehender Teilenteignung incl. Entschädigung rechtmäßig 48 . Die Einzelheiten sind Sache der besonderen Teile des Öffentlichen Sachenrechts (Wasserrecht, Straßenrecht usw.). Dazu gehört jedenfalls je nach wirtschaftlicher Benutzbarkeit und Situationsgebundenheit des Grundstücks die ungehinderte Zu- und Abfahrt, die Möglichkeit der Anlieferung und Auslieferung von Gegenständen (Umzug) oder Waren, das vorübergehende Ablagern von Gegenständen, die aufs Grundstück verbracht werden sollen. Auch das Aufstellen von Gerüsten gehört zu einem verfassungsrechtlich verstandenen „Eigentümergebrauch": Wenn der Eigentümer eines Grundstücks bauen darf oder für den Zustand eines Gebäudes haften muß, so muß er gegebenenfalls auch die Möglichkeit erhalten, die notwendigen Vorkehrungen dafür zu treffen. Ob dies über einen erweiterten Gemeingebrauch oder über einen subjektiven Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis geschieht, ist vom Eigentumsgrundrecht her gesehen irrelevant. 3.1.5 Zusammenfassung

Die Bedeutung des Art. 14 I GG wurde bisher eher i n der Entschädigung als i n der Inhaltsbestimmung des Eigentums und der Begrenzung staatlicher Eingriffsbefugnisse gesehen. Diesbezügliche Fragen nach Enteignung und Entschädigung gehören nicht ins Öffentliche Sachenrecht, sondern haben sich aus A r t . 14 GG heraus als eigenständiges Rechtsgebiet entwickelt. Von den vier denkbaren Problempunkten der Inhaltsbestimmung durch Rechtsnormen oder Verwaltungsakte oder der Eigentumseingriffe durch Rechtsnormen oder Verwaltungsakte können demgemäß Legislativ- wie Administrativenteignung als sachfremd ausgeschieden werden. Nach einer Analyse der Naßauskiesungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigte sich zunächst, womit Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden können. Der verfassungsrechtliche Begriff von Eigentum w i r d neben privatrechtlichen auch durch die öffentlich-rechtlichen Normen bestimmt. Der gesetzlich zugelassene Umfang des Eigentums w i r d danach auch durch die Straßenund Wassergesetze mit festgelegt. Dies bezieht sich nicht nur auf Begrenzungen des Eigentums Privater i m Einzelfall. Es ermöglicht vielmehr auch andere Eigentumsformen wie das des öffentlichen Eigentums. Ein solches Institut kann jedoch nicht durch dogmatische Aussagen juristischer Lehrmeinungen geschaffen werden, sondern nur durch Rechtssatz. Sieht ein Gesetz wie das baden-württembergische Wasser« I m Ergebnis ebenso Β GHZ 30, 41; DÖV 1959, S. 751 f.; DVB1. 1967, S. 879 ff.; BVerwGE 32, 222 (224).

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gesetz öffentliches Eigentum vor, so ist dies bis an die Grenze der institutionellen Garantie möglich. Eine weitere Folgerung aus dem grundgesetzlichen Eigentumsbegriff ist, daß es kein natürliches Eigentum und keine natürlichen Öffentlichen Sachen gibt. Sie werden erst durch die Gesetze geschaffen. Soweit dies nicht geschehen ist, stehen nach anderen Gesichtspunkten abgrenzbare Teile der Natur möglicherweise unter der Geltung öffentlich-rechtlicher Normen, nicht jedoch i n Eigentum. Daher gibt es Sachen i n niemandes Eigentum. Dazu gehört der hohe Luftraum, der nicht der Verfügungsgewalt eines Grundstückseigentümers angehört, für den aber auch kein öffentliches Eigentum geregelt ist. Nach der gegenwärtigen Rechtslage gehört auch das Grundwasser i n diese Rubrik, da es der Einwirkungsmöglichkeit des Grundstückseigentümers entzogen ist. Legt man die herrschende Auffassung zur Enteignung, nämlich eine kombinierte Schwere- und Sonderopfertheorie, zugrunde, so ist eine Inhaltsbestimmung oder Grenzziehung des Eigentums durch Verwaltungsakt selbst nicht möglich. Sie würde einen Eingriff mit enteignender Wirkung darstellen. Ein Verwaltungsakt kann jedoch die gesetzlichen Eigentumsbestimmungen konkretisieren und solche Einzelheiten festlegen, die i n einer Rechtsnorm nicht hätten geregelt werden können. Als letzte Frage wurde innerhalb der Untersuchung zum Eigentumsgrundrecht der Anliegergebrauch angeschnitten. Er w i r d unterschiedlich als gesteigerter Gemeingebrauch oder als Sondernutzung verstanden. Dieser verwaltungsrechtliche Streit läßt sich verfassungsrechtlich nur für die Fälle entscheiden, i n denen bisher gezogene Grundstücksnutzungen durch Verweigerung bisher genossener Anliegernutzungen unmöglich gemacht werden. I m übrigen ist eine Einordnung der einzelnen Bedürfnisse i n gesteigerten Gemeingebrauch oder i n Sondernutzung eine Frage der verwaltungsrechtlichen Praktikabilität und der Rechtsgewährung durch die Einzelgesetze i m Straßenund Wasserrecht. 3.2 Andere Grundrechte

Problematisiert werden muß weiterhin, ob über A r t . 14 I GG hinaus die Begründung oder Auflösung einer Öffentlichen Sache oder die Umwidmung einer solchen Freiheitsrechte verletzen kann. Damit fallen die Probleme bezüglich Grundrechten von Gefangenen, Schülern oder Studenten als nicht zum Öffentlichen Sachenrecht, sondern zum Strafvollzugs», Schul- und Hochschulrecht gehörig hinaus. Soweit darüber hinaus an der Schnittlinie zwischen Öffentlichem Sachenrecht und Anstaltsrecht dennoch Probleme entstehen, wurden sie bei der Musterung von Sachgegenständen i n Anstalts- und Verwaltungsgebrauch schon abgehandelt (I. 3.3).

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

Ein viel diskutierter Punkt, der hierher gehört, ist die Begründung eines Rechts auf Gemeingebrauch. M i t dessen verfassungsrechtlicher Erörterung w i r d der Bereich der Grundrechte als Abwehrrechte verlassen und mindestens eine institutionelle oder objektiv-rechtliche Sichtweise dieser angenommen 49 . Ohne dies zu bemerken, deutet Haselau verschiedene Grundrechte sogar als subjektiven Anspruch auf freien Straßenverkehr um, sich dabei auf die natürliche Handlungsfreiheit berufend 50 . Dies geschieht ohne methodische Reflexion und Absicherung i n der verfassungsrechtlichen Dogmatik. Andere Autoren holen, i m Unterschied dazu grundgesetzbezogen, einen subjektiven verfassungsrechtlichen Anspruch aus der allgemeinen Handlungsfreiheit bzw. der Fortbewegungsfreiheit i n Art. 2 I, I I GG 51 . W i r d die (klassische) Eingriffsverwaltung also durch den Entzug von Rechten, die dem einzelnen Bürger zustehen, definiert, so sind die Rechte aus Art. 21, 11, 12 I, 5 I, 8 I GG nur formal gewährleistet; mit dem Entwidmen oder Privatisieren von Straßen w i r d diesen Grundrechten lediglich die tatsächliche Grundlage entzogen, nicht jedoch das Recht selbst. Sofern man eine solche formal rechtsstaatliche Position teilt, wären einzig dann Grundrechte betroffen, wenn einem Bürger ein bestehender subjektiver Anspruch entzogen würde. A l l e i n dieser Fall könnte dann m i t den Techniken der Eingriffsverwaltung (Ermächtigungsgrundlage, Übermaßverbot usw.) gelöst werden 52 . Die allgemeine Meinung i m Straßenrecht geht jedoch weiter. Sie argumentiert, daß den Freiheitsgarantien i n Art. 2 I, II, 5 I, 11, 12 I GG nur dann Funktionsfähigkeit zukommen könne, wenn ein öffentliches Straßennetz als Stätte der Fortbewegung und Kommunikation vom Staat zur Verfügung gestellt werde und leitet daraus eine institutionelle Garantie des Gemeingebrauchs an Straßen ab 53 . Der ungestörten Teilhabe 54 am durch Widmung gewährten Gemeingebrauch und eines Min49 Z u den unterschiedlichen Grundrechtsverständnissen s. Böckenförde, N J W 1974, S. 1529 ff. u n d F. M ü l l e r / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, S. 51 ff. m. w. N. 50 Ders., S. 17 ff., 33 f.; zur allgemeinen Handlungsfreiheit i n A r t . 2 I GG m i t naturrechtlicher Fundierung v. a. S. 48 ff. 51

Papier, S.97f.; Kodal, S.418; Mußgnug, S.89.

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Salzwedel, Wegerecht, S. 761, 763 führt die subjektiven Benutzungsrechte als verfassungsrechtliches Argument gegen eine Veranstaltlichung von Verkehrswegen an. Dazu auch Papier, S. 97 f.; Kodal, S. 418. 53 Papier, S. 97 f.; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 429; ders., Wegerecht, S. 763; Haselau, Die Freiheit der Straße als Rechtsproblem, durchgängig; Kodal, S. 7 ff., 395, 418; BVerwGE 30, 235 (238). — Z u der institutionellen Sicht i m Verfassungsrecht kritisch F. M ü l l e r / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, S. 57 ff. 54 Z u r grundrechtlichen Absicherung der Teilhabe Krebs, VerwArch. 1976, S. 332 f.

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destumfangs an Gemeingebrauchsgewährung kommt nach einhelliger Meinung entscheidende Bedeutung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit und für eine angemessene Eigentumsnutzung zu. Der Gemeingebrauch w i r d als Ausfluß der grundgesetzlich garantierten und auch zu ermöglichenden Freiheit angesehen und gilt qua Grundgesetz auch da, wo wie teilweise ζ. B. beim Anliegergebrauch Nutzungen nicht einfachgesetzlich geregelt sind. Die Problematik politischer und rechtlicher Fragen i m Straßenrecht liegt jedoch nicht i n der Demontage oder Privatisierung des öffentlichen Straßennetzes (eher das Gegenteil ist der Fall). Auch das subjektive öffentliche Recht auf Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, solange sie bestehen, stellt kein Problem mehr dar 55 , insoweit sie nicht zu mehr als zum fließenden oder ruhenden Verkehr benutzt werden. Problematisch hingegen ist die Straße als „öffentlich-rechtliches Mehrzweckinstiut" 5 6 . Hinter diesem Begriff steht der Konflikt des Straßenrechts mit der Meinungsfreiheit und der Freiheit politischer Parteien (Art. 51, 211 GG), die Frage also, ob Flugblattverteilung, Bauchläden, Infostände u. ä. genehmigungspflichtige Sondernutzungen seien oder nicht 57 . Zur Beantwortung dieser Frage bei einer Begriffsauslegung des Wortes „Verkehr" stehenzubleiben und diesen allein vom A L R I I 15 § 7 her nach der traditionellen Bedeutung als „Fortbewegung" bestimmen zu wollen 5 8 , hieße die verfassungsrechtliche Einschlägigkeit des Problems verkennen. Die herrschende Meinung hat dabei richtigerweise — allerdings noch unvollständig und teils unbewußt 55 Für ein subjektives Recht auf Gemeingebrauch teils abgeleitet aus der institutionellen Garantie, teils als reine verwaltungsrechtliche Position: Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.428 f.; ders., Wegerecht, S. 761, 763; ders., DÖV 1963, S. 246 f.; W o l f f / Bachof, Verwaltungsrecht, § 58 I I b; Papier, S. 96 f., 105 ff.; Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 391 f.; Gerhardt, § 15, 2; V G H Baden-Württemberg, b w V w B l . 1964, S. 137; für das Wasserrecht einschränkend Papier, S. 21 ff., 126 f. Die Berufung auf A r t . 2 I, I I u n d 11 GG rennt hier verwaltungsrechtlich offene Türen ein. — F ü r eine Veranstaltlichung i m Straßenrecht u n d Wasserrecht (wohl n u r de lege ferenda u n d aufgrund eines veralteten Anstaltsbegriffs): Weber, V V D S t R L 21 (1962), S. 176 ff.; dagegen m i t gutem Grund, Kodal, S. 90 f.; Salzwedel, Wegerecht, S. 761, 763. 56 Röttgen, S. 28, 34; Papier, S. 18; Kodal, S. 89; Mußgnug, S. 84; Stock, Straßenkommunikation als Gemeingebrauch, spricht durchgängig statt dessen von „ k o m m u n i k a t i v e m Verkehr". 57 Den k o m m u n i k a t i v e n Verkehr als Gemeingebrauch bejahen mindestens was die Flugblattverteilung betrifft: Kodal, S. 518 ff.; Papier, S. 85 ff.; Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S.426f.; ders., Wegerecht, S. 763 f.; O V G Berlin, N J W 1973, S.2044; O L G Celle, DVB1. 1976, S. 111; O L G Bremen, N J W 1976, S. 1359; BGH, N J W 1979, S.435; B V e r w G E 56, 26 (28). A . A . noch: W o l f f / B a c h o f , § 5 8 I I c 3 ; H.Schneider, S. 355 ff.; Steinberg, N J W 1978, S. 1898 ff.; O V G Münster, DVB1. 1972, S. 509; O L G Düsseldorf, N J W 1975, S. 1288 f. 58 So insbesondere H. Schneider, S. 355 ff., der sein eigenes Sprachverständnis für das „natürliche" h ä l t u n d so andere Meinungen als abwegig abtut.

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

— die Gemeingebrauchsdefinition verfassungsrechtlich angereichert und die Merkmale „ i m Rahmen der Widmung" und „Gemeinverträglichkeit" systematisch von den einschlägigen Grundrechten her bestimmt. Sofern also politische Meinungsäußerung oder Werbung nicht die Widmung verletzt (Autokorso i n der Fußgängerzone) oder der Grundrechtsgebrauch so durchgeführt wird, daß die Fortbewegung anderer erheblich behindert wird, muß der Gemeingebrauch wegen A r t . 5 I, 211 GG u m den „kommunikativen Verkehr" erweitert werden 59 . Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Fortbewegungsinteressen und -rechte anderer Mitbürger aus A r t . 2 I und II, 11 GG sind nicht i n der Lage, die Meinungsfreiheit und das Werben der Parteien auf öffentlichen Wegen völlig einzuschränken bzw. vom Ermessen der Wegebehörden abhängig zu machen. Weder zur Vermeidung noch zur Beseitigung von Verletzungen dieser Grenzen ist eine Sondernutzungsgenehmigung erforderlich. Interpretiert und formuliert man Widmung dementsprechend, liegt die Grenze für politische Meinungsäußerung und Werbung mit Widmung und der Anforderung der Gemeinverträglichkeit fest. Der kommunikative Gemeingebrauch 60 w i r d durch die A r t der Straße (Marktplatz, Fußgängerzone, Fahrbahn einer innerstädtischen Straße, die getrennt von Gehweg, Standspuren etc. ist, Stadtautobahnen) und das Verkehrsaufkommen sowie das Maß der Behinderung der übrigen Verkehrsinteressen (Kaufhauseingänge, Straßenbahnhaltestellen) bestimmt. Damit sind die Schwierigkeiten umgangen, die bei einer Ermessensbeschreibung i m Falle der Erforderlichkeit von Sondernutzungserlaubnissen entstehen. Wenn etwa Steinberg schreibt, das Ermessen werde dadurch eingeschränkt, daß die Erlaubnis nur versagt werden dürfe, wenn „Rechte anderer i n unzumutbarer Weise gefährdet oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt werden" 6 1 , so übersieht er, daß das keine Einschränkung, sondern eine Generalermächtigung ist. Zur öffentlichen Sicherheit gehören alle Rechtsnormen, insbesondere die wegerechtlichen und verkehrsrechtlichen Regelungen. Jede wirkungsvolle Flugblattverteilung oder sonstige Meinungsäußerung w i r d und 59 A m weitesten gehend Stock, S. 52 ff.; er arbeitet m i t einem k o m m u n i k a tionswissenschaftlichen u n d sozialwissenschaftlichen Ansatz u n d befürwortet eine Sinneinheit der Jedermanns-Grundrechte i n A r t . 5 I GG, allerdings ohne ausreichende verfassungsrechtliche Ausarbeitung; S. 54 ff. t r i t t er für eine Ausweitung der Straße als Kommunikationsmedium ein; eine ausführliche Darstellung der bisherigen Rechtsprechung erfolgt S. 16 ff. Wie hier: O L G Düsseldorf, N J W 1975, S. 1288 ff.; O L G Celle, N J W 1975, S. 1894 f.; O L G Celle, DVB1. 1976, S. 111 ff.; O L G Bremen, N J W 1976, S. 1359 f.; BayVGH, N J W 1978, S. 1912 f.; bezüglich Landesrecht: O L G Stuttgart, N J W 1976, S. 201 ff. zu §§ 15 I, 18 I bwStrG; ähnlich O L G Frankfurt, N J W 1976, S. 203 f.; B G H N J W 1979, S.435. 60 Hufen, DÖV 1983, S. 356; Bismarck, N J W 1985, S. 249 m . w . N . 61 Steinberg, N J W 1978, S. 1902.

