Progressive Verwaltungsrechtswissenschaft auf konservativer Grundlage: Zur Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs [1 ed.] 9783428519132, 9783428119134

Was in der Literatur zu Ernst Forsthoff, einem der prägenden Lehrer des Staats- und Verwaltungsrechts der Nachkriegszeit

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Progressive Verwaltungsrechtswissenschaft auf konservativer Grundlage: Zur Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs [1 ed.]
 9783428519132, 9783428119134

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CHRISTIAN SCHÜTTE

Progressi ve Verwaltungsrechtswissenschaft auf konservativer Grundlage

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 128

Progressive Verwaltungsrechtswissenschaft auf konservativer Grundlage Zur Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs

Von

Christian Schütte

Duncker & Humblot . Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. hat diese Arbeit im Wintersemester 2004/2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrutbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 3-428-11913-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Internet: hup:/Iwww.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die hier vorgelegte Arbeit ist im Wintersemester 2004/2005 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau als Dissertation angenommen worden. Bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Andreas Voßkuhle, der mir die Anregung zu einer Beschäftigung mit der Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs gegeben und den Fortgang der Arbeit behutsam begleitet hat. Herrn Professor Dr. Rainer Wahl danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank für ihre Hilfe gebührt meiner Mutter, die die Mühen des Korrekturlesens übernommen hat. Ihr und meinem im Jahre 2004 verstorbenen Vater ist die Arbeit gewidmet. Schließlich bedanke ich mich bei allen denen, die mich bei der Arbeit in sonstiger Weise unterstützt haben, insbesondere meiner Schwester Ulrike, meinen Brüdern Mathias und Jens-Peter sowie meiner Nichte Franziska für vor allem technische Hilfe und, nicht zuletzt, meiner Freundin Chiara Santangelo für ihre geistigseelische Unterstützung. Köln, im April 2006

Christian Schütte

Inhaltsverzeichnis Einleitung....... . .... ... . . . . ......... .. ... . . .. . . ......... ....... .......... ..... .......

13

1. Teil

Voraussetzungen: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

18

A. Forsthoffs Staatsverständnis .......... .. ................ . .. . ................ . . . . ....

18

I. Die Entwicklung von Forsthoffs Staatsverständnis . .. . .. ... ............. ... .. ..

18

11. Die Souveränität des Staates ... . . . . . . .. . . ....... . ... .. . . .. . .... ... ..... .. . . .. ..

22

ill. Staat und Gesellschaft .............. . ...... . . . ...... . . . ................. . ......

23

IV. Rechtsstaat und Sozialstaat .... . . . .... .. . . ..... . ...... ... ......... .. ........ . . .

24

V. Die Autorität des Staates ........... .... ... . .......... .. .. .. .. ..... ..... ... . . .. .

25

B. Forsthoffs Verfassungsverständnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

I. Das Grundgesetz als rechtsstaatIiche Verfassung ..... . . . .......... ... .. . . .. . .. .

27

11. Die Verfassungsauslegung . .. .. ........... .... ... . .. ... . . ... .... ........ .. .. . . .

31

ill. Rechtsstaatliche Verfassung und sozial staatliche Verwaltung ......... .. ........

33

IV. Die Verwaltung als Motor gesellschaftlich-politischer Entwicklung .......... . .

35

2. Teil

Die Verwaltung und ihr Recht

36

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat ........ . ... .. ... . ... . ... . .... . ..

36

I. Wandel der Aufgaben der Verwaltung: Von der rechtsstaatlichen Freiheitsgewähr zur Daseinsvorsorge ... . .... .. ............ ..... ............ ..... .......

37

1. Vom Polizeistaat zum bürgerlichen Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

2. Die Entwicklung zum Sozialstaat .... ....... . .. ... . . ......... .. ... .. ........

40

3. Die Daseinsvorsorge als Forsthoffs Konsequenz aus dem sozialen Wandel. . .

42

8

Inhaltsverzeichnis 4. Funktionswandel der Verwaltung . . . .. . ... . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . .. . . . .. . . . . . . .

47

5. Der Aufgabenbezug - Kontinuität oder Wandel der Staats- und Verwaltungsaufgaben? .. . . . . .. .. . ... .... . . .. .. .. ... .... .... ... .. .... . ..... .. .. . . .. .. . .. .

48

II. Wandel der Bedeutung der Verwaltung: Die Verschiebung der Staatsgewalten ..

50

1. Funktionswandel bedingt Bedeutungswandel der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . .

50

2. Der Sozialstaat als Verwaltungsstaat . . ... . . . . . . . . . ...... . ... .. ..... .. . . ... ..

52

a) Verwaltung und Gesetzgebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

b) Verwaltung und Justiz .... ... .... .. .. . . .. . . ... . . . .. .. ..... . .... . .. . .. . ...

55

c) Das Problem der Gewaltenteilung ....... . . . .... . ... . .. .. ..... . .... . . . . . .

56

d) Der Verwaltungsstaat in der rechtswissenschaftlichen Diskussion der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats ....... . ..... . .

59

I. Die Ausgangsposition: Die juristische Methode Otto Mayers ...................

59

1. Die juristische Methode als die Methode des bürgerlichen Rechtsstaats. . . . . .

59

2. Das Verwaltungsrecht als System . .. .. .. . . ... ... . . . .. . ... . ... .. . ... ........ .

63

3. Fonnalismus und Positivismus als Charakteristika der juristischen Methode

65

4. Der "verhängnisvolle Mangel an Empirie" .... . ............... . ... . .........

65

11. Forsthoffs verwaltungswissenschaftliche Methode .. . ..... .. .... . .. . .. . ..... . ..

67

1. Der Hintergrund der Forsthoffschen Methode ........................... .. ..

67

a) Die Wiederaufnahme einer Tradition: Die Verwaltungslehre Lorenz von Steins ..... . .... ... .... . ... . . . .......... . .... .. .... . . .. ... .. .. . . ... .. ... .

67

b) Der Methodenstreit und die Verwaltungsrechtslehre: Die Abwendung vom Rechtspositivismus in der öffentlich-rechtlichen Diskussion der zwanziger Jahre . . ..... . ..... . .... .. .... . ..... .. .... . ...... . .... . ........

70

c) Forsthoffs Lehre vor dem Hintergrund des Staats- und Verwaltungsrechts der NS-Zeit . ..... . ..... . ......... . ... . .. . ..... ... ... . ...... . .. .. . . ..... . .

71

aa) Forsthoffs Stellung in der Rechtslehre des Nationalsozialismus .... . .

71

bb) Die Zweiteilung des Staates.. . ... . .. .. ... . .. . .. .. ... .. ..... . ... . ....

73

cc) Zerfall und Öffnung der Verwaltungsrechtswissenschaft ... . ...... .. .

75

2. Forsthoffs Methode als Gegenposition und Ergänzung zur juristischen Methode . . .. .. ... . .. . ... ... . . ... . ..... . . . .. . . .. . . .. . ... .. . ... ... . ... . ... . ...

79

a) Die Daseinsvorsorge als der methodenbildende Begriff . . . . .. . ..... . .... .

80

aa) Die Entwicklung des Begriffs Daseinsvorsorge zum Synonym der Leistungsverwaltung . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

bb) Der Dualismus von Eingriffs- und Leistungsverwaltung ... ... ... . .. .

84

Inhaltsverzeichnis

9

cc) Die Dreiteilung der Verwaltungstätigkeiten ..........................

88

dd) Die Verantwortung für die Daseinsvorsorge .........................

92

b) Methodische Folgerungen ...............................................

95

aa) Institutionelles Rechtsverständnis? ....... .. .........................

95

bb) Die Problematik des Aufgabenbezugs für die verwaltungsrechtliche Dogmatik - Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff? .....................

98

cc) Das Verhältnis von Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre ......... 100 c) Die Verwendung des Begriffs Daseinsvorsorge in der heutigen Literatur und Praxis ... ............................................................ 103 d) Die Problematik der Forsthoffschen Methode. '" .. .. . ... . . . ... .. . .. . . . .. 106 C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben .............................. 110 I. Vorläufer von Forsthoffs Verwaltungsrechtslehrbuch .. . .............. . ......... 110 I. Die Lehrbücher des bürgerlichen Rechtsstaats............................... 110

2. Die verwaltungsrechtliche Lehrbuchliteratur des NS-Staats ................. 111 3. Die Lehrbuchliteratur der unmittelbaren Nachkriegszeit. . ...... ... .. . .... . . . 112 11. Forsthoffs Lehrbuch des Verwaltungsrechts, I. Band: Allgemeiner Teil. . . . . . . . . 113 1. Das Verwaltungsrechtslehrbuch als "literarisches Werk" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Die äußere Gestalt des Lehrbuchs ........................................... 115 3. Die "klassische" Anlage des Lehrbuchs ..................................... 115 4. Neue Rechtsprinzipien ...................................................... 117 III. Einzelne Rechtsformen und Rechtsinstitute des Verwaltungshandelns .......... 118 I. Traditionelle Rechtsformen und Rechtsinstitute unter den Bedingungen des Sozialstaats ................................................................. 118

a) Die traditionelle Rechtsform: Der Verwaltungsakt ....................... 118 b) Rechtsstaatliche Schutzmechanismen gegen die Ausdehnung des Sozialstaats .......................................... . .. .. ......... ... ......... 121 aa) Der Verwaltungszwang ............................................. 121 bb) Institute des Staatshaftungsrechts ................................... 123 2. Neue Rechtsformen? ........... .. ............... . . . ................... . ..... 124 a) Der öffentlich-rechtliche Vertrag. . .. . . . ... . .. . .. . .. . . . .... . . .. . .. . ... .. .. 125 b) Plan und Planung............. ..... ............ ......... .... ... .... . . . ... 128 c) Der Realakt ....................................................... ... ... 131 3. Die Behandlung der Rechtsformen im Bereich der Daseinsvorsorge ......... 132 a) Die Austauschbarkeit von privatem und öffentlichem Recht im Bereich der Daseinsvorsorge ........ . ............. ........ ................. . ..... 133

10

Inhaltsverzeichnis b) Die Austauschbarkeit der Organisations- und Handlungsformen

135

c) Strukturveränderungen für das öffentliche und das private Recht......... 135 d) Kooperationen zwischen Staat und Bürger .... . ..... ... .... .. .. .... .. ... . 136 e) Fragen des Rechtsschutzes im Bereich der Daseinsvorsorge .... .. . . .. .. .. 137 IV. Dogmatische Unterbilanz? . ... .. . . . .. . .. . ... ..... . . .... ... .. . . .. . ...... .. .. ... . 140 D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung im Staat der Industriegesellschaft ..... . . . . . . .. . . . 142 I. Die Expansion der Technik .. ... . . . . . .... . . . ... . .. . ... . . . .... . ... . .. . .. .. ... . .. 142 1. Die "technische Realisation" als neue Verwaltungsaufgabe in Forsthoffs Werk ............. . .. . ........... . .... . .. . .. .. .... .. .... . ......... . ....... .. 142 2. "Von der sozialen zur technischen Realisation" . . . ... ... .. . .. . .... .. . .... . ... 143 3. Die Technik als stärkste innenpolitische Potenz .. . ...... . .... .. ... .. ... ... .. 145 4. Die Umweltzerstörung als Beispiel für die Risiken der Technik .... . .... . ... 147 5. Technikbestimmung durch Technikkritik? . . ..... . ........................ . .. 149 11. Die Struktur der Verwaltung im sozialen und industriell-technischen Zeitalter.. 152 1. Die personelle Struktur der Verwaltung ... .. ... . ..... .. ..... .. .... . . . ... . . . . 153 a) Die Verwaltung des bürgerlichen Rechtsstaats als Juristenverwaltung .... 153 b) Die Verwaltung des Sozialstaats als fachmännische Verwaltung.......... 154 2. Das Problem des (fehlenden) Sachwissens und das Problem der Verantwortung ... . ... .. ....... . ..... . . . ... .. .. .... ... .. . . .. ... ... .. .... . . . ..... . .. .. .. 158 3. Die Assimilation der Verwaltung an den Betrieb .. ..... .. .... . ... . . .. . ... . .. 162 4. Internationale Organisationen - ein Ausweg? .................. . ............ 164

Schlussbemerkung Progressivität oder Retrospektivität in Forsthoffs Werk?

165

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 167 I. Schriften von Ernst Forsthoff .... . ........ . .......... . .... . ... .. . . .. .. ......... 167

ll. Schriften anderer Autoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift)

AnnDR

Annalen des Deutschen Rechts

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter

Bd.

Band

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungserichts

ders.

derselbe

DJ

Deutsche Justiz (Zeitschrift)

DJZ

Deutsche Juristenzeitung

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

DR

Deutsches Recht (Zeitschrift)

DRW

Deutsche Rechtswissenschaft (Zeitschrift)

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

ebd.

ebenda

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften

erw.

erweiterte

EUGH

Europäischer Gerichtshof

EUV

Vertrag über die Europäische Union

f.

folgende

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

ff.

fortfolgende

Fn.

Fußnote

GG

Grundgesetz

Hrsg.

Herausgeber

HStR

Handbuch des Staatsrechts

12

Abkürzungsverzeichnis

Jg.

Jahrgang

JuS

Juristische Schulung

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

KG

Kammergericht

LKV

Landeskommunalverwaltung (Zeitschrift)

m.E.

meines Erachtens

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NuR

Natur und Recht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

OVG

Oberverwaltungsgericht

pass.

passim

PVS

Politische Vierteljahresschrift

RGBl.

Reichsgesetzblatt

Rn.

Randnummer

RVBl.

Reichsverwaltungsblatt

S.

Seite

SJZ

Schweizerische Juristenzeitung

s. o.

siehe oben

Sp.

Spalte

s. u.

siehe unten

T.

Teil

u.

unten

u. a.

unter anderem

v.

vom

VerwArch

Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)

VG

Verwaltungsgericht

vgl.

vergleiche

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

z.B.

zum Beispiel

ZevKR

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht

ZfP

Zeitschrift für Politik

ZHF

Zeitschrift für historische Forschung

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZSR

Zeitschrift für Schweizerisches Recht

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft

Einleitung Ernst Forsthoff, am 13. September 1902 in Duisburg-Laar geboren, gestorben am 13. August 1974 in Heidelberg, zählt zu den berühmtesten und zugleich umstrittensten Vertretern der Staats- und Verwaltungsrechtslehre des 20. Jahrhunderts in der Bundesrepublik. Betrachtet man die Forsthoff-Rezeption, so halten sich Anerkennung und Ablehnung seines wissenschaftlichen Werkes die Waage. Von den einen als bahnbrechender Lehrer des Staats- und Verwaltungsrechts gefeiert 1, wurde und wird er von anderen als unverbesserlicher Etatist angesehen, dessen Staatsverständnis Ausdruck obrigkeitsstaatlichen Denkens sei 2 . Auffällig ist dabei eine Diskrepanz in der Beurteilung seines verwaltungsrechtlichen Werkes einerseits, seines staats- und verfassungsrechtlichen Werkes andererseits. Forsthoffs verwaltungsrechtliche Schriften, von dem frühen Werk "Die Verwaltung als Leistungsträger" bis zu seinem "Lehrbuch des Verwaltungsrechts", wurden bereits zum Zeitpunkt ihres Erscheinens hoch geschätzt und sind mittlerweile als Klassiker anerkannt. Forsthoffs "Entdeckung,,3 der Daseinsvorsorge und seine innovativen Ausführungen zur veränderten Rolle und "Struktur,,4 der Verwaltung wurden flächendeckend, auch über den engeren Bereich der Rechtswissenschaft hinaus, rezipiert. Diese Schriften sind, bei im Einzelnen durchaus geübter wissenschaftlicher Kritik, immer Gegenstand außergewöhnlich großer Anerkennung gewesen 5 . Andererseits erfuhren Forsthoffs staats- und verfassungsrechtliche Positionen starke, teilweise scharfe Kritik. Angefangen bei seiner Schrift "Der totale Staat" aus dem Jahre 1933 bis hin zu den Spätwerken "Der Staat der Industriegesellschaft" von 1971 und der zweiten Auflage seines Sammelbandes ,,Rechtsstaat im Wandel" 1 Vgl. zuletzt den anlässlich eines Kolloquiums zu Forsthoffs 100. Geburtstag herausgegebenen Band von W. Blümel. 2 Vgl. K. Sontheimer, FAZ v. 24.8. 1971, S. 10, in seiner Besprechung der Schrift ,,Der Staat der Industriegesellschaft" . 3 R. Wahl, Die Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung und Verwaltungsrecht, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/G. F. Schuppert, Reform des Verwaltungsrechts, 1993, S. 189, Fn. 32; K. Doehring, Ernst Forsthoff, Leben und Werk, in: Semper apertus, Bd. III, 1986, S. 437. 4 So die Überschrift von § 4 des Lehrbuchs des Verwaltungsrechts von Forsthoff. 5 Dies stellt P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S. 686, in seiner kritischen, jedoch sehr ausgewogenen Würdigung von Forsthoffs Werk heraus. Häberle spricht von einer "prätorischen" Leistung Forsthoffs auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts. Forsthoff selbst bekannte in einem Brief an earl Schmitt vom 9.7. 1972, dass das Verwaltungsrecht der "Sockel" sei, "auf dem sein wissenschaftliches Ansehen" beruhe. Zit. nach W. Blümel, Schlusswort, in: ders. (Hrsg.), Ernst Forsthoff, 2003, S. 117.

Einleitung

14

aus dem Jahre 1974 wurde seine Haltung in diesem Bereich als konservativ, auto-

ritär, etatistisch eingestuft6. Zusätzlicher Anknüpfungspunkt für die Kritik war da-

bei Forsthoffs zeitweilige Verstrickung in den Nationalsozialismus7 wie auch die Anhängerschaft für seinen Lehrer earl Schrnitt8 . So stand sein Werk vielfach unter einem mehr oder weniger ausgesprochenen Ideologieverdacht9 . Zu Staat und Verfassung bei Ernst Forsthoff liegt eine umfangreiche Monographie vor JO • Demgegenüber findet sich zu Forsthoffs Verwaltungsrechtslehre, die für seine Nachwirkung so bedeutend ist, trotz ungezählter Bezugnahmen im rechtswissenschaftlichen Schrifttum keine umfangreichere Arbeit. Zwar ist Forsthoff in der verwaltungsrechtlichen Literatur bis heute wohl häufiger anzutreffen als jeder andere Vertreter seiner Generation ll . Seine Fragestellungen werden allerdings zumeist eher ausschnittsweise in unterschiedlichen Zusammenhängen behandelt. Prominentestes Beispiel ist hier die von ihm geprägte Lehre von der Daseinsvorsorge, mit der sich zahlreiche Abhandlungen bis heute eingehend auseinandersetzen 12 . Anders als etwa das verwaltungsrechtliche Werk Otto Mayers ist die Verwaltungsrechtslehre Forsthoffs jedoch nicht in einem größeren zusammenfassenden Überblick gewürdigt worden. Dies möchte die vorliegende Arbeit versuchen. Vgl. nur die Kritik von E. Denninger; Staatsrecht 1,1973, S. 51 f., S. 68 f., S. 135 f. Vgl. hierzu R. Seeliger; Braune Universität. Deutsche Hochschullehrer gestern und heute, Heft 6, 1968, S. 26. Zu Forsthoffs Stellung im Nationalsozialismus s. u. 2. Teil B. 11. 1. c) aa). 8 Hierzu E. Kauftrwnn, Carl Schrnitt und seine Schule: Offener Brief an Ernst Forsthoff, in: ders., Ges. Schriften, Bd. 1lI, 1960, S. 375 ff.; vgl. auch die Kritik von A. Schüle, Eine Festschrift, JZ 1959, S. 729, S. 730, an den Herausgebern der Festschrift zu Schmitts 70. Geburtstag, zu denen auch Forsthoff gehörte. Forsthoffs Verbindung zu Schrnitt war jedoch wechselhaft. War zwischen 1936 und 1945 der Kontakt zum Doktorvater vorn Schüler abgebrochen worden, standen beide nach 1945, auch durch die Zeitumstände vereint, wieder in freundschaftlicherer Verbindung. Vgl. hierzu W. Doehring, Ernst Forsthoff als Hochschullehrer, Kollege und Freund, in: W. Blümel (Hrsg.), Ernst Forsthoff, 2003, S. 17 ff. Von diesem höchst interessanten Verhältnis zweier der bedeutendsten Lehrer des Öffentlichen Rechts zeugt auch ihr Briefwechsel, der in nächster Zeit im Akademieverlag erscheinen soll. Forsthoff zollte Schmitts Werk zeitlebens größte Bewunderung. So versammelten sich für Forsthoff bei Schrnitt "die bedeutenden Gedanken einer dreihundertjährigen Epoche europäischer Ordnung noch einmal mit großer Leuchtkraft", vgl. E. Forsthoff, Christ und Welt, XI. Jg., Nr. 29, vorn 17.07.1958. W. Doehring, ebd., S. 17, berichtet, Forsthoff habe ihm gegenüber bemerkt, die Vorlesungen von Schmitt seien für ihn ein "Schlüsselerlebnis" gewesen. 9 Besonders krasses Beispiel: H. Anders, Der "Daseinssicherer" des Monopolkapitalismus und "Gehilfe des Führers", Staat und Recht 1963, S. 981 ff. 10 U. Storost, Staat und Verfassung bei Ernst Forsthoff, 1978. 11 Sämtliche Bezugnahmen auf Forsthoff wiederzugeben, wäre ein hoffnungsloses Unterfangen. Auch die Bibliographie von W. Blümel/H. H. Klein in der Festschrift für Forsthoff zum 70. Geburtstag, 2. Aufl. 1974, S. 495 ff., kann hier kein abschließendes Bild vermitteln. 12 Diese in der Tat zentrale Lehre Forsthoffs findet unten noch eingehendere Erwähnung. Dort wird auch das einschlägige Schrifttum behandelt. Hier sei als umfangreicheres Werk zunächst nur die 1992 erschienene Dissertation "Der Begriff Daseinsvorsorge" von D. Scheidemann genannt. 6 7

Einleitung

15

Es soll dabei insbesondere gezeigt werden, dass Forsthoff trotz der Zeitgebundenheit seiner Schriften Fragen in die verwaltungsrechtliche Diskussion eingeführt hat, die über den Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung hinaus die Verwaltungsrechtslehre nachhaltig geprägt haben und heute noch die Diskussion befruchten können. Dabei wird allerdings auch zu fragen sein, inwiefern Forsthoff, der hier als ein Theoretiker des Wandels vorgestellt wird, mitunter in erstaunlicher Weise selbst vom Wandel seiner Zeit unberührt blieb. Es soll dargestellt werden, wie sich progressive und konservative Elemente in Forsthoffs Werk in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander befinden. Gegenüber dem Versuch, die Verwaltungsrechtslehre Forsthoffs als Konsequenz seines Staats- und Verfassungsverständnisses zu interpretieren 13, geht es der vorliegenden Arbeit darum, die Eigenständigkeit der Verwaltungsrechtslehre und ihre teilweise Widersprüchlichkeit zum Staats- und Verfassungsverständnis herauszuarbeiten. Forsthoffs juristischer Werdegang begann in der Zeit der Weimarer Republik. 1923 promovierte er bei earl Schrnitt in Bonn über den Ausnahmezustand der Länder14. Die erste nachhaltige Aufmerksamkeit der rechtswissenschaftlichen Öffentlichkeit fand Forsthoff mit seiner 1931 in Freiburg veröffentlichten Habilitationsschrift "Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat" 15. In den Jahren vor der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus publizierte Forsthoff vor allem über staats- und kirchenrechtliche Fragen 16 , in den Jahren ab 1930 verstärkt unter Pseudonymen 17 . Diese Schriften sind in ihrer konservativ-nationalen Grundhaltung vor allem gegen den Pluralismus und Liberalismus der Weimarer Verfassung gerichtet. 1933 stellte sich Forsthoff, darin jungen Vertretern der "Schrnitt-Schule,,18 wie Ernst Rudolf Huber und Werner Weber vergleichbar, auf den Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung. In dieses Jahr fällt auch seine berühmt-berüchtigte Schrift "Der totale Staat". Im selben Jahr erhielt Forsthoff seinen ersten Lehrstuhl in Frankfurt 19, 1935 folgte er einem Ruf nach Hamburg und wurde 1936 \3 Vgl. U. Storost, Die Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs als Ausdruck eines politischen Verfassungsmodells, in: E. V. Heyen (Hrsg.), Wissenschaft und Recht der Verwaltung seit dem Ancien Regime, 1984, S. 165. 14 E. Forstlwff Der Ausnahmezustand der Länder, AnnDR 1923/1925, S. 138 ff. 15 E. Forstlwff Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat. Eine Untersuchung über die Bedeutung der institutionellen Grundlagen in den Artikeln 127 und 137 der Weimarer Verfassung, Tübingen 1931. Hierzu F. Giese, Besprechung: Ernst Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat, ZStW 93 (1932), S. 345 ff. Zu Forsthoffs Freiburger Habilitation und seiner anschließenden Tätigkeit dort als Privatdozent A. Hollerbach, Kirchenrecht an der Freiburger Rechtsfakultät 1918-1945, ZevKR 23 (1978), S. 23 ff. 16 V gl. die Bibliographie von W. BlümeIl H. H. Klein, in: Festschrift für Ernst Forsthoff zum 70. Geburtstag, 2. Aufl. 1974, S. 495 ff. Die Beschäftigung mit kirchenrechtlichen Fragen mag auch auf Forsthoffs protestantisches Elternhaus zurückzuführen sein. 17 Vgl. die Bibliographie von W. BlümellH. H. Klein, (Fn. 16), S. 501 f. 18 Vgl. hierzu M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, 1998, S.266. 19 Zu Forsthoffs beruflichem Werdegang W. Doehring, Ernst Forsthoff, in: Juristen im Portrait, 1988, S. 341 ff.

16

Einleitung

gegen seinen Willen nach Königsberg versetzt. 1941 nahm er einen Ruf an die Universität Wien an. Dort traf ihn wegen seines Eintretens für die evangelische Kirche ein Lehrverbot. Ab 1943 wirkte er dann, von einem weiteren Lehrverbot von 1946 bis 1952 unterbrochen, in Heidelberg 2o . Im Jahre 1960 übernahm er die Präsidentschaft des Verfassungsgerichtshofs von Zypern 21 , legte dieses Amt jedoch 1963 nieder22 . 1967 wurde Forsthoff in Heidelberg emeritiert, wo er bis zu seinem Tode lebte 23 . Forsthoff hat demnach drei deutsche Staatsgebilde sehr unterschiedlicher Provenienz miterlebt und wissenschaftlich begleitet24 . Forsthoffs Werk ist vielfach gewürdigt worden 25 . Zu seinem 65. und 70. Geburtstag erschienen überdies umfangreiche Festschriften26 . Die Schriften, die Forsthoffs Ruf über seine Lebzeiten hinaus gefestigt haben, sind Werke der Staatsund Verwaltungsrechtswissenschaft wie "Die Verwaltung als Leistungsträger" , das "Lehrbuch des Verwaltungsrechts", "Rechtsstaat im Wandel" oder "Der Staat der Industriegesellschaft". Gerühmt wurde und wird bei diesen und anderen Werken eine souveräne Beherrschung des gesamten Staats- und Verwaltungsrechts 27 , eine 20 Eine interessante persönliche Betrachtung über Forsthoff findet sich bei W. Doehring, Ernst Forsthoff als Hochschullehrer, Kollege und Freund, S. lI ff. 21 Dies erscheint überraschend, da Forsthoff gegenüber Funktion und Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zeitlebens sehr skeptisch eingestellt war. 22 Der Grund für das vorzeitige Ausscheiden aus diesem Amt war eine Weigerung des zypriotischen Staatspräsidenten, ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs zugunsten der türkischen Minderheit auszuführen. Zu Forsthoffs Zeit in Zypern vgl. W. Blümel, Schlusswort, S. 120 f. 23 Zu Forsthoffs letzten Lebensjahren siehe W. Blümel, Schlusswort, S. 115 ff. 24 Forsthoffs Person kann hier nicht Gegenstand der Untersuchung sein. Aus diesem Grunde sind die Ausfrihrungen zu Forsthoffs Leben auch auf das Notwendigste beschränkt worden. Einiges hierzu lässt sich den zitierten Würdigungen der Person Forsthoffs entnehmen. 2S Neben den bereits zitierten Beiträgen sind zu nennen: U. Scheuner, Ernst Forsthoff 65 Jahre, DÖV 1967, S. 628 f.; C. Heinze, Ernst Forsthoff 70 Jahre, DÖV 1972, S. 639; H. H. Klein, Erinnerungen an den Staat (Heute wird Ernst Forsthoff 70 Jahre alt), Die Welt v. 13.9. 1972; ders., E. Forsthoff gestorben, Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt v. 15.8. 1974; ders., Zum 10. Todestag von Ernst Forsthoff, DÖV 1984, S. 675 f.; ders., Forsthoff, Staatslexikon Bd. 211986, Sp. 649; H. Schneider; Mit Mut und Liebe zur Rechtswissenschaft (Zum Tode von Ernst Forsthoft), Rhein-Neckar-Zeitung v. 15.8. 1974, S. 5; W. Weber, Ernst Forsthoff zum 70. Geburtstag, AöR 97 (1972), S. 20 ff.; R. Mußgnug, Ernst Forsthoff, Badische Biographien I, 1982, S. 181; J. Kaube, Die Vorsorgemaschine - Zum einhundertsten Geburtstag des Juristen Ernst Forsthoff, FAZ v. 14.8.2002, S. 34; B. Stüer; Willi Blümel: Ernst Forsthoff, DVBl. 2004, S. 545. 26 K. Doehring (Hrsg.), Festgabe frir Ernst Forsthoff zum 65. Geburtstag, 1967. An dieser Festschrift wirkten alle von Forsthoff habilitierten lebenden Schüler mit. Im gleichen Jahr erschien die Ebracher Festgabe "Säkularisation und Utopie. Ebracher Studien". Zum 70. Geburtstag Forsthoffs schließlich veröffentlichte Roman Schnur eine weitere Festschrift, die 1974 in zweiter Auflage erschien. 27 So urteilte H. Quaritsch, Erinnerungen an Ernst Forsthoff, NJW 1974, S. 2120: ,,Ernst Forsthoff war einer der letzten Lehrer des öffentlichen Rechts, die das Fach noch im ganzen beherrschten".

Einleitung

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ausgeprägte Hellsichtigkeit für neue Entwicldungen 28 sowie die sprachliche und formale Meisterschaft29 . Forsthoffs Schriften sind Ausdruck einer außergewöhnlichen Belesenheit, sie sind voll von offenen und verdeckten Bezügen zur Geistesgeschichte. Das sehr umfangreiche Werk30 umfasst Schriften zu Fragen der Allgemeinen Staatslehre, zum Staatsrecht, zum Verfassungsrecht, zur Verwaltungslehre, zu Fragen des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts, zur Verfassungsgeschichte sowie zur Methodenlehre. Forsthoffs ausgeprägte Affinität zur französischen Rechtstradition31 zeigt sich unter anderem in der Übersetzung von Montesquieus ,,oe l'Esprit des lois .. 32 , die lange Zeit den Rang einer Standardübersetzung hatte. Die vorliegende Arbeit soll dem verwaltungsrechtlichen Werk von Ernst Forsthoff gelten. Fragen der Allgemeinen Staatslehre und des Staats- und Verfassungsrechts, die im Werk Forsthoffs neben dem Verwaltungsrecht eine zentrale Rolle spielen, werden hier nur insoweit berücksichtigt, als sie für das Verständnis des verwaltungsrechtlichen Werks unerlässlich sind. Eine solche Beschränkung fällt mitunter schwer. Forsthoff zeigt sich in seinem Werk als ein Generalist des öffentlichen Rechts, der seine Ausführungen gerne in einen großen Rahmen philosophischer, soziologischer und juristischer Erwägungen stellte. Aus diesem Grunde kann das staats- und verfassungsrechtliche Werk nicht ausgeblendet werden, es muss deshalb bei der Darstellung des Verwaltungsrechts als Merkposten im Hinterkopf bleiben. Daher wird zunächst kurz das staats- und verfassungsrechtliche Verständnis Forsthoffs dargestellt. Es bildet Grundlage und zum Teil auch Kontraststoff für die anschließende Diskussion des verwaltungsrechtlichen Werks. Daraufhin wird die Verwaltungsrechtslehre Forsthoffs in drei Schritten behandelt: Ausgehend von Forsthoffs Darstellung der Aufgaben der Verwaltung wird Forsthoffs Verwaltungsrechtsmethode und sodann ihre rechtliche Ausformung erörtert. Anschließend wird die von Forsthoff selbst aufgeworfene Frage der Zukunftsaufgaben der Verwaltung im industriell-technischen Staat behandelt. Zum Schluss wird auf die veränderte Struktur der modemen Verwaltung eingegangen.

28 Vgl. G. Dürig, in: T. Maunz/G. Dürig/R. Herzog, Art. 3 Abs. 1 Rn. 300: ,,Einmalig scharfe juristische Röntgenaugen" Forsthoffs. 29 Dies betont P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S.686. ~o Vgl. noch einmal die Bibliographie von W BlümeIl H. H. Klein, in: Festschrift für Ernst Forsthoff zum 70. Geburtstag, 2. Aufl. 1974, S. 495 ff. 31 Forsthoff zeichnete sich durch eine intime Kenntnis des französischen Verwaltungsrechts aus, als Beispiel seien die Bezugnahmen auf das französische Recht in seinem Lehrbuch zitiert, vgl. ebd. 10. Aufl. 1973, S. 97 f., S. 246, S. 360 f., S. 369. 32 E. Forsthoff (Hrsg.), Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 2 Bde., 1. Aufl. 1951, 2. Aufl. 1991. Vgl. auch E. Forsthoff, Montesquieus Esprit des Lois. Zum Gedächtnis des Erscheinens im November 1748, Deutsche Rechtszeitschrift 1948, S. 405 ff.

2 Schütte

1. Teil

Voraussetzungen: ForsthofTs Staats- und Verfassungsverständnis A. Forsthoffs Staatsverständnis Für Forsthoff ist der Staat Ausgangspunkt aller Gedanken über Verfassung, Gesetzgebung, Justiz und Verwaltung. Forsthoffs Ausführungen zur Verwaltung und ihrem Recht sind daher vor dem Hintergrund seines staats- und verfassungsrechtlichen Verständnisses zu betrachten. Der Staat ist gewissermaßen der archimedische Punkt aller Überlegungen Forsthoffs, vor dessen Hintergrund die Verwaltung als ureigenste Äußerung von Staatlichkeit erscheint. Verwaltung und Staatlichkeit werden von Forsthoff denn auch bisweilen gleichgesetzt!.

I. Die Entwicklung von Forstboffs Staatsverständnis Forsthoff trat bereits in den späten zwanziger Jahren mit Aufsätzen zu vorwiegend staatsrechtlichen Themen an die Öffentlichkeit. Aufgrund ihrer offen ablehnenden Haltung gegenüber der Weimarer Verfassung, insbesondere gegenüber Liberalismus, Parlamentarismus und Volkssouveränität, waren diese Aufsätze vielfach unter wechselnden Pseudonymen veröffentlicht2 . Sie zeigen Forsthoff als Vertreter der ,,Jungkonservativen,,3 und behandeln vorwiegend den Verfall der Staatlichkeit durch das Weimarer demokratische und pluralistische System4 . In seiner I Charakteristisch zum Beispiel die Bemerkung Forsthoffs in dem Aufsatz: Bemerkungen zur heutigen Situation der Verwaltung, in: Standorte im Zeitstrom, Festschrift ftir A. Gehlen, 1974, S. 46: "Die gegenwärtige Situation der Verwaltung und damit der Staatiichkeit". 2 Unter dem Pseudonym Georg Holtlulusen: Der Volksbegriff der Weimarer Reichsverfassung, Der Ring 1931, S. 67 f.; Entpolitisierung oder totale Mobilmachung, Der Ring 1931, S. 132 f. Unter dem Pseudonym Friedrich Grüter: Die Gliederung des Reiches, in: A. E. Günther (Hrsg.), Was wir vom Nationalsozialismus erwarten - Zwanzig Antworten, 1932, S. 81 ff.; Der Rechtsstaat in der Krise, Deutsches Volkstum, Monatsschrift für das deutsche Geistesleben 1932, S. 260 ff. 3 A. MohleT, Die konservative Revolution 1918 bis 1932,4. Aufl. 1994, S. 138 ff. Kritisch zum Begriff der "konservativen Revolution" S. BreueT, Anatomie der konservativen Revolution, 1993, S. 5. 4 Vgl. aus dieser Zeit auch: E. Forsthoff, Staatrechtswissenschaft und Weltkrieg, Blätter für deutsche Philosophie 5 (1931), S. 292 ff.; ders., Um die kommunale Selbstverwaltung. Grundsätzliche Bemerkungen, ZfP 21 (1932), S. 248 ff.

A. Forsthoffs Staats verständnis

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Habilitationsschrift ,,Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat" von 1931 wird bereits die zentrale Stellung des Staates in Forsthoffs rechtswissenschaftlichem Denken sichtbar. Dort stellt Forsthoff den Staat als einzig möglichen "Ordnungsbegriff" vo~: ,,Der Ordnungsbegriff, welcher der Scheidung des ,Öffentlichen' und Privaten zugrunde liegt, kann also nur der staatliche, der Staat selbst sein. Das ausschließliche Kriterium ist die konkrete Entscheidung des Staates darüber, was öffentlich und privat ist. Ein anderes gibt es nicht."

Ein später vielfach wiederkehrendes Thema ist auch der von ihm hier beklagte gesellschaftliche Pluralismus in Form von Parteien und Verbänden, der zu einem Verschwinden der Trennung von Staat und Gesellschaft führe 6 . Nach der Machtergreifung durch die nationalsozialistische Partei veröffentlichte Forsthoff die Schrift "Der totale Staat ,,7. Im Gegensatz zu Schrnitts vorher erschienenen Schriften8 und Forsthoffs eigenen Ausführungen in seiner Habilitationsschrift9 beschreibt hier Forsthoff einen qualitativ "totalen" Staat, in dem die Totalität des Politischen ihre Form finde JO • Forsthoff trennt dabei schärfer als Schmitt in dessen Schrift "Staat, Bewegung, Volk" zwischen "Staat" und "Bewegung" und betont die staatliche Autonomie gegenüber der nationalsozialistischen "Bewegung". So könne die Bewegung in der Person des Führers aufgehen, der Staat könne dies jedoch nicht. Diese staatsbetonte Variante in der Staatsrechtslehre des Nationalsozialismus brachte Forsthoff viel Kritik ein ll . So wurde ihm ein überholter Etatismus vorgeworfen I2 . Interessanterweise ist dies der Kritikpunkt an der E. Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat, 1931, S. 17. E. Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft im Bundestaat, S. 180 ff. 7 Zur Entstehung des Werks vgl. die interessanten Hinweise von H. H. Klein, ,,Der totale Staat", in: W. Blüme1, (Hrsg.), Ernst Forsthoff, 2003, S. 27. 8 C. Schmitt. Der Hüter der Verfassung, 3. Aufl. 1995, S. 79; ders., Legalität und Legitimität, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954, 2. Aufl. 1985, S. 343. Kurz vor der Machtergreifung und Forsthoffs Schrift "Der totale Staat" erschien Schmitts Schrift "Weiterentwicklung des totalen Staates in Deutschland", in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954,2. Aufl. 1985, S. 359 ff., in der er von einem quantitativ totalen Staat spricht, der, total aus Schwäche, im pluralistischen Staat der Weimarer Republik verwirklicht sei. 9 E. Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat, S. 182. \0 E. Forsthoff, Der totale Staat, 1. Aufl. 1933, S. 29. Zum geistesgeschichtlichen Hintergrund jüngst H. H. Klein ,,Der totale Staat", S. 21 ff., der u. a. auf die Parallelen der Forsthoff-Schrift zu Heinz O. Zieglers Schrift ,,Autoritärer oder totaler Staat?" aus dem Jahre 1932 verweist. 11 In expliziter Auseinandersetzung mit dem Begriff des "totalen Staates" die beiden Parteiideologen A. Rosenberg. Totaler Staat?, Völkischer Beobachter v. 9. 1. 1934, S. 1 f. und R. Freisler; Totaler Staat? -Nationalsozialistischer Staat!, DJ 1934, S. 43 f. 12 Forsthoff verteidigte sich dagegen in der zweiten Auflage der Schrift "Der totale Staat" von 1934, siehe ebd. S. 10 u. S. 23. Die zentrale Stellung des Staates im Nationalsozialismus betonte auch der Schmitt-Schüler E. R. Huber; Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Aufl. 1939, S. 134. 5

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1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

Rechtslehre Forsthoffs, der später auch in der Bundesrepublik im Vordergrund stehen sollte. In der zweiten Auflage der genannten Schrift verwischte Forsthoff dann, wohl bewogen durch die Kritik an seiner "etatistischen" Position, die die Stellung der Partei zu stark relativierte, die Trennung von Staat und Bewegung. Die Bewegung erschien nunmehr als die "Trägerin des deutschen Staatstums"13. Nach Forsthoffs in dieser Schrift dargelegten Konzeption untergliedert sich der Staat in eine nach dem Führerprinzip aufgebaute hierarchische Ordnung, die mit der Führungsordnung der Bewegung identisch ist, sowie in eine bürokratische Organisation, die für eine kontinuierliche und rationelle Erledigung der unabdingbaren Staatsaufgaben sorgt und somit diejenigen Dinge erledigt, auf die kein moderner Staat verzichten kann 14. Diese Zweiteilung des Staates in Führung und Verwaltung 15 ist in ihren Konsequenzen ambivalent: Einerseits wird die Verwaltung von Einflüssen der Partei freigehalten, andererseits bewirkt sie eine Befreiung der Führung von bürokratischen Zwängen 16. Die durch Forsthoff hier eingeführte Zweiteilung erlaubte es ihm allerdings, sich vom politisch geflihrlichen Staatsrecht dem unverfänglichen Verwaltungsrecht zuzuwenden 17 • 1935 erklärte Forsthoff denn auch die Verfassungsfrage als durch die Errichtung des Führerprinzips für "erledigt,,18, um sich nunmehr vorwiegend dem Verwaltungsrecht zu widmen 19: "Theoreme, wie sie etwa durch die Begriffe Souveränität, pouvoir constituant und Legitimität bezeichnet werden, treten nur auf, solange die Verfassungsfrage gestellt ist, und sind nur unter dieser Voraussetzung erörterungsbedürftig."

Forsthoff arbeitete in den folgenden Jahren die leistenden Aufgaben der Verwaltung heraus. Diese Arbeiten fanden in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" von 1938 ihren vorläufigen Abschluss. An diesen verwaltungrechtlichen Schriften ist auffällig, dass sie sich im Vergleich zur Schrift von 1933 mit Akklamationen an den nationalsozialistischen Staat zurückhalten. Allerdings sind durchaus Parallelen zur Schrift "Der totale Staat" vorhanden. Die Totalverantwortung des Staates, die dort gefordert wurde, wird nun zu einer umfassenden Verantwortung des Staates für das "Dasein", die speziell die Verwaltung treffe 20. E. Forsthoff, Dertotale Staat, 2. Auf!. 1934, S. 35. E. Forsthoff, Der totale Staat, 2. Auf!. 1934, S. 35 ff. 15 Zu dieser Zweiteilung in der nationalsozialistischen Literatur klassisch E. Fraenkel, The Dual State, 1941. 16 Siehe hierzu M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 344. 17 K. Doehring, Ernst Forsthoff, Leben und Werk, S. 442, wertet dies als "innere Emigration", eine These, die durch die oben beschriebene Deutung der Zweigliederung erhärtet wird, aber letztlich offen bleiben muss. Zu den verwaltungsrechtlichen Implikationen dieser Zweiteilung s. u. 2. Teil B.ll. 1. c) bb). 18 E. Forsthoff, Das neue Gesicht der Verwaltung und die Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 331. 19 E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398. 20 W. Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 3. Auf!. 2002, S. 459 ff., verweist auf eine gewisse ideologische Kongruenz von "totalem" und "sozialem" Staat. 13

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A. Forsthoffs Staats verständnis

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Die Einordnung der Schrift "Der totale Staat" in die Rechtslehre Forsthoffs fällt nicht ganz leicht. Das liegt weniger an ihrer Eigenschaft als ,,Jugendwerk" als am betont ideologischen und politischen Charakter der Schrift. So hat Forsthoff selbst betont, dass das Werk den Staat nicht im Wege der historischen Erkenntnis beschreiben wolle, sondern dass es im Dienst der "politischen Aktion" stehe 21 • Den politisch-ideologischen Tonfall wie auch die antisemitischen Äußerungen, die die Schrift enthält22, hat Forsthoff später, auch in seinen bis 1945 erschienenen Werken, nicht wiederholt23 • So fällt die Identifizierung Forsthoffs mit der Ideologie des Nationalsozialismus vor allem in die von einer heute kaum mehr nachvollziehbaren "Aufbruchstimmung U24 gekennzeichneten ersten beiden Jahre der NSHerrschaft. Forsthoff hat sich später von seiner Schrift "Der totale Staat" distanziert. Der totale Staat sei eine auf Missbrauch beruhende Entartung des Staates25 . Totalitarismus sei überhaupt keine Sache des Staates, da er mit dem Wesen des Staates unvereinbar sei. Nur eine Partei, die sich zur Volksbewegung ausgeweitet habe, könne total sein, und ein totaler Staat könne nur entstehen, wenn sich diese totale Bewegung des Staates bemächtige und ihn instrumentalisiere. Auch die Gefahr eines künftigen Totalitarismus liege beim Volk, nicht beim Staat26 . Interessant an dieser Argumentation ist neben der Auseinandersetzung mit der eigenen literarischen Vergangenheit, dass Forsthoff den Staat weitgehend von Schuld freisprechen möchte. Der Staat erscheint bei ihm zwar höchstgradig instrumentalisierbar, doch kann dies nicht der Institution Staat angelastet werden, die für ihn der Garant von Recht und Ordnung ist. So ändert auch eine mögliche Manipulierung grundsätzlich nichts am Wesen des Staates. Diese Argumentation ist Ausdruck eines hegelianisch geprägten Staatsbildes, das den Staat als "Vernünftiges" begreift, auch wenn die trübe Realität möglicherweise eine andere Deutung anbietet. Forsthoffs Staatsbegriff ist damit auch Ausdruck einer Staatsmetaphysik, die im Kontrast zu den scharfsichtigen Realanalysen anderer Bereiche seiner Rechtslehre steht. In der neuen Bundesrepublik veröffentlichte Forsthoff zunächst verschiedene Texte, die sich vor allem mit dem Verhältnis von Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit auseinandersetzten. Hierbei betonte er vor allem den Dualismus bzw. die Inkongruenz von Rechtsstaat und Sozialstaat27 . 21

E. Forstlwff. Der totale Staat, 1. Aufl. 1933, S. 8.

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E. Forstlwff. Der totale Staat, 1. Aufl. 1933, S. 38 ff.; S. 48.

23 Hierzu H. Dreier, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S. 17. 24 Von der bekanntlich einige bedeutende Gelehrte erfasst worden waren. 25 E. Forstlwff. Der Staat der Industriegesellschaft, 1971, S. 53 f. 26 E. Forstlwff. Der Staat der Industriegesellschaft, S. 54. 27 Mittlerweile klassisch sind die kontroversen Vorträge zu diesem Thema von Ernst Forstlwff und Otto Bachof auf der Staatsrechtslehrertagung 1953: Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, VVDStRL 12 (1954), S. 8 ff. und S. 37 ff.

1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

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In seinem Spätwerk "Der Staat der Industriegesellschaft,,28 von 1971 setzte sich Forsthoff in einer letzten großen, fast bekenntnishaften Zusammenschau noch einmal mit den wesentlichen Fragen des Staates und der Staatlichkeit auseinander. Er zog hierbei gewissermaßen die Summe aus seinen Schriften aus der Zeit der Bundesrepublik.

11. Die Souveränität des Staates Im ersten Kapitel der Altersschrift "Der Staat der Industriegesellschaft" "erinnert" Forsthoff in historischer Rückschau an den Staat29 . So sei der Staat unter bestimmten historischen Bedingungen entstanden "als eine spezifisch neue Organisationsform volklich-politischer Einheit,,3o. Forsthoff verweist auf die Staatstheorie Bodins, dessen Lehre von der Souveränität er als Beginn der Wissenschaft vom Staat versteht 31 . Die Souveränität, von Bodin als höchste und fortdauernde Gewalt bezeichnet, ermöglichte es dem Staat, als neutrale Instanz die blutigen konfessionellen Bürgerkriege zu beenden und die Bedingungen für die Befriedung Europas zu schaffen32 . Diese Organisationsform sei trotz gewisser struktureller Veränderungen in ihrem Kern gleich geblieben33 . Danach ist der Staat E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, 1971. Das erste Kapitel dieser Schrift ist mit ,,Erinnerung an den Staat" überschrieben. Diese "Erinnerung" nimmt die These Carl Schmitts vorn Ende der Epoche der Staatlichkeit auf, über die nach Schmitt kein Wort mehr zu verlieren sei (c. Schmitt im Vorwort zur Neuausgabe von "Der Begriff des Politischen" aus dem Jahre 1963, 4. Neudruck 1996, S. 10). Forsthoff verliert jedoch in seiner Schrift im Gegensatz dazu viele Worte über die Staatlichkeit, die Schrift ist geradezu ein Aufruf zur Rekonstruktion der Staatlichkeit. Für Forsthoff ist die Epoche der Staatlichkeit durchaus nicht "zu Ende". 30 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 11. Das Verständnis vorn Staat als einern an eine bestimmte Epoche gebundenen Begriff geht vor allem zurück auf O. Brunner, Land und Herrschaft, 1941, und ist für die Staatsrechtswissenschaft erstmals nachdrücklich von Carl Schmitt hervorgehoben worden, vgl. C. Schmitt, Staat als ein konkreter, an eine geschichtliche Epoche gebundener Begriff, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954,2. Auf!. 1985, S. 373 ff. Vgl. hierzu auch E.-W Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1992, S. 92 ff. 31 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 11 f. 32 E. Forsthoff, Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Auf!. 1976, S. 36. Dass Forsthoff von dem Gedanken der Entstehung der Staatlichkeit als Ergebnis der konfessionellen Bürgerkriege fasziniert war, ist auch in seinem Werk: Verfassungsgeschichte der Neuzeit, 4. Auf!. 1972, S. 36 ff., zu erkennen. 33 Wie P. Häberle, Retrospektive Staats(rechts)lehre oder realistische "Gesellschaftslehre"?, ZHR 136 (1972), S. 426, kritisch hervorhebt, ist Forsthoffs Begriff der Souveränität auf ein Organ fixiert und steht damit in der Nachfolge frühabsolutistischer Staatstheorien, die er der modemen Staatswirklichkeit unvermittelt gegenüberstellt. Entsprechend negativ muss seine Beurteilung des Staates der Bundesrepublik ausfallen. Kritisch zur Organtheorie auch R. Herzog, Allgemeine Staatslehre, 1971, S. 238 ff. 28

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A. Forsthoffs Staats verständnis

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eine souveräne, den inneren Frieden durchsetzende und garantierende Herrschaftsorganisation34. Ein gleichbleibendes Kriterium der Staatlichkeit ist somit die Souveränität.

m. Staat und Gesellschaft Gegenbegriff zum souveränen Staat ist die Gesellschaft, die als Pluralismus heterogener Interessen ohne eigene Ordnung vorgestellt wird35 . Während die Gesellschaft aus antagonistischen Kräften besteht und nicht in der Lage erscheint, sich selbst zu regulieren, repräsentiert der Staat das "Konkret-Allgemeine,,36. Der Staat als politische Einheit37 neutralisiert gesellschaftliche Spannungen, Gegensätze und Interessen zur Einheit. Er ist als souveräne Institution dazu berufen, mit seinen Organen, wozu in erster Linie die Verwaltung zu zählen ist, gestaltend und fördernd für das gesellschaftliche Gemeinwohl zu sorgen38 . Dieses Verständnis setzt eine Unterscheidung von Staat und Gesellschaft voraus, wobei der Staat als übergeordnet gegenüber der Gesellschaft erscheint39 . Diese Überordnung gewährleistet nach Forsthoff erst die menschliche Freiheit, die von nichtstaatlichen Gruppen permanent gefährdet werde 4o . Demgegenüber stehe der Staat außerhalb der gesellschaftlichen Interessengegensätze und sei an kein partikulares Interesse gebunden41 . Er ist nach Forsthoff objektive Instanz im Sinne Hegels und dazu berufen, die Interessen von jedermann zu vertreten. Der Staat muss dabei die gesellschaftlich bedingte Ungleichheit und die von ihm garantierte Freiheit in ein Gleichgewicht bringen42 . Auch für die rechtsstaatliche Verfassung ist die Trennung 34 Vgl. E. Forsthoff, Verfassungsprobleme des Sozial staats, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 50; ders., Der Staat der Industriegesellschaft, S. 11 f. 35 Hierzu eingehend U. Storost, Die Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs als Ausdruck eines politischen Verfassungsmodells, S. 164 f. 36 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 109. Zu der Beeinflussung des Forsthoffschen Staatsverständnisses durch Hegel, die hier zum Vorschein kommt, vgl. U. Storost, Staat und Verfassung bei Ernst Forsthoff, 1978, S. 25 ff., S. 157 ff., S. 267 ff., S. 335 ff., S. 465 ff.. Gegen diese von Hegel ,,im Kontext des Obrigkeitsstaates geprägte Vorstellung" jüngst W Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 3. Aufl. 2002, S. 19. 37 U. Storost, Staat und Verfassung bei Ernst Forsthoff, S. 25. Die Auffassung des Staates als "politischer Einheit" ist Schrnitts Staatsrechtslehre entlehnt. Zu diesem Begriff als Kernaussage des Schrnittschen Staatsdenkens E. -W Bäckenfärde, Der Begriff des Politischen als Schlüssel zum staatsrechtlichen Werk earl Schmitts, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1992, S. 344 ff. 38 Vgl. E. Forsthoff, Verfassungsprobleme des Sozialstaats, S. 60 f.; ders., Wer garantiert das Gemeinwohl?, S. 42. 39 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 21 ff.; ders., Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, S. 35. 40 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 23. 41 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 26, S. 121. 42 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 23.

1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

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von Staat und Gesellschaft nach Forsthoff unverzichtbar43 . Der ganz überwiegenden Meinung in der Staatsrechtslehre der Nachkriegszeit, die die staatliche und gesellschaftliche Sphäre miteinander untrennbar verflochten sieht44 , wirft Forsthoff vor, den Sinn des Dualismus von Staat und Gesellschaft nicht begriffen zu haben4s . Er hält diesen Autoren vor,leichtfertig mit der Freiheit umzugehen. Diese könne ihren Platz niemals in der Gesellschaft, sondern nur im Staat haben46 . Forsthoff sieht das Verhältnis von Staat und Gesellschaft jedoch einem Wandel unterworfen. Während im bürgerlichen Rechtsstaat des 19. und frühen 20. Jahrhunderts noch eine weitgehende Trennung von Staat und Gesellschaft bestanden hätte, sei diese Trennung mit der Entwicklung hin zum Sozialstaat verwischt worden. Indem der Staat nun immer stärker in gesellschaftliche Abläufe eingreifen musste, habe dies notwendig zu einer Verschränkung von Staat und Gesellschaft geführt. So stellte Forsthoff 1960 fest, dass der Staat der Bundesrepublik zu einer ,,Funktion" der Gesellschaft geworden sei 47 . Im Spätwerk sieht Forsthoff dann Staat und Industriegesellschaft zu einer funktionellen Einheit verbunden48 • Er muss hier die Inkongruenz seines Staatsverständnisses mit der Staatswirklichkeit der Bundesrepublik feststellen. Diese Entwicklung betrachtet er mit großer Skepsis und einer gewissen Resignation.

IV. Rechtsstaat und Sozialstaat Da für Forsthoff der Staat historisch und systematisch das Primäre ist, ist die Frage nach der spezifischen Form des Staates, also seiner Verfassung, sekundär49 • E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 21. Stellvertretend für die Ansicht, dass die Trennung von Staat und Gesellschaft überholt sei, sei hier nur erwähnt: K. Hesse, Bemerkungen zur heutigen Problematik und Tragweite der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, DÖV 1975, S. 437 f., S. 442; ders., Grundzüge des Verfassungsrechts, S. 8 ff.; H. Ehmke, Staat und Gesellschaft als verfassungstheoretisches Problem, in: Staatsverfassung und Kirchenordnung, Festschrift für R. Smend, 1962, S. 25 f. Vgl. demgegenüber die eingehende Darstellung von E.-W Böckenförde, Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Sozialstaat der Gegenwart, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1992, S. 209 ff. Als Anhänger einer Trennung von Staat und Gesellschaft seien ferner genannt: H. H. Klein, Die Grundrechte im demokratischen Staat, 1972; H. H. Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: J. Isensee/Po Kirchhof (Hrsg.), HStR 1,1. Aufl. 1987, § 28 Rn. 9 S. 29 ff. 45 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 21. 46 Diese Position, die ihre Herkunft aus der Klassenkarnpfsituation der zwanziger Jahre schwerlich verleugnen kann, muss Kooperationen zwischen Staat und Gesellschaft skeptisch betrachten, vgl. dazu U. 2. Teil D. I. 4. 47 E. Forsthoff, Die Bundesrepublik Deutschland, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 4. 48 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, 1971, S. 164 ff. 49 H. Quaritsch, Positionen und Begriffe earl Schmitts, 3. Aufl. 1995, S. 36, bezeichnet dies als eines der Grundzüge eines etatistischen Verständnisses. 43

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A. Forsthoffs Staatsverständnis

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Die Frage nach der Verfassung stellt sich demnach erst, wenn ein Staat vorhanden ist. Dementsprechend kann der Staat grundSätzlich in unterschiedlichsten Formen existieren. Der soziale Rechtsstaat der Bundesrepublik ist daher auch nur eine mögliche Staatsform, an deren Stelle potenziell andere Staatsformen treten können. Rechtsstaat und SozialstaatSO sind damit für Forsthoff Ausprägungen bereits bestehender Staatlichkeit. Beide besitzen gleichermaßen in der Bundesrepublik Geltung, haben aber gegensätzliche Zielrichtungen: Wahrend die Rechtsstaatlichkeit dem Staat Grenzen setzt und auf die Freiheit der Bürger hinzielt, verteilt der Staat als Sozialstaat Güter und ist auf Teilhabe der Bürger hin ausgelegt. Beide Ausprägungen von Staatlichkeit stehen damit nach Forsthoffs Ansicht in einem dichotomischen VerhältnisSI, das auch das Verwaltungsrecht kennzeichnet, wie nachher zu zeigen ist. Ein Staat, der gleichzeitig Rechtsstaat und Sozialstaat sein will, muss beide Staatsprinzipien in ein angemessenes Verhältnis zueinander bringen. Wahrend der Rechtsstaat sich nach Forsthoff vornehmlich in der Verfassung widerspiegelt, ist der Sozialstaat vor allem in der Verwaltung beheimatet (s. dazu 1. Teil B. III).

v. Die Autorität des Staates Ein weiteres Merkmal der Staatlichkeit ist für Forsthoff die Autorität. Forsthoff bezeichnet die Autorität als das "Kernstück der Staatlichkeit überhaupt',s2. Ähnlich wie den Begriff der Souveränität definiert Forsthoff den Begriff der Autorität nichtS3 . Die Autorität gibt dem souveränen Staat nach Forsthoff erst geistig-sittlichen Rang und seine Legitimität54• Dieser Staat als "geistig-politische Potenz mit an50 Forsthoff merkte in einem Diskussionsbeitrag auf der Staatsrechtslehrertagung 1955, VVDStRL 14 (1956), S. 84, an, er neige mehr dazu, vom "Verteilungsstaat" zu sprechen, da dies präziser sei als das vage Wort sozial. Forsthoff hat sich jedoch zumeist des Wortes "Sozialstaat" bedient. 51 Vgl. hierzu vor allem Forsthoffs berühmtes Referat auf der Staatsrechtslehrertagung 1953: Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, VVDStRL 12 (1954), S. 8 ff. Zu dem Staatsrechtslehrerreferat D. Suhr, Der Staat 9 (1970), S. 67 ff. Dass dieses Thema für die verfassungsrechtliche Einordnung der Bundesrepublik zentral war, zeigten bereits die Referate von H. P. lpsen und H. Ridder auf der Staatsrechtslehrertagung 1951, Enteignung und Sozialisierung, VVDStRL 10 (1952), S. 74 ff. bzw. S. 124 ff. Zum Verhältnis von Rechts- und Sozialstaat vgl. auch K. Doehring, Sozialstaat, Rechtsstaat und freiheitlich demokratische Grundordnung, in: Die politische Meinung 1978, Sonderheft, S. 7 ff. 52 E. Forsthoff, Das politische Problem der Autorität, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Auf!. 1976, S. 14. Kritisch hierzu P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S. 687. 53 Dies wäre nach Forsthoff in erster Linie Aufgabe des Theologen, vgl. E. Forsthoff, Das politische Problem der Autorität, S. 14. 54 Vgl. hierzu eingehend U. Storost, Staat und Verfassung bei Ernst Forsthoff, S. 36 ff. Zum Begriff der Autorität auch H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Auf!. 1966, S. 840 ff.

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1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

erkannter Autorität,,55 steht im Gegensatz zum in der Gesellschaft vorherrschenden interessengeleiteten Zweckverband56, womit sich auch hier die Überordnung des Staates gegenüber der Gesellschaft zeigt. Autorität ist danach keine rein machtmäßige Größe, sondern mit geistigem Anspruch verbunden 57 . Der Staat müsse neben der Souveränität, die seine Durchsetzungsfähigkeit sichert, auch deshalb über Autorität verfügen, damit er für seine Anordnungen Befolgung finde. Da der freiheitliche Staat auf Zwangsmittel im Normalfalle verzichte, sei er sogar in besonderem Maße darauf angewiesen, seinen Anspruch auf Gehorsam zu legitimieren. Dieser Anspruch sei deshalb auch ein sittlicher Anspruch, der allerdings nur berechtigt sei, wenn der Staat sich auch nach außen geistig-sittlich darstelle 58 . Forsthoff stellt jedoch in Bezug auf den Staat der Bundesrepublik mit Besorgnis eine "staatsideologische Unterbilanz" fest 59 . Der Bundesrepublik sei - auch bedingt durch den Verfall der Staatlichkeit in der NS-Zeit - das Selbstbewusstsein abhanden gekommen60. Des Weiteren habe der Aufbau der Staatlichkeit in der Bundesrepublik unter dem Primat der Wirtschaft und des Sozialen gestanden, so dass auch aus diesem Grund eine weitgehende Entideologisierung eingesetzt habe. Diese Entideologisierung habe die geistige Substanz des Staates ausgehöhlt, so dass der Staat der Bundesrepublik insgesamt durch einen notorischen Mangel an Autorität gekennzeichnet sei. Die Kooperation des Staates mit der Wirtschaft sei ein weiteres Symptom dieses Verfalls und führe zu einem "Konstitutionalismus" von Staat und Verbänden und zur Aushöhlung der inneren Souveränität61 . Der Staat laufe so Gefahr, nicht mehr objektive Instanz sein zu können62 . Da die Verwaltung als primäre Staatstätigkeit nach Forsthoffs Verständnis an der staatlichen Autorität teilhat und auf sie angewiesen ist, ist dieser Autoritätsverfall auch für sie zu beklagen. Forsthoff setzt diesen Staatsbegriff voraus, der Staat ist bei ihm letztlich eine nicht weiter ableitbare oder begründungsbedürftige Instanz63 • 55 E. Forstlwff, Von der Staatsrechtswissenschaft zur Rechtsstaatswissenschaft, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 191. 56 E. Forstlwff, Wer garantiert das Gemeinwohl?, S. 42. 57 E. Forstlwff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 51. 58 E. Forstlwff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 51 ff. Forsthoff spricht in einem Aufsatz aus den ersten Jahren der Bundesrepublik von der für den Staat unabdingbaren "Tugend", vgl. E. Forsthoff, Der modeme Staat und die Tugend, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 1. Aufl. 1964, S. 13 ff. 59 E. Forsthoff, Der introvertierte Rechtsstaat und seine Verortung, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 184. Der Begriff "Staatsideologie" ist bei Forsthoffkein negativ besetzter Begriff. Forsthoff bezeichnet die Staatsideologie als die geistige Substanz des Staates, auf die kein Staat verzichten könne. Der Begriff Staatsideologie ist allerdings mit P. Häberle, Zum Staatsdenken Ernst Forsthoffs, ZSR 95 (1976), S. 482, besser mit "Staatsidee" zu bezeichnen. 60 E. Forstlwff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 55. 61 E. Forstlwff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 123 f. 62 Deutlich hierzu E. Forsthoff, Haben wir zuviel oder zuwenig Staat?, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 1. Aufl. 1964, S. 73 f.

B. Forsthoffs Verfassungsverständnis

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B. Forsthoffs Verfassungsverständnis Hatte Forsthoff noch 1935 die Verfassungsfrage für "erledigt" erklärt, beschäftigte er sich nach Entstehung des Grundgesetzes zunächst zögernd, später in zahlreichen Schriften mit der Verfassung und der Verfassungswirklichkeit64 der Bundesrepub1ik65 .

I. Das Grundgesetz als rechtsstaatliche Verfassung Sinn und Aufgabe einer Verfassung ist es für Forsthoff, die Sicherheit der staatlichen Form und Existenz sowie die Rechtssicherheit der Bürger zu gewährleisten66 . Der Staat liegt demnach der Verfassung voraus, er ist nicht identisch mit der Verfassung 67 und geht nicht in ihr aufs. Dies ergibt sich aus Forsthoffs Begriff des Staates als souveräner politischer Einheit, die etwas Gegebenes ist, zu dem die Verfassung form gebend hinzutritt69 • Die Verfassung ist so lediglich äußeres Attribut der Staatlichkeit7o . 63 K. Doehring, Ernst Forsthoff, S. 342, weist zutreffend darauf hin, dass für Forsthoff der Staat ein deduktiv zu erfassendes Gebilde ist. 64 Siehe den gleichnamigen Aufsatz ForsthojJs "Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik", in: ders., Rechtsstaat im Wandel, S. 25 ff. 65 Neben den hier behandelten allgemeineren verfassungsrechtlichen Fragen hat sich ForsthojJ auch spezielleren Gebieten des Verfassungsrechts gewidmet. Vgl. zur Pressefreiheit: Neue Aspekte der Pressefreiheit, Der Staat 5 (1966), S. 1 ff.; Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, 1969; Tagespresse und Grundgesetz, DÖV 1963, S. 189 f. Zu den politischen Parteien: Urteilsanmerkungen, AöR 76 (1950/1951), S. 369 ff.; Zur verfassungsrechtlichen Stellung und inneren Ordnung der Parteien, Deutsche Rechtszeitschrift 5 (1950), S. 313 ff. Zum Eigentum: Zur Lage des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes, in: Festgabe für T.~aunz, 1971,S. 89ff. 66 Zu Forsthoffs Begriff der Verfassung vgl. auch E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 12 f. 67 Zum Verhältnis von Staat und Verfassung vgl. erst kürzlich die überzeugende Darstellung bei C. Möllers, Staat als Argument, 2000, S. 171 ff. 68 Die These, dass jede Verfassung einen Staat voraussetze, verweist auf die starke Beeinflussung von Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis durch seinen Lehrer Carl Schmitt. Vgl. C. Schmitt, Verfassungslehre, 8. Aufl. 1993, S. 21 f. Diese These findet sich in der heutigen Zeit vor allem bei E.-W Böckenförde, Begriff und Probleme des Verfassungsstaates, in: ders., Staat, Nation, Europa, 1992, S. 133 ff., sowie bei J. Isensee, Staat (1 - VII), in: Staatslexikon, Bd. V, 7. Aufl. 1989, Sp. 150: ,,Der Staat ist vor der Verfassung". 69 Zu diesem Verfassungsverständnis vgl. E.-W Böckenförde, Der Begriff des Politischen als Schlüssel zum staatsrechtlichen Werk Carl Schmitts, S. 352. 70 So zutreffend und kritisch P. Häberle, Retrospektive Staats(rechts)lehre oder realistische Gesellschaftslehre?, ZHR 136 (1972), S. 435. Kritisch zu diesem Vorrang des Staates vor der Verfassung auch M. Morlok, Was heißt und zu welchem Ende studiert man Verfassungstheorie?, 1988, S. 28.

