Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung: Vermögensbezogene Informationsgewinnung in der Zwangsvollstreckung im Spannungsfeld zwischen Gläubigerinteressen und Schuldnerschutz: Eine Untersuchung de lege lata et ferenda. Dissertationsschrift 9783161561641, 9783161561658, 3161561643

Ohne eine wirksame Zwangsvollstreckung erweisen sich sowohl materiell-rechtliche Regelungen als auch das Erkenntnisverfa

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Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung: Vermögensbezogene Informationsgewinnung in der Zwangsvollstreckung im Spannungsfeld zwischen Gläubigerinteressen und Schuldnerschutz: Eine Untersuchung de lege lata et ferenda. Dissertationsschrift
 9783161561641, 9783161561658, 3161561643

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1: Einleitung: Die Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung
A. Die gegenläufigen Interessen in der Zwangsvollstreckung beim Ziel der Vermögenstransparenz
B. Terminologisches
C. Reformbedürftigkeit und Kritik an der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung
D. Ziel und Gang dieser Arbeit
Teil 2: Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung: Bestandsaufnahme und Kritik
A. Die Vermögensauskunft des Schuldners als erste Spur der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung
I. § 802c ZPO: Vermögensauskunft des Schuldners
1. Dogmatische Einordnung der Vermögensauskunft
a) Vermögensauskunft als prozessrechtliche Verpflichtung
b) Keine materiell-rechtliche Verpflichtung
2. Zweck der vorangestellten Vermögensauskunft
3. Verfassungsrechtliche Bedenken
a) Allgemeines Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
aa) Schutzbereich
bb) Eingriff
cc) Rechtfertigung
(1) Legitimer Zweck
(2) Geeignetheit
(3) Erforderlichkeit
(4) Verhältnismäßigkeit i. e. S
dd) Ergebnis
b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht in Form der Selbstbezichtigungsfreiheit
aa) Schutzbereich
bb) Eingriff
cc) Rechtfertigung
(1) Legitimer Zweck
(2) Geeignetheit
(3) Erforderlichkeit
(a) Übermittlungsverbot
(b) Verwendungsverbot
(c) Bewertung der Vorschläge
(d) Zwischenergebnis
dd) Keine verfassungskonforme Auslegung
(1) § 802c ZPO
(a) Keine Einschränkung in Bezug auf die anzugebenden Vermögensgegenstände
(b) Kein ungeschriebenes Verwertungsverbot: Der Gemeinschuldnerbeschluss des BVerfG und die fehlende Übertragbarkeit auf § 802c ZPO
(aa) Immanente Verwertungsverbote nur für vorkonstitutionelle Gesetze
(bb) § 802c ZPO als nachkonstitutionelle Norm
(2) § 802k Abs. 2 Satz 3 ZPO
ee) Ergebnis: (Teil-)Verfassungswidrigkeit des § 802c ZPO
ff) Vorschlag zur Behebung der Verfassungswidrigkeit
4. Voraussetzungen der Vermögensauskunft
5. Inhalt und Umfang der Vermögensauskunft
a) Titelschuldner, Namen, Daten: Absatz 1
b) Inhalt der Vermögensauskunft nach Absatz 2
aa) Auskunftspflicht des Schuldners
bb) Fragerecht des Gläubigers
cc) Anzugebende Vermögensgegenstände
(1) Körperliche Sachen
(2) Forderungen
(a) Neuerungen für debitorische Konten und künftige Forderungen
(b) Problemfeld Unterhaltsansprüche
(3) Sonstige Rechte
(4) Veräußerungen und unentgeltliche Leistungen, Abs. 2 Satz 3
6. Eidesstattliche Versicherung
7. Zuständigkeit für die Abnahme der Vermögensauskunft
8. Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft, § 802f ZPO
9. Erneute Vermögensauskunft und Sperrfrist, § 802d ZPO
a) Voraussetzungen der erneuten Vermögensauskunft
b) Abgrenzung zur Nachbesserung
c) Beschränkungsbefugnis des Gläubigers?
aa) Streitstand
bb) Bewertung der Gesetzesänderung
d) Kritik am Umfang der Sperrfrist
10. Fazit zur Selbstauskunft ohne Pfändungsversuch
II. Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch: § 807 ZPO
1. Systematik
2. Voraussetzungen des § 807 ZPO
3. Rechtsfolgen des § 807 ZPO
a) Kein Ermessen des Gerichtsvollziehers
b) Abnahme der Vermögensauskunft
III. Das Vermögensverzeichnis nach § 802k ZPO als unmittelbare Folge der Abgabe der Vermögensauskunft
1. Zentrale elektronische Verwaltung
2. Abrufen der Vermögensverzeichnisse
3. Bestimmung des zentralen Vollstreckungsgerichts
4. Vermögensverzeichnisverordnung
5. Löschung des Vermögensverzeichnisses
6. Unterschied zum Schuldnerverzeichnis
IV. Folgen der nicht (richtig oder vollständig) abgegebenen Vermögensauskunft
1. Eintrag ins Schuldnerverzeichnis
a) Zentrale und elektronische Führung des Schuldnerverzeichnisses
b) Eintragungsanordnung, § 882c ZPO
aa) Keine Abgabe der Vermögensauskunft, § 882c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO
(1) Kritik
(2) Stellungnahme
bb) Aussichtslosigkeit, § 882c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO
cc) Fehlende vollständige Befriedigung, § 882c Abs 1 Satz 1 Nr. 3 ZPO
c) Begründung
d) Inhalt der Eintragungsanordnung
e) Vollziehung der Eintragungsanordnung, § 882d ZPO
f) Inhalt des Schuldnerverzeichnisses, § 882b ZPO
aa) Darstellung des Inhalts
bb) Kritik
g) Einsichtsrecht in das Schuldnerverzeichnis, § 882f ZPO
aa) Darstellung
bb) Kritik an der Löschungsanordnung?
h) Löschung des Verzeichniseintrags, § 882e ZPO
i) Erteilung von Abdrucken, § 882g ZPO
aa) Allgemeines
bb) Bewertung
2. Erzwingungshaft, § 802g ZPO
a) Normzweck
b) Keine verfassungsmäßigen Bedenken
c) Anwendungsbereich des § 802g ZPO
d) Synoptische Darstellung der Voraussetzungen
e) Verfahren und Inhalt des Haftbefehls
f) Die Verhaftung
g) Unzulässigkeit der Haftvollstreckung, § 802h ZPO
h) Vermögensauskunft während der Haft, § 802i ZPO
i) Dauer der Haft, § 802j ZPO
3. Strafrechtliche Konsequenzen
4. Einholung von Drittauskünften
V. Weitere Maßnahmen zur Sachaufklärung
1. § 806a ZPO: Mitteilungen und Befragung durch den Gerichtsvollzieher
2. § 12 GBO: Suche nach Grundeigentum
3. § 755 ZPO: Die Aufenthaltsermittlung als vorbereitende Sachaufklärungsmaßnahme
VI. Zwischenfazit: Die erste Spur der Sachaufklärung
1. Was bleibt: Das Risiko der Insolvenzanfechtung
2. Sprung ins 21. Jahrhundert – und weiter?
B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher als (neue) zweite Spur der Sachaufklärung: § 802l ZPO
I. Einleitung
II. § 802l ZPO: Prävention ohne Fremdkörper
III. Voraussetzungen für das Einholen von Drittauskünften
1. Gläubigerantrag
2. 1. Alternative: Keine Abgabe der Vermögensauskunft
3. 2. Alternative: Vollständige Befriedigung voraussichtlich nicht zu erwarten
a) Allgemeines
b) Keine Korrelation zwischen Schuldnerverzeichniseintrag und Drittauskünften
4. Keine einschränkende Auslegung: Verfassungsgemäßheit des § 802l ZPO
5. Erforderlichkeit zur Vollstreckung
6. Streichung der 500 Euro-Grenze und allgemeines Plädoyer für die Vollstreckung von Minimalforderungen
a) Erforderlichkeit der Auseinandersetzung
b) Kritik an der alten Bagatellklausel
aa) Argumente gegen die Bagatellklausel
bb) Zwischenergebnis
cc) Kein Umkehrschluss: Keine Verfassungswidrigkeit wegen der 500 Euro-Grenze
c) Zustimmung zur Gesetzesänderung und Stärkung der Kleingläubigervollstreckung
IV. Bereiche der Fremdauskunft
1. Nr. 1: Abfrage von Sozialdaten
a) Verbreitete Ansicht: Nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen – Keine geringfügigen Beschäftigungen
b) Stellungnahme: Auch geringfügige Beschäftigungen von Nr. 1 umfasst
2. Nr. 2: Kontoverbindungen des Schuldners
3. Nr. 3: Ermittlung von Fahrzeugen
V. Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers
VI. Löschungsanordnung, § 802l Abs. 2 ZPO
VII. Ergebnisübermittlung, Abs. 3
VIII. Die Anwendbarkeit von § 802l ZPO im Insolvenzverfahren
1. Generelle Anwendbarkeit des § 802l ZPO im Insolvenzverfahren
a) Keine Anwendbarkeit des Achten Buches der Zivilprozessordnung auf das Insolvenzverfahren?
b) Stellungnahme: Anwendbarkeit des § 802l ZPO im Insolvenzverfahren
c) Fazit
2. Durchführung der Drittauskünfte im Rahmen der Insolvenzordnung
a) Problemaufriss
b) Stellungnahme
3. Ergebnis zu § 802l ZPO im Insolvenzverfahren
C. Zwischenfazit: Die Sachaufklärung als zweispuriges System zum Herbeiführen von Vermögenstransparenz
Teil 3: Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung – Ausbau der Effektivität und Reformüberlegungen
A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft: Effizienz im Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gerichtsvollzieherdisposition
I. Anträge in der Sachaufklärung: Wahrung der Stellung des Gläubigers als Herr des Vollstreckungsverfahrens oder Effizienzbremse?
1. Die verschiedenen Maßnahmen und Anträge
2. Antragserfordernis oder Offizialmaxime? Die österreichische Sachaufklärung als Vorbild für eine effizientere Zwangsvollstreckung?
a) Die österreichische Sachaufklärung
b) Die österreichische Sachaufklärung: Vorbild für Deutschland?
aa) Die Systemfrage
(1) Dispositionsmaxime des deutschen Vollstreckungsrechts
(2) Zwingende Gläubigerdisposition hinsichtlich der Vollstreckungseinleitung
(3) Keine Determinierung für das weitere Verfahren
(4) Ergebnis zur Systemfrage
bb) Die Sinnfrage
(1) Allgemeines
(2) Die GVFV
(3) Kostenrechtliche Aspekte
(4) Die Erzwingungshaft gem. § 802g ZPO als Sonderfall?
cc) Conclusio: „Design-Vollstreckung“ statt Offizialmaxime
II. Effektivität der Sachaufklärung: Überraschungszugriff versus Schuldnerschutz
1. Die Zahlungsfrist gem. § 802f Abs. 1 Satz 1 ZPO
a) Plädoyer für das Abschaffen der Toleranzfrist
b) Keine verfassungsmäßigen Bedenken hinsichtlich Streichung der Frist
c) Ergebnis hinsichtlich § 802f Abs. 1 Satz 1 ZPO
2. Der Ort für die Abnahme der Vermögensauskunft: Obligatorisch-einstufiges Verfahren als Beschleunigungsmaßnahme?
a) Kritik
b) Stellungnahme
aa) Art. 13 GG nicht tangiert
bb) Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG
(1) Qualifizierter Gesetzesvorbehalt
(2) Legitimer Zweck und Geeignetheit
(3) Erforderlichkeit
(4) Angemessenheit
3. Widerspruchsrecht des Schuldners gem. § 807 Abs. 2 Satz 1 ZPO: Von der uneigentlichen zur eigentlichen Sofortabnahme
a) Vorschlag zur Neugestaltung des § 807 ZPO: Kein Widerspruchsrecht
b) Kein Überstrapazieren des Schuldnerschutzes
c) Ergebnis
III. Ergebnis zum Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft
B. Maßnahmen der Sachaufklärung
I. § 802l ZPO: Ausweitung und Vorverlagerung der Drittauskünfte oder Status Quo?
1. Vorverlagerung der Drittauskünfte: Effektivitätssteigernde Informationsmaßnahme oder überflüssige Verletzung der informationellen Selbstbestimmung?
a) Anfängliche Drittauskünfte: Keine rechtliche Avantgarde
aa) Österreich
bb) Belgien
cc) Schweiz
dd) Zwischenergebnis
b) Folgen unmittelbarer Drittauskünfte: Straffung der Sachaufklärung?
c) Verfassungsmäßigkeit unmittelbarer Drittauskünfte: Wahrung der Verhältnismäßigkeit
aa) Legitimer Zweck und geeignetes Mittel
bb) Erforderlichkeit
cc) Angemessenheit
dd) Zwischenergebnis: Grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der Vorverlagerung
ee) Schuldnerschutz bei unmittelbaren Drittauskünften
(1) Allgemeine Anforderungen
(2) Rechtsschutzmöglichkeit bei anfänglichen Drittauskünften
(a) Problematik
(b) Lösung
(aa) Anhaltspunkte: BVerfG zur Förderung der Steuerehrlichkeit sowie zur automatisierten Kontostammabfrage
(bb) Folgerungen: Heimliche Informationsgewinnung ohne vorherigen Rechtsschutz nicht per se unverhältnismäßig
(cc) Auswirkungen auf den Reformvorschlag
d) Ergebnis zur Vorverlagerung der Drittauskünfte
2. Drittauskünfte: Enumerationsprinzip oder Generalklausel?
a) Generalklausel zur Einholung von Drittauskünften: In der Schweiz de lege lata
b) Frankreich: Recherche des informations
c) Deutschland
d) Die Drittauskünfte gem. § 802l ZPO de lege ferenda: Abkehr vom Enumerationsprinzip?
aa) Große Generalklausel zur Einholung von Drittauskünften
(1) Praktikabilität einer großen Generalklausel
(a) Gerichtsvollzieher und Ermittlungstätigkeiten
(b) Das Kostenproblem
(c) Zwischenergebnis
(2) DS-GVO kein Prüfungsmaßstab
(3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer großen Generalklausel
(a) Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit
(b) Verhältnismäßigkeit
(aa) Legitimer Zweck
(bb) Geeignetheit
(cc) Erforderlichkeit
(dd) Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i. e. S.) für die Befragung Dritter
(ee) Angemessenheit hinsichtlich Auskunftspflicht von Behörden
(c) Ergebnis zu den verfassungsrechtlichen Bedenken
(4) Ergebnis zur großen Generalklausel
bb) Kleine (abgestufte) Generalklausel
(1) Wortlaut einer abgestuften Generalklausel
(2) Praktikabilität der abgestuften Generalklausel
(3) Verfassungsmäßigkeit einer abgestuften Generalklausel
(a) Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit
(b) Verhältnismäßigkeit
(4) Ergebnis zur kleinen (abgestuften) Generalklausel
II. Ergebnis zur Reformbedürftigkeit der Maßnahmen der Sachaufklärung
C. Das Schuldnerverzeichnis
I. Anpassung des Schuldnerverzeichnisses an die Änderungsvorschläge
II. Änderungsbedarf im Rahmen des Schuldnerverzeichnisses
1. Streichung des (begründeten) Anordnungserfordernisses?
a) Kritik in der Literatur
b) Stellungnahme
2. Erzwingungshaft als weiterer Eintragungsgrund?
III. Zusammenfassung
D. Sachaufklärung – und dann? Zentrale oder dezentrale Zwangsvollstreckung
I. Dezentrale Zwangsvollstreckung als „Organisationsprinzip der Zwangsvollstreckung“
1. Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers
2. Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts
3. Zuständigkeit des Prozessgerichts
4. Zuständigkeit des Grundbuchamts
5. Dogmatische Einordnung und Grund für die Dezentralität der Zwangsvollstreckung im deutschen Recht
a) Dogmatische Einordnung der Vollstreckungsorganisation
b) Gründe für die dezentrale Organisation und Gegenargumente
II. Plädoyer für die Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher
1. Von der Sachaufklärung zur Forderungspfändung
2. Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher als effizienzsteigernde Maßnahme
a) Faktisches Argument
b) Extensions-Argument
c) Ebenen-Argument
d) Synergie-Argument
3. Fazit zur Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher
E. Fazit zu Teil 3
Teil 4: Grenzüberschreitende Sachaufklärung – Supranationale Sachaufklärung oder kleinster gemeinsamer Nenner
A. Einleitung
B. Rechtliche Ausgangslage
I. Europäische Rechtschutzgewährleistung: Effektive Sachaufklärung und „Mindeststandard im europäischen Vollstreckungsrecht“
II. Ausgangspunkt: Territorialitätsprinzip und lex fori executionis
III. Datenschutzrechtliche Aspekte
1. Ziele der DS-GVO
2. Sachlicher Anwendungsbereich der DS-GVO
a) Drittauskünfte als (teil-)automatisierte Verarbeitung
b) Abnahme der Vermögensauskunft und Erstellen des Vermögensverzeichnisses als automatisierte Verarbeitung
c) Eintragung ins Schuldnerverzeichnis als automatisierte Verarbeitung
d) Eröffnung des Anwendungsbereichs wegen Datenspeicherung in einem Dateisystem?
aa) Verarbeitung von Daten
bb) Vermögensverzeichnis als Dateisystem im Sinne der Art. 2 Abs. 1, 4 Nr. 6 DS-GVO
cc) Einschränkende Auslegung des Merkmals „Dateisystem“?
dd) Conclusio
3. Rechtsfolgen
IV. Kompetenzrechtliche Probleme
1. Art. 81 AEUV als Kompetenznorm
2. Kompetenzprobleme bei rein innerstaatlichen Sachverhalten
C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung – Mannigfaltigkeit europäischer Sachaufklärung
I. Grundsatz: Zentrale oder dezentrale Zwangsvollstreckung
II. Maximen der Zwangsvollstreckung: Disposition der Parteien oder Offizialprinzip
III. Maßnahmen der Sachaufklärung – ein kurzer europäischer Überblick
1. Deutschland
2. Frankreich
3. England
4. Österreich
IV. Zwischenfazit: In varietate concordia
D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung
I. Die Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivilund Handelssachen – Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO)
1. Ziel der EuKoPfVO
2. Maßnahme der EuKoPfVO: Kontopfändungsbeschluss
3. Sachaufklärungsrechtliche Relevanz: Einholung von Kontoinformationen
4. Fazit
II. Grünbuch – Effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens
1. Ziel des Grünbuchs
2. Ausgangsthesen des Grünbuchs
3. Maßnahmenprogramm des Grünbuchs und Bewertung der Vorschläge
a) Erstellung eines Handbuchs zum Zwangsvollstreckungsrecht und zur Zwangsvollstreckungspraxis der Mitgliedstaaten
b) Erweiterung der Register und Verbesserung des Registerzugangs
aa) Handelsregister
bb) Melderegister
cc) Sozialversicherungs- und Steuerregister
c) Informationsaustausch zwischen Vollstreckungsbehörden
d) Offenbarungsversicherung des Schuldners
4. Zwischenfazit zum Grünbuch
E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der Europäischen Union – Europäische Vermögensoffenbarung
I. Vermögensoffenbarung statt Registerzugangs
II. Das Grünbuch Vermögenstransparenz
1. „Mindestharmonisierung“ und Ausgestaltung durch die Mitgliedstaaten
2. Einführung einer europäischen Vermögenserklärung
3. Stellungnahme
III. Europäische Vermögensoffenbarung – Ausgestaltung der ersten Maßnahme zur europäischen Vermögenstransparenz
1. Kompetenztitel
2. Zuständige Stelle – Vorbild Art. 49 ff. EuUnthVO
a) Problemstellung
b) Problemlösung
3. Verfahren zur Abnahme der europäischen Vermögensoffenbarung
a) Vermögensoffenbarung qua Standardformular
b) Bloße Übermittlung der Ergebnisse oder Verzeichniseintrag?
4. Umfang der Vermögensoffenbarung
a) Grundsatz: Angabe aller aktuellen Vermögenspositionen
b) Problem: Vergangene Vermögensgegenstände und Vermögensverschiebungen
5. Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensoffenbarung
6. Konsequenzen bei Nichtbefolgung
a) Beugehaft
b) Strafbarkeit bei bewusst falschen Angaben?
7. Fazit
Teil 5: Zusammenschau der Ergebnisse
Materialien
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis

Citation preview

Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht Band 150 herausgegeben von Rolf Stürner

Alexander Alsfasser

Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung Vermögensbezogene Informationsgewinnung in der Zwangsvollstreckung im Spannungsfeld zwischen Gläubigerinteressen und Schuldnerschutz: Eine Untersuchung de lege lata et ferenda

Mohr Siebeck

Alexander Alsfasser, geboren 1990; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität des Saarlandes; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Privatrecht sowie Zivilprozessrecht an der Universität des Saarlandes; 2018 Promotion; derzeit Rechtsreferendar am OLG Zweibrücken. orcid.org/0000-0002-6781-3132

ISBN 978-3-16-156164-1 / eISBN 978-3-16-156165-8 DOI 10.1628/978-3-16-156165-8 ISSN 0722-7574 / eISSN 2568-7255 (Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck aus der Times New Roman gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017/2018 von der Rechts­ wissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes als Dissertation angenommen. Literatur, Rechtsprechung und legislative Entwicklungen wurden bis März 2018 berücksichtigt. Größter Dank gebührt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Markus Würdinger. Während der gesamten Promotionsphase verstand er es, die Arbeit zu begleiten, dabei die größten Freiräume zu gewähren und Lehrstuhl- und Promotionstätigkeit nicht allein zeitlich, sondern auch inhaltlich in ein großartiges Verhältnis zu setzen. Als Lehrstuhlmitarbeiter und Doktorand fühlte ich mich stets nicht nur fachlich, sondern auch persönlich bereichert. Ebenfalls bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Helmut Rüßmann für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie dafür, dass er – ohne es zu wissen – mein Interesse an der Rechtswissenschaft weckte. Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner danke ich für die Aufnahme in die vor­liegende Reihe. Herrn Dr. Joachim Ott, LL.M. (Exon.) danke ich für das Teilen der Freuden, aber auch der Leiden einer Promotion. Die gemeinsame Bürozeit war ein Vergnügen. Der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung danke ich für die überaus großzügige Druckkostenunterstützung. Der Universitätsgesellschaft des Saarlandes e. V. danke ich für die finanzielle Förderung der Arbeit. Vor allem ist es aber meine gesamte Familie, der ich zutiefst dankbar bin. Allen voran meine Eltern, Kurt und Edith Alsfasser, unterstützten mich in jeder Lebenslage und ermöglichten mir nicht nur Studium und Promotion, sondern alles, was wichtig ist. Dank ihnen vergaß ich nie, bei jedem Schritt nach vorn mit einem Fuß auf dem Boden zu bleiben. Meine Frau Caroline bot unerschütterlichen Halt, ohne den diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Euch verdanke ich alles. Saarbrücken, Juni 2018

Alexander Alsfasser

Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

Teil 1:  Einleitung: Die Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Die gegenläufigen Interessen in der Zwangsvollstreckung beim Ziel der Vermögenstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Terminologisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 C. Reformbedürftigkeit und Kritik an der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 D. Ziel und Gang dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung: Bestandsaufnahme und Kritik 11 A. Die Vermögensauskunft des Schuldners als erste Spur der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung . . . . . . . . . 11 B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher als (neue) zweite Spur der Sachaufklärung: §  802l ZPO . . . . . . . . . 80 C. Zwischenfazit: Die Sachaufklärung als zweispuriges System zum ­Herbeiführen von Vermögenstransparenz . . . . . . . . . . . . . . 104

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung – Ausbau der Effektivität und Reformüberlegungen . . . . . . . . 107 A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft: Effizienz im ­Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gerichtsvollzieherdisposition 108 B. Maßnahmen der Sachaufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 C. Das Schuldnerverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 E. Sachaufklärung – und dann? Zentrale oder dezentrale ­Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 F. Fazit zu Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

X

Inhaltsübersicht

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung – Supranationale Sachaufklärung oder kleinster gemeinsamer Nenner . . . . . . 195 A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 B. Rechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung – Mannigfaltigkeit europäischer Sachaufklärung . 207 D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung . . 213 E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der Europäischen Union – Europäische Vermögensoffenbarung . . 223

Teil 5:  Zusammenschau der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . 233 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

Teil 1:  Einleitung: Die Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Die gegenläufigen Interessen in der Zwangsvollstreckung beim Ziel der Vermögenstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Terminologisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 C. Reformbedürftigkeit und Kritik an der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 D. Ziel und Gang dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung: Bestandsaufnahme und Kritik 11 A. Die Vermögensauskunft des Schuldners als erste Spur der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung . . . . . . . . . 11 I. §  802c ZPO: Vermögensauskunft des Schuldners . . . . . . . 12 1. Dogmatische Einordnung der Vermögensauskunft . . . . 12 a) Vermögensauskunft als prozessrechtliche Verpflichtung 12 b) Keine materiell-rechtliche Verpflichtung . . . . . . . . 13 2. Zweck der vorangestellten Vermögensauskunft . . . . . . 14 3. Verfassungsrechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . 15 a) Allgemeines Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . 16 aa) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 bb) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 cc) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 (1) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . 17

XII

Inhaltsverzeichnis

(2) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 (3) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 (4) Verhältnismäßigkeit i. e. S. . . . . . . . . . . . . 20 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht in Form der Selbstbezichtigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 23 aa) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 bb) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 cc) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 (1) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . 24 (2) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 (3) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 (a) Übermittlungsverbot . . . . . . . . . . . . 25 (b) Verwendungsverbot . . . . . . . . . . . . . 26 (c) Bewertung der Vorschläge . . . . . . . . . 26 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . 27 dd) Keine verfassungskonforme Auslegung . . . . . . 28 (1) §  802c ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 (a) Keine Einschränkung in Bezug auf die anzugebenden Vermögensgegenstände . . . 28 (b) Kein ungeschriebenes Verwertungsverbot: Der Gemeinschuldnerbeschluss des BVerfG und die fehlende Übertragbarkeit auf §  802c ZPO 29 (aa) Immanente Verwertungsverbote nur für ­vorkonstitutionelle Gesetze . . . . . . 29 (bb) §  802c ZPO als nachkonstitutionelle Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 (2) §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO . . . . . . . . . . . . 33 ee) Ergebnis: (Teil-)Verfassungswidrigkeit des §  802c ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ff) Vorschlag zur Behebung der Verfassungswidrigkeit 34 4. Voraussetzungen der Vermögensauskunft . . . . . . . . . 37 5. Inhalt und Umfang der Vermögensauskunft . . . . . . . . 39 a) Titelschuldner, Namen, Daten: Absatz  1 . . . . . . . . 39 b) Inhalt der Vermögensauskunft nach Absatz  2 . . . . . 40 aa) Auskunftspflicht des Schuldners . . . . . . . . . . 40 bb) Fragerecht des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . 40 cc) Anzugebende Vermögensgegenstände . . . . . . . 41 (1) Körperliche Sachen . . . . . . . . . . . . . . . 41 (2) Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

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II.

III.

IV.

XIII

(a) Neuerungen für debitorische Konten und künftige Forderungen . . . . . . . . . . . . 42 (b) Problemfeld Unterhaltsansprüche . . . . . . 42 (3) Sonstige Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (4) Veräußerungen und unentgeltliche Leistungen, Abs.  2 Satz  3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 6. Eidesstattliche Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . 44 7. Zuständigkeit für die Abnahme der Vermögensauskunft . 45 8. Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft, §  802f ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 9. Erneute Vermögensauskunft und Sperrfrist, §  802d ZPO . 48 a) Voraussetzungen der erneuten Vermögensauskunft . . 48 b) Abgrenzung zur Nachbesserung . . . . . . . . . . . . 50 c) Beschränkungsbefugnis des Gläubigers? . . . . . . . . 50 aa) Streitstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 bb) Bewertung der Gesetzesänderung . . . . . . . . . 51 d) Kritik am Umfang der Sperrfrist . . . . . . . . . . . . 52 10. Fazit zur Selbstauskunft ohne Pfändungsversuch . . . . . 54 Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch: §  807 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Voraussetzungen des §  807 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Rechtsfolgen des §  807 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Kein Ermessen des Gerichtsvollziehers . . . . . . . . . 55 b) Abnahme der Vermögensauskunft . . . . . . . . . . . 56 Das Vermögensverzeichnis nach §  802k ZPO als unmittelbare Folge der Abgabe der Vermögensauskunft . . . . . . . . . . 57 1. Zentrale elektronische Verwaltung . . . . . . . . . . . . . 57 2. Abrufen der Vermögensverzeichnisse . . . . . . . . . . . 57 3. Bestimmung des zentralen Vollstreckungsgerichts . . . . 58 4. Vermögensverzeichnisverordnung . . . . . . . . . . . . . 58 5. Löschung des Vermögensverzeichnisses . . . . . . . . . . 58 6. Unterschied zum Schuldnerverzeichnis . . . . . . . . . . 59 Folgen der nicht (richtig oder vollständig) abgegebenen ­Vermögensauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Eintrag ins Schuldnerverzeichnis . . . . . . . . . . . . . 60 a) Zentrale und elektronische Führung des ­Schuldnerverzeichnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Eintragungsanordnung, §  882c ZPO . . . . . . . . . . 60 aa) Keine Abgabe der Vermögensauskunft, §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO . . . . . . . . . . . 61

XIV

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(1) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Aussichtslosigkeit, §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO 62 cc) Fehlende vollständige Befriedigung, §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 c) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 d) Inhalt der Eintragungsanordnung . . . . . . . . . . . . 64 e) Vollziehung der Eintragungsanordnung, §  882d ZPO . 64 f) Inhalt des Schuldnerverzeichnisses, §  882b ZPO . . . . 65 aa) Darstellung des Inhalts . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 g) Einsichtsrecht in das Schuldnerverzeichnis, §  882f ZPO 67 aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Kritik an der Löschungsanordnung? . . . . . . . . 67 h) Löschung des Verzeichniseintrags, §  882e ZPO . . . . 68 i) Erteilung von Abdrucken, §  882g ZPO . . . . . . . . . 69 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Erzwingungshaft, §  802g ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Keine verfassungsmäßigen Bedenken . . . . . . . . . . 70 c) Anwendungsbereich des §  802g ZPO . . . . . . . . . . 72 d) Synoptische Darstellung der Voraussetzungen . . . . . 72 e) Verfahren und Inhalt des Haftbefehls . . . . . . . . . . 73 f) Die Verhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 g) Unzulässigkeit der Haftvollstreckung, §  802h ZPO . . 74 h) Vermögensauskunft während der Haft, §  802i ZPO . . 74 i) Dauer der Haft, §  802j ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Strafrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . 75 4. Einholung von Drittauskünften . . . . . . . . . . . . . . 75 V. Weitere Maßnahmen zur Sachaufklärung . . . . . . . . . . . 75 1. §  806a ZPO: Mitteilungen und Befragung durch den Gerichtsvollzieher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. §  12 GBO: Suche nach Grundeigentum . . . . . . . . . . 76 3. §  755 ZPO: Die Aufenthaltsermittlung als vorbereitende ­Sachaufklärungsmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 76 VI. Zwischenfazit: Die erste Spur der Sachaufklärung . . . . . . 77 1. Was bleibt: Das Risiko der Insolvenzanfechtung . . . . . 78 2. Sprung ins 21. Jahrhundert – und weiter? . . . . . . . . . 79

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XV

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher als (neue) zweite Spur der Sachaufklärung: §  802l ZPO . . . . . . . . . 80 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. §  802l ZPO: Prävention ohne Fremdkörper . . . . . . . . . . 81 III. Voraussetzungen für das Einholen von Drittauskünften . . . 81 1. Gläubigerantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2. 1. Alternative: Keine Abgabe der Vermögensauskunft . . 82 3. 2. Alternative: Vollständige Befriedigung voraussichtlich nicht zu erwarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Keine Korrelation zwischen Schuldnerverzeichniseintrag und Drittauskünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Keine einschränkende Auslegung: Verfassungsgemäßheit des §  802l ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5. Erforderlichkeit zur Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . 84 6. Streichung der 500 Euro-Grenze und allgemeines Plädoyer für die Vollstreckung von Minimalforderungen . . . . . . 85 a) Erforderlichkeit der Auseinandersetzung . . . . . . . . 85 b) Kritik an der alten Bagatellklausel . . . . . . . . . . . 86 aa) Argumente gegen die Bagatellklausel . . . . . . . 87 bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Kein Umkehrschluss: Keine Verfassungswidrigkeit wegen der 500 Euro-Grenze . . . . . . . . . . . . 90 c) Zustimmung zur Gesetzesänderung und Stärkung der Kleingläubigervollstreckung . . . . . . . . . . . . 93 IV. Bereiche der Fremdauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Nr.  1: Abfrage von Sozialdaten . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Verbreitete Ansicht: Nur sozialversicherungspflichtige ­Beschäftigungen – Keine geringfügigen Beschäftigungen 95 b) Stellungnahme: Auch geringfügige Beschäftigungen von Nr.  1 umfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Nr.  2: Kontoverbindungen des Schuldners . . . . . . . . . 96 3. Nr.  3: Ermittlung von Fahrzeugen . . . . . . . . . . . . . 97 V. Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers . . . . . . . . . . . . . 97 VI. Löschungsanordnung, §  802l Abs.  2 ZPO . . . . . . . . . . . 98 VII. Ergebnisübermittlung, Abs.  3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 VIII. Die Anwendbarkeit von §  802l ZPO im Insolvenzverfahren . 99 1. Generelle Anwendbarkeit des §  802l ZPO im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

XVI

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a) Keine Anwendbarkeit des Achten Buches der ­Zivilprozessordnung auf das Insolvenzverfahren? . . . 100 b) Stellungnahme: Anwendbarkeit des §  802l ZPO im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Durchführung der Drittauskünfte im Rahmen der Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Ergebnis zu §  802l ZPO im Insolvenzverfahren . . . . . . 104 C. Zwischenfazit: Die Sachaufklärung als zweispuriges System zum ­Herbeiführen von Vermögenstransparenz . . . . . . . . . . . . . . 104

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung – Ausbau der Effektivität und Reformüberlegungen . . . . . . . . 107 A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft: Effizienz im ­Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gerichtsvollzieherdisposition 108 I. Anträge in der Sachaufklärung: Wahrung der Stellung des Gläubigers als Herr des Vollstreckungsverfahrens oder ­Effizienzbremse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Die verschiedenen Maßnahmen und Anträge . . . . . . . 108 2. Antragserfordernis oder Offizialmaxime? Die österreichische Sachaufklärung als Vorbild für eine ­effizientere Zwangsvollstreckung? . . . . . . . . . . . . . 109 a) Die österreichische Sachaufklärung . . . . . . . . . . 109 b) Die österreichische Sachaufklärung: Vorbild für Deutschland? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Die Systemfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Dispositionsmaxime des deutschen ­Vollstreckungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Zwingende Gläubigerdisposition hinsichtlich der Vollstreckungseinleitung . . . . . . . . . . 112 (3) Keine Determinierung für das weitere Verfahren 113 (4) Ergebnis zur Systemfrage . . . . . . . . . . . . 115 bb) Die Sinnfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (2) Die GVFV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (3) Kostenrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . 118 (4) Die Erzwingungshaft gem. §  802g ZPO als Sonderfall? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

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cc) Conclusio: „Design-Vollstreckung“ statt Offizialmaxime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 II. Effektivität der Sachaufklärung: Überraschungszugriff versus Schuldnerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Die Zahlungsfrist gem. §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO . . . . . 120 a) Plädoyer für das Abschaffen der Toleranzfrist . . . . . 120 b) Keine verfassungsmäßigen Bedenken hinsichtlich Streichung der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Ergebnis hinsichtlich §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO . . . . . 123 2. Der Ort für die Abnahme der Vermögensauskunft: Obligatorisch-einstufiges Verfahren als Beschleunigungsmaßnahme? . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Art.  13 GG nicht tangiert . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG . . . . . . . . . . . . . . . 125 (1) Qualifizierter Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . 125 (2) Legitimer Zweck und Geeignetheit . . . . . . . 125 (3) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (4) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Widerspruchsrecht des Schuldners gem. §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO: Von der uneigentlichen zur eigentlichen Sofortabnahme 127 a) Vorschlag zur Neugestaltung des §  807 ZPO: Kein Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Kein Überstrapazieren des Schuldnerschutzes . . . . . 130 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 III. Ergebnis zum Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft 133 B. Maßnahmen der Sachaufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 I. §  802l ZPO: Ausweitung und Vorverlagerung der Drittauskünfte oder Status Quo? . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Vorverlagerung der Drittauskünfte: Effektivitätssteigernde Informationsmaßnahme oder überflüssige Verletzung der ­informationellen Selbstbestimmung? . . . . . . . . . . . 134 a) Anfängliche Drittauskünfte: Keine rechtliche Avantgarde 135 aa) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Folgen unmittelbarer Drittauskünfte: Straffung der Sachaufklärung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

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c) Verfassungsmäßigkeit unmittelbarer Drittauskünfte: Wahrung der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . 139 aa) Legitimer Zweck und geeignetes Mittel . . . . . . 139 bb) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 cc) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 dd) Zwischenergebnis: Grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der Vorverlagerung . . . . . 144 ee) Schuldnerschutz bei unmittelbaren Drittauskünften 145 (1) Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . 145 (2) Rechtsschutzmöglichkeit bei anfänglichen ­Drittauskünften . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (a) Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (b) Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (aa) Anhaltspunkte: BVerfG zur Förderung der Steuerehrlichkeit sowie zur automatisierten Kontostammabfrage . 148 (bb) Folgerungen: Heimliche Informations­ gewinnung ohne vorherigen Rechtsschutz nicht per se unverhältnismäßig . . . . . 149 (cc) Auswirkungen auf den Reformvorschlag 149 d) Ergebnis zur Vorverlagerung der Drittauskünfte . . . . 150 2. Drittauskünfte: Enumerationsprinzip oder Generalklausel? 151 a) Generalklausel zur Einholung von Drittauskünften: In der Schweiz de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Frankreich: Recherche des informations . . . . . . . . 152 c) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 d) Die Drittauskünfte gem. §  802l ZPO de lege ferenda: Abkehr vom Enumerationsprinzip? . . . . . . . . . . . 154 aa) Große Generalklausel zur Einholung von Drittauskünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (1) Praktikabilität einer großen Generalklausel . . 156 (a) Gerichtsvollzieher und Ermittlungstätigkeiten 157 (b) Das Kostenproblem . . . . . . . . . . . . . 158 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . 159 (2) DS-GVO kein Prüfungsmaßstab . . . . . . . . 159 (3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer großen Generalklausel . . . . . . . . . . . . . 161 (a) Gebot der Normenbestimmtheit und ­Normenklarheit . . . . . . . . . . . . . . . 161 (b) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . 163

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(aa) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . 164 (bb) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . 164 (cc) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . 164 (dd) Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i. e. S.) für die Befragung Dritter . . . . 165 (ee) Angemessenheit hinsichtlich Auskunftspflicht von Behörden . . . . 168 (c) Ergebnis zu den verfassungsrechtlichen Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (4) Ergebnis zur großen Generalklausel . . . . . . 171 bb) Kleine (abgestufte) Generalklausel . . . . . . . . . 171 (1) Wortlaut einer abgestuften Generalklausel . . . 172 (2) Praktikabilität der abgestuften Generalklausel . 172 (3) Verfassungsmäßigkeit einer abgestuften Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (a) Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit 174 (b) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . 175 (4) Ergebnis zur kleinen (abgestuften) Generalklausel 176 II. Ergebnis zur Reformbedürftigkeit der Maßnahmen der Sachaufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 C. Das Schuldnerverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Anpassung des Schuldnerverzeichnisses an die Änderungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 II. Änderungsbedarf im Rahmen des Schuldnerverzeichnisses . 178 1. Streichung des (begründeten) Anordnungserfordernisses? 178 a) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Erzwingungshaft als weiterer Eintragungsgrund? . . . . . 179 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 D. Sachaufklärung – und dann? Zentrale oder dezentrale ­Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 I. Dezentrale Zwangsvollstreckung als „Organisationsprinzip der Zwangsvollstreckung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers . . . . . . . . . . . 180 2. Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts . . . . . . . . . 181 3. Zuständigkeit des Prozessgerichts . . . . . . . . . . . . . 181 4. Zuständigkeit des Grundbuchamts . . . . . . . . . . . . . 181 5. Dogmatische Einordnung und Grund für die Dezentralität der Zwangsvollstreckung im deutschen Recht . . . . . . . 182 a) Dogmatische Einordnung der Vollstreckungsorganisation 182

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b) Gründe für die dezentrale Organisation und Gegenargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Plädoyer für die Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Von der Sachaufklärung zur Forderungspfändung . . . . 184 2. Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher als effizienzsteigernde Maßnahme . . . . . . . . . . . . . 185 a) Faktisches Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Extensions-Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Ebenen-Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 d) Synergie-Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Fazit zur Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 E. Fazit zu Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung – Supranationale Sachaufklärung oder kleinster gemeinsamer Nenner . . . . . . 195 A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 B. Rechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Europäische Rechtschutzgewährleistung: Effektive Sachaufklärung und „Mindeststandard im europäischen Vollstreckungsrecht“ . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Ausgangspunkt: Territorialitätsprinzip und lex fori executionis 198 III. Datenschutzrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Ziele der DS-GVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 2. Sachlicher Anwendungsbereich der DS-GVO . . . . . . . 200 a) Drittauskünfte als (teil-)automatisierte Verarbeitung . . 200 b) Abnahme der Vermögensauskunft und Erstellen des ­Vermögensverzeichnisses als automatisierte Verarbeitung 201 c) Eintragung ins Schuldnerverzeichnis als automatisierte Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 d) Eröffnung des Anwendungsbereichs wegen Datenspeicherung in einem Dateisystem? . . . . . . . 202 aa) Verarbeitung von Daten . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Vermögensverzeichnis als Dateisystem im Sinne der Art.  2 Abs.  1, 4 Nr.  6 DS-GVO . . . . . . . . . 203 cc) Einschränkende Auslegung des Merkmals „Dateisystem“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

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dd) Conclusio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 IV. Kompetenzrechtliche Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Art.  81 AEUV als Kompetenznorm . . . . . . . . . . . . 206 2. Kompetenzprobleme bei rein innerstaatlichen Sachverhalten 206 C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung – Mannigfaltigkeit europäischer Sachaufklärung . 207 I. Grundsatz: Zentrale oder dezentrale Zwangsvollstreckung . . 207 II. Maximen der Zwangsvollstreckung: Disposition der Parteien oder Offizialprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 III. Maßnahmen der Sachaufklärung – ein kurzer europäischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 IV. Zwischenfazit: In varietate concordia . . . . . . . . . . . . . 212 D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung . . 213 I. Die Verordnung (EU) Nr.  655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der ­grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivilund Handelssachen – Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Ziel der EuKoPfVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Maßnahme der EuKoPfVO: Kontopfändungsbeschluss . . 214 3. Sachaufklärungsrechtliche Relevanz: Einholung von ­Kontoinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 II. Grünbuch – Effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des ­Schuldnervermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Ziel des Grünbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Ausgangsthesen des Grünbuchs . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Maßnahmenprogramm des Grünbuchs und Bewertung der Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 a) Erstellung eines Handbuchs zum Zwangsvollstreckungsrecht und zur Zwangsvollstreckungspraxis der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

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Inhaltsverzeichnis

b) Erweiterung der Register und Verbesserung des ­Registerzugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 aa) Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 bb) Melderegister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 cc) Sozialversicherungs- und Steuerregister . . . . . . 220 c) Informationsaustausch zwischen Vollstreckungsbehörden 221 d) Offenbarungsversicherung des Schuldners . . . . . . . 222 4. Zwischenfazit zum Grünbuch . . . . . . . . . . . . . . . 223 E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der Europäischen Union – Europäische Vermögensoffenbarung . . 223 I. Vermögensoffenbarung statt Registerzugangs . . . . . . . . . 223 II. Das Grünbuch Vermögenstransparenz . . . . . . . . . . . . . 224 1. „Mindestharmonisierung“ und Ausgestaltung durch die Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Einführung einer europäischen Vermögenserklärung . . . 224 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 III. Europäische Vermögensoffenbarung – Ausgestaltung der ersten Maßnahme zur europäischen Vermögenstransparenz . 225 1. Kompetenztitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Zuständige Stelle – Vorbild Art.  49 ff. EuUnthVO . . . . . 226 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Problemlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 3. Verfahren zur Abnahme der europäischen Vermögensoffenbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Vermögensoffenbarung qua Standardformular . . . . . 228 b) Bloße Übermittlung der Ergebnisse oder Verzeichniseintrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 4. Umfang der Vermögensoffenbarung . . . . . . . . . . . . 229 a) Grundsatz: Angabe aller aktuellen Vermögenspositionen 229 b) Problem: Vergangene Vermögensgegenstände und ­Vermögensverschiebungen . . . . . . . . . . . . . . . 230 5. Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensoffenbarung . . . . 231 6. Konsequenzen bei Nichtbefolgung . . . . . . . . . . . . . 231 a) Beugehaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Strafbarkeit bei bewusst falschen Angaben? . . . . . . 232 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Inhaltsverzeichnis

XXIII

Teil 5:  Zusammenschau der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . 233 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Abkürzungsverzeichnis a. F. alte Fassung ABl. Amtsblatt Abs. Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Amtsgericht AMG Arzneimittelgesetz AnfG Anfechtungsgesetz AO Abgabenordnung Art. Artikel AUG Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten BDSG Bundesdatenschutzgesetz BeckOK Beck’scher Online-Kommentar BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BIC Bank Identifier Code BlSchK Blätter für Schuldbetreibung und Konkurs BMG Bundesmeldegesetz BR-Drucks. Bundesratsdrucksache BT-Drucks. Bundestagsdrucksache BtMG Betäubungsmittelgesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise DGVZ Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitung DM Deutsche Mark DS-GVO Datenschutzgrundverordnung DZWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht EG Europäische Gemeinschaft Eg. Erwägungsgrund EGGVG Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

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Abkürzungsverzeichnis

EMRK Europäische Menschenrechtskonvention endg. endgültig EO Exekutionsordnung etc. et cetera EU Europäische Union EuGVVO Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die ­A nerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen EuKoPfVO Verordnung (EU) Nr.  655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen EuKoPfVODG Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr.  655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) EUR Euro EU-UntVO Verordnung (EG) Nr.  4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen EUV Vertrag über die Europäische Union f./ff. folgende(r) FA-Komm Frankfurter Kommentar FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den ­A ngelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fn. Fußnote FoVo Forderung und Vollstreckung FPR Familie Partnerschaft Recht FS Festschrift FuR Familie und Recht GBO Grundbuchordnung gem. gemäß GG Grundgesetz GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GVFV Verordnung über das Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher GVKostG Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher GVO Gerichtsvollzieherordnung h. M. herrschende Meinung HGB Handelsgesetzbuch Hk-ZPO Handkommentar Zivilprozessrecht Hk-ZV Handkommentar Zwangsvollstreckungsrecht HS Halbsatz i. e. S. im engeren Sinne i. S. d. im Sinne des

Abkürzungsverzeichnis

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i. V. m. in Verbindung mit IBAN International Bank Account Number inkl. inklusive InsO Insolvenzordnung IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IWRZ Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht JA Juristische Arbeitsblätter JurBüro Das Juristische Büro JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung Kap. Kapitel KKZ Kommunal-Kassen-Zeitschrift krit. kritisch KWG Kreditwesengesetz L.Art. Loi Article LG Landgericht lit. litera LMK Kommentierte BGH Rechtsprechung LSG Landessozialgericht MarkenG Markengesetz MDR Monatsschrift für Deutsches Recht Mio. Millionen MMR MultiMedia und Recht MüKo Münchener Kommentar n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Nr(n). Nummer(n) NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NZI Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht o.g. oben genannt öBGBl. Österreichisches Bundesgesetzblatt ÖJZ Österreichische Juristenzeitung OLG Oberlandesgericht Pfüb Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Rdnr. Randnummer RIW Recht der Internationalen Wirtschaft Rpfleger Der deutsche Rechtspfleger RPflG Rechtspflegergesetz S. Seite SchKG Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs SchuFV Verordnung über die Führung des Schuldnerverzeichnisses SchuVAbdrV Verordnung über den Bezug von Abdrucken aus dem Schuldnerverzeichnis SchuVVO Verordnung über das Schuldnerverzeichnis SGB Sozialgesetzbuch sog. so genannt StGB Strafgesetzbuch

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Abkürzungsverzeichnis

StPO Strafprozessordnung StVG Straßenverkehrsgesetz vgl. vergleiche VO Verordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht WM Wertpapier-Mitteilungen z. B. zum Beispiel ZEuP Zeitschrift für europäisches Privatrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZV Zwangsvollstreckung ZVG Zwangsversteigerungsgesetz ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ZVI Zeitschrift für Verbraucher- und Privatinsolvenzrecht ZVR Zwangsvollstreckungsrecht ZZP Zeitschrift für Zivilprozess ZZPInt Zeitschrift für Zivilprozeß International

Teil 1

Einleitung: Die Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung „Bei dieser Untersuchung werde ich mich bemühen, stets das, was das Recht zulässt, mit dem zu vereinen, was das allgemein Beste vorschreibt, damit Gerechtigkeit und Nutzen nicht voneinander getrennt werden.“1

A. Die gegenläufigen Interessen in der Zwangsvollstreckung beim Ziel der Vermögenstransparenz Zwang: Abgeleitet vom mittelhochdeutschen Wort zwanc oder auch dwanc, twanc – das Zusammenpressen, das Drücken.2 Aus diesen Begriffen formierte sich die heutige Bedeutung des Zwangs, die angestrebte Willensbeugung durch zumindest angedrohte Gewalt.3 Die Zwangsvollstreckung ist folglich die „Durch­setzung privater Ansprüche mit staatlichen Machtmitteln“4. Die Not­ wendigkeit dieser Machtmittel, dieses durch staatliche Gewalt ausgeübten Drucks, erklärt sich wie folgt: Der Gläubiger ist Inhaber einer Forderung, deren Bestehen bereits festgestellt wurde, womit er einen Vollstreckungstitel erstrit­ ten hat.5 Dies präjudiziert allerdings noch nicht das Reüssieren des Titelin­ habers; vielmehr manifestiert sich unter Umständen zu diesem Zeitpunkt der oft zitierte Unterschied zwischen „Recht haben“ und „Recht bekommen“.6 Pro­ blemlos gelangt der Gläubiger zu seinem ihm zustehenden Recht, wenn der Schuldner sowohl zahlungswillig als auch -fähig ist. Allerdings kann der Fall auch derart liegen, dass der Schuldner zahlen möchte, dazu aber finanziell nicht in der Lage ist und auch kein vollstreckungsrechtlich relevantes Vermögen vor­ Jean-Jacques Rousseau, Der Gesellschaftsvertrag – oder Grundsätze des politischen Rechts (1762), Köln 2012, S.  14. 2 Duden: Die deutsche Rechtschreibung, Stichwort „Zwang“; Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Stichwort „Zwang“. 3  In etwa Duden: Die deutsche Rechtschreibung, Stichwort „Zwang“. 4  Lackmann, Rdnr.  1. 5  Stamm, S.  1. 6 Dazu Lackmann, Rdnr.  1; Huber, LMK 2012, 333462. 1 

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Teil 1:  Einleitung

weisen kann. In dieser Situation befindet sich der Gläubiger zwar im Recht, wird dieses aber nicht (vollständig) durchgesetzt bekommen. Über das Hinder­ nis der finanziellen Not des Schuldners wird auch die Zwangsvollstreckung dem Gläubiger nicht verhelfen können. Der genuine Anwendungsbereich der Einzel­ zwangsvollstreckung ist vielmehr dann eröffnet, wenn der Schuldner zwar in der Lage ist, zu zahlen, dazu aber nicht gewillt ist. Liquide Schuldner mit feh­ lender Zahlungsmoral sind es, die von der Zwangsvollstreckung in Augenschein genommen werden – es handelt sich dabei um das Paradigma des Zwangsvollstreckungsschuldners.7 Der Gläubiger ist dabei der misslichen Lage ausgesetzt, weder die (Il-)Liquidität noch die Motive des Schuldners zu kennen: Kann oder will nicht gezahlt werden? Zu Beginn des Zwangsvollstreckungsverfahrens stellt sich also die Frage, ob sich die Vollstreckung als solche überhaupt lohnt – ob also verwertbares Vermögen des Schuldners existiert – und bejahenden­ falls, welche konkreten Maßnahmen der Zwangsvollstreckung am ehesten er­ folgversprechend erscheinen – wie sich mithin das konkrete Vermögen des Schuldners zusammensetzt. Es lässt sich also bereits hier festhalten, dass die Zwangsvollstreckung nur dann zielführend sein kann, wenn der Gläubiger hinreichende Kenntnis bezüg­ lich des Schuldnervermögens besitzt.8 Um diese Kenntnis zu erlangen, ist der Gläubiger nicht bloß auf staatliche Hilfe angewiesen; der Staat seinerseits ist verpflichtet, dem Vollstreckenden dazu zu verhelfen. Dies begründet sich wie folgt: Gewährt die staatliche Rechts­ ordnung dem Einzelnen einen Anspruch, so muss auch die Anspruchsdurch­ setzung sichergestellt sein.9 Denn damit einer Rechtsnorm10 Geltungsanspruch zukommt, muss wenigstens die realistische Möglichkeit bestehen, dass sie in einem „rechtlich organisierten Erzwingungsverfahren“11 durchgesetzt wird.12 So spricht der BGH hinsichtlich des Gläubigeranspruchs von einem Befriedi­

7  So auch Stamm, S.  5: Die Zwangsvollstreckung habe den „leistungsunwilligen Schuld­ ner vor Augen“. Leistungsunwilligkeit setzt aber Leistungsfähigkeit voraus; Gottwald, FS Schilken, 663, 675. 8  Bruns, ZEuP 2010, 809, 810; Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589. 9  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  1 Rdnr.  9; Würdinger, JZ 2011, 177, 178: „Das beste Urteil ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist, wenn seine Vollstreckung nicht garantiert wird.“. 10 Eine primäre Norm, also eine solche, die unmittelbar das Verhalten von Teilnehmern der Rechtsordnung steuern soll, dazu Zippelius, S.  6. Dazu zählen insbesondere Normen des materiellen Rechts. 11  Zippelius, S.  6. 12  Zippelius, S.  6: Hierfür seien die sekundären Normen erforderlich, die zur Durchset­ zung des Rechts verhelfen sollen.

A. Die gegenläufigen Interessen in der Zwangsvollstreckung

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gungsrecht, das von Art.  14 Abs.  1 GG geschützt wird.13 Des Weiteren muss das staatliche Zwangsmonopol und daraus resultierend das Selbsthilfeverbot des Gläubigers beachtet werden, wonach der Gläubiger von sich aus keinen Zwang gegen den Schuldner ausüben darf, sondern auf staatliche Hilfe angewiesen ist.14 Wenn der Staat aber die Befugnis, mit Zwang gegen den Schuldner vorzu­ gehen, an sich zieht, muss er andererseits auch dem Gläubiger zur Seite stehen; dies ist nicht zuletzt auch Ausfluss des aus Art.  20 Abs.  3 GG hergeleiteten Rechtsstaatsprinzips in Form des Justizgewährungsanspruchs.15 So stellt auch der EGMR in ständiger Rechtsprechung fest, dass der Vollzug eines Urteils immanenter Bestandteil eines fairen Verfahrens i. S. d. Art.  6 EMRK ist, wenn es heißt, „die Vollstreckung eines Urteils jeglichen Gerichts muß [sic!] daher als integraler Bestandteil des ‚Verfahrens‘ (trial) für die Zwecke des Art 6 angese­ hen werden“16. Nicht zuletzt wurde die Wichtigkeit der effektiven Vollstreckung bereits in den Erläuterungen zum Entwurf der ZPO von 1931 erkannt, wo for­ muliert wurde: „ […] so ist der Vorwurf, der Gläubiger finde keinen ausreichen­ den Schutz gegen den zahlungssäumigen und insbesondere den böswilligen Schuldner, der schwerste, der gegen eine Vollstreckungsordnung erhoben wer­ den kann“17. Da diese Grundsätze für die Sachaufklärung als Teil der Zwangsvollstre­ ckung ebenso Geltung beanspruchen, gilt insofern Folgendes: Der Staat ist ver­ pflichtet, dem Gläubiger zur effektiven Durchsetzung seines titulierten An­ spruchs zu verhelfen. Essentielle Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist jedoch, dass der Gläubiger weiß, wie sich das Vermögen des Schuldners zusam­ mensetzt.18 Zum einen kann dadurch eruiert werden, ob sich eine Zwangsvoll­ streckung überhaupt lohnt, zum anderen können so die geeigneten Mittel der Zwangsvollstreckung gewählt werden. Dabei stellt sich das Problem, dass der Schuldner19, der bereits nicht freiwillig leisten wollte, darauf bedacht sein mag, auch die Zwangsvollstreckung insofern zu erschweren, als er möglichst wenig 13  BGHZ 141, 173, 177; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  1 Rdnr.  3. So auch Goebel, §  8 Rdnr.  54; Stamm, S.  16. 14  Lüke, Rdnr.  501. 15 Stein/Jonas/Münzberg, vor §  704 Rdnr.  16; Bauer/Stürner/Bruns, §  7 Rdnr.  7.1. Abge­ leitet wird der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch aus Art.  20 Abs.  3 GG. Da eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips als objektives Prinzip wohl nicht mit der Verfassungs­ beschwerde geltend gemacht werden kann, bedarf es zu seiner Durchsetzung der Verbindung mit Art.  2 Abs.  1 GG, Voßkuhle/Kaiser, JuS 2014, 312, 313. 16  EGMR, ÖJZ 1997, 236, 238 – Hornsby gg Griechenland. 17  Entwurf ZPO 1931, S.  400. 18  Würdinger, JZ 2011, 177, 178. 19  Damit ist der leistungsfähige Schuldner gemeint. Von diesem soll auch im weiteren Verlauf ausgegangen werden, wenn es nicht explizit anders dargestellt ist.

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Teil 1:  Einleitung

offenbart, wie sich sein vollstreckbares Vermögen zusammensetzt.20 Dabei be­ findet sich der Gläubiger in der misslichen Lage, auf Informationen des Schuld­ ners angewiesen zu sein – er ist einem „Informationsdefizit“21 ausgesetzt. Je geringer indes seine Kenntnis über das Vermögen des Schuldners ist, desto grö­ ßer ist die Wahrscheinlichkeit eines Fehlschlagens der Zwangsvollstreckung.22 Daher ist der Staat auch insofern verpflichtet, im Rahmen der effektiven Zwangsvollstreckung zu Gunsten des Gläubigers Vermögenstransparenz herzu­ stellen. Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass staatliche Maßnahmen der Sach­ aufklärung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht – genauer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, hergeleitet aus Art.  2 Abs.  1, 1 Abs.  1 GG23 – sowie die Eigentumsgarantie (Art.  14 Abs.  1 GG) und letztlich sowohl die persönliche Freiheit (Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG) als auch die Unver­ letzlichkeit der Wohnung (Art.  13 GG) darstellen können.24 Es besteht damit bei der Zwangsvollstreckung und insbesondere bei der Sachaufklärung – auch aus verfassungsrechtlicher Sicht – ein Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Gläubigers auf effektive Zwangsvollstreckung und der Beachtung schüt­ zenswerter Belange des Schuldners.25 Auch dies wurde bereits im Entwurf einer ZPO von 1931 erkannt, wenn es in den Erläuterungen dazu (in Anknüpfung an die Ausführungen auf S.  3) heißt: „Aber auch der Vorwurf des mangelnden Schuldnerschutzes ist von ernster Bedeutung. Ist doch die Notwendigkeit, die Person zu bewahren, der Hauptgrund für das Verbot der Vollstreckungsselbst­ hilfe.“26 Aufgabe des Zwangsvollstreckungsrechts ist daher auch, zwischen die­ sen widerstreitenden Positionen einen gerechten Ausgleich herzustellen 27, wo­ bei dem Informationsbedürfnis des Gläubigers grundsätzlich Vorrang einzuräu­ men ist.28 Um dieses Spannungsverhältnis konkret innerhalb der Sachaufklärung aufzulösen, hat der Gesetzgeber im 8. Buch der ZPO diverse Regelungen zur Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung getroffen.

Heiderhoff, S.  151; Jauernig/Berger, §  29 Rdnr.  1. Würdinger, JZ 2011, 177. 22  Jauernig/Berger, §  29 Rdnr.  1. 23 Maunz/Düring/Di Fabio, Art.  2 Rdnr.  173. 24  Stamm, S.  17. 25  H. Roth, JZ 1987, 895, 896; Stamm, S.  18. 26  Entwurf ZPO 1931, S.  400. 27  Zado, S.  133. 28  Goebel, §  8 Rdnr.  54. 20  21 

C. Reformbedürftigkeit und Kritik an der Sachaufklärung

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B. Terminologisches Die Einzelzwangsvollstreckung ist von der Gesamtvollstreckung abzugrenzen: Im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung obliegt es jedem einzelnen Gläubi­ ger, unabhängig von anderen seinen Titel durchzusetzen, wohingegen bei der Gesamtvollstreckung das Vermögen des Schuldners in tutto unter allen Gläubi­ gern anteilig aufgeteilt werden soll, soweit das Schuldnervermögen nicht zur vollständigen Befriedigung aller suffizient ist.29 Hinsichtlich des Begriffs der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstre­ ckung sollte unterschieden werden zwischen der engen und der weiten Sachauf­ klärung.30 Im weiten Sinne ist unter Sachaufklärung in der Einzelzwangsvoll­ streckung die Erhebung von Tatsachen sowohl bei der Prüfung, ob die Voraus­ setzungen zur Zwangsvollstreckung vorliegen, als auch bei den Voraussetzungen des konkreten Vollstreckungszugriffs und insbesondere bei der Sichtung von Vollstreckungsobjekten und zuletzt im Rechtsbehelfsverfahren gemeint.31 Ge­ genstand dieser Arbeit soll indes nur die Sachaufklärung im engeren Sinne sein: Die zwangsvollstreckungsrechtliche Suche nach Vollstreckungsobjekten.32

C. Reformbedürftigkeit und Kritik an der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung Defizite der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung werden schon lange angeprangert, Kritik schon lange geäußert. Bereits 1922 wurde von einem „trostlosen Zustand der gesetzlichen Regelung des Offenbarungseidverfah­ rens“33 gesprochen. Auch in den Erläuterungen zum Entwurf einer ZPO von 1931 wurde festgestellt, das Verfahren der Sachaufklärung sei unpraktisch: Zum einen habe es zu lange gedauert, bis der Gläubiger überhaupt an Informa­ tionen hinsichtlich des Schuldnervermögens gelangt: Nachdem alle Anträge abgegeben und Gegenanträge gestellt wurden, habe der böswillige Schuldner oftmals schon die Möglichkeit gehabt, zwischenzeitlich sein Vermögen fortzu­ schaffen.34 Daher sah der Entwurf bereits vor, die Offenlegung des Vermögens an den Beginn der Zwangsvollstreckung zu stellen35; dieser hat sich im Ganzen Lackmann, Rdnr.  2. Holzapfl, S.  19. 31  Holzapfl, S.  19. 32 Stein/Jonas/Würdinger, §  802a Rdnr.  2. 33  Fraeb, ZZP 52 (1927), 457, 460 f. 34  Entwurf ZPO 1931, S.  404. 35  Entwurf ZPO 1931, S.  406 f. (jederzeit). 29 

30 

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Teil 1:  Einleitung

jedoch nie durchgesetzt. 1973 schrieb Gaul, besonders die Mittel der Sach­ aufklärung im Vollstreckungsrecht seien unzulänglich.36 Vor allem der Um­ stand, dass der Gläubiger erst nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen den Schuldner zur Mitwirkung in Form der eidesstattlichen Vermögensoffenbarung zwingen konnte, wurde kritisiert.37 Andere sprachen gar vom „Bankrott“ der Zwangs­vollstreckung.38 Kritisiert wurde die nicht stringente Handhabe des Ge­ setzgebers: Im Erkenntnisverfahren, bei dem noch nicht festgestellt ist, ob das Begehren des Gläubigers überhaupt gerechtfertigt ist, wurden den Parteien etli­ che Pflichten – wie z. B. die Wahrheitspflicht (§  138 Abs.  1 ZPO), die Pflicht zur Vorlage von Urkunden (§  142 ZPO) oder die Pflicht zum Erscheinen (§  141 ZPO) – auferlegt. Es existierten also viele Pflichten, jedoch noch kein Titel. Auf der anderen Seite liegt im Zwangsvollstreckungsverfahren bereits ein Titel vor, der Gläubiger befindet sich also festgestellt im Recht – die Pflichten des Schuldners waren früher jedoch vergleichsweise geringfügig ausgestaltet, insbesondere musste der Gläubiger trotz seines Titels erst noch vergebliche Vollstreckungs­ versuche gegen den Schuldner nachweisen, bevor dieser auch nur zur Offenba­ rung seines Vermögens verpflichtet war.39 Weder die 1. Zwangsvollstreckungs­ novelle vom 01.02.197940, noch die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle vom 17.12.­ 199741 vermochten, diesem Problem gerecht zu werden. Daher wiederholte Gaul seine Kritik und befürwortete auch später nochmals eine Vorverlagerung der Sachaufklärung.42 Die Kritik und die daraus resultierenden Reformvorschläge waren allesamt berechtigt. Es ist nicht einzusehen, weshalb der Gläubiger, dessen (grundrecht­ lich geschützter) Anspruch bereits festgestellt wurde, dem Schuldner durch Voll­streckungsversuche gleichsam „ankündigen“ muss, ihn bei Erfolglosigkeit zur Offenlegung des Vermögens zwingen zu werden, nur damit dem böswilli­ gen Schuldner, von dem ausgegangen werden muss, die Möglichkeit an die Hand gegeben wird, Vorkehrungen zu treffen, um sein Vermögen zu verschlei­ ern. Der Grund für die defizitäre Haltung des Gesetzgebers bestand darin, dass dieser der veralteten Vorstellung unterlag, beim überwiegenden Teil der Bevöl­ kerung sei werthaltiges Eigentum in Form beweglichen Vermögens in den Woh­ Gaul, JZ 1973, 473, 481. Gaul, JZ 1973, 473, 481: „Achillesferse unseres Vollstreckungssystems“. 38  Würdinger, JZ 2011, 177, 181 mit Verweis auf Berner, BlSchK 29 (1965), 74, 78. 39  Gaul, JZ 1973, 473, 481 („gesetzlich legitimierte Passivität des Schuldners“). 40  Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften, BGBl. I 1979, S.  127. 41  Zweites Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften, BGBl. I 1997, S.  3039. 42  Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 27. 36  37 

C. Reformbedürftigkeit und Kritik an der Sachaufklärung

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nungen vorzufinden, weshalb ein Fahrnisvollstreckungsversuch zu der Befrie­ digung des Gläubigers führen werde.43 Für die Pfändung solcher Gegenstände ist eine Sachaufklärung aber nicht die dringlichste Maßnahme. Diese Vermö­ gensstruktur wurde den zeitgenössischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts, ggf. auch des Beginns des 20. Jahrhunderts, gerecht. Der Wandel im Hinblick auf die Zusammensetzung des Vermögens zeigt sich indes an der Auswertung von Vollstreckungsversuchen: Im Jahre 2010 erwiesen sich weniger als 1 % der Vollstreckungsaufträge hinsichtlich Pfändung und Verwertung beweglicher ­Sachen als von Erfolg gekrönt.44 Wichtiger für den Gläubiger, weil der gewan­ delten Vermögensstruktur entsprechend, sind heute Forderungen, insbesondere aus Arbeitseinkommen, und Grundstücke des Schuldners; der Blick richtete sich also zunehmend auf Lohn- und Kontopfändungen.45 Von solchen Vermö­ genswerten hat der Gläubiger allerdings regelmäßig wenig oder keine Kenntnis. Diese kann er erst durch eine Vermögensauskunft des Schuldners erlangen. Da ­jedoch bisher ein vorheriger Fahrnispfändungsversuch erforderlich war, stellte sich das oben skizzierte Problem, dass der Schuldner nach diesem Pfändungs­ versuch sein Vermögen verschleiern und damit die Vermögensoffenbarung ih­ rer Wirkung berauben konnte. Es zeigt sich, dass das System der nachgelagerten Sachaufklärung erhebliche Nachteile aus Gläubigersicht mit sich brachte. Ein weiterer Mangel der bisherigen Rechtslage bestand darin, dass sich das Gesetz mit der Informationsgewinnung durch Eigenangaben des Schuldners be­ gnügte.46 Auf die Richtigkeit solcher Eigenangaben kann aber aus praktischer Erfahrung nicht immer Verlass sein.47 Die alte Rechtslage bot zuletzt dahingehend einen Angriffspunkt, dass Ver­ mögensverzeichnisse sowie das Schuldnerverzeichnis in Papierform geführt und außerdem lokal bei einzelnen Vollstreckungsgerichten verwaltet wurden.48 In unübertroffener Kürze und Klarheit formulierte der Gesetzgeber die Kri­ tikpunkte selbst wie folgt: „Insbesondere die Regelungen zur Zwangsvoll­ streckung wegen Geldforderungen erweisen sich in Bezug auf Vollstreckungs­ ziel, Verfahren, verfügbare Hilfsmittel sowie vorgesehene Sanktionen als nicht mehr zeitgemäß“49. All diese Aspekte führten dazu, dass die Konferenz der Justizminister der Länder die Länder Bayern und Baden-Württemberg im Jahr 2004 damit beauf­ 43 

BT-Drucks. 16/10069, S.  20. Goebel, §  1 Rdnr.  2: 7.177 Erfolge bei 6,4 Mio. Aufträgen. 45  Gottwald, FS Schilken, 663; Dornbusch, S.  1. 46  BT-Drucks. 16/10069, S.  1. 47  Schilken, Rpfleger 2006, 629, 630. 48  BT-Drucks. 16/10069, S.  1. 49  BT-Drucks. 16/10069, S.  1. 44 

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Teil 1:  Einleitung

tragte, einen Reformentwurf für die Sachaufklärung in der Zwangsvollstre­ ckung zu erarbeiten.50 Ein erster Entwurf von 2005 wurde vom Bundesrat leicht verändert am 13.06.2008 beschlossen51 und dem Bundestag zugeleitet, der die­ sen angenommen hat. Nach Zustimmung des Bundesrates wurde das Gesetz am 31.07.2009 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.52 Die Vorschriften traten über­ wiegend zum 01.01.2013 in Kraft – die heute geltende Reform der Sachaufklä­ rung in der Zwangsvollstreckung war geboren.53 Ob diese Reform den genann­ ten und anderen Kritikpunkten gerecht wird, gilt es im Folgenden zu beleuch­ ten.

D. Ziel und Gang dieser Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es, die aktuelle Sachaufklärung in der Einzelzwangsvoll­ streckung darzustellen, um darauf aufbauend zu eruieren, ob und inwiefern das System stimmig ist und noch effizienter respektive effektiver gestaltet werden kann. Zudem soll untersucht werden, ob die aktuelle Fassung nicht nur in tech­ nischer, sondern auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht haltbar ist. Wegen der Aktualität der Reform und der enormen Bedeutung der Sachaufklärung für die Zwangsvollstreckung als rechtsstaatliche Sinngebung für das materielle Recht liegt die Notwendigkeit der Auseinandersetzung auf der Hand. Nachdem in Teil 1 bereits erörtert wurde, weshalb die Sachaufklärung ein wichtiges Institut in einem modernen Rechtsstaat darstellt und wie sich diese bisher entwickelt hat, soll in einem zweiten Teil das Sachaufklärungssystem de lege lata beleuchtet werden. Dabei werden die einzelnen Maßnahmen nicht nur in Bezug auf ihre Voraussetzungen und Rechtsfolgen untersucht, sondern es soll bereits dort, wo notwendig, Einzelkritik geübt und insbesondere auf die Verfas­ sungsmäßigkeit der wichtigsten Normen eingegangen werden. In Teil 3 der Arbeit wird der Weg der Einzelbetrachtung verlassen und unter­ sucht, inwiefern noch eine Verbesserung der Sachaufklärung erzielt werden kann. Dabei soll der Blick für eine Ideenfindung auch auf die europäischen Nachbarn geworfen werden. Teil 4 verlässt sodann die nationalen Grenzen und setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern bei transnationaler Zwangsvollstreckung Vermögens­ klarheit hergestellt werden kann, beleuchtet die Probleme, die sich wegen der Goebel, §  2 Rdnr.  1 ff. BR-Drucks. 304/08. 52  BGBl. I 2009, S.  2258. 53  Zuletzt geändert durch BGBl. I 2016, S.  2591. 50  51 

D. Ziel und Gang dieser Arbeit

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Divergenzen in den verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben und nennt schließ­ lich Maßnahmen, um diese Divergenzen zu überwinden. In Teil 5 finden sich ein abschließendes Resümee sowie eine thesenartige Darstellung der wichtigsten Ergebnisse. Insgesamt soll durch diese Arbeit ein Beitrag zur effektiven Zwangsvoll­ streckung durch Vermögenstransparenz geleistet werden mit dem Ziel, Gläubi­ ger- und Schuldnerinteressen in einen gerechten Ausgleich zu bringen.

Teil 2

Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung: Bestandsaufnahme und Kritik Es sollen zunächst die Mittel, die dem Vollstreckungsgläubiger nach der Re­ form der Sachaufklärung zur Verfügung stehen, dargestellt und teilweise kri­ tisch beleuchtet werden.

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners als erste Spur der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung Auch nach der Sachaufklärungs-Reform ist das Einholen von Eigenangaben des Schuldners eine wichtige Möglichkeit für den Gläubiger, an Informationen hin­ sichtlich des Vermögens des Schuldners zu gelangen. Seit Einführung des Ge­ setzes zur Reform der Sachaufklärung gilt es zu unterscheiden zwischen der Vermögensauskunft als Hilfsmittel der Zwangsvollstreckung, §  802c ZPO (Selbstauskunft1), und der Vermögensauskunft, die bisher als „Offenbarungs­ versicherung“ bezeichnet wurde und nach einem erfolglosen Vollstreckungs­ versuch durchgeführt wird, §  807 ZPO.2 Diese beiden Maßnahmen zur Vermö­ gensauskunft sollen im Folgenden näher untersucht werden. Daran schließen sich zum einen die Folgen der Vermögensauskunft an, sowohl für den Fall, dass der Pflicht zur Abgabe nachgekommen wird, als auch für den Fall des pflicht­ widrigen Schuldnerverhaltens,3 bevor kurz auf weitere, untergeordnete Sach­ aufklärungsmaßnahmen eingegangen wird.4

Wilhelm, in: ZVR aktuell, 2.  Auflage, §  1 Rdnr.  30. §  802c Rdnr.  2. 3  Teil 2 A. III. und IV. 4  Teil 2 A. V. 1 

2 Zöller/Seibel,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

I. §  802c ZPO: Vermögensauskunft des Schuldners Großer Kritikpunkt hinsichtlich des alten Rechts der Sachaufklärung war die Pflicht des Gläubigers, einen erfolglosen Fahrnispfändungsversuch beim Schuld­ ­ner zu unternehmen, bevor er von diesem die Abgabe der Vermögensauskunft (damals noch als Offenbarungsversicherung bezeichnet) verlangen konnte.5 Der Gesetzgeber hat dieses Problem nun endlich erkannt und sich mit der Schaffung des §  802c ZPO, der in Teilen §  807 ZPO a. F. entspricht, von dem Prinzip der nachgelagerten Sachaufklärung abgewandt und sich für eine Vorverlagerung der Sachaufklärung entschieden. Entgegen §  807 Abs.  1 ZPO a. F. setzt §  802c Abs.  1 ZPO eben diesen fruchtlosen Fahrnispfändungsversuch nicht mehr vor­ aus. §  802c Abs.  1 ZPO formuliert daher die zentrale vollstreckungsrechtliche Mitwirkungspflicht des Schuldners.6 In diesem Wechsel von der Sachaufklä­ rung als ultima ratio am Ende der Zwangsvollstreckung zur Vermögensaus­ kunft als erstes Mittel des Gläubigers wird bisweilen nicht bloß der erste Struk­ turwechsel des Vollstreckungsverfahrens seit 1879 gesehen.7 Vielmehr wird dieser Strukturwechsel gar als „Sprung vom 19. in das 21. Jahrhundert“8, als „Paradigmenwechsel“9 geehrt. 1. Dogmatische Einordnung der Vermögensauskunft a) Vermögensauskunft als prozessrechtliche Verpflichtung Bei der Pflicht des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft handelt es sich um eine prozessrechtliche Verpflichtung zur Offenlegung seines Vermö­ gens und zur eidesstattlichen Versicherung eben dieser.10 Die Pflicht des Schuld­ ners zur Abgabe der Vermögensauskunft führt unmittelbar zum Vollstreckungs­ zwang, was sich insbesondere aus §  802g ZPO ergibt: Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft nicht ab, kann er auf Antrag des Gläubigers unmittelbar in Haft genommen werden. Es handelt sich daher um eine zivilprozessuale Offen­ barungsversicherung.11 Diese ist von der bürgerlich-rechtlichen Auskunftspflicht zu unterscheiden, die nur nach Klage und Titel gem. §  889 ZPO zum Vollstre­ ckungszwang führt.12 5 

Vgl. dazu Teil 1 C. BT-Drucks. 16/10069, S.  25. 7  Hess, JZ 2009, 662, 664. 8  Würdinger, JZ 2011, 177, 183. 9  Vollkommer, NJW 2012, 3681; Würdinger, JZ 2011, 177, 183; Hagemann, KKZ 2012, 49. 10  Schnigula, S.  3. 11  Rosenberg/Schwab/Gottwald, §  26 Rdnr.  7. 12  Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 24. 6 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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b) Keine materiell-rechtliche Verpflichtung Theoretisch ließe sich die Pflicht des Schuldners zur Abgabe der Vermögensaus­ kunft auch materiell-rechtlich begründen.13 Befürworter dieser Ansicht möchten dem Gläubiger bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels und der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen einen (materiell-rechtlichen) Anspruch auf Aus­ kunft gegen den Schuldner einräumen, der sich aus einem „Vollstreckungsver­ hältnis“ ergeben soll.14 Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, könne der Vollstreckungsgläubiger den Auskunftsanspruch beim Vollstreckungs­ gericht geltend machen; das Gericht habe die Anspruchsvoraus­setzungen zu prü­ fen. Bleibe der Schuldner unkooperativ, könne der Anspruch gem. §  901 ZPO a. F. (entspricht §  802g ZPO n. F.) mittels Haft durchgesetzt und unrichtige oder unvoll­ ständige Angaben mit Schadensersatzansprüchen gegen den Schuldner sanktio­ niert werden.15 Bei der Vermögensauskunft handele es sich um eine besondere Form der Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs gegen den Schuldner.16 Letzt­ lich wird gar dafür plädiert, bei dieser Konstruktion handele es sich um die einzi­ ge Möglichkeit für den Gläubiger, sich „frühzeitig die notwendigen Informatio­ nen für eine sachgerechte Vollstreckungsentscheidung [zu] beschaffen“17. Dieser dogmatischen Konstruktion ist eine Absage zu erteilen. Zum einen erscheint ein materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch, der unmittelbar mit Mit­ teln der Zwangsvollstreckung durchsetzbar sein soll, als Fremdkörper im Sys­ tem der Durchsetzung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche: Solche finden sich zwar auch in den §§  25918, 260 BGB19. Diese sind aber nicht unmittel­bar mit zwangsvollstreckungsrechtlichen Maßnahmen durchzusetzen, sondern durch Klage und Titelerlangung, §§  889, 888 ZPO.20 Des Weiteren wird der An­ spruch in einem „Vollstreckungsverhältnis“ angesiedelt. Dies kann nur dann als tragendes Argument für die Ansicht ins Feld geführt werden, wenn die Voraus­ setzungen, die für den materiell-rechtlichen Anspruch gelten sollen, bereits ein Vollstreckungsverhältnis begründen. Voraussetzung für das Entstehen des An­ spruchs soll das Vorliegen eines Titels sowie das Bestehen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sein.21 Ein Vollstreckungsverhältnis besteht Dafür insb. Lüke, ZZP 105 (1992), 432. Lüke, ZZP 105 (1992), 432, 434. 15  Lüke, ZZP 105 (1992), 432, 435. 16  Lüke, ZZP 105 (1992), 432, 435. 17  Lüke, ZZP 105 (1992), 432, 434. 18 Palandt/Grüneberg, §  259 Rdnr.  12. 19 Palandt/Grüneberg, §  260 Rdnr.  19. 20  Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 29; Palandt/Grüneberg, §  259 Rdnr.  15; Palandt/Grüneberg, §  260 Rdnr.  20. 21  Lüke, ZZP 105 (1992), 432, 434. 13  14 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

allerdings zwar zwischen Vollstreckungsschuldner und -gläubiger, entsteht in­ des erst bei Antrag des Gläubigers beim Vollstreckungsorgan.22 Anders formu­ liert ist das Vollstreckungsverhältnis als solches zwar ein Zwei-Personen-Ver­ hältnis, muss aber immer in ein Drei-Personen-Verhältnis eingebettet sein. Lie­ gen allerdings nur Titel und die Vollstreckungsvoraussetzungen vor, ohne dass der Staat qua Antrag involviert ist, besteht nur ein Zwei-Personen-Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger und mithin kein Vollstreckungsverhältnis. Insofern ist die Begründung der Vertreter des materiell-rechtlichen Anspruchs sachlich inkorrekt.23 Es ist nicht ersichtlich, wieso für dieses Konstrukt etwas anderes gelten soll. Darüber hinaus erscheint die geforderte Schadensersatz­ pflicht im Falle falscher oder unvollständiger Angaben nur auf den ersten Blick fruchtbar: Wieso sollte ein Schuldner, der, wie der Vollstreckungstitel belegt, nicht bereit oder fähig war zu zahlen, hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs plötzlich eine andere Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit an den Tag legen? Im Zweifel müsste der Gläubiger, um den Schadensersatzanspruch durchzusetzen, selbst wieder die Zwangsvollstreckung betreiben. Damit diese Erfolg hat, muss er wiederum über das Vermögen des Schuldners Bescheid wissen und hierfür wiederum Auskunft des Schuldners verlangen. Der Schadensersatzanspruch mag daher vielleicht zumindest unter präventiven Gesichtspunkten nicht sinn­ los sein, de facto jedoch für den Gläubiger nutzlos. Letztlich vermag auch die Hypothese, ein materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch sei die einzige Mög­ lichkeit für den Gläubiger, sich frühzeitig die notwendigen Informationen hin­ sichtlich der sachgerechten Vollstreckungsentscheidung zu besorgen, nicht zu überzeugen: Wenngleich der darin zu sehende Gedanke einer Vorverlagerung der Sachaufklärung lobenswert ist, zeigt doch gerade §  802c ZPO, dass das gleiche Ergebnis auch auf dogmatisch überzeugendem Wege im Rahmen einer prozessualen Offenbarungsverpflichtung erreicht werden kann. Insofern ist an der Einordnung als zivilprozessuale Offenbarungsverpflichtung festzuhalten. 2. Zweck der vorangestellten Vermögensauskunft Telos der Vermögensauskunft in der Zwangsvollstreckung ist, dem Gläubiger die Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte zu vereinfachen, was dadurch erreicht wird, dass er Kenntnis hinsichtlich der Zusammensetzung des Schuld­ nervermögens erlangt und damit sein Vorgehen in der Zwangsvollstreckung mit möglichst effektiven Maßnahmen planen kann.24 Durch diese Verbesserung der Durchsetzung von Gläubigerrechten soll auch ein wirtschaftlicher StandortBaur/Stürner/Bruns, §  5 Rdnr.  5.15; Schilken, Rpfleger 1994, 138, 146 (zum Bestehen). So auch Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 29. 24 Schuschke/Walker/Walker, §  802c Rdnr.  4. 22  23 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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nachteil ausgeglichen werden.25 Dieser ergibt sich aus dem mangelnden Interes­ se potentieller Geschäftspartner, in einem Land, in dem die Gefahr der unzu­ reichenden Rechtsdurchsetzung besteht, Geschäftsverbindungen einzugehen. Durch den Verzicht auf das zwingende Erfordernis des vergeblichen Fahrnis­ pfändungsversuchs sollte die Zwangsvollstreckung noch effizienter gestaltet werden, wie es nun auch expressis verbis von §  802a Abs.  1 ZPO gefordert wird. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, die Zahlungsmoral des Schuldners werde im Bewusstsein einer effektiven Zwangsvollstreckung gestärkt.26 Für die Parteien der Zwangsvollstreckung sollten unnötige Kosten, wie sie durch einen aussichtslosen Vollstreckungsversuch entstehen, vermieden werden.27 Der Auf­ wand, der bei einer überflüssigen und vergeblichen Zwangsvollstreckung ent­ steht, belastet außerdem nicht nur die Verfahrensbeteiligten, sondern auch die Justiz.28 Aber nicht nur faktische (finanzielle) Aspekte sprechen für die Voran­ stellung der Sachaufklärung, durch die die Zwangsvollstreckung gestrafft wer­ den soll. Auch in ideologischer Hinsicht ist das Streben nach einer effektiven Rechtsdurchsetzung sinnvoll: Ohne die Gewährleistung zureichender Rechts­ durchsetzung ist nicht auszuschließen, dass eine Verbesserung des Erkenntnis­ verfahrens nicht mehr im gleichen Maße angestrebt wird 29; denn das beste Er­ kenntnisverfahren ist überflüssig, wenn die sich daran anschließende Rechts­ durchsetzung als mangelhaft erweist.30 Die teleologische Kausalkette der vorgezogenen Vermögensauskunft beginnt also mit dem Resultat der Effektuie­ rung der Zwangsvollstreckung, die wiederum die Zahlungsmoral des Schuld­ ners stärken soll, was einen Vorteil für den Wirtschaftsstandort darstellt und zudem dazu motiviert, auch das Erkenntnisverfahren zu verbessern. Gleich­ zeitig werden die Verfahrensbeteiligten und die Justiz wegen der effektiven Zwangsvollstreckung entlastet. 3. Verfassungsrechtliche Bedenken Auch wenn man, wie viele Autoren, die Vorverlagerung der Sachaufklärung euphorisch begrüßen mag und der verfolgte Zweck der vorangestellten Vermö­ gensauskunft nachvollziehbar ist31 – bereits nach altem Recht gab es verfas­ sungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Vermögensauskunft und den sich 25 

BT-Drucks. 16/10069, S.  20. BT-Drucks. 16/10069. 27 Thomas/Putzo/Seiler, §  802c Rdnr.  1; Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802c Rdnr.  1. 28  BT-Drucks. 16/10069, S.  20. 29  BT-Drucks. 16/10069, S.  20. 30  Würdinger, JZ 2011, 177, 178. 31  Dazu Teil 2 A. I. 2. 26 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

anschließenden möglichen negativen Konsequenzen.32 Durch den Verzicht auf der Vermögensauskunft vorrangige Maßnahmen stellt sich die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit, insbesondere der Verhältnismäßigkeit der Regelung, umso mehr. a) Allgemeines Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aa) Schutzbereich Durch die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft ist zum einen das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Dabei handelt es sich um ein Selbstbestimmungsrecht über personenbezogene Informatio­ nen.33 Als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird es hergeleitet aus Art.  2 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  1 Abs.  1 GG.34 Es schützt die „Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner per­ sönlichen Daten zu bestimmen.“35 bb) Eingriff Die dem Schuldner gem. §  802c ZPO auferlegte Pflicht, Informationen hinsicht­ lich der Zusammensetzung seines Vermögens offenzulegen, verkürzt diese Be­ fugnis als generelle Regelung im Sinne eines durch den Staat verfügten, zwangsweise durchsetzbaren und mithin imperativen Gebots.36 Damit liegt ein Eingriff im klassischen Sinne in das Recht auf informationelle Selbstbestim­ mung vor.37 cc) Rechtfertigung Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird indes nicht schran­ kenlos gewährleistet, sondern es gilt die Schrankentrias des Art.  2 Abs.  1 GG.38 Insbesondere die verfassungsmäßige Ordnung ist hier als Schranke heranzuzie­ hen. Unter der verfassungsmäßigen Ordnung sind alle Rechtsnormen zu verste­ hen, die formell und materiell rechtmäßig sind.39 Damit ist eine Einschränkung 32 

Dazu Teil 2 A. IV. Vogelgesang, S.  23. 34  BVerfGE 32, 373, 379. 35  BVerfGE 65, 1, 43. 36  BVerfGE 105, 279, 299 f. 37  Lee, S.  200; Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. vor Art.  1 Rdnr.  27. 38 Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke/Hoffmann, Art.  2 Rdnr.  18. 39 Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke/Hoffmann, Art.  2 Rdnr.  18. 33 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch durch §  802c ZPO dem Grunde nach möglich. Voraussetzung für die Einordnung des §  802c ZPO als taugliche Schranke ist wiederum, dass die Norm selbst verfassungsgemäß ist. In concreto ist problematisch, ob §  802c ZPO dem verfassungsmäßigen, als „Schranke-Schranke“ fungierenden Übermaßverbot 40 gerecht wird. Das Über­ maßverbot, das verfassungsrechtlichen Rang genießt, ist ein Gebot an jede staatliche Gewalt41, um bei staatlichen Maßnahmen eine angemessene Zweck-­ Mittel-Relation her- und sicherzustellen.42 Das bedeutet konkret, dass eine staatliche Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen und zum Erreichen die­ ses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein muss.43 (1) Legitimer Zweck Durch die vorangestellte Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung und die Vermögensauskunft des Schuldners soll dem Gläubiger der – verfassungsrecht­ lich geschützte – Vollstreckungszugriff ermöglicht und vereinfacht werden.44 Entsprechend den voranstehenden Ausführungen ist darin ein verfassungs­ rechtlich legitimiertes Ziel zu sehen. (2) Geeignetheit Damit das Mittel geeignet ist, muss es den legitimen Zweck nur irgendwie för­ dern können, mit anderen Worten darf das Mittel nicht „krass ungeeignet“45 sein. Durch die Vermögensauskunft des Schuldners zu Beginn des Vollstre­ ckungsverfahrens wird dem Gläubiger die Durchsetzung seines Anspruchs er­ möglicht und gefördert und im Vergleich zur alten Rechtslage durch die Voran­ stellung der Vermögensauskunft vereinfacht. §  802c ZPO ist damit geeignet, den genannten Zweck zu erreichen. (3) Erforderlichkeit Sind das geeignete Mittel sowie der Aspekt der Geeignetheit noch ohne Proble­ me zu eruieren, so ist problematisch, ob §  802c ZPO mit seiner vorgelagerten Vermögensauskunft auch erforderlich ist. Eine staatliche Maßnahme ist zum Erreichen des legitimen Zwecks erforderlich, wenn es kein milderes, weniger 40  Das Übermaßverbot wird oftmals synonym verwendet mit dem Begriff der „Verhältnis­ mäßigkeit im weiteren Sinne“, Kloepfer/Greve, Rdnr.  515. 41  Auch für den Gesetzgeber, BVerfGE 132, 302. 42  Kloepfer/Greve, Rdnr.  515. 43  Ipsen, Rdnr.  184. 44  Dazu Teil 1 A. sowie Teil 2 A. I. 2. 45  Kloepfer/Greve, Rdnr.  519.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

eingreifendes Mittel gleicher Effektivität gibt.46 Dabei ist zum einen die Pflicht zur Vermögensauskunft selbst und zum anderen die Voranstellung der Pflicht zur Vermögensauskunft zu beurteilen. Die Pflicht zur Abgabe der Vermögens­ auskunft als solche dient, wie aufgezeigt, dem Gläubiger, um diesem als Konse­ quenz der Vermögenstransparenz des Schuldners zur wirksamen Durchsetzung seines gerichtlich festgestellten Anspruch zu verhelfen. Auch wurde dargestellt, dass die Vermögenstransparenz bezüglich des Schuldners für diese Durchset­ zung essentielle Voraussetzung ist. Zur Herstellung dieser Vermögenstranspa­ renz kommen mildere Mittel, die dem Gläubiger in gleich wirksamer Weise Kenntnis vom Schuldnervermögen vermitteln, nicht in Betracht. So belasten freiwillige Angaben des Schuldners oder Dritter (vgl. dazu §  806a ZPO) den Schuldner zwar weniger, sind aber ob der Freiwilligkeit für den Gläubiger weni­ ger zielführend und damit weniger effektiv. Das Einholen von Drittauskünften (wie nun in §  802l ZPO geregelt) ist zwar für Gläubiger mindestens so effektiv wie die Vermögensauskunft des Schuldners, für letzteren indes kaum weniger einschneidend und milder. Die Pflicht zur Vermögensauskunft als solche ist also hinsichtlich des legitimen Zwecks ein erforderliches Mittel. Das impliziert aller­ dings noch nicht, dass auch das Voranstellen der Vermögensauskunft an den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Insofern liegt die Frage auf der Hand, ob nicht die Vermögensauskunft nach einem vorherigen Pfändungs­ versuch, wie nach alter Rechtslage, die mildere Maßnahme darstellt. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob diese Maßnahme ebenso effektiv wäre wie die sofor­ tige Vermögensauskunft. Dagegen spricht zum einen, dass sich der Pfändungs­ versuch mangels Kenntnis hinsichtlich Forderungen, Grundstücken, Arbeits­ einkommen etc. nur auf bewegliche Sachen beschränken kann (so auch §  807 ZPO a. F. und §  807 ZPO n. F.). Dies wird dem Interesse des Gläubigers aber nicht vollumfänglich gerecht – schließlich möchte dieser insgesamt befriedigt werden. Dass aber das bewegliche Vermögen des Schuldners hierfür in der heu­ tigen Zeit nicht immer (mehr) ausreichend ist, wurde bereits gezeigt.47 Wenn aber der Erfolg der Zwangsvollstreckung durch die geänderten Vermögensver­ hältnisse heute auch davon abhängt, Forderungen (insbesondere Arbeitsein­ kommen) oder Immobilien zu pfänden und der Gläubiger von diesen Gegen­ ständen keine Kenntnis hat, er vielmehr für diese Kenntnis vom Schuldner Ver­ mögensauskunft verlangen muss, erscheint ein Fahrnispfändungsversuch müßig. Darüber hinaus führt der Pfändungsversuch, der regelmäßig ohnehin nicht zum gewünschten Erfolg führen wird, dazu, dass der Schuldner das Ver­ mögen, das er im Anschluss daran preisgeben muss, verschleiern und beiseite 46  47 

BVerfGE 53, 135, 145 f. Teil 1 C.