3. A n b i n d u n g ans Verfassungsrecht

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muß einzelne dieser Normen beeinträchtigen. § 7 I S. 3 FStrG („kein Gemeingebrauch liegt vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt") ist in obigem Sinne verfassungskonform auszulegen 62 . § 15 I S. 1 bwStrG („innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen") bereitet i n dieser Hinsicht keine Probleme. Die herrschende Meinung geht heute von einer Differenzierung zwischen Flugblattverteilung und Benutzung von Gerätschaften (meist unter Inanspruchnahme von Straßenfläche) aus 63 . Diskussionen, Ansprachen und Flugblattverteilungen sind die unmittelbarste und aktuellste Form von Meinungsäußerungen und -beeinflussung. Sie nehmen die Straßenfläche nur durch die Anwesenheit des Grundrechtsträgers i n Anspruch. Sind Schaufensterbummel, Spazierengehen, private Unterhaltung auf der Straße Betätigungen, die „zum Verkehr" i. S. d. § 7 I FStrG gehören bzw. „innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen" i. S. d. § 15 I bwStrG erfolgen, dann müssen politische Handlungen, die den Straßenraum nicht mehr als jene beanspruchen, wegen der Wichtigkeit des Art. 5 I GG für eine Demokratie 64 und wegen des Übermaßverbotes bei Grundrechtseingriffen ebenso zum erlaubnisfreien und gebührenfreien Gemeingebrauch gehören. Daß dies kein Freibrief für politische Meinungsäußerung und Flugblattverteilung an jedwedem Ort zu jeder Zeit ist 65 , ergibt sich aus den Fortbewegungsrechten und Kommunikationsrechten anderer. Daher w i r d der kommunikative Verkehr bei Bundesfernstraßen wohl auch auf die Ortsdurchfahrten zu beschränken sein, allzumal außerhalb von Ortschaften weder ein großes Bedürfnis nach Meinungsverbreitung noch die Möglichkeit gefahrloser Rezeption besteht. Konnte bei der Erörterung des Anliegergebrauchs die Einordnung i n Gemeingebrauch oder Sondernutzung aus dem Blickwinkel des Eigentumsgrundrechts noch dahinstehen, so erfordert hier das Normprogramm der Meinungsfreiheit eine Einordnung i n den — kommunikativen — Gemeingebrauch. Die Nutzung des eigenen Grund und Bodens unter Inanspruchnahme Öffentlicher Sachen bleibt auch noch in ausreichendem Maße ohne Überschreitung der Sozialbindung möglich, wenn dieser Gebrauch sondernutzungsgenehmigungspflichtig würde, sofern je nach Einzelfall ein Anspruch auf korrekte Ermessenbetätigung oder ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung gegeben wäre. Die Meinungsfreiheit würde aber ihrer Freiheit beraubt, nämlich des spontanen, 62 Papier, S. 87 f.; i m Ergebnis ebenso Mußgnug, S. 93; Pappermann, N J W 1976, S. 1343 ff. 63 Kodal, S. 441 ff. m. w . N., 518 ff.; Papier, S. 87 f.; Pappermann, N J W 1976, S. 1341; Steinberg, N J W 1978, S. 1903 f.; zur Rechtsprechung s. o. Fn. 59. 64 BVerfGE 7, 198 (208); 25, 256 (265) und ständige Rechtsprechung. 65 Dasselbe Argument zur örtl. u n d zeitl. Differenzierung vertreten Papier, S. 87; Pappermann, N J W 1976, S. 1344; Bismark, N J W 1985, S. 249.

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

aktuellen, nicht registrierten Charakters, wenn vor Äußern einer Meinung wie an „speakers corner" oder durch Flugblattverteilung vorher eine Unbedenklichkeitsbescheinigung 66 des Verkehrsamtes, des Straßenreinigungsdienstes usw. eingeholt werden müßte. So wenig wie noch von Pressefreiheit die Rede sein könnte, wenn jede Zeitung vor Erscheinung dem Staatsanwalt vorgelegt werden müßte, damit dieser prüfen kann, ob darin auch keine strafbaren Handlungen begangen werden, die „allgemeinen Gesetze" eingehalten sind, so wenig wäre eine Meinungsäußerung mit Sondernutzungsgenehmigung noch frei. Anders liegt der Fall bei der Benutzung von Gerätschaften (Schautafeln, Tische, Sonnenschirme, Büchertische). Bei der Verwendung solcher Hilfsmittel steht der Werbeeffekt i. S. d. Warenwerbung, der Wunsch, Aufmerksamkeit zu erregen, der Show-Effekt i m Vordergrund, nicht die eigentliche Äußerung und Verbreitung der eigenen Meinung. Bei Parteien kommen allerdings i n Wahlkampfzeiten ihre Aufgaben der M i t w i r k u n g zur Willensbildung des Volkes (Art. 211 GG) und der Werbung zur Wahl ihrer Kandidaten in die Parlamente (Art. 38 I GG) hinzu. Alle diese Einzelheiten sind relevante Merkmale des Normbereichs der gesetzlichen Regelungen über Gemeingebrauch und Sondernutzung. Dazu gehört aber auch die Tatsache, daß solche Gerätschaften zwangsläufig Straßenraum beanspruchen, und zwar in einem Maß, das über das des Grundrechtsträgers selbst hinausgeht. Nach den Erfahrungen der Verwaltungen w i r d durch das Aufstellen solcher Gerätschaften die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur beeinträchtigt, sondern i n voraussehbarer und konkretisierbarer Weise häufig gefährdet: Plakate an Vorfahrtsstraßen behindern die Sicht i n bevorrechtigte Straßen, Infostände am Zebrastreifen können Fußgänger verletzen oder diese am zügigen Überqueren der Fahrbahn hindern, Bildwände vor einem Kaufhaus können feuerpolizeilich bedenklich sein. Diese vielfältigen Interessenkollisionen und Vermittlungsprobleme unterschiedlicher Verkehrsarten sprechen für eine Pflicht zur Einholung einer Sondernutzungserlaubnis vor Verwendung solcher Gerätschaften 67 . Dies fällt um so leichter, als die Verwendung solcher Hilfsmittel nicht essentiell zur Äußerung einer Meinung erforderlich ist. Vollends auf der verfassungsrechtlichen Ebene befinden sich Fragen nach Kunstfreiheit und Straßenverkehr, Religionsfreiheit und Benutzung Öffentlicher Sachen. Der Maler auf der Straßenkreuzung ist in erster Linie kein straßenrechtliches, sondern ein grundrechtsdogmatisches Problem. Erst wenn geklärt ist, ob die fragliche Inanspruchnahme 66

So bei O V G Berlin, N J W 1973, S. 2044. I m Ergebnis ebenso: O L G Stuttgart, N J W 1976, S.201; O L G Karlsruhe, N J W 1976, S. 1360 ff.; BGHSt 28, S.282f.; B V e r w G E 56, 63 (65 f.); Kodal, S. 519 ff.; Mußgnug, S. 90. 67

3. A n b i n d u n g ans Verfassungsrecht

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der Straße überhaupt i n den Normbereich eines Grundrechts, ζ. B. der Kunstfreiheit i n A r t . 5 I I I GG fällt und wenn die verfassungsimmanenten Schranken geklärt sind, stellt sich die Frage, ob die Verkehrsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer eingeschränkt werden müssen oder ob die Ausübungsmodalitäten der Kunstfreiheit von den Straßengesetzen geregelt werden 68 . Daran schließt sich die eigentliche Aufgabe der Verwaltung an, die durch Konkretisierung aller einschlägigen Normen gefundene Entscheidung i n praktische Verwaltungsmaßnahmen umzusetzen (Verbot, wegerechtliche oder verkehrsrechtliche Erlaubnis, Sicherung oder Umleitung des Verkehrs). Gleiches gilt für die Ausübung der Religionsfreiheit aus A r t . 4 I I GG. Grundrechtsdogmatisch stellen sich anläßlich der Sperrung einer Straße für eine Prozession dieselben Probleme wie bei der Sperrung für Dreharbeiten zu einem Film. Der Verwaltung w i r d jedoch bei Verfahren mit Einschlägigkeit der Kunstfreiheit der Umstand zu Hilfe kommen, daß i m Wirkbereich eines Kunstwerkes eine große Bandbreite an Ausübungsmodalitäten 69 , also an A k tions-, Organisations- und Rezeptionsformen, vorhanden ist, die eine Aufführung oder sonstige Verbreitung eines Kunstwerkes an anderem Ort, zu anderer Zeit zuläßt. Dies gilt auch für das i n der Bundesrepub l i k noch relativ neue Medium des Straßentheaters und damit verwandter Formen 70 . Aus dem Blickwinkel des kommunikativen Gemeingebrauchs hat Hufen diese Fragen unter Zugrundelegung einer Normbereichsanalyse untersucht 71 . Diese Arbeit zeigt, daß die saubere Trennung in Straßenrecht für den grauen Alltag und i n Kunst für das sonntägliche Theater nicht mehr möglich oder zulässig ist. Auftretende Kollisionen 7 2 zwischen Grundrechten verschiedener Personen sind — jedenfalls soweit vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte betroffen sind — nie allein aufgrund einfach-gesetzlicher Normen zu lösen, sondern mit Hilfe der Grundrechtsdogmatik und verfassungsrechtlicher Methodik. Umgekehrt kann aber nicht jedes Problem oder jeder Lösungsvorschlag aus dem Grundgesetz abgeleitet werden 73 . Dazu verhelfen auch allgemeine Grundsätze wie das Sozialstaatsprinzip nicht. 68 Z u m berühmt-berüchtigten Maler auf der Straßenkreuzung Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 155 ff., 195 u. ö.; Hufen, DÖV 1983, S. 122; Hoffmann, N J W 1985, S.239; F . M ü l l e r , Strukturierende Rechtslehre, S.388f., 409; ders., Freiheit der Kunst, S. 124 f. 69 Müller, Freiheit der Kunst, S. 106 ff., 123 ff.; BVerwG, DÖV 1981, S. 342. 70 Dazu z. B. V G H München, N J W 1981, S. 2428 f.; Ott, N J W 1981, S. 2397 ff.; BVerfG, N J W 1985, S. 261 ff. — Anachronistischer Zug. 71 Hufen, DÖV 1983, S. 353 ff. 72 Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 152, 155, 304, 317 ff.; Bethge, Zur Problematik v o n Grundrechtskollisionen; Fohmann, Konkurrenzen u n d Kollisionen, S. 54 f., 59 ff. 73 Schmidt-Aßmann, S. 37 ff.

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I I . Das Sachenrecht des

ffentlichen Rechts

Mag die Feststellung richtig sein, daß die Öffentliche Sache einbezogen ist i n ein „Sinngefüge der Leistungsverwaltung", daß Produktion und Darreichung Öffentlicher Sachen nicht nur gekorene, sondern geborene Leistungsverwaltung sei; sie sei die „Urform staatlicher Leistungsverwaltung" 7 4 . Dies verhilft jedoch allenfalls zu rechtsgeschichtlichen oder staatswissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht aber zur Lösung verwaltungsrechtlicher Probleme. Die Frage, ob künstlerische Betätigung auf der Straße (darbietend oder produzierend) Gemeingebrauch oder genehmigungspflichtige Sondernutzung ist, läßt sich noch schwieriger beantworten als bei der Meinungsäußerung. Hat man einer bestimmten menschlichen Tätigkeit erst einmal das Prädikat „Kunst" zugesprochen, und handelt es sich bei der fraglichen Handlung nicht bloß u m vorbereitende oder begleitende Tätigkeit (Transport des Kunstwerks, Beschaffung des Arbeitsmaterials), so ist jede Reglementierung eine Beeinträchtigung der Kunstfreiheit, die sofort auf die verfassungsrechtliche Ebene der Grundrechtskollision führt. Dort kann jedoch nicht das Interesse an Handel und Wandel oder an der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als allgemeiner Grundrechtsvorbehalt — auch für ein vorbehaltloses Grundrecht wie A r t . 5 I I I GG — dienen. Gegen die Kunstfreiheit können auf dieser Ebene nur noch Grundrechte anderer oder verfassungsrechtliche Güter mobilisiert werden. Auf dieser Ebene argumentierend reicht A r t . 14 I GG als Freiheitsrecht der Geschäftsinhaber i n einer Fußgängerzone nicht aus, denn es gibt keine staatliche Umsatzgarantie oder Schutz vor Konkurrenten in der Konsumentengunst. Auch der Wegeeigentümer w i r d sich schwerlich auf A r t . 14 I GG berufen können, sieht man die Kunstausübung als Gemeingebrauch oder Sondernutzung an. Denn wie Papier überzeugend nachgewiesen hat, gehört zu seiner Duldungspflicht i m Rahmen der Widmung Gemeingebrauch wie Sondernutzung 75 . Als beeinträchtigte Rechte anderer kommen daher die Fortbewegungsfreiheit der anderen Verkehrsteilnehmer sowie deren Gesundheit, Leben und ihre Meinungsfreiheit i n Betracht. M i t diesen ließen sich i m Einzelfall Beschränkungen der Kunstfreiheit begründen, und zwar u m so leichter, je wichtiger die Rechtsausübung des anderen ist und je zufälliger Zeit und Ort der Ausübung für Werk und Wirken des Künstlers ist 76 . Ein Pantomime auf einem Marktplatz ( = forum) ist anders zu beurteilen als i n einer engen Altstadtgasse, die wegen der Zuschauer niemand mehr passieren kann. Ebensolches gilt für den Ma74 Zitate bei Stern, V V D S t R L 21 (1962), S. 211, 212 f. Übernahme dieser Posit i o n bei Kodal, S. 9 f. 75 Papier, S. 82 ff. 76 Praktische Konkordanz als Lösung v e r t r i t t ebenso Bismark, N J W 1985, S.250.