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1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

Forsthoff unterscheidet wie earl Schmitt, dessen "Verfassungslehre" er in ihren wesentlichen Punkten fOlgt 71 , die "Verfassung im positiven Sinne" und das "Verfassungsgesetz,,72. Während die "Verfassung im positiven Sinne" die souveräne Entscheidung des Staates über seine politische Ordnung, also Verfassung im materiellen Sinne meint, gilt das "Verfassungsgesetz" als die Gesetzesform der Verfassung erst au/grund dieser politischen Entscheidung und ist damit von der "Verfassung im positiven Sinne" abgeleitet. Das Grundgesetz versteht er in diesem Sinne als Verfassungsgesetz, das der Bundesrepublik seine gesetzmäßige Form gibt73 • Forsthoff unterscheidet weiter, auch hierin Schmitt folgend, zwischen dem "politischen" und dem "rechtsstaatlichen" Bestandteil der Verfassung 74 . Während der politische Bestandteil die staatliche Existenz, Form und Organisation des Staates sichere, trete der rechtsstaatliche Teil als der unpolitische Teil dem politischen Bestandteil in Form von Gewaltenteilung, Grundrechten und Gesetzesvorbehalt hemmend gegenüber. Im rechtsstaatlichen Teil als dem freiheitsgewährenden Teil verwirklichen sich nach Forsthoff die Freiheitswünsche des liberalen 19. Jahrhunderts. Der Staat lasse sich jedoch nicht ausschließlich aus der Perspektive des Rechtsstaats betrachten, da der Rechtsstaat für sich selbst keine Staatsform sei, sondern nur "die politische Idee einer konstitutionellen Beschränkung der politischen Form,,75. Diese These, die ebenfalls auf Schmitts "Verfassungslehre" beruht, sieht den politischen Bestandteil der Verfassung damit als vorrangig gegenüber dem rechtsstaatlichen Bestandteil an. Forsthoff sieht den rechtsstaatlichen Bestandteil im Staat der Bundesrepublik jedoch in derartiger Weise verwirklicht, dass er gegenüber dem politischen Teil prädominant geworden sei. Er wirft dem Grundgesetz vor, eine Verfassung weitgehend mit rechtsstaatlichen Elementen, jedoch fast ohne politische Elemente zu sein76 . Da jedoch die Rechtsstaatlichkeit nur der "Mantel" sein könne, der die Staatlichkeit einkleide, der Staatlichkeit im Übrigen 71 Systematik und Logik der rechtsstaatlichen Verfassung sind nach Forsthoff in Schmitts Verfassungslehre ,,klassisch und unüberho1bar" dargestellt, vgl. E. Forsthoff, Zur heutigen Situation einer Verfassungslehre, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Auf!. 1976, S. 202. Zu dieser Einschätzung kritisch W. v. Simson, Der Staat der Industriegesellschaft, Der Staat 11 (1972), S. 52. Zum Werk Carl Schmitts vgl. nur das Standardwerk von H. Hofmann, Legitimität gegen Legalität, 4. Auf!. 2002. 72 C. Schmitt, Verfassungslehre, 8. Auf!. 1993, S. 20 ff. Forsthoff setzt diese Unterscheidung regelmäßig voraus, vgl. E. Forsthoff, Die Umbildung des Verfassungsgesetzes, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Autl. 1976, S. 130.; deutlich auch ders. , Zur heutigen Situation einer Verfassungslehre, S. 204. 73 Nach Forsthoff ist das Grundgesetz allerdings nicht das Ergebnis einer Entscheidung, sondern einer ,,Lage", siehe dazu sogleich. 74 E. Forsthoff, Zur heutigen Situation einer Verfassungs1ehre, S. 202 ff.; ders., Der introvertierte Rechtsstaat und seine Verortung, S. 176.; vgl. hierzu C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 123 ff. bzw. S. 221 ff. 75 Hierzu deutlich E. - W. Böckenförde, Der Begriff des Politischen als Schlüssel zum staatsrechtlichen Werk Carl Schmitts, S. 354. 76 E. Forsthoff, Der introvertierte Rechtsstaat und seine Verortung, S. 183.

B. Forsthoffs Verfassungsverständnis

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ausschließlich negativ gegenüberstehe, sei die bundesrepublikanische Verfassung im Grunde eine Verfassung ohne Staat77 . Indem aber die Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik zumeist mit der Staatlichkeit selbst gleichgesetzt werde, werde diese Form von Staatlichkeit eigenständig. Das Ergebnis sei, in einer originellen, polemischen Formulierung Forsthoffs, der "introvertierte Rechtsstaat,,7s. Forsthoff begründet diese Entwicklung des Staatsverständnisses in der Bundesrepublik damit, dass das Grundgesetz seine Entstehung nicht einer Entscheidung, sondern einer ,,Lage" verdanke. Die Bundesrepublik sei als provisorischer Staat unter Aufsicht der Besatzungsmächte entstanden, bei der Verfassungsgesetzgebung sei deshalb, auch in Reaktion auf die zurückliegende jüngere Geschichte, auf die politischen Bestandteile verzichtet worden79. Für Forsthoff steht damit das Grundgesetz als vorrangig rechtsstaatliehe Verfassung ganz unter dem Primat der Freiheit, das Grundgesetz hat vor allem freiheitsgewährleistende Funktion8o . Forsthoff nennt die rechtsstaatliehe Verfassung deshalb auch polemisch "ein System rechtstechnischer Kunstgriffe zur Gewährleistung gesetzlicher Freiheit"sl. Die Grundrechtsdogmatik wiederum sieht er durch das "Verteilungsprinzip" gekennzeichnetS2 • Entsprechend der systematischen Trennung von Staat und Gesellschaft erscheinen die Grundrechte so als Abgrenzung von individueller Freiheit und staatlichem, hoheitlichem Handeln. Die Grundrechte sind damit lediglich "technische" Mittel der Ausgrenzung gegenüber dem StaatS3 . Das Grundgesetz als Verfassungsgesetz S4 enthält nach diesem Verständnis strenges Gesetzesrecht, dem das Moment der Dauer, Abgeschlossenheit und Endgültigkeit 77 Diese These von der Erosion der Staatlichkeit in der Staatsrechts wissenschaft in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik trägt Forsthoff mit einer gewissen Polemik vor, sie ist aber auch bei Staatsrechtlern wie Isensee und Böckenförde zu finden. Vgl. J. lsensee, Staat und Verfassung, in: ders./P. Kirchhof, HStR I, 1. Aufl. 1987, § 13 Rn. 20 Fn. 15; E.-W. Böckenörde, Der Staat als sittlicher Staat, 1978, S. 10 Fn. 2. 78 E. Forsthoff, Der introvertierte Rechtsstaat und seine Verortung, S. 183. 79 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 61, S. 71. 80 Diesen Punkt hebt trotz grundsätzlicher Kritik an Forsthoffs Verfassungs verständnis P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S. 687, positiv hervor. 81 E. Forsthoff, Die Umbildung des Verfassungsgesetzes, S. 152; hierzu kritisch K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Auf}. 1995, S. 86. 82 E. Forsthoff, Zur heutigen Situation einer Verfassungslehre, S. 203 ff., übernimmt diesen Begriff aus C. Schmitts Verfassungslehre, vgl. S. 163 ff. 83 Zur Technizität der rechtsstaatlichen Verfassung E. Forsthoff, Zur Problematik der Verfassungsauslegung, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Auf}. 1976, S. 160. Besonders deutlich wird Forsthoffs Grundrechtsverständnis auch in seiner Schrift: Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, 1969. 84 Dass die Berufung auf Schmitt in diesem Punkt problematisch ist, weist E.-W. Böckenförde, Die Methoden der Verfassungsinterpretation - Bestandsaufnahme und Kritik, in: ders., Staat, Verfassung, Demokratie, 1992, S. 60, zutreffend nach. Schmitt, Verfassungslehre, S. 11 ff., bzw. S. 20 ff., wendet sich gerade gegen die Gleichsetzung von "Verfassung" und

"Gesetz".

1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungs verständnis

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eigen ist85 . Damit seine Rationalität und Stabilität gewahrt bleibe, müssten seine formalen Qualitäten, seine "technische Strenge" ernst genommen werden. Die Herrschaft des Gesetzes mit seiner "Verläßlichkeit" und "Berechenbarkeit" sei das beherrschende Prinzip der Verfassung86 . Die Verfassung wird so als rechtsstaatliche Verfassung im traditionellen Sinne beschrieben, die die wichtigen Strukturelemente des Rechtsstaats wie Gewaltenteilung, abstrakt-generelles Gesetz, Vorrang des Verfassungsgesetzes, das Prinzip der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, die Gewährleistung der Grundrechte und die Unabhängigkeit der Gerichte sichern soll. Für Forsthoff liegen diese Funktionse1emente im Wesen des Rechtsstaats, denn infolge der Formalisierung und Technisierung der rechts staatlichen Strukturelemente trügen diese die Bedingungen ihrer Wirkweise in sich selbst87 . Man könne daher das Verfassungsrecht "von dem soziologischen Grunde", dem "Wechsel der Ambiance", "in hohem Maße isolieren,,88. Die Institutionen des Rechtsstaats existieren damit weitgehend unabhängig von der sozialen Wirklichkeit, in der sie entstanden sind. Die so beschriebene rechts staatliche Verfassung entspricht der Konzeption des bürgerlichen Rechtsstaats des 19. Jahrhunderts 89 . Forsthoff bezieht sich dabei ausdrücklich auf Max Webers Darstellung der Formalisierung des modemen Rechts90• Diese Retrospektivität91 ist von Forsthoff beabsichtigt. Für Forsthoff ist die rechtsstaatliche Verfassung mit ihren festgefügten Grundelementen im Grunde anachronistisch92 • Daher ist für ihn die Bundesrepublik genötigt, unter einer Verfassung zu leben, "die durch die Entwicklung der gesamten menschlichen Zustände überholt und der Wirklichkeit nicht mehr kongruent ist,,93. Dennoch leiste diese Verfassung gute Dienste, da sich die Elemente der rechtsstaatlichen Verfassung nach Forsthoff gerade durch ihren hohen Grad an Formalisierung und Technisierung über die Zeiten und gesellschaftlichen Veränderungen erheben 94 . E. Forsthoff, Die Umbildung des Verfassungsgesetzes, S. 130 f. E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 73. 87 E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 72. 88 E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 73. 89 So zutreffend A. Hollerbach, Auflösung der rechtsstaatlichen Verfassung ?, AöR 85 (1960), S. 245. 90 E. Forsthoff, Die Umbildung des Verfassungsgesetzes, S. 145; zum Einfluss Max Webers auf Forsthoff in diesem Punkt A. Hollerbach, Auflösung der rechtsstaatlichen Verfassung?, AöR 85 (1965), S. 268 ff. 91 P. Häberle, Retrospektive Staats(rechts)lehre oder realistische .. Gesellschaftslehre"?, ZHR 136 (1972), S. 426. 92 E. Forsthoff, Von der Staatsrechtswissenschaft zur Rechtsstaatswissenschaft, S. 189, in polemischer Prägnanz: ,,Das Grundgesetz enthält nichts, das verdiente als Errungenschaft bezeichnet zu werden". Vgl. auch ders., Zur heutigen Situation einer Verfassungslehre, S. 203; ders., Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, S. 25. Die Argumentation erinnert auch hier an Schrnitts Interpretation der Weimarer Verfassung als im Grunde gesellschaftlich überholter Verfassung, vgl. C. Schmitt, Verfassungslehre, Vorwort, S. XIII. 93 E. Forsthoff, Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, S. 25. 85

86

B. Forsthoffs Verfassungsverständnis

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11. Die Verfassungsauslegung Diesem Verfassungverständnis müsse auch die Auslegung der Verfassung als Verfassungsgesetz folgen. Forsthoff hat seine Ansichten zur Verfassungsauslegung vor allem in den Schriften "Die Umbildung des Verfassungsgesetzes", ,,zur Problematik der Verfassungsauslegung" und "Der introvertierte Rechtsstaat und seine Verortung" dargelegt. Forsthoff vertritt auch in der Verfassungsauslegung nach eigener Aussage einen "vorsichtigen Konservativismus,,95. Danach müsse sich die Verfassungsinterpretation auf den traditionellen Bestand hermeneutischer Auslegungsregeln stützen, auf "die Ermittlung der richtigen Subsumtion im Sinne des syllogistischen Schlusses,,96. Dies bedeutet eine Anwendung der tradierten, auf Savigny zurückgehenden Auslegungsrege1n97 • Der Verfassungsauslegung sind damit die grammatische, die logische, die historische und die systematische Methode zugrunde zu legen. Diese Regeln erscheinen Forsthoff allein geeignet, der formalen Struktur der Verfassung gerecht zu werden. Gleichzeitig sollen sie die methodische Konfusion verhindern, die nach dem Ende des Positivismus sich ausgebreitet habe98 . Forsthoff wendet sich dabei allerdings nachdrücklich gegen den Vorwurf, selbst wieder einer positivistischen Methode zu folgen 99 • Gerade Savignys Auslegungsmethodik sei nicht positivistisch, da der konsequente Positivist sowohl die E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 73. E. Forsthoff, Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 162. Forsthoffs Verfassungsauslegung hat auch Einfluss auf das Staatskirchenrecht gehabt: vgl. H. Quaritsch, Zurück zur juristischen Methode im Staatskirchenrecht, NJW 1967, S. 764 ff. 96 E. Forsthoff, Die Umbildung des Verfassungsgesetzes, S. 135. 97 Zur Verfassungsauslegung Forsthoffs kritisch E.-W. Böckenförde, Die Methoden der Verfassungsinterpretation - Bestandsaufnahme und Kritik, S. 56 ff., der die gegenüber dem traditionellen Gesetzesbegriff qualitativ anderen Eigenschaften des Verfassungsgesetzes hervorhebt. Böckenförde weist zutreffend darauf hin, dass notwendig weitere Auslegungmittel zu einer sinnvollen Verfassungsauslegung herangezogen werden müssen, was Forsthoffs Methode eher verschleiere. 98 E. Forsthoff, Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 173. Eine ähnliche Position zur Methodik der Rechtsauslegung hatte Forsthoff bereits 1941 in seinem Aufsatz "Grenzen des Rechts" hinsichtlich der Gesetzesauslegung in Justiz und Verwaltung vertreten, hierbei in deutlicher Abkehr von der Rechtspraxis des Nationalsozialismus. 99 Interessant sind Forsthoffs Ausführungen in dem genannten Aufsatz: Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 171 ff., sowie in seiner Gedächtnisrede auf Gerhard Anschütz, Der Staat 6 (1967), S. 147 ff., in denen er die allgemeine Kritik, die gegen den Rechtspositivismus nach 1945 insbesondere von Radbruch erhoben wurde, zurückweist. Dies erscheint insofern zutreffend, als es nach heutigem Forschungsstand (siehe hierzu vor allem die Arbeiten von B. Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung und O. Lepsius, Die gegensatzaufhebende Begriffsbildung) auch die pseudonaturrechtliche Rechtsinterpretation gewesen ist, die maßgeblich am Rechtsverfall im Nationalsozialismus mitgewirkt hat. Nach Forsthoff habe die deutsche Rechtswissenschaft und die Rechtspraxis im Zeitalter des Positivismus ein Niveau erreicht, das sie auf einen Höhepunkt geführt habe. In dieser Hochphase, zwischen 1870 und 1914, habe die Rechtswissenschaft einen möglichen Konflikt zwischen staatlichem Gesetz und Recht nicht in Erwägung gezogen. Forsthoff führt dies - wohl plausibel - auf die relativ homogene Struktur der Staatsorgane zurück. 94

9S

1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

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historische wie auch die systematische Auslegung ablehnen müsse 100. Forsthoffs Verfassungsauslegung richtet sich jedoch vehement gegen ein werthaftes Verfassungsverständnis sowie gegen "Einbrüche der sozialstaatlichen Interpretation" in die Gesetzesinterpretation 101. Dies führe letztlich zu einer Auflösung der rechtsstaatlichen Verfassung. Die Stoßrichtung dieser Interpretation zielt ersichtlich gegen die geisteswissenschaftlich-werthierarchische Verfassungsinterpretation Rudolf Smends, die auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit geprägt hat lO2 • Das Wertdenken bedeutet für Forsthoff den Verzicht auf Begrifflichkeit im Sinne der juristischen Logik lO3 • Neben dem Verlust an systematischer Begrifflichkeit bekomme die Verfassung durch ein werthaftes Verständnis einen neuen Inhalt. Die Grundrechte würden so von negativen Freiheitsverbürgungen zu Elementen einer Sozialordnung. Die Absicherung bestimmter Grundrechte durch ihre Einstufung als Institutionen verstärke diese Entwicklung lO4 • Die von Schmitt entwickelte Lehre von den institutionellen Garantien, von diesem auf bestimmte Rechtsgüter beschränkt, führe in ihrer Erstreckung auf weitere Grundrechte zu einer Privilegierung bestimmter Grundrechte gegenüber anderen. Kirchen, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Rundfunk, Presse würden so zu derart privilegierten Einrichtungen. Dies hätte eine Entformalisierung der Verfassung und eine "Auflösung des Verfassungsgesetzes" zur Folge lO5 .

E. Forstlwff, Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 173. Sehr polemisch bezüglich des Wertdenkens E. Forsthoff, Modeme Wertverwirklichung, DÖV 1965, S. 619 f. 102 R. Smend, Verfassung und Verfassungswirklichkeit, in: ders., Staatsrechtliche Abhandlungen, 3. Auf!. 1994, S. 189. Kritisch gegenüber diesem Verfassungsverständnis auch E.-W Böckenförde, Die Methoden der Verfassungsinterpretation - Bestandsaufnahme und Kritik, S. 70 ff. Zum Wertdenken grundlegend ders., Zur Kritik der WertbegTÜndung des Rechts, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1992, S. 43 ff. C. Schmitt veröffentlichte in der Ebracher Festschrift für Forsthoff 1967 seine auf Forsthoff Bezug nehmende Abhandlung ,,Die Tyrannei der Werte", in der er sich kritisch mit den Grundlagen der materialen Wertethik Schelers und Hartmanns befasste. Forsthoffs Analyse wurde allerdings auch von Kritikern insofern zugestimmt, als sie die rechtsfortbildende Wirkung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hervorhob, vgl. U. Scheuner, Die neueren Entwicklungen des Rechtsstaats in Deutschland, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860 - 1960, Bd. II (1960), S. 260. 103 E. Forstlwff, Von der Staatsrechtswissenschaft zur Rechtsstaatswissenschaft, S. 190, stellt sogar polemisch die These auf, die Staatsrechtswissenschaft sei mit der Wendung zum Wertdenken aus einer zweitausendjährigen Tradition herausgetreten, was einen Verlust des wissenschaftlichen Niveaus zur Folge habe. Die Fragwürdigkeit dieser Aussage liegt auf der Hand. 104 E. Forstlwff, Von der Staatsrechtswissenschaft zur Rechtsstaatswissenschaft, S. 191. 105 E. Forstlwff, Die Umbildung des Verfassungsgesetzes, S. 141. 100 101

B. Forsthoffs Verfassungsverständnis

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m. Rechtsstaatliche Verfassung und sozialstaatliehe Verwaltung

Forsthoffs Verfassungsinterpretation wirft trotz ihres Konservativismus 106 berechtigte Fragen zur Leistungsfähigkeit von Verfassungs gesetzen auf. Seine ausschließlich formell-rechtsstaatliche Interpretation der bundesrepublikanischen Verfassung hat allerdings in der Bundesrepublik viel Kritik erfahren 107 , letztlich ist ihr die ganz überwiegende Mehrheit nicht gefolgt 108 . Und in der Tat drängt sich angesichts der Entwicklung der Verfassungsrechtsdogmatik in der Bundesrepublik die Frage auf, ob nicht vielmehr Forsthoffs Verfassungsverständnis antiquiert ist als die Verfassung der Bundesrepublik109 • Die Verabsolutierung des Rechtsstaats spart soziale Elemente der Verfassung aus, weshalb die für Forsthoffs Verwaltungsrechtslehre zentrale Daseinsvorsorge und mit ihr der Sozialstaat im Verfassungsbegriff Forsthoffs keinen Platz haben 110: ,,Nicht im Bereich der Verfassung, sondern der Verwaltung hat der Sozialstaat Eingang in die Wissenschaft vom öffentlichen Recht gefunden."

Allerdings ist diese Aussparung sozialstaatlicher Elemente die notwendige Konsequenz von Forsthoffs liberalem Verfassungsverständnis: Nach Forsthoff wurde mit der rechtsstaatlichen Verfassung die Gewährleistung von Freiheit verwirklicht, so dass ein Fortschritt über diese Gewährleistung hinaus nicht möglich erscheint l11 . Die Verfassung hat nach dieser Auffassung vielmehr im Zeitalter des bürgerlichen Rechtsstaats ihre endgültige Ausprägung erfahren, an der es nichts mehr zu verbessern gibt. Forsthoff verweist an verschiedenen Stellen auf die sozialen Normen der Weimarer Verfassung, die allesamt ohne echten normativen Wert, also bloße Programme, geblieben seien 1l2 . So ließe sich soziale Gerechtigkeit 106 Ein ,,zurück zu Savigny" wirft F. Müller, Juristische Methodik, 7. Aufl. 1997, S. 81 ff., Forsthoff vor. Sehr kritisch auch H. Ehmke, Prinzipien der Verfassungsinterpretation, VVDStRL 20 (1963), s. 64; aus der Kritik vgl. ferner G. Dürig, Zur Bedeutung und Tragweite des Art. 79 Abs. m GG, in: Festgabe für T. Maunz, 1971, S. 44 f.; P. Lerche, Stil, Methode, Ansicht, DVBl. 1961, S. 690 ff. 107 A. Hollerbach, Auflösung der rechtsstaatIichen Verfassung?, AöR 85 (1960), S. 241 ff.; H. Ehmke. Wirtschaft und Verfassung, 1961, S. 45 ff.; M. Kriele. Theorie der Rechtsgewinnung, 2. Aufl. 1976, S. 67 ff., S. 77 ff. 108 Vgl. nur E. Schmidt-Aßmann. Der Rechtsstaat, in: J. Isensee/P. Kirchhof, HStR I, 1. Aufl. 1987, § 24 Rn. 95 m. w. N. 109 Ähnlich P. Häberle. Retrospektive Staats(rechts)lehre oder realistische ..Gesellschaftslehre"?, ZHR 136 (1972), S. 438. 110 E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 69. 111 Diese Argumentation Forsthoffs verdeutlicht sehr anschaulich: E.-W Böckenförde. Lorenz von Stein als Theoretiker der Bewegung von Staat und Gesellschaft zum Sozialstaat, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1992, S. 200 Fn. 93. Böckenförde weist hier auch auf die Parallelen zum Verfassungsverständnis Lorenz von Steins hin. 112 E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 67 f.; ders., Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 154 f.

3 Schütte

1. Teil: Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis

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nicht mittels Verfassungsgesetz verwirklichen, zumal dann die Verfassung dem möglicherweise schnellen sozialen Wandel fortwährend hinterherlaufen müsste. Damit habe sich die rechtsstaatliche Verfassung als resistent gegenüber sozialen Gehalten gezeigt ll3 . Der Sozialstaat hat also lediglich die Aufgabe, die sozialen Voraussetzungen für die Realisierung der Freiheit zu schaffen. Sein Platz liegt daher nicht auf der Verfassungsebene, sondern im Bereich der Gesetzgebung und (vor allem) der Verwaltung. Die Verfassung als rechtsstaatliche Verfassung hat nach diesem Verständnis ihr Wesen in der Begrenzung der staatlichen Macht; Grundrechte, Gewaltenteilung und Gesetzesvorbehalt dienen diesem Zweck. Demgegenüber liegt das Wesen des Sozialstaats nicht in einer Begrenzung, sondern in einer Ausdehnung der Staatsfunktionen, der Staat gewährt und leistet hier. Nicht Freiheit vom Staat, sondern Teilhabe an den Leistungen des Staates liegen im Wesen des Sozialstaats. Ein auf Begrenzung und Einhegung der Staatsfunktionen angelegtes Verfassungssystem könne daher nicht sozialstaatliche Elemente in sich aufnehmen 114 . Forsthoffs Verfassungsbegriff verweist somit die sozialen Fragen aus dem Bereich der Verfassung hinaus in den Bereich der Gesetzgebung und der Verwaltung J15 . Die Verwaltung als Träger der Daseinsvorsorge lebt so im Bereich des Sozialstaats an der Verfassung vorbei 11 6. Das im Grundgesetz statuierte Sozialstaatsprinzip ist damit lediglich eine "an das Ermessen gerichtete und für die Gesetzesauslegung verbindliche Staatszielbestimmung"1l7. Dies hat zur Folge, dass die von Forsthoff aufgezeigten neuen Verwaltungsaufgaben wie die Daseinsvorsorge oder die "technische Realisation" weitgehend unabhängig von verfassungsrechtlichen Vorgaben beurteilt werden. Gegenüber dem formellen Verfassungsrecht steht so das materielle Verwaltungsrecht, der wertungsfreien Verfassung wird die Verwaltung als "Wertverwirklichung" gegenübergestellt 118 • Die Verwaltung ist damit in diesem Bereich nicht, wie es der von Forsthoff vielzitierte Lorenz von Stein gefordert hatte, "tätig werdende Verfassung,,1I9, sondern führt in wesentlichen Bereichen neben der Verfassung ein Eigenleben. Verwaltungsrecht erscheint nach Forsthoffs Verständnis nicht als ,,konkretisiertes Verfassungsrecht,,120, die Verwaltung legitimiert sich nicht durch Vorgaben der Verfassung, sondern in ihrer Eigenschaft als Äußerung staatlicher Autorität. Forsthoff nimmt in dieser Hinsicht eine deutliche Außenseiterrolle in der Verwaltungsrechtslehre der Nachkriegszeit ein. Während das Verwaltungsrecht nach der herrschenden Lehre von einer aus den E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 69. E. Forsthoff, Von der Staatsrechtswissenschaft zur Rechtsstaatswissenschaft, S. 193. 115 E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 69. 116 So Forsthoff ausdrücklich in seiner Schrift: Die Daseinsvorsorge und die Kommunen, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 1. Aufl. 1964, S. 115. 117 E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 82. 118 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 87. 119 L. v. Stein, Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts, 1. T., 3. Aufl. 1887, S. 1 ff. 120 F. Wemer, Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht, DVBI. 1959, S. 527 ff. 113

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B. Forsthoffs Verfassungsverständnis

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Grundrechten abgeleiteten Wertordnung durchdrungen sein sollte und die Verfassungsabhängigkeit des Verwaltungsrechts herausgearbeitet wurde 121 , beharrte Forsthoff auf seiner ausschließlich formellen Betrachtung des Grundgesetzes. Wenn auch anzumerken ist, dass die Bindung des Verwaltungsrechts an Verfassungsprinzipien nicht überschätzt werden darf122, ist Forsthoffs Position doch als äußerste Randposition anzusehen. Aufgrund der nur eingeschränkten Determiniertheit des Verwaltungsrechts durch das Verfassungsrecht wird dem Verwaltungsrecht von Forsthoff damit ein weiter eigenständiger Bereich zugewiesen.

IV. Die Verwaltung als Motor gesellschaftlich-politischer Entwicklung Die solchermaßen relativierte Bedeutung der Verfassung im 20. Jahrhundert markiert für Forsthoff eine allgemeine Verschiebung innerhalb der staatlichen Funktionen zugunsten der Verwaltung 123 . Während im 19. Jahrhundert die Verfassung als Vehikel nationaler Einigung der Motor politisch-gesellschaftlicher Entwicklungen gewesen sei, sei im Sozialstaat des 20. Jahrhunderts die Verwaltung an diese Stelle getreten. Doch auch im transnationalen Bereich sei vor allem die Verwaltung bestimmend für die Einigungsbewegung. So sei die Einigung Europas "eine Frage der Administration, nicht der Konstitution,,124. Obwohl die Einschätzung der Europäischen Gemeinschaften als administrative Gebilde im Jahre 1971, als diese Zeilen geschrieben wurden, noch weitgehend zutreffend gewesen sein mag, bleiben bei Forsthoff bereits damals vorhandene konstitutionelle Elemente wie die auf das europäische Einheitsrecht einwirkende (auch bundesrepublikanische ) Grundrechtslehre außen vor l25 . Heute schließlich erscheint mit den Bemühungen um eine europäische Verfassung Forsthoffs These als nicht mehr zeitgemäß. 121 R. Wahl. Die zweite Phase des Öffentlichen Rechts in Deutschland. Der Staat 38 (1999), S. 497, bezeichnet dies als das bestimmende Strukturelement des Verwaltungsrechts der "ersten Phase" nach 1949. Zur "Subjektivierung des Verwaltungsrechts" auch M. Stolleis. Verwaltungsrechtswissenschaft in der Bundesrepublik, in: H. Simon (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Bonner Republik, 1994, S. 243. 122 W. Meyer-Hesemann. Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, 1981, S. 135, unter Hinweis auf Ulrich Scheuner. 123 E. Forsthoff, Der Staat der lndustriegesellschaft, S. 72. Auf diese Verschiebung wird im weiteren Verlauf noch eingegangen. 124 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 72. Eindrucksvoll hierzu ist Forsthoffs Diskussionsbeitrag auf der Staatsrechtslehrertagung 1959, VVDStRL 17 (1960), S. 176 f. 125 P. Häberle. Retrospektive Staats(rechts)lehre oder realistische "Gesellschaftslehre?", ZHR 136 (1972), S. 438. Auf weitere konstitutionelle Elemente hat bereits H. P. lpsen. Verfassungsperspektiven der Europäischen Integration, in: ders., Europäisches Gemeinschaftsrecht in Einzelstudien, 1984, S. 11 ff., früh aufmerksam gemacht.

3*

2. Teil

Die Verwaltung und ihr Recht A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat In Abgrenzung zum bürgerlich-liberalen, negativen Verwaltungsbegriff, der von der Gewaltenteilungslehre im Wege des Subtraktionsverfahrens die Verwaltung zu bestimmen versuchte 1, nimmt Forsthoff in den klassisch gewordenen ersten Sätzen seines Lehrbuchs des Verwaltungsrechts gerade keine Definition der Verwaltung

vor:

"Vielmehr liegt es in der Eigenart der Verwaltung begründet, daß sie sich zwar beschreiben, aber nicht definieren läßt."

Diesem positiven Verwaltungsbegriff entsprechend bilden den Ausgangspunkt von Forsthoffs Aussagen zum Recht der Verwaltung seine Überlegungen zu den Aufgaben der Verwaltung und zum Wandel dieser Aufgaben. Am Beginn steht also der verwaltungswissenschaftliche Befund, dass sich die Aufgaben der Verwaltung im Zuge der gesellschaftlich-politischen Wandlungen vom bürgerlichen Rechtsstaat hin zum Sozialstaat grundlegend geändert haben. Gegenüber dem liberalen Rechtsstaat des 19. Jahrhunderts, in dem sich die Verwaltung gegenüber einer grundsätzlich autonomen Gesellschaft "im wesentlichen auf die Funktion des Schutzes des Rechts und der Ordnung beschränken" konnte, müsse die Verwaltung im modernen Sozialstaat umfassend fOrdernd und gestaltend in das Sozialleben eingreifen 3 • Und während der Staat des 19. Jahrhunderts seinen Schwerpunkt in der Gesetzgebung gehabt habe und damit vorrangig Gesetzgebungsstaat gewesen sei, habe im 20. Jahrhundert die Verwaltung die wichtigste Rolle unter den Staatsfunktionen eingenommen: Die umfassende soziale Verantwortung des Staates habe den Staat zum Verwaltungsstaat werden lassen4 • Dieser Aufgabenzuwachs bringe I So z. B. klassisch O. Mayer; Deutsches Verwaltungsrecht 1,3. Aufl. 1924, S. 9 u. S. 13; W. Jellinek. Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1931, S. 6. 2 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 1. Zu weiteren Versuchen einer positiven Umschreibung kritisch H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1976, § 2 II b). Aus jüngerer Zeit vgl. H. Maurer; Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 1 II 2. 3 E. Forsthoff, Die deutsche Staatskrise, in: Zeitwende 1949, S. 326. 4 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959, S. 49.

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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gleichzeitig einen Bedeutungswandel der Verwaltung mit sich. Dieses Wandels der Verwaltungsrealität hätten sich das Verwaltungsrecht und die Verwaltungsrechtswissenschaft anzunehmen.

I. Wandel der Aufgaben der Verwaltung: Von der rechtsstaatlichen Freiheitsgewähr zur Daseinsvorsorge Forsthoff wirft der Verwaltungsrechtswissenschaft der Epoche des bürgerlichliberalen Rechtsstaats vor, "daß sie von ihrem Gegenstande, der Verwaltung, eine höchst unvollkommene Vorstellung vermittelt. .. Nirgends in der verwaltungsrechtlichen Literatur findet sich ein Hinweis auf die Bedeutung und Aufgabe, welche der Verwaltung in den modernen Staaten zukommt,,5. Er erhebt damit die Forderung, sich zunächst der "Wirklichkeit der modernen Verwaltung" zuzuwenden6 , um von dort aus methodische und rechtsdogmatische Folgerungen zu ziehen. Eine Verwaltungsrechtslehre, die ihren Gegenstand, die Verwaltung, juristisch richtig erfassen will, muss nach Forsthoff also zunächst ihren Blick auf die soziologischen Veränderungen richten, um die Aufgaben der Verwaltung beschreiben zu können. Hierbei stellt sich Forsthoff ausdrücklich in die Tradition Lorenz von Steins, des letzten großen Vetreters der Verwaltungslehre, und setzt das Werk von Steins dem rein verwaltungsrechtlichen Schrifttum in der Tradition Otto Mayers gegenüber. So wäre die Verwaltungslehre von Steins "wohl in der Lage gewesen, sich den Blick für die großen soziologischen Verschichtungen offenzuhalten,,7, doch diese Lehre habe mit ihrem Begründer ihr Ende gefunden. Die Wiederaufnahme dieser Tradition ist demnach Forsthoffs Anliegen. Entsprechend der aufgabenbezogenen Sichtweise, die Forsthoffs Verwaltungsrechtslehre zugrundeliegt, sind zunächst die unterschiedlichen Staatstypen mit der ihnen jeweils zugeordneten Verwaltung zu betrachten, um dann die Verwaltungsaufgaben des Sozial staats in den Blick zu nehmen. 1. Vom Polizeistaat zum bürgerlichen Rechtsstaat Die Herrschaftsgewalt des aufgeklärten Absolutismus, die sich im wesentlichen auf Heer und Berufsbeamtentum stützte, unterlag noch grundsätzlich keinen rechtlichen Beschränkungen 8 . Sie griff gestaltend und reglementierend in alle gesellE. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, 1938, S. 2. E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 2. 7 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 2. 8 Deshalb kann man nach Forsthoff hier auch noch von keiner Verwaltungsrechtswissenschaft sprechen. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 41 f., ver5

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

schaftlichen Bereiche ein und kümmerte sich dabei auch um die privaten Angelegenheiten des Einzelnen9 . Die wichtigste Aufgabe der Verwaltung bestand in der "wohlfahrtsstaatlichen Beförderung der Glückseligkeit" 10. Mittel zur Erreichung dieses Wohlfahrtszwecks war die "Policey", der im Hinblick auf ihre Handlungsmöglichkeiten praktisch keine Grenzen gesetzt waren 11. So umfassten die Polizeiordnungen des absolutistischen Staates öffentliche wie private Materien, wobei das "Private" bis in den Bereich von Kleiderordnungen und Luxusverboten hineinreichte 12 . Damit war im Grunde alles, was sich im Bereich der Verwaltung abspielte, dem Aufgabenbereich der Polizei zugeordnet. Wohl unterschied man innerhalb der Verwaltung zwischen der "Sicherheitspolizei", die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig war, und der "Wohlfahrtspolizei", die die "Glückseligkeit" der Untertanen befördern sollte J3 . Eine Differenzierung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Aufgaben bestand jedoch nicht 14 • Die "Gesellschaft" stand mehr oder weniger vollständig unter staatlicher Verfügungsgewalt, "alles was irgend in Betreff des Zusammenlebens von Menschen zu bedenken und zu tun ist"15, stand dem Staat zu. Dieses patriarchalische und obrigkeitliche Staats gebaren führte zu einer im Grunde unbeschränkten Ausdehnung der Verwaltungsaufgaben. Forsthoff hebt hervor, dass das Sozialleben damit gänzlich der Gestaltungsmacht des Staates unterlag l6 . Die Ausübung der Verwalweist insofern auf die fehlende Systematik polizeistaatlicher Hoheitsakte. Außerdem habe der polizeiliche Vollzug im absolutistischen Staat keinen ,.Rechtsvorgang im strengen Sinne" dargestellt. Recht setze immer eine irgendwie geartete Schrankenziehung voraus, sei der Staat jedoch zu allem berechtigt, ließen sich die exekutorischen Akte nicht nach rechtlichen Kriterien ordnen. Er folgt insoweit Otto Mayers berühmtem Diktum in der 3. Aufl. des Deutschen Verwaltungsrechts von 1924, Bd. I, S. 39: ,,Das Recht hat nichts damit zu tun". Anderer Auffassung insofern: U. Scheuner; Robert von Mohl, in: 500 Jahre Eberhard-Karls-Universität Tübingen, 1977, S. 524; W. Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 6. Beide Autoren meinen, dass zumindest die wohlerworbenen Rechte der Bürger eine Rechtsschranke dargestellt hätten. Dagegen zutreffend P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967, S. 15: Zwischen Staat und Bürger habe lediglich ein sachbezogenes Gewaltverhältnis bestanden, das nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten verwaltet wurde. Systematisierbare Rechtsformen oder Rechtsgrundsätze hätten hierbei keine Anwendung gefunden. 9 M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland I, 1988, S. 370. 10 H.-U. Erichsen, Der Schutz der Allgemeinheit und der individuellen Rechte durch die polizei- und ordnungsrechtlichen Handlungsvollmachten der Exekutive, VVDStRL 35 (1977), S. 177; U. Engelhardt, Zum Begriff der Glückseligkeit, ZHF 8 (1981), S. 37 ff. 11 G. F. Schuppen, Verwaltungswissenschaft, 2000, S. 83. 12 M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts I, S. 370. 13 Diese Differenzierung setzte sich allerdings erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch, vgl. dazu P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 32. 14 M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland I, S. 380. 15 So R. von Mohl, der Theoretiker des beginnenden bürgerlichen Rechtsstaats, über die absolutistische Polizeiwissenschaft, zit. nach E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 43. 16 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 24.

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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tung, auf die Erfüllung der Staatsaufgaben gerichtet, orientierte sich im wesentlichen an der Zweckmäßigkeit, noch nicht an bestimmten rechtlichen Formen und Grundsätzen J7. Der wissenschaftliche Ort der Beschäftigung mit dieser Form von Verwaltung war die ,'policeywissenschaft,,18. Die Verrechtlichung der Verwaltungstätigkeiten war erst die Folge der seit der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden gesellschaftlichen Wandlungen vom absolutistischen Polizeistaat zum bürgerlichen Rechtsstaat der konstitutionellen Monarchie. In Reaktion auf die Bevormundung und rechtlich unbegrenzte Reglementierung durch die monarchische Herrschergewalt forderte und sicherte sich schließlich im Laufe des 19. Jahrhunderts das Bürgertum wesentliche Rechte 19. Infolge der im 19. Jahrhundert entstandenen Verfassungen 20 wurden die Rechte des Monarchen durch die Freiheitsrechte, die Gewaltenteilung sowie durch die Mitwirkungsrechte des Bürgertums an der Volksvertretung als Gesetzgebungsorgan 21 beschränkt. Die Tätigkeit der Verwaltung war nunmehr dem verfassungsmäßigen Recht unterstellt. Die Eingliederung der Verwaltung in das rechtsstaatliehe System der Gewaltenteilung beinhaltete die Bindung der Verwaltung an das Gesetz als einer abstrakt-generellen Norm, es galt das Prinzip gesetzmäßiger Verwaltung22 . Die Verwaltung war nun erstmals rechtlich geregelte Staatstätigkeit23 . Damit waren die Voraussetzungen zur Herausbildung einer Verwaltungsrechtswissenschaft gegeben. Die Exekutive bedurfte nun für Eingriffe in Freiheit und Eigentum einer gesetzlichen Grundlage24 . Durch den Gesetzesvorbehalt war die bürgerliche Gesellschaft damit als grundsätzlich "freie" anerkannt25 . Die Staatsrnacht beschränkte sich nach liberalem Verständnis auf die unabdingbaren Aufgaben, nämlich auf die Gewährleistung von Recht und Sicherheit sowie auf die Deckung des Finanzbedarfs. Das Gesetz als das zentrale Ergebnis der Wandlung zum bürgerlichen Rechtsstaat bestimmte so die Grenze des Verwaltungshandeins. Dies bedeutete eine Reduzierung des ursprünglich umfassenden Polizeibegriffs 17 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 26, S. 41 f.; P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 11. 18 Wichtigster Vertreter war lohann Heinrich Gottlob von lusti, sein Hauptwerk war "Die Natur und das Wesen des Staates als die Grundwissenschaft der Staatskunst, der Policey und aller Regierungswissenschaft", Berlin-Stettin-Leipzig, 1753. 19 Zum folgenden E. Forstlwff, Deutsche Verfassungsgeschichte der Neuzeit, S. 114 ff. 20 Die erste Verfassung erhielt Nassau 1814, es folgten Bayern und Baden 1818, in Preußen fand die Verfassungsentwicklung erst 1850 ein vorläufiges Ende. 21 Zur politischen Bedeutung des Gesetzgebungsverfahrens für die Entstehung des bürgerlichen Rechtsstaats E. -W. Böckenförde, Der deutsche Typ der konstitutionellen Monarchie im 19. Jahrhundert, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1992, S. 282 f. 22 E. Forsthaff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 32. 23 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 3. 24 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 32. 25 Die Wohlfahrtsförderung wurde nun als unfreiheitlich abgelehnt, hierzu E. Forstlwff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 50.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

auf die Gefahrenabwehr, also auf die "Sicherheitspolizei,,26. Zentrale Verwaltungsaufgabe war damit die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Damit ergab sich eine substantielle Eingrenzung der Verwaltungsaufgaben entsprechend dem liberal-rechtsstaatlichen Staatszweckverständnis 27 • Gleichzeitig bedeutete dies die Eliminierung des Wohlfahrtszwecks aus der Aufgabenagenda der Verwaltung, die nun auf die Gefahrenabwehr beschränkt wurde 28 . Die Verwaltungsrechtswissenschaft des bürgerlichen Rechtsstaats konzentrierte sich danach auf die aus der Ordnungsfunktion abgeleitete Eingriffsverwaltung, für die Polizei- und Steuerbefehl typisch waren 29 . Diese beiden Handlungsformen wurden beispielhaft für das zentrale Institut des bürgerlich-rechts staatlichen Verwaltungsrechts, den Verwaltungsakeo. 2. Die Entwicklung zum Sozialstaat Die soeben beschriebene idealtypische Vorstellung vom bürgerlich-liberalen Rechtsstaat trifft jedoch nicht in vollem Umfang die Wirklichkeit der bereits im 19. Jahrhundert geübten Verwaltungstätigkeiten. Auch die Verwaltung des liberalen Rechtsstaats ist mehr gewesen als lediglich Ordnungsverwaltung31 • So begann bereits um 1850, also teilweise parallel zur beschriebenen Emanzipation des Bürgertums, mit dem Aufkommen der "sozialen Frage" die Entwicklung zum Sozialstaat. Die in diesem Zeitraum einsetzende starke Bevölkerungsvermehrung32 führte zu einer erheblichen Verschiebung von ländlicher und städtischer Bevölkerung 33 • Insbesondere die Verstädterung machte deutlich, dass der Mensch in der Industriegesellschaft auf die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern und Einrichtungen wie Wohnraum, Wasser, Gas, Elektrizität, Kanalisation und Müllabfuhr angewiesen war. Dies ließ die Notwendigkeit eines umfangreichen öffentlichen Versorgungsnetzes mit einem erheblichen Zuwachs an Verwaltungsaufgaben zuSiehe den berühmten § 10 Teil 11 Titel 17 des Preußischen Allgemeinen Landrechts. Zum Verhältnis von Verwaltungsaufgaben und Staatszweckverständnis G. F. Schuppert, Verwaltungs wissenschaft, S. 82 ff. 28 Diesen Schritt als erster vollzogen zu haben, wird Johann Stephan Pütter zugeschrieben, vgl. P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 33. 29 P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 25. 30 Siehe hierzu unten 2. Teil B. I. 1. 31 Deshalb kann nur eingeschränkt vom "bürgerlichen" Zeitalter gesprochen werden, vgl. M. Stolleis, Die Entstehung des Interventionsstaates, in: ders., Konstitution und Intervention, 2001, S. 256 f. 32 Empirische Daten bei P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 17 m.w. N. 33 Zu der mit der Industrialisierung einhergehenden Verstädterung vgl. die Nachweise bei W. Meyer-Heserrumn, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 48. Vgl. zur Verstädterung auch bereits Forsthoffs Frühwerk ,,Die Krise der Gemeindeverwaltung im heutigen Staat", 1932, S. 50 ff. 26 27

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

41

tage treten. So erbrachten die Gemeinden bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts umfangreiche Versorgungsleistungen34. Waren zunächst polizeiliche Gründe im Bereich dieses Betätigungsfeldes bestimmend35 , traten bald soziale Gründe in den Vordergrund und machten die Gemeinden zum wichtigsten Versorgungsträger36 • Des Weiteren ließ die Verstädterung die Aufgaben der Landes- und Städteplanung stetig wachsen. Dass diese Aufgaben von der Verwaltung wahrgenommen werden mussten, markiert den grundlegenden Wechsel der Verwaltungsperspektive: Sie war durch äußere Zwänge von einer ordnungswahrenden Funktion zu einem Garanten der sozialen Sicherheit geworden. Zu einer Expansion der Verwaltungstätigkeiten führten auch zahlreiche Eingriffe in gesellschaftliche Abläufe 37 sowie die Bismarcksche Sozialversicherung, der ein umfangreicher Verwaltungsapparat zur Seite gestellt werden musste38 . Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren demnach leistende Tcitigkeiten der Verwaltung gängige Praxis, es kam so gewissermaßen zu einer ständigen "Überschreitung der liberalen Staatsidee,,39. Der Staat betrieb also bereits "Leistungsverwaltung" , auch wenn die rechtsstaatliche Theorie dies zunächst eher am Rande wahrnahm. Hier zeigt sich eine Diskrepanz von liberal-rechts staatlichem Staats- und Verwaltungsverständnis und tatsächlich geübter Verwaltungspraxis, die Verwaltungsrechtslehre des 19. Jahrhunderts zeichnete sich demnach durch eine stark retardierte Wahrnehmung der tatsächlich ausgeübten Verwaltungstätigkeiten aus. Es lässt sich mit einer gewissen Berechtigung sagen, dass das erst Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Verwaltungsrechtssystem insofern zu spät kam, als es auf eine historische Situation gemünzt war, die zum Zeitpunkt seines Entstehens bereits in ihren Voraussetzungen der Vergangenheit angehörte4o. 34 E. Forstlwjf. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 9. Auf]. 1966, S. 491 ; E. R. Huber, Vorsorge für das Dasein, in: Festschrift für E. Forsthoff zum 70. Geburtstag, 1972, S. 140 f.; W Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 49 m. w. N. 35 So sind die Wasserwerke, die die historisch ersten Versorgungsanstalten der Kommunen waren, zunächst noch im Zeichen des Feuerschutzes als Reaktion auf Brandkatastrophen entstanden. Ähnlich lag es bei den Gaswerken, die die Gefahr "privater" Brände ausschließen sollten. Vgl. P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 43 m. w. N. 36 E. Forstlwjf. Die Daseinsvorsorge und die Kommunen, S. 115 ff. 37 Hierzu M. Stolleis. Die Entstehung des Interventionsstaates, S. 258. 38 M. Stolleis, Die Sozialversicherung Bismarcks, in: H. F. Zacher (Hrsg.), Bedingungen für die Entstehung und Entwicklung von Sozialversicherung, 1979, S. 387 ff. 39 H. J. Woljf/O. Baclwf. Verwaltungsrecht I, 9. Auf]. 1976, § 9 I b). So verlagerte der Staat zunehmend die handwerkliche und industrielle Produktion aus den Zentren in die Außenbezirke der Städte, förderte Gewerbe und Kunst, betrieb den Ausbau der Straßen, sorgte für Beleuchtung in den Städten und verbesserte die Wasserversorgung und die Kanalisation. Aus diesem Grunde spricht M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland 11, 1992, S. 238, von einem auch gegenüber dem absolutistischen Staat starken Wachstum der Staatsaufgaben; ähnlich H. A. Winkler, Organisierter Kapitalismus? Versuch eines Fazits, in: ders., Liberalismus und Antiliberalismus, 1979, S. 269. 40 W Meyer-Hesemann, Metht>denwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 50.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Während und nach dem ersten Weltkrieg wuchs der Umfang der Verwaltungstätigkeiten noch einmal stark an. Die Erfordernisse der Kriegswirtschaft41 und die sozialen Belastungen durch die Kriegsfolgen42 stellten die Verwaltung vor neue Anforderungen, insbesondere machten sie in bisherigem Umfang nicht gekannte Versorgungsleistungen der Verwaltung notwendig. Daneben ging ungeachtet des Krieges die aufgabenmäßige Expansion der Verwaltung auch auf anderen Gebieten weiter. Da die Verstädterung weiter zunahm43 , mussten sich nun die Gemeinden in starkem Umfang im Bereich der Verkehrsplanung und der Nachrichtenversorgung engagieren44 . Zu dieser Zeit war der Sozialstaat also bereits Realität. Dieser qualitative Wandel der Verwaltungsaufgaben wurde auch jetzt noch von der Verwaltungsrechtswissenschaft zumeist nicht wahrgenommen. So bemerkte Otto Mayer noch im Vorwort zur dritten Auflage seines Lehrbuchs im Jahre 1924 kn app45: ,,Der reiche Stoff von Ordnungen verwaltungsrechtlicher Natur, die nur durch Krieg und Kriegsnot veraniaßt waren, bleibt hier planmäßig unberücksichtigt. Für die rechtswissenschaftliehe Erkenntnis geht damit kaum etwas verloren."

Einzelne Vertreter der Verwaltungsrechtswissenschaft sahen zwar bereits grundlegende Änderungen im Verwaltungsrecht heraufziehen46 , an eine rechtswissenschaftliehe Aufarbeitung der neuen Verwaltungswirklichkeit machte sich allerdings in den zwanziger Jahren vorläufig keiner.

3. Die Daseinsvorsorge als ForsthotTs Konsequenz aus dem sozialen Wandel

Forsthoffs Überlegungen zum Phänomen des Sozialstaats47 und zu seinen Konsequenzen für die Verwaltung fallen zeitlich zusammen mit seiner Hinwendung von vorwiegend staatsrechtlichen Fragestellungen hin zum Verwaltungsrecht. 41 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 63; E. R. Huber; Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. V, Nachdruck der l. Aufl., 1992, S. 73 ff.; M. Stolleis, Die Entstehung des Interventionsstaates, S. 276 ff. Vor allem sind hier zu nennen die Rohstoffbeschaffung und die Lebensmiuelversorgung. 42 Genannt sei hier nur die Kriegshinterbliebenenfürsorge, die durch die vielen Heimkehrenden bewirkten Kosten sowie die zunehmende Anzahl an Arbeitslosen. 43 G. Schulz, Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg 1918-1945, 1976, S. 82 f., S. 88. 44 Im Bereich der Verkehrsplanung sind die Untergrundbahnen, Stadtbahnen und Flugplätze zu nennen, im Bereich der Nachrichtenversorgung vor allem die Rundfunksender. 45 O. Mayer; Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1924, Vorwort. 46 H. v. Triepel, DJZ 1925, S. 124, weist in seiner Besprechung der 3. Auflage des Mayersehen Werkes auf diese gesellschaftlichen Neuerungen hin. Ebenfalls in einer Besprechung des Werkes benennt v. Keil, VerwArch 30 (1925), S. 359, die Wandlungen, die der Rechtsstaat durch die Folgen des Krieges erlebt habe. 47 Forsthoff spezifiziert den Begriff "Sozialstaat" nicht näher. Dies erscheint angesichts der Unbestimmtheit und Weite des Begriffs auch kaum möglich, vgl. dazu nur H. Zacher; Was können wir über das Sozialstaatsprinzip wissen?, in: Festschrift für H. P. Ipsen, 1977, S. 207 ff.

A. Aufgaben und Bedeutung der VeIWaltung im Staat

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Bereits in dem 1935 veröffentlichten kurzen Aufsatz "Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft" verweist Forsthoff auf die "soziale Bedeutung der modernen Verwaltung,,48. Die "soziale Empfindlichkeit des modernen Massendaseins" habe zu einer neuen Verantwortung der Verwaltung geführt. Diese Wandlungen seien einer der rechtsstaatlichen Methode verhafteten Literatur (Forsthoff nennt hier die drei großen Repräsentanten der Verwaltungsrechtslehre der Weimarer Zeit Otto Mayer, Fritz Fleiner und Walter Jellinek) verschlossen geblieben. Die Verwaltungsrechtslehre müsse sich daher wieder der Mittel einer "Verwaltungskunde" bedienen, die die "bedeutenden Ergebnisse soziologischer Forschung" mit einbeziehe49 . Erst ein solcher verwaltungswissenschaftlicher Zugang vermöge der Verwaltungsrechtswissenschaft die Augen für die neuen Verwaltungsaufgaben zu öffnen. Forsthoff bezeichnet diese neuen Verwaltungsaufgaben im genannten Aufsatz als "Daseinsfürsorge", durch eine Formulierung Karl Jaspers' inspiriertSo. Diese Gedanken gehen dann in die 1938 erschienene Schrift ,,Die Verwaltung als Leistungsträger" ein, die Forsthoffs verwaltungsrechtliche Konzeption nunmehr umfangreicher darstellt. Hier werden die neuen Verwaltungsaufgaben nun in der berühmt gewordenen Terminologie als "Daseinsvorsorge" bezeichnetSI. Der soziale Wandel manifestiert sich nach Forsthoff zunächst in einer gewaltigen Bevölkerungsvermehrung und, damit einhergehend, einer starken Zunahme der Stadtbevölkerung. Forsthoff liefert statistische Belege hierzu (das einzige Mal im Rahmen seiner "soziologischen" Ausführungen)s2. Wichtigste Konsequenz der Verstädterung ist für Forsthoff "die Trennung des Menschen von den Lebensgütern"S3. Die Folgerungen dieser sozialen Wandlungen für die menschlichen Lebensformen exemplifiziert Forsthoff anband der Differenzierung von "beherrschtem" und "effektivem" Lebensraums4 . Danach lässt sich der Lebensraum E. Forsthoff, Von den Aufgaben der VeIWaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398. E. Forsthoff, Von den Aufgaben der VeIWaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398. 50 K. Jaspers, Die geistige Situation der Zeit, 5. Auf!. 1933, S. 34, spricht von ,,Massenordnung in Daseinsfürsorge" und ,,Riesenapparat der Daseinsvorsorge." Kritisch zu der von Forsthoff selbst hervorgehobenen Bezugnahme auf Jaspers: M. Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, in: W. Blümel (Hrsg.), Ernst Forsthoff, 2003, S. 61 Fn. 38. Ronellenfitsch weist zutreffend auf die unterschiedlichen Positionen von Forsthoff und Jaspers hin, weshalb es in der Tat verfehlt wäre, Forsthoff den Vorwurf eines Plagiats zu machen. D. Scheidemann, Der Begriff Daseinsvorsorge, 1991, S. 20 ff., unternimmt eine eingehende Analyse der Entstehung des Begriffs und veIWeist hierbei auf so unterschiedliche Denker wie Ortega y Gasset, Otto Veit, Friedrich Dessauer, Max Weber und Karl Jaspers. M. Ronellenfitsch, ebd., S. 61, nennt darüber hinaus Hegel und Heidegger. 51 J. Kasten, Die Entwicklung des Konzepts der Daseinsvorsorge im Werk von Ernst Forsthoff, Der Staat 44 (2005), S. 544 ff., bezieht den Begriff der Daseinsvorsorge bereits auf Forsthoffs Schriften der zwanziger Jahre, doch sollte man den Terminus erst für das im Jahre 1938 (vorläufig) abgeschlossene Konzept gebrauchen. 52 E. Forsthoff, Die VeIWaltung als Leistungsträger, S. 4. 53 E. Forsthoff, Die VeIWaltung als Leistungsträger, S. 4. 48

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

des Menschen, in dem er sein "Dasein" verbringt, in einen "effektiven", das heißt zugänglichen55 , und einen "beherrschten" Lebensraum scheiden. Als "beherrschten" Lebensraum bezeichnet Forsthoff denjenigen, der dem Menschen in so intensiver Weise zugeordnet ist, dass "er ihn als ihm allein gehörig, als sein Eigen betrachten darf'. Forsthoff nennt hier Hof, Acker, Haus als Beispiele solchen beherrschten Lebensraums56 . Demgegenüber bezeichnet der effektive, zugängliche Lebensraum den Raum, in dem sich das Leben des Einzelnen tatsächlich vollzieht. Das Verhältnis bei der Lebensräume habe sich im Verlauf der sozialen Wandlungen nun dergestalt verändert, dass sich der effektive Lebensraum aufgrund der industriell-technischen Entwicklung, des Verkehrswesens in Form von Bahn, Auto, Flugzeug, permanent erweitert habe, während sich der beherrschte Lebensraum breiter Bevölkerungsteile infolge von Verstädterung und Vermassung immer stärker verkleinerte beziehungsweise ganz verschwand57 : "An die Stelle des Hauses ist die Etage, das möblierte Zimmer, die Schlafstelle getreten. Die bis zur Minimalisierung gehende Verengung des beherrschten Lebensraumes kennzeichnet die städtische, zumal die großstädtische Lebensweise."

Die Folge dieser Einbuße an beherrschtem Lebensraum sieht Forsthoff in einem Verlust an "Sicherheit des Daseins" und einem Anstieg der sozialen Bedürjtigkeit58 . Die soziale Bedürftigkeit definiert Forsthoff als die Lage, in der sich derjenige befindet, der sich die notwendigen Lebensgüter nicht durch Nutzung einer eigenen Sache, sondern im Wege der Appropriation59 zugänglich machen muss. Die Appropriationsbedürftigkeit wachse in dem Maße, in dem sich der beherrschte Lebensraum des Einzelnen verenge. Diejenigen Veranstaltungen, welche zur Befriedigung des Appropriationsbedürfnisses getroffen werden, bezeichnet Forsthoff als "Daseinsvorsorge,,6o. Dabei ist die Appropriationsbedürftigkeit nach Forsthoff weitgehend unabhängig von der ökonomischen Situation des Einzelnen. Da die moderne Lebensweise in immer geringerem Maße autark sei, könne auch der ökonomisch gut gestellte Mensch sich mit vielen lebensnotwendigen Gütern nicht selbst versorgen61 . Erst die Bereitstellung von Leistungen wie Wasser, Gas, Strom und Verkehrsmitteln mache ihm seine Existenz - besonders in der Stadt - möglich. Daseinsvorsorge sei so zu einer unabdingbaren Notwendigkeit menschlichen Lebens geworden. 54 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 4 ff. Vgl. zu Forsthoffs Festhalten an dieser Unterscheidung nur E. Forsthoff. Stadt und Bürger in der modemen Industriegesellschaft, 1965, S. 6, S. 23. 55 So Forsthoff noch in dem Aufsatz "Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft", DR 1935, S. 398. 56 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 4. 57 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 5. 58 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 5. 59 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 5, verweist hier auf M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 23 u. pass. 60 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 6. 61 E. Forsthoff. Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 5 f.

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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Besteht eine Notwendigkeit zur Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge, stellt sich die Frage, welchem Subjekt die Verantwortung für die Befriedigung der Appropriationsbedürfnisse zukommt, das heißt wer die "Daseinsverantwortung " innehat. Forsthoff unterscheidet hier historisch drei Entwicklungsstufen62 . Während zu Beginn der industriell-technischen Entwicklung die Daseinsverantwortung noch in der Hand des Einzelnen gelegen habe, sei sie im Laufe der sozialen Entwicklung zu einer kollektiven geworden, bei der der Einzelne "seine Daseinsmöglichkeit nur in der Solidarität der sozialen Gruppe" sichern konnte. Im Zeitalter des Nationalsozialismus sei die Daseinsverantwortung schließlich zu einer Angelegenheit der Politik geworden, indem der Nationalsozialismus die Daseinsverantwortung dem Träger der politischen Gewalt (Staat und Partei) unterstellt habe. Sie sei damit in den Verantwortungsbereich des Staates gekommen. Die dem Staat solchermaßen zugefallene Aufgabe richte sich auf eine "gerechte, sozial angemessene Gestaltung der Appropriationschancen". Forsthoff unterscheidet drei zentrale Felder sozialer Aufgabenbewältigung,,63: "I. Die Gewährleistung eines angemessenen Verhältnisses von Lohn und Preis, wobei das Recht auf Arbeit und einen angemessenen, durch Arbeit verdienten Lohn zugrunde liegt; 2. die Lenkung des Bedarfs, der Erzeugung und des Umsatzes; 3. Die Darbringung von Leistungen, auf welche der in die modernen massentümlichen Lebensformen verwiesene Mensch lebensnotwendig angewiesen ist."

Forsthoff konzentriert sich aus diesem sehr umfangreichen Programm64 im weiteren Gang der Darstellung auf die dritte Funktion, mit der der Begriff ,,Daseinsvorsorge" auch bisweilen [nicht ganz zutreffend, s. dazu u. 2. Teil B. ll. 2. a) aa)] assoziert wird. An Forsthoffs Ausführungen ist zunächst der Gang der Argumentation bemerkenswert. Forsthoff beginnt seine Erörterung mit einer Realanalyse, die auf der Grundlage einer Analyse der historischen Entwicklung der Gesellschaft erfolgt. Die Unterscheidung eines beherrschten und eines effektiven Lebensraumes, die sich, wie Forsthoff selbst bemerkt, durch eine "gewisse Schematisierung,,65 auszeichnet, macht die sozialen Veränderungen auf eindringliche Weise anschaulich. Dass es sich bei dieser Unterscheidung um eine Fiktion handelt66, die empirisch nur unzureichend abgesichert ist (Forsthoff greift kaum auf Darstellungen sozioIm Folgenden E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 6 f. E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 7. 64 Die erste Aufgabe rückt die Thematik in eine sozialistische Richtung, wohl eine zeitbedingte Erscheinung, der Forsthoff in späteren Jahren nicht mehr folgt. 65 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 4. 66 Zutreffend D. Scheidemann, Der Begriff Daseinsvorsorge, S. 7. Forsthoff hat jedoch die Situation der Stadtbevölkerung zutreffend beschrieben, vgl. W. Köllmann, Demographische Konsequenzen der Industrialisierung in Preußen, in: O. Büsch/W. Neugebauer (Hrsg.), Moderne Preußische Geschichte, Bd. 1,1981, S. 447 ff. 62 63

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

logischer Forschung zur Erhärtung seiner Thesen zurück) und die sozialen Realitäten daher nicht umfassend analysieren kann, ändert nichts an der Suggestivkraft des gewählten Begriffspaars, dem die Schrift sicherlich ein gutes Stück ihrer Durchschlagskraft verdankt. Aus dem soziologischen Befund zieht Forsthoff des weiteren staats- und verwaltungswissenschaftliche Folgerungen. Er entwickelt aus seiner These von der sozialen Bedürftigkeit des Einzelnen und der Notwendigkeit ihrer Abhilfe den Begriff der Daseinsvorsorge und bezeichnet damit die Daseinsvorsorge als soziale Aufgabe. In einem nächsten Schritt wird dann der Träger dieser Aufgabe herausgearbeitet: Forsthoffs Argumentation läuft hier zielstrebig auf den Staat als Träger der Daseinsverantwortung hinaus 67 . Damit ist die soziale Aufgabe als Staatsaufgabe konkretisiert68 . Das Mittel zur Verwirklichung der Staatsaufgabe sieht Forsthoff in der Verwaltung. Daseinsvorsorge ist damit Verwaltungsaufgabe. Grundsätzlich kritisiert wurde der so herausgearbeitete Begriff der Daseinsvorsorge von Wilhelm Hennis 69 . Der Begriff Daseinsvorsorge verführe dazu, die existentielle Angewiesenheit des Einzelnen auf staatliche Leistungen als "die Grundtatsache politischen Lebens zu nehmen" und daraus zu folgern, dass sie der wichtigste Gegenstand der Staatswissenschaften sei. Forsthoffs Lehre sei mit ihrer Reduzierung des Gemeinwohls auf das Existenzielle ein Symptom einer sich ausbreitenden Zerstörung der politischen Theorie. ,,Daseinsvorsorge" sei vielmehr schon immer Aufgabe der Verwaltung gewesen. So habe demjenigen, dem der Zugang zum herrschaftlichen Brunnen verwehrt wurde, das Leben genauso schwer gemacht werden können wie dem, der heute vom Anschluss an das kommunale Versorgungsnetz ausgeschlossen werde. Bei Forsthoff werde jedoch dieser gewöhnliche Vorgang hypostasiert. Forsthoffs Haltung sei damit insgesamt "die Kehrseite einer geistigen DesiUusionierung, die Blindheit für die aufgegebene Bestimmung von Staat und Politik mit Realismus verwechselt". Hennis' Kritik beschränkt sich auf die soziologischen Erwägungen Forsthoffs, wobei sie sich wohl vor allem gegen den existentialistischen Unterton richtet, der dem Begriff der Daseinsvorsorge durchaus anhaftet. Die bei Forsthoff jedoch ganz im Vordergrund stehenden verwaltungswissenschaftlichen und verwaltungsrechtlichen Folgerungen spart Hennis aus. Forsthoffs Argumentation ist ersichtlich daraufhin ausgelegt, in Abgrenzung zur bürgerlich-rechtsstaatlichen Theorie das 67 In Forsthoffs Schrift von 1938 heißt es zwar noch "Staat und Partei", doch dürfte der Zusatz ,,Partei" vor allem konformistische Gründe gehabt haben. Im gesamten Text ist die "Partei" auffallend abwesend. 68 Später hat P. Badura in seinem Aufsatz: Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 626, die Begründung der Daseinsvorsorge als Staatsaufgabe dahingehend präzisiert, dass die Daseinsvorsorge zwar nicht begrifflich, doch ,,kraft einer praktischen Notwendigkeit der gesellschaftlichen Organisation Sache des Staates" sei. Zur Daseinsvorsorge als Teil der Staatszwecklehre vgl. auch H.-c. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat - nach 40 Jahren Grundgesetz, VVDStRL 48 (1990), S. 34 ff. 69 W. Hennis, Politik und praktische Philosophie, 1963, S. 67 ff.

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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Blickfeld der Verwaltungsrechtswissenschaft für neue Verwaltungsaufgaben zu öffnen. Seine soziologischen Ausführungen zum Phänomen Daseinsvorsorge verabsolutieren das "Existentielle" nicht, sondern weisen lediglich auf ein tatsächliches Phänomen hin - die Angewiesenheit des Einzelnen auf daseinsnotwendige Leistungen, deren sich die bisherige Verwaltungsrechtswissenschaft zu wenig gewidmet habe. Es liegt daher nahe, hinter Hennis' Ausführungen eher zeit- und ideologiekritische Ambitionen zu vermuten 70 • Allerdings kann die Kritik von Hennis insoweit für eine verwaltungsrechtswissenschaftliche Diskussion fruchtbar werden, als sie die Frage nach der Gefahr einer politisch-ideologischen Beeinflussung des Verwaltungsrechts durch Erkenntnisse der Verwaltungslehre aufwirft [so dazu u. 2. Teil B. 11. 2. b) ce)]. 4. Funktionswandel der Verwaltung

Mit dem Aufgabenwandel verändert sich nach Forsthoff auch die Funktion der Verwaltung gegenüber der Gesellschaft. Diesen Funktionswandel arbeitet Forsthoff vor allem in seinem "Lehrbuch des Verwaltungsrechts" heraus. Indem im bürgerlich-liberalen Zeitalter die Verwaltung gegenüber der Gesellschaft vorrangig eingreifend bzw. ordnungswahrend tätig geworden sei, sei der Verwaltung der "gestaltende Zugriff auf die Sozialordnung" verwehrt gewesen 7 !. Das Zeitalter des bürgerlichen Rechtsstaats behandelte nach Forsthoff das "System der Güterverteilung und den sonstigen Status der sozialen Verhältnisse als vorgegeben" und erkannte dieser Sozialordnung daher "nicht nur Faktizität, sondern auch Gerechtigkeit" zu72 . Mit Aufkommen des Sozialstaats sei jedoch die Herstellung und Aufrechterhaltung einer intakten Sozialordnung zur Hauptaufgabe der Verwaltung geworden. Mit diesem Wandel konnte sich die Verwaltung nicht mehr auf die Rechtsverwirklichungsfunktion zurückziehen, sie hatte damit aufgehört, ein bloßes Regulativ zu sein73 • Sie war selbst zur Gestaltung aufgefordert, um der zunehmenden Ungleichheit von Arbeit und Kapital, effektivem und beherrschtem Lebensraum und der Isolierung und Bedürftigkeit des Einzelnen abzuhelfen und musste damit SozialgestaltungsJunktionen übernehmen. Im Zuge dieser Entwicklung sei der Staat in weitem Umfang zu Aufgaben zurückgekehrt, die für den Staat des aufgeklärten Absolutismus charakteristisch waren74 . Forsthoff75 : 10 P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 628; ders., Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, 1966, S. 21 Fn. 48. 11 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 63. 12 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 68. 13 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 4. 74 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 52 f., vgl. auch F. Wieacker, IndustriegeselJschaft und Privatrechtsordnung, 1974, S. 21.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht "Wir sprechen zwar nicht mehr von Wohlfahrtspflege in diesem umfassenden Sinne, aber der Sache nach praktizieren wir sie."