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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schaffen kann. Dies wiederum hat zur Konsequenz, dass die spätere Vermö­ gensauskunft, die sich dann nur auf das nicht verschleierte respektive verscho­ bene Vermögen bezieht, nicht mehr ebenso effektiv ist wie eine anfängliche Vermögensauskunft. Bei einer solchen ist der „Überraschungseffekt“ des ersten Zugriffs wesentlich höher, die abgegebene Vermögensauskunft für den Gläubi­ ger damit verwertbarer und die gesetzliche Regelung mithin effektiver. Eine nachgelagerte Vermögensauskunft stellt damit kein gleich effektives Mittel wie eine anfängliche Vermögensauskunft dar. Selbst wenn jedoch die Effektivität die gleiche wäre, so ist auch in Frage zu stellen, ob ein vorheriger Pfändungs­ versuch tatsächlich einem für den Schuldner milderen Mittel gleichkommt. So stellen sowohl §  807 Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO n. F. als auch §  807 Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO a. F. als Voraussetzung für die Abgabe der Vermögensauskunft nach vorherigem Pfändungsversuch darauf ab, dass dieser voraussichtlich nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird. Die Pfändung setzt aber, wie auch der systematische Vergleich zu §  807 Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO n. F. bzw. §  807 Abs.  1 Satz  1 Nr.  3 ZPO zeigt, das Betreten der Wohnung des Schuldners voraus. Durch den vorherigen Pfändungsversuch, der das mildere Mittel für manche Autoren darstellen soll48, wird also in das Wohnungsgrund­ recht des Schuldners aus Art.  13 GG eingegriffen. Nun kommt Art.  13 GG je­ doch elementare Bedeutung zu, handelt es sich doch um ein Grundrecht, das der Menschenwürde sowie der freien Entfaltung der Persönlichkeit dient 49, um die konkrete Ausgestaltung des Rechts, in Ruhe gelassen zu werden.50 Mit anderen Worten: Sieht man die Vermögensauskunft nach vorherigem Vollstreckungs­ versuch als das zur sofortigen Vermögensauskunft mildere Mittel an, muss man in dieser Konsequenz behaupten, dass ein Eingriff in eines der elementarsten Grundrechte das mildere Mittel zum Eingriff in das allgemeine Persönlich­ keitsrecht darstellt. Meines Dafürhaltens liegt der Fall indes genau anders her­ um: Die Pflicht zur sofortigen Vermögensauskunft stellt das hinsichtlich der nachgelagerten Vermögensauskunft mildere Mittel dar51: Schließlich hat der Gläubiger nach der Vermögensauskunft (im Idealfall) Kenntnis hinsichtlich al­ ler Vermögensgegenstände des Schuldners. Da die Fahrnispfändung nun ohne­ hin immer mehr hinter der Immobiliar- und Forderungspfändung zurücktritt, bedarf es unter Umständen keiner Pfändung in der Wohnung des Schuldners mehr, sodass sich ein Eingriff in Art.  13 GG erübrigen würde. Damit handelt es sich bei der nachgelagerten Vermögensauskunft nicht um ein milderes Mittel gleicher Effektivität im Vergleich zu §  802c ZPO. Seip, ZVI 2006, 329, 333. BVerfG, NJW 2015, 2787. 50  BVerfGE 109, 279, 309. 51  In diese Richtung auch Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 591. 48 So 49 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

(4) Verhältnismäßigkeit i. e. S. Es bleibt die Frage, ob §  802c ZPO auch verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Die staatliche Maßnahme, also die Vorverlagerung der Sachaufklärung, darf nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen – es hat eine Abwägung zu erfolgen zwischen dem Nutzen der Maßnahme für den Gläubiger und der daraus resultierenden Beeinträchtigung des Schuldners.52 In die Waagschale auf Seiten des Gläubigers ist daher dessen Interesse an einer effektiven Zwangsvollstre­ ckung zu legen, geschützt durch Art.  14 GG sowie durch den Justizgewährungs­ anspruch als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips. Auf der anderen Seite der Waa­ ge findet sich das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung. Der Gläubiger ist jedoch derjenige, der dem Informationsdefizit ausgesetzt ist: Abgesehen von der Maßnahme des Einholens von Drittauskünften nach §  802l ZPO ist die Vermögensauskunft die einzige Möglichkeit für den Gläubiger, wirksam an sein Recht zu gelangen. Zwar wird dadurch das allgemeine Persön­ lichkeitsrecht des Schuldners berührt, aber schließlich hat der Schuldner es auch in der Hand, die Pflicht zur Vermögensauskunft zu vermeiden, indem er die Forderung, die gerichtlich festgestellt wurde, begleicht. Ist er dazu nicht in der Lage, so ist der Vorwurf an den Schuldner dahingehend (jedenfalls bei Verträ­ gen) zu erheben, sich eigenverschuldet in die Lage gebracht zu haben, eine für ihn finanziell nicht erfüllbare Verpflichtung einzugehen.53 Im Übrigen wurde die Vorverlagerung der Vermögensauskunft nicht ohne weitere Änderungen vorgenommen: So führte die Abgabe der Vermögensauskunft nach altem Recht noch zur Eintragung in Schuldnerverzeichnis, §  915 Abs.  1 ZPO a. F. Nach neu­ em Recht erfolgt die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis (§  882b ZPO) gem. §  882c ZPO nur, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermö­ gensauskunft nicht nachgekommen ist (Nr.  1), die Vollstreckung offensichtlich ungeeignet wäre, den antragsstellenden Gläubiger zu befriedigen (Nr.  2) oder der Schuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensaus­ kunft respektive Bekanntgabe der Zuleitung nach §  802d Abs.  1 Satz  2 ZPO die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachweist (Nr.  3). Die bloße Abgabe der Vermögensauskunft führt damit nicht mehr per se zur Eintragung ins Schuldnerverzeichnis, was den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­ bestimmung an sich abmildert. Auf der anderen Seite muss beachtet werden, dass der Gerichtsvollzieher für den Fall, dass der Schuldner seinen Pflichten nachkommt, ein Vermögensverzeichnis als elektronisches Dokument erstellt, 52 Maunz/Dürig/Grzseszick,

Art.  20 Rdnr.  117. Vorbem. vor §§  882b–882h Rdnr.  5 (im Kontext des Schuldnerverzeichnisses, da es dort der Schuldner auch in der Hand habe, eine Eintragung zu vermeiden, indem keine Verpflichtungen eingegangen werden). 53 Schuschke/Walker/Schuschke,

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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§  802f Abs.  5 Satz  1 ZPO. Dieses hinterlegt er bei dem zentralen Vollstre­ ckungsgericht, §  802f Abs.  6 Satz  1 ZPO. Dieses Vermögensverzeichnis können gem. §  802k Abs.  2 Satz  1 ZPO die Gerichtsvollzieher zu Vollstreckungszwe­ cken einsehen. Des Weiteren nennt §  802k Abs.  2 Satz  2 ZPO weitere Behörden, die dem Gerichtsvollzieher hinsichtlich des Einsichtsrechts gleichstehen. In Satz  3 werden als einsichtsbefugt Vollstreckungsgerichte, Insolvenzgerichte, Registergerichte sowie Strafvollzugsbehörden genannt. Das bedeutet, dass der Schuldner, selbst wenn er seiner gesetzlichen Pflicht nachkommt und die Ver­ mögensauskunft abgibt, seine Daten zusammengefasst und Dritten zur Verfü­ gung gestellt werden. Es handelt sich damit um eine unmittelbar an die Vermö­ gensauskunft des §  802c ZPO anknüpfende Folge und nicht wie beispielsweise bei §  802g ZPO nur um eine bloß mittelbare, bei der die Verweigerung des Schuldners als weiterer Zwischenschritt hinzutreten muss. Daher ist §  802k ZPO im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu thematisieren. Durch die Sammlung, Speicherung und die beschränkten Einsichtsrechte wiegt der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch den Zwang zur Abgabe der Vermögensauskunft zunächst schwerer.54 Dies ist aber nur a prima vista der Fall, wie eine nähere Betrachtung der einsichtsberechtig­ ten Stellen zeigt: In §  802k Abs.  2 Satz  2 Nrn.  1–3 ZPO sind nur solche Stellen aufgeführt, die gesetzlich berechtigt sind, vom Schuldner eine Vermögensaus­ kunft zu verlangen. Ist aber die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft grundsätzlich rechtmäßig und können die genannten Stellen vom Schuldner oh­ nehin die Vermögensauskunft verlangen, ist der Schuldner nicht unangemessen belastet, wenn die Stellen statt die Vermögensauskunft abzunehmen Einsicht in das Vermögensverzeichnis erhalten. Vielmehr wird der Schuldner entlastet, da er nicht mehrmals die gleiche Vermögensauskunft abgeben muss. Auch die in §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO genannten Stellen, also ausgewählte Gerichte und Strafverfolgungsbehörden, können nur dann Einsicht in das Vermögensverzeich­ nis nehmen, wenn es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Zum einen werden die Gerichte enumerativ aufgeführt, sodass es nicht zu einer für den Schuldner unüberschaubaren Ausweitung des Einsichtsrechts Dritter kommt. Zum anderen wird die Belastung des Schuldners dadurch abgemildert, dass die genannten Stellen nicht ohne Weiteres Einsicht nehmen dürfen, sondern nur im Rahmen einer Erforderlichkeit hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben. Es genügt also nicht bloß eine Nützlichkeit.55 Zwar ist der Begriff der Erforderlich­ keit auslegungsbedürftig, was für den Schuldner eine gewisse Unsicherheit mit sich bringt. Allerdings ist ein Katalog von Merkmalen, die die Erforderlichkeit 54 

Krit. insbesondere Enders, Rpfleger 2015, 677, 680. §  802k Rdnr.  12.

55 MüKoZPO/Wagner,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

begründen, nicht gangbar56, weshalb die Einschränkung über das Merkmal der Erforderlichkeit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung an dieser Stelle genüge tut. Insofern lässt sich auch aus dem Umstand des einsehbaren Vermögensverzeichnisses hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit kein anderes Er­ gebnis herleiten. Seip sieht die Vorverlagerung der Sachaufklärung verfassungsrechtlich star­ ken Bedenken ausgesetzt, will diese aber dann gemildert sehen, wenn die der Vermögensauskunft vorausgehende Zahlungsaufforderung inklusive Ladung zum Termin gem. §  802f Abs.  1 Satz  1 u. 2 ZPO dem Schuldner persönlich zu­ gestellt wird.57 Dadurch soll sich in den Fällen, in denen der Schuldner an Ort und Stelle zahlen würde, die Zustellung der Terminladung und die Vermö­ gensauskunft erübrigen.58 Dabei stellt sich einerseits jedoch die Frage, wieso dem Schuldner, der nach dieser Vorstellung zahlungsfähig ist, das Zugeständnis gemacht werden soll, persönlich geladen zu werden – schließlich könnte er die Vermögensauskunft ebenso gut nach Zahlungsaufforderung, die ihm bloß zuge­ stellt wird, abgeben. Andererseits ist nicht ersichtlich, wie durch diese Maßnah­ me dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit Genüge getan werden soll. Auch tat­ sächliche Gesichtspunkte sprechen für die Verhältnismäßigkeit im engeren Sin­ ne: Gemäß §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO muss der Gerichtsvollzieher dem Schuldner zunächst eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer die offene Forderung vollständig beglichen werden kann; zuvor müssen noch Wohnsitz/Aufenthalts­ ort des Schuldners ermittelt werden, sodass zwischen Erteilung des Vollstre­ ckungsauftrages und Abgabe der Vermögensauskunft i. d. R. (mindestens) vier Wochen vergehen werden – der Begriff der sofortigen Vermögensauskunft rela­ tiviert sich daher ohnehin.59 Es stellt sich sogar die Frage, ob man sich diese Zeitspanne aus Gründen der Effektivität noch verkürzen kann, um den Überra­ schungseffekt zu stärken. dd) Ergebnis Mithin lässt sich festhalten, dass die Vorverlagerung der Vermögensauskunfts­ pflicht einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners darstellt. Der Eingriff ist allerdings gerechtfertigt und §  802c ZPO unter dem Aspekt der Vorverlagerung aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Das muss auch Enders, Rpfleger 2015, 677, 680 zugestehen. Seip, ZRP 2007, 23, 24. 58  Seip, ZRP 2007, 23, 24. 59  Gottwald, FS Schilken, 663, 669. 56  57 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht in Form der Selbstbezichtigungsfreiheit aa) Schutzbereich Eine weitere Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts findet sich im Schutz gegen den Zwang zu selbstbelastenden Äußerungen, also Aussagen, durch die sich der Handelnde einer strafbaren Handlung bezichtigt oder zu ­seiner Verurteilung beiträgt (Selbstbezichtigungsfreiheit, nemo tenetur se ipsum accusare).60 Dieser Schutz sollte sich nicht nur auf die Person des Aussagenden selbst beziehen, sondern auch auf nahe Angehörige des Schuldners, wie auch der Wortlaut des §  55 Abs.  1 StPO zeigt.61 Nach ganz herrschender Auffassung hat der Schuldner bei der Abgabe der Vermögensauskunft auch solche Angaben zu machen, durch die er sich der Ge­ fahr der Strafverfolgung aussetzt.62 Durch die Pflicht zur Angabe solcher Um­ stände könnte in die Selbstbezichtigungsfreiheit als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingegriffen werden. Bejaht man dies, stellt sich die Fra­ ge, ob dieser Eingriff gerechtfertigt werden kann. bb) Eingriff Ein Eingriff in die grundgesetzlich abgeleitete Selbstbezichtigungsfreiheit liegt vor, wenn ein Verfahrensbeteiligter durch den Staat gezwungen wird, Informa­ tionen zu liefern, die ihn selbst belasten oder durch die er sich selbst bezichtigen würde.63 Die Belastung bzw. Bezichtigung muss sich auf Straftaten, Ordnungs­ widrigkeiten oder andere Taten beziehen, die disziplinar- oder ehrengerichtliche Konsequenzen haben können.64 Wie vorangehend bereits dargelegt, ist der Schuldner nach h. M. verpflichtet, auch solche Angaben im Rahmen der Vermö­ gensauskunft zu tätigen, durch die er sich einer sanktionsbewährten Handlung bezichtigt.65 Ein Verweigerungsrecht wie §  55 StPO existiert gerade nicht, viel­ mehr spricht der Wortlaut explizit davon, dass „alle“ Vermögensgegenstände des Schuldners anzugeben sind. Da der Schuldner auch Partei des Verfahrens ist und nicht bloß Zeuge, steht ihm das Zeugnisverweigerungsrecht des §  384 Nr.  2 ZPO nicht zur Verfügung, sondern er unterliegt der Wahrheitspflicht des §  138 60  BVerfG, WM 2008, 989; BVerfGE 65, 1, 46; BVerfGE 56, 37, 42 ff.; Maunz/Dürig/Di Fabio, Art.  2 Rdnr.  187. 61  Weiß, NJW 2014, 503, 504. 62 BGH, NJW 1991, 2844  f.; BGHSt 19, 126 = NJW 1964, 60; Zöller/Seibel, §  802c Rdnr.  31. 63 Maunz/Dürig/Di Fabio, Art.  2 Rdnr.  187. 64  Weiß, NJW 2014, 503, 504. Gegen das Einbeziehen disziplinar- oder ehrengerichtlicher Konsequenzen: BeckOK StPO/Huber, §  55 Rdnr.  3. 65  Fn.  62.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Abs.  1 ZPO, die für alle Verfahren der ZPO und damit auch für das Zwangsvoll­ streckungsverfahren gilt.66 Ein Eingriff liegt indes dann nicht vor, wenn zwar die Pflicht zur Vermögensauskunft für den Schuldner strafrechtliche oder ord­ nungwidrigkeitsrechtliche Konsequenzen hat, diese Pflicht jedoch nicht mit Zwang durchgesetzt werden kann.67 Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft nicht ab, kann sich daran auf Antrag des Gläubigers gem. §  802g ZPO Erzwin­ gungshaft anschließen. Gibt er die Vermögensauskunft ab, unterlässt aber sol­ che Angaben, durch die er sich selbst der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würde, macht er sich strafbar gem. §  156 StGB bei Vorsatz (§  15 StGB) und gem. §  161 StGB bei Fahrlässigkeit. Damit ist die Pflicht zur Selbstbelastung hier auch sanktionsbewehrt. Es liegt damit ein Eingriff in die Selbstbezichtigungsfreiheit des Schuldners vor.68 cc) Rechtfertigung Wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird das Recht auf Selbst­ bezichtigungsfreiheit aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hergeleitet, so­ dass auch hier die Schrankentrias des Art.  2 Abs.  1 GG gilt.69 §  802c ZPO könn­ te mit der Pflicht, selbstbelastende Angaben zu machen, den Eingriff in die Selbstbezichtigungsfreiheit als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung rechtfertigen, wenn die Norm selbst verfassungsmäßige Schranke ist. Insbeson­ dere muss §  802c ZPO verhältnismäßig sein, also einem legitimen Zweck die­ nen, zum Erreichen dieses Zweck geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. (1) Legitimer Zweck Hinsichtlich des legitimen Zwecks gilt das zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung Gesagte. Die Pflicht zur umfassenden Vermögensauskunft und damit auch die Pflicht, selbstbelastende Angaben zu machen, soll dem Gläubiger einen effektiven Zwangsvollstreckungszugriff durch umfassende Kenntnis bezüglich des Schuldnervermögens ermöglichen und stellt einen legi­ timen Zweck dar.70

66 Thomas/Putzo/Reichold,

§  138 Rdnr.  2; Zöller/Greger, §  138 Rdnr.  1. BVerfG, NJW 2005, 352 f. 68  Dazu auch BVerfG, WM 2008, 989. 69  Weiß, NJW 2014, 503, 505. 70  Vgl. Ausführungen zu Teil 2 A. I. 2. a) aa) (1). 67 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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(2) Geeignetheit Je umfassender die Auskunft des Schuldners ist, desto höher sind die Erfolgs­ aussichten der Zwangsvollstreckung des Gläubigers. Die Pflicht des Schuldners zur Vermögensauskunft, die auch selbstbelastende Angaben enthält, fördert diesen Zweck, da so ein vollständiges Vermögensbild geschaffen und dem Gläu­ biger der Zwangsvollstreckungszugriff ermöglicht wird. Damit ist die Pflicht, auch selbstbelastende Angaben zu machen, geeignet, den genannten Zweck zu erreichen. (3) Erforderlichkeit Damit die Pflicht zur umfassenden Vermögensauskunft samt selbstbelastenden Angaben erforderlich ist, darf kein milderes Mittel gleicher Effektivität existie­ ren. Als milderes Mittel kommt prima facie in Betracht, den Schuldner von der Pflicht der Nennung selbstbelastender Angaben zu befreien und die Vermö­ gensauskunft auf solche Daten zu beschränken, durch die der Schuldner sich nicht selbst belastet, ihm gleichsam qua Gesetz ein Verweigerungsrecht einzu­ räumen. Dies höbe zwar den Eingriff in die Selbstbezichtigungsfreiheit auf, ­beeinträchtigte auf der anderen Seite aber erheblich die Effektivität der Vermö­ gensauskunft: Setzt sich das Vermögen des Schuldners aus mehreren Gegen­ ständen zusammen, deren Angabe Rückschlüsse auf eine Straftat zulassen und muss der Schuldner diese nicht angeben, so verzerrt sich das Bild, das sich aus dem Vermögensverzeichnis ergibt. Der Gläubiger erhält also kein realistisches Abbild des Schuldnervermögens. Insofern stellte ein Auskunftsverweigerungs­ recht zwar ein milderes Mittel dar, würde aber die Effektivität erheblich mil­ dern.71 Weiß nennt zwei Möglichkeiten zur Milderung des Eingriffs in die Selbst­ bezichtigungsfreiheit unter gleichzeitiger Wahrung der Effektivität der Vermö­ gensauskunft72: (a) Übermittlungsverbot Ähnlich dem Steuergeheimnis nach §  30 Abs.  1 und 2 AO könnte gesetzlich geregelt werden, dass die Angaben, die der Schuldner macht, nur mit dessen Zustimmung an andere Behörden übermittelt werden dürfen (Übermittlungs71  BVerfG, NJW 1981, 1431, 1432; dazu auch Bruns, ZEuP 2010, 809, 818: Verwertungs­ verbote dienen einem Ausgleich der Gläubiger- und Schuldnerinteressen eher, da ein Weige­ rungsrecht des Schuldners die Rechtsverwirklichung gänzlich blockieren kann. 72  Weiß, NJW 2014, 503, 506.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

verbot). Die gesetzliche Regelung zur Vermögensauskunft sieht eine gänzlich andere Vorgehensweise vor: Anstatt die Übermittlung von Daten von der Zu­ stimmung des Schuldners abhängig zu machen, können Strafverfolgungsbehör­ den gem. §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO sogar die Vermögensverzeichnisse ein­ sehen. Da allerdings der Schuldner die Vermögensauskunft vollumfänglich ab­ geben sowie an Eides statt versichern muss (§  802c Abs.  3 Satz  1 ZPO) und eine (fahrlässig) falsche Versicherung an Eides statt gem. §§  156, 161 StGB bestraft wird, müssten die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit haben, die Anga­ ben des Schuldners auf Vollständigkeit zu überprüfen. Insofern sollte die Über­ mittlung auf solche Fälle beschränkt werden, in denen sie erforderlich sei für die Verfolgung unrichtiger bzw. falscher Angaben (eingeschränktes Übermittlungs­ verbot).73 (b) Verwendungsverbot74 Als weitere Möglichkeit führt Weiß die gesetzliche Anordnung an, die übermit­ telten Daten dürften von den Strafverfolgungsbehörden nur insoweit verwendet werden, als es zur Strafverfolgung hinsichtlich der falschen oder unvollständi­ gen eidesstattlichen Versicherung erforderlich ist. Bezüglich darüber hinausge­ hender Straftaten dürften die Angaben nicht für deren Verfolgung verwendet werden (Verwendungsverbot). Diese Möglichkeit ergebe sich insbesondere im Hinblick auf vergleichbare Vorschriften anderer Rechtsgebiete, so §  97 Abs.  1 Satz  3 InsO oder §  393 Abs.  2 Satz  1 AO.75 (c) Bewertung der Vorschläge Beide Vorschläge verdienen im Grundsatz Zustimmung. Die Effektivität des (eingeschränkten) Übermittlungsverbotes und des Verwendungsverbotes ist an Weiß, NJW 2014, 503, 506. Das Verwendungsverbot ist vom strafrechtlichen Verwertungsverbot zu unterscheiden. In Anlehnung an §  97 Abs.  1 Satz  3 InsO wird hier an den Begriff des Verwendungsverbotes angeknüpft. Dieses geht weiter als das Verwertungsverbot, da bei Letzterem eine von der betroffenen Person erteilte Auskunft im Strafprozess selbst nicht verwertet werden, wohin­ gegen beim Verwendungsverbot die erteilte Auskunft auch nicht Grundlage für weitere Er­ mittlungen zur Erlangung selbständiger Beweismittel sein darf, Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 403; Richter, wistra 2000, 1, 3; MüKoInso/Stephan, §  97 Rdnr.  16 („Fernwirkungsverbot“). Das Verwertungsverbot ist ausreichend, um die Verfassungsgemäßheit zu gewährleisten, BVerfG, NJW 1981, 1431, allerdings soll wegen der Anlehnung an §  97 Abs.  1 Satz  3 InsO das Verwendungsverbot verfolgt werden. Der Begriff ist auf die entsprechende Formulierung des Rechtsausschusses zu §  97 Abs.  1 Satz  3 InsO (§  110 Abs.  1 Satz  3 a. F.) zurückzuführen, BT-Drucks. 12/7302, S.  166. 75  Weiß, NJW 2014, 503, 506 f. 73  74 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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den Folgen für den Gläubiger zu messen: Der Schuldner bleibt dazu verpflichtet, vollumfängliche Angaben über sein Vermögen abzuliefern. Das sich daraus er­ gebende Bild der Vermögenslage des Schuldners wird durch das Übermitt­ lungs- oder Verwendungsverbot nicht beeinträchtigt oder verzerrt und das Inte­ resse des Gläubigers an der Vermögenstransparenz damit gewahrt. Auf der an­ deren Seite wird der Schuldner davor bewahrt, strafrechtliche Konsequenzen erleiden zu müssen, die über die Bestrafung wegen unvollständiger bzw. unrich­ tiger eidesstattlich versicherter Vermögensauskunft hinausgehen. Der Zweck der umfänglichen Vermögensauskunft wird mithin erreicht, der Schuldner aber weniger belastet. Es handelt sich bei beiden Vorschlägen also um mildere Mittel gleicher Effektivität. Vorzugswürdig erscheint dabei die gesetzliche Normie­ rung eines Verwendungsverbots ähnlich §  97 Abs.  1 Satz  3 InsO. Dieses Ver­ wendungsverbot ist dem Übermittlungsverbot zu präferieren, da hier unmittel­ bar die Strafverfolgungsbehörden die Prüfung vornehmen, welche Angaben für die Strafbarkeit wegen falscher eidesstattlicher Versicherung relevant sind. Sonst wäre bereits vor der Übermittlung zu prüfen, welche Daten übermittelt werden dürfen und welche nicht. Das ist theoretisch zwar ein gangbarer Weg, erscheint aber zu umständlich. Das Verwendungsverbot bündelt die Prüfung, welche Daten verwendet werden dürfen sowie die anschließende Strafverfol­ gung bei den Strafverfolgungsbehörden und erscheint damit effektiver und öko­ nomischer. Schließlich müsste sonst das zentrale Vollstreckungsgericht nach §  802k Abs.  1 Satz  1 ZPO prüfen, ob durch die angefragten Daten ein Strafver­ dacht begründet werden kann und daher die Weitergabe der Daten untersagt wäre. Hierfür dürfte dem zentralen Vollstreckungsgericht jedoch die Kompe­ tenz fehlen.76 Schließlich könnte ein Datum, das den Schuldner ebenso belastet wie einen nicht nahestehenden Dritten, nicht übermittelt werden, was in Konse­ quenz auch den Dritten schützen würde – dies darf jedoch nicht Sinn und Zweck der Regelung sein.77 (d) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass es mildere Mittel gleicher ­Effektivität im Vergleich zur vollumfänglichen Vermögensauskunftspflicht, die die Selbstbelastung des Schuldners einschließt, gibt. Das effektivste dieser Mittel ist ein Verwendungsverbot für Strafverfolgungsbehörden. Damit ist §  802c ZPO mit der Pflicht, auch selbstbelastende Angaben zu machen, nicht erforderlich und damit nicht verhältnismäßig und genügt somit nicht dem Übermaßverbot. 76 

So auch für die ähnlich gelagerte Problematik im Insolvenzrecht: MüKoInsO/Stephan, §  97 Rdnr.  17. 77  MüKoInsO/Stephan, §  97 Rdnr.  17.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

dd) Keine verfassungskonforme Auslegung Nachdem festgestellt wurde, dass §  802c ZPO in seiner geltenden Fassung nur durch Bestehen von Verwertungs- oder Verwendungsverboten respektive Aus­ sageverweigerungsrechten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, ist zu eruieren, ob diese Optionen in den Gesetzestext integriert werden müssen oder sich bereits qua verfassungskonformer Auslegung aus §  802c ZPO ergeben. Die Verfassungswidrigkeit einer Norm ist nämlich erst dann anzunehmen, wenn keine von mehreren möglichen Normdeutungen zu einem verfassungs­ gemäßen Ergebnis führt (verfassungskonforme Auslegung).78 Allerdings hat das BVerfG in einer Entscheidung die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung aufgezeigt.79 So bildet zum einen der Wortlaut der Vorschrift, bzw. die Grenze des Wortsinns80, die Grenze der Auslegung81 und zum anderen müssen gesetzgeberi­ sche Grundentscheidungen und die verfolgten Zwecke beachtet werden; das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel darf nicht maßgeblich verfälscht werden.82 (1) §  802c ZPO (a) Keine Einschränkung in Bezug auf die anzugebenden Vermögensgegenstände §  802c Abs.  2 Satz  1 ZPO spricht explizit davon, dass der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben hat. Legt man nun die Norm so aus, dass solche Gegenstände nicht anzugeben sind, durch deren Angabe der Schuldner sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt, verstößt dies gegen den eindeutigen Wortlaut. Der Begriff „alle“ bedeutet eine Gesamtheit ohne Aus­ nahme.83 Jede Ausnahme von der vom Begriff „alle“ umfassten Gesamtheit ne­ giert damit den Begriff selbst. Der Wortlaut des §  802c ZPO hinsichtlich der Pflicht, alle Vermögensgegenstände anzugeben, ist daher nicht auslegungs­ fähig. Den Schuldner von der Pflicht solcher Angaben, durch die er sich selbst belasten kann, freizustellen, stellt aber eine solche Ausnahme dar und verstößt daher gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm. Allein aus diesem Grund scheidet insofern eine verfassungskonforme Auslegung aus. 78 Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge/Bethge,

507.

79  BVerfGE

§  78 Rdnr.  95; Weiß, NJW 2014, 503,

54, 277. Zippelius, S.  39. 81  Schlaich/Korioth, Rdnr.  4 49; Klatt, Wortlautgrenze, S.  1: „Schließlich markiert der Wortlaut die Grenze zwischen Interpretation und Rechtsfortbildung.“. 82  BVerfG, NJW 1981, 39, 43; Im Zweifel geht der Wortsinn der gesetzgeberischen Inten­ tion vor, dazu Koch/Rüßmann, S.  184. 83  Duden: Die deutsche Rechtschreibung, Stichwort „alle“. 80 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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(b) Kein ungeschriebenes Verwertungsverbot: Der Gemeinschuldnerbeschluss des BVerfG und die fehlende Übertragbarkeit auf §  802c ZPO (aa) Immanente Verwertungsverbote nur für vorkonstitutionelle Gesetze Das BVerfG stellte im Jahre 1981 im sog. Gemeinschuldnerbeschluss fest, dass ein Schuldner, über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, durch die Pflicht, sein gesamtes Vermögen zu offenbaren (§  100 KO a. F.), nicht in seinem Recht auf Selbstbezichtigungsfreiheit verletzt werde.84 Zwar werde in dieses Recht eingegriffen, allerdings biete der Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare keinen lückenlosen Schutz gegen Selbstbezichtigungen, soweit die Auskunftspflicht des Schuldners durch ein strafrechtliches Verwertungsverbot flankiert wird.85 Gleichzeitig stellte das BVerfG aber auch fest, die Konkursord­ nung sehe ein solches Verbot gerade nicht vor und es sei grundsätzlich allein Sache des Gesetzgebers, diese Lücke zu schließen, da nur dieser Verwertungs­ verbote konkretisieren und durch Offenbarungsverbote absichern könne.86 Al­ lerdings läge hinsichtlich der Konkursordnung der Fall ausnahmsweise anders, da es sich um eine vorkonstitutionelle Norm handele und es in diesem Falle Sache des Richters sei, die Lücke hinsichtlich des Verwertungsverbotes in An­ lehnung an geltende Vorschriften zu schließen.87 Insofern war §  100 KO das Verwertungsverbot immanent. Diese Rechtsprechung wurde im Laufe der Zeit bestätigt.88 Indem das BVerfG die KO wegen ihres vorkonstitutionellen Charak­ ters als Ausnahmefall deklarierte, gilt für alle nachkonstitutionellen Gesetze das kontradiktorische Gegenteil, dort verbietet sich also eine Extrahierung des Verwertungsverbotes aus dem Gesetz.89 Hätte das BVerfG die Meinung vertre­ ten, dass das Fehlen von Verwertungsverboten auch bei nachkonstitutionellen Gesetzen durch die Annahme eines ungeschriebenen Verwertungsverbotes zu heilen sei, hätte es der expliziten Erwähnung der vorkonstitutionellen Gesetze nicht bedurft. (bb) §  802c ZPO als nachkonstitutionelle Norm Die Bestätigung dieser Rechtsprechung erfolgte insbesondere auch im Hinblick auf §  807 ZPO a. F. i. V. m. §  899 ZPO a. F., wobei auf den Gemeinschuldner­ beschluss verwiesen wurde.90 Dass §  807 ZPO a. F. als vorkonstitutionelle Norm 84 

BVerfG, NJW 1981, 1431. BVerfG, NJW 1981, 1431, 1433. 86  BVerfG, NJW 1981, 1431, 1433. 87  BVerfG, NJW 1981, 1431, 1433. 88  Zuletzt BVerfG, WM 2008, 989. 89  Schäfer, FS Dünnebier, 11, 40; Dingeldey, NStZ 1984, 529, 530. 90  BVerfG, WM 2008, 989. 85 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

anzusehen war, wurde nicht in Frage gestellt.91 Das BVerfG selbst sah in dem Gemeinschuldnerbeschluss klare Parallelen zwischen der konkursrechtlichen Auskunftspflicht und §  807 ZPO a. F.92 Folgerichtig geht die herrschende Mei­ nung zu §  807 ZPO a. F. davon aus, der Schuldner habe ohne Einschränkungen alle Vermögensgegenstände offenzulegen; aus dem Gemeinschuldnerbeschluss ergebe sich allerdings unmittelbar ein Beweisverwertungsverbot, da wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG gem. §  31 Abs.  1 BVerfGG eine neue Auseinandersetzung des BVerfG mit der Problematik obsolet sei.93 Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass §  807 ZPO a. F. als vor­ konstitutionelles Gesetz wegen der unmittelbaren Herleitung eines Verwertungs­ verbotes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden war. Im Zuge des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstre­ ckung94 wurde diese Ansicht, dass der Schuldner im Rahmen der neuen Vermö­ gensauskunft ohne Einschränkungen alle Vermögensgegenstände anzugeben habe, auch auf §  802c ZPO übertragen.95 Indem dabei stets konstatiert wird, der Schuldner müsse auch dann alle Vermögensgegenstände angeben, wenn er sich dadurch der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt, wird offenbar, dass die verfas­ sungsrechtliche Problematik erkannt, jedoch mit Verweis auf die bisherige Rechtsprechung als abgehandelt angesehen wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob §  802c ZPO ein vorkonstitu­ tionelles Gesetz darstellt, da wie bereits dargelegt nur in diesem Fall ein gesetz­ geberisches Tätigwerden jedenfalls de jure wegen der Bindungswirkung des Gemeinschuldnerbeschlusses nicht zwingend wäre.96 Schäfer, FS Dünnebier, 11, 40; Dingeldey, NStZ 1984, 529, 531. BVerfG, NJW 1981, 1431, 1432 („Entsprechende Regelungen“). 93  Dingeldey, NStZ 1984, 529, 532, dort Fn.  33; Schäfer, FS Dünnebier, 11, 40. 94  BGBl. I 2009, S.  2258 ff. 95  BeckOK ZPO/Fleck, §  802c Rdnr.  7 (mit expliziten Hinweis, hinsichtlich des Umfangs der Vermögensauskunft könne auf die zu §  807 Abs.  1 a. F. ergangene Rechtsprechung zu­ rückgegriffen werden); Zöller/Seibel, §  802c Rdnr.  31; Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802c Rdnr.  13; Musielak/Voit/Voit, §  802c Rdnr.  7. 96  A. A.: Stam, StV 2015, 130 hebt darauf ab, der Gemeinschuldnerbeschluss besage gera­ de nicht, dass nur vorkonstitutionelle Gesetze einem ungeschriebenen Verwertungsverbot zugänglich seien, vielmehr sei wegen Art.  1 Abs.  3 GG das Interpretieren eines Verwer­ tungsverbotes auch für nachkonstitutionelle Normen erforderlich. Diese Ansicht geht in zweierlei Hinsicht fehl: Zum einen ist es gerade Aussage des BVerfG, nur vorkonstitutionelle Gesetze seien einem ungeschriebenen Verwertungsverbot zugänglich. Dies ist expliziter ­Bestandteil des Beschlusses. Unzutreffend ist auch die These, es sei aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten schlicht erforderlich, ein Verwertungsverbot zu interpretieren. Dies mag dahingehend zutreffen, dass das Verbot rechtsstaatlich erforderlich ist. Konsequenz wäre bei Ermangelung eines solchen Verbotes indes nicht die wahllose Interpretationsmöglichkeit, sondern die Verfassungswidrigkeit einer Norm. 91 

92 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

31

Unter vorkonstitutionellem Recht sind zunächst solche Gesetze zu verstehen, die vor dem 24.05.1949 verkündet wurden.97 Die Zivilprozessordnung hat ihren Ursprung in der Civilprozessordnung vom 30.01.187798 und ist als eines der Reichsjustizgesetze am 01.10.1879 in Kraft getreten.99 Damit handelt es sich bei der Zivilprozessordnung grundsätzlich um ein vorkonstitutionelles Gesetz. Al­ lerdings können sich solche vorkonstitutionellen Normen zu nachkonstitutionel­ lem Recht wandeln, wenn der Gesetzgeber sie im Geltungszeitraum des Grund­ gesetzes in seinen Willen aufgenommen hat und sich dieser Bestätigungswille im Gesetz zu erkennen gibt.100 Eine solche Aufnahme in den Willen des Gesetz­ gebers kann anzunehmen sein, wenn eine Änderung der in Rede stehenden Norm diskutiert, aber explizit abgelehnt wurde101, eine Neuverkündung hin­ sichtlich des alten Gesetzes erfolgt102 , bei einer Verweisung einer neuen Norm auf eine alte Norm103 aber auch dann, wenn ein begrenztes und überschaubares Rechtsgebiet „durchgreifend geändert wird“104. Kein Bestätigungswille ist hin­ gegen anzunehmen, wenn an einem vorkonstitutionellen Gesetz lediglich klei­ nere Veränderungen vorgenommen wurden.105 Im Hinblick auf §  807 ZPO a. F. mag die Kategorisierung als vorkonstitutio­ nell noch vertretbar sein.106 Schließlich existiert die Norm mit ihrem groben Regelungsgehalt seit Inkrafttreten der Zivilprozessordnung. Hinsichtlich §  802c ZPO lässt sich eine Einordnung als vorkonstitutionell allerdings nicht begrün­ den. Dies liegt zunächst evident daran, dass die Norm erst im Zuge des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung auf den Weg ge­ bracht wurde, das allerdings auf den 29.07.2009 datiert107 und zum 01.01.2013 in Kraft getreten ist108 und damit vom nachkonstitutionellen Gesetzgeber geschaf­ fen wurde. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, §  802c ZPO ersetze teilweise §  807 ZPO a. F.109 Dieser Umstand ändert zum einen nichts an der 97 BVerfG, NJW 1953, 497  ff.; Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke/Müller-Terpitz, Art.  100 Rdnr.  11. 98  RGBl. 1877, S.  83. 99  Zusammen mit GVG, StPO und KO, Zöller/Vollkommer, Einleitung Rdnr.  1. 100  BVerfG, NJW 1957, 417; Maunz/Dürig/Dederer, Art.  100 Rdnr.  101. 101 Maunz/Dürig/Dederer, Art.  100 Rdnr.  102. 102  BeckOK GG/Morgenthaler, Art.  100 Rdnr.  12. 103  BVerfG, NJW 1960, 1563, 1564. 104  BVerfG, NJW 1960, 1563, 1564. 105 Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke/Müller-Terpitz, Art.  100 Rdnr.  11. 106 So Schäfer, FS Dünnebier, 11, 40; Dingeldey, NStZ 1984, 529, 531 (der aber die ZPO als Ganzes als vorkonstitutionell betrachtet). 107  BGBl. I 2009, S.  2258. 108  BGBl. I 2009, S.  2273. 109  Dass §  802c ZPO §  807 ZPO teilweise ersetzt ist unstreitig, vgl. nur Stein/Jonas/­ Würdinger, §  802c Rdnr.  5.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Tatsache, dass allein in systematischer Hinsicht eine erhebliche Verschiebung der Vermögensauskunft erfolgte. Zum anderen unterscheidet sich §  802c ZPO in seinen Voraussetzungen und seiner dogmatischen Einordnung erheblich von §  807 ZPO a. F., weshalb nicht bloß eine unerhebliche Korrektur vorgenommen wurde, sondern ein überschaubares Rechtsgebiet eine durchgreifende Umstruk­ turierung erfuhr.110 Das liegt zum einen daran, dass die Voraussetzungen der Vermögensauskunft durch die Vorverlagerung und den Verzicht auf einen fruchtlosen Fahrnispfändungsversuch in erheblichem Maße geändert wurden. Dies ist keine kleinere Korrekturmaßnahme am bestehenden System, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger Diskussionen, weshalb auch von einem „Para­ digmenwechsel“111 und von einem „Sprung vom 19. ins 21. Jahrhundert“112 die Rede ist. Die Feststellung jenes Paradigmenwechsels widerspricht der Einord­ nung des §  802c ZPO als bloße Fortsetzung des §  807 ZPO a. F.113 Dafür streitet auch die Begründung des Gesetzesentwurfes, die in der Vermögensauskunft „zukünftig“114 eine „reine Sachaufklärungsmaßnahme“115 sieht, die nichts über die Kreditwürdigkeit des Schuldners aussagt.116 Hieraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber selbst von einer fundamentalen Änderung des bisherigen Konzepts ausging und in §  802c ZPO nicht bloß eine Fortsetzung des §  807 ZPO a. F. sieht. Dies wird wiederum dadurch bestätigt, dass §  807 ZPO a. F. und §  807 ZPO n. F. beinahe kongruent sind. Es ist nicht zu begründen, dass §  802c ZPO das Resultat eines schlichten Standortwechsels innerhalb der Zivilprozessord­ nung sein soll, wenn die zu §  802c ZPO angeblich äquivalente Norm117 beinahe unverändert fortbesteht. Darüber hinaus ist §  802c ZPO Resultat einer globale­ ren Änderung des Sachaufklärungsrechts innerhalb der Zivilprozessordnung. Die gesamte Sachaufklärung wurde nicht nur durch ihre grundsätzliche Vorver­ lagerung, sondern durch ihre Ausweitung auf Drittauskünfte sowie der Zentra­ lisierung und Digitalisierung der Vermögensverzeichnisse fundamental refor­ miert. Wenn §  802c ZPO indes Bestandteil einer solchen Globalreform ist, kann nicht davon ausgegangen werden, es handele sich dabei um vorkonstitutionelles Recht. Nicht zuletzt wurde auch ein sprachlicher Wandel vollzogen, spricht man 110 

Dazu BVerfG, NJW 1960, 1563, 1564. Vollkommer, NJW 2012, 3681. 112  Würdinger, JZ 2011, 177, 183. 113  Insofern ist der Vorbemerkung in BeckOK ZPO/Fleck, §  802c, §  802c ZPO sei „das Äquivalent“ zu §  807 ZPO a. F. jedenfalls nicht ohne Weiteres zuzustimmen, vor allem vor dem Hintergrund, dass §  807 ZPO a. F. in Form des §  807 ZPO n. F. noch beinahe deckungs­ gleich existiert. 114  BT-Drucks. 16/10069, S.  37. 115  BT-Drucks. 16/10069, S.  37. 116  BT-Drucks. 16/10069, S.  37. 117  Vorbemerkung in BeckOK ZPO/Fleck, §  802c. 111 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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im Rahmen des §  802c ZPO heute von der Vermögensauskunft, während bei §  807 ZPO a. F. noch von der Offenbarungsversicherung die Rede war.118 Damit ist §  802c ZPO als nachkonstitutionelles Recht einzustufen. Bei einem solchen ist das Schaffen eines Verwertungs- oder Verwendungsverbotes nach Maßgabe des Gemeinschuldnerbeschlusses genuine Aufgabe des Gesetzge­ bers119 und ein solches Verbot existiert nicht bereits wegen §  31 Abs.  1 BVerfGG i. V. m. dem genannten Beschluss. Eine Auslegung dahingehend, selbstbezichtigende Angaben dürften in einem Strafprozess nicht verwertet oder den Strafverfolgungsbehörden nicht übermit­ telt werden, verstieße damit zwar nicht explizit gegen den Wortlaut. Allerdings obliegt es dem Gesetzgeber, Verwertungsverbote auszugestalten und diese ge­ gebenenfalls durch Offenbarungsverbote abzusichern.120 Das bedeutet, dass ein bloßes Hineinlesen eines Verwendungsverbotes zur Wahrung des Rechts auf Selbstbezichtigungsfreiheit des Schuldners nicht möglich ist. (2) §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO Allerdings könnte die Vermögensauskunft durch eine verfassungskonforme Auslegung des §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO vom Verdikt der Verfassungswidrig­ keit freigesprochen werden. §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO spricht davon, dass Strafverfolgungsbehörden, so­ weit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben erforderlich ist, zur Einsicht in die Vermögensverzeichnisse befugt sind. Aus dem Wortlaut ergeben sich zunächst keine Einschränkungen hinsichtlich der von den Strafverfol­ gungsbehörden zu erfüllenden Aufgaben; solche bestehen insbesondere in der Verfolgung von Straftaten, §§  160 Abs.  1, 163 StPO. Damit sind vom Wortlaut des §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO alle Straftaten erfasst, also nicht nur die Verfol­ gung wegen falscher oder unrichtiger eidesstattlicher Versicherung gem. §§  156, 161 StGB. Das BVerfG sieht die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung dort, wo die Auslegung einen Widerspruch zum Wortlaut und dem gesetzgebe­ rischen Willen bildet.121 Beschränke man die Aufgaben der Strafverfolgungs­ behörden laut §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO auf die §§  156, 161 StGB, so führe das nicht unmittelbar zu einem Widerspruch mit dem geltenden Wortlaut, da die Ermittlung wegen falscher eidesstattlicher Versicherung zumindest auch zu den den Strafvollzugsbehörden obliegenden Aufgaben zählt und zu diesen gleich­ sam als Minus enthalten sind. 118 Zöller/Stöber

(31.  Auflage), §  802c Rdnr.  2. BVerfG, NJW 1981, 1431, 1433. 120  BVerfG, NJW 1987, 1431, 1433; Weiß, NJW 2014, 503, 507. 121  BVerfG, NJW 1958, 1227. 119 

34

Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Allerdings muss die gesetzgeberische Intention Berücksichtigung finden. Hierzu heißt es, bei Staatsanwaltschaften könnte die Kenntnis vom Inhalt zur Straftatenverfolgung erforderlich sein.122 Insbesondere für die Verfolgung von Betrugs- und Insolvenzstraftaten, Geldwäschedelikten, Verletzung der Unter­ haltspflicht und falscher Versicherung an Eides statt sei die Kenntnis der Ver­ mögensverzeichnisse wichtig.123 Dadurch bringt der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck, dass die Straftat der falschen Versicherung an Eides statt nur eine Tat ist, wegen derer die Strafverfolgungsbehörden zur Einsicht in die Vermögens­ verzeichnisse befugt sein sollen. Die Einsicht soll dem Beschleunigungsgebot im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren dienen.124 Das kann aber nur dann erreicht werden, wenn die Informationen, die durch die Einsicht erlangt werden, auch verwendet werden dürfen und wenn wegen der daraus resultieren­ den Straftaten ermittelt werden darf. Legte man §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO in der Weise aus, dass hinsichtlich solcher Angaben, die eine Strafverfolgung des Schuldners wegen anderer Straftaten als falscher Versicherung an Eides statt begründen, ein Verwendungsverbot bestehe, untergrübe man den expliziten Willen des Gesetzgebers. Damit kann der Wortlaut der Norm nur so zu lesen sein, dass tatsächlich hinsichtlich aller den Strafverfolgungsbehörden obliegen­ den Aufgaben ein Einsichtsrecht besteht und damit auch alle durch die Einsicht erworbenen Informationen verwendet werden dürfen.125 Der Versuch einer ver­ fassungskonformen Auslegung scheitert also an der Grenze des eindeutigen ge­ setzgeberischen Willens. Der Vorwurf der teilweisen Verfassungswidrigkeit des §  802c ZPO lässt sich somit nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung umgehen.126 ee) Ergebnis: (Teil-)Verfassungswidrigkeit des §  802c ZPO Damit ist §  802c ZPO in seiner bestehenden Form verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen das Gebot der Selbstbezichtigungsfreiheit. Dieses Ergebnis lässt sich auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermeiden. ff) Vorschlag zur Behebung der Verfassungswidrigkeit Vorzugswürdig erscheint die Normierung eines Verwendungsverbots, um die teilweise Verfassungswidrigkeit zu beheben. Dies wird richtigerweise schon 122 

BT-Drucks. 16/10069, S.  30. BT-Drucks. 16/10069, S.  30. 124  BT-Drucks. 16/10069, S.  30. 125  So auch Weiß, NJW 2014, 503, 507. 126  Stam, StV 2015, 130, 131 nennt den entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers „un­ beachtlich“. 123 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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von Weiß vorgeschlagen, der ein Verwendungsverbot in Anlehnung an §  97 Abs.  1 Satz  2 und 3 InsO anvisiert. Allerdings hinterfragt er im unmittelbaren Anschluss das gefundene Ergebnis: Der Schuldner müsse wissen, dass seine Angaben – abgesehen von der Verfolgung wegen falscher eidesstattlicher Versi­ cherung – nicht von den Strafverfolgungsbehörden verwendet werden dürfen.127 Hinsichtlich der Möglichkeit einer Belehrung durch den Gerichtsvollzieher un­ terstellt er Letzterem indes mangelnde Kompetenz.128 Als weiteres Problem nennt Weiß, der Schuldner könne dem Verwendungsverbot nicht die Wirkung beimessen, die ihm zukommen soll. Der Schuldner wisse nicht, ob die Strafver­ folgungsbehörden dem Verwendungsverbot hinreichend Rechnung tragen.129 Statt eines gesetzlichen Verwendungsverbots wird daher ein Auskunftsverwei­ gerungsrecht in Anlehnung an §  55 Abs.  1 StPO vorgeschlagen bei gleichzeiti­ ger Ausweitung der Befugnis zur Einholung von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher gem. §  802l ZPO.130 Meines Erachtens sollte der Gesetzgeber den Weg des Verwendungsverbots wählen.131 Dafür spricht zunächst das Telos der Norm: Die Vermögensauskunft soll dem Gläubiger einen umfassenden Einblick in die Vermögensverhältnisse des Schuldners gewähren. Das Bild, das sich aus dem Vermögensverzeichnis ergibt, soll im Idealfall vollständig sein. Dies kann nur durch eine uneinge­ schränkte Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft erreicht werden. Gewähr­ te man ihm ein Auskunftsverweigerungsrecht, wäre die abgegebene Vermö­ gensauskunft hinsichtlich ihrer Vollständigkeit per se in Frage zu stellen. Daran vermag auch die vorgeschlagene Ausweitung der Befugnis, Drittauskünfte ein­ zuholen, in diesem konkreten Fall nichts zu ändern. Als Beispiel diene nur eine Sache, die der Schuldner durch einen Betrug nach §  263 StGB erlangt hat. In dem Wissen, dass die Angabe dieses Vermögensgegenstandes in keinem Falle zur Strafverfolgung beitragen kann und dass bei Nichtangabe Strafbarkeit gem. §§  156, 161 StGB droht sowie auf Antrag Haftbefehl gem. §  802g ZPO ergehen kann, wird der Schuldner gegebenenfalls geneigt sein, die betrugsmäßig erlang­ te Sache anzugeben. Wie das Vorhandensein derselben Sache allerdings durch das Einholen von Drittauskünften aufgedeckt werden soll, ist fraglich, insbeson­ dere durch Ausweitung des Auskunftsrechts gegenüber Arbeitgebern, Versiche­ rungsunternehmen und Kreditinstituten, wie es Weiß fordert.132 Weiß, NJW 2014, 503, 508. Weiß, NJW 2014, 503, 508. 129  Weiß, NJW 2014, 503, 508. 130  Weiß, NJW 2014, 503, 508. 131  Dazu auch BVerfG, NJW 1981, 1431 ff. 132  Weiß, NJW 2014, 503, 508. 127 

128 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Darüber hinaus würde der Weg über das Verwendungsverbot die bereits be­ mängelte Überbelastung der Gerichtsvollzieher133 nicht intensivieren. Liegt der Fall so, dass der Schuldner Vermögensgegenstände besitzt, durch deren Angabe er sich selbst belasten würde, ergeben sich nach den beiden hier diskutierten Möglichkeiten für den Gerichtsvollzieher zwei Belastungsgrade: Gibt der Schuldner alle Vermögensgegenstände an, weil er sich nicht der Ge­ fahr der Strafverfolgung aussetzen möchte, hat es für den Gerichtsvollzieher ab diesem Zeitpunkt sein Bewenden hinsichtlich der Vermögensauskunft, es sei denn die Befriedigung des Gläubigers durch Vollstreckung in die aufgeführten Vermögensgegenstände wäre voraussichtlich nicht zu erwarten. Gesteht man dem Schuldner aber ein Auskunftsverweigerungsrecht zu und macht er davon Gebrauch, muss der Gerichtsvollzieher in einem nächsten Schritt nach §  802l ZPO vorgehen. Bei gleicher Sachlage mutet man also den Gerichtsvollziehern mehr Arbeit zu und erweist ihnen damit einen Bärendienst. Ist das Vermögensverzeichnis dennoch unvollständig, weil der Schuldner doch nicht alle Vermögensgegenstände angibt, liegen die Voraussetzungen des §  802l ZPO ohnehin vor, sodass das Ergebnis unverändert bliebe. Eine Auswei­ tung der Auskunftsrechte ist durch den Weg des Verwendungsverbotes überdies nicht ausgeschlossen. Schließlich wiegt auch der Kritikpunkt, den Gerichtsvollziehern könne keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Belehrung abverlangt werden, nicht schwer. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner lediglich zu vermitteln, dass die Angabe von Vermögensgegenständen, auch wenn sie von strafrechtlicher oder sonstiger Relevanz sind, nicht zur Strafverfolgung verwendet werden darf, das Auslassen von Vermögensgegenständen allerdings Bestrafung nach sich zieht. Die Darlegung dieses einfachen Sachumstandes ist dem Gerichtsvollzie­ her intellektuell zuzumuten. Durch die Kombination der Erwähnung des Schut­ zes vor Strafverfolgung und der Darlegung der Strafbarkeit bei falscher oder unrichtiger Angabe wird darüber hinaus der präventive Aspekt der §§  156, 161 StGB verstärkt und die Vollständigkeit des Vermögensverzeichnisses gefördert. Das Verwendungsverbot erscheint effektiver im Vergleich zum Auskunfts­ verweigerungsrecht, da die negativen Konsequenzen unrichtiger Angaben dem Schuldner klarer vor Augen geführt werden und damit die Wahrscheinlichkeit eines vollständigen Vermögensverzeichnisses für den Gläubiger erhöht wird.134 Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade im Falle von Straftaten Vermögensgegenstände existieren, die auch durch das Einholen von Drittaus­ künften nicht erfasst würden. Zwar erscheint das Einführen eines Auskunfts­ 133 

134 

Schmidt, ZVI 2007, 57, 59. So auch BVerfG, NJW 1981, 1431, 1432.

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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verweigerungsrechts für den Schuldner als milderes Mittel. Zum einen kann dieses jedoch nicht die gleiche Effektivität wie das Verwendungsverbot für sich beanspruchen und zum anderen ist nicht ersichtlich, wieso der Schuldner, der bei Vorliegen eines Titels nicht zahlt und außerdem Straftaten begeht, über das verfassungsrechtlich vorgegebene Mindestmaß Schutz verdienen soll. Dem wird durch das Verwendungsverbot genüge getan. In §  802c ZPO135 sollten dementsprechend in Anlehnung an §  97 Abs.  1 Satz  3 InsO folgende Passagen eingefügt werden: Anzugeben sind auch Vermögensgegenstände, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß dieser Verpflichtung erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in §  52 Abs.  1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden. Der Schuldner ist über das bezeichnete Verwendungsverbot aufzuklären.136 4. Voraussetzungen der Vermögensauskunft Nachdem §  802c ZPO einer verfassungsrechtlichen Untersuchung zugeführt wurde, werden im Folgenden die Voraussetzungen für die Abnahme der Vermö­ gensauskunft dargelegt. In systematischer Hinsicht gilt §  802c ZPO lediglich für die Zwangsvoll­ streckung wegen Geldforderungen, §§  803 ff. ZPO, wobei eine Sicherungsvoll­ streckung ausreicht.137 Obwohl vom Gläubiger in §  802c ZPO keine Rede ist, agiert der Gerichts­ vollzieher nicht von Amts wegen, sondern erst nach Antrag („Auftrag“) des Gläubigers (siehe auch §  802a Abs.  1 Nr.  2 ZPO).138 Dieser ist an den zuständi­ gen Gerichtsvollzieher zu stellen und zwar schriftlich, elektronisch (argumen­ 135  Gleiches gilt für §  807 ZPO, da der Umfang der Vermögensauskunft der gleiche ist, Stein/Jonas/Würdinger, §  807 Rdnr.  1. Es handelt sich bei §  807 ZPO auch spätestens nach der Sachaufklärungsreform nicht mehr um vorkonstitutionelles Recht, da der Gesetzgeber die Norm in seinen Willen aufgenommen hat durch Streichung des Widerspruchsrechts und der Auseinandersetzung mit der Norm im Rahmen der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drucks. 16/10069, S.  34) sowie der Verweisung auf die neue, nachkonstitutionellen Norm des §  802f ZPO in §  807 Abs.  1 Satz  1 und 2 sowie Abs.  2 Satz  2 ZPO. 136  Die Aufklärungspflicht sollte die vollständige Angabe der Vermögensgegenstände fördern, da dem Schuldner vor Augen geführt wird, dass er sich dadurch in keinem Falle der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt. 137  BGH, NJW-RR 2007, 416; BGH, NJW-RR 2006, 996, 997. 138 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802c Rdnr.  5; Keller/Keller, Kap.  2 Rdnr.  89.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

tum e §  753 Abs.  3 S.  2 ZPO) oder durch Mitwirkung der Geschäftsstelle, §  753 Abs.  2 ZPO.139 Es müssen die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, also Vollstreckungstitel, Klausel und Zustellung140 sowie die besonderen Vollstre­ ckungsvoraussetzungen wegen einer Geldforderung, §§  751, 756 ZPO, vorlie­ gen.141 Dies hat der Gerichtsvollzieher von Amts wegen zu prüfen.142 Teilweise wird gefordert, der Gläubiger müsse dem Schuldner vor der Vermö­ gensauskunft eine Berechnung seiner Gesamtforderung darlegen.143 Dies ist jedoch vor dem Hintergrund, dass dem Schuldner eine vollstreckbare Ausferti­ gung zugestellt werden muss (§  750 ZPO) abzulehnen.144 Es dürfen keine Vollstreckungshindernisse bestehen.145 Hat der Schuldner innerhalb der letzten zwei Jahren bereits eine Vermögens­ auskunft nach §  802c ZPO (oder §  284 AO) abgegeben, kann der Gläubiger eine erneute Auskunft nur verlangen, wenn er wesentliche Veränderung in den Ver­ mögensverhältnissen des Schuldners glaubhaft macht, sog. Sperrfrist, §  802d ZPO.146 Schließlich darf dem Gläubiger das Rechtsschutzinteresse nicht fehlen, was der Fall ist, wenn er kein sachliches Interesse an der Zwangsvollstreckung hat.147 Das kann bei §  802c ZPO der Fall sein, wenn dem Gläubiger das Ver­mögen des Schuldners bereits bekannt ist148, jedoch nicht, wenn der Schuldner diese Kennt­ nis bloß behauptet.149 Ohne Rechtsschutzinteresse handelt der Gläubiger auch dann, wenn er sicher weiß, dass der Schuldner kein Vermögen vorzuweisen hat150 sowie insbesondere dann, wenn auf einfacherem Wege Befriedigung zu erlangen ist.151 Die Höhe der Forderung spielt indes keine Rolle für die Beurtei­ lung des Rechtsschutzbedürfnisses.152

139 Hk-ZV/Sternal,

§  802c Rdnr.  4. Heiderhoff/Skamel, ZV, Rdnr.  10. 141 Thomas/Putzo/Seiler, §  802c Rdnr.  4. 142  AG Strausberg, DGVZ 2006, 79. 143  LG Deggendorf, DGVZ 2006, 116 f. 144 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802c Rdnr.  9. 145 Schuschke/Walker/Walker, §  802c Rdnr.  2. 146 Thomas/Putzo/Seiler, §  802c Rdnr.  5. 147  Dazu Musielak/Voit/Lackmann, vor §  704 Rdnr.  23. 148  LG Frankenthal, Rpfleger 1981, 363. 149  LG Berlin, Rpfleger 1992, 168, 169. 150  LG Itzehoe, Rpfleger 1985, 153. 151  LG Darmstadt, DGVZ 2005, 27; LG Mannheim, MDR 1974, 148. 152  Neugebauer, MDR 2012, 1441, 1442. 140 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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Einzige „besondere“ Voraussetzung für die Auskunftserteilung nach §  802c ZPO ist das Nichtbegleichen der Forderung mit Ablauf der vom Gerichtsvollzie­ her gem. §  802f Abs.  1 S.  1 ZPO gesetzten Frist oder deren Entbehrlichkeit.153 5. Inhalt und Umfang der Vermögensauskunft Liegen die o.g. Voraussetzungen vor, ist der Schuldner verpflichtet, die Vermö­ gensauskunft folgenden Inhalts zu erteilen. a) Titelschuldner, Namen, Daten: Absatz  1 Handelt es sich beim Schuldner um eine natürliche Person, ist er zur Vermö­ gensauskunft höchstpersönlich verpflichtet, es sei denn, zum Zeitpunkt der An­ tragsstellung liegt Geschäftsunfähigkeit vor; in diesem Falle muss der gesetz­ liche Vertreter handeln.154 Bei mehreren gesetzlichen Vertretern kann der Ge­ richtsvollzieher in entsprechender Anwendung der §§  455 Abs.  1 S.  2, 499 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, wer die Auskunft zu erteilen hat.155 Liegt jedoch Gesamtvertretung vor, ist umstritten, ob alle Vertreter zu­ sammen handeln müssen156 oder nur die zur Gesamtvertretung notwendigen.157 Richtigerweise genügen die für die Gesamtvertretung erforderlichen Vertreter. Es ist nicht einleuchtend, aus welchem Grund bei der Vertretung bei der Vermö­ gensauskunft anderes gelten soll, als bei sonstigen Vertretungshandlungen. Das Erfordernis der Abgabe durch alle Vertreter erscheint „systemfremd“158. Die Auskunft muss Geburtsnamen, Geburtsdatum und Geburtsort enthalten, §  802c Abs.  1 Satz  1 a. E. ZPO. Bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen muss der gesetzliche Vertreter die Auskunft erteilen.159 Sind mehr als ein gesetzlicher Vertreter vor­ handen, genügt es, wenn einer davon zum Termin erscheint und die Vermö­ gensauskunft erteilt.160 Anzugeben sind hier Firma, Nummer des Registerblatts im Handelsregister sowie der Sitz, §  802c Abs.  1 Satz  2 ZPO.

153 

Harnacke, DGVZ 2012, 197, 200.

154 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich,

§  802c Rdnr.  9. Zur Stellvertretung bei der Abgabe der Vermögensauskunft insgesamt Sahm, NJW 2017, 1207. 155  BGH, NJW-RR 2009, 1. 156  LG Köln, Rpfleger 1970, 406; LG Frankfurt/Main, Rpfleger 1993, 502; Stein/Jonas/ Würdinger, §  802c Rdnr.  47. 157  OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 807, 808; Zöller/Seibel, §  802c Rdnr.  10. 158 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, §  802c Rdnr.  54. 159  AG Bochum, DGVZ 2001, 13; OLG Hamm, Rpfleger 1985, 121. 160 BGH, NJW-RR 2009, 1.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

b) Inhalt der Vermögensauskunft nach Absatz  2 aa) Auskunftspflicht des Schuldners Der Schuldner muss gem. §  802c Abs.  2 Satz  1 ZPO „alle“ ihm gehörenden Ver­ mögensgegenstände angeben; die Vermögensauskunftspflicht umfasst damit sowohl sein inländisches wie auch ausländisches Vermögen.161 Die Formulie­ rung „ihm gehörend“ ist dabei nicht technisch-sachenrechtlich im Sinne von Eigentum zu verstehen. Gemeint sind alle dem Schuldner faktisch zustehenden Positionen mit aktuell greifbarem Vermögenswert.162 Es sind also auch gepfän­ dete oder zur Sicherheit übereignete Gegenstände anzugeben.163 Die Vermö­ gensauskunft setzt sich zusammen aus der Vorlage eines Vermögensverzeich­ nisses und der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung.164 Dabei müssen die Angaben des Schuldners so vollständig, aussagekräftig und klar sein, dass der Gläubiger seine Vollstreckungsmöglichkeiten erkennen und diese auch ergrei­ fen kann.165 bb) Fragerecht des Gläubigers Unabhängig von der Auskunftspflicht des Schuldners steht dem Gläubiger auch ein Fragerecht zu. Bei diesem darf er schon bei Antragsstellung Angaben anre­ gen, die im amtlichen Vordruck nicht per se vorgeschrieben sind.166 Der Ge­ richtsvollzieher legt den Fragekatalog der Ladung an den Schuldner bei, §  136 Abs.  1 Satz  3 GVGA. Dies hat auch für den Schuldner den Vorteil, sich besser auf die Vermögensauskunft vorbereiten zu können, was zur Konsequenz hat, dass sich Nachbesserungen erübrigen. Grenzen des Fragerechts ergeben sich aus Absatz  1.167 Um dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners Rechnung zu tragen, müssen die Fragen allerdings ersichtlich einen Zusammenhang mit dem konkreten Lebenssachverhalt aufweisen und dürfen nicht der allgemeinen Ausforschung dienen.168

§  802c Rdnr.  24; Gottwald, IPRax 1991, 285, 291; Riezler, S.  665. §  802c Rdnr.  25. 163  BT-Drucks. 16/10069, S.  25. 164  Goebel, §  8 Rdnr.  47. 165 BGH, NJW 2004, 2452, 2453; OLG Bamberg, JurBüro 1988, 1422. 166  Spring, NJW 1994, 1108; Behr, JurBüro 1994, 193 f.; LG Cottbus, JurBüro 2000, 326, 327. 167  LG Bonn, JurBüro 2000, 101; Schmidt, Rpfleger 1998, 357, 358. 168 BGH, WM 2012, 805, 806. 161 Hk-ZV/Sternal,

162 Hk-ZV/Sternal,

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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cc) Anzugebende Vermögensgegenstände Der Schuldner muss gem. §  802c Abs.  2 Satz  1 ZPO „alle ihm gehörenden“ Ver­ mögensgegenstände angeben. Darunter fällt das gesamte Aktivvermögen des Schuldners, unabhängig von der technischen Eigentumslage und ob es sich im In- oder Ausland befindet.169 Vermögensgegenstände sind bewegliche und un­ bewegliche Sachen, Forderungen und sonstige Vermögensrechte.170 (1) Körperliche Sachen Körperliche Sachen sind einzeln inklusive Aufbewahrungsort zu bezeichnen, es sei denn, dieser ergibt sich von selbst.171 Unerheblich ist, ob an den Sachen Rechte Dritter bestehen, oder ob der Schuldner die Sachen sicherungsübereig­ net oder unter Eigentumsvorbehalt gekauft hat.172 Zwar sind grundsätzlich of­ fensichtlich unpfändbare Gegenstände des persönlichen Gebrauchs ausgenom­ men (§  802c Abs.  2 Satz  4 ZPO), sofern keine Austauschpfändung in Betracht kommt. Diese juristische Beurteilung kann sich schwierig gestalten, da auch geprüft werden muss, ob eine Austauschpfändung in Betracht kommt. Insofern sind im Zweifel alle Gegenstände aufzuführen, sodass der Gerichtsvollzieher dann über die Unpfändbarkeit entscheiden kann.173 Bei unbeweglichen Sachen sind bestehende Belastungen offenzulegen.174 (2) Forderungen Forderungen sind möglichst genau anzugeben, also mit ihrer Höhe und allen Daten, die der Gläubiger benötigt, um sie pfänden zu können, so wie die zustel­ lungsfähige Anschrift des Drittschuldners und Umstände, die den Zugriff des Gläubigers erschweren können.175 Es sind Grund der Forderung und Beweis­ mittel anzugeben, §  802c Abs.  2 Satz  2 ZPO. Auch künftige Forderungen (solche, die erst in Zukunft fällig werden) müs­ sen angegeben werden, jedenfalls dann, wenn bei der Pfändung Rechtsgrund und Drittschuldner hinreichend genau bestimmt sind.176 §  802c Rdnr.  24; Gottwald, IPRax 1991, 285, 291. §  802c Rdnr.  13 ff. 171  BGHZ 7, 287, 293 f.; Prütting/Gehrlein/Meller-Heinich, §  802c Rdnr.  14. 172 BGH, NJW 1960, 2200 (zum Eigentumsvorbehalt); LG Krefeld, Rpfleger 1979, 146 (zur Sicherungsübereignung). 173 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802c Rdnr.  21; Hk-ZV/Sternal, §  802c Rdnr.  28; Thomas/­ Putzo/Seiler, §  802c Rdnr.  14. 174  LG Berlin, Rpfleger 1978, 229. 175  BGH, NJW 2004, 2452, 2453; BGH, NJW 1957, 718. 176 BGH, NJW-RR 2011, 851. 169 Hk-ZV/Sternal,

170 Thomas/Putzo/Seiler,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

(a) Neuerungen für debitorische Konten und künftige Forderungen Fraglich ist indes, ob auch solche Forderungen angegeben werden müssen, die nicht werthaltig sind, wie beispielsweise debitorische Konten oder künftig erst entstehende Forderungen. Dafür streitet die Begründung des Gesetzesent­ wurfs.177 Hier manifestiert sich die Änderung der Rechtslage: Nach dem alten Recht sollten künftige Forderungen erst ab Pfändbarkeit anzugeben sein.178 Künftig entstehende Forderungen werden in den Gesetzesmaterialien erstmalig erwähnt. Für eine Angabe debitorischer Konten spricht, dass sich in Zukunft möglicherweise ein Aktivsaldo ergeben kann.179 Auf der anderen Seite ist frag­ lich, ob die Pflicht zur Angabe solcher Forderungen, die nicht dem Schuldner gehören (etwa weil noch gar nicht entstanden) von der gesetzlichen Formulie­ rung „ihm gehörend“ noch gedeckt ist.180 Hier wäre eine gesetzgeberische Klar­ stellung erfreulich gewesen. Im Rahmen der Forderungen sind auch Arbeitsverhältnisse anzugeben und zwar sowohl mit Brutto- als auch Nettolohn.181 Bei Schwarzarbeit sind Art und Umfang der Tätigkeit in die Vermögensauskunft einzubeziehen.182 Liegt Gele­ genheitsarbeit vor, muss derjenige Arbeitgeber genannt werden, für den sich in der Regel betätigt wird.183 Bei selbständiger Tätigkeit müssen die Geschäftsbeziehungen der letzten 12 Monate sowie Umfang und Art der Tätigkeit und jeweils die Vergütungen offen­ bart werden.184 (b) Problemfeld Unterhaltsansprüche Problematisch, insbesondere im Hinblick auf die abzuliefernden Beweismittel, ist das Darlegen von Unterhaltsansprüchen. Im Grundsatz gilt, dass auch solche Ansprüche angezeigt werden müssen.185 Fraglich ist dabei jedoch, wie konkret der Schuldner diese aufschlüsseln muss. So sind im Rahmen des Taschen­ geldanspruchs (§  1360a BGB) nicht nur Name und Anschrift des Drittschuld­ ners anzuführen, sondern gleichsam alle Tatsachen, aus denen sich die Höhe des Anspruchs herleiten lässt, insbesondere das (Netto-)Einkommen des Unter­ 177 

BT-Drucks. 16/10069, S.  25; Schuschke/Walker/Walker, §  802c Rdnr.  3. NJW 2003, 3774. 179  Goebel, §  8 Rdnr.  65. 180 Musielak/Voit/Voit, §  802c Rdnr.  11. 181  LG Köln, Rpfleger 1988, 322. 182  LG Wuppertal, DGVZ 1999, 120, 121. 183  LG Frankfurt, NJW-RR 1988, 383. 184 BGH, NJW-RR 2011, 851. 185  LG Aachen, JurBüro 1990, 659. 178 BGH,

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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haltsschuldners.186 Fraglich ist allerdings, ob generell zu den Einkünften eines Ehegatten und eines unterhaltsberechtigten Kindes im berufstätigen Alter ­A ngaben gemacht werden sollen. Der BGH bejaht dies mit der Begründung, es könne in Betracht kommen, dass die betroffenen Personen bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners nicht zu be­ rücksichtigen sind bzw. nach §  850c Abs.  4 ZPO ganz oder teilweise unberück­ sichtigt bleiben. Abhängig von den Einkünften des Unterhaltsberechtigten könnten sich dann für den Gläubiger die Vollstreckungschancen erhöhen.187 Es ist fraglich, ob dem gefolgt werden kann. Zum einen bietet der Wortlaut des §  802c Abs.  1 ZPO für solche Angaben keinen Anhaltspunkt, heißt es doch, es sei Auskunft über „sein Vermögen“, also bloß über das des Schuldners selbst zu erteilen. Außerdem ist für das Bestehen bzw. die Höhe eines Unterhaltsan­ spruchs nicht nur das Einkommen des gesetzlichen Unterhaltsberechtigten maßgeblich, sondern auch dessen Lebensbedarf, wie er sich aus beruflichen und persönlichen Bedürfnissen ergibt.188 Um den Umfang des pfändbaren Vermö­ gens des Schuldners in Abhängigkeit von dem zu leistenden Unterhalt zu ermit­ teln, müsste folgerichtig auch darüber Auskunft erteilt werden. Indes besteht für die Pflicht zu solchen Angaben keine gesetzliche Grundlage.189 Mangels Grundlage im Gesetz können damit Angaben über Einkünfte Dritter im Rah­ men von Unterhaltsansprüchen nicht verlangt werden. (3) Sonstige Rechte Sonstige Rechte wie beschränkt dingliche Rechte, Anwartschaftsrechte, Gesell­ schaftsanteile oder auch Internetdomains sind so genau anzugeben wie Forde­ rungen.190 (4) Veräußerungen und unentgeltliche Leistungen, Abs.  2 Satz  3 Gem. §  802c Abs.  2 Satz  3 Nr.  1 ZPO sind die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§  138 InsO), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach §  802f Abs.  1 ZPO und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, anzugeben. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme vom Grundsatz, dass nur das gegenwärtige Vermögen des Schuldners angegeben werden muss.191 „Veräußerung“ meint dabei nur die 186 

BGH, NJW 2004, 2452, 2453. FamRZ 2004, 1369, 1370 = NJW 2004, 2979, 2980. 188  BeckOK BGB/Beutler, §  1360a Rdnr.  2. 189 Zöller/Stöber (31.  Auflage), §  802c Rdnr.  22. A. A. nun Zöller/Seibel, §  802c Rdnr.  21. 190 Thomas/Putzo/Seiler, §  802c Rdnr.  24. 191 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802c Rdnr.  23. 187 BGH,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Übertragung von Sachen und Rechten, nicht jedoch Verpflichtungsgeschäfte – schließlich gehören die Gegenstände in diesem Fall noch zum aktuellen Vermö­ gen des Schuldners und sind daher bereits im Rahmen des Abs.  1 anzugeben.192 Der Begriff der nahestehenden Personen richtet sich nach §  138 InsO. Die Frist von zwei Jahren ist an §  3 Abs.  2, §  4 AnfG angepasst. Grund für die Pflicht zur Angabe dieser Veräußerungen ist, dass diese der Anfechtung nach §  3 Abs.  2 AnfG durch den Gläubiger respektive nach §  133 Abs.  2 InsO durch den Insol­ venzverwalter unterliegen können.193 Gem. §  802c Abs.  2 Satz  3 Nr.  2 ZPO sind unentgeltliche Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach §  802f Abs.  1 ZPO und bis Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, anzu­ geben, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richten. Auch das Telos dieser Norm liegt in der Gefahr der Anfechtung nach §  4 AnfG bzw. §  134 InsO. Es muss sich bei der Leistung nicht um eine Schenkung im technischen Sinne handeln.194 Es genügt das Fehlen einer Aus­ gleichsleistung durch den Empfänger.195 Etwaige Gegenleistungen sind daher anzugeben.196 Bei der Bestimmung, ob eine entgeltliche oder unentgeltliche Leistung vorliegt, ist ein objektiver Maßstab anzulegen und nicht etwa nach dem Parteiwillen zu fragen.197 6. Eidesstattliche Versicherung Der Schuldner hat gem. §  802c Abs.  3 Satz  1 ZPO persönlich zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Vermögensauskunft mit oben genanntem Inhalt nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben hat. Nach Satz  2 ist er über die Bedeutung zu belehren. Sinn und Zweck der Versicherung an Eides statt ist, den Schuldner im Zusammenspiel mit der Aufklärung über die strafrechtlichen Folgen einer falschen eidesstattlichen Aussage gem. §§  156, 161 StGB zu einer vollständigen und richtigen Vermögensauskunft zu bewegen.198

192 Musielak/Voit/Voit,

§  802c Rdnr.  21; Hk-ZV/Sternal, §  802c Rdnr.  41; Thomas/Putzo/ Seiler, §  802c Rdnr.  29 (mit falscher Paragraphenzitierung) stellt entgegen dem Wortlaut auf „entgeltliche Verträge“ ab. 193 Hk-ZV/Sternal, §  802c Rdnr.  41. 194  Allgemeine Meinung, vgl. nur BGH, BWNotZ 1991, 93; Hk-ZV/Haertlein, AnfG §  4 Rdnr.  7; Meller-Hannich, LMK 2012, 329801 (Anm. zu BGH, Urteil v. 08.12.2011 – IX ZR 33/11). 195 BGH, ZIP 2008, 1291, 1292. 196 Hk-ZV/Sternal, §  802c Rdnr.  43. 197 BGH, NJW 1991, 1610, 1611. 198  BT-Drucks. 16/10069, S.  25.