3. A n b i n d u n g ans Verfassungsrecht

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1er mitten auf einer Straßenkreuzung bzw. auf einer Parkbank i m Stadtgarten. Zu beachten ist auch, daß Kunstausübung, zu deren Gattungstypik schon von ihrem Werkcharakter her die Straße gehört (Pflastermaler, Straßentheater) nur bei sehr viel schwerwiegenderen Beeinträchtigungen anderer eingeschränkt werden können als Kunstausübung, bei der es nur u m die Darstellung geht (Wirkbereich), und bei denen diese Darstellung auch an anderen Orten geschehen kann. Aus der skizzierten Position zur Einschränkbarkeit der Kunstfreiheit überhaupt ergibt sich auch der Grundsatz zur Beantwortung der Frage nach der Einstufung als Gemeingebrauch oder Sondernutzung. Ein vorbehaltloses Grundrecht kann nicht für jede Ausübung, die i m öffentlichen Straßenraum stattfindet, generell unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden, ohne vorher geprüft zu haben, ob überhaupt eine Kollision mit anderen Grundrechten möglich ist. Eine generelle Genehmigungspflicht ist daher nicht verfassungsmäßig 77 . Gibt es jedoch künstlerische Betätigungen, die regelmäßig vorkommen und die regelmäßig zu Grundrechtskollisionen führen, so darf (nicht muß) die Verwaltung eine Sondernutzungsgenehmigungspflicht einführen, u m nicht ständig i n einer aktuellen Situation aus dem Stegreif heraus solche Entscheidungen über zulässigen bzw. unzulässigen Gemeingebrauch bzw. Sondernutzung ohne Genehmigung treffen zu müssen. Eine solche Situation käme auch den Kunstausübenden zugute, da sie i n den Zweifelsfällen nicht mehr spekulieren müßten, ob sie nun zulässigen oder unzulässigen Gemeingebrauch ausüben und je nach dem mit Sanktionen zu rechnen haben. Festzuhalten bleibt jedoch, daß die berufsmäßige „Straßenkunst in Fußgängerzonen" 78 nicht die einzige A r t der Kunstausübung ist, und von ihr nicht automatisch auf alle anderen geschlossen werden darf. Die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte, die für das Straßenrecht zum Gemeingebrauch, dem Anliegergebrauch und zu anderen grundrechtlich geschützten, weil i m Normbereich eines Grundrechts liegenden Betätigungen entwickelt wurden, gelten grundsätzlich, soweit sie übertragbar sind, auch für das Wasserrecht. Daß Gemein- und Anliegergebrauch i m Wasserrecht wirtschaftlich weniger bedeutende Nutzungen darstellen, was die quantitative Seite betrifft, spielt zwar für die Anzahl der Grundrechtsbetroffenen eine Rolle, nicht aber für die institutionelle Garantie der Bereitstellung eines Wasserstraßennetzes oder das Vorhandensein und Gewährleistetsein von Gemeingebrauch und Anliegergebrauch (dazu schon oben I. 3.2). 77 78

Ebenso wie hier Hufen DÖV 1983, S. 353 ff. So der T i t e l bei Bismark, N J W 1985, S. 246 ff.

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I I . Das Sachenrecht des Öffentlichen Rechts

I m Bereich des Anstaltsrechts sind Grundrechte aufs vielfältigste betroffen. Der vorliegenden Untersuchung geht es jedoch u m die Grundrechtsbezogenheit des Öffentlichen Sachenrechts. Fragen des Benutzungszwangs, des Rechts auf Zugang und der grundrechtskonformen Auslegung der Benutzungsverhältnisse sind auch nach h. M. keine Fragen des Sachenrechts, sondern des jeweils einschlägigen Gebietes des Besonderen Verwaltungsrechts: Schulrecht, Kommunalrecht, Hochschulrecht. Dabei handelt es sich um Rechtsverhältnisse zwischen einem Hoheitsträger und einem Bürger mit Grundrechtseinschlag. Richtigerweise bezieht kein Autor diese dogmatischen Fragen i n das Öffentlich Sachenrecht ein. Selbst Wolff / Bachof behandeln die hier angeschnittenen Fragen gesondert i n §§ 98 ff., obwohl sie i n § 55 I I a und I I I b 1 Anstalten erwähnen. Auch soweit oben i n I. 3.3.3 auf Probleme eingegangen w u r de, lagen diese entweder auf dem dogmatischen Feld von Eigentumsbindung und Enteignung oder wurden als Annex zum Verwaltungszweck erkannt und somit aus dem hier begründeten Statusrecht Öffentliches Sachenrecht ausgesondert. Die Zulassung als Standesamtsfotograf oder das Zutrittsrecht zu Behörden zur Verfolgung eigener Angelegenheiten bedarf keiner sachenrechtlichen Regelung. Soweit hier Grundrechte wie die Allgemeine Handlungsfreiheit oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eine Rolle spielen, gehören die Lösungsvorschläge zum Allgemeinen Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht, sie bedürfen keiner besonders strukturierten Dogmatik eines Sachenrechts des öffentlichen Rechts.

4. Systematische Einordnung ine Verwaltungerecht 4.1 Zum Allgemeinen Teil des Öffentlichen Sachenrechts: Zusammenfassung der Grundlinien der Dogmatik Der erste Eindruck, der sich beim Überblick über die einzelnen Teile des Öffentlichen Sachenrechts — res sacrae, Wasserrecht, Anstaltsrecht usw. — einstellt, ergibt eine mehr historisch-zufällige als sachlich-systematische Zusammenstellung an Fragen und Lösungen. Er ist jedoch insofern ungenau, als dahinter eine Sachproblematik steht, die eine einheitliche Lösung braucht. Um dies kenntlich zu machen, mußten i n der Musterung anhand der i n 1.1 gesammelten Begründungen einige Bereiche als thematisch nicht einschlägig ausgeschieden werden. Was fehlt und hier noch zu leisten ist, ist eine systematische Zusammenstellung der bisher aufgestellten Prämissen, Ergebnisse und Folgerungen. Damit w i l l die Untersuchung über eine Aneinanderreihung von Einzelergebnissen hinauskommen. Eine solche Zusammenfassung ersetzt jedoch nicht die detailreichen und ins einzelne gehenden Untersuchungen i m Wasserrecht, Straßenrecht usw. Die vorliegende Zusammenfassung kann für solche Untersuchungen lediglich ein allgemeines Instrumentarium an dogmatischen Figuren und Problemlösungsverfahren bereitstellen. Damit w i r d die These vom Beginn der Arbeit wieder aufgegriffen: Wenn das Öffentliche Sachenrecht mehr sein soll als eine historisch bedingte, systematisch zufällige Zusammenwürfelung einzelner Bereichsdogmatiken, dann muß es gemeinsame dogmatische Aussagen geben, die den Charakter dieses Gebietes i n Abgrenzung zu anderen prägen. Um diese Gemeinsamkeiten geht es i m folgenden. Eine solche Darstellung erfolgt i n anderen Gebieten häufig als ein „Vor-die-Klammer-Ziehen" zu einem allgemeinen Teil. Die ungeheure Vermehrung von gesetzlichen Vorschriften, von rechtspolitischen und dogmatischen Lösungsvorschlägen i m Bereich des Öffentlichen Sachenrechts führt uns so zur Folgerung, daß ein Auseinanderfallen i n einzelne, nicht mehr vermittelte Bereichsdogmatiken nur durch einen Allgemeinen Teil des Öffentlichen Sachenrechts vermieden werden kann. Die Erkenntnis der Notwendigkeit einer solchen vor die Klammer gezogenen Dogmatik ist keineswegs neu, wurde bisher aber lediglich von Papier ausdrücklich erwähnt und i n Angriff genommen 1 . Konkludent w i r d sie vollzogen, wenn Salzwedel 1

Papier schreibt i m V o r w o r t : „Die doppelte Zuordnung des Rechts der

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I I . Das Sachenrecht des Öffentlichen Rechts

i n einem Lehrbuch des Allgemeinen Verwaltungsrechts das Öffentliche Sachenrecht plus Anstaltsrecht abhandelt 2 , derselbe Autor i n einem Lehrbuch des Besonderen Verwaltungsrechts auf das Wasserrecht 3 und das Wegerecht 4 eingeht. Die Aufspaltung i n einzelne, unzusammenhängende Bereichsdogmatiken ist von der Literatur längst vollzogen 5 , besteht sie zum Teil auch nur darin, das Öffentliche Sachenrecht insgesamt aus dem Allgemeinen Verwaltungsrecht zu verbannen 6 . Ein solcher allgemeiner Teil ist konstruktiv nichts Ungewöhnliches, gibt es doch den Allgemeinen Teil des Schuldrechts, der einerseits dem Schuldrecht, einem Besonderen Teil des BGB, angehört, andererseits für diesen ein Allgemeiner Teil als Zusammenfassung der Gemeinsamkeiten der Bereichsdogmatiken Kaufrecht, Werkvertragsrecht usw. ist. Ein Allgemeiner Teil des öffentlichen Sachenrechts wäre i m Verhältnis zum Allgemeinen Verwaltungsrecht ein Besonderer, weil nur dingliche Rechtsverhältnisse betreffend. I m Verhältnis zu einzelnen Öffentlichen Sachen wäre er die allen gemeinsame Grundlage. Die folgende Zusammenfassung soll nur erweisen, inwieweit ein solches Gebiet überhaupt zu verselbständigen ist. Nach einer kritischen Prüfung der bisherigen Begründungsversuche und einer Musterung der einzelnen Teilrechtsgebiete wurde die charakteristische Gemeinsamkeit i n dinglichen, sachenrechtlichen Lösungsversuchen gefunden. Es wurde nicht nach dem Wesen „der" Öffentlichen Sache gefahndet, sondern die sachlichen Probleme der einzelnen Teilrechtsgebiete untersucht. Der entscheidende Unterschied zu den bisherigen Untersuchungen war, nicht die bestehende Lehre als Gegenstand und Inhalt des Öffentlichen Sachenrechts zu sehen und von ihr aus zu beginnen; statt dessen wurden einzelne i n der Diskussion befindliche Fragen wie die möglichen Rechtsfolgen einer „Widmung" kirchlicher Sachen oder der kommunikative Gemeingebrauch daraufhin gesichtet, welche charakteristische Gemeinsamkeiten sie auf weisen. Kirchliche Sachen und Anstalten sowie die herkömmlichen Sachen i n Verwaltungsgebrauch wurden allein deshalb aus dem Öffentlichen Sachenrecht ausgesondert, weil dingliche Konstruktionen nicht erkennbar oder unfruchtöffentlichen Sachen zum ,Allgemeinen' w i e zum »Besonderen Verwaltungsrecht' hat nicht selten eine zusammenhängende Darstellung dieser Rechtsmaterie v e r h i n d e r t . . . A l l e diese Umstände legen die . . . ,integrierte' Darstellung äußerst nahe." 2 Ders., in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. 3 Ders., Wasserrecht, S. 781 ff. 4 Ders., Wegerecht, S. 743 ff. 5 Anders noch die traditionsreichen Lehrbücher von W o l f f / Bachof i n §§ 55 bis 59 u n d Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 373 ff. 6 Maurer, Verwaltungsrecht, u n d Achterberg, A l l g . Verwaltungsrecht, erwähnen es nicht mehr.

4. Systematische Einordnung ins Verwaltungsrecht

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bar waren und nicht aus theoretischem oder politischem Widerwillen. Der Hauptfehler so allgemeiner Begründungen wie der, daß öffentliche Sachen (von Luft bis Elektrizität) alle diejenigen Sachen seien, die „ i r gendwie" der Öffentlichkeit dienten, liegt nicht i n einer ungenauen Formulierung, sondern darin, daß rechtliche Probleme und Fallgruppen zusammengewürfelt werden, die nichts miteinander gemein haben. Die vorliegende Arbeit versucht dagegen, ausschließlich solche Sachgegenstände und Rechtsverhältnisse an diesen ins Öffentliche Sachenrecht einzubeziehen, die eine sachbestimmte, durch die Probleme induzierte Eigenart haben: sachenrechtlichen und (weil von öffentlich-rechtlichen Normen regiert) zugleich öffentlich-rechtlichen Charakter zu besitzen. Alle Fragen, die nicht i n ein so begründetes Sachenrecht des Öffentlichen Rechts gehören, werden deshalb ausgeschieden (oben I. 3 bei der Musterung und unten 4.2.1 und 4.2.4 bei den Konsequenzen). Grundlage für ein Öffentliches Sachenrecht ist die Erkenntnis, daß nicht nur i m Zivilrecht die Unterscheidung zwischen relativen und absoluten, darunter wieder dinglichen Rechten von Nutzen ist. Die Trennung zwischen relativen (Forderungs-)Rechten und dinglichen Rechten als Rechte an einer Sache wurde von Papier zu Recht als Bestandteil der allgemeinen Rechtslehre bezeichnet 7 . Trotz des Zugeständnisses, daß letztendlich einzelne Rechtsverhältnisse nur zwischen einzelnen Subjekten bestehen können und nicht Hypostasen der Rechtsordnung sind, weil diese nicht handeln kann, wurden zwei Gründe ausgemacht, die die Einführung von dinglichen Rechten als eine sachgerechte Lösung auszeichnen. Zum einen ist mit der öffentlich-rechtlichen Statusfestlegung von Sachgegenständen zwar insofern ein Einzelfall geregelt, als der Sachgegenstand und einzelne Träger von Rechten und Pflichten festgelegt sind, jedoch nicht alle Beteiligten feststehen und damit auch nicht alle Rechtsverhältnisse. Diejenigen, die einen Anspruch auf Gemeingebrauch haben, die einen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch oder gar Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis geltend machen können, gegen die sich eine UnterlassungsVerfügung richtet, stehen mit der Entstehung einer Öffentlichen Sache noch nicht fest. Ohne dinglichen Charakter müßte man alle denkbaren Erlaubnisse, Verbote und Gebote als potentiell schon gegen alle denkbaren Nutzungsinteressenten und Störer gerichtet ansehen; als eine beliebig große Anzahl von potentiell vorhandenen Rechtsverhältnissen zwischen Rechtssubjekten, die bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale nur noch aktualisiert werden, m i t h i n als Rechtsverhältnisse, bei denen berechtigtes Subjekt oder Pflichtadressat noch nicht feststeht. Das ist nichts anderes als eine Fiktion, die den sachlich konkretisierten, aber personal noch unbestimmten Charakter 7

Papier, S. 4.