Verwaltungsrechtswissenschaftlich allerdings lässt sich der "Wohlfahrtsstaat" des 20. Jahrhunderts nicht mit dem Staat des fürstlichen Absolutismus vergleichen. So sind im sozialen Rechtsstaat die Belange der Wohlfahrt mit den Belangen der rechtlichen Freiheit des Einzelnen in Beziehung zu setzen16 . Dennoch ist die praktische (nicht ideelle) Verwandtschaft von absolutistischem Staat und Sozialstaat eine eigentümliche Erscheinung der Bewegung vom absolutistischen Wohlfahrtsstaat über den bürgerlichen Rechtsstaat hin zum Sozialstaat. 5. Der Aufgabenbezug - Kontinuität oder Wandel der Staats- und Verwaltungsaufgaben?

Forsthoff rückt - und damit ist er einer der ersten Verwaltungsrechtler - die Frage nach den Aufgaben der Verwaltung in das Zentrum des verwaltungsrechtlichen Interesses. Dabei ist für Forsthoffs Argumentation kennzeichnend, dass seine Beschäftigung mit den Aufgaben der Verwaltung durch seinen Befund eines Wandels dieser Aufgaben motiviert istl1 . Neben dem Begriff der Aufgabe ist demnach der des Wandels der Verwaltungsaufgaben ein weiterer Schlüsselbegriff in Forsthoffs Werk. Es wurde allerdings oben bereits darauf hingewiesen, dass sich historisch eine erstaunliche Kontinuität der ausgeübten Verwaltungstätigkeiten zeigt. So entsprach eine grundlegende Reduzierung der Verwaltungsaufgaben, wie sie die liberale Staatstheorie feststellen zu können meinte, nicht der Verwaltungsrealität des 19. Jahrhunderts. Damit angesprochen ist das Verhältnis von Kontinuität und Wandel der Verwaltungsaufgaben. Zutreffend ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden, dass von einer zeitlichen Abfolge der Verwaltungsaufgaben nicht gesprochen werden kann, dass also nicht eine Verwaltungsaufgabe im historischen Verlauf durch eine andere ersetzt wird, sondern dass neuere Aufgaben meist zu älteren hinzutreten und sie ergänzen18 . Dies wird verdeckt, wenn von der Wohlfahrtsaufgabe des absoluten Staates, der Gefahrenabwehr- und steuerstaatlichen Aufgabe des liberalen Rechtsstaats bis hin zur sozialstaatlichen Aufgabe des 20. Jahrhunderts gesprochen wird19 • Andererseits ist neben einer gewissen KonE. Forstlwff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 52. E. Forstlwff, Der Staat der lndustriegesellschaft, S. 23. Deutlich arbeitet den Unterschied auch heraus P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 15 f. 77 So zutreffend R. Wahl, Die Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung und Verwaltungsrecht, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/G. F. Schuppert, Reform des Verwaltungsrechts, 1993, S. 183; zum Wandel von Staatsaufgaben vgl. auch G. F Schuppert, Staatswissenschaft, 2003, S. 282 ff. 78 R. Wahl, Die Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung und Verwaltungsrecht, S. 189. 79 Kritisch gegenüber dieser "von-zu-Argumentation" auch E. V. Heyen. Zur rechtswissenschaftlichen Perspektive staatlicher Steuerung, in: K. KönigIN. Dose (Hrsg.), Instrumente 7S

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A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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tinuität der Verwaltungsaufgaben der gesellschaftliche Wandel nicht zu vernachlässigen. Dieser Gefahr unterliegen manche Autoren, die eine überzeitliche Kontinuität der Verwaltungsaufgaben in den Vordergrund stellenso. Die Ausblendung des Zeitfaktors führt so zu der Illusion einer Vergleichbarkeit ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher und staatlicher EpochensI. So haben Freiheitsgarantie und Sozialstaatlichkeit, die als überzeitliche Staatsaufgaben aufgeführt werden, in den verschiedenen Staatsepochen eine unterschiedliche Bedeutung und dadurch eben auch einen unterschiedlichen Inhalt. Staats- und Verwaltungsaufgaben sind demnach immer abhängig vom jeweiligen Staatstyp und damit auch zeitgebunden. Forsthoffs Aufgabenbegriff hebt dies insoweit hervor, als er an den Begriff des Wandels geknüpft ist. Zwar wird eine gewissermaßen archetypische Staatsaufgabe wie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in ihrem Kern immer vom Wandel unberührt bleibens2 . Daneben ändert sich jedoch die weitere Aufgabenagenda entsprechend dem veränderten Verhältnis von Staat und Gesellschaft in den verschiedenen Staatstypen. Kontinuität und Wandel der Verwaltungsaufgaben sind demnach gleichzeitige Phänomene s3 , wobei Forsthoff das Phänomen des Wandels stärker betont. Den Aufgaben der Verwaltung ist mittlerweile eine unüberschaubare Literatur gewidmet84 . Wurde der Begriff in den dreißiger Jahren durch Forsthoffs Schriften und andere Werke, von denen vor allem auch das Lehrbuch der Verwaltung von Köttgen zu nennen ist, in die Verwaltungsrechtswissenschaft eingeführt, war es in den sechziger Jahren Badura, der eine Neuorientierung des Verwaltungsrechts am Maßstab der Verwaltungsaufgaben gefordert hat8s . 1971 widmete sich schließlich auch die Staatsrechtslehrertagung dem Thema ,,Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung"s6. und Formen staatlichen Handelns, 1993, S. 206; W. Brohm, Rechtsstaatliche Vorgaben für informelles Verwaltungshandeln, DVBI. 1994, S. 133, S. 139; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999, S. 3 Fn. 15. 80 H.-C. Link/G. Ress, Staatszwecke im Verfassungsstaat - nach 40 Jahren Grundgesetz, VVDStRL 48 (1990), S. 7 ff. 81 So zutreffend G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 103. 82 Vgl. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 368. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 13, stellt allerdings auch in Bezug auf diese Aufgabe fest, dass sie in der industriell-technischen Gesellschaft den für die Verwaltung typischen "Arbeitscharakter" angenommen hat. V gl. zur Notwendigkeit der Staatsaufgabe Sicherheit nur C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 21 ff. 83 G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 103. Einige Nachweise bei G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 81 Fn. 30. V gl. die zum Teil schon mehrfach zitierten Schriften von P. Badura: Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 20 ff.; Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 627; Auftrag und Grenzen der Verwaltung im sozialen Rechtsstaat, DÖV 1968, S. 446. 86 O. Bachof/W. Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 193 ff. bzw. S. 245 ff. 84 85

4 Scbütte

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Auch in der neueren Literatur findet der Aufgabenbezug des Rechts vielfältige Beachtung. Auf dem Gebiet des Staatsrechts zeigt sich dies neben Bemühungen um eine Staatsaufgabenlehre87 besonders deutlich an Versuchen zur Wiederbelebung der Staatswissenschaft88 . Im Bereich des Verwaltungsrechts wird die Frage der Staatsaufgaben ebenfalls breit thematisiert. Vor allem Autoren, die sich um einen steuerungswissenschaftlichen Ansatz bemühen, rücken den Aufgabenbezug in das Zentrum ihres Interesses89 . Dort wird der Begriff der Aufgabe als "Schlüsselbegriff der Verwaltungswissenschaft" bezeichnet90 . Forsthoffs Beschäftigung mit den Aufgaben der Verwaltung hat demnach bis heute ihre Aktualität behalten.

11. Wandel der Bedeutung der Verwaltung: Die Verschiebung der Staatsgewalten 1. Funktionswandel bedingt Bedeutungswandel der Verwaltung

Forsthoffs Ausführungen zum Wandel der Verwaltung heben bereits die zentrale Rolle der Verwaltung im Sozialstaat des 20. Jahrhunderts hervor. Dass damit ein Wandel des Schwerpunkts der Staatstätigkeiten einhergeht, stellt Forsthoff ebenfalls in seinen Schriften aus den dreißiger Jahren heraus. In dem Aufsatz "Das neue Gesicht der Verwaltung und die Verwaltungsrechtswissenschaft" aus dem Jahre 1935 erklärte Forsthoff die Verfassungsfrage für erledigt. Die Verwaltung sei vielmehr jetzt der Raum, "in dem uns vornehmlich die Wirklichkeit des heutigen Staates begegnet, in dem das Gesicht des Staates seine eigentliche Prägung erfährt.'.9I. Obwohl dieses Zitat nicht aus seinem zeithistorischen Hintergrund gelöst werden darf, weist es doch auf eine veränderte Rollenverteilung im Staatsgefüge 87

J. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR

m, 2. Aufl. 1996, § 57 Rn. 132, bezeichnet die Staatsaufgabenlehre als Entwicklungsland der

deutschen Staatsrechtslehre; vgl. auch die umfangreichen Sammelbände von D. Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfahigkeit des Rechts, 1990; ders. (Hrsg.), Staatsaufgaben, 1994. Für die Politikwissenschaft, in der eine ähnliche Tendenz zu beobachten ist, ist zu nennen: J. J. Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften - eine vergessene Disziplin oder eine Herausforderung?, 1990. 88 V gl. hierzu jüngst A. Voßkuhle, Die Renaissance der ,,Allgemeinen Staatslehre" im Zeitalter der Europäisierung und Internationalisierung, JuS 2004, S. 2 ff.; ders., Der ,,Dienstleistungsstaat", Der Staat 40 (2001), S. 502 f.; G. F. Schuppert. Staatswissenschaft, S. 45 ff.; ders., Zur Neubelebung der Staatsdiskussion: Entzauberung des Staates oder "Bringing the State Back in?", Der Staat 28 (1989), S. 91 ff. 89 H. Schulze-Fielitz, Staatsaufgaben und Verfassung, in: D. Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfahigkeit des Rechts, 1990, S. 11 ff.; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, S. 138 ff.; G. F. Schuppert. Verwaltungswissenschaft, S. 81 ff. 90 G. F. Schuppert. Die öffentliche Aufgabe als Schlüsselbegriff der Verwaltungswissenschaft, VerwArch 71 (1981), S. 309 ff. 91 E. Forsthoff, Das neue Gesicht der Verwaltung und die Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 331.

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

51

hin. Forsthoff gebraucht verschiedentlich als Begriff für diese neue Staatsform den Begriff "Verwaltungsstaat"n. Unter diesem Begriff wird die Frage nach der Rollenverteilung der Staatsgewalten auch seit dem ersten Weltkrieg erörtert. Für die deutsche Staatsrechtswissenschaft93 hat als erster earl Schmitt auf die politisch und sozial bedingten Wandlungen im Staatsgefüge aufmerksam gemacht. Danach ist spezifischer Ausdruck des Verwaltungsstaats "die nur nach Lage der Sache bestimmte, im Hinblick auf eine konkrete Situation getroffene, ganz von Gesichtspunkten praktisch-sachlicher Zweckmäßigkeit geleitete Maßnahme,,94. War im bürgerlichen Rechtsstaat das Gesetz das staatsstrukturbestimmende Element, war dieser Staat "Gesetzgebungsstaat,,95, hatte er somit seinen Schwerpunkt in der Gesetzgebung, verlagert sich nunmehr die Priorität der Staatsgewalten in Richtung auf die Verwaltung. Forsthoff knüpft mit seiner 1935 vollzogenen Hinwendung zum Verwaltungsrecht an diese Gedanken an96 . Danach seien "die vordringlichen Aufgaben öffentlich-rechtlicher Wissenschaft auf dem Gebiet der Verwaltung" und hier im Bereich der sozialen Verwaltung zu finden 97 . Wahrend sich die rechtsstaatliehe Bewegung in einem Gesetzesstaat vollendet habe, das heißt in einem Staat, dessen Schwerpunkt in der Gesetzgebung gelegen habe, sei nach Ende des ersten Weltkrieges eine Schwerpunktverlagerung hin zur Verwaltung zu erkennen 98 . Forsthoff sieht im Anschluss an Schmitt bereits in der extensiven Handhabung des Art. 48 der Weimarer Reichsverfassung ein Beispiel, wie "die Gesetzgebung in die Hand der Verwaltung übergeht und in den Verwaltungsfunktionen mehr und mehr ununterscheidbar aufgeht,,99. Daraus zieht Forsthoff den Schluss, dass die "eigentlich brennenden Fragen einer gerechten Sozialordnung" in der Verwaltung zu suchen sind !()(). Auf diese Schriften baut Forsthoff in seinem Lehrbuch aus dem Jahre 1950 auf. Hier heißt es lOl : 92 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 49.; ders., Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 9.; ders., Der modeme Staat und die Tugend, S. 23. 93 In Österreich gebrauchte bereits AdolfMerkl den Begriff "Verwaltungsstaat", allerdings hier mehr in Abgrenzung zur Justiz, vgl. dazu C. H. Ule. Über das Verhältnis von Verwaltungsstaat und Rechtsstaat, in: 10 Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 1957, S. 131. 94 C. Schmitt. Legalität und Legitimität, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954,2. Aufl. 1985, S. 265. 95 C. Schmitt. Legalität und Legitimität, S. 263. 96 Den von Schrnitt geprägten Begriff des Verwaltungsstaats übernahmen zur Zeit des Nationalsozialismus ebenfalls: O. Koellreutter; Grundriß der allgemeinen Staatslehre (1933), S. 237; A. Köttgen. Deutsche Verwaltung, 3. Aufl. 1944, S. 9. 97 E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398. 98 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 15. 99 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 15. 100 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 15. 101 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 4.

4"

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht "Die Herstellung einer angemessenen Sozialordnung ist die vordringlichste, seine ganze Kraft in Anspruch nehmende Aufgabe des Staates geworden. Das vorzügliche Mittel dazu ist die Verwaltung."

2. Der Sozialstaat als Verwaltungsstaat

Die Bezeichnung des Sozialstaats als Verwaltungsstaat orientiert sich nicht an der rechtlichen Ordnung, die der Bundesrepublik durch das Grundgesetz vorgegeben ist. Im Blick auf die durch das Grundgesetz geregelte verfassungsrechtliche Stellung der Verwaltung hebt Forsthoff hervor, dass die bedeutende Rolle der Verwaltung im modemen Staat in der bundesdeutschen Verfassung eher defizitär erfasst worden sei l02 . Insbesondere hat nach Forsthoff die sozialstaatliche Verwaltung in der Verfassung keinen Platz (s. o. 1. Teil B. III.). Forsthoffs Begriff des Verwaltungsstaats ist demnach kein juristischer; sondern ein soziologischer; oder genauer ein staatswissenschaJtlicher Begri!l°3. Dabei beinhaltet der Befund Forsthoffs, dass der Sozialstaat Verwaltungs staat sei, zunächst die Feststellung einer allein schon quantitativen Ausdehnung der Verwaltungstätigkeiten durch die Erfordernisse des Sozialstaats. Diese quantitative Ausdehnung der Verwaltungstätigkeiten, vor allem bedingt durch die Zunahme der leistenden Verwaltungstätigkeiten, wurde von Forsthoff in seiner Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" eingehend beschrieben. Daneben enthält die Einstufung des Sozialstaats als Verwaltungsstaat auch ein qualitatives Element. So zeichnet sich der Verwaltungsstaat durch eine allgemeine Tendenz der Staatsfunktionen zu exekutorischem Handeln aus. Forsthoff hebt hier vor allem eine Relativierung der Unterscheidung von legislativem und exekutorischem Handeln hervor. a) Verwaltung und Gesetzgebung

Forsthoff nennt drei Beispiele einer Verschränkung beider Staatsfunktionen lO4 : Indem die Gesetzgebung die Verwaltung zur eigenständigen Normsetzung (wie im Grundgesetz in Art. 80 Abs. 1 geregelt) ermächtige, nehme die Verwaltung selbst gesetzgeberische Funktionen war. Eine solche delegierte Normsetzung nehme im Sozialstaat immer mehr an Umfang zu 105. Neben dem wachsenden NormE. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 106. Zum Begriff Verwaltungsstaat als soziologischem Begriff C.-H. UZe, Über das Verhältnis von Verwaltungsstaat und Rechtsstaat, in: 10 lallTe Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 1957, S. 134; T. Teshima, Über den Verwaltungsstaat, in: Gedächtnisschrift für H. Peters, 1967, S. 588. 104 Im Folgenden E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 9 ff. \05 Zur starken Zunahme dieser Form delegierter Normsetzung siehe bereits H. Peters, Der Kampf um den Verwaltungsstaat, in: Festschrift für W. Laforet, 1952, S. 31; aus neuerer Zeit W. J. Dodenhoff, Ist oder wird die Bundesrepublik Deutschland ein Verwaltungsstaat?, VerwArch 75 (1984), S. 10. \02

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A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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bedarf und der Schwerfälligkeit des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens nennt Forsthoff als Grund für die gewachsene Bedeutung eigenständiger Rechtssetzung der Verwaltung die im Sozialstaat ständig sich ändernden Sachlagen, die eine rasche normative Anpassung an die sozialen Gegebenheiten erfordern. Die veränderte Staatsstruktur hin zu einem Staat, der in der Verwaltung seinen Schwerpunkt hat, erfasst nach Forsthoff auch die Struktur der Gesetze, die ihrerseits exekutorische Züge annehmen. Während das abstrakt-generelle Gesetz des bürgerlichen Rechtsstaats das für eine lange Geltungsdauer bestimmte Ergebnis der parlamentarischen Staatswillensbildung gewesen sei, sei das Gesetz im Sozialstaat ein auf relativ kurze Zeit angelegtes Mittel, auf soziale Veränderungen zu reagieren. Indem die Legislative solchermaßen nicht mehr im klassischen Sinne abstrakt-generelle Normen erlasse, sondern zunehmend konkrete Vollzugsvorgänge in Gesetzesform regele, nehme die Gesetzgebung Aufgaben wahr, die traditionell im Aufgabenbereich der Verwaltung angesiedelt seien. Forsthoff prägt für diesen Sachverhalt den Begriff der ,,Maßnahmegesetze,,I06. Er knüpft dabei in der Terminologie an Art. 48 11 der Weimarer Reichsverfassung und die durch earl Schmitt eingeführte Definition der Maßnahme an 107 • Danach sei der moderne Gesetzgeber unter den Gegebenheiten des Sozialstaats "immer wieder gefordert, Maßnahmen zu treffen, um Fehlläufe der sozialen oder politischen Verhältnisse abzuwenden", er könne sich vielfach nicht mehr "darauf beschränken, nur noch generelle Normen im Sinne abstrakter Grundsätze zu erlassen,,108. Aus diesem Grunde würden immer häufiger Maßnahmegesetze erlassen, die "durch die der abstrakten, generellen Norm wesensfremde Relation zwischen einem konkreten Zweck und den zu seiner Erreichung eingesetzten Mitteln" gekennzeichnet seien 109 • Diese Gesetze seien damit strukturell dem Verwaltungshandeln verwandt. Als drittes Merkmal einer qualitativen Schwerpunktverlagerung in Richtung auf die Exekutive nennt Forsthoff schließlich den Fall, dass die Gesetzgebung von jeder Regelung absieht und der Verwaltung freien Lauf lässt. Dies ist nach Forsthoff im Bereich der neuen, sozialstaatlich bedingten Aufgaben in großem Umfang der Fall llO . Die veränderte Bedeutung der Verwaltung manifestiert sich nach Forsthoff demnach auch in einem veränderten Verhältnis zum Rechtssatz. Die Staatstheorie des 106 Erstmals E. Forsthoff, Über Maßnahmegesetze, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 105 ff.; hierzu H. Schneider; Über Einzelfallgesetze, in: Festschrift für C. Schmitt, 1959, S. 59 ff.; dieser Problemkreis war auch Thema der Staatsrechtslehrertagung 1956: c.-F. Menger/H. Wehrhahn, Das Gesetz als Norm und Maßnahme, VVDStRL 15 (1957), S. 3 ff. bzw. S. 35 ff. 107 E. Forsthoff, Über Maßnahmegesetze, S. 109. 108 E. Forsthoff, Über Maßnahmegesetze, S. 107. 109 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 10. 110 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 11.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

bürgerlichen Rechtsstaates stellte das parlamentarische Gesetz in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren gewährleistete die Beteiligung des Bürgertums am Staatswillen, der Vorbehalt des Gesetzes sicherte die Freiheitssphäre der Bürger. Diesem Verfassungsmodell entsprach, dass sich die Verwaltung in ihrer Tätigkeit im Wesentlichen auf die Vollziehung von Normen beschränkte. Demgegenüber könne die Verwaltungstätigkeit des Sozialstaats, der die Verantwortung für die gesamte Sozialgestaltung obliege, nicht mehr im Normenvollzug aufgehen 1l1 . Im Staat der Daseinsvorsorge sei daher eine Ausdifferenzierung der Abhängigkeit der Verwaltung vom Rechtssatz notwendig. Diese Abhängigkeit erfahre verschiedene Abstufungen: Einer vollen Rechtssatzgebundenheit bedarf es nach Forsthoff grundsätzlich bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum des Bürgers. Trete die Verwaltung hingegen als Leistungsträger, das heißt als Geber, in Erscheinung, sei das Vorhandensein eines Gesetzes nicht grundsätzlich Voraussetzung für das Tätigwerden der Verwaltung 1l2 : "Im Sozialstaat hat die Verwaltung im Rahmen der rechtssatzmäßigen Gegebenheiten das Recht der freien Selbstgestaltung. "

Damit ist nach Forsthoff die Verwaltung in diesem Bereich von Vorgaben des Gesetzgebers weitgehend befreit, die Verwaltung erscheint hier allein durch ihre staatliche Autorität legitimiert, die in Forsthoffs Staatsverständnis eine wichtige Rolle einnimmt (s. o. 1. Teil A. Y.). Augenfällig ist, dass Forsthoff der Verwaltung einen weitgehenden eigenständigen Bereich gegenüber dem Gesetzgeber zusprechen möchte. Die von der Kritik hervorgehobene Skepsis Forsthoffs gegenüber dem parlamentarischen Gesetzgeber\l3 ist insoweit durchaus ein Charakteristikum seiner Texte 114. Forsthoff traut die Bewältigung der durch den Wandel zum Sozialstaat bedingten Aufgaben eher der Verwaltung als dem Gesetzgeber zu. Auch zeigen sich bei Forsthoff immer wieder Vorbehalte gegenüber gesetzespositivistischen Tendenzen, die er mit Verweis auf die größere Flexibilität ungeschriebenen, vor allem durch die Rechtsprechung geprägten Rechts verwirft ll5 . So hat er die Normierung des allgemeinen Verwaltungsrechts bis zuletzt abgelehnt II 6. Daraus lässt sich allerdings nicht tU

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 14 f.

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 15. Bezeichnenderweise spricht Forsthoff von ,,rechtssatzmäßiger", nicht von "verfassungsmäßiger" Gebundenheit. Dies hat seinen Grund in der oben erläuterten Auffassung Forsthoffs, dass der Sozialstaat nicht auf Verfassungsebene anzusiedeln sei. Hiergegen z. B. BVerwGE 6, S. 282 ff., S. 287; H. J. Woljf/O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Autl. 1976, § 30 II c). m Vgl. I. Maus, Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus, 1976, S. 75 ff.; U. Storost, Die Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs als Ausdruck eines politischen Verfassungsmodells, S. 182 f., S. 188. 114 Zuletzt E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 83 ff. 115 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 162 ff. 116 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 163. 112

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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schließen, dass Forsthoff Gesetzesvorhaben grundsätzlich ablehnend gegenübergestanden oder dass er gar einer Verwaltungsrechtslehre contra legern das Wort geredet hätte 117. So forderte Forsthoff nicht, wie ihm manche Kritiker vorgeworfen haben, die Verwaltung den Bindungen des Rechtssatzes zu entziehen 118 • Die Selbständigkeit der Verwaltung und das Recht der freien Selbstgestaltung besteht für Forsthoff nur in den Bereichen, die der Gesetzgeber (noch) nicht normiert hat. Dies ist für ihn weitgehend der Bereich der Daseinsvorsorge, der zu seiner Zeit auch in der Tat erst in Ansätzen gesetzlich geregelt war. Lagen jedoch Verwaltungsrechtsmaterien gesetzlich aus geformt vor, verlangte Forsthoff eine strenge Rechtssatzgebundenheit. So ist das in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" von Forsthofflobend erwähnte Energiewirtschaftsgesetz von 1935 ein Beispiel, wo nach Forsthoff der Gesetzgeber eine Materie der Daseinsvorsorge weitgehend abschließend geregelt hatte, so dass hier der Verwaltung kein großer eigener Spielraum mehr verblieb ll9 . Diese grundsätzliche Rechtssatzgebundenheit der Verwaltung hatte Forsthoff demnach bereits in den 30er Jahren betont l20 . Im Übrigen führt Forsthoff auch nachvollziehbare praktische Gesichtspunkte für eine gewisse Unabhängigkeit der Verwaltung ins Feld. Ein sozialgestaltender Staat muss sich wesentlich schneller auf wechselnde soziale Situationen einstellen können als ein nur ordnungsgewährender Staat. Für Forsthoff erscheint die Verwaltung dabei flexibler als der relativ schwerfällige Gesetzgeber. b) Verwaltung und Justiz

Die von Forsthoff hervorgehobene gewichtige Position der Verwaltung im Sozialstaat beeinflusst auch ihre Stellung gegenüber der Justiz. Auch in diesem Verhältnis behauptet die Verwaltung nach Forsthoff ihre Eigenständigkeit. Forsthoff hebt hervor, dass der Richter grundsätzlich an den ihm unterbreiteten Einzelfall gebunden sei und das richterliche Handeln nur für diesen Fall Gültigkeit besitze. Er bezeichnet dies als das ad-hoc-Moment richterlicher Entscheidung 121 . Als weiteres Merkmal richterlicher Tätigkeit nennt Forsthoff das status-quoMoment: Wie der Richter nur immer den Einzelfall zu beurteilen habe, so biete sich ihm auch regelmäßig nur ein kleiner Ausschnitt aus der Lebenswirklichkeit. 117 Dies belegt bereits Forsthoffs Eintreten in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" für ein Gesetz über die Daseinsvorsorge, vgl. ebd., S. 49 f. 118 Die These von I. Maus, Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus, S. 78, Forsthoffs Verfassungstheorie wolle den Verzicht auf rechtliche Regelung überhaupt, erscheint insoweit nicht zutreffend. 119 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 33 ff. 120 So zutreffend auch H. Dreier; Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S. 17 Fn. 39; W. Kohl/M. Stolleis, Im Bauch des Leviathan, NJW 1988, S. 2853 Fn. 57. 121 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 5 f.; ebenso ders., Recht und Sprache, 1940, S. 30 ff.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Der Richter sei an diese"Gegebenheiten" gebunden, für ihn sei allein maßgebend, was gegenwärtig gelte 122 • Er stehe nicht im Dienste der Vergangenheit oder Zukunft, sein Urteil müsse ein gegenwärtig gerechtes sein. Die Justiz sei eine an der Sache selbst nicht beteiligte, neutrale Instanz 123 . Demgegenüber handele die Verwaltung vorwiegend in eigener Sache und aufgrund eigener Initiative. Zwar müsse sie wie der Richter zum Teil aufgrund von Anträgen tätig werden, doch sei ihr Handeln einer sozialen Kontinuität verpflichtet, die ihre Tatigkeit über den Einzelfall hinaushebe. Daher fehle ihr die Konzentration auf den aus dem Sozialleben herausgeschnittenen Tatbestand. Auch stehe die Verwaltung der sozialen Realität nicht als einer Gegebenheit gegenüber, sondern sie sei selbst dazu berufen, die gesellschaftlichen Verhältnisse durch ihre Initiative zu ändern und zu gestalten. Die Verwaltung habe es immer mit der umfassenden Sozialgestaltung zu tun, ihre "Akte verbinden sich zu einem sinnvollen Ganzen" und stehen nicht unvermittelt nebeneinander l24 . Forsthoff fasst auf dieser Grundlage die unterschiedlichen Aufgaben von Verwaltung und Justiz zusammen l25 : "Aufgabe der Rechtspflege ist die tatbestandsbezogene Entscheidung im Wege der Rechtserkenntnis, Aufgabe der Verwaltung ist die Sozialgestaltung im Rahmen der Gesetze und auf dem Boden des Rechts".

Die politischen Implikationen dieser Abgrenzung sind auffallig. Wahrend der Richter seine Entscheidung nur aus dem Gesetz ableiten darf, seine möglicherweise sozialen Erwägungen nur dann als Recht legitimieren kann, wenn er sich auf das Gesetz beruft l26 , wird die Verwaltung vorrangig eigeninitiativ im Interesse sozialer Gerechtigkeit tätig. Ihre Legitimation bezieht sie aus ihrer Eigenschaft als staatliche Institution, der die Sozial gestaltung anvertraut ist. Legitimitätsstiftend ist hier letztlich die staatliche Autorität, die den Tatigkeiten der Verwaltung innewohnt l27 • Hier spiegelt sich wiederum deutlich Forsthoffs Staatsverständnis. c) Das Problem der Gewaltenteilung

Dass eine Auffassung, die die wesentlichen Staatsaufgaben in die Obhut der Verwaltung geben möchte, das Prinzip der Gewaltenteilung in Frage stellt, ist offensichtlich. Auch Forsthoff selbst ist sich allerdings der Gefahren bewusst, die ein expandierender Verwaltungsstaat für die rechtsstaatliche Verfassung der BundesE. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 6. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 6. 124 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 6. 125 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 6. 126 E. Forstlwff, Recht und Sprache, S. 39 f. 127 Zutreffend U. Storost, Die Verwaltungsrechtslehre Ernst Forsthoffs als Ausdruck eines politischen Verfassungsmodells, S. 179 f. 122 123

A. Aufgaben und Bedeutung der Verwaltung im Staat

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republik beinhalten kann. So verweist er auf die Problematik der Maßnahmegesetze für den Rechtsstaat 128 : ,,Rechtsstaatliches Denken wird sich freilich nicht ohne Zögern zu einem solchen Ergebnis (der Zulässigkeit von Maßnahmegesetzen) bekennen. Es besteht ein Einbruch in die Garantien, welche die rechtsstaatliche Verfassung gerade vennöge der hier verletzten Fonntypik gewähren soll."

Forsthoff muss allerdings auch feststellen, dass die von ihm in seinem Lehrbuch idealtypisch beschriebene Stellung der Verwaltung durch das für den Verwaltungsstaat charakteristische Maßnahmegesetz erhebliche Einschränkungen in der bundesrepublikanischen Entwicklung erfahren hat. So nehme der Gesetzgeber im Sozialstaat gerade in Form von Maßnahmegesetzen vielfach Interessenausgleiche seIbst vor und gewähre der Verwaltung immer weniger das für ihre Eigenständigkeit notwendige Ermessen 129 . Insofern hat das Maßnahmegesetz eine ambivalente Tendenz: Indem die Gesetzgebung selbst exekutorische Funktionen wahrnimmt, wird auf der anderen Seite die Handlungsfreiheit der Verwaltung eingeschränkt. Aus diesem Umstand erklären sich wohl auch Forsthoffs Vorbehalte gegenüber Maßnahmegesetzen, da sie vor allem einen Eingriff in die Sphäre der Verwaltung bedeuten. Die Eigenständigkeit der Verwaltung wird nach Forsthoff allerdings auch durch die in der Bundesrepublik zu beobachtende Ausweitung des Rechtsschutzes in Frage gestellt. Hierdurch hätten sich die Verwaltungsgerichte auf Kosten der Verwaltung profiliert 130. Aus diesem Grunde gehe die Rechtsentwicklung im Bereich des Verwaltungsrechts vielfach nicht mehr von der Verwaltung, sondern vor allem von den Verwaltungsgerichten aus 131 . d) Der Verwaltungsstaat in der rechtswissenschaftlichen Diskussion der Bundesrepublik

Forsthoffs These von der Verwaltung als wichtigster Staatsfunktion des 20. Jahrhunderts findet Parallelen in der verwaltungsrechtlichen Literatur der unmittelbaren Nachkriegszeit 132. Schon in den Anfangsjahren der Bundesrepublik wurde dieser Befund von Werner Weber und Hans Peters gestellt. Weber traf in seiner Göttinger Antrittsvorlesung 1949 die Feststellung, dass "der Staat unserer Zeit, ob er will oder nicht, Verwaltungsstaat ist,,133. Ähnlich äußerte er sich in seiner Schrift 128

E. Forstfwff, Über Maßnahmegesetze, S. 113.

Besonders anschaulich hierzu ist Forstfwjfs Diskussionsbeitrag auf der Staatsrechtslehrertagung 1954, VVDStRL 13 (1955), S. 187 f. 130 E. Forstfwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 79 ff. 13J Siehe auch den zitienen Diskussionsbeitrag Forstfwjfs. VVDStRL 13 (1955), S. 188. 132 In den fünfziger Jahren wurde der Begriff "Verwaltungsstaat" dann zum "Schlagwon", vgl. C. H. Ule. Über das Verhältnis von Verwaltungsstaat und Rechtsstaat, S. 127 ff. 133 W Weber, Weimarer Verfassung und Bonner Grundgesetz, unveränden abgedruckt in: ders .. Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, 3. Aufl. 1970, S. 34. 129

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

"Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem,,134: Durch die Abhängigkeit der Bürger von ,,Anstalten, Einrichtungen, Leistungen, Ausgleichs- und Zuteilungsvorgängen" müsse ihnen die Welt geradezu als eine verwaltete Welt erscheinen. In dieser Welt schwelle notwendig der Verwaltungsapparat an und auch die Gesetzgebung nehme verwaltungsstaatliche Züge an, indem das klassische abstrakt-generelle Gesetz zunehmend durch "Aktionsprogramme, Vollzugspläne und Abwicklungsrichtlinien exekutorischer Gestaltvorgänge" ersetzt werde. Diese exekutorische Gesetzgebung fndet sich in Forsthoffs beschriebenem Terminus "Maßnahmegesetz" wieder. Hans Peters bemerkte in seinem "Lehrbuch der Verwaltung" - ebenfalls 1949-, dass der deutsche Staat der Gegenwart bei "aller Anerkennung der rechtsstaatlichen und demokratischen Grundlagen" aus dem Gesetzgebungsstaat des 19. Jahrhunderts zum Verwaltungsstaat des 20. Jahrhunderts geworden sei 135. Peters geht dabei von einer prinzipiellen Vereinbarkeit von Verwaltungs staat und Rechtsstaat aus. Er hält den Verwaltungsstaat sogar für eine Form des Rechtsstaats J36 • Forsthoff ist in dieser Frage deutlich skeptischer. Er versteht das Maßnahmegesetz als Fremdkörper in der rechtsstaatlichen Verfassung, der in jedem Falle in das System der Gewaltenteilung eingreife 137 . Auch sieht er im Anwachsen des Sozialstaats Kräfte am Werk, die die rechtsstaatliehe Freiheit in Frage stellen können. Forsthoff argumentiert hier auf der Grundlage seines formellen Verfassungsverständnisses. Allerdings sieht Forsthoff die Notwendigkeit, sich mit der veränderten Realität, so auch mit der Zulässigkeit von Maßnahmegesetzen, abzufinden, um den Anschluss an die Staatswirklichkeit nicht zu verlieren. Forsthoffs Argumentation hebt sich insofern von den ,,Anhängern" des Verwaltungsstaates ab, als er deutlich auf die strukturelle Unvereinbarkeit von Sozialstaat und Rechtsstaat hinweist. Die Diskussion um den Verwaltungsstaat wurde in den folgenden Jahrzehnten weitergeführt. So stellte Badura in Anknüpfung an Forsthoff den Verwaltungsstaat als Ergebnis des Wandels vom Rechts- zum Sozialstaat heraus. Der Sozialstaat könne seine Zwecke nur durch einen umfangreichen bürokratisch organisierten Verwaltungsapparat verwirklichen. Die Verwaltung werde so aus einem Hüter öffentlicher Ordnung zu einer "ständig expandierende(n) Apparatur von Lenkung und Leistung,,138. In der gegenwärtigen Literatur wird die These vom Verwaltungs staat etwa von Klaus König 139 , Kurt Eichenberger 140 und Gunnar Folke SchUppert 141 wieder auf-

138

W. Weber. Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, S. 235. H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung. 1949. Vorwort. S. V. H. Peters, Der Kampf um den Verwaltungsstaat. S. 36. E. Forsthoff, Über Maßnahmegesetze. S. 112. P. Badura, Auftrag und Grenzen der Verwaltung im sozialen Rechtsstaat. DÖV 1968.

B9

K. König, Verwaltungs staat im Übergang. 1999. vgl. dort vor allem S. 9 ff.

134

135 136 137

S.450.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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gegriffen. Schuppert nimmt Eichenbergers Formulierung VOn der "Universalität, Ubiquität und Omnipräsenz der Verwaltung" auf, um VOn dort aus die Frage nach der Steuerbarkeit und Kontrollierbarkeit der Verwaltung zu stellen. Der Verwaltungsstaat ist also bis heute ein Thema der Verwaltungsrechtswissenschaft geblieben.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats Der verwaltungswissenschaftliche Befund hat für Forsthoff nun grundlegende Konsequenzen für die Methode des Verwaltungsrechts. Wahrend sich die juristische Methode Otto Mayers noch mit einer verwaltungsrechtlichen Systematik bestimmter Rechtsformen habe begnügen können, müsse eine Methode des Verwaltungsrechts im 20. Jahrhundert ihren Ausgangspunkt bei den Aufgaben der Verwaltung haben l42 . Forsthofffordert also einen Methodenwandel.

I. Die Ausgangsposition: Die juristische Methode Otto Mayers 1. Die juristische Methode als die Methode des bürgerlichen Rechtsstaats

Mit der Herausbildung der juristischen Methode beginnt erst der Aufbau eines wissenschaftlichen Verwaltungsrechts als System VOn staatlichen Handlungsformen und damit der Aufstieg des Verwaltungsrechts zu einer eigenständigen Wissenschaft. Die wissenschaftshistorische Bedeutung der juristischen Methode besteht darin, das Verwaltungsrecht erstmals als wissenschaftliche, auf Abgeschlossenheit angelegte systematische Einheit zu beschreiben l43 . Die Entwicklungslinie der Verwaltungsrechtswissenschaft von der Policeywissenschaft zur juristischen Methode begann mit Robert von Mohl l44 und wurde fortgeführt von Gelehrten wie earl Friedrich von Gerber 145 , Friedrich Franz 140 K. Eichenberger. Hochleistungsverwaltung des entfalteten Sozialstaates, in: Festschrift für Ulrich Häfelin, 1989, S. 442 ff. 141 G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 53. 142 E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398. 143 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 51. 144 R. v. Mohl, Das Staatsrecht des Königreiches Württemberg, 1. T. 1829, 2. T. 1831, 2. Aufl, 1840; ders., Die Polizeiwissenschaft nach den Grundsätzen des Rechtsstaats, 2. Aufl. 1844. Zu v. Mohl vgl. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 43; H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1976, § 13 11 b). 145 C. F. v. Gerber. Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrechts, 1865. Zum System Gerbers E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 49; M. SI0/leis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland 11, S. 383 Fn. 8.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Mayer l46 und Otto von Sarwey l47. Stand zunächst die Eingliederung des Verwaltungsrechts in die Gegebenheiten der rechtsstaatlichen Verfassung im Vordergrund, rückte später die methodische Forderung nach einer rechtswissenschaftlichen, nicht einer politischen oder verwaltungskundlichen Betrachtung der Verwaltung in das Zentrum. Gleichfalls entwickelte sich in dieser Phase das Bestreben, die besonderen Verwaltungszweige auf allgemeine Grundprinzipien zurückzuführen und diese systematisch darzustellen. Methodisch unterschieden sich diese Konzeptionen von der anderen Strömung in der Verwaltungsrechtswissenschaft der Mitte des 19. Jahrhunderts, der von der Gesellschaft aus argumentierenden, antipositivistischen Verwaltungslehre Lorenz von Steins. Diese "staatswissenschaftliche Methode" suchte rechtliche mit soziologischen und historischen Gesichtspunkten zu verbinden [so hierzu unten 2. Teil B. 11. 1. a)] . Dieser Zweig trennte sich im Zeitalter der juristischen Methode zunehmend von der Verwaltungsrechtswissenschaft. Gewissennaßen vollendet hat die Verwaltungsrechtswissenschaft des bürgerlichen Rechtsstaats Otto Mayer l48 , der der juristischen Methode im Verwaltungsrecht zu ihrer führenden Position verhalfl49 . Für Forsthoff ist denn Mayer auch "der eigentliche Schöpfer und Klassiker der modernen deutschen verwaltungsrechtlichen Methode,,15o. Sein System soll daher hier eingehender dargestellt werden. Die Methode Otto Mayers, die er vor allem in seinem berühmten Lehrbuch "Deutsches Verwaltungsrecht" ausgebreitet hat, setzte sich zum Ziel, "feststehende, gleichbleibende Arten von Erscheinungen der öffentlichen Gewalt" herauszuarbeiten l51 . Mayer entwickelte zu diesem Zweck allgemeine Begriffe und Institute der Verwaltung und konstruierte hieraus ein geschlossenes System von Rechtsfonnen, das für alle wesentlichen Tätigkeiten der Verwaltung Geltung beanspruchen sollte. 146 F. F. Mayer; Grundsätze des Verwaltungs-Rechts und -Rechtsverfahrens, 1857. Hierzu W. Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 11. B. Dennewitz, Die Systeme des Verwaltungsrechts, 1948, S. 68, nennt F. F. Mayer den ,,Begründer der juristischen Methode verwaltungsrechtswissenschaftlicher Darstellung". Merkwürdig ist deshalb, dass sein Name lange Zeit fast unbekannt geblieben ist und erst in neueren Darstellungen häufiger auftaucht. 147 o. v. Sarwey, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1884. Zu v. Sarwey vgl. E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 51 ; B. Dennewitz. Die Systeme des Verwaltungsrechts, S. 144. 148 Grundlegend zu seinem Werk E. V. Heyen, Otto Mayer, Studien zu den geistigen Grundlagen seiner Verwaltungsrechtswissenschaft, 1981; A. Hueber; Otto Mayer. Die ,juristische Methode" im Verwaltungsrecht, 1981. 149 Wie groß die Skepsis gegenüber einer eigenständigen verwaltungsrechtlichen Methode gewesen ist, zeigt noch G. Jellineks Besprechung des Mayerschen Werks, VerwArch 5 (1897), S. 304 f., in der er "die Selbständigkeit des Verwaltungsrechts für schwerlich verwirklichbar" erklärt. Danach seien "Staatsrecht und Verwaltungsrecht nicht derart grundsätzlich zu trennen". ISO E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 51. 151 O. Mayer; Deutsches Verwaltungsrecht 1,3. Aufl. 1924, S. 114.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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In scharfer Abgrenzung zum Bürgerlichen Recht und in Abkehr vom Polizeistaat des Spätabsolutismus kennzeichnete Mayer das Verwaltungsrecht als spezifisch öffentliches Recht. Verwaltungsrecht war für ihn das Recht hoheitlicher "Tätigkeit des Staates zur Erfüllung seiner Zwecke,,152. Für diese Sicht war die systematische Trennung von Staat und Gesellschaft grundlegend. Das Verwaltungsrecht beschrieb dabei das Rechtsverhältnis zwischen dem verwaltenden Staat und seinen Untertanen i53 . Das Verständnis der Beziehung des Staates zum Bürger als Rechtsverhältnis bedeutete eine Reduzierung des verwaltungsrechtswissenschaftlichen Blickwinkels auf die juristische Dimension des Verwaltungshandelns und damit auch eine Rationalisierung des Verwaltungsrechts. Die strenge Beachtung des Rechtsstaatsprinzips führte Mayer zu einer Rechtssatzgebundenheit der Verwaltung 154. Durch den "Vorbehalt des Gesetzes" (eine durch Mayer zu allgemeiner Anwendung gekommene Bezeichnung) fand die Verwaltung nun ihren festen rechtssystematischen Standort im System der Gewaltenteilung. Da diese Gesetzesbindung nach herrschender, von Mayer maßgeblich mitgeprägter bürgerlichrechtsstaatlicher Doktrin jedoch nur für Eingriffe der Verwaltung in Freiheit und Eigentum des Bürgers bestand, musste die juristische Methode vor allem die Eingriffsverwaltung in den Blick nehmen, für die insbesondere Polizeibefehl und Steuerbescheid als Beispiel dienten. An der juristischen Methode lässt sich gut zeigen, wie eng die Handlungsformen der Verwaltung mit der jeweiligen Staatsidee zusammenhängen. Die mit der juristischen Methode entwickelten Prinzipien vom Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes sind Ausdruck liberaler politischer Postulate und gleichzeitig systembildend für die rechtsstaatliehe verwaltungsrechtliche Systematik. Auch das Institut des Verwaltungsakts, das nach Mayers schöner Formulierung "dem Einzelnen Halt gewähren und ihn darüber sicherstellen soll, wohin es geht,,155, entspricht der Umsetzung des rechts staatlichen politischen Programms in das juristische System.

Als Methode, die im Gesetz das Zentrum ihrer Dogmatik und im verwaltungsrechtlichen Eingriff die zentrale Form verwaltungsrechtlichen Handelns erblickte, klammerte die juristische Methode die Kehrseite des staatlichen Eingriffs, staatliche Leistungen, weitgehend aus ihrem Konzept aus. Daher fand das, was man heute zusammenfassend als ,,Leistungsverwaltung" bezeichnet, keinen eigenständigen systematischen Platz in der Verwaltungsrechtsdogmatik der juristischen Methode. Um jedoch auch die Erscheinungen nichteingreifender Verwaltung systematisch klassifizieren zu können, ordnete Mayer die leistenden Aktivitäten der Verwaltung ebenfalls in das Subordinationsschema ein. So wurden im von Mayer O. Mayer; Deutsches Verwaltungsrecht I, 1. Aufl. 1895, S. 3. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I, 3. Aufl. 1924, S. 14; hierzu T. v. Danwitz. Verwaltungsrechtliches System und europäische Integration, 1996, S. 32. 154 P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 625. 155 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I, 3. Aufl. 1924, S. 93. 152 153

2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

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entwickelten Institut der "öffentlichen Anstalt" diejenigen "Veranstaltungen" der Verwaltung zusammengefasst, die nicht eingreifender Art waren I56 . Indem Mayer der Anstalt eine besondere "Anstaltsgewalt" gegenüber dem Bürger zusprach, schimmerte jedoch auch hier die für sein System charakteristische Überordnung des Staates gegenüber seinen Bürgern durch l57 • Die hierzu von Mayer entwickelte Lehre vom "besonderen Gewaltverhältnis" entledigte die Verwaltung ihrer rechtsstaatlichen Bindung an den Gesetzgeber im Rahmen ihrer Anstaltsgewalt. Durch den Eintritt in eine öffentliche Anstalt unterstellte sich der Anstaltsbenutzer dem besonderen Gewaltverhältnis, innerhalb dessen mittels des Rechtsinstituts der Anstaltsgewalt Eingriffe in Freiheit und Eigentum auch ohne Gesetzesgrundlage gerechtfertigt sein sollten. Diese ,,Lücke im verwaltungsrechtlichen System des liberalen Rechtsstaats" (ForsthoffI58 ) musste von Mayer bewusst hingenommen werden, um den vielfältigen Erscheinungsformen nichthoheitlichen Handeins im verwaltungsrechtlichen System Rechnung zu tragen. Als hinderlich für die Aufnahme der Leistungsverwaltung in das verwaltungsrechtliche System erwies sich auch, dass die als Subordinationsrecht aufgefasste Verwaltungsrechtswissenschaft notwendig nur öffentlich-rechtliche Handlungsformen in den Blick nehmen konnte und wollte l59 . Handelte die Verwaltung hingegen in Privatrechtsform, war das Verwaltungshandeln aufgrund der benutzten Rechtsform nicht Handeln öffentlicher Verwaltung, sondern lediglich "fiskalisches" Handeln, die Verwaltung handelte hier gewissermaßen wie eine Privatperson. Hier zeigte sich das Problem einer auf die Rechtsformen ausgerichteten Verwaltungsrechtsdogmatik: Indem das klassifikatorische Element des Verwaltungsrechts nach der juristischen Methode die (öffentlich-rechtliche) Rechtsform und nicht die mit einer Verwaltungshandlung verfolgte Aufgabe war, konnte diese Methode den bereits vielfältig von der Verwaltung praktizierten Gebrauch öffentlicher Verwaltung in Privatrechtsform nicht systematisch einordnen. Die beiden letzten großen Vertreter der Verwaltungsrechtswissenschaft in der Epoche des bürgerlichen Rechtsstaats und seiner juristischen Methode, Fritz Fleiner 160 und Walter Jellinek l61 , unternahmen eine vorsichtige Öffnung der Methode hin zu den neuen Formen und Aufgaben der Verwaltung. Beide blieben jedoch weitgehend unter dem Einfluss des Mayerschen Werkes l62 . O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht II, 3. Aufl. 1924, S. 264, S. 268. So zutreffend W. Meyer-Hesemann. Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 23. 158 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1, 10. Aufl. 1973, S. 130. 159 P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 626. 160 Zu Person und Werk Fritz Fleiners: Z Giacometti, Fritz Fleiner, 24. Januar 1867 - 26. Oktober 1937, SJZ 34 (1937), S. 145 ff.; W. Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 53 ff. 161 E. Forsthoff, Walter Jellinek, in: Ruperto-Carola 1955, S. 16; H. H. Klein, Walter Jellinek, in: Neue deutsche Biographie, Bd. 10, S. 394 f. 156

157

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

63

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die juristische Methode eine Methode der Rechtsformen gewesen ist, in der die Aufgaben und Zwecke des Verwaltungshandelns noch keine tragende Rolle spielten. Dies bedeutet jedoch gleichzeitig eine Abhängigkeit von den sozialen Voraussetzungen der Theorie l63 . Nach Hans Maier konnte diese Theorie "nur Sinn und Dauer haben .. .in einer Gesellschaft, die auf positive Förderung durch den Staat nicht angewiesen war oder dieser Förderung doch entbehren zu können glaubte"I64. 2. Das Verwaltungsrecht als System

Die wissenschaftsgeschichtlich bedeutsame Leistung der juristischen Methode liegt in der verwaltungsrechtlichen Systembildung. Der Systembildung 165 im Verwaltungsrecht 166 kommen vor allem rechtsdogmatische, rechtspraktische und rechtspolitische Funktionen ZU 167 • Diese Funktionen können anhand der verwaltungsrechtlichen Systembildung durch die ,juristische Methode" gut aufgezeigt werden. Zunächst standen rechtsdogmatische Überlegungen bei der wissenschaftlichen Systembildung im Vordergrund. So war sowohl für Friedrich Franz Mayer wie auch später für Otto Mayer das vorrangige Ziel der Systembildung, die verstreut in den verschiedenen besonderen Verwaltungszweigen auftretenden Rechtsfragen auf zentrale Rechtsformen und Rechtsinstitute zurückzuführen. Die Feststellung, dass Verwaltungshandlungen wie Polizeiverfügung und Steuerbescheid sich in ihren wesentlichen Merkmalen unter eine Rechtsform, den Verwaltungsakt, subsumieren lassen, ist gleichermaßen eine rechtsdogmatische wie eine systematische Leistung. Eine solche Systembildung ermöglichte es erst, Gemeinsamkeiten verschiedener Arten von Verwaltungshandeln herauszuarbeiten und das Verwaltungshandeln 162 Zu Jellineks Werk äußert sich E. Forsthoff, Gerhard Anschütz, Der Staat 6 (1967), S. 147, insofern auch kritisch: "Auch Walter Jellineks Lehrbuch des Verwaltungsrechts, zu seiner Zeit, also um 1930, die kompetenteste Darstellung seines Gegenstandes, machte vor den Problemen halt, die uns mit der Daseinsvorsorge gestellt sind". 163 So zutreffend W. Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 47. 164 H. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. Aufl. 1980, S. 207. 165 Zum Begriff des Systems im Bereich der Rechtswissenschaft vgl. nur K. Larenz. Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 437 ff.; c.-w. Canaris, Systemdenken und Systembegriffin der Jurisprudenz, 2. Aufl. 1983. 166 Zur Notwendigkeit eines systematischen Verwaltungsrechts E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 1 ff. 167 E. Schmidt-Aßmann, Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 4, der auch auf die rezeptionsleitende Funktion der Systembildung für den Bereich des Europarechts hinweist. Ähnlich F. Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des VerwaltungshandeJns, 1994, S. 199 ff.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

dadurch strukturierter und übersichtlicher zu gestalten. Diese Strukturierung erlaubte auch erst die Herausbildung eines "Allgemeinen Teils" und damit eine Differenzierung von Allgemeinem und Besonderem Teil im Verwaltungsrecht. Die "Klassiker" im Zeitalter des bürgerlich-liberalen Rechtsstaates waren denn auch mehrheitlich um die Herausbildung allgemeiner Lehren bemüht. Die rechtspraktische Bedeutung dieses Vorgehens lag darin, dass es der Verwaltung wie auch den Gerichten durch die Reduzierung des Verwaltungshandelns auf feste Handlungsformen möglich wurde, für die Vielzahl unterschiedlicher Verwaltungstätigkeiten einheitliche Herangehensweisen und damit einheitliche Ergebnisse zu erzielen 168. Insbesondere für verstärkt aufkommende Massenverkehrvorgänge des Abgabenrechts erwies sich diese Systematisierung als praktisch und effizient. Auch die systematische Erfassung des mit der Zeit stark anwachsenden Verwaltungsrechtsstoffs 169 wurde durch die Konzentration auf bestimmte, feste Rechtsformen einfacher. Das allgemeine Verwaltungsrecht wirkte so als "Speicher" für verschiedenste Verwaltungsvorgänge 17o. Praktisch bedeutsam war auch die Entlastung des Systems durch den Verzicht auf verwaltungskundliehe und politische Motive, mithin die Trennung von "Verwaltungsrecht" und "Verwaltungslehre". Bedeutsam ist schließlich die rechtspolitische Funktion der juristischen Methode l71 . Durch vereinheitlichte Grundstrukturen und standardisierte Rechtsbegriffe wurde die Verwaltung an die Wahrung bestimmter Rechtsformen für ihr Handeln gebunden. Neben der Bindung an den Gesetzesvorbehalt bedeutete die Herausbildung des Systems eine Bindung der Verwaltung an die Grundstrukturen des Systems, die der Formenvielfalt und damit mittelbar dem Handlungsspielraum der Verwaltung Grenzen setzte. Die konstruktive Beschränkung des Verwaltungsrechtssystems auf das Subordinationsverhältnis war in besonderem Maße in der Lage, die Mäßigung obrigkeitlicher Staatsgewalt sowie die Wahrung einer freiheitlichen bürgerlichen Sphäre zu gewährleisten.

168 Man kann dies auch mit T. v. Danwitz. Verwaltungsrechtliche Systembildung und europäische Integration, 1996, S. 35, als die Stabilisierungsfunktion der Systembildung bezeichnen. V. Danwitz, ebd., S. 36. nennt in diesem Zusammenhang auch die Rationalisierungsfunktion durch Schaffung einer überschaubaren Struktur. 169 M. Stolleis. Verwaltungsrechtswissenschaft und Verwaltungslehre, Die Verwaltung 15 (1982), S. 53. 170 E. Schmidt-AßTIUlnn, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandeins, DVBl. 1989, S. 533 ff. I7I Auf diese rechtspolitische Funktion weist E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 54, besonders eindringlich hin.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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3. Formalismus und Positivismus als Charakteristika der juristischen Methode Die Etablierung der juristischen Methode bedeutete einen grundlegenden Wandel des methodischen Vorgehens in der Verwaltungsrechtswissenschaft. Wahrend sich die polizeiwissenschaftliche Theorie in erster Linie an den tatsächlichen Erscheinungen der Verwaltung orientierte, konzentrierte sich die juristische Methode in betonter Ausschließlichkeit auf rechtliche Phänomene. Diese Methode kann insofern als "positivistisch" bezeichnet werden, als sie eine bewusste Beschränkung und Begrenzung der wissenschaftlichen Betrachtung auf die rechtlichen Phänomene beinhaltete l72 . Zulässiger Gegenstand rechtswissenschaftlicher Forschung konnten nach solcher Sicht keine "außerhalb" des Rechts liegenden Erscheinungen sein, soziologische, wirtschaftliche oder politische Erwägungen blieben jenseits des Bereichs rechtswissenschaftIicher Erkenntnis. Der Positivismus der ,juristischen Methode" sah die wissenschaftliche Eigenart des Verwaltungsrechts gerade in seiner Form. Die Konsequenz dieser Art Rechtspositivismus war daher gleichzeitig ein Fonnalismus 173 • Otto Mayer bezeichnet den Formalismus geradezu als Charakteristikum des verwaltungsrechtlichen Systems 174: "Die Rechtswissenschaft hat es nur mit den Formen zu tun, in welchen zwischen den von ihr beobachteten Rechtssubjekten Willensherrschaft gemäß dem objektiven Recht erscheint."

Dieses Zitat zeigt eine gewisse "Verwandtschaft" des Mayerschen Ansatzes zur positivistischen Methode Labands im Staatsrecht 175 .

4. Der "verhängnisvolle Mangel an Empirie" Der Mangel der juristischen Methode liegt für Forsthoff denn auch in ihrem "verhängnisvollen Mangel an Empirie,,176, in ihrer mangelnden Offenheit für neue Verwaltungsaufgaben. Der Siegeszug der juristischen Methode brachte es mit sich, dass die tatsächlichen Erscheinungen des Verwaltungshandelns zunehmend aus dem wissenschaftlichen Blickfeld verschwanden. Mit der Eliminierung des Verwaltungszwecks aus P. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 51. P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 11. 174 Zit. nach P. Laband, Rezension: O. Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts, 1886, AöR 2 (1887), S. 152. 175 Der berühmteste Vertreter der positivistischen Methode im Bereich des Staatsrechts, Paul Laband, wirkte neben Otto Mayer an der Straßburger Fakultät. Von einer "Verwandtschaft" des Mayerschen zum Werk Labands spricht W. lellinek, Verwaltungsrecht, 3. Auf]. 1931, S. 105. 176 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 3. 172

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

dem verwaltungsrechtswissenschaftlichen System und der Konzentration auf die rechtlichen Phänomene des Verwaltungshandeins, die sich mit dem Wandel von der Polizeiwissenschaft hin zur Verwaltungsrechtswissenschaft vollzogen hatte, fiel alles "Nichtjuristische" aus der engeren Betrachtung. Der damit einhergehende Realitätsverlust der juristischen Methode wurde bereits oben beschrieben (s. o. 2. Teil A. I. 2.). Erich Kaufmanns sehr kritische Bemerkung zu Otto Mayer erscheint insofern zutreffend: Weder von den Wandlungen im Polizeistaat noch im Rechtsstaat "noch von der gewaltigen Erweiterung der Verwaltungstätigkeit seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, von der Fülle der neuen Aufgaben, die dem Staate bereits lange vor dem Kriege, aber während desselben und nach ihm zugewachsen sind, hat die Otto Mayersche Darstellung der Entwicklungsstufen des Verwaltungsrechts etwas zu berichten,,!77. Impliziert ist in dieser Kritik!78 der zutreffende Vorwurf, dass die juristische Methode Mayers von ihrem Ansatz her unempirisch und unhistorisch ist. Mit der Etablierung der juristischen Methode ging denn auch der Niedergang der Verwaltungslehre einher. Der Versuch der staatswissenschaftlichen Methode Lorenz von Steins, juristische und soziologische Elemente des Verwaltungshandelns im Rahmen einer "Verwaltungslehre" in einer großange1egten Gesamtschau darzustellen, war der letzte seiner Art. In der Folgezeit trennte sich die Verwaltungslehre vom Verwaltungsrecht ab 179. Die Zweiteilung in Verwaltungsrecht und Verwaltungs lehre, nach Michael Stolleis Georg Jellineks ,,zwei-Seiten-Theorie" in der Allgemeinen Staatslehre vergleichbar l8o , konnte der Verwaltungslehre jedoch keinen bedeutenden eigenständigen Rang sichern. Die Verwaltungslehre spielte vielmehr seitdem, aus ihrer Bindung an das Verwaltungsrecht befreit, in juristischer Theorie und Praxis gleichermaßen eine unklare Rolle. Auch im universitären Betrieb führte die Verwaltungslehre zunehmend ein Schattendaseinm. Fragen der Verwaltungslehre wurden zumeist in anderen Fachbereichen diskutiert, die früher den Bestand der "gesamten Staatswissenschaften" ausgemacht hatten, 177 E. Kaufmann, Otto Mayer, VerwArch 30 (1925), S. 399. Hierzu B. Dennewitz, Die Systeme des Verwaltungsrechts, S. 188. 178 Bei dieser harschen Kritik ist allerdings zu beachten, dass Kaufmann Mayers systematische Leistung ohne Einschränkungen bewunderte, vgl. E. Kaufmann, Otto Mayer, VerwArch 30 (1925), S. 378 f. 179 F. Schmid, Über die Bedeutung der Verwaltungslehre als selbständiger Wissenschaft, ZStW 65 (1909) S. 194. Zum Niedergang der Verwaltungslehre vgl. M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland ll, S. 422. N. Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, 1966, S. 21, beschreibt diese Entwicklung positiv als Vorgang der sozialen Differenzierung, die eine Trennung von normativen und empirischen Wissenschaften fordere. 180 M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland 11, S. 422, unter Verweis auf S. Gargas, der sich explizit auf Jellinek bezieht. Vgl. S. Gargas, Verwaltungslehre und Verwaltungsrecht. Eine methodologische Untersuchung, ZStW 59 (1903) S. 426 ff. 181 Vgl. die Übersicht bei M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland 11, S. 452.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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also in der Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft l82 . So geriet neben dem herrschenden Verwaltungsrecht die Verwaltungslehre zunehmend in Vergessenheit. Über diese Verengung des Blickwinkels urteilt Bachof zutreffend l83 : ,,Im Effekt hat die so bewirkte, einseitige juristische Betrachtungsweise der Verwaltung zu einer Verarmung nicht nur der Verwaltungs wissenschaften insgesamt, sondern auch speziell des Verwaltungsrechts geführt, sie hat es von wichtigen Erkenntnisquellen abgeschnitten. "

11. Forsthoffs verwaltungswissenschaftliche Methode 1. Der Hintergrund der Forsthoffsehen Methode a) Die Wiederaufnahme einer Tradition: Die Verwaltungslehre Larenz von Steins Einen wichtigen Anknüpfungspunkt für seine Methode fand Forsthoff im Werk Lorenz von Steins (1815 -1890). Von Stein, Staats- und Gesellschaftstheoretiker l84 , Vertreter der "staatswissenschaftlichen Methode", Begründer der Verwaltungslehre und maßgeblich durch Hegel geprägt l85 , hatte sich der positivistischen Richtung in der Verwaltungsrechtswissenschaft nicht angeschlossen, sondern in empirischen Studien und idealistischen staatswissenschaftlichen Schriften den Versuch unternommen, philosophische, soziologische, historische und juristische Gesichtspunkte zu einer Synthese zu führen. Im 19. Jahrhundert noch eine Berühmtheit, sank sein Stern mit dem Aufkommen der juristischen Methode. Vor allem durch Rudolf Smends Beitrag in der Festgabe für Kahl im Jahre 1923 wurde die Wissenschaft erneut aufmerksam auf von Stein, und insbesondere im Zeitalter des Nationalsozialismus suchten viele Wissenschaftler wieder den Anschluss an sein Werk l86 . In Forsthoffs Schriften wird an vielen Stellen auf die Verwaltungslehre von Steins Bezug genommen. Dabei zeigt sich, dass von Stein einen erheblichen Einfluss auf die methodische Konzeption Forsthoffs hatte. M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland Il, S. 243. O. BacJwf, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 216. 184 Diese Bezeichnung gilt nur summarisch. Von Steins wissenschaftliches Spektrum ist außerordentlich weit. So umfasst sein Werk Arbeiten zur Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft, zur Gesellschaftstheorie, zur Verwaltungslehre, zur Nationalökonomie und zur Finanzwissenschaft. 185 Die intensive Beeinflussung von Steins durch Hegel prägt auch den sprachlichen Stil seiner Werke unverkennbar. 186 Z. B. T. Maunz, Verwaltung, 1937, S. 9, S. 62, S. 226; A. Köttgen, Aufgaben und Methoden der verwaltungsrechtlichen Forschung, in: Jahrbuch für Kommunalwissenschaft 5 (1938), S. 210 ff. 182 183

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Von Steins außerordentlich umfangreiche Werke zur sozialen Bewegung in Frankreich 187 und zur Verwaltungslehre 188 markieren in ihrer methodischen Ausrichtung den Gegenpol zu den Autoren, die sich um den Aufbau eines rechtsstaatlichen Systems des Verwaltungsrechts mit einer spezifisch juristischen Methode bemühten. Während es Autoren wie von Mohl, Gerber, Friedrich Franz Mayer und Otto Mayer darum ging, von den Gegebenheiten des Rechtsstaates her ein System von verwaltungsrechtlichen Handlungsformen zu entwickeln, führten von Stein seine gesellschaftstheoretischen Überlegungen, insbesondere seine in Frankreich gewonnenen Eindrücke, zu einer Verwaltungstheorie, die die großen gesellschaftlichen Wandlungen des 19. Jahrhunderts bewältigen sollte - zu seiner Theorie des Sozialstaats. In bewusstem Gegensatz zum Rechtspositivismus der juristischen Methode und ihrem Formalismus widmete sich von Stein der Gesellschaftsentwicklung, um von dieser Analyse ausgehend Konsequenzen für Staat und Verwaltung zu ziehen. Der Rechtsstaatstheorie von Mohls warf er vor, lediglich die juristische Ordnung des Verhältnisses von Staat und Bürger zum Gegenstand zu haben. Diese Rechtsstaatslehre habe lediglich die Grenzen staatlicher Handlungsgewalt gegenüber der staatsbürgerlichen Freiheit des Bürgers im Blick, sie vertrete damit lediglich eine "negative Rechtsstaatsidee". Letzten Endes bliebe bei dieser "ärmlichen Auffassung vom Staate" lediglich eine "Verwaltungsgesetzkunde" übrig 189. Nicht die Beschränkung der Staatsgewalt auf bestimmte Funktionen der Eingriffsverwaltung stellte von Stein deshalb in das Zentrum seiner verwaltungsrechtswissenschaftlichen Betrachtung, sondern das Tätigsein der Verwaltung im Dienst der Gesellschaft l90 . Nach von Stein müsste die Verwaltung dabei das "Verwaltungsrecht aus dem Wesen des zu Verwaltenden entwickeln,,191. Über eine bloße "Verwaltungsgesetzkunde" hinaus müsste sie sich den Aufgaben zuwenden, die die sozialen Veränderungen mit sich bringen. Von diesem Ansatz und seinen Studien zur Verfassungs- und Gesellschaftsentwicklung ausgehend gelangte von Stein zu den sozialen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts und ihrer Bedeutung für eine veränderte Staats- und Verwaltungsstruktur. Danach werde es Hauptaufgabe der Verwaltung in Zeiten immer stärkerer Klassengegensätze, für sozialen Ausgleich und soziale Gerechtigkeit zu sorgen 192. Angeleitet werde die Verwaltung dabei 187 Genannt sei hier nur: L. v. Stein, Die Geschichte der socialen Bewegung Frankreichs von 1789 bis auf unsere Tage, 3 Bde., 1850; 2. Aufl. 1855. 188 L. v. Stein, Die Verwaltungslehre, 7 Theile, Stuttgart 1865 - 1868, 2. Aufl. 1869 - 1883, Nachdr. 1962. 189 L. v. Stein, Die Verwaltungslehre, Zweiter Theil: Die Lehre von der inneren Verwaltung, 2. Aufl. 1869, Nachdr. 1962, S. 35. 190 Hierzu E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 44 f. 191 L. v. Stein, Gegenwart und Zukunft der Rechts- und Staatswissenschaft Deutschlands, abgedruckt in: E. Forsthoff (Hrsg.), Gesellschaft-Staat-Recht, 1972, S. 451. 192 Von Stein hat damit eine erste Theorie des Sozial staats entwickelt, vgl. E. R. Huber; Lorenz von Stein und die Grundlegung der Idee des Sozialstaats, in: ders., Nationalstaat und Verfassungsstaat, 1965, S. 127 ff.

