Recht und Autoritarismus in Lateinamerika: Argentinien, Uruguay und Chile, 1970-1980 9783964567581

164 90 9MB

German Pages 276 Year 2019

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Recht und Autoritarismus in Lateinamerika: Argentinien, Uruguay und Chile, 1970-1980
 9783964567581

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
ERSTER TEIL: AUTORITARISMUS
ZWEITER TEIL: AUTORITARISMUS UND INSTITUTIONALISIERUNG
Anmerkungen
Literaturverzeichnis

Citation preview

Fur Lolita Aniyar de Castro und Alessandro Baratta

Editionen der Iberoamericana Reihe III Monographien und Aufsätze, 14

Emilio García Méndez

Recht und Autoritarismus in Lateînamerika

Argentinien, Uruguay und Chile 1970-1980

Verlag Klaus Dieter Vervuert

G e d r u c k t mit U n t e r s t ü t z u n g der Vereinigung der Freunde d e r U n i v e r s i t ä t d e s S a a r l a n d e s e. V.

CIP-Kurztitelaufnahme d e r Deutschen Bibliothek García Méndez, Emilio: Recht und Autoritarismus in Lateinamerika: Argentinien, Uruguay u. Chile 1 9 7 0 - 1 9 8 0 / Emilio García Méndez. - Frankfurt am Main: Vervuert, 1985. (Editionen der Iberoamericana: Reihe 3, Monographien und Aufsätze; 14) ISBN 3 - 9 2 1 6 0 0 - 3 2 - 4 N E : Editionen der Iberoamericana / 03

ISBN 3-921600-32-4 © V e r l a g K l a u s D i e t e r V e r v u e r t , Frankfurt 1 9 8 5 Alle Rechte vorbehalten. Printed in W e s t G e r m a n y .

In the trial of persons acussed for crimes against the state the method is much more short

and

commendable:

the

judge

first

sends to sound the disposition of those in power, after which he can easily hang or save the criminal, strictly preserving all the forms of law. Jonathan Swift, Gulliver's Travels 1 726 Articulo Iro.- Declárase disueltas la Cámara de Senadores y la Cámara de Representantes . Articulo 3ro.- Prohíbese la divulgación por la prensa oral, escrita y televisada de todo tipo de información, comentario o grabación que, directa o indirectamente, mencione o se refiera a lo dispuesto por el presente decreto atribuyendo propósitos dictatoriales al Poder Ejecutivo, o pueda perturbar la tranquilidad y el orden públicos . Firmado Bordaberry. Bolentini. Ravenna Decreto 464 de 1973 República Oriental del Uruguay

Inhaltsverzeichnis Vorwort

11

Einleitung

13

a) Der neue Autoritarisraus

15

b) Recht und neuer Autoritarismus

17

c) Staat, Regime und Besonderheit der Rechtsinstanz

19

d) Die Bedeutung des Terminus "lateinamerikanisch"

24

e) Themen und Arbeitshypothesen

26

ERSTER TEIL:

AUTORITARISMUS

Kapitel I:

Autoritarismus und neuer Autoritarismus in Lateinamerika

1.

29

Einige Überlegungen zum Begriff des Autoritarismus

.

1.1 Autoritarismus versus Totalitarismus

29 30

1.2 Die Studie Gino Germanis: Der Totalitarismus als Exponent des modernen Autoritarismus

32

1.3 Die Untersuchung von Juan Linz: ein Beitrag zur Erforschung des Autoritarismus in Lateinamerika 1.4 Auf dem Weg

zu einer neuen Definition des

38

Begriffs

von Autoritarismus in Lateinamerika Kapitel II: 2.

42

Zentraler Kapitalismus und Autoritarismus

Prämissen der Untersuchung

45 45

2.1 Die Krise

4S

2.2 Die Krise des Wohlfahrtsstaates 2.3 Verschiedene

47

Perspektiven in der kritischen

Staats-

theorie

50

2.4 Politik und Recht im liberalen Staat

56

2.5 New Deal und Faschismus. Bruch und Vereinheitlichung in der Rechtsinstanz

64

2.6 Der Interventionsstaat

68

2.7 Autoritarismus und gegenwärtiger Staat

71

Kapitel III:

Autoritarismus und Verhältnis

Zentrum-Peri-

pherie 3.

Theoretische

Perspektiven

76 für die Analyse

hältnisses von Zentrum und Peripherie

des Ver76 7

3.1

Interdependenz

von

Zentrum

und

Peripherie

einer-

3.2

Autoritarismus, Konservierung und Legitimation

seits und Autoritarismus andererseits

Kapitel IV:

77 ...

80

Die Doktrin der inneren Sicherheit (DIS) .

83

4.

Historisch-politische Vorläufer

4.1

Nationale der DIS

87

4.2

Stabilität

90

und

internationale

83 Politik

im

Kontext

4.3

Demokratie

92

4.4

Macht

93

4.5

Konsens

94

4.6

Politische Opposition

95

4.7

Rechtsstaat und/oder Ausnahmestaat

4.8

Unterordnung

ter Ausnahmestaat Kapitel V: 5.

Der

96

der judikativen Gewalt und

permanen-

(der Fall Uruguays)

100

Einige Aspekte der Theorie Niklas Luhmanns Ausnahmezustand

Konservierung

des

als

besondere

Systems

in

der

104

Strategie zur Theorie

Niklas

Luhmanns

104

5.1

Ein verdeckter Ausnahmezustand

107

5.2

Abschließende Bemerkung

113

ZWEITER

TEIL:

Kapitel

VI:

AUTORITARISMUS Die

UND

autoritäre

INSTITUTIONALISIERUNG

Institutionalisierung

im

cono sur 6.

Traditioneller

und

116 neuer Autoritarismus:

Das Pro-

blem der Einteilung des juristischen Wissens 6.1

Die

juristischen

Etappen des autoritären

116

Institu-

tionalisierungsprozesses 6.1.1 Der

Fall

Argentiniens:

120 1976.

Das

ideologische

Scheitern der autoritären Institutionalisierung

..

6.1.2 Der Zeitraum 1973 - 1976

125

6.1.3 Die institutionelle Struktur der Militärdiktatur 6.1.4 Inhalt der autoritären

8

.

Institutionalisierung

6.1.5 Die Veränderung der Ideologie des Liberalismus

122 130 134

...

140

6.1.6 Funktionen der autoritären Institutionalisierung 6.1.7 Einige

Beispiele

der

neuen

.

repressiven

Gesetzge-

politische

Zusammen-

bung 6.2

Der

142 149

Fall

Uruguay

1972:

Der

bruch der autoritären Institutionalisierung

154

6.2.1 Von der Hegemonie zur Herrschaft. Erste Etappe der autoritären Institutionalisierung 6.2.2 Die

154

zweite Etappe der autoritären

Institutionali-

sierung

159

6.2.3 Funktionen der autoritären Institutionalisierung 6.2.4 Politik

und

Recht

in

der

.

uruguayischen

Gesell-

der "Rechtsgewalt" in ein

"Rechts-

schaft

165

6.2.5 Die Umwandlung organ" 6.2.6 Die

166

dritte Etappe der autoritären

Institutionali-

sierung. Die neue Verfassung 6.3

160

168

Der Fall Chiles: Der militärische Sieg der autoritären Institutionalisierung

6.3.1 Die

Regierung

der

"Unidad

171 Populär"

als

erste Er-

fahrung des demokratischen Obergangs zum Sozialismus 6.3.2 Der

171 Militärputsch

vom

September

1973:

Gewalt und

Recht

174

6.3.3 Von der militärischen zur "juristischen" Legitimität 1976 - 1980 6.3.4 Die

176

dritte Etappe der autoritären

Institutionali-

sierung: Die neue Verfassung

179

6.3.5 Die Obergangsbestimmungen und die neue Verfassung

181

6.3.6 Zusammenfassung

185

Kapitel VII:

Staatstheorie und Rechtsinstanz in Lateinamerika

7.

Theoretische Voraussetzungen:

187 "Entwicklungsschule"

und Abhängigkeitstheorie

187

7.1

Die Staatstheorie in Lateinamerika

189

7.2

Die verschiedenen Forschungsrichtungen der Staatstheorie in Lateinamerika

189

9

7.3

Der Staat als eine spezifische Form des Faschismus betrachtet

191

7.4

Staatstheorie und neuer Autoritarismus

198

7.5

Abschließende Bemerkung

206

Kapitel

VIII: Politische Herrschaft und juristische Hegemonie

8.

Die verschiedenen Ebenen der Machtverhältnisse

8.1

Juristische Hegemonie

8.2

208 ...

208 210

Elemente und Entwicklung der juristischen Hegemonie des herrschenden Blocks

212

8.3

Ineffektivität und Bedeutung des Rechts

216

8.4

Schlußbetrachtung

218

Anmerkungen

221

Literaturverzeichnis

263

10

Vorwort Die Idee, die juristisch-institutionelle Struktur des Autoritarismus

im lateinamerikanischen

mir unter

"Cono Sur" zu untersuchen, kam

anderem auf Grund der Tatsache,

daß

ich direkt von

ihm betroffen war. So habe ich mich gewissermaßen für das Thema "auserwählt" gefühlt und nicht umgekehrt, wie das normalerweise der Fall ist. Dennoch fehlten mir zunächst die Zeit, die Mittel und die notwendige Ruhe, um diese Arbeit anzugehen. Anfang 1980 erhielt

ich ein Stipendium

für den Zeitraum von drei

Jahren,

ohne das die vorliegende Arbeit nie möglich geworden wäre. Daher möchte ich an dieser Stelle der Friedrich-Naumann-Stiftung, die

mir

das

oben

genannte

Stipendium

großzügigerweise

zur

Verfügung gestellt hat, herzlich danken, ebenso wie all denjenigen, die mir bei der Erstellung dieser Arbeit behiflich gewesen sind. Wenn es mir auch unmöglich ist, hier alle Namen zu nennen, so möchte gen und Freunde mein

Dank

für

Manuskripts.

ich es doch nicht unterlassen, einige Kolle-

namentlich seine

Realino

zu erwähnen. Marcel Wainstock

wertvolle Marra

Hilfe

und

bei

Paolo

gilt

der Obersetzung

Öecchi

danke

ich

des für

die Zeit, die sie mir zur Verfügung gestellt haben und für ihre Bereitschaft, jederzeit über die Arbeit zu diskutieren. Was die Diskussion

des

Manuskripts

angeht

liegt

mir

ganz

besonders

daran, meinen Freund und Lehrer Prof. Ernesto Garz&n Valdes zu nennen. für

Die

mich

Strenge

und

Unerbittlichkeit

Herausforderung

und

Hilfe

seiner

zugleich

Kritik

und

waren

dienen

mir

heute als Beispiel. Natürlich antwortung

liegt, bei

aller

erhaltenen Unterstützung, die Ver-

für Fehler und Unzulänglichkeiten, die in der vor-

liegenden Arbeit

zweifelsohne

zu finden sind, allein bei mir.

Um zwei weiteren Freunden und Lehrern meinen Dank für all ihre Hilfe

und

Unterstützung

aus. Ihnen, Lolita Aniyar

auszudrücken,

reichen

de

Alessandro

Castro

und

Worte

nicht

Baratta,

sei diese Arbeit gewiüiiiet.

11

Einleitung

Der Zeitraum von 1970 bis 1980 ist in den Ländern des sogenannten lateinamerikanischen "cono sur" (Argentinien, Uruguay und

Chile)

durch

die, obwohl

ihrem Wesen und kannt

tiefgreifende

Veränderungen

sind.

ten

ein

betreffen,

ihrer Struktur nach heute noch teilweise unbe-

Diese

Unkenntnis

ist zum Teil darauf

ren, daß im Bereich der lateinamerikanischen Korpus

weniger

gekennzeichnet,

sie das Leben der gesamten Gesellschaft

kritischer Studien^

zurückzufüh-

Sozialwissenschaf-

fehlt, der eine mehr

oder

präzise Diagnose der zentralen Charakteristiken dieser

Veränderungen

erlauben

würde.

Diese

Feststellung

bedeutet je-

doch keine Verkennung oder Unterbewertung der kritischen Unter2 suchungen,

auf

die

wir

uns

im

Verlauf

der

vorliegenden

Arbeit ständig stützen werden, sondern zielt auf eine Eröffnung der Diskussion über diesen Gegenstand ab; dies insoweit, als es unser Ziel ist, die Besonderheit und die Funktionen der Rechtsinstanz^

im Rahmen der politisch-rechtlichen

in einer Krise befindenden Herrschaftssysteme

Struktur der sich zu verdeutlichen

und zu analysieren. Auf

interdisziplinäre Anleihen angewiesen, kann eine Un-

tersuchung dieser Art nicht ohne eine Reflexion über den gegenwärtigen

Zustand

und

die

zukünftigen

hungen zwischen der Erforschung der

Möglichkeiten der

Bezie-

Rechtsinstanz und derjeni-

gen der Sozialwissenschaften gemacht werden. Ein

einfacher

bibliographischer

schon, in Lateinamerika die lierungen

mit

all

ihren

Oberblick

erlaubt es

Existenz solider kritischer Formu-

Nachteilen,

Fortschritten

und

Rück-

schritten in den Bereichen der Politologie, der Wirtschaftswissenschaften,

der

nachzuweisen.

Im

stellt

sich

Soziologie, Bereich

die Situation

der

der

Geschichtswissenschaft

sogenannten

im Gegensatz

usw.

"Rechtswissenschaft"

dazu

ganz

anders dar.

Hier kommt die kritische Reflexion lediglich am Rande und ver4 S streut vor, während das konservative Denken eine offenbar nicht in Frage gestellte Hegemonie^ genießt.

13

Obwohl wir uns im Verlauf dieser Arbeit insbesondere dem Problem der Hegemonie im Bereich des Rechts zuwenden werden, um zu versuchen, chen,

ihre Bedeutung und die Gründe, die sie ermögli-

zu erklären,

seien hier

schon kurz

die

unmittelbarsten

Folgen dieses Umstandes für die gesamte Sozialforschung in Lateinamerika angedeutet. Geht

man

davon

aus,

daß

ein Herrschaftssystem

samtheit von in gegenseitiger Beziehung stehenden

eine Ge-

spezifischen

Instanzen darstellt, deren Elemente nur theoretisch

"isoliert"

werden können und müssen, dann muß man zu dem Schluß gelangen, daß die adäquateste Forschungsmethode diejenige sein wird, der es gelingt, aufgrund der profunden Analyse einer oder mehrerer dieser

Instanzen,

die

Ergebnisse

in ein theoretisches

System

7

zu integrieren, das die Gesamtheit

umfaßt und vor allem in der

Lage ist, sie zu erklären. Ein solches

theoretisches

System

ist nichts

anderes als

eben der Korpus kritischer Studien, der hier gefordert wird und innerhalb dessen die Untersuchung des Rechtes, wenn schon nicht ein völlig

inexistentes,

so doch zumindest mit Sicherheit das

schwächste Glied darstellt. Unser Interesse für das Recht führt uns

notwendigerweise

dazu,

die

Analyse

der

institutionellen

Struktur der Herrschafts- und Legitimationssysteme

der

gegen-

wärtigen sozio-ökonomischen Gebilde in Argentinien, Uruguay und Chile aus einer spezifischen thematischen Perspektive heraus zu beleuchten, was eine Erweiterung der Kenntnis der Veränderungen und der

Krisen

fen.

sind

und

Es

Tiefe

auch

immer

erlaubt, welche dies

eine ihre

Umwälzungen

solches Ausmaß weitere

besagte Gesellschaften und

Krisen,

angenommen

Entwicklung

deren

betref-

Ausbreitung

haben, daß

sie, wie

verlaufen wird,

intensiv

das individuelle und kollektive Verhalten der betreffenden Gesellschaften kennzeichnen werden. Diese Veränderungen beziehen sich in erster Linie auf das Aufkommen

autoritärer und

Regierungsformen,

schen

dem

Staat

denen

das

Hauptinteresse

die neue Grenzen zwi-

der bürgerlichen Gesellschaft

setzen und

der kritischen Sozialwissenschaft in

dieser Region gilt. Hiervon

zeugen die Studien über den Staat von Guillermo

O'Donnell, Tilman Evers, Norbert Lechner, Fernando H. Cardoso, 14

Juan C. Portantiero

und Heinz Sonntag, um hier nicht mehr als

einige der wichtigsten zu nennen. In ihren Arbeiten finden sich p gemeinsame vorhandene und fehlende Elemente, die die wesentliche Grundlage dessen bilden, was hier ausgeführt werden soll. In bezug

auf die

ersteren Elemente existiert ein allge-

meiner

Konsens darüber,q daß das Aufkommen der brasilianischen Militärregierung (1964) einen Bruch gegenüber den vorhergehenden Modellen autoritärer Herrschaft kennzeichnet, die Armee

sich hier

zum ersten Mal

insofern als

die Macht auf unbestimmte

Zeit und zwar als Institution aneignete und so das traditionelle

Bild

des

Militärführers

verdrängte,

der

sich

zumeist

ohne ein alternatives sozio-ökonomisches Modell als Obergangslösung

hinsichtlich der "gesellschaftlichen Unordnung" präsen-

tierte.

Die

Militärregierung,

die

sich

1964

in Brasilien ins

Amt setzte, sowie die Militärdiktaturen Argentiniens, und Chiles

der

siebziger

alternatives

Modell

der

in welchem

Region,

Uruguays

Jahre, präsentieren im Gegenteil ein

zu denen der liberal-demokratischen Regime das jeweilige

Maß

an Verdrängungen in

den Bereichen der Wirtschaft, der institutionellen Struktur und der

Techniken

gesellschaftlicher

Kontrolle

das wichtigste und

neueste Element darstellt. Dessen ungeachtet zeigt eine Untersuchung der vorliegenden

kritischen

Literatur

das

Fehlen

spezifischer

Analysen zu

den beiden letzten Elementen (institutionelle Struktur, Probleme der Gesellschaftskontrolle)

auf; einen Mangel, den die hier

vorgelegte Untersuchung ansatzweise zu beheben versuchen will.

a. Der neue Autoritarismus Es

besteht

eine

relative

Übereinstimmung'®

darüber, mit

dem Begriff "neuer Autoritarismus" diejenigen Herrschaftsformen zu bezeichnen,

die die Streitkräfte

angenommen haben, als sie

sich die Macht qua Institution aneigneten. Wir akzeptieren unsererseits den Gebrauch des Terminus "neuer Autoritarismus" mit Vorsicht seines der

und

als

Ausgangspunkt

einer

detaillierteren

Analyse

Inhaltes und seiner Eigenart. Diese Position entspricht

teilweisen Akzeptierung

der Bemerkung,

daß die übermäßige 15

Ausweitung

seines

Gebrauchs

führen w ü r d e . E i n e

rung des zweideutigen mus"

kann

zu

einer

völligen

Sinnentleerung

erste Annäherung an die Aufgabe einer KläInhalts des Terminus "neuer Autoritaris-

durch den Versuch bewirkt werden, jene Elemente zu

bestimmen, die die Bezeichnung "neu" rechtfertigen, was zu weiteren Grundaspekten der Untersuchung

führt.

Wer auch nur flüchtig die Geschichte des gesellschaftspolitischen Prozesses der Gesellschaften des cono sur überflogen hat, könnte ernsthafte Einwände gegen den Gebrauch der Bezeichnung "neu" zur Beschreibung der gegenwärtigen Praxis der Militärregierungen erheben. In

Argentinien

in

expliziter

Weise

und

in Uruguay und

Chile in viel schwächerem Maße - was auf das Vorhandensein längerer

Perioden

demokratischer

Normalität

zurückzuführen ist -

prägen die autoritären Praktiken, und sei es unter der verdeckten Form des

Patriarchats,

die gesamte politisch-soziale Ent-

wicklung seit der Zeit der Unabhängigkeitskriege

gegen die eu-

12

ropäischen Schutzmächte, das Eigenschaftswort

und das so sehr, daß Einwände gegen

"neu" selbst von denjenigen Autoren kom-

men, die diese Bezeichnung häufig anwenden: "... der "neue Autoritarismus" ist kein neues Phänomen. Die Geschichte Lateinamerikas ist eine Geschichte, die sehr reich ist an Führern, aufgeklärten Despoten und Tyrannen, die eine Kultur des Autoritarismus bilden, der gegenüber die Demokratie in die sekundäre Rolle einer subversiven Ideologie zurückgedrängt wurde oder bestenfalls in diejenige einer Scheinlegitimation. Wenn auch der Autoritarismus keinen überraschenden Bruch darstellt, so ist es doch von Bedeutung, die Besonderheit des neuen Autoritarismus gegenüber vorhergehenden Formen zu verdeutlichen." (13) In diesem Sinne werden die Überlegungen des ersten Kapitels

dazu

gegenüber

dienen,

"die

vorhergehenden

Besonderheit Formen

des neuen

Autoritarismus

zu verdeutlichen".

Der

Bedeu-

tung wegen sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ein mangelhaftes Vorgehen beim Erstellen einer Definition dessen,

was

werden

darstellt.

16

unter

soll,

dem

die

Begriff

erste

"neuer Autoritarismus"

Fehlerquelle

bei

seiner

verstanden

Untersuchung

b. Recht und neuer Autoritarismus Es gibt in der heutigen lateinamerikanischen Wirklichkeit Elemente, die ausreichend sind, um einen Bruch mit der Vorstellung von Autoritarismus, wie er traditionellerweise

geherrscht

hat, anzunehmen, und die den Anlaß

Definition

zu einer neuen

dieses Begriffs bilden. Dieser Bruch drückt sich in der Tatsache aus, daß, außer unter

außergewöhnlichen

Autoritarismus

bis

Umständen und nur Ubergangsweise, der

zum Beginn der

sechziger

Jahre

sich unter

einem formaljuristischen Mantel präsentierte, der die politischideologischen

Postulate

des

Liberalismus

nicht

in

bedeutsamer

Weise beeinträchtigte. Seit den siebziger Jahren hingegen versucht die autoritäre Ausübung der Macht, zwar unter nicht völliger Abdrängung der ideologischen Postulate des Liberalismus, doch durch Einführung der Grundsätze der sogenannten "Doktrin der inneren Sicherheit" 1 4

(DIS),

auf die Ebene der Praxis überzugehen. Dies äußert sich

in rechtlichen Normen, die für eine Lösung des gesellschaftlichen

Konflikts

(hervorgerufen

durch

das

instabile und

wider-

sprüchliche politisch-wirtschaftliche Modell des Bündnisses der zur Zeit herrschenden Gruppen) auch eine gewaltsame Lösung als legitim zulassen. Diese Praktiken

rechtlichen

Formulierungen,

als einen Versuch

ihrer

die

die

Legitimation

autoritären

mitbeinhalten,

stellen in concreto eine der tiefgreifenden Veränderungen dar, die

innerhalb

dieser

Gesellschaften

stattgefunden

haben

und auf die wir zu Beginn unserer Einleitung hingewiesen haben. Im tolgenden soll gezeigt werden, daß man die gewaltsame Lösung des gesellschaftlichen Konflikts und die Folgen, die sich daraus ergeben, nicht nur durch willkürliche Anwendung des liberalen Rechtes zu regeln versucht, sondern vielmehr: a) in einer ersten Etappe mittels isolierter repressiver Gesetze, die, wie im Falle Argentiniens und Uruguays, eine Zeitlang

mit

formal

demokratisch-parlamentarischen

Regierungen

koexistieren können; b) in einer

zweiten Etappe mittels

"Statuten",

"Verordnungen" 17

oder

"Verfassungsdekreten",

Verfassung

die

nur

jene

Verfügungen der

in Kraft lassen, die nicht in Widerspruch zu der

"neuen grundlegenden Gesetzgebung" stehen; c) in einer dritten Etappe mittels der Verkündigung von "Neuen Verfassungen", die die formale und inhaltliche Negierung der Prinzipien des Liberalismus darstellen. Die

Vollendung

Durchsetzung

(Chile)

wir autoritäre krete man

Realität

bestrebt

der

und

Versuch

Uruguay)

einer

etappenweisen

dieses

Prozesses, den

Institutionalisierung^ ** nennen, stellt die kondar,

ist,

Glaubwürdigkeit Bedeutung,

die

dem

Das

Prozeß

die

steigt. Wenn dies

dem

Eigenschaftswort

"neu",

Begriff des Autoritarismus

verleiht.

das dem genannten eine

oder

(Argentinien

bei

Recht

seinerseits

als

Element,

Form und Konsistenz verleiht, weitem

zutrifft,

seine

normale

erhält

Funktion

so wird allein eine

das

anzuhängen,

über-

Betrachtungs-

weise, der es gelingt, dessen Besonderheit und Funktionen innerhalb des gegenwärtigen Zustandes durch eine makro-soziologische Analyse Verständnis

zu ergänzen, in der Lage sein, einen Beitrag zum der

allgemeinen

gesellschaftlicher

Krisensituation,

Desintegration

deren

Ausmaß an

und Unbehagen die

hervorra-

gendsten Merkmale sind, zu leisten. Es geht also darum, die Funktionen besagter autoritärer Institutionalisierung

zu bestimmen, um

zu ihrer

inneren Logik

vordringen und zugleich Vorhersagen über ihre spätere Entwicklung

formulieren

zu

können.

Dies

in dem Maße,

als es

unsere

Oberzeugung

ist, daß die Analyse der institutionellen Struktur

des

Autoritarismus"

"neuen

zum

Verstehen

der

Wesensart

des

zur Zeit vorherrschenden Zustandes beitragen wird. Schließlich, da die mangelnde Aufmerksamkeit der lateinamerikanischen

kritischen

Rechtsinstanz offenkundig

Sozialwissenschaft

gegenüber

der

ist, und angesichts des hohen Bedeu-

tungsgrades derselben innerhalb des Prozesses, den wir hier beleuchten, drängt sich eine ausführliche Analyse der Gründe für diesen Mangel

18

auf.^

c. Staat, Regime und Besonderheit der Rechtsinstanz Was uns erlaubt, schen cono che,

daß

wenn

auch

die Veränderungen

im

lateinamerikani-

sur als tiefgreifend zu bezeichnen, ist die Tatsa-

diese

gleichzeitig

nicht

immer

auf

richtig

zwei

Ebenen vor

differenziert:

sich

der des

gehen, Staates

und der des Regimes. Diese Verwechslung, die im allgemeinen zu zahlreichen

Mißverständnissen

führt,

ist

insbesondere

bei der

Abgrenzung unseres spezifischen Untersuchungsgegenstandes - der Rechtsinstanz - hinderlich. Diesbezüglich Abschnitt

werden

behandelt

werden:

drei

Grundaspekte

a) Anhand

einiger

in

diesem

konkreter Bei-

spiele sollen die negativen Folgen der obengenannten Verwechslung aufgezeigt werden; b) es soll auf die Legitimität und die Notwendigkeit

einer

spezifischen Untersuchung

der

institutio-

nellen Struktur des Regimes hingewiesen werden; und c) es soll verdeutlicht werden, daß der "rechtlich-politische Oberbau" Einzeluntersuchungen

der

Instanzen,

aus denen

er besteht,

zuläßt

und sogar verlangt. Im Anschluß an die Überlegungen Poulantzas verstehen wir als Staatsformen die "Variationen der Verknüpfung des Ökonomischen und des Politischen innerhalb der von der Dominanz der KPW (Kapitalistische Produktions weise) in der Periodeneinteilung einer Gesellschaftsformation in Stadien gesetzten Grenzen. Sie bezieht sich auf eine ganze Reihe von Veränderungen der staatlichen Funktionen, die Verschiebung der Dominanz zwischen diesen Funktionen, die abweichenden Formen der Intervention des Politischen im ökonomischen und des ökonomischen im Politischen." (17) Was führungen Formen

Regimetypen Cardosos

beziehen,

Legislative

und

die der

anbelangt,

folgend,

auf

so werden wir uns, den Ausdiejenigen

zum einen die Organe Judikative

institutionellen

der Exekutive, der

untereinander

und

zum

anderen

die Gesamtheit der Bürger mit den politischen Machthabern verbinden . 1 ® Eine inadäquate Unterscheidung zwischen Staat und Regime führt im allgemeinen zu den folgenden beiden wichtigsten Fehl-

19

schlüsselt. Regime

Der

erste

gelingen

angenommen

besteht

kann,

hat,

darin,

zu behaupten,

daß

es dem

sich völlig von der Form, die der Staat

loszulösen.

Der

zweite besteht

darin,

zu be-

haupten, daß die Staatsform auf unerbittliche Art und Weise die einzelnen Charakteristiken des Regimes bestimmt. Ein die

typisches

Beispiel

des

ersten

Fehlschlusses

Einschätzungen der deutschen reformistischen

gung, die unter der

bilden

Arbeiterbewe-

Zeit des Nationalsozialismus die kapitaliiq

stische Natur ihres Staates aus den Augen verlor. Ein weiteres lichkeit Cordovas

mit

dem

Beispiel, das mutatis mutandis

ersten

gefunden

beibehält,

werden,

lateinamerikanische

die

Realität

kann

sich

beziehen.

in

auf

den die

Seine

einige ÄhnAusführungen gegenwärtige

Behauptung

(eine

zwar äußerst vorsichtig geäußerte, aber letztlich doch eine Behauptung), daß in wirtschaftlich unterentwickelten ten

der

"Oberbau"

die

"Basis" bestimme,^"

Gesellschaf-

erlaubt

zumindest,

das Vorhandensein besagter Verwechslung anzunehmen. Die Thesen 21 22 23 von Evers, Alavi und Sonntag können wir auf Grund ihrer Ähnlichkeit untereinander und der Ebene der Verallgemeinerung, auf

der

wir

augenblicklich

das

Problem

folgender Behauptung eines dieser Autoren

untersuchen,

mit

zusammenfassen:

"Der national-staatliche Rahmen besitzt für den politischen Bereich maßgebliche Bedeutung, die ihm auf der ökonomischen Ebene fehlt. Im Schutz des Souveränitätsprinzips gewinnt die politische Sphäre einen erheblichen Vorsprung an Autonomie gegenüber der ökonomischen." (24) Obwohl akzeptieren,

wir

die

Thesen

können

wir

dieser

dennoch

drei Autoren die

unsererseits

Behauptung

Cordovas

nur als übertrieben und folglich als irrig betrachten. Aber woher rührt dieser

Irrtum? Die Tatsache, daß die Arbeiten Cordo-

vas eine gewisse geistige Verwandtschaft mit den Arbeiten oben genannter

Autoren

Vermutung

aufkommen,

einer den

nicht

ganz

(Evers, daß

Alavi, seine

einwandfreien

Autonomievorsprung

der

Sonntag)

Behauptungen

besitzen, ihren

Interpretation

politischen

Sphäre

läßt die

Ursprung in

der

Gründe für

der

abhängigen

Gesellschaften haben könnten. Der Fehler wurzelt in diesem Falle, wie Evers sehr rich-

20

tig

bemerkt,

in der

Gleichsetzung des nationalen ökonomischen 25 "Basis". Unter den konkreten Bedingungen

Raumes mit besagter des

abhängigen

Kapitalismus

findet

sich

im Gegenteil die "Ba-

sis" außerhalb des nationalen Kontextes, was heißt, daß die Bestimmung des "Oberbaus" von der ökonomischen Instanz der Gebilund ? A sich im nationalen Raum mittels des Staates materialisiert. Dieses Beispiel er-

de

des

zentralen

Kapitalismus

ausgeht

weist sich überdies als geeignet, um die Komplexität wahrzunehmen, die das Phänomen der abhängigen wirtschaftlichen

Entwick-

lung in das Studium von Staat und Regime einbringt. Der zweite

Fehlschluß steht

in enger Verbindung mit den

Thesen von der absoluten Bestimmung der Formen des Regimes auf Grund der Staatsformen

(ein Staat, der hier in letzter

Instanz

lediglich eine Widerspiegelung der Produktionsverhältnisse

dar-

stellt) . Die Sakralisierung mierenden stischen

der Marxschen Texte sowie die defor-

Interpretationen Auffassungen

"Oberbau".

In diesem

des Falle

seines

Denkens

Verhältnisses annulliert

gipfeln

in

zwischen

mechani-

"Basis" und

die Bestimmung

des öko-

nomischen in "letzter Instanz" gleichzeitig die Problematik von Regime und Staat,

indem

duktionsverhältnisse Nehmen

wir

sie die 27 Analyse auf der Ebene der Prozurückhält.

ein weiteres

teinamerikanischen

Beispiel, wiederum

Raum, um besser verdeutlichen

welchem Maße diese mechanistischen

Interpretationen irrig sind.

Innerhalb des Kontextes des abhängigen der

Grad

der

Autonomie,

den

die

aus dem la-

zu können, in

Kapitalismus

ökonomische

Sphäre

ermöglicht erreicht,

die Existenz von klar differenzierten Regimen auch in Situationen,

in denen

(Staat)

nicht

sich in

die Verbindung

bedeutsamer

Weise

von

Politik

und

Wirtschaft

unterscheidet.

Mexiko und

Venezuela (parlamentarische Demokratien) sowie Argentinien 1983) und Brasilien

sere Behauptung zu illustrieren. In allen vier Ländern existieren auftretenden Elemente: 2 8

folgende

a ) ein an der Macht befindliches Klassenbündnis des

(bis

(Militärdiktaturen) ermöglichen es uns, un-

wirtschaftlich

am

stärksten

gleichzeitig

einschließlich

konzentrierten

Agrar- und

21

Industriesektors mit engsten Verbindungen zu den transnationalen Konzernen der herrschenden Mächte; b) eine

starke Abhängigkeit

von den

internationalen

tionen der Wirtschaft, insbesondere vom IWF

Organisa-

(Internationaler

Währungsfond) ; c) ein Inflationsprozeß, der sich in einer negativen Verteilung des Einkommens niederschlägt, die in erster Linie die lohnabhängigen Sektoren betrifft; d) eine

repressive

Politik

der

sozialen

Kontrolle,

die

gemäß

dem politisch-wirtschaftlichen Modell des sich an der Macht befindlichen Blocks durchgesetzt wird. Das Vorhandensein dieser Gemeinsamkeiten erlaubt es uns, Cardoso voll zuzustimmen, wenn er schreibt: "Die in Venezuela, Mexiko, Argentinien und Brasilien angesiedelten Wirtschaftspolitiken sind ziemlich ähnlich, obwohl ihre politischen Regime eindeutig verschieden sind. Ein weiteres Mal ... liegt die Verwechslung von politischen Regimen mit Staatstypen vor." (29) Wenn negativen

wir

auch

Folgen

bereits

dieser

im

allgemeineren

Verwechslung

Sinn

auf

hingewiesen

die

haben,

so ist es jetzt an der Zeit, auf ihre negativen Konsequenzen in dem speziellen Bereich, mit dem wir uns beschäftigen, hinzuweisen. Es sind dies: a) die Verhinderung einer adäquaten Charakterisierung des Staatstypus, der unter dem, was wir "neuer Autoritarismus" genannt haben, existiert und b) die Verharmlosung der Bedeutung, die der institutionellen Struktur dieses "neuen Autoritarismus"

zukommt,

indem

der

spezifische

Bereich

des

Rechtes verdeckt oder ignoriert wird. Das starke Maß an gegenseitiger Bedingtheit der beiden obengenannten den wir versuchen

Konsequenzen weist

auf einen circulus

im Laufe unserer Arbeit werden:

die

schwache

immer wieder Entwicklung

vitiosus hin,

zu

durchbrechen

eines

kritischen

Denkens im Bereich des Rechts, das die makro-soziologische Problematik

mitbeinhalten

stente Aufmerksamkeit

würde, und die geringe oder nicht exigegenüber der

Problematik

der

Rechtsin-

stanz seitens der Untersuchungen zur Theorie des Staates. Wenden wir uns wieder dem vorhergehenden Problem zu. Das er-

22

ste Symptom, das uns erlaubt, eine inadäquate des

autoritären

Staates

festzustellen,

Charakterisierung

liegt

in der Wucherung

von Adjektiven, die zu seiner Benennung gebraucht werden.^" In Lateinamerika wurden die Staaten, deren Regime die Legitimitätsformen der parlamentarischen Demokratien zerstören und in denen die

Armee,

nur

transitorisches

als

Institution Modell

handelnd, auf

ein alternatives,

politischer,

nicht

wirtschaftlicher

und gesellschaftlicher Ebene präsentiert, wie folgt benannt:^ 1 a) Militärische Staaten;"*^ mit

b) Staaten

dauerndem

Ausnahmezustand

(wobei

mit

dem

zweiten Terminus auf eine Unterbrechung der parlamentarischdemokratischen Legitimität hingewiesen wird und mit dem ersten auf seine verlängerte Dauer als Antwort auf eine allgemein gewordene politische Krise;'*'' c) abhängiger Faschismus, wegen Ähnlichkeiten mit den europäischen totalitären Erfahrungen und wegen seines untergeordneten

Eingeflochtenseins

in

34

den

kapitalistischen

Weltwirt-

schaftsmarkt; d) bürokratisch-autoritäre die

sich

Armee das

auf das

in ein Modell

von

(BAS),

und

geleitet

der

eine

Formulierung,

Miteingeschlossensein der

kapitalistischer

Technokraten

Großbürgertums

Staaten

institutionelle

Akkumulation

wird und die

transnationalen

bezieht,

Interessen des

Konzerne

bevorzugt.

Ein Modell, das eine Antwort auf die Bewegung breiter Bevölkerungsschichten Grad

(sectores

an Autoritarismus

populäres)

darstellt

in direktem Verhältnis

und

dessen

zum Grad der

Bedrohung steht, den diese d a r s t e l l e n . ^ Was

die

zweite

negative

Folge

betrifft

(Verharmlosung der

Bedeutung der institutionellen Struktur des "neuen Autoritarismus"), so führen uns die Ergebnisse, die bis zum Augenblick aus Studien

der

kritischen

Staatswissenschaft

hervorgegangen sind, dazu, folgendes

in

Lateinamerika

festzuhalten:

a) die konkreten Entwicklungsbedingungen des abhängigen Kapitalismus

im derzeitigen

bewirken

eine

Stadium

des kapitalistischen

Oberdimensionierung

der Autonomie,

Systems

der Trag-

weite und der Funktionen der politisch-rechtlichen Struktur: b) die

Rechtsinstanz

ist

innerhalb

besagter

Struktur

der im

23

Vergleich zu seinem Wert und seinen Funktionen am wenigsten untersuchte Teil; c) die

Untersuchung

Beitrag

der

Rechtsinstanz

kann

einen

erheblichen

zur Kenntnis des Wesens und der Struktur des heuti-

gen autoritären Staates

leisten.^

Es dürfte hiermit klar sein, daß die vorliegende Arbeit in

der

Hauptsache

politischen mit

einer

mit

"Oberbau" seiner

dem, des

was

man

Staates

Komponenten,

der

gemeinhin

versteht

und

als im

Rechtsinstanz,

sich

rechtlich besonderen

beschäftigen

wird. Hierbei werden wir ständig die im folgenden zitierte Bemerkung Poulantzas vor Augen haben: Es handelt sich um das, was man als rechtlich-politischen Oberbau Staat" bezeichnen könnte, wenn man dabei auf folgendes achtet: Dieser Terminus umfaßt viel zu vereinfachend zwei getrennte Realitäten, zwei relativ autonome Ebenen, nämlich die rechtlichen Strukturen (das Recht) und die politischen Strukturen (den Staat). (...) diese Verwendung darf uns jedoch nicht vergessen lassen, daß er sich auf zwei relativ unterschiedliche Ebenen bezieht, deren konkrete Verbindung jeweils von der ins Auge gefaßten Produktionsweise und Gesellschaftsformation abhängt." (37)

d. Bedeutung des Terminus

Die Tatsache,

"lateinamerikanisch"

daß wir

wiederholt

den Terminus

amerikanisch" gebraucht haben, führt zu folgenden

"latein-

Überlegungen:

Zum einen die Legitimität des Gebrauchs des Terminus zu betonen und

zwar in dem Maße, wie dieser Kontinent eine kulturelle und

potentiell Einheit

eine

bildet,

politische, zum

ökonomische

anderen,

nicht

und

gesellschaftliche

zu vergessen, daß dennoch,

obwohl es sich um eine Einheit handelt, bedeutende

Unterschie-

de bestehen. In Lateinamerika

koexistieren Regime eindeutig diktato38 rischer Art mit formal parlamentarischen Demokratien, was uns vor

die

Möglichkeit

Regimetypen Demokratie

24

zweier

hinsichtlich der gleichzusetzen

Fehlinterpretationen

stellt: beide

Instabilität und Anfälligkeit der

oder eine scharfe Trennung

vorzuneh-

inen, indem man

die

demokratischen Regime mit den Regimen des-

selben Typs im Kontext des zentralen Kapitalismus Die an

lateinamerikanische einem

Punkt

des

"Realität"

instabilen

befindet

gleichsetzt.

sich

Gleichgewichts

ohne

Zweifel

zwischen

beiden

Unterschiede

in den

Interpretationen. Auf

unserem

Kontinent

stellen

die

politischen Herrschaftsformen, in der Zusammenstellung und Verhaltensweise

der

Einflechtung

in

Zivilbevölkerung den

die für sich selbst werden,

daß

das

sowie

kapitalistischen

die

sprechen. Andererseits

Aufkommen

unterschiedliche

Weltmarkt

autoritärer

Tatsachen dar,

kann nicht verneint

Formen

politischer und

gesellschaftlicher Herrschaft eine wachsende Tendenz darstellt, der

sich

die

- in eindeutiger Minderheit

kratischen Regime ausgesetzt

befindlichen - demo-

sehen. Der unmittelbare Grund für

die Anfälligkeit der parlamentarischen Demokratie scheint darin zu

bestehen,

daß

deren

Funktionieren

einen

oder

mehrere der

folgenden Umstände voraussetzt: a) eine

im

internationalen

Kontext

stark

privilegierte

Stel-

lung; b) die Möglichkeit, daß eine einzige Partei wirklich - als ein von Widersprüchen nicht ganz freier Ausdruck

der

Interessen

der herrschenden Klassen - die Regierungsfunktionen c ) ein

hoher

Grad

an

Desorganisation

und/oder

zwischen den progressiven politischen quate Kanalisierung

der Forderungen

ausübt;

Konfrontation

Kräften, der die adä-

der unteren Klassen er-

schwert oder unmöglich macht; d ) Formen

der

quasi

diktatorischen

Herrschaftsausübung, die

formal die institutionellen Strukturen der parlamentarischen 39 Demokratie beibehält. Diese summarisch beschriebene lateinamerikanische lichkeit"

stellt

senschaftler

eine

nicht

Herausforderung

als

einfaches

dar,

passives

die der

"Wirk-

Sozialwis-

Subjekt

oder

als

"neutraler" Beobachter angehen kann. Das Verstehen-Wollen dieser komplexen Realität, die Weigerung,

schwarzweißmalerische

und

ideologische Schemata zu ak-

zeptieren, das Eintreten für Formen gemeinschaftlichen Zusammenlebens

stellen

die

Grundlage

für

eine

sozialen

Sozialwissen-

schaft dar, die unsere "Realität" vor eine unausweichliche Ent-

25

Scheidung stellt: kritisch zu sein oder zu einem mehr oder weniger

raffinierten

Instrument

der

Unterstützung

und

der

Legitimierung des Unrechts zu werden.

e. Themen und Arbeitshypothesen Die Hauptthemen der vorliegenden Arbeit sind im besonderen zwei: der Autoritarismus und seine Wenn

es

im

allgemeinen

Institutionalisierung.

immer

möglich

ist,

einige

Verbindungen zwischen diesen zwei Themenbereichen zu entdecken, so ist die Verbindung

im Kontext des heutigen cono sur so eng,

daß das Verstehen des einen eine conditio sine qua non für das Verständnis der übrigen darstellt. Dieser

besonderen

Charakteristik

Rechnung

tragend

kann

man sagen, daß alle hier behandelten Probleme um die genannten Hauptthemen kreisen. Kapitel

I versucht, die Mehrdeutigkeit des Begriffs Au-

toritarismus zu beseitigen und eine auf die untersuchte

latein-

amerikanische Realität anwendbare Definition vorzuschlagen. Die

Kapitel

II,

III, IV und V bilden in gewisser Weise

eine Einheit. In ihnen wird davon ausgegangen, daß das weltweite

kapitalistische

System

eine

konfliktvolle

Gesamtheit dar-

stellt, die aus einem zentralen und einem peripheren Kapitalismus besteht, wobei letzterer sich in einem untergeordneten Verhältnis

befindet.

Darüber

hinaus

ist das System in seiner Ge-

samtheit heute von einer Krise betroffen, die sich - insbesondere

durch

Veränderungen

im Staat

- im Aufkommen

autoritärer

Formen der Führung der Zivilbevölkerung ausdrückt. Die besagten autoritären hervor

cherheit den),

Formen

rufen

ihrerseits

theoretische

Überlegungen

(von denen wir als Beispiel die Doktrin der Inneren Sidie

(DIS) und die Theorie N. Luhmanns herausgreifen werihnen

in objektiver

und

subjektiver

Weise

Elemente

der Legitimation verschaffen. Folglich werden wir zunächst versuchen sicn

aufzuzeigen,

in Formen eines

wie

die

Krise des

zentralen

Kapitalismus

latenten Autoritarismus ausdrücken kann,

welchem theoretische Reflexionen derselben Art entsprechen. Danach werden wir versuchen, zu zeigen, daß die Krise im periphe-

26

ren

Kapitalismus

mus

ausdrückt,

rung

annehmen

seiner

sich

in Formen

eines manifesten

der verschiedene kann

und

Legitimation

vergleichenden

dem

Ebenen

werden

Zuletzt,

wir

die - effektiven und potentiellen zwischen den theoretischen

Institutionalisie-

theoretische Reflexionen

entsprechen.

Analyse,

der

Autoritaris-

und mit

aufzuzeigen

zum Ziele

Hilfe einer

versuchen, daß

- Ähnlichkeiten viel stärker

als zwischen den tatsächlichen Rea-

litäten des Autoritarismus selbst bestehen. Die praktischen Konsequenzen

aus diesem Umstand bleiben

fürs erste noch unbekannt. Zweifellos hindert uns nichts daran, anzunehmen, daß eine mögliche objektive Annäherung beider theoretischer zialer

Reflexionen

Kontrolle

autoritär wären und verfeinerter führung

im

führen

und

zentralen könnte,

Kapitalismus

zu Formen so-

auf viel

manifestere Art

im peripheren Kapitalismus

zu solchen, die

perfekter

die

wären.

der vorgeschlagenen

Von daher erhält die

vergleichenden Analyse

Durch-

ihre Bedeu-

tung. In Kapitel VI wird eine Analyse der autoritären tionalisierung und ihrer einzelnen Ausprägungen

Institu-

(in Argentinien

Uruguay und Chile) mit dem Ziel durchgeführt, am konkreten Fall sowohl

die

Wirklichkeit

Gründe

und

Umstände

des

genannten

zu verstehen,

die

Prozesses den

als

Obergang

auch die von

einer

seiner Etappen zur anderen erklären. In Kapitel

VII

werden

die

im

lateinamerikanischen

Kon-

text bedeutendsten staatstheoretischen Arbeiten daraufhin durchgesehen, welchen Wichtigkeitsgrad

sie der Rechtsinstanz beimes-

sen. Es wird in diesem Falle davon ausgegangen, daß besagte Instanz

ignoriert

beträchtlichem beeinflußt.

oder zu wenig untersucht wird und daß diese in Maße

Unter

die

den

Entwicklung

verschiedenen

der

Staatstheorie

Gründen

selbst

für diesen Mangel

kommt dem Fehlen einer kritischen Strömung im Bereich des Rechtes eine Vorrangstellung Das

Problem

zu.

stellt,

wie

schon

gesagt wurde, einen Teu-

felskreis dar, da das Fehlen eines kritischen juristischen Denkens auch zum Teil diesem Versäumnis der Staatstheorie zu verdanken ist. Die Möglichkeit, aus dieser Sackgasse den, hängt von einer gegenseitigen Annäherung nen

ab.

Die

Absicht

einer

solchen

herauszufin-

beider Diszipli-

gegenseitigen

Annäherung

27

stellt ein weiteres Globalziel dieser Arbeit dar. In

Kapitel

VIII

werden

theoretische

Überlegungen über

die Funktionen der Rechtsinstanz unter den Voraussetzungen des derzeitigen Autoritarismus dargelegt sowie über die wichtigsten Merkmale

der

politischen

Beziehungen

besagter

Instanz

sozialen Akteuren, die die autoritäre Wirklichkeit

28

zu den

ausmachen.

ERSTER TEIL:

AUTORITARISMUS

Kapitel I: Autoritarismus und neuer Autoritarismus in Lateinamerika

1. Einige Oberlegungen zum Begriff des Autoritarismus Wenige Politologie

Begriffe

aus dem Bereich der Soziologie und der

sind zugleich so oft benutzt und so vage definiert

worden wie der des Autoritarismus. Aus diesem Grunde ist es angebracht, für

den Bereich dieses

unsere

Untersuchung

Begriffes, soweit er das Problem

betrifft,

so genau wie möglich

abzu-

grenzen. Es geht darum, zu bestimmen, welche wesentlichen Merkmale vorhanden sein müssen, damit ein politisch-soziales Herrschaftssystem als autoritär angesehen werden kann. Nur so wird es danach möglich

sein, die Besonderheiten des Autoritarismus

im Kontext des lateinamerikanischen cono sur zu ermitteln. Wir

glauben,

behaupten Phasen

zu

können,

kennt,

die

daß der Begriff des

Autoritarismus

zwei

der Entwicklung

konkreter historisch-politischer

in

Verbindung

mit

Umstände ste-

hen. In Epochen, die vor dem Aufkommen der national-sozialistischen und faschistischen Regime liegen, scheint der Begriff auf die Konzentration und den illegitimen Gebrauch der Macht angewandt zu werden. Er wird in gewisser Weise als eine Abweichung oder eine Verzerrung des Begriffs "Autorität" betrachtet. 1

So

verweist der Begriff des Autoritarismus in diesen Fällen insbesondere

auf

die Analyse

des

absolutistischen Staates wie auch

all jener Regierungsformen, die auf die eine oder andere Weise ihre Praxis mit derjenigen dieses Staatstypus verbinden. Die hier darzulegenden Oberlegungen stehen aber mit der Verwendung des Begriffs seit den zwanziger Jahren unsere Jahrhunderts in Zusammenhang, was, nebenbei bemerkt, einen weiteren Schritt

bei

der Aufgabe

der Umschreibung seines

Anwendungsge-

bietes darstellt. In der zeitgenössischen Verwendung des Begriffs

Autori-

29

tarisraus stellt die Verschiedenheit der Kriterien in bezug auf seine Bedeutung, wie wir schon bemerkt haben, den herausragendsten Aspekt dar. Dennoch scheint es ein gemeinsames Element zu geben - sei es durch Gegenüberstellung oder Gleichsetzung - in bezug

auf

das

Phänomen

nämlich den Begriff

der

autoritären

des Totalitarismus,

politischen

Systeme,

der ohne Zweifel eine

viel kürzere Geschichte besitzt als der vorher genannte.

1.1 Autoritarismus versus Totalitarismus Als Beispiel dessen, was wir am Ende des vorhergehenden Abschnittes einen Fall von Gegenüberstellung genannt haben, definieren

einige

soziologische

Wörterbücher

den

Autoritarismus

(nach dem Hinweis, daß er oft irrtümlich mit dem Totalitarismus identisch gesetzt wird) als: "... eine Verteilung der politischen Herrschaft, bei der alle wesentlichen Entscheidungen von einer Person bzw. von kleinen herrschenden Gruppen getroffen werden können, weil entweder eindeutige Begrenzung der legislativen oder exekutiven Staatsgewalt durch liberale und demokratische Institutionen der Mitbestimmung und Kontrolle fehlt ..." (2) Von diesem Urteil

ausgehend konkretisiert

sich die Defini-

tion unter Zuhilfenahme einer scharfen Unterscheidung gegenüber dem Begriff des Totalitarismus: "Vom Totalitarismus unterscheidet den Autoritarismus, daß nicht versucht wird, ein die Gesellschaft generell bestimmendes ... Wertsystem etwa mit Terror oder Zwang durch ein neues zu ersetzen." (3) Aber wenden wir uns wieder dem Problem der Vagheit der Definition von Autoritarismus doxerweise

gleichzeitig

zu. Diese Definition kommt para-

der Vertiefung

des Verständnisses des

Begriffs von Totalitarismus zugute, über den ein gewisser Konsens

zu bestehen

scheint, den man so zusammenfassen kann: ei-

nerseits ein hoher Grad an Identifikation der bürgerlichen Gesellschaft

mit

einem

der Gewalt

die

individuellen Freiheiten der Bürger

30

Staat,

der mittels verschiedener

Ebenen

abschafft,

und

andererseits

die

effektive

Kontrolle

dieses

Staates über

jede Aktivität der bürgerlichen Gesellschaft. In diesem Sinne

scheint

sich zum Beispiel die Äußerung

Franz Neumanns zu orientieren, wenn er zu bedenken gibt, daß "die Zerstörung der Grenzlinie zwischen dem Staat und der bürgerlichen Gesellschaft und die daraus folgende Politisierung der gesamten Gesellschaft" (4) eine der wesentlichen Charakteristiken des Totalitarismus ist. Auch Alberto Aquarone teilt diesen grundsätzlichen wenn

er

in seinem

hervorragenden

Werk

über den

Konsens,

italienischen

Faschismus meint: "Unter dem Faschismus gelang es dem totalitären Staat, als Integration der Gesellschaft in den Staat, nie, sich wirklich in einen solchen zu verwandeln. Selbst zu Zeiten des größten Erfolges nach außen und der stärksten Durchsetzungskraft nach innen war das Regime immer weit davon entfernt, eine vollständige Identifikation der italienischen Gesellschaft zu erreichen." (5) Das

bisher

Gesagte

erlaubt

uns,

anzunehmen,

daß

es in

keinster Weise möglich ist, die Militärdiktaturen des cono sur mit den Systemen des totalitären Typs zu identifizieren, deren Ausdruck

im nationalsozialistischen

Regime,

in

einigen

soge-

nannten Volksdemokratien Osteuropas und - in schwächerem Maße im italienischen Faschismus gesehen werden kann. In Lateinamerika im allgemeinen und besonders unter den repressiven Regierungen sind zwischen dem Staat und der bürgerlichen

Gesellschaft

äußerliche

Beziehungen

vorherrschend. Das

heißt, daß nicht nur der Staat als ein Fremdkörper wahrgenommen wird, sondern auch der effektive Grad der Kontrolle der bürgerlichen Gesellschaft relativ niedrig bleibt. Dies

bedeutet nicht, daß die lateinamerikanischen Mili-

tärdiktaturen, was die Gewalt angeht, nicht mit den totalitären Regimen wetteifern könnten, da das Gegenteil nicht nachzuprüfen ist^

- eine Situation, die im übrigen in direktem Widerspruch

zu der

Definition

G. Hartfields

(vgl. Anmerkung

(2))

steht,

insofern, als sie Terror und Zwang ausschließlich als Züge totalitärer Staaten betrachtet. Es handelt sich hier im Gegenteil und aus politisch-strukturellen Gründen, über die wir uns noch

31

später auslassen werden, um das (zumindest derzeitige) Unvermögen des lateinamerikanischen repressiven Staates, die Techniken der sozialen Kontrolle

zu verfeinern, wofür mindestens folgen-

des nötig wäre: a) materielle Grundlagen, die es erlauben würden, ein Legitimationsprinzip zu errichten; b) ein bestimmter Grad der Unterstützung

durch die Bevölkerung

und c ) der Verlaß auf die adäquaten technologischen Hilfsmittel. Mit anderen Worten, "Wir müssen einsehen, daß wir keine Fälle untersuchen, die dem Nazi-Deutschland gleichen, einem System, das imstande war, viel vollständigere Formen der Kontrolle einzurichten und beizubehalten. Der lateinamerikanische Autoritarismus ist immer noch "unterentwickelt": er kann foltern und töten, aber keine vollständige Kontrolle über das Alltagsleben ausüben. Der Staat ist stark genug, um seine Aufmerksamkeit und seinen repressiven Apparat auf die sogenannten subversiven Gruppen zu richten, aber er zeigt sich nicht so effektiv, wenn er die Universitäten und selbst seine eigene Bürokratie kontrollieren soll. Es wäre unvorsichtig, die auf diesem Gebiet kürzlich errungenen Fortschritte zu verkennen, wenn auch das Fehlen einer Partei, um die Feinde des Regimes zu beobachten und zu denunzieren, die Aufgabe der Kontrolle erschwert. Die Repression war, bis jetzt, eher eine Aufgabe für die Polizei denn für die Politiker." (7)

1.2 Die Studie

Gino

Germanis:

Der

Totalitarismus

als Exponent

des modernen Autoritarismus Wir rekonstruieren nun kurz eine andere

Interpretation,

in der die Begriffe Totalitarismus und Autoritarismus als völlig identisch erscheinen. Es handelt sich um Gino Germanis Werk Q

"Autoritarismo, fascismo e classi sociali". Zuvor uns

zu einer

sei

bemerkt,

Beschäftigung

daß

die

konkreten

mit Germanis Werk

Gründe,

führen,

die

folgende

sind: a) der große Einfluß seines Denkens im Bereich der lateinameri-

32

kanischen Soziologie und Politologie besondere

in

Soziologen

Argentinien,

und

von

Politologen

(man könnte fast, ins-

einer

ganzen

sprechen,

die

Generation von

durch

die

Schule

Germanis gegangen sind) und b ) die Tatsache, daß man, wie wir hen

werden,

seinen

Aussagen

im weiteren Verlauf noch se-

zufolge

des cono sur die Charakterisierung müßte

- ein

den

Militärdiktaturen

als autoritär

absprechen

Punkt, hinsichtlich dem wir eine völlig

andere

Meinung vertreten. Dieser

Autor

beginnt

unter Autoritarismus

(ohne

explizit

darzulegen,

versteht) mit folgender Hypothese

was er zur Er;

klärung seines Auftretens: "Man kann die Hypothese formulieren, daß die der modernen Gesellschaft innewohnende strukturelle Spannung zwischen dem wachsenden Säkularisierungsprozeß und der Notwendigkeit kleinster Keime präskriptiver Art, die erforderlich sind, um die Integration aufrecht zu erhalten, einen grundlegenden Faktor für das Auftreten autoritärer Formen darstellt." (9) Als wichtig für ein Verständnis der vorhergehenden Definition erweist es sich, die Bedeutung des Begriffs

Säkularisie-

rung

bei

bei

gleich

Germani

grundlegend

zu verstehen, da für

die

dieser

Bestimmung

schaften der modernen Gesellschaft

Begriff

der distinktiven

ihm zuEigen-

ist:

"Die Definition der modernen Gesellschaft geht vom Begriff der "Säkularisierung" aus ... zusammenfassend handelt es sich um folgendes: die moderne Gesellschaft zeichnet sich gegenüber allen anderen Typen von Gesellschaft eher durch die Tatsache des Vorherrschens - oder zumindest des Umfangs - von Bereichen, die nach dem normativen Schema der "Wahl"-Handlung oder durch individuelle Wahl geregelt sind, aus, denn durch Handlungen des "präskriptiven" Typs, wie sie in der nicht-modernen Gesellschaft vorherrschend sind." (10) Betrachten mani erlaubt

wir

das

Problem

noch

etwas näher. Nach Ger-

es der Begriff der "Säkularisierung", die charak-

teristischen Züge der modernen Gesellschaft zu erkennen. Von da aus ist es seiner Meinung nach möglich, zwei Typen von Autoritarismus zu unterscheiden, den traditionellen und den modernen.

33

Ersterer

stünde

"Subsystemen",

im

Zusammenhang

diese

"Aktivitäts-Sphären" oder

die Handlungen

in denen

vorherrschen;

mit

des präskriptiven Typs

(präskriptiven) Verhaltensarten

laufen ge-

mäß verinnerlichter Muster ab, die alternative oder abweichende Antworten nicht zulassen. In diesen Fällen ist der Autoritarismus

impliziter

cher von den funden. und

Bestandteil

Dort, wo

folglich

Kultur und wird nicht als sol-

im Gegenteil, die Handlungen des

die

vorherrschen, Handlung

der

Individuen, die seine Adressaten darstellen, empHandlungsnorm

wird

oder

jedweder

Entscheidung

nach

Zwang, zu

der der

hindern,

"Wahl"-Typs

eigenen dahin als

Entscheidung

tendiert, ein

diese

Ausdruck von

"Autoritarismus" wahrgenommen. Im Hinblick auf die soziale Kontrolle findet in den präskriptiven Situationen (nach Germani) "natürlich" dasselbe mittels verinnerlichter Verhaltensweisen statt, insbesondere durch die

primäre

Sozialisation.

In

"Wahl"-Situationen

beschränkt

sich dagegen die Kontrolle auf die Kriterien der Wahl und nicht auf die Wahl selbst. Dies ist in dem Maße möglich, wie in diesen Fällen die Sozialisationsprozesse immer mehr letzteren

zu

einem

Fall

haben

Wiedereinführung tendieren,

nicht

Mechanismen

der

gung

Produkt die

oder oder

von

immer weniger spontan und

Erwägungen

autoritären

Neuschaffung nur

werden.

Lösungen,

von

zu

präskriptiven

in begrenzter Weise die

vorindustriellen

In diesem

die

Gesellschaft

zu

einer Keimen

"spontanen" ihrer

Verfü-

(laut Germani, verinner1ichte Muster, denen gegenüber al-

ternative oder abweichende Antworten undenkbar

sind).

Daher müssen äußere Kontrollen von zwei Arten angewandt werden: a) die gewaltsame

Repression, die aber normalerweise nicht auf

die Gesamtheit der Bevölkerung angewandt werden kann; und b ) Formen unter

"künstlicher" Nutzung

Sozialisierung

der Mittel,

die

oder

Resozialisierung

die moderne Wissenschaft und

Technologie bereit halten. Und Germani fährt fort: "was wesentlich ist am modernen Autoritarismus, insbesondere in seiner ""''reinen" Form, d.h. am Total 'i"tarfsr.ius im engeren Sinn, (11) ist die

34

Tatsache, daß das Ziel dieser geplanten Sozialisierung oder Resozialisierung die Umwandlung der gesamten Bevölkerung in militante Ideologen und aktive Mitwirkende ist. Dies folgt aus dem Umstand, daß die moderne industrielle Struktur in ihren unterschiedlichen Formen eine gewisse aktive Mitarbeit aller Bewohner des Landes verlangt." (12) (Unsere Unterstreichung) Nach hauptung,

der

daß

Autoritarismus Behauptung rung

in

seinem

der sei,

führt

zu erläutern,

aufkommen

Buch

noch

Totalitarismus

lassen,

oftmals

die

Germani

reine

neue

wiederholten BeForm

wir mit

modernen

Elemente ein, um seine

deren Widersprüche

die

des

aber eine Verwir-

unserer

Kritik

aufzulösen

versuchen werden. Diese neuen Elemente findet man in folgender

Behauptung:

"traditioneller Autoritarismus und moderner Autoritarismus sind offensichtlich Konstruktionen, Idealtypen, denen man nie in reiner Form begegnet: alle historischen Formen sind das Ergebnis der individuellen Verschmelzung zweier Elemente" (dem traditionellen und dem modernen). (13) Hier entspringt die von Germani oft gemachte Unterscheidung

zwischen

"Totalitarismus"

(näher

zum

modernen

Pol) und

"Autoritarismus" (näher zum traditionellen Pol). Die erste

Bemerkung,

die man zu der Hypothese

Germanis

vorbringen kann, bezieht sich auf seine besondere Betrachtungsweise der Geschichte. Schon

nach

bemerkt

man

einen

Bildung

seiner

kürzerer hohen

Beschäftigung

Grad

Typologien,

mit

seinen

Aussagen

historischer Abstraktion

worin,

unserer

Meinung

bei der

nach, die

Quelle der Mißverständnisse und Widersprüche liegt. Dies drückt sich grundsätzlich darin aus, daß die Kriterien für die Erstellung

eines

historischen

Oberblicks

in

vorherrschender

Weise

politischer und ideologischer Art sind. So kann man z.B. am Ende der Einleitung zu seinem Buch folgendes

lesen:

"... die neuen Formen des Faschismus (oder funktionale Ersatzformen desselben) und die autoritären Tendenzen der fortgeschrittenen Industriegesellschaft werden hier nicht berücksichtigt werden, aber es wird die Prämisse aufrecht erhalten, daß solche Tendenzen ein wesentlicher Ausdruck der modernen Struktur sind." (14)

35

Obwohl ein

man

Phänomen

vorher

ist,

gesehen

das

"dem

und daß der Autoritarismus

hat, daß der

modernen

Pol

Totalitarismus

sehr

nahe

ist",

ein Phänomen ist, das "sehr nah am

traditionellen Pol ist", finden wir am Ende der Einleitung, daß in

der

modernen

auf

die

die

sich

präsentierenden

auch eine ritär,

Industriegellschaft

fortgeschrittenen funktionale

jedoch

in

letzte Behauptung

(ein

westlichen Tendenzen

Länder)

faschistisch oder

derselben,

einzigen

ist besonders

Hinweis

entweder

Substitution

keinem

eindeutiger

kapitalistischen

Fall

oder aber

totalitär

sind.

autoDiese

irrig, da, wie wir schon Gele-

genheit hatten zu bemerken, die Elemente, die es erlauben, ein Regime als totalitär zu bezeichnen, sich ebenso innerhalb eines kapitalistischen

Systems

(Nationalsozialismus,

Faschismus) wie

innerhalb des sozialistischen Systems (einige politische Systeme der Länder Osteuropas) finden lassen. Das zweite Element der Kritik bezieht sich auf das Problem der "Internalisierung" oder "Externalisierung" der Repression im Bereich der sozialen Kontrolle als Elemente, die geeignet

wären,

die

moderne

und die traditionelle

Gesellschaft zu

definieren und voneinander abzugrenzen. Zuvor muß bemerkt werden, daß nach anderen Arbeiten Germanis 1 ^ die europäischen Gesellschaften

des

spiel moderner

fortgeschrittenen

Gesellschaften

lateinamerikanischen

als

Kapitalismus

angesehen

im Obergang

als

ein Bei-

werden können und die

befindliche

Gesellschaf-

ten, in welchen sich jedoch unzählige Elemente finden, die nach seiner

Typologie

die

traditionellen

Gesellschaften

kennzeich-

nen . Von Behauptung

daher

ist es nicht

schwer, den Widerspruch

zu erkennen, daß in Gesellschaften mit

in der

"präskripti-

ver" Handlungsweise (traditionelle Gesellschaften) "das Verhalten gemäß verinner1ichter ternative Antworten

Muster

undenkbar

abläuft, denen gegenüber al-

sind" und daß in Gesellschaften

mit vorherrschender "Wahlhandlung" (fortgeschrittene gesellschaften) als

ein

Zeichen

jeder von

Industrie-

Zwang, der diese Wahl zu hindern Autoritarismus

wahrgenommen werden

sucht, wird.

Beginnen wir mit der zweiten Behauptung: diesDezUglich sind die Arbeiten

36

H.

Marcuses 1 ^

über

die

Probleme

im Zusammenhang mit

der Internalisierung der Repression deutlich und profund genug, um dieses Argument zunichte zu machen. Der

gemessen

am

an Präskriptibi1itat tenen

Kapitalismus

peripheren

Kapitalismus

der sozialen Beziehungen

steht

vor

allem mit

zwei

niedrige

im

Grad

fortgeschrit-

Elementen

in

Zu-

sammenhang : a) die der bürgerlichen Gesellschaft im hohen Maß eigene Fähigkeit, sich

in

ihrer

eigenen

im peripheren

Mitte

Widersprüche

Kapitalismus

direkt

aufzulösen, die

und

unmittelbar auf

den Staat übertragen und b ) die

Verinnerlichung

mittels

vom

Staat

gewünschter

einer effizienten Anwendung

Verhaltensweisen

der technologischen Er-

rungenschaften auf dem Gebiet der sozialen Kontrolle. Hinsichtlich der ersten Behauptung, die sich auf die Gesellschaften

mit präskritpiver Handlungsweise

bezieht,

sere Hypothese der von Germani vorgetragenen gänzlich

ist un-

entgegen-

gesetzt. Unserer Meinung nach (und wir werden später versuchen, dies

ausführlich

zu

zeigen)

Präskriptivität

in

lieber

Ausdruck

mit

sozialen

dem

einer

Beziehungen"

"hoher

stattfindenden

Verinnerlichung oder

wenn

vom

will,

Kritik

an den

unseren

gerade

Staat

in

Grad

an

den wir

der

der

nicht

erwünschten Ver-

Situationen

stärksten

der gegenteiligen an-

Verhaltensweisen.

Ausführungen

speziellen

hohe

Umstand,

'Juridifizierung 1

an

Konfliktes, der Verinnerlichung

Die auf

der

(ein

würden)

der

man

statt der vom Staat erwünschten blick

Grad

benennen

haltensweisen, sozialen

entspricht

Gesellschaft

Germanis

zeigt, im Hin-

Untersuchungsgegenstand,

die Un-

möglichkeit, das Verständnis des Autoritärismus im lateinamerikanischen deren

cono

hoher

Ideologismus

sur

auf

Grund von Gedankengängen

Abstraktionsgrad die

Ergebnisse

ebenso für

eine

wie

ihr

zu vertiefen,

Ahistorismus und

Anwendung

auf einen kon-

kreten sozio-historischen Prozeß unbrauchbar machen.

37

1 .3 Die Untersuchung von Juan Linz: ein Beitrag zur Erforschung des Autoritarismus in Lateinamerika Im Rahmen unserer Aufgabe,

in der Präzisierung des Be-

griffs Autoritarismus voran zu kommen, erweist es sich als un17 ausweichlich, auf eine Arbeit von Juan Linz über autoritäre Regime hinzuweisen. Dieser 1975 veröffentlichte Aufsatz ist die überarbeitete Fassung eines 1964 unter dem Titel "An Authoritarian Regime: The Case of Spain" publizierten Artikels. Schon der Titel bietet uns'einen höchst wichtigen Hinweis, den es zu bedenken gilt: jede theoretische Arbeit über den Autoritarismus hat einen konkreten sozio-historischen Prozeß zur Grundlage, sei es implizit und konfus (wie im Falle Germanis) oder explizit (wie bei Linz). Wir halten diesen Aufsatz Treffsicherheit Beitrag

zur

und

Analyse

von Linz wegen seiner

Reichhaltigkeit des

Problems

für einen

des

sur, weswegen wir eine Zusammenfassung

theoretischen

ausgezeichneten

Autoritarismus

im

cono

seiner Argumente darle-

gen. In

erster

Linie

muß

man

in diesem

Fall

bemerken, daß

die Untersuchung des autoritären Systems sich von dem zu lösen beginnt, was man mit einem gewissen Konsens demokratisches oder totalitäres Regime nennt.

In diesem Sinne definiert Linz auto-

ritäre Systeme als: "Politische Systeme mit begrenztem politischen Pluralismus, die sich der Verantwortung entziehen und denen eine ausgearbeitete Ideologie als Leitlinie fehlt, aber mit charakteristischen Mentalitäten, ohne extensive und intensive politische Mobilisation, außer zu gewissen Zeitpunkten ihrer Entwicklung, in denen ein Führer oder bisweilen eine kleine Gruppe innerhalb formal schlecht definierter aber in Wirklichkeit vorhersagbarer Grenzen die Macht ausübt." (18) Wie wir

es

schon gesagt

haben und wie

es die oben zi-

tierte Autoritarismusdefinition bestätigt, ist es nicht schwer, hinter

dieser

Definition

gimes wiederzuerkennen.

die

Dieses

Regime, das

des

Franco-Re-

zu seiner Zeit ein

für

darüber

noch einige Elemente besaß, die auch die Mili-

38

Regime

Züge

Musterbeispiel hinaus

autoritäre

wichtigsten

abgeben

konnte

und das

tärdiktaturen des cono sur kennzeichnen, weist dennoch wesentliche Unterschiede gegenüber eben diesen auf, was eine völlige der beiden und folglich eine vorbehaltlose Aniq wendung der Linzschen Definition verbietet. Identifikation

Wir werden daher mit den Zügen beginnen, die dem Frankismus und den lateinamerikanischen Militärdiktaturen gemeinsam sind,

um

danach

sich

voneinander

neue

Definition

auf jene

Elemente

unterscheiden von

hinzuweisen,

und

auf

Autoritarismus

zu

Grund

durch die sie

derer

formulieren

wir

eine

versuchen

werden. (1) Linz meint: "Im Gegensatz zu einigen anderen, die sich mit dem Totalitarismus beschäftigen, ziehen wir es vor, von Regimen statt von Gesellschaften zu sprechen, da die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft (in autoritären Systemen) nicht gänzlich ausgeschaltet ist, selbst nicht in den Absichten der Regierenden." (20) Dieses

Oberdauern der Unterscheidung

zwischen Staat und

Gesellschaft (das andererseits, wie wir gesehen haben, grundlegend

ist

für

eine

Totalitarismus)

Unterscheidung

entspricht

zwischen

gleichzeitig

Autoritarismus und

und

in

widersprüchli-

cher Weise sowohl dem Wunsch (der Absicht) der Regierenden, wie es

Linz

bemerkt,

als

auch einer faktischen Unmöglichkeit, die

mit der Struktur der Gesellschaft und den angenommenen Legitimationsformen ren

zusammenhängt. So gesehen kann man die autoritä-

Herrschaftssysteme

gemeinsam

dem

(wahrscheinlich

nicht

einheitlichen)

Typus des abhängigen Kapitalismus zuordnen. Als

solche

sie

können

keine

Grundlagen

materieller

Legitimierung

entwickeln. Dies

ist der Fall der wirtschaftlichen Abhängigkeit des

frankistischen schen

Spanien

oder

Militärdiktaturen,

der

jeweils

derzeitigen gegenüber

lateinamerikaniden

Vereinigten

Staaten. Diese Untersuchung erlaubt es auch, die Bedeutung abzuschätzen, schismus merkung

die

diesem

zukommt 5)

Element

im

Falle

des

italienischen Fa-

für das Verständnis der von A. Aquarone (An-

erkannten

Schwierigkeiten

dieses

Staates,

sich in

einen autoritären zu verwandeln. Das gleiche gilt für den (ge-

39

messen an der Identifikation zwischen bürgerlicher Gesellschaft und Staat) relativen Erfolg des stalinistischen Experiments in der UdSSR und des nazistischen

in Deutschland,

sich

in

einen

hochgradig totalitären Staat zu verwandeln. (2) Der zweite Aspekt bezieht sich auf den Gebrauch des Terminus Mentalität bezeichnen,

anstatt

Ideologie, um die Art und Weise zu

in der programmatisch

das Gesellschaftsmodell von

den an der Macht befindlichen Gruppen verwirklicht wird: "Bei der Definition autoritärer Regime ziehen wir den Gebrauch des Wortes Mentalität dem des Wortes Ideologie auf Grund der von dem deutschen Soziologen Theodor Geiger vorgenommenen Unterscheidung vor. Für ihn sind Ideologien ausgearbeitete und mehr oder weniger intellektuell geordnete Denksysteme, die oft schriftlich niedergelegt sind und von Intellektuellen oder Pseudo-Intellektuellen stammen oder mit ihrer Hilfe verfaßt wurden. Mentalitäten sind eher emotionale denn rationale Formen des Denkens und Fühlens, die nicht kodifizierte Formen der Reaktion auf bestimmte Situationen hervorbringen." (21)

Sowohl der Frankismus als auch die Militärdiktaturen des cono

sur

sind

durch

ein ungegliedertes

und

widersprüchliches

Ganzes von Äußerungen gekennzeichnet, die im ersten Fall besonders

die

nationale

Einheit,

die katholische

Religion und den

Respekt vor den hierarchischen Werten unterstützen und im zweiten ihre Synthese oder "Oberwindung" in den Postulaten der sogenannten "Doktrin der Inneren Sicherheit" (DIS) finden. In beiden Unfähigkeit Ideologie

Fällen

(zumindest

zu etablieren,

schaft zu mobilisieren,

erscheint auf

als gemeinsames

absehbare

Zeit),

eine

Element die umfassende

die nicht nur fähig wäre die Gesellsondern die minimal mit ihrer passiven

Zustimmung rechnen könnte - eine Haltung, die man nur teilweise und nur in außergewöhnlichen Lebensumständen des Regimes, meistens unter Zuhilfenahme von Zwangsmethoden, erreicht. Es passive

ist

zugleich

Zustimmung

als

merkwürdig eine

und bezeichnend,

Legitimierungsform

"sui

daß

diese

generis"

(negative Legitimierung (sie)) von denjenigen Autoren angesehen wird, die autoritäre Regime als Präventivreaktion gegenüber einem hypothetischen Totalitarismus rechtfertigen und gutheißen.

40

Die Konzentration der Macht im Staat beschränkt sich nicht bloß auf die totalitären Systeme. Man kann sie ebenso, wenn auch in schwächerem Maße, in jenen Militärdiktaturen wiederfinden, die an die Stelle von ineffizienten konstitutionellen Regierungen getreten sind, wie in Pakistan, Portugal oder Brasilien. Solche Diktaturen wurden meist eingesetzt, um vor der Drohung durch eine mögliche Machtergreifung seitens einer totalitären Bewegung zu schützen ... Spanien besaß (zu Beginn des Frankistischen Regimes) viele Eigenschaften eines totalitären Regimes. Das Regime wurde jedoch schrittweise in eine persönliche Militärdiktatur umgewandelt ... Dieses weist zahlreiche Parallelen zu den lateinamerikanischen Militärdiktaturen auf. Zum Beispiel stützen sich beide auf die militärische Macht, auf die Rechtfertigung durch die Kirche und auf einen Typus der negativen Legitimierung, die sich in der Apathie des Volkes ausdrückt." (22) (Unsere Unterstreichung) In den folgenden Kapiteln werden wir uns im Detail diesen

Problemen

zuwenden.

Fürs

erste

sei

hier

nur

bemerkt, daß

die angenommene Apathie des Volkes im Falle Lateinamerikas eine Folge

der Einschüchterung

und der Gewalt ist, die von den re23 pressiven Organen des Staates ausgeht. Gehen wir nun zur Behandlung eines

Unterscheidungsmerk-

mals von zentraler Bedeutung für die Spezifizierung des lateinamerikanischen "Autoritarismus" über. Linz meint: "In einigen dieser Regime ist eine einzige oder privilegierte offizielle Partei eine mehr oder weniger wichtige Komponente des begrenzten Pluralismus. Auf dem Papier beanspruchen diese Parteien oft die monopolistische Macht der totalitären Parteien und üben wahrscheinlich dieselben Funktionen aus, aber in Wirklichkeit muß man sie von diesen klar unterscheiden. Das Fehlen einer politischen Partei oder ihre Schwäche kann die Aktivität der weltlichen, unter der Schutzherrschaft der Kirche oder mit ihr in Verbindung stehender Organisationen, wie in Spanien die Acción Católica oder das Opus Dei, begünstigen." (24) Hinsichtlich des ersten Elementes fällt es leicht, festzustellen, daß das Fehlen einer politischen Partei in den Militärdiktaturen des cono sur diese von der Franco-Diktatur völlig unterscheidet, ebenso wie es unter ihnen ein Element der Homogenisierung darstellt. Ihrerseits hat die Kirche auf ihre Weise 41

Anteil an den Widersprüchen, die die Gesellschaft Sie konstituiert liche

Stätte

sich

des

als

Regimes.

durchziehen.

Institution, nicht als eine Im Gegenteil wandelt

gentlich sogar, in Ermangelung

öffent-

sie sich gele-

anderer Kanäle politischer Mit-

bestimmung, zum Bezugspunkt der Opposition. Es

zum

bleibt

sprüchlicherweise

Schluß

zum

eine

Surrogat

delt: die Streitkräfte.

Institution, die sich wider-

einer

Dieser Aspekt

politischen ist

Partei wan-

in mehreren Analysen

lateinamerikanischer Militärdiktaturen behandelt worden, insbesondere

in

der Arbeit

von

M.E.

Carranza,

dessen

Grundgedanke

im folgenden zitiert wird: "Der Hauptwiderspruch der Streitkräfte ist: repressiver Apparat des Staates und der Partei zu sein ... Als repressiver Apparat des Staates befinden sich die Streitkräfte im Zentrum der Macht, einem Kernpunkt, der es dem sich an der Macht befindlichen Klassenblock ermöglicht, die regierende Partei auf der politischen Szene zu kontrollieren. Als Partei handeln die Streitkräfte auf eben dieser Szene, von der Regierung aus oder zu ihr hin ... Der Widerspruch, repressiver Apparat der Partei und des Staates zu sein, erscheint als das wesentliche ungelöste Problem der Streitkräfte auf ideologischer Ebene." (25)

1 .4 Auf dem Weg

zu einer neuen Definition des Begriffs von Au-

tor i t ari smus in Lateinamerika Ober

die

historisch-politische

die Erfahrung des Frankismus schen

Definition)

von

den

Entfernung

hinaus, jie

(die konkrete Grundlage der Linzheutigen

Diktaturen

des

cono

sur

trennt, gibt es noch andere kennzeichnende Elemente dieser letzteren, die eine Neubildung der Definition des Autoritarismusbegriffs erforderlich machen. Dies korrekt

bedeutet

nicht,

daß

die

Linzsche

Beiträge der jüngsten Theorie und Wirklichkeit den

muß.

nicht

Einen

genau mit

untergräbt

auf

Begriff

zu

verwenden,

dessen

bereichert werDefinition

der Realität deckt, die man untersuchen direkte

Kenntnis derselben.

42

Definition nicht

sei, sondern vielmehr, daß sie aktualisiert und um die

") f\

Weise

die Möglichkeit

einer

sich will,

adäquaten

Wenn

auch

ausdrücklicher

rismusdefinition ses Element

die

Existenz

einer

politischen

Partei

Bestandteil der von Linz erarbeiteten

kein

Autorita-

ist, so läßt sich doch nicht leugnen, daß die-

im Gesamtzusammenhang

seiner Untersuchung

eine be-

herrschende Rolle einnimmt. Im derzeitigen lateinamerikanischen Kontext findet gerade das Gegenteil untersuchen oder

eine

statt. Keiner der Militärregierungen, die wir

werden, Partei

ist

es

gelungen,

eine politische

zu gründen, die selbst

das Vorhaben der Streitkräfte

Bewegung

in manipulierter Form 27

unterstützt.