9 Kromer

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

solcher Statusfestlegungen zu überspielen sucht. So gesehen erscheint nicht das dingliche Recht als Fiktion, das sich auf einen bestimmten Sachgegenstand bezieht und auch sachlich-inhaltlich schon konkretisiert ist, aber personal zukunftsoffen gestaltet wurde, sondern die „potentiellen" Rechtsverhältnisse zwischen Anspruchsinhaber und Rechtspflichtsubjekt. Eine dingliche Festlegungsmöglichkeit von Rechten und Pflichten i m gerade umschriebenen Sinne erscheint auch i m Öffentlichen Recht unumgänglich. Der zweite Grund für die Einführung von dinglichen Rechten ist die Erkenntnis, daß bereits die Sachzuordnung selbst insofern Rechtswirkung zeigt, als diese Rechtsbefolgung bewirkt. Wer die Rechtsordnung ausschließlich von ihrem streitigen Charakter her versteht, verkennt völlig ihren befriedenden Charakter durch Rechtsbefolgung anstatt durch rechtsstaatlich legitimierte Gewalt. Die Tatsache, daß von der Rechtsordnung ein Sachgegenstand i n bestimmter Hinsicht bestimmten Personen zugeordnet worden ist (Eigentümer, Mieter, Hypothekar, Treuhänder), bewirkt, daß diese Zuordnung von den meisten i n den meisten Fällen akzeptiert wird. Die alltägliche Rechtspraxis ist die Rechtsbefolgung und nicht der Rechtsstreit als bellum omnium contra omnes. Rechtsarbeit geht nicht völlig i n Teilnahme am Rechtsstreit auf 8 . Insofern haben dingliche Statusfestsetzungen an Sachgegenständen, wobei der Status hier Öffentliche Sache genannt wird, eine nicht zu überschätzende und auch nicht von vornherein zu übersehende Wirkung. Das so umgrenzte Gebiet „Sachenrecht des Öffentlichen Rechts" hat aber auch verfassungsrechtlich seine Eigenarten. Wie gezeigt, handelt es sich beim öffentlichen Sachenrecht nicht u m typische Eingriffsverwaltung. Soweit ζ. B. ein Eingriff ins Eigentum erfolgt, liegt dieser vor den A k t e n des Öffentlichen Sachenrechts, ζ. B. i n Form von Enteignung. Der sogenannte Doppelcharakter der Widmung als einerseits eigentumsbeschränkend, andererseits rechtsschaffend für die Nutzungsinteressenten, gehört i n seinem ersten Teil zur Problematik der Sozialbindung des Eigentums i n Abgrenzung zur Enteignung. Nur der zweite Teil ist öffentlich-rechtlich-dinglich statuierend und damit Bestandteil des Öffentlichen Sachenrechts. Bei der Schaffung oder Umgestaltung von Straßen, Wasserwegen oder der rechtlichen Qualifizierung von Luftraum oder Grundwasser handelt es sich nicht u m das Problem des Rechtsentzugs zugunsten des Staates oder privater Dritter durch den Staat, sondern es geht um die Nutzung von Sachen als Verteilungsproblem i n einem demokratischen und sozialen Staat. Damit ist die Problematik des Leistungsstaates angesprochen 9. Soweit es u m (noch) vorhandene Natur 3 F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 246 ff., zum Begriff der Rechtsarbeit.

4. Systematische Einordnung ins Verwaltungsrecht

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geht, ist es Aufgabe des Staates, für eine Sicherung der Lebensgrundlagen und eine gerechte Zuteilung von Nutzungsmöglichkeiten an alle zu sorgen. Soweit Öffentliche Sachen erst hergestellt werden (Verkehrswege), geht es u m die Teilhabe an staatlichen Leistungen. Beides geschieht i m Öffentlichen Sachenrecht nicht durch staatliche Geldleistungen oder durch Erlaubnis privater Tätigkeiten, sondern eben durch die gerade geschilderte Schaffung und Ausgestaltung von Sachgegenständen, die durch die Bürger nutzbar sind oder ihnen zugute kommen. Die leistungsrechtliche Eigenschaft i m öffentlichen Sachenrecht besteht also nicht allein aus einer Rechtshandlung des Staates i n Form einer Erlaubnis, hinzukommen muß noch ein tatsächliches Handeln, wenigstens die faktische Ausübung von Sachherrschaft. Dieses Sachenrecht des Öffentlichen Rechts kennt allerdings nicht eine, sondern drei verschiedene Rechtskonstruktionen der Sachzuordnung als Eigentum. Die Rechtfertigung, alle drei zu einer Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts zusammenzufassen, liegt darin begründet, daß keines der drei m i t dem Bürgerlichen Sachenrecht konstruiert werden kann, keines als überflüssig angesehen werden kann und alle ihre Existenz öffentlich-rechtlichen Normen verdanken. Die Grundform und allseits anerkannte öffentlich-sachenrechtliche Konstruktion ist die öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit als Exemtion der Privatrechte durch öffentlich-rechtliche Normen (s. ο. 1.1.4). Die Privatrechtsordnung des BGB und der anderen zivilrechtlichen Gesetze w i r d als für alle Dinge geltende gedacht, das Öffentliche Recht als eine Rechtsordnung, die diese i n bestimmten Fällen überlagert und (nur) insoweit außer Kraft setzt. Dieser A k t der Außer-Kraft-Setzung war es, der i n die Enteignungs- und Entschädigungsproblematik führte (oben 3.1). Die Exemtion der Privatrechtsordnung ist das traditionelle Feld des Öffentlichen Sachenrechts, das gründlich beackert wurde. Einzig bezüglich der Sachen i n Kultgebrauch (res sacrae) wurde übersehen, daß diese nicht eingepaßt werden können. Wie gezeigt (oben I. 3.4), können weder Kirchen Sachen i n Privateigentum Dritter aus eigener Machtvollkommenheit „widmen" oder enteignen, noch kann der Staat beim Eigentum der K i r chen, das i n Kultgebrauch steht, solches ohne weiteres tun. Weder i m einen noch i m anderen Fall liegt die typische öffentlich-rechtliche Exemtion des Eigentums vor. Da es sich bei res sacrae auch nicht u m das sogleich aufzuführende öffentliche Eigentum noch u m Sachen i n niemandes Eigentum handelt, bestätigt sich auch aus der inneren Folgerichtigkeit der Dogmatik das Abtrennen der Sachen i n kirchlichem Gebrauch vom öffentlichen Sachenrecht. 9 Z u Leistungsstaat u n d Leistungsrechten allgemein: Häberle, V V D S t R L 30 (1971), S. 43 ff.; F. M ü l l e r / Pieroth /Fohmann, Leistungsrechte, S. 90 ff.; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates.

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Dogmatisch und theoretisch umstritten dagegen ist das öffentliche Eigentum. Nach dem Willen ihres Schöpfers Otto Mayer sollte es völlig eigenständig gleichberechtigt neben dem bürgerlich-rechtlichen Eigent u m stehen und für das ganze Verwaltungsrecht gelten 10 . Als dogmatische Figur hat sich das öffentliche Eigentum i n Literatur und Rechtsprechung nicht durchsetzen können, findet sich jedoch i n einigen landesrechtlichen Vorschriften (z. B. §§ 4, 5 bwWG) wieder. Ob es sinnvoll und ertragreich ist, ein solches Institut einzuführen oder ob dieselben Ergebnisse auch m i t der Konstruktion öffentlich-rechtlicher Exemtion sich erreichen lassen, muß diskutiert werden. Den Begriff „öffentliches Eigentum" i n den Gesetzen umzudeuten i n „privatrechtliches Eigentum mit öffentlich-rechtlicher Überlagerung", erscheint vor allem deshalb problematisch, weil dem Gesetzgeber die dogmatischen Meinungen hierzu bekannt waren und er trotzdem öffentliches Eigentum eingerichtet hat. Systematisch müssen deshalb die beiden Konstruktionen auseinandergehalten werden. Nach der einen gilt grundsätzlich die Privatrechtsordnung, diese w i r d lediglich — soweit vorhanden — von öffentlichrechtlichen Normen überlagert. Bei der anderen gilt grundsätzlich Öffentliches Recht, und nur soweit eine Rechtsfrage die Anwendung bürgerlich-rechtlicher Normen erfordert und nicht die „aus der Zweckbestimmung der öffentlichen Gewässer und die aus dem Wasserrecht folgenden Beschränkungen entgegenstehen" (§ 5 bwWG), dürfen privatrechtliche Normen angewendet werden. Ζ. B. ist privatrechtliches Eigent u m dem Buchungszwang und den anderen Vorschriften der Grundbuchordnung sowie den Formvorschriften der §§ 313,873 BGB unterworfen. Für öffentliches Eigentum gelten alle diese Vorschriften nur hilfsweise oder soweit auf sie ausdrücklich i m Gesetz verwiesen wurde. Die dritte dogmatische Figur ist eine i n unserer warenproduzierenden Gesellschaft mit bürgerlich-rechtlicher Eigentumsordnung als Grundlage und Credo recht seltsame Erscheinung: Sachen in niemandes Eigentum. Waren noch vor hundert und mehr Jahren Ödlande, Moore, A l l mende sowie Strände und Gewässer nicht Gegenstand einer zivilrechtlichen Eigentumsordnung 11 , so wurde dieses Phänomen auf wenige, nicht ausbeutbare und verkehrsfähig zu machende Bereiche der Natur zurückgedrängt. Beim hohen Luftraum liegt das Herausfallen aus der Eigentumsordnung des Bürgerlichen Rechts auf der Hand. I m übrigen zog „die Natur" i n ihrer Schwäche sich i n die fernen Berge zurück — auf die nicht nutzbaren Teile der Alpen — und bis auf den Meeresgrund 12 . Von den altrechtlichen Vorstellungen der Sachen i n niemandes Eigen10 11 12

Ders., Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 39 ff., 63 ff. Z . B . §21 I I 14 A L R . Β GHZ 44, 27 ff. (30 f.).

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tum hat sich noch ein Rest i m baden-württembergischen Wassergesetz gehalten, das i n § 12 das Grundwasser der Verfügungsmacht der Grundstückseigentümer entzieht. Diese Einstellung ist mittlerweile angesichts der wachsenden Umweltprobleme fortschrittlich geworden und über § 1 a I I I i. V. m. § 3 Nr. 5, 6 W H G und die Naßauskiesungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 13 bundesrechtlich gültig geworden. Die beiden letztgenannten Konstruktionen sind allein Bestandteil des Öffentlichen Rechts mit sachenrechtlichem Charakter. Sie erfordern und begründen daher ebenso ein eigenes Sachenrecht des Öffentlichen Rechts wie die Exemtion des Bürgerlichen Sachenrechts, die nur durch sachenrechtliche, aber öffentlich-rechtliche Normen erfolgen kann. Vor allem bezüglich der öffentlich-rechtlichen Exemtion muß das wichtigste Merkmal jedes Sachenrechts i m Öffentlichen Sachenrecht hervorgehoben werden: das der Sachherrschaft 14. Da allein ein gesetzliches Betretungsrecht noch keine Sachherrschaft begründet, entstehen durch Vorschriften wie § 38 bwFeuerwG keine öffentlichen Sachen. Denn nicht jede „Zuordnung einer Sache zum Öffentlichen Recht" 15 macht diese zu einer Öffentlichen Sache. Sonst wären alle Sachgegenstände, die von einer Norm des Öffentlichen Rechts erfaßt würden, allein wegen der Geltung öffentlich-rechtlicher Normen für diese „Öffentliche Sachen": d.h. jedes Haus, Kraftfahrzeug, alle Lebensmittel, Hunde usw. 16 . Ein solcher Begriff der Öffentlichen Sache wäre sinnlos, weil er nichts Spezifisches als Behandlung bestimmter Probleme oder Rechtsfragen bezeichnet. A l l e i n die Sachherrschaft der öffentlichen Hand mit der öffentlichen Dienstbarkeit als Rechtsgrundlage kann hier als Abgrenzungskriterium dienen. A l l e i n soweit ein Hoheitsträger wenigstens Miteigentum oder Mitbesitz hat, soweit er i n bestimmter Beziehung auf die Sache unmittelbar zugreifen kann, liegt öffentliche Sachherrschaft vor. Dann kann von einer Öffentlichen Sache gesprochen werden. Macht man nun wie Niehues alle Grundstücke innerhalb eines Bebauungsplans zu öffentlichen Sachen, indem man sie „den Gemeinden . . . zugeordnet" weiß 17 , so ist spätestens hier die institutionelle Garantie des Eigentums verletzt. 13

BVerfGE 58, 300 ff.; dazu eingehend oben 3.1.1. Siehe oben 2.1. 15 Niehues, Diss., S. 92 ff., 103. 16 I n der Tat w i l l Niehues, Diss., alle ordnungspflichtigen Sachen i m Sinne des Polizeirechts i n den Bereich der Aufgaben u n d Befugnisse hoheitlicher Gewalt „einordnen" u n d damit nach seiner Definition zu öffentlichen Sachen machen (S. 80 ff., 105 ff.), ebenso alle Grundstücke innerhalb eines Bebauungsplanes (S. 91 f., 109 ff.); selbst Kraftfahrzeuge (S. 113) u n d Tiere (S. 114 ff.) werden so zu öffentlichen Sachen. 17 Ebd., S. 119. 14

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Bei den Sachen in kirchlichem Gebrauch ist zwar eine Sachherrschaft des öffentlichen Trägers — der Kirchen — gegeben. Sie w i r d aber von den Normen des Grundgesetzes i n A r t . 140 GG und des Kirchenrechts regiert. Es liegt keine staatliche Sachherrschaft m i t Geltung staatlichen Verwaltungsrechts vor. Ebensowenig begründen Handlungs-, Duldungsoder Unterlassungspflichten von Privateigentümern der res sacrae eine öffentliche Sachherrschaft der Kirchen über solches Privateigentum. Unmittelbare Sachbeziehungen, sachenrechtliche Ansprüche entstehen also nicht allein durch Beziehen eines Gegenstandes auf irgendeine Rechtsnorm. Nicht alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften über Grundstücke sind automatisch dinglicher Natur. Die Dinglichkeit zeichnet sich erst durch ihren absolut geltenden plus auf einen bestimmten, konkreten Sachgegenstand bezogenen Charakter aus. Baulasten nach §§ 70, 71 LBO sind etwa dieser A r t , nicht jedoch das an alle gerichtete Verbot, öffentlich-rechtliche Planungsnormen nicht zu verletzen. Dies ist gemeint, wenn die herrschende Literatur und Rechtsprechung von einer „öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit" spricht. Diese Erkenntnis w i r d aber unscharf, wenn unbedacht von „der öffentlichen Sache" gesprochen wird; öffentliche Sache ist, wie oben I. 2.1 gezeigt wurde, nur ein dingliches Recht an der Sache — und nur dieses Recht ist „die Öffentliche Sache". Der Sachgegenstand Selbst kann i n Privateigentum stehen und auch sonst Objekt vielfältiger Rechte sein. M i t der Unterscheidung zwischen der Verpflichtung zu einer Verfügung und der Verfügung selber ist ein weiteres Merkmal (auch) des Öffentlichen Sachenrechts angesprochen worden (2.2.4): der Abstraktheit des Rechtsaktes. Die öffentliche Dienstbarkeit an einem i n BGBEigentum 1 8 stehenden Sachgegenstand entsteht durch einen statuarischen Rechtsakt m i t dinglich-absoluter Wirkung. Er setzt für seine Rechtmäßigkeit jedoch ebenso wie i m Bürgerlichen Recht eine causa voraus, die hier durch Rechtsgeschäft oder Hoheitsakt entsteht. Das kann zum einen bedeuten, daß zwei Rechtsakte (davon der erste möglicherweise als Rechtsgeschäft) 19 erforderlich sind (sog. Trennungsprinzip i m Bürgerlichen Recht). I m Öffentlichen Recht gilt dabei aber die Besonderheit, daß die zugrundeliegende causa — ζ. B. die Enteignung — selbst ein rechtsgestaltender A k t ist und keine bloße Einräumung eines Anspruchs. Aber auch i m öffentlichen Recht ist es ζ. B. bei Teil18 „BGB-Eigentum" wurde i n der A r b e i t verwendet, u m die möglichen Sachgegenstände eines Sachenrechts v o m verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff abzugrenzen u n d darauf hinzuweisen, daß Grundlage der Exemtion körperliche Sachen i. S. d. § 90 B G B sind, während die öffentlichen Sachen (die Rechte an Sachgegenständen) sich auch auf Sachteile oder Sachgesamtheiten beziehen können; näher dazu oben 1.2.1. 19 Papier, S. 38 f.