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von der Verfassung, Verwaltung werde so zur "tätig werdenden Verfassung,,193. Die "wahre Aufgabe" der Verwaltung bestehe darin, "mit den Mitteln des Staates die höchste Entwicklung aller Einzelnen zu fördern,,194, und für die ,,Förderung des Einzelnen in seinen individuellen Lebensverhältnissen" zu sorgen. 195. Diese staatliche "Vorsorge für das Dasein"l96 solle die Bedingungen für die Freiheit des Einzelnen schaffen, sie solle gleiche Voraussetzungen aller Staatsbürger für die Betätigung ihrer Freiheitsrechte gewährleisten. Im Gegensatz zum absolutistischen Wohlfahrtsstaat ging es von Stein dabei nicht um eine allumfassende Förderung der Glückseligkeit des Einzelnen, sondern um die Bereitstellung der Bedingungen zur Betätigung individueller Freiheit. Den Garanten für die soziale Verwaltung sah von Stein im Königtum, das als "soziales Königtum" und als neutrale Instanz die Verwaltung anzuleiten habe l97 . Diese Konzeption verbindet den innovativen Aspekt der sozialen Verwaltung 198 mit einem an der konstitutionellen Monarchie orientierten Etatismus. Die Parallelen zu Forsthoffs Ansatz sind handgreiflich. Der von Hegel geprägte Begriff "Vorsorge für das Dasein", der in von Steins Theorie anklingt, findet sich im Begriff der ,,Daseinsvorsorge" wieder. Die etatistische Ausgangsposition, die dem Staat und seiner Verwaltung die Verantwortung für die soziale Gerechtigkeit überträgt, findet sich bei Forsthoff ebenso wie die dialektische Gegenüberstellung von Rechtsstaat und Sozialstaat. Entscheidend für Forsthoffs Methode war jedoch wohl der empirische Ausgangspunkt der Theorie von Steins. Von Stein entwickelte die These vom sozialen Königtum aus einer theoretisch angeleiteten Betrachtung der sozialen Wirklichkeit, um diese Betrachtung anschließend in sein System der Verwaltungslehre zu integrieren. Diese Offenheit der staatswissenschaftlichen Methode für die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich in ihrer dynamischen Komponente von der gewissermaßen statischen juristischen Methode abhebt, ist der wichtigste Anknüpfungspunkt für Forsthoffs Methode. Es erscheint insofern nicht übertrieben, in Lorenz von Stein den wichtigsten Ideengeber für Forsthoffs Verwaltungsrechtslehre zu sehen. Teilweise wurde an Forsthoffs Rezeption der Theorie von Steins kritisiert, dass der Begriff der Daseinsvorsorge von Forsthoff gerade in Ablehnung des rechts193 L v. Stein, Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts (1870), 3. Aufl. Stuttgart 1887, Bd. 2, S. 258. 194 L v. Stein, Die Geschichte der socialen Bewegung Frankreichs von 1789 bis auf unsere Tage, 2. Aufl. 1855, Bd. I, S. 36. 195 Lv. Stein, Die Verwaltungslehre, Erster Theil, 2. Aufl. 1869, Nachdr. 1962, S. 12. 196 Vgl. hierzu E. R. Huber, Vorsorge flir das Dasein, in: Festschrift für E. Forsthoff zum 70. Geburtstag, 1972, S. 139 ff. 197 D. Blasius, Lorenz von Steins Lehre vorn Königtum der sozialen Reform und ihre verfassungspolitischen Grundlagen, Der Staat 10 (1971), S. 33 ff.; S.-O. Kuk, Das Wesen der Sozialstaatsidee bei Lorenz von Stein, 1978. 198 Vgl. insbesondere E.-W Böckenförde, Lorenz von Stein als Theoretiker der Bewegung von Staat und Gesellschaft zum Sozialstaat, S. 170 ff.

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staatlichen Freiheitsideals entwickelt worden sei. Forsthoff habe im Gegensatz zu von Stein eine allumfassende FÜfsorgepflicht des Staates für den Einzelnen postuliert, womit die Freiheit letztlich zerstört werde l99 . In der Tat ging es Forsthoff in der Schrift ,,Die Verwaltung als Leistungsträger" aus dem Jahre 1938 noch nicht um Freiheitssicherung, sondern um Teilhabe. Forsthoffs Rezeption betraf insoweit lediglich die sozialstaatliche Seite. In den Arbeiten nach 1945 entwickelte Forsthoff den Begriff der Daseinsvorsorge allerdings unter den Prämissen des sozialen Rechtsstaats der Bundesrepublik weiter. b) Der Methodenstreit und die Verwaltungsrechtslehre: Die Abwendung vom Rechtspositivismus in der öffentlich-rechtlichen Diskussion der zwanziger Jahre

Der von Forsthoff geforderte Methodenwandel ist auch vor dem Hintergrund der gewandelten Staatsauffassung in der Zeit der Weimarer Republik zu sehen. Bereits in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gab es in der Zivilrechtswissenschaft heftige methodische Auseinandersetzungen. ,,Freirechtsschule" und "Interessenjurisprudenz" traten dabei den Kampf gegen die positivistische "Begriffsjurisprudenz" an 2OO • Die Staatsrechtslehre wurde von den methodischen Diskussionen in den zwanziger Jahren erfasst 201 . Der sogenannte ,.Methodenstreit" beinhaltete eine grundsätzliche, von Forsthoff später aufgenommene Kritik des bürgerlich-rechts staatlichen Positivismus und Liberalismus. Schon die vorangegangenen Jahrzehnte hatten entgegengesetzte methodische Positionen innerhalb der Wissenschaft sichtbar werden lassen 202 . So waren erste Auflösungserscheinungen einer rein normativen Betrachtung des Staates im Sinne Labands bereits in Georg Jellineks im Jahre 1900 erschienenen berühmten Werk "Allgemeine Staatslehre" zum Vorschein gekommen 203 . Jellinek stellte hier der "Rechtslehre des Staates" eine "Soziallehre des Staates" gegenüber204 • Diese sogenannte Zwei-SeitenLehre erscheint gewissermaßen als Vorwegnahme der in den zwanziger Jahren einsetzenden methodischen Streitigkeiten. Begünstigt wurde der Methodenstreit durch W Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 103. F. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2. Aufl. 1967, S. 574 ff.; W MeyerHesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 69 f. m. w. N. 201 Zum Methodenstreit in der Weimarer Zeit M. Friedrich, Der Methoden- und Richtungsstreit. Zur Grundlagendiskussion der Weimarer Staatsrechtslehre, AöR 102 (1977), S. 161 ff.; M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 153 ff. 202 Der Streit Labands mit Gierke sowie die Auseinandersetzung Kelsens mit E. Kaufmann sei hier erwähnt, vgl. dazu W Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 71. 203 Hierzu H. Hofmann, Von der Staatssoziologie zur Verfassungssoziologie?, JZ 1999, S. 1067. 204 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl. 19l3, 7. Nachdr. 1960, S. 129 ff., S. 383 ff. 199

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die Entstehung der Weimarer Republik und die Probleme vieler Staatsrechtslehrer mit der neuen Verfassung 205 sowie der überkommenen Begrifflichkeit. Die zum Teil sehr unterschiedlichen rechtswissenschaftlichen, politischen und philosophischen Positionen machten diese Diskussion sehr unübersichtlich. Allerdings war eine Frontlinie zu erkennen, die zwischen der positivistischen Richtung und ihren Gegnern verlief06. Die Gegner waren sich dabei lediglich in der Ablehnung der positivistischen Methode des Kaiserreichs einig, die sie mit den Namen Gerber und Laband verbanden. Im Bereich der Staatslehre hat dabei Hermann Heller den Schritt von einer normativen Betrachtung des Staates zu einer soziologischen Betrachtung am entschiedensten vollzogen207 . So bezeichnete er die Methode seiner "Staatslehre" als "soziologische Wirklichkeitswissenschaft". Damit etablierte er als einer der Ersten eine soziologische Sichtweise im Öffentlichen Recht208 , die in gewisser Weise Forsthoffs soziologischen Ansatz vorwegnimmt. Angesichts der beherrschenden Stellung der juristischen Methode fand sich in der Verwaltungsrechtswissenschaft dieser Zeit jedoch auffallend wenig Kritik am verwaltungsrechtlichen Positivismus. Die verwaltungsrechtsdogmatische Literatur bemühte sich im Gegenteil, vom Methodenstreit weitgehend unberührt, das System Otto Mayers weiter auszubauen und auszudifferenzieren. Zwar gab es die Kritik von Erich Kaufmann an Otto Mayers Konzept (s. o. 2. Teil B. I. 4.), auch bemühte sich Kurt Wolzendorff, eine teleologische Methode im Verwaltungsrecht zu etablieren 209 • Doch fand dies relativ wenig Nachhall. c) Forsthoffs Lehre vor dem Hintergrund des Staatsund Verwaltungsrechts der NS-Zeit

aa) Forsthoffs Stellung in der Rechtslehre des Nationalsozialismus Eine Anhängerschaft Forsthoffs für den Nationalsozialismus kann zumindest für die ersten Jahre nach der "Machtergreifung" festgestellt werden, in den späteren Jahren wich die anfängliche Hinwendung zu den Ideen des NS-Staats, die in der 205 U. Scheuner; 50 Jahre deutsche Staatsrechtswissenschaft im Spiegel der Verhandlungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer, AöR 97 (1972), S. 355; M. Friedrich. Der Methoden- und Richtungsstreit. AöR 102 (1977), S. 172 ff. 206 Rudolf Smend vertrat dabei eine geisteswissenschaftliche, Erich Kaufmann eine naturrechtliche, Heinrich Triepel eine interessenjuristische Methode. Zu nennen sind weiter Gerhard Leibholz, der eine phänomenologisch-geisteswissenschaftliche Methode vertrat, sowie earl Schmitt, der sich allerdings nur schwer in die Reihe der juristischen Methodiker einreihen lässt, da er in verschiedenen Bereichen tätig war, in der politischen Philosophie genauso wie in der Staatsrechtslehre. Vgl. hierzu M. Stolleis. Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 174 ff. 207 H. Heller; Staatslehre (1934), 6. Aufl. 1983, S. 50 ff., S. 82 ff. 208 Zu Heller und seiner Beeinflussung durch die wirklichkeitswissenschaftliche Methode Hans Freyers M. Stolleis. Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 183 ff. 209 Hierzu P. Badura. Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 58 f.

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Schrift "Der totale Staat" von 1933 noch klar erkennbar ist, größerer Skepsis. Forsthoff wandte sich ab 1935 vorwiegend verwaltungsrechtlichen und methodischen Fragestellungen zu. Die politischen Akklamationen der Jahre 1933 und 1934 weichen hier einer nüchternen, im wesentlichen auf "unpolitische" Themen konzentrierten Arbeit21O . Dennoch lässt die Entstehungszeit der ersten verwaltungsrechtlichen Werke Forsthoffs in den Jahren nach 1935 nach einer möglichen Beeinflussung seiner Schriften durch die Rechtslehre des Nationalsozialismus fragen. Nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialsmus 211 wurden die Ideen des bürgerlichen Rechtsstaats ad acta gelegt. Die Auffassung, dass das Ende der liberalen, bürgerlich-rechtstaatlichen Epoche und mit ihr das Ende des Zeitalters des juristischen Positivismus eingeläutet sei, war bereits 1933 rechtswissenschaftliches Allgemeingut der dem neuen Staat verbundenen Rechtswissenschaftler. So waren die ersten Jahre nach der Machtergreifung in der öffentlich-rechtlichen Literatur geprägt durch Generalabrechnungen mit klassischen bÜfgerlich-rechtsstaatlichen Inhalten wie Liberalismus, Normativismus, Gesetzesbindung, Grundrechten und subjektiv-öffentlichen Rechten 212 . In den Vordergrund traten jetzt die "GliedsteIlung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft", der "Gesamtwille" und das "Gesamtinteresse des deutschen Volkes", mithin eine radikale Abkehr von liberalem Denken213 • Die Grundrechte gehörten, wie Forsthoff selbst schrieb, "der Geschichte an,,214. Hinzu kam der die deutsche Rechtswissenschaft dieser Zeit schließlich diskreditierende Rassengedanke 215 • Bei der Untersuchung von Forsthoffs Stellung in der Rechtslehre der NS-Zeit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es trotz eines gewissen Bestands an gemeinsamem NS-Vokabular die Rechtslehre des nationalsozialistischen Regimes nicht 210 Vor allem wiederholte Forsthoff seine antisemitischen Äußerungen aus der Schrift "Der totale Staat" (vgl. 1. Aufl. 1933, S. 38 f., S. 48) in der Folgezeit nicht wieder. Dass diese Bemerkungen wohl dem NS-Regime geschuldet waren, bezeugt neben seiner Wendung zu politisch weniger belasteten Themen und seinem späteren Schweigen in dieser Sache auch sein zeitweiliger Bruch mit earl Schmitt in Reaktion auf die von Schmitt veranstaltete Tagung ,,Die deutsche Rechtswissenschaft im Kampf gegen den jüdischen Geist". 211 Zum heutigen Forschungsstand auf diesem grenzenlosen Gebiet nur I. Kershaw. Der NS-Staat, Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick, 1998, S. 39 ff. 212 Hierzu W Kohl! M. Stolleis. Im Bauch des Leviathan, NJW 1988, S. 2853. Die zu gleicher Zeit einsetzende ,,Rechtsstaatsdiskussion" darf ebenfalls nicht als Weiterführung liberalen Gedankenguts verstanden werden, sondern bezog sich entweder auf einige unverzichtbare "Ordnungselemente" oder auf die dem Willen der Führung vermeintlich entnommenen Rechtspostulate. 213 Hierzu stellvertretend T. Maunz. Das Ende des subjektiven öffentlichen Rechts, ZStW 96 (1936), S. 71 ff. 214 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. I. 215 E. Forsthoff, Der Formalismus im öffentlichen Recht, DR 4 (1934), S. 347 ff.. wendet sich z. B. gegen den Begriff der Staatsangehörigkeit, weil dieser letztlich den "wirklichen" Unterschied der Rasse verschleiere.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozial staats

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gab 216 . Vielmehr zeigt sich in der staats- und verwaltungsrechtswissenschaftlichen Literatur ein eher disparates Bild217 . Neben expliziten Anhängern der NS-Ideologie, zu denen auch Vertreter der Partei gehörten 218 , gab es gemäßigte Schriftsteller, die gewisse Restbestände des überkommenen Verwaltungsrechts in den neuen Staat hinüberretten wollten 219 . So wurden nur wenige Rechtsfragen wirklich einheitlich beurteilt. Gemeinsamer Grundtenor war lediglich eine Abkehr vom bürgerlich-liberalen Rechtsstaat Weimars. Über die Frage, wie weit diese Abkehr zu gehen hatte, bestand hingegen keinesfalls Einigkeit. So ergab sich für die Staatsrechtslehre das eigentümliche Bild, dass der Gegenstand dieser Wissenschaft, der Staat, für die rechtliche Beurteilung durch die NS-Ideologie keine beherrschende Stellung mehr hatte, die NS-Machthaber vielfach sogar betont anti staatlich eingestellt waren220 . Für die meisten Staatsrechtslehrer standen demgegenüber das neue Verhältnis von Staat und Partei, Staat und Bewegung wissenschaftlich im Vordergrund, wobei allerdings der Staat zumeist Führung und Partei untergeordnet wurde. So bemerkte earl Schrnitt, der Staat sei "nur ein Organ des Führers der Bewegung,,221. Letztlich blieb die Rolle des Staates im NS-Rechtssystem unklar. Ähnlich umstritten war die Frage, ob der NS-Staat ein "Rechtsstaat", natürlich unter neuen Vorzeichen, wa?22. bb) Die Zweiteilung des Staates In seiner Schrift "Der totale Staat" von 1933, auf die hier noch einmal eingegangen werden muss, stellte Forsthoff den Staat in das Zentrum seiner Konzeption. Er ging dabei, parallel zur ganz überwiegenden Meinung, von einer antiliberalen Grundhaltung aus 223 : 216 So betont M. Stolleis, Staatsrechtslehre zwischen Monarchie und Führerstaat, in: S. Harbordt (Hrsg.), Wissenschaft und Nationalsozialismus, 1983, S. 328, zu Recht, dass keine in sich geschlossene Staatsrechtslehre existiert hat. 217 So zutreffend auch W Pauly, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S. 79. 218 Hier seien stellvertretend Hans Frank, der den parteiamtlichen Sammelband Deutsches Verwaltungsrecht herausgab, sowie Reinhard Höhn genannt. 219 Konservative Autoren wie Ludwig von Köhler, Wilhelm Laforet und Friedrich Franz Jerusalem folgten nur äußerlich der NS-Doktrin, behielten aber das Mayersche System im Wesentlichen bei. Köttgen beharrte in seinem Lehrbuch der Verwaltung noch 1944 auf einer der Rationalität und der Gesetzesbindung verpflichteten Verwaltung. 220 So spricht H. Wilms, Die Staatsrechtslehre im Nationalsozialismus, DVBI. 2000, S. 1249, von einer Staatsrechtslehre ohne Subjekt; ähnlich auch H. Dreier, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S 59 ff. 221 C. Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, 2. Aufl. 1993, S.55. 222 Nachweise bei W Pauly, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S. 94. 223 E. Forsthoff. Der totale Staat, 1. Aufl. 1933, S. 7.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht "Totaler Staat ist die Entgegensetzung gegen den liberalen Staat; es ist der Staat mit umfassender inhaltlicher Fülle, im Gegensatz zum inhaltlich entleerten, durch Autonomisierungen, d. h. juristische Sicherungen vorausgesetzter Eigengesetzlichkeiten minimalisierten und nihilisierten liberalen Staat."

Die mit dem Nationalsozialismus gegebene "Totalität des Politischen" müsse nun im "totalen Staat ihre Form" finden. Dieser neue Staat sei mit der überkommenen Verwaltung und dem überkommenen Verwaltungsrecht weitgehend nicht vereinbar, da durch sie ,jedes soziale Leben" erdrückt werde224 . Forsthoff betonte allerdings auch, dass die Verwaltung eines modemen Staates auf gewisse rationale Kriterien nicht gänzlich verzichten könne. Insbesondere die expandierende Sozialverwaltung, die "Versorgungsansprüche weitester Kreise" und die Steuerverwaltung bedürften einer streng rationalen, gesetzesgebundenen Bürokratie. Demgegenüber seien allerdings Wirtschaft und Kultur in die Obhut der Führung zu nehmen, da sie "für eine bürokratische Leitung nicht geeignet" seien225 . Forsthoff gliederte demgemäß den Staat in zwei Bereiche: Der Staat bestehe zum einen in einer "Führungsordnung", die mit der Führungsordnung der nationalsozialistischen Bewegung, also der Partei, zusammenfalle, und zum anderen in einer bürokratisch organisierten Verwaltung. Wahrend die Führung, aller gesetzlichen Vorgaben ledig, für die politische Gestaltung im Sinne der NS-Ideologie zuständig war, sollte sich die Verwaltung durch "die Präzision des Vollzuges, die Berechenbarkeit, Übersehbarkeit und Stetigkeit in der Erledigung der ihr anvertrauten Aufgaben" auszeichnen 226• Die bürokratische Verwaltung sollte dabei auch deshalb von der politischen Führung geschieden sein, um, wie Forsthoff schrieb, die Führung vor der "Alltäglichkeit einer Kleinarbeit nach Dienstvorschrift" zu bewahren 227 • Zu dieser bürokratischen Verwaltung zählte Forsthoff beispielhaft die Versorgung der Arbeitslosen, die Steuerverwaltung und auch, bemerkenswerterweise, die Polizeiverwaltung228 . Die massenmäßige Erledigung von Verwaltungsabläufen insbesondere im Bereich des Steuerrechts und der leistenden Tatigkeiten sollte so in einer von den tagespolitischen Veränderungen freien, gleichmäßigen Form allein nach "Sachtreue" durchgeführt werden 229 . Diese Zweiteilung des Staates bot Forsthoff die Möglichkeit, die Verwaltung und das Verwaltungsrecht von den Forderungen der NS-Doktrin in gewissem Grade freizuhalten. Gleichzeitig verschaffte sich Forsthoff so auch wissenschaftliche Freiräume, die es ihm erlaubten, an überkommenen verwaltungsrechtlichen Positionen festzuhalten 230 . So ermöglichte die Betonung des bürokratischen ChaE. Forsthoff, Dertotale Staat, 1. Auf!. 1933, S. 34. E. Forsthoff, Der totale Staat, 1. Auf!. 1933, S. 35. 226 E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 399. 227 E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 340. 228 E. Forsthoff, Der totale Staat, 2. Auf!. 1934, S. 40 f. Dies erscheint deshalb interessant, als gerade die Polizeiverwaltung besonders stark der Willkür der Führung unterlag. 229 E. Forst/lOff, Der totale Staat, 2. Auf!. 1934, S. 55. 224 225

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozial staats

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rakters der alltäglichen Verwaltung es Forsthoff, in diesem Bereich eine - in der NS-Rechtslehre im Übrigen heftig umstrittene - Gesetzesbindung der Verwaltung zu fordern. Zwar ist hierbei zu beachten, dass auch der Gesetzesbegriff in den Strudel ideologischer Anschauungen geraten war31 . Forsthoff hebt sich in diesem Punkt dennoch durchaus vom Hauptstrom der NS-Ideologie ab. Den NS-Machthabern waren rechtliche Bindungen begreiflicherweise ein Dom im Auge232 . Bei Vertretern einer Gesetzesbindung vennutete die parteiamtliche Doktrin rückständiges, liberales Denken. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Forsthoff die Gesetzesbindung der Verwaltung antiliberal 233 , das heißt gerade nicht von den Freiheitsrechten des Bürgers aus begründete. Die Grundrechte gehörten vielmehr "der Geschichte an,,234. Forsthoff betonte demgegenüber die bessere Funktionstüchtigkeit und Effizienz einer an Gesetze gebundenen und damit rationalen Kriterien folgenden Verwaltung. Dies machte die Position natürlich anfällig für Übergriffe aus der Politik, da der Inhalt des Gesetzesrechts letztlich ganz in der Hand der Machthaber lag. Auch verhinderte sie nicht die Gefahr einer "unbegrenzten Auslegung,,235. cc) Zerfall und Öffnung der Verwaltungsrechtswissenschaft Im Bereich des Verwaltungsrechts ist ein allgemeiner Verfall der zuvor erst herausgebildeten Grundlagen des verwaltungsrechtlichen Systems zu verzeichnen. Die grundsätzliche Infragestellung der für die juristische Methode zentralen Gesetzesbindung der Verwaltung zusammen mit der Aufgabe von subjektiv-öffentlichen Rechten 236 sowie, besonders einschneidend, das Ende der Gleichheit vor dem Gesetz 237 ließen die durch die Werke von Mayer, Fleiner und Jellinek erst vor kurzem 230 Besonders ist hier Forsthoffs Eintreten für Rationalität und Formalität des Rechts in seiner Schrift "Grenzen des Rechts" von 1941 zu erwähnen, vgl. E. Forstlwff, Grenzen des Rechts, S. 12, S. 15, S. 17, S. 19 ff. 231 Zum Verfall des Gesetzesbegriffs vgl. die Zusammenfassung bei W. Pauly, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S. 92 ff. 232 Stellvertretend flir diese "offizielle" Haltung sei nur einmal mehr das berühmt-berüchtigte Diktum Walter Sommers, wohlgemerkt des damaligen Präsidenten des Reichsverwaltungsgerichts, zitiert: ,,Eine gesunde Verwaltung hat mit Paragraphen überhaupt nichts zu tun", vgl. W. Sommer, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVwBI. 85 (1937), S. 427. 233 So wendet sich E. Forsthoff, Schrifttum. Otto Koellreutter: Der deutsche Führerstaat, JW 1934, S. 538, in Erwiderung auf Koellreutter gegen die Bezeichnung des nationalsozialistischen Staates als Rechtsstaat, da dies seiner Ansicht nach liberale Reminiszenzen impliziere. 234 Vgl. noch einmal E. Forstlwff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 1. 235 B. Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 4. Aufl. 1991. 236 R. Höhn, Das subjektive öffentliche Recht und der neue Staat, DRW 1 (1936), S. 49 ff.; T. Maunz, Das Ende des subjektiv öffentlichen Rechts, ZStW 96 (1936), S. 71 ff. 237 Dieser Punkt spiegelt sich besonders erschreckend im Rasseprinzip wieder. V gl. hierzu U. Scheuner, Der Gleichheitsgedanke in der völkischen Verfassungsordnung, ZStW 99 (1939), S. 267; C. Schmitt, Die deutsche Rechtswissenschaft im Kampf gegen den jüdischen Geist, DJZ 1936, Sp. 1193 ff. Unrühmliche Beispiele hierflir ziehen sich durch alle juris-

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zur Blüte gekommene juristische Methode des Verwaltungsrechts als unkenntlichen Torso zurück. Mit dem Verfall der verwaltungsrechtsdogmatischen Grundlagen einher ging eine Entwertung der formalen, für den Bürger berechenbaren Kriterien der Rechtsordnung 238 . Es stellt sich deshalb die Frage, was bei dieser Abkehr von den Form- und Strukturprinzipien des bisherigen Verwaltungsrechts, das ja noch gar keine lange Geschichte hatte, die rechtliche Substanz des "neuen" Verwaltungsrechts ausmachen sollte. Im Vordergrund stand für das Verwaltungsrecht nun die Erfüllung der Zwecke des NS-Staates. So setzte ein Wandel von einem normativen zu einem politischzweckhaften Verwaltungsrechtsverständnis ein. Hans Frank, einer der prominentesten Vertreter der NS-Verwaltungsrechtslehre und Herausgeber des amtlichen Verwaltungsrechtslehrbuchs der NS-Zeit, formulierte diesen Sachverhalt239 : ,,Nicht vom Gesetz her bestimmt sich Inhalt und Aufgabe der Verwaltung, sondern von der Erfüllung der Gemeinschaftszwecke des Volksganzen ...

Die Gemeinschaftszwecke zu bestimmen war wiederum Aufgabe der Parteidoktrin, in letzter Instanz Sache des Führers. Damit traten normative Bindungen der Staatsgewalt in den Hintergrund, die Zwecke der Verwaltung unterlagen letztlich der Verfügung der ,,Führung,,24o. Der Staat, der sich im bürgerlichen Rechtsstaat in seinen Aufgaben beschränkt hatte, übernahm wieder eine prinzipiell unbegrenzte Anzahl an "Aufgaben", Verwaltung wurde nun vielfach (euphemistisch) als "schöpferische Verwaltung" bezeichnet. Dieses neue Prinzip der Verwaltung führte notwendig zu einer situativen Anpassung des Verwaltungsrechts an die jeweiligen politischen Vorstellungen der NS-Gewalt. Mit der unbegrenzten Mehrung von Aufgaben mussten auch die überkommenen Handlungsformen den neuen Anforderungen angepasst werden. An die Stelle der standardisierten Rechtsformen der juristischen Methode trat nun vermehrt die juristisch unscharfe, letztlich nicht kategorisierbare ,,Maßnahme". tischen Disziplinen, vgl. für das Zivilrecht K. Larenz, Rechtsperson und subjektives Recht Zur Wandlung der Rechtsgrundbegriffe, in: ders. (Hrsg.), Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft, 1935, S. 225 ff. Auch in Forsthoffs Werk finden sich antisemitische Passagen, vgl. z. B. E. Forsthoff, Deutsche Geschichte seit 1918 in Dokumenten, I. Aufl. 1935, S. 290, S. 293, S. 306. Die Schrift ,,Der totale Staat" enthält Ansätze dieses Antisemitismus ebenfalls. Allerdings ist wiederum darauf hinzuweisen, dass Forsthoff diese Ausfälle später nicht mehr wiederholt hat. Damit können diese Passagen, die das dunkelste Kapitel seines Werkes bilden, natürlich nicht gerechtfertigt werden. 238 Gerade die Entformalisierung des Verwaltungsrechts spricht nachdrücklich gegen die These Radbruchs in seiner berühmten Schrift "Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht", der bei den deutschen Juristen vorherrschende Rechtspositivismus hätte diese wehrlos gemacht gegen Gesetze willkürlichen oder verbrecherischen Inhalts. Die Verwaltungsrechtslehre des Nationalsozialismus hatte gerade mit dem Positivismus des bürgerlichen Rechtsstaats abgeschlossen. 239 H. Frank (Hrsg.), Deutsches Verwaltungsrecht, 1937, Einleitung S. XI. 240 Zu den vielfach konkurrierenden Führungsebenen innerhalb der Partei vgl. M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland 111, S. 361.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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Angesichts der eindeutigen Negativbilanz der Verwaltungsrechtsentwicklung im NS-Staat erstaunt zunächst, dass eine für die Methode des Verwaltungsrechts derart folgenreiche Schrift wie Forsthoffs "Die Verwaltung als Leistungsträger" in dieser Zeit entstehen konnte. Doch ist zu bedenken, dass die Situation des Neuanfangs, vor der die Verwaltungsrechtslehre der NS-Zeit sich stehen sah, auch Raum gab für Ansätze, die zur Zeit der Hochphase der juristischen Methode aufgrund der diese Methode kennzeichnenden Blickverengung kaum Beachtung gefunden hatten. So öffnete der für das NS-Verwaltungsrecht charakteristische "Zweckbezug" (der andererseits zur Auflösung der überkommenen rechtsstaatlichen Formen und zur weitgehenden Auslieferung des Verwaltungsrechts an die NS-Ideologie geführt hatte) auch den Blick der Verwaltungsrechtswissenschaft für die neu auf die Verwaltung zugekommenen Aufgaben. Insbesondere das Leistungsverwaltungsrecht, das im liberalen, ganz auf den obrigkeitlichen Eingriff konzentrierten Verwaltungsrechtssystem keinen rechten Platz gefunden hatte, konnte von der nicht mehr durch Rechtsformen behinderten Verwaltungsrechtslehre nun verstärkt in den Blick genommen werden. Dies kann als einer der "innovativen Effekte" der Verwaltungsrechtslehre in der NS-Zeit angesehen werden 241 . Durch das vermehrte Interesse an der Wirklichkeit der Verwaltung im NS-Staat traten auch die Fragestellungen der Verwaltungslehre wieder in den Vordergrund. Der veränderte Blickwinkel der Verwaltungsrechtswissenschaft führte so zu einer "Wiederbelebung,,242 der Verwaltungslehre. Die Hinwendung zur Verwaltungslehre lag auch insofern ganz im Geist der Zeit, als diese Wissenschaft gewissermaßen das Gegenstück zur liberalen, normativen ,juristischen Methode" darstellte, so dass die neue Verwaltungsrechtslehre dadurch ihre Abkehr von der Tradition kenntlich machen konnte. Da die Verwaltungsrechtslehre sich nicht mehr am bürgerlich-rechtsstaatlichen System Otto Mayers orientieren konnte, ohne als rückständig und politisch untauglich eingestuft zu werden, bot die Beschäftigung mit der neuen sozialen und politischen Wirklichkeit gewissermaßen das Äquivalent zum verlorenen juristischen System. Auch bot sich die Verwaltungslehre als Mittel an, die Verwaltungsrechtslehre auf die neuen politischen Gegebenheiten einzustellen 243 . Die Öffnung der Verwaltungsrechtswissenschaft für politische, soziale, philosophische und historische Fragestellungen vollzog damit, wie Michael Stolleis feststellt, in gewisser Weise den bereits in den zwanziger Jahren erfolgten Methodenwandel in der Staatsrechtswissenschaft nach244 . Erst vor diesem Hintergrund wird Forsthoffs Konzeption der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" von 1938 verständlich. Für Forsthoffs Herausarbeitung des Begriffs der Daseinsvorsorge erscheint die Abkehr vorn bürgerlichen 241 W. Meyer-Hesemann. Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 101; W. Kohl! M. Stolleis. Im Bauch des Leviathan. NJW 1988, S. 2854. 242 M. Stolleis. Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland m, S. 370. 243 Hierzu M. Stolleis. Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland m, S. 372. 244 M. Stolleis. Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland Iß, S. 373.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Rechtsstaat und seiner Methode als eine notwendige Voraussetzung. Die veränderte Sichtweise vom Einzelnen als Ausgangspunkt des bürgerlich-liberalen Verwaltungsrechts zur ,,Masse" und "Gemeinschaft" im NS-Verwaltungsrecht erlaubte eine andere Herangehensweise an die soziale Frage, wie sie in Forsthoffs Darstellung durchgeführt ist. Der Bruch mit der verwaltungsrechtswissenschaftlichen Tradition machte es ihm so möglich, gesellschaftspolitische Kontinuitäten wie die soziale Verwaltung aufzuzeigen und verwaltungsrechtlich als Neuerungen zu präsentieren. Nach 1945 wurde die aufgabenbezogene Sichtweise in die Rekonstruktion des Rechtsstaats in der Bundesrepublik wieder aufgenommen. Damit ist die Frage der Kontinuität des Verwaltungsrechts über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus angesprochen 245 , die sich vor allem im Falle Forsthoffs besonders aufdrängt. Die methodischen Schriften von 1935 und 1938 bilden eine wichtige Grundlage des Verwaltungsrechtslehrbuchs von 1950, von dem Forsthoff wiederum betont, dass seine wichtigen Teile bereits vor Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben worden sind 246 . Forsthoff unterstreicht diese Kontinuität auch dadurch, dass er Teile der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" 1959, verbunden mit zwei neuen Aufsätzen, wiederveröffentlicht 247 • Diese Kontinuität erscheint problematisch, da sie bedeuten könnte, dass Restbestände des NS-Verwaltungsrechts in das Verwaltungsrecht der Bundesrepublik übernommen wurden. Es stellt sich damit die Frage, ob der als Theoretiker des Wandels Vorgestellte insofern vom Wandel unberührt geblieben ist. Es wäre zu einfach, wenn man diese Wiederaufnahme des in der Zeit des Nationalsozialismus entwickelten Gedankenguts nur ablehnen würde, weil dieses Gedankengut von einem Wissenschaftler konzipiert wurde, der zeitweilig Anhänger der NS-Ideologie war. Forsthoff greift in seinem bundesrepublikanischen Werk zwar auf Forschungen aus der NS-Zeit zurück. Die hier in erster Linie zu nennende "Daseinsvorsorge" behandelt jedoch ein Problem moderner Sozialstaatlichkeit, das nicht an die Zeit des Nationalsozialismus gebunden ist. Vielmehr wurde Daseinsvorsorge durch die Verwaltung bereits Ende des 19. Jahrhunderts und verstärkt nach dem Ersten Weltkrieg betrieben. Die der juristischen Methode verhaftete Verwaltungsrechtswissenschaft widmete dieser Frage jedoch keine allzu große Aufmerksamkeit. Forsthoff gelang es, die Verwaltungsrechtswissenschaft auf dieses Phänomen der Leistungsverwaltung durch seine Schriften in den dreißiger Jahren nachhaltig aufmerksam zu machen. Da auch die Bundesrepublik auf Daseinsvorsorge nicht verzichten konnte, war es Forsthoff insofern möglich, auf Ergebnisse 245 Zur Frage der Kontinuität im Öffentlichen Recht vgl. O. Lepsius. Die gegensatzaufhebende Begriffsbildung, 1994, S. 13 ff.; zu den geistesgeschichtlichen Kontinuitäten siehe vor allem K. Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik, 1983, S. 14 ff. 246 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 1. Auf!. 1950, Vorwort, S. VI. 247 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959.

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aus der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" aufzubauen. Die Kontinuitätslinie liegt demnach in von politischen Veränderungen relativ unabhängigen sozialen Gegebenheiten, denen Forsthoff mit seiner wissenschaftlichen Analyse folgt. Beachtet werden muss allerdings auch, dass die Verwaltungswirklichkeit in einem totalitären Staat zu einem großen Teil von der politischen Zielsetzung bestimmt wird und im NS-Staat auch maßgeblich durch die politische Führung bestimmt worden ist. Ein sozusagen wertneutrales Verwaltungsrecht, wie Forsthoff es mit seiner Beschränkung auf die Realanalyse möglicherweise liefern wollte, konnte nur unter Ausblendung der politischen Verhältnisse erreicht werden. Die geringe Resonanz der Literatur auf Forsthoffs "Die Verwaltung als Leistungsträger,,248 zeigt im Übrigen, wie wenig diese Schrift auf die Bedürfnisse der NS-Führung zugeschnitten war. Da der NS-Staat im Grunde kein Recht im Sinne einer irgendwie gearteten Schrankensetzung wollte, geht letztlich auch alles Verwaltungsrecht an der Realität des NS-Staates vorbei 249 • Allerdings dürfte die geringe Resonanz auf Forsthoffs Schrift auch Ursachen haben, die aus heutiger Sicht durchaus positiv gewertet werden können: Mit ihrer nur wenig ideologisch behafteten Sprache ist die Schrift auch heute noch lesbar. Damit hebt sie sich wohltuend von den meisten anderen öffentlich-rechtlichen Werken der NS-Zeit ab.

2. ForsthotTs Methode als Gegenposition und Ergänzung zur juristischen Methode Die explizite Forderung nach einer neuen verwaltungsrechtlichen Methode findet sich erstmals in den bereits mehrfach zitierten zwei Aufsätzen aus dem Jahre 1935, die gleichzeitig Forsthoffs Hinwendung von eher staatsrechtlichen Themen zum Verwaltungsrecht markieren 250 . So kritisiert er im Aufsatz "Das neue Gesicht der Verwaltung und die Verwaltungsrechtswissenschaft" das Otto Mayer zugeschriebene Diktum "Verfassungsrecht vergeht, Verwaltungsrecht besteht,,251 als der neuen Realität nicht angemessen. Während sich mit der Errichtung des Führer248 Von den Reaktionen auf die Schrift sind zu nennen zum einen die Besprechung von E. R. Huber, ZStW 102 (1941), S. 411, der von der Schrift als einer der wenigen Leistungen von dauerndem Wert spricht. Zum anderen ist auf das Lehrbuch von A. Köttgen zu verweisen, der in seiner 3. Auflage aus dem Jahre 1944 den Terminus "Daseinsvorsorge" übernimmt, vgl. ebd., S. 171 ff. Vgl. ferner O. Koellreutter, Die Verwaltung als Leistungsträger, RVBI. 1941, S. 649 ff. 249 Für diese Fremdheit der besonderen Realität des NS-Staates gegenüber steht auch in gewissem Grade Köttgens Lehrbuch. 250 Forsthoff steht hier stellvertretend für die nach 1933 einsetzende Abkehr einiger Öffentlich-Rechtler vorn juristisch unergiebigen und politisch verfanglichen Staatsrecht, vgl. hierzu M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 351 ff. 251 Über den Erkenntniswert dieses Zitats kritisch O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 204.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

staates die Verfassungsfrage erledigt habe 252, sei die Verwaltung und die Verwaltungsrechtswissenschaft vor neue und noch weithin unberücksichtigte Aufgaben gestellt. Diese Aufgaben ließen sich nur durch einen Blick auf die "Verwaltungswirklichkeit" ermitteln. Auch in dem Aufsatz "Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft" wird auf die Notwendigkeit einer neuen verwaltungsrechtlichen Methode, die sich "auf eine Kenntnis der Verwaltung und wer sozialen Funktion" stützen solle, hingewiesen 253 . Auf diese Vorläufer aufbauend, entwickelt die Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" dann Forsthoffs Methode mittels eines aufgabenbezogenen, typologischen Ansatzes. Leitend dabei ist der Begriff der Daseinsvorsorge. a) Die Daseinsvorsorge als der methodenbildende Begriff Forsthoffs oben dargestellter soziologischer Befund ist Ausgangspunkt für seinen methodischen Ansatz. Seine Realanalyse nimmt die sozialen Veränderungen, die mit der Bevölkerungsvermehrung und Verstädterung einhergegangen sind, in den Blick. Danach ist die wichtigste Folge der sozialen Veränderungen die Diskrepanz von "beherrschtem" und "effektivem" Lebensraum (s. o. 2. Teil A. I. 3.), was zu einer verstärkten sozialen Bedürftigkeit des Einzelnen führe. Während es der Methode Otto Mayers um ein juristisch zu konstruierendes System an Rechtsformen ging, sie also vom Ausgangspunkt juristisch zu nennen ist, bemüht sich Forsthoff um einen historisch fundierten, soziologisch-empirischen Ansatz. Dies bedeutet eine grundsätzliche Abkehr von den Charakteristika der juristischen Methode, ihrem Formalismus und Positivismus. Für die Bereitstellung der grundlegenden Lebensbedürfnisse des Einzelnen vorzusorgen, ist Aufgabe des Staates und vor allem der Verwaltung (s. o. 2. Teil A. I. 3.). Damit ist für Forsthoff die zentrale Aufgabe moderner Verwaltung gekennzeichnet: die Daseinsvorsorge als Befriedigung der Appropriationsbedürfnisse. Sei die Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats noch grundsätzlich von einer individuellen Daseinsverantwortung ausgegangen, habe sich diese nunmehr auf den Staat verlagert, sie sei zur politischen Daseinsverantwortung geworden 254 . Der auf diese Weise gebildete Begriff der Daseinsvorsorge ist Ergebnis empirischer Betrachtung255 . Er ist "mittels außerjuristischer Argumentationen gewonnen worden,,256 und damit zunächst Gegenstand der Verwaltungslehre, nicht der Ver252 Ob diese Wendung Forsthoffs zum Verwaltungsrecht rechtspolitischer Überzeugung entspricht oder Ausdruck einer "Art der inneren Emigration" ist, wie K. Doehring. Ernst Forsthoff, Leben und Werk, S. 442, meint, soll hier dahingestellt bleiben. 253 E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398. 254 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 6 f. 255 P. Badura. Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 627. 256 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 55.

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waltungsrechtswissenschaft257 . Von diesem verwaltungswissenschaftlichen Ansatz sucht Forsthoff Folgerungen für das Verwaltungsrecht zu ziehen 258 . aa) Die Entwicklung des Begriffs Daseinsvorsorge zum Synonym der Leistungsverwaltung In der Schrift ,,Die Verwaltung als Leistungsträger" bezeichnet der Begriff "Daseinsvorsorge" noch alle Handlungen des Staates, durch die er der sozialen Bedürftigkeit abhilft (Gewährleistung eines angemessenen Verhältnisses von Lohn und Preis, Lenkung des Bedarfs, der Erzeugung und des Umsatzes sowie Darbietung lebensnotwendiger Leistungen). Daseinsvorsorge umfasst hier eingreifende, lenkende und leistende Maßnahmen des Staates. In dieser umfassenden verwaltungswissenschaftlichen Form entfaltet der Begriff nur begrenzt rechtsdogmatische Funktionen. Zwar zeigt der so beschriebene Begriff der Verwaltungsrechtswissenschaft neue Aufgabenfelder auf, er hat somit einen heuristischen Wert, doch gibt er noch keine Anhaltspunkte für eine rechtsdogmatische Einordnung der Aufgaben. Er ist eher politisches Postulat als rechtswissenschaftlicher Begriff. Forsthoff nimmt aus dem genannten Katalog im Fortgang seiner Darstellung dann den dritten Punkt heraus, nämlich "die Darbringung von Leistungen, auf welche der in die modemen massentümlichen Lebensformen verwiesene Mensch lebensnotwendig angewiesen ist,,259, und behandelt nur diesen als Daseinsvorsorge. Damit erfahrt der Begriff eine erste juristische Konkretisierung, er soll hier allerdings noch ausschließlich existentiell notwendige Leistungen der Verwaltung beinhalten. Dabei sollen zwei Kriterien die Eingrenzung des Begriffs gewährleisten: zum einen die ,,zweiseitigkeit des Leistungsverhältnisses" und zum anderen "das Angewiesensein des einzelnen auf den Bestand des Leistungsverhältnisses", das dem Einzelnen das Recht auf Teilhabe an staatlichen Leistungen sichern S01l260. Auf diese Weise wird die Daseinsvorsorge hier zu einem Institut der Leistungsverwaltung. Dabei dient der Begriff der Teilhabe dazu, Rechtsfolgen für den Einzelnen gegenüber der Verwaltung als Leistungsträger abzuleiten261 . Der Begriff der Teilhabe ist für Forsthoff der Komplementärbegriff des Sozialstaats zur rechtsstaatlichen Freiheit und bezeichnet das Rechtsverhältnis des Einzelnen zur Verwaltung 262 . Unerheblich E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden VeIWaltung, S. 55. Zu gering wird die im Folgenden darzustellende veIWaltungsrechtliche Dimension der Schrift ,,Die VeIWaltung als Leistungsträger" veranschlagt von J. Kersten, Die Entwicklung des Konzepts der Daseinsvorsorge im Werk von Ernst Forsthoff, Der Staat 44 (2005), S. 552. Kersten interpretiert die Schrift in erster Linie sozialpsychologisch und verfassungspolitisch, womit m. E. die Intention der Schrift nur unvollständig erfasst werden kann. 259 E. Forsthoff, Die VeIWaltung als Leistungsträger, S. 7. 260 E. Forsthoff, Die VeIWaltung als Leistungsträger, S. 42. 26\ P. Badura, Die Daseinsvorsorge als VeIWaltungszweck der LeistungsveIWaItung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 627. 262 E. Forsthoff, Die VeIWaltung als Leistungsträger, S. 45. 257

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ist dabei, ob die Daseinsvorsorge in privaten oder in öffentlich-rechtlichen Formen auftritt263 . Entscheidend allein ist, dass es sich um Anwendungsfälle leistender Verwaltung handelt. Indem sich Forsthoff in seiner Schrift von 1938 bei der Darstellung der Daseinsvorsorge auf die Darbringung lebensnotwendiger Leistungen durch die Verwaltung beschränkt, umfasst der Begriff zwar lediglich einen Ausschnitt aus dem Bereich, den man gemeinhin als Leistungsverwaltung bezeichnet. Dennoch ist hier bereits ein Grundstein für eine verwaltungsrechtswissenschaftliehe Behandlung der Leistungsverwaltung gelegt. Im Übrigen ist die systematische Stellung der Daseinsvorsorge in der Schrift ,,Die Verwaltung als Leistungsträger" im Gesamtsystem des Verwaltungsrechts noch unklar. So heißt es hie?64: "Heute wird man sagen müssen, daß sich die übrigen staatlichen Funktionen (z. B. Polizei, kulturelle Verwaltung) auf der Basis einer durch Teilhabe an der Daseinsvorsorge (im weitesten Sinne) erst ermöglichten Existenz des einzelnen Volksgenossen entfalten. Die Daseinsvorsorge ist also das Primäre. Bei ihr hat alle Dogmatik des Verwaltungsrechts einzusetzen." Auf dieses Zitat beschränkt sich Forsthoffs Beschäftigung mit den übrigen Verwaltungsfunktionen. Es lässt sich daher nicht eindeutig bestimmen, wie die überkommenen Rechtsinstitute der Eingriffsverwaltung sich zu den neuen Verwaltungsaufgaben verhalten sollten. Insbesondere ist unklar, ob die Daseinsvorsorge neben die Ordnungsverwaltung treten 265 oder ob die Ordnungsverwaltung einen Unterfall der Daseinsvorsorge darstellen sollte, worauf das Zitat schließen lassen könnte. Eine umfassendere Darstellung der Verwaltungsfunktionen lag jedoch zum einen hier wohl noch nicht in Forsthoffs Interesse, zum anderen entsprach diese gewisse Unklarheit auch der rechtssystematisch verschwommenen Verwaltungspraxis im NS-Staat mit ihrer prinzipiell unbegrenzten Aufgabenfülle. Eine Klärung dieser Frage nahmen erst die verwaltungsrechtlichen Schriften Forsthoffs in der Bundesrepublik vor. Die bereits in der Schrift von 1938 vorgenommene erste juristische Konkretisierung des Begriffs Daseinsvorsorge auf Aspekte der Leistungsverwaltung findet ihre weitere Ausformung in Forsthoffs Schriften nach dem Zweiten Weltkrieg. In seinem 1950 veröffentlichten Lehrbuch des Verwaltungsrechts bezeichnet er als Daseinsvorsorge nunmehr "alle Leistungen der Verwaltung an die Staatsgenossen". Dabei könne es keinen Unterschied machen, "ob diese Leistungen lebensnotwendig sind oder nicht". Deshalb sei alles, was "von Seiten der Verwaltung geschieht, um die Allgemeinheit oder nach objektiven Merkmalen bestimmte Personenkreise in den Genuß nützlicher Leistungen zu versetzen, Daseinsvorsorge,,266. Forsthoff E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 22 ff. E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 46. 265 Als Argument hierfür führt W. Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 88, Forsthoffs Aussage an, dass "sich ein Anschluß an die Dogmatik des Verwaltungsrechts" über die Rechtsfigur "Teilhabe" finden lasse (E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 46.). 266 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 370. 263

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hebt damit die Trennung von existenznotwendigen und nicht notwendigen Leistungen zur Bestimmung einer Verwaltungsleistung als Daseinsvorsorge auf. Er weist darauf hin, dass diese Unterscheidung nicht den modemen Anforderungen des Sozialstaats entspräche267 . So lasse der sich schnell wandelnde modeme Lebensstandard eine Eingrenzung der Daseinsvorsorge auf existenznotwendige Leistungen nicht zu 268 : "Was im Jahre 1947 angemessen war, ist es im Jahre 1959 nicht mehr. Es würde allen Anforderungen, die an den modemen Sozial- und Verteilungsstaat ( ... ) gestellt werden, widersprechen, wollte man die Funktionen, welche der Begriff der Daseinsvorsorge zu erfüllen hat, auf den der Vitalsphäre entnommenen Mindeststandard beschränken."

Aus diesem Grund fasst Forsthoff in seinem Lehrbuch daher auch städtische Theater und andere Institutionen der Kulturpflege unter den Begriff der Daseinsvorsorge 269 • Zum Bereich der Daseinsvorsorge werden nach diesem weiteren Begriff in Anknüpfung an Forsthoffs Konzept insbesondere gerechnet 270 : Die Stromund Wasserversorgung, die Abfallwirtschaft, die Verkehrsinfrastruktur, das Personenverkehrswesen, das Telekommunikations- und Postrecht und das Kreditwesen. Ebenso zählen dazu vor allem in kommunaler Hand liegende Tatigkeiten271 wie die Errichtung örtlicher Schulen und Kindergärten, Museen, Krankenhäuser, Sportstätten, Schwimmbäder und vieles mehr. Dieser bunte Strauß verschiedenster Leistungen im öffentlichen Interesse zeigt die Offenheit des erweiterten Daseinsvorsorgebegriffs, in dem sich auch die veränderte Anspruchshaltung der Gesellschaft gegenüber dem Staat widerspiegelt. Forsthoff betont im Gegensatz zu der Schrift von 1938 nunmehr auch die Möglichkeit des Einzelnen, sich aus Gründen der Daseinsvorsorge auf die Grundrechte als Teilhaberechte zu berufen. So bedeute eine Leistungsverweigerung von Seiten des Staates einen Eingriff, der den belastenden Eingriffen des herkömmlichen Verwaltungsrechts vergleichbar sei 272 • Daseinsvorsorge wird so zu einem ,,Leitbegriff' aller leistungsverwaltungsrechtlichen Funktionen273 . Forsthoff verweist insofern auf die Entsprechung zum Rechtsinstitut des "service public", unter das sich im französischen Verwaltungsrecht die gesamten Leistungsverhältnisse der Verwaltung zusammenfassen lie267 268 269

E. Forstlwff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 12. E. Forstlwff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 12. E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 370.

Die genannten Leistungen werden seitdem unter dem Begriff der Daseinsvorsorge in Rechtsprechung und Literatur diskutiert. 271 Vgl. hierzu eingehend J. Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, 2000. 272 E. Forstlwff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 10. Forsthoff hat sich allerdings mit der schwierigen Frage der Grundrechtsgeltung in der Leistungsverwaltung nicht eingehender beschäftigt. Vgl. hierzu aus gleicher Zeit vor allem H. J. Wolff/ O. Baclwf, Verwaltungsrecht I, 9. Auf!. 1976, § 23 II; K. Stern, Das allgemeine Verwaltungsrecht in der neuen Gesetzgebung, JZ 1962, S. 265 ff. 273 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 370. 270

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ßen274 . In der neuen Wortbedeutung wird der Begriff für Forsthoff juristisch zum Synonym der Leistungsverwaltung, er ist somit konkretisiert gegenüber dem nach wie vor verwendeten, umfassenderen verwaltungswissenschaftlichen Begriff275 • Allerdings verliert der erweiterte verwaltungsrechtliche Begriff im Vergleich zur ursprünglichen Fassung auch an sprachlicher Prägnanz. Der existentialistische Unterton im Wort Daseinsvorsorge276 würde eher eine Beschränkung des Begriffs auf lebensnotwendige Funktionen nahe1egen. Der Begriff kann auch im neuen Kontext seinen geistesgeschichtlichen Ursprung nicht verleugnen. Der Begriff Daseinsvorsorge meint jedoch nicht, obwohl Forsthoffs Ausdrucksweise hier nicht immer klar ist, alle Leistungen der Verwaltung, sondern nur die Leistungen der Verwaltung, die der Allgemeinheit zukommen sollen. Deshalb fallen Leistungen der Sozialhilfe, die auch als DaseinsjUrsorge bezeichnet werden, nicht in den Bereich der Daseinsvorsorge, da sie nur einem beschränkten Kreis, nämlich vornehmlich sozial Schwachen, zukommen und im Übrigen nur in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen in Betracht kommen 277 • bb) Der Dualismus von Eingriffs- und Leistungsverwaltung In seinem Lehrbuch bezeichnet Forsthoff die Daseinsvorsorge als den ,,komplementären Gegenbegriff' zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung278 . Die Leistungsverwaltung tritt damit als Typ neben die klassische Eingriffsverwaltung, an deren überkommener Begrifflichkeit Forsthoff festhält279 . Das Forsthoffsche Konzept ergänzt somit die rechtsstaatliehe juristische Methode 274 E. Forstfwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 2. Aufl. 1951, S. 279. J.-c. Pielow. Grundstrukturen öffentlicher Versorgung. 2001. S. 354, vermutet wohl zutreffend aufgrund dieser Anmerkung Forsthoffs, dass dieser vom service public inspiriert worden sei. Allerdings sind für Forsthoff, der ein hervorragender Kenner des französischen Verwaltungsrechts war, die Unterschiede beider Institute wohl so beträchtlich, dass er an keiner Stelle direkt auf Rechtsstrukturen des service public zurückgreift. Vgl. auch M. Bullinger, Der Beitrag Ernst Forsthoffs zum Verwaltungs- und Verfassungsrecht, in: Recht - Kultur - Finanzen, Festschrift für R. Mußgnug, 2005, S. 401. Zum Verhältnis von Daseinsvorsorge und service public vgl. auch: G. Püttner, Daseinsvorsorge und service public im Vergleich, in: H. Cox (Hrsg.), Daseinsvorsorge und öffentliche Dienstleistungen in der Europäischen Union. 2000, S. 45 ff.; M. Bullinger, Französischer service public und deutsche Daseinsvorsorge, JZ 2003, S. 597 ff. Bullinger wirft in genanntem Aufsatz insbesondere auch die Frage nach einer gemeinsamen Erhaltungsstrategie im Hinblick auf beide Institute auf. 275 Nach E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I. 10. Aufl. 1973, S. 370, reicht der Begriff Daseinsvorsorge hinein in das Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht. 276 G. Püttner, Der verfassungsrechtliche Rahmen für die Energieversorgung in Deutschland, LKV 1991, S. 211, sieht wohl zutreffend einen Grund der Beliebtheit des Wortes in seinem "existenziell-philosophischen Klang". 277 So zutreffend M. Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 78 f. 278 E. Forstfwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 370 Fn. 3. 279 So Forsthoff ausdrücklich in der Schrift: Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S.70.

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Otto Mayers um eine sozialstaatliehe Betrachtungsweise. Die typologische Einteilung nach klassischer Eingriffsverwaltung und Daseinsvorsorge (Leistungsverwaltung) gibt der Daseinsvorsorge rechtsdogmatisch Konturen und schließt aus, jegliche Verwaltungstätigkeit als ,,Leistung" der Verwaltung zu bestimmen. So wäre denkbar, als "Leistungen" der Verwaltung alle Tätigkeiten zu bezeichnen, die der Staat zur Erfüllung seiner Zwecke durchführt. Dementsprechend beschrieb Erich Becker als Leistungen der Verwaltung alle nach außen gerichtete Ausübung der Verwaltung 280 , somit auch Tätigkeiten der Polizei281 . Auf diese Weise verliert jedoch der Begriff seine spezifische Bedeutung und zeitigt keine bestimmten rechtlichen Folgen 282 . Ein so verstandener Begriff der Leistungsverwaltung würde zwar die (richtige 283 ) verwaltungswissenschaftliche Erkenntnis beinhalten, dass jede Tätigkeit der Verwaltung in der industriell-technischen Gesellschaft einen mehr oder weniger "leistenden" Arbeitscharakter angenommen hat, wie dies auch Forsthoff selbst herausgestellt hat284 • Allerdings wäre für die Verwaltungsrechtswissenschaft durch einen derartig allumfassenden Leistungsbegriff wenig gewonnen. In dieser Form würde der Begriff praktisch jede Verwaltungstätigkeit erfassen 285 . Forstboff beschränkt daher den Begriff der Leistungsverwaltung auf bestimmte Aufgaben der Verwaltung. Das so herausgebildete "zweiseitige" Verwaltungsrecht entspricht insofern auch terminologisch den Wandlungen des bürgerlichen Rechtsstaats zum sozialen Rechtsstaat, als neben die klassische rechtsstaatliche Eingriffsverwaltung die sozialstaatliche Leistungsverwaltung tritt. Forstboff hat mit dieser Unterscheidung die deutsche Verwaltungsrechtswissenschaft auf einen neuen Stand gebracht286 . Allerdings gelingt die Unterscheidung von Eingriffs- und Leistungsverwaltung nicht immer trennscharf287 . Bachof liefert in seiner Kritik an der Unterscheidung 280 E. Becker; Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung, VVDStRL 14 (1956), S. 105 f. Ähnlich hat 1914 bereits Erich Kaufmann formuliert, der die Verwaltung als den Inbegriff der Leistungen des Staates bezeichnete, ders. in: Stengl-Fleischmanns Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts (1914), Bd. III, Art. Verwaltung, Verwaltungsrecht, S. 688. 281 In eine ähnliche Richtung geht in jüngerer Zeit W. Rüjner, Daseinsvorsorge und soziale Sicherheit, in: J. Isensee/P. Kirchhof, HStR III, 2. Auf!. 1996, § 80 Rn. 6, der die Garantie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in den weit verstandenen Begriff der Daseinsvorsorge einbeziehen will. 282 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 13, gegen E. Becker. Ebenso, Forsthoff folgend, P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 629. 283 Zum Dienstleistungsstaat A. Voßkuhle, Der "Dienstieistungsstaat", Der Staat 40 (200 1), S. 495 ff. 284 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 13. 285 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 13; ders., Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 370 Fn. 3. 286 P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 627. 287 o. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 227 f.; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. ISO, spricht von Übergängen und Gemeinsamkeiten beider Begriffe.

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hierfür das treffende Beispiel, dass eine Einkommenssteuer Aufwendungen für den sozialen Wohnungsbau berücksichtigt288. Auch kann als Beispiel ein Eingriff zur Durchsetzung einer Anstaltsordnung angeführt werden 289 . Für Forsthoff standen jedoch eher die Gegensätzlichkeiten von Eingriffs- und Leistungsverwaltung im Vordergrund: Während die Eingriffsverwaltung vorrangig durch einseitige hoheitliche Anordnung mittels Verwaltungsakt gekennzeichnet ist, zeichnet sich die Leistungsverwaltung durch zweiseitige Leistungsverhältnisse aus. Ein Kriterium für die Daseinsvorsorge ist nach Forsthoff denn auch die ,,zweiseitigkeit des Leistungsverhältnisses,,290. Forsthoff hebt also das Rechtsverhältnis gegenüber der Rechtsform hervor. Die Unterscheidung zwischen Eingriffs- und Leistungsverwaltung ist jedoch auch terminologisch unscharf. So ist zutreffend bemerkt worden, dass den Begriffen Eingriffs- und Leistungsverwaltung kein einheitliches Kriterium zugrunde liegt291 • Während mit dem Terminus Eingriffsverwaltung auf die (hoheitliche) Rechtsform abgestellt wird, hebt der Begriff der Leistungsverwaltung auf den Inhalt des Verwaltungshandelns ab. Jedoch ist die Unterscheidung von Eingriffsund Leistungsverwaltung, die sich in der verwaltungsrechtlichen Literatur bis heute weitgehend erhalten hat, auch bei mangelnder methodischer Genauigkeit in der Lage, zwei Grundtypen des Verwaltens anschaulich zu machen. Wenn die Aufgabe einer Verwaltungstypenlehre es ist, "verschiedene dogmatische Grundsituationen zu untersuchen, die das Verhältnis des Einzelnen zur Verwaltung bestimmen,,292, ist das mit dem Begriffspaar Eingriffsverwaltung - Leistungsverwaltung und, damit zusammenhängend, der Unterscheidung von rechtsstaatlicher Freiheit und sozialstaatlicher Teilhabe gelungen. Es ist weiter beanstandet worden, dass diese dualistische Konzeption nicht hinreichend das Phänomen der "lenkenden" oder "gestaltenden,,293 Verwaltung erfasst 294 . Unter lenkender oder gestaltender Verwaltung werden Erscheinungen 288 O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 225. 289 So H. J. Woljf10. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Auf!. 1976, § 3 I b, die Eingriffs- und Leistungsverwaltung deshalb auch nicht als Gegenbegriffe verstanden wissen wollen. 290 E. Forsthoff, Die Verwaltung ais Leistungsträger, S. 41. 291 H. J. WoljflO. BachoflR. Stober, Verwaltungsrecht, Bd.llI, 4. Auf!. 1978 § 137 b. Vgl. auch O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 227; P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 629; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 49. 292 Zur Verwaltungstypenlehre E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 148. 293 Lenkende, gestaltende oder planende Verwaltung werden vielfach synonym verwendet, vgl. W. Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 258 ff. 294 Im Folgenden P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 24.

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einer breiter angelegten Steuerung und Förderung ganzer Bereiche des sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens bezeichnet295 . Auch Forsthoff spricht in seinem Lehrbuch mehrfach von "gestaltender" Verwaltung, wie bereits gezeigt wurde. Diese gestaltende Funktion der Verwaltung sieht er durch zwei Formen verwirklicht. Sie äußere sich zum einen in der hoheitlichen Gestaltung der Sozialordnung im Wege des Eingriffs, zum anderen in der aktiven Teilhabe des Staates (hier führt er sein Institut der Daseinsvorsorge an)296. Forsthoffs dualistische Sichtweise zeigt sich hier allerdings darin, dass er den ersten Typ gestaltender Verwaltung, den gestaltenden Eingriff, der Eingriffsverwaltung zuordnet, während er die Lenkung durch aktive Teilhabe des Staates in den Bereich der Leistungsverwaltung verweist. Zwar erkennt er die Eigenart des gestaltenden Eingriffs insbesondere im Hinblick auf den erweiterten Betroffenenkreis an297 , doch bezeichnet er beispielsweise die Bekämpfung des Missbrauchs wirtschaftlicher Machtstellungen als "wirtschaftliche Polizeikontrolle" und ordnet sie damit letztlich der Eingriffsverwaltung ZU298 . Forsthoff hat demnach das Phänomen der gestaltenden Verwaltung erkannt, der Begriff der Gestaltung bleibt bei ihm jedoch dogmatisch unschart299 , die gestaltende Verwaltung ist noch keine eigenständige Typenkategorie des Verwaltungsrechts neben Eingriffs- und Leistungsverwaltung. Die oben angesprochene Kritik zieht demgegenüber noch weitere gliedernde Begriffe vor: Hans Julius Wolff unterscheidet zwischen "ordnender", "leistender" und "verteilender" Verwaltung. Diese Einteilung orientiere sich am "Gehalt der verwaltenden Tätigkeit"3°O. Badura unternimmt unter direkter Bezugnahme auf Forsthoffs Begriff der Daseinsvorsorge den Versuch, die "Systernidee des liberalen Rechtsstaates durch die des sozialen Rechtsstaates" zu ersetzen301 . Die Einteilung solle dabei nach Verwaltungszwecken erfolgen. Badura unterscheidet hierbei die Verwaltungszwecke der Gefahrenabwehr, der Abgabenerhebung, der Leistung und der Lenkung 302 . In jüngerer Zeit hat Heiko Faber in seinem Lehrbuch303 neben der Eingriffs- und Leistungsverwaltung auch die Infrastrukturverwaltung als dritten Verwaltungszweig dargestellt und das Verwaltungsrecht nach diesen Kategorien systematisch zu ordnen versucht304 . Die Problematik des Versuchs einer abschließenden Bestimmung von Verwaltungstypen und damit auch einer VerwaltungsaufH. Maurer; Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 1 Rn. 17; E. Schmidt-AßDas allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 152. 296 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 72. 297 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 73. 298 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 66 f. 299 P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 24. 300 H. J. Woljf/O. Bachof, Verwaltungsrecht 1,9. Aufl. 1976, § 311 b. 301 P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 22. 302 P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 22. 303 H. Faber; Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1995. 304 Das Lehrbuch erscheint insofern interessant, als Faber die drei Bereiche in systematischer, sehr übersichtlicher Weise gegenüberstellt. 295

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gabenlehre liegt auf der Hand. So ließen sich durchaus noch weitere Differenzierungen vornehmen 305 . Die Diskussion ist insofern vergleichbar mit den Bemühungen um eine Staatsaufgabenlehre, deren Nutzen und Ertrag ebenfalls umstritten sind306 .

cc) Die Dreiteilung der Verwaltungstätigkeiten Nach Forsthoff hatten sich während des 19. Jahrhunderts für die Einteilung der Verwaltungstätigkeiten zwei Kategorien gebildet: das hoheitliche Handeln und die wirtschaftliche Betätigung. Das System Otto Mayers habe sich als ein System der Rechtsformen vor allem dem Verwaltungsakt als typischer Handlungsform hoheitlicher Verwaltungs betätigung gewidmet, während die wirtschaftliche Betätigung als fiskalische Betätigung nicht zum eigentlichen Verwaltungsrecht gehört habe 307 . Diese das Verwaltungsrecht auf das Subordinationsverhältnis konzentrierende Lehre beschrieb das Handeln der Verwaltung als Handeln in öffentlichen Rechtsformen. Sobald die Verwaltung sich privatrechtlicher Rechtsformen bediente, begab sie sich in den Bereich "fiskalischen" Handelns und verlor daher ihren Status als Verwaltung, mit der Folge, dass an die Stelle der öffentlich-rechtlichen Bindungen die Privatautonomie trae0 8 . Dementsprechend wurden die privatrechtlich betriebenen Verkehrs- und Versorgungsbetriebe überwiegend als "gewerbliche Unternehmungen" angesehen 309 . Handelte die Verwaltung in privatrechtlicher Form, bewegte sie sich nach dieser Auffassung außerhalb des Verwaltungsrechts. Auch Walter Jellinek und Fritz Fleiner behielten dieses zweiseitige Modell trotz gewisser Modifikationen bei 31O • 305 So könnte aus heutiger Perspektive die Vorsorge für die natürlichen Lebensgrundlagen genannt werden. Vgl. hierzu nur R. Schnzidt, Der Staat der Umweltvorsorge, DÖV 1994, S. 749 ff. 306 R. Herzog, Ziele, Vorbehalte und Grenzen der Staatstätigkeit, in: J. Isensee/P. Kirchhof, HStR m, 2. Aufl. 1996, § 58 Rn. I, 28; A. Voßkuhle, Gesetzgeberische Regulierungsstrategien der Verantwortungsteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor, in: G. F. Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und "schlankem" Staat, 1999, S. 57 f. 307 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf]. 1973, S. 371. 308 P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 626. 309 Nachweise bei P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 17 Fn. 29. Ausnahmen waren insofern die Wasserwerke, bei denen der polizeiliche Aspekt im Vordergrund stand. 310 Zwar differenzierte Jellinek den Begriff der hoheitlichen Verwaltung nach "obrigkeitlicher" und "schlicht-hoheitlicher" Verwaltung, jedoch blieben auch bei ihm Leistungen der Verwaltung in privatrechtlicher Form ,.fiskalische Verwaltung" und damit von der verwaltungsrechtlichen Betrachtung ausgeschlossen, so dass z. B. ein privatrechtlieh betriebenes Wasserwerk nicht dem Bereich des eigentlichen Verwaltungshandelns zugeordnet wurde, vgl. W. Jellinek. Verwaltungsrecht, 3. Auf]. 1931, S. 21 ff. Fleiner behandelte in der achten Auflage seiner ,,Institutionen des Verwaltungsrechts" unter dem neu eingefügten § 8 "Neue Organisationsformen" die neueren Verwaltungstätigkeiten am breitesten, doch unterteilte auch er

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Dieses zweiseitige Modell berücksichtigte nach Forsthoff unzureichend die neuen Verwaltungstätigkeiten, wie sie mit der Daseinsvorsorge und dort exemplarisch mit den Versorgungsunternehmen aufkamen. Indem Forsthoff die gesamte Leistungsverwaltung zusammenfasst, spricht er einen bestimmten Aufgabenbereich, nämlich die Erbringung von Leistungen für die Allgemeinheit, in toto dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zu. Die Verwaltung bleibt demnach öffentliche Verwaltung, auch wenn sie in Formen des Privatrechts tätig wird, entschl!idend für die Einordnung ist lediglich die Qualifizierung der Verwaltungstätigkeit als Daseinsvorsorge. Neben die hoheitliche Verwaltung und die Daseinsvorsorge stellt Forsthoff nun als dritten Teil der Verwaltungstätigkeiten die erwerbswirtschaftlich-fiskalische Betätigung, die keine Verwaltung im materiellen Sinne ist und damit vollständig dem Privatrechtsverkehr zugeordnet wird3 !1. Unternehmen in diesem Bereich werden von der Verwaltung vorrangig zum Zwecke der Deckung des eigenen Finanzbedarfs betrieben. Damit haben sie nach Forsthoff eine grundsätzlich andere Aufgabe als die Versorgungsunternehmen, bei deren Tätigkeiten die Leistungserbringung für den Bürger und damit der soziale Zweck im Vordergrund stehe 12 . Der Einteilung in drei Sparten liegt damit nicht die Unterscheidung der Rechtsformen zugrunde, sondern sie orientiert sich am 1ätigkeitsgelUllt, also an der mit der jeweiligen Tätigkeit verbundenen Aufgabe. Sie exemplifiziert damit beispielhaft Forsthoffs soziologische Methode, die im Bereich der Leistungsverwaltung die Systematik der Rechtsformen durch eine aufgabenbezogene Sichtweise zu ergänzen sucht. Grundsätzlich kritisiert wurde diese Einteilung vor allem im energiewirtschaftlichen Schrifttum. Nach Vorstellung einiger Autoren stellt die von Forsthoff als Paradebeispiel für die Daseinsvorsorge herangezogene Energieversorgung einen Teil der privaten Wirtschaft dar, der einer öffentlich-rechtlichen Sonderbehandlung weder zugänglich noch bedürftig see l3 • In der Tat ist diese eher wirtschaftsliberale Position mit Forsthoffs auf die soziale Funktion der Energieversorgung abstellenden Betrachtung unvereinbar. Die Kritik ist von ihrem Ausgangspunkt her insofern auch folgerichtig 3 !4, allerdings verharrt sie in der überkommenen undifferenzierten Unterscheidung von öffentlich-rechtlicher und wirtschaftlich-fiskalischer Betätigung der Verwaltung, die Forsthoff mit Blick auf die Veränderungen im Sozialstaat überwinden wollte. die Verwaltungstätigkeiten noch in hoheitliche und fiskalische Tätigkeit, vgl. F. Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1928, S. 5, S. 124, S. 327 f. 311 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 371 f. 312 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 371. 313 T. Maunz, Grundfragen des Energiewirtschaftsrechts, VerwArch 50 (1959), S. 327; H. Fischerhof, Rechtsfragen der Energiewirtschaft II, 1966, S. 34 ff.; V. Emmerich, Die kommunalen Versorgungsunternehmen, 1970, S. 29, S. 45 ff. 314 So zutreffend P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 628.