Dieser besonderen Situation von größter Wichtigkeit Rechnung

tragend

Zusammenhang Rechts

und

unter

mit

der

stehen,

Berücksichtigung

schon

können

wir

der

Elemente,

vorausgeschickten

die im

Problematik des

eine neue Definition der

(traditio-

nellen und neuen) Formen des Autoritarismus, die in Lateinamerika existierten und existieren, versuchen. So verstehen wir als traditionellen Autoritarismus: die staatliche Anwendung von Gewalt

in ihren diversen Ausdrucksar-

ten gegenüber der Mehrheit einer bürgerlichen Gesellschaft, mit der Beziehungen keit

aufrecht

beibehalten besonders auf Gewalt

einer akuten Konfrontation und/oder

erhalten

wird.

im

Was

cono

werden, wobei seinerseits

sur

fußenden

den

kennzeichnet,

Beziehungen

neuen

ist:

sowie

das

Recht

(das

Zwang

vermittelnder

mit den beherrschten

diese

beiden

Mechanismus

zur

Autoritarismus -

die

Absicht,

die permanente

gung der Streitkräfte an der Regierung zu indem

Äußerlich-

aber ein liberales Recht diese

Beteili-

institutionalisieren,

Realitäten

ausdrückt) als

Austragung

der

Konflikte

Klassen und als Konsens vermittelnder Me-

chanismus innerhalb des Blocks der herrschenden Klassen benutzt wird. Abschließend

ist

noch

zu

sagen,

daß

die

autoritären

Herrschaftssysteme (objektiv betrachtet) Obergangsregime dar28 stellen (daher auch die Berechtigung, sie als Ausnahmeregime zu bezeichnen), die sich auf dem Weg zu stabileren Herrschaftsformen befinden; ein Obergang, der noch im Rahmen der konkreten Charakteristiken

der

tersucht werden muß.

Krise,

die

In diesem

an

seinem Ursprung

Zusammenhang

steht, un-

bestärkt eine Aus-

sage von Linz unsere Überlegung:

43

"Die Mobilisation und Beteiligung sind schwer aufrecht zu erhalten, es sei denn, das Regime bewege sich in eine mehr totalitäre oder mehr demokratische Richtung." (29)

44

Kapitel II: Zentraler Kapitalismus und Autoritarismus

2. Prämissen der Untersuchung Eine

kurze

Analyse

der

politisch-rechtlichen

Struktur

der Gesellschaften des zentralen Kapitalismus zwecks Bestimmung der Existenz,

der

Manifestation

Züge, als Vorstufe

und

der Tragweite

zur Behandlung dieses

autoritärer

letzteren Problems im

lateinamerikanischen cono sur, entspricht folgenden grundlegenden Gesichtspunkten: misch-sozialer rer

a) der Tatsache, daß beide Gruppen ökono-

Gebilde

(ÖSG) (zentraler Kapitalismus,

Kapitalismus) dem weltweiten kapitalistischen

periphe-

System ange-

hören, das in seiner gegenwärtigen Entwicklungsphase schaft

der

transnationalen

Produktionskapitals)

Konzerne,

einen

solchen

vorweist, daß die Untersuchung

(Vorherr-

Internationalisierung Grad

an

des

Interdependenzen

der einen Gruppe nicht ohne ei-

nen expliziten Bezug auf die andere möglich ist;' b ) der Annahme, daß man einige der Elemente, die den neuen schen

Autoritarismus

allen

Dingen

kennzeichnen,

versteckter

in

in

lateinamerikani-

geringerem

den Gesellschaften

Maß

des

und vor

zentralen

Kapitalismus vorfinden kann; c) der Oberzeugung, daß die spezifische

Situation

der

Krise

die

Weise

- beide Typen

höchst differenzierter Gebilde

durchleben,

sich

auf

der

gegenwärtig Ebene

-

wenn

auch

in

ökonomisch-sozialer

der

sozio-politischen

Analyse in ein "vereinheitlichendes" Element verwandelt.

2.1 Die Krise Die

Annahme

der

Existenz

einer

Krisensituation

in den

Gesellschaften des fortgeschrittenen Kapitalismus scheint nicht in Frage gestellt zu werden. Diese erste Obereinstimmung sich jedoch nicht

in einheitlichen Auffassungen

drückt

aus, hinsicht-

lich des Weges, der zu ihrer Untersuchung und Beschreibung eingeschlagen

werden

soll.

Im Gegenteil

ihr Ursprung,

ihre Mani-

festation und ihr Ausmaß stehen im Mittelpunkt der Kontroverse. Es empfiehlt sich daher, und auch um ein erstes Element für das

45

Verständnis der Unmöglichkeit eines gemeinsamen Standpunktes Uber diesen Gegenstand zu haben, zwei große Strömungen des Denkens hierüber zu unterscheiden, die sich die Erklärung der Krise "streitig" machen. In erster orientierten eine die

Linie

Denkens

wären

außergewöhnliche den

Gang

eines

da die Strömungen des

zu nennen, und

die

überwiegend

disfunktionale

harmonischen

Störung

Prozesses

bürgerlich

die Krise als betrachten,

behindert

oder er-

schwert, in welchem die autoregulativen und konservativen Elemente

gegenüber

denjenigen

der

Auflösung

und

Zersplitterung

vorherrschen. Es darf jedoch nicht vergessen werden,'daß innerhalb und

dieser der

Strömung

Antwort

simplizistischen

unterschiedliche

auf

diese

Negierung

Ebenen

Problematik des

der

Formulierung

koexistieren.

gesellschaftlichen

Von der

Konflikts

durch einen großen Teil der funktionalistischen Soziologie^ bis hin

zu

den

spitzfindigen

Interpretationen

der

Systemtheorie^

spannt sich ein weiter Bogen, den man nicht verkennen darf. Daher können wir

im weitesten Sinn folgende Aussage unterschrei-

ben: "Es ist offensichtlich, daß die bürgerlichen Sozialwissenschaften, die als Trägerinnen eines sozusagen falschen ideologischen Bewußtseins kein Interesse an der Frage nach dem Staat haben, ... behaupten, daß die Politikwissenschaft im wesentlichen die Doktrin der Verwaltung sei, und so das Problem des Staates als spezifischer Institution der Politik und als einer der Institutionen mit entscheidender Bedeutung für die widersprüchliche Dynamik der kapitalistischen Gesellschaft zersplittert und zum Verschwinden bringt." (4) Es gerlichen

darf

nicht

vergessen

Sozialwissenschaften

nicht umsonst

werden, die

zugunsten der Erstellung

nen, die der Erhaltung

daß innerhalb der bür-

Krise

reelle

Erfahrung

theoretischer

als

Reflexio-

des Systems förderlich sind, übergangen

wird. Das Werk von Keynes in den dreißiger Jahren und dasjenige Luhmanns^ in den siebziger Jahren bilden hierfür den fühlbaren Beweis. In

zweiter

Linie

beziehen

wir

uns

auf

die

kritischen

Strömungen, die innerhalb oder außerhalb des marxistischen Lagers

46

anzusiedeln

sind,

wenn

auch

in

diesen

ohne

Zweifel die

verschiedenen

Interpretationen

des

Marxismus

vorherrschend

sind. Wenn auch in diesem Umkreis die Polemik und die mangelnde Obereinkunft das dominierende Element zu sein scheinen, so gibt es doch einen gemeinsamen Nenner, dessen Behandlung, dere

unter

den

gegenwärtigen

Umständen,

für

insbeson-

eine Analyse der

Krise unumgänglich ist: den Staat. Die Aufgabe, die wir uns in diesem Kapitel stellen, verlangt

eine

kritische

konkreten Beitrag

Durchsicht

dieser

Auffassungen,

zu unserem Untersuchungsgegenstand

um ihren - den au-

toritären Tendenzen innerhalb des zentralen Kapitalismus - herauszustellen.

Zuvor

werden

wir

versuchen,

den

Begriff

der

derzeitigen Krise abzugrenzen, da seine unvermittelte und willkürliche Verwendung zu einer Entwertung seiner Bedeutung

führt,

was der erste Schritt auf dem Wege zu irrigen Auffassungen

ist.

Die Erwähnung des Terminus Krise ohne gleichzeitige Präzisierung ihrer Besonderheit, die im Kontext einer Gesellschaft erfolgt,

die

auf

strukturellen

Widersprüchen

aufgebaut

ist,

stellt eine Tautologie dar, die uns, anstatt uns dem Verständnis

der

gegenwärtigen

entfernt.

Probleme

näher

zu

bringen,

eher

davon

In gewissen populären Auffassungen des Marxismus ist

die Krise zu einem "permanenten Moment" geworden, insoweit als sie

als

das pure

wird. Auf Begriffs

Ergebnis

diese Weise

der

sinkenden

Profitrate

angesehen

gelangt man dahin, die Besonderheit des

'Krise' aufzulösen, da in diesem Sinn

Ökonomische Widersprüche) behauptet

(systeminhärente

werden könnte, daß der Ka-

pitalismus sich immer schon in einer Krise befand.®

2.2 Die Krise des Wohlfahrtstaates Die derzeitige

Krise ist auch eine wirtschaftliche. Das

heißt, daß in ihr, wenn auch in der durch den konkreten Zustand abgeänderten Ursachen sen doch

Form, in dem sich das System befindet, diejenigen

zusammenfließen, die schon

des kapitalistischen nicht

alles.

Die

Systems

zu den vorhergehenden Kri-

geführt

Gegenwärtige

zeigt

hatten. Dies ist jesich

als

eine

Krise

mit mehreren Gesichtern, die sich auf Grund der Modalität, die der

Prozeß

der

Akkumulation

angenommen

hat,

direkt

auf

den

47

Staat überträgt. Dies erlaubt es zu behaupten, daß "die Krise der Akkumulation des Kapitals und die Krise des kapitalistischen Staates immer mehr miteinander verknüpft sind." (7) Nun

bedeutet

aber

sellschaften

in

den

Kapitalismus,

sondern

die

Krise

der

siebziger

Jahren

die

einer

Krise

fortgeschrittenen Genicht

die

besonderen

die zusammen mit den Keynes'sehen Veränderungen ger

Jahren

entsteht

gesagt,

Krise von

daß

es

des

in den dreißi-

und die man den Wohlfahrtsstaat

pflegt. Dieser Hinweis hiermit

Krise

Staatsform, zu nennen

ist von größter Bedeutung, denn es wird nicht

ihrer Ausbreitung

möglich

ist, die

Intensität der

her abzuleiten. Es handelt sich um

eine strukturelle Krise, wenngleich nicht un eine generelle. Die

Tatsache,

strukturellen tration

von

die

es

erlaubt,

das Vorhandensein

Krise festzustellen, ergibt

Widersprüchen,

die

einer

sich aus der Konzen-

in den siebziger Jahren

in ei-

nem solchen Ausmaß

zunimmt, daß die wirtschaftliche Krise sich

in eine

umwandelt,

politische

die die Gesamtheit

der

sozialen

Beziehungen befällt, auf denen der Wohlfahrtsstaat beruht. Dieses besondere Zusammentreffen von Umständen ist es, was es möglich macht, daß sich die gegenwärtige Krise als Legitimationso krise projiziert. Dies ist auch der Grund, warum - wie N. Poulantzas treffend bemerkt "die politische Krise sich immer als Krise der Ideologie artikuliert, die ihrerseits ein konstitutives Element der politischen Krise ist." (9) Andere Autoren führen die Besonderheit der

strukturellen

Krise eher auf die Notwendigkeit zurück, tiefgreifende Veränderungen auf der Ebene der Formen der Akkumulation als

einziges

Macht

Mittel, um - aus der Perspektive

befindlichen

dest auf den Stand vor

sie

sich

Gruppen

her

gesehen

durchzuführen, der sich an der

- die Situation

auflöste. So definiert M. Castells die

Besonder-

heit der strukturellen Krise als diejenige, in der "der Akkumulationsprozeß nicht wiederaufgenommen werden kann, bevor nicht die Hindernisse ausgeräumt oder weggedrängt sind, die sie verursacht haben." (10)

48

zumin-

zurückzuführen, den sie erreicht hatte, be-

Andererseits tige Krise keine

ist schon gesagt worden, daß die gegenwär-

generelle

ist. Damit soll angedeutet

werden,

daß die ÖSG des zentralen Kapitalismus, die von ihr heimgesucht werden, Herr

immerhin

zu werden.

über Eine

ausreichende Beherrschung

Mittel

verfügen, um

ihrer

der Krise, die jedoch para

doxe und widersprüchliche Folgen hervorruft, denn die Maßnahmen die

zu ihrer

wird,

Linderung

ergriffen werden,

genau diejenigen,

stärken. 1 1

Schon

stärkung der

1973

Krise

die

sind, wie man

sehen

am geeignetsten sind, sie zu ver-

sah Habermas

die Möglichkeit, eine Ver-

abzufangen und betrachtete es

gleichzeitig

als durchführbar, sie innerhalb bestimmter Grenzen einzudämmen, die verhindern würden,

daß

sie sich zu einer generellen Krise

ausweitet: "Ich sehe im Augenblick keine Möglichkeit, die Frage nach den Chancen der Selbsttransformierung des Spätkapitalismus mit triftigen Argumenten zu entscheiden. Aber ich schließe die Möglichkeit nicht aus, daß die ökonomische Krise auf die Dauer abgefangen werden kann, obgleich nur in der Weise, daß die kontradiktorischen Steuerungsimperative, die sich im Zwang zur Kapitalverwertung durchsetzen, eine Reihe anderer Krisentendenzen erzeugen. Die fortbestehende Tendenz zur Störung des kapitalistischen Wachstums kann administrativ verarbeitet und stufenweise über das politische ins soziokulturelle System verschoben werden. Ich meine, daß dadurch der Widerspruch einer vergesellschafteten Produktion für partikulare Ziele wieder unmittelbar eine politische Form annimmt - freilich nicht die des politischen Klassenkampfes. Weil Politik im Spätkapitalismus auf der Grundlage der bearbeiteten und zurückgedrängten Systemkrise stattfindet, verstetigen sich bei fragmentiertem Klassenbewußtsein und in wechselnden Koalitionen Auseinandersetzungen, die die Terms des Klassenkompromisses verändern können. Dabei hängt es von den faktischen Machtkonstellationen ab, ob und in welchem Maße die Klassenstruktur aufgeweicht und der im kapitalistischen Organisationsprinzip selbst begründete Widerspruch affiziert wird." (12) Eine der wichtigsten Konsequenzen, die sich daraus ergeben, daß sich die Krise

nicht

zu einer generellen

ausweitet,

ist, daß die Veränderungen auf der Ebene der politisch-rechtlichen

Struktur

ohne

einen

Bruch

mit

den

bis

dahin

geltenden

Herrschafts- und Legitimationsformen vor sich gehen. Außer wenn 49

diese

Veränderungen

hauptet

wurde,

darauf

abzielen,

autoritäre

Staat und Gesellschaft

Formen

wie

es

hypothetisch be-

in die Beziehungen

einzuführen. Autoritäre

zwischen

Formen,

die es

zu bestimmen gilt. Dies kann auf folgende Art ausgedrückt werden: Wie drückt schaftsform zentrale Ziel

Rolle

dieses

darauf

sich der Autoritarismus

aus,

in

welcher

zukommt?

Kapitels.

hinzuweisen,

dem

Die Antwort

Wir

daß

begnügen

die

innerhalb einer Herr-

Konsens

eine

auf

unbezweifelbar

diese

uns

Frage

ist das

im Augenblick

Veränderungen

in der

damit,

politisch-

rechtlichen Struktur als Produkt der Krise einen Leitfaden darstellen, anhand dessen ihr Ausmaß und ihre Intensität abgelesen werden können. Wir

werden

die wichtigsten

zeitgenössischen

kritischen

Strömungen vorstellen, die sich mit der Staatstheorie befassen, um aufgrund der einen oder anderen, die wir als die relevanteste ansehen w e r d e n , 1 ' festzustellen,

in welchem Maße die Ein14 mischung des Staates in die Gesellschaft Ausdruck dessen ist, was wir als Autoritarismus definiert haben. Wie

in der Einleitung

tigsten Aspekte der

beider

angekündigt werden wir die wich-

Realitäten

politisch-rechtlichen

betrachten,

Struktur

umfaßt:

die der Begriff

den

Staat

und das

Recht.

2.3 Verschiedene Perspektiven in der kritischen Staatstheorie Der 'Jmfang der Bibliographie

zur Staatstheorie

im zen-

tralen Kapitalismus stellt seine Bedeutung klar h e r a u s . ^ Trotz

der

der Untersuchung problematischen feststellen,

umfangreichen Aspekt

was

theoretischen

Produktion, die

des Staates gewidmet ist, muß man als ersten die

die

mangelnde

Bedeutung

der

Obereinstimmung

Inhalte der

darüber

verschiedenen

Richtungen dieser Studien angeht. Dies zeigt sich insbesondere anläßlich

der

(seltenen)

der Systematisierung Typs

(Versuch

beit

von

50

expliziter

David

A.

expliziten

dieser

oder

Systematisierung)

Gold,

impliziten

Versuche

Theorien. Als Beispiel des ersten Clarence

Y.

H.

nennen wir die ArLo

und

Erik

Olin

W r i g h t , ^ für die die gegenwärtige (marxistische) Staatstheorie sich in drei große Richtungen einteilen läßt: a) die instrumentalistische, b ) die strukturalistisehe und c) die hegelianischmarxistische . Die instrumentalistische Theorie, deren Hauptver17 18 treter Paul A. Baran, Paul M. Swezzy und Ralph Miliband sind,

widmet

zwischen

sich

dem

der

Staat

strukturellen

Kontext, 19

Hintergrund treten. repräsentativster

systematischen

und

der

Analyse

herrschenden

in welchem

sie

der

Klasse

Beziehungen

und

läßt den

zustande kommen, in den

Für die strukturalistische Theorie, deren

Vertreter

Nicos

Poulantzas

ist,^"

liegt das

Hauptinteresse der Untersuchung in der Art, in der die staatliche Aktivität durch das Funktionieren des gesamten kapitalistischen Systems bestimmt wird, während das instrumenteile Problem dieser Bestimmungen einen Aspekt von sekundärer Bedeutung dar21 stellt.

Die

unter

deren

Offe,

James

hegelianisch-marxistische

klassischster O'Connor

und

Vertreter Alan

Theorie

Jürgen

Wolfe

zu

schließlich,

Habermas,

zählen

sind,

Clauss

legt den

Schwerpunkt Bewußtsein und die Ideologie und stellt die strukturelle auf und das instrumentelle Analyse an die zweite Stelle. 22 Als Beispiel des zweiten Typs (impliziter Versuch der 23 Systematisierung), betrachten wir die Arbeit Antonio Negris, der

ebenfalls

drei

große

Richtungen

seine Einteilung wesentlich

unterscheidet,

wenngleich

von der letztgenannten abweicht und

zwar sowohl was die Benennung der Theorien anbelangt, als auch in bezug

auf die Zuordnung

der Autoren. So gibt es für ihn: a)

die Theorie des monopolistischen

Kapitals, b) die neogramscia-

nische Theorie und c) die strukturalistische Theorie. In der 21 25 ersten, zu der Autoren wie Baren und Sweezy, Pierre Jalle, 26 27 P. Boccara und R. Gündel zu rechnen sind, wird der Staat als

ein

Bündnis

herrschenden

Elite

seltsamerweise

dem monopolistischen Kapital und der 28 betrachtet. In der zweiten, in der sich

die Werke N. Poulantzas^®

nebeneinander die

zwischen

finden, ^

Beziehungen

zwischen

besteht dem

Staat

Produktion

schließlich,

strukturalistischen

wie

J. Habermas,

C. Offe,

zu

und Ralph Milibands^" Hauptproblem

darin,

der 3 2 Organisation der bestimmen. In der dritten

kapitalistischen der

das

J. Agnoli,

und

Theorie, J.

zu

der

Autoren

O'Connor und E. Alt51

vater gezählt werden, wird ein Wandel kapitalistischen teresses

der

bei der Untersuchung des

Staates festgestellt. Von der Analyse des In-

herrschenden

Klasse

verlagert

auf die Analyse dreier fundamentaler

sich die

Forschung

Probleme:

"... das Ganze der wirtschaftlichen Stabilität, was die Probleme der garantierten Vollbeschäftigung und der ausgewogenen Entwicklung der Wirtschaft mitbeinhaltet; die Gesamtheit der außenpolitischen, der außenwirtschaftlichen und der politisch-militärischen Beziehungen; der Komplex der Loyalität der Massen, der sich auf die Probleme der inneren Integration der Bevölkerung bezieht." (33) Trotz den

der beträchtlichen Unterschiede

genannten

meinsame

Systematisierungsversuchen

Punkte

zu

existieren

wie:

zwischen den bei-

scheinen

a) eine

einige ge-

Kritik

an den in-

strumentalistischen Theorien sowie an den Theorien des Stamokap (und in geringerem Maße bei Gold, Lo und Wright an den strukturalistischen higkeit

Theorien,

dieser

eine

Kritik,

Untersuchungen

die

kurz gesagt die Unfä-

feststellt,

sich

in

Allgemeine

Staatstheorien zu verwandeln), und b ) die Tatsache, daß mehrere Autoren, Wright)

die die hegelianisch-marxistischen oder

die

strukturalistischen

(nach Gold, Lo und

Theorien

vertreten, die

relevantesten Beiträge für das Verständnis der wichtigsten Probleme des derzeitigen ten

von

J.

Habermas,

Staates Glaus

liefern. Es sind dies die ArbeiOffe,

I. Agnoli,

J. O'Connor und

34 e.

Altvater.

Die

starke

Beeinflussung

durch

die

sogenannte

"Frankfurter Schule"^"' und im besonderen durch einen ihrer letten Vertreter, J. Habermas, sind das verbindende Element in den Arbeiten

dieser

Autoren.

Wir

werden

in diesem Teil nicht aus-

führlich auf das Habermas'sehe

Denken eingehen, da dieses sich

in der einen oder

in den Arbeiten der übrigen ge-

anderen Form

nannten Autoren wiederfindet. Der wichtigste Beitrag von Habermas kann mit folgenden die Feststellung tiver

Mechanismus

zwei Aussagen

der

Gesellschaft,^

der Legitimationsfunktion sche Sphäre.'^

zusammengefaßt werden: a)

des Wertverlustes des Marktes und

als autoregula-

b ) die

von der ökonomischen

Verlagerung

auf die politi-

In der gleichen Forschungsrichtung

ist der Bei-

trag seines Schülers C. Offe anzusiedeln, für den die Problematik 52

des Staates sich

auf die Lösung des Dilemmas

zurückführen

läßt, die Mechanismen

der Vermittlung zwischen Wirtschaft und 38 Politik herauszufinden. Hierfür muß man vom Studium der Veränderungen innerhalb der Mechanismen der kapitalistischen Akkumulation ausgehen. Während in der Etappe des liberalen Kapitalismus

die

Voraussetzungen

für

die Akkumulation

des

Kapitals

durch eine Begrenzung der Funktionen des Staates erreicht werden,

so

kommt

in

der

gegenwärtigen

Etappe

im

Gegenteil

dem

Staate gerade die Funktion zu, die Voraussetzungen für die Ak39 kumulation zu schaffen und zu erhalten. Von dieser Akkumulation,

von

ihrer Existenz

und Kontinuität

hängt

die Macht des

Staates ab, das heißt seine effektive Fähigkeit, Entscheidungen zu fällen. Die konkreten Folgeerscheinungen dieser

Veränderun-

gen in den Funktionen des Staates bleiben von Offe nicht unbemerkt,

der

sich

auf

die Untersuchung

der Machtmechanismen im

System der politischen Willensbildung konzentriert. Aus seinen Bemerkungen in diesem Zusammenhang möchten wir einen Abschnitt, der das Parlament betrifft, hervorheben: "Die Parlamente stellen die dritte Hauptgruppe von Institutionen dar, die den politischen Willensprozeß tragen. Freilich ist heute strittig, ob die Funktion von Parlamenten, politischen Willen zu repräsentieren und durchzusetzen, noch real ist oder nur mehr ideologisches Postulat. Die Mehrzahl der Gesetzesintiativen und der politischen Grundsatzentscheidungen sind bekanntlich in den Zuständigkeitsbereich der Exekutive mit ihrem umfangreichen bürokratischen Informationsund Kontrollapparaten übergegangen; sie vermag zuverlässiger zu entscheiden, weil sie mit besseren Kenntnissen und Kooperationsmöglichkeiten ausgestattet ist, und sie kann reibungsloser operieren, weil ihre nichtöffentlichen Entscheidungsprozesse vom Legitimationsdruck entlastet sind." (40) 41 In ähnlicher Weise vertieft das Werk J. Agnolis,

Offes

Forschungsergebnisse anerkennend, die Analyse der Veränderungen in den Mechanismen

der politischen Vertretung und der Verant-

wortung gegenüber der Verfassung senden

Tendenz

des

Staates,

sich

im Zusammenhang mit der wachin

ein

direktes

Instrument

kapitalistischer Verwertung zu verwandeln. Es sind dies Veränderungen,

die

sich auf das Abnehmen der reelen

Entscheidungs-

funktion der Volksvertretung beziehen. 53

Es ist interessant

zu bemerken, daß man bei diesem

Forschungs-

ansatz dahin kommt, die Krise der Parlamentarischen

Institution

als

spezifisch

Kaptalismus

zu

Funktionen oder

die

wo

die

ist

fortgeschrittenen

festzustellen,

"korporativ"

Lösungen

"Verwaltungsweg"

Situation, die ein Beispiel

Krise des

Ebenso

Institution

werden, dem

politische

betrachten.

besagter

übertragen Weg"

für

auf

erreicht

dem

ist

"technischen

für eine der konkreten Formen darfortgeschrittenen

annimmt.

Unter theorie

daß die Instanzen

werden. Dies ist eine

stellt, die der Autoritarismus im Kontext des —— Kapitalismus

auf

den noch

bedeutendsten das

Werk

Beiträgen

James

der

O'Connors

neueren

zu

Staats43 nennen. Eine

Synthese seiner Ansicht besagt, daß "Der Staat in der fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaft gleichzeitig Akkumulationsund Legitimationsfunktionen genügen muß. Die Akkumulationsfunktionen tendieren dazu, die Kosten der Reproduzierung sowohl des festen Gesellschaftskapitals als auch des variablen Gesellschaftskapitals zu festigen. Die Legitimationsfunktionen sind ihrerseits auch unter der Marx'schen Kategorie des gesellschaftlichen Verbrauchs der öffentlichen Ausgaben quantifizierbar, d.h. entsprechend der Bestimmung einer linearen und adäquaten Relation zwischen der gesellschaftlichen Nachfrage und dem kapitalistischen Angebot. Hier ist das interessanteste Element der Widerspruch zwischen der gesellschaftlichen Akkumulationsinstanz und der Legitimationsinstanz. O'Connor drängt somit die unumgängliche, von der Frankfurter Schule aufgestellte Kompatibilität zwischen den integrierenden Mechanismen und den repressiven Apparaten an den Rand des Widerspruchs." (44) Was Offe anbelangt, so unternimmt er mit seiner Untersuchung zwar

explizit einer

die

Krise,

Ausarbeitung

einer

Theorie

der Krise. Und

die sich durch die Übertragung

rungsfunktionen des Marktes auf den Staat erklärt Kontinuität

zwischen

Habermas

und

Offe

zu

der

Regulie-

(hier ist die

erkennen).

Darüber

hinaus erscheint die Krise (bei Offe, der die Ergebnisse O'Connors

benutzt)

als

Akkumulationsprozeß

das und

Ergebnis dem

der

Widersprüche

Legitimationsprozeß.

zwischen dem Er

bezieht

sich in diesem Fall konkret auf die Form, in der sich der Pro-

54

zeß der Kapitalverwertung chen Ausgaben tion, eine

"einen Form

Teil

der

der

des

angehäuften

Erhöhung

Dieses Mittel, als

vollzieht. Die Politik der öffentli-

hat ebenso wie die Verstaatlichungen

Mechanismus,

Funk-

zu entwerten, als 45 durchschnittlichen Profitrate".

der

die Krise

die

Kapitals

abzuschwächen,

durch

den

sie

erweist sich

sich

zugleich

verstärkt.

Manuel

Castells drückt es folgendermaßen aus: "Das Endresultat ist ein Prozeß permanenter Entwertung des festen Kapitals, der tendenziell die Höhe des Mehrwertes begrenzt, den sich das Kapital aneignet. Dies ist einer der wichtigsten strukturellen Gründe für die Intervention des Staates, die darin besteht, die Kosten zu übernehmen, die durch die gesellschaftliche Entwertung des Kapitals verursacht werden." (46) Zusammenfassend aufzustellen, absichert, delt";

daß

insofern

diese

erlaubt

"der Staat er

in

letzte Aussage

dieser

Prozeß,

die

die kapitalistischen nicht-kapitalistischer ist der

Kernpunkt

Behauptung Beziehungen Weise

han-

eines

weiteren 47 Erklärungsversuchs der Krise, den wir E. Altvater verdanken. In dieser Untersuchung wird die kapitalistische Eigenschaft des Staates verneint, der als solcher nur in historischen Ausnahmefällen

handelt:

das

Nazi-Deutschland,

das

faschistische

Ita-

lien, Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg, usw. Wäre

-

nach

Altvater

-

der

Staat

kapitalistisch,

so würde er die Sphäre der Produktion ausweiten und alles ausdrücken,

außer

der

Desintegration

der

bürgerlichen

Gesell-

schaft". 4 8 Für die sen Autor hat der Wert der Krise beim Studium der

Funktionen

des Staates

die größte Bedeutung,

insofern sie

sich als eines seiner konstitutiven Elemente erweist. "... die historischen Funktionen des Staats sind diesem ursprünglich nicht inhärent, sondern müssen das Resultat der gesellschaftlichen Produktionskrise sein, die durch die Klassenkämpfe und die Konflikte zwischen den Fraktionen der herrschenden Klasse vermittelt werden." (49) Wir beenden hier diesen kurzen Oberblick über die gegenwärtige kritische Staatstheorie mit der Oberzeugung, daß a) die verschiedenen Beiträge, aus denen sie besteht, alles andere darstellen als eine Einheit;

55

b) ihre Ergebnisse folglich das Resultat sukzessiver Annäherungen als Produkt der Diskussion unter ihnen ist; c) über

ihren Unterschieden

die kritische

Absicht des Verste-

henwollens und der Suche nach Lösungen angesichts des gegenwärtigen gesellschaftlichen "Mißstandes" vorherrscht; d) eine

vorurteilslose

Verwendung

derselben

der

einzige Weg

ist, der ihre weitere positive Entwicklung garantiert. Aus

diesen

Gründen muß

sich das Studium des Staates -

verstanden als ein Beitrag auf der Suche nach Lösungen besagten Mißstandes

- von

allen

sektiererischen

Inhalten befreien, die

die Hervorbringung von nützlichen Kenntnissen auf sozialem Gebiet verzögern. Im Lichte dieser Prämissen möchten wir im folgenden die charakteristischen Eigenschaften des Autoritarismus in der Entwicklung des kapitalistischen Staates bestimmen. Der Gedanke, daß die Funktionen, die der Staat annimmt, ihm historisch nicht inhärent sind, sondern das Resultat spezifischer

nachfolgenden Sicht

darstellen, 5 0

Krisensituationen Überlegungen.

der Dinge

leitet

Insbesondere

uns

insofern,

bei als

den diese

die Möglichkeit bietet, zur Leitlinie zu wer-

den, um die nacheinander stischen Staates

folgenden Umwandlungen des

zu erfassen:

kapitali-

der liberale Staat, der

Keynes-

sche Staat und der gegenwärtige Staat. Diese Umwandlungen werden

hier

nur

teilweise

analysiert

werden,

da der

Schwerpunkt

auf die Untersuchung der politisch-rechtlichen Struktur gelegt wird,

die

den

drei

genannten

Momenten

des

kapitalistischen

Staates entsprechen.

2.4 Politik und Recht im liberalen Staat Aus

der

Krise,

die

das

feudalistische

System

zu

Fall

bringt, entsteht die kapitalistische Produktionsweise (KPW) und verbreitet

sich. 5 '

licht die Existenz Verstaatlichung chen Entwicklung

56

der

Ihre

spezifische

Organisationsform

ermög-

eines Staates, dessen Aufgabe sich auf die allgemeinen

konzentriert.

Bedingungen Dies

ist

der

wirtschaftli-

insofern möglich, als

dieser Produktionsmodus sich von allen vorhergehenden durch das relativ

autonome

Funktionieren

scheidet

und

keine

z.B.

das

feudalistische

für

der

ökonomischen

außerökonomischen System

Zwänge

Sphäre

unter-

benötigt, wie sie

kennzeichnend

sind. Dieser

Prozeß impliziert, wie man weiß, eine Trennung der Arbeitskraft von den Produktionsmitteln, was die Voraussetzung stenz

des

für die Exi-

des ökonomischen als zweier relativ S2 autonomer Bereiche darstellt. Mit anderen Worten: Es ist das

Mittel,

Politischen

das

die

und

Geburt

zivilen Gesellschaft Von diesem

des modernen

Staates

und

der

modernen

ermöglicht.

Zeitpunkt

an verbinden

der Eigentümer der Produktionsmittel

sich der Arbeiter und

über den Markt. Auf diese

Weise wird hier "der Tausch zum dominanten

Steuerungsmedium".

Doch die Tatsache, daß der Tausch das dominante Instrument der Mit-Regierung

(und

nicht

der

Regierung)

Existenz einer widersprüchlichen

darstellt,

Realität

zeigt die

auf, die der kapita-

listische Staat auszudrücken gezwungen sein wird. Dies bedeutet nicht,

daß

sich

der

Staat nicht um die wirtschaftlichen Funk-

tionen kümmert. Was geschieht, sozialen

die ihrerseits von daß

diese

wickeln.

ist vielmehr, daß die konkreten

Bedingungen, die das Erscheinen der KPW bestimmen und ihr erneut bestimmt werden, es ermöglichen,

Funktionen Pietro

sich

auf

Barcellona

eine

drückt

wenig

sichtbare

Weise ab-

dies sehr klar aus, wenn er

sagt: "Die Autonomie der Wirtschaft ist faktisch politisch hervorgebracht, obschon sie auch real ist, denn die Wirtschaft funktioniert nach anderen Kriterien als denjenigen, die das Funktionieren der Politik leiten." (54) (Unterstreichung v. uns) Es

wird

quantitativ ökonomischen

dann

die

Funktion

des

liberalen

Staates

sein,

gesehen

auf politischem Wege das Funktionieren der

Sphäre

zu erhalten, aber auch qualitativ dies auf

eine Art und Weise zu realisieren, daß dies nicht bemerkt wird. Das

System

einerseits

verlangt all

eine

dessen,

doppelte was

sich

Aufgabe der auf

die

Verheimlichung:

dominante

Rolle im

wirtschaftlichen Bereich bezieht und andererseits der Tatsache, daß

diese

ventionen,

dominante die

vom

Rolle Staat

eben gerade durch politische durchgeführt

werden, weiter

Inter-

bestehen

57

bleibt.

Dies

ist

die

Funktion,

die die bürgerliche

Ideologie

des Rechtes erfüllt. Nicht Element

umsonst

ersten

wird

Ranges

das

bei

schaft mit dem Staat. Wir

Recht

in Form

der Verbindung

von

der

Gesetzen zum

zivilen

Gesell-

stimmen mit Poulantzas überein, wenn

er sagt: "Diese rechtlich-politische Ideologie nimmt in der herrschenden Ideologie dieser Produktionsweise eine Vorrangstellung ein, die jener der religiösen Ideologie innerhalb der herrschenden Ideologie der feudalistischen Produktionsweise gleichkommt." (55) Das Recht verwandelt sich in positives Recht. Seine Gültigkeit und Legitimität Durchführung

der

hängen von da an grundsätzlich von der

Verfahren

setzt wurden. Dies

ab, die zu seiner Gründung

festge-

impliziert gleichzeitig, daß sich das Recht

zu einem System allgemeiner und abstrakter Normen konstituiert, die sich zum Teil von ihrer reellen Grundlage Fassen wir tive

Recht

dazu

rechtlichen

lösen.

zusammen: wenn auch feststeht, daß das positendiert,

Beziehung

und

eine Trennung zwischen der den

sozialen

Beziehungen

formalen herbeizu-

führen, so ist diese Trennung weder eine vollständige, noch ein rein

ideales

schen

dem

Produkt.

Staat

und

Die der

zwei wichtige Folgen mit muster

für

die

rechtliche zivilen

Beziehung, die sich zwi-

Gesellschaft

bildet,

bringt

sich: einen Wechsel der Legitimitäts-

Herrschaftsformen

und die Geburt der

zentralen

Institutionsidee des liberalen Staates: den Rechtsstaat. Wem Rechts einer die

oder

möglichen

in dieser

schaft

was

entspricht

jedoch

diese

Bedeutung

des

in der Theorie und Praxis des Rechtsstaates? Den Beginn Antwort Zeit

die

kann man in den Modalitäten Intervention

des Staates

erkennen,

in der Wirt-

annimmt. J. Habermas gibt vier Kerngebiete dieser Intervention an. "Nachdem die kapitalistische Produktionsweise durchgesetzt worden ist, kann sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt im Innern des Gesellschaftssystems a) auf den Schutz des bürgerlichen Privatrechtsverkehrs (Polizei und Rechtsprechung), b) auf die Abschirmung des Marktmechanismus gegen selbst-destruktive Nebenfolgen (z.B. Arbeiterschutzgesetzgebung), c) auf die Erfüllung ge-

58

samtwirtschaftlicher ProduktionsvorausSetzungen (öffentliche Schulbildung, Transport und Verkehr), und d) auf die Anpassung des Privatrechtssystems an Bedürfnisse, die aus dem Akkumulationsprozeß entstehen (Steuerrecht, Bankenund Unternehmensrecht) beschränken." (56) Wie man der positiven

sieht, wird Rechtsnorm,

jede dieser jener

Interventionen mittels

"technischen" und

Hinrichtung mit ungeheurem Durchsetzungsvermögen, Diese Effizienz den Klasse sagtes

"neutralen"

durchgeführt.

leitet sich von der Möglichkeit der herrschen-

ab, der Abstraktion und der AIlgemeinheit,'die be-

positives

Recht

kennzeichnen,

eine

konkrete

Form zu

geben. Niemand hat so gut wie J. Habermas die Form, in der jene allgemeine

"Prinzipien" des

Rechts mit Bedeutung

ausgestattet

werden, dargestellt. Das Abstrakte am Gesetz eröffnet der bürgerlichen

Konkretisierung

meingültigkeit

die beste Möglichkeit,

seine

leistet dies für ihre Individualität.^

Allge-

In poli-

tische Kategorien übersetzt stellt diese Konkretisierung

fest,

daß das Bürgertum (bis zu einem gewissen Punkt) bereit ist, als "Prinzip" die zen,

in dem

Formalität Maße

beizubehalten.

als

der Verfahren zur Bildung von Geset-

ihre

Der Staat

Inhalte

hält

frei von Prinzipien

sich

sind,

immer die Möglichkeit vor,

seine eigenen Gesetze abzuändern und sogar, unter Berufung auf 58 die "Staatsräson", ausdrücklich gegen diese zu handeln. Diese Eigenschaften

des

Rechts

Durchsetzungsvermögen

reichen

dennoch

nicht

aus,

um

sein

völlig zu erklären, dessen Beweis histo-

risch zu erbringen nicht schwer ist. Es ist außerdem noch nötig, sich auf den Wechsel zu beziehen, der stems

hinsichtlich

stattfindet.

der

Legitimitätsmuster

In ihm beruht

des neuen Sy-

die Rechtfertigung der Macht

nicht mehr auf der göttlichen Absicht, noch auf dem Willen des Regenten, sondern im Gegenteil

auf der Legalität. Mit den Wor-

ten Max Webers stellt dies den Obergang von Formen traditioneller

und

charismatischer

Legitimität 59

zur

rational-legalen Form

der Rechtfertigung der Macht dar. Nun bedeutet aber die Tatsache, daß die Legitimität ihren

Bezugspunkt

dieser

letzteren

in der

Legalität

gleichgültig

sei.

hat, Die

nicht,

daß der

Rationalität,

Inhalt die das 59

dem

KPW

die

Rationalität

sondern des

entsprechende der

vielmehr

Bürgertums.

politische Gesamtheit

die

Rationalität

Die

möglichen

Fehlens wesentlicher

System

ausdrückt,

seiner

zivilen

seiner

herrschenden

negativen

müssen

Prinzipien für die Erstellung

an

dieser

Stelle

nicht

Klasse,

Konsequenzen

timitätsformen sind im Werk Carl Schmitts Es

ist

Gesellschaft, dieses

neuer Legi-

aufgezeigt.

seine

Bemerkungen

darüber,

daß die mittels Legalität erreichte Legitimität in der Tat eine destruktive

Antithese

der

Idee

der

Legitimität

darstellt, in

Erinnerung gerufen werden. 6 " Kehren des

wir

liberalen

politischen,

nun

zum

Staates

Problem

zurück,

sozialen

und

der

schwachen

Sichtbarkeit

oder mit anderen Worten, zu den

wirtschaftlichen

Bedingungen, die

diese Besonderheit ermöglichen. Zu allererst müssen wir uns von der

falschen und mystifizierenden Vorstellung

der

liberale

Staat

als mit

befreien, wonach

Grundsätzen und den Ideen der

den

Demokratie entstanden identifiziert wird. Ganz im Gegenteil

ist

die Festigung seiner Organisation das Produkt autoritärer Praktiken, die zur Bildung eines Konsenses der gesamten zivilen Gesellschaft schaft

hinsichtlich

führten.

Es

darf

des

Rechts,

nicht

der

Politik und der Wirt-

vergessen

werden,

daß

"bis zum

Neunzehnten Jahrhundert die liberale Theorie ebenso wie der liberale

Staat

nicht

demokratisch

waren,

sondern

im

Gegenteil

6

spezifisch undemokratisch" . ^ Was geschah, war, daß, nachdem die Grenzen des Systems gezeichnet

waren

(Rechtsstaat) und die KPW

endgültig Fuß gefaßt hatte, die Charakteristiken

des liberalen

Staates des 18. Jahrhunderts in bezug auf seinen Ursprung hypostasiert wurden. Sehen wir nun, welches die Umstände und die autoritären Praktiken waren, die die Gründung tes

erlaubten.

zusammengefaßt sich von

im

Praktiken

werden:

Bereich

seinen

Diese

eines anti-autoritären Staa-

können

Ausschließung.

der Wirtschaft

Produktionsmitteln.

mit einem

einzigen Wort

Ausschließung

auf die Trennung des Im Bereich

bezieht Arbeiters

der Politik

bezieht

sich die Ausschließung auf die Einschränkungen bei der Ausübung der

einzigen

nicht

der

Wahl.

darf

illegalen nicht

Form

vergessen

politischer werden,

daß

Mitbestimmung: bis zum

Beginn

des 19. Jahrhunderts die größten Teile der Gesellschaft,

insbe-

60

Es

sondere die

die

Nicht-Besitzenden,

materiellen

Grundlagen

gerade

der

jene,

neuen

die

potentiell

Legitimität

hätten

in Frage stellen können, keinerlei legale Rechte zur Mitbestimmung besaßen. Ein anderes Element, das in Betracht gezogen werden muß und das gleichzeitig bei der Erklärung der Festigung des liberalen Staates und der Ausweitung der politischen Mitbestimmung behilflich

ist,

ist

der

Prozeß

der kolonialen Ausbeutung der

peripheren Länder. Mittels desselben wird, absolut gesehen, der ökonomische Markt erweitert und, relativ gesehen, d.h. lediglich im Innern der kolonialen Metropole, auch noch der "politische" Markt".

Diese

Ausweitung

des

"politischen

Marktes"

wird

durch die Institution verkörpert, die die Verantwortung für die wichtigsten schaft ments

Entscheidungen

übernimmt: in

Zusammenhang

sentlichsten

im

Kontext

das Parlament.

der

der Exekutive

mit

liberalen

Gesell-

Die Überlegenheit des

Züge der politischen

stellt

Organisation

Parla-

einen der wedieser

Gesell-

schaft dar. Es

wird

die

Aufgabe

der

parlamentarischen

Institution

sein, die Widersprüche, die innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft

entstehen,

aufzulösen.

Daß das Parlament

in Verbindung

mit der Exekutive eine überlegene Funktion erhält, bedeutet außerdem, daß der Staat (viel mehr in seiner Realität als in seiner ideologischen Vorstellung) als der Gesellschaft untergeordnet und

als

ihr dienend verstanden wird.

das wichtigste

Ziel

der

In diesem Sinne wird

liberalen Theorie und Praxis die Bil-

dung von Institutionen sein, die die Autonomie der bürgerlichen Gesellschaft

gegenüber

dem Staat beschützen.

Es sind dies In-

stitutionen, die in allen liberalen Verfassungen des 19. Jahrhunderts

verankert

sind und die

im wesentlichen

bestehen: a) der Gewaltenteilung, b) der eines

öffentlichen

Diskussionsbereichs

in

Folgendem

Institutionalisierung

(das Parlament)

und c)

dem Rechtsstaat. Wir werden noch später dazu kommen, die Probleme zu behandeln, die sich im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung len und werden uns noch

stel-

länger der Diskussion um den Rechts-

staat widmen. Fürs erste ziehen wir es vor, uns mit der Analyse der

Institutionalisierung

des öffentlichen

Diskussionsbereichs

61

zu befassen, was

in diesem

Falle

soviel

heißt

wie die Grenz-

ziehung für das Funktionieren des Parlaments. Das Parlament wird zum Hauptorgan und praktisch zum ausschließlichen

Organ

schließlichen

Charakter

vorherrschende

politischer (der

Repräsentation.

auf

andere

Weise

Diesen

nochmals

ausseine

Rolle hervorkehrt) erhält es auf Kosten der Or-

gane ständischer Vertretung. Es nen

gibt

in der

Gegenstand,

der

Gesellschaft dort

Diese Charakteristik

nicht

erklärt

des

18. Jahrhunderts

diskutiert

werden

kei-

könnte.

sich zum Teil daraus, daß, da nun

einmal das System auf der politischen und wirtschaftlichen Ausschließlichkeit

fußt,

das

Parlament

die

standesgebundenen

In-

teressen des Bürgertums so ausdrücken kann, als wären es diejenigen der gesamten Gesellschaft. Zur Ausführung dieser Funktionen

erweist

sich

die

Form

der

indirekten

Vertretung

als mehr

denn ein bloß formeller Umstand. Mit diesem Hinweis möchten wir vor

den

irrigen

Interpretationen

warnen,

die den

Unterschied

zwischen der direkten und der indirekten politischen Vertretung so

erklären,

als

quantitatives

handele

es

Problem. Der

sich um

ein

rein

technisches und

Inhalt solcher irrigen

Behauptungen

kann in zwei Grundaussagen zusammengefaßt werden: a) die potentielle

Existenz

Vertretung

von

Bedingungen

zur

Durchführung

stellt die unerläßliche Voraussetzung

der

direkten

zur Durchfüh-

rung der indirekten Vertretung dar, b ) dort wo die territoriale Ausdehnung tung

und

die

"technisch"

Quantität

unmöglich

der Bewohner die direkte Vertre-

werden

läßt, wird

die

Beteiligung

auf Entfernung notwendig, was nichts anderes ist, als das, was wir hier indirekte Vertretung die Absicht

nennen. 6 ^ Wir haben unsererseits

zu zeigen, daß die "Entfernung", die die indirekte

politische Vertretung

erklärt, vielmehr eine soziale denn eine

geographische ist. Die dem

Funktionen

Staat,

doppelte Staat

das

des

über

Schutzes

Parlament

Autonomiebewegung

Entscheidung den

die

ermöglicht.

grundlegende

entzogen

wird

der Gesellschaft

erfüllt,

in

gegenüber

durch

Einerseits,

Probleme

(zumindest

werden

eine

indem die

der Einmischung durch dem

Maße,

wie

die

Bedingungen des sozialen Friedens es ermöglichen). Dies stellt den Autonomieprozeß der bürgerlichen Gesellschaft gegenüber dem

62

Staat

dar.

In seiner

Charakteristiken nomiebewegung

Entwicklung

begegnete

man

den

positiven

der liberalen Theorie und Praxis. Diese Auto-

ermöglichte das Aufblühen jenes

anti-autoritären

Geistes der Garantie der Grundrechte des Einzelnen und der Freiheitsideen,

die

in den Verfassungen

des

19. Jahrhunderts ver-

ewigt wurden und der noch heute (oder besser gesagt, heute mehr denn je) das politische Minimalprogramm sozialer

Organisation

darstellt,

zu erreichendes Grundziel Was zeitig

aber

mit

nicht

dieser

für jedweden Vorschlag

in welchem

Gerechtigkeit ein

ist.

vergessen werden darf, ist, daß

Autonomiebewegung

der

gleich-

bürgerlichen

Gesell-

schaft gegenüber dem Staat das Parlament in seiner Dynamik eine Autonomiebewegung Ausdruck

gegenüber

der

es ist, d u r c h f ü h r t , ^

nügt, um

die

Vertretung

Gesamtheit

der

zivilen

Gesellschaft,

deren

so daß, wenn sie auch nicht ge-

Logik

des

Systems

der

indirekten

zu erklären, dies dennoch ausreicht, um zu

zeigen,

daß diese nicht das Resultat rein "technischer" Probleme ist. Der

Nachdruck,

mit

dem

wir

in diesem

Zusammenhang auf

die indirekte politische Vertretung eingehen, kommt daher, daß diese des

Form

der

Parlaments

begünstigt,

Repräsentation

gegenüber

was

besagte

"seiner"

außerordentlich

Autonomiebewegung

bürgerlichen

wichtige

Gesellschaft

Folgen

hat.

Dies in

dem Maße, als der politische Preis für diese Autonomie im weiteren Sinn ein Verlust der Legitimität aller politischen Strukturen

und

im

engeren Sinn der Verlust

der Bedeutung der Funk-

tion des Parlamentes selbst ist. Die herrschende gegen

Ende

stellt,

des

das,

19.

wenn

Klasse - das Bürgertum Jahrhunderts

auch

nicht

einem

- sah sich schon

Problem

unmöglich,

so

gegenüberge-

doch

schwer

ohne

Rückgriff auf autoritäre Praktiken zu lösen war. Die Stabilität des Systems verlangt, daß die Widersprüche Gesellschaft Umkreises Ausweitung nung

des

innerhalb

der des

Diskussion politischen

Wahlrechts

Miteinbeziehung

des

gelöst

in der bürgerlichen

und

werden.

vor allem

Dies

führt

legalen zu

einer

Systems, was nur durch die Ausdeh-

erreicht

sozialer

Widersprüchlichkeit

öffentlichen

werden

Sektoren

gegenüber

dem

ins

kann.

Es

System,

Bürgertum

impliziert die deren

Grad an

erheblich

stärker

ist, als derjenige der innerbürgerlichen Widersprüche, für wel-

63

che

die Organisation

des

Parlaments gedacht war.

64

Das

Ender-

gebnis dieses Prozesses sozialer Spannungen ist ein Verfall der Funktionen die tung

des

exekutiven zu

Ende

Parlaments

und

Organe

Staates abzutreten. Um diese

zu

des

führen,

die

wird

es

wachsende Tendenz, diese an einer

Abtre-

Neuinterpretation der

Theorie der Gewaltenteilung bedürfen. Diese Aufgabe kommt einer Gruppe wird

spezialisierter

klar,

Formen

der

daß

Intellektueller

jenes

Fehlen

Legitimität

von

zu: den J u r i s t e n . ^ Nun

Prinzipien,

einschließt,

äußerst

die

legalen

nützlich

das

für die

Veränderung der Praxis und der Theorie der Gesellschaft und des liberalen Staates sein wird, wenn in den zwanziger Jahren unseres

Jahrhunderts

sich

die Widersprüche

dermaßen

anhäufen, daß

sie zum Ursprung einer neuen Krise werden.

2.5 New Deal und Faschismus. Bruch und Vereinheitlichung

in der

Rechtsinstanz Der Staat und die Formen der Akkumulation, die sich 1930 in der Krise befinden, sind das Resultat tiefgreifender Veränderungen in der KPW. Zwischen dem Ende des 19. J a h r h u n d e r t den

Jahren

Obergang

zwischen

des

den

beiden

wettbewerblichen

Weltkriegen vollzieht zum monopolistischen

und

sich aer

Kapitalis-

mus. Dieser Prozeß wirtschaftlicher Konzentration ist im allgemeinen

innerhalb

besser

als

der

kritischen

"Gegentendenz"^

Strömungen

angesichts

des

als

Antwort, oder

tendenziellen Sin-

kens der durchschnittlichen Profitrate erklärt worden. Und zwar deshalb, weil, wie ausführlich gezeigt w u r d e , ^

im monopolisti-

schen Stadium der Grad der Ausbeutung der Arbeitskraft eine erhebliche Steigerung erfährt. In seinem Werk "Klassen im Kapitalismus tion

- heute",

der

bietet

zentralen

Nicos Poulantzas eine präzise

Charakteristiken

diums der KPW: "Das Monopolkapital wird durch die Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals charakterisiert. Die Proportion des konstanten Kapitals (fixes Kapital: Anlagen und im Umschlag befindliches konstantes Kapital) in der organischen Zusammensetzung des Kapitals im Vergleich

64

Defini-

des monopolistischen Sta-

zum variablen Kapital (Lohnkosten) ist für das Monopolkapital spürbar höher, was eine relative Verminderung der lebendigen Arbeit im Vergleich zur vergangenen - oder toten - Arbeit anzeigt. Aber die Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals ist umgekehrt proportional zur Profitrate. Für das Monopolkapital impliziert das die Notwendigkeit, einerseits die Ausbeutungsrate anzuheben, und zwar nicht auf dem hauptsächlichen Umweg über das Lohnniveau, sondern über die intensive Ausbeutung der Arbeit, einschließlich der Steigerung der Arbeitsproduktivität , andererseits das Kapital zu verwerten, indem jeglicher Vorteil aus der Ungleichheit der Profitraten zwischen den Branchen und Sektoren der gesellschaftlichen Produktion gezogen wird. Damit korrespondieren im wesentlichen die Transformationen in den Produktionsverhältnissen und die neuen Formen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung." (68) Die Gesamtheit dieser Transformationen ist der Anlaß für eine Restrukturierung - in Theorie und Praxis - der Beziehungen zwischen Absicht

dem wird

Staat

und

der bürgerlichen

Gesellschaft.

Unsere

in diesem Zusammenhang sein, uns auf die Aus-

es

wirkungen dieser Veränderungen auf politischer und

rechtlicher

Ebene zu konzentrieren. Auf

der

rechtlichen

Ebene

ist

die

Trennung

zwischen

wirtschaftlichem und rechtlichem Eigentum, die die Aktiengesellschaft

einführt,

der

erste

Schritt

in diesem

Transformations-

prozeß. Der zweite Schritt besteht im Aufkommen einer neuen Modalität

rechtlicher

Regelung,

die wir in einer anderen Arbeit 69

"spezifische

Gesetzgebung"

genannt

haben

und

die, auf

eine

kurze Formel gebracht, als die Anpassung der Rechtsfunktion an den

Rhythmus

und

die

speziellen

Notwendigkeiten

der

lation des monopolistischen Sektors der Wirtschaft

Akkumu-

charakteri-

siert werden kann. Auf politischer Ebene beziehen sich besagte tionen Staates

auf eine in

die

"Konzentration"

Transforma-

stets wachsende und explizite Einmischung des bürgerliche betrifft

Gesellschaft.

ebenfalls

die

Der

politische

Prozeß

der

Ebene und

drückt sich in einer Einschränkung des Diskussionsbereichs aus, Entscheidungen

behandelt

getroffen werden, die die gesamte Gesellschaft

in

welchem

betreffen.

Aber

die

wichtigsten

greifen

wir

den

Dingen

nicht

und

vor, da wir uns ja 65

nicht mit der

in unseren Tagen zurückgedrängten

Krise beschäftigen, se, die

sondern mit der explosiven

Krise gibt es, was einen

Jahren

in den dreißiger

breiten

losbrach.

strukturellen

Wirtschaftskri-

In bezug auf diese

ihre wirtschaftliche Bestimmung

Konsens,

der

anbelangt,

zugleich die bürgerlichen und die

marxistischen Theorien einschließt. Die

Antwort

des

kapitalistischen

Systems

auf

diese

Krise kam einmal mehr mit den Vorstellungen der "Endkrise" (Zusammenbruch) und der "Zerstörung des Systems" zu Fall, mit denen ein Teil der marxistischen Theorie

(die mechanistisch-öko-

nomische Interpretation) versuchte, ihre weitere Entwicklung zu beschreiben

(oder

ihr

vorzuschreiben).^"

Das

kapitalistische

System bot dennoch Antworten auf die Krise, die zum Ziele hatten,

sein

Voraussagen

Fortbestehen zu

abzusichern

dementieren.

und

die

"katastrophalen"

Paradigmatische

Beispiele

Antworten sind der Faschismus und das "New Deal".^ 1

dieser

Der Abstand

zwischen beiden Antworten ist explizit genug, um die Komplexität der

Beziehungen

zwischen der politischen und der ökonomi-

schen Struktur klarzustellen und auf diese Weise die Wertlosigkeit

jeder

Theorie

zu

beweisen,

die

vorgibt,

mechanistische

Beziehungen zwischen beiden Strukturen festzustellen. Unabhängig

von

den

Unterschieden,

die

beide

Antworten

voneinander trennen, kann als ein sie verbindendes Element die aktive Intervention des Staates in die ökonomische Sphäre festgehalten werden. Aus

der

von uns verfolgten Absicht,

in den

Strukturen 72

der politischen Organisation kapitalistischer Demokratien Existenz

autoritärer

Züge

festzustellen,

diesen beiden Antworten unser men des

"New Deal" gilt.

ergibt

die

sich, daß von

Interesse vornehmlich dem Phäno-

Dies um

so mehr, als der Faschismus

gegenüber "normalen" Formen politischer Herrschaft des kapitalistischen Systems eine Ausnahmeantwort darstellte, wobei hinsichtlich seiner autoritären Züge, die zum Höhepunkt ihrer Entwicklung

die Bildung

eines

totalitären Staates zur Folge hat-

ten, keine Zweifel bestehen. Bevor wir in die Analyse der Antwort des "New Deal" auf die

Krise

der

ein mögliches 66

dreißiger Element

der

Jahre

eintreten,

Verwirrung

in

müssen

bezug

wir

noch

auf das

Recht

ausräumen. Die Veränderungen im Recht stellen gleichzeitig ein Moment der Vereinheitlichung und des Bruchs zwischen beiden Arten von Antwort dar. Vereinheitlichung insofern, als die Charakteristiken der Trennung zwischen rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum und das

Aufkommen

nannt Oder

dessen,

haben, mit

im

anderen

dem Gebiet

was

wir

allgemeinen Worten,

"spezifische

Gesetzgebung" ge-

beiden Antwortarten

es

sind

wichtige

gemein

sind.

Veränderungen auf

des privaten Rechts vorhanden, aber diese Verände-

rungen beziehen sich grundsätzlich auf den Obergang vom Stadium des Konkurrenzkapitalismus auf das des Monopolistischen Kapitalismus. Dies eine

ist es gerade, was erlaubt zu behaupten, es gäbe

starke

Identität

zwischen

dem Privatrecht

der einen und

der anderen "Antwort".^ 3 Von einem Bruch kann man insofern sprechen, als die Unterschiede

zwischen dem

faschistischen

und dem

interventioni-

stischen Staat sich oft auf der rechtlichen Ebene in bezug auf das Verhältnis

zwischen

Privatem und öffentlichem

ausdrücken;

Poulantzas drückt dies klar aus, wenn er schreibt: "Das soll nicht heißen, daß hier keine grundsätzlichen Unterschiede bestehen würden, die ja gerade die Form des Ausnahmestaats ausmachen. Sie drücken sich zuallermeist auf juristischer Ebene aus, d.h. auf der Ebene des Verhältnisses von "privat" und "öffentlich", da den ideologischen Apparaten des Ausnahmestaats der Charakter öffentlich, d.h. staatlicher bzw. 'verstaatlichter' Apparate verliehen wird." (74) Diesen hauptung

scheinbaren Widerspruch auszuräumen, der die Be-

impliziert,

daß

und der Vereinheitlichung terventionistischen Bedeutung öffentliche im

aus

der

Recht

und

das

Recht

Element

dem faschistischen)

Tatsache,

daß

im

sich als explizit

interventionistischen

ein

des

zwischen beiden Staatstypen

Staat

ist, erhält seine

faschistischen repressiv

hingegen

Bruchs (dem in-

diese

Staat das

äußert, während Charakteristik

alles andere als offensichtlich ist, was die Analyse erheblich erschwert. Schließlich wollen wir noch klarstellen, daß wir mit der Verwendung Analyse

der

Benennung

der Krise

"New

Deal"

in den dreißiger

nicht Jahren

beabsichtigen, die auf den

amerikani-

67

sehen

Fall

einzuschränken.

Diese

Benennung

ist

vielmehr ein

weiter Begriff, der, den Faschismus ausgeschlossen, die Antworten

aller

Es

ist

heißt,

Gebilde

daß

die

beiden

zentralen

Fall

ihnen

Kapitalismus mit

selbstverständlich,

Unterschiede

amerikanischen die

des

allerdings

daß

einschließt.

dies

ebensowenig

dem europäischen und dem 75 werden. Dennoch erweisen sich

zwischen

verkannt

gemeinsamen

Elemente

als bedeutend

genug, um

für das, was uns hier interessiert, zusammen abgehandelt werden zu können.

2.6 Der

Interventionsstaat Die Krise von

liche. Aus

ihr

1930 ist im wesentlichen eine wirtschaft-

entspringt

eine

Staatsform, deren

Hauptmerkmal

die aktive Intervention in den Produktions- und Verteilungsprozeß ist. Dies ist aber nicht alles. Der Staat, der aus der Krise von 1930 entspringt, ist auch ein Staat, der von in Konfrontation

stehenden

absolut

sozialen

unvereinbare

Kräften

Forderungen

umringt erheben.

ein Teil des die Produktionsmittel die

interventionistische

schalten,

die

faktisch

Politik die

ist, deren

besitzenden des

trachtet

Sektors danach,

Staates

spezielle

Extreme

Einerseits völlig

Konjunktur

Weltkrieges motiviert habe. Andererseits glauben

auszu-

des

Ersten

radikalisierte

Teile der Arbeiterklasse, durch die Dynamik der Krise angetrieben, des

daß

der

Moment

kapitalistischen

scheitern.

Der

gekommen Systems

sei, zu

die

definitive

"fordern".

Interventionsstaat

stellt

Beide im

Zerstörung Forderungen

Gegenteil

einen

Kompromiß zwischen Arbeiter und Kapital dar, dessen wichtigster theoretischer deutung

Urheber

scheint

außer

zweifellos Diskussion

J.M. zu

Keynes stehen,

ist^

(seine Be-

bedenkt

man, daß

der Ausdruck "Keynes'scher Staat" häufig gebraucht wird, um den Interventionsstaat interessante

zu

bezeichnen).

Beschreibung

der

P.

Merkmale

Barcellona und

gibt

Funktionen

Staates: "Vom politischen Staat wird gefordert, daß er soziale Einigungsfunktionen im Innern der Gesellschaft ausübt (die politische Sphäre dringt in die gesellschaftliche ein) ... Es ist

68

eine dieses

die Geburtsstunde des Wohlfahrtsstaates, des bürokratischen Staates, des Unternehmerstaates, des Staates mit getrennten Körperschaften (als Massenkörperschaften), der dem politisch-verfassungsmäßigen Staat mit seinen repräsentativen Institutionen und gewählten Versammlungen gegenbersteht. In diesem Kontext entwickeln sich neue Kanäle für die Beziehungen zwischen den Staatsapparaten und den sozialen Interessen." (77) Wir sagten, der Interventionsstaat sei das Produkt eines Kompromisses

zwischen

welches

Bedingungen

die

Kompromisses Die

sind,

daß

der

führen

kann,

durch

und die

Kapital. die

Sehen

wir

Verwirklichung

nun,

dieses

ermöglichen.

erste Bedingung

sache, wird

Arbeitern

Markt

die

den

Protagonisten

ist die allgemeine Annahme der Tat-

in dieser Etappe nicht die Funktion aus-

Gesellschaft Staat

des

zu

realisiert

Prozesses

der

integrieren. werden

Diese

müssen,

Bildung

Funktion

der

sich zum

von Angebot und Nach-

frage macht und zum aktiven Subjekt der Verteilung wird. Die neuen wirtschaftlichen Funktionen rufen gleichzeitig die Notwendigkeit hervor, auch im politischen Bereich neue Aufgaben

zu

weitung

lösen. der

Wie

es J.

Aktivität

mehr als proportionale 78 ge,

die

funktion

sich

Habermas

des

als

Notwendigkeit

in Anbetracht

ihrerseits

bemerkt

Staates

hat, hat die Aus-

sekundären

der Verschlechterung

in Richtung

Effekt eine

der Legitimation

zur Fol-

der

Markt-

auf das politische System ver-

schiebt. 7 9 Wir man

wie

nähern

folgt

uns

nun

formulieren

die Wirtschaftskrise,

langsam kann:

indem

er

dem

Der

Kern

des

Problems, den

Interventionsstaat

die Grundlagen

zu neuen

"löst" Formen

des Autoritarismus setzt. "Die Tendenz zur Ausweitung der Intervention des Staates stellt von Anfang an unbezweifelbar eine Form der Organisation der Massen und der Gesellschaft dar. Der Staat neigt dazu, die bürgerliche Gesellschaft zu organisieren, indem er sie aufhebt und sie innerhalb der Organisation des Staates absorbiert." (80) Diese

neuen

Formen

durch

das

politische

Grund

von

folgenden

von

System drei

Autoritarismus

legitimiert

Bedingungen,

die

sein, die

können und

dennoch zwar

auf

Vorbedingungen

69

des Kompromisses ergänzen: a) eine

effektive

Verbesserung

der

Lebensbedingungen

eines

Teils der Arbeiterklasse, als Ergebnis der Keynes'schen Rezepte

zur

Stimulierung

objektive

und minimale

weise, die Möglichkeit Herrschaftsformen

der

Nachfrage

Grundlage, der

(hier

findet

man die

die, wenn auch nur teil-

Legitimierung

neuer

politischer

erklärt);

b) das Vorherrschen - innerhalb derjenigen sozialen Kräfte, die die Arbeit kehr

zum

die

repräsentieren

liberalen

sich

Diese

System

unmöglich

ist, eine

Vorstellung,

in einer notwendigen Allianz mit den neuen

des Kaptals die

- der Vorstellung, daß eine RückFormen

ausdrückt.

Vorstellung

Entwicklung

scheint

der

in

dem

Glauben

"Planwirtschaft"

eher

legitimiert, daß in

Richtung auf

zugeht, als es ein schon überwundener Libe81 ralismus ermöglichen könnte;

den Sozialismus

c) ein

"Autonomisierungs"-Prozeß

(Kapital-Arbeiter)

der Subjekte des

hinsichtlich

ihrer

Kompromisses

jeweiligen

sozialen

Grundlagen. Der "Manager" neigt dazu, sich von den Aktionären ebenso unabhängig zu machen, wie der Gewerkschaftsführer 82 von den Arbeitern. Dieser

soeben

kann als ein Element vorgenommenen es,

die

genannte betrachtet

Veränderungen

Umkehrung

der

Glieder

Prozeß

der

Autonomisierung

werden, das die Gesamtheit der vereinheitlicht.

Er

in dem

zwischen dem

Verhältnis

erlaubt

Staat und der bürgerlichen Gesellschaft zu verstehen. Wenn Theorie

der

Staat

im

19. Jahrundert

(liberale Theorie) ein

sellschaft

ist, so tendiert

Gesellschaft

dazu,

sich

in der Praxis und der

Instrument der bürgerlichen Ge-

im 20. Jahrhundert die bürgerliche

in ein

Instrument des Staates

zu ver-

wandeln. Daß diese Veränderungen ohne wesentliche Störung des politischen Funktionierens der KPW vor sich gehen, erklärt, warum es

eines

der

ist, die Art herrschenden

zentralen des

Klasse

strumentalistischen

70

Probleme

Verhältnisses und

ihrem

Theorien).

der

modernen

zu bestimmen, das Staat besteht

(das

Staatstheorie zwischen der Ziel der in-

Der summarische Überblick über die gegenwärtige

Staats-

theorie und die kurze Beschreibung der wichtigsten Merkmale des liberalen

Staates

und

des

Interventionsstaates

müssen

als

eine Grundvoraussetzung zur Behandlung desjenigen Problems verstanden werden,

das uns hier im Kontext des zentralen

lismus interessiert

Kapita-

(Autoritarismus).

2.7 Autoritarismus und gegenwärtiger Staat Die Schwierigkeiten beim Versuch einer selbst schen

Charakterisierung

des

gegenwärtigen

schemati-

kapitalistischen

Staates in den zentralen Gebilden sind viel größer als diejenigen, die eine ähnliche Aufgabe im Zusammenhang mit dem liberalen Staat oder dem Interventionsstaat hervorrufen würde. Der erste

fühlbare

Beweis dessen

ist praktisch die Un-

möglichkeit, eine begriffliche Bezeichnung seine wesentlichsten daß

im

Unterschied

liberalen Staates

Züge Auskunft zur

zu finden, die über

gibt. Was wir wissen, ist,

Wirtschaftskrise,

abschloß, wir uns

die

den

heute einer

Zyklus des

strukturellen

Krise gegenübersehen, die alle Ebenen der Gesellschaft betrifft Dieser

strukturelle

Charakter

der

Krise

drückt

sich

jedoch

nicht, wie wir es schon bemerkt haben, in einer explosiven sozialen Antwort Kern

des

aus. Alles

Problems

in

zwischen dem Ausmaß

der

scheint

darauf hinzuweisen, daß der

Möglichkeit

liegt,

(strukturell) und der

die

Beziehungen

Intensität der Krise

zu erklären. Andererseits kann ersthaft als Hypothese angenommen werden, daß die gegenwärtige Krise in gewisser Weise das Ergebnis der

Entwicklung

zweier

Tendenzen

ist, die

schon

im

Interven-

tionsstaat vorhanden waren: a) eine quantitative und qualitative Zunahme der

Intervention des Staates

in der Wirtschaft, und

b) eine Zunahme der Autonomie des Staates gegenüber der Gesellschaft . Um den ersten Punkt werden wir uns hier nicht

kümmern,

Man kann, knapp ausgedrückt, sagen, daß der gegenwärtige kapitalistische

Staat,

Bedingungen

der

indem

er

Verteilung

die

"Keynes'sehen"

abzusichern

Funktionen die

überwand,

sich

in

71

direkter Weise mittels der Politik der öffentlichen Ausgabe der 83 Produktion angenommen hat. Die Folge davon ist, daß es dem Staat bei der Umwandlung zum direkten Protagonisten des Produktionsprozesses Legitimierung hin

privat

nicht

gelingt,

gleichzeitig

der Kapitalakkumulation

bleibt.

Dem Staat wird

die

Funktionen der

auszufüllen, die

weiter-

es immer schwerer, als Ver-

treter des allgemeinen Interesses aufzutreten. Aus diesem Grunde zeigt sich die gegenwärtige 84 Krise als eine politische als eine Krise des Staates. Jedoch ebenso wie auf der ökonomischen in der Praxis Gegentendenzen

Krise,

Ebene das System

setzt, die die schädlichen Folgen

seiner widersprüchlichen Entwicklung löschen oder umkehren sollen,

so

ist

es

möglich,

auf

der

Rechts eine ähnliche Bewegung Interesse

Ebene

der

Politik

und

des

zu beobachten. Unser vorrangiges

ist es, die Richtung, die diese Bewegung

einschlägt,

festzustellen. Ohne der

Grad

in die

besagter

herrschenden

Diskussion Autonomie

Klasse

und

ihrer und

dem

der

Staat)

wachsende Prozeß der Autonomisierung bürgerlichen

Gesellschaft

der

Details

einzutreten

Beziehungen kann

man

(d.h.

zwischen der

sagen,

daß

der

des Staates gegenüber der

größere

Rahmen

ist,

innerhalb

dessen der Prozeß der Veränderungen gesehen werden muß, von dem hier die Rede

ist. Die Tatsache, daß dieser Prozeß eine allge-

meine

des

Tendenz

gegenwärtigen

kapitalistischen

Systems dar-

stellt (sowohl zentral als auch peripher), verpflichtet

dennoch

dazu, seine spezifischen Merkmale innerhalb des zentralen Kapitalismus zu bezeichnen. Das besondere Merkmal, das den politischen prozeß

des

zentralen

che, daß die Gesellschaft

Kapitalismus

"Entfernung"

auszeichnet,

des Staates von seiner

ohne Verletzung der formalen

lamentarischen

Herrschafts-

ist die

Tatsa-

bürgerlichen

Instrumente der par-

Demokratie vor sich geht, und ohne daß der Kon-

sens (selbst der manipulierte) als Voraussetzung der Legitimierung dieser Instrumente verschwindet. Schon zu Beginn der siebziger Jahre behauptete J. Habermas: "Die Strukturen des Spätkapitalismus lassen sich nämlich als Reaktionsbildungen gegen die endemische Krise verstehen." (85)

72

Dies

kommt

dem

gleich

zu sagen, daß die Strukturen des

Systems die Möglichkeit besitzen, der Krise mit dem Ziele, verallgemeinerte soziale Explosionen zu vermeiden, Herr zu werden. Zu diesem

Ziel

in Subsysteme eines

kann

eine funktionale Unterteilung

festgestellt werden

Subsystems

kann

durch

(Das schlechte

die

Verstärkung

des

Systems

Funktionieren

der

Funktionen

eines anderen kompensiert werden)."*' Diese

Subsysteme

tendieren dazu, einen doppelten Prozeß

der Isolierung zu verwirklichen: a) unter ihnen und b ) in ihrer Gesamtheit

gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft. Aus diesem

Grund verbleiben die traditionellen Organe der politischen Organisation

des kapitalistischen

Staates

(Exekutive,

Legislati-

ve und Judikative) intakt in bezug auf ihre Struktur, aber werden

jedoch

tiefgreifend

den

dreien

wählt

das

in

ihren

System

als

Funktionen

verändert.

"Opfer" dasjenige

dessen Funktionieren, mit allen Einschränkungen, Kanalisierung

Unter

Organ aus,

am besten die

der Forderungen der gesamten Gesellschaft

ermög-

licht: die Legislative. äußert

Die Krise des fortgeschrittenen kapitalistischen

Staates

sich als eine politische

Diskus-

sionsbereiche. tisch

als

Die

Bestätigung

Konstante

in allen

Krise der öffentlichen dieser

Tendenz

kann man

neueren kritischen

prak-

Entwicklungen

der Staatstheorie finden. Poulantzas z.B. führt diese Verminderung

der

Funktionen

herrschenden mittels

der

der

Legislative

monopolistischen politischen

Blocks

auf

die

zurück,

Unfähigkeit des seine

Hegemonie

Parteien

zu organisieren, die ja Vor87 aussetzung der parlamentarischen Organisation sind. In ähnlicher Weise äußert sich C. Buci-Gluksman: "... als Gleichgewicht von Macht und Konsens, ist die parlamentarische Demokratie in eine nicht mehr umkehrbare Krise getreten. Dies stellen wir heutzutage mit der Abwertung der parlamentarischen Formen sowie im Rückgreifen auf andere politische Formen bürgerlicher Konsensbildung fest, wie die Bürokratie und die Technokratie, einschließlich autoritärer Staatsformen nach Präsidialmuster." (88) Zusammenfassend

Technifizierung Mittel

zur

der

kann man sagen: Die Zentralisierung und

Entscheidungen

Beherrschung

stellt

ein

unumgängliches

der Krise dar. Die Folgen, die

dieses 73

Mittel

hervorruft,

scheinen

andererseits

in dem Sinne klar zu

sein, daß die Veränderungen des politischen Systems im Kontext des fortgeschrittenen Kapitalismus in eine eindeutig

autoritäre

Richtung gehen. N. Hinweis)

Poulantzas folgende

stellt

z.B.

Elemente

(allgemein

fest,

die

den

und

lediglich als

Staat

hinsichtlich

seiner Antwort auf die gegenwärtige Krise kennzeichnen: a) Konzentration Organe

der

Macht

in

der Volksvertretung

der

Exekutive

zu Ungunsten der

und der parlamentarischen

Reprä-

sentation; b) organische

Vermischung

(Polizei und Justiz c) Einschränkung

der

bei

der

Ausübung

der

drei

Gewalten

Freiheiten

der

Bürger

z.B.);

politischen

gegen-

über dem Urteil des Staates; d ) Verminderung

der

Funktionen

der

bürgerlichen

politischen

Parteien und Tendenz zum Technokratismus innerhalb der herrschenden

Ideologie;

e) vermehrte

Ausübung

von

Gewalt

(sowohl

physischer

als

auch

symbolischer) seitens des Staates; f) Vermehrung der

der

Techniken

Betrachtungsweise,

sozialer

für

die

das

Kontrolle

und

Individuum

Ausweitung

im

Zusammen-

hang des Sozialkörpers als "gefährlich" und "anomal" gilt; g) Veränderungen schen

im

Rechtssystem

Ideologie,

die

dem

und

sprachen, um sie der neuen Realität h) Tendenzen

zur

geheimen

genheiten (Watergate Abschließend

im

System

traditionellen

Abwicklung

juristi-

anzupassen; der

89

der

"Rechtsstaat" ent-

öffentlichen

Angele-

z.B.).

ist noch darauf hinzuweisen, daß das Recht

als ein ko-konstitutives Element dieser Veränderungen diese begleitet

und

widerspiegelt.

geht, so wird

Was

die

Produktion der Gesetze an-

sie immer mehr zu einem Verwaltungsakt, der dazu

neigt, aus Institutionen zu kommen, die nicht für die Verfahren der parlamentarischen halt des Gesetzes

Demokratie

legitimiert

betrifft, so bietet

sind. Was den In-

er eine doppelte Charak-

teristik: Das Gesetz

ist gleichzeitig

spezifischer und unvoll-

ständiger.

der

dazu

Im

Falle

Gesetze, die

bestimmt

Funktionieren des Monopolsektors der Produktion

74

sind, das

zu regeln, be-

stimmt die "Eile", die dieser Sektor verlangt, die Bildung einer juristischen Norm, die auf das Maß des konkreten Falles zu90 geschnitten sich

aus

ist.

der

wendigerweise

Der Charakter der UnVollständigkeit

Tatsache, direkt

daß besagte Spezifität

aus

dem

Gesetzestext

erklärt

sich nicht not-

selber

ergibt, son-

dern vielmehr aus einer außerrechtlichen und zeitlich verzöger91 ten Interpretation desselben. Jetzt, des

zentralen

Betrachtung

wo

wir

die

Kapitalismus

Existenz

autoritärer

festgestellt

dieser Problematik

haben,

Züge

im

können

Staate wir zur

im Kontext des peripheren Kapi-

talismus übergehen.

75

Kapitel III: Autoritarismus und Verhältnis

Zentrum-Peripherie

3. Theoretische Perspektiven für die Analyse des Verhältnisses von Zentrum und Peripherie

Wir konnten feststellen, daß die Äußerungen des Autoritarismus

im

Kontext

des

fortgeschrittenen

mehr eine vorhandene Realität darstellen

Kapitalismus

viel

(wenn auch eine wenig

ins Auge fallende), als eine Gefahr für die Zukunft, der gegenüber man sich "eines Tages" wird schützen müssen. Man muß sich nun fragen, auf welche Weise man von der Kenntnis dieser Realität für ein besseres Verständnis der Probleme, die der Autoritarismus oder

im Kontext

anders

des

cono

ausgedrückt:

Wie

sur

stellt, Nutzen

ziehen

kann;

zeigt sich an der Peripherie die

Auswirkung der autoritären Tendenzen im Zentrum? Dieses Problem, das

im Grunde kein anderes

Zentrum

und

Peripherie,

ist, als das des Verhältnisses von

ist

bis

heute

auf

drei

verschiedene

Arten angegangen worden,' die jedoch alle mehr oder weniger dem ökonomischen Bereich angehören. Wir werden sie hier kurz skizzieren : a) Die Untersuchungen Lenins über den

Imperialismus.

Das Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie erscheint in der Form von Unterteilungen der Welt, die das Ergebnis der Entwicklung der Monopole und ihrer Kämpfe zur Erschließung neuer Märkte sind; b) Die

Theorie

Rostows diese

2

ein

der

den Anspruch

dernen

Unterentwicklung,

paradigmatisches

Geschichte

wofür

Beispiel

die Arbeiten W.W.

sind, um

so mehr, als

erheben, gleichzeitig eine Theorie der mo4 zu sein. Bei Rostow wird das Problem des

Verhältnisses zwischen Zentrum und Peripherie auf eigentümliche Art

und

Weise

Unterschiede

gelöst:

zwischen

Es

wird

sozialen

überhaupt Gebilden

nicht

gestellt. Die

beschränken

sich auf

ein chronologisches Problem. Die Entwicklungsstufe des Zentrums ist das Ergebnis einer langen geschichtlichen Evolution und des 76

Durchlaufens notwendiger Etappen, deren Erreichung

für die pe-

ripheren

zukünftigen

Gebilde

Entwicklung

die

conditio

sine

qua

non

ihrer

darstellen;

c) Die Abhängigkeitstheorie.

Dies

ist

eine Strömung der sech-

ziger Jahre in Lateinamerika, eine kritische Neuformulierung der Imperialismustheorie aus der Sicht der Peripherie lichkeit der "Entwicklung der Unterentwicklung" F.s ist

an dieser

Stelle

nicht

unsere

(die in Wirk-

gleichkommt).

Absicht,

tersuchung dieser verschiedenen soeben beschriebenen te zu vertiefen. Indem wir sie erwähnten, wollten wir darauf zu

hinweisen,

erheben,

sie

daß

unsere

ersetzen

Untersuchung,

zu

wollen,

Standpunkt völliger Heterodoxie Auf die

den

nächsten

Problematik

Peripherie

des

ihnen

der

lediglich

den

Anspruch

gegenüber

möchten

Seiten

verbindet,

wir

im

einer

einen

Zentrum

einen

Berührungspunkte

und

der

Aspekt, der und

an

der

komparatistischen Un-

tersuchung unterziehen. Dieser Aspekt bezieht stimmung

Un-

bezieht.

Autoritarismus

miteinander

ohne

die

Standpunk-

sich auf die Be-

Abweichung

zweier theo-

retischer Formulierungen, die sich, wenigstens objektiv

betrach-

tet,

Konser-

als

vierung

praktisches und

und

Legitimierung

ideologisches von

in denen der Autoritarismus

Instrument

sozialen

Systemen

zur

präsentieren,

- obschon mit grundlegenden Unter-

schieden - ein gemeinsames Element darstellt.