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enteignungen möglich, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag m i t finanziellem Ausgleichsanspruch für die Einräumung einer Dienstbarkeit zu schließen, der dann die causa für die Widmung als rechtsgestaltendem A k t darstellt. Zum anderen bedeutet diese Abstraktheit des Rechtsaktes die Unabhängigkeit von der Gültigkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts oder Hoheitsaktes. Das heißt, daß die Fehlerhaftigkeit der causa zwar auf den Widmungsakt durchschlägt, jedoch nicht unmittelbar. Ob die Verwaltung die Rechtsgrundlage einseitig nachträglich herstellt oder den Fehler durch Entwidmung behebt, liegt i n ihrer Entscheidung und bedeutet, daß eine Widmung zwar rechtswidrig, aufhebbar, nicht aber nichtig ist 20 . Beide Seiten der Abstraktheit der Entstehung Öffentlicher Sachen sind Bestandteil der allgemeinen Rechtslehre 21 . Trennt man die Erlangung der Verfügungsbefugnis und den Rechtsakt, der die Öffentliche Sache entstehen läßt, i n dieser Weise, so ergibt sich daraus zwangsläufig, daß der zugrundeliegende A k t Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist, aber nicht Bestandteil der Widmung selbst, daher auch nicht zur Nichtigkeit führt. Als weitere Verwandtschaft des öffentlichen Sachenrechts m i t dem Bürgerlichen Sachenrecht stellte sich der Publizitätsgrundsatz (Verlautbarungsprinzip) heraus. Das besagt i m öffentlichen Sachenrecht, daß eine Öffentliche Sache nur entstehen oder verändert werden kann, wenn der verursachende Rechtsakt i n der vorgesehenen Form öffentlich bekanntgegeben wurde. Was i m Bürgerlichen Sachenrecht die Publizitätsfunktion des Besitzes oder des Grundbuches ist, ist i m Öffentlichen Recht die öffentliche Bekanntgabe (§ 5 I V bwStrG), die gesetzliche Normierung von Fällen, i n denen diese fehlen darf (§ 5 V I I bwStrG, § 2 V I a FStrG) oder die Eintragung ins Β aulas ten Verzeichnis (§ 71 LBO). Das Publizitätsprinzip verlangt zwingend einen besonderen gestaltenden A k t : die Widmung. Ohne eine solche Widmung, etwa allein durch Veränderungen i n der Wirklichkeit oder als automatische Folge eines Rechtsgeschäftes oder eines i n eine andere Richtung zielenden Verwaltungsaktes, gibt es keine Öffentliche Sache. Die dingliche Wirkung gegenüber jedermann, d. h. gegenüber noch nicht bekannten, i n Zukunft vielleicht betroffenen Personen, setzt rechtlich die Möglichkeit der Kenntnisnahme derselben voraus — wie bei allen Hoheitsakten ist die (öffentliche) Bekanntgabe als besondere Ausprägung des Verlautbarkeitsgrundsatzes i m Öffentlichen Sachenrecht gefordert 22 . Widmung kann daher definiert werden als hoheitlicher statuarischer Rechtsakt, der einen Sachgegenstand einer besonderen öffentlich-rechtlichen Nut20 Ebenso W o l f f / Bachof, §56 I V a 2; Kodal, S.886; Papier, S.49f.; B G H , N J W 1967, S. 2309; a. A . Forsthoff, A l l g . Verwaltungsrecht, S. 386. 21 Papier, S. 4; Niehues, Verwaltungssachenrecht, S. 247 ff. 22 Ebenso Niehues, DVB1. 1982, S. 317 ff.

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zungsordnung unterstellt, indem er Rechte, Pflichten und Nutzungsmöglichkeiten rechtlich verbindlich für alle Bürger und Träger öffentlicher Verwaltung feststellt. Umwidmung ist die rechtsverbindliche Änderung einer solchen öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung. Entwidmung ist ihre endgültige Aufhebung. Widmung schafft die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft über einen Sachgegenstand i n Form einer Dienstbarkeit, i n Form des öffentlichen Eigentums oder der Herrschaftsbefugnis ohne Eigentum (Sache i n niemandes Eigentum). Der Numerus clausus der Sachenrechte findet i m Öffentlichen Sachenrecht, wie oben 2.2.1 gezeigt wurde, keine Parallele, sondern lediglich eine Verwandtschaft. Von grundsätzlich verschiedenen Sachenrechten kann i m Öffentlichen Sachenrecht keine Rede sein. Die Verwandtschaft liegt jedoch i n der Typenfixierung der Eigentums- und Widmungsarten. Die Formenstrenge für die Widmungsarten resultiert aus folgender Überlegung: Da Widmungen Rechte schaffen, aber auch Rechtspflichten des Eigentümers und anderer staatlicher Stellen festlegen, außerdem bestimmte vorhandene Interessen u. U. rechtskräftig unberücksichtigt gelassen werden (materielle Präklusion i m Planfeststellungsverfahren), obwohl vielleicht i m Falle ihrer Berücksichtigung ein verfassungsrechtlicher Teilhabeanspruch entstanden wäre, muß die Form der Widmung festgelegt sein. Sieht man auf die Eigentumsformen, so gibt es einen Formenzwang durch die Entscheidung des Gesetzgebers für den Dualismus Privatrecht/Öffentliches Recht, das öffentliche Eigentum oder die Ausklammerung eines Bereichs der Natur aus jeder Eigentumsordnung als sogenannter „Sache i n niemandes Eigentum". Die beiden letzteren Arten können nicht einfach von der Verwaltung gewählt werden, sondern eine Suspendierung der Eigentumsordnung muß angesichts der Geltung des A r t . 141 GG und der umfassenden Geltung, die das BGB nach allgemeiner Meinung genießt, gesetzlich festgelegt sein 23 . Die Bestimmung von Inhalt und Schranken der Rechte, die an einem bestimmten Stück Erdoberfläche (Grundstück) hängen und grundsätzlich dem Eigentümer zustehen, muß der Gesetzgeber treffen und nicht die Verwaltung. Diese Typenfixierung der Eigentumsarten sowie das Erfordernis gesetzlicher Ermächtigungsgrundlagen für öffentliche Dienstbarkeiten sind weitere Gründe dafür, daß es Öffentliche Sachen kraft natürlicher Beschaffenheit nicht geben kann. Diese Darlegung zum Numerus clausus der Eigentums- und Widmungsarten stellen die theoretische Grundlage für den Katalog an möglichen Widmungsarten dar: Widmung kann erfolgen (1) durch Gesetz; § 1 L u f t V G soll die Widmung „der Luft", nach hier vertretenem Verständnis des Luftraums, bewirken 2 4 , indem er den 23

Für das Wasserrecht so BVerfGE 58, 300 (330, 335 f.).

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Grundsatz formuliert: „die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei . . . " . § 11, I I BWaStrG widmet die Bundeswasserstraßen, § 3 I b w W G die Gewässer I. Ordnung; (2) durch Verordnung oder Satzung; diese brauchen nach dem Gesagten eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Für einige Straßenklassen ist die Widmung durch Satzung in §§ 17 I I I FStrG, 9 I Nr. 11 BBauG, 38 I I I bwStrG vorgesehen, für Gewässer i n § 9 I Nr. 16 BBauG. Unten 4.2.2 w i r d erläutert werden, daß gemäß §§ 21 ff. bwNatSchG auch Naturschutz-, Landschaftsschutzgebiete u. a. Öffentliche Sachen sind, die durch Verordnung gewidmet werden; (3) durch Gewohnheitsrecht; wegen § 21 I I 14 ALR, A r t . 65 EGBGB w i r d die gewohnheitsrechtliche Widmung für den Meeresstrand angenommen 25 ; (4) i m Planfeststellungsverfahren; dies ist i m Straßenrecht häufig der Fall: § 18 a, b FStrG, § 39 bwStrG, nach § 38 I bwStrG bei allen Landesstraßen 26. Diese Widmung ist gem. § 35 L V w V f G als Allgemeinverfügung oder als dinglicher Verwaltungsakt kennzeichenbar; (5) durch Verwaltungsakt (sog. dinglicher Verwaltungsakt); ordnet man auch die Widmung durch Planfeststellungsbeschluß hier ein 27 und nicht als davon zu unterscheidende Allgemeinverfügung, so handelt es sich um die i m Straßenrecht häufigste A r t der Widmung; (6) durch gesetzliche Fiktion; bei geringfügigen Änderungen des Straßenverlaufs oder Erweiterungen der Straßenfläche bieten §§2 V I a FStrG, 5 V I I bwStrG die Möglichkeit, eine besondere Widmung zu ersparen. Genau betrachtet ist dies eine Widmung durch Gesetz plus Indienststellung (die immer erforderlich ist), da die Widmung von der Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands abhängt (die Erfüllung ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung) 28 ; (7) durch unvordenkliche Verjährung; bei alten Wegen und Gewässern kann es noch zweifelhaft sein, ob eine Widmung stattgefunden hat, da früher eine stillschweigende oder schlüssige Widmung ausreichte 29 . Diese Fälle dürften immer seltener werden. Ist ein Weg seit alters her für jedermann benutzbar gewesen und kann sich niemand an einen Rechtszustand erinnern, an dem dieser Weg nicht wie ein öffentlicher benutzt wurde, so ist der Weg durch unvordenkliche Verjährung zum öffentlichen Weg geworden. 24 25 26 27 28 29

W o l f f / B a c h o f , §56 I I a. W o l f f / Bachof, § 56 I I c; Papier, S. 37; a. A . Kodal, S. 158. Papier, S. 40 ff.; Kodal, S. 159 ff. Papier, S. 41 f.; Kodal, S. 159; Salzwedel, Wegerecht, S. 774. Z u den Einzelheiten Kodal, S. 159 f. W o l f f / Bachof, § 56 I I f.; Kodal, S. 160 f.

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I I . Das Sachenrecht des Öffentlichen Rechts

Weitere Arten der Widmung sind u. U. durch gesetzliche Regelung für die spezifischen Anforderungen eines Gebietes des Besonderen Teils des Öffentlichen Sachenrechts denkbar. Neben dem Typenzwang der Eigentumsarten und der Widmungsarten ist aus dem Verlautbarungsgrundsatz und dem Numerus clausus des Sachenrechts noch der Rechtsgrundsatz abzuleiten, daß i n der Widmung die Nutzungsarten bestimmt werden. Ob es Gemeingebrauch gibt und i n welchem Umfang, ob eine Sache i n Eigengebrauch der Verwaltung mit oder ohne externe Nutzung stehen soll, w i r d immer m i t der Widmung — meist schon konkludent durch die A r t der Sache wie „öffentliche Straße" — mitbestimmt. Zur Abgrenzung dinglicher Regelungen von abstrakt-generellen Regelungen ohne dinglichen Charakter und von Verhaltensanweisungen an Personen durch Hoheitsakte läßt sich aus dem bisher Gesagten folgender Umkehrschluß ziehen. Nur dann, wenn ein Rechtsakt i n vorgeschriebener oder zugelassener A r t (a) unter Zugrundelegung des bürgerlichen Eigentums oder unter Begründung einer anderen Eigentumsordnung (b) eine öffentliche Sachherrschaft (c) begründet sowie gleichzeitig die möglichen Nutzungsarten für Staat und Private festlegt (d), handelt es sich u m eine Widmung, dann ist die so entstandene Sache eine Öffentliche Sache. Fehlt eines dieser Elemente, dann handelt es sich u m eine Rechtsnorm oder um einen personalen Hoheitsakt. Vorschriften des Baurechts („Es ist ein Β au wich von 3 m einzuhalten"), des Polizeirechts („Tollwutverdächtige Tiere kann die Polizei i m Wege der Ersatzvornahme töten") oder über die Zulassung von Kraftfahrzeugen gehören deshalb nicht i n die Kategorie des öffentlichen Sachenrechts. Erfolgt die Widmung durch Verwaltungsakt, so w i r d dieser nach m i t t lerweile herrschender Meinung als dinglicher Verwaltungsakt verstanden 30 . Diese Verwaltungsakte sind keine unmittelbaren Verhaltensanforderungen an bestimmte Adressaten, obwohl von ihren (intransitiven) Wirkungen sofort und i n Zukunft bestimmte Personen betroffen sind und betroffen sein werden. Welche das sind, steht aber weder i n der Widmung noch steht es mit der Widmung fest. Denn der dingliche Verwaltungsakt regelt selbst nur die verwaltungsrechtliche Eigenschaft einer Sache. Rechte und Pflichten Dritter sowie der anderen davon betroffenen Verwaltungsträger, ζ. B. Eigentümer, Besitzer, Unterhaltungspflichtige, Aufsichtsbehörde, Verkehrsbehörde, entstehen als Rechtsfolge der Widmung durch die an eine solche Widmung abstrakt Rechtsfolgen knüpfenden Gesetze. Erst über diese Rechtssätze und ein raumzeitliches In-Beziehung-Treten einer Person zur Sache entstehen dann 30 W o l f f / B a c h o f , §46 V I I I , 56 I I e 2; Papier, S. 37 ff.; Stehlkens / Bonk / Leonhardt, § 35, Rdnr. 132 f.; Kopp, § 35, Rdnr. 59 f.; v. Mutius, S. 167 f.

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Rechtsverhältnisse zwischen einzelnen Rechtssubjekten. Die Qualität und die Anzahl der Rechtsverhältnisse ist bei der Widmung noch offen. Erst die sekundär entstehenden Rechtsverhältnisse sind subjektive Rechte und Pflichten und damit einklagbar. Die Widmung allein ist eine intransitive, rechtsverbindliche Zustandsregelung. Diesem Allgemeinen Teil des Öffentlichen Sachenrechts gehören auch die Begriffe Gemeingebrauch, Anliegergebrauch, Sondernutzung und Sondergebrauch an, wie sie Literatur und Rechtsprechung entwickelt haben. Bezüglich dieser Begriffe ergaben sich mit Ausnahmen der oben 3. diskutierten Anbindung ans Verfassungsrecht keine besonderen Probleme. Es zeigt sich, daß der Gemeingebrauch an Verkehrswegen durch verschiedene Grundrechte abgesichert ist. Dies müßte auch für das Luftrecht gelten, falls es weiter als Bestandteil des öffentlichen Sachenrechts behandelt werden soll. Über die verkehrsrechtlichen Vorschriften hinaus müßte wegen der Grundrechte i n A r t . 2 1,11,12 I GG eine gesetzliche Widmung mit einem darin verankerten subjektiven Recht auf Gemeingebrauch ohne besondere behördliche Zulassung behauptet werden. Ein solches Recht auf Gemeingebrauch, etwa aus § 11 LuftVG, w i r d die Rechtsfragen bei der Benutzung von Drachen (Hängegleitern) sowie den (produktionsreifen) Ultraleicht-Flugzeugen (zu Preisen eines Mittelklassewagens) beeinflussen und sowohl ein repressives Verbot mit Erlaubnismöglichkeit als auch eine „Veranstaltlichung" des Luftraumes verbieten. Sondernutzung und Sondergebrauch sind für den Allgemeinen Teil des Öffentlichen Sachenrechts von Literatur und Rechtsprechung genügend bearbeitet und ausdifferenziert worden. Allerdings zeigte die Untersuchung, daß bei Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen sich teilweise eine andere Einordnung i n die Kategorien Gemeingebrauch/Sondernutzung ergeben kann. Erörtert wurde hier der sog. kommunikative Gemeingebrauch. Auch muß beachtet werden, daß manche scheinbar wegerechtlichen Fragen Grundrechtskonflikte vor allem mit Meinungs-, Religions- und Kunstfreiheit sind. Solche können nicht vorschnell auf der einfachgesetzlichen Ebene Verkehrs- oder wegerechtlicher Normen gelöst werden.