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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7. Zuständigkeit für die Abnahme der Vermögensauskunft Zuständig für die Abnahme der Vermögensauskunft ist gem. §  802e ZPO der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz respektive seinen Aufent­ haltsort hat. Es handelt sich dabei gem. §  802 ZPO um eine ausschließliche Zu­ ständigkeit in örtlicher und funktioneller Hinsicht.199 Da das Gesetz auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung abstellt, ist ein späterer Wechsel im Wohnoder Aufenthaltsort unerheblich (perpetuatio fori).200 Wird der Auftrag bei einem unzuständigen Gerichtsvollzieher gestellt, so hat dieser auf Gläubigerantrag hin die Sache an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiterzuleiten, was durch kurz begründete Verfügung oder Beschluss des Ge­ richtsvollziehers geschieht, §  802e Abs.  2 ZPO.201 Ohne entsprechenden Gläubi­ gerantrag wird die Abnahme der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvoll­ zieher kostenpflichtig abgelehnt.202 Führt hingegen ein unzuständiger Gerichts­ vollzieher das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft durch, lässt dies die Wirksamkeit der Vermögensauskunft unberührt.203 Entsprechend §  802e Abs.  1 ZPO bestimmt sich überdies auch die internatio­ nale Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers zur Abnahme der Vermögensaus­ kunft. Das heißt, dass bei einem Schuldner mit Wohnsitz im Ausland ein Auf­ enthaltsort in Deutschland die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers begrün­ det.204 Die EuGVVO hingegen ist damit nicht maßgeblich für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit.205 8. Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft, §  802f ZPO Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft richtet sich nach §  802f ZPO. Zunächst setzt der beauftragte Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Frist von zwei Wochen, um die Forderung zu begleichen, §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO, und bestimmt gleichzeitig einen Termin zur Abgabe der Vermögensaus­ kunft für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist, §  802f Abs.  1 Satz  2 ZPO. Der Termin ist vom Gerichtsvollzieher alsbald nach Fristablauf zu bestim­ men, also nicht unmittelbar danach, aber doch so zeitnah, dass ein zügiges Ver­

199 

BT-Drucks. 16/10069, S.  26. BT-Drucks. 16/10069, S.  26; Stein/Jonas/Würdinger, §  802e Rdnr.  5. 201  Sturm, JurBüro 2013, 63. 202 Thomas/Putzo/Seiler, §  802e Rdnr.  4. 203  BT-Drucks. 16/10069, S.  26. 204 Hk-ZV/Sternal, §  802e Rdnr.  8. 205  Wilhelm, in: ZVR-aktuell, 2.  Auflage, §  1 Rdnr.  70. 200 

46

Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

fahren möglich ist.206 Die unmittelbare Terminbestimmung soll als Warnung an den Schuldner gelten und ihm die Wichtigkeit, die Forderung innerhalb der zweiwöchigen Frist zu begleichen, vor Augen führen.207 Der Frist bedarf es nach dem neu eingeführten §  802f Abs.  1 Satz  4 ZPO nicht, wenn der Gerichts­ vollzieher den Schuldner bereits zur Zahlung aufgefordert hat und seit dieser Aufforderung zwei Wochen verstrichen sind, ohne dass diesbezüglich ein Er­ folg zu verzeichnen ist.208 Der Schuldner ist gem. §  802f Abs.  1 Satz  3 ZPO verpflichtet, zu dem vom Gerichtsvollzieher anberaumten Termin die Unterlagen mitzubringen, die er be­ nötigt, um seine Vermögensverhältnisse nachvollziehbar und vollständig dar­ stellen zu können, worüber gem. §  802f Abs.  3 Satz  1 ZPO zu belehren ist.209 Das Nichtmitbringen der Unterlagen hat für sich genommen für den Schuldner keine Konsequenzen. Kann er aber infolgedessen die Vermögensauskunft nicht vollständig oder richtig abgeben, gilt diese als nicht abgegeben.210 In der Regel wird der Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft in die Geschäftsräume des Gerichtsvollziehers geladen, §  802f Abs.  1 Satz  2 ZPO. Ab­ weichend davon kann die Abgabe der Vermögensauskunft gem. §  802f Abs.  2 Satz  1 ZPO auch in der Wohnung des Schuldners stattfinden, wobei dieser der Bestimmung der Abnahme in seiner Wohnung binnen einer Woche gegenüber dem Gerichtsvollzieher widersprechen kann, andernfalls gilt der Termin als pflichtwidrig versäumt, wenn der Schuldner die Vermögensauskunft zu diesem Termin aus von ihm zu vertretenen Gründen nicht abgibt, §  802f Abs.  2 Satz  2 und 3 ZPO. Die Abnahme der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuld­ ners erweist sich insbesondere dann als sinnvoll, wenn wegen dessen Lebens­ verhältnissen dort eher zu erwarten ist, dass dieser die erforderlichen Unter­ lagen zur Hand hat.211 Um ein geordnetes Verfahren zu gewährleisten, kann der Gerichtsvollzieher bei der Terminladung in der Wohnung des Schuldners für den Falle des Schuldner-Widerspruchs einen Termin in seinen Geschäftsräumen bestimmen.212

BT-Drucks. 16/10069, S.  26; Sturm, JurBüro 2013, 63, 64. §  802f Rdnr.  7. 208  Die Einführung des §  802f Abs.  1 Satz  4 ZPO wird damit begründet, dass für die Frist­ setzung dann kein Bedürfnis bestehe, wenn der Schuldner z. B. im Rahmen von gütlichen Erledigungsversuchen oder Pfändungsversuchen Zahlungsaufforderungen ausgesetzt war, BT-Drucks. 18/7560, S.  37. Dem ist zuzustimmen. 209  Sturm, JurBüro 2013, 63, 64. 210  Goebel, §  8 Rdnr.  134. 211  BT-Drucks. 16/10069, S.  26. 212  Wilhelm in ZVR-aktuell, 2.  Auflage, §  1 Rdnr.  69. 206 

207 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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Die Frist zur Ladung des Schuldners beträgt unter Berücksichtigung der dem Schuldner eingeräumten Zahlungsfrist von zwei Wochen 15 Tage ab Zustellung der Ladung inklusive letzter Zahlungsaufforderung.213 Nach §  802f Abs.  3 ZPO ist der Schuldner zu belehren über die erforderlichen Angaben bei der Vermögensauskunft, über seine Rechte und Pflichten aus §  802c Abs.  1 und 2 ZPO, über die Folgen eines unentschuldigten Versäumnis­ ses bzw. einer Verletzung seiner Auskunftspflichten und über die Möglichkeit der Einholung von Drittauskünften gem. §  802l ZPO sowie über die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis gem. §  882c ZPO. Für diese Belehrung kann sich der Gerichtsvollzieher Formblättern bedienen.214 Der Ladung ist überdies eine Abschrift des Vollstreckungsauftrages beizu­ fügen.215 Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz; da der Schuldner allerdings seine Interessen im Zwangsvollstreckungsverfahren wahrnehmen können muss, muss er durch die Abschrift des Vollstreckungsauftrages Kennt­ nis von dessen Inhalt erlangen können.216 Dies ist Ausfluss des Rechts des Schuldners auf rechtliches Gehör, Art.  103 GG, sowie dessen Recht auf ein ­faires Verfahren, Art.  3 Abs.  1 GG.217 Reicht der Gläubiger diese Abschrift nicht ein, berechtigt dies den Gerichtsvollzieher nicht dazu, die Terminbestimmung von dem Einreichen abhängig zu machen oder die Bearbeitung des Auftrags zurückzustellen, sondern der Gerichtsvollzieher muss die erforderliche Ab­ schrift auf Kosten des Gläubigers selbst erstellen und sodann mit der Auftrags­ bearbeitung fortfahren.218 Die Ladung zum Termin sowie die beizufügenden Unterlagen sind dem Schuldner zuzustellen, wobei Zustellung per Post genügt.219 Die Zustellung per­ sönlich durch den Gerichtsvollzieher kann unter Umständen sinnvoll sein, weil dadurch dem Schuldner der Ernst der Lage eher vor Augen geführt wird220; die Normierung einer Pflicht zur persönlichen Zustellung, wie teilweise, insbeson­ dere zur Herstellung der Verfassungsgemäßheit des §  802c ZPO, gefordert221, erscheint indes überflüssig.222 Es handelt sich bei der Zustellung gem. §  802f Abs.  4 Satz  1 ZPO um eine solche im Parteibetrieb, sodass sich die Zustellung 213 Hk-ZV/Sternal,

§  802f Rdnr.  6. BT-Drucks. 16/10069, S.  27. 215  BGH, DGVZ 2012, 46; Hk-ZV/Sternal, §  802f Rdnr.  13. 216  BGH, DGVZ 2012, 46, 47. 217  BGH, DGVZ 2012, 46, 47. 218  BGH, DGVZ 2012, 46, 47. 219 Musielak/Voit/Voit, §  802f Rdnr.  3. 220 Musielak/Voit/Voit, §  802f Rdnr.  3. 221  Seip, ZRP 2007, 23, 24. 222  Dazu bereits Teil 2 A. I. 3. a) aa) (4). 214 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

durch den Gerichtsvollzieher nach §  193 ZPO, die Zustellung per Post nach §  194 ZPO richtet.223 Dem Gläubiger ist die Terminanberaumung formlos zeitlich derart mitzu­ teilen, dass er oder ein Vertreter sowohl am Termin teilnehmen als auch das Fragerecht ausüben kann, §§  802f Abs.  4 Satz  2, 357 Abs.  2 ZPO.224 Nach Abgabe der Vermögensauskunft erstellt der Gerichtsvollzieher eine Aufstellung mit den nach §  802c Abs.  1 und 2 ZPO erforderlichen Angaben als elektronisches Dokument, das Vermögensverzeichnis, das dem Schuldner vor­ zulesen, zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben oder auf Verlan­ gen des Schuldners diesem als Ausdruck zur Verfügung zu stellen ist, §  802f Abs.  5 ZPO. Dieses Vermögensverzeichnis ist schließlich vom Gerichtsvollzie­ her beim zentralen Vollstreckungsgericht nach §  802k Abs.  1 ZPO zu hinter­ legen und dem Gläubiger als Ausdruck zuzuleiten, §  802f Abs.  6 ZPO. 9. Erneute Vermögensauskunft und Sperrfrist, §  802d ZPO Wie bereits dargelegt225, besteht im Rahmen der Zwangsvollstreckung und da­ mit auch in der Sachaufklärung ein Spannungsverhältnis zwischen den Interes­ sen des Gläubigers an einer effektiven Zwangsvollstreckung, hier ermöglicht durch Transparenz des Schuldnervermögens, und den Interessen des Schuld­ ners, insbesondere hinsichtlich seines Rechts auf informationelle Selbstbestim­ mung und seinem Interesse daran, nicht zu jeder Zeit sein Vermögen offenlegen zu müssen. §  802d ZPO ist Ausdruck dieses Spannungsverhältnisses und ver­ sucht, eben jenes durch einen schonenden Ausgleich aufzulösen.226 Nach §  802d ZPO ist ein Schuldner, der die Vermögensauskunft nach §  802c ZPO bzw. §  284 AO innerhalb der letzten beiden Jahren abgegeben hat, zur erneu­ ten Vermögensauskunft nur dann verpflichtet, wenn der Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnis­ se des Schuldners schließen lassen. Ist letzteres nicht der Fall, leitet der Gerichts­ vollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegeben Vermögensver­ zeichnisses bzw. auf Antrag des Gläubigers ein elektronisches Dokument zu. a) Voraussetzungen der erneuten Vermögensauskunft Die Frist, innerhalb derer der Schuldner nur unter den Voraussetzungen des §  802d ZPO erneut eine Vermögensauskunft abgeben muss, wurde auf zwei Jahre verkürzt. Dies dient dazu, auf der einen Seite die rasche wirtschaftliche Wilhelm, in: ZVR-aktuell, 2.  Auflage, §  1 Rdnr.  77. Wilhelm, in: ZVR-aktuell, 2.  Auflage, §  1 Rdnr.  79. 225  Siehe Teil 1 A. 226 Stein/Jonas/Würdinger, §  802d Rdnr.  1. 223 

224 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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Veränderung von Vermögensverhältnissen in der heutigen Zeit zu berücksichti­ gen und damit das Vermögensverhältnis möglichst aktuell zu halten, auf der anderen Seite aber das Interesse des Schuldners zu respektieren, nicht ständig erneut eine Vermögensauskunft abgeben zu müssen.227 Außerdem soll auf diese Weise eine (noch weitergehende) Überbelastung der Gerichtsvollzieher vermie­ den werden.228 Die Sperrfrist berechnet sich ab Abgabe der letzten Vermö­ gensauskunft gem. §  222 ZPO i. V. m. §§  187 ff. BGB.229 Auch wenn die Frist noch nicht abgelaufen ist, ist der Schuldner zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet, wenn der Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht (§  294 ZPO), die auf eine wesentliche Veränderung der Vermö­ gensverhältnisse schließen lassen, §  802d Abs.  1 Satz  1 ZPO. Der Gläubiger muss also nicht glaubhaft machen, dass sich das Vermögen des Schuldners als solches verändert hat. Dies wäre ihm auch gar nicht möglich, ist die Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich des Vermögens des Schuldners doch gerade das zu lösende Kernproblem der Sachaufklärung. Lediglich von den glaubhaft zu ma­ chenden Tatsachen muss auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensver­ hältnisse des Schuldners geschlossen werden können. Die Sperrfrist des §  802d Abs.  1 Satz  1 ZPO gilt für alle Gläubiger.230 Stellt ein Gläubiger innerhalb der Sperrfrist einen Antrag auf Abgabe der Vermö­ gensauskunft und macht er nicht solche Tatsachen glaubhaft, die auf eine we­ sentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen, so leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger gem. §  802d Abs.  1 Satz  2 ZPO einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu. Der Gerichtsvollzieher setzt den Schuldner dann über diese Zuleitung in Kennt­ nis und belehrt ihn über die Möglichkeit der Eintragung ins Schuldnerverzeich­ nis gem. §  882c Abs.  1 Satz  2 ZPO, §  802d Abs.  1 Satz  4 ZPO. Die erlangten Daten darf der Gläubiger gem. §  802d Abs.  1 Satz  3 ZPO nur zu vollstreckungsrechtlichen Zwecken nutzen und hat diese nach Zweckerreichung zu löschen, worüber er vom Gerichtsvollzieher zu belehren ist. Die Sperrfrist des §  802d ZPO gilt nicht für das Einholen von Drittauskünf­ ten gem. §  802l ZPO, da dem Gläubiger sonst wichtige Informationsquellen ab­ geschnitten würden und der Anreiz für den Schuldner, richtige und vollständige Angaben zu machen, sinken würde.231

227 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich,

§  802d Rdnr.  1. Goebel, §  8 Rdnr.  82. 229 Stein/Jonas/Würdinger, §  802d Rdnr.  9. 230 Thomas/Putzo/Seiler, §  802d Rdnr.  3. 231  BT-Drucks. 16/10069, S.  26. 228 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

b) Abgrenzung zur Nachbesserung Nicht von der Sperrfrist des §  802d ZPO umfasst ist eine abgegebene Vermö­ gensauskunft, die ungenau, unvollständig oder widersprüchlich ist – in diesen Fällen ist der Schuldner zur Nachbesserung verpflichtet.232 Es handelt sich hier­ bei um die Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens, da die Vermögensaus­ kunft noch nicht beendet war.233 Hergeleitet wird diese Annahme aus dem Rechtsgedanken des §  802c Abs.  3 ZPO, wonach die Vermögensauskunft rich­ tig und vollständig abzugeben ist.234 Diese Grundsätze wurden zum alten Recht entwickelt, sollen aber nach eindeutigem gesetzgeberischem Dafürhalten auch nach der Reform der Sachaufklärung Geltung beanspruchen.235 c) Beschränkungsbefugnis des Gläubigers? aa) Streitstand Heftig umstritten war die Frage, ob der Gläubiger den Antrag auf Einholen der Vermögensauskunft unter die Bedingung stellen kann, dass nicht bereits eine Vermögensauskunft abgegeben wurde, um damit auf die Zuleitung des Aus­ drucks zu verzichten.236 Der Gesetzgeber hat diesen Streit erkannt und durch Änderung des Satzes 2 geklärt: „Andernfalls leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu; ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung ist unbeachtlich.“237

Der Gesetzgeber begründet diese Entscheidung mit Verweis auf §  882c Abs.  1 Nr.  3 ZPO: Dort ist Voraussetzung für die Eintragung des Schuldners ins Schuldnerverzeichnis, dass dem Gläubiger ein Ausdruck der Auskunft zugelei­ tet wurde und der Schuldner nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Zuleitung die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachweist. Könn­ te der Gläubiger auf die Zuleitung verzichten, hätte er damit auch die Eintra­ gung des Schuldners ins Schuldnerverzeichnis in der Hand. Dies gefährde das

232 

BGH, NJW-RR, 2011, 667; BGH, WM 2009, 43. BGH, NJW 2004, 2979, 2980. 234 Stein/Jonas/Würdinger, §  802d Rdnr.  2. 235  BT-Drucks. 16/10069, S.  26. 236  Dafür: BGH, NJW 2017, 571; OLG Köln, DGVZ 2016, 13; OLG Dresden, DGVZ 2016, 34; OLG Schleswig-Holstein, DGVZ 2015, 88; OLG Hamm, BeckRS 2015, 06905; Harnacke/­ Bungardt, DGVZ 2013, 1, 4 (Fall 17); Musielak/Voit/Voit, §  802d Rdnr.  3. Dagegen: Seip, DGVZ 2016, 23; Seip, DGVZ 2015, 115; Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802d Rdnr.  5. 237  BGBl. I 2016, S.  2591, 2592; BT-Drucks. 18/7560, S.  9; Wasserl, DGVZ 2016, 139, 144. 233 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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Telos des Schuldnerverzeichnisses, nämlich die Offenlegung der Kreditunwür­ digkeit des Schuldners.238 bb) Bewertung der Gesetzesänderung Positiv zu bewerten ist die aus der gesetzgeberischen Entscheidung resultieren­ de Rechtssicherheit sowie die damit einhergehende Entlastung der Gerichte, die sich mit der Streitfrage nicht mehr auseinandersetzen müssen. Problematisch ist jedoch die Umsetzung. Durch das für Unbeachtlich-Erklären des Gläubigerwil­ lens wird die im Zwangsvollstreckungsrecht geltende Dispositionsmaxime239 umgangen. Die die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger sollen die Herrschaft über das Verfahren innehaben.240 §  802d Abs.  1 Satz  2 ZPO verkennt dieses Grundprinzip schlicht. Die Dispositionsmaxime fällt also dem Willen des Gesetzgebers zum Opfer, den Schuldner partout ins Schuldnerverzeichnis eintragen zu lassen. Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, wieso das Veröf­ fentlichen der Kreditunwürdigkeit des Schuldners das Recht des Gläubigers auf Lenkung seines Zwangsvollstreckungsverfahrens überwiegen soll. Schließlich wird der Gläubiger gezwungen, eine Vermögensauskunft zu erhalten, die ob ihres Alters gegebenenfalls unbrauchbar ist, obwohl sein ausdrücklicher Wille dem entgegensteht. Das Interesse des Gläubigers, keine beinahe zwei Jahre alte Vermögensauskunft zu bekommen, ist berechtigt und nachvollziehbar. Die Frist des §  802d ZPO wurde schließlich gerade auf zwei Jahre verkürzt, weil dem Gesetzgeber die schnell wandelnden Vermögensverhältnisse des Schuldners be­ kannt waren. Binnen zwei Jahren kann sich das Vermögen des Schuldners also soweit wandeln, dass die Auskunft für den Gläubiger unbrauchbar wird. Die automatische Weiterleitung dient gerade dem Gläubigerinteresse, indem der Verfahrensablauf beschleunigt wird.241 Die Entscheidung darüber, ob eine Zu­ leitung des Verzeichnisses erfolgt oder nicht, sollte dem Gläubiger obliegen. Auch das Argument, der Gläubiger könne sonst über die Eintragung des Schuld­ ners in das Schuldnerverzeichnis disponieren, kann nicht überzeugen; schließ­ lich obliegt es dem Gläubiger auch, überhaupt die Zwangsvollstreckung einzu­ leiten. Tut er dies nicht, unterbleibt die Eintragung des Schuldners ebenfalls.242 Erst auf einen zweiten Blick wird die wohl treibende Kraft hinter der neueren gesetzgeberischen Streitentscheidung sichtbar: Der Gläubiger muss sich nicht nur den Ausdruck der Vermögensauskunft aufzwingen lassen – er muss für 238 

BT-Drucks. 18/7560, S.  37. BGH, NJW 2017, 571, 572; Stamm, S.  110; Wendland, ZZP 129 (2016), 347, 351 ff. 240  BGH, NJW 2017, 571, 572; Stamm, S.  110. 241  BGH, NJW 2017, 571, 572. 242  So auch BGH, NJW 2015, 571, 573. 239 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

diese auch zahlen, Nr.  261 VV GVKostG. Man darf also zumindest kritisch hinterfragen, ob die Dispositionsmaxime des Gläubigers nicht dem Zweck des Schuldnerverzeichnisses, sondern dem Mammon zum Opfer fiel.243 Die Zah­ lungspflicht erscheint vor allem vor dem Hintergrund fragwürdig, als der Ge­ setzgeber behauptet, die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis liege im In­ teresse der Allgemeinheit, weshalb der Gläubiger nicht auf die Zuleitung ver­ zichten dürfe – dann stellt sich indes die Frage, wieso der Gläubiger für das Interesse der Allgemeinheit zu zahlen hat.244 Die Zuleitung des Ausdrucks soll­ te nach meinem Dafürhalten vom Willen des Gläubigers abhängig gemacht wer­ den dürfen. Dafür bedarf es auch keiner Änderung des ursprünglichen Gesetzes­ wortlautes, schließlich beansprucht die Dispositionsmaxime auch ohne konkre­ te Normierung Geltung. d) Kritik am Umfang der Sperrfrist Ursprünglich sollte im Rahmen der Reform die Sperrfrist auf ein Jahr reduziert werden.245 Im Laufe der Reformbemühungen kehrte man dann wieder zur DreiJahres-Frist zurück 246, bevor letztendlich die Zwei-Jahres-Sperrfrist gesetzlich verankert wurde. Der Gesetzgeber spricht von modernen, sich schnell wandeln­ den Lebensumständen, die eine Zwei-Jahres-Frist angemessen erscheinen lie­ ßen.247 Angesichts dieser sich schnell wandelnden Lebensumstände sollte die Frist von zwei Jahren allerdings kritisch hinterfragt werden. Wie eingangs be­ reits dargelegt, dient die neue Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung dazu, die Vermögensverhältnisse des Schuldners rasch aufzudecken. Im Vor­ dergrund steht nicht mehr primär das bewegliche Vermögen, das der Schuldner längere Zeit in seinem Eigentum hat, sondern der Schwerpunkt wird insbeson­ dere auf Kontoverbindungen und Lohnpfändungen gelegt. Gerade Vermögens­ werte in Form von Konten unterliegen aber einer erheblichen Fluktuation. Inso­ fern ist ein zwei Jahre altes Vermögensverzeichnis nicht als adäquates Abbild der Vermögensverhältnisse zu sehen und für den Gläubiger oftmals wenig brauchbar.248 Schützenswerte Belange des Schuldners müssen zwar berücksich­ tigt werden. Allerdings ist das Anliegen der Sachaufklärung, das Informations­ defizit des Gläubigers auszugleichen. Voraussetzung für diesen Ausgleich ist aber, dass der Gläubiger aktuelle, verwertbare Angaben erhält. Insofern wäre So auch B. Schmidt, JurBüro 2014, 395, 396. Goebel, FoVo 2016, 201 ff. („wirklich Übel“). 245  Nach altem Recht, §  903 ZPO, betrug die Sperrfrist drei Jahre. Zum Vorschlag der Ein-Jahres-Sperrfrist: Vorentwurf zur Reform der Sachaufklärung, ZVI 2007, 96. 246  BT-Drucks. 16/10069, S.  25. 247  BT-Drucks. 16/13432. 248  Gottwald, FS Schilken, 663, 671. 243 

244 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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ein Interessenausgleich dadurch zu schaffen, dass die Frist noch weiter verkürzt wird, idealerweise auf ein Jahr. So würde dem Gläubiger eine gewisse Aktuali­ tät gewährleistet, ohne den Schuldner über Gebühr zu belasten.249 Durch das zentrale und elektronische Führen der Vermögensverzeichnisse sollte auch eine Überbelastung des Gerichtsvollzieherwesens bei einer Ein-Jahres-Frist nicht zu erwarten sein.250 Die Begründung des Gesetzesentwurfes, die längere Frist diene der Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Schuldners251, erscheint in zweierlei Hinsicht fadenscheinig, gar geprägt von Doppelmoral: Zum einen sind die Begründungen der Drei-Jahres- und der Ein-Jahres-Frist kongruent, wird doch jeweils auf die Berücksichtigung „des Aktualitätsinteresses des Gläubi­ gers, der schutzwürdigen Belangen des Schuldners und der Belastung der Jus­ tiz“252 verwiesen. Ändert der Gesetzgeber seine Ansicht, sollte er dies indes begründen und sich nicht wie eine Fahne im Wind drehend ohne Begründungs­ aufwand für ein anderes Ergebnis entscheiden. Auch ein Vergleich mit anderen Regelungskomplexen lässt eine stringente Argumentation vermissen. So werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II grundsätzlich für sechs Monate bewilligt. Grund für diesen kurzen Bewilligungszeitraum ist die Notwendigkeit der Überprüfung der Hilfsbedürftigkeit des Leistungsempfän­ gers in regelmäßigen Abständen.253 Diese Hilfsbedürftigkeit des Antragsstellers ist Voraussetzung für das Empfangen von Leistungen zur Sicherung des Lebens­ unterhalts. Hilfsbedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt zumindest nicht aus­ reichend aus seinem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält, §  9 SGB II. Der Ge­ setzgeber geht also von der Erforderlichkeit eines Bewilligungszeitraums von sechs Monaten aus, um die Hilfsbedürftigkeit zu prüfen, da sich im Umkehr­ schluss innerhalb dieser sechs Monate die Vermögensverhältnisse des Schuld­ ners derart gewandelt haben können, dass eine Hilfsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Anders gewendet: Der Gesetzgeber erkennt das Problem sich schnell wandelnder Vermögensverhältnisse. Ist er selbst in der Position, Leistungen tä­ tigen zu müssen, wird postuliert, die Vermögensverhältnisse könnten sich bin­ nen sechs Monaten erheblich verändern. Bei der Sachaufklärung wird zwar das Problem sich schnell wandelnder Vermögensverhältnisse ebenfalls erkannt, hier wird jedoch ein Zeitraum von zwei Jahren als ausreichend angesehen, um das Vermögensverzeichnis des Schuldners als aktuell zu betiteln. Für diese unter­ Dafür auch Schilken, Rpfleger 2006, 629, 637. A. A.: Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 593; Schmidt, ZVI 2007, 57, 59. 251  BT-Drucks. 16/10069, S.  25 f. 252  Jäger/Schatz, ZVI 2008, 143, 147. 253  BT-Drucks. 15/1516, S.  63. 249  250 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

schiedliche Behandlung kann auch nicht das informationelle Selbstbestim­ mungsrecht des Schuldners ins Feld geführt werden. Schließlich wird dieses auch im Rahmen des SGB II tangiert, wenn der Schuldner zum Beispiel Konto­ auszüge der letzten sechs Monate vorlegen muss.254 Es ist unverständlich, wieso der Gesetzgeber den Aspekt der sich wandelnden Vermögensverhältnisse derart unterschiedlich in die gesetzlichen Normierungen einbringt.255 10. Fazit zur Selbstauskunft ohne Pfändungsversuch Die Vorverlagerung der Selbstauskunft gem. §  802c ZPO ist uneingeschränkt zu begrüßen und verfassungsgemäß. Wegen der Pflicht des Schuldners, auch solche Angaben zu tätigen, durch die er sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt, ist §  802c ZPO indes (teil-)verfassungswidrig. Dem sollte durch Einfü­ gen eines Verwendungsverbots hinsichtlich solcher Informationen begegnet werden. Der Gläubiger sollte darüber disponieren dürfen, ob ihm ein Abdruck des Vermögensverzeichnisses zugeleitet wird, oder nicht. Die Sperrfrist des §  802d ZPO ist von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen.

II. Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch: §  807 ZPO Trotz der Vorverlagerung der Vermögensauskunft bleibt es dem Gläubiger un­ benommen, zuerst einen Pfändungsversuch beim Schuldner zu unternehmen und erst bei dessen Erfolglosigkeit die Vermögensauskunft zu verlangen.256 Da­ bei sind der Antrag auf Pfändung und derjenige auf Abnahme der Vermö­ gensauskunft technisch voneinander zu trennen, können jedoch vom Gläubiger kombiniert werden, weshalb man bei §  807 ZPO auch von einem „Kombi-Auf­ trag“ spricht.257 1. Systematik §  807 ZPO befindet sich wie §  802c ZPO im 2. Abschnitt des 8. Buchs der ZPO und gilt damit nur für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen und hierbei nur für Zwangsvollstreckungen in das bewegliche Vermögen. Insofern besteht hinsichtlich der Systematik Klarheit. Indes ist die räumliche Abkoppe­ lung des §  807 ZPO von §  802c ZPO und den Rechtsfolgen der Vermögensaus­ kunft unglücklich geraten. Schließlich befindet sich §  807 ZPO systematisch 254 

LSG Bayern, Az. L 7 AS 347/14 B ER. Ähnlich, aber sehr allgemein, auch Goebel, §  8 Rdnr.  83. 256  BT-Drucks. 16/10069, S.  20. 257 Zöller/Herget, §  807 Rdnr.  3. 255 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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hinter §  802c ZPO, behandelt allerdings die gleiche Thematik und auch die Rechtsfolgen sind überwiegend dieselben, wie bei §  802c ZPO.258 Insofern be­ steht in zweierlei Hinsicht Verbesserungsbedarf: Zum einen spricht §  807 Abs.  1 Satz  1 ZPO davon, dass die Vermögensauskunft abweichend von §  802f ZPO sofort abgenommen werden kann. Ein unmittelbarer Rekurs zu §  802c ZPO wird nicht genommen. Insofern hätte die Wahlmöglichkeit des Gläubigers, zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens oder erst nach Pfändungsversuch die Ver­ mögensauskunft zu verlangen, klarer herausgestellt werden können.259 Zum an­ deren hätte die Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch systematisch zu­ sammen in einen Block mit dem Regelungskomplex der §§  802c ff. ZPO gehört. Schließlich liegt der Regelungsschwerpunkt des §  807 ZPO nicht auf der Pfän­ dung, sondern auf der Abnahme der Vermögensauskunft. Dies hätte zur Rege­ lungsklarheit beigetragen, die Verweisungen überflüssig gemacht und ein strin­ genteres Gesamtkonzept ergeben. 2. Voraussetzungen des §  807 ZPO Zunächst muss ein Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach einem Pfändungsversuch gestellt werden, §  807 Abs.  1 Satz  1 ZPO. Des Weiteren muss nach einem Pfändungsauftrag des Gläubigers der Schuld­ ner die Durchsuchung gem. §  758 ZPO verweigert haben (Nr.  1) oder der Pfän­ dungsversuch muss ergeben, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung führen wird (Nr.  2). 3. Rechtsfolgen des §  807 ZPO a) Kein Ermessen des Gerichtsvollziehers Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers abweichend von §  802f ZPO sofort abnehmen. Der Wortlaut lässt auf ein Ermessen des Gerichtsvollziehers schließen, ob er die Vermögensauskunft abnimmt. Allerdings wird man eine Pflicht des Gerichtsvollziehers zur Abnahme der Vermögensauskunft anneh­ men müssen.260 Dies ergibt sich zunächst daraus, dass der Gerichtsvollzieher gem. §  802a Abs.  1 ZPO auf eine zügige Beitreibung von Geldforderungen hin­ zuwirken hat. Dieser Zügigkeit würde es entgegenstehen, müsste der Gerichts­ 258 Musielak/Voit/Voit,

§  807 Rdnr.  1a. Würdinger, JZ 2011, 177, 183. 260 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, §  807 Rdnr.  8; Stein/Jonas/Würdinger, §  807 Rdnr.  1. A. A.: AG Augsburg, JurBüro 2014, 268; Thomas/Putzo/Seiler, §  807 Rdnr.  2; Prütting/­ Gehrlein/Tombrink, §  807 Rdnr.  4; wohl auch Wieczorek/Schütze/C. Schreiber, §  807 Rdnr.  7. 259 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

vollzieher bei jedem Antrag nach §  807 Abs.  1 ZPO eine Ermessensentschei­ dung treffen. Darüber hinaus wäre der Gläubiger sonst schlechter gestellt, als hätte er ohne Pfändungsversuch die Vermögensauskunft nach §  802c ZPO ver­ langt. Schließlich ist zu bedenken, dass §  882c Abs.  1 ZPO als Voraussetzung zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis insbesondere das Nicht-Nachkom­ men hinsichtlich der Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nennt. In der Begründung des Gesetzesentwurfes zu §  802d Abs.  1 Satz  2 ZPO nennt der Ge­ setzgeber nun das Argument, der Gläubiger dürfe das Offenlegen der Kreditun­ würdigkeit des Schuldners nicht in der Hand haben.261 Hätte der Gerichtsvoll­ zieher ein Ermessen dahingehend, ob er die Vermögensauskunft abnimmt oder nicht, so hätte er es auch letztlich in der Hand, ob er die Möglichkeit der Eintra­ gung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis eröffnet. Dies soll aber, nimmt man die Begründung des Gesetzgebers zur Änderung des §  802d ZPO ernst, nicht der Fall sein. Der Schuldner wird dadurch auch in keiner Weise be­ nachteiligt. Der Gläubiger könnte ohne vorherigen Pfändungsversuch den Ge­ richtsvollzieher mit Abnahme der Vermögensauskunft beauftragen und dem Schuldner steht gem. §  807 Abs.  2 ZPO ein Widerspruchsrecht zu, nachdem der Gerichtsvollzieher das normale Verfahren zur Abnahme der Vermögensaus­ kunft einzuleiten hat. Prima specie mutet dies als Auslegung contra legem an. Tatsächlich sollte aber wohl durch die Formulierung „kann der Gerichtsvoll­ zieher“ nur auf die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers hingewiesen werden, schließlich gilt §  802e ZPO hier gerade nicht.262 Die Betonung des Satzes liegt also auf „Gerichtsvollzieher“, nicht auf „kann“. Insofern ist die ermessensfreie Auslegung auch mit dem Wortlaut vereinbar.263 b) Abnahme der Vermögensauskunft Liegen die Voraussetzungen des §  807 ZPO vor, kann der Gerichtsvollzieher die Vermögensauskunft „abweichend“ von §  802f ZPO abnehmen; es bedarf also keiner Ladung des Schuldners etc. §  802f Abs.  5 und 6 ZPO finden indes An­ wendung; der Gerichtsvollzieher muss also ein Vermögensverzeichnis erstellen, dieses dem Schuldner vorlesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wie­ dergeben und ihm ggf. einen Ausdruck erteilen. Sodann ist das Vermögensver­ zeichnis beim zentralen Vollstreckungsgericht zu hinterlegen und dem Gläubi­ 261 

BT-Drucks. 18/7560, S.  37. §  807 Rdnr.  1. 263  Damit allerdings der semantische Gehalt dem Ziel des Gesetzgebers entspricht, sollte das Ermessen des Gerichtsvollziehers auch expressis verbis geregelt werden, vgl. dazu Koch/ Rüßmann, S.  166 f. So heißt es auch in §  802l Abs.  1 Satz  1 ZPO, der Gerichtsvollzieher „darf“ Daten erheben, obwohl der Gesetzgeber dezidiert nicht von einer Ermessensentschei­ dung ausgeht, BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 262 Stein/Jonas/Würdinger,

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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ger als Ausdruck zuzuleiten mit dem Vermerk, dass dieser mit dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses übereinstimmt. Gem. §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO steht dem Schuldner ein Widerspruchsrecht zu. Macht er von diesem Gebrauch, verfährt der Gerichtsvollzieher nach §  802f ZPO, wobei die Zahlungsfrist entbehrlich wird.

III. Das Vermögensverzeichnis nach §  802k ZPO als unmittelbare Folge der Abgabe der Vermögensauskunft Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft nach §  802c ZPO oder §  807 ZPO ab, erstellt der Gerichtsvollzieher ein elektronisches Dokument mit den vom Schuldner getätigten Angaben, das Vermögensverzeichnis, §  802f Abs.  5 Satz  1 ZPO (i. V. m. §  807 Abs.  1 Satz  2 ZPO). Bis zur Reform der Sachaufklärung wurde nicht differenziert zwischen Schuld­ nerverzeichnis und Vermögensverzeichnis. Es existierte allein das Schuldnerverzeichnis, das lokal bei den einzelnen Vollstreckungsgerichten ge­ führt wurde – in Papierform!264 Seit der reformierten Sachaufklärung wird strikt unterschieden zwischen dem Vermögensverzeichnis, §§  802f Abs.  5 Satz  1, 802k ZPO und dem Schuldnerverzeichnis, §§  882b ff. ZPO. 1. Zentrale elektronische Verwaltung Das Vermögensverzeichnis ist gem. §  802f Abs.  6 Satz  1 ZPO beim Vollstreckungs­ gericht zu hinterlegen. Nach §  802k Abs.  1 Satz  1 ZPO werden die Vermögensver­ zeichnisse landesweit von einem zentralen Vollstreckungsgericht in elektronischer Form verwaltet. Der Gesetzgeber hat also im 21. Jahrhundert die Abkehr von der Papierform vollzogen und eine landesweite Verwaltung bei einem zentralen Voll­ streckungsgericht (und damit nicht mehr bei einem jeden (!) Amtsgericht) instal­ liert. Dies soll der Effizienz der Zwangsvollstreckung und der Aufwandsminimie­ rung dienen.265 Nach §  802k Abs.  1 Satz  3 ZPO gilt dies auch für Vermögensaus­ künfte nach der Abgabenordnung oder dieser gleichstehenden bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen, soweit diese eine Hinterlegung anordnen. 2. Abrufen der Vermögensverzeichnisse Die hinterlegten Vermögensverzeichnisse können länderübergreifend im Inter­ net abgerufen werden, §  802k Abs.  1 Satz  2 ZPO. Allerdings ist diese Abfrage nicht jedermann gestattet. Es besteht insbesondere kein unmittelbares Ein­ 264  265 

BT-Drucks. 16/10069, S.  1. Dazu auch §  915 ZPO a. F. BT-Drucks. 16/10069, S.  29.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

sichtsrecht für den Gläubiger. Dieser kann eine Abschrift des Vermögensver­ zeichnisses lediglich über den Gerichtsvollzieher, z. B. im Rahmen des §  802d ZPO, verlangen.266 Abrufberechtigt sind nur der Gerichtsvollzieher zu Vollstreckungszwecken sowie dem Gerichtsvollzieher gleichgestellte Vollstreckungsbehörden, §  802k Abs.  2 Satz  1 und 2 ZPO. Ferner sind einsichtsberechtigt Vollstreckungs-, Insol­ venz- und Registergerichte sowie Strafverfolgungsbehörden, soweit dies der Erfüllung ihrer Aufgaben dienlich ist, §  802k Abs.  2 Satz  3 ZPO.267 3. Bestimmung des zentralen Vollstreckungsgerichts Nach §  802k Abs.  3 ZPO können die Landesregierungen qua Rechtsverordnung das jeweilige zentrale Vollstreckungsgericht bestimmen oder diese Aufgabe auf die Landesjustizverwaltung übertragen.268 Das zentrale Vollstreckungsgericht kann auch andere Stellen mit der Datenverarbeitung beauftragen, wobei die je­ weiligen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten sind, §  802k Abs.  3 Satz  3 ZPO. Die Stellen müssen nicht staatlich sein, sodass auch private Unter­ nehmen beauftragt werden können.269 4. Vermögensverzeichnisverordnung Durch die Ermächtigung in §  802k Abs.  4 ZPO wurde die Möglichkeit geschaf­ fen, Einzelheiten der Verwaltung der Vermögensverzeichnisse in der Vermö­ gensverzeichnisverordnung (VermVV)270 zu regeln. Insbesondere muss dort der durch die elektronische Verwaltung entstandenen Gefahr für den Datenschutz begegnet werden, durch Schutz vor unbefugter Kenntnisnahme, Garantie der Vollständigkeit der Einträge, fehlerfreie Zuordnung der Vermögensverzeichnis­ se sowie Protokollierung eines jeden Abrufs, §  802k Abs.  4 Satz  3 ZPO. 5. Löschung des Vermögensverzeichnisses Das Vermögensverzeichnis besitzt eine maximale Lebenserwartung von zwei Jahren. Danach ist es zu löschen, wenn nicht bereits vorher ein neues Vermö­ gensverzeichnis eingegangen ist, §  802k Abs.  1 Satz  4 ZPO. Die Löschung er­ folgt von Amts wegen.271 Jungbauer, JurBüro 2012, 629, 630. verfassungsrechtlichen Problematik wegen des Einsichtsrechts der Strafverfol­ gungsbehörden siehe Teil 2 A. I. 3. b). 268  Zu den zentralen Vollstreckungsgerichten siehe Jungbauer, JurBüro 2012, 629. 269 Hk-ZV/Sternal, §  802k Rdnr.  4. 270  BGBl. I 2012, S.  1663. 271 Hk-ZV/Sternal, §  802k Rdnr.  10. 266 

267 Zur

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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6. Unterschied zum Schuldnerverzeichnis Gibt der Schuldner eine Vermögensauskunft ab, wird diese digital erfasst und hinterlegt. Allerdings ist das Einsichtsrecht hinsichtlich dieses Vermögensver­ zeichnisses beschränkt. Vor allem Gläubiger können nicht unmittelbar darauf zugreifen. Daraus ergibt sich, dass dem Vermögensverzeichnis in seiner heuti­ gen Form keine Warnfunktion oder gar Prangerwirkung zukommt, sondern es lediglich der Verfahrensvereinfachung dient. Hingegen führt die Abgabe der Vermögensauskunft nicht automatisch zur Eintragung ins Schuldnerverzeichnis nach §§  882b ff. ZPO. In dieses Schuld­ nerverzeichnis ist jedem Einsicht gestattet, der ein gesetzlich vorgegebenes be­ rechtigtes Interesse daran zu haben darlegt, §  882f ZPO.272 Der Kreis der Ein­ sichtsberechtigten ist also deutlich weiter gefasst als beim Vermögensverzeich­ nis. Das entspricht dem Telos des Schuldnerverzeichnisses. Es soll dem öffent­lichen Interesse an einem redlichen Geschäftsverkehr dienen und die All­ gemeinheit vor einem zahlungsunwilligen oder -unfähigen Schuldner schützen und dessen Kreditunwürdigkeit offenlegen, ihm kommt also die dem Vermö­ gensverzeichnis fehlende Warnfunktion zu.273 Wegen der einschneidenden Wir­ kung des Schuldnerverzeichnisses genügt zur Eintragung noch nicht die bloße Abgabe der Vermögensauskunft, §  882c ZPO. Damit ist der Gesetzgeber end­ lich davon abgekommen, den pflichtbewussten Schuldner, der die Vermögens­ auskunft abgibt, damit zu bestrafen, dass er in das Schuldnerverzeichnis einge­ tragen und angeprangert wird.274 Seitdem die Vermögensauskunft bereits zum Beginn des Vollstreckungsverfahrens eingeholt werden kann, lässt sie keine Rückschlüsse auf die Kreditunwürdigkeit des Schuldners zu, sondern belegt allein die Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens.275 Insofern liegt hier eine sehr erfreuliche und längst überfällige Legislativtätigkeit vor.

IV. Folgen der nicht (richtig oder vollständig) abgegebenen Vermögensauskunft Die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft wäre wenig effektiv, würden sich keine negativen Folgen an die falsche oder gänzlich verweigerte Vermö­ gensauskunft anschließen. Um die Darstellung der Sachaufklärung abzurun­ den, sollen nun eben diese Folgen beleuchtet werden, deren Sinn darin besteht,

272 Zöller/Seibel,

§  882f Rdnr.  2. BT-Drucks. 16/10069, S.  36. 274  §  915 Abs.  1 ZPO a. F. 275  Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 592. 273 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

eine effektive und wirksame Sachaufklärung und damit Zwangsvollstreckung zu gewährleisten. 1. Eintrag ins Schuldnerverzeichnis Der Gesetzgeber hat in den §§  882b ff. ZPO das Schuldnerverzeichnis normiert. Diesem kommen zwei Funktionen zu: Primär fungiert das Schuldnerverzeich­ nis als Auskunftsregister über die Kreditunwürdigkeit einer Person.276 Darüber hinaus dienen die Regelungen dem öffentlichen Interesse an redlichem Ge­ schäftsverkehr sowie dem Schutz vor zahlungsunwilligen oder -unfähigen Ge­ schäftspartnern (Warnfunktion).277 a) Zentrale und elektronische Führung des Schuldnerverzeichnisses Wie das Vermögensverzeichnis wird auch das Schuldnerverzeichnis elektro­ nisch von je einem zentralen Vollstreckungsgericht in jedem Bundesland ver­ waltet, §  882h ZPO. Durch die zentrale elektronische Verwaltung soll sowohl die Justiz entlastet als auch der Schutz des Rechtsverkehrs verbessert werden.278 Wie auch beim Vermögensverzeichnis bestimmen die Landesregierungen qua Rechtsverordnung das zentrale Vollstreckungsgericht bzw. übertragen diese Befugnis auf die Landesjustizverwaltung, §  882h Abs.  2 Satz  1 und 2 ZPO. Auch wird das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz ermäch­ tigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zum Schuldnerverzeichnis zu regeln, §  882h Abs.  3 ZPO, was durch die Verord­ nung über die Führung des Schuldnerverzeichnisses (SchuFV)279 geschehen ist. Dabei müssen allerdings die Vorgaben des Datenschutzes beachtet werden, §  882h Abs.  3 Satz  2 ZPO. b) Eintragungsanordnung, §  882c ZPO Bei Vorliegen der Voraussetzungen ordnet der Gerichtsvollzieher von Amts we­ gen die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis an. Damit ist die Eintragung vom Gläubigerwillen unabhängig. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  1–3 ZPO nennt drei Ein­ tragungsgründe.

276 

BT-Drucks. 16/10069, S.  37. Vor §§  882b–882h, Rdnr.  1; BT-Drucks. 16/10069, S.  36. Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, §  882b Rdnr.  2 spricht von einem „modernen Pranger“ mit dem Ziel des Gläubigerschutzes. 278 Wieczorek/Schütze/C. Schreiber, §  882b Rdnr.  1. 279  BGBl. I 2012, S.  1654. 277 Hk-ZV/Sternal,

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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aa) Keine Abgabe der Vermögensauskunft, §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO Zunächst erfolgt die Eintragung für den Fall, dass der Schuldner seiner Ver­ pflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft überhaupt nicht nachkommt. Insofern dient das Schuldnerverzeichnis als Druckmittel auf den Schuldner, da­ mit dieser die Vermögensauskunft abgibt und stellt eine berechtigte, gar selbst­ verständliche Sanktion der pflichtwidrigen Nichtabgabe dar.280 (1) Kritik Teilweise wird dieser Eintragungsgrund kritisiert. Die Nichtabgabe der Vermö­ gensauskunft treffe keine unmittelbare Aussage über die Kreditwürdigkeit des Schuldners. Wenn dennoch die Nichtabgabe zur Eintragung führe, dann offen­ bare das Schuldnerverzeichnis die zahlungsunwilligen und unzuverlässigen, nicht aber die zahlungsunfähigen Schuldner.281 (2) Stellungnahme Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Eintragung wegen Verweigerung der Vermögensauskunft in der Tat zumindest keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Bonität des Schuldners zulässt und damit nicht konform geht mit dem Zweck des Schuldnerverzeichnisses, den Rechtsverkehr vor zahlungsunfähigen Schuldnern zu warnen. Wie aber bereits dargelegt, dient das Verzeichnis auch dem öffentlichen Interesse an einem redlichen Geschäftsverkehr. Ein Schuld­ ner, der die Vermögensauskunft pflichtwidrig nicht abgibt, kann indes nicht als redlicher Teilnehmer des Geschäftsverkehrs betrachtet werden. Insofern wird der Eintragungsgrund dem Zweck des Schuldnerverzeichnisses doch gerecht. Schließlich weist Schilken zu Recht darauf hin, dass die Weigerung zur Abgabe der Vermögensauskunft zumindest einen intuitiven Schluss darauf zulassen dürfte, dass auch kein Vermögen vorhanden ist.282 Damit erscheint die Voraus­ setzung des pflichtwidrigen Nichtnachkommens der Vermögensauskunfts­ pflicht als systematisch passendes Element im Rahmen des §  882c ZPO.283

Sturm, JurBüro 2013, 63, 65; Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 592. Hergenröder, DZWiR 2017, 351, 366; Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 11; Weber, S.  26; ­Schnigula, S.  112. 282  Schilken, Rpfleger 2006, 629, 639. 283  Die Kritik Hergenröders in DZWiR 2017, 351, 366 gerät zu kurz: Es sei nicht einzuse­ hen, weshalb eine Eintragung der Schuldner erfolgt, „sofern sie nur einmal die Vermögens­ auskunft abgeben mussten.“. Fügt man einen die tatsächliche Rechtslage wiedergebenden Zusatz an, wird der Vorwurf obsolet. Die Eintragung erfolgt, obwohl die Schuldner die Ver­ mögensauskunft nur einmal abgeben mussten und dies gerade nicht taten! Sofern auf andere 280  281 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Der Nichtabgabe der Vermögensauskunft steht es gleich, wenn der Schuldner pflichtwidrig nicht zum Termin erscheint, die Vermögensauskunft zwar abgibt, aber die eidesstattliche Versicherung verweigert, oder die zur Abgabe der Ver­ mögensauskunft erforderlichen Dokumente nicht vorlegt.284 bb) Aussichtslosigkeit, §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO Gem. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO hat die Eintragungsanordnung dann zu ergehen, wenn sich aus dem Vermögensverzeichnis ergibt, dass eine Vollstre­ ckung offensichtlich zur Gläubigerbefriedigung ungeeignet wäre. Das Vermö­ gensverzeichnis dient nach der gesetzgeberischen Intention nicht mehr der Aus­ kunft über die Kreditwürdigkeit des Schuldners, sondern soll bloße Sachaufklä­ rungsmaßnahme sein.285 Damit ist klar, dass die Abgabe der Vermögensauskunft per se keinen Eintragungsgrund darstellen kann. Zunächst soll der Gläubiger also auf Grundlage der Vermögensauskunft einen Vollstreckungsversuch unter­ nehmen.286 Ein solcher ist allerdings obsolet, wenn bereits der Inhalt des Vermö­ gensverzeichnisses offensichtlich die Fruchtlosigkeit des Vollstreckungsver­ suchs antizipiert. Hier knüpft §  882c Abs.  1 Nr.  2 ZPO an. Zur Eintragung kann es erst dann kommen, wenn eine Vermögensauskunft abgegeben wurde und sich aus dieser ergibt, dass eine Vollstreckung offensichtlich nicht zur Befriedi­ gung des Gläubigers führen wird. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlich­ keit impliziert eine Prognoseentscheidung des Gerichtsvollziehers.287 Dessen Kompetenz, diese Prognose zu treffen, wird gleichzeitig wiederum durch das Merkmal der Offensichtlichkeit eingeschränkt. Lediglich also wenn der Fall ganz klar liegt, dürfe die Eintragung angeordnet werden, im Zweifel hat diese Anordnung indes zu unterbleiben.288 cc) Fehlende vollständige Befriedigung, §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  3 ZPO Auch der Gesetzgeber scheint sich des Umstandes bewusst gewesen zu sein, dass die Beschränkung der Prognosebefugnis des Gerichtsvollziehers auf Of­ fensichtlichkeit und die Zweifelsregelung der Eintragung ins Schuldnerver­ zeichnis nicht dienlich sind. In Nr.  3 findet sich deswegen eine letzte Eintra­ gungsvoraussetzung, nämlich dass der Schuldner den Gläubiger nicht binnen Eintragungsgründe rekurriert wird, darf die Intention, nicht nur über zahlungsunwillige, sondern eben auch zahlungsunfähige Schuldner zu informieren, nicht verkannt werden. 284 Prütting/Gehrlein/Hilbig-Lugani, §  882c Rdnr.  3. 285  BT-Drucks. 16/10069, S.  37. 286  Sturm, JurBüro 2013, 63, 65. 287  Goebel, §  9 Rdnr.  31. 288  BT-Drucks. 16/10069, S.  37.

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft bzw. Zuleitung des Vermö­ gensverzeichnisses befriedigt. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, eine Zwangs­ vollstreckung sei nur dann aussichtsreich, wenn der Schuldner in der Lage ist, den Gläubiger zu befriedigen. Dieser Nachweis muss hier vom Schuldner durch die entsprechende Befriedigung erbracht werden. Der Gesetzgeber knüpfte be­ wusst nicht an den Vollstreckungserfolg, sondern an die materiell-rechtliche Anspruchsbefriedigung an.289 Darüber hinaus obliegt der Nachweis der Befrie­ digung nicht dem Gläubiger, sondern dem Schuldner, wobei eine bloße Glaub­ haftmachung nicht genügt, sondern der explizite Nachweis der Befriedigung erbracht werden muss.290 Geht also der Gerichtsvollzieher von einer offensicht­ lichen Erfolglosigkeit der Vollstreckungsmaßnahme aus, ordnet er die Eintra­ gung nach §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO an. Geht der Gerichtsvollzieher nicht von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit aus, wäre die Vollstreckung aber aussichtslos, weil der Schuldner bereits nicht in der Lage ist, den Gläubiger bin­ nen eines Monats zu befriedigen, so erfolgt die Eintragung gem. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  3 ZPO. Damit ergibt sich letztlich ein schlüssiges Gesamtkonzept. Die Eintragung darf indes nicht ergehen, solange ein Zahlungsplan nach §  802b ZPO291 festgesetzt und nicht hinfällig ist. c) Begründung Die Eintragungsanordnung ist kurz zu begründen und dem Schuldner zuzustel­ len für den Fall, dass sie ihm nicht mündlich bekanntgegeben und in das Proto­ koll aufgenommen wird, §  882c Abs.  2 ZPO. Abs.  2 wurde im Rahmen des Eu­ KoPfVODG292 wie folgt geändert: „ 2 Der Gerichtsvollzieher stellt sie dem Schuldner von Amts wegen zu, soweit sie ihm nicht mündlich bekannt gegeben und in das Protokoll aufgenommen wird (§  763 Absatz  1). 3Über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung entscheidet abweichend von §  186 Absatz  1 Satz  1 der Gerichtsvollzieher.“

Durch die Normierung der Zustellungsart wurde der Streit obsolet, ob es sich bei der Zustellung um eine Parteizustellung293 oder eine solche im Amtsbetrieb handelt.294 Die Warn- und Informationsfunktion des Schuldnerverzeichnisses 289 

BT-Drucks. 16/10069, S.  38. Goebel, §  9 Rdnr.  41. 291  Zu §  802b ZPO umfassend: Ott, Die Ratenzahlungsvereinbarung in der Zwangsvoll­ streckung (§  802b ZPO) und deren Bestand in der Insolvenz des Schuldners, Saarbrücken 2017. 292  BGBl. I 2016, S.  2591. 293  LG Stuttgart, DGVZ 2015, 115; LG Verden, DGVZ 2015, 61; Tenner, DGVZ 2015, 31; Gietmann, DGVZ 2016, 1, 3. 294  OLG Karlsruhe, DGVZ 2015, 208; OLG Düsseldorf, DGVZ 2015, 91. 290 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

liege im allgemeinen Interesse des Rechtsverkehrs und solle daher nicht zur Disposition des Gläubigers stehen.295 Schließlich wird dadurch die Streitfrage, ob die Zustellung auch öffentlich erfolgen kann, ad acta gelegt.296 d) Inhalt der Eintragungsanordnung Der Inhalt der Eintragungsanordnung richtet sich teilweise nach dem des Schuldnerverzeichnisses, §  882c Abs.  3 Satz  1 ZPO i. V. m. §  882b Abs.  2 und 3 ZPO. Kennt der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Daten nicht, holt er die Auskünfte bei den Stellen nach §  755 Abs.  1 und 2 Satz  1 Nr.  1 ZPO ein oder sieht das Handelsregister ein, 882c Abs.  3 Satz  2 ZPO. Das Einsichtsrecht in das Handelsregister soll de lege ferenda gestrichen werden, da in Zukunft dieses Einsichtsrecht in dem durch Abs.  3 Bezug genommenen §  755 ZPO geregelt werden soll.297 Der zusätzliche Verweis in Abs.  3 würde dadurch hinfällig werden. e) Vollziehung der Eintragungsanordnung, §  882d ZPO Der Schuldner kann gegen die Eintragungsanordnung binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe Widerspruch beim zuständigen (nicht dem zentralen) Voll­ streckungsgericht erheben, §  882d Abs.  1 Satz  1 ZPO. Die Frist berechnet sich nach §  222 ZPO. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit fand sich früher in §  900 Abs.  4 ZPO a. F. unmittelbar gegen die Pflicht zur Abgabe der Vermögensaus­ kunft. Da diese nach geltendem Recht indes bloßes Mittel der Sachaufklärung ist und die Abgabe nicht per se zur Eintragung ins Schuldnerverzeichnis führt, ist ein Widerspruch gegen die Abgabepflicht als solche überflüssig.298 Lässt der Schuldner die Widerspruchsfrist ablaufen, übermittelt der Gerichtsvollzieher die Eintragungsanordnung elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht, das wiederum die Eintragung des Schuldners veranlasst. Der Widerspruch hemmt nicht die Vollstreckung, hat also keine aufschiebende Wirkung, §  882d Abs.  1 Satz  2 ZPO. Darum kann das Vollstreckungsgericht nach Abs.  2 auf An­ trag des Schuldners die einstweilige Aussetzung der Vollstreckung anordnen. Wird dem zentralen Vollstreckungsgericht eine vollstreckbare Entscheidung vorgelegt, aus der sich das Aussetzen der Eintragungsordnung ergibt, hat es von der Eintragung abzusehen. Nach Abs.  3 ist der Schuldner über die Rechtsbehel­ fe zu belehren. 295 

BT-Drucks. 18/7560, S.  39. Hk-ZV/Sternal, §  882c Rdnr.  14. 297  BT-Drucks. 18/7560, S.  8, 10. 298 Prütting/Gehrlein/Hilbig-Lugani, §  882d Rdnr.  2. 296  Dazu

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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Das Widerspruchsrecht bildet einen besonderen Rechtsbehelf und ist lex spe­ cialis zu den §§  23 ff. EGGVG.299 Allerdings enthält §  882d ZPO keine eigenen Verfahrensregeln für den Widerspruch, weshalb die allgemeinen Vorschriften gelten: Der Widerspruch als Rechtsbehelf ist schriftlich oder zu Protokoll bei der Geschäftsstelle des nach §  764 Abs.  2 ZPO zuständigen Vollstreckungsge­ richts einzulegen, was sich aus §  496 ZPO ergibt.300 Das Vollstreckungsgericht, bei dem der Rechtspfleger gem. §  20 Abs.  1 Nr.  17 RPflG funktionell zuständig ist, entscheidet durch Beschluss, gegen den die sofortige Beschwerde beim Landgericht statthaft ist, wobei hiergegen wieder die Rechtsbeschwerde zum BGH gem. §§  574 ff. ZPO zugelassen werden kann.301 De facto führt das Widerspruchsrecht dazu, dass die Frist, innerhalb derer der Schuldner den Gläubiger befriedigen kann, um zwei Wochen verlängert wird. Denn befriedigt der Schuldner den Gläubiger innerhalb der Widerspruchs­ frist oder schließt er eine Zahlungsvereinbarung mit dem Gläubiger ab (§  802b ZPO), ist dem Widerspruch abzuhelfen, eine Eintragung ins Schuldnerverzeich­ nis hat zu unterbleiben.302 f) Inhalt des Schuldnerverzeichnisses, §  882b ZPO aa) Darstellung des Inhalts Der Inhalt des Schuldnerverzeichnisses richtet sich nach §  882b ZPO. Es wer­ den solche Personen eingetragen, deren Eintragung nach §  882c ZPO durch den Gerichtsvollzieher angeordnet wurde (Abs.  1 Nr.  1), deren Eintragung durch die Vollstreckungsbehörde nach Maßgabe des §  284 Abs.  9 AO (respektive einer Vollstreckungsbehörde nach einer gleichwertigen bundes- oder landesgesetzli­ chen Regelung) angeordnet wurde (Abs.  1 Nr.  2) oder die das Insolvenzgericht nach Maßgabe des §  26 Abs.  2 InsO bzw. §  303a InsO angeordnet hat. Der eigentliche Eintragungsinhalt bestimmt sich nach Abs.  2 und 3. Nach Abs.  2 sind Personalien sowie Firma und Nummer des Registerblatts des Han­ delsregisters anzugeben (Nr.  1), Geburtsdatum und -ort (Nr.  2) sowie (Wohn-) Sitz des Schuldners (Nr.  3). Abs.  3 beinhaltet Angaben zum Verfahren. Es ist jeweils das Datum der Ein­ tragungsanordnung anzugeben sowie der Eintragungsgrund.

299 Hk-ZPO/Rathmann,

§  882d Rdnr.  1. Schreiber, §  882d Rdnr.  3; a. A.: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, §  882d Rdnr.  11 (zuständig sei das zentrale Vollstreckungsgericht und gerade nicht das Vollstreckungsgericht der §§  764, 802 ZPO). 301  Goebel, §  9 Rdnr.  58. 302  Goebel, §  9 Rdnr.  57. 300 Wiezcorek/Schütze/C.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

bb) Kritik Nicht ins Schuldnerverzeichnis einzutragen sind hingegen das Datum der Ab­ gabe der Vermögensauskunft, das Datum der Haftanordnung sowie die Voll­ streckung der Haft. Im besten Fall ist dem Gesetzgeber hier ein Flüchtig­ keitsfehler unterlaufen, im schlechtesten Fall handelt es sich um eine bewusste Wertentscheidung. Dabei ist an die unter zu §  802d ZPO geäußerte Kritik anzu­ knüpfen.303 Dort wurde moniert, dass der Gläubiger nach der Änderung des §  802d Abs.  1 Satz  2 ZPO den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nicht dahingehend bedingen darf, dass nicht innerhalb der Sperrfrist des §  802d ZPO bereits eine Vermögensauskunft abgenommen wurde. Mit anderen Wor­ ten: Der Gläubiger wird nicht auf die kostenpflichtige Zuleitung eines Aus­ drucks des Vermögensverzeichnisses verzichten können. Man sollte annehmen, dem Gläubiger solle ein Rest an Entscheidungsspielraum verbleiben. Dies könn­ te offensichtlich dadurch geschehen, dass eine Bedingung zwar ausgeschlossen wird, er sich aber soweit informieren kann, dass er in der Lage ist, eine fundier­ te Entscheidung darüber zu treffen, ob er überhaupt einen Antrag beim Ge­ richtsvollzieher stellt. Hierfür bedarf der Gläubiger allerdings einer Informa­ tionsquelle, die ihm eine Basis für diese Entscheidung bietet. Das Vermögens­ verzeichnis als solches scheidet aus, da dem Gläubiger hier kein unmittelbares Einsichtsrecht zukommt.304 Es verbleibt das Schuldnerverzeichnis als Erkennt­ nisquelle. Dort besteht zwar bei berechtigtem Interesse ein Einsichtsrecht (§  882f ZPO), indes wird nur der Tag der Eintragungsanordnung, nicht der Tag der Abgabe der Vermögensauskunft, datiert. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die die Zwei-Jahres-Frist des §  802d ZPO mit Abgabe der Vermögensauskunft beginnt, unbefriedigend.305 Wie bereits erörtert, ist die bloße Abgabe der Ver­ mögensauskunft nämlich kein Eintragungsgrund. Ergibt sich aber aus dem Ver­ mögensverzeichnis, dass die Vollstreckung zumindest nicht offensichtlich keine Gläubigerbefriedigung erzielt, hat der Schuldner noch einen Monat Zeit, seine Forderung zu begleichen oder eine Ratenzahlungsvereinbarung abzuschließen. In diesem Monat ergeht keine Eintragung; der Gläubiger kann in dieser Zeit folglich nicht eruieren, ob und wann eine Vermögensauskunft abgegeben wur­ de. Durch die zweiwöchige Widerspruchsfrist, die faktisch noch zum Beglei­ chungszeitraum hinzukommt, summiert sich die Zeit zwischen Abgabe der Ver­ mögensauskunft und Eintragung ins Schuldnerverzeichnis auf mindestens ei­ nen Monat und zwei Wochen – bei wohlwollender Berechnung und unter der Annahme des reibungslosen Ablaufs. Der Gläubiger kann also nicht genau be­ 303 

Teil 2 A. I 9. c). Teil 2 B. I. 3. b). 305 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, §  802d Rdnr.  35. 304 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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stimmen, wann nun die Zwei-Jahres-Sperrfrist des §  802d ZPO abgelaufen ist und wann er eine aktuelle Vermögensauskunft verlangen darf, ohne sich eine alte Vermögensauskunft aufzwingen lassen zu müssen, die er bezahlen muss.306 Aus staatlicher Sicht ist dies ein stimmiges Konzept: Der Gläubiger wird seiner Dispositionsmaxime beraubt, zu Gebühren gezwungen und überdies wird durch undurchsichtige Datierungen eine taktische Vorgehensweise verwehrt. Der Gläubiger wird demgegenüber eine diametrale Ansicht vertreten. Dieser Fehler mutet insbesondere deshalb unverständlich an, da nach altem Recht noch das Datum der Abgabe der Vermögensauskunft einzutragen war, §  1 Abs.  1 Nr.  3 SchuVVO a. F. Dies sollte auch in Zukunft wieder der Fall sein. g) Einsichtsrecht in das Schuldnerverzeichnis, §  882f ZPO aa) Darstellung Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis ist jedermann gestattet, der ein be­ rechtigtes Interesse darlegen kann.307 Dieses berechtigte Interesse ergibt sich aus dem Katalog des Satzes 1. Die Daten aus §  882b ZPO müssen benötigt wer­ den zum Zwecke der Zwangsvollstreckung (Nr.  1), um Pflichten hinsichtlich der Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit zu erfüllen (Nr.  2), um die Voraus­ setzungen für das Gewähren von öffentlichen Leistungen zu überprüfen (Nr.  3), um wirtschaftliche Nachteile abwenden zu können, die dadurch entstehen, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen (Nr.  4), zum ­Zwecke der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung (Nr.  5) oder zur Aus­ kunft über Eintragungen, die den Einsichtssuchenden selbst betreffen (Nr.  6). Die Informationen sind an den Zweck, für den sie übermittelt wurden, gebun­ den und sind nach Zweckerreichung zu löschen. Nicht öffentliche Stellen sind darüber zu informieren. bb) Kritik an der Löschungsanordnung? Jäger/Schatz kritisieren die Löschungsanordnung bei Zweckerreichung. Nach erfolgter Zwangsvollstreckung könnten noch Rechtsstreitigkeiten über die For­ derung entstehen, wobei der Gläubiger nach erfolgter Löschung Beweisproble­ men ausgesetzt sei. Die gesetzlichen Bestimmungen über Aufbewahrungs­f risten und die Regelungen des BDSG seien hinsichtlich der Schuldnerbelange ausrei­ chend.308 Es wird dabei auf die gleichlautende Kritik bezüglich der Löschungs­ anordnung bei §  802d Abs.  1 Satz  3 ZPO verwiesen. Die Kritik geht an dieser So auch Goebel, §  9 Rdnr.  20. §  882f Rdnr.  1. 308  Jäger/Schatz, ZVI 2008, 143, 151. 306 

307 Hk-ZV/Sternal,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Stelle fehl. Zum einen finden sich, wie sich aus §  882b ZPO ergibt, im Schuldner­ verzeichnis keine Angaben hinsichtlich der Forderung; es ist also nicht ersicht­ lich, wie durch die Löschung Beweisprobleme entstehen können. Darüber hinaus könnten solche für den Gläubiger nur dann entstehen, wenn die Informationen, die aus dem Schuldnerverzeichnis ersichtlich wären, nach der monierten Lö­ schung nicht mehr einsehbar sind. Dies ist indes nicht der Fall, wie das Verfahren der Einsichtnahme, das näher in der SchuFV ausgestaltet ist, offenbart. Bei der Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis erfolgt eine elektronische Übermitt­ lung von Daten in einheitlich strukturierten Datensätzen, §  8 Abs.  1 SchuFV. Der Nutzer, der Gläubiger, erhält also nach seiner Registrierung (§  7 SchuFV) selbst nicht nur Einsicht in das Verzeichnis, sondern die Einsicht als solche wird durch die Übermittlung der relevanten Daten aus dem Schuldnerverzeichnis an den Gläubiger im Rahmen des elektronischen Informations- und Telekommuni­ kationssystems der Länder im Internet verwirklicht. Diese übermittelten Daten sind es, die gem. §  9 Abs.  2 SchuFV gelöscht werden müssen. Der Inhalt des Schuldnerverzeichnisses als solcher wird demnach nicht gelöscht, sondern der der übermittelten Daten. Dies ergibt sich auch aus systematischen Erwägungen: Schließlich sind die Gründe, die zur Löschung des Inhalts des Schuldnerver­ zeichniseintrags führen, abschließend in §  882e ZPO genannt. Besteht hinsicht­ lich des vom Gläubiger verfolgten Zwecks noch Unklarheit, so kann der Zweck in der Regel noch nicht erfüllt, eine Löschung ergo nicht anzuordnen sein. Sollte die Löschung dennoch vorgenommen werden, hat der Gläubiger keine weiteren Beweisschwierigkeiten, kann er doch, da der Zweck noch fortbesteht, wieder Einsicht in das Schuldnerverzeichnis nehmen, da die dortigen Angaben wie dar­ gestellt noch existieren. Die oben genannte Kritik verdient damit keinen Ap­ plaus. Die Löschungsanordnung belastet den Gläubiger nicht unangemessen. h) Löschung des Verzeichniseintrags, §  882e ZPO Die maximale Lebensdauer eines Schuldnerverzeichniseintrages beträgt gem. §  882e ZPO drei Jahre ab dem Tag der Eintragungsanordnung, bevor dieser vom zentralen Vollstreckungsgericht (von Amts wegen309) gelöscht wird. Gem. Abs.  2 ist die Entscheidung über die Löschung bzw. ihre Versagung vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle justiziabel; gegen seine Entscheidung wiederum findet Erinnerung gem. §  573 ZPO statt. Damit hat der Gesetzgeber eine Spezialregelung zu §  23 EGGVG geschaffen, der wegen der Einordnung der Führung des Vermögensverzeichnis als Justizverwaltungsangelegenheit (§  882h Abs.  2 Satz  3 ZPO) eigentlich einschlägig wäre.310 309  310 

BT-Drucks. 16/10069, S.  40. Goebel, §  9 Rdnr.  64.

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Eine vorzeitige Löschung erfolgt gem. Abs.  3, wenn der Schuldner die voll­ ständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen hat (Nr.  1), das Fehlen oder der Wegfall des Eintragungsgrundes bekannt geworden ist (Nr.  2) oder die Aus­ fertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich er­ gibt, dass die Eintragungsanordnung aufgehoben oder einstweilen ausgesetzt ist (Nr.  3). Für die Anordnung zur vorzeitigen Löschung ist der Rechtspfleger des zentralen Vollstreckungsgerichts zuständig, §  20 Abs.  1 Nr.  17 RPflG311. Ist die Eintragungsanordnung von Beginn an fehlerhaft, ist die Eintragung durch den Urkundsbeamten bei der Geschäftsstelle zu ändern, Abs.  4. Wird da­ durch der Schuldner oder ein Dritter beschwert, ist die Erinnerung nach §  573 ZPO statthaft. i) Erteilung von Abdrucken, §  882g ZPO aa) Allgemeines Gem. §  882g ZPO können bestimmten, in Abs.  2 genannten, Stellen Abdrucke des Schuldnerverzeichnisses zum laufenden Bezug erteilt werden. Diese Stellen sind Kammern (Nr.  1), Antragsteller, welche Abdrucke benötigen zur Errich­ tung und Führung nicht öffentlicher zentraler Schuldnerverzeichnisse (Nr.  2), sowie Antragsteller, deren Interesse durch das reguläre Einsichtsrecht nach §  882f ZPO nicht hinreichend Rechnung getragen wird. Bei den Abdrucken handelt es sich um eine von vorneherein auf größere Stückzahl angelegte und vollständige Reproduktion des Schuldnerverzeichnisses.312 Mittelfristig möchte der Gesetzgeber prüfen, ob das Bedürfnis für die Erteilung von Abdrucken noch fortbesteht.313 Die Voraussetzungen richten sich maßgeblich nach der durch die Verordnungsermächtigung des Abs.  8 ermöglichten Verordnung über den Bezug von Abdrucken aus dem Schuldnerverzeichnis (SchuVAbdrV).314 bb) Bewertung Bei §  882g ZPO handelt es sich um eine umständliche Regelung, die der Gesetz­ geber, was er auch selbst erkennt, in Zukunft überprüfen und überdenken sollte. Durch das stufenmäßige Weiterleiten greifbarer Informationen wird in die Per­ sönlichkeitssphäre des Schuldners eingegriffen.315 Dies ist durch das neue Sys­ tem der Führung der Schuldnerverzeichnisse aber nicht notwendig. Vor allem 311 Hk-ZV/Sternal,

§  882e Rdnr.  8.

312 Prütting/Gehrlein/Hilbig-Lugani, 313 

BT-Drucks. 16/10069, S.  41. 314  BGBl. I 2012, S.  1685. 315 Hk-ZV/Sternal, §  882g Rdnr.  5.

§  882g Rdnr.  2.

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die Verantwortlichkeit der Bezieher für die Löschung der Daten (§  882g Abs.  6 ZPO) ist hinsichtlich des Datenschutzes gut gemeint, aber ein recht schwaches Instrumentarium, um den Interessen des Schuldners gerecht zu werden. Werden danach die Bezieher wegen ihrer Verantwortlichkeit zur Löschung zu den „Wächtern“ des Datenschutzes erhoben, stellt sich die Frage: „Quis custodiet ipsos custodes?“ Eine Möglichkeit, diese wohl überflüssige Norm zu beseitigen und den Interessen der bezugsberechtigten Stellen dennoch gerecht zu werden, besteht darin, den Bezugsberechtigten des Abs.  2 einen Einsichtsgrund nach §  882f ZPO zu gewähren. Für die Bezugsberechtigten nach Abs.  2 Nr.  3 ist dies nicht weiter sinnbringend. Hier könnte in §  882f ZPO die Möglichkeit eingebaut werden, für diese Gruppe Abdrucke zuzulassen, sofern das besondere Interesse hinreichend dargetan wird (durch Glaubhaftmachung, §  294 ZPO) und die Be­ zieher ähnlich §  7 SchuldVAbdrV durch Zwangsgeld zur Löschung angehalten werden. So würde sich der Verweisungsdschungel des §  882g ZPO erübrigen, der Schuldner müsste nicht in dem Bewusstsein leben, dass mehrere Stellen noch Informationen über ihn in Papierform haben, sondern wäre sich über die Bündelung seiner Informationen bewusst; gleichzeitig wären die aktuell be­ zugsberechtigten Stellen nicht benachteiligt und die Normstruktur des Schuld­ nerverzeichnis ein wenig klarer. 2. Erzwingungshaft, §  802g ZPO Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder bleibt er dem Termin zur Abgabe unentschuldigt fern, so kann unter den Voraussetzungen des §  802g ZPO Haftbefehl gegen den Schuldner ergehen. a) Normzweck Die Erzwingungshaft gegen den Schuldner stellt keine reine Sanktionierung wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft dar, sondern soll Druckmittel sein, diese noch abzugeben.316 b) Keine verfassungsmäßigen Bedenken Die Erzwingungshaft greift in das Recht des Schuldners auf Freiheit der Person gem. Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG ein.317 In dieses Recht darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden, Art.  2 Abs.  2 Satz  3 GG i. V. m. Art.  104 Abs.  1 GG. In Frage steht, ob §  802g ZPO ein solches Gesetz darstellt oder seinerseits unverhältnismäßig ist und daher nicht als taugliche Schranke dienen kann. Zum Fischer/Weinert, DGVZ 2006, 33, 34; Stein/Jonas/Würdinger, §  802g Rdnr.  1; Thomas/­ Putzo/Seiler, §  802g Rdnr.  1. 317  BVerfG, NJW 1983, 559; Jarass/Pierroth/Jarass, Art.  2 Rdnr.  1. 316 

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alten Recht wurde entschieden, dass die Erzwingungshaft (§  901 ZPO a. F.) ver­ hältnismäßig und daher verfassungsgemäß ist.318 Es ist zu eruieren, ob diese Wertungen auch auf das neue Recht übertragbar sind. Schließlich lag der zitierten Entscheidung des BVerfG noch die Rechtslage zu Grunde, nach der die Erzwingungshaft erst nach einem vorherigen Pfän­ dungsversuch beantragt werden konnte. De lege lata ist die Erzwingungshaft hingegen unmittelbar nach Titelerlangung möglich, wenn der Schuldner die Ab­ gabe der Vermögensauskunft verweigert. Das BVerfG begründete seine oben genannte Entscheidung zu §  901 ZPO a. F. damit, dass der Schuldner die Frei­ heitsentziehung ohne Weiteres durch Abgabe der Vermögensauskunft abwenden könne.319 Die Verpflichtung zur Abgabe sei ohne Schwierigkeiten zu erfüllen.320 Habe der Schuldner tatsächlich keinen pfändbaren Vermögensgegenstand, er­ leide er keinen Nachteil; ist er zahlungsfähig, verdiene er keinen Schutz.321 Da­ rüber hinaus bestehe ein öffentliches Interesse daran, dem Vollstreckungsgläu­ biger unter Berücksichtigung des Selbsthilfeverbots die Verwirklichung seines Anspruchs zu ermöglichen, wozu die Vermögensauskunft nun einmal diene und diese wiederum müsse durch das Zwangsmittel der Haft gefördert werden; dies komme auch der Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtsordnung zu­ gute.322 Diese Aspekte können auch nach neuem Recht ohne Weiteres Geltung beanspruchen. Wie bereits in dieser Arbeit dargestellt323, ist die vorangestellte Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft selbst verfassungsgemäß. §  802g ZPO ist damit nur Mittel zur Durchsetzung einer verfassungsgemäßen Maß­ nahme. Außerdem kann der Schuldner, trotz der Unmittelbarkeit der Vermö­ gensauskunft, die Folgen des §  802g ZPO ebenso einfach abwenden – insofern spielt es keine Rolle, ob die Abgabe vor oder nach einem Pfändungsversuch er­ folgt. Auch das Argument der Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtsord­ nung ist unproblematisch auf die geltende Rechtslage übertragbar. Ist bereits die vorgezogene Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft verfassungsgemäß und lassen sich die Argumente zur Verfassungsgemäßheit der Erzwingungshaft nach altem Recht auch für die neue Rechtslage fruchtbar machen, ist auch §  802g ZPO verfassungsgemäß. Insofern geht auch die Kritik Seips324 fehl. Zwar gesteht er ein, der Schuldner könne auch bei der Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft die Haft durch Pflichterfüllung abwenden, dies sei aber 318 

BVerfG, NJW 1983, 559; Zöller/Seibel, §  802g Rdnr.  1 (auch zum neuen Recht). BVerfG, NJW 1983, 559. 320  BVerfG, NJW 1983, 559. 321  BVerfG, NJW 1983, 559. 322  BVerfG, NJW 1983, 559. 323  Teil 2 A. I. 3. a). 324  Seip, ZRP 2007, 23, 24. 319 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar. Plakativ auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinzuweisen und unter diesem Mantel ­K ritik zu üben, erscheint aber zu oberflächlich. Schließlich ist doch der Aspekt, dass der Schuldner mit Mitteln, die sich, wie das BVerfG formuliert, „ohne Schwierigkeiten erfüllen lassen“325, der maßgebliche. Dieser Umstand ist aber unabhängig vom konkreten Zeitpunkt, zu dem der Schuldner seiner Verpflich­ tung nachkommen muss. Das Zeitmoment spielt also weder für die Möglichkeit des Schuldners, die Sanktion abzuwenden, noch für die Aspekte der mangeln­ den Schutzbedürftigkeit und der Wahrung der Rechtsordnung eine Rolle. §  802g ZPO ist also verfassungsgemäß. c) Anwendungsbereich des §  802g ZPO Wie sich aus der systematischen Stellung des §  802g ZPO ergibt, findet §  802g ZPO Anwendung im Vollstreckungsverfahren wegen einer Geldforderung.326 In systematischer Hinsicht gilt §  802g ZPO zunächst für §  802c ZPO. Hinsichtlich §  807 ZPO gestaltet sich die Lage komplex: Widerspricht der Schuldner der so­ fortigen Abnahme, gilt gem. §  807 Abs.  2 ZPO §  802f ZPO mit Ausnahme der Fristsetzung. Es wird also ein Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an­ beraumt.327 Bleibt der Schuldner diesem unentschuldigt fern, gilt wiederum §  802g ZPO, sodass auf Antrag des Gläubigers Haftbefehl ergehen kann. Wider­ spricht der Schuldner nicht, verweigert aber dennoch die Abgabe der Vermö­ gensauskunft, kann die Sofortabnahme als Termin i. S. d. §  802g ZPO angese­ hen werden, dem unentschuldigt ferngeblieben wurde; es ergibt keinen Sinn, das Verweigern als konkludenten Widerspruch aufzufassen, sodann nach §  807 Abs.  2 ZPO i. V. m. §  802f ZPO einen Termin zu bestimmen und dem Schuldner wieder die Möglichkeit zu bieten, eine Vermögensauskunft abzugeben, wenn er eben diese bereits verweigert hat.328 d) Synoptische Darstellung der Voraussetzungen Haftbefehl gegen den Schuldner wird, im Gegensatz zur Eintragung ins Schuld­ nerverzeichnis, nur auf Gläubigerantrag erlassen, §  802g ZPO. Zuständig für den Erlass des Haftbefehls ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht (§  764 ZPO), das alle Voraussetzungen der Haft von Amts wegen zu prüfen hat.329 Der Antrag auf Erlass des Haftbefehls kann indes trotz dieser Zuständigkeit auch 325 

BVerfG, NJW 1983, 559. Metz, NJW 2015, 3340, 3341. 327 Hk-ZV/Sternal, §  807 Rdnr.  12. 328 Musielak/Voit/Voit, §  802g Rdnr.  3. 329 Hk-ZPO/Rathmann, §  802g Rdnr.  7. 326 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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beim Gerichtsvollzieher gestellt werden, der ihn dann an das zuständige Voll­ streckungsgericht weiterleitet.330 Neben dem Gläubigerantrag müssen die Voraussetzungen des §  802c ZPO bzw. §  807 ZPO und damit auch alle allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzun­ gen vorliegen.331 Die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft muss fortbe­ stehen. Wurde eine solche abgegeben und liegen die Voraussetzungen des §  802d ZPO nicht vor, darf auch nicht erneut Haftbefehl ergehen. Als wesentliche Voraussetzung der Haft muss ein Haftgrund vorliegen. Der Schuldner muss entweder dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft un­ entschuldigt fernbleiben oder die Abgabe der Vermögensauskunft gem. §  802c ZPO ohne Grund verweigern, §  802g Abs.  1 Satz  1 ZPO.332 Es dürfen keine Vollstreckungshindernisse entgegenstehen. Das ist beispiels­ weise von der Eröffnung bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Fall, da in diesem Zeitraum die Individualvollstreckung für den Gläubiger verboten ist, §  89 InsO.333 Schließlich muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Dies ist insbesondere bei geringfügigen Forderungen relevant oder im Falle evidenter Leistungsunfähigkeit des Schuldners. Hinsichtlich geringfügiger Forderungen gilt, wie ganz allgemein, dass die Zwangsvollstreckung und damit die Erzwin­ gungshaft anwendbar sein müssen, da ansonsten Gläubiger solcher Forderungen benachteiligt wären.334 Anders verhält es sich bezüglich der evidenten Leis­ tungsunfähigkeit. Hier wäre es schikanös, würde der Gläubiger in dem Wissen, dass seine Vollstreckungsmaßnahmen nicht zu seiner Befriedigung führen kön­ nen, den Schuldner durch seinen Haftantrag in Erzwingungshaft bringen. Inso­ fern fehlt dem Gläubiger in diesem Falle das Rechtsschutzbedürfnis.335 e) Verfahren und Inhalt des Haftbefehls Wie oben bereits dargelegt, prüft das Gericht von Amts wegen das Vorliegen der Voraussetzungen der Haft. Insbesondere muss die Zwei-Jahres-Frist des §  802h Abs.  1 ZPO beachtet werden. Der Haftbefehl ist dem Schuldner vor sei­ ner Vollziehung nicht zuzustellen, Abs.  1 Satz  3. Daraus ergibt sich, dass dem Schuldner auch vor Vollziehung der Haft kein Gehör zu schenken ist.336 Der Inhalt des Haftbefehls richtet sich nach §  802g Abs.  1 Satz  2 ZPO. 330 

BGH, NJW 2015, 2268. Metz, NJW 2015, 3340, 3343. 332  Dazu Schuschke/Walker/Walker, §  802g Rdnr.  3 f. 333 Stein/Jonas/Würdinger, §  802g Rdnr.  34. 334 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802g Rdnr.  6. 335  BVerfG, NJW 1983, 559. 336 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802g Rdnr.  9. 331 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

f) Die Verhaftung Wurde Haftbefehl erlassen, kann dieser durch den Gerichtsvollzieher, der auch Gewalt anwenden darf, §  758 Abs.  3 ZPO, vollstreckt werden, §  802g Abs.  2 Satz  1 ZPO. Der Zweck der Verhaftung entfällt allerdings, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung wegen der drohenden Haft erbringt oder die Vermö­ gensauskunft abgibt. In diesen Fällen tritt Verbrauch des Haftbefehls ein.337 Nach §  802g Abs.  2 Satz  2 ZPO ist dem Schuldner bei Verhaftung der Haftbe­ fehl zu übergeben. Bisweilen war umstritten, ob es sich bei dieser Übergabe um eine Parteizustellung338 oder um Amtszustellung339 handelt. Diese kostenrecht­ lich relevante Frage wurde durch eine Änderung des Satzes 2 zugunsten der Amtszustellung geklärt. g) Unzulässigkeit der Haftvollstreckung, §  802h ZPO Die Haftvollstreckung ist unzulässig, wenn seit Erlass des Haftbefehls zwei Jahre vergangen sind, §  802h Abs.  1 ZPO sowie gegen einen Schuldner, dessen Gesundheit gerade durch die Haftvollstreckung einer erheblichen Gefahr ausge­ setzt würde, Abs.  2. Aus Abs.  2 folgt der Schluss, dass die Gefahr der Gesund­ heitsbeeinträchtigung dem Erlass des Haftbefehls nicht entgegensteht.340 h) Vermögensauskunft während der Haft, §  802i ZPO Der Schuldner hat die Möglichkeit, zu jeder Zeit während der Haft Abnahme der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht des Haftortes zu verlangen, §  802i Abs.  1 ZPO. Gibt der Schuldner in diesem Rah­ men die Vermögensauskunft ab, ist er aus der Haft zu entlassen, §  802i Abs.  2 Satz  1 ZPO. Benötigt der Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft Unter­ lagen, kann der Gerichtsvollzieher einen Termin bestimmen und bis dahin die Haft aussetzen, §  802i Abs.  3 Satz  1 ZPO. Für das Verfahren gelten §  802f Abs.  5 und 6 ZPO entsprechend. i) Dauer der Haft, §  802j ZPO Die Maximaldauer der Haft beträgt sechs Monate, woraufhin der Schuldner von Amts wegen zu entlassen ist, Abs.  1. Wird der Schuldner ohne sein Zutun auf Antrag des Gläubigers entlassen, ergeht auf Antrag desselben Gläubigers keine 337 Wieczorek/Schütze/Paulus,

§  802g Rdnr.  14 f. Winter, DGVZ 2003, 137; Schwörer, DGVZ 2003, 152. 339  Kessel, DGVZ 2004, 51. 340 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802g Rdnr.  9. 338 

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Erneuerung der Haft, Abs.  2. Für den Schuldner, gegen den die Haft vollstreckt wurde, gilt nach Abs.  3 für eine erneute Haft innerhalb der folgenden zwei Jah­ ren §  802d ZPO. 3. Strafrechtliche Konsequenzen Der Gläubiger läuft nicht nur Gefahr, dass der Schuldner das Vermögensver­ zeichnis nicht abgibt, sondern es besteht auch die Möglichkeit, dass der Schuld­ ner unrichtige Angaben macht. Werden solche falschen Angaben vorsätzlich (§  15 StGB) gemacht, ist dies strafbar nach §  156 StGB, bei Fahrlässigkeit droht Bestrafung gemäß §  161 Abs.  1 StGB.341 4. Einholung von Drittauskünften Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach, ist der Gerichtsvollzieher befugt, Drittauskünfte gem. §  802l ZPO einzu­ holen. Ob der besonderen Bedeutung dieser Norm wird diese jedoch gesondert behandelt.

V. Weitere Maßnahmen zur Sachaufklärung Bei den bisher dargelegten Maßnahmen handelt es sich im Rahmen der ersten Spur der Sachaufklärung um deren Kernregelungen. Es bestehen noch weitere, bzw. flankierende Handlungsoptionen, die im Folgenden erwähnt werden sollen. 1. §  806a ZPO: Mitteilungen und Befragung durch den Gerichtsvollzieher Hat der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung einer Geldforderung in das beweg­ liche Vermögen eingeleitet, liegen die allgemeinen Vollstreckungsvorausset­ zungen vor und konnte eine Pfändung nicht bewirkt werden oder führt eine solche voraussichtlich nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers, er­ öffnen sich die Sachaufklärungsmöglichkeiten des §  806a ZPO. Gem. Abs.  1 teilt der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger Namen und Anschriften der Dritt­ schuldner, den Forderungsgrund sowie die Gründe für bestehende Sicherheiten mit, soweit er durch Befragung des Schuldners oder durch Einsicht in Doku­ mente Kenntnis von solchen Geldforderungen des Schuldners gegen Dritte er­ langt hat. Dem Gerichtsvollzieher steht insofern kein Ermessen zu.342

341 MüKoZPO/Wagner, 342 Hk-ZV/Kindl,

§  802c Rdnr.  33. §  806a Rdnr.  9.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Trifft der Gerichtsvollzieher den Schuldner bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen nicht in dessen Wohnung an, ist er nach pflichtgemäßem Er­ messen berechtigt, die zum Hausstand des Schuldners gehörenden erwachsenen Personen nach dem Arbeitgeber des Schuldners zu befragen, Abs.  2. Es besteht aber für diesen Personenkreis keine Auskunftspflicht, worauf der Gerichtsvoll­ zieher hinzuweisen hat, Abs.  2 Satz  3. Das Recht zur Befragung und zu Mitteilungen bietet sich als einleitende Maßnahme zur Sachaufklärung an, bevor das (teurere) Mittel der Vermö­ gensauskunft gewählt wird.343 Da aber keine Verpflichtung des betroffenen Per­ sonenkreises zur Antwort besteht und das Fragerecht thematisch begrenzt ist, bestehen Zweifel, ob Gläubiger sich erst dieser stumpfen Waffe344, der nur noch ergänzende Bedeutung zukommt345, bedienen wollen. 2. §  12 GBO: Suche nach Grundeigentum §  12 Abs.  1 Satz  1 GBO erlaubt es „jedem“, bei berechtigtem Interesse Einsicht in das Grundbuch zu nehmen. Ein solches berechtigtes Interesse liegt vor, wenn ein Gläubiger beabsichtigt, in unbewegliches Vermögen des Schuldners zu voll­ strecken.346 Besteht für den Gläubiger also die Vermutung, der Schuldner könne über Grundbesitz verfügen, stellt §  12 GBO eine Möglichkeit dar, diesen Grund­ besitz ausfindig zu machen. Dadurch kann der Gläubiger in einem weiteren Schritt solche Grundstücke, die wertaufzehrend belastet sind, von seinem Voll­ streckungsvorhaben ausnehmen, aber auch durch etwaige Belastungen die Bank als Drittschuldner für Pfändungen feststellen, was beispielsweise bei Ansprü­ chen auf Rückgewähr eines Grundpfandrechts oder bei einem Übererlös aus dem Zwangsversteigerungsverfahren für den Gläubiger interessant sein kann.347 3. §  755 ZPO: Die Aufenthaltsermittlung als vorbereitende Sachaufklärungsmaßnahme Um die Zwangsvollstreckung in die Wege zu leiten, muss der Gläubiger wissen, wo sich der Schuldner aufhält bzw. dieser seinen Wohnsitz hat. Nur so kann dem Schuldner z. B. eine vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsauftra­ ges nach §  754 ZPO übergeben oder eine Sachpfändung eingeleitet werden. Der Gläubiger als Privatperson hat dabei nur eingeschränkte Möglichkeiten, an ent­ sprechende Informationen zu gelangen. Da nach altem Recht also noch der Goebel, §  3 Rdnr.  10. Würdinger, JZ 2011, 177, 180. 345 Hk-ZV/Kindl, §  806a Rdnr.  1. 346  Demharter, §  12 Rdnr.  9. 347  Dierck/Griedl, NJW 2013, 3201, 3202. 343 

344 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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Gläubiger für die Ermittlung des Aufenthaltsortes oder des Wohnsitzes zustän­ dig war, bedeutete dies für ihn regelmäßig eine Verzögerung des Verfahrens durch den daraus resultierenden Zeitaufwand. §  755 ZPO überträgt nun dem Gerichtsvollzieher die Zuständigkeit für die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Schuldners, um eine Zeitersparnis herbeizuführen.348 Zuständig ist, da §  755 ZPO keine eigene Aussagen hierzu trifft, der Gerichtsvollzieher, der auch für die letztbekannte Adresse des Schuldners zuständig war, §  17 Abs.  1 Satz  1 GVO; in Ermangelung einer letztbekannten Anschrift richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Bezirk des Wohnortes des Gläubigers, §  17 Abs.  1 Satz  1 GVO. Die Befugnisse des Gerichtsvollziehers sind subsidiär aufgebaut. Zunächst können bei der Meldebehörde die gegenwärtige Anschrift des Schuldners sowie Haupt- und Nebenwohnsitz erfragt werden (§  755 Abs.  1 Satz  1 ZPO); außerdem darf in das Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts-, Unternehmens- oder Vereinsregister Einsicht genommen werden (Abs.  1 Satz  2 Nr.  1) oder Auskunft von den nach Landesrecht zuständigen Behörden hinsichtlich eines Gewerbes des Schuldners eingeholt werden (Abs.  1 Satz  2 Nr.  2). Erst wenn diese Maßnah­ men keinen Erfolg brachten, können nach Abs.  2 Angaben vom Ausländerzent­ ralregister (Nr.  1), von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr.  2) oder vom Kraftfahrt-Bundesamt (Nr.  3) verlangt werden.

VI. Zwischenfazit: Die erste Spur der Sachaufklärung Der Gesetzgeber hat die Vermögensauskunft an den Beginn der Zwangsvoll­ streckung positioniert, dem Gläubiger jedoch die Möglichkeit, zunächst einen Pfändungsversuch zu unternehmen und alsdann die Vermögensauskunft zu verlangen, unbenommen gelassen. Die Pflicht zur sofortigen Vermögensaus­ kunft ist mit all ihren Folgen verfassungsgemäß.349 Diese Voranstellung ist eine Konsequenz der sich wandelnden Vermögensverhältnisse. Dem Gläubiger stets einen Pfändungsversuch aufzubürden, bevor er über das Vermögen des Schuld­ ners Auskunft verlangen konnte, war schlicht nicht mehr zeitgemäß. Diese Vor­ verlagerung der Vermögensauskunft stellt daher eine erfreuliche Neuerung im System der Sachaufklärung dar, war auf der anderen Seite jedoch überfällig und beinahe zwingend. Ebenso erfreulich ist, dass der Gesetzgeber endlich eine zen­ trale und insbesondere elektronische Verwaltung und Führung der Vermögensund Schuldnerverzeichnisse eingeführt hat. Insofern ist der Gesetzgeber in zweierlei Hinsicht „erwacht“ und hat den Schritt ins „Heute“ gewagt: Zum ei­ 348  349 

BT-Drucks. 16/10069, S.  23; Zöller/Seibel, §  755 Rdnr.  1. Teil 2 A. I. 3. a).

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

nen durch die Vermögensauskunft des Schuldners, zum anderen durch die ­zentralisierte und elektronische Verwaltung. Insofern liegt tatsächlich und, was die technische Verwaltung angeht, sogar rein faktisch ein „Sprung vom 19. ins 21. Jahrhundert“350 vor. 1. Was bleibt: Das Risiko der Insolvenzanfechtung Isoliert betrachtet kann man der vorgezogenen Vermögensauskunft keine un­ mittelbaren Nachteile nachsagen. Vor dem Hintergrund der Gefahr der Insol­ venzanfechtung ergibt sich aber bei einem Vergleich zwischen isolierter und kombinierter Vermögensauskunft folgendes Bild: Nach altem Recht war ledig­ lich ein kombinierter Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft möglich. Unternahm der Gerichtsvollzieher einen Pfändungsversuch unter Androhung der Abnahme der Vermögensauskunft und gab der Schuldner infolgedessen nach und beglich die Forderung des Gläubigers durch Zahlung an den Gerichts­ vollzieher, so stellte diese Zahlung laut BGH eine Rechtshandlung des Schuld­ ners dar, die nach §  133 InsO für zehn Jahre anfechtbar ist (Vorsatzanfech­ tung).351 Allerdings bestand wegen des Kombi-Auftrags, der auch einen Sach­ vollstreckungsauftrag beinhaltete, die Möglichkeit, dass der Gerichtsvollzieher das Geld pfändete352 , was die Zahlung ihrer Freiwilligkeit beraubte, die Rechts­ handlung damit unfreiwillig machte und damit den Tatbestand des §  133 InsO versperrte.353 Stellt nun der Gläubiger nach geltendem Recht einen isolierten Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft, lädt der Gerichtsvollzieher den Schuldner in seine Geschäftsräume zwecks Abgabe der Vermögensauskunft354 und sieht den Schuldner dort erstmals von Angesicht zu Angesicht. Möchte der Schuldner hier seine offene Verbindlichkeit begleichen, fehlt dem Gerichtsvollzieher wegen des isolierten Auftrages die Möglichkeit, den Betrag zu pfänden. Dadurch be­ steht, macht der Gläubiger von seinem neuen Recht der vorgezogenen Vermö­ Würdinger, JZ 2011, 177, 187. Es handelt sich dabei um eine sog. „Druckzahlung“, also eine Leistung, die der Schuld­ ner zur Abwendung einer drohenden Zwangsvollstreckung in Selbstbestimmung tätigt, vgl. BGH, NZI 2010, 184 = NJW 2010, 1671 (zur Zahlung nach Androhung der Vermögens­ auskunft); BGHZ 157, 242, 246; BGH, NZI 2005, 692; K. Schmidt/Ganter/Weiland, §  133 Rdnr.  24. So auch Heiderhoff, 149, 154. 352  Huber, JuS 2006, 1078, 1080. 353 Braun/de Bra, §  133 Rdnr.  6; Uhlenbruck/Ede/Hirte, §  133 Rdnr.  21. Dann besteht al­ lerdings noch immer die Gefahr der Anfechtung, indes richtet sich diese sodann nach §  131 InsO (inkongruente Deckung) und unterliegt lediglich der Drei-Monats-Frist, vgl. Braun/de Bra, §  131 Rdnr.  15. 354  Siehe dazu sowie zum Verfahren der Abnahme der Vermögensauskunft insgesamt Teil 2 A. I. 8. 350  351 

A. Die Vermögensauskunft des Schuldners

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gensauskunft isoliert Gebrauch, immer die Gefahr, dass der Schuldner leistet und diese Rechtshandlung der Insolvenzanfechtung unterliegt.355 Dieses Insolvenzanfechtungsrisiko ist hinzunehmen und kann nicht elimi­ niert werden. Dies ist jedoch kein Makel der reformierten Sachaufklärung, son­ dern ein der Zwangsvollstreckung inhärentes Risiko. Dessen ungeachtet kann dem nach neuem Recht dadurch begegnet werden, dass der Schuldner gleichzei­ tig mit der Abnahme der Vermögensauskunft einen Pfändungsauftrag stellt, was in der Regel anzuraten sein wird.356 2. Sprung ins 21. Jahrhundert – und weiter? Alleine das Vorziehen der Vermögensauskunft kann indes noch kein Garant für eine erfolgreiche Sachaufklärung sein. Vielmehr kann es jetzt wie vor der Re­ form Schuldner geben, die „cool bleiben“357 und unbeeindruckt von der Strafan­ drohung und der Möglichkeit der Erzwingungshaft zwar eine Vermögensaus­ kunft abgeben, dabei allerdings wichtige Vermögensgegenstände verbergen. Insofern bietet die Vorverlagerung der Vermögensauskunft einen besseren, weil früheren, Anknüpfungspunkt für die Informationsgewinnung des Gläubigers. Für sich genommen hat die Vorverlagerung aber keinen unmittelbaren Mehr­ wert hinsichtlich des reinen Erkenntnisgewinns.358 Dieser Erkenntnisgewinn lässt sich nur dann steigern, wenn die Bereitschaft des Schuldners, eine voll­ ständige Vermögensauskunft abzugeben, durch Druckausübung gefördert wird.359 Dass es eine Möglichkeit geben muss, die Angaben des Schuldners ob­ jektiv zu überprüfen und dass eine Notwendigkeit besteht, zusätzliche Informa­ tionsquellen zu schaffen, damit der Gläubiger sich nicht nur auf die Angaben des Schuldners verlassen muss, hat nun auch der Gesetzgeber erkannt und in §  802l ZPO die Möglichkeit zum Einholen von Drittauskünften geschaffen. Dieses Instrument der Sachaufklärung soll nun untersucht werden.