3.1 Interdependenz Autoritarismus Als

wir

von

Zentrum

und

Peripherie

einerseits und

andererseits

zu Beginn

des zweiten

Kapitels sagten, daß die

Zugehörigkeit des zentralen und peripheren Kapitalismus zum weltweiten der

kapitalistischen

Interdependenz

genwärtigen

aufweist

Stadium,

ausdrückliche

daß

Bezugnahme

ließen wir einen

System - und

er auf

die den

einen

solch

hohen Grad

zwar noch stärker im geAnalyse anderen

des

einen

unmöglich

ohne macht,

zentralen Aspekt beiseite, der, wenn auch

nur in aller Kürze, jetzt betrachtet werden muß: die spezifische Eigentümlichkeit dieser

Interdependenz.

77

Der Begriff "Interdependenz" erweist sich in diesem Fall als zweideutig, da er als gegenseitige und symmetrische Abhängigkeit

verstanden

werden

kann.

Hierzu

läßt

sich

sagen,

daß die Existenz einer gegenseitigen Abhängigkeit eine Tatsache ist,

wobei

der

Austausch

von Technologien und Rohstoffen das

offensichtlichste Beispiel darstellt. Aus dieser Situation heraus

kann

man

aber

nicht

auf

die

Symmetrie

der

Abhängigkeit

schließen. Innerhalb des gegenwärtigen fortgeschrittenen Kapitalismus

entstand

der

Kapitalismus

unter

der

Leitung

der

lokal

herrschenden Klassen und ermöglichte eine breite Entfaltung der Produktionskräfte sowie der Akkumulation im Rahmen der nationalen Gesellschaft. An der Peripherie hingegen bedeutete der Kapitalismus eine von außen aufgezwungene Realität, die gemäß den Bedürfnissen der Kolonialmächte den Rhythmus und die Modalitäten des Akkumulationsprozesses bestimmte. Als Folge davon wurde ein

beträchtlicher

nationalen

Teil

Gesellschaft

des

Oberschusses

investiert.^

nicht

Zwischen

innerhalb der dem

peripheren

und dem zentralen Kapitalismus bestehen gradmäßige und wesensmäßige Unterschiede: "Um den Unterschied genauer benennen zu können, müssen wir uns noch einmal das Verhältnis von Theorie und Geschichte vergegenwärtigen: Graduell ist der Unterschied zwischen Zentren und Peripherien nur dann, wenn wir ihn beziehen auf die Ebene der allgemein logischen Gesetze des Kapitalismus; hier handelt es sich um den Unterschied zwischen zwei Formen der Durchsetzung dieser Gesetze, von denen die eine den reinen Begriffen mehr, die andere weniger entspricht. Aber auf der Ebene der historischen Analyse wird dieser Unterschied zum qualitativen Gegensatz weil es auf dieser Ebene gerade um diesen Unterschied der Ausprägung geht." (6) Die gradmäßigen und wesensmäßigen Unterschiede

zwischen

beiden sozialen Gebilden erleichtern die Erklärung einiger ihrer heutigen Eigenschaften,

die wir

schematisch mittels eines

Vergleichs darstellen. Die besonderen Bedingungen der kapitalistischen Entwicklung im Zentrum ließen eine bürgerliche Gesellschaft mit einem

78

hohen Grad an Homogenität und einer großen Fähigkeit zur autonomen Lösung sozialer Konflikte entstehen. Diese soziale Homogenität

drückt

sich

in

einer

politischen

Homogenität

aus,

die es erlaubt, das relativ stabile Funktionieren der Institutionen der parlamentarischen Demokratie zu verstehen. Der Staat hat

folglich,

selbst

unter

den

durch

die

gegenwärtige

Krise

verursachten Umständen, eine viel geringere Bedeutung. In Lateinamerika hingegen erlaubten die Bedingungen der Entwicklung

des

abhängigen

Kapitalismus

nicht

das

Aufkommen

einer bürgerlichen Gesellschaft, die in der Lage wäre, soziale Konflikte selbst zu lösen. Dort bildete sich die soziale Heterogenität

zum

in

politischen

einer

dominanten

Element

heraus, die,

Heterogenität

indem

ausdrückt,

den

sie sich Grund für

7

die permanente Wirtschaft

Instabilität hergibt.

zur

eigenen

Aufgabe,

Der Staat macht sich die

jedoch nicht

als Antwort auf

eine Krise, sondern als strukturelle Bedingung, die zur Abhängigkeit

zwingt.

der fortgeschrittene Kapitalismus für o Gramsci der "Westen" ist, wo die bürgerliche Gesellschaft der wirkliche

und

So

wie

effiziente

Wächter des Staates

ist, so

ist La-

teinamerika

sein "Osten", wo der Staat alles ist undq die bürgerliche Gesellschaft bloß ein primitives Verhältnis. Diese lismus

ist

Verständnis ritarismus stück sur

Unterscheidung von

großer

zwischen beiden Typen des

Wichtigkeit,

da

sie

der tiefgreifenden Unterschiede

die

zwischen dem Auto-

im fortgeschrittenen Kapitalismus und seinem Gegen-

im peripheren bildet.

Im

Kapitalismus

ersten

Fall

der

stellt

Gesellschaften der

bedarf,

Lateinamerika

will

hingegen

man

seine

würde

eine

des cono

Autoritarismus

Tendenz dar, d.h. daß es eines beträchtlichen aufwandes

Kapita-

Grundlage zum

eine

Interpretations-

Erscheinung

wahrnehmen. In

Untersuchung,

die

sich zum

Ziele setzte, die Existenz von Autoritarismus nachzuweisen, jeden Sinnes entbehren, denn er ist evident. Worum es allein gehen kann, ist, seine Besonderheit zu bestimmen. Die lismus

autoritären

müssen

als

Tendenzen

Ergebnis

verstanden werden, die

der

im fortgeschrittenen "politischen

Kapita-

Gegentendenzen"

zur Lösung der Krise angewandt

werden.

In Lateinamerika erweist es sich als unmöglich, diese Vermittlungsart zu etablieren. In diesem Kontext sind selbst die poli79

tischen Gegentendenzen ein unverhüllter Ausdruck von Autoritarismus.

Dies um

so mehr

als die

Intensität

des

sozialen Kon-

flikts die Möglichkeiten einer nicht gewalttätigen Lösung übersteigt. Die Strukturen der parlamentarischen Demokratie brechen auseinander

und machen Militärdiktaturen

von politischer

Herrschaft

ausüben,

Platz,

die eine Form

in der nicht nur die Pra-

xis, sondern auch (wie man noch sehen wird) selbst die Idee des Konsenses zu verschwinden droht. In

Lateinamerika

fortgeschrittenen

äußert

sich

Kapitalismus,

die Krise,

auch

als

ebenso wie im

eine

politische,^®

wenngleich sie hier nicht bloß die Institution des Parlaments, sondern

die

Gesamtheit

jenigen

der

Wirtschaft,

der

Institutionen,

umfaßt.

Die

einschließlich der-

politische

Krise

bringt

täglich die Grundlagen des kapitalistischen Systems in Gefahr. Die Habermas'sehe

Definition der Legitimationskrise pa-

raphrasierend^' kann man sagen, daß die Vorstellung, die Erwartungen der Beherrschten könnten nicht mit systemkonformen Entschädigungen

befriedigt werden, zum "politischen Common Sense"

der Mehrheit der Gesellschaft wird. Wir

sind

der Ansicht, daß man allen

Ernstes

behaupten

kann, die Grad- und Wesensunterschiede zwischen beiden Gebilden (dem zentralen und dem peripheren)

ließen sich ebenfalls hin-

sichtlich des Phänomens des Autoritarismus nachweisen. Der Autoritarismus verlangt jedoch, wie jede andere

Herrschaftsform,

nach seiner Legitimation. Wir werden folglich zwei theoretische Formulierungen in Betracht ziehen, die, über die sie trennenden Unterschiede hinaus, die Zielsetzung der Konservierung des Systems

(einschließlich

im peripheren und beziehen uns

im

seiner

autoritären

zentralen

Äußerungen)

jeweils

Kapitalismus gemein haben: Wir

auf die Doktrin der inneren Sicherheit

(DIS) und

auf die Theorie von Niklas Luhmann.

3.2 Autoritarismus, Konservierung und Legitimation Zu jeder

Zeit und

in jeder Gesellschaft

stellt der An-

spruch der sich an der Macht befindlichen Gruppe oder Gruppen, ihre

80

Herrschaftsmechanismen

zu

legitimieren,

eine

Konstante

dar.

Zugleich

bringt

jedes

Herrschaftssystem

soziale

Kräfte

hervor, die sein Programm stützen oder es ablehnen. In

diesem

Rahmen

tauchen

theoretische

Formulierungen

auf, die subjektiv und/oder objektiv die Perspektive einer der konfrontierten Beibehaltung

Kräfte des

annehmen,

bestehenden

um

der

Zustandes

Veränderung deskriptive

oder der oder prä-

skriptive Elemente zu liefern. Dies erlaubt es uns zu sagen, daß explizit oder implizit, 12

die minimalen Voraussetzungen

einer jeden theoretischen For-

mulierung dieser Art folgende sind: a) die allgemeinen Bedingungen der Epoche; b) die Betrachtung einer konkreten Gesellschaft oder eines konkreten Gesellschaftstyps als B e z u g s p u n k t ; " c) die Annahme des Standpunktes einer der sozialen Kräfte; d) das Vorherrschen der Tendenz zur Konservierung oder zur Veränderung des Systems. Andererseits konnte die Tendenz zu autoritären Zügen im fortgeschrittenen autoritärer

Kapitalismus

Herrschaftsformen

ebenso im

wie

cono

sur

die

Existenz

schon

offen

festgestellt

werden. Dies gibt zu der Vermutung Anlaß, daß in beiden Kontexten jede

Formulierung,

die auf die Stabilität des Systems ab-

zielt - ohne seine autoritären Züge in Frage zu stellen - eine in objektiver Weise konservative und positiven

gesellschaftli14 chen Veränderungen entgegengesetzte Funktion ausübt. Wir

werden

nun

eine

Analyse

zweier

theoretischer

Formulierungen versuchen, die sich in ihren jeweiligen Kontexten als Werkzeug der Stabilität und als solches der Konservierung

des

Systems

anbieten. Hierzu werden wir die

allgemeinen

Grundzüge beider Formulierungen mit dem Ziele vorstellen, ihre Berührungspunkte und ihre Unterschiede

festzustellen.

In diesem Zusammenhang möchten wir drei Bemerkungen vorausschicken,

die

unser

spezielles

Interesse

an diesem

Gegen-

stand herausstellen sollen: a) Es

existieren

große Unterschiede

zwischen der Theorie Luh-

manns und der Doktrin der inneren Sicherheit b) es bestehen

aber

andererseits

auch genügend

um die potentielle Möglichkeit einer

(DIS); Ähnlichkeiten,

(zumindest

objektiven) 81

Annäherung der beiden Standpunkte annehmen zu können; c) diese Annäherung Kontrolle

könnte

im cono

zu einer

sur und

zu

Verfeinerung der

einer

offeneren

pression im fortgeschrittenen Kapitalismus Vor ein Aspekt

der

Behandlung

geklärt

werden.

der

beiden

sozialen

Form

der Re-

führen.

Formulierungen

Wenn die Beschreibung

der

muß noch wichtig-

sten Züge des zentralen Kapitalismus eine Vorbedingung zum Verständnis der Ausführungen der Luhmannschen

Theorie

darstellen,

wie ist es dann möglich, eine Untersuchung der DIS zu unternehmen, ohne zuvor eine ausführliche Analyse des peripheren Kapitalismus durchgeführt zu haben? Die Antwort spaltet sich in einen theoretischen und einen konkret historischen

Gesichtspunkt

auf. In erster Verständnis

einer

Linie

erscheint

Gesellschaft

es uns auch legitim, uns dem

auf

Grund

ihrer

theoretischen

Formulierungen zu nähern. In zweiter Linie erlaubt uns die Tatsache, daß, wie wir noch sehen werden, die DIS eine importierte, dem

lateinamerikanischen

Kontext

fremde

Doktrin

ist, par-

tiell und für eine gewisse Zeit auf eine profundere Analyse der Realität des peripheren Kapitalismus zu verzichten. Die lateinamerikanische

Wirklichkeit

bewirkt

zwar wichtige

Modifizierun-

gen der DIS, aber ihren Ursprung findet sie darin nicht.

82

Kapitel IV: Die Doktrin der inneren Sicherheit (DIS)

4. Historisch-politische Vorläufer Den

Inhalt

dessen, was wir bisher DIS genannt haben, zu

präzisieren,bereitet eine doppelte Schwierigkeit. Die erste bezieht

sich auf die

Ursprünge,

die

relative

zweite

auf

vollständige Bedeutung Überlegungen anbelangt,

zu

Unbestimmtheit

historischen

ihre

reelle und

zu erfassen, indem man nur theoretische

diesem Thema anführt. 1

so stützt

ihrer

die Unmöglichkeit,

Was den ersten

Aspekt

sich J. Comblin,^ Autor eines der

inter-

essantesten kritischen Aufsätze, die speziell der Thematik der DIS gewidmet tanten der gel,' um

sind,

auf die Aussagen eines eminenten

lateinamerikanischen

seinerseits

Repräsen-

DIS, nämlich J.A. Amaral Gur-

zu vertreten, daß die moderne Geburt be-

sagter Doktrin im "National War College" der Vereinigten Staaten, das 1946 gegründet wurde, stattfand. Betrachten Inhalt

wir

nun noch vor

ihrer Rezeption und

die historischen Vorbedingungen,

ihrem

die das Aufkommen der

DIS im lateinamerikanischen Kontext bestimmen. Im wurde auf

europäischen

der die

Terminus

Kontext

des

Sicherheitspolitik

Außenpolitik

verwendet

und

neunzehnten

Jahrhunderts

hauptsächlich erhielt

seine

in

bezug

Erklärung

durch den Begriff der herrschenden nationalen Souveränität: "Sicherheit hatte hier im wesentlichen den Sinn des Schutzes der nationalen Souveränität, die ihrerseits als Garant der inneren, öffentlichen Sicherheit verstanden wird." (4) Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges beginnt eine Veränderung des Begriffs der Souveränität und folglich auch des Begriffs der Sicherheit, die sich in einer Relativierung des ersten

und

einer Ausweitung

der Bedeutung

des

zweiten

Begriffs

ausdrückt. Einige Autoren, wie z.B. E. Winkler 5 glauben in der berühmten Erklärung ten

Staaten,

W.

der

14 Punkte des Präsidenten der Vereinig-

Wilson,

am

Ende

des

Ersten

Weltkrieges, den

formalen Beginn des modernen Begriffs von Sicherheit zu sehen.

83

Was unbezweifelbar scheint, ist, daß dieser Begriff sich zusammen

mit

die

zwischen beiden Weltkriegen

der

nordamerikanischen

Expansionspolitik durchgesetzt

abzeichnet,

wird und sich in

dieser Zeit erweitert. Ein repräsentatives Beispiel der globalen Bedeutung dieser neuen Politik liefert E. 0. Czempiel, der schreibt: "Mit der Größe des Landes wächst der Bereich, in dem seine Sicherheit auch indirekt berührt werden kann." (6) Viele Jahre später, mit der Zunahme der

internationalen

Spannungen und dem Beginn der Aufteilung der Welt in zwei große Blöcke, fängt die Sicherheitspolitik

an, sich aufzuspalten und

eine doppelte Bedeutung anzunehmen. Im Rahmen der Vereinten Nationen bildet sich ein Modell der kollektiven

Sicherheit,

das die Gesamtheit aller Nationen

beinhaltet. Ihrerseits arbeiten die Vereinigten Staaten mit ihren Alliierten

ein

"System

der gegenseitigen Sicherheit" aus,

das die Form einer Opposition gegenüber der Politik der UdSSR annimmt.^ Wenn es auch gerade diese letzte Ausrichtung der Sicherheitspolitik als

ist, die uns

sich auf

interessiert,

insofern

ihrer Grundlage die lateinamerikanische

insbesondere

DIS ent-

wickelt, ist es dennoch aus zwei Gründen angebracht, ein letztes Mal auf das Modell der kollektiven Sicherheit

zurückzukom-

men. Etstens^ weil es unter keinen Umständen möglich ist, beide Systeme

als

selbständige

Teile

zu betrachten:

Wie

es die

Ge-

schichte zeigt, bedingen sich beide gegenseitig, und die Veränderungen am einen sind mittelbar oder unmittelbar auch am anderen abzulesen. Der zweite Grund steht unmittelbar im Zusammenhang mit der hier vorgelegten Untersuchung, denn das Denken Luhmanns erweist sich als indirekt an diese Problematik gebunden. werden

In der

von

einige

interessante

uns

kollektiven Sicherheit

schon

zitierten

Arbeit

Betrachtungen

im Zusammenhang

über

mit

F.X.

Kaufmanns

das Modell

der

den konkreten Cha-

rakteristiken des internationalen Systems angestellt. Kaufmann der

meint,

Schwierigkeiten,

zwingende und wirksame 84

daß

eine

angesichts Rechtsordnung

Weise

der

Unmöglichkeit

einzurichten,

das Verhalten der Staaten

oder

die auf regeln

würde, das Problem der Sicherheit verlässigkeitskontrolle"

sich

in ein Problem der "Zu-

und der Verringerung der

Unsicherheit

verwandelt. "Dieses System ist nicht notwendigerweise ein Schutzsystem. Seine primäre Funktion ist es vielmehr, politische Verhaltensorientierung zu ermöglichen und die Unsicherheit der Orientierung zu reduzieren." (8) Um

diese

"Reduzierung"

direkt auf Luhmanns Werk die eine Vorbedingung

zu

erklären, g

"Vertrauen",

der Sicherheit

verweist

Kaufmann

in welchem die Ordnung, zu sein scheint, nur mit-

tels der "Reduktion der Komplexität der Welt"^" möglich

ist.

Wenn wir die "Reduktion der Komplexität" bei Luhmann behandeln

werden,

werden

welche Beziehungen bilität

des

wir

noch

Gelegenheit

zwischen diesem

Systems

und

den

haben,

zu

sehen,

letzteren Problem, der Sta-

suggestiven

Ähnlichkeiten

dieses

Begriffs mit den in der DIS enthaltenen Forderungen besteht. Wenden

wir

uns jetzt dem

zu, was man System der

gegen-

seitigen Sicherheit genannt hat. Wie schon vorausgeschickt wurde,

setzt

begriffs

dieses

System

voraus.

Diese

Blocks", der uns hier

eine

Relativierung

bezieht

sich

im

des

Souveränitäts-

Falle des

"westlichen

interessiert, auf eine Ausweitung

seiner

Bedeutung im Kontext der vorherrschenden Macht (die Vereinigten Staaten) und auf eine Verringerung oder "Delegierung" derselben im Kontext

"untergeordneter Alliierter", wie es bei Lateiname-

rika der Fall Diese

ist. Auffassung

ist mit

einer

in diesem Kontext unge-

wöhnlichen

Klarheit vom brasilianischen Außenminister Cunha da

Leitao

Jahre

im

1965

formuliert

worden, weshalb

wir

sie hier

ganz zitieren möchten: "Die orthodoxe und strenge Auffassung der nationalen Souveränität wurde in einer Zeit formuliert, in der die Nationen es noch nicht als ihre Pflicht ansahen, zur Erreichung gemeinsamer Ziele zu kooperieren... Die geographischen Grenzen zwischen den Ländern Amerikas sind antiquiert, der Augenblick verlangt die Opferung eines teils der nationalen Souveränität, die Interdependenz wird die Unabhängigkeit ablösen müssen." (11) Diese

Ausweitung

des

Souveränitätsbegriffs

im

Kontext

85

der Vereinigten Staaten stellt eine relative Expansion dar. Damit wird angedeutet, daß diese Politik äußerst wichtige Auswirkungen

im eigenen, nationalen

Kontext

hat, die

sich

in

einer

beträchtlichen Reduzierung der Volkssouveränität ausdrückt. Die äußere Sicherheit erscheint immer enger an die Annahme der Existenz eines inneren Feindes geknüpft, der eine Sicherheitspolitik verlangt,

die dahin

geht, diesen Feind zu vernichten oder

zu neutralisieren. Es entsteht auf diese Weise in den Vereinigten Staaten der vierziger Jahre ein juristisches Arsenal Act

von

Control

1940, Act

Internal

von

1954

Security

Act

von

1950,

(Smith

Communist

usw), dessen konkrete Anwendung

von der

willkürlichen Absicht gekennzeichnet war, die innere Sicherheit in ihrer wie angedeutet neu definierten Form zu bewahren. Wir sind nun bereits in der Lage, einige der wichtigsten Komponenten dieser neuen Sicherheitspolitik zu erkennen: a) die

Prämisse

der

Teilung

der

Welt

in

zwei

unversöhnliche

Blöcke (permanente Präsenz des äußeren Feindes); b) die Existenz

eines

inneren Feindes, der nie klar

definiert

wird, obwohl er von der abstrakten Gefahr des internationalen Kommunismus verkörpert wird; c) die

Unbestimmtheit

der

Inhalte,

in denen

sich die

obenge-

nannten Vorbedingungen äußern. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden die Kontakte zwischen der nordamerikanischen Armee

(dem wichtigsten Ver-

treter dieser Doktrin in den Vereinigten Staaten) und den verschiedenen Armeen in Lateinamerika enger und als Folgeerscheinung

institutionalisiert.

Auf diese Weise werden, mittels der

Truppenübungen und der politischen amerikanischen durch

das

Militärs

Medium

Indoktrinierung des

auf nordamerikanischen

bedingten

Abwandlungen,

die

latein-

Basen 1 ^ mit den Ideen

über die

oben genannte Sicherheitspolitik eingeführt. Brasilien ist ohne Zweifel

das

Intensität

erste dem

Land

Lateinamerikas, das sich mit

Studium

und

der

späteren

Entwicklung

größerer der DIS

widmet. Die 1949 (nur drei Jahre nach dem National War College) gegründete Brasilianische Militärakademie wird zum größten Zentrum sowohl dankenguts.'^

86

der Hervorbringung (Gerade

wie

in Brasilien

der Verbreitung dieses Gefand

1964 ein Putsch durch

das

Militär

statt,

Militärdiktaturen

der bestrebt

in

dem

Sinne

war,

sich von

vorhergehenden

zu unterscheiden,

als

er sich

wie ein Ausnahmezustand präsentierte, der Anlaß zu "neuen" Formen von Autoritarismus

war, die

wir

in den

nächsten

Kapiteln

untersuchen werden). J.

Comblin

gibt

in

seinem

oben

genannten

Aufsatz eine

Zusammenfassung der Postulate der DIS: "Die Doktrin der inneren Sicherheit präsentiert sich als eine Synthese aller Geisteswissenschaften, eine dynamische Synthese, die fähig ist, ein vollständiges Aktionsprogramm für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu liefern: eine Synthese von Politik, Wirtschaft, Sozialwissenschaften, Militärstrategie. Sie will die definitiven Kriterien jedes Handlungsbereiches bestimmen, von der wirtschaftlichen Entwicklung bis zur Erziehung oder der Religion. In neuerer Zeit hatte lediglich der Marxismus einen ähnlichen Anspruch, eine totale Wissenschaft zu sein, und die Gesellschaft total führen zu wollen." (14) Für eine Vertiefung der Analyse dieser Doktrin müssen in dieser

Synthese

insbesondere

die

folgenden

zwei

wichtigsten

Elemente betrachtet werden: der totalisierende Anspruch und die Unbestimmtheit

ihrer

und Neuinterpretation angedeutet

Inhalte.

Dies

setzt

eine

Rekonstruktion

ihrer Hauptprobleme voraus. Wie wir schon

haben, wird

diese

Rekonstruktion

außer

ihrer wich-

tigsten theoretischen Formulierungen auch die normativen tutionellen

Einrichtungen

deren praktischer Ausdruck

mit

in

Betracht

ziehen

insti-

müssen, die

sind.^

4.1 Nationale und internationale Politik im Kontext der DIS Trotz

der

hochgradigen

DIS ist es möglich,

Unbestimmtheit

der

Inhalte der

in ihr eine Unterteilung der Funktionen zu

erstellen: a) diejenigen, die sich auf die internationale Politik beziehen und b ) diejenigen, die sich auf die Innenpolitik oder die nationale Politik beziehen.

87

Unter den zahlreichen Widersprüchen, die die Grundsätze der DIS kennzeichnen, kommt denjenigen, die sich auf die internationale Politik beziehen, eine Vorrangstellung zu. Alle Autoren, die oder

sich mit der DIS beschäftigen

Kritiker

gierte

Rolle

derselben

- sind

hervorzuheben,

- gleich ob Verfechter

sich darin einig, die privile-

die

in ihr die Geopolitik und die

Geostrategie spielen. Die bloße Nennung dieser Disziplinen verweist

schon auf Ratzels Werk,1*' das als ideologische und poli-

tische Stütze der deutschen territorialen Expansion während des Nazi-Regimes diente. Es steht außer Zweifel, daß Spuren dieses theoretischen

Einflusses

formulierung

unterzogen,

sich, wenn auch einer dreifachen Neuin

den

heutigen

Formulierungen der

lateinamerikanischen DIS wiederfinden. Die

DIS

ist

in

Lateinamerika

das

Resultat

sprüchlichen Synthese dreier Elemente, welche die

der

wider-

traditionel-

len Vorstellungen von "Nationaler Sicherheit", die im 19. Jahrhundert

erarbeitet

wurden,

abwandeln.'^

Diese

drei

Elemente,

die nacheinander Gestalt annehmen, sind folgende: a) der

Gedanke

von

der

Notwendigkeit

Schutzes des nationalen

der

Expansion

und

des

Territoriums;

b) die Teilung der Welt in Blöcke als Ergebnis des kalten Krieges ; c) die

Interdependenz-

und

Delegationspolitik

nationalen Souveränität - als spezifisch

eines

Teils der

lateinamerikanische

Komponente. Wenn wir besonderen Wert auf die Analyse des Verhältnisses zwischen nationaler und

internationaler

Politik

in der DIS

legen, so deshalb, weil man hier den Schlüssel zur Entzifferung ihres

konkreten

Ideen, die

sich

politischen auf

die

Wertes

findet.

internationale

zugleich die Quelle und der

Die

Politik

Funktion der

beziehen, sind

ideologische Deckmantel der Anwen-

dung der Postulate der DIS, verstanden als globales politisches Programm

für die gesamte nationale Gesellschaft.

Zu einem bes-

seren Verständnis dieser Unterteilung von Funktionen ler

und

zwischen sie

88

oft

internationaler) zwei

Begriffen

beliebig

ist zu

verwandt

es

von

Nutzen,

berücksichtigen,

werden, zu Quellen

den die

(nationa-

Unterschied dadurch, daß

schwerer

Mißver-

ständnisse wurden: die Nationale Sicherheit und die DIS. M.

Garreton

meint

in

einem

interessanten

Aufsatz, in

welchem er versucht, die Rolle zu bestimmen, die der DIS in den neuen

institutionellen

Formen, welche

der

autoritäre

Staat im

cono sur annimmt, zukommt: "Die sein, punkt schen zip?

'innere Sicherheit' scheint das Prinzip zu auf das sich die Militärregime zum Zeitihres Bruchs mit dem herrschenden politiSystem berufen. Was bedeutet dieses Prin-

Der Begriff innere Sicherheit meint die Probleme der Aufrechterhaltung und des Fortbestandes der Souveränität, die sich jedem nationalen Staat stellen. Er kann nicht mit den Konzeptualisie rungen verwechselt werden, die sich um diese Probleme bilden. Nachdem diese Konzeptualisierungen sich in systematische Gebilde mit normativem Charakter verwandelt haben, mit einem Merkmal versehen wurden, das sie offiziell werden läßt und sie in einen Gegenstand der Sozialisierung umgewandelt wurden, befinden wir uns in Gegenwart von Doktrinen der inneren Sicherheit. Wenn auch die Doktrinen der inneren Sicherheit weder mit einer militärischen Denkungsart, noch mit irgend einem anderen, rein militärischen Gegenstand verwechselt werden dürfen, wird der Typus der Auffassung von innerer Sicherheit, auf den sich die Militärregime berufen, mit diesen beiden Aspekten verwechselt und auf eine besondere Konzeptualisierung bezogen, die bekannt ist als die "Doktrin der inneren Sicherheit" oder die "moderne" Auffassung der inneren Sicherheit." (18) Die

vorhergehende

Aussage

erlaubt

es

zu verstehen, in

welcher Weise die Grundsätze der DIS den traditionellen Begriff der Nationalen Sicherheit neu formulieren. Wie

schon

gesagt

stellen

die Bemerkungen

zur

interna-

tionalen Politik die Grundlage dieser Umwandlungen dar. Ausgehend vom Antagonismus zwischen den beiden Weltblökken und der im westlichen Teil

Lokalisierung Block

symbolische

hegemonischen

Funktion

Macht

der

nimmt die an:

lateinamerikanischen

Diktaturen

internationale Politik eine zum Indem man die Vorherrschaft der

(Vereinigte

Staaten)

anerkennt,

wird ihre

konkrete Ausübung auf das, was die grundsätzlicheren Fragen an19 geht, delegiert. Jedoch über diese symbolische Funktion hin-

89

aus ist die internationale Politik, als Produkt der Teilung der Welt

betrachtet,

schen ren.

dasjenige

Konsequenzen Unter

der

DIS

Nation und wird tation

verschmilzt

Auffassung

der

Staat

zu

legitimie-

zwangsweise

mit der

als aktives Subjekt dieser weltweiten Konfron-

angesehen,

in der Praxis

Element, das versucht, die praktibesonderen

dieser

in

(und

der

die

in der

Teilinteressen

Theorie) eine

der

Gesellschaft

untergeordnete

Rolle

spielen. Daher muß die DIS als ein systematischer Versuch angesehen werden, die Legitimität neuer Herrschaftsformen zu erarbei20 ten, die mit der Praxis und der Theorie der grundlegenden Forderungen des politischen Liberalismus brechen. Wir werden nun versuchen, schematisch und

im Hinblick

Luhmanns,

die

Stabilität,

auf

Neudefinition

Demokratie,

und Rechtsstaat

in einer Synthese

eine vergleichende Analyse der Theorie N. darzustellen,

Macht,

welche

Begriffe wie

Konsens, politische

Opposition

erfahren.

4.2 Stabilität Der

Begriff

Stabilität

stellt

im Kontext

der

DIS mehr

als ein zu verfolgendes Ziel, eher eine nicht diskutierte, aber vor

allem

nicht

zu

scheint wird,

eine

im Hinblick

diskutierende als

auf

das

ein Dogma, das von der

welche

zuvor

Funktionieren

Voraussetzung

jeden

dar.

Die

des

Idee der Nation

bevölkerungsmäßigen

wurde. Angesichts des Nichtvorhandenseins

Systems

Stabilität erverkörpert

Inhalts

beraubt

einer effektiven so-

zialen Homogenität, dem Grundrequisit der wirklichen

Stabilität

eines jeden politischen Programms, verwandelt sie sich in einen Wunsch oder Stabilität

in einen Befehl. Diese Unbestimmtheit des Begriffs wird

leichter

sein Gegenteil, die Die den

sehr

bezieht

man

sich auf

Instabilität.

Instabilität weiten

verständlich, bezieht

Begriff

der

sich

ihrerseits

inneren

wiederum auf

Sicherheit,

jeder Umstand, der sie berührt, zu einem Stör- und

für

den

Entstabili-

sierungsfaktor wird. Alles 90

läuft

wie

in einem

Wechselspiel

von

Spiegelungs-

effekten

ab,

wo

der aber

zugleich auch der Ankunftspunkt der eigenen Existenz

des Individuums

die

innere Sicherheit

der Ausgangspunkt ist,

ist, dessen elementarste Rechte dieser neufor-

mulierten Auffassung von Sicherheit untergeordnet werden. Die die Praxis

Situation,

die wir hier beschreiben,

transzendiert

(totale physische Unsicherheit der Individuen unter

DIS-Regimen) und die politische Theorie

(Überlegungen der Ver-

fechter der DIS, die solche Auffassungen stützen), um sich auch auf der Ebene der juristischen Diskussion auszubreiten. So zum Beispiel

in Uruguay, wo das Verfassungsdekret

Nr. 5 von 1976,

das die Menschenrechte behandelt, festlegt: "Daß diese Normen und Verfahren (über die Menschenrechte) im wesentlichen die innere Sicherheit zum Ziel haben, die als Voraussetzung eines Rechtsstaates angesehen wird, in dem die lebendigen Kräfte der Nation sich entfalten können, frei vom Druck anderer Individuen oder Vereinigungen, die mit der klaren Absicht gegründet wurden, die politische Organisation zu zerstören." (Art. 3). Jeder Bürger hat ein Anrecht auf die innere Sicherheit, worunter man im allgemeinen einen Gesamtschutz durch den Staat versteht, der ihm den Genuß seiner Menschenrechte und die freie Ausübung seiner individuellen Freiheiten erlaubt. Folglich muß die Verteidigung der Menschenrechte und der individuellen Rechte, die den Menschen als Einheit betrachten, nach der inneren Sicherheit geregelt werden, die ihn kollektiv innerhalb einer politischen Organisation und einer sozialen Ordnung betrachten." (21) Diese negative Juridifizierung der Grundrechte des Individuums ist eine Folge des Mangels an Elementen materieller Le22

gitimität, gen

die es erlaubten, irgendeinen Typus von Vorhersa-

in bezug

auf das Verhalten

der bürgerlichen

Gesellschaft

zu formulieren. Das

Problem

des

Systems

ist

in diesem Falle nicht die

Herrschaft über die Instabilität, wie es im Zentralkapitalismus der Fall ist, sondern die Negierung derselben, wobei nicht nur diejenigen bestraft werden, die sie hervorbringen, sondern auch noch diejenigen, die sich erdreisten, ihre Existenz anzudeuten. In Uruguay das

die

Auflösung

schreibt des

das

Senats

Dekret

464 vom

27. Juni

1973,

und der Abgeordnetenkammer ver-

kündet, folgendes vor: 91

"Es wird die Verbreitung jedweder Art von Information, Kommentar oder Aufnahme durch die mündliche wie auch durch die schriftliche Presse oder durch das Fernsehen untersagt, die sich direkt oder indirekt auf die Bestimmungen des vorliegenden Dekrets beziehen und in denen die Exekutive diktatorischer Absichten beschuldigt wird oder welche die Ruhe und die öffentliche Ordnung stören könnten."

4.3 Demokratie Der Begriff in

der

Weise,

daß

Demokratie sie

eine

existiert

in der DIS, wenn auch

Utopie darstellt.

Ihre

effektive

Ausübung ist für den Zeitpunkt der Beendigung der "zwei Kriege" vorgesehen:

gegen den

äußeren und gegen den inneren Feind. In

Wahrheit gelingt es der Demokratie nicht einmal, den Rang einer Utopie

zu erreichen.

Es

ist, wegen der besonderen

Charakteri-

stiken, die dieser "doppelte Krieg" annimmt, nicht klar zu sehen, wie die Opferung der Freiheit eines Tages zur Wiederherstellung der Freiheit führen kann, insbesondere dann, wenn der 23 Krieg als ein permanenter und ein totaler aufgefaßt wird. Die Tatsache, daß Termini wie Demokratie und Rechtsstaat nominell gesehen unter solchen Regimen weiterbestehen, es,

die

Behauptung

aufzustellen,

daß die DIS nicht

ihre Legitimität nur auf formal vom Liberalismus

erlaubt

versucht,

unterschiedene

Werte zu gründen. Die Aufgabe besteht für ihre Theoretiker dar in, ohne

anderen Ausgangspunkt

als die faktischen

Gegebenhei-

ten, jeden der Begriffe, auf denen die politischen Systeme der liberalen

Demokratie

begründet

sind,

neu

zu

definieren. G.

O'Donnell sieht in einem Aufsatz, in dem der mögliche zukünftige Verlauf

der Dinge

in den autoritären

Staaten des cono sur

analysiert wird, als einzige Möglichkeit, diese men zumindest teilweise zu legitimieren, die

Herrschaftsfor-

Wiederherstellung

einer neu definierten Demokratie: "Aber welche Art von Demokratie? Es müßte eine sein, der das Wunder gelänge, all dies zugleich zu sein und die darüber hinaus gleichzeitig den Ausschluß des volkstümlichen Sektors ("sector populär") beibehielte. Insbesondere müßte es eine sein, die den Verzicht auf Erörterungen mit Termini wie pueblo und Klasse unterstützte. Ein 92

solcher Verzicht setzt voraus, daß strikte Kontrollen der Organisationen und der politischen Bewegungen des volkstümlichen Sektors (sector populär) beibehalten werden, ebenso wie Kontrollen über die Formen erlaubter Rede und Rhetorik seitens derer, die die institutionellen Positionen besetzt halten, welche die Demokratie wieder öffnen würde. Die Suche nach diesem Stein der Weisen drückt sich in den verschiedenen schmükkenden Beiwörtern aus, die üblicherweise den Terminus 'Demokratie' begleiten." (24)

4.4 Macht Den Postulaten der DIS haftet eine instrumental istische Auffassung

der Macht

Sicherheit,

die

die

an. Auch

in diesem Fall ist es die innere

Umrisse

der

zu

erreichenden

"Nationalen

Ziele" bestimmt, die wie gewöhnlich einen Termin für ihre Verwirklichung vermissen tionale

Macht,

lassen. Hierfür verfügt man über die Na-

welche

die Synthese

cher verfügbarer Möglichkeiten

halb der bürgerlichen Gesellschaft Für "Mittel

J.A.

jeglicher

lichen, welche mischer,

Gurgel

"Unterordnung"

A. der

sämtli-

im Staat als auch inner-

ist.

beinhaltet

die

Nationale

Macht

Art, von den natürlichen bis zu den mensch-

fähig sind, jene anzuwenden:

alle Mittel ökono-

sozialer, politischer, psychologischer

scher A r t . " heit

Amaral

und

sowohl

oder

militäri-

25

Pinochet Mittel,

sieht die

die

die

Nationale Macht

Nation

besitzt,

"als die

Gesamt-

entwickelt

und zur "7 fi

Verwirklichung der nationalen Ziele mobilisieren kann". Es letzte

erweist

sich

Behauptung,

Theoretiker

der

mit

DIS

als

interessant

der

im

zu

übrigen

übereinstimmen,

zeigen,

zwei

als

wie

diese

"hervorragende"

Programm

oder

als

Wunsch übrig bleibt, ohne daß es ihr gelänge, sich in die Wirklichkeit umzusetzen. Ihre Verwirklichung würde die Existenz eines

Totalitarismus

gerlichen cono sur ten

voraussetzen

Gesellschaft

(reelle

Absorbierung

den

Staat),

herrschende Autoritarismus

zu einer

Trennung

zwischen

durch Staat

und

wogegen

der bürder

im

immer mehr beton-

bürgerlicher

Gesellschaft

93

Schließlich

und

als

ein

welches das komparatistische

Element,

im

Hinblick

auf

Ziel unserer Analyse ganz beson-

ders berücksichtigt werden soll, scheint der Begriff der Macht 28

von

den

kann

Begriffen

man

Macht,

sagen,

die

der

Herrschaft daß

DIS

die

und Klasse

anhaftet,

die

aber

Fähigkeit,

den

Macht

annähert, für die sich Macht

Entscheidungen

funktionalistischen

versteht,

als

"die

Daher

Auffassung der

sich der dezisionistischen Per29

spektive von Laswell und Kaplan auf

abstrahiert.

instrumentalistische

zu

treffen,

Vorstellungen

Fähigkeit,

reduziert oder

T.

gewisse

Parsons,

der

Funktionen

zum

auszuführen". 3 "

Nutzen des gesamten sozialen Systems

4. S Konsens Daß die Regime, in denen die Ansichten der DIS herrschen, des Konsenses ermangeln, ist nichts Neues. Gramscis Auffassung von

Hegemonie

als

dem

32

Resultat

sich nicht nachweisen,

von

Zwang und Konsens 3 1

läßt

da der Konsens seitens der unteren so-

zialen Gruppen fehlt. Der

Terminus

Konsens

erscheint

weder

in den

Theoreti-

schen Elaboraten der DIS noch in ihren juristischen Äußerungen. Das bedeutet jedoch nicht die einfache Abschaffung des Konsenses, sondern vielmehr seine radikale Neudefinition. Dies, weil der Staat nicht

als der

"Ort" erscheint,

wo die

Widersprüche

der bürgerlichen Gesellschaft diskutiert und gelöst werden können, sondern als das Instrument, das die Nation im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele, die die Aufrechterhaltung der Sicherheit fordert, verkörpert. Dagegen wird der Dissens wie ein Angriff des inneren oder äußeren Feindes auf die höchsten Ziele der Nation betrachtet. Diese besondere senses die

hat

Praxis

sich

anläßlich

umgesetzt,

bei

Typus von Volksbefragungen, zits,

zu

verwirklichen.

Streitkräfte

eine

Politik

der denen

Interpretation des Kon-

seltenen versucht

Gelegenheiten wurde,

in

irgendeinen

im allgemeinen mittels des Plebis-

Bei der

diesen

Gelegenheiten

systematischen

haben

die

Einschüchterung

entwickelt, um das gewünschte Resultat zu sichern. Darüber hinaus haben sie, als letztes Mittel, erklärt, daß eine Entschei94

dung dagegen in keinster Weise ihre ursprünglichen Pläne berühren w ü r d e . 3 3

In diesem

Fall

- und nur in diesem - scheint es

nicht den geringsten Unterschied zu jenen Situationen zu geben, die Autoren wie C.J. Friedrich und Z.K. Brzezinski als typisch für totalitäre Staaten definieren, welche sich die ausschließliche Befugnis vorbehalten, jedweden Ausdruck von Dissens anzunehmen oder zurückzuweisen. 3 ^ Nach Autoren wie G. O'Donnell gibt es unter den im gegenwärtigen

lateinamerikanischen

Bedingungen

zwei

Macht

Formen

befindlichen

des

Gruppen

Autoritarismus

Konsenses, erhoffen

die

herrschenden

sich

können.

die

an

Einerseits

"stillschweigender" Konsens, der sich in der

der ein

Entpolitisierung,

der Apathie und der Flucht ins Private äußert, und andererseits die Angst. Die Angst der Gruppen der Opposition, die sehr wohl die

Ebenen

fähig

physischer

ist; Angst die

auch

Bedrängung seitens

deren

die

Verfassung

auf

dieser die

Weise

stützt

haben und sich heute zwar nicht mehr mit ihm aber die Konsequenzen

dieses

Staat

eine

andere

zieren können,

ursprüngliche

kennen,

derer,

oder

Staates geidentifi-

einer möglichen

Reaktion

der Volksmassen fürchten.

4.6 Politische Opposition Der Begriff der politischen Opposition gehört nicht zum theoretischen Arsenal der DIS. Bestenfalls bleibt dieser reserviert,

um

auf

die

Widersprüche

innerhalb

des

herrschenden

Blocks hinzuweisen, insbesondere innerhalb der Streitkräfte und speziell

in der Etappe,

die der Institutionalisierung

solcher

Regime f o l g t . 3 6 Der Platz, den die politische Opposition in den parlamentarischen Demokratien besitzt, ist in diesen Formen des Autoritarismus

durch

den

Begriff

des

Feindes 3

Weise wie der Kampf gegen die Subversion ^ die

Grundforderung

der

nationalen

In der

(der innere Feind)

Sicherheit

die politische Opposition zum Subjekt eines

besetzt.

definiert, wird

Kriminalisierungs-

prozesses . Bezüglich des Feindbegriffs ist es angebracht, nicht nur seine

Unbestimmtheit

festzustellen,

sondern

auch

den

überdi-

95

mensionalen Grad Carl

38

tik

Schmitts

seiner Ausdehnung.

werden

in bezug

Selbst

auf die

die

Formulierungen

Freund-Feind-Problema-

noch durch die Auffassung der DIS übertroffen. Die

Unterscheidung

zwischen

öffentlichem

und

privatem

Feind wird ersetzt durch das Kriterium des totalen und 3ständi9 gen Feindes, das im Hintergrund der DIS vorhanden ist. Mehr noch,

obwohl

es

diesen

Regimen

zu

keinem

Zeitpunkt

gelungen

ist, den Grad an Stabilität zu erreichen, den einige totalitäre Regime erreichten, haben sie mit diesen die Tatsache gemeinsam, daß durch die Stützung der sich an der Macht befindlichen Gruppe die Aufgabe

des Kampfes gegen den inneren Feind nicht ver40

ringert, sondern eher intensiviert wird. Im nachdem

cono

die

sur

verwandeln

oppositionellen

sich

Kräfte

die

im Volk

Sicherheitsdienste, zerstört

sind, zu

Kontrollelementen der eigenen Streitkräfte. Abschließend griff

der

sei

noch

darauf

politischen Opposition

hingewiesen,

daß

der Be-

ja die Negation

des

Staates

implizierte, der als ein Werkzeug zur Beilegung des Antagonismus zwischen den zwei Weltblöcken konzipiert wurde.

4.7 Rechtsstaat und/oder Ausnahmestaat Die historische Problematik, die mit dem Terminus Rechtsstaat verbunden ist, ist zu weitläufig, als daß man hier eine Zusammenfassung derselben anbieten könnte. Zum Ausgleich für diese Unterlassung verweisen wir auf eines der vollständigsten und interessantesten Werke zu diesem Thema, das von E. 41 Diaz stammt. Auf

eine

Grundelemente,

kurze die

Formel

die

gebracht kann man sagen, daß die

Idee

des

Rechtsstaates

innerhalb des

liberalen Denkens bilden, im wesentlichen zwei sind: a) die Garantie der individuellen Freiheiten und b) das Prinzip der Gewaltenteilung. Nach

dem

was

wir

schon

festgestellt

haben,

würde

es naiv anmuten, wollte man im Zusammenhang mit der DIS und der politischen

Praxis,

die

von

beiden Komponenten untersuchen. 96

ihr

ausgeht,

Unser

die

Interesse

erstere gilt

der

hingegen

der zweiten. Wir werden versuchen, die Gründe hierfür darzulegen: Die

Regime des cono sur geben vor, sich 43 in Rechtsstaaten zu verwandeln, und sie sind es schon, wendet man

im

diktatorischen

konkreten

Poulantzas

Fall

an, der

die

sich

Interpretation

von

Autoren

wie N.

gewiß nicht durch seine Sympathie für

derlei Regime hervortut. Poulantzas schreibt hierzu: "Denn das Gesetz und die Regel waren immer anwesend bei der Konstituierung der Macht: Der asiatische oder despotische Staat, der Sklavenhalterstaat (Rom, Athen) und der feudale Staat waren immer auf Recht und Gesetz gegründet - vom babylonischen oder assyrischen Recht zum griechischen oder römischen Recht und zu den mittelalterlichen juristischen Formen. Jede Staatsform, selbst die blutrünstigste, hat sich immer als juristische Organisation herausgebildet, sich in Recht dargestellt und in juristischen Formen funktioniert. Wie man nur zu gut weiß, war das auch bei Stalin und seiner Verfassung von 1937 der Fall, die für 'die demokratitischste der Welt' gehalten wurde. Nichts ist also falscher, als einen Gegensatz zwischen der Willkür, den Mißbräuchen und dem Wohwollen des Fürsten und der Herrschaft des Gesetzes anzunehmen." (44) Da des

cono

sich

jedoch

sur

die

keiner Weise turen

andererseits

Garantie

der

in den autoritären individuellen

Regimen

Freiheiten

in

abzeichnet, muß man sich angesichts dieser Dikta-

fragen,

um

welche Art von Rechtsstaat

es sich wohl han-

delt. Zunächst schließt die faktische und normative der

Garantie

individueller

Freiheiten

könne sich um den Rechtsstaat Theorie

konzipiert

müßte

man

einen

Staatstypus

die

wurde.

die

Inexistenz

Möglichkeit

Verfolgte

man

diesen

Gedankengang,

zu dem Schluß gelangen, daß das Ziel darin

Terminologie

zu des

aus, es

handeln wie er von der liberalen

institutionalisieren, Liberalismus

bewußt

in

besteht,

welchem

selbst

ausgeschlossen

ist:

einen Totalitären Staat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es bestehen in den lateinamerikanischen Diktaturen weder die

objektiven

sicht, das

einen

strukturellen so

gearteten

wir uns gestellt

sehen,

Faktoren

Staat

noch

die

aufzubauen.

subjektive Ab-

Das

Problem, vor

ist sehr komplex und wurde

in der

97

gegenwärtigen Politik- und Rechtswissenschaft relativ wenig untersucht.

Um

es

besser

einkreisen

zu

können,

müssen

wir

kurz auf die Charakteristiken der Krise und des Staates eingehen, der aus ihr im Kontext dessen, was wir den "neuen Autoritarismus"

lateinamerikanischer

Prägung

nennen

werden,

hervor-

geht . In

Lateinamerika

Hegemoniekrise.Die

ist

der

Unterordnung

Staat

der

Ausdruck

der regionalen

Klassen unter die internationalen Machtzentren macht pitalistischen

einen ka-

Akkumulationsprozeß unmöglich, der sich auf na-

tionalem Territorium higkeit,

einer

herrschenden

sich

auf

ergänzen würde. Von daher

die

minimalsten

rührt die Unfä-

materiellen

Grundlagen der

Legitimierung für die Organisation der Hegemonie der herrschenden Klassen

innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft

können. Diese Situation

stützen zu

ist das Ergebnis einer strukturell ab-

hängigen Entwicklung. "Der Obergangsstaat von der kolonialen Abhängigkeit zur politischen Unabhängigkeit muß ein Ausnahmestaat sein... Wenn sich auch die neuen Regierenden bemühen, so etwas wie einen normalen Staat aufzubauen, so endet ihr Unternehmen dennoch in folgendem Umstand: Die innere Instabilität der Struktur wegen dem äußeren wirtschaftlichen Druck zerstört bald den normalen Staat." (46) An

die Stelle

nahmestaat, einem dem

den

ständigen

amorphen

besagten

werden

und

Wir

Problematik

zwingt,

uns

Carl

lassen.

Wir

widersprüchlichen

Ausnahmestaates.

Aussagen

normalen

Staates tritt ein Aus-

die beschriebenen Abhängigkeitsverhältnisse zu

müssen

Schmitts

viel zum

schon

befinden

Begriff jetzt

weiter

uns

eines

einräumen,

so

vor

permanenten daß

diese

zu

gehen als selbst die 47 Ausnahmestaat. Es geht nämlich

nicht nur darum, mit der adäquaten Regelung zu rechnen, um einem außergewöhnlichen heit aus

des Staates zwei

Grund, und

Gründen

der

einem

das

Umstand, der die Sicherheit und die Ein-

bedroht,

standzuhalten.

Diese

Bedrohung wird

zu einer permanenten: wegen einem

Ergebnis

subjektiven,

der wirtschaftlichen dem

Ergebnis

der

objektiven

Abhängigkeit ist Anwesenheit

und

der Notwendigkeit des Feindes (des äußeren und des inneren) als Grundvoraussetzung DIS. 98

zur

Führung

der

Gesellschaft

seitens der

Die Aufgabe offen

autoritären

besteht

in der

Institutionalisierung

Herrschaftsverhältnisses,

das

sich

eines

trotzdem

mit der Terminologie und einigen Formalitäten der liberalen politischen Systeme schmücken muß, indem die beiden Programme, 48 Gruppe

die

sich

streitig

die

Hegemonie

innerhalb

machen, miteinander

ideologischen

der

kompatibel

herrschenden gemacht

wer-

den . zu k ö n n e n .

Wir glauben behaupten

daß innerhalb des Kon-

textes, den wir beschreiben, der Terminus Rechtsstaat einen Euphemismus zur

darstellt,

der

die

Institutionalisierung

Entwicklung

eines

möglicher

permanenten

Techniken

Ausnahmestaates

verdeckt. Es muß betont werden, daß es sich in diesem Falle um eine defensive Technik als Ergebnis der Schwäche des Staates 49 handelt. Der cono

sur

permanente

Ausnahmestaat

im

lateinamerikanischen

ist eine vollendete Tatsache, bei der es darum

geht,

ihr einen juristischen Status zu verschaffen. In diesem Sinne unterscheidet sich die Situation radikal von

dem, was

sich

im

fortgeschrittenen

Kapitalismus

ereignet.

Dort erreicht unserer Meinung nach die Krise nicht jene Stufe, die sie an der Peripherie nen permanenten

erreicht, weswegen die Versuche, ei-

Ausnahmestaat

aufzubauen,

wie

wir noch

anläß-

lich der Theorie N. Luhmanns sehen werden, eine offensive Technik darstellen, die die Beherrschung stattet, welche noch um etliches

einer Krisensituation ge-

intensiver

ist als die gegen-

wärtige . Wenn befassen,

wir

so

uns

hier

deswegen,

mit

weil

dem ihre

Problem

der

Zerstörung

Gewaltenteilung oder

Veränderung

ein Grundbestandteil dessen ist, was wir Techniken zur

Institu-

tionalisierung eines permanenten Ausnahmestaates genannt haben. Die konkrete Modalität, die diese Techniken annehmen, ist, wie wir

im

folgenden

theoretisches

zu

Gebilde

zeigen

versuchen

bestimmt,

werden,

sondern

hängt

durch

keinerlei

von

bestimmten

sozio-historischen Gegebenheiten ab. Im Falle Uruguays, den wir hier untersuchen, äußert sich die destruktive Veränderung des Prinzips der Gewaltenteilung der Absicht,

die

Judikative

in ein explizit politisches

umzuwandeln, das von der Exekutive digkeit

einer

direkten

und

abhängig

genauen

in

Organ

ist. Diese Notwen-

Kontrolle

dieses

Organs 99

erklärt keit

sich, nach unserer

der

herrschenden

Streitkräfte

(die

Interpretation,

Gruppen,

DIS)

die

innerhalb

durch die Unfähig-

offizielle

der

Gruppe

Ideologie der

der

"Männer des

Rechts" durchzusetzen. Während

des nationalsozialistischen Regimes nahm besagte

Technik z.B. eine völlig andere Modalität an. In diesem Regime ermöglichte

der

Umstand,

daß

lang,

der

"Männer

des

sich

es der offiziellen Rechts"

zu

Ideologie ge-

bemächtigen,

daß

die

Macht der Richter auf Kosten des Parlaments anwuchs. "Es ist unmöglich, die Schlußfolgerung zu umgehen, daß die politische Justiz das schwärzeste Kapitel im Leben der deutschen Republik darstellt. Die Reaktion machte mit stetig zunehmender Intensität von der Waffe der 'Rechtsprechung' Gebrauch. Darüber hinaus erstreckte sich diese Anklage auf die gesamte Tätigkeit der Justiz, und ganz besonders auf den Wandel im Rechtsdenken und der Position des Richters, der in dem neuen Grundsatz des richterlichen Prüfungsrechts der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen gipfelte, eines Mittels zur Sabotierung sozialer Reformen. Die Macht der Richter wuchs hierbei auf Kosten des Parlaments." (50)

4.8 Unterordnung

der

judikativen

Gewalt

und

permanenter Aus-

nahmestaat (der Fall Uruguays) Die Annullierung der Kontrollfunktion, die in den liberalen politischen Systemen traditionellerweise von der judikativen

über die exekutive

eine Voraussetzung

Gewalt

ausgeübt wird,

zur Institutionalisierung

stellt

des permanen-

ten Ausnahmestaates dar. Wir werden uns nun diesem Problem noch etwas näher zuwenden, indem wir Beispiele aus dem positiven Recht heranziehen. Die Verfassungsdekrete September

1976

Streitkräften wie

und

offenem

im

Nr. Juli

3 und Nr. 8, die jeweils im 1977

von

den

Uruguayischen

diktiert wurden, gestatten es,

weshalb Gegensatz

Prinzipien

100

und

des

diese zu

den

abzuschätzen,

Institutionalisierung politischen

Liberalismus

befindet.

und

sich

in

philosophischen

Darüber

hinaus er-

laubt es diese sich

auf

juristische

dieser

Ebene

Verordnung, klar zu beobachten, wie

die

Grundsätze

der

DIS

äußern,

die

wir auf den vorhergehenden Seiten besprochen haben. In den Paragraphen

2 bis 6 des oben genannten

Verfas-

sungsdekretes Nr. 3 heißt es wie folgt: "2) Daß, nachem die Grundfunktionen auf der Ebene der Führung und der Gesetzgebung sowie der höchsten Kontrolle durch den Verfassungsakt Nr. 2 reorganisiert wurden und bestimmt wurde, welche Bereiche Gegenstand einer Revision mittels Grundgesetze sein werden, es nun zunächst darauf ankommt, die Institution des Ministeriums und weitere integrierende Organe der Exekutive zu fundamentalen Instrumenten der Dynamik desselben umzustrukturieren ... 3) Daß diese Aufgabe einen verfassungsmäßigen und einen rechtlichen Aspekt hat und daß sie unerläßlich ist, um die neue Ordnung in Gang zu setzen ... 4) Daß in unserem traditionellen öffentlichen Recht von beiden Kardinalprinzipien, die die Machtverhältnisse stützen, das negative der Teilung vorgeherrscht hat und somit die natürliche Vorrangstellung, die der Exekutive als dem Führungsorgan zukommt, kompromittierte. 5) Daß diese Vorrangstellung ein Gebot der Umstände ist, die die Welt erlebt und daß diese in den Tendenzen des zeitgenössischen öffentlichen Rechts als Konsequenz der Einmischung anormaler politischer, sozialer und wirtschaftlicher Störfaktoren klar angezeigt ist. 6) Daß folglich die verfassungsmäßige Lösung vorangebracht werden muß, um ein Justizministerium zu gründen, durch das die Beziehungen zwischen der Exekutive, der Judikative und anderen Organen der Rechtsprechung, ausgenommen dem Militär-strafrechtlichen, im Einklang mit der neuen Ordnung miteinander verbunden werden, welches , dies sei gleich bemerkt, sich auf die Unantastbarkeit der rechtsprechenden Entscheidung als Ausdruck der Souveränität auf allen Ebenen stützen wird." Indem

mit

der

Institutionalisierung

offen

autoritärer

Herrschaftsbeziehungen fortgefahren wird (spezifische Charakteristik

des

"neuen" Autoritarismus),

Verkündigung ist, der

alle

des Verfassungsdekrets

Aspekte,

rechtsprechenden

die

kommt es im Juli Nr.

im Zusammenhang

Gewalt

stehen,

zu

8, dessen mit

dem

1977 zur

Funktion es

Funktionieren

"reorganisieren". Wir

101

zitieren im folgenden einige Auszüge aus den Grundlagen und den Bestimmungen dieser "Reorganisation", da sie für unsere Analyse höchst aufschlußreich

sind.

"Es ist notwendig, einige Teile des Grundgesetzes einer Revidierung zu unterziehen, die bei der Anwendung (...) ihre Unzulänglichkeit und Unwirksamkeit angesichts der heutigen Realität erwiesen haben (...) (Bezüglich der Gerichtsgewalt) . (...) Die Judikative wurde also während gleichzeitig die Exekutive wurde (...).

überschätzt, unterschätzt

Mit diesem "Acto Institucional" wurde in erster Linie versucht, dieses Problem zu lösen, indem man sich von der irrtümlich Montesquieu zugeschriebenen These der dreifachen Gewaltenteilung entfernt hat. (...) Nachdem dieser negative Mythos, der sich aus dem Dogma der Gewaltenteilung ergab, nicht mehr besteht, nimmt die Exekutive wieder die natürliche Vormachtstellung ein, die ihr als authentische Macht im eigentlichen Sinne zusteht. Dies heißt, daß die Exekutive über ausreichende Souveränität verfügt, um mit ihrem Herrschaftsanspruch den anderen Organen vorzustehen, ihnen ihre Entscheidungen aufzuerlegen. Par. 42: "Die Richter sind unabsetzbar und werden mit Ausnahme der Bestimmungen in Par. 41 solange im Amt bleiben, wie ihr Verhalten der guten Führung entspricht. Während der ersten vier Jahre hat ihre Ernennung nur provisorischen Charakter und während dieser Zeit kann die Exekutive sie jederzeit absetzen. Nach dieser Zeit ist ihre Ernennung rechtlich voll wirksam. Diese Vorschriften gelten für den Generalstaatsanwalt und für die Pflichtverteidiger." (Unsere Unterstreichung) Par. 43: "Das Justizministerium ist für den verwaltungstechnischen Ablauf zwischen der Exekutive und den übrigen juristischen Abteilungen, mit Ausnahme des Militärs, zuständig." Unserer Meinung nach öffnet die soeben zitierte Regelung den

Weg für das, was wir hier die dritte Etappe der

ren

Institutionalisierung

schiedung

(Chile) oder

nennen,

den Versuch

sich

einer

guay)

neuer

einem

Komplex von Faktoren überwiegend

102

Verfassungen

die

auszeichnet,

durch

autoritä-

die

Verabschiedung

und

deren

Verab(Uru-

Ausgang von

politisch-ideologischer

Art

abhängt, die wir

in dem

folgenden

Kapitel

zu

analysieren

versuchen werden. Abschließend kehren wir zum Problem des zurück

und

zitieren

die

entsprechenden

Ausnahmestaates

Paragraphen

der

neuen

Uruguayischen Verfassung (die in einer Volksbefragung im November 1980 abgelehnt wurde).

Ihr Wortlaut, der eine totale Will-

kür

uns,

offenbart,

erlaubt

es

auf

jeden

weiteren

Kommentar

zu verzichten. Par. 91: "Die Exekutive kann nach Obereinkunft mit dem nationalen Sicherheitsrat im Falle schwerwiegender und unvorhergesehener innerer Unruhen sofortige Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, wobei sie innerhalb von 24 Stunden die Generalversammlung über ihre Schritte und Motive unterrichten muß. (...) Die inneren Unruhen, die zu diesem sofortigen Sicherheitsmaßnahmen geführt haben, können aus beliebigen Tatbeständen herrühren, die auf irgendeine Art in der Breite ihrer Auswirkung das Leben der Bewohner Uruguays beeinträchtigt haben." Par. 92: "(...) die Exekutive kann in Obereinstimmung mit dem Nationalen Sicherheitsrat den "Zustand der Subversion" (51) ausrufen, und zwar angesichts einer schwerwiegenden Situation im Landesinnern, die mit oder ohne Hilfe von außen entstanden ist, und die bestimmt wird durch Gegebenheiten oder Handlungen, die die Institutionalität, das Leben, die Freiheit und die nationale Sicherheit beeinträchtigen, wovon die Generalversammlung in Kenntnis gesetzt sein muß." Par. 93: "Die Exekutive kann in Obereinstimmung mit dem nationalen Sicherheitsrat und einer vorausgegangenen Resolution der Generalversammlung, die mit Zustimmung von zwei Dritteln seiner gesamten Mitgliederzahl verfaßt wurde, den Kriegszustand im Falle von Auseinandersetzungen von außen oder Aggression erklären.

103

Kapitel V: Einige Aspekte der Theorie Niklas Luhmanns

5. Der Ausnahmezustand

als besondere

Strategie

zur

Konservie-

rung des Systems in der Theorie N. Luhmanns Die

Komplexität

der

Welt

ist

das

Ergebnis

des

Wider-

spruchs zwischen der praktisch unbegrenzten Quantität an Erfahrungen und Handlungen und der begrenzten Möglichkeit, sich bei der Auswahl derselben zu orientieren. Nach Luhmann ist es eine grundlegende

Funktion

des

sozialen Systems, mittels

einer Ge-

samtheit von Strategien diese Komplexität zu reduzieren.' Wir haben im vorausgegangenen bereits Gründe angedeutet, die unsere Beschäftigung mit der

funktional-strukturalistischen

Theorie Luhmanns motivieren. Dennoch zwingt uns unser durch die spezifische lateinamerikanische Problematik Interesse

dazu,

einige

einleitende

überdeterminiertes

Bemerkungen

vorauszuschik-

ken. Die Theorie N. Luhmanns nischen

Kontext

praktisch

ist bis heute im 1ateinamerika2

unbekannt

geblieben.

Dies

mag auf

den ersten Blick hin überraschen, wenn man bedenkt, daß Luhmann als Schüler und in gewisser Weise Fortsetzer des Parsons 1 sehen Werkes"*

eine

Theorie

entwickelt,

die

als

Ziel

(und

auch als

faktische reelle Voraussetzung) die Stabilität und die Konservierung des Systems hat.'' In Lateinamerika erreicht Parsons' Werk in den fünfziger Jahren und bis

gegen Ende der sechziger Jahre, ebenso wie der

nordamerikanische weite

Funktionalismus

Verbreitung

im

kulturellen

im

allgemeinen,

Milieu

und

eine

speziell

sehr in der

universitären Lehre.^ Nun siebziger sich

ist es ganz Jahre

wesentlich

scheiden,

und

klar, daß die politischen Umstände der

(Uruguay von

daß

1972, Chile

denen

die

1973, Argentinien

der vorangegangenen

Repression

Periode

auf kulturellem

1976) 6 unter-

Gebiet eine

nie dagewesene Verarmung der intellektuellen Entwicklung im Bereich der Gesellschaftswissenschaften hervorgerufen hat. Nichtsdestoweniger ist es angebracht, sich zu fragen, ob diese Gründe 104

zusammen mit

dem

rein technischen Charakter aus-

reichen,

um

das

Nichtbekanntsein

eines Autors

wie

Luhmann zu

erklären, von dem man gesagt hat, er sei "der Wissenschaftler, der am radikalsten in welcher

eine anti-humanistische

Wissenschaft

keiten wird".

zum

reinen

Perspektive

Kalkül

annahm,

abstrakter Mögli'ch-

Ein Autor, dessen Theorie potentiell in der Lage

ist, jedwedem System Legitimationselemente

zu verschaffen, des-

sen Ziel es ist, von allem anderen einmal abgesehen, ein "effig zientes" Funktionieren zu erreichen. Wenn wir das Problem in diesem Rahmen und aus hypothetischer Sicht her betrachten, so glauben wir, daß bei der Rezeption

von

Luhmanns

Werk

seitens

des

konservativen

Denkens im

lateinamerikanischen Kontext der allgemeine philosophische Rah9 men zurückgewiesen würde, während vermutlich das angenommen würde, was sich auf die Entwicklung von Techniken sozialer Kontrolle zwecks Beherrschung der Krise bezieht. Diese (hypothetische) ambivalente Stellung erklärt sich durch eine Besonderheit ßen

formulieren

insgesamt ponenten

in Luhmanns Werk, die wir

möchten:

konservativ,

Luhmanns

Theorie,

folgenderma-

subjektiv

stellt einen wesentlichen

in Frage, die eine kritische Sozialtheorie

oder, anders gesagt, Luhmanns Theorie ist, objektiv nicht konsequent

gesehen

Teil der Komausmachen, betrachtet,

konservativ.

Um diese Aussage zu begründen, gehen wir von zwei grundlegenden Annahmen aus: a) Die

konservative

Funktion

zialwissenschaften

kann

des Autors festgestellt b) Das

Element,

das

die

einer

Theorie

objektiv

und

im Bereich der So-

unabhängig

vom

Willen

werden; objektiv

als

konservativ

angesehenen

Theorien zu solchen macht, besteht darin, daß sie die soziale Realität verdecken und mystifizieren. Ein und

eindeutiges

mystifizierenden

Beispiel

Funktion

der

einer

objektiven Theorie,

konservativen

die

im Gegensatz

zur anscheinend progressistischen Rede ihres Autors steht, liefert das Werk Ralf Zu dessen, der

was

Beginn eine

Dahrendorfs. 1 0 unserer kritische

Entmystifizierung

der

Arbeit

haben

Untersuchung Wirklichkeit

wir

als

Parameter

ausweist, die Aufgabe zur

Herausstellung der

105

Gründe

für das gegenwärtige

gültigkeit

angenommen.

Dies

soziale Unbehagen und die Gleichstellt

Luhmanns Werk

teilweise in

Frage, insofern als es auf der deskriptiven Ebene eine erheblilich entmystifizierende Funktion hinsichtlich des sozialen Systems

ausübt,

aber

auf

der

präskriptiven

Ebene

für

sein

vereinfachende

Ein-

effizientes Funktionieren Indifferenz vorschreibt. 1 Wir schränkung

haben zu

bereits,

vermeiden,

um auf

eine die

allzu

tiefgreifenden

Unterschiede

zwischen der DIS und der Luhmann'sehen Theorie hingewiesen. Wir glauben die

aber dennoch,

ebenso

großen

schaftlichen

daß diese

Unterschiede

Wirklichkeiten

sich

in der Hauptsache

zwischen

erklären

den

lassen,

beiden die

den

durch

gesellbeiden

Theorien jeweils zugrund liegen (abhängiger Kapitalismus, zentraler Kapitalismus). Dies kommt der Behauptung gleich, es gäbe ein Prinzip der gegenseitigen Entsprechung zwischen der gesellschaftlichen Wirklichkeit und der Entwicklung solcher Theorien, das uns

im übrigen im Falle Luhmanns besonders strikt zu sein i2 scheint. Beide Theorien sind gesellschaftliche Produkte ihrer Zeit. Wir können nicht übersehen, daß diese unsere Aussage der

Meinung eines der wichtigsten Vermittler und Kritiker von Luh13 14 manns Werk in Italien, nämlich A. Febbrajo .widerspricht. Es ist hier nicht unsere Absicht, den Gedankengang nachzuzeichnen, der Febbrajo zu der Ansicht gelangen läßt, daß Luhmanns politisches Konzept gegenüber der Geschichte

indiffe-

rent i s t . 1 5 Uns scheint im Gegenteil, als ob Luhmanns Werk auf "obskure" Partei

Weise

für

die

ergreift,

was

als die der Indifferenz

Position gedeutet

Beibehaltung

der

geltenden

Ordnung

entgegenstehende

werden kann. Mit dem Wort "obskur" beziehen

wir uns auf die Komplexität der Luhmann'sehen Sprache (die, wie N. B o b b i o 1 6 bemerkt, oft eines Grundes entbehrt). Diese Komplexität

der

Sprache

ist die Folge

der besonderen

Abstraktions-

ebene, auf der er arbeitet und die gerade Febbrajo verständlich macht, wenn er sagt: "Während die Weber'schen Idealtypen, zumindest der Tendenz nach, das Ergebnis eines logischen Vorgangs waren, das vom Konkreten zum Abstrakten auf der Grundlage eines reichhaltigen historischen Materials gelangte, sind vielmehr die

106

Idealtypen, die Luhmann konstruiert, das Ergebnis sukzessiver logischer Abstraktionsprozesse, die auf der Grundlage von Theorien durchgeführt werden, welche von sich aus schon extrem allgemein gehalten sind. Die Verbindung zur "Welt der Dinge" wird von Luhmann regelmäßig auf künstliche Weise hergestellt, indem er Beispiele anführt, die ihrerseits Abstraktionen sind, insofern als sie sich auf typische Alltagssituationen beziehen, die jeden konkreten Bezugs beraubt sind..." (17) In

dieselbe

Richtung

wie

die

unsere

scheint

sich die

Interpretation A. Olleros zu bewegen (allerdings nur hinsichtlich

des

Spanien

hier ein

besprochenen

Werk

besonderen Aspektes),

veröffentlichte,

in

welchem

er

der am

1973 in Rande,

wenngleich auch früh, dem Werk Luhmanns Aufmerksamkeit beimaß: "Die Überlegungen Luhmanns, so scheint es uns, übertreffen die Ausarbeitung eines Erklärungsmodells für das Sein des Rechtes in der Gesellschaft, um sich STs Rechtfertigung eines Sein Sollens aufzuwerfen, die sich auf eine bestimmte Interpretat ion der Geschichte stützt, welche bestimmte Aspekte als Fortschritt wertet und diese in Schlüssel zur Gesaltung der Zukunft umwandelt. Die Geschichte, .die mit der Natur als juristische Orientierungsquell.e entfernt wurde, wirft sich erstaunlicherweise als Rechtfertigung der Souveränität der Reduktion der Komplexität als oberstem Ziel auf.'1 (Tm Original unterstr.) Zusammenfassend Subtilität mittels

und die

dessen

glauben

innere

Luhmann

wir

Kohärenz

sagen des

zu

können,

daß die

Abstraktionsprozesses,

sein Werk vorstellt, dasjenige

Element

ist. welches es ihm erlaubt, seine besondere Auffassung der Geschichte auf einer wenig augenscheinlichen Stufe zu halten. Bei Luhamnn wie in allen Theorien, die den Akzent auf die Stabilität in

des

Systems

setzen,

der

Identifizierung 19 auch immer sie sei".

"endet die Notwendigkeit mit

der

herrschenden

der

Ordnung,

Ordnung welche

S.1 Ein verdeckter Ausnahmezustand Wir

kommen

nun

zur

Behandlung

eines Aspektes,

der aus

Luhamnns Auffassungen abgeleitet werden kann und aus dem unser

107

besonderes Interesse für seine Theorie herrührt. Es

wurde

an

daß

Luhmanns

der

schwierigsten 20

tet.

Theorie

sich

Stelle

schon

darauf

hingewiesen,

als wirksame Einrichtung

Probleme

des

zentralen

zur

Kapitalismus

Lösung anbie-

Wir teilen diese Meinung und möchten mit unserer Unter-

suchung wir

anderer

diesen

versuchen,

Aspekt einige

vertiefen

und

konkretisieren,

indem

Mittel, die zu dieser "Lösung" ver-

der

wendet werden, aufzuzeigen. Es der

besteht

kein

gegenwärtigen

Rahmen

des

Zweifel

Krise

zentralen

das

darüber,

daß

schwierigste

Kapitalismus

gelöst

die

Beherrschung

Problem

ist,

werden

muß.

das im Hierbei

muß man bedenken, daß dies nicht notwendigerweise eine gewaltsame

Repression

ihrer

Äußerungen

bedeutet,

sondern

ihre Kanalisierung und Verminderung auf ein Maß, das

vielmehr (zumindest

zum gegenwärtigen Zeitpunkt) den Zusammenburch der Strukturen der parlamentarischen Demokratie vermeiden da

diese

wiederum

sich

als

die

wirksamsten

zur

formalen hilft, 21

Konservierung

22

und Legitimierung hatten

wir

des Systems erwiesen haben. Darüber hinaus

Gelegenheit

zu übersehende Tendenz Antwort

zu

beobachten,

zur Verstärkung

auf diese, die sich

daß

es

eine

nicht

der Krise gibt und eine

in eine autoritäre Richtung hinbe-

wegt . So

gesehen

kann

als

Reaktion

schärfung der Krise ernsthaft den, adäquate Mechanismen lisieren.

So

erhält

des

Systems

die Notwendigkeit

zu ihrer Bekämpfung

Luhmanns

Theorie

auf

die

Ver-

vertreten wer-

zu institutiona-

eine fundamentale

Bedeu-

tung, insofern als sie unter den zeitgenössischen Beiträgen den geeignetsten standes

für

die

Einführung

eines

permanenten

innerhalb des Rechtsstaates des zentralen

darstellt.

Dies

wird

möglich,

weil,

AusnahmezuKapitalismus

zuvor jeden konkreten In-

haltes entleert und in eine reine

bürokratisch-verwaltungsmäßi23 ge Funktion zur Durchführung der Staatsziele umgewandelt, der Rechtsstaat jene Techniken mit einschließen kann (und nach Luhmann auch muß), die die Ausführung seiner Funktion was

in

Krisenzeiten

nur

durch

die

Negierung

der

ermöglichen, für

normale

Zeiten gedachten Rechte und Garantien erreicht werden kann. Aber

das

Problem

ist

weit

aus der zwangsweisen Aufhebung 108

komplexer

als dasjenige, was

dieser Freiheiten und Garantien

entstehen

würde.

Das

Originelle

an Luhmanns

Theorie

ist, daß

sie Elemente liefert, die es ermöglichen, diese Aufhebungsfunktionen

mit

dem

niedrigsten

Kostenaufwand

(Opposition) und der

Beibehaltung der "legitimierenden" Strukturen des Systems durchzuführen . Nun in

ist

Luhmanns

es

Werk

allerdings die

nichts

Problematik

schnitten

ist. Was wir hingegen

Bedeutung

für

das

Neues

festzustellen, daß

des Ausnahmezustandes

ange-

zeigen möchten, ist, daß seine

Funktionieren

der

Theorie

weit

größer ist,

als gewöhnlich angenommen wird. Bevor wir das Problem direkt

angehen, schicken wir zwei

mögliche Gründe zur Erklärung dieser Diskrepanz voraus. a) Ein gar

Problem nicht

kann

auch

dadurch

stellt

oder

indem man

"gelöst" werden, nur

beiläufig

daß man es auf

es hin-

weist ; b ) die reellen Bedingungen relativer Stabilität der sozio-politischen Strukturen des Spätkapitalismus

erlauben es aus ei-

ner

heraus,

nicht

konsequent

heimlichen

oder

zu

kritischen

Sicht

bagatellisieren,

was

andere Weise mit der Krise in Zusammenhang Das

Thema

gegenwärtigen Rande

der

Krise,

kritischen

endemische dieses Wort

daß und

die

Krise

versteckte

steht, wird

das

die

zu ver-

eine oder

steht.

das im Zentrum des

Theorie

im Werk Luhmanns behandelt.

bestreitet,

auf

Interesses der

teilweise

und am

Indem er, wie gezeigt wurde,

des

zentralen Kapitalismus sich auf 24 Weise äußert, reserviert Luhmann

(Krise) zur Bezeichnung

von "außergewöhnlichen Um-

ständen" auf die das System mit außergewöhnlichen Mitteln antworten muß, wovon das wichtigste der Ausnahmezustand

ist.

In seinem Werk "Macht" findet man eine der wenigen, aber sehr

interessanten

Passagen,

die

dem Thema der Krise

gewidmet

sind und die, außer daß sie uns in unserem Vorhaben weiterbringen, auch geeignet

sind, einige Besonderheiten der von Luhmann

verwendeten "Abstraktionsebene" verständlich zu machen: "Am besten begreift man Krisen zunächst ganz formal unter dem Gesichtspunkt der Zeitdimension als Prozeßphase mit außergewöhnlichen Gefährdungen und, daraus resultierend, außergewöhnlichen Möglichkeiten. Die Komplexität des Möglichen wird dem System dann nicht simultan zugemutet, 109

sondern auf der Zeitachse abgebildet als ein Nacheinander von Verschiedenem: von Normalsituationen mit geringer Macht und mit fernliegenden Möglichkeiten, die zur Zeit nicht eigentlich möglich sind, und von Krisensituationen, in denen situations- und themenspezifische Macht aktiviert werden kann, für die zeitlich limitierte Sonderbedingungen struktureller Kompatibilität gelten. Auf diese Weise können durch Diskontinuieren der Verhaltensprämissen Vorteile zeitli-cher Differenzierung gewonnen werden. Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß Krisen sich bei fehlender Macht und/oder fehlender Hinsicht entwickeln. Diese Anhaltspunkte beziehen sich zwar auf organisierte Sozialsysteme, sie sind nicht ohne weiteres auf gesamtgesellschaftliche Analysen übertragbar. Die beschriebenen Prozesse der Machtblockierung bzw. des Herausfilterns von nur negativ verwendbarer Macht sind aber organisatorische Phänomene, und es ist anzunehmen, daß auf dieser Ebene, sei es im Bereich der kognitiven Komplexität, sei es im Bereich der Macht, auch die Sperren zu suchen sind, die krisenhafte Entwicklungen auslösen. Weiterhin gibt es erste Untersuchungen darüber, daß Krisen die Machtlage in Organisationen verändern. Man wird daher primär organisationsspezifische Instrumente einer Krisentechnik ausbilden müssen, um im Kontext der gesellschaftlichen Funktionen der Macht den Anforderungen gewachsen zu sein. Krisentechnik heißt nicht Bemühen um Verhinderung oder Hinausschieben einer Krise des Gesellschaftssystems, die, wie die Marxisten zu wissen meinen, sowieso kommt. Gemeint ist vielmehr die zeitliche Differenzierung des Risikos der Macht, durch Einbeziehen von Krisen in eine Art Machtplanung. Dafür hat man in Notstandsgesetzgebungen ein formalisiertes Muster. Dieses Muster läßt sich im politischen Prozeß weniger schwerfällig, kleinformatiger reproduzieren. Daneben kennt die Organisation das "management by exception". Dieses Muster ließe sich ins Politische hinein vergrößern im Sinne exzeptioneller Aktivierung politischer Ressourcen der Macht." (25) Die kritischen Bemerkungen, die man auf Grund des soeben Zitierten

anführen

kann,

sind

zahlreich.