4.2 Konsequenzen

Aus den hier zusammengetragenen Rechtsfiguren eines Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts und aus den gewonnenen Erkenntnissen über die Struktur des Öffentlichen Sachenrechts als Zusammenfassung der dinglichen Regelungen i m Öffentlichen Recht — als w i r k liches Sachenrecht des Öffentlichen Rechts — folgen für die einzelnen

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Bereichsdogmatiken Konsequenzen. Sowohl für die angestammten Teilrechtsgebiete als auch für bisher nicht herangezogene Gebiete muß die Anwendbarkeit neu überdacht werden. Alle Bereichsdogmatiken müßten in Zukunft ausweisen, inwiefern die Zuordnung zum Öffentlichen Sachenrecht praktische Fragen lösen hilft. Wer ζ. B. die „ L u f t " als Öffentliche Sache bezeichnet, müßte darlegen, inwieweit Rechtsakte nicht verkehrsregelnden oder abstrakt-generellen Charakter tragen, sondern einen gerade dinglichen Charakter haben. Die Konsequenzen aus dem Sachenrecht des Öffentlichen Rechts i m einzelnen zu ziehen, ist Aufgabe der Bereichsdogmatiken und nicht des Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts. I m folgenden sollen lediglich einige Punkte aufgegriffen und zusammengefaßt werden, die i m Verlauf der Arbeit schon gestreift oder behandelt wurden. Weiterhin soll ein Ausblick auf Rechtsgebiete eröffnet werden, die bisher nicht zum Öffentlichen Sachenrecht gerechnet wurden, aber verwandte Begriffe und Lösungen enthalten. 4.2.1 Sachen in Anstalts- und in Verwaltungsgebrauch

Noch ohne Berücksichtigung des besonderen sachenrechtlichen Charakters der untersuchten Bereichsdogmatiken ergaben sich bei den Sachen i n Anstalts- und i n Verwaltungsgebrauch (oben I. 3.3) bei genauerem Hinsehen einige Folgerungen, die die Möglichkeit der Einbeziehung solcher Sachen ins Öffentliche Sachenrecht stark einschränkten. Sie sollen deshalb kurz wiederholt werden. Selbst wenn man Sachen „ i n anstaltlicher Nutzung" 3 1 bzw. „ i n Anstaltsgebrauch" 32 wie ein Großteil der Lehre 33 ins Öffentliche Sachenrecht mit einbezieht, so ist dies logisch und rechtlich viel begrenzter möglich, als der Wortlaut vermuten läßt. Da Anstalten subjektivierte Zusammenfassungen von sächlichen und persönlichen Mitteln sein sollen 34 , was auch gilt, wenn man auf die verselbständigte Organisationseinheit abstellt 35 , gehören die dort beschäftigten Personen i m Sinne der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts zu diesen Organisationseinheiten — dann kann aber diese Organisation selbst keine Öffentliche Sache sein. Die der Organisation eingegliederten Menschen wären sonst „Sachteile" einer Öffentlichen Sache. Deswegen gilt nach allgemeiner Ansicht der Satz, daß Anstalten zwar Öffentliche Sachen haben, aber keine Öffentlichen Sachen sind 36 . Außerdem 31 W o l f f / Bachof, § 55 I I I b 1; Weber, W D S t R L 21 (1962), S. 176 ff.: „ i n A n staltsbenutzung" . 32 Papier, S. 24 ff. 33 Anders Salzwedel, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 399 ff. 34 Ausgehend v o n Otto Mayer, Bd. 2, §§ 51, 52. 35 W o l f f / Bachof, § 98 I a. 36 Ebd., § 98 I c 3.

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werden Anstalten von Körperschaften und Stiftungen abgegrenzt. Logisch-begrifflich folgt daraus, daß Körperschaften oder Stiftungen zugeordnete Sachen keine „Sachen i n Anstaltsgebrauch" sein können. Hat man diese Folgerung gezogen, so verwundert aber, daß kein Autor je auf die Idee kam, von Sachen „ i n Körperschaftsgebrauch" oder „ i n Stiftungsgebrauch" zu sprechen. Anstalten stehen aber nur teilweise dem Publikumsverkehr offen, es gibt auch nicht nutzbare Anstalten 3 7 wie den Deutschen Wetterdienst oder die Physikalisch-Technische Bundesanstalt. Da Sachen i n Anstaltsgebrauch i n externer Nutzung 38 , d.h. i n Zivilgebrauch 39 stehen sollen, können Sachen i n Gebrauch nicht nutzbarer Anstalten keine „Sachen i n Anstaltsgebrauch" sein, sondern sind allenfalls Sachen i n interner Nutzung: „Sachen i n Verwaltungsgebrauch". Zu den Sachen i n Anstaltsgebrauch hinzugerechnet werden alle Sachgegenstände, die i m Besitz öffentlicher Einrichtungen stehen (dazu näher oben I. 3.3.3.1). Bzgl. dieser öffentlichen Einrichtungen w i r d wiederum die Einschränkung nötig, daß das Gesagte nur gilt, soweit es sich u m öffentlich-rechtlich organisierte öffentliche Einrichtungen handelt. Juristische Personen des Z i v i l rechts können (von den Beliehenen abgesehen) keine Öffentlichen Sachen haben. Der dingliche Charakter des Öffentlichen Sachenrechts stellt an die so bestimmten Sachen i n Anstaltsgebrauch einige Anforderungen. Insbesondere w i r d ein Sachgegenstand erst dadurch zur Grundlage einer ö f fentlichen Sache, entstehen erst Rechtsverhältnisse, die als Öffentliche Sache bezeichnet werden, daß ein statuarischer Rechtsakt, die Widmung, erfolgt. Nach dem, was i m zweiten Teil der Arbeit festgehalten und unter 4.1 zusammengefaßt worden ist, muß eine solche Widmung als öffentlich-rechtliche Statusfestlegung gegenüber jedermann auf gesetzlicher Grundlage i n einer bestimmten, festgelegten Rechtsform ergehen. Neben dem Umfang der Widmung muß also auch die Widmungart (Gesetz, Verordnung, dinglicher Verwaltungsakt) bestimmt sein. Die A n nahme eines stillschweigenden Verwaltungsaktes 40 oder der schlichten Ingebrauchnahme reicht dafür nicht aus. Wie die i n 4.1 zusammengestellte Liste der Widmungsarten zeigt, könnte statt dieser nicht mehr zulässigen Widmungsarten eine gesetzlich bestimmte Fiktion angenommen werden. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit einer gesetzlichen Widmungsgrundlage mit aufgrund derselben ergangenem Widmungsakt. Bei öffentlichen Einrichtungen kann die gesetzliche Widmungs57 38 39 40

Ebd., § 98 I I f 1, I I c 2; dort auch die angeführten Bsp. Ebd., § 55 I I I b 1. Papier, S. 16,24 ff. W o l f f / Bachof, § 56 I I I e 3.

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Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

grundlage die Selbstverwaltungsautonomie der Gemeinden aus A r t . 28 I GG, § 10 I I S. 1 bwGO, der daraufhin ergangene Widmungsakt ein Satzungsbeschluß oder ein dinglicher Verwaltungsakt sein. Auch dabei sind allerdings die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Widmung, vor allem die Verfügungsmacht, zu beachten. I n fremdem Eigentum stehende Sachen können nur gewidmet werden, wenn entweder die Verfügungsmacht durch Vertrag oder durch Enteignung erlangt worden ist, oder wenn ausnahmsweise wie i m Denkmalschutzrecht die Widmung lediglich die Konkretisierung der i m Gesetz selbst bestimmten Sozialbindung ist (dazu oben 3.1.4, unten 4.2.3). Die Annahme, man könnte bei fehlgeschlagenem Erwerb eines Gegenstandes oder bei Kündigung des Überlassungsvertrages bzgl. eines bestimmten Sachgegenstandes ein zivilrechtliches Zurückbehaltungsrecht 41 dergestalt konstruieren, daß man eine Widmung aus dem Hut zaubert, von der der Eigentümer vorher — bei Überlassung des Sachgegenstandes — nichts wußte, u m so die Sache für die öffentliche Nutzung zu retten, verstößt gegen Art. 14 I GG. Das bedeutet, daß es rechtlich möglich und verwaltungspraktisch sinnvoll sein kann, Öffentliche Sachen i n Anstaltsgebrauch anzunehmen, daß aber dabei die Sätze des Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts beachtet werden müssen. Sachlich unergiebig, systematisch unlogisch und teilweise rechtlich unzulässig ist es jedoch, allein die empirische Tatsache der Nutzung von Sachgegenständen durch Träger öffentlicher Verwaltung zur Begründung einer Öffentlichen Sache ausreichen lassen zu wollen. Die Zweifel am Wert einer Einordnung ins öffentliche Sachenrecht erhöhen sich noch bei den Sachen „ i n Verwaltungsgebrauch". Dies sollen diejenigen Sachgegenstände sein, die der Verwaltung unmittelbar durch ihre Gebrauchsmöglichkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben dienen und ausschließlich von den Amtswaltern selbst benutzt werden 42 . Deshalb ist es schon von der Begrifflichkeit falsch, wenn Wolff / Bachof an der genannten Stelle als Beispiele Gaswerke, Verkehrsbetriebe und Schlachthöfe zu den Sachen i n Verwaltungsgebrauch zählen. Sofern diese privatrechtlich organisiert sind und alle Rechtsverhältnisse privatrechtlich abgewickelt werden, müssen sie aus dem Öffentlichen Sachenrecht nach bisherigem wie nach hier vertretenem Verständnis von vornherein herausfallen. Selbst wenn sie öffentlich-rechtliche Benutzungsformen vorsehen, ist zu beachten, daß Gaswerke, Verkehrsbetriebe und Schlachthöfe externe Nutzung — Nutzung durch private Nutzungsinteressenten — zum Zweck haben und nicht die unmittelbare Erfüllung eines Verwaltungszweckes! Der Unterschied zum Dienstwagen, zum 41 So aber Salzwedel, i n : A l l g . Verwaltungsrecht, S.453; w i e hier i m Ergebnis Papier, S. 14. 42 W o l f f / Bachof, § 55 I I I a.

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Dienstgebäude und zur Dienstpistole besteht gerade darin, daß die letzte Kategorie keinerlei Nutzungén Außenstehender kennt. Die als Beispiel aufgeführten Einrichtungen wären also allenfalls (bei öffentlich-rechtlicher Organisation) Sachen i n Anstaltsgebrauch. Auch für Sachen in Verwaltungsgebrauch gilt das gerade i n bezug auf Sachen i n Anstaltsnutzung Gesagte: Eine Widmung nachträglich zu fingieren, u m bei Fehlen einer causa (ζ. B. gültiger fortbestehender Kauf- oder Mietvertrag) die Sache i n öffentlich-rechtlicher Verstrickung zu halten, ist verfassungsrechtlich unzulässig. Als weiterer Punkt taucht bei Sachen i n Verwaltungsgebrauch wie i n Anstaltsgebrauch i n der Diskussion die Abwehr von Störern auf. Wie i n I. 3.3.2 referiert, meinen Literatur und Rechtsprechung, das Problem des Hausrechts nur m i t Hilfe des Öffentlichen Sachenrechts lösen zu können. Denn dieses Problem w i r d unter der Überschrift „Öffentliche Sachen" — meist undifferenziert zwischen Sachen i n Anstalts- und Verwaltungsgebrauch — behandelt 43 . Zunächst ist festzuhalten, daß dieses Problem allein hier auftritt, also keines des Allgemeinen Teils des Öffentlichen Sachenrechts sein kann. Sodann werden an die Diskussion die Fragestellungen und Antworten des Öffentlichen Sachenrechts anzulegen sein. Die Lösung des problematischen Hausrechts erstaunt dabei. Rechtsprechung und herrschende Meinung der Lehre unterscheiden, nämlich nach dem Zweck, den der Störer (!) verfolgt. Steht der Wille des Störers i n direktem Kausalverhältnis zu dem Verwaltungszweck, den der Verwaltungsträger erfüllt, und stört er diesen Verwaltungszweck, so soll es sich u m öffentlich-rechtliche Natur des Hausverbotes handeln, m. a. W. dann: „wenn der Zugang der Wahrnehmung öffentlich-rechtlich geregelter Verwaltungsangelegenheiten durch Kontakte mit den zuständigen Amtsträgern dient" 4 4 . Betreten Privatpersonen allein i n Verfolgung ihrer privaten Angelegenheiten ohne direkten Bezug zu den Verwaltungszwecken ein Gebäude, so soll hingegen das Hausverbot privatrechtlicher Natur sein. Was daran erstaunt, ist, daß eine Unterscheidung nicht wie üblich danach getroffen wird, i n welcher Form die Verwaltung handelt, welche Zwecke sie verfolgt, sondern danach, was der Störer beabsichtigt. Legt man die Kategorien des Öffentlichen Sachenrechts an, so zeigt sich der allgemein vertretene Lösungsansatz diesem nicht zugänglich. Es kommt nicht darauf an, i n wessen Eigentum die Sachen stehen oder ob die Verwaltung öffentlich-rechtlich begründete 43 Schmitt, Das öffentlich-rechtliche Hausrecht, S. 21 ff.; Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 97 ff.; Knemeyer, DÖV 1970, S. 597 f.; ders., DÖV 1971, S. 303 f.; Stern, V V D S t R L 21 (1962), S. 205, m. Fn. 134; O V G Berlin, DVB1. 1952, S. 763; O V G Hamburg, M D R 1957, S. 188; BGH, DVB1. 1961, S. 46 f.; O V G Münster, DVB1. 1963, S. 450; B V e r w G E 35, 103. 44 Papier, S. 32 m. w. N.; ähnlich W o l f f / Bachof, § 99 I I b.

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

Sachherrschaft hat. Es w i r d nicht danach differenziert, ob eine rechtswirksame Widmung vorliegt oder nicht. Auch die oben herausgearbeiteten Prinzipien des Öffentlichen Sachenrechts wie das Verlautbarungsprinzip spielen keine Rolle. Der einzige Grund, daß diese Problemstellung i m öffentlichen Sachenrecht abgehandelt wird, ist der, daß sie sich i n einer pauschalen und so nicht haltbaren Weise auf Sachgegenstände bezieht, die Verwaltungsträger selbst benutzen. Damit bestätigt sich auch nach Heranziehen des Allgemeinen Teils des öffentlichen Sachenrechts das oben i n I. 3.3.2 und I. 3.3.3.3 gefundene Ergebnis. Die Abwehr von Störungen ist keine Frage der Eigentumsarten, der öffentlichen Sachherrschaft oder der durch Widmung zugelassenen Nutzungen, sondern eine Forderung aus der rechtsstaatlichen Pflicht zur Erfüllung der auferlegten öffentlichen Aufgaben. Die Frage, ob eine Handlung vom Widmungszweck noch gedeckt ist oder nicht, kann mit Hilfe des Öffentlichen Sachenrechts gelöst werden. Die danach folgende Frage, ob eine Störung nach Privat- oder Öffentlichem Recht abzuwehren ist, ist eine Frage des Allgemeinen Verwaltungsrechts, die für alle Störungen der Verwaltungstätigkeit gleich zu beantworten ist: Ermächtigungsgrundlage zur Abwehr von Störungen ist die Annexkompetenz zu der jeweils gestörten Verwaltungsaufgabe.