Heiderhoff, 149, 155. Neugebauer, MDR 2012, 1440, 1443. 357  Gottwald, FS Schilken, 663, 671. 358  So auch Heiderhoff, 149, 159. 359  Heiderhoff, 149, 159. 355 

356 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher als (neue) zweite Spur der Sachaufklärung: §  802l ZPO I. Einleitung Der Umstand, dass der Gläubiger Vermögensangaben allein vom Schuldner er­ zwingen kann, wurde lange moniert und schließlich vom Gesetzgeber als Prob­ lem erkannt.360 Bis zur Reform der Sachaufklärung hatte der Gläubiger lediglich die Möglichkeit, im Rahmen des §  806a Abs.  2 ZPO über den Gerichtsvollzieher Auskünfte Dritter einzuholen. Die Auskunftspersonen waren und sind in diesem Rahmen jedoch nicht zur Auskunft verpflichtet und hierauf auch hinzuweisen, sodass §  806a Abs.  2 ZPO zumindest für sich genommen als nicht sehr durch­ setzungsfähiges Instrumentarium zur Herstellung von Vermögenstransparenz anzusehen ist.361 Allein die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der Vermö­ gensauskunft kombiniert mit der freiwilligen Auskunft Dritter wird dem Interes­ se des Gläubigers an einer effektiven Zwangsvollstreckung nicht gerecht.362 Dar­ an ändert auch der präventive Druck durch die Strafbarkeit falscher Aussagen (§§  156, 161 StGB) nichts, durch die pflichtgemäße Vermögensauskunft gefördert werden soll: Schließlich lassen sich die Angaben des Schuldners nicht gänzlich verifizieren. Diesem Problem kann durch §  802l ZPO abgeholfen werden. §  802l ZPO stellt die herausragende Neuerung im System der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung dar.363 Dabei ist die Idee weder als solche neu, noch dem deutschen Gesetzgeber unbekannt: So wurde sich zum Beispiel der französische Gesetzgeber des Problems gewahr, dass die sich wandelnden Ver­ mögensverhältnisse zu einer wachsenden Vermögensintransparenz führen.364 Es sollte nicht dazu kommen, dass für die Zwangsvollstreckung wichtige Vermö­ gensgegenstände dem Zugriff des Gläubigers entzogen werden können, weshalb Informationserhebungsrechte (recherche des informations) in den Code des pro­ cédures civiles d’execution integriert wurden, vgl. heute L.Art.  152-1–L.Art.  1513. Aber auch der deutsche Gesetzgeber war sich über die Notwendigkeit der Informationsbeschaffung über Dritte bewusst – bislang allerdings überwiegend zu seinen Gunsten: So stehen der öffentlichen Hand schon lange Auskunftsmög­ lichkeiten gegen Dritte zu, §  68 Abs.  1 Satz  1 SGB X, §§  93, 93b AO, §  39 Abs.  3 Satz  1 Nr.  1 StVG.365 §  802l ZPO gibt also privaten Vollstreckungsgläubigern 360 

BT-Drucks. 16/10069, S.  1. Würdinger, JZ 2011, 177, 180; Baur/Stürner/Bruns, §  48 Rdnr.  48.2. 362  Würdinger, JZ 2011, 177, 180. 363  Sternal, in: ZVR aktuell, 1.  Auflage, §  6 Rdnr.  49. 364  Holzapfl, S.  110. 365 Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  1. 361 

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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nun ein Instrumentarium an die Hand, das bisher überwiegend dem Staat zur Verfügung stand.366 Letztlich gibt es aber auch im deutschen Prozessrecht schon vereinzelt Normen, die Auskunftspflichten Dritter begründen, wie z. B. §  236 FamFG für Unterhaltsfragen. §  802l ZPO stellt also im Rahmen der Sachaufklä­ rung in der Zwangsvollstreckung eine bedeutende Neuerung da, ist mit seinem Inhalt allerdings kein singulärer Akt deutscher Gesetzgebung.

II. §  802l ZPO: Prävention ohne Fremdkörper Wie vorstehend erläutert, handelt es sich bei §  802l ZPO nicht um ein Novum. Die Möglichkeit, Auskünfte von Dritten einzuholen, ist dem deutschen Recht in oben genannten Normen bekannt. Damit tritt §  802l ZPO nicht als „Fremdkör­ per“ im geltenden Recht in Erscheinung, sondern fügt sich als neue Regelung in das bestehende System der Zwangsvollstreckung ein.367 Der Zweck des §  802l ZPO besteht zum einen ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs da­ rin, die Informationen des Schuldners aus der Selbstauskunft anhand objektiver Informationsquellen überprüfen zu können.368 Dieser Überprüfung wohnt ein repressives Moment inne. Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Vermö­ gensauskunft nicht nach, wird dies durch die Fremdauskünfte aufgedeckt und kann in einem weiteren Schritt nach §§  156, 161 StGB bestraft werden. Aller­ dings beansprucht §  802l ZPO aus dem gleichen Grund auch eine präventive Wirkung für sich.369 Die dem Schuldner durch den Hinweis nach §  802f Abs.  3 Satz  2 ZPO bekannte Möglichkeit der Überprüfung seiner Angaben durch Dritt­ auskünfte vermag einen psychologischen Druck aufzubauen, dessentwegen der Schuldner eher geneigt ist, die Vermögensauskunft umfassend und korrekt ­abzugeben. Dem Schuldner wird also vor Augen gehalten, dass der Gläubiger ohnehin an die Daten gelangt, die er für die Vollstreckung benötigt. Insofern besteht für den Schuldner eine präventiv wirkende Alternativlosigkeit zur pflichtgemäßen Vermögensauskunft, wenn er sich nicht der Strafbarkeit nach §§  156, 161 StGB aussetzen möchte.

III. Voraussetzungen für das Einholen von Drittauskünften Bevor verfassungsmäßige Bedenken untersucht und verschiedene Aspekte der Norm einer kritischen Würdigung unterzogen werden, sollen zunächst die Vor­ Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589 („Informationsvorsprung öffentlicher Gläubiger“). Würdinger, JZ 2011, 177, 183. 368  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 369 Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  1 („Vorwirkung des §  802l“); Goebel, §  8 Rdnr.  239. 366  367 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

aussetzungen dargelegt werden, bei deren Vorliegen Drittauskünfte eingeholt werden können. 1. Gläubigerantrag Wie bei den anderen Vollstreckungsmaßnahmen muss auch hier zunächst ein Gläubigerantrag nach §  802a Abs.  2 Nr.  3 ZPO vorliegen.370 2. 1. Alternative: Keine Abgabe der Vermögensauskunft Das Einholen von Drittauskünften steht nicht als Mittel ersten Zugriffs (wie §  802c ZPO) bereits am Beginn des Zwangsvollstreckungsverfahrens, sondern ist subsidiär gegenüber der Selbstauskunft des Schuldners. Daher ist eine Vor­ aussetzung für das Einholen von Drittauskünften die pflichtwidrige Nichtab­ gabe der Vermögensauskunft durch den Schuldner. 3. 2. Alternative: Vollständige Befriedigung voraussichtlich nicht zu erwarten a) Allgemeines Die Tatbestandsalternative zur Nichtabgabe der Vermögensauskunft ist die ­voraussichtliche Nichtbefriedigung des Gläubigers durch die Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft (besser: im Vermögensverzeichnis) aufgeführten Vermögensgegenstände. b) Keine Korrelation zwischen Schuldnerverzeichniseintrag und Drittauskünften Indem die mangelnde Vollstreckungsaussicht auf Informationsbasis des Vermö­ gensverzeichnisses sowohl gem. §  802l Abs.  1 Satz  1, 2. Alt. ZPO Vorausset­ zung für das Einholen von Drittauskünften, als auch gem. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO Eintragungsgrund für das Schuldnerverzeichnis ist, könnte auf den ersten Blick angenommen werden, es bestünde eine Korrelation zwischen Schuldnerverzeichniseintrag und dem Vorliegen der zweiten Tatbestandsalter­ native des §  802l Abs.  1 Satz  1 ZPO. Dies brächte den Vorteil mit sich, dass der Vollstreckungsgläubiger durch Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis fundiert über das Vorgehen nach §  802l ZPO befinden könnte. Eine hierfür er­ forderliche Korrelation zwischen Schuldnerverzeichnis und den Voraussetzun­ gen, Drittauskünfte einzuholen, besteht jedoch nicht. So kann weder aus der fehlenden, noch aus der existierenden Eintragung des Schuldners im Schuldner­ 370 Musielak/Voit/Voit,

§  802l Rdnr.  2.

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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verzeichnis auf die Voraussetzung des §  802l Abs.  1 Satz  1, 2. Alt. ZPO ge­ schlossen werden. Liegt keine Eintragung gem. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO vor, indiziert dies noch nicht, dass auch die Voraussetzung des §  802l Abs.  1 Satz  1 2. Alt. ZPO nicht erfüllt ist. Der Eintragungsgrund des §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO gewährt dem Gerichtsvollzieher einen engen Prognosespielraum, indem die Eintragung nur bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Vollstreckungsversuchs zu erfolgen hat, bei Zweifeln aber zu unterlassen ist.371 Das Einholen von Drittauskünften hinge­ gen fordert nicht die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Gläubigerbefriedi­ gung, sondern die voraussichtliche Aussichtslosigkeit. Der Begriff „voraussicht­ lich“ ist weiter gefasst als der der Offensichtlichkeit, sodass dem Gerichtsvoll­ zieher hier ein weiterer Prognosespielraum eingeräumt wird. Es kann also der Fall eintreten, dass zwar die Voraussetzung des §  802l Abs.  1 Satz  1, 2. Alt. ZPO ge­ geben ist, nicht jedoch die des §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO. Vice versa impliziert die Eintragung des Schuldners nach §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO nicht die Möglichkeit, nach §  802l Abs.  1 Satz  1, 2. Alt. ZPO vorzugehen. Dies liegt an den Eigenheiten einer jeden einzelnen Zwangsvoll­ streckung. So kann das Vermögen des Schuldners für hohe Forderungen insuf­ fizient sein, weshalb die Eintragung erfolgte; ein Rückschluss auf die Möglich­ keit, geringere Forderungen zu begleichen, ist in diesem Fall indes nicht zwin­ gend.372 4. Keine einschränkende Auslegung: Verfassungsgemäßheit des §  802l ZPO Teilweise wurde kritisiert, eine uneingeschränkte Anwendung des §  802l ZPO sei mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners nicht vereinbar.373 Daher sei §  802l ZPO dahingehend einschränkend auszulegen, dass Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Vermögensauskunft bestehen müs­ sen, um Drittauskünfte einzuholen.374 Der BGH erteilte dieser Auffassung zu Recht eine Absage. Weder der Gesetzeswortlaut, noch die Begründung des Ge­ setzesentwurfs machen eine solche Auslegung erforderlich. Der Anwendungs­ bereich des §  802l ZPO würde bei einer solchen restriktiven Auslegung wesent­ lich verkürzt. Außerdem hat der Gläubiger bei Unrichtigkeit bzw. Unvollstän­ 371 

BT-Drucks. 16/10069, S.  37. So auch AG Euskirchen, DGVZ 2015, 94. 373  Dass §  802l ZPO in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift, ist un­ zweifelhaft, siehe dazu MüKoZPO/Wagner, §  802l ZPO Rdnr.  5; Heiderhoff, S.  161; Vollkommer, NJW 2012, 3681, 3685. 374  LG Nürnberg-Fürth, DGVZ 2013, 243; MüKoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  15. 372 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

digkeit des Vermögensverzeichnisses ohnehin einen Anspruch auf Ergänzung oder Nachbesserung, wobei das ursprüngliche Verfahren fortgesetzt wird.375 Der Auffassung des BGH ist uneingeschränkt beizupflichten. Insbesondere, die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung aus den Gesetzesmaterialien zu folgern376, erscheint gewagt. Schließlich heißt es in der Begründung des Ge­ setzesentwurfs, der Gläubiger solle die Angaben des Schuldners durch objekti­ ve Informationsquellen überprüfen können.377 Eine solche Formulierung spricht meines Erachtens klar für die uneingeschränkte Auslegung des Gesetzeswort­ lautes. Schließlich ist einer Überprüfung immanent, dass das Ergebnis noch nicht eindeutig ist, sonst bedürfe es einer solchen nicht. Daraus folgt, dass gera­ de keine Zweifel an dem Vermögensverzeichnis bestehen müssen. Außerdem zeigt ein Vergleich zu §  802d ZPO, dass die Ansicht, die eine einschränkende Auslegung befürwortet, fehlgeht: In §  802d ZPO hat der Gesetzgeber ein Schuldnerschutzinstrument normiert, wonach der Gläubiger nachzuweisen hat, dass Umstände vorliegen, die eine Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners nahelegen. Insofern hat der Gesetzgeber erkannt, dass es für den Schuldnerschutz bisweilen erforderlich ist, dass der Gläubiger selbst Tatsachen vorbringt, die sein Informationsbegehren stützen. Ein solches Vorbringen wäre auch das Behaupten von Zweifeln hinsichtlich der Richtigkeit der abgegebenen Vermögensauskunft. Wenn der Gesetzgeber allerdings in §  802d ZPO das Pro­ blem erkannt und in §  802l ZPO nicht normiert hat, dann spricht dies dafür, dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung handelt, die nicht durch eine ein­ schränkende Auslegung der Norm konterkariert werden darf.378 Von der ganz herrschenden Meinung wird daher von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit der Norm mit den Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  1 Abs.  1 GG ausgegangen.379 5. Erforderlichkeit zur Vollstreckung Fremdauskünfte dürfen nur eingeholt werden, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist, §  802l Abs.  1 Satz  2 ZPO. Diese Voraussetzung soll die Verhält­ nismäßigkeit wahren, um den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­ bestimmung des Schuldners zu rechtfertigen.380 Die Erforderlichkeit fehlt, wenn aus den Schuldnerangaben oder anderen offensichtlichen Umständen ersichtlich 375 

BGH, NJW 2015, 2509. §  802l Rdnr.  15. 377  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 378  So auch Goebel, FoVo 2015, 27, 28 ff. 379  Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67 ff.; MüKoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  6; Stein/Jonas/ Würdinger, §  802l Rdnr.  3; BeckOK ZPO/Fleck, §  802l Rdnr.  2; wohl auch Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  4; Hk-ZPO/Rathmann, §  802l Rdnr.  4; krit.: Enders, Rpfleger 2015, 677. 380  BT-Drucks. 16/13432, S.  45. 376 MüKoZPO/Wagner,

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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wird, dass auch durch das Einholen der Drittauskünfte eine Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erreichen sein wird.381 Das kann zum Bei­ spiel bei der Informationsgewinnung bei Trägern der gesetzlichen Rentenver­ sicherung dann der Fall sein, wenn aus den Angaben des Schuldners klar her­ vorgeht, dass alleine aus zeitlichen Gründen kein anderes sozialversicherungs­ pflichtiges Verhältnis mit ihm bestehen kann.382 6. Streichung der 500 Euro-Grenze und allgemeines Plädoyer für die Vollstreckung von Minimalforderungen Bei der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung wurde ur­ sprünglich Gläubigern von Forderungen bis 500 Euro („small-claims“383) die Möglichkeit der Drittauskunft genommen.384 Begründet wurde dies mit einer Interessenabwägung zu Gunsten des Schuldners, da seine Datenschutzinteres­ sen das Vollstreckungsinteresse eines Gläubigers von geringfügigen Forderun­ gen übersteige.385 a) Erforderlichkeit der Auseinandersetzung Die Auseinandersetzung mit der Bagatellgrenze bedarf einer näheren Begrün­ dung, da der Gesetzgeber mittlerweile von einer solchen abgesehen hat. Zum einen handelt es sich bei den folgenden Ausführungen insgesamt um ein Plädo­ yer für die Bagatellvollstreckung. Außerdem war die 500 Euro-Grenze kontro­ vers diskutiert worden, sodass eine abschließende Bewertung auch für künftige Regelungen fruchtbar gemacht werden kann. Schließlich war der gesetzgeberi­ sche Begründungsaufwand hinsichtlich der Streichung der Klausel derart dürf­ tig, dass es einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema bedarf, um die legislative Entscheidung nachvollziehen und beurteilen zu können.386

381 Thomas/Putzo/Seiler,

§  802l Rdnr.  4. BGH, NJW 2015, 2509, 2510; BT-Drucks. 16/13432, S.  45. 383 Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  16. 384  §  802l Abs.  1 Satz  2 ZPO lautete: „Die Erhebung oder das Ersuchen ist nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist und die zu vollstreckenden Ansprüche mindes­ tens 500 Euro betragen; Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen sind bei der Berechnung zur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrages sind.“. 385  BT-Drucks. 16/10069, S.  33. 386  Der Gesetzgeber beschränkte sich auf immanente Aspekte, vgl. BT-Drucks. 18/9698, S.  23. 382 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

b) Kritik an der alten Bagatellklausel An der 500 Euro-Grenze wurde wegen der daraus resultierenden „Kleingläubi­ gerdiskriminierung“387 viel Kritik geübt, die sich wie folgt zusammenfassen lässt. Gem. §  802a Abs.  1 ZPO hat der Gerichtsvollzieher auf eine zügige, vollstän­ dige und Kosten sparende Beitreibung von Geldforderungen hinzuwirken. Da­ mit wurde der schon vorher geltende Grundsatz der effektiven Vollstreckung normiert.388 Es handelt sich dabei um eine programmatische Linie, aus der sich keine konkreten Rechtsfolgen herleiten lassen.389 Die vollständige Beitreibung von Geldforderungen lässt sich effektiv umsetzen, indem nach §  802l ZPO auch Drittauskünfte eingeholt werden können, damit das Vermögen des Schuldners offengelegt werden und der Gläubiger so leichter an den Vollstreckungserfolg kommen kann. Der Grundsatz der effektiven Vollstreckung gilt wegen des Gleichbehandlungsgebots in Art.  3 GG für alle Gläubiger, ungeachtet der kon­ kreten Anspruchshöhe. Obwohl damit dem Grunde nach jedem Vollstreckungs­ gläubiger in gleichem Maße eine effektive Zwangsvollstreckung gewährleistet werden soll, kommt es immer wieder zu Streit hinsichtlich sog. Bagatellforde­ rungen, also betragsmäßig kleiner Forderungen.390 Ausgangspunkt für diese Kontroversen ist der Umstand, dass einerseits jeder Vollstreckungsgläubiger eine vollständige und effektive Vollstreckung erfahren muss. Auf der anderen Seite wird der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorge­ bracht, der zu einer Einschränkung des Vollstreckungsinteresses zugunsten des Vollstreckungsschuldners führen soll. So hat das BVerfG entschieden, im Falle einer Wohnungsdurchsuchung im Rahmen der Zwangsvollstreckung könne das Vorliegen einer Bagatellforderung eine unbillige Härte für den Schuldner dar­ stellen.391 Bei einer Zwangsversteigerung wegen einer titulierten Forderung von weniger als 1000,- DM formulierte Böhmer in seinem Sondervotum zum Urteil des BVerfG, es liege auf der Hand, dass „hier Mittel und Zweck nicht mehr in einer vernünftigen Relation zueinander stehen.“392 Es stellte sich auch im Rah­ men des §  802l ZPO die Frage, ob ohne die Bagatellklausel Mittel und Zweck noch in einer vernünftigen Relation stünden und daher die 500 Euro-Grenze überdacht werden sollte, oder ob ohne eine entsprechende Beschränkung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebrochen würde. Zum Begriff: Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67, 73 dort Fn.  85. §  802a Rdnr.  1. 389  BT-Drucks. 16/10069, S.  24. 390  Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67, 68. 391  BVerfG, NJW 1979, 1539, 1540. 392  Böhmer, Sondervotum zu BVerfG, NJW 1979, 534, 536. 387 

388 Hk-ZV/Sternal,

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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aa) Argumente gegen die Bagatellklausel Das Einholen von Drittauskünften gegen den Willen des Vollstreckungsschuld­ ners stellt einen Eingriff in dessen Grundrecht auf informationelle Selbstbe­ stimmung dar.393 Durch die Bagatellklausel sollte dieser Eingriff unter Wah­ rung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt werden. Die Notwen­ digkeit dieses Vorgehens war indes fraglich. Wie bereits erläutert, müssen im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne die Rechte und Interessen der betroffenen Parteien gegeneinander abgewogen werden. Hier standen sich das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung, Art.  2 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  1 Abs.  1 GG, sowie auf der anderen Seite das Voll­ streckungsinteresse des Gläubigers mit einer titulierten Forderung von weniger als 500 Euro gegenüber. Für den Ausschluss von Bagatellforderungen vom An­ wendungsbereich des §  802l ZPO a. F. wurde zunächst vorgebracht, dies sei auch in anderen Vorschriften der Fall: §  68 Abs.  1 Satz  1 SGB X a. F. (600 Eu­ ro-Grenze)394 und §  39 Abs.  3 Satz  1 Nr.  1 lit.  a StVG. Die Notwendigkeit dieser Beschränkungen impliziert aber keineswegs eine solche für den Fall des §  802l ZPO. Zwischen den vorgenannten Regelungskomplexen und §  802l ZPO besteht der erhebliche Unterschied, dass bei dem Einholen von Drittauskünften nach SGB oder StVG der Staat unmittelbar im eigenen Interesse in das Recht auf in­ formationelle Selbstbestimmung eingreift. Im Rahmen des §  802l ZPO ist es zwar auch der Gerichtsvollzieher, der die Daten einholt. Dies geschieht indes nur auf entsprechenden Antrag des Vollstreckungsgläubigers, §  802a Abs.  2 Nr.  3 ZPO. Wenngleich bisweilen geltend gemacht wird, in der Zwangsvollstre­ ckung handele der Staat nicht bloß als „verlängerter Arm“ des Gläubigers, son­ dern werde wegen der ihm auferlegten Aufgabe der Rechtswahrung und -durch­ setzung tätig395, so ist doch nicht zu verkennen, dass der Staat im Falle der Drittauskünfte nach SGB oder StVG in unmittelbarem Eigeninteresse handelt, der Gerichtsvollzieher hinsichtlich §  802l ZPO jedoch auch private Rechte durchsetzen soll. Zwar ist die Zwangsvollstreckung und damit §  802l ZPO nach wohl h. M. dem öffentlichen Recht zuzuordnen.396 Dennoch ist an die Rechtfer­ tigungshöhe ein anderer Maßstab dahingehend anzulegen, ob ein staatlicher Eingriff im staatlichen Eigeninteresse liegt, oder ob der Staat seiner Pflicht zum Durchsetzen privater Ansprüche nachkommt. Der Staat greift nur in die Rechte des Schuldners ein, weil der Gläubiger ihn damit beauftragt hat. Insofern ist die Interessenlage der Drittauskünfte nach SGB und StVG eine andere als bei §  802l Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 590. Entspricht §  74a SGB X n. F. (dort 500 Euro). 395  Böhmer, Sondervotum zu BVerfG, NJW 1979, 534, 536. 396 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grundz §  704 Rdnr.  7; Stamm, S.  19 ff. 393 

394 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

ZPO und damit zumindest nicht als Begründung für die 500 Euro-Grenze bei §  802l ZPO heranzuziehen.397 Das Argument des Justizgewährleistungsan­ spruchs kann im Rahmen der Abwägung nur im Falle des §  802l ZPO herange­ zogen werden, da sich der Staat hierauf nicht berufen kann (Konfusionsargu­ ment).398 Auch kann auf etwaige Urteile des BVerfG nicht unmittelbar zurück­ gegriffen werden: Ging es dort um Bagatellforderungen, wegen denen nicht vollstreckt werden durfte, waren auf Seiten des Schuldners das Recht auf Un­ verletzlichkeit der Wohnung (Art.  13 GG) oder dessen Eigentumsgrundrecht (Art.  14 Abs.  1 GG) betroffen. Diese zählen zu den elementaren Grundrechten und sind von herausragender Bedeutung.399 Dagegen handelt es sich bei dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung um ein bloß ungeschriebenes, von der Rechtsprechung des BVerfG entwickeltes Grundrecht. Dieser Umstand al­ lein mindert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Vergleich zu Art.  13, 14 GG nicht.400 Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein erheblicher Unterschied zwischen dem Verlust des Heims und der erzwungenen Informationspreisgabe wegen geringer Forderungen besteht. Insofern ist die bisherige Rechtsprechung des BVerfG zur Zwangsvollstreckung wegen Baga­ tellforderungen hier nur bedingt fruchtbar zu machen. Nicht recht überzeugen konnte indes der Argumentationsstrang, die Bagatell­ grenze sei nicht notwendig, da der Schuldner bereits vorher die Möglichkeit gehabt habe, den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch Abgabe der Vermögensauskunft abzuwenden.401 Diese Begründung bean­ sprucht nur Validität hinsichtlich der ersten Tatbestandsalternative des §  802l ZPO a. F., also der Nichtabgabe der Vermögensauskunft. Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft allerdings vollständig und wahrheitsgemäß ab, schützt ihn das nicht per se vor dem Einholen von Fremdauskünften. Diese können nach der zweiten Tatbestandsalternative nämlich auch erfolgen, wenn die Angaben eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht erwarten lassen. Damit wird das o.g. Argument ad absurdum geführt: Wenn die Abgabe der Vermögensauskunft nicht in jedem Falle das Einholen von Drittauskünften verhindert, kann die Möglichkeit zur vorherigen Vermögensauskunft auch nicht als Abwägungs­ grund zugunsten des Gläubigers geltend gemacht werden.402 Für den Fall, dass der Schuldner bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat, lassen sich aber 397 

So auch Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802l Rdnr.  9, dort Fn.  12. BVerfGE 21, 362, 370 (zum Konfusionsargument als solchem). 399  BVerfG, NJW 2015, 2787 (für Art.  13 GG); BVerfG, NJW 1962, 1667 (für Art.  14 GG). 400  In diese Richtung gehen aber Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67, 72. 401 BGH, NJW 2015, 2509, 2511; Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67, 73; Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  10. 402 Auch Enders, Rpfleger 2015, 677, 679. 398 

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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auch im Falle der vollständigen Abgabe Argumente gegen eine Unverhältnis­ mäßigkeit ins Feld führen: Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft vollstän­ dig ab, ist aber anhand dieser Angaben eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten und werden daher Drittauskünfte eingeholt, dann werden der Gerichtsvollzieher/der Gläubiger nicht mehr erfahren, als sie ohne­ hin schon wussten – auf der anderen Seite wird in diesem Fall aber vom Schuld­ ner auch nicht mehr offenbart, als er selbst bereits preisgegeben hat. Mit anderen Worten: Ist die Vermögensauskunft unvollständig, ist der Schuldner nicht schutzbedürftig. Ist die Vermögensauskunft vollständig, erleidet der Schuldner keinen weiteren Nachteil. Schließlich dient §  802l ZPO auch der Überprüfung der Angaben des Schuldners. Dieser Überprüfung ist aber gerade immanent, dass zum Zeitpunkt der Prüfung unklar ist, ob die Angaben nun vollständig sind oder nicht. Aber auch tatsächliche Umstände streiten für ein Abwägungsergebnis zuun­ gunsten des Schuldners: So sind Bagatellforderungen schon ihrem Wesen nach eher zu begleichen als besonders hohe Forderungen; oftmals ist ein Vorwurf gerade dahingehend zu erheben, dass der Schuldner sogar auf eine geringfügige Forderung nicht leistet.403 Da in die Abwägungsentscheidung gerade das Inte­ resse der „Kleingläubiger“ einbezogen werden muss, ist auch ein weiterer As­ pekt von Gewicht: Inhaber von Kleinforderungen sind oftmals Kleingewerbe­ treibende. Stehen diesen mehrere Forderungen unter 500 Euro zu, können sie diese aber wegen der Bagatellgrenze nicht effektiv vollstrecken, so kann dies zur Existenzgefährdung führen. Gerade Kleingläubiger sind also auch auf eine effektive Vollstreckung und damit auf das Einholen von Drittauskünften ange­ wiesen.404 Der Gesetzgeber beschrieb in der Begründung des Gesetzesentwurfs unge­ wollt einen weiteren Aspekt, der gegen die 500 Euro-Grenze spricht. Auf der einen Seite soll das Einholen von Drittauskünften dazu dienen, anhand objekti­ ver Informationen die Vermögensauskunft des Schuldners auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen.405 Auf der anderen Seite sollte dies nicht für alle Schuldner gelten. Daraus ergab sich die Gefahr, dass Schuldner geringerer For­ derungen hinsichtlich solcher Daten, die über §  802l ZPO überprüfbar sind, un­ richtige oder unvollständige Angaben machen. Diese Angaben wären dann nicht zu verifizieren gewesen. Damit wurde nicht bloß ein maßgeblicher Vorteil des §  802l ZPO, nämlich das präventive Hinwirken auf vollständige und richtige Baur/Sürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6.56 (Missbrauch des Schuldners). §  802l Rdnr.  6; Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  10; Fischer/ Mroß, DGVZ 2016, 67, 73. 405  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 403 

404 Schuschke/Walker/Walker,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Angaben des Schuldners verkannt, sondern sogar unrichtige und unvollständige Angaben gefördert.406 Letztlich war zweifelhaft, ob der Gesetzgeber, der durch die 500 Euro-Grenze den Schuldner zu schützen beabsichtigte, dieses Ziel mit der Beschränkung för­ derte oder ins Gegenteil kehrte. Gab der Schuldner einer Forderung über 500 Euro die Vermögensauskunft nicht ab, konnte der Gläubiger über §  802l ZPO a. F. dennoch an Vermögensangaben gelangen oder den Schuldner über die Druckwirkung des §  802l ZPO zur Vermögensauskunft bewegen. Gab der Schuldner einer Forderung unter 500 Euro die Vermögensauskunft nicht ab, blieb dem Gläubiger nichts anderes übrig, als über das Druckmittel der Erzwin­ gungshaft (§  802g ZPO) den Schuldner noch zu einer Vermögensauskunft zu bewegen. Die Erzwingungshaft schränkt den Schuldner sowohl in seiner persön­ lichen Freiheit, Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG, als auch gegebenenfalls in seinem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, Art.  13 GG, ein; es ist indes zweifelhaft, ob die Erzwingungshaft der Duldung von Fremdauskünften vorzugswürdig ist.407 bb) Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Bagatellgrenze des §  802l Abs.  1 Satz  2 HS 1 ZPO a. F. nicht notwendig war, um im Rahmen einer Abwä­ gungsentscheidung innerhalb der Rechtfertigung des Eingriffs in das informa­ tionelle Selbstbestimmungsrecht des Schuldners den Grundsatz der Verhältnis­ mäßigkeit zu wahren. Das Problem der Bagatellvollstreckung zeigt sich auch hier, Argumente für eine solche lassen sich auch in diesem Falle fruchtbar ma­ chen. Das Interesse von „Kleingläubigern“ an einer effektiven Vollstreckung überwiegt gegenüber dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners. Die 500 Euro-Grenze war daher im Sinne der effektiven Zwangs­ vollstreckung und zu Gunsten der Gläubiger kleinerer Forderungen zu strei­ chen. Dies hat der Gesetzgeber nunmehr erkannt und die Bagatellklausel zu Recht aufgehoben.408 Dies wurde insbesondere damit begründet, dass die Voll­ streckung von Forderungen unter 500 Euro unnötig erschwert würde.409 cc) Kein Umkehrschluss: Keine Verfassungswidrigkeit wegen der 500 Euro-Grenze Die Feststellung, dass die 500 Euro-Grenze nicht notwendig war, um die Ver­ fassungsgemäßheit von §  802l ZPO zu garantieren, lässt indes keinen Umkehr­ 406 

BeckOK ZPO/Fleck, §  802l Rdnr.  7.1. Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67, 72 f. 408  Siehe BGBl. I 2016, S.  2591, 2592. 409  BT-Drucks. 18/9698, S.  23; Chwoyka, DGVZ 2016, 241. 407 

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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schluss dahingehend zu, die Bagatellgrenze habe zur Verfassungswidrigkeit geführt. Einige Autoren sahen die 500 Euro-Grenze im Hinblick auf Art.  3 Abs.  1 GG als bedenklich an.410 Wenngleich diese Erwägung nicht fernliegt, ist eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht festzustellen. Zwar war eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte411 zu konzedieren. Schließlich besteht zwischen der Situation, dass ein Gläubiger eine Forderung von 499 Euro vollstrecken will und der, dass eine Forderung von 500 Euro vollstreckt werden soll, wirtschaftlich kaum ein Unterschied, sodass die Sachverhalte wesentlich gleich sind. Dennoch war es nur den Gläubigern von Forderungen mit mindestens 500 Euro vorbehalten, Drittauskünfte einzu­ holen. Diese Ungleichbehandlung geht auch vom Bundesgesetzgeber aus, so­ dass für beide Sachverhalte der gleiche Verantwortungsbereich vorliegt.412 Al­ lerdings ist eine Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte nicht per se unzulässig, sondern kann durch einen hinreichend gewichtigen Grund gerecht­ fertigt sein.413 Als solcher Differenzierungsgrund kommt jegliche vernünftige Erwägung in Betracht, soweit diese sachlich vertretbar ist.414 Hinsichtlich des Herstellens der Verhältnismäßigkeit beim Eingriff in das Recht auf informatio­ nelle Selbstbestimmung des Schuldners liegt eine nicht sachfremde, vernünfti­ ge Erwägung vor. Auch im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Es gilt ein stufenloser Prüfungsmaßstab, bei dem die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte variiert.415 Es wurden verschie­ dene „Formeln“ entwickelt, um die Maßstäbe der Rechtfertigung einer Un­ gleichbehandlung zu konturieren.416 Als gewisser Konsens lässt sich festhalten, dass je eher die Ungleichbehandlung personengebunden ist und Freiheitsrechte betroffen sind, eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen wer­ den muss und je eher die Ungleichbehandlung personenungebunden ist und kei­ ne Freiheitsgrundrechte betroffen sind, eine Willkürprüfung genügt.417 Eine personengebundene Ungleichbehandlung liegt vor, wenn die gesetzliche Rege­ lung an Merkmale anknüpft, die dem Einzelnen nicht selbst verfügbar sind, insbesondere wenn die Merkmale sich denen des Art.  3 Abs.  3 GG annähern.418 Bei §  802l ZPO knüpfte die Ungleichbehandlung nicht an personengebundene Fischer/Mroß, DGVZ 2016, 67, 73; Würdinger, JZ 2011, 177, 184. Art.  3 Rdnr.  7. 412 Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  3 Rdnr.  9. 413  BVerfG, NJW 1999, 2505, 2507. 414  BVerfG, NJW 1996, 2293, 2294; Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  3 Rdnr.  15. 415  BVerfG, NJW 2015, 322, 324; BVerfG, NJW 1993, 1517. 416  Dazu BeckOK GG/Kischel, Art.  3 Rdnr.  28. 417 Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  3 Rdnr.  19. 418 Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  3 Rdnr.  20. 410 

411 Jarass/Pieroth/Jarass,

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Merkmale an. Es ging gerade nicht um die einzelne Person oder Merkmale, die dieser genuin anhaften. Auch ist das Differenzierungskriterium des Vollstre­ ckungsbetrages in keiner Weise den Merkmalen des Art.  3 Abs.  3 GG angenä­ hert. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, dass der Vollstreckungsgläu­ biger keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Forderung und damit auf die Möglichkeit des Einholens von Drittauskünften hat. Ihm steht eine Forde­ rung über eine bestimmte Höhe zu. Wurde die 500 Euro-Grenze nicht erreicht, konnte der Gläubiger nichts tun, um doch in den Anwendungsbereich des §  802l ZPO zu gelangen. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass er ausweislich der Gesetzesmaterialien auch bei Grenzforderungen die 500 Euro-Grenze nicht durch Auflaufenlassen von Zinsen erreichen konnte.419 Der Betroffene konnte nicht durch sein Verhalten die Verwirklichung der Differenzierungskriterien beeinflussen. Dennoch sollte ein weiter Maßstab an die Rechtfertigung der Un­ gleichbehandlung anzulegen sein. Zwar war es dem Betroffenen verwehrt, das Kriterium unmittelbar zu beeinflussen. Dennoch handelte es sich bei der 500 Euro-Grenze um ein objektives Merkmal, welches erheblich von denen des Art.  3 Abs.  3 GG abwich. §  802l ZPO a. F. knüpfte also gerade nicht an persön­ liche Merkmale an. Auch waren keine Freiheitsrechte des Vollstreckungsgläubi­ gers betroffen. Lediglich der Grundsatz der effektiven Zwangsvollstreckung fand keine ähnlich starke Ausprägung wie bei Gläubigern von Forderungen in Höhe von mindestens 500 Euro. Indes wurde dem Kleingläubiger die Vollstre­ ckung nicht unmöglich gemacht, sondern erschwert. Für diese Erschwerung, die spiegelbildlich auch die Ungleichbehandlung darstellte, muss meines Erach­ tens aber keine vollständige Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt wer­ den. Vielmehr genügte es, dass der Gesetzgeber einen sachlichen Grund für die Bagatellgrenze vorweisen konnte. Wegen der Objektivität des Merkmals, des Mangels an Betroffenheit von Freiheitsgrundrechten und der nicht vollständi­ gen Vereitelung der Zwangsvollstreckung sollte daher der Maßstab der sog. Willkürformel angelegt werden. Nach dieser liegt nur dann eine Verletzung des Gleichheitssatzes vor, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist.420 Der Rechtfertigungsgrund liegt hier im Vorrang des Rechts auf informa­ tionelle Selbstbestimmung des Schuldners vor der Vollstreckung von Kleinfor­ derungen. Insofern ist der Differenzierungsgrund sogar verfassungsrechtlich verankert. Die fehlende Notwendigkeit der 500 Euro-Grenze, um den Eingriff in Grundrechte des Schuldners zu rechtfertigen, ändert nichts an der Sachlich­ keit des Grundes. Schließlich wurde das gesetzgeberische Ziel des Differen­ zierungsgrundes, der Schuldnerschutz, erreicht. Damit lag keine evidente Un­ 419 

420 

BT-Drucks. 16/13432, S.  45. BVerfG, NJW 1993, 1517; Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  3 Rdnr.  19.

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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sachlichkeit vor; die Ungleichbehandlung wurde durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Die 500 Euro-Grenze verstieß nicht zulasten des Vollstreckungs­ gläubigers gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Der Begriff der „Kleingläu­ bigerdiskriminierung“ sollte daher untechnisch interpretiert werden. c) Zustimmung zur Gesetzesänderung und Stärkung der Kleingläubigervollstreckung Die Bagatellgrenze des §  802l Abs.  1 Satz  2 HS 1 ZPO a. F. war nicht wegen Verstoßes gegen Art.  3 Abs.  1 GG verfassungswidrig. Allerdings sollte es nicht der Maßstab des Gesetzgebers sein, seine Gesetze gerade noch über die Hürde der Verfassungswidrigkeit zu manövrieren. Tatsächliche Gründe sprachen ge­ gen die 500 Euro-Grenze. Kleingläubiger wurden in ihren Vollstreckungsmög­ lichkeiten beschnitten, insbesondere Kleingewerbetreibende wurden finanziel­ len Nachteilen ausgesetzt, da sie oftmals Inhaber kleinerer Forderungen sind. Die Gründe für die Grenze ehrten den Gesetzgeber, allerdings wurde insofern ein überflüssiges Ziel verfolgt, als §  802l ZPO auch ohne Begrenzung seines Anwendungsbereiches verfassungskonform ist. Letztlich ließ sich in der Ge­ setzgebung hinsichtlich der Sachaufklärung auch die Stringenz vermissen: Auf der einen Seite sollte der Vollstreckungsschuldner alle seine Vermögensgegen­ stände angeben: Also auch solche, die über §  802l ZPO in Erfahrung gebracht werden können. Diese Pflicht obliegt dem Schuldner ganz unabhängig von der Forderungshöhe. Wie bereits dargestellt421 liegt auch hierin ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners. Geht es aber um die Überprüfung dieser Angaben mittels Einholens von Fremdauskünften, soll­ te dies nur ab einer Forderungshöhe von 500 Euro möglich sein. Wieso der Ge­ setzgeber also unterschiedliche Voraussetzungen bei Tatbeständen schuf, die bei Pflichtgemäßheit des Schuldners die gleichen Informationen hervorbringen, ist unverständlich. Wenn schließlich vorgebracht wird, die Streichung führe zu einer „unübersehbaren Mehrbelastung des Gerichstvollzieherdienstes“422 , so mag diese Erkenntnis zutreffen. Die Tatsache, dass sogar Bedenken wegen der Anzahl der Aufträge zum Einholen von Fremdauskünften geäußert werden, ist doch nur Beleg dafür, dass in der Realität gerade Gläubiger kleinerer Forderun­ gen auf das Einholen von Fremdauskünften angewiesen sind. Insofern gilt der Primat der Effektivität, nicht der der Effizienz. Die Konsequenzen der Strei­ chung der 500 Euro-Grenze lassen sich daher wie folgt zusammenfassen: Die Streichung führt zu einem stringenten zweispurigen System der Sachaufklä­ rung unter Wahrung der Verfassung bei Berücksichtigung der Interessen von 421 

422 

Teil 2 A. I. 3. a). Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 591.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

Kleingläubigern und vollstreckungsrechtlicher Effektivität bei letzterer Perso­ nengruppe. Das Abstellen des Gesetzgebers auf das bloße Erschweren der Zwangsvollstreckung geringfügiger Forderungen erscheint allerdings etwas dürftig.423 Gerade unter Berücksichtigung der Materialien zu §  802l ZPO a. F., die auf das Überwiegen der Schuldnerinteressen abstellen424, verblüfft es, dass ein maßgebender Richtungswechsel erfolgt, der mit bloßem Verweis auf die Einfachheit der Vollstreckung begründet wird. Insofern sind die Ausführungen zur 500 Euro-Grenze keineswegs obsolet, sondern essentiell, um etwaige nach­ trägliche Bedenken hinsichtlich des Streichens der Bagatellklausel auszuräu­ men. Dem Gesetzgeber wäre ein größerer Begründungsaufwand zuzumuten gewesen, was aber wohl auf der „Zielgeraden“425 nicht mehr aufzubringen war.

IV. Bereiche der Fremdauskunft Liegen die dargestellten Voraussetzungen vor, darf der Gerichtsvollzieher Da­ ten von den in §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1–3 ZPO genannten Stellen einfordern. Der Gesetzgeber hat sich bewusst auf die dort genannten Bereiche beschränkt, da diese für die Zwangsvollstreckung besonders relevant sein sollen, um dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Schuldners Genüge zu tun.426 Es ist daher nicht möglich, über die Aufzählung hinaus Drittauskünfte einzuholen. Der Schuldner wird bereits bei Belehrung vor der Abgabe der Vermögensaus­ kunft auf die Möglichkeit des §  802l ZPO hingewiesen.427 1. Nr.  1: Abfrage von Sozialdaten §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO erlaubt dem Gerichtsvollzieher, bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung Name, Anschrift, Vorname oder Firma sowie Anschriften der aktuellen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäf­ tigungsverhältnisses des Schuldners zu erheben. Ziel dieser Regelung ist es, den Arbeitgeber des Schuldners zu ermitteln, um dadurch eine Lohnpfändung zu ermöglichen.428

423 

So BT-Drucks. 18/9698, S.  23. BT-Drucks. 16/10069, S.  33: „Wird dieser Mindestbetrag nicht erreicht, ist davon aus­ zugehen, dass das Interesse des Schuldners am Schutz seiner Sozial-, Konten- und anderen Daten das Interesse des Gläubigers an der Vollstreckung seiner Geldforderung überwiegt.“. 425  Chwoyka, DGVZ 2016, 241. 426  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 427 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802l Rdnr.  10. 428  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 424 

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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a) Verbreitete Ansicht: Nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen – Keine geringfügigen Beschäftigungen Wegen der Formulierung „versicherungspflichtig“ wird teilweise angenommen, Minijobs seien von Nr.  1 nicht erfasst, da diese nicht sozialversicherungspflich­ tig sind. Dies sei kritikwürdig, da der Schuldner oftmals erst durch einen Mini­ job neben seinem sozialversicherungspflichtigen Beruf über die Pfändungs­ freigrenze des §  850c ZPO komme.429 Dabei wird ohne Weiteres postuliert, Nr.  1 beschränke sich „allerdings auf sozialversicherungspflichtige Beschäfti­ gungsverhältnisse“430. b) Stellungnahme: Auch geringfügige Beschäftigungen von Nr.  1 umfasst Der Wortlaut des §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO spricht allerdings ausschließ­ lich von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Daher sollte für die Beschränkung auf solche, die sozialversicherungspflichtig sind, etwas Be­ gründungsaufwand betrieben werden. Stellt man auf die ursprüngliche Begrün­ dung des Gesetzentwurfes ab, könnte man die Beschränkung aus der dortigen Formulierung herleiten, ein Beschäftigungsverhältnis werde „regelmäßig sozi­ alversicherungspflichtig“431 sein, weshalb der Arbeitgeber der Einzugsstelle nach §  28h SGB IX bekannt sei und diese den zuständigen Träger der Renten­ versicherung ermitteln könne.432 In einem weiteren Schritt können dann Anga­ ben über den Arbeitgeber vom zuständigen Träger der Rentenversicherung ein­ geholt werden. Nur weil hier von der regelmäßigen Sozialversicherungspflicht die Rede ist, bedeutet dies aber noch nicht, dass lediglich solche Versicherungs­ verhältnisse unter die Norm fallen. Der Wortlaut enthält keine Einschränkungen hinsichtlich der Versicherung. Aus den Gesetzesmaterialien geht indes hervor, dass das Versicherungsverhältnis von Bedeutung ist, um überhaupt Informatio­ nen über den Arbeitgeber zu gewinnen.433 Dies lässt sich aufgrund der Anga­ ben, die wegen Versicherungsverhältnissen zu machen sind, von der zentralen Einzugsstelle nachverfolgen, für die in der Begründung des Gesetzesentwurfs die Krankenkassen gem. §  28i SGB IV genannt werden.434 Das Versicherungs­ verhältnis soll also als Anknüpfungspunkt dienen, über den die Informationen beschafft werden können. Zu beachten ist jedoch, dass auch geringfügig Be­ schäftigte grundsätzlich seit 2013 rentenversicherungspflichtig sind, §  6 Abs.  1b Goebel, §  8 Rdnr.  255. Goebel, §  8 Rdnr.  254. 431  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 432  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 433  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 434  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 429  430 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

SGB VI e contrario. Zwar können sich geringfügig Beschäftigte gem. §  6 Abs.  1b SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Dies ge­ schieht indes auf Antrag. Die Befreiung gilt in diesem Falle als erteilt, wenn die nach §  28i Satz  5 SGB IV zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Mo­ nats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers dem Befreiungsantrag wider­ spricht, §  6 Abs.  3 Satz  2 SGB VI. Die daher zuständige Stelle zur Überprüfung des Antrags ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der Rentenversicherung. Unter der Prämisse, dass der Arbeitgeber den Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht der zuständigen Stel­ le weiterleiten muss, und diese Stelle Träger der Rentenversicherung ist und nach §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO Auskunft vom Träger der Rentenversiche­ rungspflicht verlangt werden kann, kann auch über das Arbeitsverhältnis ge­ ringfügig Beschäftigter Auskunft erlangt werden. Schließlich erhält der zustän­ dige Träger der Rentenversicherung ohnehin Kenntnis über den Arbeitgeber, denn die Rentenversicherungspflicht des geringfügig Beschäftigten besteht in jedem Fall. Wird widersprochen, erhält der zuständige Träger der Rentenversi­ cherung Kenntnis vom Arbeitgeber, da dieser den Antrag weiterleitet. Wird nicht widersprochen, besteht die Kenntnis wegen des Nachkommens der Ren­ tenversicherungspflicht. Dies ist auch ohne Weiteres mit dem Wortlaut der Norm zu vereinbaren. Das begründungslose Beschränken auf sozialversiche­ rungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entbehrt damit sowohl einer wort­ lautgestützten als auch einer historischen Gesetzesauslegung. Auch teleologisch ist diese Normanwendung vorzugswürdig, wird doch eine größere Zahl von Arbeitsverhältnissen abgedeckt und damit der Sinn und Zweck des §  802l ZPO, das umfassende Herstellen von Vermögenstransparenz, gestärkt. Damit werden auch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse vom Auskunftsersuchen erfasst. 2. Nr.  2: Kontoverbindungen des Schuldners Nr.  2 erlaubt dem Gerichtsvollzieher, Kontostammdaten vom Bundeszentralamt für Steuern zu ersuchen. Dabei handelt es sich um Kontonummer und Angaben zum Verfügungsberechtigten.435 Hierfür ruft das Bundeszentralamt für Steuern nach §  24c Abs.  2 KWG die vom Kreditinstitut gem. §  24c Abs.  1 KWG zu füh­ rende Datei ab. Die vom Verfassungsgericht postulierten Vorgaben zur Wah­ rung der Verfassungsmäßigkeit bei Kontenabfragen, also Normklarheit und -bestimmtheit, werden gewahrt.436 435 Hk-ZV/Sternal,

§  802l Rdnr.  18.

436 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich,

§  802l Rdnr.  13; Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  18; MüKoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  6 ff.; BT-Drucks. 16/10069, S.  32.

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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3. Nr.  3: Ermittlung von Fahrzeugen Um Kraftfahrzeuge als wertvolle Vollstreckungsobjekte des Schuldners ausfin­ dig zu machen, kann der Gerichtsvollzieher vom Kraftfahrt-Bundesamt Fahr­ zeug- und Halterdaten zu einem Fahrzeug, das auf den Schuldner zugelassen ist, erheben.

V. Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers Zuständig für das Einholen von Drittauskünften nach §  802l ZPO ist der Ge­ richtsvollzieher. Damit ist nur die funktionelle Zuständigkeit geregelt, die örtli­ che Zuständigkeit hingegen ist nicht unmittelbar ersichtlich. Auf den ersten Blick liegt es nahe, auf die Zuständigkeitsregelung des §  802e ZPO zurückzu­ greifen. Allerdings ist dort explizit nur von der Zuständigkeit für die Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung die Rede. Die Vermutung liegt also nahe, der Antrag könne bei jedem Gerichtsvollzieher ge­ stellt werden.437 Dass die örtliche Zuständigkeit im Falle des §  802l ZPO nicht gesondert geregelt wurde, dürfte tatsächlich darauf zurückzuführen sein, dass der Gesetzgeber annahm, der Vollstreckungsgläubiger würde sich an den Ge­ richtsvollzieher wenden, der ihm schon bei Abnahme der Vermögensauskunft zur Seite stand.438 Insofern ist davon auszugehen, dass die örtliche Zuständig­ keit unbewusst nicht explizit verankert wurde, sodass eine planwidrige Rege­ lungslücke vorliegt. Da §  802l ZPO ebenso wie die Selbstauskunft eine Maß­ nahme der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung darstellt, liegt diesbezüglich auch eine hinreichend vergleichbare Interessenlage vor. Insofern sind die Voraussetzungen der Analogie gegeben.439 Meines Erachtens ist für das Einholen der Drittauskünfte daher der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz respektive Aufenthaltsort hat, analog §  802e ZPO zuständig.440 Liegen die Voraussetzungen des §  802l ZPO vor, steht dem Gerichtsvollzieher ausweislich der Begründung des Gesetzesent­ wurfs auch kein Ermessen zu; er ist zum Einholen der Fremdauskünfte ver­

437  Vollkommer, NJW 2012, 3681, 3685; Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802l Rdnr.  3; Goebel, §  5 Rdnr.  7. 438  Vollkommer, NJW 2012, 3681, 3685. 439  Also planwidrige Regelungslücke und hinreichend vergleichbare Interessenlage, dazu Kuhn, JuS 2016, 104; Zippelius, S.  55 f. 440  Mit anderer Begründung auch Mroß, DGVZ 2013, 69, 72; BeckOK ZPO/Fleck, §  802l Rdnr.  21 (Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs); a. A.: Vollkommer, NJW 2012, 3681, 3685: Jeder Gerichtsvollzieher. Diese Ansicht dürfte aber nicht dem deutschen Zuständig­ keitssystem entsprechen, vgl. Harnacke/Bungardt, DGVZ 2013, 1, 3 f.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

pflichtet.441 Wenn der Gesetzgeber die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers allerdings anstrebte, hätte er dies auch im Gesetzestext durch entsprechende Formulierung („hat“) erkennbar machen können, statt die unsaubere Formulie­ rung „darf“ zu verwenden.

VI. Löschungsanordnung, §  802l Abs.  2 ZPO Daten, die für die Zwecke der Zwangsvollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher unverzüglich zu löschen oder zu sperren und diesen Vor­ gang zu protokollieren. Dies dient der Vervollständigung der datenschutzrecht­ lichen Vorgaben; durch die Protokollierung wird einer nachträglichen Über­ prüfung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen vorgebeugt.442 Enders kritisiert an dieser Regelung, sie mache klar, dass immer Informationen erhoben würden, die für die Zwangsvollstreckung nicht erforderlich sind und der Schuldner sich erst im Nachhinein dagegen wehren könne – wenn also das „Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“.443 Allerdings soll durch die Rege­ lung sichergestellt werden, dass die Daten, die der Gerichtsvollzieher einholt und über die er den Gläubiger gem. Abs.  3 in Kenntnis setzt, der Zwangsvoll­ streckung dienen. Im Ergebnis geht es also darum, dass der Gläubiger als Pri­ vatperson keine Daten erhält, die nicht für die Zwangsvollstreckung erforder­ lich sind. Dies wird letztlich durch die Löschungs- bzw. Sperrungsanordnung erreicht. Zutreffend ist allerdings die Kritik an der Möglichkeit der Sperrung444: Wenn den datenschutzrechtlichen Vorgaben genüge getan werden soll und die Daten nicht für die Zwangsvollstreckung relevant sind, besteht für deren Erhalt kein Erfordernis, sodass das „Minus“ der Sperrung obsolet ist. Es sollte daher die Sperroption gestrichen und sich auf die Löschungsanordnung beschränkt werden.

VII. Ergebnisübermittlung, Abs.  3 Der Gerichtsvollzieher hat den Gläubiger unverzüglich, den Schuldner inner­ halb von vier Wochen nach Erhalt der Daten, in Kenntnis zu setzen, §  802l Abs.  3 Satz  1 ZPO. Dass der Schuldner so spät informiert werden soll, findet seinen berechtigten Grund darin, dass sonst die Gefahr bestünde, dass er von einem Konto, von dessen Existenz durch die Drittauskunft Kenntnis genommen wurde, die verfügbaren Beträge abbucht und somit die angestrebte Konto­ 441 

BT-Drucks. 16/10069, S.  32.

442 Wieczorek/Schütze/Paulus,

§  802l Rdnr.  16. Enders, Rpfleger 2015, 677, 680, 681. 444  Enders, Rpfleger 2015, 677, 680. 443 

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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pfändung ihres Sinnes beraubt. Ausgeglichen wird dies auch durch die früh­ zeitige Belehrung des Schuldners über die Möglichkeit des Einholens von Dritt­ auskünften, §  802f Abs.  3 Satz  2 ZPO.445 Für ein wiederholtes Ersuchen zur Einholung von Drittauskünften verweist Abs.  3 Satz  2 auf §  802d Abs.  1 Satz  3 und Abs.  2 ZPO.

VIII. Die Anwendbarkeit von §  802l ZPO im Insolvenzverfahren §  802l ZPO ist im Achten Buch der ZPO angesiedelt, schlägt aber Wellen über diese hinaus. Insbesondere steht zur Diskussion, ob §  802l ZPO auch im Insol­ venzverfahren Anwendung findet und bejahendenfalls, welches Organ für das Stellen des Auftrages zuständig ist. 1. Generelle Anwendbarkeit des §  802l ZPO im Insolvenzverfahren Ausgangspunkt für die Frage, ob auch im Insolvenzverfahren die Möglichkeit besteht, Drittauskünfte nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung einzu­ holen, ist die auch im Insolvenzverfahren erforderliche Vermögenstransparenz, da der umfassende Zugriff auf das Schuldnervermögen und die daraus resultie­ rende Massemehrung originäres Verfahrensziel des Insolvenzverfahrens sind.446 Zunächst sieht auch das Insolvenzrecht in §  20 InsO Auskunftspflichten des Schuldners vor. Allerdings existieren darüber hinaus wenige Maßnahmen zur Kenntnismehrung für den Fall, dass der Schuldner seiner Mitwirkungs­ pflicht zumindest nicht ausreichend nachkommt.447 Eine Möglichkeit, die Er­ kenntnisquellen zu erweitern, stellt die Anwendung des §  802l ZPO im Insol­ venzverfahren dar. Da §  802l ZPO explizit an die Pflicht des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft anknüpft oder die Erfolglosigkeit der (Einzel-) Vollstreckung anvisiert und überdies als zuständiges Organ den Gerichtsvoll­ zieher nennt, scheidet wegen des eindeutigen Wortlauts sowie der systemati­ schen Stellung des §  802l ZPO eine direkte Anwendung im Rahmen des Insol­ venzrechts aus.448 Anknüpfungspunkt für einen Brückenschlag zwischen ZPO und InsO könnte §  4 InsO darstellen. Gem. §  4 InsO gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung für die Insolvenzordnung entsprechend, soweit Letztere nichts anderes bestimmt. Es ist indes nicht unumstritten, ob vollstreckungs­ rechtliche Regelungen der Zivilprozessordnung unter §  4 InsO subsumiert wer­ den können. 445 

BT-Drucks. 16/10069, S.  33. MüKoInsO/Schmahl/Vuia, §  20 Rdnr.  2. 447  Beth, NZI 2016, 109. 448 Ähnlich Beth, NZI 2016, 109, 110. 446 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

a) Keine Anwendbarkeit des Achten Buches der Zivilprozessordnung auf das Insolvenzverfahren? Teilweise wird vertreten, das Einzelzwangsvollstreckungsrecht falle – mit Aus­ nahme der Vollstreckungserinnerung gem. §  766 ZPO – nicht in den Anwen­ dungsbereich des §  4 InsO, da §  4 InsO nur das Insolvenzverfahrensrecht, nicht aber das materielle Insolvenzrecht betreffe.449 Vielmehr regele die Zivilprozes­ sordnung gerade die Einzelvollstreckung, die Insolvenzordnung hingegen die Gesamtvollstreckung, weswegen das Insolvenzrecht eigene vollstreckungs­ rechtliche Regelungen bereithielte.450 Zwar beinhalte das Insolvenzverfahren Elemente eines Vollstreckungsverfahrens, es bestehe zwischen Einzel- und Ge­ samtvollstreckung aber ein strikter Gegensatz, wenngleich sich gewisse Maß­ nahmen innerhalb des Insolvenzverfahrens als Einzelvollstreckungsmaßnah­ men darstellen könnten.451 Allerdings räumen die Vertreter dieser Ansicht die Notwendigkeit gewisser Flexibilität ein. So sei die Bestimmung der formellen Rechtskraft (§  705 ZPO) allgemeinen Charakters und daher auch im Insolvenz­ verfahren anwendbar.452 Auch die §§  758, 758a, 766, 775 Nr.  1 und 2, 883 ff. ZPO fänden Anwendung.453 Interessant ist, dass außerdem gewisse Vorschriften der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung anwendbar sein sollen, so auf die eidesstattliche Versicherung und Haft in den Fällen der §§  20, 98, 101 InsO die §§  802g Abs.  2, 802h, 802j Abs.  1, 807 ZPO.454 b) Stellungnahme: Anwendbarkeit des §  802l ZPO im Insolvenzverfahren Die pauschale Behauptung, die Regelungen der Einzelzwangsvollstreckung sei­ en auf das Insolvenzverfahren nicht anwendbar, ist nicht haltbar und wird in dieser Strenge daher auch nicht vorgetragen. Allerdings sind die Ausführungen obiger Meinungsvertreter eher erratisch. So ist nicht nachvollziehbar, weshalb gewisse Regelungen der Sachaufklärung anwendbar sein sollen, insbesondere solche zur Haft und §  807 ZPO, §  802l ZPO hingegen nicht der Insolvenzord­ nung dienen darf. Tatsächlich verfolgen Einzel- und Gesamtvollstreckung un­ terschiedliche Ziele. Diesen ist allerdings gemein, dass zu deren Erreichen ein 449 Uhlenbruck/Pape,

§  4 Rdnr.  2. FA-Komm.-InsO/Ahrens, §  4 Rdnr.  59; MüKoInsO/Ganter/Lohmann, §  4 Rdnr.  32. 451  BGH, NZI 2009, 48 (zur Anwendbarkeit des §  766 ZPO im Insolvenzverfahren); ­MüKoInsO/Ganter/Lohmann, §  4 Rdnr.  32. 452  BeckOK InsO/Madaus, InsO §  4 Rdnr.  12.1; Jaeger/Gerhardt, §  4 Rdnr.  56. 453  MüKoInsO/Ganter/Lohmann, §  4 Rdnr.  32; BeckOK InsO/Madaus, InsO §  4 Rdnr.  12.2; BGH, NZI 2009, 48. 454  BeckOK InsO/Madaus, InsO §  4 Rdnr.  12.5; MüKoInsO/Ganter/Lohmann, §  4 Rdnr.  33 (noch zum alten Recht der Sachaufklärung); Uhlenbruck/Pape, §  4 Rdnr.  38. 450 

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

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Mindestmaß an Vermögenstransparenz erforderlich ist. Dieser kleinste gemein­ same Nenner der Vermögenstransparenz steht also nicht in einem Spannungs­ feld zwischen Einzel- und Gesamtvollstreckung. Es bedarf daher einer einzel­ fallabhängigen Beurteilung, ob die zivilprozessualen Vorschriften, deren An­ wendbarkeit in Rede steht, mit dem Wesen des Insolvenzverfahrens vereinbar sind oder nicht, mit anderen Worten, ob die Vorschriften vom „Gegensatz zwi­ schen Einzel- und Gesamtvollstreckung nicht berührt werden“455. So liegt der Fall beim Einholen von Drittauskünften. Wenn die Vermögenstransparenz der Massemehrung zuträglich ist und §  802l ZPO wiederum dem Herstellen von Vermögenstransparenz dient, dann widerspricht das Telos des §  802l ZPO nicht dem Wesen der Gesamtvollstreckung; die Vorschrift berührt den Gegensatz zwischen Einzel- und Gesamtvollstreckung nicht. Darüber hinaus sind die di­ rekten Verweise der Insolvenzordnung auf einzelne Vorschriften der Zivil­ prozessordnung keinesfalls abschließend.456 Außerdem ging sogar der Gesetz­ geber davon aus, dass Normen der Zivilprozessordnung dann im Rahmen des Insolvenzverfahrens Anwendung finden können, wenn ihr Zweck mit dem Ziel der Gesamtvollstreckung im Einklang steht, was wie dargelegt der Fall ist.457 Des Weiteren ist nicht einzusehen, wieso die Aufklärungsmaßnahmen in der Gesamtvollstreckung gegenüber der Einzelvollstreckung eingeschränkt sein sollen. Schließlich liegt die Vermögenstransparenz in der Einzelzwangsvoll­ streckung im Interesse des Gläubigers, in der Gesamtvollstreckung im Interesse aller Gläubiger.458 Auch etwaige Bedenken, das Erreichen der Bagatellgrenze des §  802l ZPO könne nicht klar nachgewiesen werden, sind, abgesehen von ihrer grundsätzlichen Unbegründetheit, nicht mehr angebracht, da die entspre­ chende Grenze aus dem Gesetz gestrichen wurde.459 Nicht gefolgt werden kann indes der Argumentation des AG München, der Gesetzgeber habe ausdrücklich die Verhaftung des Schuldners unter Verweis auf §  802g ZPO zugelassen, weshalb a fortiori §  802l ZPO mit seiner geringeren Eingriffsintensität Anwendung finden müsse.460 Bei dieser Argumentation wird 455  MüKoInsO/Ganter/Lohmann, §  4 Rdnr.  33; Beth, NZI 2016, 109, 110; Siebert, NZI 2016, 541 (Anmerkung zu AG München, Beschluss vom 12.02.2016 – 1503 IN 3339/15); AG Rosenheim, ZIP 2016, 1989 f.; AG München, NZI 2016, 541. 456  BGH, NZI 2010, 141, 142. 457  Siebert, NZI 2016, 542 f.; BT-Drucks. 14/6468, S.  17. 458  So auch Beth, NZI 2016, 109, 110 mit fragwürdigem Verweis auf Musielak/Voit/Voit, §  802l Rdnr.  7 (12.  Auflage). Mit der Wendung „alle Gläubiger“ dürfte Voit lediglich die Ge­ samtheit der Gläubiger unabhängig von der Vollstreckungssumme und nicht alle Gläubiger eines Schuldners im Rahmen des Insolvenzverfahrens gemeint haben. FK-InsO/Schmerbach, §  4 Rdnr.  22 hält insofern §  807 ZPO explizit für anwendbar. 459  Zu den Bedenken AG Rosenheim, ZIP 2016, 1989 f. 460  AG München, ZIP 2016, 541; auch AG Rosenheim, ZIP 2016, 1989 f.

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

unterschlagen, dass sich der Verweis in §  98 Abs.  3 Satz  1 InsO hierbei auf §  802g Abs.  2 ZPO beschränkt und sich nur auf die Anordnung und die Modali­ täten der Haft bezieht. Die Maßnahme mit dem im Vergleich zu §  802l ZPO höheren Eingriffsgehalt regelt hingegen die Insolvenzordnung in §  98 Abs.  2 InsO selbst, sodass sich der Erst-Recht-Schluss als Fehlschluss erweist. c) Fazit Damit lässt sich festhalten, dass sich aus dem Wortlaut des §  4 InsO eine Unan­ wendbarkeit des §  802l ZPO im Insolvenzverfahren nicht herleiten lässt. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus den divergierenden Zielrich­ tungen von Einzel- und Gesamtvollstreckung. Vielmehr ist das Einholen von Drittauskünften auch in der Insolvenz ein taugliches Instrument zum Herstellen der erforderlichen Vermögenstransparenz. 2. Durchführung der Drittauskünfte im Rahmen der Insolvenzordnung a) Problemaufriss §  802l ZPO gilt gem. §  4 InsO im Insolvenzverfahren entsprechend; in einem weiteren Schritt muss eruiert werden, wessen Aufgabe es ist, das Auskunftser­ suchen an den Gerichtsvollzieher zu stellen.461 Da es sich um Maßnahmen der Gesamtvollstreckung handelt, ist es dem Gläubiger selbst verwehrt, einen An­ trag gem. §  802a Abs.  2 Nr.  1 ZPO zu stellen, §  89 Abs.  1 InsO.462 Es handelt sich bei Maßnahmen der Sachaufklärung trotz des Primärziels der Informa­ tionsgewinnung nicht um vorbereitende Maßnahmen, sondern wie bei der Pfän­ dung körperlicher Sachen selbst um Vollstreckungsmaßnahmen.463 In concreto geht es daher um die Frage, ob der Insolvenzverwalter den Gerichtsvollzieher beauftragen kann oder ob nur das Insolvenzgericht als zuständiges Organ einen derartigen Auskunftsantrag an den Gerichtsvollzieher richten kann. b) Stellungnahme Es steht außer Frage, dass das Insolvenzgericht selbst nicht originär von den in §  802l Abs.  1 Satz  1 Nrn.  1–3 ZPO genannten Stellen Schuldnerinformationen verlangen kann. Dies hängt mit dem Beschluss des BVerfG zur automatisierten Abfrage von Kontostammdaten zusammen, in dem ein Verstoß gegen das ver­ fassungsrechtliche Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit angenommen 461 

Zur aufgeworfenen Problematik AG Rosenheim, ZIP 2016, 1989 f. §  89 Rdnr.  1. 463  Schwörer, DGVZ 2008, 17, 19. 462 Braun/Kroth,

B. Das Einholen von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher

103

wird, wenn nicht als Mindestanforderung wenigstens die staatliche Stelle, die die Informationserhebung durchführt, im Gesetz klar bezeichnet ist.464 In §  802l ZPO ist als befugte Stelle explizit der Gerichtsvollzieher genannt. Ohne eine Klarstellung im Gesetz, dass auch das Insolvenzgericht die Erhebungen bean­ tragen darf, ist diese Möglichkeit daher gesperrt.465 Die Frage kann sich damit nur darauf beschränken, ob das Insolvenzgericht den Gerichtsvollzieher mit dem Einholen der Drittauskünfte beauftragen muss, oder ob auch der Insol­ venzverwalter einen entsprechenden Antrag stellen kann. Damit der Insolvenzverwalter selbst den Gerichtsvollzieher beauftragen kann, benötigt er einen Vollstreckungstitel.466 Grundlage für das Handeln des Insolvenzverwalters (und damit auch für das Auskunftsersuchen im Interesse aller Gläubiger im Insolvenzverfahren) ist der Eröffnungsbeschluss über das Insolvenzverfahren.467 Dabei stellt der Eröffnungsbeschluss jedenfalls einen Herausgabetitel im Sinne des §  793 Abs.  1 Nr.  3 ZPO dar für die Fälle, in denen der Insolvenzschuldner die zur Masse gehörenden Sachen nicht freiwillig her­ ausgibt.468 Allerdings gehören auch die Einziehung sowie die gerichtliche Durchsetzung von Forderungen zu den Pflichten eines Insolvenzverwalters.469 Insofern konstatierte der BGH, der Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der Durch­ setzung einer massezugehörigen Forderung gegen den Schuldner stelle einen Vollstreckungstitel dar.470 Der BGH stellte in dem Urteil vom 13.03.2014 klar, der Eröffnungsbeschluss sei, soweit der Schuldner seinen Pflichten aus dem In­ solvenzverfahren nicht nachkommt, gem. §  148 Abs.  2 Satz  1 InsO „die voll­ streckbare Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses“ und gleichzeitig ein „Voll­ streckungstitel im Sinne des §  794 Abs.  1 Nr.  3 ZPO gegen den Schuldner“471. Bereits früher brachte der BGH zum Ausdruck, dass der Eröffnungsbeschluss sogar über den Wortlaut des §  148 Abs.  2 Satz  1 InsO hinaus auch als Vollstre­ ckungstitel gegen den Schuldner im Hinblick auf massezugehörige Forderungen fungiere.472 Der Eröffnungsbeschluss sei mithin nicht bloß ein Titel zur Erwir­ kung der Herausgabe von Sachen, sondern ebenfalls ein solcher für die Zwangs­ 464 

BVerfG, NJW 2007, 2464, 2467. So auch Beth, NZI 2016, 109, 112; AG München, NZI 2016, 541. 466  Dazu nur BeckOK ZPO/Fleck, §  802a Rdnr.  9. 467 Nerlich/Römermann/Mönning/Schweizer, §  27 Rdnr.  4 ff. 468  BGH, NZI 2009, 699; Uhlenbruck/Sinz, §  148 Rdnr.  28; Uhlenbruck, DGVZ 1980, 161, 167. 469 Uhlenbruck/Sinz, §  148 Rdnr.  7. 470  BGH, ZinsO 2014, 824; BGH, NZI 2011, 979, 980; AG Rosenheim, ZIP 2016, 1989 f.; Gehrlein, BB 2014, 1539, 1541. 471  BGH, ZinsO 2014, 824, 825. 472  Marković, ZInsO 2016, 1974, 1976; BGH, NZI 2011, 979, 980. 465 

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Teil 2:  Die Regelungsinhalte der Sachaufklärung

vollstreckung von Geldforderungen gem. §§  802a ff. ZPO.473 Wenn es aber auch die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist, mittels eines Titels massezugehörige Forderungen durchzusetzen, dann muss er eben auch die dafür notwendigen Transparenzmaßnahmen wahrnehmen können.474 Damit liegen die Vorausset­ zungen für den Insolvenzverwalter vor, den Gerichtsvollzieher mit dem Einho­ len von Drittauskünften zu beauftragen. Das damit gefundene Ergebnis, dass der Insolvenzverwalter und nicht das Insolvenzgericht für die Beantragung von Drittauskünften zuständig ist, lässt sich auch bestens mit der gesetzgeberischen Intention in Einklang bringen, die Insolvenzgerichte zu entlasten, weshalb §  98 InsO im Verhältnis zu §  148 Abs.  2 InsO auch subsidiär ist.475 Diese Absicht würde untergraben, wäre das Insolvenzgericht dafür zuständig, Auskunftsmaß­ nahmen auf den Weg zu bringen. Das gefundene Ergebnis ist somit nicht nur dogmatisch korrekt, sondern auch mit dem vom Gesetzgeber anvisierten Sys­ tem der Insolvenzordnung kompatibel. 3. Ergebnis zu §  802l ZPO im Insolvenzverfahren §  802l ZPO ist auch im Insolvenzverfahren anzuwenden. Das Insolvenzgericht darf weder die Auskünfte unmittelbar selbst einholen, noch ist es zuständig für den Auftrag gem. §  802a Abs.  2 Satz  1 Nr.  3 ZPO. Wegen der dogmatischen Einordnung des Eröffnungsbeschlusses als Vollstreckungstitel und wegen der gesetzgeberischen Intention, die Insolvenzgerichte zu entlasten, ist es Aufgabe des Insolvenzverwalters, den entsprechenden Antrag zu stellen.

C. Zwischenfazit: Die Sachaufklärung als zweispuriges System zum Herbeiführen von Vermögenstransparenz Insgesamt kann festgestellt werden, dass der Gesetzgeber dem Gläubiger durch die zweispurige Vermögensauskunft endlich ein ernstzunehmendes System zur Herstellung von Vermögenstransparenz an die Hand gegeben hat. Die vorgezo­ gene Selbstauskunft ist ein längst überfälliger Schritt und wird durch die vor­ wirkende Maßnahme des §  802l ZPO verschärft. Die Drittauskünfte bieten ein probates Mittel zur Druckausübung und zur Überprüfung der Schuldneranga­ ben. Streckenweise hat der Gesetzgeber allerdings unsauber gearbeitet, sodass

Marković, ZInsO 2016, 1974, 1977. Marković, ZInsO 2016, 1974, 1977. 475  MüKoInsO/Füchsl/Weishäupl/Jaffé, §  148 Rdnr.  62; Marković, ZInsO 2016, 1974, 1975; zur Entlastung der Insolvenzgerichte BR-Drucks. 12/7302, S.  172. 473  474 

C. Zwischenfazit: Die Sachaufklärung als zweispuriges System

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in einem ersten Zwischenfazit festgehalten werden darf, dass die aktuelle Sach­ aufklärung noch einem Feinschliff unterzogen werden muss. Abgesehen von diesen Unebenheiten, wie sie in Teil 2 dieser Arbeit offenge­ legt wurden, wird im Folgenden untersucht, ob und inwiefern die Sachaufklä­ rung in der Einzelzwangsvollstreckung insgesamt noch gestrafft werden kann.

Teil 3

Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung – Ausbau der Effektivität und Reformüberlegungen Wie bereits im Zwischenfazit1 dargelegt, ist der Grundgedanke des Systems der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung begrüßenswert und bietet eine so­ lide Grundlage für den Gläubiger, seine Zwangsvollstreckung wirksam voran­ treiben zu können. Allerdings soll das euphorische Lob, das der Novellierung der Sachaufklärung in der Literatur widerfuhr, nicht missverstanden werden als bedingungslose Akzeptanz eines vollendeten Systems, das keine Fläche für Verbesserungen mehr bietet. Es besteht noch Handlungsbedarf, um das System der Sachaufklärung stimmiger, einfacher und vor allem effektiver zu gestalten. Im folgenden Teil sollen daher Aspekte beleuchtet werden, die das bestehende System noch weiter verbessern können. Die Untersuchung richtet sich dabei auf das Verfahren der Vermögensauskunft, die Voraussetzungen und Mittel der Vermögensauskunft sowie schließlich das System des Schuldnerverzeichnisses. Teilaspekte wurden bereits im zweiten Teil dieser Arbeit erörtert. Im Rahmen der Begutachtung darf beim Blick auf die Praktikabilität und Effektivität nicht der verfassungsrechtliche Rahmen außer Acht gelassen werden, in den die Maß­ nahmen eingebettet sein müssen. Schließlich sollen, soweit dies der Sache dient, andere Rechtsordnungen mit deren Sachaufklärungsmethoden herangezogen werden, um Anstöße für das deutsche Recht zu finden, ohne dass der Rechtsver­ gleich zum Selbstzweck verkommt. Im Idealfall stehen am Ende Ergebnisse, die zu einer noch besseren Zwangsvollstreckung führen, denn nach der Reform ist vor der Reform.

1 

Teil 2 C.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft: Effizienz im Spannungsfeld zwischen Gläubigerund Gerichtsvollzieherdisposition I. Anträge in der Sachaufklärung: Wahrung der Stellung des Gläubigers als Herr des Vollstreckungsverfahrens oder Effizienzbremse? Das Ideal, an dem sich das Verfahren der Sachaufklärung orientieren muss, ist die rasche und vollständige Verwirklichung des Gläubigerziels: die Vermögen­ stransparenz als Vorbedingung für die erfolgreiche Zwangsvollstreckung. Auf der anderen Seite sind die einzelnen Maßnahmen der Sachaufklärung auch mit dem Anfallen von Gebühren verbunden. Daher sollte der Gläubiger die Über­ sicht darüber behalten, welche Maßnahmen ergriffen werden und beurteilen können, welche Vorgehensweise für ihn am (buchstäblich) günstigsten ist. Al­ lerdings darf wiederum nicht verkannt werden, dass sich der Zeitaufwand für die Sachaufklärung erhöht, je mehr Rücksprache der Gerichtsvollzieher mit dem Gläubiger halten muss. In Praxi erwartet der Gläubiger primär eine rasche Sachaufklärung vom Gerichtsvollzieher; welche konkreten Maßnahmen ergrif­ fen werden, ist für ihn sekundär, solange das Ziel erreicht wird und die Kosten überschaubar bleiben. Insofern stellt sich die Frage, inwiefern die Antragserfor­ dernisse, die sich insbesondere aus §  802a ZPO ergeben, in dieser Form sinnvoll sind, bzw. ob sie die Effizienz der Sachaufklärung zu bremsen vermögen. 1. Die verschiedenen Maßnahmen und Anträge Neben der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung bildet der Vollstreckungs­ auftrag nach aktuellem Recht die verfahrensrechtliche Legitimation für Vollstre­ ckungshandlungen des Gerichtsvollziehers.2 Ein konkreter Vollstreckungsauf­ trag ist nach §  802a Abs.  2 Satz  1 ZPO erforderlich für die isolierte gütliche Erledigung der Sache, Nr.  1, Abs.  2 Satz  2, die Vermögensauskunft zu Beginn der Zwangsvollstreckung, Nr.  2 i. V. m. §  802c ZPO, das Einholen von Drittaus­ künften, Nr.  3 i. V. m. §  802l ZPO, die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen. Nr.  4, die Vorpfändung, Nr.  5, den Erlass des Haftbefehls, §  802g Abs.  1 Satz  1 ZPO und die Abnahme der Vermögensauskunft nach einem Pfändungs­ versuch, §  807 Abs.  1 Satz  1 ZPO. Dabei kann der Gläubiger die Reihenfolge der Maßnahmen bestimmen und sich auf einzelne Maßnahmen beschränken oder solche im Auftrag kombinieren.3 Auch die umfassende Beantragung aller Maß­ 2 Hk-ZV/Sternal,

§  802a Rdnr.  5 (mit Ausnahme der Vorpfändung). §  802a Rdnr.  2.

3 Thomas/Putzo/Seiler,

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

109

nahmen ist möglich.4 Für das Stellen dieser Anträge ist seit dem 01.04.2016 die Nutzung eines entsprechenden Formulars obligatorisch.5 Es zeigt sich, dass eine Fülle an Maßnahmen für die Sachaufklärung besteht, für die jeweils konkrete Anträge gestellt werden müssen und die jeweils Kosten verursachen. 2. Antragserfordernis oder Offizialmaxime? Die österreichische Sachaufklärung als Vorbild für eine effizientere Zwangsvollstreckung? Bei dieser Fülle an Anträgen drängt sich die Frage auf, ob das Antragsprinzip die Geschwindigkeit und damit die Effizienz der Sachaufklärung mindert. Schließlich bringt jeder Antrag eine gewisse Bearbeitungszeit mit sich, wo­ durch sich, werden die Anträge sukzessive gestellt, eine Verzögerung einstellen kann. Um eine solche zu vermeiden, wird bisweilen empfohlen, alle Maßnah­ men der Sachaufklärung zu beantragen sowie eine Reihenfolge vorzugeben und Bedingungen festzulegen.6 Insofern ist zu eruieren, ob es im Hinblick auf die Möglichkeit, Maßnahmen en bloc zu beantragen, nicht sinnvoller wäre, vom Antragsprinzip abzuweichen und, wie bei der Ratenzahlungsvereinbarung gem. §  802b Abs.  3 Satz  2 ZPO, eine Art Widerspruchslösung zu eröffnen. Im Prin­ zip würde der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers noch immer die Grundlage für Vollstreckungshandlungen des Gerichtsvollziehers bilden, allerdings wäre der Gerichtsvollzieher in der Wahl der Mittel frei und könnte nach eigener Ein­ schätzung die effektivsten Maßnahmen wählen, soweit sie nicht vom Gläubiger ausgeschlossen wurden, wobei er gem. §  802a Abs.  1 ZPO keine unnötigen Kos­ ten zu verursachen hat. a) Die österreichische Sachaufklärung Kritik am System der Gläubigerdisposition äußerte zuletzt Rechberger, der postu­ liert, die vielen Wahlmöglichkeiten des Gläubigers sowie die sich daran an­ knüpfenden Verfahrensschritte führten zu einer „mehrwöchigen Verzögerung“, die die „Effektivität der Sachaufklärung“ minderten.7 Insgesamt sei die öster­ reichische Sachaufklärung „wesentlich effizienter“ 8. Die österreichische Exekutionsordnung sieht ebenfalls den Gläubiger als Ini­ tiator des Vollstreckungsverfahrens vor, sodass auch dort die Dispositionsmaxi­ Hesterberg, JurBüro 2012, 621, 623. §  802a Rdnr.  3. 6 Musielak/Voit/Voit, §  802a Rdnr.  3 ff.; Hk-ZV/Sternal, §  802a Rdnr.  8a; Hesterberg, Jur­ Büro 2012, 621, 624. 7  Rechberger, FS Schilken, 763, 778. 8  Rechberger, FS Schilken, 763, 777. 4 Siehe

5 Musielak/Voit/Voit,

110

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

me Geltung beansprucht.9 Im weiteren Verlauf minimiert sich allerdings der Gläubigereinfluss: Zwar ist der Gläubiger weiterhin im Verfahren involviert; Dauer und Ablauf des Vollstreckungsverfahrens liegen jedoch in den Händen des Gerichts, weswegen insofern die Offizialmaxime gilt.10 Im Vordergrund der Darstellung soll die Mobiliarvollstreckung stehen.11 Das österreichische Recht unterscheidet zwischen der Fahrnis- und der Forderungsvollstreckung. Bei der Forderungsvollstreckung hat der Gläubiger einen Antrag auf Einleitung der Zwangsvollstreckung zu stellen, in dem die zu pfändende Forderung möglichst genau individualisiert wird, §  54 Abs.  1 Nr.  3 Exekutionsordnung (EO).12 Ist der Drittschuldner nicht bekannt, bietet §  294a EO die Möglichkeit der Vollstre­ ckungseinleitung bei unbekanntem Drittschuldner. Im Vollstreckungsantrag wird dann nur das Geburtsdatum des Verpflichteten angegeben, das der Gläubi­ ger selbst wieder bei der Meldebehörde in Erfahrung bringen kann, §  294a Abs.  1 Nr.  1 und Abs.  3 EO. Im nächsten Schritt hat das Vollstreckungsgericht nach Bewilligung der Zwangsvollstreckung von Amts wegen den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger dahingehend abzu­ f ragen, ob und mit wem der Schuldner nach den vorhandenen Daten in einem Rechtsver­ hältnis steht, aus dem sich Forderungen ergeben können, die unter §  290a EO fallen.13 Ist die Anfrage positiv, erfolgt eine normale Forderungspfändung. Fällt die Anfrage indes negativ aus, leitet das Vollstreckungsgericht, sofern kein ge­ genteiliger Gläubigerantrag vorliegt, von Amts wegen das Verfahren zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses ein, §  47 Abs.  1 Nr.  2 EO.14 Gleiches gilt im Rahmen der Fahrnispfändung, bei der der Vollstreckungsauftrag eine grobe Umschreibung der Vollstreckungsobjekte zum Inhalt haben muss, wobei sich die Vollstreckung mangels Kenntnis des Gläubigers nicht auf konkret bezeich­ nete Objekte beschränken muss; verläuft der Vollstreckungsversuch erfolglos, muss der Schuldner, soweit der Gläubiger nichts Gegenteiliges beantragt hat, ein Vermögensverzeichnis abgeben, §  47 Abs.  1 Nr.  1 EO.15 Auch hier erfolgt die Einleitung des Verfahrens zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses im Grundsatz von Amts wegen. Verweigert der Schuldner, wenn er bei dem Voll­ Triller, S.  104. §  16 Abs.  1 EO normiert dieses Offizialprinzip: „Der Vollzug einer bewilligten Execu­ tion erfolgt, sofern in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, von amtswegen.“; Triller, S.  104. 11  Trotz der unterschiedlichen Terminologie werden im weiteren Verlauf der Einheitlich­ keit wegen die deutschen Termini verwendet, so hier „Mobiliarvollstreckung“ statt der öster­ reichischen „Mobiliarexekution“. 12  Rechberger, FS Schilken, 763, 766. 13  Rechberger, FS Schilken, 763, 766. 14  Triller, S.  108 f.; Angst/Jakusch, §  47 EO Rdnr.  27a. 15  Rechberger, FS Schilken, 763, 767. 9 

10 

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

111

streckungsversuch anwesend ist, die Abnahme des Vermögensverzeichnisses, ist der Schuldner dem Richter respektive Rechtspfleger zur Angabe seines Ver­ mögens vorzuführen, §  48 Abs.  1 Satz  3 EO. Ist der Schuldner nicht anwesend, muss ihn das Gericht laden; erscheint er daraufhin immer noch nicht, ist er zwangsweise vorzuladen, §  48 Abs.  1 Satz  1 EO. Diese zwangsweise Vorfüh­ rung erfolgt ebenfalls von Amts wegen.16 Auch bei der Forderungsvollstreckung ist der Schuldner zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses von Amts wegen vor Gericht zu laden.17 Weigert sich der Schuldner sodann unberechtigter Weise, die Auskunft abzugeben, so hat das Gericht mittels Beschluss Beugehaft zu ver­ hängen, §  48 Abs.  2 Satz  1 EO.18 Auch hier bedarf es keines gesonderten An­ trags mehr. Daraus wird ersichtlich, dass in Österreich alle Maßnahmen der Sachaufklärung nach der Vollstreckungseinleitung durch den Gläubiger von Amts wegen erfolgen. Es stellt sich die Frage, ob dieses System tatsächlich vor­ teilhaft ist und als Vorbild auf das deutsche Sachaufklärungssystem übertragen werden soll und kann. b) Die österreichische Sachaufklärung: Vorbild für Deutschland? Die These Rechbergers, das österreichische Exekutionsrecht sei effizienter und gar Vorbild, offenbart den Gedanken, eine Orientierung des deutschen Vollstre­ ckungsrechts an dem der österreichischen Exekutionsordnung sei für ersteres zweckdienlich und praktikabel. In Rede steht damit, ob durch eine Orientierung an den österreichischen Regeln eine Effizienzsteigerung im deutschen Vollstre­ ckungsrecht zu erreichen ist. Dabei stellt sich jedoch zum einen die Frage, ob eine Ausgestaltung nach dem Vorbild Österreichs überhaupt systemkompatibel mit dem deutschen Vollstreckungsrecht wäre und außerdem, ob die Regelungen der EO tatsächlich effizienter sind und damit wirklich Vorbildcharakter genießen. aa) Die Systemfrage (1) Dispositionsmaxime des deutschen Vollstreckungsrechts Die Zwangsvollstreckung wird in Deutschland nicht von Amts wegen eröffnet, sondern erfolgt auf formlosen Antrag; es handelt sich also um ein Antragsver­ fahren.19 Insofern besteht kein Unterschied zum österreichischen Recht. Das weitere Verfahren unterliegt allerdings der Gläubigerdisposition. Die Disposi­ tionsmaxime in der Zwangsvollstreckung bedeutet, dass die Parteien, insbeson­ Rechberger, FS Schilken, 763, 772. Rechberger, FS Schilken, 763, 773. 18  Rechberger, FS Schilken, 763, 773. 19  Baur/Stürner/Bruns, §  2 Rdnr.  2.3. 16  17 

112

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

dere der Vollstreckungsgläubiger, innerhalb der Rechtsordnung den Beginn, die konkrete Durchführung und das Ende des Vollstreckungsverfahrens bestim­ men können.20 Die ZPO regelt die dem Gläubiger eingeräumte Dispositions­ befugnis nicht expressis verbis; diese ergibt sich vielmehr aus dem Zusammen­ spiel mehrerer Normen: Das Antragserfordernis für die Eröffnung der Zwangs­ vollstreckung folgt z. B. für die Geldvollstreckung aus §  753 Abs.  1 ZPO. Das gesamte Verfahren der Sachaufklärung unterliegt, wie bereits gezeigt, der Gläubigerdisposition. Innerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens kann der Gläubiger seinen Antrag zurücknehmen, §§  29, 161 Abs.  4 ZVG.21 Außerdem kann der Gläubiger die Aufhebung einzelner Maßnahmen beantragen, z. B. ge­ pfändete Gegenstände freigeben lassen.22 Es ist dabei einfacher, wenige Aus­ nahmen hervorzuheben, die die Regel der Gläubigerdisposition bestätigen. So wird beispielsweise im Rahmen der Vollstreckung von unvertretbaren Handlun­ gen wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Einschränkung ge­ macht und die Wahl zwischen Zwangsgeld und Zwangshaft dem Vollstre­ ckungsorgan überlassen.23 Dass dem deutschen Zwangsvollstreckungsrecht die Dispositionsmaxime zugrunde liegt, ist also unbestritten. Die Frage geht hin­ sichtlich der Kompatibilität also dahin, ob das Leitbild der Dispositionsmaxime die Entscheidung über das Einführen weiterreichender Dispositionsmöglich­ keiten des Gerichtsvollziehers determiniert oder anders gewendet, inwiefern Regelungen, die dogmatisch der Offizialmaxime näherstehen, Einzug in das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht halten können. (2) Zwingende Gläubigerdisposition hinsichtlich der Vollstreckungseinleitung Das Einleiten der Zwangsvollstreckung betreffend ist das Ergebnis eindeutig: Es gibt keinen ersichtlichen Grund, weshalb es Sache des Staates sein soll, zu entscheiden, ob aus einem vollstreckbaren Titel zugunsten eines Schuldners auch die Zwangsvollstreckung betrieben wird. Vielmehr liegt diese Entschei­ dung ausschließlich im Interesse des Gläubigers. Zwar ist der Staat in der Pflicht, sollte sich der Gläubiger für die Zwangsvollstreckung entscheiden, diesem eine effektive Vollstreckung gewährleisten, dies aber eben nur auf den Wunsch des Gläubigers hin. Anders als z. B. im Strafrecht, wo sowohl Feststellung und Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches ex officio erfolgen, um die aner­ kannten Strafzwecke zu verwirklichen 24, verfolgt der Staat in der zivilrechtli­ Wieser, NJW 1988, 665. Wieser, NJW 1988, 665, 667. 22  Baur/Stürner/Bruns, §  2 Rdnr.  2.3. 23  Stamm, S.  134 f.; Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6.14. 24 MüKoStGB/Mitsch, Vor §§  77 ff. Rdnr.  1. 20  21 

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

113

chen Zwangsvollstreckung kein Eigeninteresse. Gaul bringt dies trefflich auf den Punkt, wenn er formuliert, es stehe im Belieben des Gläubigers, ob, wann und wie er seinen Anspruch verfolgt, der Staat hingegen habe „kein Interesse daran, daß [sic!] der Gläubiger aus dem Titel vollstreckt, sondern nur, daß [sic!] die Zwangsvollstreckung wenn der Gläubiger sie verlangt, in den gesetzlichen Bahnen verläuft.“25 Der Staat habe nicht nur kein Eigeninteresse an der Vollstre­ ckung des Gläubigers, vielmehr habe letzterer einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Disposition hinsichtlich der Vollstreckungseröffnung, der sich aus der Privatautonomie (Art.  2 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  20 Abs.  3 GG) und der Rechtsschutzgewährleistung ergebe.26 Auch letzteres Argument überzeugt: Durch den Justizgewährleistungsanspruch ist der Staat verpflichtet, dem Gläu­ biger zu einer effektiven Zwangsvollstreckung zu verhelfen. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings auch, dass der Staat dem Gläubiger überhaupt die Zwangsvollstreckung ermöglicht. Würde man dem Gläubiger die Disposition über die Vollstreckungseröffnung nehmen und legte man sie in die Hände des Staates, dürfte der Staat entweder kein Ermessen haben, was allerdings zu einer Überbelastung führen würde für all die Fälle, in denen der Gläubiger selbst kein Vollstreckungsinteresse hat. Außerdem widerspräche dies dem Inhalt der allge­ meinen Handlungsfreiheit aus Art.  2 Abs.  1 GG, die jedes Tun und Lassen schützt27 und damit auch gewährleistet, dass der Gläubiger selbst entscheiden kann, ob die Zwangsvollstreckung eröffnet werden soll oder nicht. Die Option, dem Staat hinsichtlich des Einleitens der Zwangsvollstreckung ein Ermessen zuzugestehen, hätte zur Konsequenz, dass die Zwangsvollstreckungseröffnung auch abgelehnt werden könnte, was dem Grundsatz der effektiven Zwangsvoll­ streckung unauflösbar widerspräche. Insofern lässt sich für das „Ob“ der Zwangsvollstreckung festhalten, dass eine Gläubigerdisposition indisponibel ist und andere Regelungen verfassungswidrig wären.28 (3) Keine Determinierung für das weitere Verfahren Man könnte nun annehmen, die zwingende Vorgabe der Gläubigerdisposition hinsichtlich der Eröffnung der Zwangsvollstreckung habe zur Folge, dass auch die Ausgestaltung der Zwangsvollstreckung der Dispositionsmaxime unterliegt. Im Kontext bedeutete dies, dass sich die Frage, ob die österreichische Sachauf­ klärung hinsichtlich der Effizienz wegen der Geltung des Offizialprinzips als Vorbild für Deutschland dient, überhaupt nicht stellt, da das deutsche Zwangs­ Gaul, JuS 1971, 347, 348. Gaul, DGVZ 2010, 24, 27. 27 Maunz/Dürig/Di Fabio, Art.  2 Rdnr.  20. 28  So auch Baur/Stürner/Bruns, §  7 Rdnr.  7.19. 25 

26 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

vollstreckungsrecht zwingend der Dispositionsmaxime ausgesetzt ist. Dieser Schluss geht indes fehl. So kann man kein argumentum a maiore ad minus her­ anziehen.29 Nach diesem muss, wenn nach einer Norm für einen Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge eintritt, diese erst Recht bei einem anderen Tatbestand eintreten, wenn die Rechtsfolge auf diesen Tatbestand in noch stärkerem Maße zutrifft.30 Wenn wie oben dargestellt die Eröffnung des Vollstreckungsverfah­ rens zwingend in den Händen des Gläubigers verbleiben muss, weil sonst die grundrechtlich gewährleistete effektive Zwangsvollstreckung nicht gewahrt ist, gilt dies nicht umso mehr für die Wahl der Vollstreckungsmittel: Schließlich können die Vollstreckungsorgane theoretisch auch ohne Zutun des Gläubigers die Zwangsvollstreckung derart vorantreiben, dass auf schnellstem Wege das für den Gläubiger beste und gleichzeitig günstigste Ergebnis herbeigeführt wird. Damit kann nicht behauptet werden, die Wahl der Vollstreckungsmittel müsse aus den Gründen, die für die Vollstreckungseröffnung vorgebracht wur­ den, in Gläubigerhand verbleiben. Als Zwischenergebnis lässt sich daher fest­ halten, dass die Dispositionsmaxime bei der Wahl der Vollstreckungsmittel zu­ mindest nicht allein deswegen unausweichlich ist, weil auch die Eröffnung der Zwangsvollstreckung der Gläubigerdisposition unterliegt. Damit stellt sich die Folgefrage, ob die Sachaufklärung nach allgemeinen Grundsätzen der Offizial­ maxime zugänglich ist. Dafür spricht zunächst, dass auch das geltende Recht die Dispositionsmaxime nicht vollkommen konsequent einhält, sondern biswei­ len Ausnahmen vorsieht: Eine solche Ausnahme stellt zum einen die bereits erwähnte Wahl zwischen Zwangsgeld und Zwangshaft bei der Vollstreckung unvertretbarer Handlungen, die dem Vollstreckungsorgan vorbehalten ist, dar. Außerdem ist es dem Gericht vorbehalten, eine Räumungsfrist von Amts wegen zu gewähren gem. §  721 ZPO oder eine beantragte Einstellung von Amts wegen an Auflagen zu knüpfen gem. §  30a Abs.  3 u. 4 ZVG.31 Dies zeigt, dass das Recht der Einzelzwangsvollstreckung und damit auch das der Sachaufklärung zumindest nicht hermetisch unter dem Mantel der Dispositionsmaxime abge­ riegelt ist, sondern an einigen Stellen Normen, die der Offizialmaxime nahe stehen, enthält. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass man ähnlich dem ös­ terreichischen „Vorbild“ die Sachaufklärung in die Hände des Vollstreckungs­ organs legen könnte, ohne dadurch mit den Prinzipien der Einzelzwangsvoll­ streckung zu brechen. 29  Dass dieser Gedanke naheliegt, behauptet Stamm, S.  135, der den Gedanken anderen Autoren in Fn.  289 unterstellt, ohne dass entsprechender Autoren einen solchen Schluss vor­ nehmen (Bruns/Peters, §  13 Anm.  1; Lüke, MüKo, Einl. Rdnr.  359). 30  Koch/Rüßmann, S.  259; Larenz/Canaris, S.  209. 31  Stürner, ZZP 99 (1986), 291, 299.