Nennen wir

zunächst

diejenigen, die sich auf die Methode beziehen und in engem Zu?A sammenhang mit der verwendeten "Abstraktionsebene" stehen. So wird z.B. die Krise der konkreten Realität gegenüber auf willkürliche Art definiert, und auf diese Art von Syllogismus stüt110

zen sich dann die späteren Überlegungen in Richtung einer Legitimierung der Einführung einer besonderen Form des Ausnahmezustandes . Man muß sich fragen, ob unter den spezifischen Gegebenheiten der gegenwäritgen Krise und der relativen Unwahrscheinlichkeit des Aufkommens "außergewöhnlicher Umstände" im Kontext der hochgradigen

Planwirtschaft der "spätkapitalistischen" Ge-

sellschaften

Äußerungen

Alibi

für

innerhalb

die

die des

Diesbezüglich

Einführung

Luhmanns

eines

Rechtsstaates existieren

dieser

schon

Frage positiv beantworten.

nicht

permanenten

ein

theoretisches

Ausnahmezustandes

Gesellschaften

Interpretationen,

darstellen. die

diese

In einem 1974 veröffentlichten Auf-

satz schreibt B. Heidtmann: "Der dezisionistische Begriff der souveränen Diktatur tendiert in seinen soziologischen und historischen Dimensionen zu der von Luhmann ausgearbeiteten Perspektive der Transformation des Ausnahmezustandes mittels juristisch-technischer Planungsprozesse in eine Konzeption des Ausnahmezustandes in Permanenz." (27) Wir

schließen

uns

dieser

Auffassung

Heidtmanns

völlig

an, jedoch nicht seiner Absicht, die im ganzen Aufsatz entwikkelt wird,

eine Ähnlichkeit

zwischen dem Denken Carl

und dem Luhmanns aufzuzeigen. Die tiefgreifenden

Schmitts

Unterschiede,

die diese beiden Autoren trennen, sind im Gegenteil sehr zahlreich;

um

nur

einen

der

den "prinzipistischen"

wichtigsten

zu nennen, denke man an

Inhalt von Carl Schmitts Werk im Gegen-

satz zum Pragmatismus und Opportunismus (beide vom Autor expli28

zit zugegeben) von Luhmanns Werk. Die Permanenz

wichtigste als einer

Eigenschaft

Technik

dieses

Ausnahmezustandes in

zur Beherrschung der Krise ist es

(und muß es nach Luhmann sein), nicht auffällig zu sein: "Andererseits ist die Drohung mit Zwang und erst recht die nackte Gewalt als Herrschaftsgrundlage unzureichend. Dies nicht nur, weil sie zu großen Aufwand erfordert, also wirtschaftlich unrationell und deshalb nicht expansionsfähig ist. Ebenso wesentlich ist: daß sie die Motive des Gehorsams faktisch und sozial sichtbar einengt auf ein Vermeiden der angedrohten nachteiligen Folgen . . . Das Zwangspotential muß auf die spe-

111

zifische Funktion einer Notfallskontrolle reduziert werden (die freilich unentbehrlich bleibt). Und damit müssen zugleich Hinrichtungen der Generalisierung von Kommunikationen institutionalisiert werden, die darauf spezialisiert sind, legitime politische Macht zu schaffen, die sich in verbindlichen Entscheidungen äußert, welche nicht allein mit Rücksicht drohenden Zwang, sondern primär wegen ihrer Verbindlichkeit ... akzeptiert werden." (29) In diesem Sinne kann man sagen, daß Luhmanns Werk hinsichtlich

der

"Krisentechnik"

den

gelungensten

Versuch

einer

Volkswirtschaft der Repression darstellt. Die niedrig gehaltene Sichtbarkeit

und

von

Vorschlägen

Luhmanns

Beibehaltung

die

"Rationalität"

der

repressiven

rühren daher, daß

der Strukturen des

Inhalte

diese die

formale

(liberalen) Rechtsstaates vor-

aussetzen . Um tiefer

in die Analyse

dieser Problematik

eindringen

zu können, ist es notwendig, den Wert des Begriffs Rechtsstaat in Luhmanns Auffassung näher zu betrachten. Wir

sahen

ralen Theorien

bereits, daß

im Rahmen der klassischen libe-

die Gewaltenteilung und die Garantie der indi-

viduellen Rechte die Grundvoraussetzungen

für die Existenz ei-

nes Rechtsstaates darstellen. Diese zwei Voraussetzungen werden bei Luhmann auf radikale Weise neu formuliert. Die Grundrechte haben die Funktion, die Einmischung des Staates in die Angelegenheiten dem

der Bürger

Falle,

Freiheit

sondern weil stems

daß

und

die

im einzelnen zu begrenzen, aber nicht in gegenteilige

Gleichheit somit

geschadet

Situation

derselben

einer

würde,

in

grundlegenden wie

es

die

aufträte

Gefahr

und

die

bringen

könnte,

Errungenschaft

des Sy-

soziale

Differenzierung

i s t . 3 0 In der Folge dieser Aussage wird der Rechtsstaat in konsequenter Weise

(von Luhmann) als die am weitesten entwickelte

Form der Autodifferenzierung, der Autonomie und der Selbstproaufgefaßt. 3 1

grammierung des politischen Systems Etwas Bezeichnung,

einfacher

112

umfaßt. 3 ^

Einschätzung

enthält,

ist

die die verschiedenen

waltungssystems solche

ausgedrückt

insofern

ein die

Es

muß

der

Zweige

eines

zugegeben

erhebliches ideologische

Maß

Rechtsstaat

an

eine

einzigen Ver-

werden,

daß

eine

Entmystifizierung

Auffassung

der

liberalen

Tradition negiert wird, die den klassischen Rechtsstaat als die Institution Garantie

ansieht, die

der

in der Lage ist, die Macht gemäß der

subjektiven

Rechte

zu verteilen

und

auszuglei-

chen.33 Demnach ist das Verhältnis, das sich zwischen der Politik und den drei Organen des Systems einstellt (oder sich ein34 stellen soll), nach Luhmann folgendes: "Der direkte politische Einfluß auf die Legislative ist voll legitimiert. Der direkte politische Einfluß auf die Exekutive ist teils legitimiert, er findet seine Grenze am Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der politische Einfluß auf die Justiz ist rechtlich untersagt und faktisch mehr oder weniger wirksam unterbunden." (35) Diese

relative

es, denkt man

an

Asepsis

des

Rechtsorgans

versetzt

seine Aufgabe der Autolegitimierung,

in eine

kaum zu übertreffende Position, um der Deckung der von der Exekutive und der Legislative angenommenen Entscheidungen

zu die-

nen. Eine Situation, die, "wenn auch nur aus Gründen eines besseren Funktionierens

des Systems", das Vorhandensein

grundle-

gender Unterschiede gegenüber der Ansicht der DIS ausdrückt.

5.2 Abschließende Wenn dennoch

Bemerkung

trotz

allem, was wir bis

tiefgreifende

Unterschiede

jetzt

zwischen

besprochen Luhmanns

haben, Theorie

und der DIS bestehen, so sind sie größtenteils im unterschiedlichen Grad der sozialen Konfliktivität, der sich aus den Folgen

der

nicht

Krise

so sehr

im

Zentrum

in den

und

an

der

Peripherie

ergibt,

und

ideologischen Auffassungen, welche beide

ausdrücken, begründet. Sowohl Theorie

in der DIS (wie wir sahen) als auch in Luhmanns

verkörpert

die

Sicherheit

den

höchsten

Wert, 3 ^

dem

jedes andere Verhalten untergeordnet wird. Sowohl in der DIS als auch bei Luhmann ist der Konsens, im Prinzip,

eine Voraussetzung,

die bestenfalls nur denen ab-

verlangt werden muß, die innerhalb der Grenzen des Systems kei-

113

ne Fragen stellen, die von Bedeutung sind. Sowohl griff

in der DIS als auch bei Luhmann hat der Feindbe-

seinen Platz;

in der DIS explizit und zentral, bei Luh-

mann versteckt und am Rande, sowie im Einklang mit dem (relativ niedrigen) Grad an Konfliktualität des zentralen

Kapitalismus,

die in Anbetracht ihrer potentiellen Funktion, soziale Kohäsion zu produzieren, der internationalen Ebene vorbehalten bleibt. Sowohl in der DIS, wie auch bei Luhmann ist das wichtigste Problem, das ein System lösen muß, nicht das, die Konformität der Mehrheit

abzusichern,

sondern das der

Neutralisierung

von Verhalten, das für die soziale Kohäsion schädlich ist: das abweichende

Verhalten.

Dies

ist

eine

Verhaltensweise,

Lateinamerika von der Mehrheit verkörpert tralisierungsversuche,

wenn

auch nur

die in

wird und deren Neu-

teilweise,

das Ausmaß an

Gewalt erklärt, welches die Krise annimmt. Im Kontext

des

zentralen

Kapitalismus

besteht

anderer-

seits unbezweifelbar die Tendenz zum Anwachsen der "Marginalisierten Mehrheit". 3 ^ rie

unabhängig

sichts

einer

von

Die konkrete Funktion, die Luhmanns Theoihm

möglichen

kann,

ist eines

einer

späteren

oder

sogar

gegen

Verschärfung

der

seinen Willen Krise

noch

ange-

erhalten

der zahlreichen Themen, die es wert sind, bei Beschäftigung

mit

seinem Werk verfolgt zu wer-

den. Hierfür wird es allerdings nötig sein, auf intellektuelle Reverenzen zu verzichten. Oder anders ausgedrückt, die Stellen in

seinem

Werk,

bei

denen

man

zwar

nicht

sagen

kann,

"der

Kaiser steht nackt da", aber doch zumindest, daß er nur Unterwäsche an hat, sind nicht selten. Abschließend möchten wir am

Ende

dieses

Kapitels ein

38

längeres

naives

und

gleichzeitig

warnendes

Zitat

anführen,

das die Problematik, die wir hier erörtert haben, noch vertieft "Ich verstehe die innere Sicherheit als eine Art Systemanalyse, eine Konzeption, die sich auf das von selbst regulierte Gleichgewicht des sozialen Systems gründet, oder wenn man will, auf das überleben der Nation. Das Oberleben der Nation ist das höchste Ziel, daher ergibt es sich, daß die Perspektive auf das Funktionieren des Systems gerichtet ist. Diese theoretische Perspektive hat sich dank des Vietnam-Krieges in eine breit angelegte angewandte Technologie umgewandelt. Das Oberleben wird durch zwei Konflikte 114

gefährdet: einen politischer Art, zwischen der Nation und dem Ausland ("systemenvironment") und einen anderen instrumenteller Art, zwischen den Bedürfnissen und ihrer Befriedigung ("input-output"). Die innere Sicherheit ist eine integrale Analyse des Systems, die mittels der Reduzierung der Komplexität des sozialen Prozesses operiert" Es wird darauf hingewiesen, daß der soziale Konflikt nicht gemeint ist. Die innere Sicherheit setzt den Konsens voraus. Die Werte, die für das System von Belang sind, werden auf autoritäre und willkürliche Art festgesetzt. Mögliche Bezugnahmen auf ein "Gemeinwohl" sind ihrer Logik fremd. Die Politik ist die Ebene, die das Gleichgewicht des Systems bewirkt; anstatt einer kommunikativen Handlung sozialer Zustimmung zu den Normen ist sie eine technokratische berechnete Programmierung. Die bürgerliche Gesellschaft besitzt keinerlei Eigeninitiative. Wenn die Nationale Sicherheit als eine Funktion der Regierung aufgefaßt wird, die die Organisierung der Nation zur Ermöglichung ihrer Entwicklung in voller Ausübung ihrer Souveränität mit beinhaltet, so reduziert sich die politische Sphäre auf die Fähigkeit der Regierung, eine nationale Identität zu bilden, das System zu legitimieren und zugleich eine verwaltungsmäßige und rechtliche Durchdringung der Gesellschaft zu erreichen; es geht nicht um die Form, sondern um die Möglichkeit des Regierens. Die kollektive Identität wird durch die volle Ausübung der Souveränität geschützt. Aber die nationale Identität ist nicht die Souvernänität; sie verweist auf einen Kampf zwischen Leben und Tod. Die kollektive Identität wurzelt, faktisch, in der Furcht vor dem Tode und ihrer Negierung, der Sicherheit, die den Tod vernichtet. Der soziale Konflikt wurde durch den totalen Krieg (innere und äußere Front) ersetzt. Der Krieg ist die grundlegendste soziale Sache. Leben heißt Oberleben, was durch die innere Sicherheit, und folglich durch die Sicherheitskräfte abgesichert ist." (39)

ZWEITER TEIL:

AUTORITÄRISMUS UND

INSTITUTIONALISIERUNG

Kapitel VI: Die autoritäre Institutionalisierung im cono sur

6. Traditioneller

und

neuer

Autoritarismus:

Das

Problem der

Einteilung des juristischen Wissens Zur Kenntnis tragen, die ren,

ist

der autoritären Herrschaftsprozesse beizu-

sich in den siebziger Jahren im cono sur

eines der

besonderen Charakteristika

dieser Herrschaftsprozesse und spe-

ziell aus den Lücken bezüglich ihrer Untersuchung der spezifische

etablie-

zentralen Anliegen dieser Arbeit. Aus den ergibt sich

Inhalt unseres Beitrags: Die Analyse ihrer in-

stitutionellen Struktur. Hierzu ist die Darstellung von zwei Aspekten verschiedener Art notwendig: a) Eine

kurze

historische

Rekonstruktion

der

Ereignisse, die

die militärischen Putschs begleiteten, welche die demokratischen Institutionen schädigten

und somit den neuen Autori-

tarismus begründeten; und b) eine Reflexion

über

die

existierenden

theoretischen

Vorar-

beiten, auf die wir uns bei unserem Vorhaben stützen können. Der erste Aspekt bringt lediglich die Schwierigkeiten mit sich, die mit

einer

adäquaten Systematisierung der zur Verfü-

gung stehenden empirischen und theoretischen Information im Zusammenhang

stehen. Der zweite hingegen ist mit Schwierigkeiten

behaftet, denen gegenüber es absolut unverzichtbar dest

Lösungen

Gegenstandes Ohne

ist, zumin-

anzubieten, will man in der Erforschung unseres fortschreiten.

daß

es explizite

Regeln gäbe, die es

verlangten,

oder theoretische Analysen, die es rechtfertigen, beziehen sich im cono sur die Begriffe Autoritarismus und rung

auf

zwei

verschiedene

Institutionalisie-

Bereiche, die eine doppelte Trenn-

wand, eine thematische und eine ideologische, voneinander isoliert

116

hält. Der

Begriff Autoritarismus

ist Gegenstand von Un-

tersuchungen seitens der Soziologie und der Politikwissenschaft Der

Begriff

der

Institutionalisierung,

den Versuch

verstehen,

tisch

existierende

schon

mittels

die

juristischer

wir

zu festigen,

Situation

hier

Normen

als

eine fak-

ist

hingegen

ein Forschungsgegenstand der Jurisprudenz.^ Diese

Einteilung

schen Strömung den werden.

muß

als

auf dem Gebiet

Folge

der

mangelnden

der Rechtswissenschaft

kriti-

verstan-

Dies bedeutet, daß die Situation, vor der wir uns

befinden, viel weitreichendere Nachteile hat, als sie die Gliederung

einer

interdisziplinären Untersuchung gewöhnlich verur-

sacht.

Um es kurz zu sagen, es handelt

sich um ein

schwerwie-

gendes Problem politisch-ideologischer Art. Daß kreis

die

Untersuchung

der

diversen Aspekte,

des Begriffs Autoritarismus

der Politikwissenschaft

die

liegen, von der

im Um-

Soziologie,

und insbesondere der sich in den letz-

ten Jahren in Lateinamerika profilierenden "Staatstheorie" unternommen wurde, erklärt die zufriedenstellenden Resultate, die bis zur Stunde auf diesem Gebiet erreicht wurden. Hier ist das auf eine Entmystifizierung und

auf

die

änderung

orientierte

fangreichen

der gesellschaftlichen

Hervorrufung

positiver

Denken

theoretischen

dank

dem

Produktion

Wirklichkeit

gesellschaftlicher in

Vorliegen der

Ver-

einer

Lage,

den

umherr-

schenden Klassen die ideologische Hegemonie streitig zu machen. Es ist dies jedoch ein Streit, der wegen des im folgenden dargelegten

besonderen

Umstände

aus

einer Position

der

Unterle-

genheit heraus geführt wird. Da sind zunächst die Umstände, die sich aus der politischen Praxis

der

autoritären

in der Verdrängung Gelegenheiten

Regime

und Beseitigung

alles

andere

als

ergeben. Dies drückt sich (ein Wort,

eine Metapher

das bei

vielen

ist) derer aus,

die ein kritisches Denken den offiziellen und privaten Instanzen der Forschung und/oder der Lehre gegenüber vertreten. In kritischen

zweiter

Hinsicht,

Denkens

selbst

und

teilweise

zuzuschreiben,

den

Vertretern des

ist das Aufgeben der

Analyse der Spezifität und der Funktionen der Rechtsinstanz im Zusammenhang

mit

der Struktur

und der Dynamik der

autoritären

Herrschaftsprozesse. In eindeutigem Gegensatz zu dem, was wir über die Sozio-

117

logie, die Politikwissenschaft und die Staatstheorie gesagt haben,

stellt

sich hingegen die Situation

des Rechts

dar.

für die

Untersuchung

In diesem Falle sind die konkreten geschicht-

lichen Umstände, unter denen sich der Entstehungsprozeß und die Entwicklung hängige mend

der

lateinamerikanischen

Staaten

für die

fast

senschaftler

als

2

Klasse.

(oligarchische

ausnahmenslose organische

Gesellschaften

Republiken)

als unab-

entfalten,

bestim-

Herausbildung der Rechtswis-

Intellektuelle

der

herrschenden

Den rechtswissenschaftlichen Fakultäten entstammt, wie

empirische

Untersuchungen

gezeigt

haben,' das Gros der

Intel-

lektuellen, die der elitären und eingeschränkten Demokratie des neunzehnten tionellen

Jahrhunderts,

der Notstandsgesetzgebung der tradi-

Militärdiktaturen

und

der

Institutionalisierung des

neuen Autoritarismus eine juristische Form gaben. Auf

diese

Weise

erhält

das konservative

Denken

im Be-

reich der Rechtswissenschaften eine Hegemonie. Die vollständige Abstrahierung

von

den

Umständen

des

sozialen Lebens

(bis zum

Aufkommen des neuen Autoritarismus) ist seine Devise. Dies

ist die Art und Weise, eine Beschäftigung mit dem

Recht und eine

Oberlieferung

desselben

zu garantieren, die an

die soziale Realität einer engeren Schicht der Bevölkerung gebunden

ist.

Die

juristischen

Untersuchungen,

sowohl

die

öffentlich rechtlichen als auch die privatrechtlichen, die sich in den

lateinamerikanischen

Universitäten

im Umlauf

befinden,

abstrahieren von den Abhängigkeits- und Ausbeutungsbedingungen, indem sie bis zum heutigen Tag die seltenen Perioden "sozialen Friedens" extrapolieren, die auf die Niederlagen der Programme volkstümerlichen Ursprungs

folgen. 4

Dieses Zusammentreffen von Umständen, die wir soeben beschrieben

haben,

ermöglicht

und

erklärt

die

widersprüchliche

Koexistenz eines liberalen Rechtes und einer (autoritären) politischen

Praxis,

die

sich

als

seine

Negierung

erweist: Denn

so kann der traditionelle Autoritarismus definiert werden. In statt.

den

siebziger

Das Recht

neigt

Jahren dazu,

finden

wichtige

Veränderungen

im negativen Sinne die

Distanz,

die es von der Realität trennt, noch zu verkürzen, ohne die Eigenschaften zu verlieren, die wir ihm zugesprochen haben, sondern eher indem es sie verstärkt. Die autoritäre Praxis beginnt 118

sich ebenfalls in Form von juristischen Normen auszudrücken. So kann eines der zentralen Elemente des neuen Autoritarismus definiert werden."' Wenn

aber

der

Ausdruck

der

autoritären

Praxis

mittels

rechtlicher Normen ein zentrales Element des neuen Autoritarismus darstellt, erlaubt dies, als Prämisse aufzustellen, daß die Analyse

seiner

institutionellen

Struktur

einen

wesentlichen

Beitrag zum Verständnis des autoritären Staates leistet. Wie

man

sieht

erfordert

die Aufgabe

der

Untersuchung

der autoritären Institutionalisierung die Zerstörung der thematisch-ideologischen Einerseits

die

nachlässigung

Trennwand,

Kritik

am

auf die wir hingewiesen

progressiven

haben.

Denken, wegen der Ver-

der Untersuchung der Rechtsinstanz.

Andererseits

eine doppelte Erkenntnis: a) daß das

Recht

die Bildung

und die Juristen eine kapitale Bedeutung für

und Legitimation

der gegenwärtigen

autoritären

Herrschaftsprozesse haben; und b) daß

es, von wenigen Ausnahmen abgesehen

stätigen),

keine

Rechtsproblematik

kritischen gibt,

auf

(die die Regel be-

theoretischen die

sich

unsere

Arbeiten

zur

Untersuchung

stützen könnte.^ Letztlich geht es in diesem zweiten Teil der Arbeit darum, den in der-Einleitung angedeuteten Teufelskreis (Fehlen einer kritischen Strömung im Bereich des Rechts, Fehlen von theoretischen und begrifflichen Elementen, die eine tiefere Kenntnis der Besonderheit des neuen Autoritarismus

ermöglichen wür-

den) zu durchbrechen. Anders ausgedrückt: Da das Recht eine so bedeutende Rolle bei der Institutionalisierung des gegenwärtigen Autoritarismus spielt, verwandelt

sich seine Analyse aus kritischer Sicht

in ein unverzichtbares

Requisit zum Verständnis dieser Art po-

litischer

Im

Herrschaft.

Gegensatz

dazu hat die

konservative

Hegemonie, die im Bereich des Rechts herrscht, die Entwicklung einer

Begrifflichkeit

die Kenntnis daß

Soziologen,

schaftler

das

verhindert,

unserer Wirklichkeit Politologen

Rechtsproblem

und

die

heute mehr denn je für

vonnöten kritische

ignorieren

ist. Die

Tatsache,

Wirtschaftswissen-

oder unterschätzen und

119

damit die globale Effizienz seiner Analyse mindern, stellt faktisch den Beweis für das hier Gesagte dar. Bevor wir diesen Abschnitt beenden, müssen wir noch auf zwei

Dinge

hinweisen.

In der kurzen historischen

Rekonstruk-

tion, die wir im folgenden geben, werden alle diejenigen Aspekte

besonders

bevorzugt,

die

im Zusammenhang

mit

den

Verände-

rungen im Bereich des öffentlichen Rechts stehen. Die Tatsache, daß die historische Chronologie bei der Vorstellung der einzelnen

Fälle

nicht

1972, Chile

eingehalten

wird

(Argentinien

1976,

Uruguay

1973), ergibt sich aus der Betrachtung dessen, was

wir hier die juristischen Etappen des autoritären lisierungsprozesses

Institutiona-

nennen.

6 .1 Die juristischen Etappen des autoritären

Institutionalisie-

rungsprozesses Vom

juristischen

Standpunkt

aus betrachtet

können als

allgemeine Tendenz drei klar zu differenzierende Etappen im autoritären Institutionalisierungsprozeß des cono sur unterschieden werden. Die erste Etappe repressiver prinzipien

Gesetze der

DIS

ist durch die Verabschiedung

gekennzeichnet, verkörpern

die, obwohl

einzelner

sie die Grund-

und auf unterschiedliche

Weise

im Widerspruch zu den geltenden liberalen Verfassungen stehen, dennoch mit ihnen koexistieren. Dies war z.B. der Fall für das Gesetz

über

"subversive

Aktivitäten" Nr.

20 840

(Argentinien,

1974) und für das Gesetz über "Die Sicherheit des Staates und die innere Ordnung" Nr. 14 068 (Uruguay,

1972).

Die zweite Etappe zeichnet sich durch die Verabschiedung von Actas, Erlassen

oder

institutionellen

Statuten aus, denen

gegenüber die vorhergehende Verfassung sich bezüglich all jener Verfügungen der zeß"

Fall in

unterordnen

bei der

muß,

die

ihr

widersprechen.

"Acta für den Nationalen

Argentinien*

(im

Jahre

1976),

Dies war

Reorganisationsprodie

im

Artikel

des dritten Abschnitts folgendes ausführt: "Die Nationale Regierung und die Provinzregierungen werden ihre Handlungen nach den Grundzielen

120

14

orientieren, die die Militärjunta dem vorliegenden Statut sowie den nationalen und provinziellen Verfassungen auferlegte, sofern diese jenen nicht widersprechen. (Die Unterstreichungen stammen von uns.) Es ist des weiteren der Fall für die uruguayischen "Actas Institucionales" (aus den Jahren 1976 bis 1979), wo z.B. im Artikel 12 des "Verfassungsdekret" Nr. 2 steht: "Hiermit werden diejenigen verfassungsmäßigen Bestimmungen aufgehoben, die in direkter oder indirekter Weise dem im vorliegenden Erlaß Verfüg-ten widersprechen." Schließlich dekrets

Nr.

gilt dies

auch für Artikel

1, das am 11. September

Militärjunta

verabschiedet

wurde,

3 des Gesetzes-

1973 von der und

in

dem

Chilenischen es

wie

folgt

heißt: "... in Erfüllung ihres Auftrags wird die Junta die volle Wirksamkeit der Zuständigkeiten der Judikative garantieren und die Verfassung sowie die Gesetze der Republik zur besseren Durchführung der von ihr vorgeschlagenen Forderungen in dem Maße respektieren, wie es die gegenwärtige Situation des Landes erlauben wird." (Die Unterstreichungen stammen von uns.) Die dritte eines

neuen

Versuch,

Etappe

zeichnet

sich durch die Ausarbeitung

autoritären Verfassungstextes

seine

Approbation

mittels

eines

aus

sowie

durch den

Plebiszits

(das in

der Praxis mehr oder minder betrügerische Züge aufweist) zu erreichen . Diese

Klassifizierung

men, die jetzt Behandlung

kennt

selbstverständlich

Ausnah-

lediglich aufgezählt werden und die wir bei der

jedes

einzelnen

Falles

spezifizieren

und

erklären

werden. Es sind dies folgende: a) im Falle Chiles wird die erste Etappe "übersprungen", indem sofort nach dem Militärputsch eine "Acta de Constitución de la Junta de Gobierno" diktiert wird, in welcher die spätere repressive Gesetzgebung ihr Fundament hat; b) in

Uruguay

wird

der Versuch,

sie

zwar

eine

neue Verfassung

redigiert, aber

in Kraft zu setzen, scheitert auf politi-

schem Wege;

121

c) in Argentinien kam es nicht einmal bis zur Ausarbeitung einer neuen autoritären Verfassung. Die Gründe zweiten

zur

Institution und

Etappe

des Obergangs von der

(Argentinien),

der dritten Etappe

ihrem Abschluß tischen

für die Unmöglichkeit

dritten

das

Scheitern der

(Uruguay) oder der Ausgang mit

(Chile) hängen mit komplexen kulturellen, poli-

wirtschaftlichen

Faktoren

eines

jeden

dieser ge-

nannten sozialen Gebilde zusammen, deren Erklärung wir im Verlauf der historischen Rekonstruktion versuchen werden.

6.1.1 Der Fall Argentiniens: der autoritären Am

24. März

1976. Das

ideologische

Scheitern

Institutionalisierung

1976 beschlossen

die Kommandanten der drei

Streitkräfte (Heer, Marine und Luftwaffe) den Sturz der verfassungsmäßigen Regierung und damit die Beendigung des Demokrati1973 begonnen hatte. 7 Hier-

sierungsprozesses, der am 11. März mit werden, wenn Widersprüche

auch nur

unterbrochen,

für kurze

Zeit, die

die die gegenwärtige

wesentlichsten argentinische

Gesellschaft durchziehen und die sich mit ungewöhnlicher politischer

Klarheit

Es sind dies

in der Zeit zwischen

1973 und 1976

äußerten.

insbesondere:

a) die Widersprüche

im Innern der herrschenden Klasse, die die

Armee, die Oligarchie der Grundbesitzer und den am stärksten konzentrierten

Industriesektor

als einen integrierenden Be-

standteil des transnationalen monopolistischen Kapitals oder D als einen an dieses gebundenen Teil betreffen. b) die Widersprüche innerhalb der mehrheitlichen Volksbewegung, die auf widersprüchliche q Weise durch die peronistische Bewegung ausgedrückt wird. c) die Widersprüche zwischen den beiden oben genannten sozialen Gruppen. Die von der Armee angeführten Gründe für den Sturz der

verfassungsmäßigen

Regierung

unterscheiden

sich

nicht

sonderlich von denjenigen, die zur Begründung früherer Militärputschs, sei es in Argentinien oder in anderen lateinamerikanischen

Ländern,

vorgebracht

wurden:

wirtschaftliches

Chaos, Machtvakuum und Kampf gegen die Subversion. 122

Betrachten wir nun jedes dieser Argumente etwas näher. Das wirtschaftliche

Chaos wurde

zum Teil durch die Krise her-

beigeführt, die die Gesamtheit der kapitalistischen Gebilde ab 1973 durchzog;

zum andern war

es das Ergebnis des

systemati-

schen Boykotts all jener Maßnahmen von kapitalistischer Seite, die

den

mehrheitlichen

Sektoren

hätten

können. 1 ® Ein

nutzen

Beispiel hierfür ist die heftige Reaktion der grundbesitzenden Oligarchie gegenüber einem Projekt, dem es nicht einmal gelang, einen offiziellen Rang zu erhalten und das eine Steuer auf die potentielle

Rendite

des

Grundbesitzes

vorsah.

Das

heißt also

eine progressive Belastung der Ländereien, die, obwohl sie zur Produktion werden.

nutzbar

Die

gemacht

heftige

werden

Antwort,

könnten,

die

sich

unbebaut darin

gelassen

ausdrückte,

daß die Regierung beschuldigt wurde, kollektivistische zen zu fördern, 1 1

Tenden-

kann angesichts einer so eindeutig kapitali-

stischen Maßnahme, wie der eben genannten, nur verstanden werden, wenn einige

Besonderheiten

des

argentinischen

Agrarkapi-

talismus erläutert werden. Die Gruppen, die sich in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts der fruchtbarsten Gebiete, d.h. der sogenannten "pampa

húmeda"

die wir

bemächtigten,

verwandeln

die grundbesitzende

sich bald

Oligarchie

in

diejenigen, 12 haben. Diese

genannt

Gruppe behält bis 1930 eine totale Hegemonie, sowohl des

innerhalb

sich an der Macht befindlichen Blocks, als auch gegenüber

der Gesamtheit

der

Gesellschaft. 1 ^

argentinischen

Nach

diesem

Datum wird sie durch den Verlust an Zusammenhalt und Konsens zu einer dominierenden Gruppe, außer im Bereich des Rechts, in dem sie

weiterhin Diese

Anfängen

und

noch

bis

Oligarchie

an sehr

vorherrschenden

der

heute

ihre

führende

Grundbesitzer,

die

imperialistischen

von

ihren

Macht Großbritannien

den war, "* betrieb eine extensive Landwirtschaft durch

beibe-

eng mit der auf internationaler Ebene damals

1

biet, das

Rolle

seine

spezifischen

verbun-

auf einem Ge-

Eigenschaften nur eine ex-

trem kleine Anzahl

an Arbeitskräften benötigt, und das dennoch

im

Vergleich

internationalen

eine

sehr

hohe

Rentabilität er-

reicht. Diese Rentabilität ist es, deren Aneignung auf diversen Wegen

(Steuern,

Kontrolle

über den Handel, Agrarreform, usw.)

123

den einzigen Weg Entwicklung

zur Finanzierung der nationalen

industriellen

darstellt.

In eben

diese

Richtung

war die genannte Steuer auf die

potentielle Rendite orientiert, die der Druck seitens der Grundbesitzer schon

im Stadium des Entwurfs

scheitern ließ. Von den

zahlreichen Schlußfolgerungen, die aus dem bisher Gesagten gezogen

werden

liert:

Noch

einer eine

können, im

autonomen soziale

ist, die

sei

hier

heutigen

lediglich die wichtigste

Argentinien

werden

die

politisch-wirtschaftlichen

Gruppe

jedoch

gehemmt,

ein

die

fundamentaler

formu-

Möglichkeiten

Entwicklung

zwar quantitativ Bestandteil

durch

unbedeutend

des

sich an der

Macht befindlichen Blocks ist, nämlich die Oligarchie der Großgrundbesitzer .' ® Was

das

Argument

des

Machtvakuums

betrifft,

dies zur Technik des modernen Staatsstreichs In der

konkreten

Situation,

sich das Machtvakuum

so

gehört

in Lateinamerika.

die wir hier beschreiben,

im letzten Drittel des Zeitraums

spitzte zwischen

1973 und 1976 zu, insbesondere nach Perons Tod im Juli 1974. In diesem

Zeitraum hatten sich die Streitkräfte bereits als Kore-

gierung

konstituiert,

rechtmäßigen

was

Regierung

Verantwortung

für

ihnen

die

die

nach

Macht

politischen

und

nach

erlaubte, der

abzugewinnen,

ohne

Entscheidungen

tragen zu

die

müssen. Der auf extensivste und willkürlichste Kampf

gegen

die

Subversion

TT~

Weise

definierte

löste die intensivste und

systema-

tischste Repression aus,

die jemals in der argentinischen Ge-

schichte

Der

vorgekommen

ist.

Staat

nimmt

terroristische

Züge

an,und das Verschwinden von Personen, "was ein 1 8 Euphemismus ist, der das Wort Völkermord verheimlichen soll", erhält den Rang einer politischen Strategie

zur Ausschaltung

eines

unmittelbar

den

erheblichen

Teils der Opposition. In folgten,

den wird

Jahren, die

es verschwindet mit

die

bewaffnete

auf

Subversion

Militärputsch

zerschlagen,

und

ihr eines der wichtigsten Elemente zur Le-

gitimation

der

Militärdiktatur.

ebenfalls,

wenn

auch

nur

formal,

Das

Machtvakuum

da die Macht

verschwindet

des

Staates im

Laufe der Zeit nicht nur die Erwartungen der Mehrheit der bürgerlichen 124

Gesellschaft

nicht

repräsentiert,

sondern

es

auch

nicht fertig bringt, die Gesamtheit der Interessen selbst der herrschenden Gruppe zu repräsentieren. Das wirtschaftliche Chaos seinerseits erreicht, gemessen an der Arbeitslosigkeit, der Inflation, der nationalen Verschuldung, usf., ein in früheren Zeiten nicht einmal vorstellbares Ausmaß. Der Vergleich der heutigen Resultate der militärischen Führung mit den zur Machtergreifung vorgegebenen Argumenten erlaubt es, der Behauptung zuzustimmen, daß "der Entschluß zum Putsch vom Moment des Volkssieges an zu keimen begann. ,.19

6.1.2 Der Zeitraum 1973 - 1976 Innerhalb dieses Zeitraums kann man drei sich klar voneinander mit

abhebende

Perioden

den Wahlen des

unterscheiden.

11. März

Die

erste

beginnt

1973, bei denen Hector J. Cämpo-

ra als Sieger hervortritt, der am 25. Mai

1973 die

Präsident-

schaft übernimmt und sich am 13. Juli 1973 genötigt sieht, auf dieselbe zu verzichten. Die zweite (nach einer kurzen Obergangsregierung im

unter

September

Peron

die

im Juli

dem

1973

Präsidenten

beginnt,

Präsidentschaft

als

der durch

übernimmt,

Abgeordnetenkammer), die erneute endet

Wahlen

mit

Juan C.

seinem

Tode

1974. Die dritte, die mit der Übernahme der Präsident-

schaft durch Isabel Peron beginnt, endet mit dem Militärputsch des 24. März 1976. Eine sorgfältige Untersuchung jeder einzelnen dieser Perioden zeigt die Fortschritte und Rückschritte in den einzelnen Bereichen, die die Widersprüche verursachen, von denen die argentinische

Gesellschaft

unter

der Militärdiktatur

durchzogen

war. Die Beschreibung der zentralen Elemente der ersten Periode ist gleichzeitig ein Grund dafür, daß wir einen viel diskutierten^" und wichtigen Sektor, nämlich den des national ge21 sinnten Bürgertums, Abschnittes 6.1.1

ausgelassen haben, als wir zu Beginn des

die sozialen Gruppen aufzählten, die den wi-

dersprüchlichen Gesellschaftsprozeß

ausmachen.

Allein die besonderen Umstände von 1973 und die peroni125

stische Bewegung ermöglichen es, das anscheinende Fehlen dieses Sektors zu verstehen. In

Argentinien

konkurrieren

1973

drei

verschiedene

Konzeptionen der Gesellschaft: "a) diejenige, die sich auf eine nicht nach Parteien repräsentative Verbindung der wirtschaftlich vorherrschenden Sektoren mit dem Staat in Richtung auf eine dem internationalen Großkapital gegenüber untergeordnete kapitalistische Entwicklung gründet; b) diejenige, die eine Neuverhandlung der Bedingungen für die Verbindung und die Beziehungen zwischen dem nationalen Kapital und dem internationalen Kapital sowie dem grundbesitzenden Bürgertum der Pampa im Rahmen eines nationalistischen Planes vorschlug, der Teilen des argentinischen Bürgertums eine Hegemoniestellung einräumen würde, und c) diejenige, die eine breitgefächerte Skala von Tendenzen repräsentierte, die ebenso sozialistische Pläne umfaßte wie staatskapitalistische, die aber im Rahmen der argentinischen wirtschaftlichen und politischen Dynamik damals eben deswegen auch in bezug auf die wirtschaftlich vorherrschenden Sektoren hochgradig konfliktgeladen waren." (22) Es ist die zweite dieser Konzeptionen, die das nationale Industriebürgertum unterstützt, da es sich in dieser, dank der klassenpluralistischen

und

widersprüchlichen

Charakteristiken

der peronistischen Bewegung, verwirklichen kann. "Die Wahloption vereinheitlichte in zwei große Blöcke einen Prozeß, der seit dem Aufkommen der neuen Regierung immer deutlicher als das Ergebnis der konfliktuellen Verquickung dreier großer politisch-historischer Strömungen erschien: (23) Die erste Periode des Zeitraumes kennzeichnet

zwischen 1973 und 1976

am besten die Tatsache, daß, obwohl das Bündnis,

das Cämpora an die Regierung brachte, sich aus nationalem Bürgertum und volkstümlichen Kreisen ("sectores populäres") zusammensetzt, die am meisten radikalisierten politischen

Organisa-

tionen dieser Jahre die Initiative ergreifen und Schlüsselpositionen

in der Verwaltung

innehaben. Diese Periode ist

gekenn-

zeichnet durch die Mobilisierung der Volksmassen, die Aufhebung

126

der von

den vorhergehenden

Regierungen

diktierten

repressiven

Gesetze und die Anhäufung von allen möglichen Forderungen, die sich seit langem angestaut haben. Angesichts des

nationalen

dieser

Kapitals

werkschaftsbewegung, stischen Peróns,

Bewegung damit

Tatsache und

appellierten

sahen,

Bündnis

die

Vertreter

Spitze der einflußreichen Ge-

die ihre Positionen

bedroht

das

die

an

dadurch

innerhalb der peroni-

die

Führerpersönlichkeit

wieder

ausgeglichen 24 daß sie die Initiative des Prozesses wiedergewinnen.

werde,

Unter diesen Umständen und mit der Absicht, das Programm des

nationalen

Kapitalismus,

zweiten Präsidentschaft den

war,

wieder

das

während

seiner

ersten

und

zwischen 1946 und 1955 praktiziert wor-

aufzunehmen,

Ubernahm

Perón

im September die

Regierung mit einem viel höheren Stimmenanteil als Cámpora. Das

wichtigste

Instrument

dieser

Etappe,

mit

dessen

Hilfe Perón die Hauptlinien seiner Politik zu verwirklichen gedachte, war ein "Soziales Bündnis" zwischen den Vertretern des Kapitals

und

Económica), CGT

der Arbeitnehmer, die

das

(Confederación

der

nationale

General

CGE (Condederación

Unternehmertum

del

Trabajo),

General

vertrat

und der

dem höchsten

gewerk-

schaftlichen Organ. Die der

Realisierung

Arbeitnehmer

die

dieses

völlige

Bündnisses

Verdrängung

politischen und gewerkschaftlichen Führungsspitzen

die Macht

tals repräsentierten

streitig

erforderte der

Kreise, die den machten.

seitens

radikalisierten offiziellen

Seitens des

Kapi-

die führenden Kreise der CGE in Wirklich-

keit das am stärksten konzentrierte nationale Kapital, mir sehr engen Verbindungen matisch

die

zum ausländischen Monopolkapital, was

Verdrängung

des

kleinen

und mittleren

auto-

nationalen

Kapitals bedeutete. Um

ihr Vorhaben

in Gang

zu bringen,

setzte

die

Regie-

rung eine Reihe von juristisch-wirtschaftlichen Maßnahmen 2 5 in die Praxis um, unter denen wir die folgenden hervorheben: 1)

Einschränkungen gegenüber 26

das Gesetz 20 557, a) ein Verbot

dem

ausländischen

Kapital

durch

das unter anderem folgendes vorsah:

ausländischer

Investitionen

in Gebieten, die an

die nationale Sicherheit gebunden s i n d ; ^ b ) Einschränkungen in

127

bezug auf den Prozentsatz am Gewinn, der wieder ins Ausland zurückfließen

durfte;

öffentliche

Diskussion

c)

Kontrolle

über

derselben

neue

Investitionen und

innerhalb des

gesetzgebenden

Organs. 2) Maßnahmen, um der kapitalistischen Entwicklung der Landwirtschaft Impulse zu geben. Sie beziehen sich im wesentlichen auf die

schon erwähnte

dens,

was

als

Steuer

einzig

auf die potentielle Rendite des Bo-

und allein weitere

Beeinträchtigung

der

Stabilität der Regierung zur Folge hatte. 3)

Verstaatlichung

der

auf

Banken

hinterlegten

Vermögen zu

staatlichen Finanzierungs- und Kreditzwecken. 43

Eine Politik

der

Neuverteilung des Einkommens mit dem Ver-

such, den Bereich der Lohnempfänger zu begünstigen. 5) Eröffnung

des Außenhandels

(der einzige

Punkt

Militärregierung

unter

von

mit

den sozialistischen

Ländern

den fünf aufgezählten, der durch die

1976 nicht

nur nicht aufgehoben,

sondern

sogar noch intensiviert worden ist). Zusammenfassend kann man sagen, daß das durch Peron eingeleitete

Programm

die

Grenzen

der

kapitalistischen

Struktur

ebenso wie diejenigen der Minimalforderungen seitens der Volksmassen (sectores populäres) auf die Probe stellte. Selbstverständlich unterschieden sich die nationalen und internationalen

Voraussetzungen

1973 erheblich

von denen, die

1945 herrschten. Das soziale Bündnis zerbrach, weil diejenigen, die ihn unterzeichneten, nicht repräsentativ

für seine gesell-

schaftlichen Grundlagen waren und weil die argentinische Wirtschaftsstruktur gleichzeitig

die

keine

bedeutenden

wirtschaftlichen

Veränderungen Grundstützen

erlaubt, wenn des

herrschen-

den Blocks intakt bleiben. Wenige Peron,

bei

Scheiterns

Tage

vor

seinem

gleichzeitiger des

Programms,

Tode

(am

1. Juli

stillschweigender mit

zwei

1 974)

drohte

Anerkennung des

drastischen

Mitteln: dem

Rücktritt und der Mobilmachung. Sein Tod und die repressive Demobilisierungspolitik,

die paradoxerweise

die eigene

Regierung

angeregt hatte, um ihre Ziele durchzusetzen, begruben schließlich jede Möglichkeit, dieselben wieder aufzugreifen. Die dritte Periode des Zeitraums 1973-1976 kann als eine

128

Summe

von Rückschritten

bis

den.

An

stehen

ihrem

Anfang

zum Militärputsch zwei

betrachtet wer-

bedeutende

Fakten:

Entfernung der CGE von der Führungsspitze der Wirtschaft

28

Die und

die offen ausgesprochene Bitte seitens einiger Gruppen des herrschenden Weise

Blocks

an die Adresse

der Streitkräfte,

auf

direkte

die Führung des Prozesses in die Hand zu nehmen. Diese

behielten, obwohl

sie den Kampf gegen die Subversion aufgenom-

men hatten, was faktisch die militärische Kontrolle des Landes 29 bedeutete, fast während dieser ganzen Periode eine "Spielerhaltung" bei und hofften

auf die Abnutzung

und den

Zusammen-

bruch der Regierung. Während der Perón

ersten Monate

einige Maßnahmen,

ihres Mandats ergriff

Isabel

die vermuten ließen, daß sie die Füh-

rung der Wirtschaft so beibehalten wollte, wie sie in der vorangegangenen Etappe gewesen war. Im Einvernehmen mit dieser wurde versucht, die Politik der Neuverteilung der Einnahmen zu stützen; und

es

wurden

für das

die

Tankstellen

Land nachteilige

für

Brennstoff

Verträge über

verstaatlicht

Telefonverkabelung,

die mit den Firmen Siemens und ITT abgeschlossen worden waren, wurden annuliert. In

der

Praxis

haben

diese

Maßnahmen

dennoch

bloß

einen symbolischen Charakter. Die Leitung der Gewerkschaft, die in der vorhergehenden Periode die wichtigste Stütze der Regierung gewesen war, beginnt kommnisse zieren.

sich allmählich angesichts der Vor-

innerhalb der Exekutive von der Regierung zu distanIn diesem

und unheilvolle

Zusammenhang

müssen

Person hinweisen,

gentiniens

in diesem

Zeitraum

José

Rega.

Unbekannter

Lopez

Ein

wir

auf

eine

seltsame

ohne die die Geschichte Ar-

ohnehin nicht

zu erklären ist:

innerhalb und außerhalb der

peronistischen Bewegung mit der Vergangenheit eines Polizisten, Astrologen und Mitglieds einer Geheimsekte, der zum wichtigsten Berater

Isabel

Peròns,

zum

Minister

für

die

Sozialwohlfahrt

(ein Amt, das er seit dem 25.3.1973 innehatte) und zum starken Mann des Regimes wurde. Es fällt schwer anzunehmen, daß man von einer derartigen Person, außer reiner Machtgier und der Plünderung der öffentlichen Mittel, programm

einen Nutzen

erwarten

kann.

für ein ganz bestimmtes

Dennoch

erwies

Regierungs-

sich objektiv

gesehen 129

und den Umständen entsprechend klar, daß seine Wirtschaftspolitik^" und die R e p r e s s i o n " dem herrschenden Block zugute kam. Die kurz

in dieser

gesagt,

die

Zeit

in Gang gesetzte Politik

Negierung

des

Wahlprogramms

Schon gegen die Mitte des Jahres

bedeutete,

vom

März

1973.

1975 wurde deutlich, daß der

einzige Weg, die Regierung zu erhalten, darin bestand, die Präsidialgruppe

zum Repräsentanten der Interessen der

zenden Oligarchie

und des

transnationalen

grundbesit-

Kapitals zu machen.

Dies nahm in einem Vorschlag Gestalt an, der von der Gruppe um Isabel Peron ausging, und der den Streitkräften die "Bordaberisierung"

der

Präsidentin

Konkretisierung Zu

riet, 32

was

aber

natürlich

nicht

zur

gelangte.

Beginn

des

Jahres

1976

erlebten

die

durch

die

Regierung, die sie selbst gewählt hatten, unterdrückten sozial schwachen

Bevölkerungsschichten

sungsmäßigen gendeinen

Regierung,

Zug

zu

bei

erkennen,

den

Untergang

einer

verfas-

der es bereits unmöglich war, irder

die

Verteidigung

ihrer

Sache

hätte in Gang bringen können.

6.1.3 Die institutionelle Struktur der Militärdiktatur Das 1976

Programm,

durchzuführen

sellschaft

nicht

das die Streitkräfte

beabsichtigten,

im März

war der

gänzlich unbekannt.

des

Jahres

argentinischen Ge-

Im Juni

1968 stürzte der

General J.C. Ongania die verfassungsmäßige Regierung der Radikalen Partei

unter

der Leitung

von Arturo

Illia und

richtete

eine Diktatur e i n , " die man aus heutiger Sicht als einen Versuch für die jetzige betrachten kann. Dennoch

hat

der

Abstand

zwischen

den

politischen und

wirtschaftlichen Situationen im Hintergrund der beiden Diktaturen mindestens zwei bedeutende Unterschiede zur Folge. Der Umsturz von 1966 fand in einem wirtschaftlichen Kontext statt, in welchem für das Land eine Etappe relativ beständigen Wachstums ohne ernsthafte äußere Krisen begann, die gerade bis 1976 anhielt. Zu diesem letzteren Zeitpunkt hingegen befand sich Argentinien internationalen Verpflichtungen gegenüber am Rande der Zahlungsunfähgikeit. Als Folge dieser unterschied-

130

liehen

Situation

war

der

soziale

Konfliktgrad

zwischen

dem

herrschenden Block und den sozial schwachen Bevölkerungsschichten (sectores populäres) in der ersten Periode um etliches niedriger.

Dies hat

stulate wird.

der Bei

seine Wirkung auf die Interpretation der Po-

DIS, dem

welche

von

Verhältnis

beiden

Diktaturen

Entwicklung/innere

vertreten Sicherheit,

wurde 1966 der Akzent auf das erste Element gesetzt. Unter den 1976 herrschenden Umständen hingegen drängte die innere Sicherheit

für den Kampf gegen die Subver34 sion alles, was die Entwicklung betraf, in den Hintergrund.

Es

als

ist

Legitimationsversuch

gerade

die

spezifische

Form,

die der

Kampf

gegen die

S u b v e r s i o n ^ annahm, die zu einem großen Teil die Erklärung des Umsturzes von 1976 ermöglicht. Dies insbesondere, weil man sich die Frage stellen kann, worin denn eigentlich die Notwendigkeit einer

direkten

militärischen

Wirtschaftspolitik

und

Intervention

überhaupt

die

letzten peronistischen Regierungsperiode sen des herrschenden ja

schon

alles,

was

Blocks die

der

und die

wenn die

Politik der

objektiv die

begünstigte, Bekämpfung

bestand,

repressive

Interes-

Streitkräfte

Subversion

anging,

selbst übernommen hatten. In seinem Werk "Faschismus und Diktatur" bietet N. Poulantzas hinreichende Elemente für eine Beantwortung dieser Frage, wenn er schreibt: "Die anderen Formen des kapitalistischen Staats erlauben die Ausübung der physischen Repression in kritischen Situationen des Klassenkampfes in breitem Maße durch ein ganzes Arsenal "verfassungsmäßiger" juristischer Gewaltmaßnahmen. Die sogenannten "freiheitlichen Demokratien" wissen sich in dieser Hinsicht sehr wohl zu helfen. Diese Staatsformen erlauben jedoch aufgrund der relativen Autonomie der ideologischen Staatsapparate häufig nicht den gezielten und konzentrierten Einsatz der Ideologie zur Rechtfertigung dieser Repression. Der Rückgriff auf die Form des Ausnahmestaats wird also nicht so sehr dann notwendig, wenn aufgestellte juristische Regeln diese Repression verbieten, sondern vor allem dann, wenn der gezielte und konzentrierte Einsatz der Ideologie, der die Repressionen begleiten muß, sich im institutionellen Rahmen der anderen kapitalistischen Staatsformen nicht mehr vollziehen kann." (36)

131

Wie wir gesehen haben, gelingt es den demokratisch-parlamentarischen Regierungen

in

akuten

gesellschaftlichen Kon-

fliktsituationen nicht, den Grad an Repression zu legitimieren, den

die

Konservierung

erfordern des

würde.

abhängigen

mentarischen

der

Dieses

Interessen

Problem

Kapitalismus.

Demokratie

des herrschenden

intensiviert

sich

In diesem gelingt

nicht

einmal,

einige

im

Blocks Kontext

es der

parla-

Grundfunktionen

auszuüben, die sie in den Ländern mit fortgeschrittenem

Kapita-

lismus ausübt. Wir meinen die Funktion, "Änderungen im Kräfteverhältnis

innerhalb des sich an der Macht befindlichen Blocks

zu erlauben, ohne schwerwiegende Umwälzungen in den Staatsapparaten herbeizuführen: dies ist grundsätzlich die Rolle der Verfassung und des R e c h t s " . ^ Unter den wirtschaftlich-politischen Voraussetzungen des abhängigen

Kapitalismus

bringt,

von

Ausnahmen

abgesehen, die

Öffnung der legalen Kanäle der Mitbestimmung (allgemeines Wahlrecht, politische Parteien, usf.) zur Bildung parlamentarischer Demokratien

automatisch

wirtschaftlich quantitative (wenn

die

werden),

die

dominierenden

Gewicht

der

minimalsten ein

für

fundamentalsten Blocks

niedrigeren

dazu

Spielregeln

Interessen

des

Dies, weil das

Schichten

demokratischen

ihre

Interessen

in Gefahr.

günstiges

tendiert

eingehalten Wahlergebnis

zu sichern, die andererseits durchaus nicht mit den

Interessen

des herrschenden Blocks vereinbar sind. Aber Problems. die

diese

Situation

Das würde

Militärdiktatur

erklärt

bedeuten, daß im

lediglich

einen

(in kritischen

Zusammenhang

mit

den

Teil des

Situationen)

Interessen

des

herrschenden Blocks funktionaler wäre als eine parlamentarische Demokrat ie. Die Tatsache aber, daß wir uns im cono sur nicht in Gegenwart der traditionellen Militärdiktatur befinden, sondern in Gegenwart strebt

eines

ist, sich

neuartigen

Autoritarismus,

der be-

in ein permanentes Herrschaftsmodell

Typs

von

zu ver-

wandeln, zwingt uns, die Analyse unter Miteinbeziehung der Elemente, die eine

befriedigende

Antwort möglich machen, zu ver-

tiefen . Es

ist

nicht

allein

die Schwierigkeit

oder

Unmöglich-

keit, die Interessen des herrschenden Blocks mit denjenigen der

132

sozial schwachen Schichten zu vereinen, die die allgemeine politische

Krise

Ausdruck

der

in Lateinamerika verursacht

autoritäre

neuen Autoritarismus

Staat

(eine Krise, deren

ist). Um die Besonderheiten des

zu verstehen, muß

ebenfalls all dem Auf-

merksamkeit geschenkt werden, was sich auf die Widersprüche im Innern

des

herrschenden

durch den hohen Grad er sich zusammensetzt, Schichten

und

bezieht,

welcher

sich

der Gruppen,

gerade

aus

denen

auszeichnet.

Zusammenfassend: teren

Blocks

an Heterogenität

Wenn die Widersprüche

dem

herrschenden

Block

zwischen den unentscheidend sind

für die Erklärung des Aufkommens der traditionellen Militärdiktatur,

so

sind

die

Widersprüche

innerhalb

des

herrschenden

Blocks für die Erklärung des Aufkommens der Militärdiktatur des neuen Typs, des neuen Autoritarismus,

entscheidend.

Es muß hinzugefügt werden, daß das oben gebrauchte Wort "entscheidend" nicht im ausschließlichen Sinn verstanden werden darf. Man darf im Gegenteil nicht vergessen, daß die Widersprüche

im

Innern des

Militärdiktatur zwischen

herrschenden

ebenso

Blocks

vorhanden

bei

sind

der

wie

traditionellen

die

Widersprüche

diesem und den niederen Schichten im Falle des neuen

Autoritarismus. Wir haben

im Verlauf

dieser Arbeit mehrmals

behauptet,

daß ein zentrales Element des neuen Autoritarismus der Versuch sei,

auch

juristisch und

in

relativ

sind. Als Beweis hierfür werden wir im fol-

gentinische

institutionelle Militärregierung

Grundnorm 1976

Praxis

Herr-

explizit autoritär die

in der

Form

auszudrücken,

genden

die

vermittelter

schaftsbeziehungen

vorstellen,

ausgearbeitet

offen und

die hat.

die arZunächst

aber, und als Hypothese, deren Gültigkeit wir auch auf die Fälle

in Uruguay

und Chile ausweiten möchten, weisen wir auf die

fünf Grundfunktionen dieser

Institutionalisierung

hin. Es sind

dies: a) die Legitimierung der gewaltsamen Lösung des konflikts

durch

die

Kriminalisierung

des

Gesel1schafts-

politischen Pro-

tests der sozial schwachen Schichten (sectores populäres); b) die

Absicht

der

Streitkräfte,

zu

verbleiben,

erkennen zu

lassen;

133

c) ein

Mindestmaß

an

"Demokratie"

im

Innern des

herrschenden

Blocks zu gewährleisten; d) die Abhängigkeit der Judikative von der Exekutive zu verankern und e) die Vorherrschaft der Streitkräfte

innerhalb des

herrschen-

den Blocks abzusichern.

6.1.4 Inhalt der autoritären Der

Begriff

Institutionalisierung

Institutionalisierung

darf

nicht

im

ein-

schränkenden Sinn verstanden werden, der sich lediglich auf das Grundgesetz (Verfassung) bezieht, sondern im weiteren Sinn, der sie

als

"Konsolidierungsprozeß

durch die Herausbildung

einer

einer

politischen

Bürokratie

Herrschaft

und eines

kompletten

38

Organisationssystems" diese

Organisierung

ausweist. Im modernen Staat drückt sich grundsätzlich

durch positive

Rechtsnormen

sowohl öffentlicher wie auch privater Art aus. Nun steht fest, daß die Verfassung die oberste Rechtsnorm ist oder sein sollte, von der sich die Gültigkeit der untergeordneten

Rechtsordnungen,

die die institutionelle Struktur vervollständigen, ableitet. Mit dem Ausdruck

"sein sollte" möchten wir auf zwei problematische

Aspekte dieser Thematik hinweisen, die wir im folgenden behandeln. Selbst kann

man

eine

in

den

modernen

steigende

parlamentarischen

Tendenz

zu Gesetzen

Demokratien

feststellen, die

zwar wesentliche Bedeutung für das Leben der Nation haben, aber entweder im Grundgesetz keine Rechtfertigung haben oder diesem klar entgegengesetzt

sind, was man im Verfassungsrecht Verfas-

sungswidrigkeit von Gesetzen nennt. Außerdem

kommt

die

in

Lateinamerika

weit

Praxis der neuen autoritären Regime hinzu, "Actas

verbreitete Instituciona-

les", "Estatutos Revolucionarios", usf. zu diktieren, denen die Verfassung untergeordnet wird. Im ersten Teil haben wir es mit einer faktischen Tendenz zur Unterordnung der Verfassung zu tun, die sich im Kontext des fortgeschrittenen ments haben. 134

äußert,

was

Kapitalismus wir

als

im Bedeutungsverlust

des Parla-

latenten Autoritarismus

bezeichnet

Im zweiten Fall stellt der Autoritarismus

eine Realität

von Rechts wegen dar. Oder anders ausgedrückt, der Grad an offen autoritären gesellschaftlichen Verhältnissen, die innerhalb der Gesellschaft vorherrschen, ermöglicht und verlangt zeitig ihren juristischen Ausdruck. Diese juristische

gleichVeranke-

rung des Autoritarismus ist einer der wichtigsten und am wenigsten untersuchten

spezifischen

sur, der

dem Begriff des neuen Autoritarismus

seinen

nun

die im

außerdem

Züge der Militärregime

im cono

Sinn verleiht. Wir oben

wollen

genannten

die

Veränderungen

untersuchen,

Sinn

im Recht vorkommen. Sie beziehen sich im 39 besonderen auf drei Bereiche: a) das Verfassungsrecht, b) das Strafrecht, c) das Arbeitsrecht. Das Verfassungsrecht Die am 24. März 1976 eingerichtete Militärregierung diktierte als ihre erste Rechtsmaßnahme die "Acta für den Nationa40 len Reorganisationsprozeß", durch welche folgendes bewirkt 41 werden sollte: 1.

"Die

Militärjunta

mit

den

Oberbefehlshabern

der

Streitkräfte der Nation einzusetzen, welche die politische Gewalt der Republik übernimmt." 2. "Die Mandate

des

Präsidenten

der

argentinischen Na-

tion sowie diejenigen der Gouverneure und Vizegouverneure der Provinzen

aufzuheben."

4. "Den Nationalen Kongress aufzulösen ..." 5. "Die Mitglieder des obersten Gerichtshofs abzusetzen ii 7. "Die politische Aktivität, insbesondere diejenige der politischen

Parteien

auf

nationaler,

provinzieller und

städtischer Ebene, zu unterbinden." 8. "Die organisierte Aktivität der Arbeiter, der Unternehmer und der freien Berufe zu verbieten." 10. "Nachdem die soeben aufgezählten Maßnahmen führt wurden, den Staatsbürger

durchge-

zu benennen, der das Amt

des Präsidenten der Nation bekleiden wird." Der

zweite

Abschnitt

der Acta

setzt den

Zweck und die

Grundziele des nationalen Reorganisierungsprozesses

fest:

135

1 . Zweck : "Die Grundwerte

wieder

einzuführen,

die der

Gesamtfüh-

rung des Staates als Fundament dienen, indem die Bedeutung von Moralität, Tauglichkeit und Wirksamkeit hervorgehoben wird, welche unerläßlich sind, um den Gehalt und das

Bild der Nation wiederherzustellen,

auszurotten tionalen

die

Subversion

und die wirtschaftliche Entwicklung des na-

Leben

zu

fördern,

auf

der

Grundlage

Gleichgewichts

und der verantwortungsvollen

der

Sektoren und mit

einzelnen

Einrichtung

einer

publikanischen

förderativen

dem und

Zweck,

des

Beteiligung die

spätere

repräsentativen re-

Demokratie zu sichern, welche der Reali-

tät und den Erfordernissen

für den Fortschritt des ar-

gentinischen Volkes angemessen sein wird." (Die Unterstreichungen stammen von uns.) 2. Grundziele: "Den Werten der christlichen Moral, der nationalen Tradition

und

der

Würde,

Argentinier

zu sein, Geltung zu

verschaffen." 2.3 "Die nationale Sicherheit herauszustellen, indem die Subversion und die Ursachen, die sie begünstigen, ausgerottet werden." (Unsere Unterstreichung). 2.4 "Die vollständige Geltung der Rechtsordnung und der gesellschaftlichen

Ordnung

zu sichern."

(Unsere

Unter-

streichung) . 2.5 "Die Konkretisierung einer sozio-ökonomischen Situation,

die

völlige

die nationale

Entscheidungsgewalt

sowie die

Entfaltung des argentinischen Menschen

sichert,

wobei der Staat die Kontrolle über die vitalen Bereiche beibehält, die der Sicherheit und der Entwicklung dienen und

der

privaten

Initiative

und

dem

privaten

Kapital

ebenso wie dem nationalen und dem ausländischen die notwendigen

Bedingungen bietet, um eine reibungslose Teil-

nahme am Prozeß der rationellen Ausnutzung der Mittel zu gewährleisten,

indem jede Möglichkeit

ihrer

Einmischung

in die Machtausübung neutralisiert wird." (Unsere Unterstreichung) . 136

2.9 "Internationale Präsenz in der westlichen Welt, unter

Beibehaltung

verstärkter

der

Präsenz

Selbstentscheidungsgewalt

Argentiniens

und mit

im Konzert der

Natio-

nen ." 42 Der

dritte

Abschnitt

der

Acta

setzt die

Grundnormen

fest, nach denen die Nationale Regierung vorgehen wird. Artikel 1: "Die

Mi 1itärjunta, bestehend

aus

den Oberbefehlshabern

der Ar-

mee, der Flotte und der Luftwaffe, wird als oberstes Organ der Nation

über das normale Funktionieren der übrigen Staatsgewal-

ten wachen ..." (Unsere Unterstreichung). Artikel 2: "Die Militärjunta kann, wenn sie es aus Gründen der Staatsräson für angebracht hält, den Staatsbürger absetzen, der als Präsident der Nation fungierte und mittels eines noch zu bestimmenden Verfahrens einen Vertreter designieren. Gleichfalls wird sie anfänglich die Mitglieder des obersten Gerichtshofs der Nation absetzen und designieren, ebenso wie die Leitung der Staatsanwaltschaft und des Rechnungshofs." Artikel 3: "Die Militärjunta wird nur bei vollzähliger

Anwesenheit

Mitglieder

einfache

tagen

mehrheit annehmen

und

ihre

Beschlüsse

durch

ihrer

Stimmen-

..."

Artikel 5: Die

gesetzgebenden

dem

Kongress

Befugnisse,

verleiht,

sich ausschließlich

werden

auf die

die

die

nationale

einschließlich

Verfassung

derjenigen, die

eine oder andere Kammer

beziehen,

durch den Präsidenten der Nation wahrgenommen werden, mit Ausnahme derjenigen,

die in den Artikeln 45, 51 und 52, sowie in

den Absätzen 21, 22, 23, 24, 25, 26 des Artikels 67 vorgesehen sind. Eine

beratende

Gesetzeskommission

wird

an der Bildung und der

Beurteilung der Gesetze gemäß dem für sie festgesetzten Verfahren beteiligt sein. (Unsere Unterstreichung). Artikel 8: "Die beratende Gesetzeskommission wird aus neun oberen Offizie-

137

ren zusammengesetzt

sein, wobei aus jeder Teilstreitkraft drei

designiert werden. (Unsere Unterstreichung). Artikel 9: "Zur Besetzung offener Stellen am Obersten Gerichtshof, bei der Staatsanwaltschaft

und

beim

Rechnungshof

wird

der

Präsident

der Nation die von der Militärjunta vorgenommenen Nominierungen bestätigen.

Die Ernennung

der Richter

aus den

untergeordneten

Gerichtshöfen erfolgt durch den Präsidenten der Nation." Artikel 14: "Die

Nationale

sowie

die

Provinzialregierungen

werden

ihre

Handlungsweise den Grundzielen, die die Militärjunta festgelegt hat,

dem

vorliegenden

Statut

sowie der Nationalen

Verfassung

und den Verfassungen der Provinzen angleichen, soweit sie diesen nicht entgegengesetzt sind." (Unsere Unterstreichung). 43 ments

Der

autoritäre

Charakter

des

soeben

zitierten

ist offensichtlich genug, so daß allgemeine

Doku-

Bemerkungen

diesbezüglich überflüssig werden. Es gibt lenen

jedoch noch einen Aspekt, der in der

Phraseologie

des

eine zentrale Bedeutung Diese stellt

"Acta

Textes

beinahe

versteckt

geschwol-

ist, und dem

zukommt.

für

den

Nationalen

Reorganisationsprozeß"

eine provisorische Kompromißlösung

zwischen zwei Haupt-

gruppen des herrschenden Blocks dar: den Streitkräften und der 44 Oligarchie der Großgrundbesitzer. Die des

Heterogenität

herrschenden

wirtschaftlicher

Blocks Art.

und

die

beziehen

Widersprüche

sich

Diese Aspekte

nicht

nur

im

Innern

auf

Aspekte

sind vielleicht

geeignet,

um die Widersprüche zwischen der Oligarchie der Großgrundbesitzer und dem industriellen Großbürgertum die Widersprüche

zu erklären. Um jedoch

zwischen den Streitkräften und den Großgrund-

besitzern zu erklären, sind die unterschiedlichen

Auffassungen

im Bereich des Rechts und der Politik von größerer Bedeutung. Eine Untersuchung wie die unsere geht von der Zurückweisung der vereinfachenden Auffassungen aus, die die Streitkräfte als eine Institution ohne eigenes Programm betrachten, die durch die Oligarchie und den Imperialismus völlig manipulierbar ist. 45 Im Gegenteil besteht in den letzten Jahren sogar die zu-

138

nehmende Tendenz zu einer gewissen Autonomie der Streitkräfte, die sich

in der

chen Konzepts

Formulierung

ausdrückt.

eines eigenen

L.H. Schiffrin

politisch-rechtli-

erkennt dies z.B. und

formuliert es folgendermaßen: "Außerdem, wenn auch die Militärdiktatur dazu bestimmt ist, das Verbleiben der traditionellerweise herrschenden Klasse zu unterstützen, so identifizieren sich die Streitkräfte, wie manipuliert sie sonst auch sein mögen, nicht völlig mit dieser Klasse, sondern werden von anderen Bereichen her beeinflußt und lassen nicht davon, ab, nach der autonomen Ausübung~der unbegrenzten Macht zu streben, die sie sich selbst zusprechen ." (46) (Unsere Unterstreichung). In

ähnlicher

Weise

läßt

sich

diese

Autonomie

aus

den Texten herauslesen, die zum eigenen "internen" Gebrauch der Militärgewalt verfaßt waren: "Dieser ganze Prozeß (der Nationalen Reorganisierung) geht von einer einzigen Legitimitätsquelle aus: den Dokumenten des 24. März 1976. Zu keinem Zeitpunkt darf daher eine offene oder indirekte Übertragung der Legitimität auf andere Quellen stattfinden. Dieser Plan darf weder den führenden Persönlichkeiten zur Begutachtung unterbreitet werden, was hieße, ihnen im voraus Repräsentativität zu verleihen, noch darf er Gegenstand von Plebisziten werden, die, auch wenn sie günstig ausgehen, die Wiedereinführung des demagogischen Begriffs des "pueblo" als Voraussetzung haben und diesem letztendlich einen politischen Mythos zuschreiben: Die Souveränität." (47) Diese Autonomie der Streitkräfte erreichte ein beträchtlisches Ausmaß im Bereich des Rechts und der Politik.

Innerhalb

der Streitkräfte herrschten als ideologisches Programm die Formulierungen der DIS vor. Innerhalb der grundbesitzenden Oligarchie war

(und ist auch heute noch) die Ideologie des

"Libera-

lismus" vorherrschend. Es handelt sich natürlich um einen Liberalismus, der

"angepaßt"

ist an die Voraussetzungen einer ab-

hängigen Wirtschaft, deren Berührungspunkte mit der Demokratie nach und nach auf den formalen Bereich reduziert wurden.^®

139

6.1.5 Die Veränderungen der Ideologie des Liberalismus Die wichtigsten Institutionen, in denen besagte

"angepaß-

te" Ideologie des Liberalismus Gestalt annimmt, sind drei: a) die argentinische Verfassung von 1853; b) der Oberste Gerichtshof und c) die juristischen Fakultäten Die

argentinische

Verfassung

von

1853

ist Ausdruck des

extremsten

Einflusses des politischen und wirtschaftlichen Li49 beralismus zu ihrer Zeit. Sie hatte die Funktion, einen zentral istischen Staat zu organisieren und zu stärken, welcher die Staatsform

ist, die

sich

am besten an die Notwendigkeiten so-

wohl einer grundbesitzenden Oligarchie wie auch des englischen monopolistischen Kapitals anpaßt. 5 0 Es sind dies ten,

die

eine

besondere

der

"Lesart"

Notwendigkei-

Verfassung

seitens

der

Oligarchie bestimmen, welche mittels ihrer Rechtsberater die extensivste und weiteste Auslegung der Bestimmungen bezüglich der Garantien

der wirtschaftlichen Freiheiten und gleichzeitig die

restriktivste Interpretation hinsichtlich der Bestimmungen, die die politischen Freiheiten betreffen, durchsetzen wird.''1 Der

oberste

schließlich heraus

aus den Reihen der

besetzt

Verfassung einzelnen

Gerichtshof,

wurde,

eine

hat

der

seit

seiner

Gründung aus-

Intellektuellen der

sowohl

Schlüsselposition

bei

Oligarchie

der

Interpretation der 52 innegehabt wie auch den

Militärregierungen nach 1930 als legitimierende Dek-

kung gedient. 5 3 Die

juristischen

Fakultäten

schließlich

haben

sich als

die adäquatesten Institutionen zur Vermittlung und Beibehaltung dieser vismus,

"angepaßten als

liberalen

Ideologie" erwiesen.

"wissenschaftlicher"

von der Wirklichkeit

Mechanismus,- der

zu abstrahieren,

Der es

Positierlaubt,

ist ihre bevorzugte Phi-

losophie. Dies macht der Oligarchie wichtigen

"doppelte" Verhaltensweise Als Minister

oder

der

Juristen

Funktionäre in

Positionen der diversen Militärregierungen haben sie

systematisch mitgewirkt, 140

die

verständlich.

an die

der immer

Erarbeitung

der

repressiven

Gesetzgebung

als eine Ausnahmegesetzgebung

interpre-

tiert

wird,

obgleich

in

Zeiten der Normalität elle

und

ebenso

der

Anwendungsdauer die 54 bei weitem übertrifft. Als Intellektu-

Lehrstuhlinhaber

systematisch

das

nellen Ausnahmegesetze

Praxis

haben

Studium

ihre

sie

nichtsdestoweniger

und die Lehre der

und

institutio-

ignoriert.^

Dies bedeutet, daß die Juristen der Oligarchie, wenn sie auch

bereit

sind, bis

zu einem

gewissen

Punkt

die

politische

Herrschaft der Streitkräfte hinzunehmen, indem sie aktiv an der Hervorbringung nicht bereit

megesetzgebung sollte,

der

repressiven

wie man

in eine

dauernde

Prinzipien

teilhaben,

doch

der institutionellen Ausnahhinzunehmen.

Diese

Umwandlung

der DIS entnehmen kann, durch eine Reform der

Verfassung vervollständigt die

Gesetzgebung

sind, die Umwandlung

dieser

werden, welche auf definitive

Doktrin

beinhalten

wird. Dieser

Weise

Politik

widersetzt sich die Oligarchie frontal. Dies

heißt

Streitkräfte bung,

die

mit

anderen

Worten

seitens der Oligarchie

das

Funktionieren

der

schränkt, welche die Verfassung gesehen

von

ihren

totale

Unterstützung der

für jede

Ausnahmegesetzge-

politischen

Freiheiten

garantiert. Und

Widersprüchen,

beide

Gruppen

ein-

zwar weil, abunfähig

sind,

ihre qualitative Macht (wirtschaftliche, militärische Macht) in quantiative Begriffe (Stimmen) zu übersetzen. Jedoch gleichzeitig bedeutet len

es die totale Ablehnung

Rechtsideologie

durch

die

DIS.

der Ersetzung der liberaDieses

Letztere

aus

zwei

Gründen. Erstens weil die Gegensätze hinsichtlich der volkstümlichen Sektoren herrschenden

("sectores populäres") den Kampf

Blocks

nicht

behindern.

im Innern des

In diesem Sinne

verleiht

die Beibehaltung der "liberalen" Rechtsideologie der oligarchischen Klasse Zusammenhalt und erlaubt ihr, mit besseren Aussichten den Kampf um die Hegemonie im Innern des herrschenden Blocks zu führen.

Zweitens, weil

die

"liberale"

Rechtsideologie, wie

wir noch sehen werden, auch gegenüber den volkstümlichen Sektoren ("sectores populäres") hegemonisch ist und somit das wirksamste

Instrument der Legitimation

zweifellos

als Ersatz für feh-

lende politische Hegemonie darstellt. Aus

diesen

der Militärdiktatur ren

Gründen

kann man

die autoritäre

offensichtlichster

Ausdruck

sagen,

daß

im

Argentinien

Institutionalisierung

die

Ausarbeitung

einer

- deneuen 141

explizit

autoritären

Ideologie

ist

- sich nicht gegenüber der

oligarchischen durchsetzen konnte.

6.1.6 Funktionen der autoritären Als konkrete

Institutionalisierung

Exemplifizierung

dessen, was

im Vorausge-

gangenen gesagt wurde, sei nun aufgezeigt, wie sich die Gegensätze zwischen der grundbesitzenden Oligarchie und den Streitkräften in der "Acta" ausdrückt. Der erste

Teil

derselben,

durch welchen sich die Mili-

tärjunta konstituiert (Artikel 1), der verfassungsmäßige dent abgesetzt wird (Artikel Parteien hoben

(Artikel

wird

7) sowie diejenige

(Artikel

8),

Präsi-

2), die Aktivität der politischen

stellt das

jedweder Verbände "gemeinsame

aufge-

Programm" des

herrschenden Blocks dar, in welchem keine wesentlichen auseinandergehenden

Punkte

ausgemacht

werden

können.

Die

Absetzung

der Mitglieder des Obersten Gerichtshofs stellt auch keine für die Interessen der Oligarchie hinderliche Tatsache dar, da die Mehrheit seiner Mitglieder während der peronistischen Regierung ausgewechselt wurde und ausnahmsweise nicht auf homogene Weise aus dem herrschenden Block hervorgeht. Die

Aufhebung

der

politischen

Parteien

ist von

ebenso

geringer Bedeutung für die Interessen der herrschenden Gruppe, da diese sich fast ausschließlich mittels ihrer ständischen Organisationen ausdrücken. Und wenn auch die Aktivität durch Artikel

letzterer

8 untersagt scheint, betraf dieses Verbot in der

Praxis doch lediglich die Verbände der Gehaltsempfänger. Hauptsächlich

im zweiten Teil

der

"Acta",

insbesondere

nach dem Punkt 2 (Grundziele), beginnen die Gegensätze

zwischen

beiden Gruppen Gestalt anzunehmen. Unter dem Punkt 2.3 wird die "Herrschaft der Inneren Sicherheit" festgelegt, "indem die Subversion und die Ursachen, die sie begünstigen, ausgerottet werden", was nach dem in Kap. IV Gesagten keiner weiteren Erklärung mehr bedarf. Diese Bestimmung, die ganz klar im Hinblick auf die Interessen der Streitkräfte ein Gegengewicht 142

erstellt wurde,

erhält

andererseits

in den Punkten 2.1 und 2.4, welche die "Kon-

kretisierung vierung

einer politischen Souveränität, die auf der Akti-

der

beruht

erneuerten

verfassungsmäßigen

Institutionen

..." und die "volle Gültigkeit der Rechts- und Sozial-

ordnung" bestimmen.

Dieses

bedeutet,

daß, wenn auch die Macht

im Namen derjenigen Ideologie ausgeübt wird, welche die Streitkräfte

stützt,

bietet,

und

die

die

schwache

konkreten

Legitimation, materiellen

die diese

Ideologie

Interessen, die

beide

Gruppen trennen dazu zwingen, auf die traditionellen

Instrumen-

te

auf die

"'liberale"

Dieser

Liberalis-

der

Legitimation

Rechtsideologie, mus,

das

zurückzugreifen,

die die Oligarchie

wurde

schon

gesagt,

d.h. stützt.

bezieht

sich

lediglich

auf

die wirtschaftliche Ebene. Des weiteren verankert Artikel 14 des dritten Teils diesen Gegensatz in einem System, das man "doppelte

Legitimierung"

nennen könnte. Die Nationale Argentinische Verfassung gilt, soweit

ihre

Bestimmungen

nicht

der durch die Streitkräfte dik-

tierten institutionellen Ausnahmegesetzgebung widerspricht

(Ar-

tikel 14, dritter Teil). Was wir

zuletzt

beschrieben haben, muß als der Versuch

angesehen werden, die Vorherrschaft der Streitkräfte 57! des herrschenden Blocks abzusichern. Im

dritten

Teil

der

"Acta"

legen

innerhalb

die Artikel

2 und 9

folgendes fest: "Auch wird sie (die Militärjunta) die Mitglieder des Obersten Nationalen Gerichtshofes absetzen und benennen ..." und

"Die Nominierung

richtshöfe

der

erfolgen".

Dies

Abhängigkeit

Nation muß

der Richter der untergeordneten Ge-

wird als

durch

der

der Rechtsgewalt

den

Versuch

Präsidenten betrachtet

gegenüber

der

der

Nation

werden,

Exekutive

die

zu ver-

ankern. Im die

folgenden

wenden

zu den exponiertesten

stitutionalisierung

wir

uns

nun

Grundfunktionen

zwei der

Punkten

zu,

autoritären In-

gehören, und die hier ihrer engen Verknüp-

fung wegen zusammen analysiert werden müssen: Die Garantie eines Minimums an "Demokratie" innerhalb des herrschenden Blocks und

das

Erkennenlassen

der

Absicht

der

Streitkräfte,

zu ver-

bleiben . Aus

dem,

was

wir

bis

jetzt

gesehen

haben,

läßt

sich

schließen, daß die Notwendigkeit, ein Mindestmaß an "Demokratie" 143

zu

garantieren,

folgenden

zwei

Imperativen

gehorcht:

a) den

Zusammenhalt des herrschenden Blocks zu stützen und b) die Möglichkeit zu bieten, daß Diskrepanzen eine Lösung finden können, ohne

ernstere

(Putsch

institutionelle Beeinträchtigungen

innerhalb

des

Putsches),

welche

hervorzurufen

die

Position

des

"Blocks" gegenüber den "sectores populares" schwächen würden. Für die Erfüllung dieser Funktion sieht die "Acta" ("Estatuto para el Proceso de Reorganización N a c i o n a l " ) ^ ten Teil, Artikel der chen

Geschichte

der

argentinischen

Militärdiktaturen

ist, "Beratende Legislativkommission"

ohneglei-

("Comisión de ases-

oramiento

legislativo") genannt, die gemäß Artikel

ten Teils

besagter

mengesetzt

im drit-

5, die Bildung einer Institution vor, die in

8 des drit-

"Acta" "aus neun höheren Offizieren

zusam-

sein wird, wovon drei jeweils aus jeder Streitkraft

designiert werden". Der "Regelung

vierte für

Teil

das

der

"Acta", der

Funktionieren

der

überschrieben

Militärjunta,

Exekutivgewalt und Beratende Legislativkommission"

ist mit

Nationale

("Reglamento

para el funcionamiento de la Junta Militar, Poder Ejecutivo Nacional

(PEN) y Comisión

de Asesoramiento

alles,

was

und

ihre

Bildung

Legislativo"), setzt

ihr Funktionieren

erlaubt,

Wir zitieren den gesamten Wortlaut: 3. Beratende 3.1

Legislativkommission

Zusammensetzung "Sie wird sich aus neun höheren Offizieren zusammensetzen, wovon drei jeweils aus jeder Streitkraft designiert werden.