4.2.2 Natur- und Landschaftsschutzrecht

Die unterschiedlichen Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes bedürfen i m Hinblick auf das öffentliche Sachenrecht differenzierter Betrachtung. Es gibt Vorschriften wie die über den Schutz von Feuchtgebieten (§ 16 bwNatSchutzG) oder den Artenschutz (§§ 29 f. bwNatSchutzG). Daneben gibt es die Möglichkeit, besondere Gebiete durch Rechtsverordnung unter Schutz zu stellen (§§ 21 ff. bwNatSchutzG) und gar Pflege- und Pflegeduldungspflichten aufzuerlegen (§ 18 bwNatSchutzG). Der Schutz von Feuchtgebieten i n § 16 bwNatSchutzG legt durch die Verwandtschaft der geregelten Sache mit derjenigen der öffentlichen Gewässer eine Charakterisierung als Öffentliche Sache nahe. Die geschützten Gebiete, ζ. B. Moore, Sümpfe, Tümpel, Verlandungsbereiche von Gewässern sind Gebiete der Natur, die sich zum Teil mit den Gewässern decken, zum Teil direkt an diese angrenzen. Ein ähnlicher Schutz erscheint daher naheliegend und rechtspolitisch sinnvoll. De lege lata müssen jedoch dogmatische Merkmale des Öffentlichen Sachenrechts vorliegen. Solche Feuchtgebiete bedürfen der Widmung, sollten sie Öffentliche Sachen sein. Da eine Widmung dieser Gebiete durch dinglichen Verwaltungsakt oder Planfeststellungsbeschluß nicht nachgewiesen werden kann, könnte allein § 16 bwNatSchutzG

4. Systematische Einordnung ins Verwaltungsrecht

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als — gesetzliche — Widmung i n Betracht kommen. Diese Vorschrift müßte dann die gesetzliche Anknüpfung für eine öffentliche Sachherrschaft der Verwaltung an diesen Gebieten sein. Außerdem müßte Gemeingebrauch oder eine andere Form öffentlicher Nutzung (Sondergebrauch, Anstaltsgebrauch, Verwaltungsgebrauch) daran bestehen. Die Norm regelt jedoch lediglich, daß Eingriffe i n Feuchtgebiete außer zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken unzulässig sind. Besondere Eingriffsermächtigungen oder dingliche Rechte der Verwaltung an solchen Sachgegenständen sind dort nicht geregelt. Bei § 16 handelt es sich vielmehr um eine abstrakt-generelle Anordnung von Verhaltenspflichten. Sie stellt für jedermann und für eine abstrakt umschriebene Menge von Naturbereichen Verhaltensverbote für die Zukunft auf. Ungeachtet der Wünschbarkeit oder Notwendigkeit sachenrechtlicher Regelungen fehlt dieser Vorschrift der dingliche Charakter. Es fehlt die Zustandsregelung 45 an Feuchtgebieten. Die sachenrechtliche Struktur ist hingegen bei den Vorschriften über Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie Naturdenkmale i n §§21 ff. deutlich erkennbar. Eine Verordnung zur Errichtung eines Natur- oder Landschaftsschutzgebietes regelt nicht unmittelbar personale Rechtsverhältnisse zwischen zwei oder mehreren Rechtssubjekten, sondern sie begründet Rechte und Pflichten i n Beziehung auf eine festgelegte und benannte Anzahl von Grundstücken. Die rechtlichen Eigenschaften der Sachgesamtheit der benannten Grundstücke unter der Bezeichnung Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet entspricht deshalb dem hier formulierten Begriff der Öffentlichen Sache. Subjektive Rechte und Pflichten von Eigentümern, Besitzern oder Nutzungsinteressenten entstehen grundsätzlich nicht unmittelbar durch die Verordnung, sondern durch das an diese Verordnung Rechtsfolgen knüpfende Gesetz. Die subjektiven Rechte auf Gemeingebrauch, auf Ermessensentscheidung über Sondernutzungsanträge, die Verteilung der Verwaltungskompetenzen und -pflichten werden nicht i n der Widmung festgelegt, sondern ergeben sich direkt aus dem Gesetz für den Fall einer bestimmten Zustandsregelung. Der Rechtsakt determiniert also eine unbestimmte Vielzahl von verschiedenen abstrakt gesetzlich geregelten Rechtsverhältnissen. Ebenso müßte die Situation i m Naturschutzrecht umschrieben werden. Die Rechte auf Gemeingebrauch, auf Zugang, auf Eigentümernutzungen, die Verteilungen der Verwaltungsaufgaben sind gesetzlich geregelt und werden durch Verordnung lediglich konkretisiert. Soweit einzelne genehmigungspflichtige Nutzungen zur Debatte stehen, entstehen die diese gestattenden Rechtsverhältnisse ebenfalls nicht durch Verordnung, sondern durch Verwaltungsakt. I n der Verordnung 45

Niehues, Diss., S. 68 ff., 95 f.; ders., DVB1. 1982, S. 317 f.

10 Kromer

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

selbst liegt auch kein Eingriff ins Eigentum. Er setzt als Widmungsakt zu seiner Rechtmäßigkeit die Verfügungsbefugnis der widmenden Behörde voraus. Entweder stellt die Widmung lediglich eine Konkretisierung der gesetzlich erfolgten Sozialbindung des Eigentums dar (s. o. 3.1.1), d.h. es werden keine bestandskräftigen, betätigten subjektiven Rechte entzogen oder die institutionelle Garantie verletzt; oder es muß eine vorherige Teilenteignung erfolgen, die den Eigentümer für die entzogenen Rechtspositionen entschädigt. Die geschilderten rechtlichen Folgerungen der Ausweisung eines Naturschutzgebietes oder eines Landschaftsschutzgebietes sind parallel zu denen gezogen worden, die i m Öffentlichen Sachenrecht für Straßen und Gewässer formuliert werden 46 . Sie werden von Niehues als intransitive Zustandsregelungen bezeichnet 47 . Die oben herausgearbeitete Typik des Sachenrechts des öffentlichen Rechts, sachlich — i m Hinblick auf die geregelten Sachgegenstände — konkret, personal i n die Zukunft hinein aber noch unbestimmt zu sein, ist auch bei den Natur- und Landschaftsschutzgebieten gegeben. Die Erkenntnis (s. o. 4.1), daß sich als Gemeinsamkeit aller Öffentlichen Sachen (als Struktur des Normbereichs) die „Nutzung von Sachgegenständen als Verteilungsproblem" herausstellt, gilt gerade auch i m Naturschutzrecht. Die kraß unterschiedlichen Interessen verschiedener Bevölkerungsgruppen (Fischer, Jäger, Skifahrer, Vogelkundler, Forstwirte) am Erhalt oder der Nutzung eines bestimmten Biotops zeigen dies überdeutlich. Öffentliche Sachen sind auch die Naturdenkmale nach § 24 bwNatSchG. Schon deren historische Vorläufer i m Reichsnaturschutzgesetz wurden gelegentlich als Öffentliche Sachen, die durch dinglichen Verwaltungsakt gewidmet sind, bezeichnet 48 . Die Rechtsordnung, die einen Sachgegenstand zum Naturdenkmal erklärt, ist die Widmung zur Öffentlichen Sache. Damit steht die Widmungsart und das Eigentumsverhältnis (privatrechtliches Eigentum bei öffentlich-rechtlicher Exemtion) fest. Wie bei den Natur- und Landschaftsschutzgebieten ist auch hier das Publizitätsprinzip verwirklicht. Die öffentliche Sachherrschaft besteht aus den vielfältigen Überwachungs- und Pflegepflichten, ζ. B. i n §§ 18, 24 IV, V, 45, sowie der Begründung des Gemeingebrauchs an Naturdenkmalen, der i n §§ 2 4 I V , 21 I I S. 2 vorausgesetzt ist. Die Ausgestaltung des Gemeingebrauchs i m einzelnen sowie die Überwachung, daß die Publikumsnutzungen innerhalb des Gemeingebrauchs bleiben, 46

Papier, S. 36 ff.; W o l f f / Bachof, § 56 I, I I . Niehues, zuletzt DVB1. 1982, S. 317 f.; ebenso W o l f f / Bachof, §46 V I I I ; v. Mutius, S. 207 ff. 48 W o l f f / Bachof, § 38 I V a 2; ν. Mutius, S. 210 f., 213. 47

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sind typische Aufgaben öffentlicher Sachherrschaft, wie sie aus den anderen Gebieten des öffentlichen Sachenrechts bekannt sind. Verstärkt gilt der sachenrechtliche Charakter für § 18 bwNatSchG. I n Verbindung mit § 5 I bwNatSchutzG, der die Kompetenz und Eingriffsermächtigung für alle nach dem Naturschutzgesetz erforderlichen Maßnahmen liefert, eröffnet er für die zuständigen Naturschutzbehörden eine umfassende Sachherrschaft an den Naturschutzgebieten und den Naturdenkmalen. Bezüglich der betroffenen Grundstücke hat die Verwaltung die Befugnis, gegenüber jedermann Verhaltensanweisungen zu erlassen und diese selbständig durchzusetzen. Die zuständigen Verwaltungsbehörden dürfen die Grundstücke nicht nur betreten, sondern auch pflegen oder anderen einschließlich dem Eigentümer die Pflege auferlegen. Alle diese Maßnahmen sind unabhängig von der Einwilligung des Eigentümers, ist erst einmal die Widmung rechtmäßig aufgrund Verfügungsbefugnis durch Gesetz oder Vereinbarung m i t dem Eigentümer erfolgt. Die beschriebene Position der Verwaltung nach § 5 1 i. V. m. § 18 ist keine abstrakt-generelle Verhaltensregelung wie etwa bei Strafgesetzen oder wie i n § 3, der regelt, daß jeder durch sein Verhalten dazu beitragen soll, daß Natur und Landschaft pfleglich benutzt und vor Schäden bewahrt werden. § 18 stellt ein absolutes Abwehrrecht gegen Eigentümer, Besitzer und Nutzungsinteressenten dar, u m jegliche substanzändernden Eingriffe abzuwehren. Sie gebietet den zuständigen Behörden über § 5 I gleichzeitig, alle Maßnahmen zu treffen, damit das Gebiet erhalten bleibt, und gebietet ihnen, die notwendigen Pflegemaßnahmen entweder selbst durchzuführen oder per Verwaltungsakt anzuordnen. Von verfassungsrechtlicher Seite wurde i m Allgemeinen Teil des Öffentlichen Sachenrechts (oben 4.1) und bei der Anbindung dés Sachenrechts ans Verfassungsrecht (oben 3.2) die institutionelle und leistungsrechtliche Seite der Grundrechte angesprochen. Auch Betretungsrechte bezüglich der Natur- und Landschaftsschutzgebiete und der Naturdenkmale lassen sich nicht i n die Kategorie der Freiheitsrechte als Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe einordnen, sondern sind umgekehrt nur mittels staatlicher Regelungen, gar Eingriffe denkbar. Angesprochen ist hier der oben 4.1 formulierte Begriff der „Nutzung von Sachen als Verteilungsproblem", der die Gemeinsamkeit aller Öffentlichen Sachen darstellen soll. Verfassungsrechtliche und rechtspolitische Grundlage der genannten Betretungsrechte könnte dabei eine staatliche Leistungspflicht sein, die physisch-realen Voraussetzungen für eine Erholung aller Bürger i n der freien Natur zu sichern. Hierbei handelt es sich u m eine Form des Minimalstandards notwendigen Grundrechtsschutzes49. Sofern in diesem Sinne die Grundrechte auf freie Entfaltung der

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Persönlichkeit, des Rechts auf Gesundheit und Freizügigkeit aktiviert werden könnten, wäre ein grundrechtlicher Minimalstandard, daß jeder einzelne faktisch und rechtlich die Möglichkeit hat, i n Feld, Wald und Flur seine Freizeit zu gestalten, „gestalten" gemeint i m wirklichen Sinne des Wortes als Freiheit der Gestaltung und nicht Wahl zwischen verschiedenen Formen der Anstaltsnutzung. Alles andere wäre keine „Freie Entfaltung der Persönlichkeit", sondern Rechtsstellung als Benutzer der Anstalt „Natur". A r t . 2 I GG wäre auch bei größter Umweltbelastung verletzt, wenn es nur noch Wahlmöglichkeiten gäbe wie die, daß Reitervereinsmitglieder auf staatlich zum Reiten zugelassenen Pferden mit amtlichem Kennzeichen auf dafür vorgesehenen Wegen zu festgelegten Tageszeiten unter Entrichtung einer Gebühr reiten dürften; oder statt dessen wählen könnten, auf amtlich geprüften Surfbrettern auf freigegebenen Seen mit freiwillig organisierter Surfüberwachung für eine bestimmte Zeit i m oder gegen den Uhrzeigersinn surfen zu dürfen. Diese Überzeichnung sollte zum Ausdruck bringen, daß das Problem der Nutzungsverteilung nicht durch Schematisierung auf wenige enumerative Nutzungsschablonen an der freien Natur gelöst werden darf und kann. I m Naturschutzrecht stellt sich damit exakt dasselbe Problem, das seit langem i m Straßen- und Wasserrecht bekannt ist und dort befriedigend über die dingliche, intransitive Zustandsregelung gelöst wurde. 4.2.3 Denkmalschutzrecht

I m Denkmalschutzrecht als sehr jungfräulich anmutendem Wissenschaftsgebiet 50 sollte diskutiert werden, ob die Kategorie der Öffentlichen Sache nicht für bestimmte denkmalgeschützte Objekte fruchtbar gemacht werden kann. § 2 I bwDenkmalSchG beschreibt die K u l t u r denkmale als „Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht". Eigentümer und Besitzer haben eine Erhaltungspflicht (§ 6), sie müssen das Betreten des Grundstücks, ζ. T. auch das Betreten der Wohnungen, dulden und sind auskunftspflichtig (§10). I n der Nutzung und Verfügung über ihr Eigentum oder ihren Besitz sind sie durch § 8 bwDenkmalSchG stark eingeschränkt. Alle diese Vorschriften beziehen sich allgemein auf alle Kulturdenkmale i n Baden-Württemberg und haben Parallelen oder Ähnlichkeiten i n anderen Bundesländern 51 . I n Baden-Württemberg sind 49 Breuer, S. 89 ff., v. a. 95 ff. — Z u r rechtstheoretischen u n d verfassungsrechtlichen K o n s t r u k t i o n v o n Leistungsrechten u n d Leistungspflichten s. F. M ü l l e r / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, S. 90 ff. 50 Eine erste Zusammenfassung bei Moench, N V w Z 1984, S. 146—155.