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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Ergo resultiert aus der obligatorischen Gläubigerdisposition hinsichtlich der Vollstreckungseröffnung nicht, dass auch das konkrete Verfahren der Zwangs­ vollstreckung allein dem Gläubiger an die Hand gegeben werden muss, sondern dass Vollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen bereits in der ZPO zu finden sind. Die ZPO ist daher offen für Vollstreckungsmaßnamen ex officio. Allerdings ist die Frage, inwiefern eine Neuordnung der Befugnisse des Voll­ streckungsorgans innerhalb der Sachaufklärung nach Maßgabe der österreichi­ schen EO im Hinblick auf die in Deutschland geltende Dispositionsmaxime möglich ist, nicht kriegsentscheidend: Zwar wird regelmäßig davon gesprochen, in Österreich gelte die Offizialmaxime.32 Tatsächlich verhält es sich so, dass auch innerhalb der EO die Vollstreckung nur qua Gläubigerantrag eingeleitet wird, der Gläubiger die Vollstreckung einstellen und einen Vollstreckungsverzicht ab­ geben kann, sodass insofern auch die Dispositionsmaxime gilt, was das Vollstre­ ckungsverfahren als solches angeht.33 Auch innerhalb der Sachaufklärung wird die Offizialmaxime nicht konsequent durchgehalten: So wird auch das Verfahren zur Abgabe zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses nur eingeleitet, wenn der Gläubiger nichts anderes beantragt hat, §  47 Abs.  1 EO.34 Dabei handelt es sich durch das Ausschlussrecht des Gläubigers weniger um eine Ausprägung der Offizialmaxime als um eine „Dispositionsmaxime mit negativem Vorzeichen“. Durchgehalten wird die Offizialmaxime daher insbesondere bei der Haft nach §  48 EO und den Drittauskünften gem. §  294a Abs.  1 Nr.  2 EO. (4) Ergebnis zur Systemfrage Im Ergebnis ist auch das österreichische Zwangsvollstreckungs- und Sachauf­ klärungsrecht nicht zwingend der Offizialmaxime unterworfen. Regelungen, die Vollstreckungshandlungen von Amts wegen vorsehen, könnten mit der er­ forderlichen Sorgfalt auch in die deutsche Sachaufklärung eingeführt werden.35 bb) Die Sinnfrage (1) Allgemeines Nach den Überlegungen, ob die Regelungen der österreichischen EO hinsicht­ lich der Sachaufklärung und der Ausgestaltung als Handlungen von Amts we­ gen rein dogmatisch im Hinblick auf die Vollstreckungsmaximen als Vorbild Triller, S.  106; Rechberger, FS Schilken, 763, 777 (spricht vom „Amtsbetrieb“). Neumayr/Nunner-Krautgasser, S.  29. 34  Rechberger, FS Schilken, 763, 766 f. 35  Behr sprach sich sogar für eine Abschaffung der Dispositionsmaxime zugunsten der Offizialmaxime aus, Behr, Rpfleger 1981, 417, 421. 32  33 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

dienen könnten, soll nun untersucht werden, ob sie auch als Vorbild genommen werden sollen. Auf den Kern reduziert lautet daher die Frage, ob eine Sachaufklärung, deren Maßnahmen überwiegend von Amts wegen vollzogen werden, die effizientere gegenüber der deutschen Sachaufklärung mit dem Primat der Gläubigerdisposi­ tion ist. Dem Gedanken, dass die Sachaufklärung unter der Direktion des Gerichts­ vollziehers effizienter sei als nach dem deutschen Antragssystem, kann nur die Annahme zugrunde liegen, dass die Anträge missverständlich gestellt werden, weshalb es einer Rücksprache seitens des Gerichtsvollziehers bedarf, oder dass die Anträge sukzessive gestellt werden. Letzteres würde bedeuten, dass bei­ spielsweise ein Gläubiger Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach §  802c ZPO stellt, der Schuldner diese verweigert, der Gläubiger sodann einen Antrag auf das Einholen von Drittauskünften stellt, diese unergiebig sind und erst anschließend Antrag auf Erzwingungshaft gestellt werden würde. Tatsächlich kann ein unkoordinierter oder unklar formulierter Vollstre­ ckungsantrag dazu führen, dass der Gerichtsvollzieher Rücksprache mit dem Gläubiger halten oder dass er nach seinem Ermessen den Auftrag interpretieren muss, was dem Gläubigerinteresse zuwiderläuft und damit insgesamt die Effi­ zienz der Vollstreckung bzw. der Sachaufklärung hemmt. So kann der Fall liegen, wenn der Gläubiger in seinem Auftrag sowohl die Abnahme der Vermögensaus­ kunft als auch eine Pfändung und Verwertung beantragt. Die Reihenfolge des Antrags kann dann als Aufzählung oder als vorgegebene Reihenfolge für den Gerichtsvollzieher verstanden werden, in der er den Auftrag zu bearbeiten hat.36 So betrachtet ist der Gedanke, die Maßnahmen direkt in die Hände des Gerichts­ vollziehers zu legen, um diese Probleme zu vermeiden, nachvollziehbar. (2) Die GVFV Nach neuestem Recht dürften sich diese Probleme allerdings erübrigt haben. Die Notwendigkeit eines klaren Vollstreckungsantrags wurde erkannt; diese Er­ kenntnis manifestiert sich in der für die Vollstreckung von Geldforderungen erlassenen Verordnung über das Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherformular-Verordnung – GVFV).37 Seit dem 01.04.2016 gilt diese zwingend, sodass das entsprechende Formular obliga­ torisch zu verwenden ist, §  5 GVFV. Dieses Formular besteht aus drei Teilen: dem eigentlichen Vollstreckungsauftrag, der Forderungsaufstellung sowie Hin­ 36  37 

Harnacke/Bungardt, DGVZ 2013, 1. BGBl. I 2015, S.  1586.

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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weisen zum Ausfüllen und Einreichen des Vollstreckungsauftrages.38 Ziel der Verordnung ist es, den Inhalt des Vollstreckungsauftrags schneller erfassen zu können, um die Arbeitsabläufe des Gerichtsvollziehers zu vereinfachen und die­ sen zu entlasten.39 Dadurch können die Aufträge zügig bearbeitet werden und Nachfragen beim Gläubiger sollen sich erübrigen, weil die Verständlichkeit des Vollstreckungsauftrages gefördert wird.40 Das Formular folgt einem modulari­ sierten Aufbau, bei dem die Vollstreckungsmaßnahmen einzeln aufgeführt und erläutert werden. Dass besonderer Wert auf die Verständlichkeit gelegt wurde, um unnötige Rückfragen zu vermeiden, zeigt sich beispielsweise daran, dass statt des terminologisch korrekten Begriffs der „Vollstreckung wegen Geld­ forderungen“ der Begriff „Vollstreckung von Geldforderungen“ benutzt wird.41 Die Maßnahmen der Sachaufklärung werden einzeln und mit Erläuterungen aufgeführt, sodass Missverständnisse nicht mehr entstehen sollten. Es wird ex­ plizit unterschieden zwischen der Abgabe der Vermögensauskunft vor und nach einem Pfändungsversuch.42 Das Modul „N“ des Formulars bietet die Möglich­ keit, explizit und auf einfachem Wege eine Reihenfolge bzw. eine Kombination der einzelnen Aufträge festzulegen. Darüber hinaus können die Länder gemäß §  3 GVFV das Formular in elektronisch ausfüllbarer Form zur Einreichung in Papierform zur Verfügung stellen, was wiederum das Verfahren beschleunigt und dem Gläubiger den Weg zum Vollstreckungsauftrag vereinfacht. Es lässt sich damit festhalten, dass der Gläubiger, der die Zwangsvollstre­ ckung und die Sachaufklärung beantragt, hierfür zwingend ein elektronisch ausfüllbares Formular zur Hand hat, auf dem explizit jede Maßnahme beschrie­ ben ist und lediglich angekreuzt werden muss. Daneben sind Hinweise ange­ fügt, die das Ausfüllen noch weiter vereinfachen. Die Maßnahmen können dar­ über hinaus gleichzeitig und kumulativ beantragt werden. Das bedeutet, dass der Gläubiger mit nur einem Antrag alle die Maßnahmen eröffnen kann, die ihm zielführend erscheinen. Auch in Österreich muss der Gläubiger, wie erwähnt, die Zwangsvollstre­ ckung beantragen. Erst dann übernehmen die Vollstreckungsorgane. Durch das einfach auszufüllende Formular für den Vollstreckungsauftrag bedarf aller­ dings auch der deutsche Vollstreckungsgläubiger lediglich eines Antrags. Die Gefahr der Effizienzminderung aufgrund missverständlicher Formulierungen durch den Gläubiger wird dadurch eliminiert. Außerdem erübrigt sich der Vor­ wurf, es bedürfe in Deutschland für eine jede Maßnahme, sogar bezüglich der Salten, MDR 2016, 125. BR-Drucks. 336/15 (neu), S.  10. 40  Fechter, in: ZVR aktuell, 3.  Auflage, §  3 Rdnr.  122. 41  Fechter, in: ZVR aktuell, 3.  Auflage, §  3 Rdnr.  125; BR-Drucks. 336/15 (neu), S.  4. 42  BT-Drucks. 336/15 (neu), S.  7. 38  39 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Erzwingungshaft, eines gesonderten Antrags.43 De jure ist dies zutreffend, de facto kann der Gläubiger indes nach seinem Ermessen entscheiden, ob er gleichzeitig mit der Vermögensauskunft auch die Erzwingungshaft beantragt. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Gläubiger zu Beginn der Vollstreckung das For­ mular ausfüllt, im Zweifel alle Maßnahmen in der von ihm präferierten Reihen­ folge beantragt und sodann das Geschehen dem Gerichtsvollzieher überlässt. In diesem Falle ergibt sich kein Unterschied zum Vollstreckungsrecht in Öster­ reich, da faktisch jeweils nur ein Antrag auszufüllen ist. Der Vorzug des deut­ schen Rechts gegenüber dem österreichischen besteht indes in der Wahlmög­ lichkeit zugunsten des Gläubigers. Es existiert weder ein übergeordneter Grund noch ein staatliches Interesse, den Schuldner entgegen der (z. B. rein altruisti­ schen) Absicht des Gläubigers in Haft zu nehmen. Ändert der Gläubiger seine Ansicht, bleibt ihm die spätere Beantragung der Haft unbenommen. Dieses Vor­ gehen als ineffizient zu bezeichnen ist berechtigt, allerdings beruht die gemin­ derte Effizienz in diesem Falle nicht auf einem Versagen der gesetzlichen Rege­ lungen, sondern auf einer bewussten Entscheidung des Gläubigers und ist daher nicht zu beanstanden. (3) Kostenrechtliche Aspekte Für diese Vorgehensweise streitet noch ein weiterer Aspekt: Das österreichische Kostenrecht ist derart ausgestaltet, dass zwischen dem Verhältnis Bund-Ge­ richtsvollzieher und Gläubiger-Gerichtsvollzieher unterschieden werden muss: Der Gläubiger leistet beim Stellen des Vollstreckungsauftrages eine klar defi­ nierte, pauschale Vollzugsgebühr an den Bund, was Kostensicherheit mit sich bringt. Der Gerichtsvollzieher erhält dann seine Vergütung aus Amtsgeldern in Abhängigkeit von der vollzogenen Handlung und des erzielten Ergebnisses.44 In Deutschland hingegen ist jede Maßnahme für sich genommen gebührenpflich­ tig. Würde die Sachaufklärung in die Hände des Gerichtsvollziehers gelegt, wä­ ren kostenrechtliche Änderungen erforderlich, da der Gläubiger sonst zu Be­ ginn der Vollstreckung nicht wüsste, welche Kosten auf ihn zukommen. Vor­ zugswürdig erscheint allerdings auch hier der Weg, dass lediglich die Maßnahme gezahlt werden muss, die dem konkreten Willen des Gläubigers entspricht. (4) Die Erzwingungshaft gem. §  802g ZPO als Sonderfall? Bisweilen werden im Hinblick auf die Erzwingungshaft gem. §  802g ZPO Be­ denken geäußert, ob diese der Gläubigerdisposition entzogen werden soll. Es 43 

44 

Rechberger, FS Schilken, 763, 777. Neumayr/Nunner-Krautgasser, S.  10.

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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bestünde die Gefahr einer Pervertierung der Erzwingungshaft zu einem vom Gesetzgeber nicht intendierten Druckmittel zur Zahlungserzwingung.45 Es steht also nicht der Gedanke der Effizienz im Vordergrund46, sondern der As­ pekt des Schuldnerschutzes und des rechtsstaatlichen Verfahrens. Gaul formu­ liert, die Möglichkeit des Gläubigers, über die Freiheit des Schuldners zu ent­ scheiden, rücke die Maßnahme der Erzwingungshaft rechtsstaatlich „ins Zwie­ licht“ 47. Dieser Gedankengang ist nicht recht nachzuvollziehen. Es wird vorgeschlagen, den Schuldner von Amts wegen in Erzwingungshaft zu nehmen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Der Gläubiger kann indes auch nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des §  802g ZPO die Haft bean­ tragen; die Letztentscheidung über den Freiheitsentzug verbleibt beim Gericht, §  802g Abs.  1 Satz  1 ZPO. Damit ergibt sich im Ergebnis kein Unterschied. Dass damit dem Gläubiger die Möglichkeit des ungerechtfertigten Zwangs eröffnet würde, ist unzutreffend, da die Zahlung durch den Schuldner nicht dessen ein­ zige Möglichkeit ist, die drohende Haft abzuwehren, sondern er auch schlicht die Vermögensauskunft abgeben kann. Die Erzwingungshaft vor dem Hinter­ grund des Schuldnerschutzes der Dispositionsmaxime zu entziehen, ist damit abzulehnen. cc) Conclusio: „Design-Vollstreckung“ statt Offizialmaxime Der These, das österreichische Recht der Sachaufklärung stelle ein Vorbild für das deutsche Recht dar, ist zu widersprechen. Die postulierte österreichische Effizienz lässt sich seit Einführung des zwingenden Antragsformular in Deutschland ohne Weiteres erreichen. Allerdings ist das deutsche Recht auch in kostenrechtlicher Hinsicht flexibler, da der Gläubiger auch bestimmte Maßnah­ men auslassen kann und diese folglich auch nicht bezahlen muss. Zwar könnte in Deutschland demnach eine an der Offizialmaxime orientierte Sachaufklä­ rung Einzug in die ZPO halten. Da sich das staatliche Vollstreckungsinteresse indes darauf beschränkt, dem Gläubiger die Vollstreckung effektiv zu gewähr­ leisten, erscheint es ratsam, bei dem Prinzip der Gläubigerdisposition zu blei­ ben. Nach der GVFV hat der Vollstreckungsgläubiger die Möglichkeit der indi­ viduellen „Design-Zwangsvollstreckung“, die bei gleicher Effizienz flexibler als das Offizialprinzip und damit vorzugswürdig ist.

Schilken, Rpfleger 2006, 629, 636; Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 43. Schilken, Rpfleger 2006, 629, 636 erkennt selbst, dass eine Effizienzsteigerung dadurch kaum zu erwarten wäre. 47  Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 43. 45 

46 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

II. Effektivität der Sachaufklärung: Überraschungszugriff versus Schuldnerschutz Die Vorverlagerung der Vermögensauskunft ist ein Schritt in die richtige Rich­ tung einer wirksamen Sachaufklärung. Die gesetzgeberische Intention der zü­ gigen Sachaufklärung bzw. Zwangsvollstreckung48 wurde indes noch nicht ­umfassend realisiert. Das geltende Recht lässt noch immer Spielraum für Ver­ fahrensverzögerungen. Durch die Beseitigung jener Spielräume könnte die Sach­aufklärung gefördert werden; nicht übersehen werden darf jedoch die der Stärkung der Sachaufklärung inhärente Mehrbelastung des Schuldners. In Rede stehen insbesondere die Vorschrift des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO, die das Setzen einer zweiwöchigen Frist vor Abnahme der Vermögensauskunft vorsieht, die Vorschriften betreffend die Örtlichkeiten zur Abnahme der Vermögensaus­ kunft, §  802f Abs.  1 Satz  2 und Abs.  2 ZPO sowie das Widerspruchsrecht des Schuldners im Rahmen der Sofortabnahme gem. §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO. 1. Die Zahlungsfrist gem. §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner gem. §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO vor Abnahme der Vermögensauskunft eine zweiwöchige Frist zu setzen, innerhalb derer der Schuldner die Forderung begleichen soll. Diese Frist soll dem Schutz des zahlungswilligen und zahlungsfähigen Schuldners dienen.49 a) Plädoyer für das Abschaffen der Toleranzfrist Die zweiwöchige Toleranzfrist ist ein wohlgemeinter „Schuss vor den Bug“ 50. Allerdings sollte auf diese Maßnahme verzichtet werden. Durch die Sachauf­ klärung soll dem Gläubiger ein realistisches Bild des Schuldnervermögens ge­ zeichnet werden. Dieses Bild wird jedoch durch die Verschleierung von Vermö­ gensgegenständen verzerrt. Solche Verschleierungsmaßnahmen sind eher zu befürchten, je mehr Zeit dem Schuldner hierzu gewährt wird. Insofern sollte der Sachaufklärung ein Überraschungseffekt zugutekommen, damit der Zeitraum zur Vermögensverschleierung verkürzt wird.51 Dies würde auch der Möglich­ keit der gleichzeitigen Zustellung nach §  750 Abs.  1 Satz  1 ZPO zugutekommen und umgekehrt.52 Dem wird teilweise entgegnet, Maßnahmen zur Verschleie­ 48 

BT-Drucks. 16/10069, S.  23. BeckOK ZPO/Fleck, §  802f Rdnr.  1a; Zöller/Seibel, §  802f Rdnr.  2. 50  Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 591. 51  Schilken, Rpfleger 2006, 629, 635; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  60 Rdnr.  61; Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 42. 52  Hess/G.Vollkommner, FS Vollkommer, 349, 354. 49 

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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rung würden durch die Frist nicht gefördert.53 Dieser Ansicht ist zu konzedie­ ren, dass der böswillige Schuldner bereits seit der Urteilsverkündung Kenntnis von seiner offenen Verbindlichkeit hat. Weigert er sich mit Vehemenz gegen das Begleichen der Forderung, kann er schon frühzeitig nach oder sogar vor dem Urteilsspruch mit Verschleierungsmaßnahmen beginnen für den Fall, dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben wird. Auf der anderen Seite wird argumentiert, die Frist solle verhindern, dass der Schuldner „aus heiterem Him­ mel“54 mit der Pflicht zur Vermögensauskunft konfrontiert werde. Dieses Vor­ bringen kann nicht überzeugen. Gibt es Fälle, in denen der Schuldner mit der Vermögensauskunftspflicht überrascht wird, dann sind dies auch solche Fälle, in denen das Überraschungsmoment gewahrt werden und die Möglichkeit der Verschleierung minimiert werden muss. Jene Fälle sind es auch, bei denen die Möglichkeit des Schuldners, Vermögensgegenstände beiseite zu schaffen, durch die Fristsetzung ausgeweitet wird. Es existieren mithin durchaus Situationen, in denen einem solchen Überraschungszugriff eine aus Gläubigersicht positive Wirkung zukommt.55 Auch das Abheben auf das Telos der Norm, der Schutz des zahlungsfähigen und zahlungswilligen Schuldners56, vermag nicht zu überzeu­ gen. Der zahlungsfähige und zahlungswillige Schuldner sollte nicht in die Lage kommen, die Vermögensauskunft abgeben zu müssen, schließlich hatte er be­ reits die Möglichkeit, seine Zahlungswilligkeit und -fähigkeit durch Leistung unter Beweis zu stellen. Diese Schuldnergruppe wird also kaum den Schutz der Toleranzfrist benötigen. Indem durch Nichtleistung die Vollstreckungseinlei­ tung in Kauf genommen wird, offenbart sich vielmehr entweder die Zahlungs­ unfähigkeit oder die Zahlungsunwilligkeit. In beiden Fällen ist allerdings die Frist überflüssig. Dem tatsächlich zahlungsunfähigen Schuldner wird sich kein Deus ex Machina offenbaren, der die finanzielle Situation verbessert. Der zah­ lungsunwillige Schuldner hatte hingegen bereits die Chance, seine Forderung zu begleichen und verdient daher nicht den durch die Toleranzfrist angestrebten Schutz. Abgesehen davon, dass die Frist ihren vorgegebenen Sinn verfehlt, dient sie zumindest nicht der Verfahrensbeschleunigung: Es vergehen zwei Wochen und der Gerichtsvollzieher hat einen Termin „alsbald“ nach Ablauf der Frist zu setzen, also nicht unmittelbar, sofort oder direkt nach Ablauf, sondern lediglich alsbald. Schwammige Zeitvorgaben für den Ablauf einer entbehrlichen Frist vermögen es nicht, eine Zeitersparnis herbeizuführen.57 An diesem Ergebnis bestehen auch nach der Einführung des §  802f Abs.  1 Satz  4 ZPO keine Zweifel. Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 591. Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 591. 55  Schilken, Rpfleger 2006, 629, 635. 56 Zöller/Seibel, §  802f Rdnr.  2. 57  So auch Jäger/Schatz, ZVI 2008, 143, 148. 53 

54 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Gem. §  802f Abs.  1 Satz  4 ZPO ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner bereits anderweitig zur Zahlung aufgefordert wurde und seit dieser Aufforderung zwei Wochen fruchtlos verstrichen sind. Diese Gesetzesänderung ist ein weiteres Indiz für die Obsoleszenz der Frist. Hintergrund für die Einfüh­ rung des Satzes 4 ist, dass für die Fristsetzung kein Bedürfnis bestehe, wenn der Schuldner bereits anderweitig zur Zahlung aufgefordert wurde.58 Das bedeutet anders gewendet, dass der Schuldner nicht schutzbedürftig ist, wenn er von sei­ ner Zahlungsverpflichtung Kenntnis hat. Besinnt man sich indes darauf, dass sich die Parteien bereits in der Zwangsvollstreckung befinden und dem Schuld­ ner als Voraussetzung hierfür bereits alle Unterlagen, die die Grundlage für die Vollstreckung bilden, zugestellt wurden59, besitzt der Schuldner stets Kenntnis bezüglich der Forderung und ist daher nie schutzbedürftig. Aber selbst wenn man, wie manche Autoren, in der Frist keine Hemmung der Effektivität des Vollstreckungsverfahrens sieht, weil z. B. Verschleierungsmöglichkeiten nicht gefördert würden60, so kann man sich angesichts der oben genannten Gründe immerhin nicht vor der Bedeutungslosigkeit der Norm verschließen. Mithin ist das Fristerfordernis des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO ersatzlos zu streichen.61 b) Keine verfassungsmäßigen Bedenken hinsichtlich Streichung der Frist Die Streichung der Toleranzfrist ist hinsichtlich des allgemeinen Persönlich­ keitsrechts des Schuldners in Ausformung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht zu beanstanden. Im Rahmen einer Abwägung zwi­ schen dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers und dem Recht auf informa­ tionelle Selbstbestimmung ist ersterem der Vorzug zu gewähren. Der Gläubiger kann für sich den Justizgewährungsanspruch und das Recht auf eine effektive Zwangsvollstreckung in Anspruch nehmen. Der zahlungsunwillige Schuldner ist eines Schutzes nicht würdig, da er den Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht ohne Weiteres durch Zahlung abwehren könnte. Diese Möglichkeit ist zwar dem zahlungsunfähigen Schuldner nicht eröffnet – es wurde aber bereits festgestellt, dass die Abgabe der Vermögensauskunft wichtiges Mittel ist, um in Erfahrung zu bringen, ob der Schuldner überhaupt über Vermögen verfügt62 – das Mittel der Vermögensauskunft als solches ist daher nicht zu beanstanden. Wenn der Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet ist, aber ohnehin 58 

BT-Drucks. 18/7560, S.  37. MüKoZPO/Wagner, §  802c Rdnr.  4 f.; BeckOK ZPO/Ulrici, §  750 Rdnr.  21. 60  Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589, 591; wohl auch Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  60 Rdnr.  61. 61  Rechberger, FS Schilken, 763, 778: Frist sei aus österreichischer Perspektive „nicht nachvollziehbar“. 62  Teil 1 A. 59 

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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kein Vermögen hat, so vermag auch die Zwei-Wochen-Frist an seiner Situation nichts zu ändern. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wird durch die ZweiWochen-Frist daher nur aufgeschoben, aber mangels Zahlungsmöglichkeit des zahlungsunfähigen Schuldners nicht gemildert. An dem oben gefundenen Ab­ wägungsergebnis ändert also auch die Streichung der Toleranzfrist nichts. c) Ergebnis hinsichtlich §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO Die Frist des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO sollte den zahlungswilligen und -fähigen Schuldner der Natur der Sache wegen nicht betreffen, kann dem zahlungsunfä­ higen Schuldner nicht helfen und bietet dem zahlungsunwilligen und -fähigen Schuldner einen nicht erforderlichen Schutz und kann wegen des Eliminierens des Überraschungsmoments in gewissen Situationen die Sachaufklärung in ih­ rer Wirkung beeinträchtigen. Da verfassungsmäßige Bedenken nicht entgegen­ stehen und die Frist im besten Falle keinen Mehrwert hat, im schlechtesten Fal­ le zu einer Effektivitätsminderung führt, ist sie ersatzlos zu streichen. 2. Der Ort für die Abnahme der Vermögensauskunft: Obligatorisch-einstufiges Verfahren als Beschleunigungsmaßnahme? Das geltende Recht sieht hinsichtlich des Ortes für die Abnahme der Vermö­ gensauskunft zwei mögliche Verfahren vor: Ein einstufiges, bei dem der Ge­ richtsvollzieher den Schuldner in seine Geschäftsräume lädt, §  802f Abs.  1 Satz  2 ZPO, oder ein zweistufiges, bei dem die Abnahme in der Wohnung des Schuldners stattfinden soll, wogegen der Schuldner allerdings binnen einer Wo­ che widersprechen kann; in diesem Fall findet die Vermögensauskunft wiede­ rum in den Geschäftsräumen des Gerichtsvollzieher statt, §  802f Abs.  2 ZPO.63 a) Kritik Diese gesetzliche Vorgehensweise wird teilweise kritisiert. Im Hinblick auf den oben bereits angesprochenen Überraschungseffekt hemme es die Effektivität und Effizienz, den Schuldner erst zu fragen, ob er mit der Abnahme der Vermö­ gensauskunft in seiner Wohnung einverstanden sei, da dies mit der Möglichkeit des Widerspruchs zu einer unnötigen Verzögerung des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft führe.64 Stattdessen solle an die Weigerung des Schuld­ ners, die Vermögensauskunft in seiner Wohnung abzugeben, die Möglichkeit der Haftanordnung geknüpft werden.65 Das Verfahren solle mit anderen Worten 63 

Dazu bereits oben, Teil 2 A. I. 8. Schilken, Rpfleger 2006, 629, 635. 65  Schilken, Rpfleger 2006, 629, 635. An gleicher Stelle wird zu Recht darauf hingewie­ 64 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

in jedem Fall einstufig ausgestaltet werden, indem das Widerspruchsrecht des Schuldners entfällt. b) Stellungnahme Zunächst kann der Vorschlag nur so gedeutet werden, dass die Inhaftnahme nicht dazu dienen soll, den Schuldner überhaupt zur Abgabe der Vermögens­ auskunft zu bewegen. Schließlich steht nur die Verweigerung des Schuldners hinsichtlich des Betretens seiner Wohnung zur Debatte und nicht hinsichtlich seiner grundsätzlichen Bereitschaft, die Vermögensauskunft abzugeben. Für diese steht bereits die Beugehaft gem. §  802g ZPO zur Verfügung. Die grund­ sätzliche Verweigerung zur Abgabe der Vermögensauskunft und die Verweige­ rung zur Abgabe dergleichen in der Wohnung des Schuldners dürfen also nicht gleichgestellt werden. Die geäußerte Kritik ist im tatsächlichen Ansatz zutreffend. Widerspricht der Schuldner der Abgabe der Vermögensauskunft, so kommt es in der Tat zu einer Verzögerung des Verfahrens, die sich womöglich nicht ergeben würde, wenn sich der Schuldner durch die Möglichkeit der Haftanordnung gezwungen sähe, der Bestimmung zur Abnahme in seiner Wohnung zuzustimmen. Schließlich beträgt die Frist, innerhalb derer der Schuldner widersprechen kann, eine Wo­ che. Dass also das Entfallen des Widerspruchsrechts und die Möglichkeit der Haftanordnung für den Fall der Weigerung des Schuldners, die Vermögensaus­ kunft in seiner Wohnung abzugeben, einen Beschleunigungseffekt mit sich brächten, ist nicht von der Hand zu weisen. Dabei darf allerdings nicht über­ sehen werden, dass das Widerspruchsrecht des Schuldners kein Selbstzweck ist, sondern der Wahrung des Rechts des Schuldners auf Unverletzlichkeit seiner Wohnung dient.66 aa) Art.  13 GG nicht tangiert Hinsichtlich der tangierten Grundrechte muss indes unterschieden werden: Der Vorschlag, an die Verweigerung der Vermögensauskunft in der Wohnung eine Haftanordnung zu erlassen, betrifft das Recht auf Unverletzlichkeit der Woh­ nung des Schuldners nicht. Art.  13 GG schützt gerade die Privatheit der Woh­ nung als die räumliche Umgebung, in der das Privatleben Entfaltung erlebt.67 Dadurch soll die Privatsphäre in räumlicher Hinsicht abgeschirmt werden.68 sen, dass die Voraussetzungen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung gem. §  758a ZPO nicht vorlägen. 66  BT-Drucks. 16/10069, S.  27. 67 Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  13 Rdnr.  1. 68  BVerfG, MMR 1998, 202, 209.

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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Eine Regelung, die den Schuldner dazu bewegen will, Eintritt in die Wohnung zu gewähren, allerdings nicht gegen seinen Willen einen Zugang zu schaffen vermag, stellt gerade nicht diese Persönlichkeitssphäre in Frage, da nicht gegen den Willen des Schuldners in seine Privatsphäre eingedrungen werden soll. Et­ was anderes würde gelten, wenn die Regelung das zwangsweise Betreten der Wohnung des Schuldners vorsähe, was allerdings auch de lege ferenda mit Art.  13 GG nicht vereinbar wäre.69 Die Maßnahme, der die Untersuchung gilt, sieht von einem solchen zwangsweisen Betreten ab und ist daher nicht an Art.  13 GG zu messen. bb) Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG Betroffen wäre freilich das Recht des Schuldners auf Freiheit der Person, Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG. Die Haft als Folge der Weigerung zur Abgabe der Vermö­ gensauskunft in der Wohnung des Schuldners stellt als Freiheitsentziehung im Sinne einer nicht nur kurzfristigen Beschränkung der körperlichen Bewegungs­ freiheit einen Eingriff in Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG dar.70 Damit ist zu untersu­ chen, ob die Pflicht des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft in sei­ ner Wohnung mit der damit verbundenen Haftandrohung mit Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG vereinbar ist. (1) Qualifizierter Gesetzesvorbehalt Ein Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit kann qua Gesetz, das den Anforderungen des Art.  104 GG genügt, gerechtfertigt werden; es liegt ein qua­ lifizierter Gesetzesvorbehalt vor.71 Das heißt, das Recht auf Freiheit der Person könnte durch eine Regelung wie die in Rede stehende eingeschränkt werden, wenn diese selbst verfassungsgemäß ist. Insbesondere muss die Haft nach Ver­ weigerung der Abnahme der Vermögensauskunft in der eigenen Wohnung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen, also ein legitimes Ziel verfolgen und zum Erreichen dessen geeignet, erforderlich und angemessen sein.72 (2) Legitimer Zweck und Geeignetheit Die Streichung des Widerspruchsrechts des Schuldners und die Möglichkeit der Haftanordnung sollen die Reduktion der sich aus dem Widerspruchsrecht erge­ 69 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802f Rdnr.  4; wohl auch Schilken, Rpfleger 2006, 629, 635. 70  BeckOK GG/Lang, Art.  2 Rdnr.  87a f. 71 Maunz/Dürig/Di Fabio, Art.  2 Rdnr.  43. 72 Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  2 Rdnr.  120.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

benden Verfahrensverzögerung bewirken und damit die Sachaufklärung be­ schleunigen, was dem Recht des Gläubigers auf eine effektive Zwangsvoll­ streckung als Ausformung des Justizgewährungsanspruchs zugutekommt. Der Justizgewährleistungsanspruch leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  20 Abs.  3 GG, ab und stellt damit ein legitimes Ziel dar.73 Dass durch die unmittelbare Verpflichtung des Schuldners, in dessen Wohnung die Vermögensauskunft abzugeben, eine Verfahrensbeschleunigung eintreten kann, wurde bereits aufgezeigt. Die Haftanordnung dient insofern der Druck­ ausübung, damit der Schuldner dieser Pflicht nachkommt und ist somit abstrakt geeignet, den Zweck der Verbesserung der Sachaufklärung zu fördern und da­ mit geeignet.74 Darüber hinaus müsste die Haftanordnung zum Erreichen des Ziels das effektivste und gleichzeitig mildeste Mittel, also erforderlich sein.75 (3) Erforderlichkeit Durch die Haftanordnung soll der Schuldner bewegt werden, die Vermögensaus­ kunft in seiner Wohnung zuzulassen, wobei auch präventive Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, dass die Haftanordnung im Idealfall aus­ bleibt, da der Schuldner in Anbetracht der Haftmöglichkeit direkt die Vermö­ gensauskunft in seiner Wohnung abgibt. Das mildere Mittel der sanktionslosen Verpflichtung des Schuldners, die Auskunft in seiner Wohnung abzugeben, ist nicht gleich effektiv wie die Verbindung mit der Haftanordnung. Das zwangs­ weise Betreten der Wohnung wäre unter Umständen ebenso effektiv, allerdings nicht milder, da darin ein Eingriff in Art.  13 GG zu sehen wäre. Andere druck­ ausübende Maßnahmen, um den Schuldner zur Vermögensauskunft innerhalb seiner Wohnung zu bewegen, sind nicht ersichtlich, können aber auch dahin­ stehen. Die Haftanordnung ist im konkreten Fall nämlich nicht angemessen. (4) Angemessenheit Im Rahmen der Angemessenheit (oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) muss abgewogen werden zwischen den Vorteilen einer solchen Maßnahme, also der etwaigen Verbesserung der Sachaufklärung, und den damit verbundenen Beeinträchtigungen des Betroffenen.76 In concreto bedeutet dies, dass zwischen dem Recht des Gläubigers auf eine effektive Zwangsvollstreckung und dem Recht des Schuldners auf persönliche Freiheit abgewogen werden muss. Zu­ gunsten der Schuldnerinteressen streitet der Umstand, dass die Folge der Haft 73 Jarass/Pieroth/Jarass,

Art.  20 Rdnr.  116 f. Art.  20 Rdnr.  112. 75 Maunz/Dürig/Grzeszick, Art.  20 Rdnr.  113. 76 Jarass/Pieroth/Jarass, Art.  20 Rdnr.  120 ff. 74 Maunz/Dürig/Grzeszick,

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

127

auch den Schuldner trifft, der grundsätzlich zur Abgabe der Vermögensaus­ kunft bereit ist, nur eben nicht in seiner Wohnung. Würde er aber in die Ge­ schäftsräume des Gerichtsvollziehers geladen und brächte er alle erforderlichen Unterlagen mit, ergäbe sich bloß eine geringfügige Verzögerung im Vergleich zur Situation, in der der Gerichtsvollzieher den Schuldner unmittelbar in dessen Wohnung aufsucht. Dies erscheint nicht sachgerecht. Auch für den Fall, dass der Schuldner von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht und bereits mit der Bestimmung zur Abnahme der Vermögensauskunft in seiner Wohnung für den Fall der Verweigerung in die Geschäftsräume geladen wird, ist der Zeitgewinn gering. Schließlich ist die Abgabe der Vermögensauskunft das primäre Ziel. Außerdem muss vor der Inhaftnahme eine Haftanordnung ergehen. Der Schuld­ ner muss in Haft genommen werden, erklärt sich dann gegebenenfalls zur Ab­ gabe der Vermögensauskunft in seiner Wohnung bereit, muss aus der Haft ent­ lassen werden und erst dann wird die Vermögensauskunft abgenommen. Die daraus resultierende Zeitersparnis kann nicht so erheblich sein, dass dadurch die Inhaftierung des Schuldners zu rechtfertigen ist. Alles in allem erscheint der Erfolg, die Verfahrensverkürzung, eher gering. Außerdem muss eine solche ge­ setzliche Regelung auch rein praktisch hinterfragt werden. Wie lange sollte der Schuldner in Haft gelassen werden: Bis er schließlich seine Wohnungstüre zu öffnen bereit ist? Sollte der Schuldner nach etwa zwei Wochen dann doch Zu­ tritt zu seiner Wohnung zu gewähren, ist mehr Zeit vergangen, als dies bei ei­ nem Widerspruch des Schuldners und anschließender Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher der Fall wäre. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Maßnahme, den Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft in seiner Woh­ nung unter Haftandrohung zu verpflichten, eine Verfahrensbeschleunigung be­ wirken kann. Der Effekt dürfte allerdings aus Sicht des Gläubigers so geringfü­ gig sein, dass er in keinem Verhältnis zu der einschneidenden Maßnahme der Freiheitsentziehung für den Schuldner steht. Damit wäre die Maßnahme unver­ hältnismäßig und verfassungswidrig. Daher muss es bei der aktuellen gesetz­ lichen Regelung bleiben. Der Vorschlag Schilkens geht zu kurz; ein obligatorischein­stufiges Verfahren kann de lege ferenda nicht in verfassungsgemäßer Weise umgesetzt werden. 3. Widerspruchsrecht des Schuldners gem. §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO: Von der uneigentlichen zur eigentlichen Sofortabnahme Der Gläubiger hat gem. §  807 ZPO die Möglichkeit, zunächst einen Pfändungs­ versuch zu unternehmen, ehe er die Vermögensauskunft einfordert.77 Wegen des Wortlautes, die Vermögensauskunft könne bei Vorliegen der Voraussetzun­ 77 

Dazu oben, A. II.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

gen „sofort“ abgenommen werden, wird auch von der „Sofortabnahme“ gespro­ chen. Diese Sofortabnahme wird jedoch durch das Widerspruchsrecht des Schuldners in Abs.  2 Satz  1 bis hin zur Bedeutungslosigkeit relativiert78, da im Falle eines Widerspruchs das Verfahren nach §  802f ZPO (abgesehen von der Frist) eben doch eingehalten werden muss, also keine „Sofortabnahme“ an Ort und Stelle stattfindet. Dies wirft die Frage auf, ob das Widerspruchsrecht des Schuldners entbehrlich ist und ob eine Streichung einen Mehrwert für die Sach­ aufklärung bedeutete. a) Vorschlag zur Neugestaltung des §  807 ZPO: Kein Widerspruchsrecht Das Widerspruchsrecht des Schuldners sollte ersatzlos gestrichen werden. Bie­ tet der Gesetzgeber dem Gläubiger eine Alternative zur vorgelagerten Vermö­ gensauskunft, so soll diese auch eine echte Wahlmöglichkeit darstellen. Der Schuldner soll nach der gesetzgeberischen Intention „unmittelbar im Anschluss“ an den Pfändungsversuch die Vermögensauskunft abgeben.79 Unmittelbar ist ein Sachverhalt, wenn kein oder kaum ein räumlicher oder zeitlicher Abstand zu einer Zäsur führt.80 Durch das Widerspruchsrecht des Schuldners wird diese Unmittelbarkeit verhindert, da der Gerichtsvollzieher den Schuldner in seine Geschäftsräume laden muss und zwischen Terminstag und Tag der Zustellung der Ladung wenigstens drei Tage liegen müssen, §  136 Abs.  3 Satz  2 GVGA. Auf der anderen Seite bedeutet die Unmittelbarkeit auch kein überstürztes Ver­ halten, sondern die sofortige Vermögensauskunft kann sowohl noch in dersel­ ben Stunde, als auch gegen Dienstende oder sogar am nächsten Arbeitstag erfol­ gen.81 Da damit die Sofortabnahme durch die Auslegung des Begriffs „sofort“ ohnehin relativiert wird, sollte das Widerspruchsrecht mit dem Verweis auf das reguläre Verfahren gestrichen werden. Im gleichen Atemzug sollte §  136 Abs.  3 GVGA aufgehoben werden. Stattdessen sollte §  807 Abs.  2 ZPO um einen Ver­ weis auf §  802g ZPO in entsprechender Anwendung erweitert werden. Abs.  2 könnte daher wie folgt lauten: Weigert sich der Schuldner, die Vermögensauskunft sofort abzugeben, erlässt das Gericht auf Antrag des Gläubigers Haftbefehl. 2 Die Vorschriften der §§  802g bis 802j geltend entsprechend.

1

Die Haftandrohung kann dabei als rein präventives Mittel zur sofortigen Ab­ gabe der Vermögensauskunft angesehen werden und stellt in diesem Fall kein 78  Goebel, §  8 Rdnr.  184 („schwaches Schwert“); Stein/Jonas/Würdinger, §  807 Rdnr.  15 („stumpfes Schwert“). 79  BT-Drucks. 16/10069, S.  34. 80  Duden, Die deutsche Rechtschreibung, Stichwort „unmittelbar“. 81 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, §  807 Rdnr.  9.

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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Beugemittel zur Abgabe der sofortigen Vermögensauskunft dar, da bei Abgabe der Vermögensauskunft in der Haft von „Sofortabnahme“ keine Rede mehr sein kann. Aber nur durch diese präventiv wirkende Möglichkeit der Haft kann der Norm des §  807 ZPO Wirkung verliehen und zu selbständiger Bedeutung ver­ holfen werden. Zwar wird mitunter postuliert, der Widerspruch des §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO betreffe nur die Verpflichtung zur sofortigen Abgabe der Vermö­ gensauskunft, nicht die Auskunftspflicht als solche.82 Dies wird aber mit dem Verweis in §  807 Abs.  2 ZPO auf §  802f ZPO begründet.83 Durch Streichung des Verweises wird diese Auslegung obsolet und die Verweigerung des Schuldners beträfe allgemein die Abgabe der Vermögensauskunft, was wiederum die Haft in entsprechender Anwendung des §  802g ZPO rechtfertigt. Es ist inkonsequent, den Schuldner zur sofortigen Abgabe der Vermögensauskunft zu verpflichten, ihm aber die Verweigerung zu seinen Gunsten auszulegen, und negative Konse­ quenzen erst an die darauffolgende absolute Verweigerung der Vermögensaus­ kunft anzuknüpfen und die Pflichtverweigerung hinsichtlich des §  807 ZPO folgenlos zu lassen. Durch diese Vorgehensweise wurde die Sofortabnahme ab initio nahezu gegenstandslos. Hier darf im Gegensatz zur Diskussion um die Offizialmaxime in der Sachaufklärung84 das österreichische Recht als Vorbild herangezogen werden: Ist dort der Schuldner beim Vollstreckungsversuch an­ wesend, verweigert aber grundlos bei Vorliegen der Voraussetzungen die Abga­ be der Vermögensauskunft vor Ort, ist er sofort dem Richter respektive Rechts­ pfleger zwecks Abgabe der Vermögensauskunft vorzuführen, §  48 Abs.  1 Satz  3 EO.85 Hier sprechen auch nicht die Argumente, die gegen eine Pflicht des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft in seiner Wohnung streiten86, gegen das Streichen des Widerspruchsrechts. Schließlich bedeutet die Pflicht zur Sofortabgabe nicht, dass diese in der Wohnung des Schuldners erfolgen muss. Im Idealfall soll sie zwar an Ort und Stelle erfolgen87, aber weder spricht dies dafür, dass der Gerichtsvollzieher in die Wohnung des Schuldners eindrin­ gen muss, noch beschränkt sich die Abnahme auf diese Örtlichkeiten. So kann der Gerichtsvollzieher den Schuldner unmittelbar anweisen, die Vermögensaus­ kunft in seinen Geschäftsräumen abzugeben, wie dies auch de lege lata durch den Verweis auf §  802f ZPO der Fall ist; es soll lediglich auf die hindernde La­ dung verzichtet werden und der Schuldner sofort in die Geschäftsräume zu fol­ gen haben. Dies kann, wie bereits aufgezeigt, auch am selben Abend oder erst 82 Wieczorek/Schütze/C.Schreiber, 83 Wieczorek/Schütze/C.Schreiber, 84 

§  807 Rdnr.  9. §  807 Rdnr.  9.

Teil 3 A. I. 2. Rechberger, FS Schilken, 763, 772. 86  Teil 3 A. II. 2. 87 Hk-ZV/Sternal, §  807 Rdnr.  9. 85 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

am nächsten Tag sein, sodass der Schuldner noch hinreichend Zeit zur Verfü­ gung haben sollte, die notwendigen Unterlagen zu beschaffen. In jedem Falle wird dem Begriff der sofortigen Abnahme Rechnung getragen und das Verfah­ ren beschleunigt. Der Schuldner wird im Angesicht der drohenden Haft bereit sein, die Vermögensauskunft abzugeben. Der Schuldner, der sich dennoch wei­ gern sollte, täte dies im Zweifel auch de lege lata, da die Rechtsfolge die gleiche bleibt. Außerdem wird der mehrmals angesprochene Überraschungseffekt ge­ stärkt, da keine drei Tage mehr zwischen Zustellung und Ladungstermin verge­ hen müssen und der Schuldner daher wieder weniger Zeit zur Vermögensver­ schiebung hat, was insbesondere bei §  807 Abs.  1 Nr.  1 ZPO relevant ist. Außer­ dem würde so §  807 ZPO neben §  802c ZPO wieder eigenständiges Leben eingehaucht. Um bei den obigen Sinnbildern88 zu bleiben, würde das stumpfe Schwert geschärft und könnte dem Gläubiger wieder als scharfe Waffe dienen. Der aktuelle Weg einer sanktionslosen Verpflichtung erscheint überflüssig. Schließlich kann, wie bereits dargestellt89, der Schuldner die Auftragsreihenfol­ ge nach Belieben festlegen und könnte daher auch einen Pfändungsversuch be­ antragen sowie die Vermögensauskunft nach §  802c ZPO und zwar in ebendie­ ser Reihenfolge. Effektiver wäre indes der hier vorgeschlagene Weg eines wirk­ lichen Kombi-Auftrages, bei dem §  807 ZPO und die Haft nach §  802g ZPO gleichzeitig und der Haftantrag bedingt gestellt werden. Folgt man diesem Vor­ schlag nicht, kann §  807 ZPO in seiner jetzigen Form ebenso gestrichen werden, da er im System der Zwangsvollstreckung lediglich ein Rudiment aus Zeiten vor der Reform von 2006 darstellt. b) Kein Überstrapazieren des Schuldnerschutzes Wie immer, wenn eine den Schuldner belastende Maßnahme verschärft wird, stellt sich die Frage nach dem Schuldnerschutz und ob der Verhältnismäßig­ keitsgrundsatz gewahrt wird. Bedenken greifen allerdings auch hier nicht durch. Das Argument des Schuldnerschutzes darf nicht dazu missbraucht werden, bös­ willigen Schuldnern Vorschub zu leisten. Das Problem des Widerspruchsrechts aus §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO liegt auch in dem fehlenden Begründungserforder­ nis.90 Das macht es dem böswilligen Schuldner leicht, die sich daraus ergebende Verfahrensverzögerung (Verfahren nach §  802f ZPO mit dreitägiger Frist) zu seinen Gunsten auszunutzen. Aber auch nach Streichung des Widerspruchs­ rechts ist der Schuldner nicht dem willkürlichen Gläubigerzugriff ausgesetzt, sondern es stehen ihm Verteidigungsmittel zur Verfügung, die jedoch nur dann 88 

Fn.  78. Teil 3 A. I. 2. b) bb). 90 Hk-ZV/Sternal, §  807 Rdnr.  12. 89 

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

131

Erfolg haben können, wenn er begründete Einwände vorbringen kann. Gegen die Verpflichtung zur Vermögensauskunft als solche steht ihm, wie bei §  802c ZPO, die Erinnerung gem. §  766 ZPO zu.91 Das Einlegen der Erinnerung stellt grundsätzlich eine Weigerung zur Abgabe der Vermögensauskunft dar, sodass sich daran dennoch die Rechtsfolgen, z. B. die Haft, anschließen, da der Erinne­ rung regelmäßig keine aufschiebende Wirkung zukommt.92 Allerdings kann der Schuldner, der davon überzeugt ist, keine Vermögensauskunft abgeben zu müs­ sen, gleichzeitig die Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. §  766 Abs.  1 Satz  2 ZPO i. V. m. §  732 Abs.  2 ZPO beantragen, damit eine aufschiebende Wirkung herbeiführen und dadurch eine begründete Weigerung im Sinne von §  802g Abs.  1 Satz  1 Alt.  1 ZPO abgeben.93 Werden Verfahrensfehler damit zu Recht gerügt, entgeht der Schuldner der Pflicht zur Vermögensauskunft. Aller­ dings müssen dafür Umstände vorliegen, die die Erinnerung begründen.94 Hinsichtlich des Erlasses des Haftbefehls gilt nichts anderes als bei §  802c ZPO i. V. m. §  802g ZPO, da auch bei der vorgelagerten Vermögensauskunft der Haftbefehl erst bei Verhaftung an den Schuldner zu übergeben ist. Gegen den Erlass des Haftbefehls ist die sofortige Beschwerde statthaft, §  793 ZPO.95 Diese ist nach §  569 Abs.  1 Satz  1 ZPO bei dem Gericht, das die angefochtene Ent­ scheidung erlassen hat, einzulegen.96 Schließlich ist gegen die Verhaftung selbst wieder die Erinnerung statthaft gem. §  766 ZPO.97 Der Schuldner ist damit in keiner Weise rechtslos gestellt. Auch bisher bedarf es für den Erlass des Haftbe­ fehls keiner vorherigen Anhörung des Schuldners zur Wahrung seines An­ spruchs auf rechtliches Gehör, da er im Rahmen des Termins zur Vermö­ gensauskunft die Möglichkeit zur Äußerung und zur Geltendmachung von Ein­ wendungen hat.98 Zwar wird beim vorliegenden Vorschlag gerade kein Termin anberaumt, allerdings ist faktisch kein Unterschied zu sehen, da der Termin ausschließlich der Abnahme der Vermögensauskunft gilt und diese auch hier entweder in der Wohnung, vor Ort oder in den Geschäftsräumen des Gerichts­ vollziehers abgenommen werden soll und der Schuldner in diesem Rahmen die oben genannten Möglichkeiten hat.

91 

Zu §  802c ZPO: Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802c Rdnr.  27. Mroß, DGVZ 2012, 169, 176. 93 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802c Rdnr.  27. 94  Dazu Musielak/Voit/Lackmann, §  766 Rdnr.  22. 95 Stein/Jonas/Würdinger, §  802g Rdnr.  24. 96  BeckOK ZPO/Preuß, §  793 Rdnr.  13. 97 Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, §  802g Rdnr.  17. 98 Wieczorek/Schütze/Paulus, §  802g Rdnr.  9; a. A.: Musielak/Voit/Voit, §  802g Rdnr.  5; Zöller/Seibel, §  802g Rdnr.  2. 92 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Zu beachten ist weiterhin der Umstand, dass das Widerspruchsrecht de lata dazu dienen soll, dass sich der Schuldner auf die Abnahme der Vermögensaus­ kunft vorbereiten kann.99 Diesem Umstand werden die oben genannten Vertei­ digungsmittel nicht gerecht. Allerdings ist der Gerichtsvollzieher wie erwähnt nicht verpflichtet, ohne jegliches Abwarten die Vermögensauskunft abzuneh­ men, sodass dem Schuldner, der, insbesondere angesichts der sonst drohenden Haft, die Bereitschaft zur Abgabe der Vermögensauskunft zeigt, noch Spiel­ raum zur Vorbereitung zugesprochen werden kann. Insbesondere kann der Schuldner die Vermögensauskunft in der Wohnung zulassen, wo er ohnehin die erforderlichen Unterlagen aufbewahren sollte. Sollte der Schuldner trotz allem die Abgabe der Vermögensauskunft verwei­ gern, kann der Gerichtsvollzieher diesen noch nicht unmittelbar in Haft neh­ men, da zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft bestehen muss.100 Der Pfändungsversuch muss zeitlich je­ doch denklogisch vor dem Erlass des Haftbefehls liegen. Eine Art aufschiebend bedingter Haftbefehl, bei dem die Bedingungen den Voraussetzungen des §  807 ZPO entsprechen, erscheint bereits auf den ersten Blick fragwürdig und aus rechtsstaatlichen Gründen nicht realisierbar.101 Damit liegt es auf der Hand, dass §  807 ZPO in seiner hier vorgeschlagenen Form keine Beschleunigung des Verfahrens bringt, wenn der Schuldner schlicht zur sofortigen Abgabe der Ver­ mögensauskunft nicht bereit ist, da durch das sich daran anschließende Haftbe­ fehlsverfahren erhebliche Zeit vergeht. Der Sinn und Zweck der Modifizierung der Sofortabnahme liegt vielmehr in präventiven Gesichtspunkten. Durch die Haftandrohung soll der Schuldner dazu bewogen werden, es erst gar nicht zur Haft kommen zu lassen und die Vermögensauskunft „sofort“ abzugeben. Durch diese Vorwirkung kann dem Kombi-Auftrag eigene Bedeutung zukommen, da entweder der Schuldner kooperativ ist und insofern der Umweg über §  802f ZPO gespart wird, oder weil der unwillige Schuldner schneller in Haft genom­ men werden kann, da seine mangelnde Kooperation ansonsten erst nach Ter­ minsladung und entsprechendem Nichterscheinen oder entsprechender Verwei­ gerung negative Konsequenzen hätte, die hier quasi vorgezogen werden. Es muss daher hingenommen werden, dass das Gesetz die fehlende Bereitschaft zur Sofortabnahme der Verweigerung der Vermögensauskunft gleichstellt. Dem Schuldner stehen die gleichen Verteidigungsmöglichkeiten wie nach gel­ tendem Recht zu, lediglich seine Vorbereitungszeit wird verkürzt, was jedoch durch eine weite Auslegung des Begriffs „sofort“ ausgeglichen werden kann 99 Musielak/Voit/Becker,

§  807 Rdnr.  11. Zu §  802c ZPO: Zöller/Seibel, §  802g Rdnr.  3. 101  So auch der BGH für strafrechtliche bedingte Haftbefehle, BGH, BeckRS 2012, 15269. 100 

A. Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft

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und insbesondere bei Kooperationsbereitschaft abgemildert werden kann. Inso­ fern spricht der Schuldnerschutz nicht gegen eine Streichung des Widerspruchs­ rechts. An seinem rechtlichen Gehör und den Verteidigungsmitteln gegen die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft sowie gegen Erlass des Haftbefehls und Verhaftung ändert sich nichts. Damit der Schuldner die entsprechenden Rechte geltend machen kann, sollte der Gerichtsvollzieher im Einzelfall den Haftbefehl aussetzen können, was bereits de lege lata gem. §  145 Abs.  1 Satz  14 GVGA möglich ist, der um die entsprechenden Rechtsbehelfe zu erweitern wäre. c) Ergebnis Will man dem Gläubiger einen effektiven Kombi-Auftrag zur Verfügung stel­ len, sollte der Gesetzgeber das Widerspruchsrecht nach §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO streichen und stattdessen wie bei §  802c ZPO an die Verweigerung der Vermö­ gensauskunft im Rahmen der Sofortabnahme die Haft als mögliche Folge an­ knüpfen. Dies böte zumindest die Möglichkeit, dass wegen des präventiven Drucks §  807 ZPO wieder zu einer eigenständigen und sinnvollen Norm auf­ gewertet wird und nicht als Rudiment hinter §  802c ZPO verkümmert. Zudem würde dies auch eine gewisse Stringenz gewährleisten, da auch beim Vorschlag, die Toleranzfrist des §  802f ZPO zu streichen, der Schuldner mit der Vermö­ gensauskunft überrascht wird und damit in beiden Fällen ein Steigerung des Überraschungseffekts eintritt, was der Sachaufklärung zuträglich ist.

III. Ergebnis zum Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft Das Verfahren der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung kann noch effi­ zienter und effektiver gestaltet werden. Zwar sollte in jedem Falle an der Dispo­ sitionsmaxime des Gläubigers festgehalten werden; die Zwei-Wochen-Frist des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO sollte aber ebenso wie das Widerspruchsrecht des §  807 Abs.  2 Satz  1 ZPO zu Gunsten eines Überraschungseffekts und damit zu Gunsten der Herstellung von Vermögenstransparenz abgeschafft werden. Das Widerspruchsrecht im Rahmen der Terminierung der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuldners ließe sich indes aus verfassungsrechtlichen Grün­ den nicht beseitigen; eine solche Maßnahme hätte auch keinen gesteigerten Mehrwert für die Sachaufklärung.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

B. Maßnahmen der Sachaufklärung Nach der Betrachtung und Beurteilung maßgeblicher Verfahrensschritte zur Abnahme der Vermögensauskunft werden in einem weiteren Schritt konkrete Sachaufklärungsmaßnahmen beleuchtet und auf ihre Umsetzbarkeit untersucht. Ziel soll es sein, je nach Möglichkeit und unter Berücksichtigung des Grund­ gesetzes die Maßnahmen der Sachaufklärung zu straffen und hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit und ihrem Inhalt so zu bearbeiten, dass die Vermögenstranspa­ renz gestärkt wird.

I. §  802l ZPO: Ausweitung und Vorverlagerung der Drittauskünfte oder Status Quo? Ist von der Vorverlagerung der Sachaufklärung die Rede, so handelt es sich dabei um ein totum pro parte, ist in der Regel doch die Vorverlagerung der Ver­ mögensauskunft gemeint.102 Tatsächlich hat der Gesetzgeber den endgültigen Schritt hin zu einer Sachaufklärung zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens nicht gewagt. Die neue Gerichtsvollzieherbefugnis zum Einholen von Drittaus­ künften ist als subsidiäres Aufklärungsmittel ausgestaltet.103 Es stellt sich die Frage, ob die Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung mit ihren zwei Spuren, also der Selbstauskunft gem. §  802c ZPO und dem Einholen von Drit­ tauskünften gem. §  802l ZPO, insgesamt vorverlagert und damit das Einholen von Drittauskünften zum eigenständigen Mittel der Sachaufklärung neben der Selbstauskunft erhoben werden soll. Überdies ist die Möglichkeit, den Bereich der Drittauskünfte auszuweiten, auf ihre Umsetzung in praktischer und verfas­ sungsrechtlicher Sicht zu untersuchen. 1. Vorverlagerung der Drittauskünfte: Effektivitätssteigernde Informationsmaßnahme oder überflüssige Verletzung der informationellen Selbstbestimmung? Die Untersuchung soll zunächst darauf gerichtet werden, ob die Befugnis des Gerichtsvollziehers, Drittauskünfte einzuholen, ebenso wie die Vermögensaus­ kunft des Schuldners an den Beginn der Zwangsvollstreckung gezogen werden soll.104 In Rede steht zunächst die verfassungsrechtliche Realisierbarkeit dieser So z. B. Würdinger, JZ 2011, 177, 181; Schilken, Rpfleger 2006, 629. BeckOK ZPO/Fleck, §  802l Rdnr.  8 ff.; Hk-ZPO/Rathmann, §  802l Rdnr.  1. 104  Der Gedanke wurde bereits von diversen Stellen geäußert, jedoch soweit ersichtlich noch keiner abschließenden, umfassenden Stellungnahme zugeführt, siehe dazu: Hess, S.  101; Hess/G. Vollkommer, FS Vollkommer, 349, 355; Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  14. 102 

103 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

135

Maßnahme. Bei einer Vorverlagerung der Drittauskünfte zeigt sich das klassi­ sche vollstreckungsrechtliche Spannungsfeld zwischen Schuldner- und Gläubi­ gerinteressen105 in beispielhafter Weise. Durch das Einholen von Drittauskünf­ ten wird nicht nur das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Schuldners tangiert106, sondern auch dessen finanzielle Krise offengelegt.107 Das Argument, nach aktueller Gesetzeslage könne der Schuldner den Eingriff durch Abgabe der Vermögensauskunft abwehren108, würde obsolet. Losgelöst von verfas­ sungsrechtlichen Fragen muss der Blick überdies auf den Effekt der anvisierten Maßnahme für die Informationsgewinnung des Gläubigers gerichtet werden. a) Anfängliche Drittauskünfte: Keine rechtliche Avantgarde Die Idee, das Einholen von Drittauskünften an den Beginn der Zwangsvoll­ streckung zu stellen und damit direkt schuldner-extern einen Informationsgewinn zu erzielen, ist weder neu109 noch dem deutschen Juristentum entsprungen. aa) Österreich Das österreichische Exekutionsrecht gewährt dem Vollstreckungsgläubiger110 in §  294a EO das Einholen von Drittauskünften zu Beginn der Zwangsvoll­ streckung. §  294a EO bietet dem Gläubiger eine einfache Art und Weise der Forderungspfändung für den Fall, dass er den Drittschuldner des Schuldners nicht kennt. Für die Einleitung des Verfahrens nach §  294a EO genügt es, dass der Gläubiger den Schuldner angibt und behauptet, dass diesem nach §  290a EO pfändbare Forderungen gegen den Drittschuldner zustehen.111 Weder der Dritt­ schuldner noch der Rechtsgrund der Forderung müssen näher bezeichnet wer­ den.112 Daraufhin hat das Exekutionsgericht die Vollstreckung zu bewilligen und den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger danach zu fragen, ob nach Datenlage der Schuldner in einem solchen Rechtsverhältnis steht, aus dem sich ihm zustehende, nach §  290a EO pfändbare Forderungen 105 

Siehe dazu oben, Teil 1 A. BT-Drucks. 16/10069, S.  31; Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  8. 107  Diese Offenlegung kann den Schuldner in eine missliche Lage bringen. So können bereits Lohnpfändungen den Arbeitsplatz eines Schuldners gefährden. Umso mehr stellt da­ her die Befugnis nach §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO eine potentielle Gefahr für den Schuld­ ner dar, siehe auch Seip, DGVZ 1998, 1, 3, dort Fn.  6. 108  BGH, NJW 2015, 2509; krit. Enders, Rpfleger 2015, 677, 679. 109  Hess, S.  101; Hess/G. Vollkommer, FS Vollkommer, 349, 355; Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  14. 110  Auch hier soll es bei der deutschen Terminologie verbleiben. 111 Angst/Oberhammer, §  294a EO Rdnr.  4. 112  Triller, S.  130; Rechberger, FS Schilken, 763, 766. 106 

136

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

ergeben können und (bejahendenfalls) gegen wen sich diese richten (sog. Drittschuldnerabfrage).113 Gibt daraufhin der Hauptverband einen oder mehrere Drittschuldner bekannt, hat das Exekutionsgericht eine Forderungspfändung zu bewirken.114 Diese Regelung wurde bereits 1983 in der Exekutionsordnung ver­ ankert.115 Vor dieser Regelung war die Drittschuldnerabfrage ebenfalls subsi­ diär. Der Schuldner wurde aufgefordert, innerhalb von 14 Tagen seinen Arbeit­ geber anzugeben und erst wenn er dieser Verpflichtung nicht nachkam, hatte das Gericht, falls nicht der Offenbarungseid verlangt wurde, Beugehaft zu ver­ hängen.116 Allerdings gaben im Geltungszeitraum des damaligen Rechts die Verpflichteten den Arbeitgeber nur in seltenen Fällen an, weswegen sich diese Konstruktion als unzureichend erwies und daraufhin entsprechend geändert wurde.117 In Österreich stehen Drittauskünfte also schon lange am Anfang der Zwangsvollstreckung. Auch hier stellt sich die Frage, ob das österreichische Ex­ ekutionsrecht ein Vorbild ist.118 bb) Belgien Nicht nur in Österreich, sondern auch in Belgien herrscht ein strengeres Regime beim Einholen von Drittauskünften. Bereits bei Auftragseingang bezieht der Gerichtsvollzieher Auskünfte aus dem „landesweiten Nationalregister“119, aus dem sich alle wichtigen Daten hinsichtlich der Person des Schuldners erge­ ben.120 Diese dürfen jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weiterge­ geben werden.121 Darüber hinaus wird bei Auftragseingang vom Gerichtsvoll­ zieher auch ein Auszug aus dem Kfz-Zulassungsregister eingeholt, woraus sich

Triller, S.  130. Rechberger, FS Schilken, 763, 766. 115  öBGBl. I 71/86, S.  964. 116  Triller, S.  130. 117  Konecny, ÖJZ 1985, 325, 327. 118  Rechberger, FS Schilken, 763. 119  Registre national des personnes physiques. Dieses ist vergleichbar mit dem deutschen Einwohnermeldeamt. Es handelt sich dabei um ein Datenverarbeitungssystem, das Registrie­ rung, Speicherung und Mitteilung von Informationen hinsichtlich der Identifizierung natür­ licher Personen gewährleistet. Quelle: Föderaler Öffentlicher Dienst Inneres, http://www.ibz. rrn.fgov.be/de/nationalregister/, zuletzt aufgerufen am 16.10.2017. 120  Art.  3, 5 de la loi du 8 août 1983 organisant un registre national des personnes phy­ siques i. V. m. Art.  1 et suivants de l’arrêté royal du 16 mai 1986 autorisant l’accès des huis­ siers de justice aus Registe national des personnes physiques; dort aufgeführt sind Name und Nachname, Ort und Datum der Geburt, Geschlecht, Hauptwohnsitz, Staatsangehörigkeit, Zusammensetzung des Haushalts; Hesterberg/Schmitz, DGVZ 2006, 84, 86. 121  Hesterberg/Schmitz, DGVZ 2006, 84, 86. 113  114 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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alle Kraftfahrzeuge ergeben, die jemals auf den Schuldner zugelassen waren.122 Schließlich kann das Landesamt für Soziale Sicherheit nach dem Arbeitgeber des Schuldners befragt werden beziehungsweise entsprechende Stellen im Falle der Arbeitslosigkeit oder Rente des Schuldners – im Gegenzug kennt aber das belgische Recht keine eidesstattliche Versicherung und Vermögensauskunft.123 cc) Schweiz Auch dem Schweizer Recht ist die Mitwirkungspflicht Dritter bekannt. Gab es nach früherem Recht noch keine kodifizierte Mitwirkungspflicht, wurde durch eine Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs zum 01.01.1997 eine solche ins Gesetz aufgenommen.124 Gem. Art.  91 Abs.  4 SchKG sind Dritte, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren oder bei de­ nen dieser Guthaben hat, bei Sanktionsdrohung im gleichen Umfang auskunfts­ pflichtig, wie der Schuldner selbst.125 Gem. §  91 Abs.  5 SchKG gilt dies auch für Behörden. Die Auskunft ist in diesem Falle direkt zu erteilen, eines besonderen Verwaltungsverfahrens bedarf es nicht; auch sind Einwendungen, es stünden datenschutzrechtliche Erwägungen entgegen, nicht stichhaltig.126 Da die Behör­ den die Auskunft „direkt“ erteilen müssen und auch das Gesetz keine Subsidia­ rität vorsieht, gilt auch im Schweizer Recht der Grundsatz, dass Drittauskünfte zur Zwangsvollstreckung ohne Weiteres einzuholen sind. dd) Zwischenergebnis Damit zeigt sich, dass Deutschland im Falle der vorgezogenen Drittauskünfte nicht isoliert dastünde und ein solches, nicht abgestuftes Regelungssystem zu­ mindest im Vergleich zu den unmittelbaren Nachbarländern keine Besonderheit darstellte. Bei Aufhebung der Subsidiaritätsklausel mutierte die deutsche Sach­ aufklärung also keineswegs zur juristischen Avantgarde. Es gilt nun zu untersu­ chen, ob das Einführen paralleler Drittauskünfte in Deutschland auch sinnvoll, also effektivitätssteigernd und förderlich für die Zwangsvollstreckung aus Gläubigersicht wäre und ob sich eine derartige Regelung aus verfassungsrecht­ licher Sicht umsetzen ließe.

122  Zuletzt erweitert nach Délibération AF 11/2010–10/10; siehe auch Hesterberg/Schmitz, DGVZ 2006, 84, 86. 123  Hesterberg/Schmitz, DGVZ 2006, 84, 86. 124  Triller, S.  169 f. 125  Triller, S.  170; zur Sanktionierung siehe auch Baseler Kommentar SchKG/Staehelin, Art.  91 Rdnr.  27. 126 Hunkeler/Kostkiewicz, §  91 SchKG Rdnr.  19.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

b) Folgen unmittelbarer Drittauskünfte: Straffung der Sachaufklärung? Die Neujustierung von Vollstreckungsmaßnahmen darf kein Selbstzweck sein, sondern soll nur dann vorgenommen werden, wenn dadurch ein Mehrwert zu erwarten ist. Für eine Vorverlagerung der Möglichkeit, Drittauskünfte einzu­ holen, spricht der Umstand, dass dadurch ein gewisser Überraschungseffekt gewahrt bliebe.127 Der Gläubiger erhielte einen Überblick über die Vermögens­ verhältnisse, ohne dass dieser durch Vereitelungshandlungen des Schuldners getrübt würde.128 Die Transparenz des Schuldnervermögens erhielte durch die Möglichkeit, unmittelbare Drittauskünfte zu erlangen, einen derart erheblichen Vorteil, dass, wie beispielsweise in Belgien, auf eine eidesstattliche Versiche­ rung des Schuldners verzichtet werden kann, da die Informationsbefugnisse des Gerichtsvollziehers vor und während der Zwangsvollstreckung das Vermögen des Schuldners bereits zu großen Teilen offenlegen.129 Es liegt auf der Hand, dass die Vorteile von Drittauskünften durch eine Vorverlagerung der Einholung jener Auskünfte verstärken dürften. Wie bereits dargelegt, muss §  802l ZPO eine präventive Wirkung beigemessen werden.130 Dieser Aspekt bezieht sich nach aktuellem Verständnis darauf, dass der Schuldner, der sich der Überprüf­ barkeit seiner Daten mittels Drittauskünften bewusst ist, zu einer vollständigen Selbstauskunft neigen wird.131 Durch eine Vorverlagerung der Drittauskünfte könnte eine weitere Dimension der Prävention hinzukommen: In dem Wissen, dass der Gläubiger durch die Drittauskünfte einen Überblick über das Vermö­ gen des Schuldners erhalten wird, könnte der Schuldner gewillt sein, es gar nicht mehr bis zur Vollstreckung kommen zu lassen, sondern gleich zu zahlen. Denn niemand gibt gerne Auskunft über sein Vermögen, erst Recht möchte niemand, dass seine finanziellen Verstrickungen Dritten offenbar werden. Inso­ fern könnte die vorverlagerte Drittauskunft diesen Umstand nutzen, um die Zahlungsbereitschaft des Schuldners zu stärken. Dies trifft natürlich ausschließ­ lich auf den zahlungsfähigen Schuldner zu.132 Aber auch der zahlungsunfähige Schuldner wird nicht benachteiligt, da die Informationen, die der Gerichtsvoll­ zieher erlangen und an den Gläubiger weiterleiten darf, sich auf solche Vermö­ genswerte beschränken, die der Schuldner ohnehin angeben müsste.133 Weitere 127 Stein/Jonas/Würdinger,

§  802l Rdnr.  14. Von der Möglichkeit von Verschleierungshandlungen ging scheinbar auch der Gesetz­ geber aus, siehe dazu BT-Drucks. 16/10069, S.  33. 129  Hesterberg/Schmitz, DGVZ 2006, 84, 86. 130  Goebel, §  8 Rdnr.  239; Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  1 („Vorwirkung der Dritt­ auskünfte“). 131  BT-Drucks. 16/10069, S.  32; Goebel, §  8 Rdnr.  239. 132  Zur Abgrenzung: Teil 1 A. 133  Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit: Teil 3 B. I. 1. c). Hier soll es zunächst nur um rein 128 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

139

praktische Vorteile ergäben sich insofern, als der Gerichtsvollzieher den Schuld­ ner nicht laden müsste, etwaige Nachbesserungsverfahren obsolet würden und damit der Schriftverkehr und die Verzögerungen durch die Mindestfrist zwi­ schen Ladung und Abnahme der Vermögensauskunft134 entfielen, wenn der Ge­ richtsvollzieher unmittelbar Drittauskünfte einholen dürfte und sich dadurch das Schuldnervermögen hinreichend bestimmen ließe. Außerdem wurden be­ reits nach geltendem Recht im Jahre 2015 bei 857.242 abgenommenen Vermö­ gensauskünften (Summe ohne Bayern) 510.792 Anträge auf Einholung von Drittauskünften gestellt135, was die Bedeutung dieser unterstreicht. Damit lässt sich als Zwischenergebnis festhalten, dass eine Vorverlagerung der Drittauskünfte keinen Selbstzweck darstellt, sondern wegen des daraus re­ sultierenden Überraschungseffektes dem Vollstreckungsinteresse des Gläubi­ gers gerecht würde. c) Verfassungsmäßigkeit unmittelbarer Drittauskünfte: Wahrung der Verhältnismäßigkeit Anfängliche Drittauskünfte sind mit Blick auf europäische Nachbarn kein No­ vum und der Sachaufklärung dienlich. In einem weiteren Schritt ist diese Maß­ nahme auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Die Vereinbarkeit des geltenden §  802l ZPO mit der Verfassung wurde bereits konstatiert.136 Das Vor­ anstellen der Drittauskünfte ist am Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners, Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  1 Abs.  1 GG, zu messen.137 §  802l ZPO als direktes Instrumentarium zum Einholen von Drittauskünften wäre eine taugliche Schranke des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, wenn da­ durch ein legitimer Zweck verfolgt würde und die anfänglichen Drittauskünfte zur Verfolgung dieses Zweck geeignet, erforderlich und angemessen wären. aa) Legitimer Zweck und geeignetes Mittel Das Ziel der Voranstellung der Drittauskünfte ist, durch das Vermeiden von Vermögensverschleierungen durch den Schuldner die wirkungsvolle Umset­ praktische Fragen einer weiteren Vorverlagerung gehen um, zu eruieren, ob sich eine Vorver­ lagerung der Drittauskünfte überhaupt lohnt. 134  Zwischen dem Terminstag und dem Tag der Zustellung der Ladung müssen mindes­ tens drei Tage liegen, §  136 Abs.  3 Satz  2 GVGA. 135  Übersicht über die Geschäftstätigkeit und den Personalbestand der Gerichtsvollzieher im Jahr 2015, DGVZ 2016, 261. 136  Teil 2 B. III. 3. c). 137 MüKoZPO/Wagner, §  802l ZPO Rdnr.  5; Heiderhoff, S.  161; Vollkommer, NJW 2012, 3681, 3685.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

zung des Anspruchs des Gläubigers auf eine effektive Zwangsvollstreckung zu stärken, welcher durch Art.  14 Abs.  1 GG und durch den Justizgewährleistungs­ anspruch, Art.  2 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  20 Abs.  3 GG, geschützt wird.138 Dabei handelt es sich um einen legitimen verfassungsgemäßen Zweck.139 Das Vor­ ziehen der Möglichkeit des Einholens von Drittauskünften kann diesen Zweck auch fördern und ist damit geeignet.140 bb) Erforderlichkeit Das Voranstellen der Drittauskünfte muss auch zum Erreichen des Zwecks er­ forderlich sein; es darf also kein anderes Mittel gleicher Effektivität geben, das weniger in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuld­ ners eingreift.141 Die Vorteile einer unmittelbaren Drittauskunft wurden bereits oben beleuchtet.142 Zusammengefasst wird ein starker Überraschungseffekt her­ gestellt und ein präventiver Leistungsdruck aufgebaut. Das aktuelle System der Zwangsvollstreckung vermag es nicht, eine gleiche Effektivität zu gewährleisten, wie eine vorverlagerte Drittauskunft. Zwar wur­ de in dieser Arbeit bereits ein Plädoyer für eine tatsächliche unmittelbare Selbstauskunft ohne Schonfristen gehalten.143 Aber auch eine solche gesetzliche Regelung ist nicht gleich effektiv wie die Möglichkeit, ohne Ankündigung un­ mittelbar Drittauskünfte einzuholen. Zwar wird durch den Wegfall der Toleranz­ frist ein Überraschungseffekt erzeugt, der auch dazu dient, dass der Schuldner tendenziell weniger sein Vermögen verschleiern kann. Allerdings sollte dem Gläubiger für jeden denkbaren Fall eine möglichst effektive Vollstreckung ge­ währleistet werden. Bei Schuldnern mit einem gewissen Maß an krimineller Energie besteht auch bei einer unmittelbaren Selbstauskunft die Gefahr, dass nicht alle Vermögensgegenstände angegeben und diese anschließend dem Schuldnervermögen extrahiert werden. Selbst wenn daran anschließend Dritt­ auskünfte eingeholt werden, können diese nicht dasselbe Bild erzeugen wie un­ mittelbare Drittauskünfte, die eingeholt werden, bevor der Schuldner von der Informationsbeschaffung Kenntnis erlangt. Mit diesem Überraschungseffekt einher geht auch die potentielle Steigerung der Erfolgswahrscheinlichkeit der Zwangsvollstreckung. Dies lässt sich daraus ableiten, dass die unmittelbaren Drittauskünfte das Vermögen des Schuldners ungetrübt offenbaren können, so­ 138 

Siehe dazu bereits Teil 1 A. Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 194. 140  BVerfG, NVwZ 1997, 1109. 141  BVerfG, NJW 1988, 1195. 142  Teil 3 B. I. 1. b). 143  Teil 3 A II 1. a). 139 Dazu

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

141

mit ein realistisches Abbild geschaffen werden kann und die Kenntnis des Schuldnervermögens eben auch der Effektivität der Zwangsvollstreckung dien­ lich ist.144 Es liegt auf der Hand, dass eine Informationsbeschaffung ohne Kenntnis des Schuldners, dessen Vermögen am ehesten abzubilden vermag; eine solche Kenntnis lässt sich wiederum idealerweise durch unmittelbare Dritt­ auskünfte vermeiden. cc) Angemessenheit Das Einholen von Drittauskünften zu Beginn der Zwangsvollstreckung muss auch angemessen bzw. verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Die Maßnahme darf nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck, also der Effektuierung durch eine Verstärkung des Überraschungseffekts und damit der Verbesserung der Vollstreckungschancen des Gläubigers, stehen.145 Um ein sachgerechtes Abwä­ gungsergebnis finden zu können, müssen die Intensität des Grundrechtsein­ griffs sowie die Bedeutung des verfolgten Ziels festgestellt werden, sowie ob letzteres den Eingriff rechtfertigen kann.146 Das Recht des Gläubigers auf eine effektive Zwangsvollstreckung ist zum einen durch Art.  14 Abs.  1 GG gesichert, wie es der BGH hinsichtlich des Gläu­ bigeranspruchs als Befriedigungsrecht statuiert.147 Darüber hinaus ist die Voll­ streckung einer titulierten Forderung wesentliches Merkmal einer rechtsstaatli­ chen Ordnung: Nur wo sichergestellt ist, dass Titel auch durchgesetzt werden können, ist das staatliche Zwangsmonopol gerechtfertigt. Ohne eine effektive Vollstreckung ist Rechtsfrieden nicht möglich und die Rechtssetzung als solche wäre Makulatur.148 Damit kann das verfolgte Ziel, die Zwangsvollstreckung zu sichern und dem Gläubiger die Durchsetzung seines Anspruchs möglichst ef­ fektiv zu gestalten, gar nicht überschätzt werden. Es handelt sich um einen Be­ standteil des Rechtsstaatsprinzips und ist damit als besonders schützenswert anzusehen. Auf der anderen Seite steht das informationelle Selbstbestimmungs­ recht des Schuldners, in das ohne dessen Kenntnis eingegriffen wird. Aller­ dings ist diese Intensität als nicht zu hoch anzusehen. Die Einschätzung der In­ tensität des Eingriffs beurteilt sich nach der Dauer der Speicherung und der Verwertung der Daten oder auch danach, ob es nur zu einer vorübergehenden Bruns, ZEuP 2010, 809, 810; Schwörer/Heßler, ZVI 2007, 589. Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 196. 146  Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 196. 147  BGHZ 141, 173, 177; Stamm, S.  16. 148  Dies ist Ausfluss des aus Art.  20 Abs.  3 GG hergeleiteten Justizgewährleistungsan­ spruchs, Stein/Jonas/Münzberg, vor §  704 Rdnr.  16; Bauer/Stürner/Bruns, Rdnr.  7.1; Zippelius, S.  6. Dazu bereits Teil 1 A. 144  145 

142

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Verwendung kommen soll und Daten alsdann wieder gelöscht werden sollen.149 Hier darf nicht verkannt werden, dass es bei der Reformanregung um die bloße Vorverlagerung gehen soll, etwaige Schutzmechanismen aber unberührt blei­ ben sollen. Das heißt, dass Daten, die für die Vollstreckung nicht erforderlich sind, gelöscht werden sollen, §  802l Abs.  2 ZPO (Zweckbindung150). Eine Wei­ terleitung an dritte Gläubiger darf nur erfolgen, wenn bei diesen die Erhebungs­ voraussetzungen ohnehin vorliegen, §  802l Abs.  4 Satz  1 ZPO. Auch der Gläu­ biger darf die Daten lediglich zur Vollstreckung nutzen und hat sie ansonsten zu löschen.151 Die Daten werden also in einem bestimmten, in §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1–3 ZPO festgelegten, Umfang erhoben, ausschließlich zu Vollstreckungs­ zwecken verwendet, dürfen nicht ohne Weiteres weitergeleitet werden und müs­ sen bei fehlender Zweckdienlichkeit gelöscht werden. Außerdem werden die Daten aus dem konkreten Anlass der Zwangsvollstreckung und nicht ins Blaue hinein erhoben. Damit ist die Eingriffsintensität im mittleren Bereich anzusie­ deln. Hinzu kommt, dass der Schuldner ohnehin strafbewehrt sein gesamtes Vermögen gem. §  802c ZPO anzugeben hat. Insofern sind die Daten des Schuld­ ners, der der Verpflichtung aus §  802c ZPO nachkommt, ohnehin preisgegeben. Diese Daten enthalten bei wahrheitsgemäßer Abgabe der Vermögensauskunft auch jene, die der Gerichtsvollzieher gem. §  802l ZPO in Erfahrung bringen wird. Mit Einleitung der Sachaufklärung ist das Ergebnis, nämlich die Offenba­ rung der Schuldnerdaten, nach dem geltenden gesetzlichen Konzept determi­ niert, das „Kind“ also „in den Brunnen“ gefallen. Das gilt umso mehr, als der Schuldner nach dem hier postulierten Konzept der vollumfänglichen Angaben mit einem etwaigen Verwertungsverbot tatsächlich alle Vermögensgegenstände anzugeben hat.152 Insofern ist fraglich153, wieso das allgemeine Persönlichkeits­ recht des Schuldners im Falle direkter Drittauskünfte stärker belastet sein soll als im Falle der Selbstauskunft, wenn doch die gleichen Daten preisgegeben werden. Wenngleich im Datenschutzrecht nicht ausdrücklich erwähnt, so hängt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung insgesamt und insbesondere die Preisgabe von Daten mit dem Gefühl der Scham zusammen.154 Scham ist wiederum das Gefühl eines Menschen, das durch das Offenbarwerden solcher Umstände entsteht, die man lieber bedeckt halten wollte, hier also der persönli­ 149 

Lee, S.  281.