3.2 Funktionen 3.2.1 Beratung bei der Gesetzgebung als Repräsentantin der Streitkräfte. 3.2.2 Die Nationale Exekutivgewalt (PEN) unterstützen, indem sie ihr die Interpretation des gesamten militärischen Denkens und insbesondere dessen, was in der "Acta" vorgesehen war, bereitstellt, unter Berücksichtigung der nötigen Priorität derjenigen Ziele, die im Dokument "Grundlagen" oder in den von der Militärjunta eingeführten Aktualisierungen desselben festgesetzt sind. 3.3 Zuständigkeit der Kommission 3.3.1 Teilnahme an der Bildung und Sanktion von Gesetzen der Nation im Einklang mit dem 144

fest.

unter Ziffer 4 festgelegten Verfahren. 3.3.2 Sie kann die Hinzuziehung von Ministern und Staatssekretären oder ihrer Vertreter zur Information, Beratung oder zu anderen Zwecken beantragen. 3 .4 Organi sat ion 3.4.1

Präsidentschaft: Sie wird im Rotationsverfahren für ein Jahr und mit den Modalitäten, die die Militärjunta festlegt, ausgeübt. Im Falle einer vorübergehenden Abwesenheit wird sie durch dasjenige Mitglied derselben Streitmacht vertreten, das sie zuvor innegehabt hat. 3.4.2 Sekretariat: Wird von einem durch die Streitkraft, die die Präsidentschaft ausübt, designierten Offizier wahrgenommen. 3.4.3 Unterkommissionen: Die Entwürfe werden in acht (8) Arbeitsunterkommissionen verhandelt, die jeweils unter dem Vorsitz eines der unter Ziffer 3.1 genannten höheren Offiziere stehen und um eine jeweils zu bestimmende Anzahl von Beratern erweitert sind. 3.5 Geschäftsordnung Die Amtsdauer ihrer Mitglieder ist von der jeweiligen Streitkraft festzusetzen. 3.5.2 Arbeitsweise 3.5.2.1 Für die Sitzungen der Kommission ist die Anwesenheit aller drei Streitkräfte notwendig, wobei das älteste Mitglied seine Streitkraft vertritt; in den Fällen, in denen es nötig ist, wird die Entscheidung durch Wahl herbeigeführt. Die Beschlüsse müssen mit absoluter Mehrheit gefaßt werden. 3.5.2.2 Die Bildung und die Sanktion der Gesetze wird gemäß Ziffer 4 erfolgen. 4. Bildung und Sanktion von Gesetzen 4.1

die Beratende Legislativkommission erhält von: 4.1.1 Der Präsidentschaft der Nation eine Kopie der Entwürfe, die bei ihrem Generalsekretariat eingehen. 4.1.2 Den Oberbefehlshabern der Streitkräfte eine Kopie der Entwürfe, die sich auf Aspekte beziehen, die nicht spezifisch für ihre Funktionen sind. 4.2 Die im Sekretariat der Beratenden Legislativkommission registrierten Entwürfe werden in einer Plenarsitzung derselben innerhalb von 72 Stunden nach ihrem Eingang behandelt

145

und auf ihre herausragende Bedeutsamkeit hin untersucht. Zugleich teilt die Beratende Legislativkommission der Exekutive die Liste derjenigen Entwürfe mit, die als von herausragender Bedeutsamkeit erklärt wurden, und diese kann dann jene Entwürfe sanktionieren und verkünden, die diese Qualifikation nicht erhalten haben. 4.3 Die Beratende Legislativkommission und die kompetenten Organe der Präsidentschaft der Nation werden permanent den Gang der Untersuchungen koordinieren, die die als von herausragender Bedeutsamkeit qualifizierten Entwürfe betreffen. 4.4 Die durch die Beratende Legislativkommission als von herausragender Bedeutsamkeit qualifizierten Entwürfe werden der entsprechenden Arbeitsunterkommission weitergeleitet, die innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt, außer in den Fällen, wo es sich um den Haushaltsentwurf oder einen anderen von Natur aus oder vom Umfang bedingten komplexeren Gegenstand handelt, wobei die Frist auf 30 Tage verlängert wird, ein provisorisches Gutachten erstellen soll, das, nach vorhergehender Konsultation mit der Exekutive, der Beratenden Legislativkommission zur Beschlußfassung unterbreitet wird. 4.5 Die provisorischen Gutachten werden in einer Plenarsitzung der Beratenden Legislativkommission verhandelt, welche ein definitives Gutachten innerhalb von dreißig bis vierzig Tagen nach ihrem Eingang im Sekretariat der Beratenden Legislativkommission gemäß Ziffer 4.4 abgeben muß. 4.6 Die definierten Gutachten werden der Exekutive innerhalb der darauf folgenden 72 Stunden zugeleitet. 4.7 Die Nationale Exekutivgewalt wird die von der Beratenden Legislativkommission als von herausragender Bedeutsamkeit qualifizierten Entwürfe sanktionieren und verkünden, wenn sie dem definitiven Gutachten derselben zustimmt. 4.8 Für den Fall, daß die Nationale Exekutivgewalt dem Gutachten der Beratenden Legislativkommission nicht zustimmt, muß sie den betreffenden Entwurf zusammen mit dem definitiven Gutachten der Beratenden Legislativkommission der Militärjunta zur Lösung unterbreiten und die Gründe für ihr abweichendes Urteil darlegen. 4.9 In den Fällen von

146

Meinungsverschiedenheiten

zwischen der Nationalen Exekutivgewalt und der Beratenden Legislativkommission wird jene den als von herausragender Bedeutsamkeit qualifizierten Entwurf gemäß dem Ergebnis, zu dem die Militärjunta gelangt ist, sanktionieren und verkünden." Dieses Organ, das Funktionen erfüllt, die in Zeiten demokratischer Normalität dem Nationalen Kongress zukommen, brach mit der bisherigen Tradition, nach welcher der "caudillo militar", der die

Funktion

des "Präsidenten" ausübt, die Gesetze,

die die Gesellschaft reglementieren sollen, zumindest scheinbar als Produkt seiner eigenen Entscheidung diktiert. Diese "Beratende

Legislativkommission"

stellt

ein

typisches

Kennzeichen

der neuen Formen von Autoritarismus dar, mit denen die Streitkräfte die Macht als Institution wahrnehmen. Die Art von Demokratie sui generis, welche die Geschäftsordnung dieser besagten "Legislativkommission" ausdrückt, hatte die Funktion, "die Absicht der Streitkräfte, zu verbleiben, erkennen zu lassen". Man muß diese Absicht

sich jedoch fragen, wem bzw. welchen der

Streitkräfte

entsprach.

Zunächst

Problemen einmal den

normalen Diskrepanzen, sowohl konjunktureller wie auch struktureller

Art,

die

sich

aus

dem

relativ

autonomen

Programm

der

Streitkräfte (Geltung der inneren Sicherheit) ergeben. Ein zweiter Grund

lag

in der Tatsache,

daß

sich die Streitkräfte, in

Ermangelung politischer Parteien, über ihre eigenen

Funktionen

hinaus zu Resonanzböden der diversen Organisationsprogramme

ei-

ner Gesellschaft entwickelten. Carranza stellt dies klar fest: "Der grundlegendste Widerspruch der Streitkräfte ist es, repressiver Apparat des Partei-Staates zu sein. Er ermöglicht eine Periodisierung der Etappen des Politisierungsprozesses und dient als Matrix für das Studium der Beziehungen der Streitkräfte zu den einzelnen Klassen und Teilen der gesamten Gesellschaft, insbesondere derjenigen, die den an der Macht befindlichen Block bilden." (SIT) (Im Original unterstrichen). Fassen

wir

zusammen:

Die

autoritäre

Institutionalisie-

rung muß in diesem Falle die doppelte Funktion ausüben, die eigenen Widersprüche, die durch die militärische

Institution be-

dingt sind, zusammen mit denjenigen zu lösen, die sich aus der

147

Gesamtheit der Gesellschaft und insbesondere auch aus dem herrschenden Block selbst ergeben. Die

Legitimation

schaftskonf1ikts

der

durch

die

gewaltsamen

Lösung

Kriminalisierung

des

des

—sv—

Gesell-

politischen

Protests der sozial schwachen Schichten.

"Ich möchte auf einige Tendenzen des neuen Autoritarismus hinweisen, die die gegenwärtige Entwicklung des Rechts aufzeigt: eine zunehmende Juridifizierung der gesellschaftlichen Beziehungen ... die dazu neigt, den Gesellschaftskonflikt zu ersticken." (60) Die wirtschaftliche Abhängigkeit und die chronische politische Instabilität, zwei charakteristische Merkmale der Diktaturen

des

Grad

Unvorhersehbarkeit

an

cono

sur,

Diese Unvorhersehbarkeit zur

Zeit gegebenen

schende

Block

mit

ergeben des

unter

anderem

Verhaltens

ist dennoch

der

nicht

gewissen

hohen

absolut. Unter den

politischen Voraussetzungen einer

einen

Gesellschaft.

Sicherheit

das Verhalten der sozial schwachen Schichten

kann der herr-

voraussagen, daß (Mehrheit der Ge-

sellschaft) sich in entgegengesetzter Richtung zu seinen Interessen bewegt. All dies bedeutet, daß in Ermangelung materieller und ideologischer Elemente, die imstande wären, das - zum Funktionieren einer Gesellschaft notwendige - Mindestmaß an Zusammenhalt

herzustellen,

das

Recht

der

autoritären

Regime

dazu

tendiert, diese Funktion zu übernehmen. Die

willkürliche

Anwendung

des

Rechts

ist ein

Merkmal

von Autoritarismus im allgemeinen. Der neue Autoritarismus, der sich gerade von geht

nicht

Gerechtigkeit

durch die Beibehaltung auszeichnet,

integriert

rationaler diese

Kriterien

Praktiken und

sogar noch viel weiter: Selbst der Wortlaut der juristi-

schen Norm trägt markante autoritäre Züge. Ein

gutes

Beispiel

Arbeitsgesetzgebung

der

hierfür

ergibt

argentinischen

die

Straf-

und

Militärdiktatur. Bevor

wir jedoch auf diese Gesetzgebung näher eingehen, muß auf zwei verschiedene

Aspekte

hingewiesen

werden,

die

ihre

kritische

Analyse erheblich erschweren. Der erste, auf den schon mehrfach in dieser Arbeit aufmerksam gemacht wurde, bezieht sich auf das Fehlen eines kritischen Denkens 148

im Bereich des Rechts, nicht nur in Argentinien,

sondern

im allgemeinen innerhalb des lateinamerikanischen Kon-

textes. Dies drückt sich in den zwei völlig isolierten Richtungen aus, die die Analyse der Gesetzgebung

einschlägt.

Die kritische Analyse wird lediglich unter Berücksichtigung der politischen Intentionalität des Gesetzes durchgeführt. Auf diese Weise wird alles beiseite geschoben, was sich auf die Spezifität des Rechts und seiner konkreten Funktionen bezieht. Die

"technisch-juristische"

durch

Analyse

als

zweite

ihre ausschließlich positivistische

Variante übt,

Perspektive, eine im

wesentlichen konservierende und legitimierende Funktion im Hinblick auf ebendiese Gesetzgebung aus. Für diese Forschungsrichtung, die alles beiseite läßt, was sich auf die materiellen Inhalte

des

Suche

nach

Rechts

bezieht,

formalen

reduziert

sich die Aufgabe

auf die

Lücken und Unzulänglichkeiten. Der

zweite

Aspekt besteht darin, daß die auf der Basis der "technisch-juristisch"

orientierten

setzgebung

sich

als

Forschung

extrem

geführte

kompliziert

Analyse

erweist.

dieser Ge-

Denn die Un-

übersichtlichkeit, das Sich-Clberschneiden von Bestimmungen, die Widersprüche

und

die

fast

täglichen

Reformen

am

Gesetzestext

bilden ein weiteres, wenn auch nicht exklusives, Merkmal sondere

des

neuen

Autoritarismus.

Paradox

und

insbe-

erwähnenswert

ist, daß diese Merkmale gerade nicht Problemen "technisch-juristischer" Art entsprechen, sondern ganz im Gegenteil: Sie sind das Ergebnis der konkreten politischen Funktion, die das Recht annimmt.

Unter

den

Voraussetzungen

des

neuen

Autoritarismus

verliert das Gesetz seinen abstrakten und allgemeinen Charakter, um sich in eine Notstandsantwort

auf den Gesellschaftskonflikt

zu verwandeln.

6.1.7 Einige Beispiele der neuen repressiven Gesetzgebung Im oben

folgenden

Gesagten

werden

auszugsweise

nun einige

zur

Exemplifizierung

Straf-

und

des

Arbeitsgesetze

angeführt. Die verfassungsmäßige Regierung von 1973 annullierte mit dem

Gesetz

20.509^"

die

repressive

Gesetzgebung,

die von den

vorangegangenen de facto Regierungen erlassen worden war. Mona-

149

te

später,

schon

wurde das Gesetz

in der Etappe der peronistischen Regierung, £1 20.642 diktiert, das "Änderungen zum Straf-

recht" benannt ist und generell das Strafmaß für all diejenigen Delikte erhöhte, die im Zusammenhang mit dem Stören der öffentlichen Ordnung stehen. Es muß trotz alledem darauf hingewiesen werden, daß der Geist der Änderungen innerhalb dessen blieb, war wir die "traditionelle

Auffassung

der

inneren

Sicherheit"

genannt

haben.

Erst in jüngerer Zeit, in der dritten Etappe der peronistischen Regierung, begannen,

mit

der

Verkündigung

("Subversive A k t i v i t ä t e n " ) , ^

des Gesetzes

20.840

die Prinzipien der DIS sich auch

systematisch im Wortlaut der juristischen Normen selbst auszudrücken . Aber sich

eine

erst

nach

dem

ganze

Flut

von

Militärputsch repressiver

vom

Gesetzgebung

argentinische Gesellschaft zu ergießen. 64 So sieht das Gesetz 21.264 über Sabotage" vor, daß mit Gefängnis

bis

24.3.1976

die

begann

über

die

"Repression der

zu zehn Jahren

bestraft

wird, wer "öffentlich, gleich durch welche Mittel, zur kollektiven Anwendung

von Gewalt

und/oder zur Störung der

öffentli-

chen Ordnung anstiftet" (Artikel 1). Dieses Gesetz wurde Monate später durch das Gesetz

21.463^

außer Kraft gesetzt, das be-

stimmt, daß solche Arten von Delikten vor Militärgerichten verhandelt werden sollen, die gemäß dem Gesetz 2 1 . 4 6 1 ^

besondere

Gerichtshöfe bilden werden. Zwei weitere Gesetze, die in diesem Zusammenhang iinn Betracht

gezogen

21.325,^"

durch

werden

müssen,

sind

die verschiedene

die

Gesetze

Organisationen

21.322 als

erklärt werden. Artikel 6 beider Gesetze lautet wie folgt: "Mit Gefängnis von zwei bis vier Jahren wird bestraft, wer, wie auch immer, Aktivitäten initiiert oder an ihnen teilnimmt, die mit den in diesem Gesetz angegebenen Organisationen oder Gruppierungen in irgendeiner Verbindung stehen. Damit sind insbesondere gemeint: a) Die ideologische Organisation tung ihres Gedankenguts.

oder

Verbrei-

b) Die wie auch immer geartete Eintreibung von Mitteln zu Gunsten (direkt oder indirekt) der Aktivitäten dieser Organisationen oder Gruppierungen . 150

und

aufgelöst

c) Der Gebrauch oder das Vorzeigen von Symbolen oder Emblemen mit dem Ziel der Indoktrination, der Propaganda, der Verbreitung oder der Proselytenmacherei." Die

in

diesem

Gesetz

genannten

Strafen

erscheinen be-

trächtlich hoch, wenn man bedenkt, daß unter den Organisationen

betreffenden

einige sich ausschließlich der Verteidigung der

Menschenrechte widmen. Was die politische so wurde

sie untersagt

Aktivität

ganz

durch das Gesetz

allgemein anbelangt, 69 21.323, das wir im

vollen Wortlaut wiedergeben: "Artikel 1. Mit Gefängnis von einem Monat bis zu drei Jahren wird bestraft, wer während der Geltungsdauer des Dekrets 6 der Militärjunta, das am 24. März 1976 diktiert wurde, politische Aktivitäten betreibt, worunter zu verstehen ist: a) Die Arbeit ideologisch-parteipolitischer ganisierung oder Verbreitung;

Or-

b) die Organisation oder Teilnahme an parteipolitischen Versammlungen, die als solche ausgegeben werden. c) die wie auch immer geartete Eintreibung von Mitteln zu Gunsten (direkt oder indirekt) der Aktivitäten von politischen Parteien, wie sie in den vorhergehenden Abschnitten enthalten sind; d) der Gebrauch oder das Vorzeigen von Parteisymbolen oder Emblemen mit dem Ziel der Indoktrination, der Propaganda, der Verbreitung oder der Proselytenmacherei. Artikel 2. Mit Gefängnis von einem Monat bis zu zwei Jahren wird bestraft, wer gedrucktes oder geprägtes Material, durch das Fakten, Nachrichten oder Bilder, die im Zusammenhang mit dem in Artikel 1 inkriminierten Verhalten stehen, besitzt, ausstellt, druckt, verlegt, reproduziert, verteilt oder beschafft. Artikel 3. Mit Gefängnis von einem Monat bis zu einem Jahr wird bestraft, wer als Verantwortlicher irgendeines öffentlichen Kommunikationsoder Informationsmediums Fakten, Mitteilungen oder Bilder sendet oder verbreitet, die im Zusammenhang mit dem in Artikel 1 inkriminierten Verhalten stehen; das gleiche gilt für diejenigen, die diese Verbreitung oder Sendung durchführen . Artikel 4. Den für die in diesem Gesetz vorgesehenen Delikte Verurteilten werden die Materia-

151

lien und Gegenstände beschlagnahmt, die sie hierfür verwendet haben. Desgleichen kann von den zuständigen Verwaltungsbehörden die Schließung für einen Zeitraum, der drei Monate nicht übersteigen darf, derjenigen örtlichkeiten angeordnet werden, wo das Material ausgestellt, gedruckt, verlegt, verteilt oder beschafft wird oder woher die Fakten, Mitteilungen oder Bilder verbreitet oder gesendet werden, die sich auf die Artikel 2 und 3 dieses Gesetzes beziehen. Artikel 5. Für die Kenntnisnahme der vorgesehenen Tatbestände ist die Bundesjustiz zuständig. Eine erneute Änderung des "Strafgesetzbuches" wurde mittels

des

Gesetzes

21.338^" erreicht, das

das Strafmaß

um ein

weiteres erhöht und in Artikel 5 die Todesstrafe einführt. Was

wir

Zusammenfassung die

bisher der

Militärdiktatur

Untersuchung

gesehen

haben,

repressiven erarbeitet

ist

nur

eine

Strafgesetzgebung, wurde.

Wir

der zusätzlichen Gesetze des

verkürzte die

verzichten

durch

auf die

Strafgesetzbuches,^ 1

um

zu sehen, wie es sich mit der Arbeitsgesetzgebung verhält. 72 Das Gesetz 21.400, genannt "Innere Sicherheit und eventuelle

Aufhebung von Zwangsmaßnahmen beiter", vor:

sah

in

seiner

seitens der Angestellten und Ar-

wichtigsten

Bestimmung

folgendes

"Artikel 1. Im Falle einer Störung der öffentlichen Ordnung oder wirtschaftlichen oder sozialen Notstands oder aber nachdem der Belagerungszustand ausgerufen wurde, kann die nationale Exekutivgewalt auf dem gesamten nationalen Territorium oder auf dem Teil desselben, wo die Störung existiert, die Durchführung von direkten Aktionsmitteln seitens der Angestellten und Arbeiter aufheben. Dies impliziert: aj Für die Arbeitgeber das Verbot der totalen oder teilweisen Aussperrung und jedes anderen direkten Aktionsmittels, das eine Unterbrechung oder Verminderung des Arbeitsrhythmuses in der Absicht, kollektive Arbeitskonflikte auszulösen, bedeuten würde. b) Für die Arbeiter das Verbot jedes Mittels einer direkten konzertierten Aktion, der Arbeitsniederlegung, der Unterbrechung oder Verminderung des Arbeitsrhythmuses, das in irgendeiner Weise die Produktion beeinträchtigen kann.

152

Aus der Lektüre des eben genannten Gesetzes ergeben sich unmittelbar

zwei

nahmen

der

Lohnempfänger

diesem

Gesetz

der

nicht

Geltung

Bemerkungen.

gibt

unter

angeht,

es

seine so

Zunächst,

verbietet

daß

und

es alle Kampfmaß-

kriminalisiert.

Gemäß

theoretisch keinen Streik oder Protest, Bestimmungen

fällt. Zweitens, was seine

ist sie de facto permanent, denn die Mili-

tärregierung, die sich am 24.3.1976

ins Amt einsetzte, hat bis 73 zum Ende ununterbrochen unter dem Belagerungszustand regiert (vgl. Artikel 1 des betreffenden Gesetzes). Et- hat nicht viel Sinn, die Arbeitsgesetzgebung weiter-

hin

zu untersuchen,

norm"

angesehen

da das genannte Gesetz

werden

kann,

die

21.400 als

"Grund-

die

Arbeitsbeziehungen zwi74 sehen dem Staat und den Lohnempfängern beherrschte. Die gesamten übrigen arbeitsrechtlichen Normen waren auf

die eine oder andere Weise von den Grundsätzen dieses Gesetzes beeinflußt. Als Konsequenz verkündete am 15. November 1979 die Militärregierung das Gesetz 22.105 über die

"Arbeiterverbände",

das durch das Dekret Nr. 640 vom 23.3.1980 reglementiert wurde. Der repressive und den Interessen der Arbeiter Charakter

ist

im ganzen Text

peinlich genaue nisterium)

des Gesetzes

Intervention des Staates

entgegengesetzte

manifest,

das eine

(durch das Arbeitsmi-

in die Aktivität der Gewerkschaften garantierte. In

diesem Sinne sind seine wichtigsten Artikel: a) Artikel 16 verlangt die "Nicht-Registrierung von Vorstrafen, die mit einer gewerkschaftlichen Funktion unvereinbar

sind."

Diese scheinbar normale und sogar empfehlenswerte Bestimmung verwandelt sich in der Praxis in eine gefährliche Quelle der Willkür

seitens

des Staates, denn das

reglementierende De-

kret Nr. 640 ermächtigt den Arbeitsminister zur Entscheidung in jedem

einzelnen

Ausfüllung

einer

tien"

(Artikel

Diese

ethischen

stimmung

konkreten

Fall. Hierfür müssen "die zur

Verbandsfunktion

nötigen ethischen

Garan-

12 des Dekrets) in Betracht gezogen werden. Garantien

sind

aber

in keiner

anderen Be-

aufgezählt.^

b) Mittels des Artikels 22 (Gesetz 22.105) wird das Verbot

von

Versammlungen oder Kongressen verfügt, "wenn nicht ihr Ablauf und die Tagesordnung der entsprechenden Behörde

(Arbeitsmi-

153

nisterium) bei Einhaltung der dafür vorgesehenen Frist mitgeteilt wurde". c) Artikel 69 des Gesetzes ermächtigt die Behörde, die gesamten Statuten jedes einzelnen Verbandes zu begutachten. Nach der Kenntnisnahme der Verband

der

Bemerkungen

innerhalb

des

Arbeitsministeriums muß

von 30 Tagen einen Text der Statuten

zurücksenden, der "wortgetreu" (sie) die Bemerkungen des Ministeriums aufnimmt. Von daher scheint man nicht mehr weit davon entfernt zu sein, daß

sich der Staat dazu ermächtigte, die Statuten jedes

einzelnen Verbandes direkt selbst zu redigieren und sich somit eine absolute Kontrolle derselben zu sichern.

6.2 Der

Fall

Uruguay

autoritären

1 972:

6.2.1 Von der Hegemonie ritären

Der

politische

Zusammenbruch der

Institutionalisierung

zur Herrschaft. Erste Etappe der auto-

Institutionalisierung

In keinem der drei Fälle, die wir hier untersuchen, erweist es sich als so schwierig, den genauen historischen Moment zu bestimmen, von dem an es möglich ist, neue Formen des Autoritarismus

zu

entdecken,

sich daraus,

daß

zur Existenz

eines

wie

spezifische

im

Falle

Uruguays.

Charakteristika

Dies

dieses

ergibt

Prozesses

Staatsstreichs in Etappen oder "in Zeitlu76 pe", wie es einmal genannt wurde .führt, was eine bisher unbekannte Situation in der "reichhaltigen" Geschichte der lateinamerikanischen Staatsstreiche Ohne

den

Eindruck

darstellt.

einer

gewissen

Willkür,

den

die

Wahl eines präzisen Datums hervorrufen mag, zu vergessen, beharren wir Jahr die

aus

1972 die

154

Synthese

uruguayische

ungeachtet der

zwei Gründen auf diesem Datum. Zunächst, weil das

eine

einiger

Verkündung

des

der gesamten Widersprüche

Gesellschaft

Präzedenzfälle Gesetzes

durchziehen. in dieser

14.068

"Ober

darstellt,

Zweitens, und

R i c h t u n g , ^ wegen die

Sicherheit des

Staates und die

Innere Ordnung"

(am 10.7. 1972 verkündet), wel-

ches den offensichtlichsten und größten Bruch mit der geltenden Verfassung bedeutet. Es

ist

Geschichte

an

dieser

Uruguays

Stelle

zu

nicht

möglich,

berichten.

Wir

viel

über die

möchten

lediglich

kurz darauf hinweisen, daß es entgegen der wirtschaftlichen Bedeutung

des Agrarsektors

pitalansammlung tinien)

einem

mit

(extensive Wirtschaft, bedeutende Ka-

ähnlichen

städtischen

Charakteristiken

Handelsbürgertum,

kapitalistischen

Modernisierung

des

Jahrhunderts

Zwanzigsten

garchie

in untergeordneter

integrieren,

indem

Agrarwirtschaft

sie

des

Landes

gelang,

die

Form

sich

sicherten,

wie

das

in

Argen-

sich mit der

befaßte,

zu

Beginn

grundbesitzende Oli-

in den hegemonischen Block zu

den

notwendigen

um die

Ertrag

industrielle

aus

der

Entwicklung zu

finanzieren. Dieses Bürgertum richtete ein weites Modell politischer Bündnisse und effektiver Verteilung der Einkünfte durch den Staat

ein, das den Sektor der Lohnempfänger erheblich be-

günstigte. Die Führung des an der Macht befindlichen Blocks von Seiten des Bürgertums ermöglicht eine kapitalistische lität,

mit

der

sich

ziert.

Auf

politischer

durch die Existenz

die

Mehrheit Ebene

zweier

der

drückt

Parteien

Rationa-

Gesellschaft sich

diese

identifi-

Rationalität

(Blanco und Colorado) aus,

denen es gelingt, mehr als 80 % der gesamten Wählerschaft aufzufangen,

da

sie

die

grundlegendsten

Macht befindlichen Blocks

Interessen 78 repräsentieren.

Hieraus ergeben sich drei wichtige

des

an

der

Folgerungen:

a) Der sich an der Macht befindende Block, dessen Grundkonzept der Gesellschaft

durch

Konsens

akzeptiert

wird,

verwandelt

sich in einen hegemonischen Block; b) Die politische und ideologische Vorrangstellung des Bürgertums

vermindert

die

internen

Widersprüche

des

sich an der

Macht befindenden Blocks auf ein Minimum; und c) die demokratische institutionelle Normalität und die politische

Stabilität

sind

im

zwanzigsten

Jahrhundert

die

Regel

bis zum Ende der sechziger Jahre. Um

die

Mitte

der

fünfziger

Jahre und

aus Gründen, die

offensichtlich nicht nur nationalen Ursprungs waren, tritt das

155

zu Beginn des Jahrhunderts eingerichtete wirtschaftliche Modell in

eine

Krise,

die definitiv gegen Ende der sechziger Jahre 79 ausbrechen wird. Außer den auf der Hand liegenden wirtschaftlichen Folgen hat diese Krise vor allem tiefgreifende Folgen in den

Bereichen

der

Politik

und

der

Ideologie.

Erhebliche

Teile der Arbeiterklasse und des Mittelstands beginnen sich von den traditionellen Parteien (Blanco und Colorado) zu distanzieren und wechseln zu den Linksparteien über, die sich immer mehr in Opposition nicht nur zur Regierung, sondern auch zum Gesell80 schaftssystem selber stellen. Die Hegemonie

des

sich an der Macht befindenden Blocks

beginnt rissig zu werden, und die verschiedenen Formen der Repression

ersetzen

allmählich

die

auf

Konsens

beruhende

Herr-

schaft . Zwei Umstände von höchster Bedeutung erklären die Besonderheit

des

Aufkommens

eines

neuen Autoritarismus

in

Uruguay

("Putsch in Zeitlupe"): a) Die große Tradition effektiver politischer Freiheit; b) die große Unerfahrenheit der Streitkräfte in der Politik und 81 in der Staatsführung. Betrachten wir nun die wichtigsten Erfolge, die der Mi82

litärputsch erzielte. Im

Dezember

1968

wurden

Sicherheitsmaßnahmen" ergriffen.

die

schon

Im Jahre

erwähnten

"raschen

1970 erhielt

Uruguay

(ein Land mit ca. 2.000.000 Einwohnern) von den Vereinigten Staaten die zweitgrößte militärische Hilfe in ganz Lateinameri83 ka. Gegen Ende des Jahres 1971 nehmen die Streitkräfte den Kampf gegen die Subversion auf®'' und es wird gleichzeitig eine Junta

von

fehlshaber

Oberbefehlshabern des

wird.

1 972

schon

zitierte

1973

Heeres,

wird

wird

der

der

der

"innere

Gesetz "Rat

der

der

Streitkräfte,

Verteidigung

sowie

dieses

stellt

156

Rates

drei

die

und

der

durch

Nationalen

gebildet,

Oberbeergänzt

erklärt

und

Zu Beginn des Sicherheit"

der sich aus vier

dem Minister Zivilisten

die

Luftwaffe

Kriegszustand"

14.068 verkündet.

de Seguridad Nacional") tanten

gebildet, Marine

des

das

Jahres

("Consejo Repräsen-

Innern und dem der

zusammensetzt.

Die

einen der ersten und wichtigsten

Bildung Schritte

der Institutionalisierung der politischen Aktivität der Streitkräfte

dar. Von da an beginnt sich die Existenz eines

Programms

zu profilieren,

das mehr und mehr

eigenen

an Autonomie und

Vorrangstellung innerhalb des herrschenden Blocks gewinnt. Gerade

zwischen

dem

Ende

von

1972

und

dem

Beginn von

1973 versuchte die bisher im hegemonischen Block untergeordnete 85 Gruppe (die grundbesitzende Oligarchie ), die die aktivste Stütze des Programms der Militärs waren, die politische

Initia-

tive wieder in die Hand zu bekommen und die Militärs zurück in die Kasernen zu schicken. Doch es war zu spät. Die Militärs,

die während des Kampfs gegen die Subver-

sion gleichsam die Totalität der Staatsapparate besetzt hatten, waren

nicht

geneigt,

schen

Macht

zu

freiwillig

verzichten.

auf die Ausübung

Dieser

Widerspruch

der

im

politi-

Innern des

herrschenden Blocks löste sich zu Gunsten der Streitkräfte. Am 27. Juni 1973 wurde das Parlament aufgelöst, die Universität militärisch besetzt und eine neue Welle der Repression gegen die "sectores populäres" ausgelöst. Dessen

ungeachtet

1976 den Präsidenten

beschlossen

Bordaberry

die

Militärs

bis

als dekorative Figur

Juni

beizube-

halten, um dem Regime einen zivilen Anschein zu verleihen.®*' Wie schon gesagt beherrschen die Militärs fast den ganzen

Staatsapparat;

und verbleibt

die

Wirtschaft

bildete

eine

Ausnahme

in den Händen von zivilen Technokraten, die die

Repräsentanten derjenigen

Interessen sind, 8die aufs engste mit 7

dem transnationalen Kapital verknüpft sind. Nach der Absetzung von Bordaberry

1976 ernennen die Mi-

litärs einen neuen Präsidenten (A. Demichelli) und richten eine Nationalrat

("Consejo

Nacional")

ein,

der

die

Parlaments erfüllen soll. Dieser Nationalrat Generälen

und

Generälen

25

Zivilisten

ernannt

Demichellis

zusammen

werden).

ernannte

der

Nach

Rat

der

(wobei

letztere

kurzen

im September

Funktionen des

setzt sich aus 21 von den

Regierungszeit

1976 als neuen Prä-

sidenten A. Mendez, der bis Ende 1981 in seinem Amt "verblieb", worauf

ihm

der

General

die Präsidentschaft Verbleiben Untersuchung

es

G. Alvarez

folgte, der

zur Zeit

noch

innehat.

wir

noch

verlangt,

etwas, bei

den

wie die Spezifität juristischen

unserer

Aspekten des 157

Prozesses

seit

Juni

zu diesem Zeitpunkt schon

erwähnten,

1973.

Die herausragendsten

Maßnahmen, die

ergriffen wurden, und von denen wir einige

begründen

sich

auf die Dekrete 464 und

der Exekutive, wobei das erste eine institutionelle ordnung

errichtet.

In

ihren

Grundsätzen

und

1.073

Obergangs-

Erwägungen

nimmt

sie die Grundpositionen der DIS auf (Zerstörung der Demokratie, um die Demokratie zu "retten"). Auch hier, ähnlich wie außerordentlichen

Maßnahmen

im Falle Argentiniens, haben die

zum

Zweck,

"den

großen

Zielen der

Verfassung wieder ihre volle Geltung zu verschaffen, um die Nation

und

Hinblick

ihre

demokratisch-republikanischen

Anbetracht

seiner

der

Institutionen im

Souveränität und 88 der höchsten kollektiven Interessen zu erneuern." In

auf die Verteidigung

nationalen

Wichtigkeit

zitieren

wir

im

folgenden den vollständigen Wortlaut des betreffenden Dekrets: Artikel 1. Die Senatorenkammer und die Repräsentantenkammer (Abgeordnete) werden als aufgelöst erklärt. Artikel 2. Es wird ein Staatsrat gebildet, der sich aus Mitgliedern zusammensetzt, die zu gegebener Zeit designiert werden und der mit folgenden Zuständigkeiten betraut wird. a) Unabhängig die spezifischen Funktionen der Generalversammlung (Parlament) zu erfüllen. b) Die Tätigkeit der Exekutive im Zusammenhang mit dem Respekt vor den individuellen Rechten der menschlichen Person und der Unterordnung dieser Gewalt unter die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Normen zu kontrollieren. c) Die Ausarbeitung eines Vorentwurfs der Verfassungsreform, der die demokratischen und repräsentativen Grundprinzipien erneut bekräftigt und zu gegebener Zeit Gegenstand einer Volksabstimmung sein wird. Artikel 3. Es wird die Verbreitung jedweder Art von Information, Kommentar oder Prägung durch die orale oder die gedruckte Presse sowie das Fernsehen untersagt, die in direkter oder indirekter Weise das hier verfügte Dekret erwähnt oder sich auf es bezieht, indem die Exekutive diktatorischer Absichten beschuldigt wird, oder die geeignet wäre, die Ruhe und die öffentliche Ordnung zu stören. Artikel 4. Die Streitkräfte und die Polizei sind dazu befugt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die ununterbrochene Bereitstel158

lung der wesentlichen leistet ist." Das die

zweite

Dekret

Zusammensetzung

und

Dienstleistungen

Nr.

1073

vom

Arbeitsweise

des

gewähr-

18.12.1973

regelt

Staatsrates.

Wenige

Tage nach seiner Bildung, am 2.1.1974, diktiert dieser Rat eine Resolution

(die

ihre Grundlage

in den Dekreten

464 und

1.073

hat), mittels der festgelegt wird, daß zukünftig die Verfügungen des besagten Rates den Rang von Gesetzen haben werden. Kurz zusammengefaßt,

eine einfache juristische Manipulation mit dem

Ziel, die Autolegitimation zu erreichen. Die

Einzigartigkeit

des

uruguayischen

Staatsstreichs

äußert sich auch in der Tatsache, daß all seine hier beschriebenen Ergebnisse bis 1976 mit der scheinbar noch geltenden Verfassung koexistieren und unter der Amtsführung einer Exekutive in Form eines Präsidenten stattfanden, der gemäß den traditionellen Verfahren der repräsentativen Demokratie gewählt wurde. Für das Ende von 1976 war die Ausschreibung

allgemeiner

Wahlen vorgesehen. Nichtsdestoweniger wird am 12. Juni 1976 der "verfassungsmäßige"

Präsident Bordaberry abgesetzt und mittels

des "Verfassungsdekrets" Nr. 1 ("Decreto Constitucional" Nr. 1), 89 wie man es seitdem nennt, die Ausschreibung der Wahlen annuliert.

Am

selben

12.

Juni

1976

wird

das

"Verfassungsdekret"

Nr. 2 diktiert, das den Obergang zur zweiten Etappe der autoritären Institutionalisierung

darstellt.

6.2.2 Die zweite Etappe der autoritären Wir

werden

im

folgenden

das

Institutionalisierung

"Verfassungsdekret"

Nr. 2

sowie die übrigen Dekrete dieses Typs, die danach verkündet wurden, untersuchen. Zuvor möchten wir trotzdem erneut unterstrei90 chen, daß es der Artikel 12 des betreffenden Dekrets ist, der klar

den Obergang

tionalisierung

zur

zweiten Etappe der autoritären

kennzeichnet,

indem

er

alle

Institu-

Bestimmungen der

Verfassung, die sich ihm widersetzen, aufhebt. Als der Fall Argentiniens behandelt wurde, stellten wir als Hypothese fünf Grundfunktionen der autoritären nalisierung

Institutio-

auf, deren Gültigkeit auch auf die Fälle "Uruguay" 159

und "Chile" ausgeweitet werden sollte. Im Einklang hiermit len wir diese fünf Grundfunktionen besagter

zäh-

Institutionalisie-

rung nochmals auf, die als Leitfaden bei der Analyse. a) der verstreuten repressiven Gesetzgebung; b) der "Verfassungsdekrete" und c) des

neuen

Verfassungstextes

am 30.11.1980

(anläßlich

der

Volksbefragung

zurückgewiesen)

dienen sollen.

6.2.3 Funktionen der autoritären a) Die Legitimierung konflikts

durch

Institutionalisierung

der gewaltsamen Lösung des die

Kriminalisierung

des

Gesellschafts-

politischen Pro-

tests der "sectores populäres"; b) die

Absicht

der

Streitkräfte,

ihr

Verbleiben

erkennen zu

im

Innern des

herrschenden

lassen; c) ein

Mindestmaß

an

"Demokratie"

Blocks zu gewährleisten; d) die Abhängigkeit der Judikative von der Exekutive zu verankern ; e) die Vorherrschaft der Streikräfte innerhalb des herrschenden Blocks abzusichern.

a) Die Legitimierung der gewaltsamen Lösung des konflikts

durch

die

Kriminalisierung

Gesellschafts-

des

politischen

enthält

verschiedene

Protests der "sectores populäres". Das

schon

Bestimmungen, Mit

Hilfe

die

dieses

erwähnte

Gesetz

im Sinne von Gesetzes

wird

14.068

a) verstanden werden

könnten.

das Strafgesetzbuch

teilweise

geändert, indem das Strafmaß all jener Delikte erhöht wird, die im Zusammenhang mit der Störung der inneren Ordnung stehen. Die Exekutive wird ermächtigt, Versammlungen politischer Art

aufzulösen,

Ordnung

160

die

verursachen

"eine oder

Beeinträchtigung

ermöglichen"

der

(Artikel

öffentlichen 5). Es

werden

schwere Strafen und Einschränkungen verhängt, die die Redefreiheit beeinträchtigen (Artikel 21). Die

wichtigste

Bestimmung

dieses

Gesetzes

findet sich

jedoch in seinem ersten Artikel. Durch diesen werden die Delikte

gegen

die

innere

Ordnung

des

Staates

("delictos

contra

el orden político interno del Estado"), die man von nun an "die Nation beleidigend" ("Lesa Nación") nennt, aus dem Kompetenzbereich

der

schen

Gerichtsbarkeit

Justiz

Rechtsprechung

herausgenommen

und demjenigen

zugeordnet,

womit

den

schen Verfassung Nachdem der

Notwendigkeit

Opposition

rechtlichen

Institutionalisierung fassungsdekret"

253 der uruguayi-

steht.

die

politischen

Etappe

militäri-

über Zivilpersonen erlaubt wird, was in offenem

Widerspruch zu den Bestimmungen des Artikels

der

der

Militärrichtern

Nr.

sich

der militärischen verringert

Absicherung,

der

hat,

Repression beginnt die

Verankerung

und

der "neuen Ordnung", so wie es das "Ver2 in seiner

zweiten

Ausführungsbestimmung

vorsah: "Diese auf nationaler wie internationaler Ebene friedlich angenommene neue Ordnung wird institutionalisiert werden müssen ..." Es ist bezeichnend, daß,weit davon entfernt, die friedliche Annahme der "neuen Ordnung" zu erwähnen, die dritte Ausführungsbestimmung

desselben Dekrets, in völligem Widerspruch zum 91

vorausgehenden, wie folgt lautet:

"Daß diese Institutionalisierung, sowohl wegen der speziellen Situation, die das Land durchlebt, als auch wegen des internationalen politischen Klimas, weiches durch das systematische und unverhüllte Werk einer permanenten marxistischen Aggresion gestört wird, nicht durch die verfassungsmäßigen Mechanismen, die für ein normales Leben vorgesehen sind, in welchem das reguläre Zusammenspiel der politischen Parteien legitim und ohne Risiko für den sozialen Frieden ist, in die Praxis umgesetzt werden kann." Später, am 1.9.1976 und immer noch mit der Tendenz, das politische Verhalten der sozial schwachen Schichten populares")

zu

kriminalisierer.,

wird

das

("sectores

"Verfassungsdekret"

Nr. 4 diktiert, das die Grenzen der zukünftigen

Institutionali-

161

sierung zum Gegenstand hat. Mittels dieses Dekrets wird für einen

Zeitraum

von

15 Jahren die Ausübung

jedweder

politischen

Aktivität einschließlich des Wahlrechts verboten für: "Alle Kandidaten, die sich anläßlich der Wahlen von 1966 und 1971 auf den Listen der marxistischen oder pro-marxistischen politischen Parteien oder Gruppen aufstellen ließen, welche durch die Beschlüsse der Exekutive Nr. 1.788/67 vom 12. Dezember 1967 und Nr. 1.026/73 vom 26. November 1973 als illegal erklärt worden sind." (Artikel 1) In

den

Artikeln

2

und

3

wird

ebenfalls

für

einen

Zeitraum von 15 Jahren die Ausübung jeder politischen Aktivität ausgenommen des Wahlrechts, verboten für: "Alle Kandidaten, die sich anläßlich der Wahlen von 1966 und 1971 auf den Listen derjenigen politischen Organisationen aufstellen ließen, die wahltechnisch den im vorhergehenden Artikel unter a) erwähnten Organisationen angeschlossen waren ..." (Artikel 2) "a) Alle Kandidaten auf die Präsidentschaft und die Vizepräsidentschaft der Wahlen von 1966 und 1971; (Artikel 3); b) (alle) "Abgeordneten und ihre Stellvertreter der 1966 und 1971 gewählten Kammern, soweit sie das Amt bekleidet haben, mit Ausnahme derjenigen, die bei der Verkündung der jetzigen Verfassung ein Amt bekleiden." (92) (Artikel 3) (Die Unterstreichung stammt von uns) c) (alle) "Mitglieder der gegenwärtigen Direktorien der politischen Parteien." (Artikel 3) Wieder

einmal

enthebt

uns

der

autoritäre

Inhalt

sowie

die ausdrückliche Willkür der zitierten Verfügungen eines weiteren Kommentars.

b) Die

Absicht

der

Streitkräfte,

zu

verbleiben,

erkennen zu

lassen c) Ein Minimum an "Demokratie" im Innern des herrschenden Blocks zu gewährleisten In keinem der drei hier untersuchten Fälle war die Bemü-

162

hung um Institutionalisierung so groß wie bei den uruguayischen Militärs. In den letzten Jahren haben sich zwar die kollegialen Organismen politischer Entscheidung vermehrt, jedoch setzen sie sich

entweder

ausschließlich

aus

Militärs

zusammen oder

aber

sie schließen nur Zivilisten mit ein, die von den Militärs de93 signiert und kontrolliert werden. So wird dem "Staatsrat" ("Consejo de Estado"), der durch das Dekret

1.073 eingeführt wurde

(aus

Institutionalisierungs-

besessenheit), jetzt noch der "Rat der Nation" ("Consejo de la Nacion")

hinzugefügt,

geschaffen

wurde.

der

Die

durch das

"Verfassungsdekret" Nr. 2

Hauptfunktionen

des

"Rates

der

Nation"

sind: "a) Den Präsidenten der Republik, den Präsidenten und die Mitglieder des Staatsrates, die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, des Verwaltungsgerichts und der Instanz für Wahlrechtsklagen ("Corte electoral") zu ernennen" (Artikel 1) Wie der "Rat der Nation" gebildet wird und wie er funktionieren soll, wird im Artikel 2 festgelegt, der besagt: "Der Rat der Nation wird sich aus den Mitgliedern des Staatsrates und der Junta der Generäle ... zusammensetzen." "Seine Beschlüsse, ausgenommen diejenigen interner Art, werden mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller seiner Mitglieder ... gefaßt." Aus der Art der Bildung und der Beschlußfassung des "Rates "ein

der Nation" kann man ableiten, daß ihm daran gelegen ist, Mindestmaß

an

'Demokratie'

im

Innern

des

herrschenden

Blocks" zu garantieren. Dennoch erweist sich auch diese Art von Demokratie

in der Praxis als sehr beschränkt. Obwohl die zivi-

len Mitglieder höchste

des

Vertrauen

"Rates der

der Nation" Personen

Streitkräfte

genießen,

sind, die legt

das

Artikel 7

(des "Verfassungsdekrets" Nr. 2) fest: "Das Bewahren der inneren Sicherheit gehört zum direkten Kompetenz- und Verantwortungsbereich der Streitkräfte mittels der dafür im Gesetz vorgesehenen Organe." Da es nicht notwendig ist, hier noch einmal zu wiederholen, welche Ausdehnung

der

Begriff

der inneren Sicherheit an-

163

nehmen kann, ist es klar ersichtlich, daß mittels des genannten Dekrets die Streitkräfte ihre Vormacht innerhalb des herrschenden Blocks rechtlich verankern. Was "die Absicht der Streitkräfte,

zu verbleiben" anbe-

langt, so läßt sie sich daran erkennen, daß die ausschließlich aus

Mitgliedern der Streitkräfte gebildeten Organe zahlreich • j 94 genug sind. Im Falle Uruguays ist das Ausmaß der Isolierung der Streitkräfte

gegenüber

den

verschiedenen

anderen

politischen

Programmen, die innerhalb der Gesellschaft existieren, lich die

stärker

als

Absicht",

Streitkräfte digkeit, die

im Falle Argentiniens

die

ihre denn

Rückgriff litär,

einer

Führerschaft

wesentDies und

innerhalb

der

zu verhindern, führt zu einer verstärkten NotwenEinheit

"Spielregeln"

schaft,

Bildung

oder Chiles.

in

zu bewahren.

einzuhalten. diesem

auf Gewalt

innerhalb

Falle

gelöst

dessen

Dafür

Nicht können

werden,

die

ist es

gegenüber

unabdingbar, der

Widersprüche

Gesell-

durch

den

sondern gegenüber dem Mi-

"Demokratie"

respektiert

werden

muß.

d) Die Verankerung der Abhängigkeit der Judikative von der Exekutive (juristisch-ideologische Aspekte des Problems) Wir

hatten

schon

unter

dem Punkt

4.8 Gelegenheit, die

Mechanismen und Bestimmungen zu untersuchen, die besagte Abhängigkeit

festigen.

Die

theoretischen

Fundierungen

sind

ebenso

wie die rechtlichen Normen, die die Judikative in ein den Diktaten genug,

der

Exekutive

um

eine

unterworfenes

weitere

Organ

Interpretation

verwandeln, zu

explizit

erübrigen.

Dennoch

werden wir die Grundlinien dieses Prozesses rekonstruieren, um die Analyse

der juristisch-ideologischen

Aspekte

des

Problems

zu verdeutlichen. Die gegenüber

politische den

Isolierung

"sectores

der

populäres"

-

Streitkräfte, die

nicht nur

offensichtlich und

natürlich ist - sondern auch gegenüber dem herrschenden Block, spiegelt wider

164

und

sich

im allgemeinen

insbesondere

im Text der

"Verfassungsdekrete"

in den Bestimmungen,

die

sich auf die

Organisation

der

Justiz

an den historischen

beziehen.

Dies

Bildungsprozeß

ist

in direkter

der juristischen

Weise

Ideologie

in der uruguayischen Gesellschaft gebunden.

6.2.4 Politik und Recht in der uruguayischen Gesellschaft Die große Tradition der institutionellen Stabilität und des effektiven Funktionierens des demokratischen Systems ermöglicht gleichzeitig: a) Die Entwicklung und Festigung einer liberalen

Rechtsideolo-

gie, die - im Unterschied etwa zu derjenigen, die die argentinische Oligarchie keit

stützte - gemäß der sozialen Gerechtig-

die wirtschaftlichen Freiheiten restriktiv und die po-

litischen Freiheiten weit und konsequent

interpretierte;

b) die Entwicklung einer linksgerichteten Rechtsideologie, die die Entwicklungen der sozialistischen und der kommunistischen Partei begleitete, welche zwar bis zum Ende der Beehrt 5 ziger Jahre nur ein geringes Wählerpotential hatten, aber einen starken Einfluß im kulturellen Bereich besaßen; c) eine

starke,

aber

harmonisch

verlaufende

Diskussion

zwi-

schen beiden Rechtsideologien, mit Vorherrschaft der liberalen Ideologie und einer breiten Basis gemeinsamen Einvernehmens, das sich in der vereinten Verteidigung der Grundprinzipien

der

gesellschaftlichen

und demokratischen

Organisa-

tionen äußerte. Aus diesen Gründen

fehlte

es den Streitkräften,

bei der Etappe der autoritären Institutionalisierung an entsprechenden

Intellektuellen

einmal

angelangt,

im Bereich des Rechts.

Beim

Rest des herrschenden Blocks ist die Situation nicht wesentlich anders. Die Mehrheit der Rechtsgelehrten, die diesem Block angehören,

ist

nicht

in Argentinien

der

prozeß mitzuarbeiten

bereit, Fall

auch nur übergangsweise

ist) an einem

(wie dies

Institutionalisierungs-

(der die Absicht hat, sich in einen per-

manenten zu verwandeln), der die völlige Negierung der elementarsten Prinzipien des Liberalismus bedeutet. So muß der Prozeß der

autoritären Verrecht 1ichung, insbesondere

seine zweite und

165

dritte

Etappe, von

den

wenigen

eindeutig

antidemokratischen

Rechtsgelehrten durchgeführt werden, die eine kleine Randgruppe innerhalb des herrschenden Blocks darstellen. 96

Der typischste Vertreter dieser Gruppe ist Aparicio Mender außerdem das Amt des Präsidenten der Militärrepublik

dez,

zwischen

1976 und 1981

innehatte. Dieser Mangel an eigenen In-

tellektuellen im Bereich des Rechts erklärt drei weitere Eigenheiten des uruguayischen Prozesses: a) die Schwerfälligkeit der autoritären juristischen Texte; b) die Notwendigkeit, die ganze Verwaltung der Justiz explizit dem Militär unterzuordnen; und c) die Notwendigkeit,

normativ

bis

ins

letzte Detail das Ver-

halten des Rechtsorgans vorzusehen. Schließlich indirekt

und

erlaubt

teilweise

die

das

soeben

Scheitern

beschriebene

Situation,

der

Etappe der

dritten

autoritären Institutionalisierung zu erklären. Mit anderen Worten:

Dies

bedeutet,

daß

die

uruguayischen

Militärs

genügend

Macht besitzen, um einen Verfassungsentwurf zu redigieren, welcher

der

innerhalb

der

herrschenden

Klasse

geltenden

Rechts-

ideologie entgegengesetzt ist. Andererseits verursacht die Tatsache, daß diese Macht selbst innerhalb des herrschenden Blocks eines

Konsenses

dessen, was

entbehrt,

zum

die definitive

Teil

den politischen

Verankerung

Mißerfolg

der autoritären

Insti-

tutionalisierung sein sollte: eine neue Verfassung.

6.2.5 Die Umwandlung der "Rechtsgewalt" in ein "Rechtsorgan" Die wichtigsten Veränderungen, die das Funktionieren der Rechtsgewalt betreffen,

(gemäß finden

den neuen sich

in

den

Postulaten

jetzt

"Rechtsorgan")

Verfassungsdekreten

Nr.

3 und

Nr. 8. In der Ausführung

4 des Verfassungsdekrets Nr. 3 heißt

es : "Daß in unserem traditionellen öffentlichen Recht von den beiden Kardinalprinzipien, die das Machtverhältnis stützen, das negative der Teilung vorgeherrscht hat, was den natürlichen

166

Vorrang, der der Exekutive als dem Führungsorgan entspricht, kompromittierte." Diese den

Ausführung

Beschluß

der

Exekutivgewalt)

stellt

Bildung

dar,

dem

das

eines jede

militärischen, untergeordnet

theoretische

Fundament für

Justizministeriums

(Organ der

Rechtsprechung, ausgenommen der

ist.

"Es wird das Justizministerium gebildet, dem in Einklang mit den permanenten Verfassungsund Rechtsnormen die Pflege der Beziehungen zwischen der Exekutivgewalt, der Rechtsgewalt und den übrigen Einheiten der Rechtsprechung, außer der militärischen, zugeordnet wird." (Artikel 2 Verf.dekr. Nr. 3). Weniger als ein Jahr nach der Verkündung des soeben genannten Dekrets wird durch das "Verfassungsdekret" Nr. 8 im Detail

alles

der

Justiz be-

der

Begründung

dieses Dekrets, denn sie bestätigt einige der bisher

formulier-

trifft.

Wir

geregelt, zitieren

was im

die

neue

folgenden

Konzeption einen

Teil

ten Wertungen. Unter Berücksichtigung, "daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Revision der institutionellen Formen vorangetrieben werden muß, deren Anwendung unabhängig von menschlichem Versagen ihre Unzulänglichkeit und Ineffektivität angesichts der gegenwärtigen Realität gezeigt haben, ..." "Es gab eine Oberbewertung des Machtbegriffs in bezug auf die Justiz und eine Unterbewertung desselben in bezug auf die Exekutivgewalt ..." "Nach dem Verschwinden dessen, was man heute als den negativen Mythos betrachten kann, der sich aus dem Dogma der Gewaltenteilung ergab, erhält die Exekutive heute ihre natürliche Vormacht zurück, die ihr als authentischer Macht im technischen Sinne zukommt, d.h. einem Organ mit souveräner Kompetenz und der Eigenschaft der Vollstreckungsgewalt, die es bevollmächtigt, sie zwangsweise durchzusetzen, ebenso wie andere souveräne Beschlüsse, die von Organen diktiert wurden, welche nicht mit Vollstreckungsgewalt ausgerüstet wurden." "... die vorliegende Acta verankert unseres Wissens zum ersten Mal im öffentlichen Recht die Trennung des hierarchischen Verwaltungsbereichs von dem technischen mit rechtlichem und institutionellem Vorrang, der die Aktivität der Rechtsprechung charakterisiert. Deswegen ist der Gerichtshof das Organ mit dem höchsten rechtlichen

167

und institutionellen Vorrang, das aber jeden hierarchischen Vorrangs beraubt ist, was sonst, wie es bis heute geschah, die Vereinigung zweier Funktionen bedeuten würde, deren Ausübung, wenn sie nicht entsprechend dosiert sind, die korrekte Dynamik stören kann..." "Es wird die Unabsetzbarkeit der Richter festgesetzt, um ihre völlige Unabhängigkeit zu sichern, wie dies allgemein üblich ist, jedoch unter Beibehaltung der Lösung, die unsere gegenwärtige Verfassung anbietet, wird eine Probezeit festgelegt, eine interimistische Amtszeit von vier Jahren für alle Nominierungen zum Richteramt in erster Instanz, als Probezeit, die es erlauben soll, die Fähigkeit und Tauglichkeit des Richters zu beurteilen."

6.2.6 Die dritte Etappe der autoritären

Institutionalisierung.

Die neue Verfassung Gegen des Artikels beschließt fragung der

Ende

des Jahres

1980 und wie es im Abschnitt e) 97 Verfassungsdekrets Nr. 2 vorgesehen war,

4 des

die

Regierung,

vorzulegen.

"sectores

eine neue Verfassung einer Volksbe-

Das Resultat

populäres",

und

war ein klares

zwar

zum Teil

Nein

seitens

aus Gründen, die

hier schon dargelegt wurden, aber auch seitens erheblicher Teile des herrschenden Blocks. Wie

es

ein

uruguayischer

Politiker

richtig

sieht, ist

das, "was sie (die Streitkräfte) verlieren ließ, ein Kalkülfehler. Sie glaubten, daß das Schweigen eines Volkes während sie98 ben Jahren einer Zustimmung gleichkäme". Dieser Mißerfolg war jedoch für die Streitkräfte keine völlige Überraschung. Monate vor der Durchführung Ausgangs

der Volksbefragung

und ihres ungünstigen

vermehrten sich die Aussagen führender Militärs, die

voraussagten,

daß

ein

negatives

Resultat

überhaupt

nichts an

ihrem Vorhaben ändern würde. Die globale

Erfahrung

zu zeigen, daß der Übergang Institutionalisierung

des Neuen Autoritarismus

scheint

zur dritten Etappe der autoritären

entweder unter der Bedingung einer rela-

tiven Stärke und Einheit des herrschenden Blocks versucht wird (wie es

in Chile

Isolierung 168

der

Fall

und Schwäche

ist), oder

aber in Situationen von

als verzweifelter

Versuch, das

Kräfte-

Verhältnis

innerhalb

dieses 99

Blocks

zu

verbessern,

wie

es in

Uruguay der Fall war. Die

neue uruguayische

n i s c h e ) bedeutet zum

heutigen

Sie

setzt

Tag

sich

einen in

aus

Verfassung

(ebenso wie die chile-

Bruch mit

der Gesamtheit der bis

tiefen

Lateinamerika 239 Artikeln

existierenden

zusammen und

Verfassungen.

ist

in

14 Abtei-

lungen unterteilt. Bevor wir auf die Bestimmungen eingehen, die am

offensichtlichsten

zwei

der

zehn

autoritär

Abschnitte

Obergangsbestimmungen" Text der Verfassung Diese sten

Grad

sind,

ist

befassen,

bilden

und

die

es

die

nötig,

ihre

zusammen

Obergangsbestimmungen",

sich mit

"Sonder- und

mit

zur Volksabstimmung präsentiert

"Sonder- und

kontrovers

zu

dem

ganzen

wurden. die

im höch-

zu einem guten Teil die Ursache

waren und

der Niederlage des Militärprogramms waren, lauten: "II) 1. Für die nationalen Wahlen von 1981 und als entsprechende Einleitung einer Obergangszeit werden die Streitkräfte eine konzertierte patriotische Obereinstimmung mit den politischen Parteien auf der Basis von einzig nominierten Kandidaten der nationalen Einheit suchen, die es erlauben, das Werk der Nationalen Wiederherstellung fortzuführen..." III) "Alle gesetzlichen und verwaltungsmäßigen Verfügungen sowie die Regierungsmaßnahmen und die seit dem 27. Juni 1973 bis zum Einsetzen der neuen Legislatur diktierten Verfügungen bleiben rechtskräftig und gültig bis sie ausdrücklich aufgehoben werden." Wie man

sehen kann

strebten

die

an, den Institutionalisierungsprozeß

"Obergangsbestimmungen"

bis zu seinen letzten

Kon-

sequenzen durchzuführen und versuchten gleichzeitig, durch Konsens

eine

rückwirkende

Legitimierung

aller

durch

die

Militär-

diktatur zustandegekommenen Maßnahmen zu erhalten. Einige Bestimmungen der "neuen Die

"neue"

(bei

der

Volksbefragung

Verfassung": zurückgewiesene)

uruguayi-

sche Verfassung besteht aus 239 Artikeln, die in 14 Abteilungen unterteilt

sind.

Zusätzlich

zu

Bestimmungen

zum Ausnahmezustand

ben,

wir

werden

menfassen,

die

im

folgenden

was

wir

bereits

über die

(Artikel 90 und 94) gesagt

einige

in eklatantestem

litischen Liberalismus

dem,

ihrer

Widerspruch

Bestimmungen

ha-

zusam-

zum Geiste des po-

stehen.

169

a) Verbot, politische Parteien zu gründen, die Verbindungen nit ausländischen Parteien

politischen

(Art.

62)

Institutionen,

aufweisen.

Man muß

Organisationen oder

sich vor Augen

führen,

daß eine solche Bestimmung im europäischen Kontext zum Beispiel u.a. das Verbot der Christdemokraten, der Sozialdemokraten und der liberalen Parteien bedeuten würde. b) Bildung eines Nationalen Sicherheitsrates, der, außer daß er praktisch unbegrenzte Befugnisse hat (innere Sicherheit, Außenpolitik, Bemerkungen zu den Gesetzesentwürfen der

Legislative,

usf.), die

als

Institutionalisierung

der Streitkräfte

politi-

sches Führungsorgan der Nation bedeutet (Artikel 77 und 88). c)

Beschränkung

der

Möglichkeit

des

Parlaments,

Amnestien zu

erlassen (Absatz 13 des ARt. 97). d) Was die Organisation

der Justiz

tisch alle Verfügungen verankert,

betrifft,

so werden

prak-

von denen wir sprachen, als

wir die Verfassungsdekrete untersuchten. Letztendlich eine explizite

Unterordnung

des

Justiz-"Organs"

unter

die

Exekutive

und eine unverhältnismäßige Ausweitung der Kompetenzen der Militärjustiz (Artikel 143 bis 155). e)

Bildung

eines

"Politischen

Kontrollgerichts"

("Tribunal

de Control Politico"), dessen Ähnlichkeit mit gleichnamigen Institutionen

in

europäischen

Demokratien

lediglich

in der Be-

zeichnung besteht. Die Mitglieder dieses Organs sollen vom "Nationalrat" nominiert werden, einem Organ, in dem die Streitkräfte vorherrschend sind (Artikel 156 und 168). Auch wenn die Unterschiede und Widersprüche dieses Verfassungstextes lich

im Vergleich mit denjenigen, die in einer wirk-

repräsentativen

Demokratie

Geltung

haben,

mit

der

kurz

dargelegten Obersicht nicht ausgeschöpft werden können, glauben wir doch, daß dies genügt, um die Existenz einer politisch gescheiterten

Absicht

zur

autoritären

gesellschaftlichen Lebens zu beweisen.

170

Institutionalisierung des

6.3 Der

Fall

Chiles:

Der

militärische

Sieg

der

autoritären

Institutionalisierung

6.3.1 Die

Regierung

der

"Unidad

Populär" als

erste

Erfahrung

des demokratischen Übergangs zum Sozialismus Wenig

lateinamerikanische

Gesellschaftsprozesse

haben

sowohl in Lateinamerika selbst wie auch in der übrigen Welt ein so intensives gen

Ende

nes Jahres den

Interesse hervorgerufen

1970

in

siegte die

Präsidentenwahlen

wie diejenigen, die ge-

stattfanden.' 0 0

Chile

Linkskoalition mit

einem

Am

4.

September

je-

der "Unidad Populär" bei

Anteil

von

36,3

I der

Stim-

men.101 Es

scheint

natürlich

paradox,

daß

in einer Gegend, die

von meist konservativen oder reaktionären Militärdiktaturen gepeinigt ist, sich auf völlig neuartige Weise und gemäß den Verfahren der

repräsentativen

liert,

ganz

die

klar

den

Demokratie Obergang

eine

Regierung

zum Sozialismus

instal-

auf

ihrem

Programm hat. Zahlreiche

Gründe

ermöglichen

das

Verständnis

der

Originalität dieses beginnenden Prozesses, wenn auch eine vorsichtige Interpretation derselben ein naives Staunen angesicht des

blutigen

Militärputschs,

der

diesem

Experiment

ein

Ende

setzte, vermeiden hilft. Am

11. September

1973 stürzten die chilenischen Streit-

kräfte, als Institution handelnd, gewaltsam den Präsidenten Salvador Allende, und damit begann ein zeß,

der

im

lateinamerikanischen

Institutionalisierungspro-

cono

sur die

autoritäre Um-

wandlung der Gesellschaft am weitesten trieb. Im und

mit

schichte

Gegensatz der

Chiles

anderen

Ausnahme

lateinamerikanischen Uruguays

die

Zeit

zwischen

1938

Ländern

kennzeichnen

lange Perioden demokratischer

Normalität, wofür Beispiel

zu

einzigen

die Ge-

institutioneller

und

1 973 das

beste

ist.

Von

den

Gründen,

teinamerikanischen

die

Kontext)

angeführt

wurden, um das

außergewöhnliche

Faktum

(im la-

der demo-

kratischen Stabilität in Chile zu erklären, stehen zwei im Vor-

171

dergrund. Der erste bezieht sich auf den apolitischen und professionellen

Charakter

der

Streitkräfte.

Daß

diese

These, die

im übrigen mehr oder weniger stark von allen Parteien der "UniPopulär" 1 "^

dad nach und

dem

vertreten

Militärputsch

war

schon

vorher

wurde,

auf von

falsch

ist, wurde

niederschmetternde einem

europäischen

spätestens

Weise

bewiesen

Wissenschaftler,

der den chilenischen Gesellschaftsprozeß beobachtete, klar for• J 103 t muliert worden. Der zweite Grund, der ohne bedeutende Veränderungen vor^"^

und

nach^"*

dem

Militärputsch

angegeben wurde,

erklärt

auf viel adäquatere Weise die Ursache der demokratischen lität

in Chile. Er bezieht

sich auf die

Hegemonie der wirtschaftlich vorherrschenden schaft.

Diese

sechziger

Hegemonie

Jahre

von

wurde

der

Teile der

Gesell-

im großen und ganzen bis

konservativen

Stabi-

ideologisch-politische

Rechten

in die

eingenommen und

von da an von den Christdemokraten.^^ Diese reele Möglichkeit, eine auf Konsens beruhende Macht über die "sectores populäres" genießen

zu können,

ist ein Grund, der sich für die

der ausgedehnten demokratischen Stabilität

Erklärung

in Chile viel besser

eignet. Daß diese These stimmt, hat die unmittelbare und explizite

Unterstützung

Partei Dieses

wie

auch

Verhalten

absolut und gen,

daß

des

Putsches

der

sowohl

seitens der

Christdemokraten

erlaubt

zur

Nationalen

Genüge

gezeigt.

den Schluß, für die Nationale

Partei

für die Christdemokraten mit kleinen Einschränkun-

die

herrschenden

Klassen

Chiles

vornehmlich

auf in-

strumenteile Art Anhänger der Formen und Inhalte der Demokratie waren. Anders gesagt, die Verteidigung der Demokratie hatte die Beibehaltung

der sozialen Organisationsformen

des

Kapitalismus

als Grenze.' Einmal "sectores

in Gang

populäres"

gesetzt

und wachsende Unterstützung der 108 genießend, mußte der Prozeß des Ober-

gangs zum Sozialismus aufgehalten werden, und sei es auf Kosten der

Beseitigung

der

Hauptlosung

Verfahren der repräsentativen

der

herrschenden

Klassen: Der

Demokratie.

Von den zahlreichen erwähnenswerten Ereignissen der Jahre

1970 bis

1973 werden wir hier nur eines herausgreifen, das

in direktem Zusammenhang mit unserer Untersuchung Als 172

wir

von

den

verschiedenen

Etappen

steht.

der

autoritären

Institutionalisierung

sprachen,

Falle Chiles nicht zutrifft stenz

einer

sagten

wir,

daß

die

erste im

(wir meinen die Periode der Koexi-

verfassungsmäßigen

demokratischen

Regierung mit

verstreuten repressiven Gesetzen, die sich direkt oder indirekt an der DIS orientieren). Diese erste Etappe läßt sich hier nicht nachweisen, weil in der Geschichte Lateinamerikas keine institutionelle Demokratie jemals

so genau

geachtet hat

auf die Wahrung

der Rechte des

Einzelnen

wie die sozialistische Regierung des Präsidenten

Allende. Das extremste Beispiel für diesen Respekt vor den individuellen eignissen

Freiheiten um

den

findet man

gescheiterten

im Zusammenhang mit den ErPutschversuch

von

Ende

Juni

1973. In einer Zeit, in der: a) die Rechte eine systematische gen die Regierung

terroristische Opposition ge-

aufstellte,

b) die Christdemokraten sich in der Opposition befanden und mit ihrem Schweigen die terroristischen Aktivitäten der Rechten schützten, c) die

Spitze

der Judikative

fast wie

eine politische

Partei

der Opposition zuzurechnen war, und d) die Streitkräfte

in

ihren

institutionellen

gungen über die Möglichkeit,

die Regierung

Gremien

Überle-

zu stürzen, an-

stellten, fand ein isolierter Putschversuch

statt. Am 29. Juni 1973 ver-

suchte der Oberst Roberto Souper einen Militärputsch, der völlig

scheiterte

Kontrolle

und sofort von den Streitkräften selber unter 1 09 gebracht wurde. Unter diesen Voraussetzungen wei-

gerte sich die verfassungsmäßige stand auszurufen. Putsch

wurde

ein

Regierung, den

Belagerungszu-

Im Gegenteil, einen Tag nach dem mißglückten "Waffen-Kontroll-Gesetz"

diktiert,

dessen

Durchführung durch die Streitkräfte gegen die "Unidad Populär" durchgesetzt wurde.''"

173

6.3.2 Der Militärputsch vom September 1973: Gewalt und Recht Am

11.

September

1973,

gleichzeitig

mit

dem Sturz der

verfassungsmäßigen Regierung und der Ermordung Präsident Allendes, verkünden

die Oberbefehlshaber

der drei

Streitkräfte und

der Kommandant der "carabineros" das Gesetzesdekret Nr. 1, mittels dessen sie sich als Regierungsjunta konstituieren 1, Ges.dekr.

und

ernennen

General

(Artikel

Pinochet,

den

Kom-

mandanten des Heeres, zum Präsidenten der Junta (Artikel 2). Trotz

des offensichtlichen anti-marxistischen und reak-

tionären Charakters des Dekrets Nr. 1 sche Haltung Umstände

"die

Respektierung

erlauben"

(Art.

3),

wird zunächst als takti-

der Verfassung, soweit es die eingenommen.

An

ebendiesem 11.

September beruft sich die Regierungsjunta auf den Absatz 17 des Artikels

72 der Verfassung und das 1. Buch, Abschnitt

III des

Militärgesetzbuches, um mit der Repression fortfahrend den Belagerungszustand für das gesamte nationale Territorium auszurufen (Gesetzesdekret Nr. 3). Die systematische und allgemeine Repression, die die Gesamtheit der "sectores populares" trifft,und die Isolierung der Militärjunta

auf

die gleichzeitig und

eine

internationaler die

Erklärung

Politik für

die

In keinem

sind die zwei

Besonderheiten

Institutionalisierungsprozesses Uruguay) wurde

Ebene

der neuen Regierung

so

ihres

autoritären

bieten.

der beiden untersuchten

eine

Fakten,

kennzeichnen

Fälle

strikt militärische

(Argentinien -

Legitimierung ver-

sucht wie in Chile. Der Umstand, daß die Errichtung des Sozialismus

eine wirkliche

Gefahr

für alle wirtschaftlich

vorherr-

schenden Sektoren darstellt, wird von der Militärjunta angeführt,

um

"die

gewaltsame

Lösung

des

ständig

gesellschaftlichen

Konflikts mit den 'sectores populares'" zu legitimieren. Eines der ersten Symptome, das schon 1973 die Behauptung zuläßt, daß wir es im Falle Chiles ganz eindeutig mit dem, was wir hier "neuer Autoritarismus" nennen, zu tun haben, ist folgendes:

Nachdem

in

des Volkswiderstandes

den

Monaten

militärisch

nach

dem

besiegt

Putsch

das

worden war,

Gros

tat die

neue Regierung alles andere, als eine baldige Rückkehr zur verfassungsmäßigen 174

Normalität

vorzubereiten,

wie

dies

von

den

Christdemokraten angekündigt und, wenn auch unter Ausschließung der marxistischen Parteien, gewünscht war, sie verstärkte vielmehr sogar noch die rechtliche Zerstörung dieser Normalität. So

beschloß

am

12. November

1973 die Militärjunta mit-

tels des Gesetzesdekrets Nr. 128, daß jedes von ihr verkündete in Konflikt mit der Verfassung gerät, die Än-

Dekret, welches

derung Letzterer zur Folge haben wird. Damit Verfassung

ist das Dekret

Nr. 1, welches festlegte, daß die

in dem Maße respektiert würde, wie es die Umstände

erlaubten, praktisch aufgehoben. Das bisher Gesagte genügt, um behaupten

zu

können,

autoritären wichtiger

Meilenstein

pienerklärung" Regierung der

dieses

folgte

Dekret

diesem

("Declaración

vom

März

Philosophie

zugleich

daß

Nr.

Institutionalisierungsprozeß

1974. des

Dekret

der

Hiermit

die

werden

"Prinzi-

Grundlinien Es

sind dies

marxistischer

und das Modell der westlichen Konsumgesellschaft.

den Als

Chilenischen

bekanntgegeben.

Sozialismus

formal

noch die

de Principios")

der Militärjunta

die Ausrottung

128

einleitet.

Prägung

In Chile - so

die Erklärung - hat der Marxismus die Grundlagen der Wirtschaft zerstört, indem die gesamte Gesellschaft politisiert wurde, und er hat die Fundamente über die

individuellen

der Demokratie dadurch untergraben, daß Beziehungen

ein mittelmäßiger

Stil zum

Vorherrschen

kam, der zusammenfassend gesagt systematisch alle 11 ? Aspekte des nationalen Lebens zerstört hat. Ende

197S

und

nach

einer Wirtschaftskrise,

durch die orthodoxe Anwendung ralismus

hervorgerufen

neues Dokument

heraus,

worden

die

des wirtschaftlichen war,

gab

die

gerade

Ultralibe-

Militärjunta ein

das den Titel "Nationale Ziele

Chiles"

("Objetivos Nacionales de Chile") trug. Mit diesen "Nationalen Zielen" unterstreicht die Regierung, daß dieselben von den Prinzipien der DIS inspiriert . Wie man sieht ritären

unmittelbar

sind.^'

herrscht unter den "Funktionen der auto-

Institutionalisierung"

in der

Zeit von

1 973 bis 1975

diejenige der "Legitimierung der gewaltsamen Lösung des Gesellschaftskonflikts vor, indem der politische Protest der

'secto-

res populares' kriminalisiert wird". Dennoch begannen sich mit dem Abnehmen res"

schon

der 1976

reellen Gefahr seitens der "sectores gewisse

innere Widersprüche

des

popula-

herrschenden 175

Blocks

zu

äußern,

denen

ein

institutionelles

Ventil

geöffnet

werden mußte.

6.3.3 Von

der

militärischen

zur

"juristischen"

Legitimität

als körperschaftliche

Ausdruck der

1976-1980 Der

eher

Gegensätze

im

politische Innern

des

herrschenden

Chiles

Blocks

scheint

sein typischstes Merkmal zu sein. Sie beziehen sich auf: a) die Widersprüche innerhalb der Christdemokraten, deren "linke" und "rechte" Seitenflügel jeweils implizit oder explizit eine Annäherung an die Parteien der "Unidad Populär" und die "gemäßigten" Kreise der Regierung vorschlagen; b) die Gegensätze zwischen Verfechtern eines "harten" und eines "gemäßigten" Kurses aus

den

innerhalb der Gruppe der Regierung, die

Streitkräften,

einflußreichen

der

Grüppchen

Nationalen

Partei

der Ultrarechten

wie

und zum

kleinen Beispiel

der Organisation "Vaterland und Freiheit" ("Patria y Libertad")114

besteht;

c) die Gegensätze zwischen Regierung und Christdemokraten. Von diesen drei Arten von Gegensätzen ist die zweite zumindest

bis

heute

die

sichtbarste

dieser letztere Gegensatz

und

wichtigste.

Wenn

auch

erst ab 1978 im Zusammenhang mit der

Diskussion um die Abfassung einer neuen Verfassung beginnt, ein bestimmtes

Profil

anzunehmen,

so

üben die drei

genannten Ge-

gensätze schon ab 1976 ihren Einfluß auf den autoritären tutionalisierungsprozeß Am 31. Dezember 1

1975 wird die "Acta Constitucional" Nr.

("Verfassungsakte") 1 1 ®

("Consejo

de

Estado")

Insti-

aus. erlassen, gegründet

mit

der

der

"Staatsrat"

wird.

Er

ist

ein

Organ,

das sich aus zivilen Bürgern zusammensetzt, die in einer Kammer organisiert stützen.

sind, und hat die Aufgabe, die Exekutive zu unter-

116

In der Praxis sind die rein symbolischen Funktionen dieses

"Rats" größer und gehen selbst noch weiter als

diejenigen

des gleichnamigen uruguayischen Organs, und zwar aus zwei Grün-

176

den.

In erster

Linie weil die Weigerung der

Christdemokraten,

ihm beizutreten, die repressive Politik gegen den "linken" Flügel dieser Partei verstärkt hat und gleichzeitig informelle und nicht

institutionelle

Kontakte

zu ihrem "rechten" Flügel not-

wendig werden ließ. In zweiter Linie weil die Streitkräfte, die in ihm nicht

vertreten

nern der militärischen

sind,

ihre Auseinandersetzungen

Institutionen,

insbesondere

im In-

in der Re-

gierungsjunta, austragen müssen. Das Thema der Gegensätze im Innern der Streitkräfte verdient eine besondere Aufmerksamkeit,

insbesondere weil bis zum

heutigen Tag Voraussagen über bedeutende Abspaltungen

in ihrem

Innern, wie diejenige, die wir im folgenden zitieren, sich als falsch erwiesen haben: "Letztlich haben die Politisierung und die darauffolgenden Interventionen noch zu keiner Spaltung der chilenischen Streitkräfte geführt, die, wie man weiß, eine Konstante der argentinischen Streitkräfte ist, und die sich auch schon bei den uruguayischen Streitkräften gezeigt hat. Es ist auf jeden Fall nicht verwegen, die Voraussage aufzustellen, daß, je länger der Widerstand des chilenischen Volkes dauern wird und je länger die Militärs die Macht innehaben werden, umso wahrscheinlicher die Äußerung abweichender und sogar gegensätzlicher politischer Tendenzen in ihrem Innern werden wird. Auch wenn die institutionelle Einheit, die eines der kostbarsten und von den Streitkräften in allen Ländern am meisten angestrebten Güter ist, erstaunlicherweise auf einer Position der äußersten Rechten wiederaufgebaut wurde, wie die erste offizielle Verlautbarung der Junta zeigt, so sind doch die• pro-Allende eingestellten Offiziere sicherlich nicht von der Szene verschwunden. Selbst die' voraussichtliche wirtschaftliche Hilfe von außen (die schon in den ersten Tagen nach dem Staatsstreich einsetzte) wird nicht die unausweichlichen zentrifugalen Tendenzen im Innern der militärischen Institution aufhalten können."(117) Die Militärs,

die

zu der "Unidad Populär"

hatten oder mit ihr sympatisierten dend kleine trieben

oder

Minderheit), in

den

wurden

Monaten

Verbindungen

(eine im übrigen verschwin-

eingesperrt,

unmittelbar

außer

nach

dem

Landes gePutsch von

1973 kurzerhand ermordet. Seit dieser Zeit und bis heute (1982) kam die einzige abweichende Meinung zwischen den Streitkräften

177

und

der

Regierung,

die

von

Bedeutung

war, von General

(Befehlshaber der Luftwaffe und Mitglied der

Leigh

Regierungsjunta).

1978 vertrat dieser General die Meinung, es sei notwendig, eine von der Exekutive

unabhängige

Legislative

zu haben. Diese Er-

klärung ist die erste einer Reihe von Auseinandersetzungen mit Pinochet, die zur Ausschließung Leighs aus der Regierungsjunta und

zu

einer

Erweiterung

der

persönlichen

Macht

Pinochets

führte. Man kann sich fragen, woher diese anscheinend monolithische und

Einheit stellt

der Streitkräfte

kommt.

nur den Versuch einer

Die Antwort

teilweisen

ist

komplex

Erklärung

dieser

Situation dar. Zunächst

ist

der

ausgedehnte

Einfluß

der

Prinzipien

der DIS innerhalb der Streitkräfte zu nennen, die die permanente Gefahr des "inneren Feindes" predigt, angesichts welcher die eigenen Gegensätze in den Hintergrund treten müssen. Als zweites

ist seitens der wirtschaftlich

ten Kreise die bedingungslose Wirtschaftspolitik

Unterstützung

in Betracht

zu ziehen,

privilegier-

einer

repressiven

die die

Entwicklung

eines "wilden Kapitalismus" ermöglicht, in welchem die "Kosten" für die Reproduzierung der Arbeitskraft auf ihr unterstes Ni118 veau reduziert sind. Als drittes kraten

zu

ist die schwankende Politik der Christdemo-

berücksichtigen,

die

sich

der

Regierung

stark entgegensetzten, um ihren inneren Zusammenhalt

genügend zu festi-

gen, die aber zugleich keine genügend starke oppositionelle Politik materiell verwirklichten, um eine Alternative angesichts

derer

ergreifen

müßten,

die

Streitkräfte

um

die

zu bilden,

gegen die Regierung

Integrität

der

Institution

Partei zu

er-

halten. Diese besonderen Merkmale der Einheit, die die chilenischen Streitkräfte kennzeichnen, dienen auch dem besseren Verständnis

des

autoritären

Institutionalisierungsprozesses,

zu

dessen Entwicklung wir nun zurückkehren. Am 11. September

1976 sanktioniert die Militärjunta die

"Verfassungsakte" Nr. 2, 3 und 4. Mit der "Akte" Nr. 2 verleiht sich

die

späteren

Junta

konstituierende

Verfassung

vorbereitet.

Macht, Daran

was

den

Weg

erinnernd,

zu

einer

daß

Chile

aufgehört hat, ein ideologisch neutraler Staat zu sein, werden 178

in der "Acta" Nr. 3, um sie aufzuheben, oder sie ken,

alle

Freiheiten

Meinungsfreiheit

aufgezählt,

stehen

die

einzuschrän-

im Zusammenhang

(Information,

Lehre

mit der

gewerkschaftliche

und politische Aktivität, usf.)- Die "Acta" Nr. 4 verleiht dem Präsidenten alle

der

in der

Republik

(General

vorhergehenden

"Acta"

Pinochet)

die

aufgezählten

Möglichkeit, Rechte

zu än-

dern. Der Präsident kann verschiedene Arten von Ausnahmezuständen dekretieren gung

gegen

die

- vom

"Belagerungszustand"

latente

Subversion",

was

bis zur "Verteididie

Einengung

oder

Aufhebung aller Freiheiten bedeutet - und die alle sechs Monate verlängert

werden können 1 19

(was

seit

1973 bis heute

tatsächlich

geschehen ist). Die

letzte institutionalisierende Maßnahme von 1976 ist

die Bildung von vier legislativen Hifiskommissionen, die unter dem

Vorsitz

sicht

der

der

Mitglieder

Streitkräfte,

mit Ausnahme

zu

der Militärjunta verbleiben,

stehen

erkennen

("die Ab-

zu

lassen"),

des Präsidenten, der, wie könnte es anders

sein,

sich das Vetorecht über die Beschlüsse der Kommissionen vorbehält. 6.3.4 Die dritte Etappe der autoritären

Institutionalisierung:

Die neue Verfassung Die dritte Etappe der autoritären

Institutionalisierung

umfaßt die Zeit zwischen 1977 und 1980. Sie stellt die Antwort auf

die

Zuspitzung

der

Gegensätze

Gruppe dar. Diese Gruppe fechter

eines

zerfällt

im

Innern

der

regierenden

in zwei Tendenzen: Die Ver-

"harten" Kurses und die "gemäßigten", denen ge-

genüber Pinochet eine schwankende Politik praktiziert, die ihm objektiv dazu verhalf, seine persönliche Macht noch zu vergrößern . Die

Verfechter

von Pablo Rodriguez ten

"Patria

y

des

"harten"

Kurses,

die unter

anderen

(Führer der Ex-Organisation der Ultrarech-

Libertad")

und

General

Contreras,

dem

ehema-

ligen Chef der DINA (politische Polizei des Regimes) verkörpert werden,

begünstigen

die

Bildung

eines

korporativen

Projekts,

aber vor allem den pesönlichen Machtzuwachs Pinochets. Folglich

zeigen

sie

sich jeder

Institutionalisierungs-

179

maßnahme gegenüber abgeneigt oder widerspenstig. Die

"Gemäßigten",

die

unter anderem

von

Jaime

Guzman

(dem Verfasser der Reden Pinochets) und Sergio Fernandez

(ehe-

maliger

Innenminister) verkörpert werden, hoffen auf eine Wie-

derkehr

der politischen

Parteien, mit Ausnahme derer, die po-

tentiell den Prinzipien der DIS schaden könnten. Die

letzten Vorkommnisse

in Chile,

die Verstärkung der

Repression durch die Regierung und insbesondere die Verkündung der neuen Verfassung, die Gegensätze

haben klar herausgestellt, wie

sekundär

zwischen den beiden Gruppen angesichts der per-

sönlichen Macht Pinochets sind. Am 9. Juli 1977 legte Pinochet in seiner Rede, die unter dem Namen

"Chacarillas" bekannt

kunftspläne werden

ist, die

institutionellen Zu-

für das Land dar, die in drei Etappen durchgeführt

sollen

(eines

der

charakteristischsten

Merkmale

dieser

Rede ist es, daß die Militärregierung hier zum ersten Mal konkrete Termine nennt): Am 31. Dezember stellungsetappe

beendet

sein

und

am

1980 soll die Wiederher1. Januar

1981

soll die

Obergangsetappe beginnen. Im ersten Teil dieser zweiten Etappe, die ohne mit

bis

1 985

dauern

Volksvertretung qualifizierter

soll,

wird

geben.