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von den „normalen" Kulturdenkmalen, die ihre rechtliche Eigenschaft schon durch die Erfüllung des Gesetzestextes i n §2 bwDenkmalSchG erlangen, die eingetragenen Kulturdenkmale nach §§ 12 ff. bwDenkmalSchG zu unterscheiden. Es muß also die Gruppe der Denkmale, die allein durch Gesetz entstehen, von derjenigen, die erst durch Eintragung in die Denkmalliste entstehen, getrennt werden 52 . Die Sätze des Allgemeinen Teils des öffentlichen Sachenrechts müssen für beide Gruppen getrennt auf ihre Fruchtbarkeit h i n untersucht werden. Sowohl bezüglich der Sammlungen von beweglichen Gegenständen als auch bezüglich Gebäude oder Grundstücke w i r d nicht auf einzelne körperliche Gegenstände abgestellt, sondern von Sachen, Sachteilen oder Sachgesamtheiten gesprochen (§ 2 I bwDenkmalSchG). Dieses Bedürfnis nach Ablösung vom bürgerlichen Sachenrechtsbegriff war eine erste Begründung und Charakterisierung für das Öffentliche Sachenrecht (s. o. I. 2.3). Dies ist für die Begründung von Öffentlichen Sachen jedoch nicht ausreichend. Für die erste Gruppe von Denkmalen, die ihre rechtliche Eigenschaft schon durch § 2 I bwDenkmalSchG verliehen bekamen, lassen sich darüber hinaus keine weiteren öffentlich-sachenrechtlichen Merkmale nachweisen. Die gerade referierten Erhaltens-, Auskunftsund Duldungspflichten sind nicht i n Form einer Dienstbarkeit auferlegt. Es erfolgte keine — etwa gesetzliche — Widmung, sondern alle aufgeführten Vorschriften sind abstrakt-generelle Normen, die allgemeine Verhaltenspflichten normieren, wie sie allgemein i m Ordnungsund Ordnungswidrigkeitenrecht üblich sind. Sie sind keineswegs wie etwa i m Wasserrecht als Beispiel gesetzlicher Widmung so gestaltet, daß sie als zwar personal unbestimmt, sachlich aber genügend konkretisiert angesehen werden können. Angesichts der unterschiedlichen Sichtweisen auf wissenschaftlichem, künstlerischem und heimatgeschichtlichem Gebiet dürfte das Argument überzeugend sein, daß mit dem Erlaß des Denkmalschutzgesetzes keineswegs i n der Mehrzahl der Fälle schon feststand, welche Gebäude, Gebäudeteile oder Sachgesamtheiten K u l t u r denkmale sind. Die Bundeswasserstraßen und die Gewässer 1. Ordnung sind aufzählbar bzw. i n einem Verzeichnis festgehalten, die K u l t u r denkmale sind i n ähnlichem Grade aber nicht bestimmt. Für diese Kategorie erfolgt auch keine Widmung durch Verwaltungsakt. Zwar erhält der Eigentümer eine Nachricht, wenn das Denkmalamt sein Eigentum für denkmalgeschützt hält. Diese Nachricht ist jedoch eine bloße, allerdings gerichtlich voll überprüfbare Mitteilung über die gesetzlichen Bindun51

Vergleich u n d Zusammenstellung bei Herter, S. 245 ff. V G H Ba-Wü, N V w Z 1983, S. 100 f.; Hönes, N V w Z 1983, S. 213 f. m. w . N.; Eberl, S. 20 f.; Herter, S. 242 f.; alle drei Autoren m i t Hinweisen zur Rechtslage i n den anderen Bundesländern. 52

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gen des Eigentums ohne den Charakter des Verwaltungsaktes 53 . Ohne Widmung entsteht aber keine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit an einem Sachgegenstand und damit auch keine Öffentliche Sache. Auch von einer Sachherrschaft der Denkmalschutzbehörden kann nicht gesprochen werden. § 10 I I bwDenkmalSchG begründet oder erfordert keine öffentliche Sachherrschaft über das Denkmal. Das Betretungsrecht stellt eine polizeiliche Spezialermächtigung zum Betreten eines Grundstücks dar, wie sie i n vielen anderen Gesetzen auch zu finden ist. Anders stellt sich die Rechtslage für die besonders geschützten Objekte nach §§ 12 bwDenkmalSchG dar. Für diese gibt es ein Eintragungsverfahren i n das Denkmalbuch. Die Eintragung ist unbestrittenermaßen ein Verwaltungsakt und erlangt Bestandskraft, w i r k t für und gegen evtl. Rechtsnachfolger (§ 13 III). M i t dieser ist eine öffentlichrechtliche Eigenschaft eines Sachgegenstandes rechtlich verbindlich festgestellt. Die Rechtsfolgen daraus liegen damit aber mitnichten fest. Dies hängt von den i n Zukunft anstehenden Ereignissen ab: ob das Haus einer Straße weichen muß, der Eigentümer den Abriß wünscht, die Fassade als Dekoration eines Schnellimbisses dienen soll oder ein Gebäude durch Blitzschlag beschädigt oder zerstört wird. Die Pflichten des Eigentümers und des Besitzers, die Beschränkungen und Mitwirkungspflichten anderer Behörden bei ihren Planungen und Handlungen, evtl. Entschädigungspflichten der Denkmalbehörden, Vorkaufsrechte hängen davon ab. Damit ist hier eine Situation entstanden, die für das Öffentliche Sachenrecht typisch ist. Wie i m Straßen- und Wasserrecht werden mit einem Rechtsakt eine noch nicht bekannte Anzahl von Rechtsverhältnissen zwischen noch nicht bekannten Personen determiniert. Die Regelung ist auf eine konkrete Sache bezogen, aber personal noch unbestimmt und zukunftsoffen. Dies ist der typische Fall der Widmung als dinglicher Verwaltungsakt. Fraglich ist, ob auch eine öffentliche Sachherrschaft an der so entstandenen Sache angenommen werden kann. Eine solche anzunehmen, ist jedoch problematisch und bedürfte noch der näheren Ausformulierung durch die Dogmatik des Denkmalschutzrechts anhand aufkommender Probleme. A l l e i n die Kompetenz i n § 1 bwDenkmalSdmtzG, „die Kulturdenkmale zu schützen und zu pflegen, insbesondere den Zustand der Kulturdenkmale zu überwachen sowie auf die Abwendung von Gefährdungen und die Bergung von K u l t u r denkmalen hinzuwirken", kann polizeirechtlich ausgedeutet werden. Ebenso wie § 7, der die spezialgesetzliche Eingriffsermächtigung für die pflichtgemäß erfolgten Maßnahmen zur Verfügung stellt, ist diese Vorschrift zunächst von Wortlaut und Inhalt her eine typisch polizeirechtliche Vorschrift. Genauer betrachtet kann der Wortlaut auch anders ge53

V G H Ba-Wü, DÖV 1982, S. 703 f. = N J W 1983, S. 100 f.

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deutet werden: Die Befugnis, „den Zustand der Kulturdenkmale zu überwachen sowie auf die Abwehr von Gefährdungen und die Bergung von Kulturdenkmalen hinzuwirken", läßt vom Wortlaut her eine dingliche Sachherrschaft am Kulturdenkmal nicht als ausgeschlossen erscheinen. Die schwache Wendung „darauf hinwirken" kann die Bedeutung haben, daß der öffentliche Sachherr tunlichst i n Abstimmung m i t dem Eigentümer zu handeln hat und außerdem selbst keine Vollzugsorgane besitzt, u m die Gefahrenabwehr selbst vorzunehmen. Auch systematisch läßt sich eine Sachherrschaft bestätigen. Bezüglich der eingetragenen Kulturdenkmale haben die Denkmalbehörden eine umfassende Rechtsmacht. Nach § 15 ist jede Veränderung genehmigungspflichtig. Nach § 16 muß der Eigentümer wie Besitzer Schäden und Mängel an den K u l t u r denkmalen anzeigen. Nach § 18 w i r d der Schutz bei Katastrophen geregelt, indem den Berechtigten verschiedene Verhaltens- und Ablieferungspflichten auferlegt werden. Diese Regelungen ließen sich zwar auch als abstrakt-generelle Regelungen deuten, die lediglich allgemeine Verhaltenspflichten auferlegen. Der Umfang der Einschränkung der Herrschaftsmacht i m Vergleich zur ursprünglichen Herrschaft nach BGB und die förmlich festgestellte Eigenschaft als Kulturdenkmal sprechen jedoch für die Einordnung ins Öffentliche Sachenrecht. Sinn und Zweck des Gesetzes erfordern dies ebenfalls. Oftmals werden gerade bei Katastrophen, aber auch i n normalen Zeiten, Eigentümer und Besitzer nicht greifbar sein. Bei beweglichen Gegenständen sind sie vielleicht überhaupt unbekannt. I n solchen Fällen muß die Verwaltung aus eigener Sachherrschaft heraus handeln können und nicht erst den umständlichen Weg der Verwaltungsvollstreckung gehen müssen. Dieser langwierige Weg wäre oftmals geradezu ein Ansporn für die Eigentümer, Kulturdenkmale so verrotten zu lassen, daß sie sich letztendlich m i t behördlichem Segen dieser entledigen können. Die Erstreckung des öffentlichen Sachenrechts auf bewegliche K u l turdenkmäler wie Bilder, Skulpturen oder Schmuck würde zur Lösung der bei diesen entstehenden Rechtsprobleme beitragen. Sieht man i m Erwerb, der Eingliederung i n eine Sammlung oder der Aufnahme des Sammelstückes i n ein Verzeichnis eine Widmung zur öffentlichen Sache, so wäre der besondere Status eines öffentlichen Museums nach außen nicht nur betont, sondern auch publik und sachenrechtlich abgesichert. Die dadurch entstandene öffentliche Sachherrschaft würde das Privateigentum überlagern (öffentlich-rechtliche Exemtion). Zwar müßte der Eigentümer für eine endgültig rechtswirksame Widmung die Verfügungsbefugnis erteilen. Damit wäre er sowohl vor einer Enteignung durch entschädigungslose Dauer „leih" gäbe geschützt als auch vor einem Verlust infolge Diebstahls und Weiterveräußerung (§§ 935 ff. BGB). Um-

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gekehrt gälte dann für das Museum nicht nur die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB. Es könnte aufgrund seiner Sachherrschaft bis zur abschließenden Klärung die Sache behalten, bewahren und renovieren (auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt ist zunächst wirksam). Es könnte nachträglich durch Enteignung des Eigentümers die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Widmung schaffen und so das Kulturgut i n öffentlichem Besitz bewahren. Ob diese Lösung nicht nur theoretisch befriedigend ist, sondern auch praktisch brauchbar ist, müssen Rechtsfälle zeigen. 4.2.4 Rechtsnachfolge i m Baurecht

I m Bauordnungsrecht 54 w i r d die Baugenehmigung gem. § 59 I I LBO und für die Abbruchverfügung 55 analog zu dieser Vorschrift die Rechtsnachfolge i n ergangene Verwaltungsakte angenommen. Dies w i r d teilweise mit der „dinglichen Wirkung" des Verwaltungsakts untermauert, da dieser auf das Grundstück und das Bauvorhaben bezogen sei 56 . Man meint, eine solche dingliche Wirkung des Verwaltungsakts i m Bauordnungsrecht einführen zu müssen, weil es i m Polizei- und Ordnungsrecht keine Rechtsnachfolge gebe und man deshalb auf die Dogmatik des Öffentlichen Sachenrechts zurückgreifen müsse57. Schon die Notwendigkeit, auf Öffentliches Sachenrecht zurückgreifen zu müssen, weil das Ordnungsrecht keine Handhabe biete, ist fraglich geworden. Die Rechtsnachfolge i n die Polizeipflicht ist als dogmatische Figur des Polizeirechts heute anerkannt 58 . Der Erwerber eines Grundstücks t r i t t i n sämtliche Rechte und Pflichten des vorherigen Eigentümers ein. Er übernimmt nicht nur alle dinglichen Rechte und Lasten, die auf dem Grundstück ruhen, sondern t r i t t teilweise auch i n schuldrechtliche Verträge ein, wie der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" i n § 571 BGB zeigt. Der Erwerber haftet auch zivil rechtlich nach §§ 907 und 908 BGB für den Zustand seines Grundstücks. Deswegen läßt sich sagen, der Eigentümer rücke mit dem Erwerb auch i n die kraft Gesetz 54 Z u dem Vorschlag, das gesamte Bauordnungsrecht ins Öffentliche Sachenrecht einzubeziehen u n d die Baugrundstücke damit zu öffentlichen Sachen zu machen, wurde oben 2.1, 3.1 Stellung genommen. Z u Baulasten als dingliche Rechte s. o. 4.1. 55

BVerwG, BRS 24, Nr. 193; V G H Ba-Wü, BRS 30, Nr. 165; V G H Ba-Wü, BRS 32, Nr. 180; Sauter / Holch, § 101, Rdnr. 3. 56 F i n k e l n b u r g / O r t l o f f , S.258; Schlez, §95, Rdnr. 150; BVerwG, DÖV 1971, S. 640 = N J W 1971, S. 1624; Götz, S. 100. 57 Ortloff, JuS 1981, S. 574 ff. m. w. N. 58 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. 2, S. 178 f.; W o l f f / Bachof, § 127, Rdnr. 28; Götz, S. 99 ff.; BVerwG, BRS 24, Nr. 193; V G H Ba-Wü, BRS 30, Nr. 165 u n d 32, Nr. 180.

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bestehende Zustandshaftung des jeweiligen Eigentümers ein 59 . Bei nicht höchstpersönlichen, sondern vertretbaren Handlungen kann man davon sprechen, daß sie sachbezogen60 seien oder eine gewisse „Dinglichkeit" hätten, dennoch ist zwischen Zustandsregelungen und personalen Verhaltensgeboten 61 zu unterscheiden. Diese polizeirechtliche Diskussion ist jedoch nicht Thema der Arbeit und braucht hier nicht entschieden zu werden. Von Bedeutung ist allein die Frage, ob die Rechtsnachfolge i n die Zustandshaftung über das ö f fentliche Sachenrecht gelöst werden kann. Wie gezeigt (zusammenfassend oben 4.1), muß von einer bestimmten, festgelegten Eigentumsart aus — hier das BGB-Eigentum — die Statuierung öffentlicher Sachherrschaft erfolgen. Dafür käme hier die Exemtion des BGB-Eigentums durch eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit in Betracht. Diese müßte durch eine Widmung — hier einen dinglichen Verwaltungsakt — auferlegt worden sein und die zugelassenen Nutzungsarten festlegen. Während die Einordnung i n die Eigentumsarten und Widmungsarten keine Probleme bieten, scheint die Festlegung der Nutzungsarten durch Widmung fraglich. Baugenehmigung wie Abrißverfügung begründen weder Gemeingebrauch noch Anstalts-, Verwaltungs- oder Sondergebrauch. Weder erlangt die Verwaltung noch ein Nutzungsinteressent unmittelbare Sachherrschaft über das betroffene Grundstück. Lediglich der Eigentümer darf die Sache benutzen. Daß die Nutzungsarten nicht passen, deutet am besten darauf hin, daß keine eigenen dinglichen Rechte der Verwaltung am Grundstück begründet werden. Die Verwaltung hat kein unmittelbares Zugriffsrecht auf das Grundstück, sie kann für ihre Rechte keine unmittelbare Befriedigung aus dem Grundstück erlangen. Eine Baugenehmigung richtet sich zunächst an einen bestimmten und bekannten Adressaten. Die Abrißverfügung richtet sich gegen den Eigentümer und gegen die Besitzer des Grundstücks. Sie ist damit keine intransitive Zustandsregeleung, sondern ein personaler Verwaltungsakt, dessen Wirkung nachträglich auf einen anderen Adressaten übergehen kann. Die Typik einer dinglichen Regelung, daß die einzelnen Rechtsverhältnisse erst nach der Zustandsregelung nur nur bei Hinzukommen weiterer Bedingungen entstehen, ist hier nicht gegeben. Die Verwaltungsakte der Bauordnungsbehörden gelten unmittelbar gegenüber bestimmten Adressaten. Die Verwirklichung der Anordnungen geschieht nicht dadurch, daß eine Baubehörde — wie etwa i m Straßenrecht — eine Baumaßnahme als Sachherr und dinglich Berechtigter selbst durch59 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. 2, S. 179; Schlez, § 101, Rdnr. 51; Saut e r / H o l c h , §101, Rdnr. 3. 60 Sauter / Holch, §95, Rdnr. 7: „sachbezogener V A " . 61 Erichsen / Martens, in: A l l g . Verwaltungsrecht, S. 154. Ebenfalls gegen Dinglichkeit Peine, DVB1. 1980, S. 947.

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I I . Das Sachenrecht des öffentlichen Rechts

führt, sondern i m Wege der Verwaltungsvollstreckung m i t deren üblichen Mitteln: unmittelbarer Zwang, Zwangsgeld, Ersatzvornahme 62 . Gerade die Ersatzvornahme zeigt den personalen Charakter derjenigen Verfügungen, die der Rechtsnachfolge fähig und bedürftig sein sollen.

62

Finkelnburg / Ortloff, S. 301 ff.

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