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Ob die von Forsthoff herausgearbeiteten drei Kategorien sich klar voneinander abgrenzen lassen, erscheint allerdings fraglich. Damit gestellt ist auch die Frage, ob der Begriff der Daseinsvorsorge neben einer heuristischen und einer soziologischen Funktion, die auch die meisten Kritiker ihm zubilligen, eine rechtsdogmatische Funktion erfüllt. Die Kritik wendet sich dabei hauptsächlich gegen die Abgrenzung zwischen Daseinsvorsorge und erwerbswirtschaftlicher Betätigung. Forsthoff beziehe nach seiner Definition alle Leistungen der Verwaltung in den Bereich der Daseinsvorsorge ein, doch leuchte nicht ein, weshalb dann Unternehmen des Staates, die ebenfalls Leistungen erbringen, wie Porzellanmanufakturen und Staatsbrauereien, gemeindeeigene Bäckereien, Metzgereien oder Wäschereibetriebe nicht auch in den Bereich der Daseinsvorsorge fallen sollten 315 • Demgegenüber verweist Forsthoff darauf, dass wirtschaftliche Unternehmen nur dann Daseinsvorsorge ausübten, wenn sie unmittelbar dem einzelnen Staatsgenossen Vorteile gewährten; unmittelbar müsse der Vorteil sein, das heißt, er müsse dem Einzelnen direkt zugute kommen 316 . Diese Unmittelbarkeit treffe auf die erwerbswirtschaftliche Betätigung nicht zu, da der Staat mit seiner Tätigkeit zunächst seinen eigenen Vorteil suche und dem Bürger ein Vorteil nur indirekt zukomme 317 . Demgegenüber ist jedoch einzuwenden, dass sich mit diesem Kriterium die unterschiedliche Behandlung einer gemeindeeigenen Bäckerei und eines Energieversorgungsunternehmens, mit dem die Gemeinde immer auch einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil verfolgt, nicht erklären lässt. Das Kriterium der Unmittelbarkeit erscheint nicht hinreichend trennscharf, um die vielfältigen wirtschaftlichen Betätigungen der öffentlichen Hand klar voneinander abgrenzen zu können 318 • Demgegenüber verweist Hans Heinrich Klein, ein Schüler Forsthoffs und Anhänger von dessen Konzeption, auf die Garantiepflicht der öffentlichen Hand 319 . Nur wenn ausschließlich die Verwaltung aufgrund ihrer Daseinsverantwortung die Befriedigung des Appropriationsbedürfnisses des Bürgers übernehme, betreibe sie Daseinsvorsorge. Wenn die Leistung dagegen in Konkurrenz zur privaten Wirtschaft erbracht werde, nehme die Verwaltung als Wettbewerbsteilnehmerin am Wirtschaftsleben teil und werde damit wie eine Privatperson tätig. Nur insofern die Gesellschaft die angemessene Bedarfsbefriedigung nicht selbst übernehme, greife die staatliche Daseinsvorsorge ein. Klein begründet dies damit, dass Forstboff das Angewiesensein des Einzelnen auf den Bestand des Leistungsverhältnisses für die Daseinsvorsorge voraussetze320 . Gegen dieses "Subsidiaritätsmodell" spricht zunächst, dass Forsthoff das Kriterium des Angewiesenseins in seiner späteren Konzeption der DaseinsvorF. Ossenbühl, Daseinsvorsorge und Verwaltungsprivatrecht, DÖV 1971, S. 516. E. Forstholf, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 372. 317 E. Forstholf, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 372. 318 So zutreffend auch F. Ossenbühl, Daseinsvorsorge und Verwaltungsprivatrecht, DÖV 1971, S. 516. 319 H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968, S. 18. 320 H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 18. 315

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sorge, die sich nicht mehr auf existenznotwendige Leistungen beschränkte, fallen gelassen hat. Zutreffend wird auch darauf hingewiesen, dass öffentliche Zwecke bei einem Zusammentreffen mit privaten Interessen nicht einfach aus dem öffentlich-rechtlichen Zusammenhang herausgetrennt werden können 321 • Dies könnte eine Übernahme öffentlicher Aufgaben von Privaten gegen den Willen der öffentlichen Hand bedeuten. Auch erscheint Ossenbühls Hinweis richtig, dass eine auf der Garantiepflicht beruhende Abgrenzung letztlich auf die schwierige Abgrenzung staatlicher und privater Kompetenzbereiche hinausläuft. Zutreffend bemerkt er, dass der Begriff Daseinsvorsorge diese Abschichtung selbst jedoch nicht liefert322 • Gegen die Interpretation Kleins ist vor allem einzuwenden, dass die Verwaltung, sofern auch Private existenznotwendige Leistungen anbieten, aus ihrer Rolle als Träger von Daseinsvorsorge entlassen würde. Die Verwaltung unterliegt jedoch auch dann, wenn sie neben Privaten Leistungen der Daseinsvorsorge erbringt, den öffentlich-rechtlichen Bindungen, da sie eine öffentliche Aufgabe erfüllt323 . Dies entspricht auch insofern der Konzeption Forsthoffs, als sie eine situative Anpassung des Daseinsvorsorgebegriffs an das jeweilige öffentliche oder private Daseinsvorsorgeangebot verhindert. Nur leistende Tatigkeiten der Verwaltung an die Allgemeinheit sind demnach Daseinsvorsorge, das heißt öffentliche Verwaltung 324 im materiellen Sinne325 . Nach dem Konzept Forsthoffs ist es daher nicht angängig, Leistungen rein privater Anbieter als Daseinsvorsorge anzusehen 326 • Damit verlöre der Begriff gerade seine von Forsthoff beabsichtigte Wirkung, die Funktionen der Verwaltung zu beschreiben. Wie bereits verschiedentlich erwähnt, ergibt sich aus dem Begriff Daseinsvorsorge nichts über die von der Verwaltung benutzte oder zu benutzende Rechtsform. Gerade dieser für Forsthoff zentrale Punkt ist in der Gerichtspraxis verschiedentlich fehlinterpretiert worden und hat zur Verunklarung des Begriffs geführt. So hielt das Kammergericht in einem Urteil vom 18.05. 1956327 den ordentlichen Rechtsweg nicht für eröffnet, da es sich bei dem in Frage stehenden Vertrieb von Steuerfibeln durch die Verwaltung um Daseinsvorsorge, mithin um öffentliches 321 D. ScheidemilM. Der Begriff Daseinsvorsorge, S. 231; ähnlich H. Gröttrup. Die kommunale Leistungsverwaltung, 1973, S. 74. 322 F. Ossenbühl. Daseinsvorsorge und Verwaltungsprivatrecht, DÖV 1971, S. 517. 323 Vgl. die m. E. zutreffende Interpretation Forsthoffs durch M. Ronellenfitsch. Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 82. 324 Ebenso H. P. Ipsen, Der Stadtstaat als Unternehmer und Träger der Fachaufsicht, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, 1984, S. 269. 325 So zu Recht G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 99. 326 Für eine derartige ,,Privatisierung" des Begriffs W. Leisner, Grundrechte und Privatrecht, 1960, S. 210 ff. 327 KG NJW 1957, S. 1978; vgl. hierzu auch P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 630.

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Recht gehandelt habe. Zwar lässt sich der Vertrieb von Steuerfibeln durch die öffentliche Verwaltung durchaus als Daseinsvorsorge im Forsthoffschen Sinne bezeichnen, doch sagt diese Klassifizierung nichts über die Rechtsformen aus, in der die Verwaltung diese Leistungen erbringt. Im vorliegenden Fall beteiligte sich die Steuerverwaltung am Privatrechtsverkehr, die Daseinsvorsorge erfolgte in zivilrechtlicher Form. Demnach wäre der ordentliche Rechtsweg eröffnet gewesen. Diese undifferenzierte Handhabung des Begriffs Daseinsvorsorge zeigt sich beispielhaft auch in einer Entscheidung des BGH vom 23. 09. 1969, in der es heißt328 : "Denn auch diese Betätigung (die Tarifgestaltung) der Gemeinde dient lebenswichtigen Bedürfnissen der Gemeinschaft, gehört daher zur Daseinsvorsorge und ist deshalb öffentliche Verwaltung. Alles, was funktionell zur Daseinsvorsorge gehört, ist nach Grundsätzen des öffentlichen und nicht des privaten Rechts zu beurteilen. Infolgedessen ist die Tarifgestaltung der Beklagten nicht Sache des privaten Beliebens, sondern gehört zur Aufgabe der Daseinsvorsorge."

Hier soll lediglich auf die Ungenauigkeiten des Urteils bei der Diskussion des Begriffs Daseinsvorsorge hingewiesen werden. Der vom BGH zugrundegelegte Begriff entspricht nicht der Forsthoffschen Konzeption, die gerade nicht (mehr) nur existenznotwendige Leistungen dem Begriff Daseinsvorsorge zuordnet. Weiter ist die Formulierung unzutreffend, dass die Fälle der Daseinsvorsorge nicht nach Grundsätzen des Privatrechts beurteilt werden können. Vielmehr findet, wie Forsthoff immer wieder betont, im Bereich der Daseinsvorsorge Privatrecht sehr wohl alternativ zum öffentlichen Recht Anwendung, das Privatrecht wird lediglich öffentlich-rechtlich modifiziert. Diesen Beispielen aus der Rechtsprechung ließen sich weitere anfügen329 • Sie zeigen, wieviel Unsicherheit der Begriff der Daseinsvorsorge in der Praxis hervorrufen kann. So wird man zwar sagen können, dass Forsthoff mit seiner Begriffsschöpfung die Rechtsprechung stark angeregt und für Fragen der Leistungsverwaltung sensibilisiert hat, doch zeigt sich auch, dass der Begriff Daseinsvorsorge, unkritisch angewendet, leicht zu einem Mittel werden kann, eine rechtswissenschaftliche Diskussion mit dem Hinweis auf den Tatbestand der Daseinsvorsorge frühzeitig zu beenden. dd) Die Verantwortung für die Daseinsvorsorge Forsthoff verfolgte mit dem Begriff der Daseinsvorsorge nicht das Ziel, bestimmte Versorgungsleistungen zu verstaatlichen, wie ihm verschiedene Autoren 328 BGH NJW 1969, S. 2195; zu diesem Urteil auch V. Emmerich, Die Fiskalgeltung der Grundrechte, namentlich bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand, JuS 1970, S. 322 ff. 329 Weitere Nachweise bei F. Ossenbühl, Daseinsvorsorge und Verwaitungsprivatrecht, DÖV 1971, S. 517 Fn. 50. Aus neuerer Zeit J.-c. Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 370 ff.

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vorgeworfen haben 33o . Auch wird mit dem Begriff nicht postuliert, dass die Verwaltung bestimmte Aufgaben wahrnehmen soll.331 Der Begriff soll lediglich leistende Verwaltungstätigkeiten der verwaltungsrechtswissenschaftlichen Betrachtung zugänglich machen. Aus diesem Grunde lassen sich aus dem Begriff keine Kompetenzen staatlichen Handelns ableiten, wie dies sowohl Rechtsprechung als auch Schrifttum verschiedentlich versucht haben 332 . Dass der Begriff Daseinsvorsorge in seiner rechtlichen Funktion kein politisches Postulat impliziert, also nicht die Forderung nach immer neuen Verwaltungsleistungen enthält, wird auch von den Autoren übersehen, die an einem beschränkten Begriff der Daseinsvorsorge festhalten 333 oder ihn als "subsidiäre" Verwaltungsfunktion bezeichnen334 . Die Ausdehnung des Begriffs Daseinsvorsorge auf alle Leistungsverhältnisse zeigt vielmehr Forsthoffs praktische Sicht auf den Sozialstaat, den man nur "von dem jeweiligen status quo" her interpretieren kann 335 • Für den modemen Sozialstaat ist es in der Tat kennzeichnend, dass er schon lange nicht mehr nur existenznotwendige Leistungen erbringt, sondern sich weit darüber hinaus in viele gesellschaftliche Bereiche erstreckt. Mit dem genannten Problemkreis ist, wie bereits angedeutet, die schwierige Frage nach der Abschichtung staatlicher und gesellschaftlicher Verantwortungsebenen336 angesprochen. Hier fehlt es letztlich "an zuverlässigen Kriterien, obliga330 In dieser Richtung Z. Giacometti. Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts I, 1960, S. 46, Anm. 32; G. Frentzel. Wirtschaftsverfassungsrechtliche Betrachtungen zur wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, 1961, S. 30 f. B. Bömer, Irrwisch Daseinsvorsorge, BayVBI. 1971, S. 408. 331 Verfehlt ist daher die Annahme, Forsthoff bekenne sich zum planwirtschaftlich-sozialistischen Staat. Kaum etwas wird Forsthoff entfernter gelegen haben. So aber H. Fischerhof, Daseinsvorsorge und wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, DÖV 1960, S. 43. Eine ähnliche Tendenz in der Kritik zeigt sich auch bei K. Bayer, Privatrechtliche Leistungsverhältnisse und öffentliche Daseinsvorsorge, 1965, S. 24 f. 332 Zutreffend W. Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Wirtschaft und Gemeinde, 1989, S. 120. Kritisch diesbezüglich auch S. Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 109, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. Storr berücksichtigt allerdings in seiner Kritik am Terminus Daseinsvorsorge zu wenig die Wandlungen, die der Begriff in Forsthoffs Werk erfahren hat. 333 A. Hamann, Deutsches Wirtschaftsverfassungsrecht, 1958, S. 67 ff. Für eine Einschränkung des Daseinsvorsorgebegriffs plädiert auch H. W. Louis. Die Besteuerung der öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge, 1981, S. 8 f., der auf den Versorgungscharakter der Leistungen abstellt. Ähnlich G. Püttner, Daseinsvorsorge und service public, S. 49 f.~ der unter die Daseinsvorsorge nur diejenigen Leistungen zählt, für die der Empfanger bereit ist, ein Entgelt zu zahlen. Ob sich eine Abgrenzung auf diese Weise finden lässt, ist allerdings höchst zweifelhaft. 334 G. Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, 1964, S. 41 f. 335 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 13. 336 Hierzu aus jüngerer Zeit die Beiträge in: G. F. Schuppen (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und "schlankem" Staat, 1999; vgl. des weiteren die Referate auf der Staatsrechtslehrertagung 2002 von M. Heintzenl A. Voßkuhle. Beteiligung Privater an der Wahrnehmung

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torische von fakultativen Staatsaufgaben und genuin privaten Aufgaben abzuschichten,,337. Zu dieser Frage finden sich am Ende der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" bereits einige Hinweise Forsthoffs. So bemerkt Forsthoff hier, dass sich der Staat nie vollständig aus seiner Daseinsverantwortung werde zurückziehen können, jedoch ein Rückzug auf eine "subsidiäre" Verantwortung in Gestalt einer Oberaufsicht über "unterstaatliche, gemeinschaftsförmige Leistungsträger" in Betracht komme 338 . Auch wenn Forsthoff es bei diesen Äußerungen belässt, zeigt sich hier doch ein eminentes Gespür für mögliche Entwicklungen. So ist hier bereits das Phänomen einer staatlichen Auffangverantwortung in Erwägung gezogen worden 339 . Im Jahre 1959, unter dem Eindruck einer prosperierenden industriellen Gesellschaft und einer "introvertierten" Staatlichkeit, sieht Forsthoff dann die Daseinsvorsorge nur noch als "staatliche Komplementärfunktion" neben der gesellschaftlichen Daseinssicherung, die der "Daseinsstabilisierung durch gesellschaftliche Kräfte auf das engste verbunden ist, indem sie sie jeweils ergänzt"340. Die Daseinssicherung durch die Gesellschaft sei demnach "wieder das primäre". Die für Forsthoff charakteristische Skepsis bricht sich jedoch auch hier Bahn, indem er auf mögliche Krisenzeiten verweist 341 : "Gesellschaftliche Daseinsstabilisierung und staatliche Daseinsvorsorge haben sich in hohem Maße aufeinander eingespielt. Das gilt jedoch nur für normale Zeiten. Krisen aller Art weisen der Daseinsvorsorge neue Aufgaben zu. Die Tatsache, daß der Staat auf solche Aufgaben gerüstet sein muß, muß ihn dazu veranlassen, Positionen der Daseinsvorsorge zu halten, die er unter normalen Verhältnissen an die Gesellschaft abgeben könnte."

Forsthoff beharrt hier auf einer grundsätzlichen Daseinsverantwortung des Staates, betont jedoch die Möglichkeit einer Auffangverantwortung im Falle einer ausreichenden gesellschaftlichen Bedarfsdeckung. Allerdings zeigen Forsthoffs Ausführungen auch anschaulich, dass sich staatliche und gesellschaftliche Verantworöffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 220 ff. bzw. S. 266 ff. 337 A. Voßkuhle. Gesetzgeberische Regulierungsstrategien der Verantwortungsteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor, S. 58, unter Verweis auf den ebenfalls unklaren Ertrag der Privatisierungsdebatte. 338 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 49. 339 Zur Auffangverantwonung vgl. W. Hoffmann-Riem. Tendenzen in der Verwaltungsrechtsentwicklung, DÖV 1997, S. 433 ff. Allgemein zur Notwendigkeit einer Verantwortungsstufung bzw. Verantwortungsteilung im modernen Verwaltungsrecht E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts - Reformbedarf und Reformansätze -, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schrnidt-Aßmann/G. F. Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1993, S. 11 ff., S. 43 f.; G. F. Schuppen. Verwaltungswissenschaft, S. 400 ff. Zur arbeitsteiligen Aufgabenerfüllung aus jüngster Zeit A. Voßkuhle. Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 270 ff., S. 282 ff., S. 304 ff. Vgl. zu diesem Fragenkreis auch unten 2. Teil D. 11. 3. m.w.N. 340 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 21 . 341 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 21.

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tungsbereiche nicht mit dem Kriterium der Daseinsvorsorge abgrenzen lassen. Forsthoff bemerkte insoweit selbst fast resignierend, dass die Daseinsvorsorge dem Schicksal wohl nie werde entgehen können, "zwischen den Fronten eines hoheitlichen Etatismus einerseits und eines marktwirtschaftlichen Erwerbsstrebens andererseits mitten inne zu stehen,,342. Forsthoff hat hier Fragen aufgeworfen, die, in variierter Form, auch heute noch intensiv diskutiert werden 343 .

b) Methodische Folgerungen aa) Institutionelles Rechtsverständnis? Die Aufgabe sozialer Leistungen der öffentlichen Verwaltung fasst Forsthoff in einem einheitlichen Begriff "Daseinsvorsorge" zusammen, der neben einer empirischen Seite auch eine juristisch-dogmatische Seite aufweist. Bei dieser soziologisch-rechtswissenschaftlichen Prägung des Begriffs Daseinsvorsorge zeigen sich Elemente eines institutionellen Verständnisses, das in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" von 1938 noch deutlich ausgeprägt ist, später allerdings Abschwächungen erfährt. Um die "Dogmatik des Verwaltungsrechts in eine engere Beziehung zur Wirklichkeit der modemen Verwaltung" zu setzen344, schlägt Forsthoff in seiner Schrift von 1938 die Bildung neuer Rechtsbegriffe vor. Vorbildfunktion für solche Rechtsbegriffe hat für Forsthoff der Begriff ,,Energiewirtschaft", der dem Energiewirtschaftsgesetz vom 13. Dezember 1935345 zugrundeliegt. Die wesentliche Neuerung des Gesetzes sieht Forsthoff darin, "daß es die Energieversorgung unter Absehung von den Rechtsformen verfaßt, in welchen die Versorgungsunternehmen betrieben werden,,346. Damit werde "die Energieversorgung als eine einheitliche Materie mit einer einheitlichen Dogmatik begründet". Das "Hinweggreifen über die Unternehmensformen" mache hier deutlich, "daß die besondere Struktur der Leistungsverwaltung innerhalb der Energieversorgung durch die Unternehmensformen nicht berührt wird,,347. Damit erscheine der Begriff ,,Energiewirtschaft" als neuer Rechtsbegriff, der sich "völlig außerhalb der so umstrittenen Unterscheidung E. Forsthoff, Die Daseinsvorsorge und die Kommunen, S. 116. Vgl. nur G. F. Schuppert. Die Zukunft der Daseinsvorsorge in Europa: Zwischen Gemeinwohlbindung und Wettbewerb, in: H.-P. Schwintowski (Hrsg.), Die Zukunft der kommunalen EVU im liberalisierten Energiemarkt, 2002, S. 14 ff., der im Anschluss an Forsthoff für eine Daseinsverantwortungsteilung zwischen der EU, den Mitgliedsstaaten und den gesellschaftlichen Akteuren eintritt. 344 E. Forstoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, Vorwort. 345 RGBl. I, S. 1451. 346 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 34 347 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 34. 342 343

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zwischen öffentlichem und privatem Recht hält". Die Formen der Leistungsverhältnisse seien hier "nur noch Gestaltungsvarianten einer einheitlichen Ordnung,,348. Dieser Gedanke, Rechtsverhältnisse aus dem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Zusammenhang herauszunehmen und unter einer einheitlichen Ordnung zusammenzufassen, entspricht einem institutionellen Rechtsverständnis 349 , das in der NS-Zeit unter dem von earl Schmitt geprägten Begriff des ,,konkreten Ordnungsdenkens,,35o weit verbreitet war35J . Sieht Forsthoff im Begriff Energiewirtschaft die institutionelle Begriffsbildung bereits verwirklicht, schlägt er eine solche Rechtsprägung in der Schrift von 1938 auch für den Begriff der Daseinsvorsorge vor. Allerdings befinde sich das Rechtsgebiet "heute noch im Stadium der Entwicklung". ,,Mit dem Abschluß dieser Entwicklung könnte das hier gewählte Wort Daseinsvorsorge vielleicht zu einem Rechtsbegriff werden, der einen juristischen Ordnungsverhalt ebenso präzise kennzeichnet, wie das heute durch das Wort Energiewirtschaft geschieht,,352. Dem Begriff Daseinsvorsorge erkennt Forsthoff demnach im Jahre 1938 noch nicht den Rang eines Rechtsbegriffs zu. Vor allem bedürfe es für die Prägung einer Institution der Daseinsvorsorge noch "einer Zutat des Staates" in Form eines Gesetzes 353 . Forsthoff schlägt für dieses Gesetz folgende Hauptpunkte vor: erstens Leistungs-(Lieferungs-)pflicht nach dem Vorbild des Energiewirtschaftsgesetzes für alle daseinsnotwendigen Leistungsverhältnisse, zweitens geordneter Rechtsschutz unabhängig von der Rechtsform der Benutzung und drittens Grundsätze für die Leistungsverweigerung354 . Diese Ansätze einer institutionellen Begriffsbildung werden von Forsthoff in seinen späteren Schriften zur Daseinsvorsorge nicht konsequent weitergeführt. Indem Forsthoff den Bereich der Daseinsvorsorge nun weiter fasst und auf alle "Leistungen der Verwaltung an die Staatsgenossen" erweitert, entfällt das Bedürfnis nach einem Gesetz, das allgemeingültig die Voraussetzungen der Daseinsvorsorge zusammenfasst. Tatsächlich sei auch die Rechtswirklichkeit "von einer umfassenden gesetzlichen Ordnung . . . noch weit entfernt". Es möge ,jedoch dahinstehen, ob eine Durchnormierung dieser beweglichen und an wechselnde Lagen E. Forstlwff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 40. Auf das sehr vielschichtige Phänomen des institutionellen Rechtsdenkens, das historisch weit zurückreicht und auch nicht auf den engeren Bereich der Rechtswissenschaft beschränkt ist, kann hier nicht näher eingegangen werden. V gl. hierzu allgemein nur B. Rüthers, Institutionelles Rechtsdenken im Wandel der Verfassungsepochen, 1970. 350 C. Sclunitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, 2. Aufl. 1993, S. 10 ff. 351 Siehe hierzu B. Rüthers, Entartetes Recht, S. 54 ff. 352 E. Forstlwff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 47. 353 E. Forstlwff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 48. Institutionen sind also immer bereits staatlich gestaltet: "Von einer Ordnung (kann) nicht gesprochen werden, wenn wir unter Ordnung des volklichen Lebens solche Daseinszusammenhänge verstehen, die ohne weitere Zutat des Staates als die Behütung und Wahrung in sich selbst ruhen, aus sich heraus leben und wirken." 354 E. Forstlwff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 49 f. 348

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anpassungsbedürftigen Materie wirklich erstrebenswert wäre,,355. So spricht Forsthoff in seinen späteren Werken nicht mehr von einheitlichen Ordnungen der Daseinsvorsorge, in denen die öffentlich-rechtlichen und die zivilrechtlichen Handlungsformen zusammengefasst sind, sondern plädiert für ein Nebeneinander beider Rechtsformen, die lediglich unter dem "Leitbegriff' der Daseinsvorsorge als Leistungsverwaltung ausgewiesen sind. Restpositionen einer institutionellen Denkweise zeigen sich allerdings insofern, als Forsthoff den Begriff der Daseinsvorsorge auch in seinen Schriften nach 1949 als rechtsformenübergreifende Kategorie verstanden wissen will. Da Forsthoff die Daseinsvorsorge in seinen Schriften in der Bundesrepublik nicht mehr als Institution in dem von ihm verstandenen Sinn betrachtet, erscheint es verkürzt, Forsthoffs Methode gerade im Blick auf die Daseinsvorsorge als ,,institutionelle Methode,,356 oder als "institutionell-teleologische Methode,,357 zu qualifizieren. Zwar bezeichnet Forsthoff im Kapitel zur Gesetzesauslegung sein Lehrbuch als der Rechtsanwendung der institutionellen Methode verpflichtet, die er neben den überkommenen Auslegungsmethoden und der teleologischen Methode im Verwaltungsrecht angewendet wissen wil1 358 . Doch geht es im vorliegenden Fall nicht um die Frage der Rechtsanwendung, sondern grundlegender um die Frage der Herangehensweise an die Aufgaben der Verwaltung und die Ergänzung des bisherigen verwaltungsrechtlichen Systems in Entgegensetzung zur juristischen Methode Otto Mayers. Der spezifische Ansatz der Forsthoffschen Methode ist hierbei nicht der institutionelle, sondern der empirische, aufgabenbezogene Ansatz und es ist auch dieser Ansatz, der die Verwaltungsrechtswissenschaft nachhaltig geprägt hat. Demgegenüber meint Meyer-Hesemann, die Wirklichkeitsbefunde seien bei Forsthoff "immer schon normativ interpretierter organischer Zusammenhang von Institutionen,,359. Dem widerspricht jedoch bereits Forsthoffs Ansicht, dass erst durch staatliches Handeln Institutionen entstehen. Im Übrigen geht es Forsthoff vorrangig darum, die Wandlungen staatlichen HandeIns erst einmal zu beschreiben. Die Unterscheidung von "effektivem" und "beherrschtem" Lebensraum als Voraussetzung für die Notwendigkeit von Daseinsvorsorge ist für Forsthoff zunächst "Verwaltungslehre". Erst indem Forsthoff aus der Realanalyse juristische Konsequenzen zieht, bewegt er sich aus dem Bereich der Verwaltungslehre in das Verwaltungsrecht. Sein Ansatz kann so durchaus mit Badura E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 368. W. Krawietz. Juristische Entscheidung und wissenschaftliche Erkenntnis, 1978, S. 61; A. Hollerbach, Auflösung der rechtsstaatlichen Verfassung?, AöR 85 (1960), S. 256. 357 So W. Meyer-Hesemann. Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 84 ff. 358 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 164 ff. Zur geistesgeschichtlichen Herleitung des institutionellen Rechtsdenkens vgl. E. Forstlwff, Zur Problematik der Rechtsemeuerung (1948), in: W. Maihofer (Hrsg.), Naturrecht oder Rechtspositivismus?, 1962, S. 73 ff. Forsthoff sucht hier nach Wegen jenseits von Naturrecht und Rechtspositivismus und greift auf das Menschenbild der Reformation zurück. Diese eher rechtsphilosophischen Fragestellungen können hier nicht eingehender behandelt werden. 359 W. Meyer-Hesemann. Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 119. 355

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als "soziologische Methode" bezeichnet werden 360 . Wohl zutreffender wäre es allerdings, Forsthoffs Methode als "verwaltungswissenschaftlich" zu bezeichnen. Dies macht den Bezug zur "staatswissenschaftlichen Methode" Lorenz von Steins deutlich und zeigt die Entgegensetzung zur juristischen Methode Otto Mayers auf. bb) Die Problematik des Aufgabenbezugs für die verwaltungsrechtliche Dogmatik - Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff? Mit der Einführung des Begriffs Daseinsvorsorge ist die von der Verwaltung verfolgte Aufgabe entscheidend für die Einordnung in das Verwaltungsrecht geworden. Die Verwaltungsaufgabe ersetzt somit die Rechtsform als methodische Richtschnur. Damit stellt sich auch die Frage nach dem dogmatischen Ertrag eines Verwaltungsaufgabenbezugs. Vor allem von Bachof wurde mit Bezug auf Forsthoff die Möglichkeit einer an Verwaltungsaufgaben orientierten Systematik in Abrede gestellt361 . Zwar gesteht er Begriffen wie dem der Daseinsvorsorge heuristische, hermeneutische und kritische Funktionen zu. Jedoch seien Begriffe dieser Art362 keine Rechtsbegriffe, weshalb sich auf ihnen auch kein Rechtssystem aufbauen lasse. Die entscheidenden systemtragenden Rechtsbegriffe seien gerade nicht aufgabenbezogen. Vielmehr zeichnete sich das Begriffspaar Eingriffs-Leistungsverwaltung durch vielfältige Überschneidungen und damit durch mangelnde Trennschärfe aus. Eine dogmatische Verwertbarkeit des Aufgabenbezugs lehnt Bachof daher ab 363 . In die gleiche Richtung gehen die zahlreichen Kritiker der Forsthoffschen Begriffsbildung, die dem Begriff Daseinsvorsorge den Rechtscharakter absprechen 364• So wird der Begriff in der umfangreichen Kritik als lediglich "soziologischer Begriff,365, als "politisches Leitziel,,366, als ,,heuristischer Begriff.367, als "literarischer, rechtlich Vgl. P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 22. O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 223 ff. 362 O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 227, nennt daruberhinaus Begriffe wie ordnende, leistende, lenkende, austeilende und umverteilende Verwaltung als derartige heuristische Begriffe, die ebenfalls keine Rechtsbegriffe seien. 363 O. Baclwf, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 227 f. Skeptisch in dieser Hinsicht, aber insgesamt einer aufgabenorientierte Sichtweise positiv gegenüberstehend R. Wahl, Die Aufgabenbezogenheit von Verwaltung und Verwaltungsrecht, S. 182 ff. 364 G. Herrnes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 94 Fn. 216, weist zutreffend darauf hin, dass Skepsis gegenüber dem Begriff der Daseinsvorsorge vielfach auch durch Anflihrungsstriche kenntlich gemacht wird. 365 T. Maunz, Grundfragen des Energiewirtschaftsrechts, VerwArch 50 (1959), S. 319; vgl. auch H. Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, S. 68 ff. 366 H. FischerhQf, ,,Daseinsvorsorge" und wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, 360

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indifferenter Begriff.368, oder, sich damit Forsthoff am weitesten annähernd, als kein Rechtsbegriff ,,im strengen Sinne des Wortes,,369 bezeichnet. In der Tat gibt es, wie bereits gezeigt wurde, verschiedene Fälle, in denen sich Eingriff und Leistung nicht klar abgrenzen lassen 37o. Ebenso hat sich gezeigt, dass die Abgrenzung von Daseinsvorsorge und erwerbswirtschaftlicher Betätigung kaum trennscharf möglich ist. Eine unmittelbare Verwertbarkeit des Begriffs Daseinsvorsorge und somit des Aufgabenbezugs für die Einordnung und Abgrenzung aller konkreten Einzelfalle ist demnach nicht gegeben. Insofern ist der Kritik, die den Begriff durch die gesamte Zeit der Bundesrepublik bis heute verfolgt37 ], zuzustimmen. Forsthoff wollte jedoch den Begriff der Daseinsvorsorge durchaus als Rechtsbegriff verstanden wissen. Er meinte damit hingegen offensichtlich eine andere Form von "Rechtsbegriff', als ihn noch die juristische Methode voraussetzte. So hat Forsthoff selbst betont, dass der Begriff ,,nicht formal bestimmbar", sondern "ausschließlich sachbezogen" sei und sich damit der Systematik entziehe372 . Deshalb müsse die Abgrenzung ,,zugegebenermaßen" Schwierigkeiten bereiten. Aus diesem Grunde sei es letztlich nicht möglich, den Begriff unter irgendwe1chen quantitativen oder qualitativen Gesichtspunkten zu begrenzen. Entscheidend könne nur sein, ob es sich um Verwaltungsleistungen handelt, welche ihrer Natur nach der Allgemeinheit angeboten werden, so dass angenommen werden kann, dass sie jedem, welcher die Merkmale des normativen Tatbestands erfüllt, auch zugänglich sein sollen373 . Für Forsthoff hat der Begriff jedoch nicht nur stoffgliedernde oder klassifikatorische Funktionen, sondern er soll dazu dienen, "in den leistenden Funktionen des modernen Staates, soweit er nicht rein fiskalisch handelt, ein öffentlichrechtliches Element aufzuweisen und damit zugleich das Grundverhältnis des einzelnen zum Staat den Gegebenheiten entsprechend neu zu bestimmen,,374. Er soll ein Instrument zur Erklärung des Verwaltungshandelns und der Auslegung des Verwaltungsrechts sein, da durch ihn ein Komplex von Verwaltungstätigkeiten als zusammengehörig zusammengefasst wird375 . Allerdings warnte Forsthoff selbst F. Ossenbühl, Daseinsvorsorge und Verwaltungsprivatrecht, DÖV 1971, S. 516 f. H. P. lpsen, Zur Legalität des Werbefernsehens, NJW 1963, S. 2055. Ähnlich aus jüngster Zeit G. Püttner, Daseinsvorsorge und service public im Vergleich, S. 49. Nach Püttner ist Daseinsvorsorge ein "schillernder Begriff, der nirgendwo genau definiert ist". 369 So W Rüfner, Daseinsvorsorge und soziale Sicherung, in: J. 1sensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 2. Aufl. 1996, § 80, Rn. 51. Rüfner vertritt allerdings einen weiten Daseinsvorsorgebegriff. 370 S. O. 2. Teil B. 11. 2. a) bb). 371 Aus neuerer Zeit vgl. G. Harnes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 94 ff.; S. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 109 ff.; J.-c. Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 353 ff. 372 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 11. 373 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 17. 374 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 9. 375 So auch P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 629. 367

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davor, dass der Begriff nicht "zu einem Allerweltsbegriff wird, mit dem man alles und darum nichts beweisen kann,,376. In der Tat liegt in der Natur des Begriffs, dass er aufgrund der von Forsthoff selbst herausgestellten nichtformalen Natur nicht definiert werden kann wie klassische Rechtsbegriffe wie beispielsweise der Verwaltungsakt oder auch der öffentlich-rechtliche Vertrag. Er ist daher zumindest kein Rechtsbegriff im klassischen Sinne des Wortes, er ist vor allem ein beschreibender Begriff, dessen rechtliche Konsequenzen im Einzelnen nur unscharf gezogen werden können. Es bleibt somit festzuhalten, dass der Terminus "Daseinsvorsorge" keine klaren abgrenzbaren rechtsdogmatischen Grenzen hat 377 . Er kann, mit der heutigen Terminologie zu sprechen, eher als "Leitidee" oder als "Schlüsselbegriff' bezeichnet werden 378 . Der Begriff Daseinsvorsorge hat als Verwaltungsaufgabenbestimmung eine ähnlich unscharfe Kontur wie die Staatszielbestimmung "Sozialstaat" auf Verfassungsebene. Sein juristischer Wert besteht allerdings darin, und insoweit ist Forsthoff Recht zu geben, in bestimmten Verwaltungstätigkeiten öffentlich-rechtliche Elemente aufgezeigt zu haben. Insofern hat er auf die von Hans Julius Wolff geprägte Kategorie des "Verwaltungsprivatrechts,,379, die den Einsatz des Privatrechts im Rahmen öffentlicher Verwaltung bezeichnet, begriffsprägend gewirkt38o . Der Begriff Verwaltungsprivatrecht, dem im Gegensatz zum Begriff Daseinsvorsorge überwiegend Rechtsqualität zugesprochen wird, hat jedoch eine andere Funktion als der Begriff Daseinsvorsorge. Während der Begriff Daseinsvorsorge eine Aufgabe erst als Aufgabe der Verwaltung herausstellen soll, setzt der Begriff des Verwaltungsprivatrechts diese Kategorisierung bereits voraus. Erst nachdem festgestellt worden ist, dass es sich um eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung handelt, kann das Verwaltungsprivatrecht ins Spiel kommen, um den in privatrechtlicher Form betriebenen öffentlichen Aufgaben ein öffentlich-rechtliches Element zu verleihen. cc) Das Verhältnis von Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre Eng mit der Frage nach dem Aufgabenbezug des Verwaltungsrechts zusammen hängt die Frage nach dem Verhältnis von Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre: E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, Vorwort. Für eine dogmatische Funktion des Begriffes allerdings M. Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, 2. Aufl. 1996, § 84 Rn. 48. 378 A. Voßkuhle, Beteiligung an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 282 f. 379 H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht I. 9. Aufl. 1976, § 23 II b). 380 P. Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, S. 627; so auch O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 229: Der Rechtsbegriff des Verwaltungsprivatrechts habe von den Begriffen der Daseinsvorsorge und der Leistungsverwaltung entscheidende Impulse erhalten. 376

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Welche Erkenntnisse kann das Verwaltungsrecht von der Verwaltungslehre erwarten? Existiert angesichts des Verwaltungsaufgabenbezugs in Forsthoffs Verwaltungsrechtslehre überhaupt noch eine Grenze zwischen Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre oder ist die Verwaltungslehre in der Verwaltungsrechtslehre aufgegangen? Obwohl Forsthoff in seinem Lehrbuch betont, dass die Verwaltungslehre von einer anderen Fragestellung ausgehe und damit gegenüber dem Verwaltungsrecht eigenständig sei, hebt er doch die Notwendigkeit einer "Ergänzung des Verwaltungsrechts durch eine Verwaltungslehre" hervor381 . In dem Aufsatz "Anrecht und Aufgabe einer Verwaltungslehre" sieht er die Funktion der Verwaltungslehre darin, "Wirklichkeitsbefunde zu liefern, welche geeignet sind, fortbildend auf das Verwaltungsrecht zu wirken, also bestehende Rechtsgrundsätze zu modifizieren oder neue Rechtsregeln hervorzubringen,,382. Dieses Vorgehen kann exemplarisch am Begriff der Daseinsvorsorge nachgezeichnet werden. Hier ist eine Realanalyse Ausgangspunkt der juristischen Betrachtung. Anstatt der Rechtsform stellt dieser Ansatz die Aufgabe in das Blickfeld der Verwaltungsrechtswissenschaft. Das Mayersche System wird so um Elemente der Verwaltungslehre ergänzt, Forsthoff unternimmt gewissermaßen den Versuch einer Synthese von Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre. Kritik an der Kombination von Verwaltungsrechtswissenschaft und Verwaltungslehre, juristischer Dogmatik und empirischer Analyse übt Niklas Luhmann in einer frühen Schrift383 . Nach Luhmann ist für Forsthoffs Lehrbuch der ,.Einbau von empirisch unzureichend abgesicherten sozialwissenschaftlichen Aussagen in das Verwaltungsrecht .. .typisch". Dieses "Hineinmischen sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse" in die rechtswissenschaftliche Argumentation "würde dem Sinn der Arbeitsteilung von Sozialwissenschaft und Entscheidungslogik widersprechen und das Entscheiden mit einer Komplexität überlasten, der es nicht gerecht werden kann". Luhmanns Kritik ist vor dem Hintergrund seines Wissenschaftsverständnisses zu sehen, das in der Differenzierung der Wissenschaften eine Reaktion auf die "äußerste Komplexität der Welt" sieht384 , was zur Folge habe, dass eine ausdifferenzierte Wissenschaft sich nicht ohne negative Folgen bei einer anderen Wissenschaft bedienen könne. Aus Luhmanns (systemtheoretischer) Perspektive ist diese Argumentation zwingend, allerdings versagt sie als Konsequenz der Rechtswissenschaft die Anknüpfung an die Realität. Hinzuweisen ist allerdings durchaus auf die Gefahr einer soziologischen Normativität, wenn aus der soziologischen Beschreibung der Wirklichkeit eine normative Gestaltung abgeleitet wird 385 . Hierbei stellt 381

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 47.

Abgedruckt in: E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 55. N. Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 22. 384 N. Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 17. 385 B. Rüthers, Entartetes Recht, S. 195; W Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 118. 382

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sich insbesondere die Frage der Anschlussfähigkeit soziologischer Erkenntnisse für die Verwaltungsrechtsdogmatik. Andererseits kann aber auch eine "Normativität des Ideologischen", gewissermaßen ein Pseudonaturrecht, entstehen, indem Leitidee, Religion oder Weltanschauung den Inhalt des Rechts bestimmen386. Während bei Forsthoff die Gefahr einer ideologisch gefärbten Verwaltungsaufgabenbestimmung wohl lediglich für die Schriften aus der frühen NS-Zeit in Ansätzen festgestellt werden kann, erscheint die Gefahr einer soziologischen Begründung des Rechts ernsthafter. Der Vorwurf eines "soziologischen Positivismus", einer Normativität des Faktischen, ist Forsthoff denn auch nicht erspart geblieben387 . In der Tat weist Forsthoffs aufgabenbezogene Argumentation Elemente dieser unvermittelten Übertragung eines Seins zu einem Sollen388 auf: Aus dem verwaltungswissenschaftlichen Begriff Daseinsvorsorge wird ein Rechtsbegriff. Es ist somit durchaus berechtigt und angezeigt, auf die Gefahr eines Methodensynkretismus389 hinzuweisen, der allerdings nicht zwangsläufig durch den Rückgriff auf Erkenntnisse anderer Wissenschaften entsteht390 . Luhmann mahnt - ganz zu Recht - eine Absicherung sozial wissenschaftlicher Aussagen an. Hier sieht sich der Jurist allerdings in der misslichen Situation, dass er häufig weder über empirisch abgesichertes Wissen verfügt noch über die Verwaltungswirklichkeit überhaupt verlässliche Forschungen vorliegen 391 • Der Rechtswissenschaftler sieht sich hier gezwungen, unvoreingenommen dem entgegenzutreten, was sich ihm als "Realität" darstellt, will er nicht die Aufgaben der Verwaltung aus den Augen verlieren. Forsthoff markiert in dieser Hinsicht gewissermaßen einen Anfang, seine Arbeitsweise mag methodisch nicht konsequent erscheinen, heute ist hier das methodenkritische Bewusstsein wesentlich geschärfter392 . Das Anknüpfen an In diese Richtung geht die oben 2. Teil A. I. 3. dargestellte Kritik von Hennis. H. Ehmke, Besprechung: Peter Schneider, Ausnahmezustand und Norm. Eine Studie zur Rechtslehre earl Schmitts, ZStW 115 (1959), S. 189. Ehmke spricht hier von einer durch Schrnitt vermittelten Ersetzung eines normativen Positivismus "durch einen (nicht weniger gefährlichen) soziologischen Positivismus der nackten Tatsachen". 388 Auf dieses seit Kant diskutierte rechtsphilosophische Problem kann hier nicht näher eingegangen werden ..Zu diesem "naturalistischen Fehlschluß" vgl. nur H. HoftruJnn, Legitimität und Rechtsgeltung, 1977, S. 42. 389 So spricht A. Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, VerwArch 85 (1994), S. 578, von einer "nicht selten anzutreffende(n) methodologische(n) Unbekümmertheit bei der Erhebung und im Umgang mit empirischem Material". 390 O. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 218, gegenüber Luhmanns Kritik an Forsthoff. 391 Vgl. A. Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, VerwArch 85 (1994), S. 567 ff., S. 571 ff., der in der genannten Problemskizze auch auf die methodologischen Probleme der Rechtstatsachenforschung eingeht. Im Übrigen ist allgemein auf die Schwierigkeiten interdisziplinärer Forschung hinzuweisen, hierzu A. Voßkuhle, Der "Dienstleistungsstaat", Der Staat 40 (2001), S. 504 f. 392 SO Z. B. A. Voßkuhle, Die Reform des Verwaltungsrechts als Projekt der Wissenschaft, Die Verwaltung 32 (1999), S. 549, der für ein differenziert-integratives Methodenverständnis 386

387

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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soziologische Erkenntnisse erscheint jedenfalls notwendig, um die Verwaltungsrechtswissenschaft mit der Realität zu verknüpfen. Dennoch ist der Einbau soziologischer Erkenntnisse nach wie vor umstritten 393 . Insbesondere bleibt die Frage bestehen, ob sich Wirklichkeits sachverhalte ohne Verlust an Systematik in das Verwaltungsrechtssystem übernehmen lassen. Zumindest im Falle der Daseinsvorsorge hat sich hier gezeigt, dass ein rein sachbezogener Begriff dogmatische Unschärfen notwendigerweise mit sich bringt und die Verwaltungsrechtsdogmatik so gerade bei den problematischen (Abgrenzungs-) Fragen in Verlegenheit bringt. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Forsthoff das Verwaltungsrecht um die Erkenntnisse der Verwaltungslehre bereichert und es so aus seiner ausschließlich normativen Perspektive befreit hat. Forsthoffs Werk kann insoweit als der Versuch gewertet werden, die beiden großen Strömungen der Verwaltungsrechtsgeschichte des 19. Jahrhunderts, die bürgerlich-rechts staatliche Methode und die staatswissenschaftliche Methode Lorenz von Steins, zu verbinden. c) Die Verwendung des Begriffs Daseinsvorsorge

in der heutigen Literatur und Praxis

Ungeachtet der Schwierigkeiten, dem Begriff der Daseinsvorsorge feste Konturen zu geben, hat der Begriff eine äußerst erfolgreiche, mit kaum einem anderen Terminus der jüngeren Verwaltungsrechtsgeschichte vergleichbare Karriere vorzuweisen. So ist er, auch insofern mit kaum einem anderen neueren rechtswissenschaftlichen Begriff vergleichbar, in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. Auch die Rechtsprechung der Fachgerichte hat ihn vielfach übernommen 394, ebenso gebraucht ihn das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Entscheidungen395 . Mittlerweile wird er auch in der Gesetzgebung verwendet396 . Es lässt sich daher ohne weiteres behaupten, der Terminus habe Eingang in die deutsche eintritt; vgl. auch E. Schmidt-Aßrrwnn, Einige Überlegungen zum Thema: Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, Die Verwaltung, Beiheft 2 (1999), S. 180. 393 Kritisch hierzu O. Lepsius, Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik, 1999, S. 18 ff.; C. Möllers, Braucht das öffentliche Recht einen neuen Methodenoder Richtungsstreit?, VerwArch 89 (1999), S. 204.; das., Theorie, Praxis und Interdisziplinarität in der Verwaltungsrechtswissenschaft, VerwArch 93 (2003), S. 34 ff., S. 44 ff.; vgl. dagegen - m. E. zutreffender - G. F. Schuppen, Staatswissenschaft, S. 23 ff. 394 Vgl. nur BGHZ 73, S. 114, S. 116; BGHZ 91, S. 84, S. 86; BGH NJW 1991, S. 33, S. 36; BGHZ 115, S. 311, S. 316; BGHSt 38, S. 199; BGH NStZ 2004, S. 380 ff.; BVerwGE 41, S. 195, S. 195 f.; BVerwG NJW 1990, S. 1334, S. 135; BVerwGE 97, S. 240, S. 241. 395 Vgl. BVerfGE 38, S. 258, S. 270; BVerfGE 45, S. 63, S. 78; BVerfGE 66, S. 248, S. 258; BVerfG NVwZ 1999, S. 520; BVerfG NVwZ 1999, S. 1103. 396 Als Vorschriften seien genannt: § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs; § 25 Abs. 2 Postverfassungsgesetz; § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens. Daneben findet sich der Begriff in zahlreichen Gemeindeordnungen, vgl. nur § 102 Abs. 1 Nr. 3 GO Baden-Württemberg.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Rechtssprache gefunden. Er hat trotz der anhaltenden Kritik ein Eigenleben entwickelt und seine Bedeutung behalten397 . Demgegenüber legt die Lehrbuchliteratur im Bereich des Verwaltungsrechts eine gewisse Zurückhaltung an den Tag. Während manche Darstellungen den Begriff gar nicht gebrauchen398 , findet er in den meisten Lehrbüchern kurz Erwähnung, ohne dass die mit dem Begriff Daseinsvorsorge zusammenhängenden Probleme vertieft würden 399 . Für diesen Sachverhalt stellvertretend steht das Lehrbuch von Hartrnut Maurer, der zwar konstatiert, dass der Terminus Daseinsvorsorge zum "Allgemeingut" geworden, aber sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf seine juristische Relevanz umstritten sei4OO • Diese Ansicht spiegelt die Haltung der oben dargestellten Kritik wider, ohne allerdings selbst eine Würdigung vorzunehmen. Vielfältig diskutiert wird der Begriff der Daseinsvorsorge in der heutigen Zeit vor allem im Bereich der Strom- und Wasserversorgung401 , der Abfallwirtschaft402 , im Verkehrswesen403 , im Telekommunikations-404 und Postwesen405 , im 397 N. Zimmermann. Schutzanspruch juristischer Personen des öffentlichen Rechts. 1993, S. 233, meint, der Begriff habe sogar wieder wesentlich an Bedeutung gewonnen. 398 S. Detterbeck. Allgemeines Verwaltungsrecht, 2002; J. Ipsen. Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2001. 399 Kritisch hierzu M. Ronellenfitsch. Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 69 f. 400 H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002. § 2 Rn. 6. Demgegenüber wird in der Kommentarliteratur zum Teil eingehender auf den Problemkreis eingegangen. Vgl. z. B. P. Stelkens/H. Schmitz.. in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001. § 1 Rn. 105, Rn. 304. 401 In diesem klassischen Bereich der Daseinsvorsorge zeigen sich vor allem unter dem Einfluss des europäischen Binnenmarktes die neben dem Telekommunikationssektor stärksten wettbewerbsrechtlich motivierten Privatisierungstendenzen. Vgl. hierzu nur K.-P. Horstmann. Netzzugang in der Energiewirtschaft, 2001. Zum Daseinsvorsorgecharakter dieses Gebiets in der Rechtsprechung des EuGH V. Götz.. Die Öffnung der Märkte für Leistungen der öffentlichen Versorgung in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, in: H. Brede (Hrsg.), Wettbewerb in Europa und die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, 2001, S. 189 ff. Vgl. auch BVerfGE 45, S. 63, S. 78; BGHZ 91, S. 84, S. 86. 402 Zur Abwasser- bzw. Abfallentsorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge vgl. BGHZ 125, S. 19, S. 22 f.; BVerwGE 85, S. 44, S. 47. 403 Zum Personenverkehr als traditionsreichem Gebiet der Daseinsvorsorge M. Ronellenfitsch, Der Verkehrssektor als Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland, in: R. Hrbek/M. Nettesheim (Hrsg.), Europäische Union und mitgliedsstaatliche Daseinsvorsorge, 2002, S. 89 ff. m. w. N. 404 Für eine "Grundversorgung" im Sinne der Daseinsvorsorge im Bereich des Rundfunks bereits G. Herrmann. Fernsehen und Hörfunk in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 322, S. 332 f., S. 346, S. 378. 405 Dieser ebenfalls klassische Bereich der Daseinsvorsorge hat durch die vor allem von der EU vorangetriebene Privatisierung von Telekommunikation und Post starke Wandlungen erfahren. Diese werden nach Art. 87 f. GG als privatwirtschaftliche Tätigkeiten erbracht. Vgl. zum Telekommunikationsrecht auch M. Bullinger, Von administrativer Daseinsvorsorge zu privatwirtschaftlicher Leistung unter staatlicher Rahmengarantie, in: Festschrift für H. Zacher, 1998, S. 85 ff. Bullinger beschreibt hier Möglichkeiten der Gemeinden, sich als Leistungs-

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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Bankenrecht406 und im weitgefächerten Bereich der kommunalen Bildungs- und Sozialpolitik407 . Hierbei stellt sich heute vor allem die Frage, wie Leistungen der Daseinsvorsorge unter den veränderten Bedingungen des europäischen Binnenmarktes zu erbringen und zu regeln sind. Wandlungen in der Behandlung der Daseinsvorsorge zeigen sich vor allem im Wettbewerbsrecht, von dessen Einfluss Forsthoff die Daseinsvorsorge noch freihalten wollte408 : ,,Ist die leistende Verwaltung im Rahmen der Daseinsvorsorge auch in einem jeweils zu ermittelnden Umfang dem öffentlichen Recht unterstellt, so ist sie damit zugleich den für den Wettbewerb geltenden Rechtsregeln entzogen." Diese Auffassung erscheint angesichts der Entwicklungen besonders im europäischen Gemeinschaftsrecht als nicht mehr vertretbar409 • So wurden unter dem Einfluss des Gemeinschaftsrechts in den letzten Jahren einige klassische Bereiche der Daseinsvorsorge wie der Energie-, der Verkehrs-, der Telekommunikations- und der Postsektor dem Markt geöffnet. Die europäische Wirtschaftsverfassung folgt dem Grundsatz des freien Wettbewerbs (Art. 4 Abs. 2 EGV). Von den gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsbestimmungen ist dabei grundsätzlich auch die Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge umfasst410. In welchem Verhältnis die "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse" (Art. 86 EGV), die für den deutschen Bereich als "Dienste der Daseinsvorsorge" bezeichnet werden41l , zum Wettbewerbsgebot stehen, ist allerdings umstritten412 . Einigkeit besteht jedenfalls insofern, als bei marktbezogenen Daseinsvorsorgetätigkeiten eine Öffnung für den Wettbewerb in Betracht kommt413 , während nicht marktbezogene träger effektiv an der Telekommunikation zu beteiligen. Für eine staatliche Gewährleistungspflicht in diesem Bereich M. Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 109 f. Vgl. ebendort die umfangreichen Literaturnachweise zur Privatisierung, S. 108 Fn. 233 u. S. 109 Fn.237. 406 Vgl. U. Blaurock, Daseinsvorsorge im Bereich der Bankdienstleistungen, in: J. Schwarze, Daseinsvorsorge im Lichte des Wettbewerbsrechts, 2001, S. 113. Blaurock schildert auch die prekäre Lage des öffentlichen Bankenwesens. Zu den Daseinsvorsorgeleistungen lassen sich z. B. die Girokonten zählen. 407 Zu diesem Problemkreis J. Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, 2000; H.-J. Papier, Kommunale Daseinsvorsorge zwischen nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht, DVBl. 2003, S. 686 ff. 408 E. Forsthof!, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 11. 409 S. Alber, Unternehmen der Daseinsvorsorge im europäischen Wettbewerb, in: J. Schwarze, Daseinsvorsorge im Lichte des Wettbewerbsrechts, 2001, S. 82 f. 410 J. Schwarze, Daseinsvorsorge im Lichte des europäischen Wettbewerbsrechts, EuZW 2001, S. 336. 411 R. Geiger, EUV IEGV, 3. Aufl. 2000, Art. 16. 412 Vgl. hierzu J. Schwarze, Daseinsvorsorge im Lichte des europäischen Wettbewerbsrechts, EuZW 2001, S. 337, m. w. N. 413 J. Schwarze, Daseinsvorsorge im Lichte des europäischen Wettbewerbsrechts, EuZW 2001, S. 335.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Tätigkeiten dem Wettbewerbsgebot entzogen sind414 • Der durch den Vertrag von Amsterdam eingeführte Art. 16 EGV hebt die besondere Bedeutung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nunmehr auch im Europarecht hervor. Generell ist festzustellen, dass sich die Diskussion um den Begriff Daseinsvorsorge aus dem Allgemeinen Verwaltungsrecht auf die spezielleren Gebiete des Verwaltungsrechts und insbesondere auf das Europarecht verlagert hat. Die Verwendung des Begriffs Daseinsvorsorge auch hier zeigt ein weiteres Mal, dass der Terminus nach wie vor lebendig ist415 . d) Die Problematik der Forsthoffsehen Methode

Die für die "juristische Methode" als maßgeblich hervorgehobene Leistung einer juristischen Systembildung kann die Forsthoffsche Begriffsbildung nicht erreichen. Indem Forsthoff neben die juristische Methode, die weiterhin für die Eingriffsverwaltung gelten soll, für den Bereich der Leistungsverwaltung eine neue "verwaltungswissenschaftliche" Methode stellt und die Gestaltungen der Leistungsverwaltung nicht nach Rechtsformen systematisiert, sondern sachbezogen unter den einheitlichen Begriff der Daseinsvorsorge fasst, gibt er den Systembegriff auf. Forsthoffs Haltung zu diesem Punkt ist dabei nicht immer einheitlich. So spricht er in seinem Lehrbuch an verschiedenen Stellen ausdrücklich von einer Systematik des Verwaltungrechts 416 . In seinem Aufsatz "Anrecht und Aufgabe einer Verwaltungslehre" äußert sich Forsthoff demgegenüber jedoch deutlich zu den Folgerungen seiner Methode für ein verwaltungsrechtliches System. So spricht er hier von einer Unvereinbarkeit von Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung in einem geschlossenen System417 . Das von Otto Mayer geprägte rechtsstaatliche System sei mit seiner spezifischen Begrifflichkeit mit der modemen sozialstaatlichen Verwaltung inkongruent, da die Ausbildung des Systems gerade die Elirninierung des Wohlfahrtszwecks vorausgesetzt habe. Dies zeige sich deutlich an der Tatsache, dass die Verwaltung sich im Bereich der Leistungsverwaltung der Rechtsformen des Mayerschen Systems vielfach nicht bediene, sondern die Rechtsformen des Privatrechts vorzöge. Auch die Grenzen des Verwaltungsrechts würden durch die ausufernde sozialstaatliche Verwaltung unldar418 : 414 Vgl. Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ,,Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa" v. 20.9. 2000, KOM(2000), 580 endg., AbI. EG 2001 Nr. C 17, Rn. 28-30. Vgl. zur Abgrenzung auch F. Löwenberg, Service public und öffentliche Dienstleistungen in Europa, 2001. 415 Und dies trotz der immer wieder erhobenen Forderungen. den Begriff aufzugeben: Dies forderte zuletzt J.-c. Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 399 f. 416 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 368, spricht von einer wissenschaftlich-systematischen Darstellung der Sozialfunktionen der Verwaltung. 417 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 53 . 418 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 53.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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"Wie wenig das modeme Verwaltungsrecht noch ein System von einiger Geschlossenheit und durchgängiger Struktur darstellt, ergibt sich aus dem weiteren Umstand, daß es keine angebbaren, klaren Grenzen mehr hat."

Forsthoff kommt aus diesem Grunde zum insoweit folgerichtigen Schluss, dass das moderne Verwaltungsrecht der Systematik entbehrt. Forsthoffs Bemerkungen über die Unmöglichkeit der Systembildung und die Folgerungen, die daraus zu ziehen sind, sind sehr aufschlussreich und verdienen daher, ausführlicher zitiert zu werden419 : "Gehen wir also davon aus, daß die heutige Wirklichkeit der Verwaltung nicht in einem wissenschaftlichen System erfaßt ist und in dem Stadium der Entwicklung, in dem es sich befindet, auch nicht erfaßbar sein dürfte, so sehen wir uns in die Notwendigkeit versetzt, daraus die gebotenen wissenschaftlichen Folgerungen zu ziehen. Welche Folgerungen das sind, wird sich ergeben, wenn wir uns vergegenwärtigen, was ein System dem Rechtswesen in Wissenschaft und Praxis leistet, was wir also mit dem System verloren haben. Es ist, wie mir scheint, folgendes: Jedes Rechtssystem teilt den ihm immanenten Rechtserscheinungen Sinn- und Forrnqualitäten zu. Diese Sinn- und Forrnqualitäten sind aus der logischen Struktur des Systems deduzierbar und somit einsichtig. Auf diese Weise geht von jedem System eine ordnende Kraft aus. Anders, in der Sprache Gehlens, ausgedrückt: Jedes System wirkt entlastend, indem es objektiv vorgegebene Sinn- und Forrnqualitäten für die Erkenntnis und Anwendung des Rechts zur Verfügung stellt. Fehlt diese Hilfe, so sind die Sinn- und Forrnqualitäten der tatsächlichen Erscheinungen des Rechtslebens, soweit sie nicht durch das positive Recht festgesetzt sind, im einzelnen Falle zu ermitteln."

Die leitenden Grundprinzipien sind demnach aus "der Realität der gegeben Zustände" zu ermitteln. Diese Wirklichkeitsbefunde zu liefern, ist Aufgabe der Verwaltungslehre. Forsthoff, der die Verwaltungslehre in einigen Schriften als eine neben der Verwaltungsrechtswissenschaft auszuübende und diese befruchtende Wissenschaft bezeichnet, integriert die Verwaltungslehre damit in Wahrheit in die rechtswissenschaftliche Methodik, die Verwaltungslehre erscheint nach Forsthoffs Argumentation sogar als die eigentliche Grundlage der Methode. Hierbei zieht Forsthoff wieder Lorenz von Stein heran420 : "Wie zu Zeiten Lorenz von Steins gewinnt die Verwaltungslehre heute ihr Anrecht aus einer spezifischen Situation: aus dem Fehlen eines verwaltungsrechtlichen Systems und der Inkongruenz zwischen der traditionellen Ausforrnungen (sic!) der verwaltungsrechtlichen Begriffe und Institute einerseits und der sozialen Wirklichkeit andererseits. Unter diesen Vorzeichen ist heute der Jurist dazu gezwungen, mit zunächst außerjuristischen Mitteln Wirklichkeitsbefunde heranzuholen, um sie seinen juristischen Aufgaben mit den Mitteln des Rechts nutzbar zu machen."

419 E. FOTsthojJ. Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 54. 420 Kritik an Forsthoffs Heranziehung der Verwaltungslehre übt N. Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 22 Fn. 20. So wirft er Forsthoff über die mangelnde empirische Methodik hinaus vor, in der Verwaltungslehre lediglich eine zutragende und vorbereitende Hilfswissenschaft zu sehen. Luhmann empfiehlt demgegenüber ein eigenständiges verwaltungstheoretisches Konzept auf systemtheoretischer Grundlage.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Die Verwaltungslehre ist somit "notwendiges und legitimes Mittel" der Fortbildung des Verwaltungsrechts. Die Zweiteilung des Verwaltungsrechts in einen systematischen, rechtsstaatlichen und einen wirklichkeitswissenschaftlichen, sozialstaatlichen Teil macht nicht nur das Verwaltungsrecht zu einer dualistischen Disziplin, sondern die verwaltungsrechtliche Methode selbst wird auf diese Weise dualistisch421 . In dieser Argumentation spiegelt sich Forsthoffs These von der Unvereinbarkeit von Rechtsund Sozialstaat auf Verfassungsebene (s. o. 1. Teil B. 111.) wieder. Die Problematik eines solchen Dualismus zwischen einem systematischen, auf rechtliche Handlungsformen konzentrierten Teil sowie einem sich der Systematik entziehenden, wirklichkeitsbezogenen, sich freiwüchsig entwickelnden Teil liegt auf der Hand. Wenn das Mayersche System der festen Rechtsformen seine Gültigkeit für den rechtsstaatlichen Teil des Verwaltungsrechts behält, daneben sich der sozialstaatliche Teil an den jeweils unterschiedlichen tatsächlichen Erscheinungen orientieren soll, fällt das Verwaltungsrecht in zwei Teile unterschiedlicher methodischer Prägung. Das Verwaltungsrecht wird so an einer Seite gewissermaßen zum "offenen System,,422. Forsthoffs Methode bewegt sich damit an der Grenze zwischen Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, sie schwankt zwischen der klassischen, statischen Begriffsbildung der Mayerschen Methode und einer aufgaben- und situationsbezogenen Verwaltungswissenschaft. Auch wenn die Methode Forsthoffs aus systematischer Sicht nicht vollständig befriedigen kann, erscheint sie dennoch innovativ und folgenreich für die weitere Entwicklung des Verwaltungsrechts. Verwaltungsrechtswissenschaft besteht für Forsthoff nicht mehr nur in einer systematischen Herausbildung und Ausformung von Rechtsformen, Rechtsregeln und Rechtsinstituten. Sie muss sich genauso der Verwaltungswirklichkeit (als Ausdruck der gesellschaftlichen Wirklichkeit) widmen, um ihre Aufgaben zunächst überhaupt erst einmal erkennen zu können und das Recht auf die möglicherweise veränderte Realität einstellen zu können. Dies leistet ein empirischer und aufgabenbezogener Ansatz naturgemäß besser als ein formalistischer Ansatz. Forsthoffs Ansatz hat insofern den Blick der Verwaltungsrechtswissenschaft für die neu auf die Verwaltung zugekommenen Aufgaben geöffnet423 . 421 So Forsthoff ausdrücklich in der Schrift: Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaats, S. 70: "Die Aufgabe, die Eingriffsverwaltung und die Daseinsvorsorge in einem einheitlichen Rechtssystem zusammenzufassen, ist ungelöst - und das vielleicht deshalb, weil sie in der Tat unlösbar ist. Vielleicht ist es wirklich so, daß das modeme Verwaltungsrecht nicht infolge wissenschaftlichen Unvermögens, sondern kraft der Logik der Dinge dualistisch ist und bleiben wird"; vgl. auch ders., Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 51. 422 Dem allerdings nach J. Esser, Möglichkeiten und Grenzen des dogmatischen Denkens im modemen Zivilrecht, AcP 172 (1972), S. 97 ff., S. 114 ff. gerade keine dogmatische Funktion zukommt. 423 E. R. Huber, Vorsorge für das Dasein, S. 139, bemerkt, Forsthoffhabe mit seinem Werk eine neue Epoche der Verwaltungsrechtslehre eingeläutet.