Im

Mehrheit

es eine gesetzgebende zweiten

gewählt

Teil

wird

Kammer

die

Kammer

werden, wobei ein Drittel

der Mitglieder durch den Präsidenten ernannt werden wird. Diese Kammer (bis

wird

einen

1991)

Staatschef

ernennen.

1991

für

wird

die

Dauer

ein

von

Präsident

sechs durch

Jahren direkte

Volkswahlen gewählt werden. So wird die Etappe der Normalisierung

oder

Festigung

beschützt,

einer Demokratie

technifiziert,

begonnen, die

partnerschaftlich

autoritär,

und auf

authenti1 20

scher gesellschaftlicher Mitbestimmung begründet sein wird. In

seiner

Rede nach dem

11. September

1978

bestätigte

Pinochet den Inhalt seiner Rede und eröffnete die "Diskussion" über eine zukünftige Verfassung, die dem vorgesehenen

Institu-

tionalisierungsplan Rechnung tragen soll. Die Diskussion über die Verfassung konzentriert den

"Studienverbänden"

Organen

der

ausüben und

("Corporaciones

ideologischen sich

Verbreitung,

de Estudios"), die

sich in d.h. in

politischen

in der Mehrzahl aus Juristen

Druck

zusammensetzen.

Es sind: a) die "Corporaciones de Estudios Nacionales" ("Vereinigung 180

für

Nationale

Studien"),

mit

korporativer

Tendenz,

die

einem

permanenten "Militärstaat" geneigt wäre und von Lucia Pinochet (der Tochter des Präsidenten) geleitet wird; b) der "Circulo de Estudios Constitucionales" ("Zirkel der Verfassungsstudien") Projekt

einer

der Anwälte

alternativen

Dieser Verband arbeitete ein

Verfassung

aus, das

genügend von der offiziellen Version abwich nell konstitutionalistischer

aber

nicht

(von traditio-

Tendenz).

c) die "Comision de Estudios Constitucionales" ("Kommission für Verfassungsstudien") 24"), die

oder

"Grupo

christdemokratische

de

los

24"

("Gruppe der

Konstitutionalisten und einige

ehemalige Mitglieder der "Volkseinheit" versammelt; d) die "Nueva Democracia", und e) die

"Corporación

de Estudios

Contemporáneos"

zeitgenössische

die

alle

Bei

wie

in

für

Studien"), 1 21 rat" sehr nahe stehen. diesen

Vereinigungen

("Vereinigung

beide dem mehr

"Staats-

oder

minder

starkem Maße bei allen Institutionen, die sich aus zivilen Bürgern zusammensetzen, läßt sich der sehr geringe oder inexistente Wert jeglicher kritischer Bemerkung gegenüber dem Willen der Exekutive nachweisen. Im Juli 1980 übergab der "Staatsrat", der das offizielle Verfassungsprojekt Zwei

Monate

selben

ausgearbeitet

später,

Ausmaß

hatte, dieses

am 11. September

an Repression

der

Exekutive.

1980, immer noch mit dem

und dem absoluten

Fehlen von Ga-

rantien, ruft die Exekutive zur Volksbefragung auf, um der neuen

Verfassung

zuzustimmen

(67.07 I der S t i m m e n ) .

und

erhält

natürlich

die

Mehrheit

122

6.3.5 Die Obergangsbestimmungen und die neue Verfassung^ Ebenso

wie

im Falle

Uruguays

findet

sichtlichsten autoritären und willkürlichen sung

in

ihren

"Übergangsbestimmungen",

mehr

man den

am

offen-

Inhalt der Verfasnoch, "es

handelt

sich um ein System von Normen, die ein unabhängiges und materielles Konzept der Staatsgewalt begründen, das in seinem Wesen

181

dem für das Ende postulierten Bild widerspricht ("Chile ist eine und

demokratische somit

kann

Republik",

Artikel

nur

irrational 1 24 jenem hervorgehen wird. Es gibt insbesondere

"Obergangsbestimmungen":

4 der neuen

erhofft

werden,

Verfassung),

daß diese

aus

zwei wichtige Charakteristiken der

a) die Konzentrierung und das Anwach-

sen der persönlichen Macht des Präsidenten und b) die Betonung des

militärisch-autoritären

und

repressiven

Charakters

des

Regimes. Die "Bestimmung Nr. 13" sieht folgendes vor: "Die Dauer der Präsidentschaft, die mit dem Inkrafttreten dieser Verfassung beginnen wird, beträgt den in Artikel 25 angegebenen Zeitraum" (Der Präsident der Republik bleibt acht Jahre im Amt und kann für die darauf folgende Periode nicht wiedergewählt werden, Art. 25 der Verfassung) . Und die Bestimmung 14: "Für den in der vorausgehenden Bestimmung angegebenen Zeitraum wird als Präsident der Republik der gegenwärtige Präsident, General des Heeres Don Augusto Pinochet Ugarte, fungieren, der bis zum Ende dieses Zeitraumes im Amt bleiben wird." "Ebenso wird die Regierungsjunta weiterbestehen, die sich aus den Oberbefehlshabern des Heeres, der Marine und der Luftwaffe sowie dem Leitenden General der "Carabineros" zusammensetzt. Sie wird ihr Amt gemäß den Bestimmungen führen, die ihr internes Funktionieren regeln und wird den Zuständigkeitsbereich wahrnehmen, der in den entsprechenden Obergangsbestimmungen angegeben ist. Da aber der Oberbefehlshaber des Heeres gemäß Absatz eins dieser Bestimmung der Präsident der Republik ist, wird er nicht Mitglied der Regierungsjunta sein, sondern an seiner Stelle wird ihn als ordentliches Mitglied der nach ihm älteste General des Heeres vertreten. Der Präsident der Republik kann dieses Mitglied zu jeder Zeit durch einen anderen General seiner Streitmacht in der Reihenfolge des Alters ersetzen." In der

Praxis

bedeutet

dies:

a)

daß

Pinochet

bis zum

11. März 1981 weiter Präsident bleibt, d.h. bis zum Inkrafttreten der neuen Verfassung gemäß ihrem "abschließenden" Artikel; b) daß von diesem Zeitpunkt an Pinochet weiterhin für acht Jahre, nämlich bis c) daß

182

zum 11. März

nach Ablauf

1989 Präsident bleiben wird; und

dieser Zeit, laut der

"Obergangsbestimmung

27",

die

Streitkräfte

Periode von

den neuen Präsidenten

acht Jahren benennen werden,

der nicht möglichen Wiederwahl

nicht

sident wird durch Volksbefragung den

müssen,

für

den

wobei

Fall

in

kurioserweise Betracht

für eine

weitere

für den die

Klausel

gelten wird. Dieser Prä-

in seinem Amt bestätigt werkeinerlei

gezogen wird,

alternative

in dem diese

Lösung negativ

ausfallen sollte. Die

"Bestimmung

IS" setzt die Rechte und Pflichten des

Präsidenten fest, wobei letztere praktisch inexistent sind. Was die Regierungsjunta anbelangt in

der

"Bestimmung

18"

Legislative aufgelistet

werden die Rechte und Pflichten

vervollständigt,

wo

alle Aufgaben der

sind. Zu diesen Funktionen müssen noch

jene hinzugezählt werden, die in der "Bestimmung 27" aufgeführt sind

und

sich

auf die Nominierung

des

Präsidenten

beziehen,

der Nachfolger von Pinochet sein wird. Die neue Verfassung kann und muß als Paradigma der autoritären Institutionalisierung betrachtet werden. Sie enthält in expliziter Form Bestimmungen ideologischer Art (Artikel 8). Was so

den militärischen

ist er durch die Bildung

heit" gewährleistet,

dem

Charakter eines

des

"Rates

Regimes

anbelangt,

der

Inneren Sicher-

(was völlig neuartig

ist) der Präsi-

dent des obersten Gerichtshofes und die Minister für Wirtschaft und

Finanzen

angehören.

sellschaftslebens

Die

Militarisierung

und die extreme

des

und orthodoxe

gesamten GeAnwendung der

Postúlate der DIS äußern sich in expliziter Weise in der Zusammensetzung und den Funktionen des besagten "Rates". R a t

d e r

i n n e r e n

S i c h e r h e i t

Artikel 95. Es wird einen Rat der Inneren Sicherheit geben, der unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik stehen wird und sich aus den Präsidenten des Senats und des Obersten Gerichtshofs, den Oberbefehlshabern der Streitkräfte und dem leitenden General der "Carabineros" zusammensetzen wird. Des weiteren werden wahlberechtigte Mitglieder des Rates sein: Die im Amt befindlichen Minister des Innern, des Äußern, der Verteidigung, der Wirtschaft und der Finanzen. Als Sekretär wird der Generalstabsführer des Verteidigungsministeriums fungieren. Der Rat der Inneren Sicherheit kann vom Präsidenten der Republik oder auf Verlangen zweier seiner Mitglieder einberufen 183

werden und absoluten fung und Mitglieder

benötigt für seine Sitzungen ein Quorum der Mehrheit seiner Mitglieder. Für die Einberudas Quorum kommen nur die Stimmberechtigten in Betracht.

Artikel 96. Die Funktionen des Rates der Inneren Sicherheit sind folgende: a) Den Präsidenten der Republik in jedweder Angelegenheit, die im Zusammenhang mit der inneren Sicherheit steht, zu unterstützen, wenn dieser es verlangt; b) jedweder Institution, die von der Verfassung vorgesehen ist, seine Meinung über irgend einen Umstand, eine Handlung oder einen Sachverhalt darzulegen, der seinem Urteil nach stark die Grundlagen der Institutionalität verletzt oder die innere Sicherheit in Gefahr bringen kann; c) zu informieren, insbesondere über die Gegenstände, auf die sich Absatz 13 des Artikels 60 bezieht; d) von den Autoritäten und den Beamten der Verwaltung alle Umstände zu erfahren, die im Zusammenhang mit der äußeren und inneren Sicherheit des Staates stehen. In diesem Fall muß das in Erfahrung Gebrachte obligatorisch weitergeleitet werden, die Unterlassung wird mit den Strafen geahndet werden, die das Gesetz vorsieht, und e) die übrigen Funktionen auszuüben, die ihm die Verfassung zuschreibt. Die Beschlüsse oder Beurteilungen, auf die sich b) bezeiht, werden veröffentlicht oder eeheim eehalten. ie nachdem wie der Rat im Einzelfall beschließt. Ein vom Rat selbst erlassenes Reglement wird die weiteren Bestimmungen bezüglich seiner Organisation und Amtsverrichtung festsetzen. Im Zuge dieser Militarisierung der Gesellschaft delt

sich

das

Parlament

in eine

rein

symbolische

verwan-

Institution

und mehr noch in die Negation seines demokratischen Wesens. Es setzt sich aus einer Abgeordnetenkammer zusammen, der nur angehören

darf,

wer

mindestens

die

mittlere

Schulreife

oder

ein

Äquivalent dafür besitzt (Art. 44 d. Verfassung). Der Senat hat seinerseits einen noch begrenzteren Charakter als die Abgeordnetenkammer.

Er

besteht

aus

gewählten

Mitgliedern

und

aus

solchen, die vom Präsidenten ernannt werden (Art. 45). Schließlich überschreitet, was den/die Ausnahmezuständ(e) betrifft,

die

Kasuistik,

das

Ausmaß

und

die

Willkür

bei

weitem selbst den uruguayischen Entwurf. Die Artikel 40 und 41 behandeln

184

alles,

was

seine

Ausrufung

anbelangt.

Ein

Aspekt,

der wert ist beachtet zu werden, ist der "innere Kriegszustand" (der in der Praxis gemäß den Richtlinien der DIS bestimmt werden wird), während dem alle Bestimmungen zum habeas corpus außer Kraft sind (Artikel 41, Absatz 3). Hinzu

kommt,

daß

diese

Ausnahmezustände

akkumulativ

sind. Außerdem wird, wenn das Parlament nicht innerhalb von 10 Tagen nach

seiner Ausrufung

entscheidet,

dieses

Schweigen als

Bestätigung aller Verfügungen der Exekutive gewertet. Die völlige Trennung von politischer und gewerkschaftlicher

Tätigkeit

ist schon im Art. 23 verankert, mittels dessen ausdrücklich die Unvereinbarkeit eines leitenden Amtes in einer Gewerkschaft mit der Tätigkeit in einer politischen Partei verkündet wird. Schließlich, und in ähnlicher Weise, wie es im uruguayischen Entwurf geplant ist, sieht die chilenische Verfassung die Bildung

eines

"Verfassungsgerichtes"

vor, das

sich aus

sieben

Mitgliedern zusammensetzt, die auf folgende Art gewählt werden (Art. 81): a) Drei Richter wählt der Oberste Gerichtshof aus seiner Mitte. b) Ein vom Präsidenten der Republik designierter Anwalt. c)

Zwei

Anwälte,

die

vom

Rat

der

Inneren Sicherheit

gewählt

werden. d) Ein Anwalt, der vom Senat mit absoluter Mehrheit der im Amt befindlichen Senatoren gewählt wird. Es muß hinzugefügt werden, daß, wie es Art. 83 festlegt, die Beschlüsse dieses "Gerichts" keinerlei Berufung

6.3.6

zulassen.

Zusammenfassung Was

zu

Beginn

als

Institutionalisierung"

"militärischer

Sieg

der

bezeichnet wurde, bedeutet

keit eine vollständige politische Niederlage. Alle nen, die das

Regime

hervorgebracht

autoritären in WirklichInstitutio-

hat, selbst diejenigen mit

militärischem Charakter, wenn auch in schwächerem Maße, entbehren eines konkreten Inhalts. Trotz ihrer anscheinenden Stabilität und effektiven

Funktionsfähigkeit

weist

alles darauf hin,

daß die grundsätzlichen Entscheidungen eher das Ergebnis

infor-

185

melier Verfahren

sind, die

außerhalb

dieser Gremien

stattfin-

den, als dasjenige der Spielregeln dieser "Demokratie" von und für einige wenige haupt

von

einem

Mitglieder wirklichen

der Gesellschaft. Wenn man überInhalt

sprechen kann, verweist er

deswegen auf die Aufhebung der individuellen und sozialen Rechte und auf die Stützung des Monopolkapitals. Trotz

dieser

"Bemühung"

um

eine

Institutionalisierung

konzentriert sich die effektive Macht auf die diktatorische Figur des Präsidenten und auf die gewichtigen privaten wirtschaftlichen Gruppen. Zum Beispiel kontrollieren fünf dieser Gruppen (Stand von 1978) mehr als 50 % des Vermögens der 250 wichtig1 25 sten privaten Unternehmen. Das

Fehlen

einer

wirklichen

Institutionalisierung

bekräftigt den autoritären und nicht faschistischen oder totalitären Charakter des Regimes, trotz der verbalen Exzesse Pinochets. der

Die Distanz

Bevölkerung

ken, ein Prozeß, noch

mehr

und das sich Widersetzen des größten Teils

gegenüber der

dem Staat werden sich noch verstär-

seine

Isolierung und politische

akzentuieren wird, und der

führen wird, daß sich das Regime nition von J.

früher

oder

(um eine Autoritarismus-Defi-

Linz zu paraphrasieren)

in eine mehr

sche oder mehr totalitäre Richtung bewegen wird.

186

Schwäche

später dazu demokrati-

Kapitel VII: Staatstheorie

7. Theoretische

und Rechtsinstanz in Lateinamerika

Voraussetzungen:

"Entwicklungsschule"

und Ab-

häng igkeitstheorie Die

Behandlung

dieses

Themas

ergibt

sich

aus

unserer

Zielsetzung, zur Entwicklung der Staatstheorie in Lateinamerika einen Beitrag zu leisten, und die Kenntnis der autoritären Institutionalisierungsprozesse zu vertiefen. Die

gegenwärtige

Sozialwissenschaften nur

schwer

ignorieren

diesem Gebiet Entwicklung

das

Entwicklung

hat

der

Ergebnisse

kann. Trotz

Studium

lateinamerikanischen

hervorgebracht,

die man

diverser Vorbehalte hat auf

des Staates eine besonders

positive

gezeitigt.

Was sich seit Mitte der siebziger Jahre als "Theorie des lateinamerikanischen einer

intensiven

Jahrzehnte

mit

Staates"

profiliert,

Diskussion, umfaßt.

die

die

die

Um

Mitte

ist

beiden der

das

Produkt

vorhergehenden fünfziger

Jahre

und mit der CEPAL (Comision Economica para America Latina)^ als Bezugspunkt le", die

entwickelte

sich die sogenannte

ihre Bemühungen

"Entwicklungsschu-

auf die Untersuchung der äußeren Me-

chanismen konzentriert, die die wirtschaftlich-soziale

Entwick-

lung bestimmen und hindern. Die systematische und wissenschaftlich fundierte Darstellung zahlreicher Äußerungen der "Entwicklungsschule"^ hat gleichzeitig zwei Funktionen: a) Es wird eine wirtschaftliche Entwicklung Lateinamerikas vorgeschlagen, die sich auf die Industrialisierung sultat

einer

gleichberechtigten

4

industrialisierten Ländern gründet, b) sie soll als theoretische Grundlage mechanistischen thropologie

Gerüsts

dienen,

schrittlichkeit"

der

die

durch

die

mit

den

und für die Widerlegung des

klassischen

die

als dem Re-

Austauschpolitik

Soziologie

und An-

lateinamerikanische

"Rück-

Dichotomien

"Stadt-Land"

und

"traditionell-modern" erklären.^ Die

theoretischen

Grenzen

des

Entwicklungsansatzes und

vor allem das Fehlschlagen der konkreten politischen Programme,

187

in

denen

er

verwirklicht

wurde,^

führten

Ende

der

sechziger

Jahre zur politischen und theoretischen Erschöpfung dieses An7 satzes. g

Aus der Kritik und der Selbstkritik Etappe" entsprang

der "Entwicklungs-

die sogenannte "Abhängigkeitstheorie".

Diese

Theorie, die das Denken in den Bereichen Wirtschaft, Soziologie und

Politologie

umfaßt,

bedeutete

einen

der

entscheidendsten

Schritte voran in bezug auf die g Kenntnis der gegenwärtigen lateinamerikanischen Wirklichkeit. Sie führte zu einer Neuinterpretation

der

leninistischen

Studien über den

und selbst der klassischen marxistischen Spätere

Formulierungen

der

halten Abweichungen, insbesondere Art, die

ihre Weiterentwicklung

besonders

auf

die

Imperialismus'"

Vorstellungen.^

"Abhängigkeitstheorie" entwirtschaftswissenschaftlicher

erschwerten.

nordamerikanische

Wir

Rezeption

beziehen uns

der

"Theorie",

die, indem sie die äußeren Gründe für die Abhängigkeit in ihrer Analyse

bevorzugen,

die

Untersuchung

der

innereni ?Dynamik der

lateinamerikanischen Gesellschaften unterbewerten. Zusammengefaßt: "Den Untersuchungen über die Abhängigkeit . . . ist es nicht gelungen, das zu bestimmen, was gerade das Ziel ihrer Analyse war: Die wirtschaftlichen und politisch-sozialen Bedingungen, die im Lande bestehen. Dies bedeutet,, liaß es ihnen nicht gelang, die Beziehung zwischen bürgerlicher Gesellschaft und Staat in Lateinamerika zu bestimmen. Sie stellen zwar das zentrale politische Problem des Kontinents dar, aber sie lösen es nicht." (13) Auf

der

Grundlage

dieser

Vorläufer

und

einer

erneuten

Kritik und Selbstkritik der vorhergehenden theoretischen Formulierungen in

setzte

ständiger

eine

Forschungsrichtung

Entwicklung

äußeren Abhängigkeit

befindet.

Ohne

zu vernachlässigen,

ein,

die

die

sich heute

Problematik der

stellen

chungen der Dynamik und der inneren Struktur der

die

Untersu-

lateinamerika-

nischen Gesellschaft vom Beginn der siebziger Jahre den Anfang dessen dar, was man eindeutig den Weg zu einer schen Staatstheorie nennen kann.

188

lateinamerikani-

7.1 Die Staatstheorie in Lateinamerika Die

Entwicklung

der

Staatstheorie

dar, die neuen Herrschaftsformen,

die

im

stellt

den

Versuch

lateinamerikanischen

Kontext auftauchen, zu erklären. Aus diesem Grund lokalisieren einige Autoren ihren Ursprung in der Mitte der sechziger Jahre, als Antwort auf den brasilianischen Militärputsch von 1964, der 14 den Prozeß des neuen Autoritarismus einleitet. Jedoch weit über die Diskussion um den chronologischen Ursprung dieser Forschungsrichtung hinaus

beeinflußten diese politischen Herr-

schaftsformen

und konkret

unmittelbar

ihre Entwicklung. Diese

Situation hat niemand besser beschrieben als N. Lechner: "Schließlich sah sich die Oberwindung der Unzulänglichkeiten durch Vereinsamung und Schweigen gehindert. Die intellektuelle Reifung hängt nicht vom Verstreichen der Zeit ab, sondern erfordert den Dialog. In diesem Sinne ist die Erforschung des Staates dem Staate, den sie erforscht, unterworfen." (15) (Unsere Unterstreichung) Wie wir

sehen werden

ist es unvermeidbar, daß die di-

rekten politischen Bedingungen der Erforschung des Staates sich in ihren theoretischen Formulierungen ausdrücken, was in einigen Fällen eine negative Wirkung auf die Produktion von Wissen hat. In diesem Kapitel ist es unsere Absicht, a) einige der relevantesten Arbeiten zum Thema vorzustellen; b) die Diskussion zu rekonstruieren, wie sie zwischen den einzelnen Strömungen verläuft; c) das herauszustellen, was, über die Unterschiede hinaus, die gemeinsame Basis darstellt; d) den "Ort" zu bestimmen, der darin jeweils der Rechtsinstanz zukommt.

7.2 Die

verschiedenen

Forschungsrichtungen

der

Staatstheorie

in Lateinamerika Die Forschungsrichtung, die wir hier "Staatstheorie" genannt

haben,

stellt

sich

keineswegs

als etwas Homogenes dar.

189

Abgesehen besitzt,

von

der Hegemonie,

findet

man

so

viele

die das Kritische

Denken

unterschiedliche

Ausrichtungen

darin vor, daß man ein Klassifizierungsprinzip Die

in

diesem

Sinne

unternommenen

in ihr

festlegen muß.

Systematisierungsarbeiten

sind dennoch selten. So unterscheidet z.B. Liliana de Riz, ohne daß dies das zentrale Anliegen ihres Aufsatzes wäre, drei Konzeptualisierungen der neuen Staatsformen innerhalb der "Staatstheorie" : a) die Konzeptualisierungen, die sie als eine spezifische Form des

Ausnahmestaates

bezeichnet:

abhängig

faschistisch, fa-

schistisch sui generis; die

b) diejenigen,

die

Veränderungen

bürokratisch-autoritären c) eine dritte, weniger

mit

dem

Notstand

eines

Staates kennzeichnen;

systematisierte,

form als Militärstaat b e z e i c h n e t . ^

die die neue Staats-

Fünf Jahre nach dem Er-

scheinen der zitierten Arbeit von de Riz

gibt es zahlreiche

Publikationen (auf die wir eingehen werden), die, gleichzeitig mit der Ausweitung und Vertiefung der Untersuchung dieser Problematik, die inneren Strömungen der

"Staatstheorie"

im wesentlichen auf zwei reduziert haben. Einerseits diejenige, die den Staat als faschistisch bezeichnet und diejenigen Adjektive hinzufügt, die die lateinamerikanische Spezifität

erforderlich macht, und die andere, die implizit oder

explizit die Charakteristik "faschistisch" verneint und nach neuen Begriffen

sucht, um eine

Realität zu bezeichnen, die,

wie der neue Autoritarismus, keine Präzedenzfälle hat. Es muß klar sein, daß die Aufteilung, die wir vorschlagen, weder

den Anspruch hat, eine neue, mehr oder weniger sy-

stematische Klassifizierung zu sein, noch daß dadurch die wichtigen

Unterschiede

schätzt werden.

innerhalb

Es geht

jeder

einzelnen

Strömung

unter-

lediglich darum, auf diese Weise her-

auszustellen, welches der wichtigste theoretisch-politische Gegenstand

der

Diskussion

Staatstheorie" ist.

190

innerhalb

der

"lateinamerikanischen

7.3 Der

Staat

als

eine

spezifische

Form

des

Faschismus

be-

trachtet 18 von Theotonio Dos Santos, James 20 21 Petras, Marcos Kaplan und Agustin Cueva sind repräsentative Beispiele für diese Position. Die 19

Arbeiten

17

Für Dos Santos, dem Autor der vermutlich am besten ausgearbeiteten

These

in dieser

Richtung,

sind die

autoritären Regime die erste Phase eines zesses auf breiterer Ebene. Für

den 23

von Gruppen

Obergang

22

zum Faschismus

gegenwärtigen

Faschistisierungsprowird mit der

Existenz

gerechnet, die innerhalb des autoritären Staates

die Bildung eines korporativen Staates befürworten, ein Vorhaben, das, wie es Dos Santos selbst behauptet, wenig oder keine Aussicht auf Realisierung hat, und zwar "wegen dem höchst unpopulären Charakter der wirtschaftlichen Maßnahmen, die ergriffen werden, um das Großkapital zu bevorzugen und die politischen Reaktionsmöglichkeiten der großen demokratischen Mehrheit zu zerstören, einschließlich des Kleinbürgertums, das den Putsch unterstützte, das aber mit dem Prozeß der wirtschaftlichen Konzentration und der Zentralisierung des Kapitals, der die Regierung, die aus dem Putsch hervorgekommen ist, begünstigt, nicht einverstanden ist." (24) Auf

der politisch-ideologischen

tos die Existenz

Ebene vertritt Dos San-

eines "wirklichen und immer stärker

ideologi-

schen" Kompromisses "zwischen den konservativen und den faschistischen Kreisen auf der Suche nach einer autoritären politischen Formel, die den Zustand der Ausnahme tilgt und die Konzeption eines neuen Staates akzeptiert, der dem faschistischen Staat viel näher ist als dem liberal-autoritären." (25) Wir Probleme

hatten der

Gelegenheit,

schon,

als

autoritären darauf

wir

die

ideologisch-politischen

Institutionalisierung

hinzuweisen,

daß

der

behandelten,

Kompromiß

innerhalb

der konservativen Kreise, die Dos Santos im übrigen nicht näher beschreibt, - womit gemeint

ist

aber mit

(Streitkräfte,

Sicherheit großes

der herrschende

Industriekapital,

Block

grundbe-

191

sitzende

Oligarchie)

- sich

auf

der

Ebene

nicht auf ideologischer Ebene nachweisen Im

autoritären

Staat

und

als

der

Realität, aber

läßt.

generelle

Tendenz

nehmen

die Streitkräfte die DIS als Ideologie an, während die grundbesitzende Oligarchie verbissen den "jeweils den Umständen angepaßten"

Auffassungen

anhängen. doppelte

Was

immer

Verhalten

des in

der

effektive Unterstützung

rechtlich-politischen

Betracht

gezogen

oligarchischen

Liberalismus

werden

Gruppen.

muß,

ist das

Einerseits die

der repressiven, von den

Streitkräften

durchgeführten Politik, was natürlich das explizite oder implizite Einverständnis mit der de facto Gesetzgebung ohne die Frage die zu

nach

dem

Inhalt

Ablehnung, verändern,

der

Dauer

mitbeinhaltet.

traditionellen

insbesondere

ausgearbeiteten norm erhält

und

die

die

Muster

während

Verfassungsorgane.

des

Andererseits

der

Legitimität

19.

Jahrhunderts

Diese rechtliche

Grundsatz-

in dieser Konzeption einen abstrakten und symboli-

schen Wert, der von seiner wirklichen Anwendung völlig unabhängig

ist.

Es

ist

an die Umstände

dies

die

Haltung,

die

wir

angepaßt", und,um genauer

"1 iberal-recht 1 ich zu sein, an die Um-

stände des neuen Autoritarismus angepaßt, nennen. In

seiner

Betrachtung

Analyse

fortfahrend

der Bedingungen

des historischen

kommt

sich

Santos

zu der

26

Faschismus.

In Italien 1922 und in Deutschland breitete

Dos

des Aufkommens und der Entwicklung

das

Phänomen

Faschismus

1933 eingeführt, ver-

derart,

daß es

möglich

wurde, den Faschismus als politische Bewegung und die Bildung alliierter und kollaborierender faschistischer Staaten zu un27 terscheiden. Indem

er

die

historischen

Fakten

etwas

überinterpre-

tiert, zieht Dos Santos die Möglichkeit in Betracht, "theoretisch die Existenz eines faschistischen Zustandes anzunehmen, der nicht aus einer faschistischen Bewegung entsprungen ist, sondern aus einer Besetzung oder aus einem Militärputsch, wie es zwischen 1939 und 1945 der Fall war."

(28)

Bezüglich der sozioökonomischen bestandteile aus 192

dem

Inhalte und der Klassen-

des Faschismus behauptet Dos Santos, daß sie sich

Kleinbürgertum,

dem

Lumpenproletariat

und

dekadenten

Kreisen

der

grundbesitzenden

diesem Augenblick

Oligarchie

zusammensetzen. Bis zu

ist der ideologische Schwerpunkt des Faschis-

mus gleichzeitig antikommunistisch und antikapitalistisch. Dennoch

mit der 29 Ist Unterstützung des Großkapitals, an die Macht zu gelangen. er

gelingt

erst

es

einmal

der

faschistischen

Bewegung

erst

an der Macht, dann versucht der Faschismus die

Grenzen zwischen Staat und bürgerlicher Gesellschaft zu zerstören

(Totalitarismus), beseitigt die übrigen Parteien und mili-

tarisiert

die Gesellschaft.'®

Außer den übrigen

Unterschieden,

die die eben gegebene Beschreibung

im Vergleich mit einem libe-

ralen

Dos

Regime

kennzeichnet, möchte

Santos eine

besonders hervorheben, die zwischen diesen beiden lichen

Organisationsformen

existiert:

Die

Ähnlichkeit

gesellschaft-

Beibehaltung

des

Privateigentums. Von setzungen

den oben genannten ausgehend

geht

theoretisch-historischen

Dos

Santos dann

abhängigen Kapitalismus ein. Außer Deutschland sich

auch

Abenteuer

Länder des

wie

Spanien,

Faschismus

Italien

und

eingelassen.

Voraus-

auf die Analyse des und Japan haben

Portugal

Dies

auf

das

impliziert,

daß

rückschrittliche Länder ähnliche Aufgaben übernehmen können wie das Bürgertum, das nach politischer und wirtschaftlicher Macht strebt.32 Die

Bedingungen

der

gegenwärtigen

lateinamerikanischen

Situation mit einem abhängigen Kapitalismus und einem

abhängi-

gen Bürgertum ist wesentlich verschieden von der nationalen Kapitalakkumulation und den expansionistischen Plänen des "historischen Faschismus". Dies zwingt Dos Santos zu einer noch stärkeren "Verkleidung" seiner Analyse. Abgesehen Bündnis

von

von

Staat

den

einer Massenmobilisierung "Faschismus"

-

rein

formalen

und Großkapital

die

Dos

Ähnlichkeiten,

bietet, macht

zur Stützung des Santos

selber

die das

es das

Fehlen

lateinamerikanischen

zugibt"

- schwer, wenn

nicht gar unmöglich, die Glaubwürdigkeit dieser These aufrechtzuerhalten. Die Stelle des nationalen Großkapitals nimmt im lateinamerikanischen

"Faschismus"

das

internationale

Kapital

34 ein,

und

anstelle

Doktrin, "deren

der

Massenbewegung

faschistischer

steht

die

DIS.

Inhalt dem klassischen

Diese

Faschis-

mus wenig gleicht," 3 ^- weswegen man sich fragen kann, warum man 193

ihn dann als

solchen betrachten soll - "ersetzt die Figur des

(charismatischen)

Führers durch eine technokratische Elite von

Militärs und zivilen Bürgern" und "die Partei

durch den natio-

nal-militärischen bürokratischen A p p a r a t " . ^ Abschließend kann man sagen, daß wenig oder nichts über die

institutionelle

und

die

wenigen

Struktur

dieses

Betrachtungen,

Prozesses

zu erfahren ist,

die das Recht

betreffen, sind

Randbemerkungen, die sich auf den "historischen Faschismus" beziehen. Bei der nun folgenden Besprechung der anderen drei Autoren, die dieser Strömung zuzurechnen sind, werden wir die Argumente,

die

sich

auf

den

"historischen

Faschismus"

beziehen,

nicht mehr referieren. James Petras meint: "Der Begriff, der am besten den Charakter dieses neuen Staates, seine Beziehung zur Klassenstruktur und zum Wirtschaftssystem ausdrückt, ist "neofaschistisch". (37) In diesem Falle kommt der "Neofaschismus" als Folge der 38 Akkumulation des Kapitals auf Weltebene auf. Der Staat erscheint in dieser Untersuchung als konspirative Allianz zwischen reaktionären Militärs, lokalen Kaufleuten und konservativen Kleinbürgern, um den populistischen Staat (Estado Populis39 ta)

zu ruinieren.

Folgendes sind - immer noch nach Petras -

die bedeutendsten Kennzeichen des "neofaschistischen" Staates: a) sein fremdstämmiger Charakter, der bewirkt, daß der nationale Staat von seinem jeweiligen "Mutterstaat" stark abhängig ist. Diese Situation macht gleichzeitig seine mäßige

Macht

unverhältnis-

und den hohen Grad an Autonomie

in bezug auf

die bürgerliche Gesellschaft verständlich; b) eine ständig repressive Politik, und c) die

völlige

Willkür

Rechtsnormen. Punkt

bei

der

Schaffung

und

Anwendung

von

Es muß daran erinnert werden, daß mit diesem

- für Petras - alles beginnt und endet, was sich auf

Institutionalität und Recht bezieht. Was

das

schistischen" 194

ideologische Staat

eine

Element

betrifft,

grundlegende

das

Bedeutung

im

"neofa-

h a t , 4 0 die

ihn von der traditionellen Militärdiktatur unterscheidet, ist

es

im wesentlichen

repräsentiert, 42 als das Legitimierungselement schlechthin erweist. In Marcos

durch die DIS

Kaplans

Untersuchung

41

so

die sich

ist die autoritäre Not-

standssituation

auf die Investitions-, Akkumulations- und Ren43 tabilitätserfordernisse der Großunternehmen zurückzuführen.

Die oligarchische Elite entwickelt als Antwort auf ihre Hegemoniekrise sich

"autoritäre

an

ein

sich mit Fällen

totalitäre" Modell

Herrschaftsformen, "die

sui

generis

ihm decken. Diese Alternative

realisiert

tinien)

und

faschistisches

und

annähern oder

ist bereits in einigen

(Brasilien, Chile, Uruguay, Bolivien, Argen-

zeichnet

sich als eine weder

fatale noch

zu ver-

meidende

Bedrohung anderer unterentwickelter 44 und teilweise unterentwickelter Länder dieser Region ab". Angesichts einer solchen

Behauptung

Begriffs

muß

"Faschismus"

man

sagen,

lateinamerikanische

Realität

von

so

Begriffen,

die

daß, über

in seiner Anwendung hinaus,

verschiedene

die

die

Kritiken des

auf die

historische

wahllose

Verwendung

Realitäten

bezeichnen wie

Autoritarismus und Totalitarismus, es unmöglich macht, die Spezifität

der undemokratischen Herrschaftsprozesse und Mechanis-

men im gegenwärtigen Lateinamerika zu fassen. So

ist

einer der

am meisten ausgearbeiteten Aspekte in

Kaplans Untersuchung derjenige, der sich auf seine Überlegungen zum hohen Grad

an relativer Autonomie der politischen

Instanz

bezieht. "Die Bestimmungen und Bedingungen der sozioökonomischen Basis und der Klassenkonflikte wirken nicht auf automatische, mechanische und einseitige Weise auf die politische Sphäre und den Staat, sondern bilden im Gegenteil die Möglichkeit und die Notwendigkeit ihrer relativen Autonomisierung. Der Staat muß einen solchen Platz einnehmen, um durch eine direkte Intervention, die seinen Wirkungskreis, seine Funktionen und seine Befugnisse erweitert, auf die Produktionsweise des abhängigen Neokapitalismus einzuwirken." (45) Was die Analyse der Rechtsinstanz merkt

werden,

daß,

obwohl

in

Kaplans

anbelangt, so muß be-

Arbeit

die

Problematik

ausführlicher als bei allen anderen zitierten Autoren behandelt

195

wird, er dennoch

in hohem Maße im Allgemeinen verharrt. Unter

diesen Herrschaftsformen kommen dem Recht - nach Kaplan - folgende Aufgaben zu: a) die Autoinstitutionalisierung einer immer mehr

interventio-

nistischen und autoritären Staatsmacht; b) die Erweiterung des Kreises der Verhaltensweisen der Strafgesetze), das

System

der

Legitimierung

die

betrachtet

zur Abschwächung

als Abweichung werden;

die Bildung

für die Ausnahmezustände der

Grenzen

(mit Hilfe

vom oder sogar gegen von

Mechanismen

und die Tendenz

zwischen dem öffentlichen und

dem privaten Recht; c) die zwangsweise Durchsetzung einer minimalen Kohärenz in die wirkliche gesellschaftliche und politische Heterogenität; d) die Regelung und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen zwischen Klassen, Gruppen und Individuen; und e) die materielle und ideologische Hilfeleistung bei der Beibe46 haltung des geltenden Wertesystems. Im Unterschied zu Kaplan, bei dem unseres Erachtens der Absicht, schen

den

Staates

"faschistischen" zu

beweisen,

Charakter

sekundäre

des

lateinamerikani-

Bedeutung

zukommt, ist

diese Absicht in Agustin Cuevas Untersuchung das zentrale Element der Analyse. Cueva versucht seine These zu vertreten, indem er von der klassischen Definition des Faschismus von Dimitrov ausgeht, nach der jener gekennzeichnet ist als "die terroristische Diktatur, die die reaktionären Kreise des Monopolkapitals insbesondere über die Arbeiterklasse ausübt, wenn sie sich in Krisensituationen befinden oder aus irgendeinem anderen Grund ihr Herrschaftssystem bedroht glauben", (47) und

indem

ebenso wie

er

sich

auf

Interpretationen

von

Dimitrov

stützt,

auf die von Rodney Arismendi,^® welche gerade jene

Aspekte als nicht wesentlich oder sekundär ansehen, die sich in 49 Lateinamerika nicht nachweisen lassen: Die Massenpartei, die Unterstützung durch das Kleinbürgertum oder die chauvinistische Ideologie. So (das 196

genügen

zwar nützlich

für

diesen

ist, das

Autor

ein

aber, weil

ideologisches es so stark

Element

emotional

belastet kann,

ist,

und

lediglich

nicht

ein

strukturelles

und

dem

einer politischen

Denunzierung

besseren Verständnis

Element,

das

"lateinamerikanischen"

sätzliche munismus

einem

dem

der

"historischen

gemeinsam

dienen

Realität) und Faschismus"

ist, um eine

grund-

Identität beider herzustellen: Den extremen Antikomund die

tiefe Verflechtung

des

transnationalen Kapi-

tals in der Wirtschaft. "Definiert man den Faschismus auf diese Weise, so kann man sich fragen, ob er in Ländern wie denen des cono sur Lateinamerikas existiert oder nicht. Wir weisen zunächst darauf hin, daß die Tatsache, daß Chile, Uruguay, Argentinien oder Brasilien keine imperialistischen Länder sind, sondern im Gegenteil Länder, die der imperialistischen Herrschaft unterworfen sind, kein Hindernis dafür darstellt, daß dort Prozesse der Faschistisierung ablaufen. Im Gegenteil: Die tiefe Verflechtung des transnationalen Kapitals in diesen Wirtschaftssystemen ist der wesentliche Bezugspunkt für das Verständnis dieser Prozesse. Wenn wir heute hier wirklich von Faschismus sprechen können - sicher zum ersten Mal in der Geschichte des Subkontinents - so gerade deshalb, weil durch diese Verflechtung die wirtschaftlichen Bedingungen reiften, damit dieses Phänomen stattfinden kann." (51) Abschließend er

die

inhaltliche

und paradoxerweise Beschreibung

des

beinahe

so, als

wollte

"lateinamerikanischen Fa-

schismus" negieren, bemerkt Cueva: "Mangels eines "Konsenses" stützt sich dieser Faschismus in der Hauptsache auf einen militärischen Apparat, der von außen her in einem "inneren Kriegszustand" alle strategischen Punkte der Gesellschaft besetzen muß, angefangen bei den sogenannten "ideologischen Apparaten des Staates". Seine Macht ist daher eine militärische, seine Schwäche eine gesellschaftliche." (52) Was die Analyse der Rechtsinstanz mehr-als

anbelangt, so ist sie

in der Analyse des politischen Bereichs in derjenigen

der Wirtschaft verstreut. Abgesehen

von

den

Schwächen

und

Schwierigkeiten,

sowohl bei den hier zitierten Autoren wie auch bei allen übrigen Sozialwissenschaftlern, die die These von der Anwendbarkeit des Faschismusbegriffs auf die lateinamerikanische Wirklichkeit

197

vertreten, kann man diesen Untersuchungen einen effektiv geleisteten

kritischen

Beitrag

zur

Kenntnis

dieser

Wirklichkeit

nicht gänzlich absprechen.

7.4 Staatstheorie und neuer Autoritärismus Ober

ihre

Weigerung

hinaus,

den

lateinamerikanischen

Staat als faschistisch zu bezeichnen, - was immerhin schon etwas ist

- erweist

es

sich

als

schwierig,

unter den zu betrachtenden Arbeiten

eine völlige

Identität

festzustellen.

In einem kurzen Oberblick werden wir in jedem einzelnen Fall die wesentlichen Aspekte herausstellen. Es scheint nunmehr außer Zweifel, daß die systematischste

und

am

besten

strukturierte

Guillermo O'Donnell zu verdanken

Untersuchung

dieser

Richtung

ist.^

Um die autoritären Herrschaftsformen zu bezeichnen, die gegenwärtig in der kapitalistischen Peripherie herrschen, prägt er den Begriff er definiert führt

'bürokratisch-autoritärer

Staat'

(BAS). Nachdem

hat, was er unter Staat im allgemeinen

O'Donnell

Herrschaftsformen

jene

spezifischen

ein, die

Elemente

der

zur Charakterisierung

versteht,

autoritären des

"Die definitorisehen Charakteristiken des BATyps (bürokratisch-autoritär) sind: a) daß leitende Regierungsposten gewöhnlich von Personen besetzt sind, die sie nach erfolgreichen Karrieren in komplexen und höchst unbürokratisierten Organisationen wie den Streitkräften, dem Staat selber oder großen Privatunternehmen erlangen; b) es sind Systeme politischer Ausschließung in dem Sinne, daß sie danach trachten, die Zugangskanäle zum Staat dem 'sector popular' und seinen Verbündeten zu verschließen, sowie ihn politisch zu entaktivieren, nicht bloß durch Repression, sondern mittels vertikaler (körperschaftlicher) Kontrollen des Staates über die Gewerkschaften; c) es sind Systeme der wirtschaftlichen Ausschließung, in dem Sinne, als sie den Wunsch nach wirtschaftlicher Beteiligung des 'sector popular' einschränken und auf eine unbestimmte Zukunft hinausschieben; d) es sind entpolitisierende Systeme, in dem Sinne als sie soziale und politische Probleme auf "technische" Probleme reduzieren wollen, die durch die Inter198

BAS füh-

aktion der Spitzen der oben genannten großen Organisationen gelöst werden sollen; e) sie entsprechen einer Etappe wichtiger Veränderungen in den Akkumulationsprozessen ihrer jeweiligen Gesellschaften, die ihrerseits Teil eines "Vertiefungsprozesses" eines peripheren und abhängigen Kapitalismus sind, der dessen ungeachtet bereits eine ausgedehnte Industrialisierung hat." (55) An auf

dieser

zwei Dinge

instanz

nicht

Stelle

angelangt

scheint

es uns

angebracht,

aufmerksam zu machen. Erstens, daß die Rechtsin der Definition

des BAS erscheint.

Zweitens,

daß in einem späteren "Versuch", Anmerkungen zu einer "Staatstheorie"^

zu

Rechtsinstanz

formulieren, die vage und

die

Betrachtungen

allgemeine

bezüglich

Ebene ihrer

der

charakteri-

stischen Funktionen im kapitalistischen System nicht überschreiten

und

nicht

einzudringen,

versucht

wird,

in die Spezifität

der

Aspekte

die der Rechtsinstanz von der autoritären Reali-

tät verliehen wird. Nach "engen"

O'Donnell

und

muß

das

"systematischen"

Erscheinen

Verhältnis

des

zu

BAS

den

in

seinem

Veränderungen

im internationalen Kapitalismus verstanden werden, der in enger Verbindung mittelbaren Einführung und

als

mit dem Staat sich von den Erwartungen und den unInteressen

derjenigen

Kreise

entfernt,

in der Anfangsetappe unterstützen.^ 7

zusätzliches

Element

von

großer

die

seine

Des weiteren -

Bedeutung

-

ist der

BAS die Folge einer politisch-wirtschaftlichen Krise, deren Intensität

die spezifischen Charakteristiken desselben

bestimmt.

Hinsichtlich der Krise könnte man O'Donnells Hypothese folgendermaßen ausdrücken: Je größer die Bedrohung ist, die die Bewegung der 'sectores populäres' für die Interessen des herrschenden

Blocks

darstellt,

desto

größer

werden

die

und die Ausdehnung, mit der sich der BAS ausbreitet. Eine

andere

Arbeit,

die

in

gewisser

Intensität 58

Weise

in

die

Nähe

der vorhergehenden zu rücken ist, stammt von Atilio Bo59 ron. Es werden in ihr interessante Thesen über den lateinamerikanischen

Staat

lichste und

systematischste

den

gegenwärtigen

entwickelt,

und man kann sie als die

Kritik

der Thesen

lateinamerikanischen

Staat

gründ-

betrachten, die als

einen

Typus

sui generis von Faschismus ansehen.^" 199

Für

Boron

Diktaturen günstige

das

die

Resultat

Lösung

Hegemonie

sind -

- und

einer

die

Krise,

im herrschenden

Block

für

die

lateinamerikanischen

den

eine zu

herrschenden

Block

Neuorganisierung

notwendig

Pattsituation" 6 1

"gesellschaftliche Gesellschaften

gegenwärtigen

werden

beenden,

der

läßt, um die welche

in der Zeit vor der Einführung dieser

diese

autoritä-

ren Formen kennzeichnete. Diese Neuorganisierung kretisieren, Kapitals

das

Teile

unter

des

der

würde sich Vorherrschaft

nationalen

Bürgertums

in einem Bündnis kondes

transnationalen

und

einige

Bereiche

der Mittelschicht, die von den neuen Formen der Kapitalakkumulation profitieren, mit e i n s c h l i e ß t . ^ tersuchung

stellt

amerikanischen

Boron

Zum Abschluß

seiner Un-

fest, daß wir es im Falle der

Diktaturen

mit

einer

neuartigen

latein-

Modalität der

bürgerlichen Herrschaftsformen

zu tun haben, die man nicht mit

den

kapitalistischen

traditionellen

Formen

des

Ausnahmestaats

identifizieren kann, wie den Bonapartismus, die Militärdiktatur oder den Faschismus "Die gegenwärtige Wirklichkeit verlangt, daß man diesen Regimen analytische Aufmerksamkeit schenkt, ihrer Klassenzusammensetzung und ihrem Funktionieren sowie dem Charakter der kapitalistischen Entwicklung an der Peripherie, (was) dazu führen würde, daß man zu dem Schluß gelangt, daß die kapitalistischen Staatsformen, die von den Klassikern des Marxismus als Ausnahmenformen betrachtet werden, zu 'normalen' Modalitäten der bürgerlichen Herrschaft im abhängigen und peripheren Kapitalismus wurden."

(64)

Die abschließenden Betrachtungen Borons scheinen eindeutig in Richtung der Nowendigkeit einer Untersuchung der polititisch-rechtlichen orientiert zu

Struktur

des

lateinamerikanischen

sein.^

"Deshalb ist es ein Gebot der Stunde, die gegenwärtige lateinamerikanische Situation zu studieren, insbesondere die politischen Obergangsformeln, durch die die herrschenden Klassen mit einem minimalen Kostenaufwand den geordneten Rückgang antreten werden, sobald die Volksoffensive die Beibehaltung der Diktaturen unhaltbar machen wird." (66)

200

"Falles"

Eine

weitere

interessante

Studie

über

die

Problematik

des Staates bietet Heinz S o n n t a g . ^ Für ihn bestimmt die besondere Form, die die wirtschaftliche Organisation annimmt giger Kapitalismus), die permanente Herrschaft Sphäre.^®

Diese

dominierende

Rolle

der

der

(abhän-

politischen

Politik kann dazu ver-

leiten, eine Parallele mit der Wirklichkeit des zentralen Kapitalismus

zu

ziehen,

wo, wie wir bereits

sahen, die politische

Sphäre eine bemerkenswerte Vorherrschaft erreicht. Wir zitieren im folgenden

eine sehr zutreffende Bemerkung

Sonntags, die vor

der Möglichkeit dieser falschen Interpretation warnt: "Ohne auf die Diskussion über den monopolistischen Charakter des unterentwickelten Kapitalismus einzugehen, kann man sagen, daß die führende Rolle, die ihm in der politischen Sphäre durch die Wirtschaft zugesprochen wird, eine Konsequenz des äußeren Zwanges ist. Das heißt, daß es eine Konsequenz seiner strukturellen Schwächen ist. Der entsprechende Prozeß in der Phase des monopolistischen Kapitalismus (zentraler Kapitalismus) ergibt sich hingegen direkt aus der Stärkung der Wirtschaftssphäre, die eine Intervention der Politik notwendig macht. Die Analogie ist rein formaler Natur, die Grundlagen für einen scheinbar gleichen Prozeß sind völlig verschieden." (69) (Unsere Im

weiteren

die Vorherrschaft

Unterstreichung)

Verlauf

der

Untersuchung

der

grundsätzlich aus dem Unvermögen der bürgerlichen die sozialen Konflikte zurückwirken;

Gründe, die

der Politik bestimmen, erklärt Sonntag diese

einem

weise die Ausnahme

Gesellschaft,

zu lösen, die unmittelbar auf den Staat

Staat,

dessen

"normale"

Form

notwendiger-

sein muß, was wiederum die permanente Krise

seiner Institutionen verständlicher macht. Verbleiben

wir

noch

einen

Augenblick

beim

Problem der

Vorherrschaft der Politik. Für Sonntag verwandelt sich die "Politik in das Ordnungsprinzip der Struktur, in das einzige Kohä71 sionselement des unterentwickelten Kapitalismus". Diese Bemerkung,

die

zutreffend

"rechtlich-politische"

ist,

Struktur

wenn

wir

unter

verstehen,

hat

"Politik" den

die

Fehler, zu

allgemein zu sein. Wir werden noch Gelegenheit haben, zu sehen, daß

das

Element

der

"politisch-rechtlichen"

Struktur

mit den

meisten Möglichkeiten, Kohäsion und Ordnung zu produzieren, ge201

rade das Recht ist und nicht die Politik, was auf die besondere Art der Beziehungen Herrschenden reich

und

zurückzuführen

den

ist, die sich zwischen den

Beherrschten

in diesem

spezifischen Be-

entwickeln.

Was das Problem der Legitimierung dieses nicht faschi72 stischen Ausnahmestaates angeht, so ist es der permanente Charakter der Krise, der die Haltung, die Lösung derselben mittels des Ausnahmestaates zu akzeptieren, hervorbringt, rechtfertigt und verinnerlichen läßt. 73 74 zeichnet sich durch Die Arbeit von Tilman Evers einen bemerkenswerten Versuch der Systematisierung der wesentlichsten Kennzeichen aus. Unter ihren zahlreichen Vorzügen verdient vor allem die Untersuchung und insbesondere die Formulierung der Probleme, die sich auf die Autonomie und das Vorherrschen der politischen Sphäre beziehen, hervorgehoben zu werden: "Der national-staatliche Rahmen besitzt für den politischen Bereich maßgebliche Bedeutung, die ihm auf der ökonomischen Ebene fehlt. Im Schutz des Souveränitätsprinzips gewinnt die politische Sphäre einen erheblichen Vorsprung an Autonomie gegenüber der ökonomischen." (75) Von

dieser

Feststellung

ausgehend

dringt

Evers

viel

weiter und tiefer als alle bisher besprochenen Arbeiten zu diesem Thema in die Analyse der institutionellen Formen der autoritären

Regime

Heterogenität

vor und hält der

Hauptproblem,^ 6

Interessen

diesbezüglich des

den hohen Grad der

herrschenden

Blocks

für das

das er als Frage folgendermaßen formuliert:

"Welche institutionellen Formen sind einem Staat adäquat, der sein abstraktes Gestaltungsprinzip als Ausdruck allgemeiner, abstrakter und unpersönlicher Herrschaft in jeder seiner konkreten Beziehungen zur Gesellschaft teilweise wieder dementieren muß?" (77)

den

Obwohl Evers explizit die Möglichkeit einer befriedigen78 Antwort auf seine Frage verneint, schlägt er doch ei-

nige Lösungsansätze vor, die (in Einklang mit unserer Position) darauf hinweisen, daß, wenn auch der Verlust der Rechte derjenigen

Bürger,

schwächeren

die

zur

beherrschten

Klasse

gehören,

sowie der

Teile der herrschenden Klassen festgestellt werden

kann, dennoch sehr weite Teile dieser letzteren Gruppe im Genuß 202

eines

genügend

sind,

um

großen

Spielraums

ihre

Standpunkte 79 schiedenheiten zu lösen.

"politischen

vorzubringen

und

Pluralismuses"

ihre

Meinungsver-

Es darf nicht vergessen werden, daß ein erheblicher Teil unserer Untersuchung gestellte

Frage

zu

das Ziel hat, Antworten auf die von Evers finden,

und

daß wir

bei

der

konkreten Be-

trachtung der "Fälle" (Argentinien, Uruguay, Chile) Gelegenheit hatten die

zu

sehen,

die

doppelte

daß die spezifische

autoritäre

Form und die

Institutionalisierung

Notwendigkeit

bestimmt

sind,

Funktionen,

annehmen,

die

durch die

Forderungen

der be-

herrschten Sektoren zu unterdrücken und den "politischen Pluralismus" der Herrschenden zu erhalten. Anläßlich der Behandlung der Problematik der Legitimität dieser Regime hatte Evers

auf den prekären Charakter derselben

hingewiesen,

Widerspruch

der

aus

dem

zwischen

ihrer

de

facto

Perpetuierung und ihrer Selbstdarstellung als Ausnahmestaaten on erwächst. Auch in diesem Zusammenhang muß an den "Fall Chile" erinnert

werden,

dessen autoritärer

Institutionalisierungspro-

zeß letztendlich dahin tendiert, diesen Widerspruch zu beseitigen, indem er sich als "neue Ordnung" präsentiert. Hit

der

Untersuchung

tur fortfahrend Überlegungen tiert

als

der "politisch-rechtlichen" Struk-

widmet Evers einige kurze, jedoch

Folge

der

strukturellen

schaft, die bewirkt, daß das Gesetz ter in den gesellschaftlichen strakten

interessante

dem Problem des Rechts. Dieses erscheint

Inhalt

ablegt

und

Heterogenität seinen

der

fragmenGesell-

Vermittlungscharak-

Beziehungen verliert, seinen ab-

sich

"in

eine

Sonderanordnung und 81

schließlich in einen Verwaltungsakt" verwandelt. Ohne den Anspruch erheben zu wollen, die Liste der Autoren, die in diese Richtung einzuordnen sind, erschöpft zu ha82 83 ben, wenden wir uns zuletzt noch der Arbeit N. Lechners zu. Obwohl sie wenig systematisiert ist, gehört sie zu den wertvollsten

theoretischen Annäherungen

an das Problem des latein-

amerikanischen Staates, die bis zum heutigen Tag vorliegen. Sie hat

zwei

und

Staatsapparat

zentrale

Anliegen: und,

als

Die

Unterscheidung

zwischen Staat

Präzisierung

dieser Unterscheidung 84 verstanden, das Problem der Natur des Staates. Davon ausgehend, daß es unmöglich

ist, den

lateinameri-

203

kanischen Staat aus einer allgemeinen Theorie des bürgerlichen 85 Staates "abzuleiten",

geht es darum, diesen

lateinamerikani-

schen Staat als ein "Moment" der Gesamtentwicklung des kapitalistischen Systems heiten tige

zu konzeptualisieren,

spezifiziert

autoritäre

gerade

werden.

Staat

Ausdruck

in der Trennung

indem seine

In diesem Sinne einer

ist der

Besondergegenwär-

Hegemoniekrise,

die sich

zwischen Herrschaft und Hegemonie mani-

festiert : "Wir haben es mit einem Zirkel zu tun: Die Krise des Staates wurzelt in einer Hegemoniekrise und die Hegemoniekrise wird durch die Krise des Staates reproduziert." (86) Die Folge davon 87

ist das Erscheinen eines dauernden Not-

standsstaates. Auch in dieser Untersuchung wird die Folge der Unterordnung

wirtschaftlichen

des

eindeutig

im

hohen

Grad

Bereichs der

(abhängiger

Kapitalismus)

gesellschaftlichen

Heterogenität

erkannt, der die lateinamerikanischen Gesellschaften kennzeichnet. Darum liegt das zentrale Problem des (autoritären) Staates darin, die gesellschaftliche kreten

Bedingungen

der

Integration, jedoch unter den kon-

strukturellen

Heterogenität,

zu

errei-

chen. Es gibt drei mögliche Integrationsmechanismen: Die Reli88 89 gion, und die soziale Revo90die neue Militärdoktrin (DIS) lution. Mythos

In und

gigkeit

ihnen

zeigt

sozialer

und

ihr

sich als Konstante

Diagnose,

Korrelat

-

denn die

eine Mischung aus

die wirtschaftliche

strukturelle

Abhän-

Heterogenität -

"erlauben es nicht, eine kollektive Identität zu entwickeln, es sei denn mit Bezug auf etwas, das die existierenden Struktu91 ren transzendiert". Es daß

unter

ergibt den

sich

aus

schaftlichen

Integration

Daher

in hohem Maße

ist

es

Teil dieser Arbeit rika" gewidmet

Untersuchung

Umständen

einen

speziell

jede

Art

Zwangscharakter

interessant, daß der

ganz der

klar, gesell-

annehmen muß. abschließende

dem "Staat und Recht in Lateiname-

ist.

Die Hypothese Ranges

dieser

gegenwärtigen

innerhalb

des

ist, daß das Recht eine Rolle allerersten autoritären

Herrschaftsprozesses

spielt,

die wie folgt formuliert wird: Es ist die Hauptfunktion des mo204

dernen

Rechtes, "die Komplexität

reduzieren"

(sie),

um

den

des Gesellschaftsprozesses

Wirtschaftsprozeß

und

den

zu

Gesell-

schaftsprozeß voraussehbar und kalkulierbar werden zu lassen. Die Politik ist, obwohl sie Normen festlegt, der Kontingenz

des Gesellschaftskonflikts

neuen

Autoritarismus

besonders

unterworfen

(welcher unter dem

stark

Außerdem

ist).

wirtschaftlich-soziale Prozeß durch die genannten Bedingungen tion,

wachsende kerem tion

Prozeß

Bedeutung

Maße

unvorhersehbar.

praktisch

diesen

voraussehbar

in

der

ist

gerade

zu

und

Arbeit

die Funk-

lassen,

des Rechts erklärt, welches

kasuistisch

wird

Es

werden

wird der

strukturellen was

in immer stär-

autoritär werden muß. Diese Lechners

die

ausgezeichnet

Situa-

konzeptuali-

siert, indem er sie als Prozeß der "Juridifizierung der gesell92 schaftlichen Beziehungen" beschreibt. Mehr noch: "Die durch durch hungen Ein

autoritäre Tendenz zeichnet sich aus eine 'Juridifizierung' der Politik oder die Umwandlung gesellschaftlicher Beziein rechtliche Beziehungen." (93)

typisches

Beispiel

für

diese

Situation

bietet das

argentinische Gesetz 21.400 über die innere Sicherheit, das für Streiks

und

vorsieht

Aussperrung

der

(vgl. unter Punkt

Direktion

strenge

Strafmaßnahmen

6.1.7). Das bedeutet, daß die Juri-

difizierung der gesellschaftlichen Beziehungen - immer im negativen

und

prohibitiven

menschliche

Interaktion

Leitung unter

Sinne

-

versucht,

voraussehbar

durch

werden

zu

Zwang

jene

lassen,

deren

den konkreten Bedingungen des neuen Autoritaris-

mus in hohem Maße unsicher ist. Diese Situation entwickelt parallel

zur Zunahme der Unsicherheit

bezüglich

der

Unmöglichkeit,

eine

sich

der Bürger, insbesondere

genaue

Kenntnis

der

Grenze

dessen zu haben, was wirklich verboten und was erlaubt ist. Daher darf dieser Typus von kasuistischer, prohibitiver und technisch mangelhafter "Juridifizierung" nicht mit dem Juridifizierungsprozessen verwechselt werden, die in den westlichen Demokratien

herrschen

und

das

Ziel haben, den effektiven Grad der

Gewißheit des menschlichen Verhaltens zu erhöhen. Wir und

Lechner

werden

später

kennenlernen,

noch die

weitere

Gründe

es noch

warum der herrschende Block gezwungen

die

von uns

verständlicher

als

machen,

ist, auf juristische und

nicht auf politische Weise zu "herrschen". 205

7.S Abschließende Bemerkung Die

besprochenen

theoretischen

Untersuchungen

erlauben

in der Hauptsache drei Schlüsse zu ziehen: Erstens, daß die unterschiedlichen

Ansichten

bezüglich

des

Problems

des

Staates

"innerhalb" eines homogen kritischen Bereichs des Denkens ausgetragen N.

werden;

Lechner

und

zweitens, in

daß

schwächerem

mit Ausnahme Maße

der Arbeiten von 94

von T. Evers

bestätigt

wird, daß die Analyse der "Rechtsinstanz" ignoriert oder unzulänglich behandelt wird, und zwar gleichermaßen qualitativ wie quantitativ; drittens, daß neben den gewichtigen Unterschieden, die die beiden behandelten Strömungen voneinander trennen, einige

gemeinsame

Elemente

zwischen

ihnen

bestehen,

auf

die

wir zum Zwecke unserer Untersuchung unbedingt hinweisen müssen. In beiden Strömungen stehen die Hegemoniekrise des herrschenden Blocks

und

die

autoritäre noch

ein

Existenz

Praktiken Aspekt,

eines

Staates,

zurückgreift,

dessen

der

außer

einheitliche

systematisch auf

Zweifel.

Bleibt dann

Betrachtungsweise

mehr

oder weniger intensiv und offensichtlich ist: Das Vorherrschen und der hohe Grad an Autonomie der politischen Sphäre. wird,

Es

ist

die

rechtlich-politische

klar,

daß

das,

was

politische

Struktur

Sphäre

genannt

der Gesellschaft ist.

Wenn wir nun unsere eingangs gemachten Bemerkungen darüber, daß die "politisch-rechtliche" Struktur zwei unterschiedliche Wirklichkeiten der

umfaßt,

Einleitung),

Nicht-Betrachtung unmittelbar

nämlich den Staat

wieder oder

aufgreifen, die

ihre negative

und das so

ungenügende Nachwirkung

wird

Recht klar,

Behandlung

(Punkt c. warum des

auf die Entwicklung der

"Staatstheorie" unter den spezifischen Bedingungen des amerikanischen

Falles

die

Rechts

haben muß. Mehr noch: Wenn

latein-

sicher

ist,

daß das Recht und die öffentlichen Institutionen die wichtigste Objektivierung als

absolut

des Staates

sind,55

und mechanistisch

müssen wir jede Behauptung

zurückweisen,

die

in der

einen

oder anderen Form etwas Ähnliches vertritt wie das, was im nachfolgenden Zitat ausgedrückt ist: "Man gelangt auch nicht zum kapitalistischen geht,

sondern

Staat,

indem man von seinen Institutionen, aus-

von den kapitalistischen

Produktionsverhältnis-

sen".96 Im Gegenteil, im Kontext des peripheren Kapitalismus muß 206

man zum Staat gelangen, indem man - auch - von seinen Institutionen ausgeht, und insbesondere von denen, die speziell rechtlicher Natur sind. Außer

den

schon

erwähnten

strukturellen

Gründen, die

(teilweise) die Notwendigkeit für den herrschenden Block erklären,

die

Gesellschaft

auf

juristische

Art

zu

kontrollieren,

bleiben bis jetzt die Gründe ideologisch-politischer Art unerforscht, die wir im nächsten Kapitel behandeln werden.

207

Kapitel VIII:

Politische Herrschaft und juristische Hegemonie

8. Die verschiedenen Ebenen der Machtverhältnisse Von den stitutionellen

zahlreichen

Fragen,

Untersuchung

der

die nach der autoritären

rechtlich-in-

Wirklichkeit im

cono sur noch offen bleiben, gibt es eine, die eine gesonderte Stellung einnimmt: Die Legitimität und das Oberleben von Regimen,

die

in konstanter

und systematischer Weise auf Zwang zu-

rückgreifen, um sich an der Macht zu halten. Um

dieses

Problem

anzugehen,

ist

es

angebracht,

zwei

deutlich unterschiedene Momente im Leben dieser Regime auseinanderzuhalten,

die das Verhalten

sowohl

der

regierenden Grup-

pen wie der Regierten kennzeichnen. In einer ersten Etappe entwickeln die Parteien und Gruppen, die mit unterschiedlicher Organisation und unterschiedlich starkem Bewußtsein die sen der "sectores populäres" vertreten

Interes-

oder zu vertreten vor-

geben, eine frontale Opposition angesichts der Einrichtung des Autoritarismus. Darauf antwortet das Regime mit einer "Kriegspolitik", in welcher der Sieg über die Subversion^ die gesamte Szene beherrscht

und

nicht

bloß

alles explizit verdrängt, was

die demokratischen Verfahrensweisen betrifft, sondern auch noch 2

die Idee des Konsenses selbst. In der zweiten Etappe, wenn die frontale Opposition gegen das Regime

zerschlagen

ist,

läßt die

Zeit des

Schweigens

und der Passivität, welche das Verhalten der "sectores populäres" kennzeichnen, das Problem der Legitimität und des Verbleibens der

autoritären

Herrschaftssysteme

zu einer

theoretisch-

politischen Frage allerersten Ranges werden. Es steht fest, daß in dieser

zweiten Etappe die Repres-

sion weit davon entfernt ist, innezuhalten, sich viel mehr noch in

selektiver

Weise,

nicht massiv, wie

in den

vorausgehenden

Perioden, intensiviert. Dies sichert den Fortbestand der Angst und

der

nicht

Gewalt,

die

so

für die Festigung,

weiterhin

eine

entscheidende

jedoch für das Weiterbestehen

Rolle dieser

autoritären Herrschaftsformen spielen. Nun heißt aber eine entscheidende Rolle nicht eine exklusive. Und, wie es schon andere 208

festgestellt für

sich

haben:

allein

"Die

Effektivität

genommen

des

physischen

erklärt noch nicht auf

Zwanges

befriedigende

Weise das Schweigen der Bevölkerung". 3 Das Problem besteht also darin, in die Spezifität der unter einem autoritären Staat bestehenden Machtverhältnisse Einblick zu gewinnen. Die Beziehungen

zwischen dem herrschenden Block und den

"sectores populäres" entwickeln sich gleichzeitig verschiedenen

auf mehreren

Ebenen, die, ohne die relative Willkür der Gren-

zen zwischen diesen zu vergessen, in drei Gruppen klassifiziert werden können: a) die wirtschaftliche, b ) die politisch-ideologische und c) die kulturelle Gruppe. Was

die

wirtschaftliche

Ebene

anbelangt,

so

läßt die

Bündnispolitik zwischen dem Staat mit der größten Konzentration nationalen Kapitals und den transnationalen Konzernen nicht den geringsten die

es

Raum,

um

ermöglichte,

Minimum

an

eine dem

Verteilungspolitik

Programm

materieller

des

Legitimität

zu

erproben,

herrschenden

Blocks ein

zu

gewähren.

Es

erübrigt

sich zu sagen, daß auf dieser Ebene die Lohnpolitik und im allgemeinen die Beschäftigungspolitik von den "sectores populäres" 4 als ihren Interessen entgegengesetzt empfunden wird. Die Charakteristiken der Beziehungen auf der wirtschaftlichen

Ebene

hinterlassen,

mechanistische

Bestimmung

politisch-ideologischen der

Tendenz

talismus

nach

Klassen

zu verursachen,

Ebene.

leben ihren

Im

eine

ihre

Gegensatz

im

peripheren

Protest

der herrschenden

Ideologie

tische

der

Bewegung

ohne

absolute und

Spuren

zu

dem,

auf der was sich

in den sozialen Gebilden des zentralen Kapi-

abspielt,^

herrschten

natürlich

aus.

Kapitalismus

nicht

innerhalb

Im Gegenteil

Opposition

die

die be-

der

Grenzen

bringt jede poli-

eigenen

politischen

und

wirtschaftlichen Grundlagen des autoritären Staates in Gefahr. Die

vorausgegangene

Durchsicht

der

Arbeiten

über die

Staatstheorie in Lateinamerika bestätigt, daß die Verhältnisse, die sich auf wirtschaftlicher und politisch-ideologischer zwischen

dem

entwickeln,

herrschenden

keine

und

den

Herrschaftsverhältnisse

daß die Herrschaft da

Block

sich

sind.

als des Konsenses

Hegemoniebeziehungen

auf

den

"sectores Das

ermangelnd

zwei

Ebene

populäres" bedeutet, erweist,

genannten

Ebenen

bestehen. 209

N. Lechner^ verdanken wir eine der wenigen Untersuchungen über die Spezifität der Machtverhältnisse im Kontext des neuen Autoritarismus.

Seine

zentrale

Hypothese

ist, daß

der

Zwang, die

Drohung und die Angst nicht ausreichen, um den Fortbestand und eine

gewisse

"Legitimität"

ren. Die Antwort gesamte

Problem

dieser Herrschaftsformen

Lechners, erklärt,

zu

erklä-

die, obwohl überzeugend, nicht das

ist,

daß Macht

Realität

erzeugt und

diese ihrerseits ihre eigene Legitimität: "die soziale Wirklichkeit weist auf die Legitimität voraus. Die Wirklichkeit besteht aus einem Machtverhältnis, mittels dessen das dominierende Interesse sich in Ordnung objektiviert. Die Macht der regierenden Gruppe liegt daher nicht so sehr im physischen Zwang als vielmehr in seiner Obersetzung in die "Macht der Umstände". Indem die Macht Wirklichkeit hervorbringt, bringt sie gleichzeitig ihre Legitimität hervor. Die Anerkennung der politischen Ordnung verweist so auf die Anerkennung der duch die Macht "verordneten" Wirklichkeit." (7) Der wesentliche Beitrag dieser Arbeit, den wir hier darstellen, nimmt die von Lechner formulierte Hypothese an, jedoch zwingt ihr die Tatsache, daß sie sich konkret auf einen anderen Bereich

der

Machtverhältnisse

richtet,

einige

Veränderungen

auf.

8.1 Juristische Hegemonie Aus

unserer

gesamten

schließen, daß der sich kanischen nicht

cono

in der

Untersuchung

ist,

sich

leicht

in den Gesellschaften des lateinameri-

sur gegenwärtig Lage

läßt

an der Macht

seinen

"Standpunkt"

befindende auf

Block

wirtschaftli-

cher und politisch-ideologischer Ebene in einen "Standpunkt" zu verwandeln, geteilt

der

von

und/oder

da die autoritären stes,

weil

der

Gesamtheit

konsensmäßig

Angst,

der

"sectores

akzeptiert

wird.

Regime weiterbestehen, Zwang und Drohung

populäres"

Folglich, und,

kann man allen Ern-

nicht

ausreichen,

um den

Fortbestand dieser Regime zu erklären, folgende These aufstellen:

Der politische

Schaden und die Illegitimität, die

Herrschaftsverhältnisse 210

einigen

Ebenen

der

offene

Machtverhältnisse

aufzwingen,

können,

was

ihre

negativen

Folgen

herrschenden Block durch die Existenz von

anbelangt, vom

Hegemonieverhältnis-

sen in anderen Bereichen teilweise abgeschwächt werden. Genauer gesagt:

Die

Inexistenz

von Hegemonie

politisch-ideologischer

Ebene

auf wirtschaftlicher und

in den Beziehungen

herrschenden Block und den "sectores populäres" negativen

Folgen

angeht,

zwischen dem wird, was die

durch die Existenz von Hegemoniever-

hältnissen auf der Ebene des Rechts teilweise abgeschwächt. Im Bereich des

Rechts

gibt es nämlich im Gegenteil einen

"Stand-

punkt", der vom herrschenden Block und den "sectores populäres" geteilt

wird,

wenngleich

er

zweifelsohne

die

Interessen des

herrschenden Blocks ausdrückt. Bevor

wir

dazu

Bereich des Rechts einmal

die

Herrschafts-

Bedeutung und

übergehen,

konkret

die

Hegemoniebeziehungen im

zu untersuchen, ist es nötig, noch

dieser

Instanz

für

Legitimationsprozesse

die

der

Gesamtheit

autoritären

der

Regime

des cono sur herauszustellen. Schauen Struktur zurück, Rechts

an

wir

den

auf

unsere

Beispielen

Analyse

der

Argentiniens,

institutionellen

Uruguays und

Chiles

so können wir die außerordentlich große Bedeutung des für

die

autoritären

Herrschaftsprozesse

feststellen.

Diese Bedeutung wird von der zitierten Untersuchung N. Lechners völlig

bestätigt,

insbesondere

was die Tendenz

zur Umwandlung

der politischen und sozialen Beziehungen in rechtliche angeht, oder, was dasselbe ist, in bezug auf die Juridifizierung der sott zialen Beziehungen. q

So gesehen herrschenden

scheint

Gruppen

die

versuchen,

auf einen der wenigen Bereiche

Behauptung

plausibel,

daß die

ihre Machtverhältnisse

gerade

zu zentrieren, wo sie Hegemonie

bes itzen. Wir haben hen, welches monie

in den vorhergehenden

im Bereich des Rechts

welches

Kapiteln

bereits gese-

im allgemeinen die Funktionen sind, die die Hege-

die Elemente

entwickelt. Sehen wir nun

sind, die es ermöglichen, sie

weiter,

aufzubauen

und auszudecken.

211

8.2 Elemente

und

Entwicklung

der

juristischen

Hegemonie des

herrschenden Blocks Die

extreme

Seltenheit

kritischer

Arbeiten

im

Bereich

des Rechts innerhalb des lateinamerikanischen Kontextes ist der erste

und

klarste

Ausdruck

der

Hegemonie

des

herrschenden

Blocks. Im Gegensatz

zu dem, was

im Bereich der

Staatstheorie

festgestellt werden kann, wo die Diskussion innerhalb eines homogenen kritischen Kontextes abläuft, ist die Diskussion im Bereich

des

Rechts

vornehmlich

einem Rahmen geführt,

der

abstrakt und

formal

und wird in

homogen zur Beibehaltung des

status

quo tendiert. Selbst in Disziplinen wie der Soziologie, 1 " der Psychologie

und

schaft 1 1

heute

ist

das

in

geringerem

kritische

Maße

Denken

der

Wirtschaftswissen-

entweder

hegemonisch

oder

verfügt zumindest über eine theoretische Produktion, die bedeutend genug ist, um auf einem Fuße relativer Gleichheit mit dem konservativen

Denken

zu stehen.

Da drängt sich die Frage auf,

welchen Umständen diese besondere Situation des Rechts zu verdanken

ist. Wenn

es auch unmöglich

ist, eine

einzige

Antwort

auf diese Frage zu geben, so kann zumindest der Hinweis auf drei (verschiedene) Aspekte das Problem teilweise erhellen. Es sind: a) Die Bedeutung des Rechts für die politische Herrschafts- und Legit imations struktur ; b) die

Zusammenstellung

und

die

Funktion

der

Rechtswissen-

schaftlichen Fakultäten; c) die Reduzierung schen

der Spezifität

Produktion

der

des Rechts in der

Geistesströmungen,

die

theoreti-

links

oder

rechts von der liberalen Ideologie angesiedelt sind. Zu a): Die Bedeutung des Rechts in einer Herrschafts- und Legitimationsstruktur Es

ist

in sehr

großem Maße das Verdienst

A.

Gramscis,

die Bedeutung der Kultur für die großen Veränderungen der Orga12 nisationsformen einer Gesellschaft aufgezeigt zu haben. Andererseits 212

haben

Autoren

wie

Wilhelm Arnold und Gustav Rad-

bruch

das

Recht als ein Element ersten Ranges für die kultu-

relle Bildung einer Gesellschaft betrachtet. 1 ^

In dieser Rich-

tung noch weiter

gehend, verstand H. Heller das Recht als die i4 fortschrittlichste Art der Herrschaft. Wenn dieses im allgemeinen, das heißt für die sozialen Gebilde des zentralen Kapitalismus sowohl der Vergangenheit wie auch der Gegenwart, sicher zutrifft, pheren

so

in noch viel stärkerem Maße im Kontext des peri-

Kapitalismus.

und

die

als

genügend

In

diesem der

Oberdeterminierung bewiesen;

eine

Fall

wurde

politischen

politische

die

Bedeutung

Sphäre

Sphäre,

schon mehr

wir

sagen es

noch einmal, die sich aus zwei klar unterscheidbaren Ebenen zusammensetzt: Die rein politische (der Staat) und die rein juristische (das Recht). Von diesen beiden Ebenen, so konnten wir im Verlauf unserer Untersuchung aus der Besprechung der Werke zur lateinamerikanischen Staatstheorie und speziell aus der Arbeit N. Lechners

ersehen,

durch

ist die politische

ihren kontingenten

sonders

durch

schenden

die Tatsache

absolut

keine

viel weniger entwickelt, was

und konf1iktuellen bedingt

Hegemonie

Recht "als die fortschrittlichste die Ebene,

wo die Herrschenden

den Beherrschten tigsten

Charakter

ist, daß ausüben.

und be-

in ihr die Herr-

Dennoch

bleibt das

Form der Herrschaft" und als

in bezug auf ihr Verhältnis zu

im Besitz der Hegemonie sind, eines der wich-

Elemente

der

lateinamerikanischen

politisch-rechtlichen

cono

sur. Es muß

Struktur

dabei immer

des

berücksich-

tigt werden, daß diese Bedeutung des Rechts nicht notwendigerweise mit seiner Wirksamkeit weniger der

mit

seinem

Charakter

gesellschaftlichen

stellende

größere

in Beziehung steht, und noch viel eines

Beziehungen. 1 **

abstrakten Die

Selbstlegitimierungskraft

nicht einer

Vermittlers in Abrede zu rechtlichen

Norm (unabhängig von ihrem Inhalt oder dem Verfahren ihrer Hervorbringung), ausdruck, -

vergleicht

trägt

insbesondere

man

sie

mit einem einfachen

des

repressiv-prohibitiven

Typs - als

des gesellschaftlichen Lebens unter den spezifischen gen

des

neuen

Willens-

dazu bei, den verstärkten Gebrauch des Rechts

Autoritarismus

verständlich

"Ordner" Bedingun-

zu machen.

Hieraus

wird die Bedeutung klar ersichtlich, die eine Untersuchung der spezifischen Funktionen des Rechts unter Bedingungen einer Un213

terdetermination

der

politisch-rechtlichen

Struktur

im

Rahmen

eines autoritären Herrschaftsprozesses hat.

zu b): Zusammenstellung

und Funktionen der

Rechtswissenschaft-

lichen Fakultäten Abgesehen davon, daß die rechtswissenschaftlichen täten

zweifelsohne

tion,

die

Theorien

die wichtigste

Diskussion und

Ideen

und

über

die das

Institution

Vermittlung Recht

für die

alles

dessen,

anbelangt, waren und

sind, sind kritische Untersuchungen über ihre und ihre Funktionen praktisch

FakulProdukwas noch

Zusammenstellung

inexistent.

Diese Institution erscheint natürlich nicht erst mit dem Aufkommen Folge des

der

der

wurden.

In

vitiosus:

diejenigen

Individuen,

die

sie

Zeit nährte

vornehmlich

den

sondern die

ist noch die

zwischen

20. Jahrhunderts

dieser

Aus

nachdem

Regime,

Republiken",

des

Regierungsmitglieder

circulus die,

autoritären

19. und dem Beginn

eingerichtet die

neuen

"oligarchischen

Lateinamerika

die

Tatsache, daß

Juristen

waren,

Reihen der Oligarchie ein

Rechtsstudium

ihr Studium beendet

dem Ende

in

hatten,

einen

entsprangen

aufnahmen, und ein

Regierungs-

und Richteramt mit einer Dozentur verbanden. Die 1918

als

in Cordoba

kontinental

geplante

(Argentinien)

Universitätsreform,

durchgeführt

wurde,

die

hatte eher

eine politische als eine akademische B e d e u t u n g . ^ Wenn sie auch den Zugang

zum Universitätsstudium

für die neue

Mittelschicht

-relativ- ermöglichte und Veränderungen in den Verwaltungsstrukturen herbeiführte, so blieben doch die konkreten Lerninhalte, d.h.

im wesentlichen

Es erübrigt

sich

die Studienpläne, praktisch

zu betonen, daß die

Fakultäten keine Ausnahmen bildeten.