150 MüKoZPO/Wagner,

§  802l Rdnr.  27. §  802l Rdnr.  8. 152  Siehe dazu Teil 2 A. I 3. b) cc) (3) (c). 153  Diese Ausführungen könnten technisch auch im Rahmen der Erforderlichkeit erfol­ gen, finden sich konkret aber an dieser Stelle, um die Intensität der Grundrechtsbelastung klarzustellen. 154  von Lewinski, S.  22. 151 Hk-ZPO/Rathmann,

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

143

chen Daten.155 Diese Definition soll die Frage aufwerfen, ob das Schamgefühl und damit einhergehend die Belastung des Persönlichkeitsrechts größer ist durch das Fremdoffenbaren von Informationen oder ob das Preiswerden von Daten als solches zwar das Persönlichkeitsrecht betrifft, jedoch unabhängig da­ von, wie die Informationen ans Licht kommen. Das allgemeine Persönlichkeits­ recht umfasst deswegen das Recht des Einzelnen, „grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“156 Bei der Diskussion darüber, ob das Persönlichkeitsrecht des Schuldners durch die Selbstauskunft weniger belastet werde als durch die Drittauskünfte157, wird die­ se recht klare Definition schlicht umgangen: Weder bei der Selbstauskunft noch bei dem Einholen von Drittauskünften hat der Schuldner bei Befolgung des Ge­ setzes das Recht, über die Preisgabe und die Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen. Es ist daher nicht ersichtlich, wieso das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners bei den Drittauskünften mehr belastet sein soll als bei der zwanghaften Selbstauskunft. Insbesondere bei der Vollstreckung wegen solcher Forderungen, die aus Ver­ trägen resultieren, hat das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Schuld­ ners hinter dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers zurückzutreten; schließlich ging der Schuldner in diesen Fällen die Verpflichtung freiwillig ein und kommt dieser trotz Vorliegen eines entsprechenden Titels nicht nach. Wie eingangs erläutert, hat die Sachaufklärung den vermögenden Schuldner vor Au­ gen. Ist der Schuldner liquide, vermag er den Eingriff in das Recht auf informa­ tionelle Selbstbestimmung problemlos durch Zahlung zu verhindern. Fehlt es an hinreichendem Vermögen, um die Verbindlichkeit zu begleichen, wird allein dieser Mangel an Vermögen offenbar. Dieses Ergebnis tritt indes auch ein, wenn der Schuldner die Vermögensauskunft abgibt. Unter der Prämisse, dass die Zwangsvollstreckung den vermögenden Schuldner vor Augen hat, ist es nicht gerechtfertigt, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einem Schuldner, der auf eine gerichtlich festgestellte Forderung nicht leistet, den Vorrang zu gewäh­ ren.158 Unstreitig ist indes auch die grundsätzliche Notwendigkeit eines Schuld­ nerschutzes; dieser ist jedoch durch verfahrensrechtliche Vorschriften abzu­ sichern sowie durch Einwände gegen die Zwangsvollstreckung als solche. Im Ergebnis hat der Gläubiger ein Interesse an einer effektiven Zwangsvoll­ streckung, das rechtsstaatlich verankert ist. Die Transparenz des Schuldnerver­ mögens wiederum ist Voraussetzung jeder erfolgreichen Vollstreckung. An­ Ulrich/Mayring, S.  180. Taeger, S.  35; Szuba, S.  20. 157  BT-Drucks. 16/10069, S.  31; Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  2. 158  Krit. dazu und insgesamt zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Zwangsvollstreckung: Fischer, Rpfleger 2004, 599, 602. 155 

156 

144

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

fängliche Drittauskünfte sind, wie dargelegt wurde, in erheblichem Maße ge­ eignet, diese Vermögenstransparenz herzustellen. Gem. §  802c ZPO ist der Schuldner ohnehin zur Vermögensauskunft verpflichtet. Das Argument, eine solche Selbstauskunft sei weniger einschneidend als Drittauskünfte, trägt nicht und baut auf der illusorischen Vorstellung auf, der Schuldner disponiere bei der Abgabe der Vermögensauskunft eigenbestimmt über seine Daten, wenngleich sich an die Nichtabgabe Beugehaft anschließt. Dieses Ergebnis lässt sich mit einem Urteil des BGH zur einschränkenden Auslegung des §  802l Abs.  1 Satz  1 1. Alt. ZPO untermauern: Der BGH stellte fest, dass es keiner einschränkenden Auslegung des §  802l ZPO dahingehend bedürfe, dass Anhaltspunkte bestehen müssen, dass die Vermögensauskunft des Schuldners unrichtig oder unvollständig ist.159 Eine derartige Einschrän­ kung ergebe sich weder aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch aus dem Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung.160 Dies hat allerdings zur Konsequenz, dass das Subsidiaritätsprinzip bezüglich Selbstund Drittauskunft aufgeweicht wird. Denn so kann der Fall eintreten, dass der Schuldner zwar eine vollständige und korrekte Vermögensauskunft abgibt, die angegebenen Vermögensgegenstände zur Befriedigung des Gläubigers im Voll­ streckungsfall aber nicht ausreichen und daher trotz der ordnungsgemäßen Selbstauskunft Drittauskünfte eingeholt werden können.161 In diesem Fall exis­ tiert das Subsidiaritätsprinzip ohnehin nur auf dem Papier. Wenn aber bereits für den zahlungsunfähigen162 Schuldner das Subsidiaritätsprinzip de facto auf­ gelockert ist, dann muss dies umso mehr für den zahlungsfähigen Schuldner gelten, da bei diesem noch die Vorwerfbarkeit des Nichtzahlens hinzukommt. Dies spricht dafür, von einer Subsidiarität gänzlich abzusehen. dd) Zwischenergebnis: Grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der Vorverlagerung Daher ist die Möglichkeit, unmittelbare Drittauskünfte einzuholen, verhältnis­ mäßig im engeren Sinne und kann daher unter Berücksichtigung weiterer Schutzvorschriften zu Gunsten des Schuldners ohne verfassungsmäßige Beden­ ken in das Sachaufklärungsrecht eingefügt werden.

159 

BGH, NJW 2015, 2509, 2511; a. A.: MüKoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  15; LG Nürnberg, DGVZ 2013, 243. 160  BGH, NJW 2015, 2509, 2511. 161  Krit. dazu Enders, Rpfleger 2015, 677, 679. 162  Die Zahlungsunfähigkeit wird durch die zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausrei­ chende Vermögensmasse indiziert.

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

145

ee) Schuldnerschutz bei unmittelbaren Drittauskünften Bei der Feststellung der Praktikabilität und Verfassungsgemäßheit anfänglicher Drittauskünfte darf der Blick auf den Schuldnerschutz nicht fehlen. Gerade die anfänglichen Drittauskünfte offenbaren das Problem, dass der Schuldner zu­ nächst nicht weiß, dass Maßnahmen gegen ihn ergriffen werden.163 Der Schuld­ ner kann aber unter Umständen ein berechtigtes Interesse daran haben, sich gegen die Vollstreckung als solche und damit auch gegen Sachaufklärungsmaß­ nahmen zu wehren. Das Problem der Schutzrechte wurde bereits hinsichtlich der aktuellen Rechtslage von Enders erkannt.164 Durch eine Vorverlagerung der Drittauskünfte stellt sich plakativ formuliert das Problem, dass niemand in Un­ kenntnis seiner eigenen Krankheit einen Arzt aufsucht, um sich behandeln zu lassen. Weiß man nicht, dass Drittauskünfte eingeholt werden, wird man sich nicht dagegen wehren.165 Nachdem aber Kenntnis erlangt wurde, kann man sich nicht mehr effektiv wehren, da die Daten bereits preisgegeben wurden.166 Und selbst wenn die Datenerhebung bekannt ist, muss klar sein, welche Daten aus welchem Grund erhoben wurden.167 Es muss daher nach einem Weg gesucht werden, dem Schuldner Vollstreckungsschutz zu ermöglichen, ohne den Über­ raschungsangriff des Gläubigers zu vereiteln. (1) Allgemeine Anforderungen Bei Eingriffen in das informationelle Selbstbestimmungsrecht fordert das BVerfG wegen des Gebots der Normenklarheit und auch mit Verweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der legitime Zweck, der den Eingriff recht­fertigen soll, hinreichend im Gesetz verankert ist.168 Anlass, Zweck und Eingriffsgrenzen müssen „bereichsspezifisch, präzise und normenklar festge­ legt werden“169. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die erhobenen Daten 163  Wenngleich er wegen des gegen ihn ergangenen Urteils und seiner Weigerung zu leis­ ten damit rechnen muss. 164  Enders, Rpfleger 2015, 677, 679 f. 165  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2471. 166  Vgl. §  802l Abs.  3 ZPO: Der Gläubiger wird über das Ergebnis unverzüglich infor­ miert, der Schuldner innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Daten. Dann lässt sich die Rechtsverletzung nicht mehr rückgängig machen. Das entspricht etwa der Situation der er­ weiterten Fortsetzungsfeststellungsklage im Verwaltungsrecht, bei der sich ein Verwaltungs­ akt bereits vor Klageerhebung erledigt, der Kläger allerdings in seinen Rechten verletzt wur­ de. Dazu Hufen, §  18 Rdnr.  42; BVerwG, NJW 1991, 581. 167  Taeger, S.  86. 168 Maunz/Dürig/Di Fabio, Art.  2 Rdnr.  182; BVerfG, NJW 2007, 2464 (Kontostamm­ daten); BVerfG, NJW 1984, 419, 422; BVerfG, NJW 1977, 1723. 169  BVerfG, NVwZ 2011, 94, 101; auch BVerfG, NJW 2005, 55, 57, 65; Jarass/Pieroth/­ Jarass, Art.  2 Rdnr.  59.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

auch ausschließlich zu Gunsten des legitimierenden Zwecks verwendet wer­ den.170 Indes sind die Hürden an dieser Stelle nicht zu hoch zu setzen; es sollte genügen, dass der Zweck sowie der Umfang der Ermächtigung ausreichend deutlich aus der Vorschrift ersichtlich sind.171 Dies ist nach geltendem Recht der Fall. Der Zweck der Datenerhebung, nämlich das Herstellen von Vermögen­ stransparenz, ist klar ersichtlich. Dies wird zum einen dadurch verdeutlicht, dass die Erhebung oder das Ersuchen nur zulässig ist, soweit dies „zur Vollstre­ ckung erforderlich ist“, §  802l Abs.  1 Satz  2 ZPO. Damit wird der Zweck ein­ deutig umrissen. Darüber hinaus sind gem. §  802l Abs.  2 ZPO für die Zwangs­ vollstreckung nicht erforderliche Daten durch den Gerichtsvollzieher zu lö­ schen.172 Auch sind die Stellen, bei denen Daten erhoben werden können, klar definiert; es handelt sich um eine enumerative Aufzählung und gerade nicht um eine Generalklausel. Der Verweis in Abs.  3 auf §  802d Abs.  1 Satz  3 ZPO zeigt, dass auch der Gläubiger die Daten nur zu Vollstreckungszwecken verwenden darf.173 An diesen Aspekten ändert auch die Möglichkeit, zu Beginn der Zwangsvollstreckung Daten zu erheben, nichts. Auch dann dürfen Daten nur erhoben werden bzw. ersucht werden, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist und müssen ansonsten geschützt werden. Es ist damit klar, wer zu welchem Zweck von wem in welchem Umfang Daten erheben kann.174 Jedenfalls im Fal­ le des Beibehaltens des Enumerationsprinzips ändert sich also hinsichtlich der Normenklarheit nichts durch eine Vorverlagerung der Drittauskünfte, sodass allgemeine Anforderungen hinsichtlich des Rechts auf informationelle Selbst­ bestimmung nicht im Wege stehen. (2) Rechtsschutzmöglichkeit bei anfänglichen Drittauskünften (a) Problematik Die Möglichkeit des Betroffenen, eine Datenerhebung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, ist ohne entsprechende Kenntnis der Maßnahme stark einge­ schränkt. Nach geltender Rechtslage erfolgt keine vorherige Information des Schuldners hinsichtlich des Erhebens der Daten, um den Erfolg der Maßnahme nicht zu gefährden.175 Der ursprüngliche Entwurf für die Reform der Sachauf­ klärung sah überhaupt keine Unterrichtung des Schuldners vor176; wegen der Jarass, NJW 1989, 857, 861. Dazu BVerfG, NJW 1995, 3110. 172 Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  5; Zöller/Seibel, §  802l Rdnr.  13. 173 Musielak/Voit/Voit, §  802l Rdnr.  10. 174  Dazu auch BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 175  BT-Drucks. 16/10069, S.  33; BeckOK ZPO/Fleck, §  802l Rdnr.  20. 176  BR-Drucks. 304/08, S.  69. 170  171 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

147

angenommenen höheren Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbst­ bestimmungsrecht durch geheime Datenerhebung wurde in Abs.  3 jedoch die Pflicht vorgesehen, den Schuldner binnen vier Wochen nach Erhalt der Daten in Kenntnis zu setzen.177 Das heißt, auch nach geltendem Recht erfährt der Schuld­ ner nicht, dass Daten über ihn eingeholt werden, sondern lediglich, dass solche eingeholt wurden. Die Vier-Wochen-Frist dient dazu, die Gefahr von Vereite­ lungsmaßnahmen zu minimieren und gleichzeitig dem Schuldnerinteresse ge­ recht zu werden.178 Allerdings kann die Bewertung dieses Regelungskonzepts de lege lata nicht ohne Weiteres auf anfängliche Drittauskünfte de lege ferenda übertragen werden. Signifikante Unterschiede ergeben sich unter Berücksichti­ gung bisheriger Erkenntnisse in zweierlei Hinsicht. Zum einen wird nach dem geltenden Recht die bloß nachträgliche Information durch die Subsidiarität des §  802l ZPO abgeschwächt. Wegen der Belehrung über die Möglichkeit, Drit­ tauskünfte einzuholen (§  802f Abs.  3 Satz  2 ZPO), wird der Schuldner von die­ ser Maßnahme nicht überrascht. Ohne das Subsidiaritätsprinzip der Sachauf­ klärung kann sich der Schuldner auf die Datenerhebung nicht einstellen. Hinzu kommt, dass meines Erachtens die „Gnadenfrist“ des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO ersatzlos gestrichen werden soll.179 Durch den Wegfall dieses „Warnschusses“ wird eine weitere Schuldnerschutzstufe genommen, bei der er sich bereits gegen die Zwangsvollstreckung als solche wehren könnte. Nach dem hier vorgeschla­ genen Regelungssystem erfährt der Schuldner mithin erst nach Abschluss der Maßnahme von der Datenerhebung.180 Zu eruieren ist die Recht­mäßigkeit dieses Systems ohne vorgelagerte Rechtsschutzmöglichkeit. (b) Lösung Die Problematik anfänglicher Drittauskünfte liegt in der Korrelation von Effek­ tivität und Minderung des Schuldnerschutzes. Ohne das Subsidiaritätsprinzip in der Sachaufklärung werden Verschleierungsmaßnahmen zumindest erschwert und mithin die Sachaufklärung effektuiert181, gleichzeitig wird dem Schuldner der Rechtsschutz erschwert.

177 

BT-Drucks. 16/13432, S.  45; MüKoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  29. §  802l Rdnr.  22. 179  Dazu Teil 3 A. II. 1. a). 180 Von der Zustellung des Titels als notwendige Voraussetzung für die Zwangsvoll­ streckung abgesehen, dazu Jauernig/Berger, S.  28. 181  Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Gesetzesentwurf die Gefahr auch vor allem darin gesehen, dass der Gläubiger zunächst z. B. Arbeitsverhältnisse oder Kontoverbin­ dungen in Erfahrung bringen wird und sodann daraus ergebende Forderungen pfänden will. Da dies jedoch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann, könnte der Schuldner Beträge 178 Hk-ZV/Sternal,

148

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

(aa) Anhaltspunkte: BVerfG zur Förderung der Steuerehrlichkeit sowie zur automatisierten Kontostammabfrage Einen Anhaltspunkt für die Bewertung, ob eine vorherige Information für den Schuldner erforderlich ist oder nicht, bietet §  93 AO und in diesem Zusammen­ hang der Beschluss des BVerfG zum Vollzug des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit sowie das Urteil des BVerfG zur automatisierten Konto­ stammdatenabfrage.182 Gem. §  93 Abs.  7, 8 AO in der zu dieser Zeit geltenden Fassung durften Finanzbehörden (gem. §  93 Abs.  8 AO auf Ersuchen anderer Behörden) bei Kreditinstituten Daten abrufen, soweit dies zur Festsetzung von Steuern erforderlich war und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat bzw. keinen Erfolg versprach (bzw. eigene Ermittlun­ gen der ersuchenden Behörde nicht zielführend oder erfolgsversprechend wa­ ren).183 Auch hier galt also ein Subsidiaritätsprinzip, nachdem zunächst der Be­ troffene selbst Gelegenheit haben sollte, Auskünfte zu erteilen bzw. Unterlagen vorzulegen.184 Im Rahmen der Prüfung einer einstweiligen Anordnung bezog sich das BVerfG auf diese Subsidiarität im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu Gunsten der Angemessenheit.185 In diesem Zusammenhang heißt es, die nach­ teilige Wirkung einer informationsbezogenen Maßnahme hänge auch von den Möglichkeiten des Betroffenen ab, sich gegen die Grundrechtsbeeinträchtigung zu wehren oder Folgen abzuwehren.186 Gerade heimliche Maßnahmen bedürften einer besonderen Rechtfertigung, da es dem Betroffenen „faktisch verwehrt“ sei, sich im Voraus gegen eine Maßnahme zur Wehr zu setzen.187 Werde der Betrof­ fene außerdem nachträglich nicht oder nur eingeschränkt über die Maßnahme von seinem Konto abheben, bevor die Pfändung wirksam werden kann, BT-Drucks. 16/10069, S.  33. 182  BVerfG, NJW 2005, 1179; BVerfG, NJW 2007, 2464. 183  §  93 Abs.  7, 8 AO lautete: Abs.  7: „Die Finanzbehörde kann bei den Kreditinstituten über das Bundesamt für Finanzen einzelne Daten aus den nach §  93b I zu führenden Dateien abrufen, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Aus­ kunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg ver­ spricht.“. Abs.  8: „Knüpft ein anderes Gesetz an Begriffe des Einkommenssteuergesetzes an, soll die Finanzbehörde auf Ersuchen der für die Anwendung des anderen Gesetzes zuständigen Behörde oder eines Gerichts über das Bundesamt für Finanzen bei den Kreditinstituten ein­ zelne Daten aus den nach §  93b I zu führenden Dateien abrufen und der ersuchende Behörde oder dem ersuchenden Gericht mitteilen, wenn in dem Ersuchen versichert wurde, dass eige­ ne Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben oder keinen Erfolg versprechen.“. 184 Klein/Rätke, §  93 Rdnr.  53. 185  BVerfG, NJW 2005, 1179, 1181. 186  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2470. 187  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2470.

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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informiert, werde es ihm erschwert, nachträglich Mittel gegen die Maßnahme zu ergreifen und damit seine Interessen zu wahren, wodurch sich der Grund­ rechtseingriff verstärke.188 Hinsichtlich eines heimlichen Grundrechtseingriffs wird konstatiert, es ergebe sich keine Unangemessenheit allein aus dem Grund, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten wegen der Heimlichkeit begrenzt seien.189 Dies sei allerdings wiederum vor dem Hintergrund des grundsätzlich vorrangi­ gen Auskunftsersuchens an den Steuerpflichtigen selbst zu sehen.190 (bb) Folgerungen: Heimliche Informationsgewinnung ohne vorherigen Rechtsschutz nicht per se unverhältnismäßig Aus diesen Ausführungen des BVerfG lässt sich also die Linie erkennen, dass eine bloß nachträgliche Information des Betroffenen bei der Erhebung von Daten nicht per se das Verdikt der Unverhältnismäßigkeit wegen mangelnder Rechts­ schutzmöglichkeiten zu begründen vermag. Dies gilt vor allem dann, wenn der Betroffene durch die Möglichkeit des eigenen Handelns zuvor die Chance hat, negativen Folgen entgegenzuwirken. Dies entspricht der oben geschilderten ak­ tuellen Rechtslage bezüglich des Einholens von Drittauskünften und kann inso­ fern nicht ohne Weiteres fruchtbar gemacht werden für die Beurteilung anfäng­ licher Drittauskünfte ohne vorherige Informierung des Schuldners. (cc) Auswirkungen auf den Reformvorschlag Für eine abschließende Beurteilung empfiehlt es sich, die Unterschiede zwi­ schen der hier anvisierten Gesetzesreform und dem Urteil des BVerfG zu §  93 Abs.  7, 8 AO sowie der aktuellen Gesetzesfassung des §  93 AO hervorzuheben. Das Urteil des BVerfG betraf in der Hauptsache §  93 Abs.  7 AO, da Abs.  8 be­ reits wegen Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit verfassungswidrig war.191 Abs.  7 diente zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern. §  93 Abs.  8 AO in seiner heutigen Fassung betrifft enumerativ Behörden, die zuständig sind für die Grundsicherung von Arbeitssuchenden, die Sozialhilfe, das Ausbil­ dungsförderungsgesetz, die Aufstiegsfortbildungsförderung und das Wohngeld. Bei diesen Aufgabengebieten handelt es sich um klassische Fälle der Leistungs­ verwaltung.192 Auch das Zahlen von Steuern, das letztlich durch §  93 AO geför­

188 

BVerfG, NJW 2007, 2464, 2470; BVerfG, NJW 2005, 2603, 2611. BVerfG, NJW 2007, 2464, 2470. 190  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2470. 191  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2466. 192  Die Leistungsverwaltung hat die gezielte Unterstützung einzelner zu gewährleisten und zu verbessern, wozu insbesondere Sozialhilfe und Studienbeihilfen gehören, Maurer, §  1 189 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

dert wird193, ist eine die Allgemeinheit betreffende Angelegenheit ohne konkre­ ten Anknüpfungspunkt im Sinne einer individuellen Vorwerfbarkeit. Im Ge­ gensatz dazu handelt es sich bei den Drittauskünften gem. §  802l ZPO um eine vollstreckungsrechtliche Norm. Der Schuldner, der von den Maßnahmen betrof­ fen ist, zahlte auf eine offene Forderung nicht, war Partei eines Prozesses, der zu seinen Ungunsten endete und ist Adressat eines Vollstreckungstitels und hat sich ggf. eigenverschuldet in die Lage gebracht, den der Forderung zugrunde liegenden Vertrag zu schließen. Er kann also hinsichtlich Informationsmaßnah­ men, jedenfalls ab Zustellung des Titels, keinesfalls als gutgläubig in dem Sinne erachtet werden, dass er nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen habe. Im Rahmen der Informationserhebung bei der Leistungsverwaltung und beim Erheben von Steuern kann der Schuldner die Sachaufklärungsmaßnahmen in Ermangelung des der Zwangsvollstreckung vorgeschalteten Verfahrens jeden­ falls nicht in gleichem Maße einkalkulieren. Der Aspekt „Vorkenntnis durch Verfahren“ stellt die Brücke dar für die unterschiedliche Beurteilung der Ver­ fassungsgemäßheit anfänglicher Drittauskünfte im Gegensatz zum vom Subsi­ diaritätsprinzip geprägten Urteil des BVerfG und der geltenden Fassung des §  93 AO. Das BVerfG konstatiert eine Verfassungsgemäßheit der geltenden und damaligen Regelung auch deswegen, weil durch den Umstand der Subsidiarität der Grundrechtseingriff abgemildert und der Rechtsschutz intensiviert wurde. Dies lässt aber nach oben Gesagtem nicht den Rückschluss zu, dass ein präven­ tiver Rechtsschutz durch Subsidiarität zwingend ist. Vielmehr sind wegen des Schuldnerverhaltens dessen Belange weniger zu berücksichtigen, sodass es kei­ ner Subsidiarität bedarf. Schließlich musste der Schuldner mit Vollstreckungs­ handlungen rechnen. Insofern müssen zwar auch bei anfänglichen Drittaus­ künften Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen, es genügt allerdings, wenn diese durch eine nachträgliche Information des Schuldners gewährt werden. Auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzmöglichkeiten ist daher das Gebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt. d) Ergebnis zur Vorverlagerung der Drittauskünfte Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Gesetzgeber den Schritt von der teilweisen zur umfassenden Vorverlagerung der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung wagen sollte. Anfängliche Drittauskünfte sind nicht nur, wie der Blick zu anderen Rechtsordnungen zeigt, erfolgversprechend und effek­ tivitätsfördernd, sondern lassen sich wegen des mangelnden Bedarfs an erhöh­ Rdnr.  16. Darunter fallen auch Wohngeld als Sozialleistung, BeckOK SozR/Winkler, WoGG §  1 Rdnr.  1. 193 Klein/Rätke, §  93 Rdnr.  2 („betrifft alle steuerlichen Verfahrensarten“).

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

151

tem Schuldnerschutz auch verfassungsgemäß in das Zwangsvollstreckungsrecht integrieren. Dies zeigt auch ein Vergleich zum Urteil des BVerfG hinsichtlich §  93 AO. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht hat also hinter dem Recht des Gläubigers auf eine effektive Zwangsvollstreckung, hier in Form an­ fänglicher Drittauskünfte, zurückzutreten. 2. Drittauskünfte: Enumerationsprinzip oder Generalklausel? Die Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Drittauskünfte sind in §  802l Abs.  1 Satz  1 ZPO per Enumerationsprinzip klar definiert und beschränken sich auf das Abrufen bzw. Erheben von Daten bei Trägern der ge­ setzlichen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern sowie dem Kraftfahrt-Bundesamt. Das Enumerationsprinzip wurde einer allgemeinen Auskunftspflicht vorgezogen, weil gerade die genannten Bereiche für die Zwangsvollstreckung typischerweise von Bedeutung seien.194 Dies diene gleich­ zeitig dazu, dem Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung gerecht zu werden.195 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das Enu­ merationsprinzip geeignet ist, hinreichende Sachaufklärungsergebnisse zu er­ zielen, oder ob eine Generalklausel oder eine Kombinationslösung die bessere Option wäre. Dies wiederum zieht zwingend die Frage nach der Verfassungs­ gemäßheit und Praktikabilität einer Generalklausel bzw. Kombinationslösung nach sich. a) Generalklausel zur Einholung von Drittauskünften: In der Schweiz de lege lata Wie bei der Frage nach der Möglichkeit, Drittauskünfte an den Anfang der Sachaufklärung zu stellen196, handelt es sich auch bei generalisierten Drittaus­ kunftsmöglichkeiten nicht um eine rechtliche Avantgarde. Anderen Rechtsord­ nungen, insbesondere der der Schweiz, ist diese Ausgestaltung der Drittaus­ künfte bereits bekannt. Gem. Art.  91 Abs.  1 Nr.  2 SchKG ist der Schuldner ver­ pflichtet, seine Vermögensgegenstände einschließlich derjenigen, die sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, und seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten anzugeben, soweit dies zur einer Erfolg versprechenden Pfändung er­ forderlich ist. Gem. Art.  91 Abs.  4 SchKG sind Dritte, die Vermögensgegenstän­ de des Schuldners verwahren oder bei denen er Guthaben hat, bei Straffolge in gleichem Umfang verpflichtet, wie der Schuldner selbst. Gem. Abs.  5 sind Be­ 194 MükoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  20; BT-Drucks. 16/10069, S.  32. Für eine Ausweitung jüngst Gietmann, DGVZ 2017, 158. 195 Schuschke/Walker/Walker, §  802l Rdnr.  7; BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 196  Dazu Teil 3 B. I. 1. a).

152

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

hörden in gleichem Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner. Dritte, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren, sind insbesondere Banken, auch wenn diese dem Bankgeheimnis unterstehen197; letzteres ist insofern gelo­ ckert.198 Der Begriff der Behörde in Abs.  5 ist weit auszulegen199 und umfasst insbesondere Steuerbehörden.200 Den Schuldner selbst trifft eine globale Aus­ kunftspflicht und wegen der Akzessorietät von Schuldner- und Drittverpflich­ tung ist auch die Auskunft Dritter uneingeschränkt zu erteilen, soweit dies für die Vornahme der Pfändung erforderlich ist.201 Dieses weite Auskunftsrecht wird damit begründet, dass nur auf diese Weise Gegenstände aus dem Schuld­ nervermögen für den Gläubiger gesichert werden können und ansonsten die Pfändung durch Vermögensverschiebungen des Schuldners vereitelt würde.202 Diese Begründung macht ersichtlich, dass das Schweizer Recht ein eindeutiges Überwiegen der Gläubigerrechte gegenüber denen des Schuldners vor Augen hat.203 Amonn formuliert dies treffsicher: „Wer zu Recht betrieben wird, darf sich nicht hinter dem Steuer- und Bankgeheimnis verstrecken.“204 Nicht zur Auskunft verpflichtet sind, wie dies in Deutschland in §  806a Abs.  2 ZPO statuiert ist, im gleichen Haushalt lebende Personen.205 Allerdings ermög­ licht es das Schweizer Recht für auskunftspflichtige Dritte mit Wohnsitz im Ausland, das Auswärtige Amt mit dem Pfändungsvollzug zu beauftragen, das dann die notwendigen Auskünfte einzuholen hat (Requisitionspfändung, Art.  89 SchKG).206 Damit zeigt sich das schweizerische Recht hinsichtlich des Einholens von Drittauskünften als äußerst gläubigerfreundlich und ist umfassender ausgestal­ tet als das deutsche Recht. b) Frankreich: Recherche des informations Noch weiter als das schweizerische Recht geht die französische Sachaufklä­ rung. 1992 wurde dort das Vollstreckungsrecht grundlegend reformiert und ex­ Würdinger, JZ 2011, 177, 184. Triller, S.  177; Müller-Chen, BlSchK 2000, 201, 211. 199 Hunkeler/Winkler, Art.  91 Rdnr.  19. 200 Staehelin/Bauer/Staehelin/Lebrecht, Art.  91 Rdnr.  29; Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  26. 201  Müller-Chen, BlSchK 2000, 201, 208; Würdinger, JZ 2011, 177, 184. 202  Blumenstein, BlSchK 1941, 97, 101; Müller-Chen, BlSchK 2000, 201. 203 Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  27. 204  Amonn, FS Amonn, 309, 322. 205  Gick-Schläpfer, S.  12 f. 206  Amonn/Walther, §  6 Rdnr.  30. Dies gilt wiederum nicht für Vermögenswerte, die im Ausland belegen sind, da diese wegen des Territorialprinzips nicht pfändbar sind und nur pfändbare Gegenstände angegeben werden müssen, Müller-Chen, BlSchK 2000, 201, 205. 197  198 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

153

plizite Sachaufklärungsvorschriften (recherche des informations) mit dem Ziel normiert, die Forderungsvollstreckung zu straffen.207 Gem. L.Art.  152-1 sind beinahe alle öffentlichen Behörden dem Gerichtsvollzieher gegenüber zur Aus­ kunft verpflichtet und können sich nicht unter Verweis auf ein etwaiges Berufs­ geheimnis der Auskunft verweigern.208 Relativiert wird diese weite Auskunfts­ möglichkeit dadurch, dass die zu erhebenden Daten in L.Art.  152-1 abschlie­ ßend aufgezählt sind.209 Kreditinstitute sind gem. L.Art.  152-2 verpflichtet, Kontoverbindungen des Schuldners anzugeben, ohne sich auf das Bankgeheim­ nis berufen zu können. Die erlangten Daten dürfen gem. L.Art.  152-3 allein zu Vollstreckungszwecken und hinsichtlich der Titel, auf deren Grundlage die Maßnahme ergriffen wurde, verwendet werden; eine Weitergabe an Dritte ist untersagt. Zuwiderhandlungen gegen diese Restriktionen sind strafbar gem. L.Art.  226-21 Code pénal.210 c) Deutschland In Deutschland ist die Idee der Erweiterung der Befugnis, bei Dritten Auskunft über das Schuldnervermögen einzuholen, kein Novum. So plädierte zum Bei­ spiel Holzapfl bereits dafür, Dritte zur Auskunft über das Schuldnervermögen heranzuziehen.211 Darunter falle das private und berufliche Umfeld des Schuld­ ners, aber vor allem auch Banken oder Finanzdienstleister, da diese regelmäßig über entscheidende Informationen verfügten.212 Auch Schilken bezeichnete die Regelung des §  806a ZPO als „zahnlose Kompromissregelung“213. Das Auswei­ ten der Drittauskünfte käme letztlich einer Ausweitung des §  806a ZPO gleich, der aktuell lediglich ein Befragungsrecht des Gerichtsvollziehers gegenüber im Hausstand des Schuldners lebende Personen vorsieht, allerdings keine damit korrespondierende Auskunftspflicht. Insofern hat auch Schilken die Möglich­ keit der Auskunftspflicht Dritter erkannt, ist jedoch der Ansicht, die fehlende 207  Heute finden sich die Vorschriften im Code des procédures civiles d’execution, vgl. L.Art.  152-1–L.Art.  151-3; Stamm, S.  119. 208  L.Art.  152-1 a. E.: “[…] sans pouvoir oppose le secret professionnel.”. 209  L.Art.  152-1 lautet: „Sous réserve du respect des dispositions de l’article 51, à la deman­ de de l’huissier de justice chargé de l’exécution, porteur d’un titre exécutoire et d’un relevé certifié sincère des recherches infructueuses qu’il a tentées pour l’exécution, le procureur de la République entreprend les diligences nécessaires pour connaître l’adresse du débiteur et l’adresse de son employeur, à l’exclusion de tout autre renseignement […].“ (Hervorhebungen durch Verf.). 210  Zur Durchsetzung dieser Maßnahmen dient zusätzlich R.Art.  152-1. 211  Holzapfl, S.  231. 212  Holzapfl, S.  231. 213  Schilken, DGVZ 1995, 133, 139.

154

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

generelle Auskunftspflicht Dritter sei schwerlich zu ändern.214 Allerdings lässt Schilken offen, ob die Schwierigkeit der Umsetzung der rein faktischen Proble­ matik geschuldet ist, dass z. B. wie von Holzapfl behauptet für bestimmte Dritte Verweigerungsrechte geschaffen werden müssten, oder dass verfahrensrecht­ liche Schwierigkeiten hervorgerufen würden, wie die Frage, ob das Vollstre­ ckungsgericht an der Befragung Dritter beteiligt sein müsste215 und daher eine Ausweitung der Drittauskünfte faktisch nicht realisierbar wäre, oder ob eine solche Ausweitung aus verfassungsrechtlichen Gründen scheitern müsste. Jüngst war es Stamm, der für eine umfassende Auskunftspflicht Dritter und von Behörden eintrat, da diese durch die bloße Weitergabe von Informationen nicht belastet würden und gleichzeitig das Gläubigerinteresse an einem schnellen Vollstreckungszugriff gefördert werden würde.216 Eine derartige Regelung sei sogar „kaum bedenklich“217. Die Idee einer Drittauskunftserweiterung wurde also zumindest bereits aufgeworfen, jedoch in unterschiedlicher Weise bewer­ tet. Zudem bietet keiner der genannten Autoren zu den Thesen eine argumenta­ tive Auseinandersetzung im Hinblick auf die Praktikabilität und Verfassungs­ gemäßheit. Diese beiden Aspekte sollen nun untersucht werden. d) Die Drittauskünfte gem. §  802l ZPO de lege ferenda: Abkehr vom Enumerationsprinzip? Auf der Feststellung aufbauend, dass weit gefasste Drittauskünfte bei europäi­ schen Nachbarn bereits zu finden sind, wird nun die Möglichkeit der Abkehr der ZPO vom Enumerationsprinzip der Drittauskünfte in der Sachaufklärung eru­ iert. Dabei stehen wie bisher die Fragen im Vordergrund, ob sich der Wandel vom Enumerationsprinzip zur (eingeschränkten) Generalklausel hinsichtlich des Sachaufklärungserfolges als sinnvoll erweisen würde und bejahendenfalls, ob sich eine solche Regelung in verfassungskonformer Art und Weise in das deutsche Recht integrieren ließe. Um ein ausdifferenziertes Ergebnis zu erhal­ ten, darf nicht pauschal auf eine Ausweitung der Auskunftsrechte abgestellt werden. Vielmehr werden zwei Änderungsmöglichkeiten beleuchtet: Ein gene­ relles Auskunftsrecht gegenüber Dritten (große Generalklausel) sowie die Kombination aus Generalklausel und Enumerationsprinzip (kleine oder abge­ stufte Generalklausel).

Schilken, Rpfleger 2006, 629, 637. Holzapfl, S.  231 f. 216  Stamm, S.  127. 217  Stamm, S.  127. 214 

215 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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aa) Große Generalklausel zur Einholung von Drittauskünften Eine umfassende Ausweitung der Einholung von Drittauskünften könnte sich am schweizerischen SchKG orientieren. Im Sinne des in dieser Arbeit vertrete­ nen Plädoyers für die Abschaffung der Subsidiarität der Drittauskünfte könnte ein einheitlicher Vermögensauskunftstatbestand gestaltet werden, der wie folgt lautet: (1)  Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgen­ den Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Register­ blatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben. (2)  Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzu­ geben:   1. die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§  138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach §  802f Abs.  1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;   2. die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach §  802f Abs.  1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenom­ men hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten. Sachen, die nach §  811 Abs.  1 Nr.  1 und 2 der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt. Anzugeben sind auch Vermögensgegenstände, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen ei­ ner Straftat oder Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß dieser Verpflichtung erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfah­ ren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in §  52 Abs.  1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustim­ mung des Schuldners verwendet werden. Der Schuldner ist über das bezeichnete Verwen­ dungsverbot aufzuklären (3)  Dritte sind auf Verlangen des Gerichtsvollziehers im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner. (4)  Der Schuldner sowie die auskunftspflichtigen Dritten haben zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht haben. Die Vorschriften der §§  478 bis 480, 483 gelten entsprechend. Über die Folgen bei Verletzung der Auskunftspflichten sind die Beteiligten vom Gerichtsvollzieher zu belehren. Der Schuldner ist über das in Absatz  2 Satz  6 bezeichnete Verwendungsverbot aufzuklären. (5)  Behörden sind auf Verlangen des Gerichtsvollziehers im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

(6)  Die Erhebung oder das Ersuchen ist nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforder­ lich ist. Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichts­ vollzieher unverzüglich zu löschen oder zu sperren. Die Löschung ist zu protokollieren. (7)  Über das Ergebnis einer Erhebung oder eines Ersuchens nach Absatz  1 setzt der Ge­ richtsvollzieher den Gläubiger unter Beachtung des Absatzes 2 unverzüglich und den Schuld­ ner innerhalb von vier Wochen nach Erhalt in Kenntnis. §  802d Abs.  1 Satz  3 und Abs.  2 gilt entsprechend. (8)  Nach Absatz  1 Satz  1 erhobene Daten, die innerhalb der letzten drei Monate bei dem Gerichtsvollzieher eingegangen sind, darf dieser auch einem weiteren Gläubiger übermitteln, wenn die Voraussetzungen für die Datenerhebung auch bei diesem Gläubiger vorliegen. Der Gerichtsvollzieher hat dem weiteren Gläubiger die Tatsache, dass die Daten in einem anderen Verfahren erhoben wurden, und den Zeitpunkt ihres Eingangs bei ihm mitzuteilen. Eine er­ neute Auskunft ist auf Antrag des weiteren Gläubigers einzuholen, wenn Anhaltspunkte da­ für vorliegen, dass seit dem Eingang der Auskunft eine Änderung der Vermögensverhältnis­ se, über die nach Absatz  1 Satz  1 Auskunft eingeholt wurde, eingetreten ist. (9)  Übermittelt der Gerichtsvollzieher Daten nach Absatz  4 Satz  1 an einen weiteren Gläubi­ ger, so hat er den Schuldner davon innerhalb von vier Wochen nach der Übermittlung in Kenntnis zu setzen; §  802d Absatz  1 Satz  3 und Absatz  2 gilt entsprechend.

(1) Praktikabilität einer großen Generalklausel Erster Untersuchungsgegenstand ist die Frage, ob eine große Generalklausel im Ge­samtsystem der deutschen Sachaufklärung überhaupt zweckdienlich erscheint. Praktische Probleme werden bereits bei einem Vergleich des hier vorgeschla­ genen Wortlauts mit dem des schweizerischen „Vorbilds“ offenbar. Entgegen des obigen Vorschlags zur Änderung der Drittauskünfte beschränkt sich das schweizerische Recht auf die Auskunftspflicht solcher Dritter, die Vermögens­ gegenstände des Schuldners verwahren. Unabhängig von der konkreten Ausge­ staltung zeigt sich an dieser Divergenz das erste Dilemma: Geht man mit dem schweizerischen Recht, so muss der Gerichtsvollzieher zunächst ermitteln, wel­ che Dritte Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren. Dritte im Sinne des schweizerischen Rechts sind Drittgewahrsamsinhaber, Drittschuldner so­ wie Dritte, die ein beschränkt dingliches Recht an der Sache anmelden.218 Ein effektives Handeln des Gerichtsvollziehers setzt dann aber Kenntnis sowohl hinsichtlich der Existenz der Vermögensgegenstände als auch deren Belegen­ heit voraus. Dies herauszufinden ist aber das Ziel der Sachaufklärung. Insofern wird je nach konkreter Person des Dritten das Ergebnis einer Maßnahme zur eigenen Voraussetzung erhoben, ähnlich einer Petitio principii. Aber selbst wenn man, so wie hier vorgeschlagen, Dritte ganz allgemein und ohne Be­ schränkungen zur Auskunft verpflichtet, besteht das Problem in den folgenden beiden Dimensionen fort. 218 Hunkeler/Winkler,

Art.  91 Rdnr.  16; Müller-Chen, BlSchK 2000, 201, 204.

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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(a) Gerichtsvollzieher und Ermittlungstätigkeiten Die erste Problemdimension eröffnet sich hinsichtlich der sich zwingend erge­ benden Ermittlungspflichten des Gerichtsvollziehers. Es wird an mehreren Stel­ len konstatiert, die deutschen Gerichtsvollzieher seien maßlos überlastet. Die Reform der Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung habe diesen Umstand potenziert.219 Grund hierfür seien insbesondere die Drittauskünfte gem. §  802l ZPO.220 Wenn aber bereits die Einführung des §  802l ZPO zu einer Mehrbelastung führte, dann gilt dies a fortiori für eine etwaige Ausweitung der Sachaufklärungsbefugnisse durch die Einführung einer großen Generalklausel. Schließlich sieht §  802l ZPO lediglich enumerativ drei Stellen vor, an die sich der Gerichtsvollzieher wenden kann. Damit beschränkt sich das Handeln des Gerichtsvollziehers auf die Durchführung der Maßnahme, ohne dass größere Handlungsmöglichkeiten bestehen, die einen Planungsprozess erfordern. Mit Einführung einer großen Generalklausel müsste sich der Gerichtsvollzieherauf­ wand erneut erheblich vergrößern. Ohne Benennung der informationspflichti­ gen Stellen intensivierte sich die Arbeitsbelastung vom reinen Zeitaspekt des konkreten Handelns, also der Abfrage, um das Moment der vorherigen Abwä­ gung und Planung. Der Gerichtsvollzieher müsste entscheiden, welche Informa­ tionen welcher auskunftspflichtigen Stellen den größten Erfolg versprechen. Im Gegensatz zur Polizei oder zur Staatsanwaltschaft ist der Gerichtsvollzieher seinem originären Tätigkeitsfeld nach indes kein Ermittler.221 Unter der Prämis­ 219  Müller/Pfanzelt, Gefühl und Gesetz, Der Spiegel vom 03.11.2014, abrufbar unter http:// www.spiegel.de/spiegel/print/d-130092978.html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017 („Die Re­ form der Zwangsvollstreckung habe zu rund 30 Prozent mehr Arbeit geführt […]“; Grundke, Hamburgs Gerichtsvollzieher sind völlig überlastet, Die Welt vom 02.05.2016, abrufbar unter https://www.welt.de/regionales/hamburg/article154942989/Hamburgs-Gerichtsvollziehersind­-voellig-ueberlastet.html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017 (dort wird gerade das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung für die Überlastung verantwortlich gemacht); Knümann, Gerichtsvollzieher in Oberhausen sind völlig überlastet, Der Westen vom 29.03.2014, abruf­ bar unter http://www.derwesten.de/staedte/oberhausen/gerichtsvollzieher-in-­oberhausen-sindvoellig-­ueberlastet-id9177362.html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017; Schmidt, JurBüro 2014, 397 („nach wie vor überbelastet“); Leseforum, VE 2002, 135. 220  Müller/Pfanzelt, Gefühl und Gesetz, Der Spiegel vom 03.11.2014, abrufbar unter http:// www.spiegel.de/spiegel/print/d-130092978.html (die Gerichtsvollzieher müssten „viel mehr Informationen bei anderen Ämtern einholen als früher, beim Einwohnermeldeamt, bei der Deutschen Rentenversicherung, beim Kraftfahrt-Bundesamt.“), zuletzt abgerufen am 16.10.­ 2017; Knümann, Gerichtsvollzieher in Oberhausen sind völlig überlastet, Der Westen vom 29.03.2014, abrufbar unter http://www.derwesten.de/staedte/oberhausen/gerichtsvollzieher-in-­ oberhausen-sind-voellig-ueberlastet-id9177362.html (mit Zitat von Berthold Bendorf, ­Direktor am Amtsgericht a.D.: „Sie müssen heute etwa beim Kraftfahrtbundesamt nach­f ragen, ob ein Schuldner ein Auto hat. Das war früher nicht notwendig.“, zuletzt abgerufen am 16.10.2017. 221 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, §  755 Rdnr.  2; Würdinger, JZ 2011, 177, 185.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

se der immensen aktuellen Belastung des Gerichtsvollziehers ist nicht vorstell­ bar, wie eine funktionsfähige Sachaufklärung durch Drittauskünfte zu bewerk­ stelligen sein soll, wenn sich der Gerichtsvollzieher als Ermittler geriert. Es hat sich noch nicht gezeigt, ob die derzeit in §  802l ZPO genannten öffentlichen Stellen tatsächlich diejenigen sind, die „typischerweise für die Vollstreckung von Bedeutung sind“222 und damit das Einfügen weiterer Stellen sogar entbehr­ lich machen. Es müssen insofern noch Erfahrungswerte gesammelt werden.223 Allerdings ist diese Frage auch für die Überlegung, eine große Generalklausel einzuführen, unerheblich. Es ist die Praxis, die den Bedarf an weiteren aus­ kunftspflichtigen Stellen offenbaren wird. Sobald dies der Fall ist, kann je nach konkretem Lagebild durchdacht werden, solche „Bedarfsstellen“ in das Gesetz aufzunehmen. Die generelle Ausweitung der Drittauskunftsbefugnis des Ge­ richtsvollziehers wäre schlicht kontraproduktiv und stünde im Widerspruch zum neuen Programmsatz224 der zügigen Zwangsvollstreckung gem. §  802a Abs.  1 ZPO. Eine Änderung der Sachaufklärungsvorschriften darf kein Selbst­ zweck sein, sondern muss sich am Gläubigerinteresse an einer effektiven Zwangsvollstreckung orientieren und dabei den Schuldnerschutz im Blick ha­ ben.225 Durch das Ausweiten der Befugnisse des Gerichtsvollziehers zum Ein­ holen von Drittauskünften erweitert man auch die Pflichten des Gerichtsvollzie­ hers. Selbst wenn das Mehr an Möglichkeiten ein Plus an Informationsgewin­ nung mit sich bringen sollte, würde dies wieder konterkariert durch das Mehr an Belastung des Gerichtsvollzieherwesens. Eine theoretisch gewinnbringende Maßnahme ist nur dann diskutabel, wenn sie praktisch auch umgesetzt werden kann. Nach der aktuellen Belastungssituation der Gerichtsvollzieher dürfte al­ lerdings eine zeitnahe, effiziente Sachaufklärung durch Drittauskünfte wegen akuter Überbelastung nicht zu erwarten sein. Klare Regelungen und Vorgaben erleichtern dem Gerichtsvollzieher die Navigation und sind im Interesse aller. (b) Das Kostenproblem Unabhängig von der problematischen praktischen Umsetzung sind auch die ­Kosten bei einer großen Generalklausel ein gewichtiger Aspekt. Gem. Nr.  440 KV GVKostG entsteht für die Erhebung von Daten bei einer der in §  802l Abs.  1 ZPO genannten Stellen eine Gebühr in Höhe von 13 Euro.226 Werden auf Antrag 222 

BT-Drucks. 16/10069, S.  32. Würdinger, JZ 2011, 177, 185. 224 Musielak/Voit/Voit, §  802a Rdnr.  2. 225  Dazu bereits Teil 3 B. I. 1. b). 226  Ursprünglich waren lediglich 10 Euro vorgesehen, BT-Drucks. 16/10069, S.  49. Durch das 2. KostRModG kam es zur entsprechenden Anhebung, Stein/Jonas/Würdinger, §  802l Rdnr.  115. 223 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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des Gläubigers hin mehrere Fremdauskünfte eingeholt, fällt die Gebühr auch für jede Fremdauskunft an, §  10 Abs.  2 Satz  3 GVKostG.227 Das Ergebnis ist für das Entstehen der Kosten irrelevant.228 Zwar ist eine „Reform zum Nulltarif […] freilich ein kompliziertes Anliegen“229. Selbstredend müssen Kosten getragen werden; der Gläubiger ist im Zweifel mit der Zahlung durch den Schuldner ab­ züglich der Vollstreckungskosten besser gestellt, als wenn er auf die gesamte Forderung verzichten muss.230 Allerdings sind auch Kleingläubiger im Auge zu behalten. Ohne klare Direktive wird dem Gerichtsvollzieher zunächst unklar sein, an welche Stellen er sich wenden muss. Dies birgt freilich die Gefahr, dass einige Anfragen gestellt werden müssen, bis er die notwendigen Informationen erhält. Muss dabei auch für erfolglose Anfragen gezahlt werden, besteht insofern ex ante keine Kostenklarheit. Daraus folgt für den Gläubiger gering betitelter Forderung das Dilemma, ob er sich der Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen hingibt oder ob ihm das Risiko, für hohe Kosten durch das Abfragen diverser Behörden oder Dritter aufkommen zu müssen, zu groß ist. Unabhängig von der Forderungshöhe wäre jedoch auch eine kostentechnische Planungssicherheit für den Gläubiger mit dem Einführen einer großen Generalklausel dahin. (c) Zwischenergebnis Im Hinblick auf die Belastungssituation der Gerichtsvollzieher und der mit Ein­ führung einer großen Generalklausel einhergehenden Mehrbelastung ist die Praktikabilität einer solchen Klausel bereits in Frage zu stellen. (2) DS-GVO kein Prüfungsmaßstab Neben der praktischen Umsetzung ist der rechtliche Rahmen, in dem sich eine Generalklausel bewegen könnte, zu untersuchen. Seit dem 25. Mai 2016 ist die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO) in Kraft231, die mit all ihren Regelungen ab dem 25. Mai 2018 in allen Mitglied­ staaten unmittelbar gelten wird.232 Wegen dieser unmittelbaren Geltung233 darf 227 Hk-ZV/Sternal,

§  802l Rdnr.  26. §  802l Rdnr.  26. 229  Hess, JZ 2013, 662, 667. 230  Hess, JZ 2013, 662, 667. 231  ABl. L 119, 04.05.2016, S.  1. 232  Vgl. Art.  99 Abs.  2 DS-GVO, Roßnagel/Roßnagel, §  1 Rdnr.  1. 233  Art.  288 Abs.  2 AEUV („Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“). 228 Hk-ZV/Sternal,

160

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

die Verordnung bei einer anvisierten Neujustierung nicht außer Acht gelassen werden, auch wenn sie zum aktuellen Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht gilt. Allerdings wird die DS-GVO weder auf die aktuelle Regelung des §  802l ZPO, noch auf die hier vorgeschlagenen oder untersuchten Änderungen Anwen­ dung finden. Die DS-GVO stützt sich auf die Kompetenznorm des Art.  16 Abs.  2 Satz  1 AEUV.234 In Anbetracht der Formulierung „Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen…“ in Art.  16 Abs.  2 AEUV kann festgestellt werden, dass nationale Datenschutzregelungen anwendbar bleiben, wenn die Daten­erhebung nicht in unionsrechtlich geregelten Bereichen erfolgt, da diese dem A ­ nwendungsbereich der DS-GVO entzogen sind.235 Rein inner­ staatliche Sachverhalte, bei denen jeder grenzüberschreitende Bezug fehlt, wer­ den also nicht von der DS-GVO umfasst, wozu zum Beispiel die Datenerhebung in Einwohnermeldeämtern gehört.236 Da es noch keine einheitliche Regelung zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile gibt237, ist der Ge­ richtsvollzieher auf Sachauf­klärungsmaßnahmen auf deutschem Staatsgebiet beschränkt, da es ihm für Vollstreckungsmaßnahmen auf fremdem Staatsgebiet an einer entsprechenden Kompetenz für die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fehlt. Solange aber eine mitgliedstaatenübergreifende Sachaufklärung nicht existiert, ist für die Sachaufklärung auch die DS-GVO mangels Anwendbarkeit kein Prüfungsmaßstab.238

234 Roßnagel/Roßnagel,

§  2 Rdnr.  28; Eg. 12 DS-GVO. Art.  15 Abs.  2 AEUV lautet: „Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfah­ ren Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezoge­ ner Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr. Die Einhaltung dieser Vorschrif­ ten wird von unabhängigen Behörden überwacht.“. 235 Roßnagel/Roßnagel, §  2 Rdnr.  29. 236 Roßnagel/Roßnagel, §  2 Rdnr.  30. 237  Bisher beschränkt sich das internationale Recht vor allem auf die Bereiche der Unter­ haltspflicht, insbesondere gegenüber Kindern (Haager Übereinkommen über die Anerken­ nung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.04.1958; Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973; Haager Übereinkommen über die internatio­ nale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehöri­ gen vom 23.11.2007). Darüber hinaus existieren eher bilaterale Staatsverträge wie das Deutsch-schweizerische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 02.11.1929. 238  Zu der Frage, inwiefern eine unionsrechtliche Sachaufklärung einzuführen ist, siehe unten Teil 4.

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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(3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer großen Generalklausel Neben den praktischen Problemen wäre eine große Generalklausel auch verfas­ sungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Verpflichtet das Gesetz „die Behörden“ und „die Dritten“ ganz allgemein und ohne Einschränkungen zur Preisgabe schuldnerbezogener Informationen, ist der weite Anwendungsbereich evident. Es ist aus dem Wortlaut nicht ersichtlich, welche Behörden und Dritten genau in die Pflicht genommen werden können. Auf Seiten des Schuldners besteht allerdings ein berechtigtes Interesse an einer Begrenzung der Publizität seiner Vermögensverhältnisse.239 Mindestens möch­ te der Schuldner wohl den Personenkreis kennen, der fortan über seine Vermö­ gensverhältnisse informiert ist. Vor diesem Hintergrund muss die Frage aufge­ worfen werden, ob eine große Generalklausel in der hier dargestellten Form noch dem Gebot der Normenklarheit bzw. -bestimmtheit entsprechen würde. (a) Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit Greift eine Norm in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, wie dies bei §  802l ZPO sowohl mit als auch ohne Generalklausel der Fall ist240, muss diese dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit entspre­ chen.241 Dieses Gebot bedarf keiner Herleitung aus dem allgemeinen Rechts­ staatsprinzip, sondern leitet sich unmittelbar aus dem Grundrecht auf informa­ tionelle Selbstbestimmung ab.242 Die Ermächtigung, ein Gesetz zu erlassen, das in dieses Recht eingreift, gebietet es also, Klarheit herzustellen.243 Die daraus resultierende Transparenz soll dem Einzelnen die Möglichkeit an die Hand ge­ ben, einschätzen zu können, welche negativen Konsequenzen er bei Nichtbefol­ gung einer Norm oder Aufforderung zu befürchten hat.244 Der Normadressat muss zum einen also erkennen können, ob er überhaupt der Norm unterfällt und wenn ja, welche Konsequenzen sich durch die Anwendung ergeben.245 Erforder­ lich ist indes keine absolute, allumfassende, sondern bloß eine hinreichende Normenklarheit und -bestimmtheit.246 Die Bestimmtheitsanforderungen wer­ Würdinger, JZ 2011, 177, 185; Fischer, DGVZ 2010, 113, 115, dort Fn.  21. Siehe oben, Teil 2 B. III. 3. b). 241  BVerfG, NJW 1984, 419, 422; BVerfG, MMR 2006, 531, 538. 242  BeckOK InfoMedienR/Gersdorf, GG Art.  2 Rdnr.  72. 243  Towfigh, JA 2015, 81, 83. 244  Gröpl, §  7 Rdnr.  471. 245  Schöbener/Knauff, §  5 Rdnr.  154g. 246  Gröpl, §  7 Rdnr.  474; BVerfG, NJW 1981, 1311 („Der Bestimmtheitsgrundsatz gebie­ tet, daß eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so daß das Handeln 239 

240 

162

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

den strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff für den Betroffenen ist.247 Eine Norm muss in ihrer Sprache verständlich und ohne Widersprüche sowie redaktionell genau sein.248 Darüber hinaus ist eine Rechtskontrolle durch die Gerichte über die gesetzesausführende Verwaltung sicherzustellen.249 Anlass sowie Zweck und Grenzen des Eingriffs müssen im Gesetz „bereichsspezifisch, präzise und normenklar“250 festgelegt werden. Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen sollte eine Ausweitung der Befugnisse, Drittauskünfte einzuholen, nach dem obigen Modell mit dem Ge­ bot der Normenbestimmtheit und -klarheit vereinbar sein. Für den von der Maß­ nahme betroffenen Vollstreckungsschuldner ist eindeutig zu erkennen, wer (der Gerichtsvollzieher, Abs.  1 Satz  1 des Vorschlags) zu welchem Zweck (zum Zwe­ cke der Zwangsvollstreckung, Abs.  6 Satz  1 des Vorschlags) in welchem Um­ fang (nur insoweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist, Abs.  6 Satz  2 des Vor­ schlags) von wem (vom Schuldner selbst, Dritten und Behörden) Informationen zum Schuldnervermögen erhalten kann. Die Selbstauskunft des aktuellen §  802c ZPO bleibt erhalten; nach deren Umfang richtet sich wegen der Akzesso­ rietät der Drittauskünfte auch der letztbezügliche Umfang. §  802c ZPO defi­ niert klar, welche Vermögensgegenstände der Schuldner anzugeben hat. Ebenso klar ergibt sich daraus, welche Vermögensgegenstände durch Dritte angegeben werden können. Die auskunftspflichtigen Dritten sind zwar abstrakt („Behör­ den“, „Dritte“) bezeichnet. Aber es ist vor allem diese abstrakte Formulierung, die im Ergebnis eine normenklare Lesart der Drittauskünfte zulässt. Indem der Wortlaut keine Einschränkungen hinsichtlich der Dritten oder der Behörden zu­ lässt, sind alle Dritten und Behörden vom Wortlaut umfasst. Es bestehen also keine zu berücksichtigende Ausnahmen und keine Stellenbezeichnungen, die noch der Auslegung bedürfen. Zwar ist der Wortlaut weit gefasst; dies ist aller­ dings bei einer Güterabwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berück­ sichtigen und stellt die Beurteilung der Norm als bestimmt und klar nicht in Frage, sondern sichert diese Beurteilung durch das Aufstellen einer klar um­ grenzten Menge eher ab. Damit wäre die Möglichkeit, nach dem obigen Modell von Dritten und Behörden ohne Einschränkungen Auskunft über das Vermögen des Schuldners zu erhalten, mit dem verfassungsrechtlichen, aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleiteten, Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit zu vereinbaren. der Verwaltung meßbar und in gewissem Ausmaß für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird […]“. 247  Sodan/Ziekow, §  7 Rdnr.  37; Towfigh, JA 2015, 81, 84. 248  Towfigh, JA 2015, 81, 84; BVerfG, JuS 2004, 247, 248. 249  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2467. 250  BVerfG, NJW 2007, 2464, 2466 m. w. N.

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

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Um diese Argumentation zu stützen, kann die DS-GVO herangezogen wer­ den. Zwar ist diese nicht auf den vorliegenden Vorschlag anwendbar, indes kön­ nen die Wertungsgesichtspunkte insofern übertragen werden, als auch die DSGVO den Datenschutz des Bürgers sicherstellen möchte und in diesem Rahmen für automatisierte Erhebungsverfahren Vorgaben aufstellt. In Erwägungsgrund 45 der DS-GVO heißt es, im Recht der Mitgliedstaaten solle geregelt werden, „für welche Zwecke die Daten verarbeitet werden dürfen“. Ferner könnten in diesem Recht die allgemeinen Bedingungen dieser Verordnung zur Regelung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten präzisiert und darin festgelegt werden, wie der Verantwortliche zu bestimmen ist, „welche Art von personenbezogenen Daten verarbeitet werden, welche Personen betroffen sind, welchen Einrichtungen die personenbezogenen Daten offengelegt, für welche Zwecke und wie lange sie gespeichert werden dürfen und welche anderen Maßnahmen ergriffen werden, um zu gewährleisten, dass die Verarbeitung rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgt…“251. Diese von der DS-GVO postulierten Voraussetzungen sind im Falle der anvisierten Form des §  802l ZPO erfüllt. Auch die DS-GVO mit ihrem hohen Schutzniveau verlangt keine gesetzliche Regelung dahingehend, von welchen Stellen die entsprechenden In­ formationen bezogen werden. Dies spricht für eine Entbehrlichkeit einer sol­ chen gesetzlichen Normierung. Schließlich ist festzuhalten, dass der betroffene Vollstreckungsschuldner erkennen kann, was von ihm verlangt wird und auf welche Folgen er sich einzurichten hat252: Er soll seine titulierte Forderung be­ gleichen, da ansonsten der Gerichtsvollzieher zum Zwecke, aber auch nur zum Zwecke, der Zwangsvollstreckung bei Dritten bzw. Behörden die benötigten Vermögensinformationen einholt, um den Gläubiger ohne Mitwirkung des Schuldners zu befriedigen. Vor diesem Hintergrund wäre eine große General­ klausel mit dem Gebot der Normenbestimmtheit und -klarheit vereinbar. (b) Verhältnismäßigkeit Neben dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und -bestimmt­ heit ist zu eruieren, ob eine große Generalklausel auch dem Grundsatz der Ver­ hältnismäßigkeit gerecht würde. Dafür muss das Vorhaben der großen General­ klausel einen legitimen Zweck verfolgen und für das Erreichen dieses Zwecks angemessen, erforderlich sowie verhältnismäßig i. e. S. sein.253

251 

Hervorhebungen durch Verf. Morlok/Michael, Rdnr.  361. 253  Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 194 f. 252 

164

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

(aa) Legitimer Zweck Zunächst müsste mit der Schaffung einer großen Generalklausel ein legitimer Zweck verfolgt werden. Durch die Generalklausel sollte die Möglichkeit, Ver­ mögenstransparenz herzustellen, gestärkt werden, um damit den Vollstre­ ckungszugriff noch wahrscheinlicher zu machen.254 Dies stellt jedenfalls, wie bereits, dargestellt einen legitimen Zweck dar.255 (bb) Geeignetheit Zumindest abstrakt kann die Möglichkeit, generell und ohne Einschränkung von Dritten Auskunft über das Schuldnervermögen verlangen zu können, den Zweck fördern und ist daher zum Erreichen des Zwecks geeignet.256 (cc) Erforderlichkeit Die große Generalklausel müsste zum Erreichen des Zwecks auch erforderlich sein. Es darf also kein milderes Mittel gleicher Effektivität ersichtlich sein.257 Der Gesetzgeber hat sich bewusst für das Enumerationsprinzip entschieden mit der Begründung, es handele sich bei den aufgezählten Stellen um jene Bereiche, die typischerweise für die Vollstreckung von Bedeutung seien.258 Insofern könnte behauptet werden, es handele sich bei der Beschränkung auf diese Stel­ len um ein milderes Mittel gleicher Effektivität. Milder könnte das Mittel sein, weil die Vermögensverhältnisse des Schuldners in geringerem Umfang preisge­ geben werden. Gleich effektiv könnte es sein, wenn die genannten Stellen tat­ sächlich typischerweise von Bedeutung sind. Letzteres ist indes noch nicht be­ wiesen. Es gibt noch keine empirischen Belege dafür, dass die im Gesetz aufge­ zählten Stellen stets ausreichend sind, um Vermögenstransparenz herzustellen. Vielmehr zeigt doch z. B. ein Vergleich zu §  236 Abs.  1 Nr.  4 FamFG259, dass für das Erlangen von Vermögensinformationen noch andere Stellen relevant sein können. Welche das im konkreten Einzelfall sind, lässt sich allerdings nicht absehen. Insofern kann nicht bestritten werden, dass jedenfalls abstrakt und ohne Rücksicht auf die praktische Umsetzung hinsichtlich der Überbelastung 254 

Gegen die Praktikabilität der Klausel siehe Teil 3 B. II. 4. a) aa). Vgl. dazu bereits Teil 2 A. I. 3. a) cc) (1). 256 Dazu Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 195. 257  Sodan/Ziekow, §  42 Rdnr.  31. 258  BT-Drucks. 16/10069, S.  32. 259  §  236 FamFG regelt die verfahrensrechtliche Auskunftspflicht Dritter für die Bemes­ sung des Unterhalts durch das Gericht. Gem. §  236 Abs.  1 Nr.  4 FamFG kann Auskunft über Einkünfte auch bei Versicherungsunternehmen, die in §  802l ZPO nicht genannt werden, eingeholt werden. 255 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

165

des Gerichtsvollzieherwesens eine Generalklausel in all jenen Fällen effektiver wäre, in denen andere Stellen als die in §  802l ZPO genannten zur Auskunft ersucht werden könnten. Wegen der größeren Flexibilität im Einzelfall wäre also eine große Generalklausel womöglich ein effektiveres Mittel, jedenfalls gibt es aktuell keine Belege für die Suffizienz der gegenwärtig zu ersuchenden Stellen für die Sachaufklärung. Insofern mag das Enunmerationsprinzip ein milderes Mittel darstellen, ist jedoch nicht gleich effektiv wie die große Gene­ ralklausel, weswegen letztere als erforderlich angesehen werden kann. (dd) Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i. e. S.) für die Befragung Dritter Neben der Geeignetheit sowie der Erforderlichkeit muss, damit eine große Gene­ ralklausel verfassungsmäßig ist, auch die Voraussetzung der Angemessenheit bzw. Verhältnismäßigkeit i. e. S. erfüllt sein. Die Befugnis, Dritte und Behörden über das Schuldnervermögen zu befragen, darf nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck, also dem Gewährleisten einer effektiv(er)en Zwangsvollstreckung durch Vermögenstransparenz, stehen.260 Maßstab für die Beurteilung der (Un-)Verhält­ nismäßigkeit sind entgegenstehende Interessen des Schuldners, hier dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Interesse des Gläubigers an einer ef­ fektiven Zwangsvollstreckung, das von Art.  14 Abs.  1 GG hinsichtlich seines titu­ lierten Anspruchs sowie dem Recht auf eine effektive Zwangsvollstreckung als Ausfluss des Justizgewährleistungsanspruchs geschützt wird, ist mit dem informa­ tionellen Selbstbestimmungsrecht des Schuldners abzuwägen. Dabei muss eruiert werden, welcher der im Grundsatz gleichwertigen Positionen im konkreten Einzel­ fall das höhere Gewicht zugesprochen werden muss („Kollisionsgesetz“).261 Eine Unterscheidung hat einerseits zu erfolgen zwischen der Eingriffsintensität und der Wichtigkeit des Zwecks, woran sich dann eine Betrachtung des Verhältnisses die­ ser Positionen anschließen wird.262 Andererseits muss differenziert werden zwi­ schen den Eingriffen durch Befragung und Dritter und einer solchen von Behörden. Zunächst soll eine Abwägung der widerstreitenden Positionen hinsichtlich der uneingeschränkten Befragung privater Dritter erfolgen. Bei der heimlichen, also ohne das Wissen des Betroffenen erfolgten, Datenerhebung handelt es sich Rah­ men des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht nach h. M. um die intensivste Eingriffsform.263 Zu dieser (teilweise kritikwürdigen 264) Eingriffs­ Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 196. Alexy, S.  79, 101. 262  Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 196. 263  BeckOK Datenschutzrecht/Brink, Verfassungsrecht Rdnr.  88; Kilian/Heussen/Polenz, 1. Abschnitt, Teil 13 Rdnr.  16. Krit. dazu Teil 3 B. I. 1. c) cc). 264  Teil 3 B. I. 1. c) cc). 260  261 

166

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

intensität tritt das Interesse des Betroffenen an einer maximal eingeschränkten Publizität seiner finanziellen Verhältnisse bzw. seiner finanziellen Krise.265 Da durch die uneingeschränkten Drittauskünfte die Vermögenssitua­tion bei priva­ ten Dritten offenbar wird, muss auch dies in die Intensität des Grundrechtsein­ griffs einbezogen werden. Insgesamt liegt also hinsichtlich der Datenerhebung, die jedenfalls die finanziellen Probleme des Schuldners offenlegt, die höchste Eingriffsintensität vor. Damit ist der Grundrechtseingriff in diesem Fall auf der dreistufigen Skala leicht – mittel – schwer als schwer einzustufen.266 Demgegenüber ist das Herstellen von Vermögenstransparenz zum Zwecke der effektiven Zwangsvollstreckung als Ausfluss des Justizgewährungsanspruchs und damit des Rechtsstaatsprinzips sowie der Schutz des titulierten Anspruchs gem. Art.  14 GG ebenso auf einer dreistufigen Skala (unwichtig – wichtig – sehr wichtig) als sehr wichtig anzusehen.267 Schließlich handelt es sich bei der Ge­ währung effektiver Zwangsvollstreckung, die durch die Drittauskünfte ermög­ licht werden sollen, um einen Bestandteil des Rechtsstaates und um die Durch­ setzung des materiellen Rechts, welches ohne eine effektive Zwangsvollstre­ ckung hinfällig wäre.268 Eingriffsintensität und Wichtigkeit des verfolgten Zwecks liegen mithin auf einer Stufe, was eine Pattsituation zur Folge hat, die dem Gesetzgeber im Rahmen der Abwägung einen gewissen Spielraum gewährt, während sich beispielsweise das BVerfG mit einer Kontrolle zurückhält.269 Die Förderung des Vollstreckungserfolgs steht unter der Prämisse der Fähig­ keit des Dritten zur vermögensbezogenen Auskunftserteilung. Wäre diese Fä­ higkeit per se gegeben, würde das grundgesetzlich geschützte Interesse des Gläubigers das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Schuldners über­ wiegen. Zum einen zahlt der Schuldner auf eine titulierte Forderung nicht.270 Zum anderen könnte der Dritte bei gesichertem Erfolg der Maßnahme Auskunft über das Vermögen des Schuldners geben, da der Erfolg sonst gerade nicht si­ cher wäre. Unter dieser Prämisse wäre das Argument für die Stärke des Ein­ griffs, nämlich die Publizität der Vermögenssituation des Schuldners, hinfällig, da nur jene Dritte befragt würden, die tatsächlich auch Auskunft über das Ver­ mögen des Schuldners geben könnten und damit der Kreis derer, die über die Würdinger, JZ 2011, 177, 185. Zu der dreistufigen Skala siehe Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 196; Klatt/Meister, Pro­ portionality, S.  12 f. 267  Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 196. 268  Siehe zur Einschätzung der Wichtigkeit der effektiven Zwangsvollstreckung auf dieser Skala bereits Teil 2 B. I. 1. c) cc). 269  Klatt/Meister, JuS 2014, 193, 197. 270  Vom zahlungsfähigen Schuldner als Paradigma des Zwangsvollstreckungsschuldners wird ausgegangen, vgl. auch Teil 1 A. 265 

266 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

167

finanziellen Schwierigkeiten informiert würden, eingeschränkt bliebe. De facto dürfte allerdings eine solche gesicherte Aussicht auf den Erfolg der Befragungs­ maßnahmen nicht bestehen. Der Gerichtsvollzieher wird kaum wissen, welche Dritten tatsächlich Auskunft über das Vermögen des Schuldners geben können. Dies mag vielleicht bei Banken noch auf der Hand liegen 271, allerdings ist der Begriff „Dritte“ umfänglich und meint, wie das schweizerische Recht expressis verbis formuliert, auch solche Dritte, die Vermögensgegenstände des Schuld­ ners verwahren, worunter eben Banken fallen, aber auch Personen, die schlicht eine Sache des Schuldners in Gewahrsam haben.272 Damit stellt sich das Prob­ lem, dass der Gerichtsvollzieher zunächst diverse Anfragen an Dritte zur Aus­ kunft stellen muss, bis er tatsächlich eine verwertbare Drittauskunft bekommt. Da dem Gerichtsvollzieher allerdings konkrete Anhaltspunkte fehlen werden, um beurteilen zu können, wer eine Sache des Schuldners verwahrt oder bei wem der Schuldner Guthaben hat, werden Anfragen ins Blaue hinein erfolgen müssen.273 Dann werden jedoch die Vermögensverhältnisse des Schuldners pu­ blik, ohne dass abzusehen ist, dass diese Publizität durch einen Erfolg der Ab­ frage aufgewogen wird. Wegen dieser Unwägbarkeiten dürfte das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners an dieser Stelle überwiegen. Auch das schweizerische Recht ist wegen der Begrenzung auf solche Dritte, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren oder bei denen der Schuld­ ner Guthaben hat, meines Erachtens kein Anhaltspunkt für die Wahrung der Verhältnismäßigkeit, sondern unterliegt einem Zirkelschluss: Das Ziel der Sachaufklärung, das Herstellen von Vermögenstransparenz, wird ihrer Voraus­ setzung gleichgestellt. Das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers wiegt schwer, ist aber in der Waagschale kein hinreichendes Gegengewicht zur Gefahr, dass Dritte in erheb­ lichem Umfang Kenntnis über die finanzielle Situation des Schuldners erlan­ gen, ohne dass dies in jedem Falle dem Gläubigers zum Vorteil gereicht werden könnte. Exemplarisch soll auf das Beispiel Fischers274 verwiesen werden, wo­ nach denkbar ist, dass ein Arbeitsverhältnis des Schuldners nicht verlängert wird, wenn der Arbeitgeber von den wirtschaftlichen Problemen des Arbeitneh­ mers erfährt. Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass das Beispiel nach der aktuellen Rechtslage fehl geht, weil der Arbeitgeber de lege lata gerade nicht 271  Abgesehen davon, dass Kreditinstitute bereits unter §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO fallen. 272  Müller-Chen, BlSchK 2000, 201, 204. 273  Es könnte sich um einen Mitbewohner, Hausstandsangehörigen, um ein Familienmit­ glied, einen Arbeitskollegen, den Arbeitgeber etc. handeln. Woher der Gerichtsvollzieher dieses Wissen beziehen soll, ist indes unklar. 274  Fischer, DGVZ 2010, 113, 115, dort Fn.  21.

168

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

auskunftspflichtig ist.275 Im Rahmen einer großen Generalklausel wäre dies in­ des der Fall, sodass sich das Beispiel hier fruchtbar machen lässt. Dies zeigt nur einen Aspekt der Gefahr, die durch schrankenlose Drittauskünfte entsteht. Die fehlende Gewissheit über den Erfolg der Maßnahme, nämlich das Herstellen von Vermögenstransparenz, geht zu Lasten der Gläubigerposition. Dadurch be­ steht die Gefahr der Publizität der Vermögenssituation des Schuldners, die nicht durch einen Vollstreckungserfolg kompensiert wird, was sich zu Gunsten des Schuldners im Rahmen der Abwägung auswirkt. Insgesamt ist eine große Gene­ ralklausel hinsichtlich der Befragung Dritter damit wegen der großen Belastung des Schuldners und der nicht gesicherten Verbesserung der Gläubigerposition un­ verhältnismäßig. Von einer entsprechenden Normierung ist daher abzusehen. (ee) Angemessenheit hinsichtlich Auskunftspflicht von Behörden Anders liegt Fall bei einer generellen Auskunftspflicht von Behörden. Der Be­ fragung privater Dritter wurde eine besondere Schwere des Eingriffs attestiert, weil nicht per se klar ist, ob der angefragte Dritte auch tatsächlich Informatio­ nen über das Schuldnervermögen besitzt und durch das Befragen die Vermö­ genssituation des Schuldners nach außen getragen wird. Bei einer generellen Auskunftspflicht von Behörden ist der Eingriff in das informationelle Selbstbe­ stimmungsrecht des Schuldners unter Verweis auf diese Begründung weniger bedeutsam. Der Gerichtsvollzieher ist Beamter und agiert nach h. M. als selb­ ständiges Organ der Rechtspflege276; zwischen ihm und dem Gläubiger besteht kein privatrechtliches, sondern ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis.277 Insofern ist der Gerichtsvollzieher der Sphäre des Staates zuzuordnen. Für den Behördenbegriff kann nicht auf die Legaldefinition des §  1 Abs.  4 VwVfG abge­ stellt werden, wonach als Behörde alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, anzusehen sind.278 Behörde im Sinne der Zivilpro­ zessordnung ist ein „in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügtes Organ der Staatsgewalt, das dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung des Zwecks des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, ganz gleich, ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staa­ te untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist, sofern die Angelegenheiten zugleich in den Bereich der bezeichneten Zwecke Würdinger, JZ 2011, 177, 185, dort Fn.  121. BGH, NJW 1985, 1711, 1714; MüKoZPO/Wolf, §  154 GVG Rdnr.  10 („Frage der Defi­ nition“); Musielak/Voit/Lackmann, §  753 Rdnr.  2 f.; Zöller/Seibel, §  753 Rdnr.  4; MüKoZPO/ Heßler, §  754 Rdnr.  39. 277  BGH, NJW 2011, 2149, 2150 („wird nicht als Vertreter des Gläubigers tätig“); Mu­ sielak/Voit/Lackmann, §  753 Rdnr.  3. 278 MüKoZPO/Schreiber, §  415 Rdnr.  14. 275 

276 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

169

fallen.“279 Der Unterschied zum verwaltungsverfahrensrechtlichen Behörden­ begriff besteht darin, dass im Rahmen des §  1 Abs.  4 VwVfG von organisatori­ schen Erfordernissen abgesehen wird und auch natürliche und juristische Perso­ nen des Privatrechts darunter fallen.280 Wichtig für die vorliegende Situation ist, dass der Gerichtsvollzieher ein Organ der Rechtspflege ist, das hoheitlich han­ delt und auch die Behörden im Sinne der Zivilprozessordnung Organe der Staatsgewalt sind. Damit befinden sich sowohl der Gerichtsvollzieher als abfra­ gendes Organ als auch die Behörde als auskunftsgebende Stelle in der Sphäre des Staates. Mit anderen Worten befinden sich die durch Behördenabfragen an­ gestrebten Daten bereits beim Staat. Damit vollzieht sich der gesamte Informa­ tionsbeschaffungsvorgang innerhalb der staatlichen Sphäre; die Vermögens­ situation des Schuldners verlässt bei Behördenabfragen den staatlichen Bereich nicht. Selbst wenn die angefragte Behörde keine Information bereitstellen kann, verbleibt die Kenntnis über die finanzielle Krise des Schuldners im hoheitlichen Bereich. Die Vermögenssituation wird also nicht extern verbreitet, sondern le­ diglich innerhalb der Gesamtmenge „Staat“ einer anderen Stelle zugänglich. Dies wiegt aber weitaus weniger schwer, als das Publizieren der Vermögensaus­ kunft gegenüber privaten Dritte, da diese Privaten keiner Menge zugerechnet werden können, der bereits vorher eine informationelle Zugehörigkeit abstrakt zugeordnet werden kann. Dies lässt sich wie folgt darstellen: Staat B1 B2

GV

Abbildung 1

Die Informationen liegen bei den Behörden B1 und B2. Diese gehören dem äu­ ßeren Kreis „Staat“ an. Fragt der Gerichtsvollzieher (GV) die Behörden an, ver­ bleibt die Information „finanzielle Probleme des Schuldners“ im Gesamtkreis „Staat“ und verlässt diesen Bereich auch nicht. Damit erweitert sich der Kreis 279 

BGH, NJW 1964, 299, 300. §  415 Rdnr.  14.

280 MüKoZPO/Schreiber,

170

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

derer, die über das Schuldnervermögen Kenntnis haben, verlässt aber nicht den äußeren Kreis, der den gemeinsamen Nenner der verschiedenen Stellen bildet. Anders verhält es sich bei der Abfrage Dritter: Staat B1 B2

GV

Dritte Abbildung 2

Hier wird deutlich, dass durch die Drittabfrage bei Privaten der Umstand „finan­ zielle Probleme des Schuldners“ den staatlichen Bereich verlässt und daher der Wirkungskreis der Kenntnis diesbezüglich in eine weitere Sphäre transportiert wird. Insofern erweitert sich Kreis derer, die über die finanzielle Situation des Schuldners in Kenntnis gesetzt werden, während im Rahmen des behördlichen Informationszugriffs der Eingriff auf der staatlichen Seite verbleibt. Daher wiegt der Eingriff bei generellen Drittauskünften von Behörden weniger schwer. In der Konsequenz erhält in diesem Fall das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers einen „Abwägungsvorsprung oder prima-facie-Vorrang“, der allerdings das Ab­ wägungsergebnis nicht determiniert.281 Es bedarf allerdings eines größeren Rechtfertigungsaufwandes, um das Überwiegen der Schuldnerbelange zu be­ gründen.282 Es sei erneut darauf hingewiesen, dass die Schwere des Eingriffs nicht in der Behördenabfrage an sich besteht; dies ist bereits nach aktueller Ge­ setzeslage der Fall ist. Vielmehr ist die Unsicherheit des Ergebnisses der Abfra­ ge zu betrachten. Denn sobald eine Information erlangt wird, wiegt die Steige­ rung der Erfolgsaussicht der Vollstreckung den Eingriff auf. Damit ist die Gefahr 281 

282 

Klatt/Meister, JuS 2014, 193,197. Klatt/Meister, JuS 2014, 193,197.

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

171

für den Schuldner maßgeblich in der erfolglosen Abfrage zu sehen. Da aber, wie dargelegt, hier die Information über den Schuldner den staatlichen Bereich nicht verlässt und damit die Gesamtmenge derer, die Kenntnis hinsichtlich der Schuld­ nersituation haben, nicht erweitert wird, ist in der Gesamtbetrachtung bei der allgemeinen Behördenabfrage das Schuldnerinteresse als geringer einzustufen als das Interesse des Gläubigers an einer effektiven Zwangsvollstreckung. Mit­ hin ist die generelle Auskunftspflicht von Behörden auch verhältnismäßig und damit aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. (c) Ergebnis zu den verfassungsrechtlichen Bedenken Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber einer großen Generalklau­ sel im Hinblick auf die Drittauskünfte lässt sich damit festhalten, dass das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit kein Hindernis darstellt, sondern bei ei­ ner Ausgestaltung, wie sie hier exemplarisch vorgenommen wurde, gewahrt bleibt. Allerdings überwiegt das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Schuldners das Interesse des Gläubigers auf effektive Zwangsvollstreckung im Rahmen einer allgemeinen Drittabfrage. Anders verhält sich dies jedoch bei der allgemeinen Auskunftspflicht von Behörden. Damit ließe sich eine solche Behör­ denauskunft verfassungskonform in das Recht der Sachaufklärung integrieren. (4) Ergebnis zur großen Generalklausel Eine generelle Auskunftspflicht Dritter wäre zu weit gefasst und wegen Verlet­ zung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners nicht verfassungskonform. Eine generelle Auskunftspflicht von Behörden ließe sich indes verfassungskonform umsetzen. Beiden Aspekten ist indes die fehlende Praktikabilität gemein. Wie dargelegt wäre der Aufwand, der auf das ohnehin überlastete Gerichtsvollzieherwesen zukäme, zu groß. Durch diesen Mehrauf­ wand konterkarierte man etwaige Vorteile, die sich abstrakt aus dem Mehr an Informationsquellen ergeben könnten. Die Praxis wird dann zeigen müssen, ob hinsichtlich konkret zu benennender Drittstellen eine Nachjustierung des Ge­ setzes erforderlich ist. Alternativ könnte indes auch eine kleine oder abgestufte Generalklausel angedacht werden. bb) Kleine (abgestufte) Generalklausel Bereits Würdinger diskutierte das Einführen einer Generalklausel und befand insbesondere die Kombination aus einer solchen mit Regelbeispielen als einer Überlegung wert, wonach „alle Behörden“, aber in der Regel nur die in §  802l ZPO genannten zur Auskunft verpflichtet wären, andere Behörden also nur in

172

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Sonderfällen.283 Allerdings werde dann der Schuldner zum „gläsernen Schuld­ ner“ und dem Prinzip der Normenklarheit würde ebenfalls nicht Rechnung ge­ tragen; jedenfalls aber sprächen die gleichen praktischen Gründe, wie sie oben bereits gegen die große Generalklausel angeführt wurden, gegen eine General­ klausel mit Regelbeispielen, die hier als kleine bzw. abgestufte Generalklausel bezeichnet werden soll.284 Würdinger spricht dabei die Kombination aus Gene­ ralklausel lediglich für Drittauskünfte von Behörden an. Hier sollen auch Drit­ tauskünfte hinsichtlich privater Dritter zumindest angerissen werden. (1) Wortlaut einer abgestuften Generalklausel Eine abgestufte Generalklausel könnte wie folgt lauten:285 1 Der Gerichtsvollzieher darf   1.  bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben;   2.  das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in §  93b Abs.  1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§  93 Abs.  8 Abgabenordnung);   3.  beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach §  33 Abs.  1 des Straßen­ verkehrsgesetzes zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, erheben;   4.  bei anderen Behörden schuldnerbezogene Daten erheben, soweit durch die Maßnahmen nach den Nummern 1–3 eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist und der begründete Verdacht besteht, dass das Ersuchen bei der weiteren Behörde Informationen zum Schuldnervermögen verspricht. Die Erhebung oder das Ersuchen ist nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist. 2

(2) Praktikabilität der abgestuften Generalklausel Das Problem der großen Generalklausel besteht darin, dass der Gerichtsvollzie­ her kein Ermittler ist und die richtige Auswahl der Dritten und Behörden zu einer Überbelastung führen könnte und damit das Ziel der Effektivitätssteige­ rung konterkarieren würde.286 Diese Schwierigkeit kann durch eine Abstufung der Generalklausel gelöst werden: Im Regelfall hat der Gerichtsvollzieher die in §  802l ZPO genannten Stellen für eine Auskunft zu ersuchen, sodass sich regel­ Würdinger, JZ 2011, 177, 185. Würdinger, JZ 2011, 177, 185. 285  Der Wortlaut der Klausel knüpft an dieser Stelle in Anlehnung an die aktuelle Fassung des §  802l Abs.  1 ZPO an. 286  Siehe Teil 3 B. I. 2. d) aa) (1). 283 

284 

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

173

mäßig keine Ermittlungstätigkeiten ergeben; in Sonderfällen kann sich der Ge­ richtsvollzieher dann anderen dritten Stellen zuwenden.287 Dadurch bliebe es bei einer klaren Direktive für den Gerichtsvollzieher. Diese Direktive manifes­ tiert sich hier in dem Zusatz „und das Erheben bei der weiteren Behörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Informationen zum Schuldnervermögen verspricht.“ Im Mittelpunkt stehen damit jene Fälle, in denen der Gerichtsvollzie­ her oder der Gläubiger hinreichende Verdachtsmomente vorbringen, dass ande­ re Stellen Auskunft über das Schuldnervermögen geben können. Liegen diese konkreten Momente vor, muss der Gerichtsvollzieher allerdings nicht mehr er­ mitteln, sondern lediglich die Behörde ersuchen. Auch das Kostenproblem 288 würde sich damit entschärfen: Schließlich darf bezüglich der sonstigen Behör­ den nur bei begründetem Verdacht auf einen Auskunftserfolg tätig werden und es kann davon ausgegangen werden, dass der Gläubiger wegen der Erfolgsaus­ sicht auch mit den verbundenen Kosten einverstanden sein wird. Dies ließe sich insbesondere dadurch erreichen, dass das Vollstreckungsformular gem. §  1 GVFV, das gem. §  5 GVFV seit dem 01. April 2016 verbindlich zu nutzen ist, in Modul M bei Punkt M4 geändert wird und es dort fortan heißen könnte: „Ersu­ chen anderer Schuldnerinformationen bei sonstigen Drittbehörden“. Die aktuel­ le Fassung des M4 wäre nach dem hier unterbreiteten Vorschlag der Vorverlage­ rung der Drittauskünfte ohnehin obsolet.289 Das Kostenrecht müsste nicht geän­ dert werden, da der Wortlaut der aktuellen Nr.  440 KV GVKostG alle in §  802l ZPO genannten Stellen und damit auch die der Nummer 4 des hiesigen Vor­ schlags umfasst. Eine solche abgestufte Generalklausel ist auch mit der gesetz­ geberischen Intention vereinbar. §  802l Abs.  1 ZPO nennt gem. der Begründung des Gesetzesentwurfes diejenigen Stellen, die „typischerweise“ für die Vollstre­ ckung von Bedeutung sind.290 Auch der Gesetzgeber hat also erkannt, dass diese Stellen zwar in der Regel, aber wohl nicht immer eine hinreichende Auskunft über das Schuldnervermögen geben können. Insofern wurde auch bereits kon­ statiert, die Zukunft werde zeigen, ob die genannten Stellen ausreichend sei­ en.291 Durch die kleine Generalklausel in der hier vorgestellten Form würde sich die Suche nach weiteren „typischen“ Quellen erübrigen, da diese im Einzelfall bereits durch die hier vorgeschlagene Nr.  4 des §  802l ZPO erfasst würden. Dies gewährleistete eine lückenlose Sachaufklärung; wegen der Subsidiarität der Würdinger, JZ 2011, 177, 185. Siehe Teil 2 B. I. 2. d) aa) (1) (b). 289  Zur Vorverlagerung der Drittauskünfte: Teil 3 B. I. 1. 290  BT-Drucks. 16/10069, S.  32; Hk-ZV/Sternal, §  802l Rdnr.  2. 291  Würdinger, JZ 2011, 177, 185, der auch §  236 FamFG als Inspirationsquelle für eine etwaige Ausweitung der Drittauskünfte nennt. 287 

288 

174

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

weiten Drittauskünfte292 beschränkte sich der Anwendungsbereich aber auf das Nötigste und ließe keine Anfragen „ins Blaue hinein“ zu. Das Resultat der vor­ gestellten Klausel wäre also eine lückenlose, aber nicht ausufernde und den Ge­ richtsvollzieher nicht überlastende Sachaufklärung. Im Gegensatz zur großen Generalklausel ist damit ein praktischer Nutzen zu bejahen. (3) Verfassungsmäßigkeit einer abgestuften Generalklausel Wie bei jeder Maßnahme, die bisher beleuchtet wurde, darf es nicht bei der blo­ ßen Feststellung einer abstrakten Praktikabilität sein Bewenden haben; es muss in einem weiteren Schritt geprüft werden, ob diese praktische Maßnahme auch verfassungsgemäß umzusetzen ist. (a) Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit Die fehlende nähere Bezeichnung der Behörden ist unproblematisch. Einer Ge­ neralklausel, die wegen ihrer unbestimmten Rechtsbegriffe flexible Einzelfal­ lentscheidungen erlauben soll, ist diese Weite zum einen eigen. Zum anderen kann auf die Ausführungen zur Normenklarheit und -bestimmtheit bei der gro­ ßen Generalklausel verwiesen werden.293 Bezüglich der Verwendung des Be­ griffs des „begründeten Verdachts“ ist auch keine unzulässige Unbestimmtheit der Norm zu beklagen. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbe­ griff; solche sind jedoch zulässig, solange die Norm auslegungsfähig bleibt.294 Insbesondere der Begriff des begründeten Verdachts wird bereits in anderen Normen verwendet.295 Auch hier sind Zweck, Umfang und Inhalt der Erhebung ersichtlich; der Einzelne kann ersehen, ob er in den Anwendungsbereich der Norm fällt und welche Konsequenzen ihn bei Einleitung der Zwangsvollstre­ ckung treffen können.296 Da der Auffangtatbestand des hier vorgestellten §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  4 ZPO gerade im Einzelfall eine lückenlose Sachaufklärung gewährleisten soll, ist eine nähere Konkretisierung der besonderen Verdachts­ momente nicht möglich, aber auch nicht geboten, da der Schuldner auch so Zweck, Umfang und Voraussetzungen des Erhebens klar erkennen kann. Das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit steht der abgestuften General­ klausel also nicht entgegen. 292  Die sonstigen Behörden dürfen nur bei voraussichtlicher Nichtbefriedigung des Gläu­ bigers, die sich aus den Erhebungen der Nummern 1–3 ergibt, angefragt werden. 293  Teil 3 B I. 2. d) aa) (3) (a). 294 Maunz/Dürig/Grzeszick, Art.  20 Rdnr.  62; BVerfG, NJW 1989, 1985, 1986. 295  Z. B. §  95 BtMG Abs.  1 Nr.  1 i. V. m. §  5 AMG, §  150 MarkenG i. V. m. Art.  1 VO (EU) Nr.  608/2013 („Verdacht“), §  386 AO. 296  Vgl. zur Normenbestimmtheit und -klarheit bereits Teil 3 B. I. 2. d) (aa) (3) (a).