B. Die methodische Konsequenz aus den Bedingungen des Sozialstaats

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Die Modernität des Forsthoffschen Ansatzes zeigt sich gerade heute wieder bei der intensiven Debatte über die Aufgabenorientierung der Verwaltungsrechtswissenschaft. Hier ist insbesondere die Steuerungsdiskussion zu nennen. Ausgehend von empirischen Forschungen424 widmet sich der steuerungs wissenschaftliche Ansatz im Gegensatz zur traditionellen Dogmatik den Wirksamkeitsbedingungen des Rechts, also der Fragestellung, welche rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, damit das Verwaltungsrecht Wirksamkeit entfalten kann425 . Dabei werden neben den Steuerungsobjekten und -subjekten die Steuerungsmedien wie Organisation, Verfahren und Personal sowie die rechtlichen Steuerungsinstrumente in die Betrachtung mit einbezogen und die Wirkungszusammenhänge dieser Bereiche untersucht. Dieser verwaltungswissenschaftliche und rechtstatsächliche Ansatz knüpft demnach ganz explizit bei der Verwaltungswirklichkeit an, er ist geradezu auf die Absicherung seiner Erkenntnisse durch empirische Befunde angewiesen. Dieser Ansatz findet Grundlagen bereits in Forsthoffs Konzeption. Forsthoff geht es um eine Öffnung der Verwaltungsrechtswissenschaft für die Wirklichkeit, um von dieser Betrachtung aus die rechtlichen Handlungsformen der Verwaltung zu entwickeln. Schuppert weist denn auch darauf hin, dass in diesem Konzept bereits sein Diktum von der "Bereitstellungsfunktion des Rechts" vorweggenommen ist426 . Dieser in gewissem Sinne interdisziplinäre Ansatz ist im juristischen Schrifttum in neuester Zeit auch auf Kritik gestoßen427 . Sehr grundsätzlich ist der steuerungswissenschaftliche Ansatz von sozialwissenschaftlicher Seite in Frage gestellt worden428 • Die geäußerten Einwendungen ähneln dabei auffallend der bereits in den sechziger Jahren geübten Kritik Luhmanns am Forsthoffschen Konzept [so o. 2. Teil B. 11. 2. b) cc)]. Auf die Schwierigkeiten, Forsthoffs Methode in das Konzept eines Allgemeinen Teils zu integrieren, wird im Folgenden eingegangen.

424 Vgl. z. B. R. Mayntz/H.-U. Derlien/E. Bohne/B. Hesse/J. Hucke/A. Müller; Vollzugsprobleme im Umweltrecht, 1978. 425 Vgl. zum steuerungswissenschaftlichen Ansatz grundlegend G. F. Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schrnidt-Aßmann/Go F. Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1993, S. 65 ff. m. w. N.; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 18 ff.; zusammenfassend A. Voßkuhle, Die Reform des Verwaltungsrechts als Projekt der Wissenschaft, Die Verwaltung 32 (1999), S. 546 ff. 426 G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 95. 427 C. Möllers, Braucht das öffentliche Recht einen neuen Methoden- und Richtungsstreit?, VerwArch. 89 (1999), S. 203 ff.; O. Lepsius, Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik, S. 18 ff. 428 Vgl. N. Luhmann, Politische Steuerung, PVS 1989, S. 4 ff.; G. Teubner; Recht als autopoietisches System, 1989, S. 21 ff.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

c. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

Wurde als Forsthoffs methodologische Leistung die Öffnung des verwaltungsrechtlichen Blickwinkels für die neu auf die Verwaltung zukommenden Aufgaben genannt, stellt sich verwaltungsrechtsdogmatisch weiter die Frage, welche (möglicherweise neuen) Rechtsgestaltungen Forsthoff für die Bewältigung der Aufgaben vorschlägt und wie er die neuen Aufgaben in das System eines Allgemeinen Verwaltungsrechts integriert. Im Zentrum der Betrachtung steht hierbei das im Jahre 1950 erstmalig erschienene "Lehrbuch des Verwaltungsrechts". Spätestens seit Otto Mayers berühmtem Lehrbuch des Verwaltungsrechts ist der ,,Allgemeine Teil" ein Standard-Genre in der Verwaltungsrechtswissenschaft. Hier ist der Verwaltungsrechtswissenschaftier angehalten, ein System des Verwaltungsrechts zu entwerfen, das für Wissenschaft, Praxis und Lehre gleichermaßen brauchbar ist und die vielfältigen besonderen Verwaltungsmaterien auf allgemeine Grundsätze zurückführt. Viele Verwaltungsrechtswissenschaftler haben sich denn auch an einem "Allgemeinen Teil" versucht, bei einigen von ihnen begründete er ihren bleibenden Ruhm429 . Um das Werk Forsthoffs in die Lehrbuchliteratur einordnen zu können, soll kurz und exemplarisch auf die wichtigsten Vorgänger von Forsthoffs Werk eingegangen werden.

I. Vorläufer von Forsthoffs Verwaltungsrechtslehrbuch 1. Die Lehrbücher des bürgerlichen Rechtsstaats

Das "Dreigestirn der klassischen Lehrbücher,,43o des deutschen Verwaltungsrechts im frühen 20. Jahrhundert sind die bereits verschiedentlich erwähnten und von Forsthoff immer wieder herangezogenen Lehrbücher von Otto Mayer, Fritz Fleiner und Walter Jellinek. Diese Werke haben gemeinsam, dass sie ihre Grundlage im gewaltenteilenden freiheitsverbürgenden bürgerlichen Rechtsstaat haben. Ausgehend vom Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes war der gesetzesgebundene, in Freiheit und Eigentum des Bürgers eingreifende Verwaltungsakt das Zentrum des Verwaltungsrechts431 . Aspekte der leistenden Verwaltung blieben dabei jedoch weitgehend unberücksichtigt.

429 Dies gilt für Fritz Fleiner und Walter Jellinek, später Hans Julius Wolff bis hin zu Hartmut Maurer. 430 So O. Bachofim Vorwort zu W. Jellinek, Verwaltungsrecht, Neudruck 1966, S. VIII. 431 P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 6 f.

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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2. Die verwaltungsrechtliche Lehrbuchliteratur des NS-Staats Die verwaltungsrechtliche Lehrbuchliteratur der NS-Zeit war sehr heterogen und von höchst unterschiedlicher Bedeutung für die spätere Verwaltungsrechtslehre. Neben Lehrbüchern, die das bestehende Verwaltungsrechtssystem unter neuer Etikette weiterführten432 sowie Propagandaliteratur433 fanden sich dem NSStaat treue Lehrbücher, die sich jedoch um eine Weiterentwicklung des Verwaltungsrechts unter den neuen politischen und sozialen Gegebenheiten bemühten. Hier sind vor allem die Lehrbücher von Koellreutter und Maunz zu nennen434 . Das wohl bedeutendste und zukunftsträchtigste Verwaltungsrechtslehrbuch der NS-Zeit schrieb Arnold Köttgen435 . Der Titel "Deutsche Verwaltung" deutete bereits auf eine über den Bereich des reinen Verwaltungs rechts hinausgehende Betrachtung. So bezog Köttgen die "Aufgaben der Verwaltung" (l1l. Hauptteil des Lehrbuchs) in sein Lehrbuch mit ein und stellte ihnen die ,,Rechtsformen der Verwaltungsführung" (Y. Hauptteil) gegenüber. Die Aufgaben der Verwaltung teilte er wiederum ein in Polizei, Lenkung, Daseinsvorsorge und Deckung des Finanzbedarfs436 , als Verwaltungsrechtsformen arbeitete er die Hoheitsverwaltung und die Anstaltsverwaltung heraus. Köttgen übernahm mit dieser sehr progressiven Einteilung437 demnach bereits den Forsthoffschen Terminus der Daseinsvorsorge, um ihn in das Arsenal der Verwaltungsaufgaben einzuordnen. Er bemühte sich in seiner Darstellung darüber hinaus, Restbestände des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts wie die Gesetzesbindung der Verwaltung und überkommene Rechtsformen zu bewahren438 • Beim Lehrbuch von Köttgen zeigt sich überdies, dass die Verwaltungsrechtslehre der NS-Zeit neben ihrer zeitgebundenen ideologischen Determiniertheit auch zukunftsträchtige und überdauernde Ansätze zu liefern in der Lage war439 • Allerdings ist zu sagen, dass dieses Innovationspotential durch den vielfach durchscheinenden NS-Jargon440 relativiert und verschüttet worden ist, so dass eine direkte Fortführung der Systematik Köttgens in der Bundesrepublik nicht erfolgte. 432 So die Lehrbücher von v. Köhler, Hofacker, Nebringer, v. Scheurl und Laforet. Vgl. hierzu die Schilderung von M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 356. 433 M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland III, S. 357. 434 O. Koellreutter, Deutsches Verwaltungsrecht. Ein Grundriß, 1937; T. Maunz, Verwaltung, 1937. 435 A. Köttgen, Deutsche Verwaltung, 1. Auf!. 1936,3. Aufl. 1944. 436 Dies allerdings erst in der dritten Auflage 1944. In der 1936 erschienenen Erstauflage unterschied er noch nach Polizei, Lenkung, Versorgung und Deckung des Finanzbedarfs. 437 P. Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und sozialen Rechtsstaat, S. 20 f., bezeichnet Köttgens Werk als "die erste systematische Behandlung des Verwaltungsrechts, die die neuen Wirklichkeiten des Verwaltens ...zu erfassen trachtet". 438 W. Kohl/M. Stolleis, Im Bauch des Leviathans, NJW 1988, S. 2855. 439 W. Pauly, Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, VVDStRL 60 (2001), S. 98. 440 Vgl. nur A. Kötfgen, Deutsche Verwaltung, 3. Aufl. 1944, S. 9, S. 15 f., S. 21.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

3. Die Lehrbuchliteratur der unmittelbaren Nachkriegszeit In den Jahren 1945 bis 1949 fehlte noch die für eine öffentlich-rechtliche Wissenschaft wie die Verwaltungsrechtswissenschaft notwendige feste staatliche Struktur. So war die Situation in den von den Siegermächten besetzten deutschen Gebieten durch den Wiederaufbau der Universitäten, Bibliotheken und den Wiedereinstieg der Professoren in den Universitätsbetrieb gekennzeichnet. Beherrschende Themen der Verwaltungsrechtslehre dieser Zeit waren zunächst von den Besatzungsmächten vorgegebene Verwaltungskonzepte, der Wiederaufbau des Kommunalrechts, die Gestaltung des Bau-, Gewerbe- und Polizeirechts sowie die Verwaltungsgerichtsbarkeit441 . Die Lehrbuchliteratur der unmittelbaren Nachkriegszeit bietet insgesamt kein einheitliches Bild. Bereits 1946 erschien ein Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Allgemeiner Teil, von Robert Nebinger, in dem noch vielfach auf die Literatur der NS-Zeit zurückgegriffen wurde, das im Übrigen jedoch der juristischen Methode verhaftet blieb. Das Verwaltungsverfahrensrecht und das Verwaltungsorganisationsrecht blieben dabei ausgespart442 . In den folgenden Jahren entstanden Grundrisse kleineren Umfangs von Friedrich Giese443 , Franz W. Jerusalem444 und Hans Helfritz445 , die weitgehend der Tradition der klassischen Lehrbücher von Mayer, Fleiner und Jellinek folgten. Sie unternahmen hierbei hauptsächlich eine Rekonstruktion des rechts staatlichen Formenarsenals, die neuere Verwaltungsentwicklung nahmen diese Autoren nur am Rande wahr446 . Eine eingehendere Beschäftigung der Verwaltungsrechtswissenschaft mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus fand kaum statt, den während der NS-Diktatur geschriebenen Werken der Verwaltungsrechtsliteratur wurde weitgehend keine Beachtung geschenkt. Stellvertretend hierfür steht Walter Jellinek, der sein Lehrbuch 1948 unverändert wieder veröffentlichte und 1950 lediglich durch einen Nachtrag ergänzte447 . 1949 erschien das erste breiter angelegte Lehrbuch der Nachkriegszeit von Hans Peters448 . Das Werk war bereits während des Krieges fertiggestellt worden, damals aber ungedruckt geblieben. Darum war es zum Zeitpunkt seines Erscheinens in Einzelheiten bereits überholt. So konnten neuere Gesetze, Rechtsprechung und M. Stolleis, Verwaltungsrechtswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, S. 232. R. Nebinger, Verwaltungsrecht, Allgemeiner Teil; vgl. die Besprechung von O. Bachof, lZ 1951, S. 539. 443 F. Giese, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1947. 444 F. W lerusalem, Grundriß des Verwaltungsrechts, 1947. 445 H. Heljritz, Verwaltungsrecht, 1949. 446 Vgl. auch die Übersicht bei M. Stolleis, Verwaltungsrechtswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, S. 235. 447 W lellinek, Verwaltungsrecht, 3. Auf!. 1931, unveränd. Nachdruck 1948, Nachtrag 1950. 448 H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949. 441

442

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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Literatur teilweise nicht berücksichtigt werden449 • Das ,,Lehrbuch der Verwaltung" ist dennoch wegen seiner Konzeption interessant. Peters versuchte, insofern ähnlich dem Konzept Köttgens, das Phänomen Verwaltung neben seinen rechtlichen Implikationen auch in seinem Bezug zur Wirklichkeit darzustellen. So betonte er im Vorwort, dass es ihm vor allem darum gehe, das Verwaltungsrecht mit Elementen der Verwaltungslehre zu verbinden, um "die Verwaltungswissenschaft in den größeren Zusammenhang von Recht, Politik und Weltanschauung einzubauen,,45o. Der Versuch, in ein Lehrbuch des Verwaltungsrechts die Verwaltungslehre und die Verwaltungspolitik zu integrieren, daneben eine "Verwaltungsphilosophie" anzubieten und darüber hinaus neben dem Allgemeinen auch noch einen ausdifferenzierten Besonderen Teil zu liefern, führte jedoch zu einer derartigen Überfrachtung des Werkes mit Stoff, dass sowohl die klaren Konturen als auch die Detailarbeit zu kurz kamen. Das Werk galt denn auch bald in seiner Konzeption als überholt451 und hat möglicherweise aus diesem Grunde keine weitere Auflage erfahren. 1950 erschien das ebenfalls den Allgemeinen und Besonderen Teil enthaltende Lehrbuch von Kurt Egon von Turegg, das zwar bis 1962 vier Auflagen erlebte, jedoch wissenschaftlich eher negativ beurteilt wurde452 .

ß. Forsthoffs Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Band: Allgemeiner Teil

In dieser Zeit ungesicherter Verhältnisse auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts veröffentlichte Forsthoff 1950 sein Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Band, Allgemeiner Tei1453 , das sofort positiv aufgenommen wurde454 und schnell eine überragende Bedeutung in der Lehrbuchliteratur - gerade wegen des Fehlens vergleichbarer Werke - erlangte455 . 449 Vgl. hierzu das Vorwort von Peters in seinem Lehrbuch der Verwaltung, S. V, sowie die Rezension von O. Bachof, JZ 1951, S. 540. 450 H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung, Vorwort, S. III. 451 H. J. Wolff/O.Bachof, Verwaltungsrecht 1,9. Aufl. 1966, § 14 I a). 452 In der Rezension von O. Bachof, JZ 1951, S. 541, heißt es hierzu: "Insgesamt kann dieses Werk nicht als Bereicherung der verwaltungsrechtlichen Literatur angesehen werden. Im Hinblick auf die Verwirrung, die es besonders bei den Lernenden anzurichten geeignet ist, muß ich sein Erscheinen sogar bedauern". 453 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Band, Allgemeiner Teil, 1. Auflage 1950. 454 Bereits die ersten Rezensionen hoben den wissenschaftlichen Wert und das Neue des Werkes hervor, vgl. O. Bachof, JZ 1951, S. 540; H. P. Ipsen, AöR 1950/1951, S. 377ff.; F. Giese. ZStW 107 (1951), S. 543 ff. Zur Bedeutung des Werks für Rechtsprechung und Rechtspraxis jüngst W. BlÜlnel. Schlusswort. S. 118. 455 Das Werk ist auch in verschiedene Fremdsprachen, unter anderem ins Japanische, übersetzt worden. Vgl. die Bibliographie von W. Blümel/H. H. Klein, in: Festschrift für Ernst Forsthoffzum 70. Geburtstag, 1. Aufl. 1972, S. 516.

8 Schütte

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Forsthoff plante ursprünglich, dem ersten Band des Lehrbuchs einen zweiten Band, der den Besonderen Teil enthalten sollte, folgen zu lassen. In seinem Vorwort zur sechsten Auflage aus dem Jahre 1956 stellte er noch diesen zweiten Teil, der erst nach einer Konsolidierung des Rechts und den entsprechenden Verwaltungsreformen möglich sei, in Aussicht. In den späteren Auflagen fehlt dieser Hinweis. Willi Blümel berichtet von Fragmenten, die allerdings keinen genaueren Aufschluss über die Gesamtkonzeption dieses Werkes zu geben vermögen456 . Über die Frage, warum Forsthoff dieses Projekt letztlich fallengelassen hat, lässt sich nur spekulieren457 , er hat jedoch mit dem ersten Band ein erfolgreiches, abgeschlossenes Konzept vorgelegt, das das Fehlen eines zweiten Bandes verschmerzen lässt. 1. Das Verwaltungsrechtslehrbuch als "literarisches Werk" Das Charakteristische an Forsthoffs Lehrbuch liegt in seiner Herangehensweise, Verwaltungsrechtsdogmatik mit einem empirischen Ansatz zu verbinden. Die Sprache des Lehrbuchs ist denn auch in weiten Teilen eine literarische Sprache, die vor allem die großen Linien nachzeichnet und dogmatische Einzelfragen lediglich anreißt. Das Lehrbuch kann und soll als literarisches Werk von vorne bis hinten gelesen werden. Es bildet damit gewissermaßen den Gegenpol zum sechs Jahre später erschienenen zweiten klassischen Lehrbuch der fünfziger Jahre von Hans Julius Wol~58, das die juristische Dogmatik detailliert in feinsten Verästelungen darstellt, dabei jedoch eher Nachschlagewerk und Handbuch für speziellere Fragen ist459 . Überdies sucht Wolff im Gegensatz zu Forsthoff den Allgemeinen und den Besonderen Teil in einem System zu vereinen. Das Werk ist mit seinen drei Teilen denn auch erheblich umfangreicher als Forsthoffs Lehrbuch, es fehlt ihm daher auch die für das Forsthoffsche Werk charakteristische Übersichtlichkeit460 . Demgegenüber versuchte Forsthoff, der traditionellen Idee eines Allgemeinen Teils entsprechend, das den einzelnen Sachgebieten Gemeinsame zusammenzufassen.

456 Die Überschriften dieser von W. Blümei, Schlusswort, S. 118, genannten maschinenschriftlichen Fragmente seien kurz zitiert: ,,Die Person im Verwaltungsrecht, Vorbemerkung; 1. Das öffentliche Namensrecht; 2. Das Personenstandsrecht; 3. Der Wohnsitz." Eine abgeschlossene Konzeption hat Forsthoff demnach nicht hinterlassen. 457 Siehe hierzu K. Doehring, Ernst Forsthoff, S. 347. 458 H. J. Wolf!, Verwaltungsrecht I, 1956. 459 Vgl. hierzu die Bemerkung von H. P. Ipsen, AöR 82 (1957), S. 136. Ipsen bemerkt, das Wolffsche Buch sei nur in wenigen Partien "lesbar". Das Werk ist trotz seines Titels eigentlich kein "Kurz-Lehrbuch" So weist Ipsen zutreffend darauf hin, dass die leitenden Gesichtspunkte aufgrund der extremen Stoffuntergliederung und der Detailarbeit etwas zu kurz geraten. 460 So zutreffend H. P. /psen in seiner Besprechung, AöR 88 (1963), S. 358.

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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2. Die äußere Gestalt des Lehrbuchs In seinen zehn Auflagen von 1950 bis 1973 hat Forsthoff an der Gesamtkonzeption und dem Duktus seines Werkes wenig verändert461 • Den größten Eingriff nahm Forsthoff in der neunten Auflage vor, wo er auf den Abschnitt Vll: "Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen" verzichtete und ihn durch den Abschnitt: ,,Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung" ersetzte. Forsthoff begründete diese Änderung mit der Entwicklung, die das Verwaltungsprozessrecht in der Zwischenzeit genommen habe und die eine gedrängte Darstellung dieses Gegenstands nicht mehr erlaube462 . Demgegenüber füge sich der Abschnitt über das Kommunalrecht "zwanglos" dem Abschnitt über die Verwaltungsorganisation an463 • Diese Änderung erscheint insofern folgerichtig, als die prozessrechtliche Seite des Verwaltungsrechts in Forsthoffs Werk eine ohnehin auffallend untergeordnete Rolle spielt. Forsthoffs Begriff von der Verwaltung ist durchgängig ein positiver Verwaltungsbegriff, die Frage, wie am besten verwaltet wird, steht im Vordergrund, weniger die pathologische Seite eines möglichen Versagens464 . Ein erster Überblick über die Gliederung des Lehrbuchs und die Länge der einzelnen Kapitel zeigt, dass der erste Abschnitt "Wesen und Geschichte des Verwaltungsrechts" einen deutlich breiteren Raum einnimmt als noch in den klassischen Lehrbüchern des Verwaltungsrechts. Des weiteren sind die Abschnitte V: "Die Verwaltung als Leistungsträger" und VI: "Das Recht der Behörden und der Verwaltungsorganisation" breiter als bis dahin üblich dargestellt. Ebenfalls einen etwas größeren Raum nimmt der Abschnitt IV: "System staatlicher Ersatzleistungen" ein. Knapper hingegen ist der Abschnitt 11: "Der Verwaltungsrechtssatz und seine Anwendung" sowie der Abschnitt ill: ,,Die Lehre vom Verwaltungshandeln" ausgeführt. 3. Die "klassische" Anlage des Lehrbuchs Untersucht man unter Zugrundelegung von Forsthoffs besonderem Anliegen, der Überwindung der juristischen Methode, Aufbau und Systematik des Lehrbuchs, so ergibt sich zunächst ein überraschendes Bild: Das Werk folgt in seiner Gliederung im Wesentlichen den klassischen Darstellungen des Verwaltungsrechts. So werden die überkommenen Rechtsformen und Rechtsinstitute in systematischer Reihenfolge dargestellt. Diese angesichts seiner bahnbrechenden Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" von 1938 überraschend traditionelle Haltung erläutert Forsthoff im Vorwort zur 1. Auflage465 : 461 Dass Forsthoff mit der jeweiligen AktuaIisierung des Werkes im Laufe der Jahre großzügiger umging, hebt M. Sellmann, Buchbesprechungen, DVBI. 1967, S. 305, zutreffend hervor. 462 463 464

465

8"

Siehe hierzu Forsthoffs Vorwort zur 9. Aufl. 1966, S. V. Kritisch hierzu M. Sellmann, Buchbesprechungen, DVBI. 1967, S. 305 f. So K. Doehring, Ernst Forsthoff, S. 347. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 1. Aufl. 1950, Vorwort, S. VI.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

"Stärker als die Monographie ist das Lehrbuch der Tradition verbunden. Ich habe auf die Wahrung der wissenschaftlichen Tradition besonderes Gewicht gelegt und keine Regel, keine Institution, keinen Begriff verworfen oder verändert, soweit sie sich mit der Wirklichkeit der modernen Verwaltung irgend vereinbaren lassen, auch dann nicht, wenn ich dachte, sie durch bessere ersetzen zu können."

Forsthoff legt der Systematik seines Lehrbuchs keine aufgabenbezogene Sichtweise - wie zum Beispiel der Konzeption Köttgens vergleichbar - zugrunde, er folgt vielmehr der seit Otto Mayer gebräuchlichen Einteilung nach Rechtsformen des Verwaltungshandelns ohne Differenzierung verschiedener Aufgabenbereiche. So unterscheidet er nicht, wie man angesichts seiner methodischen Schrift von 1938 hätte annehmen können, zwischen Rechtsformen der Eingriffs- und Rechtsformen der Leistungsverwaltung. Zwar ist der V. Abschnitt des Lehrbuchs in Anlehnung an die berühmte Schrift mit "Die Verwaltung als Leistungsträger" überschrieben, doch behandelt Forsthoff in diesem Abschnitt nach einer Vorbemerkung über die Daseinsvorsorge vor allem die klassischen Rechtsinstitute "öffentliche Sachen" bzw. "öffentliche Anstalt". Dies erinnert an ältere Darstellungen wie das Lehrbuch von Fleiner, der unter der Überschrift "Der Verwaltungsapparat und seine Leistungen" ebenfalls die öffentliche Anstalt und das öffentliche Sachenrecht behandelt hat466 . Weitere Institute der Leistungsverwaltung wie der begünstigende Verwaltungsakt werden hingegen bei der Lehre vom Verwaltungsakt angesprochen. Forsthoff errichtet in seinem Lehrbuch demnach kein neues System des Verwaltungsrechts entsprechend einer aufgabenbezogenen Sichtweise, er hält vielmehr grundsätzlich an Systematik und Bestand der überkommenen Rechtsformen fest. Ipsens Bemerkung, dass Forsthoff aus einer "konservativen Ausgangshaltung, die in der Weiterverwendung mancher Kategorien gelegentlich auch restaurativ erscheinen mag,,467, operiert, erscheint insofern zutreffend. Forsthoff hat dies auch selbst eingestanden468 : ,,Manche haben von meinem Lehrbuch erwartet, daß es, auf dem Begriff der Daseinsvorsorge aufbauend, ein neues System der Verwaltungsrechtswissenschaft bieten würde. Diese Erwartungen habe ich enttäuscht und mußte sie enttäuschen."

Forsthoff behält prinzipiell das durch die rechtsstaatliehe Theorie und ihre juristische Methode entwickelte Rechtsformensystem bei. Diese "festgelegten Formen der rechtsstaatlichen Verwaltung" ließen sich auch gar nicht verändern, "ohne das gesamte Strukturgefüge des Rechtsstaats ins Wanken zu bringen"469. Das Fundament seines Werkes bleibt damit die traditionelle Systembildung, die sich am rechtsstaatlichen Verfassungssystem orientiert. 466 F. Fleiner. Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Auf!. 1928, S. 321 ff., S. 351 ff. Fleiner behandelt diese Institute allerdings noch im "Besonderen Teil". 467 H. P./psen, Besprechung, AöR 76 (195011951), S. 378. 468 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 52. 469 E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 12. Sehr kritisch dieser Sichtweise gegenüber o. Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 223 ff.

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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Trotz dieser traditionellen Ausgangsposition ist jedoch die das Lehrbuch kennzeichnende Grundme10die gänzlich anders als bei den Klassikern der juristischen Methode. So ziehen sich Ausführungen zur veränderten Aufgabe der Verwaltung wie ein roter Faden durch das gesamte Werk. Das Werk verfolgt damit vorrangig das Ziel, das überkommene rechts staatliche verwaltungsrechtliche System mit den Anforderungen des Sozialstaats in Einklang zu bringen. 4. Neue Rechtsprinzipien

Eine wesentliche Neuerung des Lehrbuchs liegt in der Bedeutung, die Forsthoff den Rechtsprinzipien des Verwaltungsrechts zumisst. Während für den bürgerlichen Rechtsstaat die Auffassung bestimmend gewesen sei, dass das Verwaltungsrecht lediglich die Schranken, nicht jedoch den Inhalt des Verwaltungshandelns bestimmt, der Rechtsstaat das Verwaltungshandeln also formal zu erfassen versuchte, müssten für den Sozialstaat andere, nuJteriale Grundsätze gelten. Für den Sozialstaat sei die Sozialordnung nicht Gegebenheit, sondern Gegenstand der Gestaltung47o . Infolgedessen bedürfe das auf eine gerechte Sozialordnung ausgerichtete Verwaltungsrecht bestimmter materialer Rechtsgrundsätze. Forsthoff nennt hier ganz allgemein den Gleichheitssatz, den Schutz vor Eingriffen in die Elementarsphäre sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit471 • Dies impliziert für Forsthoff eine Absage an den Positivismus der bürgerlich-rechtsstaatlichen Epoche472 • Gleichzeitig zeigt sich hier ein Kontrast zu Forsthoffs eigener Interpretation der Verfassung als lediglich formaler Verfassung. So sind hier Anzeichen eines material-werthaften Verwaltungsverständnisses festzustellen473 , das Forsthoff doch gerade für den Bereich der Verfassung scharf zurückgewiesen hatte (s. o. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1, 10. Aufl. 1973, S. 68. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 68. 472 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 69 f., wendet sich allerdings auch hier wieder gegen eine Rückkehr zu naturrechtlichen Erwägungen. 473 In allen Auflagen seines Lehrbuchs heißt es: "Die Verwaltung .. .ist wertverwirklichende Gestaltung" (vgl. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 7. Aufl. 1958, S. 78) und: ,,Der unmittelbare Rückgriff auf den Wert... ist für das Verwaltungsrecht typisch" (vgl. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 9. Aufl. 1966, S. 84). Dieser Widerspruch wurde vor allem von A. Hollerbach, Auflösung der rechtsstaatlichen Verfassung?, AöR 85 (1960), S. 246, S. 249, wie auch von P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S. 686, herausgestellt. Forsthoffbemühte sich in der neunten Auflage seines Lehrbuchs des Verwaltungsrechts I, 1966, ebd. S. 82 Fn. 3, diesen Widerspruch aufzuheben: " ...hätte ich vorausgesehen, in welchem Maße die Wertphilosophie die juristische Methode im Verfassungsrecht überwältigen würde - ich hätte den Wertbegriff vermieden und mich des sprachlich freilich weniger handlichen Begriffs des Rechtsguts bedient. Auf diese Weise wäre der Anschein eines Widerspruchs vermieden geblieben". So hätte Forsthoff den Wertbegriff lediglich als Gegenstück zum empirischen Rechtsbegriff, hingegen nicht im Sinne der modernen Verfassungsaulegung verstanden. Eine eingehendere Begründung liefert Forsthoff jedoch nicht. M. E. ist Forsthoffs verwaltungsrechtlicher Wertbegriff nicht weit vom Wertverständnis der von ihm kritisierten Verfassungslehre entfernt. 470 471

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

1. Teil B. TI.). Forsthoff schlägt denn auch im Bereich des Verwaltungsrechts als Auslegungsmethode zusätzlich zu den von ihm im Bereich der Verfassungsauslegung favorisierten klassischen Auslegungsmethoden neben der teleologischen auch eine institutionelle Methode vor, die "das positive Recht in seiner Strenge beläßt, es jedoch im Zusammenhang mit den tragenden allgemeinen Rechtsgedanken" verstehen Will 474 .

111. Einzelne Rechtsformen und Rechtsinstitute des Verwaltungshandelns Hier sollen im Folgenden in der gebotenen Kürze anband von Forsthoffs Lehrbuch einige Rechtsformen und Rechtsinstitute des Verwaltungshandelns dargestellt werden. Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie Forsthoff die traditionelle Dogmatik der juristischen Methode durch die Erfordernisse der Leistungsverwaltung ergänzt und wie er den Antagonismus von Rechtsstaat und Sozialstaat löst. 1. Traditionelle Rechtsformen und Rechtsinstitute unter den Bedingungen des Sozialstaats a) Die traditionelle Rechts/orm: Der Verwaltungsakt

Forsthoffs Behandlung der für das Verwaltungsrecht zentralen Kategorie des Verwaltungsakts 475 folgt im wesentlichen den traditionellen Darstellungen des Verwaltungsrechts und bleibt im Umfang eher hinter den Ausführungen anderer Lehrbücher zurück476 . So zeigen sich in der Terminologie Parallelen zu älteren Werken477 . 474 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 9. Aufl. 1966, S. 158. Diese institutionelle Methode als Auslegungsmethode darf nicht verwechselt werden mit Forsthoffs oben dargestellter verwaltungswissenschaftlicher Methode. 475 Zur Entwicklung des Begriffs M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland 11, S. 410 ff. Zum allgemeinen Schrifttum über den Verwaltungsakt vgl. hier lediglich die Literaturhinweise bei F. O. Kopp/V. Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 VwVfG. Aus der Lehrbuchliteratur sei nur zitiert: H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 9. Zur nach wie vor herausragenden Bedeutung des Verwaltungsakts für das Verwaltungsrecht F. Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, S. 199 ff.; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 259. 476 Vgl. z. B. die äußerst detaillierte Darstellung des Verwaltungsakts bei H. J. Wolff/O. Bachoj. Verwaltungsrecht 1,9. Aufl. 1976, §§ 45 ff. 477 So folgt Forsthoffs Lehrbuch nach dessen eigener Aussage bei der Einteilung der Verwaltungsakte im Wesentlichen den Darstellungen von F. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1928, S. 180 ff., und R. H. v. Hermritt, Grundlehren des Verwaltungsrechts, 1921, S. 273 ff.; vgl. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 203.

c. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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Für Forsthoff stellt der Verwaltungsakt eine übergeordnete Kategorie dar, die sich über alle Tätigkeiten der Verwaltung erstreckt und durch hoheitliches Handeln öffentlicher Gewalt gekennzeichnet ist478 . Forsthoff wendet sich dabei gegen eine abstrakt-formalistische Interpretation des Begriffs. Verwaltungsakt sei kein apriorischer, sondern ein teleologischer Begritr79, der auf Erfahrung beruhe und den Zweck habe, die verschiedenen Einzelhandlungen der Verwaltung unter einen Grundbegriff zu fassen. Das Institut des Verwaltungsakts umfasst dabei neben dem obrigkeitlichen Zwang auch fürsorgerische Tätigkeiten. Forsthoff ordnet demnach dem Verwaltungsakt alle ordnenden, gestaltenden und leistenden Funktionen unter, ohne dabei die Eigenart der jeweils verfolgten Aufgabe zu thematisieren. Der begünstigende Verwaltungsakt findet zwar (im Gegensatz zu früheren Darstellungen wie denen von Mayer und Fleiner) Erwähnung, er wird aber als spezifisches Rechtsinstitut der Leistungsverwaltung nicht herausgearbeitet48o . Eine Differenzierung von belastendem und begünstigendem Verwaltungsakt nimmt Forsthoff nicht vor48 1• Forsthoff merkt zwar an, dass mit dem Anwachsen der Daseinsvorsorge auch die begünstigenden Verwaltungsakte an Wichtigkeit hinzugewonnen hätten, er untersucht die gewandelte Bedeutung des begünstigenden Verwaltungsakts jedoch nicht näher. Dies erscheint angesichts des von Forsthoff herausgearbeiteten Dualismus von Eingriffs- und Leistungsverwaltung überraschend. Es ist anzunehmen, dass Forsthoff im Bereich des Verwaltungsakts deshalb einer eher traditionellen Betrachtungsweise folgt, da für ihn hier die Einseitigkeit hoheitlichen Verwaltungshandelns im Vordergrund steht. Demgegenüber ist für Forsthoff im Bereich der Daseinsvorsorge charakteristisch, dass sich der Staat auf die Ebene des Bürgers begibt. Das eigentlich Neue ist hier die Zweiseitigkeit des Leistungsverhältnisses und das Vordringen des Privatrechts in den Bereich der öffentlichen Verwaltung. Forsthoffs eher konventionelle Haltung im Bereich des Verwaltungsakts zeigt sich besonders deutlich bei seiner Darstellung vom Widerruf und von der Rücknahme von Verwaltungsakten. Hier fühlt sich Forsthoff in starkem Maße rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet. Obwohl er von der Lehre der unbeschränkten Widerruflichkeit von Verwaltungsakten, die noch Mayer, Fleiner und Jellinek vertreten hatten, in Anlehnung an die Rechtsprechung abrückt482 , beharrt er auf der E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 196. Zum Begriff des Verwaltungsakts als Zweckbegriff vgl. auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 Rn. 4a. 480 Das Verständnis des Verwaltungsakts als Instrument der Leistungsverwaltung setzte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch, was auch auf den überragenden Einfluss Otto Mayers zurückzuflihren ist, der den Verwaltungsakt seinerzeit vom Eingriff aus entwickelt hatte, vgl. W. Rüfner, Die Rechtsformen der sozialen Sicherung und das Allgemeine Verwaltungsrecht, VVDStRL 28 (1970), S. 204. Insofern zeigt sich die traditionsgebundene Ausgangsposition Forsthoffs auch hier. In der heutigen Lehrbuch-Literatur unternimmt vor allem H. Faber, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. AufI. 1995, den Versuch, den Verwaltungsakt als Institut der Leistungsverwaltung eigens herauszuarbeiten. 481 Vgl. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. AufI. 1973, S. 196, S. 207 ff. 482 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. AufI. 1973, S. 264 f. 478

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Notwendigkeit der Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte durch die Verwaltung. Forsthoff wendet sich hier gegen die in den fünfziger Jahren483 aufgekommene und allmählich zur herrschenden gewordene Lehre, die die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte durch den Vertrauensschutz beschränkt sieht484 . Demgegenüber hat nach Forsthoff der Vertrauensschutz grundsätzlich der Rechtmäßigkeit und der Rechtssicherheit zu weichen. Eine andere Auffassung führe dazu, dass die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dem Vertrauensschutz des Betroffenen untergeordnet werde. Dies ist für Forsthoff "ein Vorgang von größter, in den Kern des rechtsstaatlichen Verfassungsrechts hineinreichender Tragweite". Er gehöre "in die Reihe der Bestrebungen, welche darauf gerichtet sind, die strenge rechtsstaatliche Formalisierung der hoheitlichen Funktionen unter Berufung auf materiale Grundsätze, welche dem Individualrecht entnommen werden, aufzuweichen. ,,485 Forsthoff zieht demgegenüber als Anspruch für den von einer Rücknahme betroffenen Bürger den Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB in Erwägung, der allerdings ein Verschulden des Verwaltungsträgers voraussetzt. Diese Ansicht hat Forsthoff in sämtlichen Auflagen seines Lehrbuchs verfolgt und nachdrücklich verteidigt, so noch in der zehnten Auflage486 : "In Wahrheit gibt der Rechtsstaat sich selbst auf, wenn er nicht daran festhält, daß die Gesetzmäßigkeit und Rechtmäßigkeit seines Handeins den Vorrang vor allen sonstigen denkbaren rechtlichen Erwägungen haben muß, wenn er insbesondere zugibt, daß es einen Vertrauensschutz contra legern geben könnte."

Über diese Lehre ist die ganz überwiegende Meinung487 , spätestens das Verwaltungsverfahrensgesetz von 1976, hinweggegangen. Bemerkenswert erscheint hier allerdings Forsthoffs Argumentation: Der Rechtsstaat gebe sich selbst auf, wenn er in diesem Punkt auf eine strenge Formalisierung verzichte und "contra legern" den Vertrauens schutz ins Feld führe. Dass der Vertrauens schutz ebenso wie die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit rechtsstaatlichen Erwägungen begründet werden kann488 , zieht Forsthoff nicht in Erwägung. Hier wird seine strikte Trennung von formalem Rechtsstaat und materialem Sozialstaat besonders deutlich: Die materialen Rechtsgrundsätze, die Forsthoff für das Verwaltungsrecht des Sozialstaats anmahnt, sollen hier dem formalen Rechtsstaatsgedanken weichen. Dies erscheint 483 Vgl. in der Rechtsprechung zuerst OVG Berlin DVBI. 1957, S. 503; dem folgend BVerwGE 5, S. 312; BVerwGE 8, S. 261; BVerwGE 9, S. 251. 484 Vgl. nur die gute Darstellung von H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht I. 9. Aufl. 1976, § 53 V. Dies ist seither ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. nur BVerwGE 19, S. 188; BVerwGE 48, S. 87, S. 91 ff. 485 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 262. 486 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 261, S. 263; vgl. auch das Vorwort Forsthoffs zur 7. Aufl. 1958, S. V. Forsthoff beipflichtend W. Scheerbanh, Ist im Verwaltungsrecht die Hermeneutik auf Abwegen?, DVBI. 1960, S. 185 ff. 487 Vgl. nur H. Maurer; Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 11 Rn. 23 ff. 488 Vgl. nur J. Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2001, Rn. 731.

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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auch deshalb umso bemerkenswerter, als es sich bei dem in Frage stehenden rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt um ein Institut der Leistungsverwaltung handelt489 • Gerade der Vertrauens schutz lässt sich aber mit Gesichtspunkten des leistungsverwaltenden Sozial staats begründen. So werden wirtschaftliche Existenz und Betätigungsmöglichkeiten des Bürgers in hohem Maße durch öffentliche Mittel gewährleistet, so dass der Vertrauensschutz schwerer wiegen kann als das öffentliche Interesse an der Rücknahme der rechtswidrigen Maßnahme490 • Forsthoffs rechts staatliches Verständnis gerät somit hier mit den Anforderungen des Sozialstaats in Konflikt. Die Darstellung der Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte durch Forsthoff ist deshalb ein Musterbeispiel der von ihm bewusst nicht aufgelösten Zweigleisigkeit von Rechtsstaat und Sozialstaat. Dabei erscheint er hier seinem formalen Rechtsstaatsverständnis verhaftet. Er folgt konsequent dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit und damit der rechtsstaatlichen Theorie. In die Darstellung des Verwaltungsakts hat Forsthoffs Öffnung des Verwaltungsrechts für Aspekte des Sozialstaats insoweit keinen Eingang gefunden, sie bietet damit letztlich insgesamt relativ wenig zur Funktion des Verwaltungsakts in einer veränderten Wirklichkeit. b) Rechtsstaatliehe Schutzmechanismen gegen die Ausdehnung des Sozialstaats

Nachdrücklich hebt Forsthoff den rechtsstaatlichen Aspekt des Verwaltungsrechts auch in den Abschnitten über den Verwaltungszwang und über das Staatshaftungsrecht hervor. Hierbei steht die Notwendigkeit rechtsstaatlicher Freiheitsgewähr gegenüber einer expandierenden Sozialstaatlichkeit im Vordergrund. aa) Der Verwaltungszwang Das Institut des Verwaltungszwangs behandelt Forsthoff eher knapp491. Neben der Darstellung der klassischen Zwangsmittel verweist er hierbei jedoch auch auf die Veränderungen, die die Bedeutung des Verwaltungszwangs durch die sozialstaatliche Entwicklung erfahren habe, insbesondere weist er auf die durch den Sozialstaat bedingte Veränderung der Stellung der Verwaltung gegenüber dem Bürger hin492 • So gehe das klassische System des Verwaltungszwangs davon aus, dass die Sphären der Verwaltung und des Einzelnen grundsätzlich voneinander getrennt seien und sich nur fallweise überkreuzten. Demgegenüber sei der Einzelne im Hierzu deutlich H. Faber, Verwaltungsrecht, 4. Auf!. 1995, § 24 I. H. J. WoljJ/O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Auf!. 1976, § 53 V d 3. 491 In heutigen Darstellungen wird dieser Themenkreis unter dem Begriff "Verwaltungsvollstreckung" abgehandelt. Forsthoff folgt hier der älteren Terminologie. 492 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 292 ff. 489 490

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Staat der Daseinsvorsorge nicht mehr unabhängig gegenüber der Verwaltung, er sei vielmehr täglich abhängig von ihren Leistungen493 : "Der Verwaltung ist auf diese Weise eine Macht zugewachsen, die in diesem Umfange früheren Zeiten fremd war. Die Gefahr, daß diese Macht zum Mittel des Zwanges gemacht wird, ist in der Natur der Sache begründet und deshalb nicht völlig zu beseitigen. Würde man dieser Gefahr nicht mit allen zu Gebote stehenden Mitteln begegnen, so wäre es um die rechtsstaatliehe Freiheit schlecht bestellt; sie würde auf paralegalitärem Wege in unkontrollierbarer Weise unter erzwungener Billigung des Betroffenen zur Verfügung der Verwaltung stehen. Gerade diese Ungesichertheit der Freiheit sollte durch den Rechtsstaat überwunden werden. Deshalb kommt es darauf an, den Rechtsstaat so zu interpretieren, daß der Gefahr solcher Unterwanderung der rechtsstaatlichen Freiheitsgarantien wirksam begegnet werden kann."

Daher sei es dringend geboten, die Verwaltung auf diejenigen Zwangsmittel zu beschränken, die ihr gesetzlich zustünden. Als Beispiel für den Fall einer unerlaubten Ausnutzung der Abhängigkeit durch die Verwaltung weist Forsthoff auf die Koppelung mehrerer Verwaltungsobliegenheiten hin. Diese Koppelungen wären in Krisenzeiten verbreitet gewesen, eine solche Gefahr bestehe jedoch auch im wie. der in ruhigen Bahnen laufenden Staat der Bundesrepublik. Forsthoff nennt hierzu das Beispiel, dass viele Städte bei der Erteilung von Bauerlaubnissen von den Verpflichtungen aus der Reichsgaragenordnung dann Befreiung gewährt haben, wenn der Antragsteller sich bereit erklärte, einen bestimmten Betrag an die Gemeinde abzuführen, der zur Verbesserung des kommunalen Verkehrsnetzes dienen sollte. Diese Koppelung ist für Forsthoff sachwidrig494 . Forsthoff spricht hier ein Problem an, das den potentiellen Antagonismus von Rechtsstaat und Sozialstaat anschaulich vor Augen führt. Indem dem Sozialstaat eine hohe Macht gegenüber der Existenz des Einzelnen notwendigerweise zukommt, besteht die Gefahr des Missbrauchs dieser Macht zur Erzwingung des Wohlverhaltens des Einzelnen auf Kosten von dessen Freiheit. So zeigt sich für Forsthoff in der sozialstaatlichen Entwicklung die Tendenz, die strengen rechtsstaatlichen Formen und Grundsätze auszuhöhlen. Er hebt demgegenüber nachdrücklich die Notwendigkeit rechtsstaatlicher Freiheitsgewähr gegenüber der sozialen Machtstellung des Staates hervor. Charakteristisch erscheint hierbei, dass seine Argumentation von den Gegebenheiten des Sozialstaats ausgeht, Forsthoff jedoch nicht einer sozialstaatlichen Interpretation des Rechtsinstituts das Wort redet, sondern demgegenüber den rechtsstaatlichen Kerngehalt des Instituts hervorhebt. Es ist ein Beispiel für Forsthoffs Bestreben, den Rechtsstaat in seiner formalen Strenge zu bewahren und jeweils zu prüfen, ob er mit den sozialstaatlichen Anforderungen kongruent ist495 .

493 494 495

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 294. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 294. E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, S. 71.

c. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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bb) Institute des Staatshaftungsrechts Nach Forsthoff steht auch der Bereich des Staatshaftungsrechts unter dem starken Einfluss der sozialstaatlichen Entwicklung, weshalb sich die klassischen Institute des Staatshaftungsrechts zum Teil grundlegend verändert hätten496 . Forsthoff begründet dies mit dem Gedanken der Risikoverteilung, den er bereits in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" angesprochen hatte497 . So habe die Gestaltungsmacht des Staates im Sozialstaat stark zugenommen, was seine Entsprechung in einer Ausdehnung der Staatshaftung finden müsse498 . Die Expansion des Sozial staats verlangt demnach rechtsstaatliche Schutzmechanismen. Forsthoff geht bei seiner Darstellung jeweils von einer politisch-sozialen Analyse aus, der die juristische Behandlung der einzelnen staatshaftungsrechtlichen Institute folgt. Forsthoff begrüßt die insbesondere von der Rechtsprechung eingeschlagene Tendenz, die Amtshaftung nach § 839 i.V. m. Art. 34 GG weit zu erstrecken, da "der ständig zunehmenden Ausdehnung der staatlichen Befugnisse" die "gesteigerte Verwiesenheit des Einzelnen auf den Staat und die Empfindlichkeit gegenüber Risiken, die zu tragen die breiten Schichten der Bevölkerung nicht mehr imstande sind", entspräche499 . Forsthoffs Ausführungen zum "beherrschten Lebensraum" finden hier ihre Entsprechung im Staatshaftungsrecht. Ebenso entsprechen nach Forsthoff die Wandlungen im Recht der Enteignung und der Aufopferung dem sozialen Wandel. Denn da die staatliche Verfügungsrnacht über die soziale Güterordnung zugenommen habe, musste ihr Korrelat, die öffentlich-rechtliche Entschädigung, ebenfalls anwachsen 5OO • Neue Wege geht Forsthoff im Staatshaftungsrecht, indem er nachdrücklich ein eigenständiges Rechtsinstitut der Gefährdungshaftung fordert 5 0\. So führt Forsthoff aus, dass die überkommenen Staatshaftungstatbestände nicht ausreichten, um allen abgeltungsbedürftigen Schäden gerecht zu werden. Forsthoff sieht im System staatlicher Ersatzleistungen insofern eine Lücke, als die Schäden, in denen die Verwaltung nicht willentlich oder wissentlich in den Rechtskreis des Bürgers eingreife, weitgehend unreguliert blieben. In der veränderten Wirklichkeit des Sozialstaats seien durch die Ausdehnung der Verwaltungstätigkeiten zahlreiche (weitere) mögliche Fälle einer solchen Gefährdung aufgetreten. Wo die Verwaltung infolge ihrer zunehmenden Gestaltung des bürgerlichen Rechtskreises erhöhte Gefahrenlagen schaffe, müsse sie für die Schäden haften, die durch die neuen GefahrenE. Forstlwff, Lehrbuch des VerwaItungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 318. E. Forstlwff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 39 ff. 498 E. Forstlwff, Lehrbuch des VerwaItungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 321. 499 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 326. 500 E. Forstlwff, Lehrbuch des VerwaItungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 326. 50\ E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 359; Forsthoffs Institut der Gefährdungshaftung wurde bereits 1963 von der Staatsrechtslehrertagung aufgegriffen, vgl. G. Jaenicke/W Leisner, Gefährdungshaftung im öffentlichen Recht, VVDStRL 20 (1963), S. 135 ff. bzw. S. 185 ff. 496 497

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

lagen entständen. Forsthoff verweist zur Erhärtung seiner Argumentation auf das französische Recht502 . Die herrschende Lehre503 und die Rechtsprechung 504 wenden in diesen Fällen das Institut des enteignungs gleichen Eingriffs an. Demgegenüber stellt Forsthoff fest, dass diese Ansicht dogmatisch nur möglich sei unter Preisgabe des Eingriffs als Tatbestandsmerkmal. Um die begrifflichen Konturen des enteignungsgleichen Eingriffs nicht aufzuweichen, fasst Forsthoff den hoheitlichen Eingriff restriktiv, das heißt er beschränkt ihn auf zielgerichtete Eingriffe. Hieraus zieht er die dogmatische Konsequenz, dem enteignungsgleichen Eingriff die Gefährdungshaftung als eigenständigen Anspruch an die Seite zu stellen. Forsthoffs Position, erstmals bereits in der ersten Auflage seines Lehrbuchs vorgetragen, hat in der Folgezeit durchaus Zuspruch erfahren505 . Demgegenüber hat der BGH in ständiger Rechtsprechung das Institut der Gefährdungshaftung abgelehnt. Ihm ist das überwiegende Schrifttum gefolgt506 . Hier ist auf die im einzelnen vorgetragenen Argumente nicht näher einzugehen. Jedenfalls hat sich ein eigenständiges Institut der Gefährdungshaftung insofern als entbehrlich erwiesen, als die in Betracht kommenden Fälle über das Institut des enteignungsgleichen Eingriffs gelöst werden können. Das Rechtsinstitut der Gefährdungshaftung hat sich jedenfalls im Öffentlichen Recht nicht durchsetzen können. Es sei jedoch angemerkt, dass Forsthoffs Begriffsprägung eine klare Kategorienbildung ermöglicht und daher manches für sich hat. Im Übrigen ist der Gang der Argumentation für Forsthoffs dogmatisches Vorgehen charakteristisch. Aus der Feststellung einer veränderten sozialen Wirklichkeit zieht Forsthoff die Folgerung, dass es eines eigenständigen neuen Rechtsinstituts bedarf. Forsthoffs Argumentation ist auch hier dadurch gekennzeichnet, dass er der Ausdehnung des Sozialstaats zuverlässige Schutzmechanismen für den Einzelnen gegenüberstellen möchte. Die Eingliederung in das System des Staatshaftungsrechts erfolgt dann systematisch in Abgrenzung zu den vorhandenen Tatbeständen. An diesem Beispiel zeigt sich wieder gut das Zusammenspiel von soziologischer Realanalyse und juristischer Dogmatik.

2. Neue Rechtsformen? Unter der Überschrift ,,Neue Rechtsformen" sollen hier Rechtsinstitute aufgeführt werden, die erst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und dabei zum Teil in Anknüpfung an Forsthoffs Lehrbuch breitere Anerkennung gefunden haben. 502

E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 360.

Vgl. H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1976 § 66 II a; H. Maurer. Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 28 Rn. 17 ff. 504 Vgl. nur BGHZ 54, S. 332, S. 336; BGHZ 55, S. 229, S. 232 f. 505 Vgl. O. Baclwf, Rezension, JZ 1951, S. 541; K. ?.eidler. "Verwaltungsfabrikat" und Gefährdungshaftung, DVBl. 1959, S. 685 ff. 506 Zusammenstellung bei F. Ossenbühl. Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 373 ff. 503

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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Diese Rechtsformen haben insbesondere gemeinsam, dass sie sich nicht nahtlos in das traditionelle verwaltungsrechtliche System einfügen, das noch der juristischen Methode zugrunde lag. a) Der öffentlich-rechtliche Vertrag

Nach Forsthoff wird "die einseitige Erledigung der staatlichen Obliegenheiten" "in gewissem Umfange ergänzt" durch einvernehmliche Rechtsakte der Verwaltung mit anderen Parteien507 • Forsthoff behandelt diese Erscheinungsformen summarisch unter dem Begriff des öffentlich-rechtlichen Vertrags508 , ohne eine detailliertere Einteilung der Erscheinungsformen dieser Rechtsfigur vorzunehmen 509• Die Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrags war lange Zeit heftig umstritten. Bereits in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts von Max Layer510 für das österreichische und von Willibalt Apelt511 für das deutsche Verwaltungsrecht entwickelt, wurde das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Vertrags vor allem von Otto Mayer abgelehnt512 . Mayer vertrat die Ansicht, dass alles, "was von Seiten des Staates ausgesprochen wird, .. .immer obrigkeitlich bindend" ist. So sei der öffentlich-rechtliche Vertrag von Seiten der Verwaltung immer ein Verwaltungsakt513 • Mayers Ablehnung richtete sich dabei vornehmlich gegen den subordinationsrechtlichen Vertrag. Die Prägung des deutschen Verwaltungsrechts durch Mayers Verwaltungsrechtslehre führte dazu, dass auch noch in der Bundesrepublik der öffentlich-rechtliche Vertrag zunächst umstritten blieb514 . Die 507

E. Forsthoff, Lehrbuch, 9. Aufl. 1966, S. 263.

Eingehend A. Benz, Verhandlungen, Verträge und Absprachen in der öffentlichen Verwaltung, Die Verwaltung 23 (1990), S. 83 ff.; H. Bauer/W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, 1994. Aus steuerungswissenschaftlicher Perspektive H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des VerwaltungshandeIns, 1994, S. 245 ff. Allgemein zum Verwaltungsvertrag E. Gurlit, Grundlagen des Verwaltungsvertrages (Teil I u. II), Jura 2001, S. 659 ff., S. 731 ff.; W. Höfling/G. Kringes. Der verwaltungsrechtliche Vertrag - Begriff, Typologie, Fehlerlehre, JuS 2000, S. 625 ff. Aus dem neuesten Schrifttum: V. Schlette. Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000. 509 Zu den verschiedenen Typen öffentlich-rechtlicher Verträge vgl. bereits H. J. Wolf!/ O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1976, § 44 II. Aus jüngerer Zeit siehe vor allem W. Krebs. Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993). S. 250 ff.; G. F. Schuppen. Verwaltungswissenschaft, S. 174 ff. 510 M. Layer, Zur Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrag, 1916. Sll W. Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag. Ein Beitrag zur Lehre von der rechtswirksamen Handlung im öffentlichen Rechte, 1920. 512 O. Mayer, AöR 40 (1921), S. 244 ff., merkte allerdings in der Besprechung der Schrift seines Schülers Apelt an, es gebe wohl öffentlichrechtliche "Vereinbarungen". 513 O. Mayer, Zur Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrage, AöR 3 (1888), S. 1 ff. 514 In jüngerer Zeit noch ablehnend G. Püttner, Wider den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger, DVBI. 1982, S. 122 ff. 508

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Schwierigkeiten, die die meisten Gegner des Verwaltungsvertrags mit diesem Institut hatten, rührten von der mit der Subordinationstheorie verbundenen Vorstellung her, dass der Staat nicht paktieren und sich Hoheitsrechte abkaufen lassen dürfe 515 . Eine verstärkte Beschäftigung mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag setzte denn auch erst in den fünfziger Jahren ein. Forsthoffs Lehrbuch bildet hier eine Vorreiterrolle. Über die Bedenken gegenüber einer Anwendung des öffentlich-rechtlichen Vertrags geht Forsthoff in seinem Lehrbuch hinweg, indem er schlicht feststellt, dass im Verwaltungsrecht öffentlich-rechtliche Verträge eine häufige Erscheinung seien. Forsthoffs weitere Begründung für die Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrags (bereits in der ersten Auflage seines Lehrbuchs 1950) ist aufschlussreich für sein Denken und soll daher hier zitiert werden516 : "Unter diesen Umständen kann es nicht angehen, dem Vertrag das Heimatrecht in der Verwaltung abzusprechen, wie das geschehen ist. Das hieße, der Rechtswissenschaft einen schlechten Dienst erweisen, die vor Rechtserscheinungen, die fest in Brauch und Übung stehen, nicht kapitulieren darf, will sie nicht den Zusammenhang mit der Rechtswirklichkeit verlieren."

In diesem Zitat zeigt sich Forsthoffs praktische Sicht auf die neueren Rechtsinstitute des Verwaltungsrechts. Das von Mayer und Fleiner angeführte Argument, dass es an einer den öffentlich-rechtlichen Vertrag regelnden Norm fehle 517 , hat sich nach Forsthoff mit der Überwindung des Rechtspositivismus erledigt. Forsthoff weist zu Recht darauf hin, dass besonders im allgemeinen Verwaltungsrecht bei der Lehre vom Verwaltungsakt seit jeher ohne feste normative Grundlage gearbeitet worden sei. Es bestünden daher keine Bedenken, dem Satz "pacta sunt servanda" auch im Bereich des Verwaltungsrechts Geltung zuzusprechen. Dieser Argumentation folgte auch die Rechtsprechung518 • Die Frage nach der Rechtsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Vertrags hat sich seit dem Erlass des Verwaltungsverfahrensgesetzes erledigt, indem § 54 VwVfG vom Grundsatz der generellen Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge (vorbehaltlich spezieller Vertragsformverbote) ausgeht. Für eine Aufnahme des öffentlich-rechtlichen Vertrags in das Formenarsenal der Verwaltung spricht nach Forsthoff auch die Tatsache, dass es keine scharfe Grenzlinie zwischen öffentlichem und privatem Recht mehr gäbe. Die Verwaltung bewege sich seit langem in einer den hoheitlichen Funktionen vor515 H.-i. Tittel, Anmerkung, DVBI. 1967, S. 38 ff.; G. Püttner, Wider den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger, DVBI. 1982, S. 124. 516 E. Forsthof!. Lehrbuch, 9. Aufl. 1966, S. 264. 517 O. Mayer, Zur Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrage, AöR 3 (1888), S. 1 ff.; F. Fleiner. Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1928, S. 211 ff. Ähnlich im Sinne dieser "Ermächtigungslehre" noch K. Stern, Zur Grundlegung einer Lehre des öffentlich-rechtlichen Vertrages, VerwAreh 49 (1958), S. 131 ff.; M. Bul/inger, Vertrag und Verwaltungsakt, 1962. 518 Vgl. nur BVerwGE 23, S. 213; 30, S. 65; VGH München BayVBI. 1962, S. 285; OVG Münster,DÖV 1960, S. 798; VG Lüneburg NJW 1957, S. 76.

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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gelagerten Zone, in der sich öffentliches und privates Recht mischten519 • Diesen Mischfonnen verwaltungmäßigen Handelns passe sich der Verwaltungsvertrag als flexibles Handlungsinstrument an. Als zentrales Kennzeichen des öffentlich-rechtlichen Vertrags sieht Forsthoff die Koordination der Partner an 520 . Anders als der contract administratif in Frankreich beruhe der Verwaltungsvertrag in Deutschland auf dem Gedanken der prinzipiellen Gleichheit der Vertragspartner. Die Privatautonomie des Zivilrechts werde jedoch im Bereich des öffentlich-rechtlichen Vertrags eingeschränkt, so zeichne sich der Verwaltungsvertrag durch eine größere Rechtsbeständigkeit aus, weshalb aus dem Zivilrecht herangezogene Nonnen öffentlich-rechtlich modifiziert würden. Andererseits müsse jedoch die Starrheit, die dem Vertrag aufgrund der zweiseitigen Bindung innewohnt, aus Gründen des öffentlichen Interesses leichter aufgehoben werden können als beim zivilrechtlichen Vertrag üblich. Forsthoff betont allerdings auch die Gefahren einvernehmlichen Handelns521 • So könne der öffentlich-rechtliche Vertrag durchaus zum Ausverkauf von Hoheitsrechten führen. Auch könne die zweiseitige vertragliche Bindung "der Verwaltung zur Fessel" werden. Deshalb dürften Vertragsbindungen nicht zur Regel werden. Des Weiteren weist Forsthoff darauf hin, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag den Grundsatz der Gleichheit verletzen könne, so dass die Gefahr bestehe, dass der jeweils stärkste gesellschaftliche Teil in den Genuss eines Vertrags komme. Daher biete sich der Vertrag vor allem für atypische Fälle als "elastisches Mittel" an. Forsthoffs Ausführungen zum öffentlich-rechtlichen Vertrag reden nicht einer generellen Kooperation des Staates mit privaten Rechtssubjekten das Wort. Der Verwaltungsvertrag bleibt für ihn immer noch die Ausnahme von der Regel, nämlich dem gesetzesgebundenen, einseitigen Verwaltungshandeln. Dennoch ist eine gewisse Öffnung des Verwaltungsrechts für kooperative Rechtsbeziehungen erkennbar. Dies erscheint insofern überraschend, als Forsthoff in seinen staatsrechtlichen Arbeiten die zunehmende Verflechtung von Staat und Gesellschaft mit großer Skepsis betrachtet hat. So hat Forsthoff insbesondere in seinen späteren Schriften die verstärkte Kooperation von Staat und Verbänden scharfkritisiert522 . Und in der Tat widersprechen kooperative Rechtsfonnen geradezu der Vorstellung vom Staat als einer souveränen und autoritären Institution, die der Gesellschaft übergeordnet ist. Hier zeigt sich, dass Forsthoff in seinem Lehrbuch Wandlungen im Staatsgefüge sehr viel offener gegenüberstand, als es seine Sicht vom Staat eigentlich zuließ. Die seinem Staatsverständnis zugrundeliegende Subordination des Bürgers gegenüber dem Staat wird im Bereich des Verwaltungsrechts durch die Zulassung von Kooperationen teilweise aufgehoben, wobei die Zielrichtung gerade gegen Otto Mayers subordinationsrechtliche Lehre geht. Hier offenbart sich wieder 519 520 521

522

E. Forsthoff, Lehrbuch, 9. Auf!. 1966, S. 266. E. Forsthoff, Lehrbuch, 9. Auf!. 1966, S. 267. Im Folgenden E. Forsthoff, Lehrbuch, 9. Auf!. 1966, S. 265. Vgl. vor allem E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 19 f.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

der eigentümliche Widerstreit von starrem Staatsverständnis und entwicklungsoffenem Verwaltungsverständnis in Forsthoffs Werk. Diese Offenheit des verwaltungsrechtlichen Werks für die Wandlungen des Verwaltungshandelns wird sich auch bei seiner Darstellung der Verflechtungen von Staat und Gesellschaft im Bereich der Daseinsvorsorge zeigen [so dazu u. 2. Teil C. III. 3. d)]. b) Plan und Planung

Der "Plan" erhält erstmals in der zehnten Auflage des Lehrbuchs einen eigenen Abschnitt523 . Die noch in der unmittelbaren Nachkriegszeit festzustellende Zurückhaltung gegenüber der "Planung" dürfte unter anderem auf den ideologischen Gebrauch dieses Instruments in der UdSSR und im nationalsozialistischen Staat zurückzuführen sein524 . Auch Forsthoff selbst hatte 1937 das Instrument der Planung in Zusammenhang mit dem Führerprinzip dargestellt525 . Seine erneute Beschäftigung mit der Planung fällt in die späten fünfziger526 und vor allem in die sechziger und frühen siebziger Jahre, in denen erst eine intensive Diskussion um diese Rechtsinstitute einsetzte527 . Forsthoff verweist auf die Bedeutung, die das Planungswesen in den letzten Jahrzehnten erlangt habe 528 . Damit hätten sich Plan und Planung als spezifische Institute des modemen Verwaltungshandelns zu rechtlicher Eigenständigkeit entE. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 302 ff. M. Stolleis, Verwaltungsrechtswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, S. 246. 525 Vgl. E. Forsthoff, Führung und Planung, DR 1937, S. 48 f. 526 Vgl. bereits die Staatsrechtslehrertagung 1958 mit den Referaten von M. Imboden und K. Obermayer zum Thema ,,Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut", VVDStRL 17 (1959), S. 113 ff. bzw. S. 144 ff., mit Diskussionsbeiträgen von Forsthoff, S. 176 ff. 527 Joseph H. Kaisers groß angelegtes, mehrbändiges Werk: Planung 1- VI, 1965 ff., gibt hiervon Zeugnis. Im dritten Band dieser Reihe veröffentlichte Forsthoff den Aufsatz "Über Mittel und Methoden moderner Planung", vgl. ebd., S. 21 ff. In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren setzte auch das sozialwissenschaftliche Interesse rur die Planung ein, vgl. hierzu N. Luhmann, Politische Planung, 1971; Fritz W. Scharpj, Planung als politischer Prozeß, Die Verwaltung 4 (1971), S. 1 ff. Forsthoffs Interesse an der Planung zeigt auch das mit seinem Schüler W. Blümel veröffentlichte Werk: Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970. Aus der planungsrechtlichen Literatur der siebziger Jahre sei im Übrigen genannt: P. Badura, Das Planungsermessen und die rechtsstaatliche Funktion des Verwaltungsrechts, in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Bayer. Verfassungs gerichtshofs, 1973, S. 152 ff.; R. Wahl, Fragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bde. 1 u. 2, 1978. 528 Über die Bedeutung von Plänen als Handlungsformen moderner Verwaltung besteht heute kein Zweifel mehr. Vgl. nur E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 278; H. Maurer; Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 16 Rn. 10. Einen umfassenden Überblick über den gegenwärtigen Stand des Planungsrechts bietet das Werk: Planung. Festschrift rur Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, 2000. 523 524

C. Die rechtliche Bewältigung der Verwaltungsaufgaben

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wickelt, es gehe daher nicht mehr an, den "Plan als bloßen Unterfall des Verwaltungsakts oder der Rechtsverordnung zu betrachten"s29. Die Ausführungen Forsthoffs zum Plan im Lehrbuch sind relativ knapp gehalten und beschränken sich im Wesentlichen auf den raumbezogenen Plans3o. Zur Verdeutlichung von Forsthoffs Verständnis des Plans soll daher ergänzend auf das Kapitel "Plan und Planung" aus der Monographie "Der Staat der Industriegesellschaft" zurückgegriffen werden, in dem Forsthoff sich auch den verwaltungswissenschaftlichen Aspekten der Planung widmet. Nach Forsthoff bezieht die Planung "ihren Sinn und ihre Rechtfertigung aus der Mobilität der öffentlichen und gesellschaftlichen Zustände als Folge des technischen Prozesses"S31. Insbesondere die Dringlichkeit der ZeitS32 , der Mangel an Raum und die Begrenztheit der finanziellen Mittel hätten dem Planungswesen zu seiner großen Bedeutung verholfens33 . Der Plan sei das ,,Mittel, Richtung und Bahn künftiger Entwicklungen festzulegen und die staatlichen Mittel im Sinne dieser Zielrichtung koordiniert einzusetzen."S34 Forsthoff sieht zwei Möglichkeiten solcher zukunftsgerichteter PlanungS3s . Einmal könne der Staat im voraus festlegen, welche Entwicklungen anzustreben sind und darauf ausgerichtet den Plan festlegen. Zum anderen könne der Staat mit Hilfe einer Zukunftsprognose feststellen, welche sozialen Entwicklungen zu erwarten sind und durch den Plan Vorsorge treffen, den Anforderungen dieser Entwicklungen gewachsen zu sein. Die Bundesrepublik bediene sich beider Methoden. Im Bildungswesen werde der zweiten Alternative gefolgt, was im Ergebnis eine Unterwerfung unter die Gegebenheiten der zu erwartenden Entwicklung bedeute. Forsthoff optiert konsequenterweise für die erste Variante, da in ihr die Autorität des Staates gegenüber der Gesellschaft impliziert ist. Diese sei im Raumordnungsgesetz von 1965 angestrebt wordens36 . Mit der Verwirklichung dieses Programms werde die staatliche Kontrolle über den industriell-technischen Prozess in hohem Maße verwirklicht. Doch steht Forsthoff den Erfolgsaussichten dieses Gesetzes skeptisch gegenüber. Er befürchtet, dass dem Staat die Autorität fehlt, um dieses Programm auch gegen den Widerstand der Interessenvertreter durchzusetzen. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf!. 1973, S. 303. Hierbei unterscheidet Forsthoff lediglich zwischen Fachplänen und Gesamtplänen. Während die Fachplanung auf ein bestimmtes Objekt beschränkt ist, ist die Gesamtplanung gebietsbezogen. Vgl. dazu die Differenzierung bei H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht 1,9. Auf!. 1976, § 47 IX b). 531 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 115. 532 Bereits 1959 hatte Forsthoff auf der Staatsrechtslehrertagung eine philosophische Erfassung des Wesens der Zeit anlässlich des Phänomens der Planung gefordert, vgl. VVDStRL 18 (1960), S. 178. Zu diesem Problem vgl. auch P. Kirchhof, Verwalten und Zeit, 1975. 533 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 303. 534 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 115. 535 Im Folgenden E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 116 f. 536 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 116 f. 529

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9 Schütte

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Forsthoff betont, dass es schwer falle, die Planung rechtlich einzuordnen537 : "Obgleich gemeinhin der Verwaltung zugerechnet, transzendiert die Planung die herkömmlichen Vorstellungen von Verwaltung."