In diesem

unverändert.

rechtswissenschaftlichen

innerhalb dieser generellen Tendenz

Bereich wurden die Mitglieder anderer so-

zialer Schichten als der Oligarchie, die das Feld der Lehre und Forschung betraten, von letzterer selektiert, weswegen sie sich völlig der herrschenden juristischen Ideologie anschlössen, die da lautete: "Den Umständen angepaßter" Liberalismus. In bezug auf die Inhalte des Rechts genügt es, einen Be-

214

griff von der Entwicklung des Rechts in Europa zu haben, um das lateinamerikanische Recht zu kennen. Der Mangel an Originalität und an Ideen, die mehr oder weniger der Wirklichkeit des Kontinents entsprechen, scheint dessen charakteristisches Kennzeichen zu sein. So hat sich die Aufgabe der Mehrheit der lateinamerikanischen Juristen auf die unreflektierte und mechanische Übernahme der europäischen und in schwächerem Maße der nordamerika17

nischen theoretischen Arbeiten beschränkt. Dies

erlaubt

es, zu behaupten, daß das Recht

in Latein-

amerika das Resultat eines doppelten Abstraktionsvorgangs Die

relative Abstraktion

der Umstände,

die

des europäischen

es hervorbringen

Rechts

(allgemeiner

ist:

hinsichtlich Charakter und

universelle Gültigkeit des kapitalistischen Rechts) und die absolute

Abstraktion

europäischen

Rechts

im

mechanischen

in der

Der offensichtlichste

Rezeptionsprozeß

lateinamerikanischen

des

Wirklichkeit.

Beweis hierfür ist, wie E. Garzon Valdez

scharfsinnig bemerkt, daß die Gemeinsamkeit der Interessen zwischen den europäischen und den lateinamerikanischen Juristen in direktem Verhältnis 1 ozum Abstraktionsgrad Gegenstands wächst. Nicht

zuletzt

wegen

des

hohen

des

zu

betrachtenden

Abstraktionsgrades des

Rechts kann man sagen, daß die Rechtswissenschaftlichen

Fakul-

täten eine besondere Rolle gespielt haben; das Studium des positiven Rechts, insbesondere des kodifizierten, i9 lig von der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Ober schen dazu

die

Normen

selbstlegitimierende

hinaus

beigetragen,

hat

seinen

die

löst sich völ-

Eigenschaft

abstrakte

von

Behandlung

"technischen"

juristi-

des

Charakter

Rechts

und

somit

seine Unerreichbarkeit für den größten Teil der "sectores populäres"

zu

verstärken.

Eigenschaften

Daher

kann

(Selbstlegitimierung,

man

sagen,

daß

Technizismus,

diese

drei

Abstraktion)

ein weiteres entscheidendes Element für die Erklärung des Vorhandenseins zwischen

dem

von

Hegemonieverhältnissen

herrschenden

Block

im

und den

Bereich "sectores

des

Rechts

populäres"

darstellen.

215

zu c): Radikales Denken und Verlust der Spezifität des Rechts Wir

werden

diesem

Problem

keinen

breiten

Raum

widmen,

Seine Behandlung soll lediglich darauf hinweisen, daß es zumindest einen Aspekt gibt, der zwar zur Erklärung der juristischen Hegemonie

des

herrschenden

Blocks

beiträgt,

jedoch

wendigerweise auf dessen Aktivität zurückzuführen Mit

dem Begriff

"radikales

Denken"

nicht not-

ist.

bezeichnen

wir jene

theoretischen Richtungen, die nicht nur von der liberalen

Ideo-

logie entfernt sind, sondern sich in scharfer Opposition zu ihr befinden.

Innerhalb

dieser

der

liberalen

Strömungen 2 "

kritisch eingestellten

Ideologie

kann man

gegenüber

zwei Gruppen un-

terscheiden, die, abgesehen von den enormen Unterschieden sichtlich

des

uns

hier

interessierenden

Gegenstandes,

hin-

ein ge-

meinsames Element besitzen. Es ist nichts anderes als die Auflösung

der

juristischen

Problematik

in

Kritik der Politik und des Staates. 2 1

der

breit

angelegten

22

Wie es Umberto Cerroni formuliert,

hat sich sowohl bei

Carl Schmitt wie auch bei den sowjetischen marxistischen Theoretikern (insbesondere Stucka und Vysinskij) 2 3 den

'Schutz' der Politik Beispiele,

die

"das Recht unter

geflüchtet".

einer

Auflösung

des

Juristischen

in der

Politik gleichkommen, findet man auch im lateinamerikanischen 24 25 Kontext, sowohl im rechten antiliberalen Nationalismus wie 26 auch im orthodoxen Marxismus. Außerdem muß hinzugefügt werden, daß außerhalb des Bereichs der liberalen äußerst

selten

sind,

Ideologie die Autoren

die sich selbst mit den genannten

schieden, mit der Problematik des Rechts Dies bedeutet, generell

Unter-

auseinandersetzen.

gesehen und besonders

innerhalb

Lateinamerikas, daß das Feld des Rechts von den Verfechtern eines

fortschrittlichen

Denkens

aufgegeben

wurde

- ein weiterer

Grund, der die Hegemonie der "den Umständen entsprechend

ange-

paßten" liberalen Ideologie verständlich macht.

8.3 Ineffektivität und Bedeutung des Rechts Dieser zweite Teil unserer Arbeit kann nicht sen 216

werden,

ohne

daß

wir

auf

einen

potentiellen

abgeschlosWiderspruch

hinweisen, der sich aus dem Ergebnis unserer gesamten Untersuchung abzeichnet. Einerseits haben wir die Diskrepanz zwischen dem

Recht

und

der

lichen eine

Effektivität

Konstante

gen.

der

juristischen

kritischen

Andererseits

Normen

Lateinamerika ist, die sich

haben wir im Verlaufe unserer Arbeit

und

Legitimationsstruktur

des

cono

derspruch

in

Untersuchungen

indirekter Weise mit diesen Themen beschäfti-

wieder versucht, die Bedeutung sur

hervorgeho-

ist, daß der niedrige Grad der tatsäch-

in den

in direkter oder 28

Wirklichkeit

gesellschaftlichen

ben, oder, was dasselbe

der

herauszustellen.

zwischen

der

des Rechts

gegenwärtigen Wie erklärt

Bedeutung

und

immer

für die HerrschaftsMilitärdiktaturen

sich nun dieser Wi-

der

Ineffektivität des

Rechts? Unserer Meinung nach neigt dieser Widerspruch

zwischen

dem Recht und der gesellschaftlichen Wirklichkeit dazu, im Kontext des neuen Autoritarismus zu verschwinden. Die Position der Mehrheit der kritischen Autoren erklärt sich

nur

druck

durch

eine

gewisse

Abstraktionsebene, die ihren Aus-

darin findet, daß bei der Analyse die konkrete Wirklich-

keit

der

gegenwärtigen

lich

die

autoritäre

politischen

Prozesse

Institutionalisierung,

im cono sur, nämnicht

genügend be-

rücksichtigt wird. Dieser Widerspruch kam unter dem traditionellen tarismus

voll

zum

Tragen,

Autori-

in dem Maße als ein liberales Recht

und eine autoritäre

Praxis seine dominierendsten

Eigenschaften

waren.

seit

immer

Heute

aber,

dem Vorhandensein

eines

stärker

von der DIS inspirierten 29 Rechts, neigt dieser Widerspruch dazu, sich zu verflüchtigen. Unter sich

nicht

zestext

dem

nur

selber

neuen

Autoritarismus

die autoritäre verwandelt

vertieft

und

verfeinert

Praxis, sondern auch der Geset-

sich

in einen

druck dieser Praxis. Wie wir sahen

immer getreueren Aus-

verkörpern die Streitkräfte

am klarsten diese Tendenz. Das mehr

in

ein.

Daher

Recht

einen kann

wird

immer

Gleichklang man

repressiver

und ordnet

sich immer

mit

der

autoritären

Wirklichkeit

sagen, daß

das

Recht

stärker

immer

oder

immer weniger ideologisch ist, je nachdem, welche Bedeutung dem Wort "Ideologie" gegeben w i r d . 3 " Als

politisches

Aktionsprogramm

ist

das

Recht

mehr und 217

mehr ideologisch, in dem Maße wie die Gesetzgebung, die vom neuen

Autoritarismus

ist, abstrakt

und

erlassen

wird,

allgemein

und

die

weit

davon

entfernt

zu sein, die Tendenz zeigt, in un-

mittelbarer Weise die konkreten Vorhaben der herrschenden Gruppe darzulegen

(wofür

"Pinochets Verfassung" ein gutes

Beispiel

Bewußtsein

weniger

ist). Als

falsches

ideologisch. verbergen,

Anstatt

drückt

durchsichtiger der

die

die

Weise

uruguayischen

ist

autoritäre aus

das

Brutalität

verordnete und gleichzeitig

das

immer

Regierungspraxis

Gesetzgebung

diese

die Auflösung

des

zu

in völlig

sich nur an das

(man erinnere

Diktatur,

Recht

der

Dekret

Parlaments

aus diesem Grunde verbot, der Exe-

kutive einen diktatorischen Charakter zu unterstellen).

8.4 Schlußbetrachtung Der

sich

zur

Zeit

der Macht

befindende

gemeinhin

unter

im

Block

homogen

lateinamerikanischen

ist

und

alles

stabil

andere

als

cono

versteht. Der Zeitraum, in

welchem er noch an der Regierung verbleiben wird, und dere

die

konkreten

Mechanismen,

trieben werden kann, erweisen sagbar.

Dessen

ungeachtet

politisch-sozialen

Zukunft

sur an

das, was man

durch

die

er

aus

insbeson-

dieser ver-

sich als praktisch nicht voraus-

scheint des

konkrete

Form der

lateinamerikanischen

sich

die

cono sur

um zwei zentrale Alternativen zu drehen. Unter

Berücksichtigung

dessen, was wir bis hierhin dargelegt haben, wagen wir folgende Prognosen: a) Davon,

wie

Blocks wir

in

uns

die der

im

Widersprüche

Zukunft

gelöst

innerhalb werden,

lateinamerikanischen

des Autoritarismus

cono

des

wird sur

es

herrschenden abhängen, ob

in der

Gegenwart

(Vorherrschaft der traditionellen Oligar-

chie) oder aber des neuen Autoritarismus

(Vorherrschaft der

Streitkräfte) befinden werden; b) Davon, wie

die Widersprüche

innerhalb

der gesamten

Gesell-

schaft gelöst werden, wird es abhängen, ob die Zukunft ritär

(Vorherrschaft

demokratisch wird. 218

des zur Zeit herrschenden

(Vorherrschaft

der

"sectores

auto-

Blocks) oder

populäres") sein

In diese Art von Widersprüchen eingebettet Arbeit

den

Anspruch,

der Widersprüche

einen

Beitrag

erhebt diese

zur demokratischen

Lösung

zu leisten, die den lateinamerikanischen Kon-

tinent durchziehen.

219

Nachwort Die Veränderungen der politischen Landschaft

Lateiname-

rikas vollziehen sich mit einer derartigen Geschwindigkeit, daß bei jeder Untersuchung, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit dem politisch-sozialen wort

für

die

Aktualisierung

Geschehen

der Arbeit

steht, ein Nachunerläßlich

praktisch

ist. Die vorliegende Arbeit stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Bei ihrer Fertigstellung, Mitte des Jahres 1983, herrschten in Argentinien, Uruguay und Chile Militärdiktaturen. Heute hat

Argentinien

hingegen

eine

demokratische

Regierung

und

die Zukunft der Diktaturen Uruguays und Chiles scheint instabil und ungewiß.

Dennoch kann man auf Grund des Fortbestehens ge-

wisser struktureller Faktoren, die entscheidend zu einer ständigen

Instabilität

beitragen,

zumindest

der

Möglichkeit

nach

annehmen, daß ein neues Nachwort, das den "jüngsten" Ereignissen Rechnung trägt, notwendig wird. Durch diese Situation wird eines

der

Hauptziele

der

vorliegenden

Arbeit

ganz

besonders

deutlich: die Unterscheidung nach vorübergehendem und

struktu-

rellem Charakter der zur Untersuchung stehenden Probleme. Letztendlich die

vorliegende

schließt, für

erscheint es mir wichtig hinzuzufügen, daß

Arbeit,

- zumindest

Untersuchungen

die

das

Thema

bei

für mich persönlich

eröffnet,

deren

Ausmaß

weitem

nicht

- ein breites und

Folgen

abFeld

mir

im

Augenblick praktisch unbekannt sind. Das Ende der demokratischen Regierungsformen im Cono Sur waren

Anlaß

Niedergang

für des

die

Erstellung

Autoritarismus

der

und

vorliegenden

die

Frage

der

Arbeit.

Der

sozialen

Ge-

rechtigkeit unter immer demokratischer werdenden Formen des Zusammenlebens

stellen

die

Herausforderung

und das Gebiet

dar,

auf dem die Untersuchung und Diskussion weitergeführt werden. Saarbrücken Im Juli 1984

220

Anmerkungen Einleitung 1) Dies bezieht sich im besonderen auf das Nicht-Vorhandensein einer Theorie, der es, indem sie die Gesamtheit der Ebenen sozialer Analyse umfaßt, gelänge, in adäquater Form das Wesen des derzeitigen politischen Prozesses im cono sur zu erklären. 2) Der Begriff der "kritischen Untersuchung" wird hier wie bei C. Wright Mills verstanden ("jene Untersuchungen, die die realen Ursachen des sozialen Mißstandes und der gegenwärtigen Gleichgültigkeit entmystifizierend und klarstellend, eine tiefere Kenntnis der Realität ermöglichen"); vgl. C. Wright, "The Sociological Imagination", S. 20. 3) Unter "Rechtsinstanz" verstehen wir die Gesamtheit der Normen, deren mögliche zwangsweise und öffentliche Anwendung dazu bestimmt sind, das Verhalten des sozialen Gebildes zu regeln. Der Begriff dehnt sich darüber hinaus auch auf die Institutionen aus, die mit ihrer Hervorbringung, Weitergabe und Anwendung betraut sind, und im besonderen auf die theoretischen Reflexionen, die sich mit seinen Auswirkungen in der politisch-sozialen Realität befassen. Schließlich weisen wir noch darauf hin, daß der Terminus "Recht" oft als Synonym von "Rechtsinstanz" gebraucht wird. 4) Eine wichtige Ausnahme - die deshalb trotzdem nicht den Charakter einer Randerscheinung verliert - ist die weite Verbreitung, die in letzter Zeit die Formulierungen der sogenannten Kritischen oder Neuen Kriminologie erfahren haben. 5) Der Terminus "konservativ" besitzt im lateinamerikanischen Kontext eine doppelte Konnotation, sowohl was seinen Ursprung angeht, als auch in der Gegenwart: es ist dies eine antinationale und vor allem eine zutiefst antidemokratische Nebenbedeutung. Für eine detailliertere Analyse vgl. R» Soler, "Clase y nacion", insbesondere S. 19-37. 6) Unter juristischer Hegemonie des konservativen Denkens verstehen wir die übereinstimmende Annahme dieses Standpunktes durch die gesamte Gesellschaft. 7) Es handelt sich, wie wir gesagt haben, um eine interdisziplinär angelegte Arbeit, da es unmöglich ist, daß jede einzelne Untersuchung die Gesamtheit umfaßt. In der vorliegenden Arbeit wird zum Beispiel die Untersuchung des ökonomischen Bereichs am wenigsten vertieft. 8) Das fehlende Element auf das hingewiesen wird, ist gerade die Untersuchung der Rechtsinstanz. In dem Zusammenhang muß betont werden, daß N. Lechners Arbeit "La crisis del Estado en America Latina" eine Ausnahme darstellt. 9) Ihre

Behandlung

ist

im einzelnen

in dieser Arbeit

nicht 221

vorgesehen, dennoch ist ohne Zweifel mehr als nur eines der Ergebnisse, zu denen wir hier gelangen, in der selben Weise auf sie anwendbar. 10) Es handelt sich um einen relativen Konsens, da eine erhebliche Anzahl kritischer Sozialwissenschaftler im Gegenteil darauf bestehen, die derzeitigen Militärdiktaturen des cono sur mit den Termini "Faschismus" oder "Neofaschismus" zu bezeichnen. Diese Kontroverse, die bei weitem eine Problematik semantischer Art übersteigt, wird auf Grund ihrer Bedeutung für die spezifischen Zielsetzungen dieser Arbeit in Kapitel VII behandelt werden. 11) Wir greifen hier eine Kritik des übermäßigen Gebrauchs des Begriffs "Autoritarismus" auf, die wir als vernünftig, wenn auch nicht als korrekt ansehen: "Es ist wichtig, hier erneut einige Überlegungen zu betonen, die wir schon bei anderer Gelegenheit über die faschistischen Charakteristiken der brasilianischen Militärdiktatur angestellt haben, denn es hat immer wieder Ansätze zur Hinterfragung dieser Charakterisierung gegeben und zwar seitens bürgerlicher Ideologen, die bestrebt sind, den ganz allgemeinen Begriff des Autoritarismus zu gebrauchen ebenso wie seitens respektabler Sozialwissenschaftler der Linken" (vgl. V. Bambirra und T. Dos Santos, "Dictadura militar y fascismo en Brasil", S. 170-171). Diese Kritik erscheint uns vernünftig, denn das Fehlen von genaueren Bestimmungen und Systematisierungen beim Gebrauch des Begriffs Autoritarismus läßt sich nachweisen. Sie ist aber inkorrekt (wie man später sehen wird), denn es ist ein schwerwiegender Fehler, einen Begriff wie den des "Faschismus", der geprägt wurde, um eine historische Realität zu bezeichnen, auf die heutige lateinamerikanische Wirklichkeit anzuwenden, die mit jener lediglich formale Ähnlichkeiten aufweist. 12) Es besteht kein Zweifel darüber, daß in Lateinamerika das Phänomen des Autoritarismus direkt mit dem des Militarismus verbunden ist. Für eine historische Rekonstruktion dieser Problematik als Erklärungsversuch der Ursprünge des heutigen lateinamerikanischen Militarismus, vgl. I. Sotelo, "Modelos de explicación del militarismo latinoamericano: una interpretación histórica". 13) N. Lechner, S. 33.

"La

crisis

del

Estado

en America

Latina",

14) In Kapitel IV werden wir uns ziemlich ausführlich mit der Doktrin der inneren Sicherheit beschäftigen, die wir im folgenden mit der Abkürzung DIS bezeichnen. 15) Diese drei Etappen der autoritären Institutionalisierung stellen ein Modell der Tendenz dar, das sich, wie man sehen wird, in der Wirklichkeit nur teilweise nachweisen läßt. 16) Es muß darauf hingewiesen werden, daß diese mangelnde Beschäftigung der Sozialwissenschaften mit dem Recht zwar-im lateinamerikanischen Kontext besonders akut ist, aber nicht ausschließlich dort vorkommt. Bemerkungen in diesem Sinne, den europäischen Raum betreffend, finden sich in

222

J. Raz, "Oxford Essay in Jurisprudence", s. 278-304 (im besonderen auf S. 299). 17) N. Poulantzas, "Politische Macht und gesellschaftliche Klassen", S. 309 (Angesichts des kapitalistischen Charakters der lateinamerikanischen sozialen Gebilde scheint es ratsam, Poulantzas' Definition anzuwenden). 18) F.H. Cardoso, "On the Characterization Regimes in Latin America", S. 38.

of

19) Interessante Bemerkungen zu diesem Thema E. Fraenkel, "Der Doppelstaat", S. 22 ff. 20) R. Cordova, "Strukturelle Heterogenität ches Wachstum", S. 60.

Authoritarian finden

und

sich in

wirtschaftli-

21) T. Evers, "Bürgerliche Herrschaft in der Dritten Welt". 22) H. Alavi, "The State and Bangladesh". 23) H. Sonntag, periférico".

"Hacia

in Post-colonial una

teoria

Societies: Pakistan

politica

del

capitalismo

24) T. Evers, a.a.O., S. 86. 25) ebenda, S. 90. 26) Der Verwandtschaft mit dieser Thematik wegen vgl. S. Amin, "Class and Nation, Historically and in the Current Crisis" (insbesondere Kap. 6, "Center and Periphery in the Capitalist System: The Nation Question Today", S. 131 ff.) 27) Eine repräsentative Untersuchung dieses Standpunktes bietet P.I. Stucka, "Die revolutionäre Rolle von Recht und Staat". 28) Es handelt sich natürlich um eine schematische Charakterisierung. Die Punkte a) und d) werden im Laufe der Arbeit mit einiger Ausführlichkeit behandelt werden. Für die Punkte b ) und c) vgl. R. Frenkel und G. O'Donnell, "The Stabilization Programs" of the International Monetary Fund and their Internal Impacts". 29) F.H. Cardoso, a.a.O., S. 51. 30) ebenda, S. 34. 31) Die bibliographischen Angaben, die im folgenden gegeben werden, sind selbstverständlich nicht erschöpfend und haben lediglich den Anspruch, einen Gesamtüberblick zu bieten (weitere Informationen wird man in Kapitel VII finden, das der Untersuchung der Staatstheorie in Lateinamerika gewidmet ist) . 32) N. Minello, "Uruguay: la consolidación del Estado Militar" S. 575 ff. 33) H. Sonntag, a.a.O., S. 180 ff. 34) A. Briones, "Economia y politica del fascismo dependiente" 35) G. O'Donnell, "Reflexiones sobre las tendencias generales de cambio en el Estado burocratico-autoritario".

223

36) Für die Ausführung der oben genannten Punkte a), b ) und c) verweisen wir auf die Kapitel I und II, wo sie im Zusammenhang mit der Behandlung zweier Probleme von höchster Bedeutung stehen, die schon in der Einleitung angekündigt wurden, nämlich: 1) im Rahmen des Möglichen den Begriff "Autoritarismus" zu präzisieren und 2) die wesentlichen Charakteristiken des spätkapitalistischen Staates darzustellen. Letzteres in dem Maße, als die Veränderungen sowohl des (fortgeschrittenen) zentralen wie des peripheren (abhängigen) kapitalistischen Staates auf unlösliche Weise mit einem hochgradig internationalisierten ökonomischen Prozeß verknüpft sind. 37) N. Poulantzas, a.a.O., S. 40. 38) Für eine die jüngsten Entwicklungen berücksichtigende Untersuchung des Problems der Demokratie in Lateinamerika vgl. G. Therborn, "The Travail of Latin American Democracy", S. 71 ff. und A. Brown, "Latin America: Between Hobbes and Friedman", S. 45 ff. 39) Diese nicht endgültige Aufzählung der Bedingungen für das Funktionieren der Demokratie in Lateinamerika darf auf keinen Fall als eine Mißachtung der demokratischen Ideale und Praktiken verstanden werden, sondern im Gegenteil als einen Versuch, konkrete Probleme ihres Funktionierens im Hinblick auf eine Korrektur derselben ausfindig zu machen. Zu einem besseren Verständnis des derzeitigen Standes der Diskussion über die Demokratie in Lateinamerika, vgl. Universidad Internacional Menendez Pelayo (Hg.). "La lucha por la democracia en América Latina".

Kapitel

I: Autoritarismus amerika

und

neuer

Autoritarismus

in Latein-

1. Einige Oberlegungen zum Begriff des Autoritarismus 1) Ein Beweis dafür ist, daß zahlreiche politisch-soziologische Wörterbücher und Enzyklopädien den Terminus Autoritarismus entweder gar nicht aufführen oder direkt auf den Terminus Autorität verweisen. Als Beispiel des ersten Typs sei die "Encyclopedia Britannica" genannt, als Beispiel für den zweiten Typ vgl. L. Gallino, "Dizionario di sociologia", S. 65. 2) G. Hartfield, "Wörterbuch der Soziologie", S. 54 f. 3) ebenda, S. 55. 4) F. Neumann, "The Democratic S. 24S.

and The Authoritarian State",

5) A. Aquarone, "L'organizzazione dello Stato S. 290. 6) Vgl. "Amnesty 224

International Jahresbericht

totalitario", 1980"

7) F.H. Cardoso, "On the Charaterization of Authoritarian Regimes in Latin Amerika", S. 48. 8) G. Germani, "Autoritarismo, fascismo e classi

sociali".

9) ebenda, S. 17. 10) ebenda, S. 15. 11) Bezeichnend an dieser Position Germanis, lediglich die totalitären Regime als autoritär zu kennzeichnen, ist die Ähnlichkeit mit einem der Leitgedanken aus C.J. Friedrichs und Z. Brzezinskis Buch, "Totalitarian Dictatorship and Autocracy". 12) G. Germani, a.a.O., S. 19. 13) ebenda, S. 21 . 14) ebenda 15) Vgl. G. Germani, "Politica y sociedad en una época de transición". 16) Vgl. H. Marcuse, "Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. 17) J.J. Linz, "Una interpretación de los regimenes autoritarios". 18) ebenda, S. 13. 19) Es muß bemerkt werden, daß (unserer Kenntnis nach) Linz in seiner späteren theoretischen Produktion seine Definition von Autoritarismus aufrecht erhalten hat. Vgl. z.B. J.J. Linz, "Crisis, Breakdown and Reequi1ibration" in: "The Breakdown of Democratic Regimes" (hg. v. J.C. Linz und A. Stepan (Bd. 1). 20) J.J. Linz, "Una interpretación de los regimenes autoritarios", S. 15. 21) ebenda, S. 16 f. 22) C.J. Friedrick und Z. Brzezinski, a.a.O., S. 8 f. 23) "Unter diesen Umständen (autoritäre Staaten) ist das Beste, was man sich erhoffen kann, ein 'stillschweigender Konsens', d.h. Entpolitisierung, Apathie und Rückzug in den völlig privaten Alltag; und Furcht. Furcht seitens der Verlierer und seitens der Gegner des BAS (Bürokratisch-Autoritären Staates), welche aus der bemerkenswerten Fähigkeit der Bürokratisch-Autoritären Staaten zur Ausübung von Zwang resultiert." Vgl. G. O'Donnell, "Tensions in the Bureaucratic-Authoritarian State and the Question of Democracy", S. 296. 24) J.J. Linz, a.a.O., S. 16. 25) M.E. Carranza, "Fuerzas America Latina", S. 19.

armadas y estado de excepción en

26) Diese Bemerkung muß verstanden werden als eine Kritik an die Adresse aller Autoren des gemeinschaftlichen Werks "The New Authoritarianism in Latin America", der vielleicht wertvollsten und aktuellsten Arbeit, die diesem 225

spezifischen Thema gewidmet ist. Es ist unverständlich, wieso in keinem der einzelnen Beiträge der Versuch einer neuen Definition des Begriffs Autoritarismus unternommen und die von Linz 1964 erarbeitete Definition wörtlich übernommen wird. Vgl. a.a.O., S. 399. 27) Wir beziehen uns natürlich auf politische Parteien mit einem Minimum an wirklicher Einbettung in der Gesellschaft. Die Existenz von zwei Parteien in Brasilien, seit dem Militärputsch von 1964, einer "oppositionellen" und einer "offizialistischen", widerspricht nicht unserer Aussage, da diese Parteien in Wirklichkeit (zumindest bis zum Zeitpunkt der "demokratischen Öffnung" 1980) bloß administrative Verlängerungen des Staates mit sehr geringer oder inexistenter Initiative und Entscheidungsbefugnis waren. 28) Es muß hier der scheinbare Widerspruch zwischen "Permanenz" und "Obergang" geklärt werden, da wir beide Begriffe zur Bezeichnung der Realität des Neuen Autoritarismus gebraucht haben. Diese Regime sind Obergangsregime insoweit, als die historische Erfahrung zeigt, daß diese Herrschaftsformen höchst instabil sind und daß zumindest für die unmittelbare Zukunft ihre Führer nach Alternativen gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen suchen müssen. Es sind dies Alternativen, die fast immer den Terminus "Demokratie" enthalten, denen der Situation angepaßte Beiwörter angehängt werden wie "effizient", "stark", "verantwortungsbewußt", usw. Andererseits sind diese Regime permanent in dem Maße, wie ihre Gründer sich bei ihrer Bildung ZTele setzen (die immer vage definiert sind), aber keinerlei Fristen, innerhalb derer diese Ziele verwirklicht werden sollen. "Was erlaubt also unter solchen Umständen eine Militärregierung als dauerhaft zu bezeichnen? Der unbestimmte Charakter ihrer Führung, da allein die Streitkräfte entscheiden, wann die "Ziele" erreicht sind. Was also von Bedeutung ist, ist, wie sich die Militärs diesen "neuartigen" Putschs vostellen, unabhängig davon, wie lange sie in Wirklichkeit an der Regierung bleiben und unabhängig von den ideologischen Inhalten ihres Programmes". M.E. Carranza, a.a.O., S. 67. 29) J.J. Linz, a.a.O., S. 21 .

Kapitel II: Zentraler Kapitalismus und Autoritarismus 1) Vgl. S. Amin, "La acumulación a escala mundial. de la teoría del subdesarrollo".

Crítica

2) Eine der besten kritischen Analysen zu diesem Problemkreis findet sich in A. Gouldner, "Die westliche Soziologie in der Krise". 3) Wir beziehen uns auf die Theorie Niklas Luhmanns, wir einige Aspekte in Kapitel V behandeln werden. 4 ) H.R. Sonntag, "Hacia una periférico", S. 134 f. 226

teoria política del

wovon

capitalismo

5) Wie wir zu zeigen versuchen werden, kommt dem Thema der Krise, obwohl es in Luhmanns Werk selten explizit behandelt wird, dennoch eine beträchtliche Bedeutung zu. 6) N. Poulantzas, "Le tranformazioni attuali dello Stato, la crisi politica e la crisi dello Stato", S. 6. 7) M. Castells, "La teoria marxista de las crisis económicas y las transformaciones del capitalismo", S. 105. 8) J. Habermas, "Legitimationsprobleme

im Spätkapitalismus".

9) N. Poulantzas, a.a.O., S. 12. 10) M. Castells, a.a.O., S. 85. 11) Wir sprechen von "Linderung" anstatt von Lösung, da unserer Oberzeugung nach die immer wieder aufs neue formulierte Erkenntnis der Unmöglichkeit, sie gänzlich auszurotten, selbst schon zu den Äußerungen der Krise der herrschenden Ideologie gehört. 12) J. Habermas, a.a.O., S. 60. 13) "Eine Theorie ist ein Instrument, um die Realität zu verstehen. Und eine relevante Theorie der Gesellschaft ist eine solche, die in der Lage ist, über die geschichtliche Entwicklung in ausführlicherer und adäquaterer Weise Auskunft zu geben als jede andere Erklärung. Natürlich erklärt eine Theorie die beobachteten Prozesse mit Hilfe eines Komplexes intellektueller Vermittlungen und nicht mittels der einfachen und direkten Beobachtung einer Realität, die mechanisch an die formellen Beziehungen angepaßt wird, die die Theorie definiert". Vgl. M. Castells, a.a.O., S. 68. 14) "Alle Diskussion über die logische "Ableitung" des bürgerlichen Staates aus der kapitalistischen Ökonomie muß sich letztlich bewähren an der praktischen Aufgabe, Instrumente an die Hand zu geben, mit denen die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Rückwirkung auf die Gesellschaft schärfer bestimmt sowie aus Veränderungen der Akkumulationsbedingungen bestimmte Veränderungen der Interventionsmechanismen und der politischen Formen erklärt und prognostiziert werden können." T. Evers, "Bürgerliche Herrschaft in der Dritten Welt", S. 65. 15) Vgl. R. Ruffili contemporánea".

(Hg.),

"Crisi dello STato e

storiografia

16) D.A. Gold, C.Y.H. Lo, E. Wright, "Recent Developments in Marxist Theories of The Capitalist State", S. 29-43 (erster Teil) und S. 36-51 (zweiter Teil). Es muß bemerkt werden, daß diese Autoren als Rechtfertigung ihrer Systematisierung folgenden Hinweis geben: "Die Logik, die hinter der Identifizierung einer theoretischen Einstellung als einer strukturalistischen, instrumentalistischen oder hegelianisch-marxistischen steht, ist nicht die, zu implizieren, daß jede Aussage, die sie enthält, eindeutig einzelnen Kategorien zugeordnet werden kann. Wichtig ist, daß in jeder Theorie einige Teile systematisch organisiert und in ein kohärentes System von Sätzen integriert sind, während andere Teile eher den Status von ad hoc Zusätzen haben" (Erster Teil, S. 31). 227

1',') P.A. Baran, P.M. Sweezzy, "Monopoly Capital". 18) R. Miliband, "The State in Capitalist Society". 19) D.A. Gold, S. 32-35.

C.Y.H.

Lo, E.O. Wright,

20) N. Poulantzas, "Politische Macht Klassen", sein wichtigstes Werk.

a.a.O., erster und

Teil,

gesellschaftliche

21) Gold, Lo, Wright, a.a.O., erster Teil, S. 35-40. 22) ebenda, S. 40 f. 23) A. Negri, "Su alcune tendenze délia più recente teoria comunista dello Stato: rassegna critica". In diesem Fall dient die Durchsicht der gegenwärtigen Staatstheorie dazu, ihre Erfolge und Irrtümer aufzuzeigen, und auf Grund dieser das Problem auf eine neue Weise anzugehen. 24) P.A. Baran, P.M. Sweezzy, a.a.O. 25) P. Jalee, vgl. z.B. "L'impérialisme en 1970". 26) P. Boccara u.a., "Der staatsmonopolistische 27) R. Gündel u.a., Kapitalismus".

"Zur

Theorie

des

Kapitalismus".

staatsmonopolistischen

28) A. Negri, a.a.O., S. 200. 29) N. Poulantzas, a.a.O. 30) R. Miliband, a.a.O. 31) Ohne von der beschreibenden Ebene, auf der wir diese Durchsicht der Staatstheorien unternahmen, wesentlich abzuweichen, glauben wir auf drei Irrtümer im Zusammenhang mit Negris Kritik der sogenannten neogramscianischen Strömung hinweisen zu müssen. In erster Linie wäre da die erzwungene Identifikation der Ansichten R. Milibands und N. Poulantzas, deren Unterschiede, unabhängig von der Richtigkeit ihrer Aussagen, in der Absicht von Gold, Lo und Wright, wie wir schon sahen, deutlich herausgestellt wurden. Als zweites, eine übertrieben starke Gegenüberstellung zwischen der gramscianischen Inspiration beider Arbeiten im Namen der Marx'schen Orthodoxie: "So wie die zivile Gesellschaft gesehen wird, auf die sich Miliband bezieht, so ist sie nicht bloß die von Marx; d.h. die "Gesamtheit der materiellen Produktionszusammenhänge", sondern diejenige, auf die sich Gramsci bezieht". Vgl. A. Negri, a.a.O., S. 205. Drittens eine unüberlegte Assimilierung (vor allem auf Grund der negativen politischen Folgen dieser Einstellung) dieser Theorien mit der des Stamokap. "In diesem Sinn führen die neogramscianischen Staatstheorien zu einer Wiederholung der Theorie des monopolistischen Staatskapitals, ohne jedoch die düstere Würde und die Größe des proletarischen Sektierertums zu besitzen". A. Negri, a.a.O., S. 207. Dieser Irrtum ist ohne Zweifel die Folge der nicht gesehenen wesentlichen Unterschiede zwischen Milibands und Poulantzas Werk. So gesehen hält kein Versuch, beide Theoriet} zu "verwechseln", der elementarsten Kritik stand. Vgl. z.B. die Polemik zwi^ sehen R. Miliband und N. Poulantzas, "Kontroverse über den 228

kapitalistischen Staat", und der interessanteste Beitrag zu dieser Diskussion: E. Laclau, "La especifidad de lo político", S. 53-88. 32) A. Negri, a.a.O., S. 200. 33) Ebenda, S. 212. 34) Hierzu zwei Bemerkungen: a) die genannten Autoren sind nur einige von den wichtigsten, die sich mit der Problematik des gegenwärtigen Staates beschäftigen; b) von diesen werden wir lediglich die repräsentativsten Werke zitieren. 35) Für ein besseres Verständnis der Bedeutung der "Frankfurter Schule", vgl. M. Jay, "Dialektische Phantasie. Die Geschichte der Frankfurter Schule und des Instituts für Sozialforschung, 1923-1950". 36) Vgl. J. Habermas, "Strukturwandel der Öffentlichkeit". 37) J. Habermas, "Legitimationsprobleme S. 76.

im Spätkapitalismus",

38) C. Offe, "Politische Herrschaft und Klassenstruktur. Zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme", S. 140. 39) Ebenda, S. 140 f. 40) Ebenda, S. 149. 41) I. Agnoli, vgl. z.B. "Überlegungen zum bürgerlichen Staat it 42) Einen interessanten Beitrag zur Analyse der möglichen Richtung autoritärer Tendenzen im zentralen Kapitalismus bietet A. Wolfe, "The Limits of Legitimacy, Political Contradictions of Contemporary Capitalism" (insbesondere der Abschnitt, der den Titel "Autoritarian Proclivities" trägt), S. 330-347. 43) J. O'Connor, "The Financial Crisis of the State". 44) A. Negri, a.a.O., S. 216. 45) N. Poulantzas, "Le trasformazioni attuali dello Stato, la crisi politica e la crisi dello Stato", S. 18. 46) M. Castells, a.a.O., S. 101. 47) E. Altvater, "Notas sobre algunos problemas del intervencionismo de Estado". 48) Ebenda, S. 115. 49) Ebenda, S. 103. 50) Ebenda 51) Für eine detaillierte Untersuchung des Entwicklungsprozesses des Kapitalismus, vgl. M. Dobb, "Entwicklung des Kapitalismus, vom Spätfeudalismus bis zur Gegenwart" und D. Ribeiro, "Der Zivilisatorische Prozeß". 52) N. Poulantzas, "Politische Klassen", S. 26-31.

Macht

und

gesellschaftliche

53) J. Habermas, a.a.O., S. 36. 54) P. Barcellona, "Oltre lo stato sociale" "Economia e politica nella crisi dello stato keynesiano", S. 99. 229

55) N. Poulantzas, "Politische Klassen", S. 126.

Macht

und

gesellschaftliche

J. Habermas, a.a.O., S. 36 f. J. Habermas, "Strukturwandel der Öffentlichkeit", S. 74. N. Poulantzas, "Staatstheorie. Politischer Oberbau, Ideologie, Sozialistische Demokratie", insbesondere S. 68-85. M. Weber, "Wirtschaft und Gesellschaft", S. 661 ff. C. Schmitt, "Starker Staat und gesunde Wirtschaft". Vgl. C.W. Macpherson, "Post-liberal Democracy", S. 172. Ein typisches Beispiel der irrigen Position, die hier kritisiert wird, findet sich bei G. Sartori, "Democrazia e definizioni", S. 162 ff. G. Poggi, "La vicenda dello Stato moderno", S. 166 ff. Ebenda, S. 133 ff. Max Weber, "Rechtssoziologie", S. 238 ff. M. Castells, a.a.O., S. 105 und 108. P.A. Baran, P.M. Sweezzy, "Monopoly Capital". N. Poulantzas, "Klassen im Kapitalismus heute", S. 97. E. Garcia Mendez und L. Gómez, "Aproximaciones para el análisis de la problemática del delito de 'cuello blanco' en la etapa actual del desarrollo capitalista", insbesondere S. S9 ff. Für die verschiedenen Ansichten über den "katastrophalen Zusammenbruch" des kapitalistischen Systems, v g l . G . Marramao, "Il politico e le trasformazioni", S. 71 ff. P. Barcellona, a.a.O., S. 81. Zum Begriff der "kapitalistischen Demokratie" vgl. "La lucha por la democracia en America Latina". N. Poulantzas, "Faschismus und Diktatur. Die Kommunistische Interrnationale und der Faschismus", S. 346. N. Poulantzas, a.a.O., S. 337 f. P. Barcellona, a.a.O., S. 80. Ebenda, S. 67 ff. Ebenda, S. 149. J. Habermas, S. 100.

"Legitimationsprobleme

im Spätkapitalismus",

Ebenda, S. 76. P. Barcellona, a.a.O., S. 154. M. Horkheimer, "Autoritärer Staat", S. 77 f. Ebenda, S. 57. A. Negri, "Stato spesa pubblica e fatiscenza del messo storico", S. 24.

compro-

84) Ober die Anzeichen der gegenwärtigen Krise als einer poli230

tischen, vgl. u.a. J Habermas, a.a.O., und J. O'Connor, a.a.O. 85) J. Habermas, a.a.O., S. 56. 86) A. Wolfe, a.a.O., S. 335. 87) N. Poulantzas, "Polistische Klassen", S. 308 ff.

Macht

und

gesellschaftliche

88) C. Buci-Gluksmann, "Del consentimiento como hegemonía: la estrategia gramsciana", S. 387. 89) N. Poulantzas, "Le trasformazioni attuali dello Stato, la crisi politica e la crisi dello Stato", S. 36 f. 90) E. Garcia Mendez, L. Gomez, a.a.O., S. 82 ff. 91) A. Pedrieri, "Introduzione a II parlamento nel sistema politico Italiano, quadro politico, realtà sociale: verifiche per una politica delle istituzioni", S. 11 ff, zitiert in P. Barcellona, a.a.O., S. 148.

Kapitel III: Autoritarismus und Verhältnis

Zentrum-Peripherie

1) Nur drei Perspektiven anzuführen stellt natürlich eine Vereinfachung dar. Dennoch können die verschiedenen Untersuchungen jeder Ansatzart unter eine der drei angeführten Kaategorien subsumiert werden. 2) V.l. Lenin, "Der Kapitalismus".

Imperialismus

als

höchstes

Stadium des

3) W.W. Rostow, "Stadien wirtschaftlichen Wachstums". 4) A. Filippi, "Teoria e storia del sottosviluppo ricano", Bd. I, S. 20.

latinoame-

5) Vgl. 0. Braun, "Wirtschaftliche Abhängigkeit und listische Ausbeutung, S. 137 ff. 6) T. Evers, S. 48.

"Bürgerliche

Herrschaft

imperia-

in der Dritten

Welt",

7) Vgl. H.R. Sonntag, "Hacia una teoría política del capitalismo periférico", S. 134 ff. 8) A. Gramsci, "Quaderni del Carcere", Bd. 2, S. 866 f. 9) J.C. Portantiero, "Los usos de Gramsci", S. 19. 10) Wir werden noch Gelegenheit haben, zu sehen, daß das sich Äußern beider Krisen als politische Krisen auf Grund ihrer unterschiedlichen Ursachen viel eher eine bloß scheinbare Analogie ist dénn eine wirkliche.. 11) "Legitimationskrise entsteht, sobald die Ansprüche auf systemkonforme Entschädigungen schneller steigen als die disponible Wertmasse, oder wenn Erwartungen entstehen, die mit systemkonformen Entschädigungen nicht befriedigt werden können". Vgl. J. Habermas, "Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus", S. 104. 231

12) Voraussetzungen, welche, wie sich zeigt, ihrerseits unerläßliche Faktoren sind, die bei der Analyse der genannten theoretischen Formulierungen berücksichtigt werden müssen. 13) Diese Voraussetzung ist ebenfalls für jene theoretischen Formulierungen mit universalistischem Anspruch gültig, die meist mit einem hohen Abstraktionsgrad behaftet sind. Wir denken dabei z.B. an die nordamerikanischen funktionalistischen Theorien der fünfziger Jahre. In diesen erscheint die nordamerikanische Mittelschicht extrapoliert, als handelte es sich um eine Gesellschaftsschicht, die in allen Kontexten vorkommt. 14) Als positive gesellschaftliche Veränderungen verstehen wir alle Bewegungen, die dahin gehen, die Entscheidungsfreiheit und die Selbstbestimmung des Individuums, d.h. seine Freiheit, auf ökonomischem, politischem, sozialem und kulturellem Gebiet, zu erweitern.

Kapitel IV: Die Doktrin der inneren Sicherheit

(DIS)

1) Damit möchten wir darauf hinweisen, daß die Kenntnis der DIS durch die Analyse jener normativen Gebilde vervollständigt werden muß, die den praktischen Ausdruck ihrer Einstellung darstellen, wie z.B. die "Institutionellen Akten" Brasiliens aus dem Jahre 1964, die "Institutionellen Akten" Uruguays von 1976 bis 1979, die chilenischen "Verfassungsakten" von 1976, der "Akt für den Prozeß der Nationalen Reorganisation" (Argentinien) von 1976, die chilenische "Verfassung" von 1980, die "Verfassung" Uruguays von 1980 (durch Plebiszit zurückgewiesen), usf. 2) J. Comblin, "La Doctrina de la seguridad nacional",S. 96 ff. 3) J.A. Amaral Gurgel, "Seguranza in J. Comblin, a.a.O., S. 96.

e

4) F.X. Kaufmann, "Sicherheit, als sozialpolitisches Problem", S. 72.

democracia",

zitiert

soziologisches

und

5) E. Winkler, "Sécurité", S. 16, zitiert in F.X. Kaufmann, a.a.O., S. 72. 6) E.O. Czempiel, "Das Amerikanische Sicherheitssystem 19451949, S. 11, zitiert in F.X. Kaufmann, a.a.O., S. 73. 7) E.O. Czempiel, a.a.O., S. 73.

a.a.O.,

S.

200, zitiert

in F.X.

Kaufmann,

8) F.X. Kaufmann, a.a.O., S. 74. 9) N. Luhmann, "Vertrauen". Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität". 10) 1971, ein Jahr nach dem Erscheinen der hier zitierten Arbeit F.X. Kaufmanns unternahm Luhmann eine - unserer Meinung nach des hohen Abstraktionsgrades wegen nur teilweise - Untersuchung dieser Problematik in seinem Aufsatz "Die Weltwirtschaft". 232

11) Erklärungen des brasilianischen Außenministers, zitiert in S. Senesse, "Le trasformazioni delle strutture guiridiche in America Latina", S. 538. 12) Vgl. V. Beitran, "El papel politico y social de las Fuerzas Armadas en America Latina". 13) Ein brasilianischer Militär, der General Gobery de Couto e Silva, seit 1964 und bis zu seiner Pensionierung graue Eminenz der Regierung, ist einer der hervorragendsten Theoretiker der DIS. Vgl. sein Werk "Geopolitica do Brasil". 14) J. Combi in, a.a.O., S. 96. 15) In diesem Teil werden wir insbesondere die uruguayischen Verfassungsdekrete berücksichtigen, da die jedem Dekret vorangestellte Erläuterung über die Motive sich als "reichhaltig" an doktrinären Überlegungen für die angestrebte Rekonstruktionsaufgabe erweist. 16) F. Ratzel, "Der Lebensraum". Eine biogeographische Studie. 17) "Das Thema der äußeren Sicherheit ist ein traditionelles. Die große Neuerung der letzten Zeit war hingegen die Entwicklung des Begriffs der inneren Sicherheit. Alle Formen von Antagonismus oder Druck innerhalb der Nation stellen ein Problem der inneren Sicherheit dar: Gewalt, Subversion, Korruption, Bestechung, ideologische Infiltration, wirtschaftliche Macht, gesellschaftlicher Zerfall oder Machtverlust." J.A. Amaral Gurgel, a.a.O., S. 142, zitiert in J. Comblin, a.a.O., S. 103. 18) M. Garreton, "De la seguridad nacional a la nueva institucionalidad. Notas sobre la trayectoria ideologica del nuevo Estado autoritario", S. 1260. 19) Diese Delegierung beinhaltet dennoch nicht die regionale internationale Politik. In diesem Bereich spiegelt der hohe Grad an Autonomie der politischen Sphäre, welcher diese abhängigen Diktaturen kennzeichnet, das Vorhandensein reeller internationaler Konflikte zwischen diesen Diktaturen wider (z.B. der Grenzkonflikt im Süden zwischen Argentinien und Chile oder der britisch-argentinische "Krieg" um die Malwinen Inseln, usf.), die, weit hinaus über ihre ideologische Funktion eines Bindemittels für eine bürgerliche Gesellschaft, welche einem Atomisierungsprozeß unterworfen ist, auch tatsächliche Konsequenzen haben, die nicht von den Vereinigten Staaten kontrolliert werden können. Für eine detailliertere Untersuchung dieses Aspektes vgl. E. Garcia Mendez, "Conflictos Interestatales". 20) Mit dem Wort Theorie möchten wir auf die Veränderungen hinweisen, die in der Rechtsnorm vorgenommen werden (insbesondere im Bereich des öffentlichen Rechts) und die in direkter Weise die Verfassungsorgane eindeutig liberalen Ursprungs betreffen, die vor dem Aufkommen dieser neuen Formen von Autoritarismus Geltung hatten. 21) Alle Verfassungsdekrete Uruguays sowie die Dekrete 464, 465 und 1073 sind einer Sammlung entnommen, die alle Texte vereinigt, die im uruguayischen "Boletin Oficial" veröffentlicht wurden. Vgl. "Actos Constitucionales". 233

22) T. Evers, "Bürgerliche S. 163 ff.

Herrschaft

in der

Dritten

Welt",

23) J. Comblin, a.a.O., S. 104. 24) G. O'Donnell, "Tensions in the Bureaucratic-Authoritarian State and the Question of Democracy", S. 314. 25) J.A. Amaral Gurgel, a.a.O., S. 83, zitiert in J. Comblin, a.a.O., S. 101 . 26) A. Pinochet, "Geopolitica", tiert auf S. 1263.

von

M.

Garreton,

a.a.O., zi-

27) S. Senese, a.a.O., S. 549. 28) M. Garreton, a.a.O., S. 1263. 29) H.l). Laswell, A. Kaplan, "Power for Social Enquiry", S. 70 ff.

and

Society

a

Framework

30) T. Parsons, "Structure and Process in Modern Societies", S. 199 und "On the Concept of Power" in "Proceedings of the American Philosophical Society". 31) A. Gramsci, a.a.O., Bd. 3, S. 1638. 32) Es gibt dennoch einen Teilbereich der Herrschaftsverhältnisse, in dem, wie wir zu zeigen versuchen werden, sich zwischen den herrschenden und den beherrschten Sektoren Hegemonie-Verhältnisse etablieren, und zwar ist dies der Bereich des Rechts. 33) Ein repräsentatives Beispiel dieser Situation wird vom "Diskussions"-Prozeß geliefert, der dem Plebiszit voranging, das in Uruguay am 30. November 1980 durchgeführt wurde, um die neue, von den Militärs erarbeitete Verfassung anzunehmen oder zurückzuweisen. Am 13. November erklärte der Chef der Luftwaffe, Generaloberst R.J. Bendahan: "Terroristen, Marxisten und diejenigen, die Uruguay nicht lieben, werden mit nein stimmen" (Zeitung "El Dia", Montevideo, 13.11.80, S. 13). Einige Tage später erklärte der Chef der Uruguayischen Armee im Namen der Militärjunta, "Wie auch immer das Votum ausfallen wird, es wird den Prozeß nicht beeinträchtigen" (Zeitung "El Dia", Montevideo, 25.11.80, S. 1). 34) C.J. Friedrich und Z. Brzezinski, ship and Autocracy", S. 13.

"Totalitarian

Dictator-

35) G. O'Donnell, a.a.O., S. 296 f. 36) Nach einer Anfangsperiode offener Repression versuchen diese Regime, sich ein vollständiges (quasi verfassungsartiges) normatives Organ zu geben, um die de facto geschaffene Situation zu institutionalisieren. Es geht darum, eine begrenzte politische Veränderung zu erreichen, die es erlaubt, ohne den traditionellen Militärputsch die herrschende Spitze zu erneuern. 37) "Subversion heißt nicht bloß die Waffen ergreifen oder eine gewalttätige Aktion gegen den Staat vorzubereiten, noch bestimmte politische Ideen zu verbreiten, sondern darüber hinaus schon allein die Kritik an der Handlungsweise der 234

Regierung oder an ihren Methoden; so sieht das Gesetz über die Nationale Sicherheit Brasiliens ein Delikt in der Tatsache der "moralischen Beleidigung einer Autoritätsperson durch politisch-sozialen Antikonformismus (Art. 33 und 34)", vgl. Senese, a.a.O., S. 534. 38) C. Schmitt, "Der Begriff des Politischen", S. 26-28. 39) Der neue Autoritärismus bedeutet - der Tendenz nach - die militärische Besetzung des ganzen Raumes und der ganzen Zeit... Das Private wird abgeschafft. Das Privatleben und das öffentliche Leben verschmelzen unter ein und derselben Verwaltung. Vgl. N. Lechner, "La crisis del Estado en America Latina", S. 150. 40) Friedrich und Brzezinski, a.a.O., Kap. XIV. 41) E. Diaz, "Estado de derecho y sociedad democrática". 42) A. Baratta, "Estado de derecho. Historia problemática actual", S. 12 ff.

del

concepto y

43) Es genügt, einen flüchtigen Blick auf die argentinische, die chilenische und die uruguayische Presse der letzten Jahre zu werfen, um zu sehen, daß diese Behauptung eine Konstante in den politischen Erklärungen der Militärs darstellt. 44) N. Poulantzas, "Staatstheorie", S. 68. 45) N. Lechner, a.a.O., S. 37. 46) H. Sonntag, "Hacia una teoría politica del capitalismo periférico", S. 171 und 172. 4 7 ) C. Schmitt, "Diktatur und Belagerungszustand", S. 156. 48) Dieses Problem wird ausführlicher im nächsten Kapitel behandelt werden. Es sei hier nur unsere Ansicht vorausgeschickt, daß die DIS als Ideologie praktisch ausschließliches Erbgut der Streitkräfte ist. Die traditionelle Oligarchie akzeptiert im Gegenteil den von den Militärs aufgezwungenen Ausnahmezustand, garantiert jedoch nicht für eine juristische Bestätigung desselben. Betrachten wir zwei Beispiele: 1. Die Weigerung des Präsidenten des Uruguayischen Landwirtebundes (Federación Rural Uruguaya), die autoritäre Reform der Verfassung zu unterstützen, die im November 1980 durchgeführt werden sollte: "Ich bin ein radikaler Verfechter der NEIN-Stimme, beteuert Dr. Chiarino Milans .. . Meine Meinung weicht in zahlreichen transzendentalen Aspekten von diesem Projekt ab... Ich bin nicht einverstanden mit der Aufnahme des Rates der Nationalen Sicherheit in den Text, was diesem Rat ermöglicht zu bestimmen, was die Angelegenheiten der nationalen Sicherheit sind. ... Ich glaube, daß die Judikative nicht die völlige Unabhängigkeit wiedererhält, die sie in einer Demokratie haben sollte". (Zeitung "El Dia", Montevideo, 17.11 80). 2) In einer Reihe von Interviews mit dem Innenminister drückten die fünf Mitglieder der argentinischen "Akademie der Rechts- und Sozialwissenschaften", die Institution, die am meisten das oligarchische juristische Denken vertritt, folgendes aus: a) Unterstützung und Einvernehmen 235

mit der Führung der Streitkräfte ab März 1976; b) Ablehnung einer Reform der Verfassung, die von Rechts wegen eine permanente Militärregierung institutionalisieren würde. (Zeitung "La Naciön de Buenos Aires" (Internationale Ausgabe), 28. April 1980, S. 5). Dieser Widerspruch innerhalb des herrschenden Blocks ist der wichtigste Grund für das Scheitern jedes autoritärkorporativen Vorhabens (selbst auf der Ebene des bloßen Entwurfs) und für die Militärs ist es der Grund für die Notwendigkeit, sich der Form und der Sprache der liberalen Ideologie zu bedienen. 49) "Bei seinen Überlegungen zum Wesen des Staates bemerkte er 1931 (Carl Schmitt, Begriff des Politischen), daß allein starke Staaten in der Lage sind, liberale Demokratien zu werden. Solche Staaten, so unterstellte er, können sich den Luxus leisten, oppositionelle Parteien zu dulden. Dies impliziert daher, daß schwache Staaten autoritär sein müssen, um in der Lage zu sein, Freunde von Feinden zu unterscheiden, und die innere Ordnung zu gewährleisten" (Die Unterstreichungen sind von uns). Vgl. C. Schmitt, "Begriff des Politischen", von Georg Schwab, a.a.O., zitiert, S. 57 50) F. Neumann, "Behemoth, Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944". 51) Man denke an die Ausweitung des Begriffs Subversion im Rahmen der DIS, auf die wir in der Fußnote 37) dieses Kapitels hingewiesen haben.

Kapitel V: Einige Aspekte der Theorie Niklas Luhmanns

1) So könnte man in stark verkürzter Form den Kern der Luhmann'schen Theorie ausdrücken. Dieses Argument erscheint in der einen oder anderen Form immer wieder in seinem gesamten umfassenden Werk. Dennoch kann man sagen, daß es sich in zwei Hauptwerken besonders konkretisiert: N. Luhmann, "Soziologische Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme" und N. Luhmann, "Rechtssoziologie". 2) Nach unserer Kenntnis ist das einzige in Lateinamerika veröffentlichte Werk Luhmanns eine (Teil-)Obersetzung von "Soziologische Aufklärung", unter dem Titel "Ilustración sociologica y otros ensayos". 3) Vgl. R. De Giorgi, "Wahrheit und Legitimation im Ein Beitrag zur Neubegründung der Rechtstheorie".

Recht.

4) Wir beziehen uns darauf, daß der "Rohstoff, aus dem Luhmann seine Theorie konstruiert, der fortgeschrittene Kapitalismus, im besonderen der Fall der Bundesrepublik Deutschland, ein gesellschaftliches System ist, das sich in der Krise befindet, das aber weder in einem Zustand der Auflösung begriffen ist, noch einem solchen Druck unterworfen ist, daß seine Stabilität ernsthaft gefährdet wäre. 236

5) Der Einflußverlust der funktionalistischen Konzeption in den sechziger Jahren fällt mit einem doppelten Prozeß zusammen: a) die Mobilisierung der Bevölkerung im Zusammenhang mit politisch-ideologischen Ansichten, die die Interessen der herrschenden Klasse in Frage stellen; b ) die Entwicklung der "Dependenztheorie" in ihren verschiedenen Varianten, die sich als theoretisches Werkzeug zur Herausstellung der konservierenden und mystifizierenden Funktion der funktionalistischen Auffassungen anbot. 6) Im Falle Chiles und Argentiniens beziehen wir uns auf die Militärputschs der "neuen Art", die zu den angegebenen Zeitpunkten von den Streitkräften durchgeführt wurden. Im Falle Uruguays beziehen wir uns auf das Gesetz 14068 "Ober die Sicherheit des Staates und die innere Ordnung", das am 10.7.1972 verkündet wurde und nach dem die demokratischen Institutionen nur noch formal weiter bestehen blieben. 7) P. Barcellona, "Oltre lo stato sociale. Economia e politica nella crisi dello stato keynesiano", S. 8. 8) Der fast völlige Verlust jeden konkreten Inhalts in den Legitimationsvorschlägen Luhmanns wurde in der Arbeit von J. Heidorn, "Legitimität und Regierbarkeit" besonders herausgestellt: "Die Zersetzung des Bezuges von Legitimität auf die Vorstellung einer richtigen und gerechten Organisation der Gesellschaft, die Auflösung inhaltlicher Ansprüche, die das "Gelten-Sollen" einer Gesellschaftsordnung betreffen, bewertet Luhmann als einen Stabilisierungsfaktor der modernen Gesellschaftsordnung. Für Luhmann stellt die Auflösung inhaltlich bestimmter Legitimitätserwartungen und -ansprüche der Bevölkerung eine ideale Operationsbedingung des politischen Systems dar - ein Punkt, den wohl Hennis im Auge hat, wenn er Luhmanns Legitimationsbuch polemisch als Anweisung versteht, das Legitimationsproblem durch eifriges Kehren unter den Teppich verschwinden zu lassen. Insofern ist auch der Titel, unter den Luhmann seine Ausführungen stellt, irreführend: nicht "Legitimation durch Verfahren", sondern "Verfahren statt Legitimation" würde die Absichten Luhmanns präziser kennzeichnen" (S. 109 f.). 9) Die Tatsache, daß Luhmanns Theorie (und ihr Positivismus) ein der Konservierung des Systems dienliches Werkzeug darstellt, genügt dem "repressiven juristischen Opportunismus" im lateinamerikanischen Kontext nicht. Die repressiven Bedürfnisse führen zur Unmöglichkeit, eine einzige philosophische Position in ihrer Gesamtheit anzunehmen. Das ofensichtlichste Beispiel hierfür findet sich in folgendem Zitat: "Die positivistische Dogmatik wird dann von Nutzen sein, wenn Fragen einer Grenzmauer, ein Mietvertrag, die Befugnisse eines Vorsitzenden einer Aktiengesellschaft oder ein Diebstahl zur Diskussion stehen. In solchen Fällen sind auch wir Positivisten im genannten Sinne. Aber wir können bei der Interpretation des Art. 23 der Nationalen Verfassung über den Belagerungszustand keine Dogmatiker sein, wenn das Schicksal des Vaterlandes auf ideologischer Ebene, die jede juristische Dogmatik übertrifft, auf dem Spiel steht". C.H. Dominguez, "La nue-

237

va guerra y el nuevo derecho. Hnsayo para una estrategia juridica contrasubversiva", S. 659. 10) Anläßlich einer Durchsicht der soziologischen Theorien, die den Theorien der Kriminalität als Grundlage dienen, entwickelt A. Baratta eine Kritik des Dahrendorf'sehen Werkes, die genau das exemplifiziert, was wir hier meinen. Vgl. Baratta A. , "Criminologia critica e critica del diritto penale: Introduzione alla sociologia guiridico-penale", S. 119 ff. 11) "Ignoranz und Apathie sind jedoch die wichtigsten Vorbedingungen für einen weithin unbemerkten Austausch der Paragraphen, für die Variabilität des Rechts und insofern funktional für das System". Vgl. Luhmann, "Legitimation durch Verfahren", S. 191. 12) In bezug auf die Verbindung zwischen gesellschaftlicher Realität und theoretischer Formulierung ist der Bruch oder die "Indifferenz" zwischen beiden im Falle der DIS viel größer. Letztere geht von der Annahme des Konsenses und der sozialen Homogenität aus, Elemente, die im gegenwärtigen lateinamerikanischen Kontext auch nicht der unschuldigsten empirischen Nachprüfung standhalten würden. 13) S. Andrini, "Luhmann in Italia, rassegna bibliografica dei principali interventi italiani". In keinem anderen Land außer in der Bundesrepublik Deutschland hat Luhmann insbesondere innerhalb des kritischen Denkens eine solche Verbreitung und Resonanz erreicht wie in Italien. 14) A. Febbrajo, "Funzionalismo strutturale diritto nell'opera di Niklas Luhmann".

e sociologia del

15) Febbrajo bezieht diese angenommene Indifferenz Luhmanns ebenfalls auf die Werte und Bedürfnisse des Individuums. A. Febbrajo, a.a.O., S. 186. 16) N. Bobbio, "L'analisis funzionale del diritto: tendenze e problemi", S. 120. 17) A. Febbrajo, a.a.O., S. 215. 18) A. Ollero, "Derecho y Sociedad, dos reflexiones en torno a la filosofia juridica alemana actual", S. 98. 19) "Das systemorientierte Forschungsinteresse in Verbindung mit dem Verständnis von Legitimation als einem motivlosen Akzeptieren, das aus Geltungserfahrung folge, führt letztlich zu der Konsequenz, daß auch allein auf Repression und Gewalt gestützte totalitäre Machthaber faktisch "legitim" sein können. Sowie das Motiv für den Gehorsam der Herrschaftsunterworfenen vollkommen ausgeblendet wird, muß auch Konformität aus Angst vor Polizei- und Strafgewalt als (konkludente) Legitimation erscheinen". Vgl. H.J. Menzel, "Legitimation staatlicher Herrschaft durch Partizipation Privater", S. 32. 20) P. Barcellona, a.a.O., S. 168. 21) Obwohl das Problem noch andere Interpretationen zuläßt, meinen einige Autoren, daß der von Luhmann erarbeitete Legitimationsbegriff dazu neigt, sich von den Entstehungs238

Prozessen der Demokratie zu entfernen. So z.B. H.J. Menzel a.a.O., S. 31: "Gemessen an der in dieser Arbeit verwendeten Definition als einem dialektischen Vorgang zwischen Herrschaftsunterworfenen und Hoheitsgewalt stellt sich der systemtheoretische Ansatz Luhmanns als eine Verkürzung bzw. als ein bloßer Teilaspekt der gesamten Legitimationsproblematik dar. "Legitimation" wird in "Legitimität" umfunktioniert und vom demokratischen Entstehungsprozeß abgetrennt. Die Behauptung Luhmanns, Legitimität beruhe letztlich auf der Anerkennung verbindlicher Entscheidungen als Folge von deren Geltung, sowie seine Formel von der Fraglosigkeit legitimer Geltung bindender Entscheidungen sind mit dem hier gebrauchten Legitimationsbegriff nicht nachvollziehbar." 22) Es muß bedacht werden, daß es mindestens zwei verschiedene Auffassungen von Legitimität gibt. Die eine bezieht sich auf das Denken Max Webers - diese ist es auch, die Luhmann meint - wobei die Legitimität vornehmlich als etwas Formales und Neutrales erscheint. Eine andere Auffassung von Legitimität wird von denjenigen Autoren vertreten, die an das Problem bestimmte ethische und/oder politische Werte knüpfen. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die erste Auffassung es viel leichter ermöglicht, jedwedes politisches System unabhängig von seinen Inhalten zu legitimieren. Vgl. zu diesem Punkt die interessante Arbeit von F. von Kutschera, "Grundlagen der Ethik", insbesondere S. 338. 23) "In der Trennung von Politik und Verwaltung finden wir die spezifisch politischen Bedingungen des Rechtsstaates, das heißt die interne Ordnung eines politischen Systems, die eine Positivierung des Rechts, eine weitgehend juristische Programmierung des Staatshandels und eine verläßliche Durchführung dieser Programme ermöglicht". Vgl. N. Luhmann, "Gesellschaftliche und politische Bedingungen des Rechtsstaates", S. 62. 24) J. Habermas, "Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus". 25) N. Luhmann, "Macht", S. 87 f. 26) Wir verwenden den Begriff Abstraktion in Anführungszeichen, weil wir der Meinung sind, daß diese Abstraktion ein Teil der Luhmann'sehen Methode ist, nach der eine Realität ideologisch definiert wird, hinsichtlich der dann präskriptiv operiert wird. Ein Indiz - wenn auch kein Beweis - für diese Technik ergibt sich aus der Tatsache, daß, wie man in seinen letzten Arbeiten erkennen kann, unter den zitierten Autoren Luhmann sich selbst am häufigsten zitiert. 27) B. Heidtmann, "Traditionelle und ideologische Determinanten einer Theorie sozialer Systeme und ihrer Kritik", S. 176. 28) "Tatsächlich überzeugt mich die Theorie Carl Schmitts nicht. Ich denke, daß eine gute Politik eine solche ist, die in der Lage ist, ein Maximum an Realisierungsmöglichkeiten mit einem Minimum an Feindschaftsbildung zu vereinen. Sie muß versuchen, die Gegner und die Unterlegenen davon zu überzeugen, daß sie dies nicht auf alle Ewigkeit 239

sein werden. Im Freund-Feind Schema ist man gezwungen anzunehmen, daß die Feinde immer die selben bleiben. Dies mag für einige Fälle in den internationalen Beziehungen zutreffen. In bezug auf den Ausnahmezustand, glaube ich, gilt, daß derjenige der richtige Herrscher ist, der in der Lage ist, zu verhindern, daß es so weit kommt: Wenn man nämlich gezwungen ist, in Notstandssituationen zu regieren, ist man, zumindest als Politiker, schon verloren". Vgl. A. Bolaffi, "La democrazia in discussione" (Interview mit Niklas Luhmann, S. 112 f.). Es ist offensichtlich, daß Luhmann auf den "traditionellen" Ausnahmezustand Bezug nimmt. 29) N. Luhmann, "Grundrechte als Institution", S. 142 und "Rechtssoziologie", Bd. II, S. 262, zitiert in Hans J. Giegel, "System und Krise", S. 72. 30) Vgl. A. Febbrajo, a.a.O., S. XXV. 31) D. Zolo, "Complessità, potere e democrazia", S. XIX. Einleitung zu: N. Luhmann, "Potere", Milano, 1979. 32) N. Luhmann, "Theorie der Verwaltungswissenschaft. standsaufnahme und Entwurf".

Be-

33) D. Zolo, Einleitung, a.a.O., S. XIX. 34) Es scheint uns zumindest die Frage berechtigt, ob die Schwierigkeit, das Deskriptive vom Präskriptiven in Luhmanns Werk zu unterscheiden, nicht auch auf eine Technik zurückzuführen ist, deren Funktion in die Nähe derjenigen der "Abstraktionsebene" zu lokalisieren wäre und auf die wir schon hingewiesen haben. 35) N. Luhmann, "Funktion System", S. 49.

der

Rechtsprechung

im

politischen

36) A. Febbrajo, a.a.O., S. 215. 37) Zum Begriff der "marignalisierten Mehrheit" vgl. F. Basaglia Ongaro, "Die abweichende Mehrheit. Die Ideologie der totalen sozialen Kontrolle". 38) Naiv, weil Luhmann nicht zitiert wird und wir daher annehmen müssen, daß der Autor die "funktional-strukturalistische" Theorie nicht kennt. 39) N. Lechner, S. 133.

"La

crisis

del

Estado

en America

Latina",

Kapitel VI: Die autoritäre Institutionalisierung im cono sur

1) Es scheint uns, daß die Notwendigkeit einer rechtssoziologischen Untersuchung wie der vorliegenden, offensichtlich ist und ein unverzichtbares Instrument darstellt, um das Phänomen der autoritären Institutionalisierung zu begreifen. 240

2) Ober den Begriff des organischen Intellektuellen vgl. A. Gramsci, "Quaderni del carcere", S. 1513-1524, 1550-1551. 3) J.L. de Imaz, "Los que mandan". 4) Für einen allgemeinen Oberblick über die geschichtliche Entwicklung Lateinamerikas vgl. u.a. T. Halperin Donghi, "Historia contemporánea de América Latina" und C.M. Rama, "Historia de America Latina". 5) Nicht nur eine repressive Realität und ein repressives Recht sind die Charakteristiken des neuen Autoritarísimas, sondern außerdem die Existenz theoretischer Überlegungen, die darum kämpfen, das Abstraktionsniveau der liberalen Rechtsideologie zu zerstören, Überlegungen, für die wir im folgenden ein beredtes Beispiel bringen: "Wie ist es also dann möglich, das Studium des Rechts in den klassischen Grenzen der friedlichen Evolution zu belassen, wenn es einer integralen, totalen und permanenten revolutionären Aggression unterworfen ist? Es war nötig, eine angemessene Rechtsmethode ausfindig zu machen, um Lösungen zu finden. Und wir fanden sie im juristischen Trialismus, auf den wir im nächsten Kapitel eingehen werden." (S. 491) ... "Wenn wir verstehen, daß den Feind zu kennen unsere fundamentalste Aufgabe ist, wofür es notwendig ist, die Tatsachen so zu sehen, wie sie sind und als Beginn des Verständnisses des Problems, dann ist es uns gelungen, viele Schwierigkeiten im Zusammenhang mit juristischen Aspekten des konterrevolutionären Kampfes zu beheben" (S. 601). . . . "Auf dem Gebiet der Subversion und wie wir bei der Analyse der Interessengebiete im ersten Teil herausgestellt haben, brauchen wir die kriminologische Enzyklopädie in ihrer Gesamtheit. Die Position, die der Rechtstechnizismus einnimmt, ist für uns ein Luxus, den wir uns in Gegenwart eines konterrevolutionären Rechts in voller Entwicklung nicht leisten können. Es gibt in bezug darauf noch keine ausgeprägte strafrechtliche Konzeption, aber hier besteht die Notwendigkeit, diese zu begründen" (S. 628). ... "Der gegenwärtige Grad des Kompromisses zwingt uns daher, auf adäquate und systematische Weise das Recht auf dem Gebiet der Politik zu integrieren, wo der entscheidende Punkt für den endgültigen Ausgang liegt und wo, wenn der Krieg verloren wird, es niemals mehr irgend ein Recht geben wird." (S. 652). C.H. Dominguez, "La nueva guerra y el nuevo derecho. Ensayo para una estrategia jurídica contrasubversiva". 6) Es muß bemerkt werden, daß wir uns auf Arbeiten genereller Kritik des Rechts beziehen. Im spezifischen Bereich der Kriminologie z.B. hat das kritische Denken einen beträchtlich größeren Umfang. Als Beispiele der Ausnahmen, auf die wir hinwiesen, vgl. E. Novoa Monreal, "El derecho como obstáculo al cambio social", C.M. Vilas, "Derecho y Estado en una economía dependiente". E. Garzón Valdés, "Acerca de las funciones del derecho en América Latina". L.H. Schiffrin, "Dictadura y Constitución, aspectos de la crisis del Estado de derecho en la Argentina". N. Lechner, "La crisis del Estado en América Latina" (insbesondere Kap. III, "Derecho y Estado en América Latina"). 241

7) Am 11. März 1973 wurden nach sechs Jahren Diktatur demokratische Wahlen durchgeführt, bei denen der von J.D. Perón designierte Kandidat Héctor Cämpora mit 49,59t der Stimmen siegte. Dieses Ergebnis wurde durch ein Bündnis der Partido Justicialista (Name des Peronismus für die Wahl) mit acht anderen politischen Parteien (Popular Cristiano, Conservador Popular, Movimiento de Integración y Desarrollo und einem kleinen Teil der Partido Socialista), das den Namen Frente Justicialista de Liberación (FREJULI) annahm, erreicht. Dieses Bündnis stellte sich mit einem anti-imperialistischen und auf eine autonome kapitalistische Entwicklung hinzielenden Programm vor, das einen sozialen Pakt zwischen der Arbeiterklasse und dem nationalen Kapital voraussetzte. Ein typischer Vertreter des konzentrierten Teils dieses Sektors, José Gelbard, übte das Amt des Wirtschaftsministers bis Mitte des Jahres 1974 aus. 8) Eine ausgezeichnete Analyse des politischen und wirtschaftlichen Inhalts dieser Widersprüche findet sich bei G. O'Donnell, "Estado y alianzas en la Argentina, 1956-1976". 9) Es erweist sich wegen der Breite und der Komplexität des Themas als unmöglich, daß wir uns hier über den Peronismus auslassen. Um ihn kurz zu beschreiben kann man sagen, daß es sich um eine politisch-soziale Bewegung handelt, in welcher sich,mit starken Gegensätzen, ein sehr weiter Teil der in Argentinien existierenden sozialen Kräfte (der mehr als 90 % der Arbeiterklasse einschließt) ausdrückt. Für eine Einarbeitung in das Thema verweisen wir auf das beste existierende Werk in spanischer Sprache: M. Murmis und J. C. Portantiero, "Estudios sobre los origenes del Peronismo", und auf das einzige Werk (mit Ausnahme einiger kurzer Aufsätze) in deutscher Sprache: P. Waldmann, "Der Peronismus 1943-1955". Das Werk Waldmanns erschien 1981 auch in spanischer Obersetzung. 10) Die Begriffe "sectores populares" und "mehrheitliche Sektoren" verwenden wir synonym. In bezug auf ihren Inhalt übernehmen wir die Definition von G. O'Donnell, "Wenn wir von 'sector popular' sprechen, beziehen wir uns auf die Arbeiterklasse und die weiten Teile der Angestellten und gewerkschaftlich organisierten Mittelschichten". (a.a.O., S. 3). 11) Durch ihr sehr wichtiges Körperschaftsorgan CARBAP, in welchem die Besitzer von Latifundien in der besten Produktionsgegend des Landes organisiert sind. 12) Das Programm der grundbesitzenden Oligarchie kann man in kurzer Form mit der Absicht umschreiben, das industrielle Wachstum ebenso wie die massenhafte politische Beteiligung einzuschränken. Die untergeordnete und komplementäre Einfügung in die Wirtschaft Großbritanniens bot die Möglichkeit, dieses Programm zu verwirklichen. 13) 1930 setzten die Streitkräfte den verfassungsmäßigen Präsidenten Hipolito Yrigoyen ab, den Führer der Radikalen Mehrheitspartei, der mit seiner reformistischen und demokratischen Politik die Interessen der grundbesitzenden Oligarchie in Gefahr brachte. Dieser Putsch gelang 242

durch die Hegemonie, die diese Gruppe seit dem 19. Jahrhundert besaß. Von da an und bis heute gelang es den herrschenden Klassen (die deswegen herrschend sind) nicht einen einzigen Tag, mit dem Konsens der Volkssektoren zu regieren. Mit anderen Worten: Sie sind völlig unfähig, ihre wirtschaftliche Macht in politische Macht umzuwandeln. 14) Wir benutzen die Begriffe"dominierend" und "hegemonisch" im Sinne von A. Gramsci, a.a.O., S. 2010 und 2011. 15) Zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und 1945 war Großbritannien der wichtigste Käufermarkt argentinischer landwirtschaftlicher Produkte und zugleich auch auf argentinischem Gebiet Besitzer der Transport- und Kommerzialisierungssysteme dieser Produkte. Nach 1945 ereigneten sich tiefgreifende Veränderungen im internationalen System, was in der Gegenwart und auf den Fall Argentiniens bezogen dazu führt, daß die UdSSR zum wichtigsten Käufer landwirtschaftlicher Erzeugnisse wurde. Diese Situation löste jedoch keine wichtigeren Veränderungen im politischen Verhalten der herrschenden Gruppe aus. Was die britische Strategie anbelangt, vgl. M. Peralta Ramos, "Accumulaciôn de capital y crisis politica en Argentina, 1930-1974", S. 41 ff. Was die gegenwärtigen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Argentinien und der UdSSR betrifft, vgl. den Aufsatz von F. Gezé, "URSS-América Latina, business first" S. 19 und denjenigen von H. Bischof, "Lateinamerika. Herrschaft, Gewalt und internationale Abhängigkeit", S. 293 ff grands propriétaires et les 16) Vgl. R. Sidicaro, "Les problèmes agraires en Argentine (1973-1978)", S. 44 ff. 17) Es muß erwähnt werden, daß die argentinischen Militärs, die die chilenischen Erfahrungen und die gegen die Militärjunta wegen ihrer massiven Repressionspolitik international ausgelöste Kampagne beobachten konnten, eine viel selektivere Repression ausübten. Diese Politik und die durch die wirtschaftlichen Beziehungen bedingte Unterstützung durch die UdSSR und andere sozialistische Länder in internationalen Gremien trug dazu bei, daß die Kampagne gegen die argentinische Diktatur viel weniger Aufsehen erregte als im Falle Chiles. 18) J.J. Urtasun, "Desaparecidos, un eufemismo que encubre el genocidio", in der Zeitschrift "El viejo topo" Nr. 51, Barcelona 1980. 19) Partido Justicialista, cial", S. 3-4.

"Primeras jornadas de

economia so-

20) Mit dem Wort "diskutiert" meinen wir die Analysen, die von den extremen - und falschen - Vorstellungen der "Abhängigkeitstheorie" ausgehend angefertigt wurden und die einen starken Einfluß auf das Denken innerhalb der Sozialwissenschaften und der Politik in Argentinien vom Ende der sechziger Jahre bis zum Beginn der siebziger Jahre ausübten. In diesen Darstellungen wurden in so starkem Maße die äußeren Bestimmungen der Abhängigkeit betont, daß die Untersuchung der Dynamik der Gesellschaft und des Staates beiseite gelassen wurden. Eine der schwerwiegendsten Folgen die-

243

ser falschen Interpretation bestand darin, das nationale industrielle Bürgertum "theoretisch" verschwinden zu lassen. Dieses sah sich durch die Auswirkungen des Imperialismus gezwungen, die Produktionsmittel an das ausländische Kapital zu verkaufen und konnte sich bestenfalls in den Verwalter desselben verwandeln. Es verwandelte sich mit anderen Worten in ein "Geschäftsbürgertum". Ein eindeutiges Beispiel dieser Interpretation kann man bei P. Franco und J. Alvarez, "Peronismo, antecedentes y gobierno" finden. 21) Die beste Analyse des politischen und ideologischen Verhaltens des Industriebürgertums in abhängigen Gesellschaften bietet F.H. Cardoso, "Ideologias de la burguesía industrial en sociedades dependientes". 22) 0. Landi, "Argentina 1973-1976: crisis política", S. 98.

la genesis

de

una

nueva

23) Ebenda, S. 97. 24) Durch systematischen Druck im Innern der Peronistischen Bewegung, dessen Einzelheiten heutzutage verkannt werden, sah sich Cámpora gezwungen, auf das Amt des Präsidenten am 13. Juli 1973 zu verzichten. 25) Wir übernehmen in diesem Teil die Reihenfolge, die 0. Landi in seinem Aufsatz gewählt hat, a.a.O., S. 103 ff. 26) Die monopolistischen Unternehmen mit transnationalem Kapital reagierten ebenso wie das nationale Kapital, das an diese gebunden ist, sehr bald dagegen, und zwar in der schärfsten Weise. Während der Geltungszeit dieses Gesetzes gab es im Lande praktisch keine neuen ausländischen Investitionen. Die Kritik (seitens des transnationalen Kapitals) basierte auf dem restriktiven Charakter des Gesetzes . Jedoch waren, wie eine Untersuchung herausstellt, die wirklichen Gründe der allgemeinen Unzufriedenheit der herrschenden wirtschaftlich-politischen Situation zu verdanken. Vgl. G. Cabanellas, "Derecho de las inversiones extranjeras, legislación argentina y pacto andino", S. 18. 27) Es muß präzisiert werden, daß mit dem Aufkommen der demokratischen Regierung versucht wurde, den Begriff der inneren Sicherheit wieder im Sinne seiner traditionellen Bedeutung zu interpretieren. 28) Kurze Zeit nach dem Tode Peróns sah sich José Gelbard, der Wirtschaftsminister und höchste Vertreter der CGE, zum Rücktritt gezwungen. 29) Mit Ausnahme der Zeit, in der General Numa Laplane Oberbefehlshaber des Heeres war und versuchte, dieses in eine Politik der Verteidigung der Regierung zu verwickeln. Dieser General war jedoch in keiner Weise repräsentativ für das politische Denken, das innerhalb der Streitkräfte vorherrschte. 30) "Und dann kam der Gipfel: am 2. Juni (1975) ernannte sich der Ingenieur Celestino Rodrigo, der der gleichen spiritischen Loge angehörte wie Lopez Rega, zum Wirtschaftsminister und am 5. desselben Monats wurde der gesamten argen244

tinischen Gesellschaft ein Schock ohnegleichen versetzt: Ohne Vorankündigung wurde beschlossen, den Peso gegenüber dem Dollar um 100 i abzuwerten, den Preis für Benzin um 175 i, den für Elektrizität um 75 t zu erhöhen und die Preisbindung aufzuheben. Im Ministerialprogramm waren diese Maßnahmen als ein erster Schritt konzipiert, der mit Hilfe verschiedener Abkommen mit den schon am Ort befindlichen transnationalen Unternehmen bis zum Ende durchgeführt werden sollte, um zu einer dritten Etappe zu gelangen, die das Hinzukommen neuen ausländischen Kapitals und die Zusicherung bedeutender Kredite seitens der nationalen Finanzzentren vorsah." 0. Landi, a.a.O., S. 122-123. 3 1 ) Der Erlaß repressiver Gesetze, der schon unter der Regierung Perons eingesetzt hatte (Gesetz 20 643 der Änderung am Strafgesetzbuch), verstärkte sich während der Regierungszeit Isabel Perons. Unter den zahlreichen repressiven Gesetzen ist das Gesetz 20.840 vom 28.11.1974 über "subversive Aktivitäten" besonders hervorzuheben. Dieses Gesetz ahndete die Meinungsund Propagandadelikte mit schweren Strafen (Art. 2), unterwarf die Pressefreiheit strenger Restriktionen (Art. 3) und sah eine erhebliche Straferhöhung für die Fälle vor, in denen "die Sicherheit des Staates in Gefahr gebracht wird" (Art 6) - oder "der nationalen Wirtschaft Schaden zugefügt wird" (Art. 6). Wie man sieht, ist die inhaltliche Unbestimmtheit repressiver Gesetzgebung - eine typische Charakteristik der DIS - schon zur Zeit der verfassungsmäßigen Regierung anzutreffen . 32) Der Begriff "Bordaberisierung" verweist auf Geschehnisse in Uruguay aus dem Jahre 1973. Damals löste der gewählte Präsident Juan M. Bordaberry auf Drängen der Streitkräfte das Parlament auf, behielt aber sein Amt, um der Militärdiktatur einen Zivilcharakter zu belassen. Vgl. 0. Landi, a.a.O., S. 126. 33) Ihre beste kritische Analyse bietet bis heute J.W. Cooke, "Peronismo y revolucion". 34) Vgl. J.C. Portantiero, "Comentario", zum Beitrag von E. Righi in "El control politico en el cono sur", S. 208. 35) Paramilitärische und para-polizeiliche Gruppen mit einem hohen Grad an operativer Autonomie führten den wichtigsten Teil des Kampfes gegen die Subversion aus. 36) N. Poulantzas, "Faschismus und Diktatur. Die Kommunistische Internationale und der Faschismus", S. 339. 37) N. Poulantzas, "La crisis Grecia, Espana", S. 102.

de

las

dictaduras,

Portugal,

38) G. Hartfiel, "Wörterbuch der Soziologie", S. 309. 39) Die Veränderungen, die im Privatrecht unter den Bedingungen des neuen Autoritarismus vorgenommen wurden, sind entweder unbedeutend oder das Ergebnis des kapitalistischen Entwicklungsstadiums. Letzteres bedeutet, daß es Veränderungen sind, die sich auch unter einem demokratisch-parlamentarischen Regime ergeben hätten.