B. Maßnahmen der Sachaufklärung

175

Wegen der im Zwangsvollstreckungsverfahren geltenden Dispositionsmaxi­ me297, aber auch aus Gründen der Praktikabilität298, ist es nicht (allein) Sache des Gerichtsvollziehers, sondern des Gläubigers, den begründeten Verdacht darzulegen. Dem Gerichtsvollzieher obliegt folglich vor allem die auf seiner Erfahrung basierende Entscheidung über die Bewertung des Vorliegens eines begründeten Verdachts. Ein solcher könnte beispielsweise bestehen, wenn Er­ kenntnisse vorliegen, die ernst zu nehmen sind und den Schluss nahelegen, dass die anzufragende Behörde tatsächlich Auskunft über das Schuldnervermögen geben könnte.299 Solche Behörden können beispielsweise, wie ein Vergleich zu §  236 FamFG zeigt, Sozialleistungsträger sein, §  236 Abs.  2 Nr.  2 FamFG. Der Begriff der Sozialleistungsträger umfasst die in §§  18–29 SGB I genannten Stel­ len, auf die §  12 Abs.  1 SGB I, der den Begriff der Sozialleistungsträger defi­ niert, verweist.300 Solche Stellen sind z. B. die Landesämter für Ausbildungsför­ derung, §  18 Abs.  2 SGB I, die Agenturen für Arbeit, §  19 Abs.  2 SGB I und eben die weiteren, in den §§  18–29 SGB I genannten Stellen.301 (b) Verhältnismäßigkeit Neben dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit muss die abgestufte Generalklausel auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dabei kann allerdings auf die entsprechenden Ausführungen zur großen Generalklau­ sel verwiesen werden.302 Denn wenn, wie hier statuiert, bereits eine große Gene­ ralklausel, die ganz allgemein alle Behörden in die Pflicht nimmt, als verhältnis­ mäßig eingestuft wird, gilt das a fortiori für eine entsprechende Klausel mit der Einschränkung, dass Anhaltspunkte für eine Erfolgsaussicht vorliegen müssen und zunächst die aufgezählten Behörden anzufragen sind. Bei der hier vorgeschla­ genen weiten, aber relativen, Auskunftspflicht handelt es sich um eine ultima ratio (Subsidiarität), die nur bei begründeten Verdachtsmomenten Anwendung finden soll. Die Gefahr des „gläsernen Schuldners“ ist meines Erachtens kein hinreichendes Argument, um die Verhältnismäßigkeit der Regelung zu negieren, da die entsprechenden Daten ohnehin auf Seite des Staates vorliegen, private Dritte keine Kenntnis erlangen und die Voraussetzungen restriktiv sind.303 Da­ 297  BGH, NJW 2017, 571, 572 (mit Rekurs auf das Ziel der Durchsetzung der Gläubiger­ interessen); Wendland, ZZP 129 (2016), 347, 352 ff. 298  Siehe oben Teil 3 B. I. 2. d) aa) (1). 299  So wird auch der begründete Verdacht im Sinne des §  5 AMG ausgelegt, vgl. Körner/ Patzak/Volkmer/Volkmer, amg §  95 Rdnr.  25. 300  Viefhues, FPR 2010, 162, 166. 301  Dazu auch die Aufzählung in MüKoZPO/Pasche, §  236 FamFG Rdnr.  10. 302  Siehe dazu Teil 3 B. II. 4. a) cc) (2). 303  Siehe dazu Teil 3 B. II. 4. a) cc) (2).

176

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

mit werden das Informationsinteresse des Gläubigers und das Datenschutzinter­ esse des Schuldners in einen verhältnismäßigen Ausgleich gebracht. Mithin ist die anvisierte Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bewusst verzichtet wurde allerdings auf eine entsprechende Regelung hin­ sichtlich einer abgestuften Generalklausel bezüglich der Auskunftspflicht Drit­ ter. Eine solche wäre auch unter den einschränkenden Voraussetzungen der Subsidiarität und des begründeten Verdachts nicht verhältnismäßig. Zum einen führt der begründete Verdacht nicht dazu, dass mit Sicherheit bestimmt werden kann, ob die Befragung tatsächlich verwertbare Ergebnisse mit sich bringen wird. Zum anderen ist es dem Schuldner nicht zuzumuten, dass private Dritte von seiner finanziellen Situation in Kenntnis gesetzt werden. Insofern kann auf die Ausführungen und die Schaubilder oben verwiesen werden.304 (4) Ergebnis zur kleinen (abgestuften) Generalklausel Eine kleine Generalklausel schlösse Lücken bei der Herstellung von Vermögen­ stransparenz, ohne, wegen der Obliegenheit des Gläubigers, die vorausgesetzten Verdachtsmomente zu begründen, den Gerichtsvollzieher zu überlasten und ohne verfassungsrechtliche Belange des Schuldners in nicht zu rechtfertigender Weise zu beeinträchtigen. Es handelt sich um ein flexibles Modell, das, wie der Vergleich zu §  236 FamFG zeigt, in seiner Weite zumindest kein absolutes No­ vum ist. Wegen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Schuld­ ners und dessen Interesse daran, dass seine Vermögenssituation nicht publik wird, ist eine entsprechende Regelung für die Auskunftspflicht privater Dritter hingegen nicht umzusetzen.

II. Ergebnis zur Reformbedürftigkeit der Maßnahmen der Sachaufklärung Es lässt sich abschließend hinsichtlich der Maßnahmen der Sachaufklärung fol­ gendes Ergebnis festhalten: Der Gesetzgeber sollte endlich den Schritt zur um­ fassenden Vorverlagerung der Sachaufklärung wagen: Auch die Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen, sollte zu Beginn der Vollstreckung eröffnet werden. Gleichzeitig sollte das Enumerationsprinzip nicht verworfen, aber gelockert werden, indem eine Nr.  4 in §  802l Abs.  1 Satz  1 ZPO eingeführt wird, die bei Fehlschlagen der Drittauskünfte bei den aufgezählten Behörden eine Auskunfts­ möglichkeit im Falle des begründeten Verdachts auf Erfolgsaussicht zulässt. Dies sollte unter Berücksichtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestim­ mung des Schuldners nur für Behörden, nicht hingegen für private Dritte gelten. 304 

Teil 3 B. II. 4. a) cc) (2) (d).

C. Das Schuldnerverzeichnis

177

Aus diesem Grund ist auch von einer Ausweitung des §  806a ZPO im Sinne einer Auskunftspflicht Dritter abzusehen.

C. Das Schuldnerverzeichnis Sofern im materiellen Sachaufklärungsrecht, also den verschiedenen Maßnah­ men der Sachaufklärung, Änderungsvorschläge unterbreitet wurden, müssen die Auswirkungen auf das Schuldnerverzeichnis beachtet werden. Diese Aus­ wirkungen sowie ein davon losgelöster Reformbedarf in Bezug auf das Schuld­ nerverzeichnis werden im Folgenden beleuchtet.

I. Anpassung des Schuldnerverzeichnisses an die Änderungsvorschläge Die bisherigen Eintragungsgründe des §  882c ZPO gehen noch von der Subsi­ diarität der Drittauskünfte nach §  802l ZPO aus.305 Folgt man dem hier vorge­ schlagenen System der Gleichberechtigung von Selbst- und Fremdauskunft306, ergibt sich daraus auch ein Änderungsbedürfnis hinsichtlich der Eintragungs­ gründe des §  882c ZPO. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO nennt als Eintragungsgrund, dass eine Vollstre­ ckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeig­ net wäre, zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers zu führen, auf des­ sen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zuge­ leitet wurde. Geht man den Weg der Parallelität von Selbst- und Fremdauskunft, wäre es angebracht, als Eintragungsgrund auch die mangelnde Vollstreckungs­ aussicht nach dem Einholen von Drittauskünften in den Katalog, genau genom­ men Nr.  2, zu integrieren. Nr.  2 könnte dann lauten: „eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses oder der Erhebung nach §  802l ZPO offensichtlich nicht geeignet wäre…“. Nur so ließe sich eine tatsächliche Gleich­ berechtigung von Selbst- und Fremdauskunft herstellen. Zwar ist nicht gesichert, dass das Ergebnis der Fremdauskunft tatsächlich die Ungeeignetheit eines Voll­ streckungsversuchs zu prophezeien vermag, insbesondere dann nicht, wenn nicht alle Vermögensgegenstände ermittelt werden, aber diese Gefahr besteht ebenso bei der Selbstauskunft. Abgefedert wird dieser Umstand durch den Begriff der Offensichtlichkeit. Das bedeutet, dass zwar ein Prognosespielraum des Gerichts­ vollziehers besteht, dieser sich allerdings auf eindeutige Fälle beschränkt.307 305 

Zu den Eintragungsgründen siehe Teil 2 A. I. IV. 1. b). Dazu Teil 3 B. I. 1. 307  BeckOK ZPO/Fleck, §  882c Rdnr.  4; Musielak/Voit/Voit, §  882c Rdnr.  3. 306 

178

Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

II. Änderungsbedarf im Rahmen des Schuldnerverzeichnisses Unabhängig von der Anpassung an die in dieser Arbeit vorgeschlagenen Ände­ rungen der Sachaufklärung soll nun untersucht werden, ob das Schuldnerver­ zeichnis nach der Reform der Sachaufklärung abstrakt verbesserungswürdig ist. 1. Streichung des (begründeten) Anordnungserfordernisses? Gem. §  882c Abs.  1 Satz  1 ZPO erfolgt der Eintrag ins Schuldnerverzeichnis nur auf Anordnung des Gerichtsvollziehers. a) Kritik in der Literatur Teilweise wird dafür plädiert, das Antragserfordernis zu streichen. Ein solches sei überflüssig und trage lediglich zur Bürokratisierung der Zwangsvollstre­ ckung bei; auch die Notwendigkeit der Begründung der Eintragungsanordnung gem. §  882c Abs.  2 Satz  1 ZPO sei überflüssig und führe zu Verzögerungen.308 Die Zustellung dieser Anordnung an den Schuldner sei ebenso wie das Einräu­ men eines Rechtsbehelfs zugunsten des Schuldners effizienzschmälernd.309 b) Stellungnahme Die an dieser Stelle vorgetragenen Argumente dürfen nicht isoliert betrachtet, sondern können nur in einer Gesamtschau beurteilt werden. Die Notwendigkeit einer Eintragungsanordnung durch den Gerichtsvollzieher mag auf den ersten Blick unnötig bürokratisch anmuten. Auch das Begründungserfordernis kann insofern als übertrieben angesehen werden, als die Eintragungsgründe für sich sprechen sollten. Nichtsdestoweniger geht die Kritik fehl. Die Eintragungsan­ ordnung mit ihrer Begründung ist erforderlich, um dem Schuldner ein Rechts­ mittel zur Verfügung zu stellen.310 Ohne Anordnung und Begründung wäre ein vorauseilender Rechtsschutz für den Schuldner kaum möglich. Ob der gravie­ renden Folgen des Schuldnerverzeichniseintrags („schwarze Liste“311) ist ein frühzeitiges Verteidigungsmittel für den Schuldner jedoch unabdingbar. Viru­ lent wird dies insbesondere bei einer fehlerhaften Prognoseentscheidung des Gerichtsvollziehers im Rahmen des §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO. Eine Über­ forderung des Gerichtsvollziehers durch die Eintragungsanordnung und deren Jäger/Schatz, ZVI 2008, 143, 150. Jäger/Schatz, ZVI 2008, 143, 150. 310  Das Rechtsmittel ist hier der Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung, §  882d ZPO. 311  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  60 Rdnr.  50. 308 

309 

C. Das Schuldnerverzeichnis

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Begründung ist nicht zu befürchten. Schließlich ist eine Begründung qua for­ mularartiger Ausführungen gestattet; lediglich hinsichtlich der Prognoseent­ scheidung sollten die einzelnen Vermögenspositionen bewertet werden, um Transparenz zu Gunsten des Schuldners herzustellen.312 Das Widerspruchsrecht des Schuldners ist also wegen der weitreichenden Konsequenzen der Eintra­ gung ins Schuldnerverzeichnis obligatorisch und bedingt die vorherige Eintra­ gungsanordnung und deren Begründung, sodass auf diese Aspekte nicht ver­ zichtet werden kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Widerspruch nicht per se die Vollziehung hemmt, sondern die Eintragung nur auf besonderen Antrag und nach Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ausgesetzt wird, §  882d Abs.  1 u. 2 ZPO.313 2. Erzwingungshaft als weiterer Eintragungsgrund? Nach altem Recht (§  915 Abs.  1 Satz  1 ZPO a. F.) war eine Person auch dann ins Schuldnerverzeichnis einzutragen, wenn gegen sie Erzwingungshaft angeord­ net wurde. Es finden sich Stimmen, die die Aufhebung dieses Eintragungsgrun­ des kritisieren.314 Meines Erachtens geht diese Kritik fehl und verkennt den Unterschied zwi­ schen alter und neuer Rechtslage. Anknüpfungspunkte für eine Eintragung wa­ ren nach altem Recht die Haftanordnung sowie die Abgabe der Vermögensaus­ kunft, §  915 ZPO a. F. Heute ist indes die bloße Abgabe der Vermögensauskunft kein Eintragungsgrund mehr. Es wird vielmehr auf das Nichtnachkommen der Vermögensauskunftspflicht gem. §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO abgestellt. Da­ runter fallen sowohl das Verweigern der Abgabe der Vermögensauskunft sowie das Nichterscheinen zum Termin.315 Diesbezüglich besteht allerdings Kongru­ enz mit den Voraussetzungen zum Erlass des Haftbefehls, §  802g ZPO. Insofern erübrigt sich der Erlass des Haftbefehls als Eintragungsgrund, weil dessen Er­ fordernisse bereits Anknüpfungspunkte für eine Eintragung sind. Denkbar wäre allerdings, da gem. §  882b Abs.  3 ZPO auch die Eintragungs­ gründe ins Schuldnerverzeichnis eingetragen werden, entsprechend §  915 Abs.  3 Satz  1 ZPO die Vollstreckung der Haft im Schuldnerverzeichnis zu ver­ merken, sofern die Maximaldauer von sechs Monaten ausgereizt wurde, um dem Rechtsverkehr die Renitenz des Schuldners vor Augen zu führen.

312  BeckOK ZPO/Fleck, §  882c Rdnr.  7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, §  882c Rdnr.  12; Seip, DGVZ 2006, 1, 5. 313  Dazu Musielak/Voit/Voit, §  882d Rdnr.  2. 314  Jäger/Schatz, ZVI 2008, 143, 150; Schilken, Rpfleger 2006, 629, 639. 315 Hk-ZV/Sternal, §  882c Rdnr.  4.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

III. Zusammenfassung Insgesamt sollten Details im Rahmen des Schuldnerverzeichnisses geändert bzw. angepasst werden. Die Prognose der voraussichtlichen Aussichtslosigkeit der Vollstreckung auf Basis der anfänglichen Drittauskünfte sollte als Eintra­ gungsgrund in §  882c Abs.  1 Satz  1 Nr.  2 ZPO Eingang finden. Eine Streichung des begründeten Antragserfordernisses wäre hingegen wegen der Notwendig­ keit hinreichenden Schuldnerschutzes ebenso falsch wie das Festlegen der Er­ zwingungshaft als Eintragungsgrund. Dauert letztere jedoch sechs Monate, sollte dieser Aspekt in jedem Fall auch ins Schuldnerverzeichnis eingetragen werden.

D. Sachaufklärung – und dann? Zentrale oder dezentrale Zwangsvollstreckung Bei der bisherigen Untersuchung stand immer der Aspekt der Vollstreckungsef­ fektuierung im Vordergrund. Dabei dürfen jedoch übergeordnete Aspekte nicht übersehen werden. Es soll daher ein Blick auf den Fortgang der Zwangsvollstre­ ckung nach der Herstellung von Vermögenstransparenz geworfen werden, da das Ergebnis der Sachaufklärung und der weitere Fortgang des Verfahrens mit­ einander verwoben sind und das beste Ergebnis der eigentlichen Vollstreckungs­ handlung nur durch Synergieeffekte zwischen Sachaufklärung und konkreter Maßnahme zu erreichen ist.

I. Dezentrale Zwangsvollstreckung als „Organisationsprinzip der Zwangsvollstreckung“316 Das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht kennt vier Vollstreckungsorgane, nämlich den Gerichtsvollzieher, das Vollstreckungsgericht, das Prozessgericht und das Grundbuchamt.317 1. Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers Dabei ist der Gerichtsvollzieher gem. §  753 Abs.  1 ZPO für die Zwangsvollstre­ ckung zuständig, soweit sie nicht den Gerichten zugewiesen ist. Konkret besteht damit eine Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Geldvollstreckung in Zum Begriff Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  5 Rdnr.  82. Stamm, S.  486 ff.; Würdinger, JZ 2011, 177, 185; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  25 Rdnr.  1. 316  317 

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bewegliche Sachen, §  808 ZPO, und Wertpapiere, §  812 ZPO sowie die Pfän­ dung von indossablen Papieren, §  831 ZPO, und die Pfändung, durch die der Arrest in bewegliche Sachen vollzogen wird, §  930 ZPO.318 Darüber hinaus ist der Gerichtsvollzieher zuständig für die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen, §§  883–883, 897 ZPO.319 Schließlich obliegen dem Gerichtsvollzieher diverse Hilfstätigkeiten qua Gesetz oder vollstreckungs­ gerichtlicher Anordnung sowie, selbstverständlich, die Sachaufklärung.320 2. Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts Das Vollstreckungsgericht ist gem. §  828 ZPO zuständig für gerichtliche Hand­ lungen, die die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögens­ gegenstände zum Gegenstand haben. Als Vollstreckungsgericht fungiert gem. §  764 Abs.  2 ZPO das Amtsgericht und dort wiederum das nichtrichterliche Per­ sonal, im Vollstreckungsbetrieb also gem. §§  828 ff. ZPO der Rechtspfleger, §  20 Abs.  1 Nr.  17 RPflG.321 3. Zuständigkeit des Prozessgerichts Dem Prozessgericht kommt in seiner Funktion als Vollstreckungsorgan nur noch eine untergeordnete Rolle zu.322 Es ist zuständig für die Zwangsvollstre­ ckung zur Erwirkung von Handlungen, §§  887, 888 ZPO und von Duldungen respektive Unterlassungen, §  890 ZPO.323 4. Zuständigkeit des Grundbuchamts Letztlich ist das Grundbuchamt zuständig für die Eintragung von Zwangshypo­ theken, §§  866 f. ZPO, und die Pfändung einer Buchhypothekenforderung, §  830 Abs.  1 Satz  3 ZPO sowie für die Eintragung der Pfändung einer Reallast, Grund- und Rentenschuld, §  857 Abs.  4 ZPO.324

Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  25 Rdnr.  34. §  883 Rdnr.  8. 320  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  25 Rdnr.  37 f. (mit dem Beispiel der Zustellungen im Parteibetrieb wie der Titelzustellung), §  750 ZPO. Eine Auflistung der Zuständigkeiten des Gerichtsvollziehers findet sich überdies in §  30 GVG. 321  Stöber, Rdnr.  4 40 ff.; MüKoZPO/Smid, §  828 Rdnr.  6. 322  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  29 Rdnr.  1. 323  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  29 Rdnr.  3 ff. 324  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  30 Rdnr.  1. 318 

319 Musielak/Voit/Lackmann,

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

5. Dogmatische Einordnung und Grund für die Dezentralität der Zwangsvollstreckung im deutschen Recht a) Dogmatische Einordnung der Vollstreckungsorganisation In dogmatischer Hinsicht handelt es sich bei der Einordnung der Zwangsvoll­ streckung in ein dezentrales oder zentrales System nicht um ein Verfahrensprin­ zip, sondern um ein Organisationsprinzip der Zwangsvollstreckung.325 Dies liegt daran, dass die (De-)Zentralität der Vollstreckungsorganisation das weiter­ gehende Verfahren zwar regelmäßig beeinflusst, allerdings nicht determiniert und damit nur mittelbare Auswirkung auf das Verfahren als solches hat.326 Die Verfahrensprinzipien stehen also nicht neben der Organisation des Vollstre­ ckungswesens, sondern sind in dieses eingebettet, sodass hier eine Differenzie­ rung vorzunehmen ist. b) Gründe für die dezentrale Organisation und Gegenargumente Der Gesetzgeber hat sich bewusst für die dezentrale Zwangsvollstreckung, also eine solche ohne ein umfassend zuständiges Vollstreckungsorgan, entschieden, weil er ein zentrales System als zu kompliziert erachtete.327 Das Prozessgericht sei früher Mittelpunkt des Verfahrens gewesen und bei jedem Vollstreckungs­ akt, Übergang von Vollstreckungsart zu Vollstreckungsart – bisweilen auch schriftlich – anzugehen gewesen und musste einen Vollstreckungsauftrag ertei­ len oder andere Gerichte zur Vollstreckung ersuchen, was zusätzlich den Kon­ takt zum Vollstreckungsgläubiger erschwert habe und das alles, obwohl bei der tatsächlichen Vollstreckungsausführung diese zentrale Leitung wegen der den­ noch weitgehend bestehenden Autonomie der Vollstreckungsbeamten kaum aufgefallen sei.328 Vor diesem Hintergrund habe sich der historische Gesetzge­ ber für ein dezentrales Vollstreckungssystem entschieden.329 Die auch im deut­ schen Zwangsvollstreckungsrecht geltende Dispositionsmaxime erfordere auch eine Dispositionsmöglichkeit zugunsten des Gläubigers durch eine schnelle und einfache Kommunikation mit den Vollstreckungsorganen; insofern ließen sich 325 Wieczorek/Schütze/Paulus, Vor. §  704 Rdnr.  71, dort Fn.  178 („Ordnungsprinzip“); Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  5 Rdnr.  82. A. A. wohl Stürner, ZZP 99 (1986), 291, 311 ff. („Im Grundsatz der Zentralisierung oder Dezentralisierung begegnen sich alle Vollstre­ ckungsprinzipien, die für die Vollstreckungsorganisation bedeutsam sind“), jedenfalls wird das Thema ohne weitere Differenzierung im Gesamtkontext der Vollstreckungsprinzipien behandelt. 326 Wiezcorek/Schütze/Paulus, Vor. §  704 Rdnr.  71, dort Fn.  178. 327  Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6. 48 f. 328  Hahn/Mugdan, S.  4 42; Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6. 49. 329  Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6. 50.

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in der Regel Dispositionsmaxime und dezentrale Zwangsvollstreckung auf der einen Seite und zentral organisierte Zwangsvollstreckung mit der Offizialmaxi­ me und dem Inquisitionsprinzip auf der anderen Seite gegenseitig zuordnen.330 Ein weiterer Grund für die Dezentralisierung sei, dass so jedem Vollstreckungs­ organ von Beginn an der klassische Tätigkeitsbereich zugeordnet werden kön­ ne; so sei auch der Gerichtsvollzieher „Organ des körperlichen Zugriffs“331. Befürworter der zentralisierten Vollstreckungsorganisation hingegen beto­ nen, dieses System sei gläubigerfreundlicher, da bei der dezentralen Zwangs­ vollstreckung „die rechte Hand nicht wisse, was die Linke“332 tue. Darüber hin­ aus führe das Vorhandensein einer zentralen Vollstreckungsbehörde zu einer gesteigerten Effektivität der Zwangsvollstreckung und berücksichtige das Prio­ ritätsprinzip als maßgebliches Prinzip der Einzelzwangsvollstreckung.333 Au­ ßerdem bestehe beim dezentralen System die Gefahr abweichender Vollstre­ ckungsentscheidungen, sofern die allgemeinen und besonderen Vollstreckungs­ voraussetzungen nicht auf das die Klausel erteilende Organ delegiert seien, was durch das Vorliegen eines einzelnen zentralen Vollstreckungsverfahrens hin­ fällig würde.334 Schließlich führe die Zentralisierung zu einer klaren Trennung zwischen Exekutive und Judikative.335 Neben dem Vorteil, dass die Vollstre­ ckung insgesamt erleichtert und justiziell abgesichert würde, förderte die zent­ ralisierte Zwangsvollstreckung auch die Orientierung des Bürgers, da sich die­ ser an lediglich ein zentrales Vollstreckungsorgan zu wenden habe.336 Schließ­ lich führe die Aufteilung des Vollstreckungswesens zu höheren Kosten und sei allein deswegen abzulehnen.337

330  Stürner, ZZP 99 (1986), 291, 311 („nicht zwingend aber typisch“); Wendland, ZZP 129 (2016), 347, 375; Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6. 49. 331  Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6. 50. 332  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  5 Rdnr.  27. 333  Stamm, S.  501. Das Prioritätsprinzip findet seinen Niederschlag in §  804 Abs.  3 ZPO sowie in §  11 Abs.  2 ZVG und ist das Gegenstück zur Kollektivierung des Insolvenzrechts als Gesamtvollstreckung (par conditio creditorum) und besagt, dass von mehreren vollstrecken­ den Gläubigern derjenige zuerst befriedigt werden soll, der zuerst Rechte an einem Vermö­ gensgegenstand des Schuldners erworben hat, Knoche/Biersack, NJW 2003, 476, 477 f. 334  Stamm, S.  501. 335  Stamm, S.  501. 336  Behr, Rpfleger 1981, 417, 420, der jedenfalls für den Zugriff auf bewegliche Sachen und Forderung eine Kompetenz-Konzentration fordert und überdies bereits zu jener Zeit für die Abschaffung des „Primats der Sachpfändung“ eintrat, worauf sich der Gesetzgeber mit der Vorverlagerung der Sachaufklärung nun scheinbar auch eingelassen hat. 337  Behr, Rpfleger 1981, 417, 420.

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

II. Plädoyer für die Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher Eine globale Auseinandersetzung mit diesem umfassenden und grundlegenden Systemstreit ist hier thematisch nicht erforderlich. Allerdings soll auf einen Teil­ aspekt, der letztlich Folge des geltenden dezentralen Systems ist, eingegangen werden. Es handelt sich dabei um die Forderungspfändung und die diesbezügli­ che Zuständigkeit. 1. Von der Sachaufklärung zur Forderungspfändung Das aktuelle System sieht folgenden Weg vor, den der Gläubiger bestreiten muss, bis er schließlich an seinem Ziel, der Vollstreckung in eine Forderung, ankommt. Zunächst muss sich der Gläubiger der Sachaufklärung bedienen, um Forderungen des Schuldners aufzudecken und diese auf ihre Pfändbarkeit un­ tersuchen lassen.338 Wurden pfändbare Forderungen ausfindig gemacht, bei­ spielsweise Lohnforderungen, informiert der Gerichtsvollzieher den Gläubiger über den Sachaufklärungserfolg.339 Nun ist es wieder Sache des Gläubigers, beim zuständigen Vollstreckungsgericht (§  828 Abs.  1 ZPO) schriftlich oder per mündlicher Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle den Antrag auf Forde­ rungspfändung zu stellen.340 Dieser Antrag auf Pfändungsbeschluss wird regel­ mäßig mit dem Antrag auf Überweisung gestellt.341 Vereinfacht gesagt be­ antragt der Gläubiger also „einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss“ (Pfüb).342 Der Antrag wird sodann vom Vollstreckungsgericht, ergo vom funk­ tionell zuständigen Rechtspfleger, geprüft und daraufhin der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen.343 Das Vollstreckungsgericht spielt den Ball nun zurück zum Gläubiger, der alsdann die Zustellung des Beschlusses an den 338  Siehe dazu bereits Teil 1 B.: Sachaufklärung im engeren Sinne ist die Suche nach Vollstreckungsobjekten. Zur funktionellen Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers siehe §  802a Abs.  2 Satz  1 ZPO. 339  Würdinger, JZ 2011, 177, 185. 340  Stöber, Rdnr.  459. Funktionell zuständig hierfür ist der Gerichtsvollzieher, Würdinger, JZ 2011, 177, 185. Es darf nun nicht dem Trugschluss unterlegen werden, hierfür sei das glei­ che Formular wie für den Vollstreckungsauftrag zur Sachaufklärung und Sachpfändung (vgl. Teil 3 B. I. 5. c) aa)) maßgeblich, da dieses lediglich zur Vollstreckung von Geldforderungen gilt und für Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher. Dies ist hier gerade nicht der Fall und gerade hierin liegt das zu erörternde Problem. 341  Stöber, Rdnr.  460, 583. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss werden in der Regel auch zusammen erlassen. 342 Hk-ZV/Bendtsen, §  835 Rdnr.  3; Musielak/Voit/Becker, §  835 Rdnr.  2 f.; Würdinger, JZ 2011, 177, 185. 343  Stöber, Rdnr.  582.

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Drittschuldner veranlasst.344 Diese Zustellung wiederum erfolgt – und so schließt sich der Kreis – im Parteibetrieb und über den Gerichtsvollzieher, §  829 Abs.  2 ZPO.345 (Noch) schwieriger gestaltet das Geschehen im Falle der Pfän­ dung von Briefhypothekenforderungen oder indossablen Papieren, da der Ge­ richtsvollzieher diese zusätzlich wegnehmen muss, §  830 ZPO.346 Um die Ver­ wicklung von Vollstreckungsgericht und Gerichtsvollzieher perfekt zu machen, regelt §  847 Abs.  1 ZPO, dass bei der Pfändung einer Forderung auf Herausgabe der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher beauftragen muss, an den die Sache he­ rauszugeben ist.347 Der Gläubiger mit dem Ziel der Forderungspfändung be­ ginnt und beendet sein Anliegen also beim Gerichtsvollzieher, muss aber einen Umweg über das Vollstreckungsgericht beschreiten. 2. Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher als effizienzsteigernde Maßnahme Wegen dieses komplizierten Wegs der sollte die Zuständigkeit für die Forde­ rungspfändung auf den Gerichtsvollzieher übertragen werden, da dieser ohne­ hin an den meisten Verfahrensschritten beteiligt ist. a) Faktisches Argument Befürworter der Dezentralisierung, die eine Unzuständigkeit des Gerichtsvoll­ ziehers für Forderungspfändungen vorsieht, loben die Kompetenzverteilung nach klassischen Tätigkeitsbereichen.348 Nimmt man dieses Argument ernst, so liefe das Gerichtsvollzieherwesen Gefahr, in der vollstreckungsrechtlichen Be­ deutungslosigkeit zu versinken. Schließlich wurde bereits konstatiert, dass die Bedeutung der Vollstreckung in körperliche Gegenstände – und damit auch die­ ses „klassische Tätigkeitsfeld“ – immer weiter zurückgedrängt wird, da die An­ nahme, vollstreckungsrechtlich relevante Vermögenswerte würden am ehesten beim Schuldner zu Hause vorgefunden, veraltet und überkommen ist.349 Von Bedeutung ist in der heutigen Zeit insbesondere die Vollstreckung in Forderun­ 344  Diese Zustellung ist auch Wirksamkeitsvoraussetzung für den Beschluss, dazu insge­ samt Stöber, Rdnr.  582; Würdinger, JZ 2011, 177, 185. 345  Hess, S.  59. 346  Hess, S.  59. 347  Dies kann auch der gleiche Gerichtsvollzieher sein, der bereits für die Zustellung des Pfüb zuständig ist, BeckOK ZPO/Riedel, §  847 Rdnr.  11. 348  Baur/Stürner/Bruns, §  6 Rdnr.  6. 50: Gerichtsvollzieher als Organ des körperlichen Zugriffs. 349  Statt vieler nur BT-Drucks. 16/10069, S.  1 („Seither hat sich die typische Vermögens­ struktur des Schuldners grundlegend gewandelt.“).

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gen, insbesondere in Lohn- und Gehaltsansprüche.350 Bleibt dem Gerichtsvoll­ zieher nun als Haupttätigkeitsfeld lediglich die Sachpfändung, droht dem Ge­ richtsvollzieherwesen mindestens eine signifikante Schwächung der Bedeu­ tung, obwohl daran nicht gelegen sein kann.351 b) Extensions-Argument Gegner der Zurückdrängung des Gerichtsvollzieherwesens mögen entgegenhal­ ten, die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers beschränke sich gerade nicht auf die Sachpfändung, sondern dieser sei de lege lata bereits mit Teilen der Forderungs­ pfändung betraut. Dies ist insofern zutreffend, als der Gerichtsvollzieher bereits heute in die Forderungspfändung involviert ist, indem er indossable Wertpapie­ re oder bei Briefhypothekenforderungen den Hypothekenbrief gem. §§  830 Abs.  1, 831 ZPO wegnehmen muss. Die Forderungspfändung durch den Ge­ richtsvollzieher wäre also nicht völlig „wesensfremd“352. Meines Dafürhaltens bezeugt gerade dieser Aspekt wiederum die unnötigen Verstrickungen von Vollstreckungsgericht und Gerichtsvollzieher und spricht für die Übertragung der Forderungspfändung auf ein einzelnes Organ. Für eine solche „Extension“ des Forderungszugriffs durch den Gerichtsvollzieher spricht überdies, dass die­ sem gem. §§  802a Abs.  2 Satz  1 Nr.  5, 845 ZPO auch die Vorpfändung übertra­ gen ist. Bei der Vorpfändung handelt es sich um die schriftliche Benachrichti­ gung über eine bevorstehende Pfändung, mit der Aufforderung an Schuldner und Drittschuldner, sich jeder Verfügung zu enthalten und nicht an den Schuld­ ner zu leisten.353 Betrachtet man hierzu die Intention des Gesetzgebers, drängt sich eine Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher förmlich auf. In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es zu §  845 ZPO, es empfehle sich, dem Gerichtsvollzieher die Vorpfändung aufzuerlegen, da dieser bei der Sachpfändung oftmals Kenntnis von Forderungen, die dem Schuldner zustehen, erlange und „durch einen schnellen Zugriff auf derartige Forderungen die Zwangsvollstreckung“354 wirksamer gestaltet werden könne. Der Gesetzgeber hat also erkannt, dass der Gerichtsvollzieher für die Pfändung von Forderungen das sachnächste Organ ist, dann aber den letzten Schritt, die Übertragung der Forderungspfändung, nicht vollzogen. Würdinger, JZ 2011, 177, 181. Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 210. 352  Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 211. Bruns, DGVZ 2010, 24, 27 hingegen hält das Vorhaben der Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher „system­ fremd“. 353  Stöber, Rdnr.  801. 354  BT-Drucks. 7/3838, S.  9 f. 350  351 

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c) Ebenen-Argument Ein Grund dafür, diesen letzten Schritt nicht zu wagen, könnte in der mangeln­ den Fähigkeit des Gerichtsvollziehers zu sehen sein.355 Es stellt sich, um bei dem Begriff des Umwegs zu bleiben, die Frage, ob es sich bei der Forderungspfän­ dung um ein „Gebirge“ oder um eine „Ebene“ handelt.356 Bei näherer Betrach­ tung ergeben sich jedoch keine begründeten Zweifel daran, dass der Gerichts­ vollzieher durchaus die fachliche Kompetenz besitzt, den geraden Weg über die Ebene zu wählen. Dafür ist zunächst festzuhalten, dass auch der Gesetzgeber von einer dement­ sprechenden hinreichenden Kompetenz ausgegangen sein muss, da er sonst kaum dem Gerichtsvollzieher die Vorpfändung übertragen hätte mit der Mög­ lichkeit, dass dieser selbst das zuzustellende Schriftstück ausfertigt gem. §  845 Abs.  1 Satz  2 ZPO.357 An den Ablauf der Vorpfändung sind überwiegend die gleichen Anforderungen zu stellen wie an den Inhalt eines Pfändungsbeschlus­ ses und erstere obliegt wie aufgezeigt bereits dem Gerichtsvollzieher.358 Für die Qualifikation des Gerichtsvollziehers streitet außerdem die Formali­ sierung der Vollstreckungsvoraussetzungen, also der Umstand, dass nicht der materielle Anspruch, sondern der Vollstreckungstitel die Grundlage der Voll­ streckung darstellt.359 Vollstreckt wird also die „angebliche Forderung“, eine Schlüssigkeitsprüfung erfolgt nicht.360 Mangels Erfordernis einer materiell­rechtlichen Prüfung ist eine unzureichende Qualifikation des Gerichtsvollzie­ hers für die (Geld-)Forderungspfändung nicht zu befürchten.361 Nicht zu übersehen ist darüber hinaus der Umstand, dass bei der Vollstre­ ckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen Sachbearbeiter zuständig sind, die, wie der Gerichtsvollzieher, regelmäßig Beamte des mittleren Dienstes und ihren Aufgaben in der Regel gewachsen sind.362 Die Frage wirft jedenfalls auch Schilken, DGVZ 2003, 65, 68 auf. Goethes Aphorismus: „Steile Gegenden lassen sich nur durch Umwege erklim­ men, auf der Ebene führen gerade Wege von einem Ort zum andern.“ Es stellt sich hier also sinngemäß die Frage, ob die Forderungspfändung ein derart komplexes Rechtsgebiet, also eine „steile Gegend“ ist, das den Umweg über das Vollstreckungsgericht erfordert, oder ob es sich um eine „Ebene“, also um eine auch dem Gerichtsvollzieher zuzumutende rechtliche Angelegenheit handelt, für die der „gerade Weg“ ohne Umweg über das Vollstreckungsge­ richt ausreichend ist. 357  Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 211. 358  Hess, S.  6 4. 359  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  5 Rdnr.  42; Schilken, DGVZ 2003, 65, 68; Hess, S.  62. 360 Zöller/Herget, §  829 Rdnr.  4. 361  So auch App, DGVZ 2006, 53, 54 mit dem Hinweis auf das Vorhandensein zahlreicher Formularsammlungen, die die Arbeit noch weiter erleichtern. 362  App, DGVZ 2006, 53, 54 mit dem Hinweis darauf, dass diese Beamten aus seiner Sicht 355 

356 Nach

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Andererseits darf nicht verkannt werden, dass es auch schwierigere Aspekte der Forderungspfändung gibt, insbesondere wenn Schuldnerschutzvorschriften wie die der §§  850b, 850d ZPO oder auch §§  850f, 850k ZPO zu berücksichtigen sind, wobei sich die Schwierigkeit aus dem Erfordernis von Ermittlungen und Berechnungen ergibt, die wegen der Anknüpfung der §§  850ff ZPO an die je­ weilige Forderung nötig sind.363 Gegen diesbezügliche Bedenken einer intellektuellen Überforderung der Ge­ richtsvollzieher durch die Zuständigkeitsübertragung spricht aber, dass de lege lata auch Rechtsprüfungen dem Gerichtsvollzieher nicht gänzlich fremd sind. So ordnet §  802c Abs.  2 Satz  3 ZPO an, dass unpfändbare Sachen nicht von der Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft umfasst sind. Diese Beurteilung ob­ liegt allerdings nicht dem Schuldner, sodass im Zweifel alle Vermögensgegen­ stände anzugeben sind.364 Erweist sich die Pfändbarkeit als unsicher und wurde daher die betroffene Sache angegeben, obliegt es dem Gerichtsvollzieher, die Zweifel auszuräumen.365 Dies spricht dafür, auch keine Gefahr darin zu sehen, dass trotz der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens ein Pfändungsauf­ trag zurückzuweisen ist, wenn die Pfändung offensichtlich der Ausforschung dient oder der Antrag klar unsubstantiiert ist.366 Hiergegen könnte allerdings qua grammatischer Auslegung eingewandt werden, dass lediglich unpfändbare Sachen, nicht aber Gegenstände von der Pflicht zur Vermögensauskunft ausge­ nommen sind und eine Prüfung des Gerichtsvollziehers bezüglich etwaiger un­ pfändbarer Forderungen gerade nicht vorzunehmen ist, was auf eine bewusste Wertentscheidung des Gesetzgebers dahingehend schließen lassen könnte, dass er die Prüfung bezüglich Forderungen dem Gerichtsvollzieher vorenthalten wollte. Dagegen wiederum lässt sich konstatieren, die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers beschränke sich auf die Intention, dass der Gerichtsvollzieher für die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen und gerade nicht für die Forderungspfändung zuständig ist, sich sein Know-how daher auf Sachen be­ schränkt und ihm damit eine Pfändbarkeitsüberprüfung auch nur hinsichtlich solcher Sachen obliege. Entgegen dieser Argumentation wird wegen der komplizierteren Rechtslage bei der Pfändbarkeit von Bezügen oder Unterhaltsansprüchen teilweise dennoch davon ausgegangen, dass „nach derzeitigem Ausbildungsstand“ noch das Sach­ nicht nur oftmals der Aufgabe bloß gewachsen sind, sondern unter Umständen gar im Ver­ gleich zu solchen des gehobenen Dienstes zu bevorzugen sind und auch Volljuristen dem Zwangsvollstreckungsrecht nicht per se mächtig seien (Fn.  7); Hess, S.  63. 363  Hess, S.  63 dort Fn.  297. 364 Stein/Jonas/Würdinger, §  802c Rdnr.  20; Hk-ZV/Sternal, §  802c Rdnr.  28. 365  App, DGVZ 2006, 53, 54. 366 Dazu Schilken, DGVZ 2003, 65, 68.

D. Sachaufklärung – und dann?

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verständnis des Rechtspflegers erforderlich sei.367 Diese These als korrekt un­ terstellt, lässt sich indes auch das daraus resultierende Problem umgehen, indem für äußerst komplizierte Fälle die Möglichkeit für den Gerichtsvollzieher be­ steht, den Vorgang dem Vollstreckungsgericht, mit anderen Worten dem Rechts­ pfleger, vorzulegen.368 Damit lässt sich festhalten, dass die Forderungspfändung zumindest in der Regel eine für den Gerichtsvollzieher handhabbare Materie darstellt369 und da­ her der grundsätzliche Umweg über das Vollstreckungsgericht, jedenfalls so­ weit dieser obligatorisch ist, unbegründet ist und allenfalls zur Disposition des Gerichtsvollziehers stehen sollte.370 d) Synergie-Argument Nach der voranstehenden Argumentation muss nun der Bogen zurück zur Sach­ aufklärung geschlagen werden. Sachaufklärung ist kein Selbstzweck. Nachdem das Vermögen des Schuldners aufgespürt wurde, ist eine wirksame Zwangsvoll­ streckung zu gewährleisten.371 Wie oben dargelegt, erwartet den Gläubiger al­ lerdings nach der Sachaufklärung zunächst ein umständliches Verfahren mit abweichender Zuständigkeit, um Forderungen pfänden zu können372; lediglich

Schilken, DGVZ 2003, 65, 68; Polzius, DGVZ 1993, 103, 106: Dies gelte auch für die Pfändung sonstiger Vermögensrechte gem. §§  857 ff. ZPO. Dagegen allerdings Hess, S.  69 f. Den Rahmen der Arbeit würde das Nachgehen der Frage sprengen, ob eine Reform der Aus­ bildung des Gerichtsvollziehers diesem Problem Abhilfe verschaffen könnte, Denkanstöße hierzu gibt es indes zuhauf: Würdinger, JZ 2011, 177, 185, dort Fn.  133; Mroß, DGVZ 2014, 157, 159 (verweist auf Fischer); Fischer, DGVZ 2014, 229 ff. So ist der Huissier, also das französische Pendant zum deutschen Gerichtsvollzieher, dem Berufsstand der Rechtsanwälte und sogar Notare weitgehend gleichgestellt, da er eine Ausbildung genießt, die in rechtlicher Hinsicht auch das Feld abdeckt, dem sich Juristen in ihrer Ausbildung ausgesetzt sehen, dazu Gaul, FS Kaissis, 237, 251. 368  So auch Würdinger, JZ 2011, 177, 185 f., dort Fn.  133; App, DGVZ 2006, 53, 54; ähnlich Schilken, DGVZ 2003, 65, 68, der zwar die Übertragung auf das Vollstreckungsgericht nicht im Einzelfall dem Gerichtsvollzieher zur Disposition stellen will, sondern insgesamt eine differenzierte Zuständigkeitsregelung bzgl. der Forderungspfändung anstrebt. Die Möglich­ keit einer „Pfändungsabgabe“ ist indes flexibler und führt zu einem rechtssichereren und vorausschaubareren System. 369  Um beim eingangs gewählten Zitat zu bleiben: eine Ebene. 370 So im Ergebnis auch Abschlussbericht der Kommission strukturelle Änderungen, S.  12, 29 ff. 371  Zedel, DGVZ 2012, 42, 43: „Die beste Sachaufklärung ergibt nur dann einen Sinn, wenn die daraus gewonnenen Erkenntnisse schnell und ohne Zeitverlust umgesetzt werden können.“. 372  Teil 3 D. I. 5. c) aa). 367 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

die Sachpfändung, die aber heute eine eher untergeordnete Rolle spielt373, kann direkt mit dem Antrag auf Sachaufklärung verknüpft und sodann vom Ge­ richtsvollzieher durchgeführt werden.374 Dieses System ist nach der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung untragbar geworden. Ein entschei­ dender Schritt, der für die Übertragung der Forderungspfändung auf den Ge­ richtsvollzieher spricht, wurde bereits mit der Zuständigkeitsübertragung der Abnahme der eidessstattlichen Versicherung auf den Gerichtsvollzieher gegan­ gen.375 Schließlich führte diese Übertragung bereits dazu, dass der Gerichts­ vollzieher die für eine effektive Zwangsvollstreckung notwendige Kenntnis bezüglich des Schuldnervermögens besitzt. Es ist aber das Voranstellen der Sachaufklärung mit den neuen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung, insbesondere durch §  802l ZPO, die eine Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für Forderungspfändungen aus Gründen der Effizienzsteigerung zwingend er­ forderlich macht. Dies liegt zum einen daran, dass der Gerichtsvollzieher nun bereits zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens Kenntnis bezüglich des Schuldnervermögens be­ sitzt. Das neue Regelungssystem, das auch Drittauskünfte beinhaltet, soll auch dazu dienen, unrichtige oder verschleiernde Angaben des Schuldners aufzude­ cken.376 Das bedeutet, dass insgesamt eine Vermögensverschleierung des Schuldners vermieden werden soll. Dieser Zweck würde aber durch eine Ver­ kleinerung des Zeitfensters, innerhalb dessen der Schuldner entsprechende Maßnahmen durchführen kann, gefördert werden. Dieser Verkleinerung wiede­ rum wäre es dienlich, dem Gerichtsvollzieher auch die Forderungspfändung an die Hand zu geben, damit er direkt nach Ermittlung der Vermögensverhältnisse des Schuldners die Forderungen pfänden kann, was zu einer erheblichen Zeiter­ sparnis führen würde.377 Vor allem aber hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung eingesehen, dass sich die typische Vermögensstruk­ tur des Schuldners verändert hat und weniger die beweglichen Sachen als Voll­ streckungsobjekte maßgeblich sind, sondern insbesondere Forderungen.378 Des­ wegen wurde das Sachaufklärungssystem auch auf die Offenlegung von Forde­ 373 

Dazu BT-Drucks. 16/10069, S.  1. §  802a Rdnr.  4 ff. 375  Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 211. 376 MüKoZPO/Wagner, §  802l Rdnr.  3. 377  So auch Schilken, DGVZ 2003, 65, 67, der von finanziellen Verlusten unter anderem durch vorrangige Pfändungen anderer Gläubiger und durch Verschleierungsmaßnahmen spricht; die Möglichkeit der Forderungspfändung müsste dann in das Antragsformular, das gem. §  5 GVFV verbindlich ist, eingefügt werden, sowie jetzt bereits das Modul K des Voll­ streckungsauftrags an den Gerichtsvollzieher die Pfändung körperlicher Sachen vorsieht. 378  BT-Drucks. 16/10069, S.  1; Stein/Jonas/Würdinger, §  802c Rdnr.  2. 374 MüKoZPO/Wagner,

D. Sachaufklärung – und dann?

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rungen des Schuldners ausgerichtet, was sich insbesondere darin manifestiert, dass gerade kein vorheriger, oftmals unnützer Fahrnispfändungsversuch mehr erforderlich ist, um die Vermögensauskunft vom Schuldner abzunehmen.379 Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Gesetzgeber die Zuständigkeit für die Abnahme der Vermögensauskunft zunächst auf den Gerichtsvollzieher übertrug und in einem weiteren Schritt die Sachaufklärung, von der die Vermö­ gensauskunft ein Teil ist, auf die Ermittlung von Forderungen auslegte. Da­ durch kann der Gerichtsvollzieher alle wichtigen Informationen – vor allem solche, die für einen Pfüb notwendig sind380 – bezüglich Forderungen, die dem Schuldner zustehen, in Erfahrung bringen. Überdies ist der Gerichtsvollzieher überwiegend auch intellektuell in der Lage, eine Forderungspfändung durchzu­ führen.381 Es ist also bereits alles „angerichtet“. Die Forderungen könnten direkt durch den Gerichtsvollzieher gepfändet werden. Der Gläubiger könnte noch schneller zu seinem Vollstreckungserfolg kommen, die Sachaufklärung daher einen noch effizienteren Beitrag zur Zwangsvollstreckung leisten – und doch beharrt der Gesetzgeber darauf, dass die Informationen erst an den Gläubiger weitergereicht werden, dieser das Vollstreckungsgericht beauftragt und daher nur der Tradition wegen einen Zeitverlust in Kauf nehmen muss.382 Dies ist ebenso ineffizient wie ineffektiv und nach der Sachaufklärungsreform nicht mehr nachvollziehbar. Durch die unmittelbar abnehmbare Vermögensauskunft und die Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen, wurde die Sachaufklärung be­ reits aufgewertet.383 Allerdings könnte ebene diese Aufwertung durch die Übertragung der Forde­ rungspfändung auf den Gerichtsvollzieher erneut verstärkt werden, da durch das Zusammenspiel dieser beiden Neuerungen ein Synergieeffekt entstünde, der die Neuausrichtung der Sachaufklärung auf Forderungen sowie die sich daran anschließende tatsächliche Verwertung dieser als Einheit erscheinen ließe. Das Bestreben, die Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher zu übertragen, war damit bereits berechtigt. Auch die Umgestaltung der Sachaufklärung ist für sich genommen ein Erfolg. Beide Maßnahmen zusammen würden zu einem Ganzen führen, das mehr ist als die Summe seiner Teile.384 Der Schritt zur Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher ist daher nicht nur überfällig, sondern nach dem bisherigen gesetzgeberischen Handeln Hergenröder, DGVZ 2012, 105, 107; Musielak/Voit/Voit, §  802c Rdnr.  1. Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 211. 381  Vgl. dazu Teil 3 D. I. 5. c) bb) (4). 382  Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 211. 383  Teil 2 C. 384  Dass das Ganze größer als die Summe seiner Einzelteile sein kann, erkannte bereits Aristoteles, Schröder, S.  281 ff. 379 Dazu 380 

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Teil 3:  Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

zwingend. Der aktuelle Weg jedenfalls führt zu einem Zeitverlust, konterkariert damit sowohl Effizienz als auf Effektivität der Zwangsvollstreckung und ent­ spricht nicht dem neuen Bild der Sachaufklärung.385 3. Fazit zur Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher Der Ruf danach, die Zuständigkeit für die Forderungspfändung auf den Ge­ richtsvollzieher zu übertragen, ist nicht neu. Der Kenner dieses Streitpunktes wird sich einem „déjà lu“ ausgesetzt sehen. Nach der Reform der Sachaufklä­ rung ist die Zuständigkeitsübertragung zwingend. Das bedeutet, dass die Sach­ aufklärung ihrerseits in ihrer heutigen Form für eine Übertragung der Zustän­ digkeit spricht, diese Übertragung selbst aber wiederum die Sachaufklärung stärken würde. Es ist nun an dem Gesetzgeber, nachdem er mit der Übertragung der Zuständigkeit für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung auf den Gerichtsvollzieher bereits „A“ und mit der Novellierung der Sachaufklärung auch „B sagte“, „C zu sagen“ und die Forderungspfändung dem Gerichtsvollzie­ her zu überlassen.386

E. Fazit zu Teil 3 Die Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung hat das Potential, noch gestrafft zu werden. Der Gesetzgeber sollte den Schuldner weniger mit Samt­ handschuhen anfassen und dem Gläubiger in der Zwangsvollstreckung über­ wiegend das Vorrecht einräumen. Ein erster Schritt hierzu ist in der Abschaf­ fung der Toleranzfrist im Rahmen des §  802f Abs.  1 ZPO zu sehen. Außerdem sollte im Rahmen der Sofortabnahme das Widerspruchsrecht gestrichen wer­ den, damit die Maßnahme ihrem Namen endlich gerecht wird und eine Daseins­ berechtigung erhält. Das Abschaffen des Widerspruchsrechts im Rahmen der 385  Becker-Eberhard, DGVZ 2014, 209, 211; Schilken, DGVZ 2003, 65, 67; App, DGVZ 2006, 53 („würde der Übertragung des E.V.-Verfahrens auf den Gerichtsvollzieher einen zu­ sätzlichen Sinn verleihen“); Seip, DGVZ 2008, 38, 42 („logische Konsequenz“); Schwörer, DGVZ 2008, 95, 102 („würde die Effizienz der Zwangsvollstreckung deutlich verbessern“); Gietmann, DGVZ 2009, 157, 159 („Im Interesse einer effektiven und erfolgreichen Zwangs­ vollstreckung“); Zedel, DGVZ 2012, 42, 43 (Wegfall von Doppelbearbeitungen, Verkürzung der Verfahrensdauer). 386  So jüngst auch Gietmann, DGVZ 2017, 158; a. A.: Schmidt, ZVI 2007, 57, 58: „Eine solche Maßnahme wird die Situation weiter verschlechtern, nicht verbessern.“ Argumente nennt er indes keine; Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zu den Berichten der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, S.  7 ff. mit Verweis auf den „kleinen Dienstweg“, der wegfiele, aber insgesamt ohne großen Begründungsaufwand und ohne größere Weitsicht.

E. Fazit zu Teil 3

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Abnahme der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuldners ist indes aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht umzusetzen. Seit der Einführung des GVFV ist das Vollstreckungsverfahren für den Gläu­ biger einfach zu handhaben; Verzögerungen wegen sukzessiver oder missver­ ständlicher Anträge sollten daher nicht zu erwarten sein. Einer Abkehr von der Dispositionsmaxime zum Offizialprinzip ist demnach nicht erforderlich, da das deutsche Sachaufklärungsrecht als „Design-Vollstreckung“ anderen Rechtsord­ nungen, die auf der Offizialmaxime fußen, überlegen ist. Die Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen, sollte an den Beginn der Zwangs­­vollstreckung gestellt und damit ein tatsächliches zweispuriges Sach­ aufklärungssystem statuiert werden. Zusätzlich sollte eine abgestufte General­ klausel eingeführt werden, die die Sachaufklärung nicht nur effektiver, sondern auch in höchstem Maße flexibel macht. An diese Neuerungen ist das Schuldnerverzeichnis anzupassen. Schließlich sollte der Gesetzgeber endlich den Schritt wagen und die Forde­ rungspfändung auf den Gerichtsvollzieher übertragen. Dieser Zuständigkeits­ wechsel ist seit der Reform der Sachaufklärung zwingend.

Teil 4

Grenzüberschreitende Sachaufklärung – Supranationale Sachaufklärung oder kleinster gemeinsamer Nenner A. Einleitung Die bisherigen Ausführungen beschränkten sich auf Sachaufklärungsmaßnah­ men mit ausschließlich innerdeutscher Relevanz: Es wurde maßgeblich das Auf­ finden von in Deutschland belegenem Vermögen eines in Deutschland wohn­ haften Schuldners thematisiert, dessen Ermittlung innerhalb der Zwangsvoll­ streckung auf deutschen Vollstreckungstiteln beruht. Etwas anderes gilt nur für die Pflicht des Schuldners, auch ausländisches Vermögen anzugeben.1 Durch die Internationalisierung und die unionsrechtliche Harmonisierung des Rechts, die vor allem die Verwirklichung des Binnenmarktes insbesondere durch die Grund­ freiheiten vor Augen hat2 , sowie insgesamt durch die Globalisierung, ergibt sich aber die Notwendigkeit, auch die grenzüberschreitende Sachaufklärung in den Blick zu nehmen. Das liegt daran, dass im Zuge der Verwirklichung des Binnen­ marktes und insbesondere des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen grenzüberschreitende Geschäftsverbindungen zur Normalität wurden. Die Nichterfüllung der Pflichten aus diesen Geschäftsverbindungen führt schließlich zu einem Erkenntnis- und daran anschließend unter Umständen zu einem Voll­ streckungsverfahren, bei dem die Sachaufklärung virulent wird. Aus grenzüber­ schreitendem Wirtschaftsverkehr resultiert also grenzüberschreitende Zwangs­ vollstreckung. Hieraus ergeben sich für die Sachaufklärung als Teil der Zwangs­ vollstreckung Besonderheiten. Aber nicht nur bei originär grenzüberschreitender Zwangsvollstreckung, also bei der Vollstreckung ausländischer Titel, spielt die transnationale Sachaufklärung eine Rolle, sondern auch dann, wenn das Voll­ streckungsverfahren als solches auf einem rein innerstaatlichen Sachverhalt be­ ruht, allerdings mögliche Vollstreckungsobjekte im Ausland belegen sind; hier ist der Auslandsbezug also nachgelagert und entsteht erst mit der Sachaufklä­ 1 

Siehe oben, Teil 1 A. I. 5. b) cc). Vgl. dazu Art.  26 Abs.  1 AEUV; Schroeder, §  18 Rdnr.  1 (Grundfreiheiten als zweiter Pfeiler zur Verwirklichung des Binnenmarktes). 2 

196

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

rung, wohingegen im erstgenannten Fall die Sachaufklärung auf der Grenzüber­ schreitung aufbaut.3 Es muss mithin unterschieden werden zwischen Sachauf­ klärung bei Grenzüberschreitung und Grenz­überschreitung durch Sachaufklä­ rung. Insgesamt bringt Würdinger das Thema auf eine treffende Kurzformel: „Der Kampf ums Recht macht vor den nationalen Grenzen nicht Halt.“4 In Rede soll hier allein die unionsinterne Grenz­überschreitung stehen. Ist also im Fol­ genden von „Grenzüberschreitung“ die Rede, so meint dies die Grenzüber­ schreitung von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Gerade hinsichtlich des Ziels der Verwirklichung des Binnenmarktes, Art.  26 Abs.  1 AEUV, ergibt sich das Problem, dass späte oder nicht durchgeführte Zahlungen die Interessen der Verbraucher und Unternehmer gefährden und da­ mit das Funktionieren des Binnenmarktes unterminieren können.5 Vor allem könnte die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen durch das Herstellen von Vermögenstransparenz erleichtert werden.6 Insofern kommt auch die Euro­ päische Kommission zu dem Ergebnis der Unabdingbarkeit der Sachaufklärung bei Grenzüberschreitung, da Vollstreckungsverfahren häufig mit dem Herstel­ len von Vermögenstransparenz beginnen.7

B. Rechtliche Ausgangslage I. Europäische Rechtschutzgewährleistung: Effektive Sachaufklärung und „Mindeststandard im europäischen Vollstreckungsrecht“ In Deutschland ist das Erfordernis einer wirkungsvollen Sachaufklärung als Voraussetzung für eine effektive Zwangsvollstreckung Ausfluss des Justizge­ währleistungsanspruchs und damit des Rechtsstaatsprinzips.8 Auf europäischer und unionsrechtlicher Ebene gilt dies ebenfalls, insofern handelt es sich um eine europäische Grundgewährleistung, die sich aus Art.  47 GRCh und Art.  6 Abs.  1 EMRK ergibt, die jeweils wiederum den EU-Verträgen gleichrangig sind (Art.  6 Abs.  1 EUV) bzw. als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts, des acquis communautaire9, sind (Art.  6 Abs.  3 EUV).10 Insofern gilt auch auf europäi­ 3  Holzapfl, S.  191 (Grenzüberschreitung durch Sachaufklärung sei „der praktische Regel­ fall“). 4  Würdinger, JZ 2011, 177, 186. 5  Grünbuch KOM(2008) 128 endg., S.  3. 6  Grünbuch KOM(2008) 128 endg., S.  3. 7  Grünbuch KOM(2008) 128 endg., S.  3 f. 8 Stein/Jonas/Würdinger, Vor §  802a Rdnr.  4. 9  Althammer, ZZP 126 (2013), 3, 13. 10  Bruns, ZEuP 2010, 809, 816.

B. Rechtliche Ausgangslage

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scher Ebene ein Recht auf effektive Zwangsvollstreckung, dem die Vorausset­ zung der Herstellung von Vermögenstransparenz immanent ist. Seit einiger Zeit gibt es Bestrebungen, Mindeststandards im europäischen Zivilprozess (Principles of Transnational Civil Procedure11) festzulegen.12 Da­ bei geht es im Ausgangspunkt darum, eine Grundlage zur Rechtsharmonisie­ rung bei transnationalen Verfahren zu schaffen.13 Gerade bei transnationalen Prozessen, also solchen, bei denen die beteiligten Parteien aus verschiedenen Staaten stammen, zeigten sich die verschiedenen Rechts- und Prozesskulturen, die wenigstens einer Partei den Zugang zum Verfahren zumindest gefühlt er­ schweren.14 Um diesen Zugang zu erleichtern, sollten Harmonisierungen an­ visiert werden, die auf den Principles fußen könnten.15 So plante die Europäische Kommission auch ein „Grünbuch über Mindestnormen für Zivilverfahren und erforderliche Folgemaßnahmen“16. Damit soll durch das Festlegen verschiedener gemeinsamer Mindeststandards der Spatenstich gesetzt werden für eine schritt­ weise Harmonisierung der nationalen Prozessrechte.17 Solche gemeinsame Min­ deststandards betreffen z. B. die internationale Zuständigkeit18, die Unabhängig­ keit der Richter (Independence of the Court and its Judges)19, die Gleichheit der Parteien (Procedural Equalitiy of the Parties)20, das Recht, sich einen Anwalt zu bestellen (Right to Engage a Lawyer)21, das Recht auf richterliches Gehör (Right to Be Heard)22 aber auch die Effizienz der Urteilsvollstreckung (Effective Enforcement)23. Allerdings sprenge der letzte Aspekt, also die Effizienz der Zwangsvollstreckung, den Rahmen der ALI/Unidroit-­Principles.24 In diesen Bestrebungen zeigt sich die Offenkundigkeit des Problems des grenzüberschreitenden Zivilprozesses sowie der Erforderlichkeit eines gemein­ Stürner, ZZPInt 20 (2015), S.  409 ff. dazu nur den Band von Weller/Althammer: Mindeststandards im europäi­ schen Zivilprozessrecht, 2015; Althammer, ZZP 126 (2013), 3 ff.; Stürner, ZZPInt 20 (2015), 409 ff. sowie die Principles of Transnational Civil Procedure von ALI/UNIDROIT. 13  Stürner, ZZPInt 20 (2015), 409, 410. 14  Stürner, ZZPInt 20 (2015), 409, 411. 15  Stürner, ZZPInt 20 (2015), 409, 416. 16  Althammer, ZZP 126 (2013), 3, 7; KOM(2010), 171 endg., S.  24 (dieses ist indes bislang noch nicht erschienen). 17  Althammer, ZZP 126 (2013), 3, 10. 18  Stürner, ZZPInt 20 (2015), 409, 419. 19  ALI/Unidroit, P 1. 20  ALI/Unidroit, P 3. 21  ALI/Unidroit, P 4. 22  ALI/Unidroit, P 5. 23  ALI/Unidroit, P 29. 24  „However, the topic of enforcement procedures is beyond the scope of these principles“, ALI/Unidroit, P-29A. 11 

12  Vergleiche

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

samen Wertekanons bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, der einen rechts­ staatlichen Gang des Verfahrens gewährleistet. Gleiche Probleme stellen sich bei der Zwangsvollstreckung. Entgegen den ALI/Unidroit-Principles ist aller­ dings klar zu trennen zwischen dem Erkenntnis- und dem Vollstreckungsver­ fahren. Insofern liegt auch den ALI/Unidroit-Principles die Annahme zugrun­ de, dass die Thematisierung der Zwangsvollstreckung den Rahmen sprengen würde. Ebenso wie es für das Erkenntnisverfahren grundlegende gemeinsame Werte bei transnationalen Verfahren geben muss, so müssen solche auch für das Vollstreckungsverfahren existieren. Dass diese existieren, wurde eingangs un­ ter Verweis auf Art.  47 GRCh und Art.  6 Abs.  1 EMRK gezeigt. Damit kann in Anlehnung an die „Mindeststandards im Zivilprozess“ die effiziente Sachauf­ klärung innerhalb der Europäischen Union bei grenzüberschreitenden Sachver­ halten als Voraussetzung für eine wirksame Zwangsvollstreckung, die Bestand­ teil des acquis communitaire ist, als ein Mindeststandard des Zwangsvoll­ streckungsrechts statuiert werden.

II. Ausgangspunkt: Territorialitätsprinzip und lex fori executionis Bei der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung handelt es sich nicht bloß um die Vollstreckung vorbereitende Maßnahmen, sondern um einen Teil der Zwangsvollstreckung selbst.25 Die Sachaufklärung, ausgeübt durch staatliche Organe, stellt mithin das Ausüben staatlicher Hoheitsgewalt dar.26 Diese Durch­ setzung staatlicher Macht (jurisdiction to enforce) ist indes auf das eigene staat­ liche Hoheitsgebiet beschränkt – sog. Territorialitätsprinzip.27 Bereits das Urteil bzw. der Titel, auf dem die Zwangsvollstreckung und damit auch die Sachauf­ klärung beruht, kann nur innerhalb der staatlichen Grenzen Wirkung entfalten und garantiert daher keineswegs per se die Geltung und die Grundlage für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Ausland.28 Darüber hinaus ist im Rahmen des internationalen Zwangsvollstreckungs­ rechts das Recht des Staates anzuwenden, dessen Vollstreckungsorgane mit der Zwangsvollstreckung betraut sind, also das lex fori executionis.29

Schwörer, DGVZ 2008, 17, 19. Holzapfl, S.  191. 27  Geimer, Rdnr.  3200. 28  Junker, §  27 Rdnr.  1. Innerhalb der EU wird indes für eine Inzidentanerkennung ge­ sorgt, Art.  36 Abs.  1 EUGVVO und auch Urteile können ohne weiteres Exequaturverfahren vollstreckt werden, Art.  39 EUGVVO. 29  Geimer, Rdnr.  3237; Domej, S.  206; Wolber, S.  156 (krit.). Siehe auch Art.  41 Abs.  1 EuGVVO. 25 

26 

B. Rechtliche Ausgangslage

199

Damit können Sachaufklärungsmaßnahmen zur Durchsetzung eines Titels nicht ohne Weiteres in Bezug auf einen anderen Staat ergriffen werden.

III. Datenschutzrechtliche Aspekte Im rein nationalen Anwendungsbereich der Sachaufklärung wird das Interesse des Schuldners auf Nichtverbreitung und -erhebung seiner persönlichen Daten durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  1 Abs.  1 GG geschützt.30 Entsprechende Gewährleistungen halten das europäische Recht sowie das Unionsrecht in Art.  8 Abs.  1 GRCh i. V. m. Art.  6 Abs.  1 EUV und Art.  8 Abs.  1 EMRK i. V. m. Art.  6 Abs.  3 EUV bereit.31 Das heißt, dass auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten der Datenschutz des Schuldners gewährleistet sein muss.32 Dies darf nicht dazu führen, dass nur das nationale Recht begutachtet wird. Vielmehr sind bei grenzüberschreitenden Sachverhalten auch supranationale Vorschriften zu berücksichtigen. Seit dem 25. Mai 2016 ist die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO) in Kraft33, die mit all ihren Regelungen ab dem 25. Mai 2018 in allen Mitglied­ staaten unmittelbar gelten wird.34 Wegen dieser unmittelbaren Geltung35 darf diese Verordnung bei einer anvisierten Neujustierung nicht außer Acht gelassen werden, auch wenn sie zum aktuellen Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht gilt. 1. Ziele der DS-GVO Die DS-GVO verfolgt vor allem drei Ziele: Es soll der Datenschutz harmonisiert und modernisiert werden, um ein gleichmäßiges Schutzniveau herzustellen36, der Binnenmarkt soll dadurch gestärkt37 und schließlich der Grundrechtsschutz 30 MüKoZPO/Wagner,

§  802l Rdnr.  5, §  802a Rdnr.  9. Bruns, ZEuP 2010, 809, 818; Calliess/Ruffert/Kingreen, EU-GRCHarta Art.  8 Rdnr.  9 ff.; Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer/Nettesheim, Art.  8 EMRK Rdnr.  7 ff. 32  Dies bedeutet indes nicht, dass das Schutzniveau des nationalen mit dem des supranatio­ nalen Rechts deckungsgleich sein muss, Bruns, ZEuP 2010, 809, 817. 33  ABl. L 119, 04.05.2016, S.  1. 34  Vgl. Art.  99 Abs.  2 DS-GVO, Roßnagel/Roßnagel, §  1 Rdnr.  1. 35  Art.  288 Abs.  2 AEUV („Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“). 36  Albrecht/Jotzo, S.  38; Roßnagel/Roßnagel, §  1 Rdnr.  4; Eg. 3, 9, 13 DS-GVO. 37 Roßnagel/Roßnagel, §  1 Rdnr.  5; Eg. 5, 10 DS-GVO. 31 

200

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

verbessert werden.38 Durch die Verwendung des Begriffs „personenbezogene Daten“ wird klargestellt, dass Daten juristischer Personen nicht geschützt wer­ den.39 2. Sachlicher Anwendungsbereich der DS-GVO Der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO wird durch Art.  2 DS-GVO festgelegt und erstreckt sich auf die ganz oder teilweise automatisierte Verarbei­ tung personenbezogener Daten sowie auf die nichtautomatisierte Verarbeitung solcher Daten, die in einem Dateisystem gespeichert werden, soweit der Anwen­ dungsbereich nicht durch Art.  2 Abs.  2 DS-GVO ausgeschlossen ist. Es soll da­ her im Folgenden für relevante Maßnahmen der deutschen Sachaufklärung überlegt werden, ob diese bei grenzüberschreitendem Bezug unter den Anwen­ dungsbereich der Verordnung fallen. a) Drittauskünfte als (teil-)automatisierte Verarbeitung Der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO erstreckt sich gem. Art.  2 Abs.  1 DS-GVO auf die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung perso­ nenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personen­ bezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Unter personenbezogenen Daten versteht man alle Informatio­ nen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person bezie­ hen, Art.  4 Nr.  1 DS-GVO. Da sich der zu vollstreckende Titel konkret auf den Vollstreckungsschuldner bezieht, ist die betroffene Person bereits identifiziert. Die aus §  802l ZPO erlangten Informationen sind also ohne Weiteres als perso­ nenbezogene Daten zu verstehen. Es ist indes fraglich, ob diese personenbezogenen Daten auch ganz oder teil­ weise automatisiert verarbeitet werden, wie Art.  2 Abs.  1 DS-GVO fordert. Gem. Art.  4 Nr.  2 DS-GVO bezeichnet der Begriff „Verarbeitung“ „jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede sol­ che Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die An­ passung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Be­ reitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Lö­ schen oder die Vernichtung“. Der Begriff ist weit zu verstehen, sodass jeder systematische Umgang mit den personenbezogenen Daten dem Anwendungs­ 38 

Albrecht/Jotzo, S.  38; Roßnagel/Roßnagel, §  1 Rdnr.  4; Eg. 1, 2, 4, 6 DS-GVO. Art.  4 Rdnr.  22; vgl. auch Eg. 14 S.  2 DS-GVO.

39 Gola/Gola,

B. Rechtliche Ausgangslage

201

bereich unterliegen sollte.40 Der Unterschied zwischen ganz oder teilweise auto­ matisierter Datenerhebung besteht darin, dass bei der gänzlich automatisierten Datenerhebung kein manueller Zwischenschritt mehr vorgenommen wird.41 So liegt eine ganz automatisierte Datenverarbeitung vor, wenn ein gesteuertes Ver­ fahren eingesetzt wird, das selbständig abläuft und dadurch die Informationen, durch Programme gesteuert, zugänglich gemacht und ausgewertet werden kön­ nen.42 Lediglich teilweise automatisiert ist eine Datenverarbeitung z. B. dann, wenn die zu verarbeitenden Daten von Menschenhand in ein System eingetra­ gen werden müssen.43 Vergleicht man das System des §  802l ZPO, bei dem der Gerichtsvollzieher persönlich von Dritten ohne Zuhilfenahme von EDV-Syste­ men Informationen zur Verfügung gestellt bekommt, mit den Maßnahmen, die unter den Begriff des automatisierten Verfahrens fallen (Vorratsdatenspeiche­ rung, intelligente Video-Überwachung, ISMI-Catching44), wird klar, dass we­ der eine vollautomatische, noch eine teilautomatisierte Datenverarbeitung vor­ liegt, da an keiner Stelle eine irgendwie geartete Automatisierung zum Einsatz kommt. Insofern scheidet die Anwendung der DS-GVO wegen ganz oder teil­ weise automatisierter Datenverarbeitung gem. §  802l ZPO aus. b) Abnahme der Vermögensauskunft und Erstellen des Vermögensverzeichnisses als automatisierte Verarbeitung Auch die Abnahme der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher mit anschließender Erstellung des Vermögensverzeichnisses, §§  802c, 802f Abs.  5 ZPO, stellt demnach keine automatisierte Verarbeitung personenbezogener ­Daten dar, da die Abnahme der Vermögensauskunft sowie das Erstellen des Vermögensverzeichnisses individualisiert und eigenständig durch den Gerichts­ vollzieher vorgenommen werden muss. c) Eintragung ins Schuldnerverzeichnis als automatisierte Verarbeitung Gleiches gilt schließlich für die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerver­ zeichnis gem. §§  882b ff. ZPO, da dort lediglich bereits erhobene Daten einge­ tragen und nicht automatisiert verarbeitet werden.

40 Roßnagel/Barlag,

§  3 Rdnr.  7; Plath/Schreiber, Art.  4 DSGVO Rdnr.  12. DS-GVO Art.  2 Rdnr.  6. 42 Paal/Pauly/Ernst, DS-GVO Art.  2 Rdnr.  6 (mit dem Beispiel des elektronischen Erfas­ sens von Gesichtern). 43 Paal/Pauly/Ernst, DS-GVO Art.  2 Rdnr.  6. 44  Zu den Beispielen Roßnagel/Weinhold, §  3 Rdnr.  39. 41 Paal/Pauly/Ernst,

202

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

d) Eröffnung des Anwendungsbereichs wegen Datenspeicherung in einem Dateisystem? Gem. Art.  2 Abs.  1 DS-GVO fällt allerdings auch die nichtautomatisierte Verar­ beitung personenbezogener Daten, die in einem Datensystem gespeichert wer­ den sollen, in den Anwendungsbereich der Verordnung. Als Dateisystem be­ zeichnet Art.  4 Nr.  6 DS-GVO jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird. Als solche Dateisysteme kommen die zentral geführten Vermögensverzeichnisse gem. §  802k ZPO in Betracht. Der Grund für die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs auch auf manuelle Datenverarbeitung, soweit die Daten in einem Dateisystem gespei­ chert werden, besteht darin, dass die Schutzbedürftigkeit natürlicher Personen unabhängig davon ist, ob die Daten manuell oder automatisch erfasst werden, der Schutz soll also „technologieneutral“ sein.45 aa) Verarbeitung von Daten Die personenbezogenen Daten müssten zunächst verarbeitet werden. Unter „Verarbeitung“ im Sinne der Verordnung versteht man gem. Art.  4 Nr.  2 DSGVO jeden Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das „Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Lö­ schen oder die Vernichtung.“ Das Verarbeiten der personenbezogenen Daten wäre in diesem Fall die Abnahme der Vermögensauskunft, da dadurch Vermö­ gensdaten des Schuldners erhoben und erfasst werden. Die so erlangten Daten werden nach deutschem Recht gem. §  802f Abs.  5 ZPO vom Gerichtsvollzieher in einem elektronischen Dokument, dem Vermögensverzeichnis, zusammen­ gestellt, welches wiederum gem. §  802f Abs.  6 ZPO beim zentralen Vollstre­ ckungsgericht nach §  802k ZPO hinterlegt wird. Es stellt sich damit in einem nächsten Schritt die Frage, ob das zentral geführte Vermögensverzeichnis nach §  802k ZPO ein Dateisystem im Sinne der DS-GVO darstellt, da ein solches System auch für europäische Rechtsakte vorgesehen werden könnte.

45 

Eg. 15 DS-GVO; Paal/Pauly/Ernst, DS-GVO Art.  2 Rdnr.  7.

B. Rechtliche Ausgangslage

203

bb) Vermögensverzeichnis als Dateisystem im Sinne der Art.  2 Abs.  1, 4 Nr.  6 DS-GVO Ein Dateisystem ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Samm­ lung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichts­ punkten geordnet geführt wird, Art.  4 Nr.  6 DS-GVO. Beim Vermögensverzeichnis handelt es sich um ein zentral von den jeweili­ gen Vollstreckungsgerichten der Länder in einem Vermögensverzeichnisregis­ ter verwaltetes elektronisches Verzeichnis, das die vom Schuldner im Rahmen des §  802c ZPO zu machenden Angaben enthält, §§  2, 3 VermVV.46 Diese An­ gaben sind dabei die personenbezogenen Daten im Sinne des Art.  4 Nr.  1 ­DS-­GVO, also Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizier­ bare natürliche Person beziehen. Dieses Register ist auch wie von Art.  4 Nr.  6 DS-GVO gefordert nach be­ stimmten Kriterien zugänglich. Die Zugangskriterien ergeben sich aus §  802k Abs.  2 ZPO i. V. m. §§  7 ff. VermVV. Es liegt auch der erforderliche gleichartige Aufbau bestimmter Kriterien vor, indem das Vermögensverzeichnis nach Name und Geburtsdatum des Schuld­ ners sortiert ist.47 cc) Einschränkende Auslegung des Merkmals „Dateisystem“? Ernst geht davon aus, die nichtautomatisierte Verarbeitung von Daten beziehe sich lediglich auf den „analogen Bereich (insb. auf Papier).“48 Diese Formulie­ rung ist fragwürdig, legt sie doch den Schluss nahe, das Merkmal des Datei­ systems müsse insofern einschränkend ausgelegt werden, dass eine digitale ­Katalogisierung nicht unter den Begriff zu subsumieren ist. Dem ist allerdings zu widersprechen. Ziel des Art.  4 Nr.  6 DS-GVO ist, wie sich aus Erwägungsgrund 15 der Ver­ ordnung ergibt, das Herstellen eines technikneutralen Schutzniveaus. Es soll also dafür gesorgt werden, dass auch dann, wenn die Datenverarbeitung nicht (teil-)automatisiert erfolgt, dem Datenschutzinteresse des Schuldners, das durch die Sammlung der Daten in einem System gefährdet wird, Rechnung getragen wird. Meines Dafürhaltens bedeutet dies, dass auch analoge Dateisysteme in Papierform vom Anwendungsbereich der DS-GVO umfasst sein sollten, da auch dadurch das Datenschutzinteresse des Schuldners tangiert werden kann, 46 

Zum Inhalt der Vermögensauskunft siehe Teil 2 A I. 5. BeckOK Datenschutzrecht/Schild, DS-GVO Art.  4 Rdnr.  84. 48 Paal/Pauly/Ernst, DS-GVO Art.  2 Rdnr.  7. 47 

204

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

weswegen auch analoge Aktensammlungen unter gewissen Voraussetzungen unter die Verordnung fallen.49 Die Beschränkung des Begriffs „Dateisystem“ auf analog geführte Dateisysteme ist allerdings zunächst nicht aus dem Wort­ laut herzuleiten. Die DS-GVO gilt gem. Art.  2 Abs.  1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtauto­ matisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Das bedeutet, dass Datenerhe­ bungen, die ganz oder teilweise automatisiert vorgenommen werden, per se in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, eine manuelle Erhebung nur dann, wenn die erlangten Daten in einem Dateisystem gespeichert werden sol­ len. Das manuelle Erheben determiniert allerdings nicht, dass auch das Datei­ system analog bzw. manuell geführt werden soll. Eine solche einschränkende Auslegung verbietet sich auch unter Berücksich­ tigung des Schutzzweckes der DS-GVO. Ziel der Verordnung ist der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, Erwä­ gungsgrund 1 der DS-GVO. Diese Zielsetzung würde konterkariert, wenn ein Dateisystem, das digital geführt wird und daher leichter einzusehen ist als ein analoges System, nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung umfasst wird. Au contraire muss wegen der Subsumtion analoger Dateisysteme unter den An­ wendungsbereich der Verordnung a fortiori der Anwendungsbereich auch für digitale Dateisysteme eröffnet sein, da durch deren Ubiquität das Einsehen der Daten einfacher ist und damit die Daten des Schuldners gefährdeter sind. Damit ist einer einschränkenden Auslegung des Merkmals des Dateisystems eine Absage zu erteilen. dd) Conclusio Mithin stellt das Vermögensverzeichnis gem. §§  802f Abs.  5, 802k ZPO ein Dateisystem im Sinne der DS-GVO dar. Daher ist der Anwendungsbereich der DS-GVO trotz der manuellen Datenerhebung eröffnet. 3. Rechtsfolgen Ist eine Datenverarbeitung vom Anwendungsbereich der DS-GVO umfasst, nennt Art.  5 Abs.  1 DS-GVO mehrere Grundsätze, die jede Datenerhebung er­ füllen muss.50 Bei diesen Grundsätzen handelt es sich nicht um bloße Pro­ grammsätze, sondern um verbindliche Regelungen, die zu beachten sind, wie 49 BeckOK

Datenschutzrecht/Schild, DS-GVO, Art.  4 Rdnr.  82 ff.; Paal/Pauly/Ernst, ­DS-GVO Art.  4 Rdnr.  54. 50  Schantz, NJW 2016, 1841, 1843.

B. Rechtliche Ausgangslage

205

beispielsweise die rechtmäßige Weise der Datenverarbeitung, Art.  5 Abs.  1 lit.  a DS-GVO. Art.  6 Abs.  1 DS-GVO bestimmt sechs Rechtsgrundsätze, von denen mindes­ tens einer im Rahmen der Datenverarbeitung erfüllt sein muss, wie die Einwil­ ligung der betroffenen Person (lit.  a), das Vorliegen einer rechtlichen Verpflich­ tung der verantwortlichen Person (lit.  c) oder das Vorliegen berechtigter Interes­ sen des Verantwortlichen oder eines Dritten (lit.  f ).51 Darüber hinaus konkretisiert die DS-GVO die Wirksamkeitsvoraussetzun­ gen der Einwilligung in die Datenverarbeitung, so insbesondere in Art.  4 Nr.  11 DS-GVO. Schließlich werden auch die Rechte der Betroffenen gestärkt, indem z. B. Art.  13 f. DS-GVO Informationspflichten zu Gunsten des Betroffenen statuie­ ren. Art.  17 DS-GVO gewährt ein „Recht auf Vergessenwerden“52 , also ein Recht auf Löschung der Daten.53 Auch soll dem Einzelnen erlaubt werden, die zur Verfügung gestellten Daten strukturiert und maschinenlesbar zu erhalten.54 Außerdem sieht Art.  21 DS-GVO ein Widerspruchsrecht für bestimmte Fälle der Datenerhebung vor. Neben diesen Rechten sieht die DS-GVO noch andere Datenschutzmaßnah­ men vor, wie die Pflicht zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauf­ tragten (Art.  37 DS-GVO) oder den Datenschutz durch Technik (privacy by design, Art.  25 DS-GVO).55

IV. Kompetenzrechtliche Probleme Soweit im Folgenden unionsrechtliche Maßnahmen untersucht werden, durch die eine einheitliche grenzüberschreitende Sachaufklärung ermöglicht werden soll, ist in einem ersten Schritt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zu berücksichtigen. Dieses besagt gem. Art.  5 Abs.  2, 3 EUV, dass die Organe der Europäischen Union nur dort tätig werden dürfen, wo ihnen im Rahmen der Verträge von den Mitgliedstaaten eine entsprechende Kompetenz übertragen wurde. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten die „Herren

Schantz, NJW 2016, 1841, 1843. BeckOK Datenschutzrecht/Worms, DS-GVO Art.  17 Rdnr.  1. 53  BeckOK Datenschutzrecht/Worms, DS-GVO Art.  17 Rdnr.  1 ff.: „politische Botschaft“; in ihrer Ausgestaltung sei diese Botschaft jedenfalls „zweifelhaft“. 54  Schantz, NJW 2016, 1841, 1845 („Datenportabilität“). 55  Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt der DS-GVO würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen, statt vieler sei auf Schantz, NJW 2016, 1841 ff. verwiesen. 51 Dazu 52 

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

der Verträge“56 bleiben.57 Insofern stellt sich die Frage, ob eine Kompetenznorm für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen existiert. 1. Art.  81 AEUV als Kompetenznorm Art.  81 Abs.  1 Satz  1 AEUV ermöglicht es der Europäischen Union, eine justi­ zielle Zusammenarbeit bei grenzüberschreitendem Bezug zu entwickeln, die vor allem auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und Vollstre­ ckung gerichtlicher Urteile fußen soll. Art.  81 Abs.  1 Satz  2 AEUV ermächtigt die Union zum Erlass entsprechender Maßnahmen, die in Abs.  2 aufgeführt werden. Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung finden sich zulässige Maßnah­ men in Art.  81 Abs.  2 lit.  a AEUV bezüglich der Anerkennung und Vollstre­ ckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Han­ delssachen, sowie in Art.  81 Abs.  2 lit.  f AEUV hinsichtlich der Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren.58 In Art.  81 Abs.  2 lit.  a AEUV ist insofern eine Kompetenzvorschrift für die Sachaufklä­ rung zu sehen, als sich diese gerade auch auf die Vollstreckung von Entschei­ dungen bezieht.59 Da die Sachaufklärung aber Teil der Zwangsvollstreckung und nicht bloß vorbereitende Maßnahme ist, enthält Art.  81 Abs.  2 lit.  a AEUV damit auch die Kompetenz für den Erlass von Sachaufklärungsmaßnahmen. 2. Kompetenzprobleme bei rein innerstaatlichen Sachverhalten Problematisch ist dabei aber die funktionale Begrenzung der Inanspruchnahme der Kompetenztitel des Abs.  2 durch die Verweisung auf Abs.  1; durch diese wird der dort geforderte „grenzüberschreitende“ Bezug als kompetenzbe­ schränkendes Kriterium deklariert, was bedeutet, dass die Kompetenztitel nur insoweit in Anspruch genommen werden dürfen, als grenzüberschreitende Be­ züge festzustellen sind.60 Fehlt es an diesem grenzüberschreitenden Bezug, ver­ bleibt die Vollstreckungskompetenz ausschließlich bei den Mitgliedstaaten.61 Dies erscheint lediglich prima facie als eine klare Trennung. Tatsächlich kann dies allerdings dazu führen, dass eine bei einer grenzüberschreitenden Sach­ aufklärung gewonnene Information, die durch unionsrechtliche Maßnahmen offenkundig wurde, für eine reine nationale Zwangsvollstreckung genutzt wer­ den könnte, wodurch das nationale Zwangsvollstreckungsrecht durch einen 56 Calliess/Ruffert/Calliess,

Art.  5 EUV Rdnr.  6. Art.  5 EUV Rdnr.  6. 58  Bruns, ZEuP 2010, 809, 819. 59 Calliess/Ruffert/Rossi, Art.  81 AEUV Rdnr.  18. 60 Calliess/Ruffert/Rossi, Art.  81 AEUV Rdnr.  10 f. 61  Bruns, ZEuP 2010, 809, 819. 57 Calliess/Ruffert/Calliess,

C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung

207

Rechtsakt der Europäischen Union ohne Kompetenztitel überlagert wird.62 Da­ her sollten etwaige Maßnahmen auch auf mittelbare Folgen untersucht werden, bevor es zu einem sekundärrechtlichen „Rundumschlag“63 kommt.

C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung – Mannigfaltigkeit europäischer Sachaufklärung Neben den rechtlichen Grundlagen müssen auch Probleme tatsächlicher Art be­ züglich einer Harmonisierung der Sachaufklärung offengelegt werden. So sind die Verfahren zur Sachaufklärung in den verschiedenen Ländern der Europäi­ schen Union ebenso mannigfaltig ausgestaltet wie die entsprechenden Zustän­ digkeitsregelungen und die konkreten Maßnahmen. Auch die grundlegende Ausgestaltung des Verfahrens als zentral oder dezentral erweist sich als in­ homogen.