So sei eine Einordnung des Plans in das hergebrachte Handlungsformenarsenal kaum möglich. Die Einordnung des Bebauungsplans als Rechtsverordnung durch die Verwaltungsgerichte habe weniger den Grund, dass der Plan die Merkmale einer Rechtsverordnung erfülle, als dass sie lediglich das Ziel verfolge, den Plan der Anfechtung im Verwaltungsprozess zu entziehen538 . Der Plan sei jedoch weder Verwaltungsakt noch Rechtsverordnung, sondern ein aliud, eine Handlungsform sui generis539 . Bereits der äußere Ablauf der Entstehung eines Plans unterscheide sich maßgeblich von den traditionellen Verwaltungsrechtsinstituten, was erhebliche Auswirkungen auf den Rechtsschutz des Bürgers habe 540 . Nach einer umfangreichen verwaltungsinternen Planungsphase würden erst im Zuge der Planausführung entgegenstehende Rechte oder geschützte Interessen Dritter berücksichtigt. Indem sich der Rechtsschutz im Planungsrecht damit auf die letzte Phase des Planungsverfahrens beschränke, sei die Position des Rechtssuchenden im Vergleich zum gewöhnlichen Verwaltungsverfahren gemindert, da zu dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zumeist vollendete Tatsachen geschaffen seien541 . In diesem Stadium habe die Verwaltung häufig nicht mehr die Freiheit, vom Plan Abstand zu nehmen, da sie erhebliche Vorleistungen erbracht habe. Damit habe die Verwaltung im Planungsrecht "ein natürliches Schwergewicht". Forsthoff verweist auf die Bestrebungen, die Betroffenen an der Planung zu beteiligen. Er sieht hierbei jedoch das Problem sachgemäßer Partizipation privater Interessen, weshalb noch offen sei, "ob es überhaupt möglich sein wird, in dieser auf höchster Stufe fachmännischen Wissens angesiedelten Materie den aus Bürgerinitiativen hervorgehenden Organisationen der Betroffenen eine gewichtige Stimme zu geben"542. Forsthoff schlägt vor, den Rechtsschutz dadurch auszuweiten, dass sowohl die "Fachplanung" als auch, entgegen der überwiegenden Meinung, die "Gesamtplanung" als Verwaltungsakte eingestuft werden und damit der Anfechtungsklage zugänglich zu machen sind. Hierfür spräche die "dominierende Bedeutung", die E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 115. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 311; ders., Der Staat der Industriegesellschaft, S. 115. 539 G. F. Schuppert. Verwaltungswissenschaft, S. 198, bezeichnet den Plan treffend als "auf der Schwelle zur Rechtsforrnqualität verharrend". Gegen Versuche, den Plan begrifflich zu erfassen, zutreffend H. Maurer. Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 16, Rn. 13. 537 538

Im Folgenden E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 77 f. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 311. 542 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 79. Die Partizipation im Bereich der Planung behandelt im Anschluss an Forsthoff W. Blümel. Raumplanung. vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Festgabe für E. Forsthoff zum 65. Geburtstag, 1967. S. 133 ff. 540

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dem Rechtsschutz durch die Verfassung (Forsthoff verweist auf Art. 19 Abs. 4 00) und die Verwaltungsgerichtsordnung eingeräumt sei543 • Letztlich ist das Aufkommen des Plans für Forsthoff ein Beispiel dafür, dass der Verwaltungsstaat Rechtsformen benutzt, die sich in das rechtsstaatliehe Formensystem nicht einpassen lassen. Deshalb plädiert er für eine rechtsschutzfreundliche Interpretation dieses Instituts. Forsthoffs Interesse für Plan und Planung ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass der Plan dem Staat die Möglichkeit bietet, eigenständig und jenseits staatlich-gesellschaftlicher Verflechtungen sozialgestaltend tätig zu werden. Allerdings zeigt die Hervorhebung des Rechtsschutzes ebenfalls, dass Forsthoff in der Planung eine Gefahr für die rechts staatlich garantierte Freiheit sieht544 . Forsthoff öffnet mit seinen Ausführungen zur Planung sein verwaltungsrechtliches Blickfeld für Aspekte der gestaltenden und lenkenden Verwaltung. Für Forsthoffs Argumentation ist dabei charakteristisch, dass er die Notwendigkeit von Planung als Mittel der modemen Verwaltung anerkennt, andererseits aber auf die Problematik des Rechtsschutzes hinweist. Es ist ein weiteres Beispiel für Forsthoffs Leitthema nach 1949, das modeme Verwaltungsrecht mit den Erfordernissen des Rechtsstaats in Einklang zu bringen. c) Der Realakt

Forsthoff behandelt den Realakt in seinem Lehrbuch zwar noch nicht als eigenständige Handlungsform der Verwaltung, der Realakt nimmt jedoch bei ihm durchaus einen nicht unwichtigen Platz unter den Handlungsformen der Verwaltung ein. Der Begriff Realakt ist im Wesentlichen eine Erfindung der Weimarer Zeit. Bei Otto Mayer hatte das Phänomen des nichtförmlichen Verwaltungshandelns 545 , für das er den Begriff der "Tat" des Verwaltungsbeamten gebrauchte, noch keine größere Bedeutung. Erst mit Walter Jellinek, der auch als "Entdecker" des "schlichten Verwaltungshandeins" bezeichnet wird546, fand das nichtförmliche Verwaltungshandeln nachhaltig Eingang in die verwaltungsrechtliche Literatur. Doch der Begriff blieb zunächst unscharf547 . Ende der 20er Jahre kam der Begriff Realakt für nichtförmliche Verwaltungshandlungen auf548 . Der Realakt hat in der ZwischenE. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 310. E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 116 f., zitiert hier J. H. Kaiser; Planung I, 1965, S. 17, der vor Planungsideologien jeder Art warnt: ,Jn der Theorie der Planung 543

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genügt heute noch eine Wendung nach links, um daraus ein sozialistisches Manifest zu machen, eine Wendung um wenige Grade nach rechts, um daraus eine autoritär-dezisionistische Staatsideologie zu entwickeln." 545 Das Phänomen lässt sich bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen, vgl. zur Entstehung der Rechtsfigur M. Schulte. Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995, S. 59. 546 G. Robbers. Schlichtes Verwaltungshandeln, DÖV 1987. S. 272. 547 W. Mallmann. Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, VVDStRL 19 (1961), S. 169 f. 548 So gebrauchte Köttgen den Begriff Realakt bereits im Jahre 1929, vgl. A. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 112 ff. 9*

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zeit einen Bedeutungswandel durchlebt549 . Heute wird er für alle diejenigen öffentlich-rechlichen Formen des VerwaltungshandeIns, die nicht Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag oder verwaltungsmäßige Normsetzung und Planung sind, gebraucht55o. Für Forsthoff ist der Realakt die typische Handlungsform der öffentlichen Anstalt, die ihrerseits die wichtigste öffentlich-rechtliche Organisationsform der Daseinsvorsorge ist551 . So sind Realakte im Bereich der Daseinsvorsorge alle diejenigen Handlungen der öffentlich-rechtlichen Verwaltung, die "unmittelbar den einzelnen Staatsgenossen Leistungen und Vorteile gewähren,,552. Demnach dominiert innerhalb der öffentlichen Anstalt der Realakt553 , der damit auch ein Institut der Leistungsverwaltung ist. Nichtförmliches Verwaltungshandeln erscheint geradezu als das Charakteristikum öffentlich-rechtlicher Verwaltung im Bereich der Daseinsvorsorge. Der einzige Fall des Verwaltungshandelns außerhalb der öffentlichen Anstalten, für den Forsthoff den Begriff Realakt gebraucht, ist die Indienststellung einer öffentlichen Sache554 . Obwohl der Realakt die zentrale öffentlich-rechtliche Handlungsform im Bereich der Daseinsvorsorge ist, sind Forsthoffs Ausführungen zu diesem Institut insgesamt spärlich. Eine Aufnahme in das Rechtsformenarsenal der Verwaltung, wie sie heutigen Darstellungen zugrundeliegt555 , bleibt bei ihm noch aus. Allerdings impliziert die große Bedeutung, die Forsthoff der Daseinsvorsorge zumisst, dass er das nichtförmliche Handeln der Verwaltung als ein wichtiges Merkmal des modernen Verwaltungsrechts ansieht. 3. Die Behandlung der Rechtsformen im Bereich der Daseinsvorsorge Die wesentlichste Neuerung bringt das Lehrbuch Forsthoffs mit der Integrierung des Begriffs Daseinsvorsorge in das System des allgemeinen Verwaltungsrechts. Im V. Abschnitt mit der Überschrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" baut Forsthoff erkennbar auf die gleichnamige Schrift von 1938 auf. Er behandelt in 549 Neben dem Begriff "Realakt" wird auch der Begriff "Tathandlung" gebraucht, vgl. H. Maurer; Allgemeines VeIWaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 15 Rn. 1. 550 H. Faber; VeIWaltungsrecht, 4. Aufl. 1995, S. 262. Vgl. zum nichtförmlichen VeIWaltungshande1n eingehend das bereits zitierte Werk von M. Schulte, Schlichtes VeIWaltungshandeIn; vgl. ferner G. Robbers, Schlichtes VeIWaltungshandeln, DÖV 1987, S. 272 ff.; F. Ossenbühl, Die Handlungsformen der VeIWaltung, JuS 1979, S. 681, S. 683. 551 Dabei bezieht sich Forsthoff, Lehrbuch des VeIWaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 497, auf A. Köftgen, VeIWaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 112 f. 552 E. Forsthoff, Lehrbuch des VeIWaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 372. 553 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1, 10. Aufl. 1973, S. 497. 554 E. Forsthoff, Lehrbuch des VeIWaltungsrechts 1,10. Auf!. 1973, S. 387. 555 Vgl. nur H. Maurer; Allgemeines VeIWaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 15.

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diesem Abschnitt als Formen öffentlich-rechtlicher Daseinsvorsorgeverwaltung vor allem das öffentliche Sachen- und Anstaltsrecht. Insofern erscheint er auch hier der klassischen Terminologie Otto Mayers und Fleiners verhaftet, doch entwickelt er diese Rechtsinstitute unter dem Begriff der Daseinsvorsorge weiter. a) Die Austauschbarkeit von privatem und öffentlichem Recht im Bereich der Daseinsvorsorge

Über die rechtsdogmatischen Folgerungen, die sich nach Forsthoff aus dem Begriff der Daseinsvorsorge ergeben, wurde bereits oben bei der Darstellung von Forsthoffs Methode eingehend berichtet. An dieser Stelle soll es nur darum gehen, noch einmal auf die Frage der Rechtsformen, in denen sich die Daseinsvorsorge abspielt, einzugehen. Aus dem Begriff der Daseinsvorsorge ergeben sich Folgerungen für das Verhältnis von privatem und öffentlichem Recht. Die Zweiteilung des Rechts in öffentliches und privates Recht war mit der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft und dem bürgerlichen Rechtsstaat im 19. Jahrhundert verbunden556. Danach war das öffentliche Recht die kennzeichnende Form der hoheitlichen Verwaltung, der der Bürger in einem Subordinationsverhältnis gegenüberstand. Für den Begründer der juristischen Methode, Otto Mayer, war das öffentliche Recht noch selbstverständlich die "natürliche" Handlungsform öffentlicher Verwaltung. Zwar bediente sich die Verwaltung schon zu Mayers Zeiten des Privatrechts, doch wurden diese Handlungen summarisch dem Bereich der "fiskalischen Tätigkeit" zugeordnet557 . Bei Fleiner war bereits Verwaltungshandeln in privatrechtlicher Form berücksichtigt, doch hielt auch er noch an der Mayerschen Ausgrenzung des Privatrechts aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung fest 558 • Forsthoffs Konzept der Daseinsvorsorge führt nun zu einer Integrierung des Privatrechts in das System der Handlungsformen des Verwaltungsrechts. Forsthoff beurteilte eine Ausweitung von Verwaltungstätigkeiten auf solche in privatrechtlicher Form in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" zunächst noch skeptisch559 . Doch beugte er sich bereits hier den Fakten und bezog diese Tätigkeiten in seine Darstellung mit ein. In seinem Lehrbuch nimmt dann die 556 Vgl. zur geschichtlichen Entwicklung M. Stolleis. Öffentliches Recht und Privatrecht im Prozeß der Entstehung des modemen Staates, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1996, S. 41 ff.; D. Grimm, Öffentliches Recht, in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, Bd. IV, 1988, Sp. 120; M. Bullinger; Öffentliches Recht und Privatrecht, 1968, S. 75. Vgl. zur Unterscheidung auch D. Ehlers. Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, Die Verwaltung 20 (1987), S. 373 ff. 557 V gl. o. 1. Teil B. I. 1. 558 Vgl. die Nachweise 0.2. Teil B. II. 2. a) ce), Fn. 310. 559 E. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 23. Es sei davon auszugehen, dass grundSätzlich "das öffentliche Recht die Formen der öffentlichen Verwaltung hergibt".

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Darstellung privatrechtlicher Rechtsfonnen als reguläre Rechtsfonnen der Daseinsvorsorge einen breiten Raum ein. Wenn die Verwaltung Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt, so übt sie nach Forsthoff immer öffentliche Verwaltung aus, unerheblich ist dabei, ob sie sich dabei öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsfonnen bedient. Die Konsequenz dieser Auffassung ist, dass die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht, die noch für Mayers System zentral gewesen ist, keine Auskunft mehr über die Zuordnung einer Materie zum Recht der Verwaltung geben kann. Dies führt zu einer weitgehenden Relativierung von öffentlichem und privatem Recht im Bereich der Daseinsvorsorge. Öffentliches Recht und Privatrecht sind damit im Bereich der Leistungsverwaltung weitgehend vertauschbar geworden 560• Zwar können die unterschiedlichen Rechtsfonnen in Bezug auf die Rechtsfolgen erheblich sein, denn privatrechtliche Handlungsfonnen eröffnen im Streitfalle in der Regel den ordentlichen Rechtsweg, während öffentlich-rechtliche Fonnen den Verwaltungs gerichten übertragen sind. Bei der inhaltlichen Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen Staat und Bürger spielt die Unterscheidung jedoch keine zentrale Rolle mehr. Hieraus zieht Forsthoff Konsequenzen für den Rechtsschutz. Da es aus der Sicht des Bürgers relativ zufällig sei, mit welcher Rechtsfonn öffentlicher Verwaltung er in Berührung komme, ob zum Beispiel das ihn mit Versorgungsleistungen bedienende Unternehmen als öffentliche Anstalt oder als GmbH organisiert sei, dürfe diese Unterscheidung nicht auschlaggebend für den Rechtsschutz des Bürgers sein. Die Verwaltung unterliege vielmehr in beiden Fällen den Bindungen des öffentlichen Rechts 561 • Diesen Bindungen kann sich die Verwaltung daher nicht durch die Wahl der Rechtsfonn entziehen. Dieser bereits in den zwanziger Jahren unter dem Motto "Flucht ins Privatrecht" angesprochene Problemkreis562 wurde damals noch vorwiegend unter dem Aspekt diskutiert, ob öffentliche Unternehmen sich überhaupt des Privatrechts bedienen dürften. Forsthoffs Argumentation geht hier einen Schritt weiter: Da die Verwaltung faktisch in Fonnen des Privatrechts tätig wird, ist die Frage nach dem "ob" mehr eine verwaltungs ökonomische, weniger eine verwaltungsrechtsdogmatische Frage. Für Forsthoff ergibt sich aus der Tatsache, dass die Verwaltung sich privatrechtlicher Rechtsfonnen bedient, vielmehr die Konsequenz, dass dieses zulässige Verwaltungshandeln dann ebenfalls den öffentlichrechtlichen Bindungen unterliegt. Die Verwaltung kann im Bereich der Daseinsvorsorge somit gar nicht in das Privatrecht "flüchten", selbst wenn sie es wollte. Die Frage nach den von der Verwaltung benutzten Rechtsfonnen wird so zweit560 E. Forsthoff Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1, 10. Aufl. 1973, S. 369, S. 410. Zur Nachrangigkeit der Unterscheidung im Bereich der Daseinsvorsorge auch deutlich M. Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 79. Zur Austauschbarkeit beider Ordnungen in europarechtlicher Perspektive W. Skouris, Der Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die Unterscheidung zwischen Privatrecht und Öffentlichem Recht, EuR 1998, S. 11l ff. 561 E. Forsthoff Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 409. 562 Fleiner hat diese Bezeichnung in seinen Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1928, S. 326, erstmalig gewählt.

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rangig, Öffentliches und Privates Recht ergänzen sich im Bereich der Daseinsvorsorge gegenseitig563 . b) Die Austauschbarkeit der Organisations- und Handlungsformen

Entsprechend der Austauschbarkeit der Rechtsformen hat die Verwaltung bei der Gestaltung der Organisationsformen der Daseinsvorsorge die Wahl zwischen öffentlichem und privatem Recht564 • Eine Neuerung in Forsthoffs Lehrbuch ist insoweit der große Raum, den das Verwaltungsorganisationsrecht einnimmt. Im VI. Abschnitt werden dabei neben den klassischen Organisationsformen auch die privatrechtlichen Organisationsformen öffentlicher Verwaltung behandelt und damit in das System des Verwaltungsrechts integriert565 . Die Organisationsformen, in denen sich die Daseinsvorsorge vollzieht, können entsprechend der Wahlfreiheit der Verwaltung öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein. Als Organisationsformen in öffentlich-rechtlicher Form bietet sich dabei die öffentliche Anstalt als klassisches Rechtsinstitut der öffentlichen Verwaltung an. Als privatrechtliehe Formen öffentlicher Daseinsvorsorge kommen der Eigenbetrieb, aber auch Formen des Gesellschaftsrechts wie GmbH oder Aktiengesellschaft in Frage566 . Auch bei der Gestaltung der Leistungsverhältnisse hat die Verwaltung grundsätzlich die Wahl zwischen öffentlichem und privatem Recht. Erbringt die Verwaltung Leistungen der Daseinsvorsorge im Rahmen einer öffentlichen Anstalt, kann das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sein. Die Beurteilung der Benutzungsformen habe dabei vor allem vom erklärten Willen des Anstaltsträgers auszugehen567 . Gäbe es hingegen keine derartigen Anhaltspunkte, müsse die Gesamtordnung der Anstalt untersucht werden. Betreibe die Verwaltung die Leistung in privatrechtlichen Organisationsformen, sei notwendig auch das Leistungsverhältnis privatrechtlich. In diesen Fällen sei von einer privatrechtlichen Ausgestaltung durch Vertragsschluss auszugehen 568 . c) Strukturveränderungen für das öffentliche und das private Recht

An die Stelle der Unterscheidung durch die Rechtsform tritt damit die von der Verwaltung verfolgte Aufgabe. Dies verdeutlicht den bereits oben dargestellten un563 In der heutigen Diskussion wird auch von .. wechselseitigen Auffangordnungen" gesprochen, vgl. hierzu den Sammelband von W Hoffmann-RiemIE. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1996. 564 Zu den Grenzen des Wahlrechts vgl. W Rüjner; Daseinsvorsorge und soziale Sicherheit, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 2. Aufl. 1996, § 80 Rn. 59 ff. 565 E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 509 ff. 566 E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 412. 567 E. Forsthoff. Lehrbuch des VerwaItungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 412. 568 E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 413.

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dogmatischen Zugang der Forsthoffschen Methode: Aus der Feststellung, dass die Verwaltung sich im Bereich der Leistungsverwaltung sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich betätigt, zieht Forsthoff die Folgerung, dass diese Unterscheidung für die Stellung des Bürgers gegenüber der Verwaltung keine Rolle spielen kann. Das Verwaltungsrecht muss daher auch die privatrechtlichen Rechtsformen in sein System aufnehmen. Damit ergeben sich notwendig strukturelle Veränderungen für beide Handlungsformen. Die Systemidee des Privatrechts ist die Privatautonomie569 . Das Privatrecht geht grundsätzlich von gleichgeordneten Rechtssubjekten aus, die in freien Entscheidungen die Zwecke und Mittel ihrer Tätigkeit in den Grenzen des Rechts wählen können. Gegenüber dem Privatrecht ist im Öffentlichen Recht grundsätzlich der Staat der Akteur, der in hoheitlichen Entscheidungen Gemeinwohlbelange festlegen und verwirklichen soll. Nimmt die Verwaltung nun öffentliche Aufgaben in privatrechtlicher Form wahr, ist damit die Privatautonomie in Frage gestellt, es können die Regeln des Privatrechts nicht uneingeschränkt gelten. Auf der anderen Seite verliert im Bereich der Leistungsverwaltung das Öffentliche Recht weitgehend den Charakter des Hoheitlich-Subordinationsrechtlichen. Die Verwaltung begibt sich besonders im klassischen Fall der Daseinsvorsorge, bei den Versorgungsbetrieben, in die Sphäre des Bürgers. Die Angleichung öffentlich-rechtlicher Formen an zivilrechtliche Rechtsinstitute zeigt sich nach Forsthoff hierbei vor allem in der sinngemäßen Anwendung von Vorschriften des BGB auf Leistungsverhältnisse zwischen Staat und Bürger57o• Eine gegenseitige Verschränkung von öffentlichem und privatem Recht ist damit die Folge. d) Kooperationen zwischen Staat und Bürger

Die Verwaltung begibt sich damit zunehmend aus ihrem hoheitlichen Sonderstatus in den Bereich des privatwirtschaftlichen Verkehrs und damit in den Bereich der Kooperation. So tritt an die Stelle der "Anstaltsgewalt" die Koordination gleichrangiger Subjekte. Forsthoff hebt hervor, dass diese Kooperation ein grundlegend anderes Verhältnis des Staates zum Bürger bedingt571 : "Die Berührung des Einzelnen mit dem Staate aktualisiert sich nicht mehr in Einzelakten wie einer gelegentlichen Polizei verfügung oder einer einmaligen Erlaubniserteilung. Sie ist ein Dauerzustand. Damit verschieben sich die Aspekte grundsätzlich. Für den Einzelnen kommt es vielfach nicht mehr entscheidend darauf an, im einzelnen Falle, in dem ihm Unrecht geschieht, sein Recht zu erstreiten, sondern diesen Dauerzustand so reibungslos und vorteilhaft wie möglich zu gestalten. Je sozial mächtiger er ist, um so mehr Möglich569 Zuletzt c.-w Canaris, Verfassungs- und europarechtliche Aspekte der Vertragsfreiheit in der Privatrechtsgesellschaft, in: P. Badura (Hrsg.), Festschrift für P. Lerche, 1993, S. 875; E. Schmidt-Aßmann, Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 241. 570 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auf]. 1973, S. 409. 571 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Auf]. 1973, S. 73 f.

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keiten bieten sich ihm dafür, Möglichkeiten, die nicht mehr durch Einlegung von Rechtsmitteln, sondern im Verhandlungswege wahrgenommen werden. Man arrangiert sich nach den Regeln des do ut des. Die Verwaltung hat an solchen Arrangements ebenfalls Interesse, da sie, je mehr sie in das Sozialleben eingreift, auf eine Kooperation mit den Sozialfaktoren angewiesen ist."

Forsthoff hat mit diesen Ausführungen, die bereits in der ersten Auflage seines Lehrbuchs 1950 enthalten sind, wohl als erster Verwaltungsrechtslehrer die sozialen und rechtlichen Implikationen kooperativen Verwaltungshandelns dargelegt, drei Jahrzehnte, bevor der Begriff des ,,kooperativen Staates"572 bzw. des ,,kooperativen Rechts,,573 in der verwaltungsrechtlichen Literatur aufkam. Die Argumentation Forsthoffs erscheint aus Sicht eines Etatisten wie Forsthoff überraschend. Insoweit zeigt sich hier das gleiche Phänomen, das oben hinsichtlich Forsthoffs Würdigung des öffentlich-rechtlichen Vertrags angesprochen wurde: Während nach Forsthoffs staatsrechtlichem Verständnis, das von der Autorität des Staates und seiner Überordnung gegenüber der Gesellschaft ausgeht, für eine Kooperation von Verwaltung und Privaten auf gleicher Ebene eigentlich kein Platz sein sollte, eine Kooperation vielmehr dieser Theorie in ihrem Kern widerspricht, sieht Forsthoff im Bereich des Verwaltungsrechts in Kooperationen eine gebräuchliche und sinnvolle Praxis. Forsthoff erkennt die Zunahme von Kooperationen zwischen Staat und Bürger als notwendige Folge des gesellschaftlichen Wandels. Seine Dogmatik ist hier insofern der Wirklichkeit geschuldet. Demgegenüber steht im Bereich des Staatsrechts eine geradezu kontrafaktische Argumentation. Die verwaltungsrechtliche Argumentation erscheint mit dem von ihm vertretenen autoritären Staatsverständnis jedenfalls nur schwer vereinbar: Eine Einbindung privatrechtlicher Formen in das Verwaltungsrecht relativiert notwendig die Überordnung des Staates gegenüber der Gesellschaft, an der Forsthoff bis zuletzt festgehalten hat. e) Fragen des Rechtsschutzes im Bereich der Daseinsvorsorge Die Wandlungen im Bereich der Daseinsvorsorge führen Forsthoff notwendig zu einer veränderten Interpretation der öffentlichen Anstalt wie auch des mit ihr in enger Verbindung stehenden sogenannten "besonderen Gewaltverhältnisses". Forsthoff betont, dass der Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses mit der Hoheitsverwaltung als Eingriffsverwaltung wesensmäßig verbunden ist574 . Es lasse sich die "ganz andere Sachlogik der leistenden Verwaltung" jedoch nicht mit dem Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses vereinbaren, da es an einer "Gewalt" 572 Diese Bezeichnung prägte E.-H. Ritter, Der kooperative Staat, AöR 104 (1979), S. 389 ff. 573 Aus der kaum überschaubaren Literatur: N. Dose. Kooperatives Recht, Die Verwaltung 27 (1994), S. 91 ff.; N. DoseIR. Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, 1995; A. Benz. Kooperative Verwaltung, 1994. 574 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 130.

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in den dortigen Rechtsverhältnissen gerade fehle. Andererseits schließe das "von der rechtsstaatlichen Verfassung her festgelegte System der Freiheitssicherung durch Gewaltenteilung und Bindung der Verwaltung an das Gesetz ... auch den Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses mit logischer Zwangsläufigkeit" in sich ein575 • Aus diesem Grunde möchte Forsthoff nicht gänzlich auf diesen Begriff verzichten, er plädiert jedoch dafür, den Begriff den neuen Gegebenheiten anzupassen. Hier zeigt sich wieder, in wie starkem Maße Forsthoff dem von ihm konstatierten Antagonismus von Rechtsstaat und Sozialstaat folgt, nach dem die Rechtsformen der klassischen juristischen Methode zunächst einmal als systemimmanente Gegebenheiten erscheinen576 , um dann nach Lösungen zu suchen, um die modemen Verwaltungsformen innerhalb des hergebrachten Systems angemessen würdigen zu können. Forsthoff betont, dass der fehlende Rechtsschutz im besonderen Gewaltverhältnis im Bereich der Leistungsverwaltung eine bedenkliche Konsequenz "auf einem Gebiet von so handgreiflicher Wichtigkeit" ist und zu Kritik und Revision der überkommenen Theorie drängt577 . Er modifiziert daher den Begriff. Dabei setzt er am zentralen Anwendungsfall des besonderen Gewaltverhältnisses, der öffentlichen Anstalt, an 578 • Nach traditioneller Sicht sei die öffentliche Anstalt nicht durch Rechtssätze, sondern durch Verwaltungsvorschriften geprägt, die dem justiziellen Zugriff grundsätzlich entzogen sind. Für Forsthoff unterscheidet sich das besondere Gewaltverhältnis im Rahmen der öffentlichen Anstalt nun danach, ob Innenfunktionen oder Außenfunktionen vorlägen. Habe die Anstalt einen nach außen abgeschlossenen Bereich, wie im Falle der Universitäten, der Museen oder der Krankenhäuser, könne von einem besonderen Gewaltverhältnis im traditionellen Sinne gesprochen werden, da Innenfunktionen vorlägen. Daher seien die hier erlassenen Benutzungs- und Dienstvorschriften verwaltungsinterner Natur, es handele sich also um Verwaltungsvorschriften. Dies gelte auch noch für die Versicherungsanstalten der Sozialversicherung, die zwar keine sichtbare Abgeschlossenheit aufwiesen, es jedoch mit einem festen Personenkreis, den Versicherten, zu tun hätten. Auch in diesen Fällen seien die Dienstvorschriften daher interner Natur. Demgegenüber wende sich die Verwaltung bei den Versorgungsunternehmen der Daseinsvorsorge an die Allgemeinheit. Es sei daher nicht angängig, derartige "typische Außenfunktionen in Binnenfunktionen umzufingieren". Vorschriften in diesem Bereich müssten als Rechtssätze qualifiziert werden. Eine Rechtssatzgebundenheit der Verwaltung und damit ein Rechtsschutz des Einzelnen im Bereich dieser Außenfunktionen sei daher die Folge. Der Rechtssatzbegriff wird von Forsthoff demnach ausgedehnt auf einzelne Funktionen der Daseinsvorsorge im E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 130. Insofern ist die Kritik von H.-i. Hansen, Fachliche Weisung und materielles Gesetz, 1971, S. 118 f., zutreffend, allerdings bemüht sich der Autor zu wenig, sich mit Forsthoffs Argumentation auseinanderzusetzen. 577 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 130. 578 Im Folgenden E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 133 f. 575

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Rahmen der öffentlichen Anstalt und der Kategorie der Verwaltungsvorschriften entzogen. Hierdurch will Forsthoff verhindern, dass die Verwaltung nach ihrem Ermessen "in die unkontrollierbaren Bereiche verwaltungsinterner Regelungen durch Verwaltungsverordnungen" ausweicht, was dem in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutz widerspreche579 . Um eine Abgrenzung von Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften zu ermöglichen, müsse das Unterscheidungskriterium Innenverhältnis-Außenverhältnis allerdings um ein materielles Kriterium ergänzt werden, das sich am Rechtsschutz des Bürgers orientieren müsse580. Danach sei jede Norm, die dem "Rechtswert" diene, ein Rechtssatz. Ein derartiger "Rechtswert" liege vor, "wenn die Vemeinung dieser Eigenschaft dem vom Vollzug Betroffenen den Rechtsschutz vorenthalten würde". Die Normen hingegen, die lediglich technischen Zwecken der Verwaltung dienten, seien "verwaltungsinstruktioneller Natur". Forsthoff bemüht sich hier, in der Tendenz ähnlich wie zu gleicher Zeit Krüger581 und Bachof582, das als unbefriedigend empfundene Institut des besonderen Gewaltverhältnisses den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Forsthoff verwirft jedoch nicht gänzlich die Rechtsfigur des besonderen Gewaltverhältnisses, sondern versucht sie zugunsten des Rechtsschutzes vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge zu modifizieren. Wie wichtig Forsthoff im Übrigen das Festhalten am besonderen Gewaltverhältnis erscheint, zeigt seine scharfe Kritik am Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetzesvorbehalt im Strafvollzug583 . Ossenbühl nennt denn Forsthoffs Argumentation auch eine "konservativ-modifizierende Auffassung,,584, eine Bezeichnung, die manche Partien aus Forsthoffs Lehrbuch gut trifft. Charakteristisch ist Forsthoffs Begründung für diese Modifizierung der Kategorie des besonderen Gewaltverhältnisses: Nach Forsthoff hat der überkommene Rechtssatzbegriff seine Gültigkeit verloren, weil die ihn tragende Situation, der bürgerlich-liberale Rechtsstaat, nicht mehr besteht. Er weist demgegenüber auf die Daseinsvorsorge als neue Kategorie hin, die sich nicht in die Formen der hergebrachten Rechtsformen einfügen lasse, aber an Wichtigkeit dem klassischen Eingriff nicht nachstehe, da die Vorenthaltung lebensnotwendiger Versorgungsleistungen 579 Dass die Abgrenzung von Verwaltungsverordnungen und Rechtsverordnungen somit im Zeichen des Rechtsschutzes steht, bemerkt zutreffend F. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 126. 580 Im Folgenden E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 139 ff. 581 H. Krüger, Der Verwaltungsrechtsschutz im besonderen Gewaltverhältnis, NJW 1953, S. 1369 ff. 582 O. Bachof, Verwaltungsakt und innerdienstliche Weisung, in: Verfassung und Verwaltung, Festschrift für W. Laforet, 1952, S. 285 ff. 583 E. Forsthoff, Bemerkungen zur heutigen Situation der Verwaltung, in: Standorte im Zeitstrom, Festschrift für A. Gehlen, 1974, S. 45. 584 F. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 125.

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die Interessen des Einzelnen in gleicher Form beträfe wie der traditionelle Eingriff in Freiheit und Eigentum. Nicht überzeugend erscheint jedoch, aus dem Bereich der Daseinsvorsorge einzelne Gebiete von der Rechtssatzbindung auszuschließen. Dies führt zu einer je unterschiedlichen Behandlung der Daseinsvorsorgebereiche und ist damit dazu angetan, den ohnehin schwer abgrenzbaren Begriff weiter zu verunklaren. Auch ist Forsthoffs These dem grundsätzlichen Einwand ausgesetzt, dass das Rechtsschutzbedürfnis des Leistungsempfangers keine hinreichend trennscharfe Abgrenzung von Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften ermöglicht585 • Höchst ungewöhnlich und zweifelhaft ist diese Argumentation insofern, als vom Rechtsschutz ausgehend die Qualität einer Norm beurteilt wird586 . Die Argumentation zeigt wieder Forsthoffs Herangehensweise an die klassischen Rechtsinstitute. Er nähert sich den Rechtsformen behutsam und übernimmt die Grundsätze, die für die Funktionsfähigkeit des Systems seines Erachtens nach unerlässlich sind. In Bereichen jedoch, wo nach Forsthoffs Überzeugung die sozialen Veränderungen nach rechtsdogmatischen Konsequenzen verlangen, nimmt Forsthoff Modiflkationen der überkommenen Rechtsinstitute vor.

IV. Dogmatische Unterbilanz? Angesichts der äußerst progressiven Schriften zu den gesellschaftlichen Implikationen des Verwaltungsrechts und seinem methodischen Ansatz erscheinen Forsthoffs rechtsdogmatische Ausführungen im Rahmen seines Lehrbuchs erstaunlich traditionsgebunden. Forsthoff hat zwar vehement verwaltungsrechtliche Konsequenzen aus der wachsenden Bedeutung der Verwaltung im Sozialstaat gefordert S87 , aber diese geforderten Konsequenzen selbst nur unvollständig gezogen. So hat er das Verwaltungsrecht nur in Bezug auf die Daseinsvorsorge aufgabenbezogen dargestellt. Seine Forderung, das formale Verständnis der Verwaltung durch eine materiale Sichtweise zu ersetzen, flndet sich in seinem Lehrbuch nicht konsequent verwirklicht. Auch seine dualistische Konzeption des Verwaltungsrechts, die' Trennung in Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung, hat im Aufbau des Buchs keine Entsprechung. Badura führt diese mangelnde Folgerichtigkeit darauf zurück, dass Forsthoff das rechtsstaatliche Verwaltungsrecht mit dem Verwaltungsrecht der liberalen Epoche gleichsetztS88 . Diese Gleichsetzung entspricht So zutreffend F. Ossenbühl. Verwaltungs vorschriften und Grundgesetz, S. 128. Normalerweise ist es gerade anders herum: Rechtsschutz wird gewährt, wenn eine Rechtsnorm verletzt ist. Insoweit zutreffend G. Kampe, Verwaltungsvorschriften und Steuerprozeß, 1965, S. 175, der im Übrigen zum Teil ungerechtfertigte Kritik an Forsthoffs Argumentation übt. 587 Zitiert sei hier noch einmal: E. Forsthoff, Von den Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft, DR 1935, S. 398; ders .• Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 2 ff. 588 P. Badura. Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverwaltung, DÖV 1966, S. 631 f. 585

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tatsächlich Forsthoffs Grundverständnis vom Rechtsstaat, den er dem Sozialstaat schroff entgegenstellt589 . Dass sich Rechtsstaat und Sozialstaat im sozialen Rechtsstaat durchaus harmonisch vereinigen lassen, zeigen viele neuere Darstellungen des Verwaltungsrechts. Man hat fast den Eindruck, dass der von Forsthoff nachdrücklich festgehaltene Antagonismus von Rechts- und Sozialstaat bisweilen eine offenere Sichtweise geradezu verhindert. So äußert sich die Traditionsgebundenheit bei der Frage der Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte in einer konservativen Haltung, im Bereich des besonderen Gewaltverhältnisses andererseits in dem gewagten Versuch, traditionelle Rechtsformen neu zu interpretieren, dabei gleichzeitig aber in ihrem Kern zu bewahren590 . Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass in Forsthoffs Betrachtung auch der Rechtsschutz eine zentrale Rolle spielt, dem er, soweit möglich, im Sozialstaat zur Wirkung verhelfen möchte. Hier zeigt sich eine eher nüchterne Betrachtung der Gefahren, die der Sozialstaat für die Freiheit des Einzelnen mit sich bringen kann. Insofern hat hier das ,,restaurative" Festhalten am rechtsstaatlichen Formenkanon durchaus auch eine progressive Note. Es wäre jedoch ungerechtfertigt, Forsthoffs rechtsdogmatische Ausführungen insgesamt als retrospektiv einzustufen. So hat Forsthoff sein ureigenstes Thema, die Daseinsvorsorge, im Lehrbuch an verschiedensten Stellen immer wieder aufgegriffen und diesem Gebiet einen breiten eigenständigen Teil eingeräumt. Auch ist an Forsthoffs Darstellung neuerer Rechtsformen zu erinnern. Kann man dem Lehrbuch in manchen Bereichen eine gewisse dogmatische Unterbilanz nicht absprechen, so hat es doch die Verwaltungsrechtslehre der Bundesrepublik in jedem Falle nachhaltig geprägt. Bis zu seinem Tod erreichte es zehn Auflagen und war neben dem fünf Jahre später erschienen Lehrbuch von Hans Julius Wolff über drei Jahrzehnte das Standardwerk zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, das von Rechtsprechung und Literatur gleichermaßen stark rezipiert wurde. Neben der traditionellen Dogmatik enthält es - in teilweise monographischer Breite - Ausführungen zur sozialen Funktion der Verwaltung, die dem Leser das Verwaltungsrecht aus neuer Sicht näherbrachten. Wahrscheinlich war es gerade die durch solche soziologischen Exkurse bewirkte behutsame Öffnung und Weiterentwicklung der juristischen Methode unter den Gegebenheiten des Sozial staats, die den Erfolg des Werks begünstigten. Forsthoff zeigt sich im Lehrbuch letztlich als Vertreter zweier juristischer Stile: zum einen als hellsichtiger Verwaltungswissenschaftler, zum anderen als traditionsbewusster Verwaltungsrechtler.

Vgl. E. Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 52. P. Badura, Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der leistenden Verwaltung, DÖV 1966, S. 632. 589

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung im Staat der Industriegesellschaft I. Die Expansion der Technik 1. Die "technische Realisation" als neue Verwaltungsaufgabe in ForsthotTs Werk

In den sechziger Jahren rückt Forsthoff verstärkt ein neues Arbeitsfeld in das Blickfeld, aus dem seines Erachtens die bestimmende Aufgabe des Staates und damit auch der Verwaltung in der Zukunft erwachsen wird: die Expansion der Technik. Eine intensivere Diskussion über die Risiken der Technik begann erst relativ spät. Lange Zeit galt technischer Fortschritt als grundsätzlich begrüßenswert591 . Die Diskussion setzte in der Bundesrepublik verstärkt erst in den siebziger Jahren ein. Allerdings gab es bereits vorher Autoren, die sich mit den Gefahren der Technik auseinandergesetzt hatten. Insbesondere einem gewissen Fortschrittspessimismus anhängende Schriftsteller versuchten, die Entwicklung der Technik in größere geschichtsphilosophische Zusammenhänge zu stellen. Neben Georg Friedrich jünger ist hier Martin Heidegger zu nennen 592 . Auch earl Schmitt widmete sich diesen Fragen in einigen Schriften593 • Forsthoff ist allerdings einer der ersten Juristen, der mit seiner Darstellung vom Wesen der Technik auf die Schwierigkeiten ihrer juristischen Bewältigung hingewiesen hat594 . 1965 veröffentlicht Forsthoff zwei Aufsätze, die sich erstmals mit Fragen des "technisch bedingten Strukturwandels" befassen595 . In den folgenden Jahren finden sich verschiedene Arbeiten, die das Problem der Technik mitbehandeln596 . 591 Siehe dazu D. Murswiek, Die SIaatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, 1985, S. 38, mit dem Hinweis, dass Technikkritiker wie Friedrich Georg Jünger (Die Perfektion der Technik, 1946) als ,,Reaktionäre" kaum Beachtung fanden. 592 M. Heidegger; Die Frage nach der Technik (1949), in: ders., Vorträge und Aufsätze, 8. Aufl. 1998, S. 13 ff. 593 C. Schmitt, Nachwort zu: Staat als ein konkreter, an eine geschichtliche Epoche gebundener Begriff, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954,2. Aufl. 1985, S. 385; ders., Der Nomos der Erde, 3. Aufl. 1988, S. 20. 594 Als frühen, aus heutiger Sicht "visionären" rechtswissenschaftlichen Beitrag zum Umweltrecht nennt M. Kloepfer; Umweltrecht, 1. Aufl. 1989, S. 10, H. Westermanns bereits 1958 erschienene Studie "Welche Maßnahmen zur Luftreinhaltung und zur Verbesserung des Nachbarrechts sind erforderlich?". 595 E. Forsthoff, Technisch bedingte Strukturwandlungen des modemen SIaates, in: H. Freyer (Hrsg.), Technik im technischen ZeiIalter, 1965, S. 211 ff.; ders., RechtssIaat und modeme Industriegesellschaft, in: Staat und Gesellschaft, 2. Fortbildungswoche der Freien und HansesIadt Hamburg, hrsg. v. Senat, 1965, S. 5 ff. 596 Forsthoffwidmet sich den Auswirkungen der Technik auf die Struktur der Verwaltung erstmals eingehend in der neunten Auflage seines Lehrbuchs der Verwaltung, 1966, S. 72 ff.,

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

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Dieser neue Ansatz erhält seine letzte Ausprägung im 1970 veröffentlichten Aufsatz "Von der sozialen zur technischen Realisation" sowie in zwei Kapiteln des Spätwerks "Der Staat der Industriegesellschaft", die in weiten Teilen im Wortlaut mit vorgenanntem Aufsatz identisch sind. Hier wird die technische Entwicklung dann als "technische Realisation" bezeichnet. 2. "Von der sozialen zur technischen Realisation"

Für Forsthoff ist die "technische Realisation" nach der "sozialen Realisation" die zweite große geschichtliche Entwicklung des 20. Jahrhunderts. Beide hätten ihre Ursache in der industriell-technischen Entwicklung der Gesellschaft597 . Die soziale Realisation, das heißt die Veränderung der öffentlichen Zustände unter sozialen Gesichtspunkten, sei die Antwort auf die soziale Frage gewesen. Deren Charakteristikum hatte Forsthoff bereits in der Schrift "Die Verwaltung als Leistungsträger" im Jahre 1938 mit dem "Verlust des beherrschten Lebensraums" umschrieben (s. o. 2. Teil A. I. 3.). Wahrend die soziale Realisation die bestimmende Kraft gesellschaftlicher Veränderungen bis weit in das 20. Jahrhundert gewesen sei598 , sei der Motor gesellschaftlich-politischer Umgestaltungen nunmehr die zunehmende Entwicklung der Technik. Und während die "soziale Realisation" zu "einem gewissen Abschluß" gekommen sei599 , stelle sich nun als zukünftiges und weit prekäreres staatsrechtliches und verwaltungsrechtliches Problem die Frage nach dem Verhältnis des Staates zur Technik600 • Die technische Entwicklung schreite unaufhörlich voran und stelle den Staat und seine Organe vor ganz neue, von der Rechtswissenschaft bisher unbeachtete Fragen. Forsthoffs staats- und verwaltungsaufgabenbezogenes Denken geht mit dieser neuen Fragestellung einen wichtigen Schritt weiter. Die von Forsthoff herausgevgl. auch E. Forsthoff, Technischer Prozeß und politische Ordnung, Studium generale 22 (1969), S. 852. 597 E. Forsthoff, Von der sozialen zur technischen Realisation, Der Staat 9 (1970), S. 145; ders., Der Staat der Industriegesellschaft, S. 31 ff. 598 Noch 1961 betonte Forsthoff, dass die soziale Bewegung die stärkste innenpolitische Potenz sei, vgl. E. Forsthoff, Zur Problematik der Verfassungsauslegung, S. 153. 599 Kritisch insoweit P. Häberle. Retrospektive Staats(rechts)lehre oder realistische Gesellschaftslehre?, ZHR 136 (1972), S. 427: Solange es sozialen Wandel und Innovation gebe, werde soziale Realisation nicht aufhören. Dies ist zwar zutreffend, doch ist Forsthoff insofern beizupflichten, als der politisch-gesellschaftliche Wandel hin zum Sozialstaat zum Zeitpunkt der genannten Veröffentlichungen weitgehend abgeschlossen war. So beklagte Forsthoffbereits in dem Aufsatz: Hat der Staat noch Autorität?, Christ und Welt 1955, Nr. 46, S. 8, einen ,,Immobilismus der Daseinsverhältnisse" bzw. der gesamten Innenpolitik. Dieser Immobilismus wird auch heute noch festgestellt. 600 Dass insbesondere das Thema Umweltschutz erst in Gesellschaften diskutiert wird, in denen die soziale Frage kein Massenproblem mehr darstellt, dass somit die soziale der technischen Realisation insofern vorausgeht, ist ein weltweit zu beobachtendes Phänomen. Zutreffend M. Kloepfer; Umweltrecht, 1. Aufl. 1989, S. 5.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

arbeiteten, die jeweilige historische Epoche bestimmenden Verwaltungsaufgaben lassen sich nun in einer drei stufigen Entwicklung verfolgen. War die rechtsstaatliche Freiheitsgewähr das bestimmende Anliegen des Staates im 19. Jahrhundert, ist im beginnenden 20. Jahrhundert die sozialstaaliche Aufgabe der Daseinsvorsorge ergänzend hinzugetreten. Im Zentrum des staatlichen Aufgabenfeldes der Zukunft steht schließlich die Bändigung der technischen Entwicklung durch Staat und Verwaltung. Die Staats- und Verwaltungsaufgaben kennzeichnen damit in historischer Perspektive jeweils Schwerpunkte der Problemlagen einer Epoche. Diese Betrachtungsweise wird in letzter Zeit weitergeführt, indem, wie bereits oben erwähnt, wieder verstärkt an Staatszweck- und -aufgabenlehren angeknüpft wird601 . Dabei wird die Entwicklung in einer Forsthoffs Analyse ähnlichen Weise von der inneren Sicherheit im Polizeistaat, der Freiheit im bürgerlichen Rechtsstaat, der sozialen Gerechtigkeit im Sozialstaat bis hin zur Bewältigung der Technik im Umweltstaat beschrieben602 . Eine derartige staatstypologische Darstellung hat insofern einen nicht zu unterschätzenden heuristischen Wert603 , als sie historische Veränderungen der Staatsstruktur und damit veränderte Aufgabenschwerpunkte innerhalb der Verwaltung deutlich machen kann604. Forsthoffs Ausführungen zur Technik haben vornehmlich den Staat als Garanten der gesellschaftlichen Freiheit und als Antipoden der technischen Entwicklung im Auge. Die Verwaltung wird nicht explizit als maßgebliches Steuerungssubjekt bezeichnet. Doch machen Forsthoffs Ansichten zur Stellung und Bedeutung der Verwaltung und zum Staat des 20. Jahrhunderts als "Verwaltungsstaat" deutlich, dass er die neuen Aufgaben des Staates in erster Linie der Verwaltung übertragen wissen will605 . Die Entwicklung der Verwaltungsrechtswissenschaft nach Forsthoffs Tod bestätigt seine Einschätzung der Technik als vorrangige Verwaltungsaufgabe: Das Umwelt- und Technikverwaltungsrecht wuchs in den letzten Jahrzehnten zu einer umfangreichen eigenständigen Materie an, wobei sich die Verwaltungsrechtswissenschaft über das Verhältnis des Staates und seiner Verwaltung zur Technik Klarheit verschaffen musste606 • S. o. 2. Teil A. I. 5. Vgl. R. Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: J. J. Hesse, Staatswissenschaften - eine vergessene Disziplin oder eine Herausforderung?, 1990, S. 29. Zur Problematik solcher Staatsbilder vgl. A. Voßkuhle, Der "Dienstleistungsstaat", Der Staat 40 (2001), S. 495 ff. Voßkuhle, S. 508 f., hebt als Nutzen von Staatsbildem die Verständigungsfunktion, die Erklärungs- und Deutungsfunktion, die Leitbild- und Orientierungsfunktion, die Analysefunktion sowie die Politikfunktion hervor. 603 A. Voßkuhle, Der "Dienstleistungsstaat", Der Staat 40 (2001), S. 511. 604 Zur Kritik an einer genealogischen Interpretation der Staatsaufgaben allerdings bereits oben 2. Teil A. I. 5. 605 So zutreffend I. Staff, Die Wahrung staatlicher Ordnung, Leviathan 1987, S. 141, S. 151 ff.; I. Maus, Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus, S. 71. 606 Vgl. nur J. Ipsen/D. Murswiek/B. Schlink, Die Bewältigung der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung durch das Verwaltungsrecht, VVDStRL 48 (1990), S. 177 ff., S. 207 ff. und S. 235 ff. 601

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D. Zukunftsaufgaben der Vetwaltung

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3. Die Technik als stärkste innenpolitische Potenz Forsthoff bietet keine Definition der Technik an607 • Er setzt den Begriff der Technik voraus, den er im weiten umgangssprachlichen Sinne versteht608 , um von dort aus ihr Wesen zu bestimmen. Dabei ist seine Herangehensweise, insofern typisch für Forsthoffs methodisches Vorgehen, keine juristische, sondern eine soziologisch-philosophische. Für Forsthoff ist die Technik im Verlauf des 20. Jahrhunderts zur stärksten innenpolitischen Potenz geworden. Zwar habe bereits das 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung gewaltige technische Neuerungen wie Eisenbahnen und Fernmeldewesen erlebt, doch habe das 20. Jahrhundert eine derartige Beschleunigung dieses Entwicklungsprozesses erfahren, dass der technische Prozess gesellschaftlich und politisch prädominant geworden sei609 • Die. Technik ist für Forsthoff ein eigenständiges und präzedenzloses Phänomen. Aus diesem Grunde verhalte sie sich gegenüber gesellschaftlichen Fragen indifferent61O • Forsthoff wendet sich hier vehement gegen die marxistische Deutung der Technik von den Produktionsverhältnissen her611 • Die Technik könne vielmehr nur technische, nicht soziale oder politische Probleme lösen. Da ihre Leistungen jedoch eine gesellschaftliche und politische Ausstrahlung hätten, verändere die Technik gesellschaftliche Verhältnisse, ohne für die damit einhergehenden Fragen eine Lösung anzubieten. Die Technik erledige diese Probleme vielmehr durch "Überholung,,612, woraus wieder neue Fragen und Probleme entstünden. Aus dieser Analyse folgert Forsthoff, dass sich die Technik lediglich um ihrer selbst willen entwickelt. Daher sei sie notwendig inhuman. Die gesellschaftsverändernde Macht der Technik zeige sich darin, dass sie nicht nur vorhandene menschliche Bedürfnisse befriedige, sondern darüber hinaus fortwährend neue Bedürfnisse wecke, die so stark seien, dass ihnen die Befriedigung nicht versagt werden könne. So hätten weder die Erfindung des Autos, noch die des Flugzeugs, des Films, des Rundfunks oder des Fernsehens vorhandene Bedürfnisse befriedigt. Sie hätten vielmehr erst die Bedürfnisse nach dem Besitz oder der Benutzung dieser Lebensgüter wach607 Über die Schwierigkeiten einer Definition und die Notwendigkeit des konkreten Sachzusammenhangs für die Bestimmung der "Technik" D. Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 71 ff. 608 Das Historische Wörterbuch der Philosophie, 1998, S. 940, spricht verallgemeinernd von Technik als einer Bezeichnung für "das Ganze des maschinell! instrumentell Verfügbaren". 609 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 33. 610 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 33 f. 611 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 36, stimmt G. F. Jünger; Die Perfektion der Technik, 5. Aufl. 1968, S. 208 ff., in dessen Einschätzung zu, Marx habe das Wesen der Technik nicht begriffen. Hierzu kritisch W Euchner; Ernst Forsthoff: Der Staat der Industriegesellschaft, AöR 99 (1973), S. 181. 612 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 34.

10 Schülte

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

gerufen, wodurch dann die ökonomischen Voraussetzungen für ihre serienmäßige Realisation entstanden seien613 . Nicht nur, was gebraucht werde, rege die Herstellung technischer Produkte an, sondern was machbar sei, werde angeboten und erzeuge Wünsche. So entstehe ein bisher nicht gekanntes Machtpotential der Anbieter technischer Leistungen; der Mensch verliere hierdurch schließlich die Freiheit der Entscheidung über seine Zwecke und Ziele. Diesem Zwang unterliege letztlich auch der Staat, der sich den Eigengesetzlichkeiten der Technik anpassen und sein Recht auf die technische Entwicklung einstellen müsse. Die Affinität der Technik zur Macht zeigt sich nach Forsthoff traditionell in der militärischen Bedeutung der Technik für Waffen wesen und Kriegsführung. Doch werde der Machtcharakter der Technik in der modernen Welt zunehmend auch im gesellschaftlichen Bereich sichtbar, wo er sich in "Monopolismus, Marktbeherrschung und Manipulation" ausdrücke614 . Die Gefahren der Technik erwiesen sich auch und besonders handgreiflich in der Umweltzerstörung615 . Hiermit hat Forsthoff schon frühzeitig eines der zentralen Problemfelder moderner Verwaltung angesprochen. Hat die Technik derartig weitreichende gesellschaftliche und politische Auswirkungen, stellt sich die Frage, wie sich der Staat diesem Phänomen gegenüber verhalten soll. Forsthoff unterscheidet hier drei denkbare Möglichkeiten616 : Erstens:

Der Staat identifiziert sich mit der Technik, er macht sich selbst zum Förderer des technischen Prozesses.

Zweitens: Der Staat bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen die technische Realisation vonstatten gehen soll. Drittens: Der Staat lässt der technischen Entwicklung freien Lauf. Er beschränkt sich auf seine überkommenen Aufgaben, die er nach Maßgabe der durch die Technik geschaffenen Notwendigkeiten wahrnimmt. Der Staat wäre dann "eine Komplementärfunktion der Industriegesellschaft" . Eine Identifikation des Staates mit der Technik sieht Forsthoff in den kommunistischen Staaten sowie im Bereich der Raumfahrt- und Atomtechnik in den USA 617. Eine solche Identifikation habe jedoch notwendig den Verlust der Freiheit des Einzelnen zur Folge. Forsthoffs Option ist die zweite Möglichkeit. Damit sich der 613 Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 34, verweist hierzu auf einen Aufsatz von K. Hübner, Von der Intentionalität der Technik, in: Sprache im technischen Zeitalter, Heft 25, Januar/März 1968, S. 27 ff. 614 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 34. 615 Forsthoffs Betonung der mit der Technik einhergehenden Gefahren findet sich später in U. Becks Schrift: Die Risikogesellschaft, 1986, worauf zutreffend T. Vesting, Technische Realisation und politische Ordnung, 1990, S. 10, aufmerksam gemacht hat. 616 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 42. 617 E. Forsthoff, Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, S. 33 f., unter Hinweis auf den Fall Oppenheimer.

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

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Staat nicht von der technischen Entwicklung vereinnahmen lasse, müsse er als Hüter der Ordnung den Rahmen bestimmen, innerhalb dessen die technische Realisation vonstatten gehen S01l618. Forsthoff konstatiert allerdings mit Sorge, dass der seiner Meinung nach weitgehend autoritäts- und machtlose Staat der Bundesrepublik der dritten beschriebenen Möglichkeit bedenklich nahekommt. Wahrend der Staat gegenüber der sozialen Entwicklung noch seine Steuerungsfähigkeit unter Beweis habe stellen können, drohe er nunmehr von der technischen Entwicklung überrollt und zu ihrem Werkzeug gemacht zu werden. Ein Beispiel ist für Forsthoff, dass der Staat die Kontrolle über die Technik vielfach nichtstaatlichen Vereinigungen überlasse, deren technische Normen und Gutachten er rezipiere619 . Der Beginn der gentechnischen Forschung läute ein weiteres, noch vollkommen unabsehbares Problem ein, in dem sich zeigen müsse, ob der Staat die Hoheit über die Interessen des Menschen behalte62o • 4. Die Umweltzerstörung als Beispiel für die Risiken der Technik

Am Beispiel des Umweltschutzes begründet Forsthoff, weshalb nur der Staat in der Lage sein könne, den Gefahren der Technik vorzusorgen621 • So stehe der Umweltschutz als Zukunftsproblem den Anforderungen der Daseinsvorsorge nicht nach, da die sich rasant entwickelnde Industrie mit ihrer technischen Expansion die Umwelt zu zerstören drohe. Dementsprechend werde die Forderung nach Reinhaltung der Gewässer und der Luft seit Jahren erhoben und liege auch im Interesse aller. Daher müsste nach demokratischen Grundsätzen die Realisationschance dieses Interesses besonders hoch sein. Indem jedoch die Allgemeinheit keinen gesellschaftlichen Vertreter habe, der sich für die Realisation ihrer Ziele, in diesem Fall für die Bewahrung einer sauberen Umwelt, einsetze, gerate sie gegenüber den straff organisierten Interessenvertretern der Wirtschaft ins Hintertreffen. Damit sei das demokratische Prinzip ins Gegenteil verkehrt: Die Verwirklichungschancen eines Zieles erscheinen um so geringer, je allgemeiner das Interesse an seiner Verwirklichung ist. Sobald eine bestimmte Größe der Unterstützung eines Interesses überschritten werde, nehme der organisierte Widerstand des besonderen Gegeninteresses zu und verhindere das Allgemeininteresse. Gehe es schließlich um die Interessen von Jedermann, werde die Realisationschance äußerst gering, weil der Widerstand der organisierten Interessen eine besondere Breite und Intensität annehme 622 . E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 46. E. Forsthoff, Lehrbuch des VerwaItungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 75 ff. Hierzu unten S. 157 ff. 620 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 46. 621 Im Folgenden E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 119 ff. 622 Ähnlich bereits E. Forsthoff, Die Bundesrepublik Deutschland, S. 7; ders., Strukturwandlungen der modemen Demokratie, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 94 f. 618 619

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Damit sei der Gedanke der Demokratie ad absurdum geführt, was der undemokratischen und unsozialen Logik des pluralistischen Staates entspreche. Diese Argumentationsführung wurde von Volker Neumann als "Forsthoff'sche Regel" bezeichnet623 . Forsthoff weist hier in eindringlicher Weise auf das Problem der Organisierbarkeit von Interessen hin. Er kommt dabei zu ähnlichen Ergebnissen wie Mancur Olson624 oder auch Claus Offe, der in einer wenig später erschienenen Arbeit aus politikwissenschaftlicher Perspektive feststellt, dass "Lebensbedürfnisse, die nicht klar abgrenzbaren Status- und Funktionsgruppen, sondern der Gesamtheit der Individuen zugeordnet sind" nur schwer oder überhaupt nicht organisierbar seien625 . Allerdings zeigen sich in der Argumentation auch verschiedene für Forsthoff typische Muster. Auffallig ist der kritische Impetus der Argumentation, der hier mit der in der Schmitt-Tradition stehenden Pluralismuskritik verbunden ist. Dass die pluralistische Demokratie nur besonderen, nicht allgemeinen Interessen eine Verwirklichungschance lässt, hat Schmitt bereits in der Weimarer Zeit betont626 . In der Schrift "Der Staat der Industriegesellschaft" erneuert Forsthoff diese Position durch eine Kritik am Verbändestaat. Wahrend die Verbände in der Weimarer Zeit "immerhin" noch als "irreguläre Teilhaber am politischen Geschehen" gegolten hätten, hätte sich in der Bundesrepublik die Gesellschaft über die Verbände des Staates bemächtigt627 . Die Verbände hätten eine derartig starke Assoziationskraft, dass sie ihre Interessen auf Kosten der Allgemeinheit durchsetzten. Demgegenüber sei es eigentlich Aufgabe des Staates, die Interessen zu verwirklichen, die allen Staatsbürgern gemeinsam seien, und dies notfalls gegen den Widerstand der organisierten Interessen. Die staatliche Realität sehe jedoch anders aus. Der weitgehend autoritätslose Staat der Bundesrepublik sei gezwungen, seine Macht mit den organisierten gesellschaftlichen Kräften zu teilen. Damit sei gewissermaßen eine parakonstitutionelle Verfassungslage eingetreten628 • Die Technik führe darüberhinaus zu einer umfassenden Rationalisierung aller Lebensbereiche und damit auch zu einem Abbau geistiger Gehalte. Der Staat werde damit letztlich zu einem Funktionsorgan der Gesellschaft "ohne politische Potenz" und Autorität. Demgegenüber erinnert Forsthoff an die Funktion des Staates als einer sittlichen Institution, die berufen sei, auch dem "assoziationslosen Jedermann" zur Seite zu stehen. Forsthoffs Kritik führt so letztlich zu der Forderung nach einer Rekonstruktion echter Staatlichkeit629 . 623 V. Neumann. Der harte Weg zum sanften Ziel, in: A. Roßnagel/P. Czajka (Hrsg.). Recht und Technik im Spannungsfeld der Kemenergiekontroverse. 1984, S. 95. 624 M. Olson, Die Logik des kollektiven HandeIns, 1968 (deutsche Übersetzung der 1965 erschienenen Schrift). 625 C. Offe, Das pluralistische System von organisierten Interessen, in: H. J. Varain (Hrsg.), Interessenverbände in Deutschland, 1973, S. 368 ff. 626 C. Schmitt. Der Hüter der Verfassung, 3. Aufl. 1995, S. 73 ff. 627 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 119. 628 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 123 f.

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

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5. Technikbestimmung durch Technikkritik? Forsthoffs Analyse der Technik zeichnet sich durch eine eigenartige Mischung aus analytischem Scharfsinn und konservativem Kulturpessimismus aus. So ist hier neben der innovativen Erkenntnis neuer Staats- und Verwaltungsaufgaben eine gewisse Verfallsideologie unverkennbar63o . Die Darstellung der Technik durch Forsthoff ist zunächst durch ihre negativen Konnotationen gekennzeichnet. Sie ist vor allem Technikkritik. Forsthoffs Technikbeschreibung soll in einigen Grundzügen auf ihre Stimmigkeit überprüft werden. Ob Forsthoffs Bild vom Wesen der Technik wirklich den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, erscheint in mehreren Punkten zweifelhaft631 . So ist im Rückblick auf Forsthoffs Darstellung der gesellschaftlichen Voraussetzungen der Daseinsvorsorge und auf seine soziologische Herangehensweise an dieses Phänomen auffällig, dass die Entwicklung der Technik demgegenüber weitgehend unabhängig vom gesellschaftlichen Wandel verlaufen so1l632. Der industriell-technische Prozess erscheint bei Forsthoff als etwas schicksalhaft Vorgegebenes, das sich außerhalb der sozialen Entwicklung abspielt633 . Diese Argumentation spart die gesellschaftliche Bedingtheit der Technik aus und ist aus diesem Grunde nicht überzeugend. Historische, kulturelle und auch wirtschaftliche Faktoren bleiben in Forsthoffs Darstellung außen vor. Wissen und Wissenschaft haben den technischen Fortschritt jedoch erst möglich gemacht634 . Der technische Prozess ereignet sich also in der Gesellschaft. Die Frage wäre daher dahingehend zu stellen, warum die Gesellschaft aus sich heraus die technische Entwicklung trotz ihrer offenkundigen Gefahren vorantreibt. Aus diesem Grunde erscheint auch Forsthoffs These, dass die Technik vorrangig Bedürfnisse wecke, ebenfalls nur bedingt zutreffend. Es 629 l. Staff, Die Wahrung staatlicher Ordnung, Leviathan 1987, S. 141 ff., stellt Carl Schrnitts und Forsthoffs Werke einander gegenüber, die beide als ein Versuch der Bewahrung staatlicher Ordnung gegenüber dem technologischen Staat zu verstehen seien. 630 Die Verfallsideologie als charakteristisches Element des Forsthoffschen (Spät-)Werks hebt zutreffend P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S. 688, hervor. 631 M. Ronellenfitsch, Die Bewältigung der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung durch das Verwaltungsrecht, DVBI. 1989, S. 855 Fn. 58, weist darauf hin, Carl Schmitt habe in Gesprächen geäußert, Forsthoff habe das Wesen der Technik verkannt. 632 Dies kritisiert zutreffend T. Vesting, Technische Realisation und politische Ordnung, S.12. 633 Dies erinnert an die Philosophie Heideggers, den Forsthoff zwar nicht ausdrücklich zitiert, dessen philosophische Deutung der Technik diese jedoch ebenfalls nicht als Ergebnis menschlichen Handeins begreift, sondern als eine geschichtliche Gestalt, ein "Geschick". Zu der Technik als ,,mythisches Subjekt" bei Forsthoff zutreffend W. Euchner; Ernst Forsthoff: Der Staat der Industriegesellschaft, AöR 99 (1973), S. 181; ebenso R. Saage, Konservatismus und Faschismus, in: ders., Rückkehr zum starken Staat?, 1983, S. 196. 634 U. Beck, Die Risikogesellschaft, S. 254, hat zu Recht betont, dass Wissen und Wissenschaft gleichzeitig immer auch auf die Folgen ihrer Erkenntnisse reagieren müssen.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

dürften vielfach latent vorhandene Bedürfnisse sein, die die Technik befriedigt635 • Die Erfindung von Eisenbahnen und Automobil zum Beispiel hat nicht nur ein Bedürfnis geweckt, entferntere Ziele schneller und bequemer erreichen zu können, sondern ist auch dem Wunsch begegnet, den "effektiven" Lebensraum zu vergrößern. Um gesellschaftliche Kräfte in ihren Bann ziehen zu können, muss die Technik geradezu Bedürfnisse befriedigen, sonst hätte sie nicht die von Forsthoff herausgestellte Macht. Überdies bedient die Vervollkommnung der Technik ein gesellschaftliches Bedürfnis nach Innovation, mag das Objekt der Innovation im Einzelnen auch noch nicht konkretisiert sein. Für Forsthoff führt die Technik hingegen ein Eigenleben, sie wird weniger durch gesellschaftliche Veränderungen bestimmt, als dass sie selbst gesellschaftlichen Wandel hervorruft. Diese isolierte Betrachtung der Technik lässt zwangsläufig nach der nichtgesellschaftlichen Instanz rufen, die in der Lage erscheint, der technischen Expansion Grenzen zu ziehen. Dies kann nach Forsthoffs Prämissen nur der Staat sein. In dieser Argumentation lassen sich Parallelen zu der Herleitung der Daseinsvorsorge ziehen: Dort ging es um die Herausarbeitung der Daseinsvorsorge als Staatsaufgabe. Forsthoff erstellte dort eine Realanalyse, die ein politisch-soziales Problem aufzeigte, um dann zuletzt den Staat als für die Problemlösung zuständig zu erklären. Ähnlich verfahrt Forsthoff bei der Beurteilung der technischen Realisation, bei der der Staat als letztes Mittel gegen die unaufhörlich voranschreitende Expansion ins Feld geführt wird. Mögliche gesellschaftliche Konfliktlösungspotentiale werden dabei unzureichend in Erwägung gezogen. Demgegenüber zeigt gerade die Entwicklung des Umweltschutzes in der Bundesrepublik nach Forsthoffs Tod, dass sich Verbände und Bürgerinitiaven durchaus in wirksamer Weise der Aufgabe Umweltschutz annehmen können 636 . Gegen die These, dass der Umweltschutz keinen gesellschaftlichen Patron hat637 , sprechen so die vielfaItigen Umweltschutzorganisationen, aber auch diejenigen Gruppen, die den Umweltschutz aus wirtschaftlichen Eigeninteressen propagieren, von den Vertretern der Umweltindustrie bis hin zu den durch Umweltschäden Betroffenen638 . Forsthoff erscheint hier seinem Staatsbild allzusehr verhaftet. Die Skepsis gegenüber den Verbänden verrät Forsthoffs grundsätzliche Ablehnung pluralistischer Erscheinungen in der Politik, von der bereits oben die Rede war. Möglichkeiten kooperativer Aufgabenbewältigung werden als Problemlösungsalternativen nicht diskutiert. So müsste die These vom Staat als "Hüter" des technischen Fortschritts nicht zwangsläufig heißen, gesellschaftlichen Verbänden, Bürgerinitiativen oder 635 Vgl. auch M. Ronellenfttsch, Die Bewältigung der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung durch das Verwaltungsrecht, DVBI. 1989, S. 855. 636 So zutreffend mit Bezug auf Forsthoff V. Neumann, Der harte Weg zum sanften Ziel, S. 95; R. Saage, Konservatismus und Faschismus, in: ders., Rückkehr zum starken Staat?, 1983, S. 197. 637 So in Anlehnung an Forsthoff auch R. Breuer, Wirksamer Umweltschutz durch Refonn des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrechts, NJW 1978, S. 1558 ff. 638 Vgl. nur M. Kloepfer, Umweltrecht, 1. Auf!. 1989, S. 6.