245

40) Im argentinischen Amtsblatt "Boletín Oficial Argentino" (im folgenden mit B.O. angegeben) am 29.3.1976 veröffentlicht und aus drei Teilen bestehend. 41) Wir werden im allgemeinen in verkürzter Form ihre wichtigsten Bestimmungen darlegen, was wir durch Auslassungszeichen kennzeichnen werden. Dort, wo diese fehlen, bedeutet dies die vollständige Wiedergabe der Bestimmung. 42) Im B.O. am 31.3.1976 veröffentlicht. 43) Auf dieses und seine zusätzlichen Bestimmungen bezugnehmend behauptet ein "geheimes" Arbeitspapier, das vom Sekretariat des Präsidialamtes ausgearbeitet wurde: "Zum ersten Mal in der Geschichte der argentinischen militärischen Bewegung kann von Anfang an mit institutionellen Mechanismen gerechnet werden, die eine adäquate Kontinuität ermöglichen, ohne daß man in Personalismen oder in die Diktatur (sie) verfallen muß", Argentina, Presidencia de la Nación Argentina, Secretaria General, "Documento de trabajo sobre las bases políticas para la reorganización nacional". 44) Dem dritten Mitglied des herrschenden Blocks, dem industriellen Großbürgertum, gelang es, besonders nach dem Militärputsch von 1976 mit noch größerem Erfolg, innerhalb der Streitkräfte eine "ultraliberale" Ideologie im Bereich der Wirtschaft zu artikulieren und durchzusetzen, die nichts anderes war als diejenige, die Milton Friedman und seine Gruppe der Schule von Chicago vertrat. Ihr Hauptvertreter in Argentinien (natürlich abgesehen vom Wirtschaftsminister der Diktatur J. Martinez de Hoz) war der Ingenieur Alvaro Alsogaray, der oft von den militärischen Präsidenten nach 1976 um Rat gefragt wurde. Um noch ein Beispiel anzuführen, das zeigt, wie wenig die herrschenden Kreise in der Lage waren, die Macht einstimmig auszuüben, erinnern wir daran, daß der erwähnte Alsogaray 1973 eine politische Partei gründete, die 1,96 % der Stimmen erhielt. In den Bereichen der Politik und des Rechts fehlte hingegen dem industriellen Großbürgertum ein eigenes Programm . 45) Ein Beispiel für die konkreten Gegensätze zwischen den Streitkräften und der Oligarchie kann auf den folgenden Seiten gesehen werden. Was die Widersprüche hinsichtlich des Imperialismus betrifft, so sind die Auseinandersetzungen zwischen den lateinamerikanischen Diktaturen und der Regierung James Carters um die Menschenrechte das beste Beispiel. 46) L.H. Schiffrin, "Dictadura y constitución, aspectos de la crisis del Estado de derecho en la Argentina" (unveröffentglichte Dissertation), S. 160-161. 47) Vgl. Argentina, Presidencia de la Nación Argentina, a.a.O. S. 38. 48) Eine Formalisierung, die trotzdem unter bestimmten Umständen eine eminente Bedeutung enthält, die sich in der Zuspitzung der Gegensätze im Innern des herrschenden Blocks ausdrückt. 246

49) C.M. Vilas, "Derecho y Estado en una economia S. 121 ff.

dependiente"

50) E. Laclau, "Hacia una teoria del populismo", in "Politica e ideologia en la teoria marxista", S. 206 ff. 51) Die Garantien für den wirtschaftlichen Bereich, die in der argentinischen Verfassung festgelegt sind, welche in diesem Sinne als eine der liberalsten der Welt gilt, sind im allgemeinen durch die späteren Gesetze, die ihr Funktionieren regeln, nicht eingeschränkt worden. Die politischen Garantien hingegen verwandeln das Dickicht von Strafgesetzen, Arbeitsgesetzen und Verwaltungsgesetzen, die ihr Funktionieren regeln, praktisch in ihr Gegenteil. Eine selbst oberflächliche Durchsicht des argentinischen Gesetzessystems genügt schon, um dies zu bestätigen. 52) C.M. Vilas, a.a.O., S. 142. 53) Für eine detailliertere Analyse der legitimierenden Funktion des Obersten Gerichtshofs in Verbindung mit den argentinischen Militärdiktaturen, vgl. L.H. Schiffrin, a.a.O., Kap. III. 54) Von 1955 bis 1980 gab es in Argentinien 16 Jahre lang Militärdiktaturen und nur 11 Jahre lang demokratische Regierungen. Dies ungeachtet der Tatsache, daß die Jahre der Demokratie in der Mehrzahl unter den Richtlinien der Mehrheitspartei (Partido Justicialista) und unter unzähligen militärischen Programmen abliefen. 55) Sowohl während der Militärdiktatur, die Argentinien zwischen 1966 und 1973 regierte, als auch von 1976 an, befindet sich das Studium der institutionellen Ausnahmegesetzgebung, mit der diese Diktaturen regieren, entweder überhaupt nicht auf dem Unterrichtsprogramm der Rechtswissenschaftlichen Fakultäten oder nur am Rande und wird in der Praxis völlig ignoriert. 56) Die politische Reaktion der Oligarchie angesichts dieses Versuchs war in den letzten Jahren der Militärdiktatur ziemlich heftig geworden. Die Zeitung "La Prensa", die gewöhnlich als die stärkste Bastion der Interessen der Oligarchie angesehen wird, hatte in dieser Frage eine radikale Haltung eingenommen. Wir geben im folgenden die Wiedergabe eines Abschnitts eines Artikels, den ein Redakteur dieser Zeitung, Manfred Schönfeld, veröffentlichte: "Sagen wir es doch ganz einfach und ganz klar: im heutigen Argentinien gibt es den Rechtsstaat nicht. Und es gibt ihn nicht, weil die Rechtsgewalt, die ihre Existenz schützen muß, sich mehr und mehr in ein Schreckgespenst, in eine Karikatur ihrer selbst verwandelt hat. Die Rechtsgewalt hat nicht nur aufgehört unabhängig zu sein, sondern sie hat freiwillig auf ihre Unabhängigkeit verdientet, indem sie sich als Statist dem Spiel zur Verfügung stellte, dessen Protagonist die Exekutive ist. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob diese Exekutivgewalt, wie es jetzt der Fall ist, ihren Ursprung in den Kasernen hat, oder in den Urnen (wie es in den Zei-

247

ten der Peronistischen Diktatur der Fall war). Diese Situation hätte eine wenn schon nicht legale, so doch menschliche Erklärung am Anfang des "Prozesses", in den ungestümen Zeiten der Kämpfe gegen den Terrorismus, die Subversion und die Guerilla finden können. Das Bedenkliche aber ist, daß es jetzt Jahr um Jahr so weitergeht, beinahe wie aus Trägheit und ohne daß sich jemand betroffen fühlt." (Tageszeitung "La Prensa", Buenos Aires, 22. Februar 1982). 57) Am 26.3.1976 im B.O. als Gesetz Nr. 21 256 veröffentlicht und 1978 teilweise reformiert, jedoch nicht hinsichtlich der hier behandelten Themen. 58) Vgl. M.E. Carranza, a.a.O., S. 19. 59) Die theoretische Rechtfertigung derer, die sich mit dieser Problematik befassen,und die aus den Vorstellungen der DIS herrührt, geht weit über das hinaus, was man rational verstehen könnte: "Carl Schmitt sagt, daß in bezug auf diese rechtliche Problematik die Notwendigkeit besteht, zweierlei grundlegende Unterscheidungen zu treffen: Zunächst Kriegs- und Friedenszeiten zu unterscheiden, wobei der Zwischenbereich des kalten Krieges übergangen wird, und zweitens die Begriffe Feind und Krimineller auseinanderzuhalten, um die "Kriminalisierung" des Opponenten als typischer Zug des revolutionären Krieges zu vermeiden. Dieses zu erreichen ist aber offensichtlich in der Realität, die wir im Laufe dieser Arbeit bereits beschrieben haben, unmöglich, weswegen die erwähnte Bemerkung rein akademischer Natur bleibt." C.H. Dominguez, "La nueva guerra y el nuevo derecho. Ensayo para una estrategia juridica contrasubversiva", S. 765. 60) Vgl. N. Lechner, a.a.O., S. 145. 61) Am 28.5.1976 im B.O. veröffentlicht. 62) Am 29.1.1974 im B.O. veröffentlicht. 63) Am 2.10.1974 im B.O. veröffentlicht. 64) Am 26.3.1976 im B.O. veröffentlicht. 65) Am 1.12.1976 im B.O. veröffentlicht. 66) Am 9.6.1976 im B.O. veröffentlicht. 67) Am 9.6.1976 im B.O. veröffentlicht. 68) Am 9.6.1976 im B.O. veröffentlicht. 69) Am 9.6.1976 im B.O. veröffentlicht. 70) Am 1.7.1976 im B.O. veröffentlicht. 71) Alle in diesem Abschnitt zitierten mentär zum Strafgesetzbuch.

Gesetze

sind

komple-

72) Am 8.9.1976 im B.O. veröffentlicht. 73) Der Belagerungszustand wurde in Argentinien zuletzt am 6. November 1974 mittels des Dekrets 1368 ausgerufen. Er wurde danach am 1. Oktober 1975 mit dem Dekret 2717 verlän248

gert. Die gesetzliche Regelung, die von der Militärjunta nach dem Staatsstreich von 1976 diktiert wurde, bestätigte in vollem Umfang die Geltung des Belagerungszustands. 74) Nach Durchsicht der existierenden Rechtsprechung zum Gesetz 21.400 kann man sagen, daß es ausschließlich gegen Lohnempfänger angewandt wurde. Hinzu kommt, daß die juristische Interpretation des Gesetzes nicht weniger rigoros war als sein Text und dazu führte, daß "Die alleinige Teilnahme des Arbeiters an einer direkten Aktion schon eine spezifische Beleidigung impliziert, die, vom Gesetzgeber a priori bewertet, die Auflösung des Vertrages aus berechtigten Gründen ermöglicht, wobei das Fehlen von Schuld in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung ist." (Causa.: Regalbuto, Julio César contra Fiat Concord S.A. Cámara Nacional de Apelaciones del Trabajo, Sala I 31.12.1980). Für ein besseres Verständnis der "weiten" und autoritären Interpretationsweise, die dieses Gesetz erfahren hat, vgl. N. Rodriguez Brunengo, "La ley 21.400 y algunos fallos recientes", S. 299 ff. 75) Für eine detailliertere Analyse dieses Punktes sowie im allgemeinen über das Gesetz 22.105 und das Dekret 640 vgl. J.C. D'Abate, "El antipoder sindical". 76) "So scheint der uruguayische Prozeß der letzten Jahre eine neue Erfahrung zur Typologie des Staatsstreichs in Lateinamerika beigesteuert zu haben: Wenn nicht nur die Arbeiter, sondern bedeutende Teile der Mittelschicht und selbst der Bourgeoisie den militärischen Autoritarismus ablehnen, und wenn es den Streitkräften an politischer Erfahrung und Technik im Umgang mit den Staatsapparaten mangelt, so ist es angebracht und möglich, den Staatsstreich in "Zeitlupe" zu versuchen". G. De Sierra, "Introducción al estudio de las condiciones de ascenso de las dictaduras: el caso uruguayo", S. 567 ff. 77) Durch ein Dekret vom 13.6.1968, jedoch in Einklang mit dem in Artikel 168 der Verfassung Vorgesehenen, wurden die sogenannten "schnellen Sicherheitsmaßnahmen" ("medidas prontas de seguridad") diktiert, durch welche verschiedene verfassungsmäßige Garantien eingeschränkt werden. 78) Die prozentualen Stimmenanteile der beiden traditionellen Parteien (Blanco und Colorado) zwischen 1950 und 1971 sind folgende: 1950 83,5 i (des gesamten Stimmenanteils), 1954 85,7 t, 1958 87,3 i, 1962 91 Î, 1966 89,6 i, 1971 (das Jahr, in welchem sich die Koalition "Frente Amplio" zur Wahl stellte) 81,15 I. Vgl. a. Rouquie, "L'Uruguay de M. Pacheco Areco à M. Bordaberry. Les élections de novembre 1971 et les débuts de la présidence Bordaberry", S. 24. 79) Für eine detailliertere Analyse der wirtschaftlichen Aspekte des uruguayischen Prozesses, ein Thema, das den Rahmen unserer Untersuchung überschreitet, vgl. W. Cancela Vilanova, "El Uruguay actual: un enfoque económico". 80) Gegen Ende des sechziger Jahre bildeten alle Linksparteien einschließlich der Christdemokraten eine Wahlkoalition, die sie "Frente Amplio" nannten, und die bei den Wahlen von 1971 18,30 % der Stimmen erhielt. 249

81) Vgl. G. De Sierra, a.a.O. 82) Eine kurze, aber hervorragende kritische Information über den Militärputsch findet man bei N. Minello, "Uruguay: la consolidación del Estado militar", S. 575 ff. 83) C. Real de Azua, "Política, poder y partidos en el Uruguay de hoy", in "Uruguay hoy" (von N. Minello a.a.O., S. 576 zitiert). 84) Seit Anfang der sechziger Jahre operiert in Uruguay die bewaffnete Organisation Movimiento de Liberación Nacional Tupamaros (MLNT). Der Kampf gegen diese Organisation ist das am meisten benutzte Element, um die Militarisierung des Staates und der Gesellschaft zu legitimieren. Es muß aber auch bemerkt werden, daß nach 1973, dem Jahr in welchem die Regierung die effektive Niederlage der Subversion proklamierte, sich der Militärstaat noch erheblich verstärkte anstatt zu verschwinden. Für eine detailliertere Information über die Bewegung der Tupamaros sowie die repressive Politik im allgemeinen, vgl. jeweils A. Labrcusse "Les Tupamaros" und Comitato per la Liberazione dei Prigioneri Politici Uruguayani (hg.), "Uruguay: La fir.e di un 1 illusione", insbesondere Kapitel III-VI. 85) Der damals amtierende Präsident Juan M. Bordaterry ist ein typischer Vertreter der Interessen der grundbesitzenden Oligarchie. Er selbst ist einer der größten latifundienbesitzer Uruguays. 86) Für eine detaillierte Darstellung der Zeit J.M. Bcrdaberrys, vgl. F. Lerio und C. Torres, "La politique économique du gouvernement uruguayen (1973-1977)". Wir nennen im folgenden einige konkrete Indizien dieser Wirtschaftspolitik, die dazu neigt, fast ausschließlich das transnationale Monopolkapital zu Ungunsten des nationalen Kapitals und insbesondere des lohnabhängigen Sektors zu begünstigen: a) Möglichkeit für die ausländischen Unternehmen, 20 Î ihres Gewinns ins Ursprungsland zurückfließen zu lassen (Gesetz 14.179 und 14.244). Dabei muß man bedenken, daß in Argentinien und Brasilien, wo ebenfalls Regime herrschen, die eine Politik des wirtschaftlichen Ultraliberalismus praktizieren, die Grenzen diesbezüglich bei 12,5 i und 12 4 liegen. b ) Verringerung des Effektivlohns von einem Index vor 100 im Jahre 1971 auf 62 im Jahre 1977 (nach den Daten der uruguayischen Zentralbank). 87) "In diesen Momenten zeichnet sich der Staatsapparat durch eine Hypertrophie seiner repressiven Elemente (Streitkräfte, Polizei) aus. Ein wesentlicher Teil des Staatshaushaltes wird für die Bezahlung dieser Dienste auf Kosten anderer, wie z.B. des Unterrichts- oder des Gesundheitswesens, aufgewandt. Die Militärs überwachen aufmerksam alle s:aatlichen Organe, seien es wirtschaftliche, finanzielle, industrielle oder mit dem Unterricht befaßte. Die Namen der Offiziere der Streitkräfte erscheinen in der Leitung von Staats- und Provinzbehörden, in der Direktion autonomer oder halbautonomer Organe, im Bankwesen, in den Institu-

250

tionen des Unterrichtswesens usw. Im Einklang mit ihren ursprünglichen Plan möchten sie ebenfalls den wirtschaftlich-finanziellen Apparat des Landes beherrschen. Jedoch zwingt sie das Bündnis Imperialismus-Streitkräfte-Interessen des transnationalen Bürgertums dazu, diesen Apparat zivilen Bürgern zu überlassen, wie es auch unter anderen Regimen in Lateinamerika der Fall ist. Auf den übrigen Gebieten Kultur, Politik, Ideologie haben die Militärs ihre Präsenz fortgesetzt und die Militarisierung des Landes verstärkt." N. Minello, a.a.O., S. 591. 88) Aus den Ausführungsbestimmungen zum Dekret 4.7.1973 im offiziellen Amtsblatt Uruguays cial" veröffentlicht wurden.

464, die am "Diario Ofi-

89) Vom 12.6.1976 bis zum 23.10.1979 diktierten die Streitkräfte Uruguays 9 "Decretos" oder "Actas Institucionales", die die "Grundgesetze" des Staates geworden sind. 90) Artikel 12. "Die Bestimmungen der Verfassung, welche in direktem oder indirektem Gegensatz zu den Verfügungen des vorliegenden Dekrets stehen, sind außer Kraft gesetzt." 91) Die politischen und die technischen Widersprüche und Ungeschicktheiten des autoritären Verrechtlichungsprozesses in Uruguay (wovon Artikel 3 des Dekrets 463 das beste Beispiel bietet) verdienen eine gesonderte Betrachtung, auf die wir am Ende dieses Teils eingehen werden. 92) Man kann in dieser Bestimmung ein konkretes Beispiel für den Verlust an Abstraktheit und Allgemeinheit des Gesetzes unter den Bedingungen des "neuen Autoritarismus" sehen. Die erwähnte Bestimmung hat insbesondere das Ziel, die zivilen Mitglieder des "Nationalrates" von dem Verbot auszunehmen . 93) Vgl. R. Faraone, "Uruguay: une autre république militaire" 94) Unter den Wichtigsten: COSENA (Consejo de Seguridad Nacional) ("Nationaler Sicherheitsrat"), COMASPO (Politische Kommission des COSENA), ESMACO (Estado Mayor Conjunto) ("Vereinigter Generalstab"). 95) Der prozentuale Stimmenanteil der sozialistischen und der kommunistischen Parteien insgesamt belief sich auf: 1942 4,2 i (der gesamten Stimmen), 1946 7,4 i, 1950 4,4 t, 1954 5,4 1958 6,2 I, 1962 5,7%, 1966 6,5 i. Vgl. C. Real de Azua, "Polîtica, poder y partidos en el Uruguay de hoy", S. 286. 96) "Aparicio Méndez, glühender Verteidiger Hitlers während des Zweiten Weltkrieges, Professor für Verwaltungsrecht an der Universität, mußte seinen Lehrstuhl auf das Drängen von Studenten und Kollegen hin aufgeben". Tageszeitung "El Pais", Madrid, 7. Dezember 1980. 97) (Dem Staatsrat obliegt es), "Den Vorentwurf der Verfassung zu erarbeiten, welche gemäß den Prinzipien, die den formell verankerten Richtlinien, den Grundsätzen der "Actas Institucionales" und den zu billigenden Grundlagen folgend, dem Volk zur Ratifizierung unterbreitet werden soll." 251

98) Erklärungen Enrique Tarrigos in der Tageszeitung "El Pais", Madrid, vom 7.12.1980. 99) Der fall Argentinien ist in einer Zwischenposition zwischen Uruguay und Chile einzuordnen. In Argentinien rechnet die zweite Etappe der Institutionalisierung, wie man sah, mit einem relativen Konsens seitens des herrschenden Blocks, aber gleichzeitig auch mit einer Weigerung, zur dritten Etappe überzugehen. 100) Aus der ausgedehnten Bibliographie zum Thema zitieren wir hier nur einige der wichtigsten Titel, die entweder in deutscher Sprache geschrieben wurden oder ins Deutsche übersetzt wurden. S. Allende, "Chiles Weg zum Sozialismus", H.R. Sonntag, "Revolution in Chile. Der schwierige Weg zum Sozialismus", P. Ruiz Tagle, "Chile: politische Macht und Obergang zum Sozialismus", A. Münster, "Chile, friedlicher Weg? Historischer Bericht und politische Analyse", D. Nohlen, "Chile. Das Sozialistische Experiment", F. Mires, "Die Militärs und die Macht. Thesen zum Fall Chile". 101) Der Kandidat der Partido Nacional (konservative Rechte) Allesandri erhielt 34,9 % der Stimmen und der Kandidat der Christdemokraten Tomic, 27,8 I. 102) Vgl. M.E. Carranza, a.a.O., S. 151 ff. 103) Vgl. A. Joxe, "Las fuerzas armadas en el proceso político de Chile". 104) "Was wir ab 1920 als Demokratie in Chile gelobt haben, war nichts anderes als ein System, in dem eine begrenzte und privilegierte Klasse sich als großmütig erwies, indem sie durch sehr beschränkte Wahlprozeduren beschloß, wer unter ihren Mitgliedern das Land regieren sollte", vgl. F.B. Pike, "Chile and the United States, 1860-1962", S. XXV, zitiert in G. Pasquino, "Militari e potere in America Latina", S. 156. 105) Vgl. M.A. Garreton und T. Moulian, "Proceso y bloques políticos en la crisis chilena 1970-1973", S. 164. 106) Für eine Analyse des Wahlverhaltens der chilenischen Gesellschaft, vgl. G. Pasquino, a.a.O., insbesondere Kap. III "Ceti medi e transizione al socialismo in Chile", S. 109 ff. 107) M.A. Garreton und T. Moulian, a.a.O., S. 164. 108) Bei den Gemeindewahlen vom April 1971 erweiterte die "Unidad Popular" ihr Wählerpotential erheblich und erhielt' fast 50 t der Stimmen. 109) Von heute aus beurteilt kann man mit Sicherheit sagen, daß das Scheitern dieses Putsches nicht die Folge von demokratischen oder verfassungstreuen Anwandlungen der Streitkräfte war, sondern lediglich von ihrem Respekt vor der internen Hierarchie der Institution. Ein erfolgreicher, von einem Oberst durchgeführter Putsch hätte die vorzeitige Pensionierung aller noch tätigen Generäle bedeutet .

252

110) M.E. Carranza, a.a.O., s. 144. 111) Am 18.9.1973 im Diario Oficial 28.653 veröffentlicht. 112) P. Grenier, S. 10. 113) C. Hurtado S. 85.

"Le Beca,

Chili "Les

du

général

nouvelles

Pinochet

institutions

1973-1980", du Chili",

114) Rechtsextreme terroristische Organisation, die von der Regierung S. Allendes als illegal deklariert wurde. Sie war maßgeblich und aktiv am Militärputsch von 1973 beteiligt und löste sich danach auf. 115) Die chilenische Militärregierung dekretierte vier "Actas Constitucionales". Die Nr. 1 am 31. Dezember 1975 und die Nr. 2, 3 und 4 am 11. September 1976 mit jeweils folgendem Inhalt: a) Bildung des Staatsrats; b ) wesentliche Grundlagen der chilenischen Verfassungsmäßigkeit; c) über die verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten; d ) Notstandsregime. Alle von uns hier wiedergegebenen wörtlichen oder nur teilweise wörtlichen Zitate derselben sind einer offiziellen Veröffentlichung der chilenischen Regierung (ohne Jahres- und Verlagsangabe) entnommen, die den Titel "Actas constitucionales promulgadas por el gobierno de Chile" trägt. 116) Die 16 Mitglieder des "Staatsrats" sind vom General Pinochet nominiert (Artikel 2). Die Ex-Präsidenten sind es de jure. Der christdemokratische Ex-Präsident Eduardo Frei, der als Mitglied dieses "Rates" nominiert wurde, weigerte sich, das Amt anzunehmen. Als ob er seiner Oppositionshaltung ein Gegengewicht geben wollte, dementierte der ExPräsident E. Frei im September desselben Jahres die Möglichkeit, eine breite Oppositionsfront der Regierung entgegensetzen zu können. 117) Vgl. G. Pasquino, S. 153-154.

"Militari

e potere

in America

Latina",

118) Für eine Analyse der Wirtschaftspolitik der Regierung Pinochet, insbesondere im Zusammenhang mit dem ausländischen Kapital und der Politik der Gewerkschaft, vgl. jeweils C. Ominami, "Un nouveau type de financement extérieur pour un nouveau modèle de croissance" und G. Falabella, "Les syndicats sous un régime autoritaire: le cas du Chili". Eine detaillierte Information über das chilenische Wirtschaftspotential und seine Dynamik bietet D. Nohlen, "Chile" (Länderanalysen) insbesondere "Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftsentwicklung", S. 189 ff. 119) Für eine kritische Analyse der hier zitierten "Actas Constitutionales", vgl. P. Grenier, a.a.O., S. 11. Kaum fünf Monate nach ihrer Verkündung werden die genannten "Actas" schon abgewandelt. Die politischen Parteien, die durch die "Acta" Nr. 3 vorübergehend aufgehoben worden waren, sind jetzt aufgelöst. Das Recht auf Berufung ist jetzt während des "Ausnahmezustandes" abgeschafft. Vgl. C. Hurtado Beca, "Les nouvelles institutions du Chili", S. 86.

253

120) Vgl. den Artikel "De Chacarrillas a la caída de Cubillos" in der Zeitschrift "Hoy", Santiago de Chile, 22. Mai 1980, S. 9. 121) Vgl. C. Hurtado Beca, "Le processus au Chili", S. 80.

d'institutionalisation

122) Tageszeitung "El Mercurio" Santiago de Chile,

12.9.1980.

123) Alle folgenden Zitate, sowohl von Obergangsbestimmungen wie aus der Verfassung selbst, sind dem offiziellen, von der chilenischen Regierung (ohne Angaben über Erscheinungsort und -jähr) veröffentlichten "Constitución política de la República de Chile" entnommen. 124) H. Montealegre, "Una constitución encerrada en el pasado", S. 64 ff. 125) F. Dahsen, "El mapa de la extrema riqueza".

Kapitel VII: Staatstheorie und Rechtsinstanz in Lateinamerika

1) Es muß hinzugefügt werden, daß es eher um eine "Theorie" von Versuchen, Anmerkungen für eine solche handelt.

sich ausnahmslos Annäherungen oder

2) CEPAL (Comisión Económica para America Latina), ein Organ der Vereinten Nationen. 3) Escuela desarrollista. 4) Vgl. N. Lechner, "La crisis del Estado en América Latina", S. 87. 5) Vgl. 0. Fals Borda, "Dilemas del monismo en la teoría de la dependencia", S. 171. 6) Deren bestes nien war.

Beispiel

die

Regierung

Frondizi

in Argenti-

7) Für eine Analyse der Geschichte der "Entwicklungsschule", die mit einer umfassenden Bibliographie versehen ist, vgl. A. Filippi, "Teoria e storia del 1 sottosviluppo' latinoamericano", S. 171-190. 8) Der Begriff "Selbstkritik" ist hier in seinem engeren Sinne gemeint, da etliche unter den Autoren der "Entwicklungsschule" Anhänger und Verfechter der "Abhängigkeitsforschung" wurden. 9) Es steht außer Zweifel, daß das wichtigste Werk, das der "Abhängigkeitsansatz" hervorgebracht hat, die Arbeit von F.H. Cardoso und E. Faletto, "Dependencia y desarrollo en América Latina" ist. 10) Vgl. T. Dos Santos, "La crisis de la teoría del desarrollo y las relaciones de dependencia en América Latina", S. 175 ff. 11) Vgl. 0. Fals Borda, a.a.O., S. 172. 254

12) Die beste Kritik dieser falschen Interpretationen, die übrigens ihrerseits wieder in Lateinamerika rezipiert wurden, was ihre negative Wirkung verdoppelte und dazu beitrug, die Krise der "Abhängigkeitstheorie" zu beschleunigen, hat F.H. Cardoso, "El consumo de la teoría de la dependencia en los EEUU", S. 31 formuliert. 13) N. Lechner, a.a.O., S. 91. 14) Vgl. L. de Riz, "Formas de Estado y desarrollo del capitalismo en América Latina", S. 427. 15) N. Lechner, a.a.O., S. 28. 16) L. de Riz, a.a.O., S. 430. 17) Unter der reichhaltigen Produktion der vier zitierten Autoren haben wir diejenigen Werke ausgesucht, die, wenn sie auch wenig umfangreich sind, dennoch am besten die hier betrachtete Problematik repräsentieren. Für eine weitere Information über diese Strömung vgl. "El fascismo en America" in der Zeitschrift: "Nueva Política", Nr. 1, México, Januar-März 1976, worin fast alle Autoren, die zu dieser Strömung zählen, mit Aufsätzen vertreten sind. 18) T. Dos Santos, "Socialismo hoy", S. 173 ff.

y fascismo

en América

Latina

19) J. Petras, "Neofascismo: muerte y resurgimiento de la oposición política", S. 401 ff. 20) M. Kaplan, "El leviatln criollo: estatismo y sociedad en la América Latina contemporánea", S. 795 ff. 21) A. Cueva, "La cuestión del fascismo", S. 469 ff. 22) T. Dos Santos, a.a.O., S. 180. 23) Bezüglich der Charakterisierung eines Staates als faschistisch auf Grund der Existenz von Gruppen dieser Art sind die Kritiken interessant, die Atilio Borón formuliert hat: "Wenn diese Fragen auch für sich gesehen wichtig sind, so ist dies trotzdem nicht der Punkt, auf den man das Hauptinteresse bei der Untersuchung des Faschismus lenken muß: Parteien, Gruppen und Programme mit faschistischem Charakter findet man praktisch in allen kapitalistischen Ländern, ihre Existenz allein genügt jedoch nicht, um darauf hinzudeuten, daß wir es mit einem faschistischen Staat zu tun haben", vgl. A. Borón, "El fascismo como categoría histórica: en torno al problema de las dictaduras en América Latina", S. 483. 24) T. Dos Santos, a.a.O., S. 178. 25) Ebenda, S. 179. 26) Es muß an einen Aspekt erinnert werden, der nicht immer von den Strömungen berücksichtigt wird, die die Existenz eines Faschismus "sui generis" im lateinamerikanischen Kontext behaupten. Wir beziehen uns auf die Formulierungen R. De Felices, einem der größten Kenner des Faschismus. "Der Faschismus, den ich "historischer Faschismus" nenne, wie er sich zwischen 1919 und 1945 darstellte, ist definitiv tot. Er ist ein abgeschlossenes Kapitel, und das ist 255

gerade der Grund, warum man ihn historisch, mit geschichtswissenschaftlicher Methode und Mentalität untersuchen kann", vgl. M. Leden, "Intervista sul fascismo" (Interview mit R. De Feiice), S. 6. 27

T. Dos Santos, a.a.O., S. 180.

28

Ebenda, S. 180. (Dos Santos bezieht sich mit Sicherheit auf die Länder, die von Nazi-Deutschland militärisch besetzt waren. Es ist klar, daß eine so weite Interpretation nicht der geringsten Kritik widerstehen kann).

29

Ebenda. (Es ist zumindest bezeichnend, daß Dos Santos die anti-liberalen Inhalte des Faschismus nicht nennt).

30) Ebenda, S. 182. 31 ) Ebenda. 32) Ebenda, S. 184. 33) Ebenda, S. 187. 34) Ebenda. 35) Ebenda. 36) Ebenda. 37) J. Petras, a.a.O., 38) Ebenda, S. 411 . 39) Ebenda. 40) Ebenda, S. 406. 41 ) Ebenda, S. 402. 42) Ebenda, S. 405. 43) M. Kaplan, a.a.O., 44) Ebenda, S. 801 . 45) Ebenda, S. 819. 46) Ebenda, S. 807. 47) A. Cueva, a.a.O., S

470.

48) R. Arismendi, "Refi tiones sobre el momento actual de America Latina", Tageszeitung "El Dia", Mexico vom 7. und 8. Januar 1977. 49) "Es ist auch unnötig, an die Möglichkeit einer faschistischen Mobilisierung einiger Teile der Arbeiter und Bauern zu denken, wo doch diese beiden Klassen unter einem Verarmungsprozeß zu leiden haben, wie man ihn bisher selten gekannt hat; ferner ist es abenteuerlich, von einer Mobilisierung der kleinbürgerlichen Massen in diesem Sinne zu sprechen, wo sie doch unter den Folgen eines plötzlichen Prozesses der Zentralisierung des Kapitals zugunsten der ausländischen Monopole zu leiden haben", vgl. A. Cueva, a.a.O., S. 476. 50) "Ein weiteres Kennzeichen des lateinamerikanischen Faschismus ist sein Unvermögen, eine nationalistische Politik durchzusetzen", a.a.O., S. 476. 256

5 1 ) Ebenda, s. 471 . 52) Ebenda, S. 478. 53) Innerhalb des umfangreichen Werks Guillermo O'Donnells, einem der bedeutendsten Sozialforscher Lateinamerikas, beziehen wir uns insbesondere auf G. O'Donnell, "Reflexiones sobre las tendencias de cambio del Estado burocrático-autoritario", S. 9 ff (Die Originalfassung dieses Werkes erschien in Brasilien 1975). 54) Für eine Kritik der Charakterisierung des BAS durch O'Donnell vgl. J. Petras, "Neofascismo: muerte y resurgimiento de la oposición política", zit., insbesondere S. 402, und L. de Riz, "Formas de Estado y desarrollo del capitalismo en América Latina", zit. insbesondere S. 430 ff. 55) G. O'Donnell, "Reflexiones

...", zit., S. 13-14.

56) G. O'Donnell, "Apuntes para una teoría del Estado". 57) G. O'Donnell, "Reflexiones

...", zit., S. 16.

58) Ebenda, S. 14 ff. 59) A. Borón, a.a.O. 60) Wir rekonstruieren hier nicht die Kritik Boróns am (auf Lateinamerika r-gewandten) Begriff des Faschismus. Hierzu verweisen wir auf die Lektüre von Boróns Aufsatz. 61) Die Begriffe "gesellschaftliche Pattsituation" oder "hegemonisches Unentschieden" (beide eindeutig Gramscianischer Inspiration) verweisen auf eine noch ungelöste Krisensituation, in welcher die 'sectores populares' stark genug sind, um die Festigung und Legitimierung von Herrschaf tsformen zu verhindern, die dem herrschenden Block zugute kommen, aber nicht stark genug, um ein Machtprogramm mit reeller Durchsetzungsmöglichkeit zu artikulieren. Zu diesem Begriff in der Anwendung auf die Wirklichkeit Argentiniens, vgl. insbesondere J.C. Portantiero, "Economía y política en la crisis argentina: 1958-1973", S. 531 ff., und vom gleichen Autor, "Clases dominantes y crisis políticas en la Argentina actual", S. 73 ff. 62) A. Borón, a.a.O., S. 513. 63) Ebenda, S. 519. 64) Ebenda, S. 519 ff. 65) Wir setzen den Begriff "rechtlich" in Klammern, weil dieser Themenbereich in A. Boróns Analyse praktisch fehlt. 66) A. Borón, a.a.O., S. 522. 67) H. Sonntag, periférico".

"Hacia

una

teoría

política

del

capitalismo

68) Ebenda, S. 170. 69) Ebenda, S. 164-165. 70) Ebenda, S. 180. 71) Ebenda, S. 177.

257

72) "Wenn wir den tatsächlichen Gehalt des Begriffs Faschismus nicht völlig entkräften wollen, so dürfen wir ihn auf keinerlei politische Regime des unterentwickelten Kapitaiismus anwenden und auch nicht auf irgendeine seiner Staatsformen", ebenda, S. 180-181. 73) Ebenda, S. 181. 74) T. Evers, "Bürgerliche Herrschaft in der Dritten Welt". 75) Ebenda, S. 86. 76) Ebenda, S. 190-192. 77) Ebenda, S. 190. 78) Ebenda. 79) Ebneda, S. 196. 80) Ebenda, S. 168. 81) Ebenda, S. 159. 82) Als weitere neuere Arbeiten, die dieser Richtung zuzuschreiben sind, nennen wir H. Zemelman, "Los regímenes militares en America Latina, problema coyuntural?", S. 831 ff.; M.E. Carranza, "Fuerzas armadas y Estado de excepción en América Latina"; J. Barreiro, "Los molinos de la ira, pronóstico sobre la situación en América Latina". 83) N. Lechner, "La crisis del Estado en América Latina". 84) Ebenda, S. 13. 85) Ebenda, S. 18. 86) Ebenda, S. 37. 87) Ebenda, 88) Ebenda, 89) Ebenda, 90) Ebenda, 91) Ebenda, 92) Ebenda, 93) Ebenda,

s. s. s. s. s. s. s.

120 131 132 135 136 145 149

94) Die große Ähnlichkeit der Arbeit T. Evers mit der N. Lechners ist nicht zufällig: "Wir müssen einen hohen Grad an Verwandtschaft mit den Grundhypothesen der Arbeiten Norbert Lechners zugeben, insbesondere mit denjenigen aus seinem Buch "La Crisis del Estado en America Latina"; es ist jedoch offenkundig, daß Lechner keine globalere Systematisierung vorhat". Vgl. T. Evers, "El Estado en la periferia capitalista", S. 11 (Dieser Hinweis fehlt in der deutschen Obersetzung von Evers Werk). 95) G. O'Donnell, S. 1185.

"Apuntes

96) Ebenda, S. 1172-1173.

258

para

una

teoria

del

Estado",

Kapitel VIII: Politische Herrschaft und juristische Hegemonie

1) Man muß sich immer vor Augen halten, wie weit die tatsächliche Tragweite des Begriffs "Subversion" für diese Regime reicht; vgl. hierzu unsere Erläuterungen im Kapitel über die DIS. 2 ) Ein gutes Beispiel hierfür bietet folgende Aussage: "... worauf es ankommt ist die Gerechtigkeit, nicht der Konsens ... Gerechtigkeit und Ethik sind rational. Der Konsens enthält einen hohen Anteil an Emotion, was ihn unbeständig und unzuverlässig macht. Da wir keine Demagogen sind, lassen wir uns nicht durch den Konsens bestimmen." Admiral Emilio Massera (Mitglied der Militärjunta der argentinischen Regierung nach dem Putsch von 1976). Tageszeitung "La Nacion", Buenos Aires, 6. April 1977, zit. in "Economia y politica del fascismo dependiente", S. 235. 3 ) N. Lechner, "Poder y orden. consistente", S. 1201.

La estrategia

de

la

minoria

4) Der beste Beweis zur Bestätigung dieser Behauptungen bildet der Anteil der Lohnempfänger am Volkseinkommen. Nach Daten der Argentinischen Nationalbank erhielten die Lohnempfänger 1975 49,3 I des gesamten Volkseinkommens, 1976 nur noch 32,3 t, 1977 30,8 I, 1978 31 ,8 %, 1979 32,8 t und 1980 34,0 t. 5) N. Poulantzas, "Politische Klassen, S. 222-223.

Macht

und

gesellschaftliche

6 ) N. Lechner, a.a.O. 7) Ebenda, s. 1206. 8) N. Lechner, S. 145.

"La

crisis

del

Estado

en

America

Latina",

9) Das Wort "plausibel" weist hier auf die Wahrscheinlichkeit und nicht auf die Gewißheit der dargelegten Überlegungen hin, was insbesondere auf die praktische Inexistenz von theoretischen Vorläufern auf diesem Gebiet innerhalb des lateinamerikanischen Kontextes zurückzuführen ist. 10) Einen Hinweis auf die Hegemonie des kritischen Denkens im Bereich der Soziologie bildet die Politik der Militärdiktaturen des cono sur gegenüber den Soziologischen Instituten. Diese wurden nämlich entweder gleich geschlossen oder weit über die Mindestgrenze einer prekären Existenz hin abgebaut und eingeschränkt. 11) Es scheint uns nützlich und interessant, an dieser Stelle einige Auszüge aus einer Rede des chilenischen Wirtschaftswissenschaftlers und Politikers Pedro Vuscovic zu zitieren, da in ihr die Problematik der Konfrontation zwischen den Strömungen des kritischen und des konservativen Denkens im lateinamerikanischen Kontext angesprochen wird: "... man muß zugeben, daß, trotz dieser Fortschritte und trotz zahlreicher Teilerfolge, insgesamt gesehen der Kampf weiterhin verloren wird. Es gelingt uns nicht, der 259

Wirtschaftsideologie der Beherrschung einen mit den entsprechenden entgegengesetzten Vorzeichen versehenen äquivalenten Korpus wirtschaftspolitischer Formulierungen der Befreiung entgegenzusetzen..." "Aus der internationalen Institutionalität trat eine regionale Kommission hervor, die CEPAL, die sich die Aufgabe stellte, Empfehlungen auszusprechen, welche ein großes Echo bei den lateinamerikanischen Völkern hervorriefen und die Kraft neuer technischer Konzeptionen symbolisierten. Die große Diskussion aber wurde nicht zwischen Fortschritt und Reaktion geführt, sondern zwischen verschiedenen Auffassungen des Fortschritts und der bevorzugten Unterscheidung zwischen einem Fortschritt mittels der Instrumente des Reformismus oder mit revolutionären Veränderungen." P. Vuscovic, "La responsabilidad y el reto de los intelectuales", S. 26. 12) Unter den unzähligen Äußerungen Gramscis zu diesem Thema vgl. insbesondere A. Gramsci, "Quaderni del carcere", S. 2192. 13) Eine ausgezeichnete Untersuchung, die diese Problematik zusammenfaßt und systematisiert, indem sie unter anderem die Äußerungen W. Arnolds und G. Radbruchs zu diesem Gegenstand analysiert, ist R. Treves, "Il diritto come componente della cultura", S. 23 ff. 14) H. Heller, "Staatslehre", insbesondere die S. 194-198. 15) Mit Bezug auf die Charaktistiken des Rechts im Kontext des peripheren Kapitalismus weist T. Evers auf folgendes hin: "Als Mittler sozialer Beziehungen kann allgemeines Recht nur soweit wirken, wie gesellschaftliche Beziehungen bereits die Form äquivalenter Tauschbeziehungen angenommen haben ... Um wirksam zu werden, muß das Recht den Schein der Allgemeinheit verlassen und sich konkret auf jeweils bestimmte Situationen beziehen". Vgl. T. Evers, "Bürgerliche Herrschaft in der Dritten Welt", S. 158-159. 16) Vgl. E. Garzón Valdés, "Die Universitätsreform von (1918) Cordoba/Argentinien", S. 163-218. 17) Vgl. F. Garzón Valdés, "Ober die Funktionen des Rechts in Lateinamerika". 18) Ebenda, s. 18. 19) E. Novoa Monreal, "El derecho como obstáculo cial", S. 29.

al cambio so-

20) Wir weisen darauf hin, daß diese Strömungen, die der liberalen Ideologie gegenüber kritisch eingestellt sind, nichts gemeinsam haben mit dem, was wir hier sonst als "Kritisches Denken" bezeichnet haben. 21) über das Problem der Auflösung der Problematik des Rechts in der Politik vgl. unseren Aufsatz E. García Méndez, "Política, derecho y crítica específica", S. 53 ff. 22) U. Cerroni, "Formalità rale", S. 76.

e socialità nel diritto

postlibe-

23) Cerroni schließt unserer Meinung nach zu Unrecht das Werk von E. Pasukanis in diese Kritik mit ein. 260

24) Das extremste Beispiel dieses Aufgehens des Juristischen in der Politik findet sich gerade in den Werken die "insbesondere dem Recht gewidmet sind" und sich an der DIS inspirieren, wie folgendes Beispiel zeigt: "Nein, die Grundlagen des Rechts können ewig sein, wie die Philosophie, von der es sich nährt; aber das positive Gesetz hat etwas zufälliges, programmatisches, ist reine Politik in Aktion. Denn das Recht ist ein spezieller Zweig der Politik ••." C.H. Domínguez, "La nueva guerra y el nuevo derecho . Ensayo para una estrategia jurídica contrasubversiva" S. 29. 25) Vgl. z.B. das Werk E. Palacios, "Teoría del Estado" (insbesondere Kap. X, "La Ley"), S. 119-126. 26) Vgl. A. Kohen, "Marxismo, Estado y derecho". 27) Obwohl wir es schon erwähnt haben, unterstreichen wir noch einmal, daß man sich immer die erheblichen Unterschiede zwischen dem europäischen Liberalismus und demjenigen der peripheren Länder vor Augen halten muß. In diesem letzteren Kontext ist der Liberalismus als konkretes politisches Aktiosprogramm vornehmlich den Interessen zahlenmäßig beschränkter oligarchischer Gruppen zugutegekommen. Vgl. hierzu den ausgezeichneten Aufsatz von E. Laclau, "Hacia una teoría del populismo" (insbesondere S. 208-209). 28) Vgl. E. Garzón Lateinamerika", obstáculo al "La democracia en una economía

Valdés, "Ober die Funktionen des Rechts in E. Novoa Monreal, "El derecho como cambio social", P. Gonzalez Casanova, en México", C.M. Vilas, "Derecho y Estado dependiente" (insbesondere S. 38 ff).

29) Der in diesem Abschnitt des öfteren gebrauchte Ausdruck "neigt zu ...", bedeutet, daß die Existenz eines Aspektes anerkannt wird, der der völligen Entwicklung dieser Problematik entgegensteht. Es ist dies ein Aspekt, wo sich die Realität erheblich brutaler zeigt als das repressive Recht selber: Wir meinen die systematische Politik des Verschwindenlassens von Personen. Wenn wir Argentinien als Beispiel nehmen (hier hat das Phänomen der "desaparecidos" quantitativ und qualitativ das höchste Ausmaß angenommen), wo, obwohl die Todesstrafe vorgesehen ist, diese Maßnahme bis zum heutigen Tag keine Anwendung fand, bleibt der Gegensatz zwischen der sozialen Wirklichkeit und dem Recht weiter bestehen. Dessen ungeachtet muß man zwei Dinge bemerken: Zunächst, daß diese neuen Autoritarismen, dadurch daß sie sich nicht völlig von der liberalen Ideologie frei machen können, eine Art von "verschämten Totalitarismus" darstellen, wo die Praxis der Eliminierung von Gegnern juristisch keinesfalls legitimiert werden kann. Zweitens: Die gleichzeitige Verwendung extra-legaler Mittel, die die Ineffektivität des Rechts (selbst des repressiven) bestätigt, schmälert nicht seine Bedeutung in bezug auf den symbolischen Wert. Obwohl in der Praxis die legale Todesstrafe nicht angewandt wird, hat ihre Existenz in der positiven Gesetzgebung die Funktion, die Möglichkeiten der Macht und der Ausübung von Zwang, über die der Staat verfügt, im Gedächtnis der Bürger wach zu halten. 261

In seiner positiven Bedeutung (im Einklang mit Karl Mannheim) bezieht sich der Begriff "Ideologie" auf Aktionsprogramme - oder Ideale. Mit negativer Bedeutung versehen (nach der Marxschen Verwendung) bezieht er sich auf das falsche Bewußtsein, das gesellschaftliche Institutionen legitimiert, indem ihnen ideale Funktionen zugeschrieben werden, die verschieden sind von denen, die sie in Wirklichkeit ausüben. Vgl. A. Baratta, "Criminologia critica e critica del diritto penale", S. 37.

Literaturverzeichnis

AGNOLI,

Johannes, Überlegungen zum bürgerlichen Staat. Der Staat des Kapitals. Parlamentarismus als Strategie? Berlin, Wagenbach 1975.

ALAVI,

Hamza, The State in Post-colonial Societies: Pakistan and Bangladesh, in: "New Left Review", Nr. 74, 1972.

ALLENDE, Salvador, Chiles Weg zum Sozialismus, hrsg. von Joan Garces. Wuppertal, Hammer 1972. ALTVATER, Elmar, Notas sobre algunos problemas del intervencionismo de Estado, in: Sonntag, Heinz, Valecillos, Hector, El Estado en el capitalismo contemporaneo. Mexico, Siglo XXI 1977, S. 88-133. AMARAL GURGEL, José A., Seguranza e democracia. Rio de Janeiro, José Olympio 1975. AMIN,

Samir, La acumulación a escala mundial. Crítica de la teoria del subdesarrollo. Mexico, Siglo XXI, 1974.

AMIN, Samir, Class and Nation. Historically and in the Current Crisis. London, Monthly Review Press 1980. AMNESTY

INTERNATIONAL, scher 1 981 .

Jahresbericht

1980.

Frankfurt/M., Fi-

ANDRINI, Simona, Luhmann in Italia. Rassegna bibliografica dei principali interventi italiani, in: "Rivista internazionale di filosofia del diritto", 1981, S. 496-507. AQUARONE, Alberto, L'organizzazione 2 Bde., Torino, Einaudi 1978.

dello

Stato

totalitario,

ARGENTINA. PRESIDENCIA DE LA NACION ARGENTINA, SECRETARIA GENERAL, Documento de trabajo sobre las bases políticas para la reorganización nacional. Buenos Aires 1978. BAMBIRRA, Vania, Dos Santos, Theotonio, Dictadura militar y fascismo en Brasil, in: El control político en el cono sur. Gerard Pierre-Charles u.a., Mexico, Siglo XXI 1978. S. 157-189. BARAN, Paul A., SWEEZY, Paul M. , Monopoly Monthly Review Press 1966.

Capital.. New

York,

BARATTA, Alessandro, Criminologia critica e critica del diritto penale: Introduzione alla sociologia giuridicopenale. Bologna, Il Mulino 1982. BARATTA, Allesandro, Estado de derecho. Historia del concepto y problemática actual, in: "Sistema", Nr. 17-18, April 1977, S. 11-22. 263

BARCELLONA, Pietro, Oltre lo stato sociale. Economia e politica nella crisi dello stato keynesiano. Bari, De Donato 1980. BARREIRO, Julio, Los molinos de la ira, pronostico sobre la situación en America Latina. Mexico, Siglo XXI 1980. BASAGLIA, Franco, BASAGLIA ONGARO, Franca, Die abweichende Mehrheit. Die Ideologie der totalen sozialen Kontrolle. Frankfurt/M., Suhrkamp 1972. BELTRAN, Virgilio, El papel politico y social de las Fuerzas armadas en America Latina. Caracas, Monte Avila 1970. BISCHOF, Henrik, Lateinamerika und die kommunistischen Staaten, in: Lateinamerika. Herrschaft, Gewalt und internationale Abhängigkeit, hrsg. von Klaus Lindemberg. Bonn, Neue Gesellschaft 1982, S. 293-313. BOBBIO, Norberto, L'analisi funzionale del diritto: tendenze e problemi, in: Dalla struttura alla funzione, nuovi studi di teoria del diritto. Milano, Edizioni di Comunità 1977, S. 89-121. BOCCARA, Paul (Hg.), Der staatsmonopolistische Frankfurt/M., Marxistische Blätter 1973. BOLAFFI, Angelo, La democrazia in discussione Niklas Luhmann). Bari, De Donato 1980.

Kapitalismus. (Interview mit

BORON, Atilio, El fascismo corno categoria histórica: en torno al problema de las dictaduras en America Latina, in: "Revista Mexicana de Sociologia", voi. 39, Nr. 2, AprilJuni 1977, S. 481-528. BORON, Atilio, Latin America: between Hobbes and Friedman, in: "New Left Review", Nr. 130, 1981. S. 45-66. BRAUN, Oscar, Wirtschaftliche Abhängigkeit und imperialistische Ausbeutung, in: Peripherer Kapitalismus. Analysen über Abhängigkeit und Unterentwicklung, hrsg. von Dieter Senghaas. Frankfurt/M., Suhrkamp 1977, S. 137-155. BRIONES, Alvaro, Economia y politica del fascismo dependiente. Mexico, Siglo XXI, 1978. BUCI-GLUKSMANN, Christine, Del consentimiento La estrategia gramsciana, in: "Revista ciologia", Nr. 41, 1979, S. 379-389.

corno hegemonia: Mexicana de So-

CABANELLAS, Guillermo, Derecho de las inversiones extranjeras, legislación argentina y pacto andino. Buenos Aires, Heliasta 1979. CANCELA VILANOVA. Walter, El Uruguay actual: un enfoque econòmico. Montevideo, Fundación de Cultura Universitaria 1 978.

264

CARDOSO, Fernando H., El consumo de la teoría de la dependencia en los EEUU. In: "El Trimestre econòmico", Nr. 173, 1977. CARDOSO, Fernando H., Ideologías de la burguesía industrial en sociedades dependientes. México, Siglo XXI, 1971. CARDOSO, Fernando H., On the Characterization of Authoritarian Regimes in Latin America, in: The New Authoritarianism in Latin America, David Collier (ed.), New Jersey, Princeton University Press 1979, S. 33-57. CARDOSO, Fernando H. - FALETTO, Enzo, Dependencia y desarrollo en América Latina. México, Siglo XXI, 1969. CARRANZA, Mario E., Fuerzas armadas y Estado de América Latina. México, Siglo XXI, 1978.

excepción en

CASTELLS, Manuel, La teoría marxista de las crisis económicas y las transformaciones del capitalismo. México, Siglo XXI, 1978. CERRONI, Umberto, Formalità e socialità nel diritto postliberale, in: "Democrazia e diritto", Nr. 4, Juli-August 1981, S. 73-86. COMBLIN, Joseph, La Doctrina de la Seguridad Nacional, "Mensaje", Nr. 247, März-April 1976, S. 96-104.

in:

COMISION INTERAMERICANA DE DERECHOS HUMANOS, Informe sobre la situación de los derechos humanos en Argentina. Washington, Organización de Estados Americanos 1980. COMITATO PER LA LIBERAZIONE DEI PRIGIONIERI POLITICI URUGUAYANI (hg). Uruguay: La fine di un'illusione. Milano, Jaca Book 1973. EL CONTROL POLITICO EN EL CONO SUR. Seminario de México, diciembre de 1976. Gérard, Pierre-Charles u.a., México, Siglo XXI, 1978. COOKE,

John W., 1 967.

Peronismo

y revolución.

Buenos

Aires,

Papiro

CORDOVA, Armando, Strukturelle Heterogenität und wirtschaftliches Wachstum. Frankfurt/M, Suhrkamp 1973. CUEVA, Agustín, La cuestión del fascismo, in: "Revista Mexicana de sociologia", Voi. 39, Nr. 2, April-Juni 1977, S. 469480. CZEMPIEL, Erst-Otto, Das amerikanische Sicherheitssystem 19451949. Studie zur Außenpolitik der bürgerlichen Gesellschaft, Berlin, de Gruyter, 1966. D'ABATE, Juan 1980.

C.,

El

antipoder

sindical.

Buenos

Aires,

Ius

265

DAHSE,

Fernando, El mapa de Chile, Aconcagua 1980.

la

extrema

riqueza.

Santiago de

DE COUTO e SILVA, Golbery, Geopolítica do Brasil. Rio de Janeiro, José Olympio, 1967. DE

GIORGI, Raffaele, Wahrheit und Legitimation im Recht. Ein Beitrag zur Neubegründung der Rechtstheorie. Berlin, Duncker & Humblot 1980.

DE SIERRA, Gerónimo, Introducción al estudio de las condiciones de ascenso de las dictaduras: el caso uruguayo, in: "Revista Mexicana de sociología", Vol. 39, Nr. 2, AprilJuni 1977, S. 567-574. DIAZ, Elias, Estado de derecho y,sociedad democrática. Madrid, Cuadernos para el diálogo 1975. DOBB, Maurice, Entwicklung des Kapitalismus, vom Spätfeudalismus bis zur Gegenwart. Köln, Kiepenheuer & Witsch 1972. DOMINGUEZ, Carlos H., La nueva guerra y el nuevo derecho. Ensayo para una estrategia jurídica contrasubversiva. Buenos Aires, Circulo Militar 1980. DOS SANTOS, Theotonio, La crisis de la teoría del desarrollo y las relaciones de dependencia en América Latina, in: "La dependencia político-económica de América Latina. México Siglo XXI 1977, S. 147-187. DOS SANTOS, Theotonio, Socialismo y fascismo en América Latina hoy, in: "Revista Mexicana de sociología", Vol. 39, Nr. 1, Januar-März 1977, S. 173-190. ENCYCLOPEDIA BRITANNICA, Vol. 2, Chicago, Encyclopedia nica, Inc., William Benton, Publ., 1962.

Britá-

EVERS, Tilman, Bürgerliche Herrschaft in der Dritten Welt. Zur Theorie des Staates in ökonomisch unterentwickelten Gesellschaftsformationen. Frankfurt/M., Europäische Verlagsanstalt', 1977. FALABELLA, Gonzalo, Les syndicats sous un régime autoritaire: le cas du Chili, in: Chili 1980, "Problèmes d'Amérique Latine", 58. Paris, La Documentation française 1980. (Notes et Etudes Documentaires; Nr. 4599-4600), S. 143173. FALS BORDA, Orlando, Dilemas del monismo en la teoría de la dependencia, in: "Clases sociales y crisis política en América Latina." Seminario de Oaxaca, coordinado por Paul Benitez Zenteno. México, Siglo XXI, 1977, S. 171186. FARAONE, Roque, Uruguay: une autre république militaire, in: "Le Monde diplomatique", Dezember 1980, S. 12.

266

EL FASCISMO EN AMERICA. Agustín Cueva u.a., "Nueva política", Nr. 1, Januar-März 1976. FEBBRAJO, Alberto, Funzionalisrao strutturale e sociología del diritto nell'opera di Niklas Luh'mann. Milano, Guiffré 1975. FILIPPI, Alberto, Teoría e storia del sottosviluppo ricano, 2 Bde., Camerino, Jovene 1981.

latinoame-

FRANKEL, Ernst, Der Doppelstaat. Frankfurt/M., Europäische Verlagsanstalt, 1974. FRANCO, Pablo, ALVAREZ, Jorge, El Peronismo: antecedentes y gobierno. Buenos Aires 1971. FRENKEL, Roberto, O'DONNELL, Guillermo, The "Stabilization" Programs of the International Monetary Fund and their Internal Impacts, in: "Capitalism and the State in U.S.Latin American Relations, Ed. by Richard R. Fagen, Stanford, Califo., Stanford University Press 1979, S. 171216. FRIEDRICH, Carl J., BREZEZINSKI, Zbigniew, Totalitarian Dictatorship and Autocracy. 2nd ed. rev. by Carl J. Friedrich Cambridge, MA, Harvard University Press 1965. GALLINO, Luciano, Dizionario di sociología. Torino, UTET 1978. GARCIA MENDEZ, Emilio, Conflictos interestatales, violencia internacional en América Latina. Maracaibo, Instituto de Criminología, Universidad del Zulia, 1978. GARCIA MENDEZ, Emilio, Política, derecho y crítica específica, in: "Revista del Colegio de Abogados Penalistas del Valle", (Cali, Kolumbien), Nr. 3, 2. Semester 1980, S. 50-55. GARCIA

MENDEZ, Emilio, GOMEZ, Luis, Aproximaciones para el analisis de la problemática del delito de "Cuello Blanco" en la etapa actual del desarrollo capitalista. Maracaibo, Instituto de Criminología , Universidad del Zulia, 1979.

GARRETON, Manuel A., De la seguridad nacional a la nueva institucional idad. Notas sobre la trayectoria ideológica del nuevo Estado autoritario, in: "Revista Mexicana de sociología", Nr. 40, 1978, S. 1259-1282. GARRETON, Manuel A., MOULIAN, Tomás, Proceso y bloques políticos en la crisis chilena, 1970-1973, in: "Revista Mexicana de sociologia", Nr. 41, 1979, S. 159-204. GARZON

VALDES, Ernesto, Ober die Funktionen des Rechts in Lateinamerika. Saarbrücken, Universität des Saarlandes, Institut für Rechts- und Sozialphilosophie 1983.

GARZON VALDES, Ernesto, Die Universitätsreform von Cordoba/Argentinien (1918), in: "Gründzüge des lateinamerikanischen Hochschulwesens, zusammengestellt von Hanns-A. Steger, Baden-Baden, Nomos 1965, S. 163-219. GERMANI, Gino, Autoritarismo, logna, II Mulino 1975.

fascismo

e

classi

sociali. Bo-

267

GERMANI, Gino, Política y sociedad Buenos Aires, Paidos 1971.

en una

época ie transición.

GEZE, François, URSS-America Latina, Business First, in: "Testimonio", A. 2, Nr. 11, 1981, S. 19-22. GIEGEL, Hans J., System und Krise. Beitrag zur Habermas-Luhmann Diskussion. Frankfurt/M., Suhrkamp 1975. GOLD, David A., LO, Clarence Y.H., WRIGHT, Erik 0., Recent Developments in Marxist Theories of the Capitalist State, in: "Monthly Review", Vol. 27, Nr. 5 und Nr. 6, 1975, S. 29-43. GONZALEZ CASANOVA, Pablo, La democracia en México. México, Siglo XXI, 1965. GOULDNER, Alvin, Die westliche Soziologie in der Krise. Reinbek b. Hamburg, Rowohlt 1974. GRAMSCI, Antonio, Quaderni del carcere. A cura di Valentino Gerratana. Edizione critica dell'Istituto Gramsci, 4 Bde., Torino, Einaudi 1975. GRENIER, Philippe, Le Chili du Général Pinochet, 1973-1980, in: Chili 1980. "Problêmes d'Amérique Latine", 58., Paris, La Documentation française 1980 (Notes et Etudes Documentaires; Nr. 4599-4600), S. 69-77. HABERMAS, Jürgen, Legitimatiansprobleme 1979. Frankfurt/M., Suhrkamp

im

Spätkapitalismus.

HABERMAS, Jürgen, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft Neuwied, Luchterhand 1971. HALPERIN DONGHI, Tulio, Historia contemporánea tina. Madrid, Alianza 1979.

de América La-

HARTFIEL, Günter: Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart, Kröner 1976. HEIDORN, Joachim, Legitimität und Regierbarkeit. Studien zu den Legitimationstheorien von Max Weber, Niklas Luhmann, Jürgen Habermas und der Unregierbarkeitsforschung. Berlin, Duncker & Humblot 1982. HEIDTMANN, Bernhard, Traditionelle und ideologische Determinanten einer Theorie sozialer Systeme und ihrer Kritik, in: "Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Neue Beiträge zur Habermas-Luhmann Diskussion". Supplement 2, Frankfurt/M., Suhrkamp 1974, S. 154-185. HELLER, Hermann, Staatslehre. Leiden, Sijthoff's

1934.

HERZ, H.J., HULA, E., Otto Kirchheimer. An Introduction to his Life and Work, in: "Kirchheimer, Otto, Politics, Law and Social Change". New York, Columbia Univ. Press 1969. HORKHEIMER, Max, Autoritärer Staat, in: Ders., Friedrich Pollock, Franz L. Neumann, "Wirtschaft, Recht und Staat im Nationalsozialismus", hg. von Helmut Dubiel u.a., Frankfurt/M., Europäische Verlagsanstalt, 1981. HURTADO

268

BECA, Cristina, Les nouvelles institutions du Chili, in: "Problèmes d'Amérique Latine". Paris, La Documenta-

tion française 1980. (La Documentation Française; Nr. 4599-4600). S. 78-101. IMAZ, José L., Los que mandan. Buenos Aires, EUDEBA, 1965. JALEE, Pierre, L'impérialisme en 1970. Paris, Maspero

1969.

JAY, Martin, Dialektische Phantasie. Die Geschichte der Frankfurter Schule und des Instituts für Sozialforschung 1923-1950. Frankfurt/M., Fischer 1976. JOXE, Alain, Las Fuerzas armadas en el proceso político de Chile. Santiago de Chile, Editorial Universitaria 1970. KAPLAN,

Marcos, El Leviatán criollo: estatismo y sociedad en América Latina contemporánea, in: "Revista Mexicana de sociología", Nr. 40, Juli-September 1978, S. 795-829.

KAUFMANN, Franz X., Sicherheit als soziologisches und sozialpolitisches Problem. Stuttgart, Enke 1970. KOHEN, Alberto, Marxismo, Estado y derecho. Buenos Aires, Centro de Estudios 1972. KUTSCHERA, Franz von, Grundlagen der Ethik, Berlin, de Gruyter 1982. LABROUSSE, Alain, Les Tupamaros, Paris, Seuil

1971.

LACLAU,

Ernesto, La especificidad de lo político, in: ders., "Política e ideologia en la teoría marxista", Madrid, Siglo XXI, 1978, S. 53-88. LANDI, Oscar, Argentina 1873-76: La génesis de una nueva crisis política, in: "Revista Mexicana de sociología", Nr. 41, Oktober-Dezember 1979, S. 89-127. LASSWELL, Harold D., KAPLAN, Abraham, Power and Society, a Framework for Social Enquiry. New Häven, Yale University Press 1950. 4 LEDEEN, Michael, Intervista sul fascismo. Bari, Laterza 1975. LECHNER, Norbert, La crisis del Estado en America Latina, Caracas, El Cid 1977. LECHNER, Norbert, Poder y Orden. La estrategia de la minoría consistente, in: "Revista Mexicana de sociología", Vol. 40, Nr. 4, Oktober-Dezember 1978. LENIN, Wladimir I., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Berlin, Dietz 1951. LERIN, François, TORRES, Cristina, La politique économique du gouvernement uruguayen (1973-1977), in: Uruguay "Problèmes d'Amérique Latine", 49, Paris, La Documentation française 1978. (Notes et Etudes Documentaires; Nr. 4485 -4486), S. 59-84. LINZ, Juan J., Una interpretación de los Regímenes Autoritarios in: "Papers", Nr. 8, 1978, S. 11-26. LINZ, Juan J., Crisis, Breakdown and Reequilibration. Baltimore The John Hopkins Univ. Press 1978. (The Breakdown of Démocratie Regimes (hg b.) Juan Ca. Linz (u.) Alfred Stepan, Bd. 1). LUHMANN , Niklas, Funktionen der Rechtsprechung im politischen System, in: Ders., "Politische Planung. Aufsätze zur So269

ziologie von Politik und Verwaltung. Opladen, Westdeutscher Verlag, 1971, S. 46-52. LUHMANN, Niklas, Gesellschaftliche und politische Bedingungen des Rechtsstaates, in: Ders., Politische Planung. Aufsätze zur Soziologie und Verwaltung, Opladen, Westdeutscher Verlag 1971, S. 53-65. LUHMANN, Niklas, Grundrechte als Institution. Ein Beitrag zur politischen Soziologie. Berlin, Duncker & Hurablot 1965. LUHMANN, Niklas, Ilustración sociològica nos Aires, Sur 1973. LUHMANN, Niklas, Legitimation terhand 1969.

durch

y otros ensayos. Bue-

Verfahren.

Neuwied, Luch-

LUHMANN, Niklas, Macht. Stuttgart, Enke 1975. LUHMANN, Niklas, Rechtssoziologie. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 1972. LUHMANN, Niklas, Soziologische Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme. Opladen, Westdeutscher Verlag 1970. LUHMANN, Niklas, Theorie der Verwaltungswissenschaft. aufnahme und Entwurf. Köln, Grote 1966. LUHMANN, Niklas, Vertrauen. Ein Mechanismus der zialer Komplexität. 2. erw. Aufl. 1973.

Bestands-

Reduktion so-

LUHMANN, Niklas, Die Weltgesellschaft, in: "Archiv für und Sozialphilosophie", Bd. 57, 1971, S. 1-33.

Recht

MACPHERSON, C.B., Post-liberal Democracy, in: Ders., Democratic Theory: Essays in Retrieval. Oxford, Clarendon Press 1973, S. 170-184. MARCUSE, Herbert, Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. Neuwied, Luchterhand 1967. MARAMAO, Giacomo, Il politico e le trasformazioni. Bari, De Donato 1979. MENZEL, Hans J., Legitimation staatlicher Herrschaft durch Partizipation Privater? Dargestellt am Beispiel der Beteiligung von Gewerkschaften in Gremien der Wirtschaftsverwaltung. Berlin, Duncker & Humblot 1980. MILIBAND, Ralph, The State in Capitalist Society. New York, Basic Books 1969. MILIBAND, Ralph, POULANTZAS, Nicos, Kontroverse über den kapitalistischen Staat. Berlin, Merve 1976. MINELLO, Nelson, Uruguay: La consolidación del Estado militar, in: Revista Mexicana de sociologia", Vol. 39, Nr. 2, April-Juni 1977, S. 575-594. MIRES,

Fernando, Die Militärs und die Macht. Chile. Berlin, Rotbuch 1975.

Thesen

zum Fall

MONTEALEGRE, Hernan, Una Constituciòn encerrada en el pasado, in: "Chile-America", Nr. 66-67, Oktober-November, 1980, S. 64-69. 270

MONSTER, Arno, Chile, friedlicher Weg? Historischer Bericht und politische Analyse. Berlin, Wagenbach 1972. MURMIS, Miguel, PORTANTIERO, Juan C., Estudios sobre los origenes del Peronismo. 2 Bde., Buenos Aires, Siglo XXI, 1971. NAHUN,

Benjamin, BARRAN, José P., Historia rural del moderno. Montevideo, La Banda Oriental, o.J.

Uruguay

NEGRI, Antonio, Su alcune tendenze della più recente teoria comunista dello Stato: Rassegna critica, in: ders., La Forma Stato. Per la critica del l'economia politica della Costituzione. Milano, Feltrinelli 1980, S. 196-232. NEUMANN, Franz, Behemoth, Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944. Frankfurt/M., Europäische Verlagsanstalt 1977. NEUMANN, Franz, The Democratic and the Authoritarian State. New York, The Free Press of Glencoe 1964. NOHLEN, Dieter, Chile. Das sozialistische Experiment, Hoffmann und Campe 1973.

Hamburg,

NOHLEN, Dieter, Chile, in: Ders., Nuscheier, Franz (Hg.), Handbuch der Dritten Welt; 8 Bde., Völlig überarbeit, u. erw. Aufl., Hamburg, Hoffmann und Campe 1982-1982. NOVOA MONREAL, Eduardo, El derecho como obstáculo al cambio social. Mexico, Siglo XXI 1975. O'CONNOR, James, The Fiscal Crisis of the State, New York, St. Martin's Press 1973. O'DONNELL, Guillermo, Apuntes para una teoria del Estado, in: "Revista Mexicana de sociologia", Voi. 40, Nr. 4, Oktober-Dezember 1978, S. 1157-1199. O'DONNELL, Guillermo, Estado y alianzas en la Argentina 19561976. Buenos Aires, Documento CEDES/G.E. CLACSO, Nr. 5, 1976. O'DONNELL, Guillermo, Reflexiones sobre las tendencias generales de cambio en el Estado burocrático-autoritario. Buenos Aires, Centro de Estudios de Estado y Sociedad, Documento CEDES/G.E. CLACSO, Nr. 1, 1975. O'DONNELL, Guillermo, Tensions in the Bureaucratic-Authoritarian State and the Question of Democracy, in: Collier, David (ed.), The New Authoritarianism in Latin America, New Jersey, Princeton University Press 1979, S. 28S-318. OFFE,

Claus, Politische Herrschaft und Klassenstrukturen. Zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme, in: Kress, Gisela, Senghaas, Dieter (Hg.), Politikwissenschaft. Eine Einführung in .ihre Probleme. Frankfurt/M., Europäische Verlagsanstalt 1975, S. 135-164.

OLLERO, Andrés, Derecho y sociedad, dos reflexiones en torno a la filosofía jurídica alemana actual. Madrid, Nacional 1973. OMINAMI, Carlos, Un nouveau type de financement extérieur pour un nouveau modele de croissance, in: Chili 1980. "Problèmes d'Amérique Latine, 58, Paris, La Documentation 271

française, 1980. (Notes 4599-4600), S. 102-127. PALACIO, Ernesto, 1962.

Teoría

del

et

Etudes

Estado.

Documentaires; Nr.

Buenos

Aires,

G.

Kraft

PARSONS, Talcott, On the Concept of Power, in: "Proceedings of the American Philosophical Society, Voi. 107, Nr. 3, 1963. PARSONS, Talcott, Structure and Process in Modern New York, The Free Press of Glencoe 1960. PARTIDO

JUSTICIALISTA, Primeras Buenos Aires 1980.

PASQUINO, Gianfranco, Militari logna, Il Mulino 1974.

jornadas

e potere

de

Societies.

economía

social.

in America Latina. Bo-

PERALTA RAMOS, Monica, Acumulación de capital y crisis política en Argentina, 1930-1974. Mexico, Siglo XXI, 1978. PETRAS, James, Neofascismo: muerte y resurrección de la oposición politica, in: "Revista Mexicana de sociología", Vol. 41, Nr. 41, Oktober-Dezember 1979, S. 401-423. PIKE, F.B., Chile and the United States, 1960-1962. Nôtre Dame, University of Nôtre Dame Press 1963. PINOCHET, Augusto, Geopolitica. Santiago de Chile, Andrés Bello 1974. POGGI, Gianfranco, La vicenda dello Stato moderno. Bologna, Il Mulino 1978. PORTANTIERO, Juan C., Clases dominantes y crisis políticas en la Argentina acutal, in: El capitalismo argentino en crisis, siglo XXI, Buenos Aires, 1973. PORTANTIERO, lisis co en 1976. 1978,

Juan C., Kommentar zum Beitrag von E. Righi, Anáde la situación Argentina, in: "El Control politiel cono sur. Seminario de Mexico, diciembre de Gerard Pierre-Charles u.a., Mexico, Siglo XXI, S. 208-212.

PORTANTIERO, Juan C., Economia y política en la crisis Argentina: 1958-1973, in: "Revista Mexicana de sociologia", Voi. 39, Nr. 2, April-Juni 1977, S. 531-565. PORTANTIERO, Juan C., Los usos de Gramsci. Mexico, Cuadernos de pasado y presente, Siglo XXI 1977. POULANTZAS, Nicos, Faschismus und Diktatur. Die Kommunistische Internationale und der Faschismus. München, Trikont 1973 POULANTZAS, Nicos, Le trasformazioni attuali dello Stato, la crisi politica e la crisi dello Stato, in: Ders. u.a., La crisi dello Stato, Bari, De Donato 1979, S. 3-38. POULANTZAS, Nicos, La crisis de las dictaduras, Portugal, Grecia, Espana. Madrid, Siglo XXI, 1967. POULANTZAS, Nicos, 1975.

Klassen

im Kapitalismus

heute.

Berlin, VSA

POULANTZAS, Nicos, Politische Macht und gesellschaftliche sen. Frankfurt/M., Fischer 1975. 272

Klas-

POULANTZAS, Nicos, Staatstheorie. Politischer Oberbau, Ideologie, Sozialistische Demokratie. Hamburg, VSA 1978. PREDIERI, Alberto, Il parlamento nel sistema politico italiano, quadro politico realta sociale: verifiche per una politica delle istituzioni. Milano, Comunità 1975. RAMA,

Carlos M. , História guera 1978.

de America

Latina.

Barcelona,

Bru-

RATZEL, Friedrich, Der Lebensraum. Eine biogeographische Studie Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1966. RAZ, Joseph, Oxford Essay in Jurisprudence. Oxford, Simson 1973 REAL de AZUA, Carlos, Politica, poder y partidos en el Uruguay de hoy, in: "Uruguay Hoy", Buenos Aires, Siglo XXI, 1971. RIBEIRO, Darcy, Der Suhrkamp 1971.

Zivilisatorische

Prozess.

Frankfurt/M.,

RIZ, Liliana de, Formas de Estado y desarrollo del capitalismo en America Latina, in: "Revista Mexicana de sociologia", Voi. 39, Nr. 1, Apri 1-Juni 1977, S. 157-171. ROUQUIE, Alain, L'Uruguay de M. Pacheco Araco a M. Bordaberry, in: "Problèmes d'Amérique Latine", 27, Paris, La Documentation française (Notes et Etudes Documentaires; Nr. 3973-3974), S. 7-11. RODRIGUEZ BRUNENGO, Nestor, La "Ley 21.400" y recientes, in: "Revista de Derecho 9-10, 1981. ROSTOW,

algunos fallos Laboral", Nr.

Walt W., Stadien wirtschaftlichen Wachstums. Eine Alternative zur marxistischen Entwicklungstheorie. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1960.

RUFFILI, Roberto (Hg.), Crisi dello Stato e storiografia contemporanea. Bologna, Il Mulino 1979. RUIZ

TAGLE, P., Chile: Politische Macht zialismus. Bonn, Neue Gesellschaft

und Obergang 1974.

zum So-

SARTORI, Giovanni, Democrazia e definizioni. Bologna, Il Mulino 1 976. SCHIFFRIN, Leopoldo H., Dictadura y Constitución aspectos de la crisis del Estado de derecho en la Argentina. (Unveröffentlichte Dissertation) (o.J.) SCHMITT, Carl, Diktatur und Belagerungszustand. Eine staatsrechtliche Studie, in: "Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft", Bd. 38, Heft 8, 1917, S. 138161 . SCHMITT, Carl, Starker Staat und gesunde Wirtschaft, in: "Volk und Reich", H. 2, 1933. SCHMITT, Carl, Der Begriff des Politischen (Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corollarien). Berlin, Duncker & Humbiot 1963. SCHWAB, Georg, The Challenge of the Exception. An Introduction to the Politicai Ideas of Carl Schmitt, Berlin, Duncker & Humbiot 1970. 273

SENESE, Salvatore, Le trasformazioni delle strutture guiridiche in America Latina, in: "Il Mulino", 25, 1976, S. 529-553 SIDICARO, Ricardo, Les grands propriétaires et les problèmes agraires en Argentine (1973-1978), in: Argentine, "Problèmes d'Amérique Latine", 50, Paris, La Documentation Française 1978 (Notes et Etudes Documentaires; Nr. 44994500), S. 44-64. SOLER, Ricaurte, Clase y Nación. Barcelona, Fontamara 1981. SONNTAG, Heinz R., Revolution in Chile. Der schwierige Weg zum Sozialismus. Frankfurt/M., Fischer 1972. SONNTAG, Heinz R., Hacia una teoria politica del capitalismo periferico, in: ders., Héctor Valecillos (Hg.), El Estado en el capitalismo contemporáneo, México, Siglo XXI, 1977, S. 134-183. SOTELO, Ignacio, Modelos de explicación del militarismo latinoamericano: Una interpretación histórica, in: "Papers", Nr. 7, S. 65-89. STUCKA, Petr I., Die revolutionäre Rolle von Recht und Staat. Frankfurt/M., Suhrkamp 1969. THERBORN, Göran, The Travail of Latin American Democracy, in: "New Left Review", Nr. 113-114, 1979, S. 71-107. TREVES, Renato, Il diritto come componente della cultura, in: "Sociologia del diritto", Jg. 6, Nr. 1-2, 1979, S. 23-34 UNIVERSIDAD INTERNACIONAL MENENDEZ PELAYO (Hg.), La lucha por la democracia en América Latina. Guadalajara, Ministerio de Educación y Ciencia, 1981. URTASUN, I.I., Desaparecidos, un eufemismo que encubre el genocidio, in: "El viejo topo", Nr. 51, Dezember 1980, S. 30-39. VILAS, Carlos M., Derecho y Estado en una economia Buenos Aires, Guadalupe 1974.

dependiente.

VUSKOVIC, Pedro, La responsabilidad y el reto de los intelectuales, in: Le Monde Diplomatique" (spanische Ausgabe), Jg. 3, Nr. 29, Mai 1981, S. 26-27. WALDMANN, Peter, Der Peronismus und Campe 1974.

1943-1955.

Hamburg,

Hoffmann

WEBER, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, hg. v. J. Winckelmann. 5. revid. Aufl., Tübingen, Mohr 1976. WEBER, Max, Rechts^oziologie, Luchterhand 1967.

hg. v. J. Winckelmann,

Neuwied,

WINKLER, Emil, Sécurité, in: "Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse, 10/1939. WOLFE, Alan, The Limits of Legitimacy. Political Contradictions of Contemporary Capitalism. New York, The Free Press 1979. WRIGHT MILLS, Charles, The Sociological Penguin 1959. 274

Imagination. New York,

ZEMELMAN, Hugo, Los regimenes militares en América Latina. Problema coyuntural?, in: "Revista Mexicana de sociologia", Vol. 40, Nr. 3, Juli-September 1978, S. 831-849. ZOLO, Danilo, Complessità, potere e democrazia (Einleitung zu: Niklas Luhmann, Potere, Milano, Il Saggiatore 1979). ZUR THEORIE DES STAATSMONOPOLISTISCHEN KAPITALISMUS, R. Gündel u.a., "Schriften des Instituts für Wirtschaftswissenschaften der D.A.d.W. zu Berlin, Nr. 22, Berlin 1967.

275