I. Grundsatz: Zentrale oder dezentrale Zwangsvollstreckung Bereits bei der grundsätzlichen Weichenstellung der Zwangsvollstreckung und damit auch der Sachaufklärung gibt es innerhalb der Europäischen Union zwi­ schen den Mitgliedstaaten keine klare Tendenz, ob einem zentralen oder dezen­ tralen Vollstreckungssystem gefolgt werden soll. So folgt beispielsweise Frankreich einem eher zentralen Vollstreckungs­ system, bei dem die Zuständigkeiten keine gleichmäßige Verteilung finden, son­ dern auf den hussier de justice als Hauptvollstreckungsorgan konzentriert sind und lediglich die Pfändung von Arbeitseinkommen seinem Tätigkeitsfeld ent­ zogen ist.64 Ähnlich liegt das System in Ungarn.65 Auch das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht folgt einem zentralen System, das grundsätzlich als einziges Vollstreckungsorgan das Vollstreckungsgericht vorsieht.66 In den Nieder­landen ist es der Gerichtsvollzieher, der deurwaarder, der für alle Voll­ streckungsmaßnahmen zuständig ist, sodass auch dort die zentrale Zwangsvoll­ Bruns, ZEuP 2010, 809, 819. Bruns, ZEuP 2010, 809, 819. 64  L.Art.  122-1, 2 Code des procédures civiles d’exécution; die Pfändung von Arbeitsein­ kommen obliegt dem tribunal d’instance, Art.  145-5 Code du travail; Holzapfl, S.  46; Stamm, S.  482 („Monopolstellung“). 65  Kengyel, ZZPInt 1 (1996), 211, 234. 66  Art.  16 Abs.  2 EO, wobei bei den Civilgerichten die Bezirksgerichte als Vollstreckungs­ gerichte zuständig sind, Art.  17 Abs.  1 EO; Stamm, S.  484; Gaul/Schilken/Becker­-Eberhard, §  25 Rdnr.  6. 62 

63 

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

streckung gelebt wird.67 In Spanien sind es immer die Zivilgerichte, die für die Zwangsvollstreckung zuständig sind, ganz unabhängig davon, um welche Art der Zwangsvollstreckung es sich handelt und woher der Vollstreckungstitel stammt.68 In Italien verhält es sich ähnlich wie in Frankreich, es finden sich aber auch Divergenzen. Maßgeblich agieren dort zwei Vollstreckungsorgane, namentlich der Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungsgericht, jedoch sind die Befugnis­ se des Vollstreckungsgerichts wesentlich weiter ausgestaltet als in Frankreich.69 Der Vollstreckungsrichter als Einzelrichter ist im Ausgangspunkt ausschließ­ lich für die Zwangsvollstreckung zuständig, wobei ihm der Gerichtsvollzieher bei den Verhandlungen beisteht und dessen Anordnungen exekutiert.70 Dar­über hinaus ist keine zentrale Vollstreckungsleitung vorhanden, vielmehr sind die Zuständigkeiten bei weiterem Aufdröseln der Zwangsvollstreckung zersplittert; so ist z. B. für die Immobiliarvollstreckung das Landgericht zuständig, für die anderen Vollstreckungsarten hingegen untergeordnete Bezirksgerichte.71 Das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht hingegen ist klar dezentral organi­ siert. Die Zuständigkeiten variieren je nach Vollstreckungsobjekt, damit jedes Vollstreckungsorgan einen typischen Aufgabenbereich für sich beanspruchen kann.72 Noch komplexer und dezentraler ausgestaltet ist das englische Vollstre­ ckungsrecht. Dieses kennt ebenfalls kein einheitliches Vollstreckungsorgan, vielmehr vollstreckt jedes Gericht zunächst seine Urteile selbst.73 Für die Voll­ streckungsgerichte handeln wiederum verschiedene „Gerichtsvollzieher“, beim High Court ist dies der High Court Enforcement Officer, beim County Court gibt es County Court bailiffs, aber auch private bailiffs.74 Überdies richtet sich die Zuständigkeit nach der Höhe der Forderung: Bei einem zu vollstreckenden Betrag über 5000 £ ist der High Court ausschließlich zuständig, bis zu 600 £ ist Art.  2 Gerechtsdeurwaarderswet; Brantuas et al./Löring von Rosenstiel, Rdnr.  764. Art.  545 Ley 1/2000, de 7 de enero, de Enjuiciamiento Civil; Baur/Stürner/Bruns, §  59 Rdnr.  59.72. 69  Stamm, S.  483. 70  Brantuas et al./Grompe, Rdnr.  491 ff. 71  Vgl. auch Art.  483 codice di procedura civile, der das Beantragen verschiedener Maß­ nahmen bei den jeweilig zuständigen Vollstreckungsgerichten erlaubt, die dann parallel tätig werden; dies lässt den Schluss zu, die linke Hand wisse nicht, was die rechte tue; Stamm, S.  483 f. 72  Dazu bereits ausführlich Teil 3 B. I. 5. b). 73  Baur/Stüner/Bruns, §  59 Rdnr.  59.35; Stamm, S.  484, dort Fn.  19; Holzapfl, S.  49; Wolbers, S.  66. 74  Holzapfl, S.  50; Baur/Stürner/Bruns, §  59 Rdnr.  59.35 („Vollstreckung ist eine Art ­‚public service‘“). 67 

68 

C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung

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die Vollstreckung dem County Court vorbehalten und dazwischen steht die Ent­ scheidung zur Disposition des Gläubigers.75 Es zeigt sich bereits hier, dass sogar in Grundsatzfragen innerhalb der Euro­ päischen Union kein roter Faden existiert, sondern die einzelnen Mitgliedstaa­ ten schon im Ausgangspunkt, also der Frage nach Zentralisierung oder De­ zentralisierung, verschiedene Wege einschlagen.

II. Maximen der Zwangsvollstreckung: Disposition der Parteien oder Offizialprinzip Nicht nur bei der Frage nach dem zuständigen Vollstreckungsorgan gibt es er­ hebliche Unterschiede. Auch bei der Frage, ob das Verfahren der Dispositionsoder der Offizialmaxime unterliegt, werden erhebliche Unterschiede manifest. In Deutschland gilt ganz überwiegend mit wenigen Einschnitten die Disposi­ tionsmaxime auch im Vollstreckungsrecht.76 Ebenso wird in Griechenland so­ wohl die Eröffnung der Zwangsvollstreckung als auch deren Fortgang vom Gläubiger geleitet.77 Auch in England wird das Vollstreckungsverfahren durch eine beherrschende Stellung des Vollstreckungsgläubigers, des judgment creditors, geprägt, der nicht nur die Eröffnung des Vollstreckungsverfahrens einzu­ leiten vermag, sondern auch die Modalitäten der Zwangsvollstreckung be­ stimmt.78 Das französische Vollstreckungsverfahren ist ebenso auf die Gläubi­ gerdisposition ausgerichtet und mithin nicht als Amtsverfahren angelegt, der Gläubiger kann also auch dort Beginn und Ende der Zwangsvollstreckung eben­ so bestimmen wie die Vollstreckungsart und die Vollstreckungsobjekte.79 Das österreichische Recht hingegen überlässt dem Gläubiger lediglich die Er­ öffnung der Zwangsvollstreckung und gestaltet das weitere Verfahren unter dem Offizialprinzip mit dem Argument des Zeit- und Kostenersparnisses.80 Auch diese kurze Gegenüberstellung zeigt, dass, wie bei der Frage nach Zen­ tralisierung und Dezentralisierung, bei dem Thema des Parteibetriebs innerhalb der Europäischen Union keine Einigkeit besteht. 75 

Art.  8 High Court and County Courts Jurisdiction Order 1991. Dazu bereits ausführlich Teil 3 A. I. 2. b) aa) (1). 77  Baur/Stürner/Bruns, §  59 Rdnr.  59.159. 78  Dies ergibt sich insbesondere aus Art.  70.2 Civile Procedure Rules, der besagt, dass dem Gläubiger alle vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen zur Verfügung stehen und er auch darüber entscheiden kann, ob diese gleichzeitig oder nacheinander angewandt werden; ­Wolber, S.  65 („Herrschaft des Gläubigers“); Holzapfl, S.  55 („Principle of Claimant’s Choice“). 79  L.Art.  111-7 Code des procédures civiles d’exécution; Holzapfl, S.  4 4. 80  Siehe §  16 Abs.  1 EO; dazu Rechberger, FS Schilken, 763 ff. sowie darauf Rekurs neh­ mend Teil 3 A. I. 2. a); Stamm, S.  111; Triller, S.  104. 76 

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

III. Maßnahmen der Sachaufklärung – ein kurzer europäischer Überblick Nachdem voranstehend summarisch die Divergenz der Vollstreckungsgrund­ sätze innerhalb der Europäischen Union in den Blick genommen wurde, sollen nun die Sachaufklärungsmaßnahmen verschiedener Länder der EU kursorisch dargestellt werden. Der Fokus liegt dabei auf der Forderungsvollstreckung. 1. Deutschland Das deutsche Recht der Sachaufklärung bedarf an dieser Stelle keiner größe­ ren Beleuchtung mehr, finden sich alle essentiellen Aspekte doch bereits in die­ ser Arbeit.81 Im Wesentlichen folgt die deutsche Sachaufklärung seit der Novel­ le zum 01.01.2013 einem zweispurigen System, bei dem die Selbstauskunft des Schuldners bereits zu Beginn der Zwangsvollstreckung (§  802c ZPO) und die dazu subsidiäre Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen (§  802l ZPO), im Mit­ telpunkt stehen. Flankiert werden diese zentrale Maßnahmen durch die Abnah­ me der Vermögensauskunft nach einem Pfändungsversuch (§  807 ZPO) und der Beugehaft als Mittel zur Erzwingung der Vermögensauskunft (§  802g ZPO). Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft ab, wird diese in elektronischer Form vom Gerichtsvollzieher in einem Vermögensverzeichnis gespeichert, das den zentralen Vollstreckungsgerichten der Länder übermittelt wird (§§  802f Abs.  5, 6, 802k ZPO). Unter engeren Voraussetzungen, wie beispielsweise der Nichtabgabe der Vermögensauskunft, wird der Schuldner ins Schuldnerver­ zeichnis eingetragen (§§  882b ff. ZPO).82 2. Frankreich In Frankreich ist die Befragung des Vollstreckungsschuldners wesentliches Merkmal der Sachaufklärung.83 Hat die Forderung einen geringeren Wert als 535 €, wird der Schuldner bereits mit Zahlungsaufforderung dazu aufgerufen, Auskunft über seinen Arbeitgeber und Konten zu erteilen unter dem Hinweis, dass bei Nichtbefolgung die Staatsanwaltschaft ermitteln wird.84 Das zeigt, dass auch das französische Recht Wert auf eine unmittelbare Auskunft des Schuld­ ners legt. Sanktionen für den Fall, dass der Schuldner seiner Auskunftspflicht 81  Teil

2. Ablauf der Sachaufklärung in Deutschland schematisch Hk-ZV/Sternal, Vor §  802a Rdnr.  15. 83  Holzapfl, S.  109. 84  Vgl. L.Art.  221-2 Code des procédures civiles d’execution, sowie daran anschließend R.Art.  221-2 und R.Art.  221-3; Holzapfl, S.  108. 82 Zum

C. Tatsächliche Probleme bei der Supranationalisierung der Sachaufklärung

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nicht nachkommt, sind indes nicht vorgesehen.85 Auch Behörden und Kredit­ institute können gegenüber dem huissier zur Auskunft verpflichtet sein.86 3. England Das englische Vollstreckungsverfahren als solches kennt keine eigenen Sachauf­ klärungsmittel, sondern verpflichtet den Schuldner bereits auf Basis des voll­ streckbaren Titels zur Vermögensauskunft.87 Diese sind nicht in das konkrete Zwangsvollstreckungsverfahren eingebettet, sondern diesem vorgelagert.88 Das ist zum einen die oral examination, also die Schuldnerbefragung89, bei der der Schuldner sein Vermögen offenlegen muss. Er hat in einem mündlichen Verfah­ ren alle Vermögenswerte unter Eid90 anzugeben, die für die Zwangsvollstre­ ckung relevant sind.91 Kommt der Schuldner dieser Verpflichtung nicht nach, verweigert das Ablegen des Eides oder beantwortet einzelne Fragen nicht, kann Erzwingungshaft gegen ihn erlassen werden.92 Darüber hinaus stehen dem Gläu­ biger auch die Sachaufklärungsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes zu.93 4. Österreich Die österreichische Exekutionsordnung sieht zur Herstellung von Vermögen­ stransparenz zunächst die Verpflichtung des Schuldners zur Vorlage eines Ver­ mögensverzeichnisses vor, das dieser auch zu unterzeichnen hat.94 Die Pflicht zur Erstellung eines Vermögensverzeichnisses ist subsidiär gegenüber einem erfolglosen Fahrnispfändungsversuch oder einer Gehaltsvollstreckung ohne Drittschuldnerbezeichnung, §  47 Abs.  2 EO.95 Erscheint der Schuldner nicht Holzapfl, S.  108. Siehe dazu bereits Teil 3 B. 2. b). 87  Ausgangspunkt hierzu ist Art.  71.1 Civil procedure rules, wonach der Schuldner ver­ pflichtet ist, Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Zwangsvollstreckung ermögli­ chen: „This Part contains rules which provide for a judgment debtor to be required to attend court to provide information, for the purpose of enabling a judgment creditor to enforce a judgment or order against him.“. 88  Holzapfl, S.  86 f. 89 Bzw. das „Offenbarungsverfahren“ (order to obtain information from judgement ­debtor), Bunge, S.  232. 90  Art.  71.6 (1) Civil procedure rules. 91  Vgl. Art.  71.1 Civil procedure rules: “[…] provide information, for the purpose of enab­ ling a judgment creditor to enforce a judgement or order against him.”. 92  Vgl. Art.  71.8 (2) Civil procedure rules; Bunge, S.  233; Holzapfl, S.  109. 93  Holzapfl, S.  89 ( freezing order, disclosure order, Art.  25.1 (h) und (f) Civil procedure rules). 94  Triller, S.  107. 95  Triller, S.  108. 85 

86 

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

zum Termin zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses oder verweigert er unbe­ gründet die Erstellung davon, hat das Gericht zunächst die zwangsweise Vor­ führung anzuordnen bzw. Haft zu verhängen.96 Neben der Selbstauskunft des Schuldners kennt das österreichische Exekutionsrecht aber, wie das deutsche Recht auch, die Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen. Bei einer Gehaltsvoll­ streckung, bei der der Drittschuldner dem Gläubiger nicht bekannt ist, sieht §  294a EO die Option vor, einen Vollstreckungsantrag zu stellen, bei dem weder der Drittschuldner noch der Rechtsgrund der Forderung bezeichnet werden muss, sondern bloß das Geburtsdatum des Verpflichteten.97 Sodann ermittelt das Exekutionsgericht von Amts wegen und kann den Hauptverband der öster­ reichischen Sozialversicherungsträger um entsprechende Auskunft ersuchen („Drittschuldnerauskunft“).98 Das österreichische Recht geht also wie das deut­ sche Sachaufklärungsrecht von einem zweispurigen System aus, wobei wiede­ rum ein Unterschied darin besteht, dass die Drittschuldnerabfrage in Österreich im Gegensatz zur deutschen Drittauskunft nicht subsidiär ist.99

IV. Zwischenfazit: In varietate concordia Die Darstellung zeigt, wie unterschiedlich die verschiedenen Vollstreckungs­ systeme innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestaltet sind. Zutreffend formuliert Wolber, der Blick auf das Europäische Zivilprozess­ recht im Bereich des Zwangsvollstreckungsverfahrens gehe „erst einmal ins Leere“100. Die Divergenz zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten ist groß, es existieren bisher wenige supranationale Rechtsakte, die diese Gräben zu überwinden vermögen. Auf der Habenseite sind die Maßnahmen zur Anerken­ nung und Vollstreckung zu finden. So geht die EuGVVO mittlerweile von einer Inzidentanerkennung aus, weswegen gem. Art.  36 Abs.  1 EuGVVO Entschei­ dungen, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, ipso iure anerkannt werden, ohne dass es eines besonderen Verfahrens dafür bedarf.101 Zu dieser Urteilsfrei­ zügigkeit ist nun auch die Vollstreckungsfreizügigkeit insofern hinzugetreten, als nach Art.  39 EuGVVO n. F. eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entschei­ dung, die in diesem Mitgliedstaat vollstreckbar ist, auch in anderen Mitglied­ staaten durchzusetzen ist, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf.102 Triller, S.  114. Rechberger, FS Schilken, 763, 766. 98  Rechberger, FS Schilken, 763, 766. 99  Rechberger, FS Schilken, 763, 766 ff. 100  Wolber, S.  185. 101 Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO nF Art.  36 Rdnr.  1; Alio, NJW 2014, 2395. 102  Alio, NJW 2014, 2395, 2396; Rösler, ZVglRWiss 115 (2016), 533, 537. Zur Versagung 96 

97 

D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung

213

Auf der anderen Seite wird nur die Vollstreckbarkeit als solche europäisiert. Die Vollstreckung bleibt wiederum den Mitgliedstaaten überlassen.103 Die Ein­ zelzwangsvollstreckung ist mithin durch die unionsrechtlichen Regelungen in grenzüberschreitenden Sachverhalten im Ausgangspunkt erleichtert möglich, en détail allerdings an nationales Recht gebunden. Diese nationalen Vollstre­ ckungssysteme sind, wie oben dargelegt wurde, sehr unterschiedlich, was so­ wohl auf der jeweiligen historischen Entstehung sowie andererseits auf der ver­ fassungsrechtlichen Grundlage der einzelnen Systeme beruht.104 Einigkeit be­ steht allerdings hinsichtlich des Ziels effektiver Gläubigerbefriedigung, die insbesondere auch durch das Auffinden von Schuldnervermögen, also durch Sachaufklärung, gewährleistet wird, was auf Europäischer Ebene in Art.  47 GRCh und Art.  6 Abs.  1 EMRK i. V. m. Art.  6 Abs.  1 und 3 EUV verankert ist. Bei allen Unterschieden in der Ausführung ist das Ziel der Vollstreckungssyste­ me das Gleiche – in varietate concordia.105

D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung Der Hinweis auf die Bemerkung Wolbers’, der Blick auf das europäische Zwangs­ vollstreckungsrecht gehe zunächst ins Leere106, ist cum grano salis zu verstehen. Die Defizite im Bereich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung und mithin auch der Sachaufklärung wurden erkannt. An diese Erkenntnis schlossen sich Initiativen und Maßnahmen an, um den Defiziten entgegenzuwirken.

I. Die Verordnung (EU) Nr.  655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen – Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO) Seit dem 18.01.2017 gilt die Europäische Kontenpfändungsverordnung (Eu­ KoPfVO). Diese wirkt in allen Mitgliedstaaten unmittelbar (Art.  288 Abs.  2 Satz  2 AEUV), bedarf aber jeweils noch weiterer Durchführungsvorschriften, der Vollstreckung siehe Alio, NJW 2014, 2395, 2396. Zum Exequaturverfahren Pietsch, FuR 2015, 456, 457 und Art.  38 ff. a. F. EuGVVO. 103  Hess, DGVZ 2010, 45 dort Fn.  1; Wolber, S.  185. 104  Wolber, S.  185. 105  In Vielfalt geeint – in varietate concordia – ist das Europamotto. 106  Wolbers, S.  185; siehe dazu Teil 4 C. IV.

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

die in Deutschland durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr.  655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrecht­ licher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeit­ reibungsordnung (EuKoPfVODG)107 erlassen wurden. Durch die EuKoPfVO wurde erstmals unmittelbar eine Regelung über die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung in der EU auf den Weg gegeben.108 1. Ziel der EuKoPfVO Ziel der EuKoPfVO ist zuvörderst, die Gefahr der Erfolglosigkeit einer Vollstre­ ckung in Forderungen durch Vermögenstransfer ins Ausland zu vermindern, indem die grenzüberschreitende Forderungspfändung vereinfacht wird, Art.  1 Abs.  1 EuKoPfVO.109 2. Maßnahme der EuKoPfVO: Kontopfändungsbeschluss Die Verordnung ermöglicht einen grenzüberschreitenden Kontopfändungsbe­ schluss, Art.  1 Abs.  1 EuKoPfVO.110 Dieser kann in allen Stationen der Forde­ rungsbeitreibung erlangt werden, Art.  5 EuKoPfVO.111 Voraussetzung hierfür ist ein Antrag des Vollstreckungsgläubigers, bei dem er sich des entsprechenden Formblatts zu bedienen hat, Art.  8 Abs.  1 EuKoPfVO.112 Bei diesem Antrag muss die Gefahr dargelegt werden, dass ohne den Beschluss die Vollstreckung unmöglich oder erheblich erschwert wird, Art.  7 Abs.  1 EuKoPfVO.113 Hat der Gläubiger noch keinen Titel erstritten, muss er überdies all diejenigen Umstän­ de offenlegen, auf die sich die Forderung stützt, Art.  8 Abs.  2 lit.  h EuKoPfVO, andernfalls genügt die Vorlage des Titels.114 Der Antrag muss die Parteien nen­ nen sowie insbesondere auch die Identifizierungsnummer der Bank, bei der der Schuldner das Konto unterhält.115

107 

BGBl. I 2016, S.  2591. Wolber, IWRZ 2017, 5; Schlauß, RIW 2017, 205. 109  Domej, ZEuP 2013, 496, 49; Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 47. Dadurch soll auch der Binnenmarkt gestärkt werden, vgl. Eg. 1 der EUKoPfVO. 110  Sie gilt daher auch nur bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, Art.  2 Abs.  1 ­EuKoPfVO. 111  Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 47. 112  Schlauß, RIW 2017, 205, 206. 113  Fawzy, DGVZ 2015, 141, 143; Schlauß, RIW 2017, 205, 206. 114  Schlauß, RIW 2017, 205, 206 f. 115  Fawzy, DGVZ 2015, 141, 143; Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 48. 108 

D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung

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Über diesen Antrag entscheidet das Gericht116 innerhalb der durch Art.  18 EuKoPfVO vorgegeben Fristen.117 Liegen die Voraussetzungen für den Be­ schluss vor, so erlässt das Gericht diesen ohne eine vorherige Anhörung des Schuldners, Art.  9 Abs.  1, Art.  11 EuKoPfVO, der allerdings zeitnah über die vorläufige Kontopfändung zu informieren ist, Art.  28 EuKoPfVO.118 Dadurch soll ein Überraschungseffekt gewahrt bleiben, um die Wirksamkeit der vorläu­ figen Kontopfändung nicht zu gefährden.119 Die Europäische Kontenpfändung verfolgt indes nicht den Zweck, den Gläu­ biger zu befriedigen, sondern fungiert lediglich als Sicherungsmaßnahme.120 3. Sachaufklärungsrechtliche Relevanz: Einholung von Kontoinformationen Der Antrag des Gläubigers auf Erlass des Kontopfändungsbeschlusses muss Angaben zu Kontoinformationen des Schuldners, also IBAN oder BIC oder auch die Kontonummer, enthalten.121 Problematisch ist hierbei allerdings, dass dem Gläubiger, wie regelmäßig in der Zwangsvollstreckung, Informationen be­ züglich des Schuldnervermögens fehlen.122 Geplant waren daher parallel zur Umsetzung der Europäischen Kontopfändung auch Maßnahmen hinsichtlich der Transparenz des Schuldnervermögens.123 Dieses Vorhaben steckt allerdings noch in den Kinderschuhen und existiert momentan nur in Form eines Grün­ buchs.124 Allerdings hat der Verordnungsgeber das grundsätzliche Problem er­ kannt und daher Maßnahmen zu Gunsten der Vermögenstransparenz ergriffen, damit die vorläufige Kontopfändung nicht ein de facto unanwendbares grenz­ überschreitendes Vollstreckungsmittel gerät. Gem. Art.  14 EuKoPfVO hat der Gläubiger die Möglichkeit, mit dem Antrag auf Erlass des Beschlusses auch den Vollstreckungsstaat mit der Einholung von Konto­

116  Zuständiges Gericht für den Erlass des Beschlusses ist bei Vorliegen eines Titels das Gericht des Mitgliedstaates, indem die Entscheidung erlassen wurde; ansonsten richtet sich die Zuständigkeit nach der Hauptsache und damit nach der EuGVVO, Art.  6 Abs.  1, 3 ­EuKoPfVO, Wolber, IWRZ 2017, 5, 6. 117  Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 49. 118  Schlauß, RIW 2017, 205, 207. 119  Schlauß, RIW 2017, 205. 120  Eg. 11 der EuKoPfVO; Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 48. 121  Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 48. 122  Vgl. dazu bereits Teil 1 A. Der Gläubiger unterliegt einem Informationsdefizit, ­Würdinger, JZ 2011, 177, 178. 123  Domej, ZEuP 2013, 496, 502. 124  Domej, ZEuP 2013, 496, 502; Grünbuch „Effiziente Vollstreckung gerichtlicher Ent­ scheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens“, KOM(2008) 128 endg.

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

informationen zu ersuchen.125 Dadurch wird das Informationsdefizit ausgeglichen, indem der Gläubiger auch ohne Kenntnis des Namens oder der Anschrift der Bank respektive der IBAN, BIC oder anderer Banknummern einen vorläufigen Konto­ pfändungsbeschluss erwirken kann. Voraussetzung hierfür ist, dass der Gläubiger begründet darlegt, dass der Schuldner in einem anderen Mitgliedstaat ein Konto bei einer dort befindlichen Bank unterhält sowie dass er bereits einen Titel gegen den Schuldner erwirkt hat.126 Liegen diese Voraussetzungen vor, ersucht das Gericht des Antragstaates die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates um die Beschaf­ fung der Daten.127 Damit wird dem Gläubiger trotz Informationsdefizits ermöglicht, sich der grenzüberschreitenden vorläufigen Kontopfändung zu bedienen. 4. Fazit Durch die EuKoPfVO hat die Europäische Union nun auch das Zwangsvollstre­ ckungsrecht in den Blick genommen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass es sich bei dem Beschluss nicht um eine tatsächliche Vollstreckungsmaßnahme, sondern bloß um eine Sicherungsmaßnahme handelt.128 Dennoch offenbart die Verordnung ein Problembewusstsein in Bezug auf die grenzüberschreitenden Sachaufklärung. Das Einholen von Kontoinformationen ist hierfür ein richtiger Schritt, wenngleich dieser im Rahmen der EuKoPfVO nur hinsichtlich der vor­ läufigen Kontopfändung möglich ist. Diese Maßnahme könnte dennoch Vor­ bildcharakter haben und ein Schritt in die richtige Richtung hin zu einer verein­ fachten grenzüberschreitenden Sachaufklärung sein.

II. Grünbuch – Effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens129 Die Europäische Kommission erkannte das Problem des Informationsdefizits als Hindernis für eine grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung. Daher legte diese 2008 ein Grünbuch vor, um Maßnahmen zu eruieren, die der Vereinfa­ chung der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung sowie der Herstellung von Vermögenstransparenz dienen sollten: Das Grünbuch effiziente Vollstre­ ckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens (im Folgenden „Grünbuch“).130 Fawzy, DGVZ 2015, 141, 144; Schlauß, RIW 2017, 205, 207. Wolber, IWRZ 2017, 5, 7; Schlauß, RIW 2017, 205, 207. 127  Hess/Raffelsieper, IPRax 2015, 46, 49. Zu den Modalitäten der Beschaffung siehe Domej, ZEuP 2013, 496, 502 f. 128  Domej, ZEuP 2013, 496, 504. 129  KOM(2008) 128 endg. 130 Ein Grünbuch ist letztlich nur ein Thesenpapier, das einen wissenschaftlichen wie 125 

126 

D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung

217

1. Ziel des Grünbuchs Ziel des Grünbuchs ist es, die Zwangsvollstreckung im europäischen Rechts­ raum zu erleichtern und zu verbessern.131 Mittelbar soll auch der Binnenmarkt in seiner Funktionsweise geschützt und gestärkt werden.132 Gefährdet ist der Binnenmarkt ohne eine effiziente und effektive Vollstreckung durch das Nich­ terfüllen von Forderungen, wodurch die Interessen der Verbraucher und Unter­ nehmer gleichermaßen tangiert werden.133 2. Ausgangsthesen des Grünbuchs Maßgebliche These des Grünbuchs ist zum einen, dass das Eintreiben von For­ derungen in einem anderen Mitgliedstaat noch immer große Probleme bereite.134 Zum anderen beginne das Vollstreckungsverfahren regelmäßig mit dem Auf­ finden von Schuldnervermögen und Angaben zur Anschrift des Schuldners.135 Überdies seien vor allem der Rückgriff auf Registerauskünfte sowie die Selbstauskunft die Mittel der Wahl, um Vermögenstransparenz (auf nationaler Ebene) herzustellen.136 Dahingehend bestehe innerhalb Europäischen Union Konsens, wenngleich der genaue Ablauf der Herstellung der Vermögenstrans­ parenz von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ausgestaltet sei.137 Diese unterschiedliche Ausgestaltung mache eine europäische Regelung um­ so diffiziler.138 3. Maßnahmenprogramm des Grünbuchs und Bewertung der Vorschläge a) Erstellung eines Handbuchs zum Zwangsvollstreckungsrecht und zur Zwangsvollstreckungspraxis der Mitgliedstaaten Als erste Maßnahme sieht das Grünbuch das Erstellen eines Handbuchs zum Zwangsvollstreckungsrecht und zur Zwangsvollstreckungspraxis der Mitglied­ staaten vor.139 Die Notwendigkeit eines solchen Handbuchs ergebe sich aus dem auch öffentlichen Diskurs anregen soll, um ein politisches Vorhaben zu eruieren, vgl. Das Grünbuch effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens, KOM(2008) 128 endg., S.  1. 131  Bruns, ZEuP 2010, 809, 810. 132  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3. 133  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3. 134  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3. 135  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3. 136  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3. 137  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3 f. 138  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  4. 139  Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  5.

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

Umstand der Uneinheitlichkeit der Vollstreckungssysteme der Mitgliedstaa­ ten.140 Das Handbuch erleichtere die Orientierung in fremden Rechtssystemen. Dieser Schritt mag nicht überflüssig sein. Fraglich ist allerdings, ob der dar­ aus resultierende Effekt den Aufwand der Erstellung zu rechtfertigen vermag. Es ist nicht abzustreiten, dass ein Überblick über die verschiedenen Vollstre­ ckungssysteme den Einstieg in eben diese vereinfacht. Allerdings wird man, steigt man tiefer in die Materie ein, immer wieder auf Einzelfallfragen und Pro­ bleme stoßen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz oder dem Gesamt­ kontext ergeben, die wiederum einen Rekurs auf Fachpersonal nötig machen, sodass die praktischen Grenzen eines Handbuch zügig erreicht werden.141 Dar­ über hinaus zeigt ein Blick auf das deutsche Recht der Sachaufklärung ein wei­ teres Problemfeld auf: Zum 01.01.2013 kam es zur Novellierung des Sach­ aufklärungsrechts. Bereits zum 18.01.2017 wurde diese Reform in Detailfragen durch das EuKoPfVODG wieder abgeändert. Wegen des raschen Wandels na­ tionaler Rechtssysteme wird daher auch ein Handbuch stets zu aktualisieren sein. Insofern wird ein erheblicher Aufwand bestehen, das Handbuch auf dem neuesten Stand und damit praktikabel zu halten, selbst wenn es wie im Grün­ buch vorgesehen online zur Verfügung stünde.142 Diese Umstände sprechen nicht unmittelbar gegen das Erstellen eines Handbuchs, stellen aber doch den tatsächlichen Nutzen insbesondere im Vergleich zum Aufwand in Frage.143 b) Erweiterung der Register und Verbesserung des Registerzugangs Wie bereits eingangs angeführt, sieht die Kommission das Einholen von Regis­ terauskünften neben der Selbstauskunft des Schuldners als wichtigste Informa­ tionsquelle hinsichtlich des Schuldnervermögens an. Demensprechend sind weitere europäische Maßnahmen des Grünbuchs in diesem Bereich angesiedelt. aa) Handelsregister Von allen öffentlichen Registern sei das Handelsregister die wichtigste Informa­ tionsquelle.144 Im Bereich des Handelsregisters ist zwar bereits eine Rechts­ 140  141 

823.

Grünbuch KOM(2008), 128 endg., S.  3. EU-Parlament, Beschluss vom 22. April 2009, A6-0252/2009; Bruns, ZEuP 2010, 809,

Bruns, ZEuP 2010, 809, 822; KOM(2008) 128 endg., S.  6. A. A.: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Grünbuch Vermögenstrans­ parenz: „hilfreich“, abrufbar unter http://www.drb.de/stellungnahmen/2008/schuldnerver moegen.html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017; Hess, DGVZ 2010, 45, 50, dort Fn.  80 weist darauf hin, dass die Wirkung solcher informeller Maßnahmen nicht zu unterschätzen seien. 144  KOM(2008) 128 endg., S.  6. 142 

143 

D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung

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angleichung zu verzeichnen.145 Die Kommission moniert indes, es werde durch die bisherige Rechtsangleichung lediglich die Herstellung von Transparenz im Unternehmensumfeld ermöglicht und auch dies nur im weiteren Sinne; eine vollständige Vereinheitlichung der Handelsregister werde nicht bewirkt.146 Kri­ tisiert wird überdies, dass die Register teils zentral, teils dezentral geführt wer­ den, dass die Anzahl an vorhandenen Registern zwischen den Mitgliedstaaten stark divergiere und außerdem die Richtigkeit der Daten nicht immer gewähr­ leistet sei, da die Eintragungen entweder nicht dahingehend untersucht würden oder aber veraltet seien.147 Daher solle in Zukunft verstärkt auf die Beseitigung dieser Umstände abgezielt werden, wie vor allem auf die Vernetzung der Insol­ venz- sowie Handels- und Unternehmensregister.148 Die Effektivität dieses Vorhabens hinsichtlich der Verbesserung der Zwangs­ vollstreckungsmöglichkeiten und insbesondere der Herstellung von Vermögens­ transparenz ist fraglich. Dies hängt insbesondere mit dem Inhalt des Handels­ registers zusammen. In Deutschland ist dieser standardisiert und enthält ledig­ lich solche Unternehmensdaten, deren Kenntnis für den Rechtsverkehr erheblich ist.149 Die Tatsachen, die ins Handelsregister eingetragen werden können, also eintragungsfähig sind, werden überwiegend vom Gesetz festgelegt; ansonsten ist eine Tatsache dann eintragungsfähig, wenn durch die Eintragung gewisse Rechtsfolgen eintreten.150 Nicht aus dem Handelsregister ergibt sich allerdings, über welche Vermögensgegenstände ein Kaufmann verfügt, sodass sich allein durch die Einsicht in das Handelsregister noch kein Vermögensabbild zeichnen lässt. Zwar ließe sich durch die Einsicht der Sitz des Unternehmens ermitteln151, Vermögenstransparenz wird hierdurch allerdings nicht gewährleistet.152 bb) Melderegister Ohne Kenntnis des Wohnsitzes des Schuldners gestaltet sich die Einleitung der Zwangsvollstreckung schwierig.153 Der deutsche Gesetzgeber hat dies erkannt Bruns, ZEuP 2010, 809, 823: Publizitäts- und Zweigniederlassungsrichtlinie. KOM(2008) 128 endg., S.  6. 147  KOM(2008) 128 endg., S.  6. 148  KOM(2008) 128 endg., S.  6; Bruns, ZEuP 2010, 809, 823, der allerdings davon spricht, das Grünbuch verlange Maßnahmen bis hin zur Vollharmonisierung der Handelsregister; dies ist m. E. dem Grünbuch indes nicht zu entnehmen. Vgl. zur besseren Vernetzung bereits §  9b HGB. 149 Oetker/Preuß, §  8 Rdnr.  19. 150 Oetker/Preuß, §  8 Rdnr.  20. 151  Vgl. zur Eintragungsfähigkeit z. B. §  3 Abs.  1 Nr.  1 GmbHG. 152  Bruns, ZEuP 2010, 809, 823. 153  Bruns, ZEuP 2010, 809, 824. 145 

146 

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

und mit §  755 ZPO eine Regelung geschaffen, die der Ermittlung des Wohnsit­ zes dient. Ähnlich verhält es sich in den meisten anderen Mitgliedstaaten, da diese überwiegend auch die Anschriften ihrer Einwohner in einem Melderegis­ ter verzeichnen.154 Problematisch sei jedoch, dass diese Register von Mitglied­ staat zu Mitgliedstaat unterschiedlich geführt werden und die Vollstreckungs­ organe bisweilen keinen Zugriff darauf haben.155 Dies ist in der Tat umständlich und sollte behoben werden. Den Wohnsitz des Schuldners zu kennen, ist für den Gläubiger der erste Schritt, insofern sollte das Vollstreckungsorgan, an das sich der Gläubiger wendet, Zugriff auf die Melde­ register eines jeden Mitgliedstaates haben156, da auch nur so eine Sachpfändung überhaupt in Erwägung gezogen werden bzw. der Schuldner vom Vollstre­ ckungsorgan aufgesucht oder geladen werden kann, um eine Vermögensaus­ kunft abzugeben. Der grenzüberschreitende Zugriff auf Melderegister ist daher ein wichtiger, wenngleich nicht unproblematischer Schritt.157 Problematisch ist der Zugang zum einen deswegen, weil einige Länder, wie auch Deutschland, das Melderegister dezentral führen158 und daher der Zugriff für ein ausländisches Vollstreckungsorgan schwierig ist, da Unklarheiten hin­ sichtlich der konkret zuständigen Behörde bestehen können. Ob sekundärrecht­ lich eine Regelung geschaffen werden kann, auf deren Grundlage das zentrale Führen der Melderegister obligatorisch wird, ist jedenfalls wegen der weit­ reichenden Bedeutung dieser Maßnahme hinsichtlich Art.  81 AEUV als Kom­ petenzgrundlage problematisch.159 Jedenfalls sollte den ausländischen Vollstre­ ckungsorganen mindestens Zugang zu den Melderegistern gestattet sein.160 cc) Sozialversicherungs- und Steuerregister Um Anschrift, Arbeitgeber oder Bankverbindungen des Schuldners in Erfah­ rung zu bringen, schlägt die Kommission im Grünbuch außerdem vor, den Zu­ gang zu Sozialversicherungs- und Steuerregistern zu verbessern, da dies die 154 

KOM(2008) 128 endg., S.  7. KOM(2008) 128 endg., S.  7. 156  Lediglich Irland und das Vereinigte Königreich kennen noch kein Melderegister, vgl. Bruns, ZEuP 2010, 809, 824. 157  So auch die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Grünbuch Vermögen­ stransparenz, abrufbar unter http://www.drb.de/stellungnahmen/2008/schuldnervermoegen. html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017. 158  Vgl. dazu §  1 BMG: „Meldebehörden sind die durch Landesrecht zu bestimmenden Behörden.“. 159  Bruns, ZEuP 2010, 809, 824. 160  Derzeit dürfte dem der klare Wortlaut des §  34 BMG entgegenstehen, der nur von öf­ fentlichen Stellen im Inland spricht. 155 

D. Bisherige Maßnahmen zur Europäisierung der Sachaufklärung

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Vollstreckung einer Geldforderung erheblich erleichtere.161 Auch was den Zu­ gang zu solchen Registern angeht, divergieren die verschiedenen Rechtsordnun­ gen innerhalb der EU.162 Die Kommission stellt im Grünbuch fest, dass sich in den Staaten, in denen eine solche Registerabfrage möglich ist, das Vollstreckungs­ verfahren erheblich verbessert habe, insbesondere weil die Kooperationsbereit­ schaft des Schuldners irrelevant sei.163 Zu beachten sei jedoch der Datenschutz, der sich indes nach nationalem Recht richten könne.164 Diesem Vorschlag des Grünbuchs ist wohl uneingeschränkt beizupflichten. Die Notwendigkeit entsprechender Registerabfragen hat auch der deutsche Gesetzge­ ber erkannt und daher §  802l ZPO geschaffen.165 Diese Regelung dürfte Vorbild­ charakter für das Anliegen der Kommission haben, da die entsprechenden Stellen auskunftspflichtig sind und dem Datenschutz insbesondere durch die Beschrän­ kung auf die Zwecke der Zwangsvollstreckung Rechnung getragen wird.166 Inso­ fern sollte der Zugang zu diesen Registern auch bei grenzüberschreitenden Sach­ verhalten dem ausländischen Vollstreckungsorgan zur Verfügung stehen. c) Informationsaustausch zwischen Vollstreckungsbehörden Statt eines direkten Zugriffs des Vollstreckungsorgans auf ausländische Regis­ ter böte es sich an, den Informationsaustausch zwischen Vollstreckungsbehör­ den der verschiedenen Länder zu verbessern, wie dies im Grünbuch angedacht wird.167 Beklagt wird die unzureichende Kooperation zwischen Vollstreckungs­ behörden und -beauftragten.168 Als Lösungsvorschlag wird die Möglichkeit der Amtshilfe seitens der Vollstreckungsbehörden zugunsten des Vollstreckungs­ staates unterbreitet, wie dies in Steuersachen bereits der Fall sei.169 Das bedeu­ tete beispielsweise, dass der französische hussier beim zuständigen deutschen Gerichtsvollzieher Daten bezüglich des Arbeitgebers des Schuldners anfragt, der Gerichtsvollzieher eine solche Anfrage nach §  802l Abs.  1 Satz  1 Nr.  1 ZPO startet und im Wege der Amtshilfe die so erlangten Informationen an den ­hussier weitergibt. So einleuchtend dieses Beispiel im konkreten Fall klingt, so unwahrschein­ lich ist die Umsetzung eines solchen Vorhabens. Prämisse für die Wirksamkeit 161 

KOM(2008) 128 endg., S.  8. Ausführlich dazu KOM(2008) 128 endg., S.  8. 163  KOM(2008) 128 endg., S.  8. 164  KOM(2008) 128 endg., S.  8. 165  Dazu ausführlich Teil 2 B. 166  Zu dieser Beschränkung auch Bruns, ZEuP 2010, 809, 825. 167  KOM(2008) 128 endg., S.  9. 168  KOM(2008) 128 endg., S.  9. 169  KOM(2008) 128 endg., S.  9. 162 

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Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

dieser Lösung ist, dass in allen Mitgliedstaaten die Vollstreckungsorgane glei­ chermaßen Zugang zu den entsprechenden Registern haben. Dies ist, wie das Grünbuch selbst konzediert, keineswegs der Fall.170 In England und Frankreich fehlt ein solcher Zugang zu den entsprechenden Registern für die Vollstre­ ckungsbehörden.171 Außerdem sind auch in den Ländern, die einen Registerzu­ gang vorsehen, diese Optionen nicht identisch ausgestaltet, was je nachdem, in welcher Konstellation sich die grenzüberschreitende Sachaufklärung vollzieht, unterschiedliche Sachaufklärungsergebnisse zur Konsequenz hat.172 Dies kann keineswegs gewollt sein. Der Informationsaustausch zwischen Vollstreckungs­ behörden ist daher theoretisch ein geeignetes Mittel zur Vereinfachung trans­ nationaler Sachaufklärung, de facto jedoch wegen noch bestehender Divergen­ zen der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten kaum einheitlich umsetzbar.173 d) Offenbarungsversicherung des Schuldners Der letzte Denkanstoß des Grünbuchs betrifft die Offenbarungsversicherung des Schuldners; den meisten Mitgliedstaaten ist diese Maßnahme bekannt.174 Allerdings existieren auch hier insofern Unterschiede, als die Befragung in manchen Ländern kontradiktorisch ausgestaltet ist, in anderen Ländern hinge­ gen nur ein Formular ausgefüllt wird; überdies sind teilweise alle Vermögensge­ genstände anzugeben, teilweise nur solche, die zur Befriedigung des Gläubigers erforderlich sind.175 Als Lösungsmöglichkeiten erwiesen sich eine unionsweite Regelung zur Abgabe einer Vermögensoffenbarung, deren konkrete Ausgestal­ tung indes den Mitgliedstaaten überlassen ist, mit dem Nachteil, dass die natio­ nalen Unterschiede nicht überwunden würden, sowie die Einführung einer Vollharmonisierung durch eine europäische Vermögenserklärung.176 Diese Möglichkeiten sollen in einem weiteren Schritt nun näher untersucht werden, da sie meines Dafürhaltens erfolgversprechende erste Schritte auf dem Weg zu ei­ ner supranationalen Sachaufklärung darstellen. 170 

KOM(2008) 128 endg., S.  9. Bruns, ZEuP 2010, 809, 825; KOM(2008) 128 endg., S.  10, dort Fn.  33. 172  Bruns, ZEuP 2010, 809, 825. 173  So wohl auch Hess, DGVZ 2010, 45, 50, der auch den Vorschlag als grundsätzlich er­ freulich ansieht, jedoch auch das dezentrale Vollstreckungssystem als praktisches Hindernis erkennt und dahingehend fehlende Modernität moniert. Der Deutsche Richterbund geht in seiner Stellungnahme hingegen davon aus, dass „keine Einwände“ bestünden, vielmehr seien nicht einmal Verbesserungsvorschläge vonnöten, http://www.drb.de/stellungnahmen/­2008/schuldnervermoegen.html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017. 174  KOM(2008) 128 endg., S.  11; eine Ausnahme stellt z. B. Belgien dar, Hesterberg/ Schmitz, DGVZ 2006, 84, 86. 175  KOM(2008) 128 endg., S.  12. 176  KOM(2008) 128 endg., S.  12 f.; Bruns, ZEuP 2010, 809, 826. 171 

E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der EU

223

4. Zwischenfazit zum Grünbuch Begrüßenswert ist die Erkenntnis der Notwendigkeit einer Förderung der Ver­ mögenstransparenz bei grenzüberschreitenden Sachverhalten seitens der Kom­ mission. Insofern ist das Erstellen des Grünbuchs ein Schritt in die richtige Richtung. Dass sich aus solchen Grünbüchern tatsächlich Ergebnisse herleiten lassen, zeigt sich in der EuKoPfVO als das Resultat des ursprünglichen „Grün­ buch zur effizienteren Vollstreckung von Urteilen in der Europäischen Union: Vorläufige Kontenpfändung“.177 Der Inhalt ist aber überwiegend mit Zurückhal­ tung zu bewerten: Das Erstellen eines Vollstreckungshandbuchs ist zwar ohne Weiteres eine realisierbare Maßnahme, aber aus tatsächlichen Gründen wohl wenig hilfreich. Der erleichterte Zugang zu Registern ist zwar ein brauchbarer Vorschlag, der sich aber de facto großen Hürden ausgesetzt sieht, namentlich den Divergenzen innerhalb der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. Der Mit­ telweg eines verbesserten Informationsaustausches im Rahmen der Amtshilfe der Vollstreckungsbehörden erscheint zwar sinnbringend, ist jedoch wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung des Registerzugangs in den verschiedenen Mitgliedstaaten kaum einheitlich durchführbar. In diesen Themengebieten wäre ein Harmonisierungsbestreben wegen der erheblichen Differenzen von Mit­ gliedstaat zu Mitgliedstaat ein Gewaltakt. Am ehesten gangbar scheint der Weg über die Vermögensoffenbarung zu sein.

E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der Europäischen Union – Europäische Vermögensoffenbarung Das Problem des Informationsdefizits des Gläubigers in der Zwangsvollstre­ ckung wurde auch auf europäischer Ebene erkannt. Die Maßnahmen, die das Grünbuch zur Problembehebung vorlegt, wurden kurz vorgestellt und bewertet. In einem nächsten Schritt soll untersucht werden, wie sich die transnationale Sachaufklärung tatsächlich verbessern lässt.

I. Vermögensoffenbarung statt Registerzugangs Im Fokus dieser Untersuchung soll dabei die Möglichkeit einer europäischen Vermögensoffenbarung stehen und nicht der verbesserte Zugang zu Registern oder die Verbesserung der Kooperation. Wie oben178 bereits dargelegt, steht die­ sen Maßnahmen zum einen die erhebliche Divergenz hinsichtlich der Ausge­ 177  178 

KOM(2006) 618, endg. Dazu Fawzy, DGVZ 2015, 141. Teil 4 C.

224

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

staltung der einzelnen Vollstreckungssysteme innerhalb der Europäischen ­Union entgegen. Zum anderen würde der Versuch, diese Divergenzen zu über­ winden, kompetenzrechtliche Probleme mit sich bringen, da eine Veränderung des nationalen Registerzugangs in Bezug auf das Melderegister etc. Auswir­ kungen über die Zwangsvollstreckung hinaus haben könnte und daher die Kom­ petenznorm des Art.  81 AEUV überstrapaziert würde.179 Aus diesem Grund beschränkt sich die Untersuchung auf die erste Spur der Sachaufklärung, die Selbstauskunft des Schuldners.

II. Das Grünbuch Vermögenstransparenz Das Grünbuch stellt zwei Möglichkeiten bezüglich einer europäisierten Selbst­ auskunft vor. 1. „Mindestharmonisierung“ und Ausgestaltung durch die Mitgliedstaaten Als erste Möglichkeit nennt das Grünbuch eine unionsweite Pflicht zur Einfüh­ rung einer Vermögensoffenbarung, wobei den Mitgliedstaaten gleichzeitig bei der Ausgestaltung des Verfahrens ein Spielraum eröffnet wird; das „Ob“ der Vermögensoffenbarung ist also zwingend, das „Wie“ zumindest teilweise di­ sponibel.180 2. Einführung einer europäischen Vermögenserklärung Der zweite Vorschlag des Grünbuchs geht weiter und nennt die Einführung ei­ ner „europäischen Vermögenserklärung“ als weitere Option, bei der der Schuld­ ner zur Offenlegung seines gesamtes Vermögens, das im europäischen Rechts­ raum belegen ist, verpflichtet wird.181 Die Erklärung könne auf einem Standard­ formular abgegeben, die Voraussetzungen, der Inhalt sowie Sanktionen bei Nichtbefolgung könnten entweder grob oder gänzlich vorgegeben werden.182 Die Vermögensoffenbarung würde gegenüber dem Gläubiger oder der im jewei­ ligen Staat zuständigen Stelle abzugeben sein, könnte aber durch Zahlung, An­ gabe hinreichender Vermögenswerte oder durch Ratenzahlungsvereinbarungen bzw. andere Sicherheiten abgewendet werden.183

Teil 4 C.; Bruns, ZEuP 2010, 809, 825. KOM(2008) 128 endg., S.  13. 181  KOM(2008) 128 endg., S.  13. 182  KOM(2008) 128 endg., S.  14. 183  KOM(2008) 128 endg., S.  14. 179 

180 

E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der EU

225

3. Stellungnahme Meines Dafürhaltens ist die Einführung einer europäischen Vermögenserklä­ rung der „Mindestharmonisierung“ vorzuziehen. Das liegt zunächst daran, dass – wie die Kommission im Grünbuch selbst einräumt – das Modell der Mindest­ harmonisierung die bestehenden Divergenzen der mitgliedstaatlichen Rechts­ ordnungen nicht zu überwinden vermag.184 Außerdem wäre die Abgabe der Vermögensoffenbarung mittels eines einheitlichen Formulars nicht möglich, was der Vereinheitlichung unzuträglich wäre.185 Zwar ließe sich die erste Option wegen des größeren Spielraums der Mitgliedstaaten in kompetenzrechtlicher Hinsicht ohne Weiteres umsetzen.186 Überlässt man allerdings den Mitglied­ staaten die konkrete Ausgestaltung, steht der Gläubiger noch immer vor dem Problem des schwierigen Einstiegs in die divergierenden Rechtssysteme. Die vollstreckungshemmenden Unterschiede durch uneinheitlich ausgestaltete Maßnahmen zu beseitigen, erscheint jedenfalls kontraintuitiv. Einleuchtender ist daher der Weg der vollen Vereinheitlichung.

III. Europäische Vermögensoffenbarung – Ausgestaltung der ersten Maßnahme zur europäischen Vermögenstransparenz Anknüpfend an die Feststellung, dass eine europäische Vermögensoffenbarung den geringsten Bedenken hinsichtlich einer transnationalen Sachaufklärung ausgesetzt ist, soll nun die konkrete Ausgestaltung dieser Vermögensoffenba­ rung in den Blick genommen werden. 1. Kompetenztitel Als Kompetenztitel kommt, wie bereits oben187 dargelegt, Art.  81 Abs.  2 lit.  a AEUV in Betracht. Da es sich bei der Vermögensoffenbarung allein um eine vollstreckungsrechtliche Maßnahme handelt, wird diese von Art.  81 Abs.  2 lit.  a AEUV erfasst.188

KOM(2008) 128 endg., S.  13; Bruns, ZEuP 2010, 809, 826. KOM(2008) 128 endg., S.  13. 186  Bruns, ZEuP 2010, 809, 826. 187  Teil 4 B. IV. 1. 188  Hinsichtlich der konkreten Durchführung der Zwangsvollstreckung gilt wiederum das lex-fori-Prinzip. Danach wenden die Vollstreckungsorgane nationales Vollstreckungsrecht an, vgl. auch Art.  41 Abs.  1 EuGVVO. 184  185 

226

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

2. Zuständige Stelle – Vorbild Art.  49 ff. EuUnthVO a) Problemstellung Problematisch bei einer europäischen Vermögensoffenbarung ist in erster Linie das Festlegen der in den Mitgliedstaaten für die Abnahme der Vermögensoffen­ barung zuständigen Stelle. Dies liegt daran, dass zum einen in manchen Mit­ gliedstaaten die Selbstauskunft gegenüber dem Gläubiger, teilweise gegenüber einem Vollstreckungsorgan abgegeben wird.189 Da das Herstellen von Vermö­ genstransparenz unmittelbarer Bestandteil der Zwangsvollstreckung ist, sollte die Abgabe gegenüber einem Vollstreckungsorgan erfolgen, da Zwangsvollstre­ ckung das Ausüben hoheitlicher Tätigkeit darstellt.190 Weiterhin ist problema­ tisch, dass in einigen Staaten ein dezentrales, in anderen ein zentrales Vollstre­ ckungssystem vorherrscht. In diese Grundlagenfrage sollte nicht zu Gunsten der Vermögenstransparenz eingegriffen werden. Problematisch ist dies deswe­ gen, weil der vollstreckende Gläubiger nicht weiß, welches das zuständige Voll­ streckungsorgan des Zugriffsstaates ist, an das er sich zu wenden hat, sofern der Zugriffsstaat dem dezentralen Vollstreckungssystem folgt. b) Problemlösung Als Lösung dieses Zuständigkeits-Dilemmas lassen sich die Art.  49 ff. EuUnth­ VO als Vorbild ins Feld führen.191 Im Rahmen der EuUnthVO findet sich mit Art.  51 EuUnthVO eine „Kernregelung einer europäischen Vermögensaus­ kunft“192. Im Rahmen des Art.  51 EuUnthVO besteht die Möglichkeit des Gläu­ bigers, sich zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche der Sachaufklä­ rungsmaßnahme des Art.  51 Abs.  2 lit.  b EuUnthVO zu bedienen.193 Auch im Rahmen der Sachaufklärung bei Unterhaltssachen stellt sich aber das Zustän­ digkeitsproblem. Daher ordnet Art.  49 EuUnthVO an, dass jeder Mitgliedstaat eine Zentrale Behörde bestimmt, welche die ihr durch die Verordnung übertra­ genen Aufgaben wahrnimmt.194 Dies schließt die Pflicht ein, diese Behörden mit Ressourcen und Befugnissen auszustatten, die die Umsetzung der Aufgaben gewährleisten.195 Zwar wird den (bundesstaatlichen) Mitgliedstaaten in Art.  49 189 

KOM(2008) 128 endg., S.  14. Bruns, ZEuP 2010, 809, 827. 191  Verordnung (EG) Nr.  4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständig­ keit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen. 192  Hess, DGVZ 2010, 45, 51. 193  Dazu näher im Einzelnen sogleich. 194  In Deutschland ist diese Behörde das Bundesamt für Justiz, §  4 AUG. 195 Rauscher/Andrae, Art.  50 EG-UntVO Rdnr.  1. 190 

E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der EU

227

Abs.  2 Satz  1 EuUnthVO die Möglichkeit eingeräumt, mehrere Zentrale Behör­ den zu bestimmen. Satz  2 stellt aber klar, dass in diesem Falle eine Zentrale Behörde ausgewählt werden muss, an die Mitteilungen zur Übermittlung an die zuständige Zentrale Behörde dieses Staates gerichtet werden können. Es ist aber freistehend, ob das Ersuchen aus einem anderen Mitgliedstaat direkt an die nach internen Regeln zuständige Behörde gestellt wird.196 Dadurch wird das Problem einer dezentralen Verwaltungsstruktur, die der föderalistischen Bun­ desstruktur geschuldet ist, gelöst. Die Zentrale Behörden leisten sodann gem. Art.  51 Abs.  1 und 2 EuUnthVO Hilfe bei Anträgen zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (Art.  56 EuUnthVO). Diese Hilfe besteht gem. Art.  51 Abs.  2 lit.  c EuUnthVO auch in der Erlangung einschlägiger Informationen über das Einkommen und, wenn nötig, das Vermögen der verpflichteten oder der berechtigten Person inklusive der Belegenheit von Vermögensgegenständen. Diese Vermögensermittlung muss überdies nicht von der Zentralen Behörde selbst durchgeführt werden, sondern kann auch in dem vom Recht des Mitglied­ staats umfassten Umfang von öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrich­ tungen oder anderen der Aufsicht der zuständigen Behörden des Mitgliedstaates unterliegenden Stellen übernommen werden. Außerdem ist eine weitere Aufga­ be der Zentralen Behörden gem. Art.  51 Abs.  2 lit.  b EuUnthVO die Ermittlung des Aufenthaltsortes, wobei alle dafür erforderlichen Möglichkeiten in Betracht kommen.197 Diese Organisation sollte auch der transnationalen Sachaufklärung als Vor­ bild dienen. Es sollte in jedem Mitgliedstaat zumindest eine zentrale Stelle ge­ ben, an die sich der ausländische Vollstreckungsgläubiger bzw. das ausländische Vollstreckungsorgan wenden kann. Die Zuständigkeit liegt dann bei dieser Stel­ le oder aber die Aufgaben werden delegiert. Dabei könnte die zentrale Stelle zunächst, ähnlich wie in Art.  51 Abs.  2 lit.  b EuUnthVO den Aufenthaltsort des Verpflichteten bestimmen und daran anknüpfend an die dort örtlich zuständige Stelle verweisen. Denkbar wäre in Deutschland beispielsweise, wie auch im Rahmen der EuUnthVO, das Bundesamt für Justiz als zentrale Stelle zu benen­ nen; diese könnte gleichsam als „Verteilerstelle“ fungieren und direkt den zu­ ständigen Gerichtsvollzieher ersuchen oder selbst den Aufenthaltsort des Schuldners in Erfahrung bringen und erst die Aufgabe der Abnahme der Ver­ mögensauskunft an die örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher delegieren. Eine weitere Option bestünde darin, die Anfrage an die entsprechenden zentralen Vollstreckungsgerichte weiterzuleiten, die dann den zuständigen Gerichtsvoll­ zieher mit der Abnahme der Vermögensoffenbarung beauftragen. Wichtig ist 196 

MüKoFamFG/Lipp, EWG_VO_4_2009 Art.  49 Rdnr.  2. Art.  51 EG-UntVO Rdnr.  9.

197 Rauscher/Andrae,

228

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

im Ergebnis allein, dass in jedem Land eine zentrale „Verteilerstelle“ eingerich­ tet wird, bei der die ausländischen Vermögensoffenbarungsanträge eingehen. Diese Stellen müssen dann der Kommission mitgeteilt werden, um die Zustän­ digkeiten transparent zu machen.198 In Deutschland könnte dann die Abnahme der Vermögensauskunft an die zuständigen Gerichtsvollzieher delegiert wer­ den.199 3. Verfahren zur Abnahme der europäischen Vermögensoffenbarung a) Vermögensoffenbarung qua Standardformular Wurde der Vollstreckungsschuldner aufgefunden, ist es an den nationalen Voll­ streckungsorganen, die Vermögensauskunft abzunehmen. Hierfür schlägt die Kommission im Grünbuch vor, der Schuldner könne die Erklärung auf einem Formblatt abgeben, was, soweit möglich, durch bloßes Ankreuzen geschehen solle.200 Dieses Formblatt könnte in allen Sprachen der Mitgliedstaaten zur Ver­ fügung gestellt werden.201 Dies ist ein begrüßenswerter und leicht umzusetzen­ der Vorschlag. Die Parallelen zum deutschen Vermögensverzeichnis sind unver­ kennbar.202 Durch das Bereitstellen eines einheitlichen Formulars wird der ho­ mogene Charakter der europäischen Vermögensoffenbarung gesichert und ein gemeinsames Verfahren in allen Staaten sichergestellt. Indem die Vermö­ gensauskunft überwiegend durch bloßes Ankreuzen von Textfeldern abgegeben werden kann, verringert sich auch der administrative Aufwand und es wird für einen schnellen Zugriff auf das Vermögen des Schuldners gesorgt. Es ist daher dringend zu empfehlen, die europäische Vermögensoffenbarung qua Standard­ formular abzunehmen. b) Bloße Übermittlung der Ergebnisse oder Verzeichniseintrag? Denkbar ist, ein europäisches Vermögensverzeichnis in Anlehnung an §  802k ZPO zu erstellen, sodass die verschiedenen Offenbarungen europaweit unter bestimmten Voraussetzungen einzusehen sind. Das Erstellen eines europäi­ schen Registers wäre kein Novum, es existiert beispielsweise bereits ein euro­ päisches Patentregister.203 Diese Maßnahme wird sich noch auf den Kompe­ tenztitel des Art.  81 Abs.  2 lit.  a AEUV stützen lassen, da sie der gegenseitigen 198 

So auch im Rahmen der EuUnthVO, siehe Art.  51 Abs.  3 EuUnthVO. Insgesamt sieht das Grünbuch dies wohl ähnlich, KOM(2008) 128 endg., 14. 200  KOM(2008) 128 endg., 14. 201  KOM(2008) 128 endg., 14. 202  So auch Hess, DGVZ 2010, 45, 50. 203  Abrufbar unter https://www.epo.org/searching-for-patents/legal/register_de.html#tab1, zuletzt abgerufen am 16.10.2017. Rechtsgrundlage hierfür ist Art.  118 Abs.  1 AEUV. 199 

E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der EU

229

Vollstreckung unmittelbar zuträglich wäre. Die Daten könnten in dieses Regis­ ter übermittelt werden. Bei jeder Anfrage für eine europäische Vermögensof­ fenbarung könnte zunächst eine Abfrage gestartet und ähnlich §  802d ZPO die letzte Vermögensoffenbarung zugeleitet werden, soweit diese nicht älter als ein Jahr ist.204 Dies wäre insofern vorteilhaft, als die nationalen Vollstreckungsor­ gane nicht durch ausländische Anfragen überbelastet werden. Außerdem sähe sich der Schuldner nicht der ständigen erneuten Pflicht zur Vermögensoffenba­ rung ausgesetzt. Durch das Schaffen eines europäischen Registers müssten auch die Staaten nicht um Registerzugang eines anderen Staates bitten. Zu be­ achten ist allerdings, dass in diesem Falle die Vorgaben der DS-GVO zu berück­ sichtigen wären.205 Es sollte daher neben der Übermittlung des Ergebnisses der Vermögensoffen­ barung an den Schuldner ein europäisches Vermögensverzeichnis eingeführt werden, um die administrativen Belastungen gering zu halten und den Schuld­ ner zu entlasten, ohne dabei das Aktualitätsinteresse des Gläubigers zu gefähr­ den. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Abgabe der Vermögensoffen­ barung nicht zu einer Eintragung in einem öffentlichen Verzeichnis führen soll­ te, um den Schuldner nicht über Gebühr zu belasten.206 Ein Register nach hiesigem Vorschlag soll indes auch gerade nicht öffentlich einsehbar sein und keine „Prangerwirkung“207 entfalten, sondern lediglich den Vollstreckungsorga­ nen zugänglich sein und ausschließlich die Administrative und den Schuldner entlasten. 4. Umfang der Vermögensoffenbarung a) Grundsatz: Angabe aller aktuellen Vermögenspositionen Das Grünbuch macht keine Angaben zum Umfang der Vermögensoffenbarung. Es wird lediglich konstatiert, dass in einigen Ländern das gesamte Vermögen offenzulegen ist, in anderen nur das Vermögen, das zur Befriedigung der Forde­ rung ausreichend ist.208 Vorzugswürdig ist meines Erachtens die unbeschränkte Auskunftspflicht.209 Schließlich ist kaum anzunehmen, dass der Schuldner stets die notwendige Kenntnis besitzt, inwiefern sich sein Vermögen verwerten lässt. Diese Entscheidung sollte den Vollstreckungsorganen überlassen werden. Au­ ßerdem würde die vollständige Angabe des aktuellen Vermögens das Erstellen 204 

Zur Verkürzung der Frist in Deutschland siehe oben, Teil 3 A. II. 1. a). Siehe dazu Teil 4 B. III. 206  KOM(2008) 128 endg., S.  14; Hess, DGVZ 2010, 45, 50 f. 207  Hess, DGVZ 2010, 45, 51. 208  KOM(2008) 128 endg., S.  12. 209  So auch Bruns, ZEuP 2010, 809, 827. 205 

230

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

eines Registers rechtfertigen und damit den administrativen Aufwand gering halten: Wird das gesamte Vermögen angegeben, besteht für einen Zweitgläubi­ ger, der nach dem ersten Gläubiger Zugriff auf die Vermögensoffenbarung aus dem Register bekommt, noch die Chance, daraus verwertbares Vermögen zu ermitteln. Wird lediglich das gerade zur Vollstreckung erforderliche Vermögen angegeben, wäre ein Register sinnlos und es müsste bei jeder Vollstreckung vorher eine Vermögensoffenbarung beim Schuldner eingeholt werden. Eine Be­ schränkung auf pfändbares Vermögen könnte anvisiert werden, allerdings nur soweit die Vermögensbestandteile nach dem Recht des Vollstreckungsstaates offensichtlich unpfändbar sind. Ähnlich wie im deutschen Recht ist diese Prü­ fung indes kaum dem Schuldner zuzumuten, sodass wohl alle Vermögensge­ genstände angegeben werden sollten. Die Frage nach der Pfändbarkeit kann sodann noch im eigentlichen Vollstreckungsverfahren geklärt werden. b) Problem: Vergangene Vermögensgegenstände und Vermögensverschiebungen Nach deutschem Recht sind im Grundsatz alle aktuellen Vermögenswerte anzu­ geben. Gem. §  802c Abs.  2 Satz  3 ZPO erstreckt sich die Vermögensauskunft aber auch auf solche Positionen, die sich nicht mehr im Vermögen des Schuld­ ners befinden, aber einer entgeltlichen Veräußerung an eine dem Schuldner na­ hestehende Person innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Termin (Nr.  1) oder eine unentgeltliche Leistung in den letzten vier Jahren vor dem Termin (Nr.  2) unterfallen. Es liegt daher nahe, auch für die europäische Vermögensoffenba­ rung eine solche Regelung vorzusehen. Dabei darf aber die Orientierung des §  802c Abs.  2 Satz  3 ZPO am deutschen Anfechtungsrecht nicht übergangen werden.210 Insofern wird in Deutschland ein Gleichlauf zwischen Anfechtungsund Zwangsvollstreckungsrecht hergestellt. Daher kann nicht ohne weiteren Begründungsaufwand postuliert werden, eine europäische Vermögensoffenba­ rung habe sich an diesem deutschen Mindeststandard zu orientieren.211 Ein kur­ zer Blick zu unserem europäischen Nachbarn Österreich zeigt, dass die Anfech­ tungsrechte innerhalb der Union uneinheitlich ausgestaltet sind. Gem. §  3 Nr.  1 AO212 sind unentgeltliche Verfügungen des Schuldners grundsätzlich anfecht­ bar, soweit sie zwei Jahre vor der Anfechtung vorgenommen wurden und nicht wie in Deutschland binnen vier Jahren. Das hat zur Folge, dass die vereinheit­ 210 

§  802c Abs.  2 Satz  3 Nr.  1 ZPO entspricht §  3 AnfG; Nr.  2 entspricht §  4 AnfG. aber die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Grünbuch Vermögen­ stransparenz, abrufbar unter http://www.drb.de/stellungnahmen/2008/schuldnervermoegen. html, zuletzt abgerufen am 16.10.2017. 212  Österreichische Anfechtungsordnung. 211  So

E. Vorschlag zur Verbesserung der Sachaufklärung innerhalb der EU

231

lichte Pflicht zur Angabe von veräußerten Vermögensgegenständen ein Ausein­ anderfallen von europäischer Vermögensoffenbarung und nationalem Anfech­ tungsrecht zur Folge haben kann. Allerdings sollte nicht bloß auf das Anfech­ tungsrecht der Zugriffsstaaten verwiesen werden, da dies dem einheitlichen Charakter einer europäischen Vermögensoffenbarung widerspräche. Empfeh­ lenswert ist daher, eine einheitliche Regelung zu schaffen. Dabei ist gerade we­ gen der Divergenz der nationalen Anfechtungsregeln ein weiter Rahmen für die Angabe vergangener Vermögensgegenstände ratsam.213 Bei einem solchen wei­ ten Rahmen wären die strengeren Anfechtungsrechte der Nationalstaaten gleichsam als Minus enthalten. 5. Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensoffenbarung Die Vermögensoffenbarung sollte bereits zu Beginn der Zwangsvollstreckung abgenommen werden.214 Zu den Gründen hierzu kann auf die obigen Ausfüh­ rungen verwiesen werden.215 6. Konsequenzen bei Nichtbefolgung Da der Selbstauskunft immer die Gefahr der Weigerung des Schuldners imma­ nent ist, müssen Instrumentarien geschaffen werden, um präventiv eine voll­ ständige und korrekte Aussage zu fördern. a) Beugehaft Ähnlich §  802g ZPO sollte daher die Beugehaft als Mittel gewählt werden, den Schuldner zur Abgabe der Vermögensoffenbarung zu bewegen.216 Da es sich nicht um eine Sanktion handelt, sondern um ein Beugemittel zur Abgabe der Vermögensoffenbarung, wäre eine solche Maßnahme auch ohne Weiteres als Vollstreckungsakt einzuordnen und mithin auf den Kompetenztitel des Art.  81 AEUV zu stützen. Im Sinne der Normenklarheit sollte in Anbetracht des Ein­ griffs in die persönliche Freiheit keine bloße Mindestvorgabe gemacht werden, sondern europaweit einheitlich die Beugehaft geregelt werden, damit der Schuldner eines jeden Staates gleichermaßen von der Nichtbefolgung betroffen ist.217 So auch Bruns, ZEuP 2010, 809, 826. Hess, DGVZ 2010, 45, 50. 215  Siehe Teil 1 C. 216  KOM(2008) 128 endg., S.  14. 217  KOM(2008) 128 endg., S.  14 schlägt hingegen beide Möglichkeiten vor, also auch das bloße Setzen von Mindestvorgaben. 213  214 

232

Teil 4:  Grenzüberschreitende Sachaufklärung

b) Strafbarkeit bei bewusst falschen Angaben? Ähnlich wie die Strafbarkeit bewusst falscher oder unwahrer Angaben gem. §§  156, 161 StGB wäre auch hinsichtlich der europäischen Sachaufklärung eine präventiv wirkende Sanktion wünschenswert. Dem steht allerdings entgegen, dass die Europäische Union zum unmittelbaren Erlass von Strafnormen nur in Einzelbereichen befugt ist, wie bei der Bekämpfung von Betrügereien, die die finanziellen Interessen der Union bedrohen.218 Aber auch mittelbar kann die Union das Strafrecht der Nationalstaaten nur begrenzt beeinflussen, nämlich zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität gem. Art.  83 Abs.  1 AEUV inkl. Annexkompetenzen und bezüglich der Unionstreue gem. Art.  4 Abs.  3 EUV.219 Das bedeutet, dass keine Strafbarkeit für Falschangaben bei der europäischen Vermögensoffenbarung unmittelbar oder mittelbar durch die EU geschaffen werden könnten. Insofern sollte geregelt werden, dass die Vermö­ gensoffenbarung in einer Form ausgefertigt wird, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, nach ihrem Strafrecht bei falschem Inhalt Sanktionen zu verhängen. Konkret ist die Vermögensoffenbarung also über das Standardformular abzu­ nehmen, aber im Ergebnis derart auszufertigen, dass ein falscher Inhalt eine Strafbarkeit nach innerstaatlichem Recht begründet, soweit dies möglich ist. Dies könnten die Mitgliedstaaten qua Durchführungsgesetz regeln. 7. Fazit Die europäische Sachaufklärung ist wegen der Mannigfaltigkeit nationaler Vollstreckungssysteme kein einfaches Unterfangen. Gerade wegen dieser Un­ terschiede ist die europäische Vermögensoffenbarung im Gegensatz zu anderen Optionen das Mittel der Wahl, wenn es um die transnationale Sachaufklärung geht. Ohne kompetenzrechtliche Probleme und unter Umgehung der Fallstricke der mitgliedstaatlichen Divergenzen, lässt sich eine einheitliche Regelung zur Herstellung von Vermögenstransparenz schaffen, die durch das Einrichten zen­ traler Stellen ohne komplizierte Verwaltungswege durchzuführen ist. Lediglich bei der Strafbarkeit falscher oder unvollständiger Angaben muss den Mitglied­ staaten die Ausführung überlassen bleiben. Die Union hat im Rahmen der Eu­ KoPfVO Problembewusstsein gezeigt und sollte nun durch die Einführung ei­ ner europäischen Vermögensoffenbarung auch Pragmatismus an den Tag legen.

218 

219 

BeckOK StGB/Valerius, StGB Europäisches Strafrecht Rdnr.  6. BeckOK StGB/Valerius, StGB Europäisches Strafrecht Rdnr.  7.

Teil 5

Zusammenschau der Ergebnisse Die Zwangsvollstreckung stellt den finalen „Kampf ums Recht“1 dar. In diesem Kampf geraten die Interessen und Rechte des Gläubigers einerseits mit denen des Schuldners andererseits regelmäßig in Konflikt. Gerade die Sachaufklärung in der Einzelzwangsvollstreckung offenbart diese Kollision sich widerstreiten­ der Positionen. Je eher eine Maßnahme die Transparenz des Schuldnervermö­ gens fördert und damit eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung wahrscheinli­ cher macht, desto gravierender werden die Interessen und Rechte des Schuld­ ners beeinträchtigt. Vice Versa werden die Interessen des Gläubigers, insbesondere das Streben nach dem Vollstreckungserfolg, immer dann zurück­ gedrängt, wenn den Belangen des Schuldners Vorzug gewährt wird. Diese un­ terschiedlichen Interessen stehen sich zwar gegenüber, befinden sich allerdings nicht in einem unauflösbaren Widerspruch. Vielmehr ist es Aufgabe des Gesetz­ gebers und der Rechtswissenschaft, einen schonenden Ausgleich zwischen den Positionen der Konfliktparteien herzustellen, um den „Kampf ums Recht“ zu befrieden. Im Rahmen der Sachaufklärung bedeutet dies, dass im Ergebnis ein Maximum an Vermögenstransparenz hergestellt wird, um dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, ohne dabei den Schuldner jedes Schutzes zu berauben und ohne die Zweck-Mittel-Relation aus den Augen zu verlieren. Am Ende soll dadurch ein Recht der Sachaufklärung entstehen, das nicht nur effektiv, sondern auch effizient ist und gleichzeitig schützenswerte Belange des Schuldners im gebotenen Maße berücksichtigt, damit in Anlehnung an das Ein­ gangszitat Rousseaus Nutzen und Gerechtigkeit nicht getrennt werden. Aller­ dings darf der Gesetzgeber den Schuldnerschutz nicht überstrapazieren, son­ dern muss sich wieder auf den Begriff des Zwangs rückbesinnen – schließlich sollen im Rahmen der Zwangsvollstreckung Gläubigerrechte mit staatlichen Machtmitteln zwangsweise durchgesetzt werden.2 Im Folgenden findet sich eine Zusammenfassung der elementaren Ergebnisse dieser Arbeit, die diesem Ziel dienen sollen.

1 

2 

Würdinger, JZ 2011, 177, 187. Teil 1 A.

234

Teil 5:  Zusammenschau der Ergebnisse

1.  Die anfängliche Vermögensauskunft gem. §  802c ZPO ist hinsichtlich ih­ rer Vorverlagerung verfassungsgemäß.3 2.  §  802c ZPO ist wegen der Pflicht des Schuldners, auch solche Vermögens­ gegenstände anzugeben, durch deren Angabe er sich der Gefahr der Strafverfol­ gung aussetzt, (teil-)verfassungswidrig. Diesem Umstand sollte der Gesetzge­ ber durch Einfügen eines Verwendungsverbotes begegnen. Gleiches gilt für §  807 ZPO.4 3.  Die Streichung der 500 Euro-Grenze im Rahmen des §  802l ZPO ist un­ eingeschränkt zu begrüßen. Allerdings hat diese Grenze nicht zur Verfassungs­ widrigkeit der Norm wegen „Kleingläubigerdiskriminierung“ geführt. Insge­ samt sollten small-claims nur in besonderen Härtefällen einer vollstreckungs­ rechtlichen Sonderbehandlung zugeführt werden.5 4.  §  802l ZPO ist auch im Insolvenzverfahren anwendbar. Allerdings kann weder das Insolvenzgericht noch der Insolvenzverwalter, sondern allein der Ge­ richtsvollzieher, unmittelbar Drittauskünfte bei den in §  802l ZPO genannten Stellen einholen. Zuständig für das Anrufen des Gerichtsvollziehers ist der In­ solvenzverwalter.6 5.  Die verschiedenen Maßnahmen der Sachaufklärung bedürfen eines ent­ sprechenden Antrages. Der These, dieses Antragserfordernis behindere die Ef­ fizienz der Zwangsvollstreckung, weswegen das österreichische Modell mit überwiegender Offizialmaxime Vorbildfunktion für das deutsche Recht habe, ist eine Absage zu erteilen. Zwar unterliegt das deutsche Zwangsvollstreckungs­ recht nicht zwingend der Dispositionsmaxime. Durch die flexible Ausgestaltung des obligatorischen Antragsformulars kann der Gläubiger jedoch individuell durch einen einzigen Antrag die Sachaufklärung und die sich anschließende Zwangsvollstreckung lenken und behält dadurch die Übersicht über Kosten und Verfahren, ohne das Geschehen aus der Hand zu geben. Die deutsche „Design-­ Vollstreckung“ ist daher dem österreichischen Offizialprinzip vorzuziehen.7 6.  Die Toleranzfrist des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO sollte im Sinne einer er­ folgversprechenden Zwangsvollstreckung durch Wahrung eines Überraschungs­ effektes abgeschafft werden. Verfassungsrechtliche Bedenken diesbezüglich sind unbegründet.8 7.  Die Schaffung eines obligatorisch-einstufigen Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuldners, ohne dass Letzterem dies­ 3 

Teil 2 A. I. 3. a). Teil 2 A. I. 3. b). 5  Teil 2 B. III. 5. 6  Teil 2 B. VIII. 7  Teil 3 A I. 8  Teil 3 A II. 1. 4 

Teil 5:  Zusammenschau der Ergebnisse

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bezüglich ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird, wäre zwar in geringem Maße effizienzfördernd, wegen Art.  2 Abs.  2 Satz  2 GG allerdings nicht in ver­ fassungskonformer Weise umzusetzen.9 8.  §  807 ZPO sollte von der uneigentlichen zur eigentlichen Sofortauskunft umgestaltet werden. Hierfür ist eine Streichung des Widerspruchsrechts des Schuldners notwendig. Nur so kann §  807 ZPO überhaupt eigenständige Bedeu­ tung beigemessen werden. Überwiegende Interessen des Schuldners hiergegen sind nicht ersichtlich.10 9.  Die Möglichkeit, Drittauskünfte einzuholen (§  802l ZPO) sollte ebenso wie die Selbstauskunft an den Beginn der Zwangsvollstreckung gestellt werden. Das Subsidiaritätsverhältnis von Selbstauskunft und Drittauskünften sollte auf­ gehoben werden. Dies gilt auch in Kombination mit dem Vorschlag, die Frist des §  802f Abs.  1 Satz  1 ZPO abzuschaffen. Dies hätte durch einen Überraschungs­ effekt einen klaren Mehrwert für die Sachaufklärung. Schuldnerschutzaspekte stehen dem nicht entgegen.11 10.  §  802l ZPO könnte teilweise ausgeweitet werden. Eine Abkehr vom Enu­ merationsprinzip hin zu einer Generalklausel, die die Befragung aller Behörden umfasst, wäre verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine große General­ klausel, die auch die Abfrage privater Dritter umfasst, wäre hingegen wegen Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners verfassungswidrig. Beiden Optionen ist gemein, dass bei aktuellem Belastungs­ stand des Gerichtsvollzieherwesens eine Umsetzung aus praktischen Erwägun­ gen nicht förderlich wäre.12 11.  Praktikabler erscheint daher eine abgestufte Generalklausel, die zunächst die wichtigsten Behörden anvisiert und erst bei zu erwartender Erfolglosigkeit der Abfrage bei den aufgezählten Behörden eine generelle Behördenabfrage zu­ lässt. Einschränkend muss jedoch hinzutreten, dass ein Sacherklärungserfolg zumindest nicht auszuschließen ist.13 12.  Der Gesetzgeber sollte die Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzie­ her übertragen. Dies wurde schon oft angemahnt und ist seit der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zwingend.14 13.  Ein Verzeichnis wie das Vermögensverzeichnis nach §  802k ZPO stellt ein Dateisystem im Sinne der DS-GVO dar. Daher ist bei grenzüberschreitender Sachaufklärung, bei der Schuldnerinformationen in ein solches System einge­ 9 

Teil 3 A II. 2. Teil 3 A. II. 3. 11  Teil 3 B. I. 1. 12  Teil 3 B. I. 2. d) aa). 13  Teil 3 B. I. 2. d) bb). 14  Teil 3 D. 10 

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Teil 5:  Zusammenschau der Ergebnisse

tragen werden, der Anwendungsbereich der DS-GVO auch dann eröffnet, wenn keine automatische Erhebung von Daten vorliegt.15 14.  Die Vollstreckungssysteme der Mitgliedstaaten der EU divergieren er­ heblich. Dies macht eine Europäisierung der Zwangsvollstreckung insgesamt, aber auch eine solche der Sachaufklärung diffizil.16 15.  Wegen dieser Divergenzen sollte an Stelle einer Kooperation eines un­ mittelbaren Registerzugangs eine europäische Vermögensoffenbarung geschaf­ fen werden. Harmonisierungsversuche sind wegen der Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten sorgfältig abzuwägen.17

15 

Teil 4 C. Teil 4 D und E. 17  Teil 5 E. 16 

Materialien   1. Entwurf einer Zivilprozeßordnung, Veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium, Berlin 1931.   2. Bundestagsdrucksache 16/10069, Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklä­ rung in der Zwangsvollstreckung.   3. Bundestagsdrucksache 18/7560, Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verord­ nung (EU) Nr.  655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer Vorschriften (EuKoPfVODG).   4. Bundestagsdrucksache 16/13432, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschus­ ses (6. Ausschuss) a) zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates – Drucksache 16/10069 – Entwurf eines Ge­ setzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung b) z u dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Mechthild Dyckmans, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 16/7179 – Zwangsvollstreckung beschleunigen – Gläubigerrechte stärken.   5. Vorentwurf zur Reform der Sachaufklärung, ZVI 2007, 96.   6. Bundestagsdrucksache 15/1516, Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Ar­ beitsmarkt.   7. Bundestagsdrucksache 14/6468, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschus­ ses (6. Ausschuss) a) z u dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 14/5680 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze b) z u dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Rolf Kutzmutz, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS – Drucksache 14/2496 – Entwurf eines Geset­ zes zur Änderung der Insolvenzordnung (InsOÄndG).   8. Bundesratsdrucksache 12/7302, Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschus­ ses (6. Ausschuß) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 12/2443 – Entwurf einer Insolvenzordnung (InsO).   9. Bundesratsdrucksache 336/15 (neu), Verordnung über das Formular für den Vollstreckungs­ auftrag an den Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherformular-Verordnung – GVFV). 10. Übersicht über die Geschäftstätigkeit und den Personalbestand der Gerichtsvollzieher im Jahr 2015, DGVZ 2016, 261. 11. Bundesratsdrucksache 304/08, Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung. 12.  Bundestagsdrucksache 7/3838, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung zwangsvoll­ streckungsrechtlicher Vorschriften. 13. Grünbuch der Kommission effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens.

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Sachverzeichnis 500 Euro-Grenze  85 f., 88 ff., 101, 234 Abdrucke  69 f. Allgemeines Persönlichkeitsrecht – Recht auf informationelle Selbstbestim­ mung – Selbstbezichtigungsfreiheit  4, 16, 20, 21 f., 23 ff., 29, 33 f., 40, 83 f., 87 f., 90 f., 93, 122, 139 f., 142 f., 161 f., 165, 167, 199 Anordnungserfordernis 178 Anträge in der Zwangsvollstreckung  5, 108 f., 112, 116 f., 119, 130, 139, 193, 234 Aufenthaltsermittlung 76 Auskunftspflicht  12, 22, 27, 29 f., 40, 47, 61, 76, 81, 99, 121, 129, 137, 151 ff., 162, 168, 171, 175 ff., 179, 210, 221, 229 Bagatellgrenze (siehe 500 Euro-Grenze) Belgien  136, 138, 222 Dateisystem  200, 202 ff., 235 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)  159 f., 199 ff., 229 Datenverarbeitung  58, 136, 201 ff. Debitorische Konten  42 Design-Vollstreckung  119, 193, 234 Dispositionsmaxime  1 f., 6, 111 ff., 119, 133, 175, 182 f., 193, 209, 234 Drittauskünfte  18, 20, 32, 35 f., 47, 49, 75, 79 ff., 85 ff, 91 f., 94, 97, 99, 101 ff., 108, 115 f., 134 ff., 149 ff., 162, 166, 168, 170 ff., 176 f., 180, 190 f., 193, 200, 210, 212, 234 f. Eidesstattliche Versicherung  26, 34, 44, 62, 100, 137 f. Einsichtsrecht  21, 34, 58 f., 64, 66 f., 69

Einzelzwangsvollstreckung  5, 8, 11, 80, 97, 100 f., 105, 114, 134, 157, 183, 192, 213, 233 England  208 f., 211, 222 Enumerationsprinzip  146, 151, 154, 164, 176, 235 Erzwingungshaft  24, 70 f., 73, 79, 90, 116, 118 f., 179 f., 211 Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO)  213 ff., 218, 223, 232 Europäische Vermögenserklärung (siehe Europäische Vermögensoffenbarung) Europäische Vermögensoffenbarung  222 ff., 236 Fahrzeuge  97 Forderungspfändung  19, 110, 135 f., 184 ff., 214, 235 Fragerecht des Gläubigers  40, 48, 76 Frankreich  80, 152, 189, 207 ff., 221 f. Fremdauskünfte (siehe auch Dritt­aus­ künfte)  81, 84, 88, 90, 93 f., 97, 159, 177 Gemeinschuldnerbeschluss  29 f., 33 Generalklausel  146, 151, 154 – große  155, 157 ff., 161, 163 ff., 168, 171 – kleine (abgestufte)  171 ff., 193 Gerichtsvollzieherformular-Verordnung (GVFV)  116 f., 119, 173, 190, 193 Gesamtvollstreckung 5 Grünbuch – Effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldner­ vermögens  215 ff. – Über Mindestnormen für Zivilverfahren und erforderliche Folgemaßnahmen  197 Grundbuchamt 181

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Sachverzeichnis

Justizgewährungsanspruch (auch Justiz­ gewährleistungsanspruch)  3, 20, 88, 113, 122, 126, 140, 165 f., 196

SchuFV  60, 68 Schuldnerverzeichnis  7, 20, 47, 49 ff., 56 f., 59 ff., 72, 77, 82, 107, 177 ff., 193 Schweiz  137, 151 f., 155 f., 167 Selbstauskunft (siehe auch Vermögens­ auskunft)  11, 54, 81 f., 97, 104, 134, 138, 140, 142, 143 f., 162, 177, 210, 212, 217, 218, 224, 226, 231, 235 Sofortabnahme  72, 120, 127 ff., 132 f., 192 Sozialdaten 94 Spanien 208 Spannungsfeld  101, 108, 135 Sperrfrist  38, 48 ff., 52, 54, 66 f., 73 Strafbarkeit  27, 35 f., 80 f., 232

Kontopfändungsbeschluss  214 ff. Kontoverbindungen  52, 96, 147, 153

Territorialitätsprinzip 198 Toleranzfrist  120 ff., 133, 140, 192, 234

lex fori executionis  198 Löschungsanordnung  67 f., 98

Übermittlungsverbot  25 ff.

Haftbefehl  35, 70, 72 ff., 108, 128, 131 ff., 179 Handbuch  217 f., 223 Handelsregister  39, 64 f., 155, 218 f. Insolvenzanfechtung  78 f. Insolvenzgericht  21, 65, 102 ff., 234 Insolvenzverfahren  99 ff., 234 Insolvenzverwalter  44, 102 ff., 234 Italien  208

Melderegister  219 f., 223 Mindeststandard  196 ff., 230 Nachbesserung  40, 50, 84, 139 Nemo tenetur se ipsum accusare (siehe auch Selbstbezichtigungsfreiheit)  23, 29 Normenbestimmtheit  161 ff. Normenklarheit  161 ff., 171 f., 174 f., 231 Obligatorisch-einstufiges Verfahren  123 f., 234 Offenbarungsversicherung – nach altem Recht  11 f., 33 – Europäische (siehe Europäische Vermögensoffenbarung) Offizialmaxime  109 f., 112, 114 f., 119, 129, 183, 193, 209, 234 Organisationsprinzip  180, 182 Österreich  109 ff., 113 ff., 117 ff., 129, 135 f., 207, 209, 211 f., 230, 234 Pfändungsversuch  7, 12, 15, 18 f., 32, 54 ff., 71, 77 f., 108, 117, 127 f., 130, 132, 191, 210 f. Prozessgericht  180 ff. Rechtsschutzbedürfnis  38, 73

Verhaftung  74, 101, 131, 133 Vermögensauskunft  7, 11 ff., 30, 32 f., 35 f., 37 ff., 42 ff., 54 ff., 59, 61 ff., 66 f., 70 ff., 88 ff., 94, 97, 99, 104, 107 f., 116 ff., 137, 139, 142 ff., 155, 169, 177, 179, 188, 191, 201 ff., 210 f., 220, 226 ff., 230, 234 – erneute (siehe Sperrfrist) Vermögensgegenstände  19, 23, 28, 30, 35 ff., 40 f., 79 f., 82, 93, 120 f., 137, 140, 142, 144, 151 f., 155 f., 162, 167, 177, 181, 188, 219, 222, 227, 230 f., 234 Vermögenstransparenz  1, 4, 9, 18, 27, 80, 96, 99, 101 f., 104, 108, 133 f., 144, 146, 164 ff., 176, 180, 196 f., 211, 215 ff., 223 ff., 230, 232 f. Vermögensverschleierung  6 f., 18, 120, 139 f., 190 Vermögensverzeichnis  82, 84, 110 f., 115, 177, 201 ff., 210 ff., 228 f., 235 – -verordnung 58, 203 – -register 203 Versicherung an Eides statt (siehe eidesstattliche Versicherung) Verwendungsverbot  26 ff., 33 ff., 54, 155, 234 Vollstreckungsbehörden  58, 221 ff. Vollstreckungsgericht  179 ff., 184 ff., 189, 191, 202 f., 207 f., 210, 227

Sachverzeichnis Vorverlagerung – der Vermögensauskunft  12, 14 f., 20, 22, 32, 54, 77, 79, 120, 134 – der Drittauskünfte  134 f., 138 f., 142, 144 ff., 150, 173, 176, 234 Widerspruchsrecht  37, 56 f., 65, 120, 124 f., 127 ff., 133, 179, 192, 205, 235

251

Zahlungsfrist (siehe Toleranzfrist) Zentrale Stelle  227 Zentrales Vollstreckungsgericht  21, 27, 48, 56 ff., 60, 64 f., 68 f. Zwangsvollstreckung – Zentralität  180, 182 f., 207 ff., 226 f. – Dezentralität  180, 182 ff., 207 ff., 222, 226 f. Zwei-Jahres-Frist (siehe Sperrfrist)