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Parteien jegliche Bedeutung abzusprechen. Gesellschaftliche Vereinigungen können, wie gezeigt, durchaus Allgemeinwohlbelange vertreten639 , können dabei Kooperationen mit dem Staat eingehen (und tun dies auch in beträchtlicher Zahl), ohne dass der Staat dabei aufuören müsste, die Letztverantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen. Das von Forsthoff postulierte Entweder-Oder von Staat und gesellschaftlichen Trägem erscheint hier zu undifferenziert und auch nach Forsthoffs eigener Interpretation des Staates der Bundesrepublik als ,,Funktion der Industriegesellschaft" realitätsfern. Zuletzt weckt die relativ schematische Unterscheidung von drei Varianten des Verhältnisses von Staat und Technik die Vermutung, dass es sich hierbei in der Regel um sich gegenseitig ausschließende Möglichkeiten handeln soll. Auch wenn Forsthoff selbst betont, dass Mischformen möglich sind und auch in der Staatspraxis vorkommen640, ist das für Forsthoffs Argumentationsführung charakteristische Element der Bildung von sich gegenüberstehenden Alternativen auch hier wieder auffällig. Ähnliche Argumentationsmuster finden sich bei der Gegenüberstellung von "beherrschtem" und "effektivem Lebensraum" sowie beim Dualismus von "Freiheit" und "Teilhabe". Neben dem heuristischen Wert, den derartige Unterscheidungen sicherlich haben, können dabei jedoch leicht mögliche Differenzierungen unberücksichtigt bleiben. So wäre denkbar, dass der Staat seine Identifikation mit der Technik dadurch zum Ausdruck bringt, dass er ihr freien Lauf lässt und diesen freien Lauf partiell unterstützt641 . Andererseits weist Ronellenfitsch zu Recht darauf hin, dass sich der Staat durchaus in einzelnen Bereichen mit der Technik identifizieren könne, in anderen Bereichen hingegen die Technik sich selbst überlassen und dennoch seinen Kontrollauftrag erfüllen könne. Die Folge muss jedenfalls nicht zwangsläufig ein unkontrollierbares Anwachsen der Staatsgewalt oder eine Überantwortung der Staatsgewalt an die Technik sein642 • Forsthoffs Position in eine Debatte über die Gefahren der Technik für das politische Gemeinwesen einzuordnen, fällt nicht leicht. Forsthoff selbst zitiert in seinen genannten Schriften nur wenige Autoren, auf die er sich bezieht. Dieser Umstand ist allerdings für zahlreiche Arbeiten Forsthoffs charakteristisch. Forsthoff bevorzugt vor allem in seinen späten Schriften die Rolle des Außenseiters und des an der allgemeinen aktuellen Diskussion Unbeteiligten643 . Dennoch lassen sich ver639 Allerdings ist bei aller berechtigten Kritik an Forsthoffs Position zu bedenken, dass die große Zeit der "UmweItbewegung" erst einige Jahre nach Forsthoffs Tod einsetzte. 640 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 44, führt als Beispiel die USA an, die sich trotz ihrer freiheitlichen Verfassung im Bereich der Luft- und Raumfahrt mit der Technik identifizierten. 641 So kritisch gegenüber Forsthoff und m. E. zutreffend D. Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 59 Fn. 104. 642 M. Ronellenfitsch, Die Bewältigung der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung durch das VerwaItungsrecht, DVBI. 1989, S. 855. 643 So merkt W v. Simson, Der Staat II (1972), S. 51, zu Recht an, dass die berühmte Schrift 1. K. Galbraiths über den ,,New Industrial State", die sich mit den technisch ver-

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

schiedene Bezüge des Forsthoffschen Technikverständnisses zu anderen Autoren feststellen. So bestehen Parallelen zu Technikkritikern wie Georg Friedrich Jünger644 und Hans Freyer645 • Beide Autoren betonen in ihren Werken, dass die Technik den Abbau geistiger Gehalte beschleunige und die menschliche Freiheit beeinträchtige. Ebenso sind Berührungspunkte mit Helmut Schelsky646 und Martin Heidegger647 erkennbar. Die spezifisch konservative Kulturkritik dieser Autoren schwingt auch in Forsthoffs Ausführungen mit. Als Forsthoffs Verdienst ist es anzusehen, das Problem der Technik in die staatsund verwaltungsrechtliche Diskussion eingeführt und die Bewältigung des technischen Fortschritts als Staats- und Verwaltungsaufgabe herausgearbeitet zu haben. Selbst wenn man Forsthoff nicht in allen Einzelheiten zustimmen möchte, ist die Frage nach dem Wesen des technischen Fortschritts, seinen Gefahren und den Möglichkeiten seiner Bewältigung weiterhin eine Zukunftsfrage, die in heutiger Zeit bei der Debatte um die Gentechnik wieder besonders aktuell geworden ist.

ll. Die Struktur der Verwaltung im sozialen und industriell-technischen Zeitalter Die tiefgreifenden Wandlungen von Funktion und Aufgabe der Verwaltung im Staat der Industriegesellschaft beeinflussen nach Forsthoff notwendig auch die personelle und organisatorische Beschaffenheit der Verwaltung und verändern somit ihre Struktur. Forsthoff behandelte Fragen zur Soziologie der Verwaltung schon in der ersten Auflage seines Lehrbuchs. Hier untersuchte er erstmals Personal und Organisation der Verwaltung unter den veränderten Bedingungen des Sozialstaats. In den folgenden Jahren trat dann die Frage nach der Rolle des Juristen in der gewandelten Verwaltung verstärkt in den Vordergrund. In den letzten Auflagen seines Lehrbuchs verbanden sich diese Ansätze mit der Frage nach der Beeinflussung der Verwaltung durch die technische Entwicklung.

ursachten Verlängerungen der Kausalitätsabläufe ins Unbekannte hinein und damit mit dem Problem der Entscheidungstindung im technischen Staat befasst, keine eingehendere Erwähnung findet. Forsthoff bezieht sich an einer anderen Stelle allerdings auf den von Galbraith geprägten Begriff der "Technostruktur", vgl E. Forsthoff, Zur heutigen Situation einer Verfassungslehre, in: ders, Rechtsstaat im Wandel, 2. Auf!. 1976, S. 210. 644 F. G. Jünger, Die Perfektion der Technik, 5. Auf!. 1968. 645 H. Freyer, Gedanken zur Industriegesellschaft, 1970, S. 131 ff.; ders., Der Ernst des Fortschritts, in, ders.: Technik im technischen Zeitalter, 1965, S. 80 ff. 646 H. Schelsky. Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation, in: ders., Auf der Suche nach Wirklichkeit, 1979, S. 449 ff., S. 469. 647 S. o. Fn. 592.

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

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1. Die personeUe Struktur der Verwaltung

Bei seinen Ausführungen zum Wandel der personellen Struktur der Verwaltung geht Forsthoff von dem Bild aus, das die Verwaltung des bürgerlichen Rechtsstaats auszeichnete, um anschließend festzustellen, dass die Verwaltung des Sozialstaats ein verändertes Gesicht hat. Der Gedankengang liegt also parallel zu Forsthoffs Ausführungen zu Aufgabe und Methode der Verwaltung: Forsthoff liefert zunächst den traditionellen Befund, um diesen Befund dann mit der veränderten Wirklichkeit zu vergleichen und das Neue der Entwicklung darzustellen. a) Die Verwaltung des bürgerlichen Rechtsstaats als ]uristenverwaltung

Forsthoff beschreibt zunächst die personelle Struktur der Verwaltung im bürgerlichen Rechtsstaat. Bis in das 20. Jahrhundert habe hier der akademisch ausgebildete Jurist das Bild der Verwaltung maßgeblich geprägt. Dieses Juristenprivileg648 entsprang dem Bedürfnis der Verwaltung nach einem wissenschaftlich vorgebildeten Beamtentum649• Die vom Juristen bestimmte Verwaltung habe im 19. Jahrhundert ihre große Zeit gehabt65o • Die Besetzung der Verwaltung mit Juristen entsprach dabei in besonderer Weise den Anforderungen der damals von der Verwaltung zu bewältigenden Aufgaben. Diese bestanden im Zeitalter des bürgerlichen Rechtsstaats noch zum großen Teil in ordnungswahrender Tatigkeit (s. o. 2. Teil A. I. 1.). Für diese Form von Verwaltung erschien ein auf Gesetzessubsumtion spezialisiertes und auf persönliche Neutralität ausgerichtetes Beamtenturn besonders gut geeignet651 • Diese Feststellung verbindet Forsthoff mit einer Darstellung der seiner Ansicht nach idealtypischen Eigenarten des Juristen652 : ,,(Denn) der Jurist ist weder Eroberer, noch Reformer, noch Sozialgestalter, sondern Ordner von Lebensverhältnissen und auch das in einem besonderen Sinne. Er bringt zu seinem Beruf mit die Neutralität; er ist nicht der Anwalt einer Sache ...Ihm ist der Sinn für die Versachlichung eigen, der er persönliche Überzeugungen unterordnet. Er weiß sich der Ordnung verbunden, wie sie durch Recht und Gesetz geformt ist, und er kennt schließlich die große Bedeutung, die dem geordneten Verfahren, dem audiatur et altera pars, zukommt. Alles das sind Fähigkeiten und Eigenschaften, die dem Juristen unter den Voraussetzungen, die im 19. Jahrhundert bestanden, und in jedem Rechtsstaat eine natürliche Überlegenheit sichern oder sichern sollten." 648 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Auf!. 1976, S. 227. Zum Juristenprivileg in der Verwaltung des 19. Jahrhunderts vgl. auch M. Sto/leis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland n, S. 230 f.; G. F. Schuppen, Staatswissenschaft, S.439. 649 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 228. 650 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 228. 651 H. Bleek, Von der Kameralausbildung zum Juristenprivileg, 1972, S. 301. 652 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 228.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Mit den gesellschaftlichen Wandlungen des 20. Jahrhunderts habe sich diese klassische Form der JuristenveIWaltung jedoch grundlegend verändert. b) Die Verwaltung des Sozialstaats alsfachmännische Verwaltung

Forsthoff stellt nun fest, dass die industriell-technische Entwicklung mit dem Wandel der VeIWaltungsaufgaben auch zu einer Veränderung der personellen Struktur der VeIWaltung geführt hat. In dieser neuen VeIWaltung spielt der Jurist nicht mehr die Rolle, die er noch im Staat des 19. Jahrhunderts spielen durfte. Dass das Juristenmonopol im Sozialstaat im Abbau begriffen ist, hat nach Forsthoff verschiedene Gründe. Eine Ursache ist für ihn die bereits in der Weimarer Zeit unter dem Schlagwort "parteipolitische Zersetzung des Beamtenturns" vieldiskutierte Einflussnahme der Parteien auf die Ämterbesetzungen653 . Dieser Grund ist jedoch für Forsthoff nicht ausschlaggebend. Er hebt demgegenüber eine allgemeine, mit der Herausbildung der industriellen Gesellschaft einhergehende soziologische Entwicklung hervor: Der Staat sah sich im 20. Jahrhundert zu eigenständiger Sozialgestaltung veranlasst, womit die Anforderungen, die die VeIWaltung an ihr Personal zu stellen hatte, andere wurden. Auf der einen Seite nahmen nun massenhaft technische VeIWaltungsvorgänge zu, für die der rechtswissenschaftlich ausgebildete Beamte nicht benötigt wurde 654 . Insbesondere in der LeistungsveIWaltung wurde der Beamte dementsprechend zunehmend durch den "VeIWaltungsfunktionär", einen Angestellten, ersetzt655 , in der FinanzveIWaltung und SozialveIWaltung fanden Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes ihren Platz656 . Auf der anderen Seite kam es vermehrt auf das "sachrichtige Handeln nach den Erfordernissen des jeweiligen Sozialbereichs" an, weshalb es in wesentlich höherem Maße eines "spezifischen Fachwissens" bedurfte657 . Die mit der industriell-technischen Entwicklung einhergehende Spezialisierung und Ausdifferenzierung aller gesellschaftlichen Arbeitsbereiche führte daher zu einer zunehmenden Arbeitsteilung, die sich in ständiger Vermehrung von Fachressorts äußerte, Fachwissen wurde in komplizierten VeIWaltungsmaterien unabdingbar. So hatte in der SchulveIWaltung der Pädagoge, in der GesundheitsveIWaltung der Mediziner, in der BauveIWaltung der Techniker seinen Platz gefunden. Der allgemeinen gesellschaftlichen Tendenz nach Spezialisierung war nach Forsthoff damit auch die VeIWaltung unteIWorfen658 . 653 E. Forsthoff, Der Jurist in der industriellen Gesellschaft, in: ders., Rechtsstaat im Wandel, 2. Aufl. 1976, S. 240. 654 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 36., vgl. hierzu auch H. J. Wolff/O. Bachoj/R. Stobe" Verwaltungsrecht 11,5. Aut]. 1987, S. 475. 655 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 36. 656 E. Forsthoff, Der Jurist in der industriellen Gesellschaft, S. 234. 657 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 229. 658 Über das Problem der durch die Spezialisierung gefahrdeten Homogenität der Verwaltung vgl. auch R. Mayntz. Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 3. Aufl. 1985, S. 178 ff.; H. J. Wolff/O. BachoJl R. Stobe" Verwaltungsrecht 11,5. Aufl. 1987, S. 475.

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Dies führt dazu, dass auch im Bereich der Verwaltung der Fachmann Einzug hält. Der Fachmann ist der neuen Struktur der Verwaltung sogar in besonderer Weise adäquat: Mit seinem Drang nach Perfektion ist er ein Zögling des technischen Fortschritts, der technischen Realisation. Im Gegensatz zum Juristen, der gegenüber modemen Erscheinungen der Ordnung verhaftet und im Hinblick auf Innovationen und zukünftige Ziele leidenschaftslos ist, zeichnet sich der Fachmann durch "engagiertes Fachwissen" aus659 : "Der Verwaltungsbeamte, der die Motivation seines HandeJns einem Fachwissen entnimmt, wird - bewußt oder unbewußt - im Sinne seiner Perfektionsvorstellungen engagiert sein. Er wird sein Bestreben darauf richten, einem Perfektionszustande so nahe wie möglich zu kommen. Und da es die Eigenart solcher Perfektionszustände ist, nicht realisierbar zu sein, wird ein solcher Beamter immer auf dem Wege nach Neuem und Besserem sein. Das immer und notwendig engagierte Fachwissen kennt keine Ruhelagen".

Damit sei die fachmännische Verwaltung im Gegensatz zur traditionellen Verwaltung immer "optimalistisch". Mit diesem Fachmann vermag der Jurist mit seiner lediglich rechtswissenschaftlichen Schulung nicht zu konkurrieren. Da er nicht über derart spezifisches Fachwissen verfügt, fehlt ihm auch das für den Fachmann charakteristische Engagement in der Sache. Er hat jedoch "gewiß eher als der Fachmann die Fähigkeit für die Einschätzung des richtigen Zeitpunktes für staatliches Handeln, auf die es oft nicht weniger ankommt als auf die richtige Einsicht in die Sache selbst." Für die neue Struktur der Verwaltung würden diese Eigenschaften des Juristen jedoch "nicht nur als überflüssig, sondern als lästig empfunden,,660. In den Worten Forsthoffs661 : ,,(Aber) in dem Maße, in dem der fachmännische Geist seinen Einzug in die Verwaltung hielt, wurde der Jurist zu jener sonderbaren Figur, die sich, ohne über fachmännisches Wissen zu verfugen, alles zutraut."

Der Jurist werde so zum "lästigen Juristen", der wegen der Spezialisierung der Fachbereiche letztlich auf die ihm eigene Spezialrolle des Justitiars zurückgedrängt wird und sich auf die ,juristische Unfallverhütung" beschränkt sieht662 • Schließlich finde der Jurist am Ende in der dritten Gewalt sein eigentliches Refugium663 . Forsthoff begrüßt diesen Wandel in der personellen Struktur der Verwaltung nicht, er trauert seinem Bild von der überkommenen Verwaltung nach. Das idealtypische Bild, das er vom Juristen zeichnet, stimmt für ihn mit den idealtypischen E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 229. E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 230. 661 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 111. 662 E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 110. 663 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 231; ders., Der Jurist in der industriellen Gesellschaft, S. 235, mit der resignativen Feststellung, dass der Richter der einzige Typus des Juristen der heutigen Zeit sei, um dessen neue Profilierung sich die Rechtsordnung bemüht zeige. 659

660

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

Merkmalen einer guten Verwaltung überein. Forsthoffs Abneigung gegenüber der modernen Verwaltung geht schließlich so weit, dass er sogar das Wort "Verwaltung" für die Tätigkeiten des Spezialisten in Frage stellt664 : ,,Es ist schließlich ein Streit um Worte, ob man die Verwaltung durch den engagierten Fachmann noch Verwaltung nennen will. Wichtig ist nur zu erkennen, daß sie jedenfalls eine ganz andere Art von Verwaltung ist als die, welche von Juristen getragen ist."

Forsthoff thematisiert als einer der ersten Staats- und Verwaltungsrechtslehrer den personalen Aspekt des Verwaltungsrechts. Beeinflusst erscheint Forsthoff dabei auch von der Staatssoziologie Max Webers, nach der die rationale Herrschaft des neuzeitlichen Staates nicht mehr in der Autorität von Personen, sondern in einer bürokratischen, in Kompetenzbereiche untergliederten Hierarchie von Fachleuten wurzelt665 . Bahnbrechend in der juristischen Literatur ist vor allem Forsthoffs Fragestellung nach der Eigenart des Juristen und seiner Aufgabe und Funktion in Staat und Verwaltung. Die Rolle des Juristen sieht Forsthoff im Wandel: Der Jurist werde aus der Verwaltung herausgedrängt, weil er nach seiner fachlichen Ausrichtung dem Bild der modernen Verwaltung nicht mehr entspräche. Forsthoffs Analyse der personalen Verwaltungstruktur gehört zu den für den Juristen eindringlichsten Passagen seines Werks. Dennoch ist Forsthoff nicht in jeder Hinsicht zuzustimmen. Zunächst ist das Bild, das Forsthoff von der Stellung des Juristen in der modernen Verwaltung zeichnet, zu relativieren 666 . So ist darauf hinzuweisen, dass der Jurist bereits in früheren Zeiten durchaus als "lästig" empfunden wurde 667 . Despektierliche Äußerungen über die Juristenzunft ziehen sich durch die Geschichte wie ein roter Faden668 . Ein weitergehender Einwand ist, dass entgegen Forsthoffs Darstellung nach wie vor der Jurist in der Verwaltung eine relativ privilegierte Stellung einnimmt, in der Realität von einer Verdrängung des Juristen jedenfalls keine Rede sein kann669 . So finden sich "Fachmänner" relativ selten in Führungspositionen oder in Positionen außerhalb des jeweiligen fachlichen Sonderbereichs67o • Gerade in den höheren Verwaltungsebenen besitzen Juristen offenbar E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 230. M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl. 1972, S. 125 ff. 666 E. Forsthoff, Der lästige Jurist, S. 230, bezeichnet seine Darstellung allerdings selbst als idealtypisch. 667 H. Schneider, Der gefährdete Jurist, in: Festschrift für E. Forsthoff zum 70. Geburtstag, 1. Auf]. 1972, S. 347 ff. 668 H. Schneider, Der gefährdete Jurist, S. 348, unter Verweis auf Franz Wieacker. 669 Vgl. die Studie von H.-U. Derlien/R . Mayntz. Einstellungen der politisch-administrativen Elite des Bundes 1987, 1988, S. 52, nach der eine Dominanz von Juristen in der Bundesrepublik und geradezu eine MonopolsteIlung von Juristen in der Landesverwaltung zu beobachten ist. 670 K. König. Der Verwaltungsstaat in Deutschland, VerwArch 88 (1997), S. 552, verweist auch auf die gründliche Rechtsausbildung des gehobenen Dienstes. 664 665

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

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nach wie vor die besseren Voraussetzungen gegenüber ,,reinen" Fachleuten671 . Voraussichtlich wird der Jurist auch in Zukunft gerade die herausgehobenen Posten der Verwaltung unter anderem aus den Gründen besetzen, die Forsthoff als Eigentümlichkeit beziehungsweise als Schwäche des Juristen darstellt672 • So bedarf eine gute Verwaltung neben Spezialisten eben immer auch Generalisten673 • Weiter stellt sich die Frage, ob die Charakterisierung des Juristentypus auch auf den Verwaltungsjuristen zutrifft. Forsthoff beschreibt den Juristen als einen überzeitlichen Typus. Dass sich Selbstverständnis und geistige Eigenart gerade des Juristen jedoch im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung verändern mussten, kommt bei Forsthoff zu wenig zur Geltung674 • Die These, dass der Jurist nicht Sozialgestalter sein könne, widerspricht im Übrigen geradezu Forsthoffs Beschreibung der Verwaltung als Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse, in der ja Forsthoff dem Juristen durchaus seinen Platz zuweisen möchte. Will der Jurist die neuen Aufgaben, die sich der Verwaltung stellen, bewältigen, muss er sogar sozialgestaltend tätig werden. Auch das statische Denken, das dem Juristen nach Forsthoff eigen ist und das in Maßen auf manche Juristen zutreffen mag, sollte nicht soweit gehen, dass er den Anschluss an die jeweilige Wirklichkeit verliert. Gerade Forsthoff hat diesen Anschluss an die Wirklichkeit in seinem wissenschaftlichen Werk gesucht. Der Jurist erscheint im Übrigen durch die sich ständig ändernden Normen sogar in besonders hohem Maße von der Zeit beeinflusst. Forsthoffs Argumentation zum Fachmann in der Verwaltung geht teilweise parallel mit seinen Ausftihrungen zur technischen Realisation. Wie die Technik immer neue Lösungen vorschlägt, strebt auch der Fachmann nach immer Neuem und Besserem. Der Fachmann ist somit Adept der technischen Realisation. Forsthoff konstatiert den personellen Wandel als notwendige Folge der industriell-technischen Entwicklung.

671 G. F. Schuppert. Verwaltungswissenschaft. S. 693. nennt als Gründe hierfür, dass die öffentliche Verwaltung auch heute noch vor allem Rechtsregeln handhabende Verwaltung ist. Des Weiteren weist er auf die allgemeine Verrechtlichung des politischen Diskurses hin. R. Mayntz. Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 3. Aufl. 1985, S. 150, nennt vor allem die Sozialisierungsleistung der juristischen Ausbildung als ausschlaggebend dafiir, dass sich in der Verwaltung vor allem Juristen gut zurechtfinden. 672 Nach G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 690, hat das Jurastudium als Sprungbrett für eine höhere Verwaltungslaufbahn eher zugenommen. 673 K. König. Verwaltungsstaat im Übergang, 1999, S. 40. 674 Dass der Jurist durchaus auch ,,Reformer" sein kann, stellt zutreffend heraus P. Häberle. Zum Staatsdenken Ernst Forsthoffs, ZSR 95 (1976), S. 488. Gerade im Bereich der Gesetzgebung, die auch durch die Rechtswissenschaft beeinflusst wird, sind reformerische Fähigkeiten des Juristen notwendig.

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

2. Das Problem des (fehlenden) Sachwissens und das Problem der Verantwortung Im Staat der technischen Realisation entsteht für die Verwaltung das Problem, mit der industriell-technischen Entwicklung schrittzuhalten. Hat die Verwaltung noch im 19. Jahrhundert große technische Anforderungen wie die Entwicklung von Post, Eisenbahn, Telephon und Telegraphie weitgehend selbst bewältigen können und auch im frühen 20. Jahrhundert Straßenbau und Wasserwirtschaft unter eigener Regie besorgt675 , steht sie in der weiteren Entwicklung vor immer größeren technischen Herausforderungen. Damit ist die Frage der Bewältigung auch der zukünftigen technischen Aufgaben durch die Verwaltung gestellt. Zunächst bedarf die Verwaltung zur Steigerung ihrer Effektivität selbst der Errungenschaften der Technik676 . Daher werden Verwaltungsmiuel und ihre Beschaffung zum Erfordernis eines modemen Verwaltungshandeins. Forsthoff tritt daher für eine verstärkte Beschäftigung mit dem Phänomen "Staat als Auftraggeber" ein677 . Die Verwaltung benötigt jedoch im Zuge der rasanten technischen Realisation auch immer stärker spezialisiertes Fachwissen. Forsthoff stellt nun die Frage, wie sich die Verwaltung das erforderliche Fachwissen verfügbar machen kann. Die erste Möglichkeit bestehe darin, die Verwaltung mit Fachleuten in denjenigen Bereichen zu besetzen, die ein spezifisches technisches Wissen erfordern678 . Eine solche Personalpolitik entspräche der Struktur der modemen Verwaltung als fachmännischer Verwaltung und sei in großem Umfang realisiert worden, wie das Schwinden des Juristen gegenüber dem Fachmann bezeuge. Eine derartige fachmännische Verwaltung gäbe der Verwaltung die Hoheit über die technische Bewältigung der neuen Verwaltungsaufgaben. Forsthoff stellt allerdings fest, dass sich die Verwaltung in vielen Bereichen zunehmend der Fachkompetenz begeben habe. Damit musste die Verwaltung sich der zweiten Möglichkeit der Beschaffung von Fachwissen bedienen: Sie musste sich Fachwissen außerhalb ihrer Organisation verfügbar machen. Als frühes Bespiel nennt Forsthoff die in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gegründeten Dampfkesselüberwachungsvereine, deren Aufgaben in der Folgezeit auf zahlreiche weitere technische Einrichtungen erstreckt worden sind. Forsthoff erwähnt des Weiteren die Überwachung von Anlagen gemäß § 24 GewO, die Aufstellung von Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 708 Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz durch Experten technischer Organisationen sowie das Energiewirtschaftsgesetz, das vorsieht, dass für die ordnungsgemäße Herstellung von elektrischen Energieanlagen und Energieverbrauchsgeräten die Bestimmungen des Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE) gelten sollen679 • 675 676 677

678 679

E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 75. E. Forsthoff. Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 57. E. Forsthoff. Der Staat als Auftraggeber, 1963, S. 21. Im Folgenden E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 75. E. Forsthoff. Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 75.

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

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Die Problematik dieser Regelungen besteht nun für Forsthoff darin, dass die von den Experten erarbeiteten Bestimmungen automatisch in verbindliches staatliches Recht umgesetzt würden. Selbst auf einem Gebiet wie dem Umweltschutz, das mittlerweile von großem politischen Gewicht sei, verlasse sich der Staat auf Fachwissen, das von Experten außerhalb der Verwaltung beschafft würde. Forsthoff verweist hierbei auf die TA-Luft, die von einer Kommission des Vereins Deutscher Ingenieure erarbeitet worden ist und von den Gewerbeämtern im Genehmigungsverfahren zugrundegelegt wird68o. Der Staat habe seine Kompetenz damit in wichtigen Feldern auf private Organisationen übertragen. Damit habe sich aber die Verwaltung auch der Möglichkeit eigenständiger Verantwortung für ihre Aufgabenerfüllung begeben681 • Forsthoff beurteilt diese Entwicklung skeptisch. Eine Verwaltung, die sich Fachwissen außerhalb ihrer Organisation dienstbar machen müsse, könne nur ein viel begrenzteres Maß an Sachverantwortung tragen als die Verwaltung herkömmlicher Art682 • Soweit die Verwaltung Fachleute innerhalb ihrer Organisation beschäftige, fielen Sachwissen und Sachverantwortung zusammen. Insofern handele es sich um Verwaltungshandeln im traditionellen Sinne, lediglich die personelle Struktur der Verwaltung sei dabei den neuen technischen Gegebenheiten angepasst. Hole sich allerdings die Verwaltung durch Beratergremien oder Gutachter Sachwissen von außen heran, fielen Sachwissen und Sachverantwortung auseinander. Damit ist nach Forsthoff eine für die Verwaltung neue Situation entstanden, nämlich dass der, der verantwortlich entscheidet, kein Sachwissen besitzt, hingegen der, der über Sachwissen verfügt, "außerhalb realisierbarer Verantwortung" steht683 • Forsthoff spricht mit den Fragen der Expertifizierung684 und der Verantwortung 685 zentrale Probleme moderner technischer Verwaltung an 686 • Er betrachtet 680 681

682

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 75. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 76. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 76.

683 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 77. Forsthoff hat dies bereits angedeutet in seinem Aufsatz: Strukturwandlungen der Demokratie, S. 97. 684 Vgl. hierzu E.-H. Ritter, Organisationswandel durch Expertifizierung und Privatisierung im Ordnungs- und Planungsrecht, in: E. Schmidt-Aßmann/W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, S. 207 ff. 685 Zum verwaltungsrechtlichen Verantwortungsbegriff eingehend A. Voßkuhle, Gesetzgeberische Regulierungsstrategien der Verantwortungsteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor, S. 52 ff. Zur Verwaltungsverantwortung vgl. auch R. Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren. Strukturprobleme und Entwicklungsperspektiven eines konsensualen Verwaltungsrechts, 1990; G. F. Schuppen, Verwaltungswissenschaft, S. 400 ff. Eine erste aufgabenbezogene Typologie der Verwaltungsverantwortung hat bereits in den siebziger Jahren E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, VVDStRL 34 (1976), S. 232 ff., vorgelegt. 686 Forsthoff folgend bereits W. Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 292. Vgl. aus jüngerer Zeit hierzu H.-C. Röhl, Staatliche Verantwortung in Kooperationsstrukturen, Die Verwaltung 29

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2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

die neue Situation illusionslos: Es sei keine Lösung, dass sich die Vetwaltung das technische Fachwissen lediglich in Form von Ratschlägen und Empfehlungen verschaffe, die letzte Entscheidung über die technische Frage sich jedoch selbst vorbehalte. Dass ein Sachverständigengutachten keine Entscheidung bedeute, möge zwar formaljuristisch zutreffen. Doch würde es ,jeder Lebenserfahrung widersprechen, zu glauben, daß mit der Erstattung des Gutachtens deshalb noch nichts geschehen sei, weil es der Behörde freistehe, ob sie sich an das Gutachten halten wolle,,687. So habe sich die Vetwaltung mit der Anforderung des Gutachtens im Grunde bereits der eigenverantwortlichen Entscheidung begeben. Die Tragweite dieser Entwicklung ist für Forsthoff kaum abzuschätzen 688 : "Mit ihm (dem von außen herangezogenen Fachmann) ergreifen neuartige Strukturelemente von der Verwaltung Besitz, die sie der rechtsstaatlichen Ordnung, ja der demokratisch-parlamentarischen Verfassungsordnung entziehen, denn auch diese setzt die Vereinigung von Verantwortung und Sachwissen in der Verwaltung voraus."

Forsthoffs Ausführungen zum Wandel der Vetwaltungsstruktur führen eindringlich das Problem der Verantwortung der Vetwaltung in einer technischen Welt vor Augen, in der die Vetwaltung weder über ausreichendes Fachwissen noch über hinreichende Informationen verfügt. Dass dieses Problem die gesamte Staatlichkeit, also Justiz und Gesetzgebung ebenfalls, betrifft, deutet Forsthoff an. Trotz der schon festgestellten Fortschrittsskepsis, die in der Analyse zum Vorschein kommt, zeichnen die zitierten Passagen ein klares Bild der modemen Vetwaltungsrealität. Forsthoff belässt es allerdings bei seiner Realanalyse, er bietet keine Lösungen des Problems an: Seiner Ansicht nach ist die Problematik unlösbar689 . Auch hier zeigt sich die Stärke von Forsthoffs Werk demnach weniger in der Lösung als im Anreißen von Problemen moderner Vetwaltung 690 . Das Problem der Sachverantwortung und der Verantworungsfähigkeit wird heute besonders im Bereich des Umwelt- und Technikrechts vielfach diskutiert691 . Auch die aktuelle Steuerungsdebatte beschäftigt sich mit dem Thema, indem sie mit der (1996), S. 497 ff.; M. Burgi, Privat vorbereitete Verwaltungsentscheidungen und staatliche Strukturschaffungspflicht, Die Verwaltung 33 (2000), S. 183 ff. 687 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 77. 688 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 78. 689 E. Forstlwff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 77, schreibt: "Dieser Schwierigkeit ist nicht abzuhelfen." 690 P. Häberle, Lebende Verwaltung trotz überlebter Verfassung?, JZ 1975, S. 687, spricht anschaulich von einer ,,Art Wünschelrute" mit der Forsthoff virulente Probleme erkenne und in die Diskussion einführe. 691 Grundlegend D. Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, 1985. Vgl. auch G. Lübbe-Wolff, Verfassungsrechtliche Fragen der Normsetzung und Normkonkretisierung im Umweltrecht, Zeitschrift für Gesetzgebung 6 (1991), S. 233. Ferner die Beiträge bei K. Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsteilung im Umweltrecht, 1997; A. Voßkuhle. Gesetzgeberische Regulierungsstrategien der Verantwortungsteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor, S. 69.

D. Zukunfts aufgaben der Verwaltung

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Frage nach der Verantwortungsfähigkeit gleichzeitig die Frage nach der Steuerungsfähigkeit der Verwaltung stellt. So kommt beispielsweise Christoph Gusy in einer jüngeren Veröffentlichung zu einem Ergebnis, das von der Analyse Forsthoffs nicht weit entfernt ist692 : ,,Mit dem Rückzug des Staates aus einzelnen Fachaufgaben schwindet zunächst die Nähe der öffentlichen Hand zu den maßgeblichen Informationen. Es fehlt die unmittelbare Kenntnis der maßgeblichen Informationen durch Behördentätigkeit ,vor Ort'. Vielmehr werden die staatlichen Stellen in immer stärkerem Maße auf Informationsüberrnittlungsvorgänge, Meßergebnisse oder Gutachten angewiesen. Mit der Sachnähe schwindet bei den staatlichen Behörden dann aber auch der Sachverstand. Das mag bei relativ etablierten Techno1ogien wie Dampfkesseln vertretbar sein. Problematisch wird dies aber bei innovativen Anlagen, Verfahren oder Produkten etwa im Arzneimittelsektor, bei der Nahrungsmittel- und der Gentechnologie. Sachferne und Informationsrückstand führen geradezu zwangsläufig zu Steuerungsabstinenz und Vollzugsdefiziten. "

Diese scheinbare Unlösbarkeit des Problems ruft nach alternativen Konfliktlösungen. So wird in der heutigen Verwaltungsreformdiskussion vielfach nach kooperativen Lösungsstrategien gesucht. Zu bedenken ist hierbei allerdings, dass das Problem der Verantwortung mit dem Schlagwort "Kooperation" nicht aus der Welt geschafft ist. So würde eine "kooperative Verantwortung" die Frage nach der Letztverantwortung umgehen693 • Der richtige Ansatzpunkt scheint hier in einer sinnvollen Abschichtung von Verantwortungsbereichen zu liegen. Dementsprechend wird das Problem heute verstärkt unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungsteilung von öffentlichem und privatem Sektor diskutiert694 . Allerdings würde staatliche (Mit-) Verantwortung wieder auch staatliche Handlungsfähigkeit voraussetzen695 • Das Problem des fehlenden staatlichen Fachwissens in Fragen der Technik ist jedenfalls ein bleibendes Problem.

692 C. Gusy, Der Wandel präventiver Schutzgewährung in der staatlichen Finanzkrise, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, 1998, S. 192. 693 Dies umschreibt J. Pietzcker, Mitverantwortung des Staates, Verantwortung des Bürgers, JZ 1985, S. 209, mit dem Hinweis, dass meist ..geteilte Verantwortung unklare Verantwortung" bedeutet. M. Kloepfer; Umweltrecht, 1. Aufl. 1989, S. 94, spricht deshalb auch im Hinblick auf das Kooperationsprinzip im Umweltrecht von der Notwendigkeit einer ..ergänzenden Absicherung durch einen handlungsfähigen und -bereiten Staat". 694 Vgl. hierzu G. F. Schuppert, Jenseits von Privatisierung und .. schlankem" Staat: Vorüberlegungen zu einern Konzept von Staatsentlastung durch Verantwortungsteilung, in: C. Gusy (Hrsg.) Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien - Grenzen - Folgen, 1998, S. 72 ff.; H.-H. Trute, Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privatem Sektor; A. Voßkuhle, Gesetzgeberische Regulierungsstrategien der Verantwortungsteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor, S. 47 ff. 695 C. Gusy, Der Wandel präventiver Schutzgewährung in der staatlichen Finanzkrise, S. 193 f.; G. F. Schuppert. Verwaltungswissenschaft. S. 451.

11 Schütte

162

2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

3. Die Assimilation der Verwaltung an den Betrieb Durch die veränderten Aufgaben der Verwaltung ändert die Verwaltung neben der personellen Struktur auch ihre Organisationsstruktur. Dies hat für Forsthoff zunächst Konsequenzen für die allgemeine Charakterisierung des Organisationsrechts. So habe noch die Verwaltungssoziologie Max Webers die Verwaltungsorganisation als formalisiert, zentralisiert und hierarchisch strukturiert beschrieben. Dies würde jedoch der Realität der modernen Verwaltung nicht gerecht. Die moderne Verwaltung sei vielmehr, "von der Wirklichkeit her und nicht aus der Perspektive einer abgelebten Dogmatik gesehen, ein gewaltiger Arbeitsvorgang, und die Organisation, in der sie verlaßt ist, eine Arbeitsinstitution großen Stils,,696. Dass damit der traditionelle Charakter der Verwaltung in Frage gestellt ist, sieht Forsthoff, er verweist jedoch auf die Realität der Verwaltung697 : ..... tatsächlich wird die Sonderung der Staatsorganisation von privaten Organisationen, zumal der Wirtschaft, durch die Betonung des Arbeitscharakters stark relativiert. Diese Relativierung entspricht jedoch der Wirklichkeit".

Diese Strukturänderung äußert sich für Forsthoff vor allem in einer "Assimilation der Verwaltung an den Betrieb" ••B. Indem die Verwaltung Leistungsträger geworden sei, sei sie bereits "in die Reihe der produktiven Unternehmungen" eingetreten699 . Oben erwähnt wurde bereits Forsthoffs Feststellung, dass im Bereich der Leistungsverwaltung vielfach nicht mehr Beamte, sondern Angestellte tätig werden, die die standardisierten Verwaltungsvorgänge routinemäßig abwickeln. Mit dieser Wandlung verändere die Verwaltung ihr traditionelles Gesicht. Sie bewege sich damit tendenziell in den Bereich des Arbeitsrechts mit seinen Gegensätzen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Verwaltung greife so "in einen anderen sozialen Raum hinüber." Damit sei die Verwaltung "aus den herkömmlichen, durch Hoheit und Beamtenturn bezeichneten Grenzen hinausgewachsen" und habe sich in das "wirtschaftliche Produktionsleben hinein erstreckt,,700 mit der Folge der Angleichung ihrer Struktur an private Unternehmen701 . Diese strukturellen Veränderungen hätten notwendig das Fundament der Verwaltung ergriffen, zu denen das Beamtenturn gehöre702 . So sei mit dem Einzughalten des Fachmanns in 696

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 439.

697

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 439.

698

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 36.

E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 36. Hier klingt also bereits das Diktum vom Staat als "Dienstleistungsstaat" und der Verwaltung als ,,Dienstleister" an. Vgl. zu diesem Fragenkreis nur A. Voßkuhle, Der ..Dienstleistungsstaat", Der Staat 40 (2001), S. 495 ff., S. 511 ff. 700 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts 1,10. Aufl. 1973, S. 37. 701 Umgekehrt sei wiederum auch eine Assimilation des Wirtschaftsbetriebs an die Verwaltung zu erkennen, vgl. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 36 Fn. 3. 702 E. ForstllOff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 111. 699

D. Zukunftsaufgaben der Verwaltung

163

die Verwaltung der Unterschied zwischen der Beamtenstellung und dem "gesellschaftlichen Beruf' stark relativiert worden703 . Zwar habe das Grundgesetz das Beamtenturn in seiner herausgehobenen Stellung belassen704 . Doch die genannten Veränderungen hätten notwendig Einfluss auf das Beamtenturn gehabt und das Recht des öffentlichen Dienstes in Bewegung gebracht705 . Für Forsthoff ist der Auslöser für den Niedergang des Beamtenturns die Industriegesellschaft, in der der Beamte im traditionellen Sinne letztlich als Fremdkörper erscheint. Hier steht er zwischen dem Fachmann, der seine Entscheidungen aufgrund seines engagierten Fachwissens trifft und dem deshalb die den Beamten kennzeichnende persönliche Neutralität fehlt, und dem Verwaltungsangestellten, der keine eigenverantwortlichen Entscheidungen trifft und lediglich gesetzesvollziehend tätig wird. Die modeme Industriegesellschaft stellt daher insgesamt das Beamtentum als eine Institution, die nicht um des Erwerbs, sondern um des Dienstes am Staat willen tätig wird, in Frage. Für Forsthoff ist dennoch das Beamtenturn "das stärkste noch vorhandene Hindernis auf dem Wege zum Gewerkschaftsstaat"706. Hier zeigen sich deutlich Restpositionen der Kritik am Gewerkschaftsund Verbändestaat aus der Weimarer Zeit, die an anderer Stelle bereits zu bemerken waren (s. o. 2. Teil D. I. 4.). Forsthoff steht diesem Strukturwandel im Laufe der Jahre immer skeptischer gegenüber. Ist im Lehrbuch noch eine große Offenheit gegenüber den sozialen Wandlungen der Verwaltung erkennbar, weicht diese Offenheit in seinen letzten Schriften mehr und mehr der Resignation. Der Verfall des Beamtenturns wird als Verfall der Staatlichkeit gedeutet. Nutznießer dieses Verfalls sind für Forsthoff Gesetzgebung und vor allem die Gerichtsbarkeit. Die Verwaltung sieht sich damit von zwei Seiten eingedrängt. In der Tendenz der Gesetzgebung, die Verwaltung gerade dort in die Schranken zu verweisen, "wo sie sich als Ausdruck staatlichen Hoheitsrechts erweist,,707, und einer Rechtsprechung, die die Justitiziabilität verwaltungsmäßiger Handlungen erweitert, sieht er eine Wandlung in der Stellung der Verwaltung, die sie an die letzte Stelle im System der Staatsgewalten verweist. Bezeichnend für diese veränderte Rangfolge der Staatsgewalten ist für Forsthoff die berühmte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetzesvorbehalt im Strafvollzug. Die Verwaltung werde durch diese Ausdehnung des Gesetzesvorbehalts auf das besondere Gewaltverhältnis zur reinen Gesetzesvollziehung708 . Diese Beschränkung auf die Gesetzesvollziehungsfunktion erhellt für Forsthoff die E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 112. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 38. 705 E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Aufl. 1973, S. 40. 706 E. Forsthoff, Bemerkungen zur heutigen Situation der Verwaltung, in: Standorte im Zeitstrom, Festschrift für A. Gehlen, 1974, S. 42. 707 E. Forsthoff, Bemerkungen zur heutigen Situation der Verwaltung, S. 45. 708 In seinem Lehrbuch wollte Forsthoff bei ,,Außenfunktionen" der öffentlichen Anstalt den Gesetzesvorbehalt zulassen [so o. 2. Teil C. III. 3. e)]. 703

704

11'

164

2. Teil: Die Verwaltung und ihr Recht

"gegenwärtige Situation der Verwaltung und damit der Staatlichkeit,,709. Hier findet sich die für Forsthoff charakteristische Gleichstellung von Verwaltung und Staatlichkeit wieder. Forsthoff sieht in der Stellung der Verwaltung den Gradmesser für den Umfang an Staatlichkeit. Bemühte er sich in seinen früheren Schriften, insbesondere in seinem Lehrbuch, um die Konturierung der Verwaltung als eigenständiger zweiter Gewalt, sieht Forsthoff nunmehr den Handlungsspielraum der Verwaltung in Frage gestellt. Forsthoffs negative Beurteilung der Situation der Verwaltung in seinen letzten Schriften sollte jedoch nicht die progressiven Elemente verdecken. Er kritisiert zwar moderne Entwicklungen, er macht sie jedoch auch sichtbar. Bei Forsthoff steckt in der Kritik am Neuen als notwendige Vorstufe gleichzeitig eine Entdeckung des Neuen. So ließen sich Forsthoffs Analysen für eine heutige Diskussion durchaus auch ins Positive wenden. Die von Forsthoff diagnostizierten tiefgreifenden Veränderungen der Verwaltung ließen sich so zu einem Bild der Verwaltung zusammenfügen, das heute aktuell ist: Zu einer Verwaltung, die sich als "Arbeitsinstitution" den für die Gesellschaft notwendigen Dienstleistungen widmet, die allerdings das Gepräge der überkommenen, hoheitlich-autoritären Verwaltung verloren hat. 4. Internationale Organisationen - ein Ausweg? Da dem Staat nach Forsthoff Macht und Autorität fehlen, gegenüber der technisch expandierenden Industriegesellschaft Herrschaft auszuüben, sucht Forsthoff nach anderen Institutionen, die geeignet sein könnten, die überkommene Rolle des Staates einzunehmen. Vorsichtig zieht Forsthoff hier internationale Organisationen in Erwägung. Mit der richtigen Einschätzung, dass sich zum Beispiel das Problem der Umweltzerstörung nur supranational lösen lasse, hält Forsthoff die Vorstellung "nicht für abwegig, daß sich ... die Bedingungen für die Wirksamkeit einer internationalen Organisation ergeben, die den weiteren Ablauf des technischen Prozesses als effizienter Hüter der Humanität zu begleiten vermag,mo. Diese ausdrücklich als "gedanklich konzipierte Möglichkeit", also eher als Hoffnung formulierte These erscheint aus heutiger Sicht progressiv, doch stellt sich die Frage, wie internationale Organisationen sich gegenüber der Wirtschaft durchsetzen sollen, wenn der einzelne Staat selbst schon von der Industriegesellschaft abhängig ise ll .

709

E. Forsthoff, Bemerkungen zur heutigen Situation der Verwaltung, S. 46.

710

E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 169.

m So der berechtigte Einwand von P. Häberle, Retrospektive Staats(rechts)lehre oder rea-

listische Gesellschaftslehre?, ZHR 136 (1972), S. 441.

Schlussbennerkung

Progressivität oder Retrospektivität in Forsthoffs Werk? Im ersten Kapitel wurde Forsthoffs Staats- und Verfassungsverständnis als konservativ beschrieben. Demgegenüber zeigte das verwaltungsrechtliche Werk insgesamt ein anderes Bild. Hier argumentierte Forsthoff vielfach sehr wirklichkeitsnah, entwicklungsoffen und innovativ. Forsthoff hat die Verwaltungsrechtswissenschaft weiterentwickelt und ihr für einige Fragen überhaupt erst die Augen geöffnet. Charakteristisch für seine Schriften zum Verwaltungsrecht erscheinen die Bezüge zu gesellschaftlichen Veränderungen, denen Forsthoff zumeist offen gegenübersteht. Demgegenüber wirkt er im Bereich des Staats- und Verfassungsrechts vielfach eher verschlossen gegenüber neuen Entwicklungen. Diesen Dualismus im Werk spiegeln auch die äußerst unterschiedlichen Beurteilungen der staatsund verfassungsrechtlichen Werke Forsthoffs einerseits, der verwaltungsrechtlichen Werke andererseits von Seiten der Kritik. Forsthoff hatte ein eminentes Gespür für den gesellschaftlichen Wandel. Seine Fähigkeit, Realanalysen zu erstellen und damit Fragen für die Rechtswissenschaft aufzuwerfen, zeigte sich neben dem prominentesten Beispiel der Daseinsvorsorge auch in seiner Analyse der "technischen Realisation". Diese Herangehensweise kontrastiert in eigentümlicher Weise mit einem überkommenen Staats- und Verfassungsverständnis, an dem Forsthoff bis zuletzt, allem politischen und gesellschaftlichen Wandel zum Trotz, festgehalten hat. Das Staatsverständnis gerät so in Konflikt mit einer Verwaltung, die sich privatrechtlicher Formen bedient, vielfaltige Kooperationen schließt und sich an den Betrieb assimiliert. Die unterschiedliche Betrachtung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft führt demnach zu einem Widerspruch von staatsrechtlichem und verwaltungsrechtlichem Werk. Während Forsthoff seinem staatsrechtlichen Verständnis entsprechend von einer strikten Trennung von Staat und Gesellschaft und der Überordnung des Staates ausgeht, zeichnet sich sein verwaltungsrechtliches Werk gerade dadurch aus, die wechselseitige Annäherung von Staat und Gesellschaft im Sozialstaat - durchaus nicht mit negativem Unterton - analysiert zu haben. Zwar musste das Staatsverständnis notwendig auch das Verwaltungsverständnis beeinflussen. Dennoch bricht sich in diesem Bereich immer wieder Forsthoffs Faszination für gesellschaftliche Veränderungen und aus ihnen folgende Änderungen der Verwaltungsrealität Bahn. Forsthoff hat früher als andere gespürt, wo neue Aufgaben für die Verwaltung lagen. So hat er lange vor anderen die sich aus der industriellen Entwicklung er-

Schlussbemerkung

166

gebenden Folgerungen für das Technikrecht, für den Umweltschutz und die Gentechnik angedeutet. Dennoch bildet das staatsrechtliche Werk gewissermaßen den Rahmen von Forsthoffs wissenschaftlichem Schaffen. So wie die ersten Schriften sind die letzten größeren Arbeiten, die Forsthoff veröffentlicht hat, zum überwiegenden Teil Schriften aus staatsrechtlicher Perspektive. Der Staat bedeutet so gewissermaßen Anfang und Ende von Forsthoffs Werk. Hier steht zuletzt Forsthoff sein konservativ geprägter Staatsbegriff für eine positive Betrachtung der bundesrepublikanischen Realität im Wege. Erscheint Forsthoffs Werk in staatsrechtlicher Hinsicht nur begrenzt anschlussfähig, so gilt dies auch für das verfassungsrechtliche Werk. Indem Forsthoff die Verfassung als lediglich freiheitlich-rechtsstaatliche verabsolutiert, hat die Verwaltung gerade in ihren modernen Funktionen keinen Platz in ihr. Dieses Verständnis erscheint heute aus verfassungsrechts-dogmatischer wie aus tatsächlicher Sicht obsolet. Ausschlaggebend für den Widerstreit einzelner Teile seines Werkes erscheint somit der von Forsthoff festgehaltene Dualismus von Rechtsstaat und Sozialstaat, an den sich verschiedene weitere Dualismen anschließen: der Dualismus von formalem Rechtsstaat und materialem Sozialstaat, von formalem rechtsstaatlichen Verfassungs gesetz und materialer sozialgestaltender Verwaltung, wertfreiem Verfassungsverständnis und werthaftem Verwaltungsverständnis, von formalen und materialen Rechtsprinzipien, rechtstaatlicher Eingriffsverwaltung und sozialstaatlicher Leistungsverwaltung. Auch die Methode des Verwaltungsrechts wurde auf diese Weise dualistisch. Traditionsgebundenheit und Offenheit, Progressivität und Retrospektivität sind demnach gleichermaßen kennzeichnend für das Werk Forsthoffs. Auch wenn man heute weniger Forsthoffs statischem Staats- und Verfassungsverständnis als mehr seinem dynamischeren Verwaltungsrechtsverständnis folgen möchte, erscheinen beide Elemente bei Forsthoff doch verbunden, da Staats- und Verfassungsverständnis sowie Verwaltungsverständnis aufeinander bezogen sind. Die heutige Verwaltungsrechtswissenschaft vermag dem Werk Forsthoffs mehr Anregungen zu entnehmen als die heutige Staatsrechtswissenschaft. Wenn man die Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft versteht!, erscheinen Forsthoffs Schriften auch heute noch in vielerlei Hinsicht wegweisend. Dabei mag man weniger an die Problemlösungen des Werkes anknüpfen als an die von Forsthoff aufgeworfenen Fragen. Diese Fragen beschäftigen die heutige Verwaltungsrechtswissenschaft zum großen Teil ebenso wie zu Forsthoffs Lebzeiten.

1

S. o. 2. Teil B. II. 2. d).

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Sachverzeichnis Abfallwirtschaft 83, 104 Abgabenerhebung 87 Absolutismus, aufgeklärter 37, 47 allgemeines Verwaltungsrecht, als Speicher

Bundesverfassungsgericht 16, 32, 103, 139, 163 Bürgerkriege, konfessionelle 22 bürokratische Organisation 20

64

Amtshaftung 123 Amtshaftungsanspruch 120 Anfechtungsklage 130 Anstaltsgewalt 62, 136 Anstaltsordnung 86 Anstaltsverwaltung 111 Appropriation 44 Appropriationsbedürfnis 44, 45, 80, 90 Appropriationschancen 45 Auffangverantwortung 94 Aufgabe - als Schlüsselbegriff der Verwaltungswissenschaft 50 - öffentliche 91 - private 94 - soziale 46 - sozialstaatliche 48 - Wandel 36 Aufgabenbegriff, Forstboffs 49 Aufopferung 123 Auslegungsmetbode 118 Auslegungsmetbodik 31 Autorität 26 - des Staates 25, 34, 54, 56, 129, 137 Autoritätsverfall 26 Bankenrecht 105 Bauverwaltung 154 Bebauungsplan 130 Begriffsjurisprudenz 70 Benutzungsverhältnis 135 Bevölkerungsverrnehrung 40, 43, 80 Bildungs- und Sozialpolitik, kommunale 105

contract adrninistratif 127 Daseinsfürsorge 43, 84 Daseinssicherung 94 Daseinsstabilisierung 94 Daseinsverantwortung 45, 46, 90, 94 - individuelle 80 - politische 80 Daseinsvorsorge 13, 14, 33, 34, 37, 41, 42, 43,44,45,46,47,49,54,55,61,62,63, 69, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87,88,89,90,91,92,93,94,95,96,97, 98,99,101,102,103,104,105,106,108, lll, 116, 119, 122, 128, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 144, 147, 149, 150, 165, 168, 170, 171, 172, 173, 174, 176, 178, 180, 181, 182, 183, 185 - als Leitbegriff 97 - als Leitidee 100 - als Rechtsbegriff 98, 99 - als Schlüsselbegriff 100 - als Verwaltungsaufgabenbestirnrnung 100 - Leistungen der 45 Daseinsvorsorgeangebot 91 Daseinsvorsorgebegriff 83, 91, 93 Daseinsvorsorgetätigkeiten, marktbezogene 105 Daseinsvorsorgeverwaltung 132 Deckung des Finanzbedarfs 39 Demokratie, pluralistische 148 Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse 105 Dienstleistungsstaat 162

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Sachverzeichnis

Dogmatik - der juristischen Methode 118 - juristische 101, 124 - verwaltungsrechtliche 98 Eigenbetrieb 135 Eingriff 83, 86, 87,124,139 - gestaltender 87 - in Freiheit und Eigentum 39, 54, 61, 62, 140 Eingriffs- und Leistungsverwaltung 87 - Dualismus 84, 119 - Rechtsformen 116 Eingriffsverwaltung 40, 61, 68, 82, 84, 85, 86,87,106,108,137,140 Energieversorgung 89 Energieversorgungsunternehmen 90 Energiewirtschaft 95 Energiewirtschaftsgesetz 95, 96 Enteignung 123 enteignungsgleicher Eingriff 124 Entideologisierung 26 Ermächtigungslehre 126 Ermessen 34, 57 Erster Weltkrieg 42, 51, 78 erwerbswirtschaftliche Betätigung 89, 90, 99 Etatismus 19,69,95 Etatist 13, 137 Europa, Einigung 35 Europäische Gemeinschaften 35 europäische Wirtschaftsverfassung 105 europäischer Binnenmarkt 104, 105 europäisches Einheitsrecht 35 europäisches Gemeinschaftsrecht 105 Expertifizierung 159 Fachmann, in der Verwaltung 155 Fachplanung 129, 130 Fachwissen, engagiertes 155 Finanzverwaltung 154 Finanzwissenschaft 67 fiskalische Tatigkeit 88, 133 Formalisierung, des modernen Rechts 30 Formalismus 65, 68, 80 Forsthoff-Rezeption 13 Forsthoff'sche Regel 148 Fortschrittsskepsis 160 französisches Recht 124

freier Wettbewerb, Grundsatz 105 Freiheit - individuelle 69 - rechtsstaatliche 58, 81, 86 Freiheitsgarantie 49 Freiheitsgewähr, rechtsstaatliche 37 Freiheitsrechte 39 Freiheitssicherung 70 Freirechtsschule 70 Führerprinzip 20, 128 Führerstaat 80 Führung 20, 72, 73, 74, 76, 79 Führung und Verwaltung 20 Führungsordnung 20, 74 Garantiepflicht der öffentlichen Hand 90 Gefahrdungshaftung 123,124 Gefahrenabwehr 40, 87 Gemeinden, als Versorgungsträger 41 Gemeinschaftszwecke 76 Gemeinwoh123,46 Gemeinwohlbelange 136 Gentechnik 152, 161, 166 Gerechtigkeit, soziale 68, 69 Gerichte, Unabhängigkeit 30 Gesamte Staatswissenschaften 66 Gesamtplanung 129, 130 Gesellschaft 23 - bürgerliche 39, 133 - industrielle 94, 154 - industriell-technische 49,85 - und Verbände 148 Gesellschaftsentwicklung 68 Gesellschaftstheorie 67 Gesetz - abstrakt-generelles 30, 53, 58 - parlamentarisches 54 Gesetzesauslegung 34 Gesetzesbegriff 75 Gesetzesbindung 61, 72 Gesetzesgrundlage 62 Gesetzesinterpretation 32 Gesetzesstaat 51 Gesetzesvollziehungsfunktion 163 Gesetzesvorbehalt 28, 34, 39, 64 - im Strafvollzug 139, 163 Gesetzgeber, parlamentarischer 54 Gesetzgebung, exekutorische 58

Sachverzeichnis Gesetzgebungsstaat 36, 51, 58 Gesetzgebungsverfahren 39 - parlamentarisches 53, 54 Gesetzmäßigkeit, staatlichen Handelns 30 Gesundheitsverwaltung 154 Gewährleistung von Recht und Sicherheit 39 Gewährleistungspflicht, staatliche 105 Gewaltenteilung 28, 30, 34, 39, 56, 58, 61, 138 - Prinzip 56 Gewaltverhältnis - besonderes 62, 137, 138, 139, 141, 163 - sachbezogenes 38 Gewerkschafts- und Verbändestaat 163 Gleichheit, vor dem Gesetz 75 Gleichheitssatz 117 Glückseligkeit 38, 69 Grundrechte 28, 29, 30, 32, 34, 35, 72, 75 - als Institutionen 32 - als Teilhaberechte 83 Grundrechtsdogmatik 29 Grundrechtslehre 35 Handlungsformen 40 - öffentlich-rechtliche 62 Hoheitsverwaltung 111, 137 Ideologieverdacht 14 ideologische Kongruenz von "totalem" und "sozialem" Staat 20 Industrialisierung 40, 145 Industriegesellschaft 24, 40, 163, 164 Infrastrukturverwaltung 87 institutionelles Rechtsverständnis 95, 96 Interessenjurisprudenz 70 Internationale Organisationen 164 Jungkonservative 18 Jurist - als Sozialgestalter 157 - Aufgabe und Funktion 156 - lästiger 155 Juristenrnonopo1154 Juristenprivileg 153 Juristenverwaltung 153 Justiz, Aufgaben 56

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Kaiserreich 71 Kommunalrecht 115 Kommunen, Versorgungsanstalten 41 Königtum, soziales 69 konkretes Ordnungsdenken 96 konservative Revolution 18 Konservativismus 31, 33 Konstitutionalismus von Staat und Verbänden 26 konstitutionelle Monarchie 39, 69 Kooperation 127, 161, 165 - von Staat und Bürgern 136 - von Staat und Verbänden 127, 151 - von Staat und Wirtschaft 26 - von Verwaltung und Privaten 137 - zwischen Staat und Gesellschaft 24 Kooperationsprinzip, im Umweltrecht 161 kooperative Rechtsbeziehungen 127 kooperatives Recht 137 Koppelung mehrerer Verwaltungsobliegenheiten 122 Kreditwesen 83 Kriegshinterbliebenenfürsorge 42 Kriegswirtschaft 42 Kulturkritik, konservative 152 Kulturpessimismus 149 Landes- und Städteplanung 41 Lebensmittelversorgung 42 Lebensraum - beherrschter 44, 45, 47,80, 123, 143, 151 - effektiver44,45,47,80,97,150, 151 Legitimität 20, 25 Leistungen - existenznotwendige 92, 93 - im öffentlichen Interesse 83 Leistungsverhältnis, Zweiseitigkeit 81, 86, 119 Leistungsverwaltung 41, 61, 62, 78, 81, 82, 84, 85, 86, 89, 92, 95, 97, 106, 118, 121, 134, 136, 138, 140, 154, 162 - Grundrechtsgeltung 83 - Institute 116 Leistungsverwaltungsrecht 77 Leistungsverweigerung 83, 96 Leitbegriff 83 Letztverantwortung 161

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Sachverzeichnis

Liberalismus 15, 18,70,72 Logik, juristische 32 Machtergreifung 71, 72 Maßnahme 51,53,76 Maßnahmegesetze 53, 57, 58 - Zulässigkeit 58 materiale Wertethik 32 Methode - bürgerlich-rechtsstaatliche 103 - der Rechtsformen 63 - institutionelle 97, 118 - institutionell-teleologische 97 - interessenjuristische 71 - juristische 59, 60, 61, 62, 65, 67, 69, 71, 75, 76, 77, 78, 80, 84, 97, 99, 106, 112, 115, 116, 125, 133, 138, 141 - positivistische 31, 65, 71 - soziologische 89, 98 - staatswissenschaftliche 60, 66, 67, 69, 98, 103 - teleologische 71, 97, 118 - verwaltungsrechtliche 60, 80 - verwaltungswissenschaftliche 67, 98, 106, 118 Methodenstreit 70, 71 Methodensynkretismus 102 Methodenverständnis, differenziert-integratives 102 Methodenwandel59, 70 - in der Staatsrechtswissenschaft 77 Methodik, rechtswissenschaftliche 107 Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen 87 monarchische Herrschergewalt 39 Nachrichtenversorgung 42 Nationalökonomie 67 Nationalsozialismus 14, 15, 45, 67, 71 , 72, 74,78,112 - Ideologie 21 - Rechtspraxis 31 - Rechtsverfall 31 nationalsozialistische Bewegung 19,74 nationalsozialistische Partei 19 Naturrecht und Rechtspositivismus 97 Normativismus 72

Normativität - des Faktischen 102 - des Ideologischen 102 Normenvollzug 54 Normsetzung - delegierte 52 - verwaltungsmäßige 132 NS-Herrschaft 21 NS-Ideologie 73, 75, 77 NS-Rechtslehre 75 NS-Staat 71, 73, 76, 77, 79, 82, 111 NS-Verwaltungsrecht 77, 78 NS-Verwaltungsrechtslehre 76 Obrigkeitsstaat 23 öffentlich-rechtliche Entschädigung 123 öffentliche Anstalt 62, 116, 132, 134, 135, 137, 138, 163 öffentliche Sache 116 - Indienststellung 132 öffentliche Sicherheit und Ordnung 40, 49, 84 öffentliches Interesse 121 Öffentliches Recht, Kontinuität 78 öffentliches Sachen- und Anstaltsrecht 132 Öffentliches und Privates Recht, als wechselseitige Auffangordnungen 135 ordentlicher Rechtsweg 134 Ordnungsverwaltung 40, 82 Organisations- und Handlungsformen, Austauschbarkeit 135 Organisationsformen, privatrechtliche 135 Organisierbarkeit von Interessen 148 Organtheorie 22 pacta sunt servanda 126 Parlamentarismus 18 Personenverkehrswesen 83 Plan 128, 131 - raumbezogener 129 Planung 128,130,131,132 - zukunftsgerichtete 129 Planungsideologien 131 Planungsrecht 130 - Rechtsschutz 130 Planungsverfahren 130 Pluralismus 15, 19,23 Pluralismuskritik 148

Sachverzeichnis Policeywissenschaft 39, 59 Polizei, Aufgabenbereich 38 Polizeibefehl61 Polizeibegriff 39 Polizeiordnungen, des absolutistischen Staates 38 Polizeistaat 37, 61, 66, 144 - absolutistischer 39 Polizei- und Steuerbefehl 40 Polizeiverfügung 63, 136 Polizei verwaltung 74 Positivismus 31, 65, 70, 80 - juristischer 72 - verwaltungsrechtlicher 71 Positivist 31 Postwesen 104 pouvoir constituant 20 Privatautonomie 88, 127, 136 privates und öffentliches Recht, Austauschbarkeit 133 Privatisierung 104 Progressivität, in Forsthoffs Werk 165, 166 Propagandaliteratur 111 Pseudonaturrecht 102 pseudonaturrechtliche Rechtsinterpretation 31 Rasseprinzip 75 Raumordnungsgesetz 129 Realakt 131, 132 - als Institut der Leistungsverwaltung 132 Realanalyse 21, 45, 79, 80, 101, 124, 150, 160, 165 Rechtsforrnensystem 116 Rechtslehre des Staates 70 Rechtspositivismus 31, 68, 70, 76, 126 Rechtsprinzipien 117 Rechtssatzbegriff 139 Rechtssatzbindung 54, 140 Rechtsschutzbedürfnis 140 Rechtssicherheit 27 Rechtsstaat - bürgerlich-liberaler 37,40,73, 139 - bürgerlicher 24, 30, 33, 36, 37, 39, 40, 47, 48,51,53,59,60,62,72,76,78, 85, 110, 117,133,144,153 - Gefahrenabwehr- und steuerstaatliche Aufgabe 48 13 Schüne

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- introvertierter 29 - liberaler 36, 40 - sozialer 25,48,70,85,87,141 - Verabsolutierung 33 - Wesen 30 Rechtsstaatlichkeit 28, 29 Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit, Verhältnis 21 Rechtsstaat und Sozialstaat 24, 25 - Antagonismus 118, 122, 138, 141 - Dualismus 21, 166 - Zweigleisigkeit 121 Rechtsstaatsidee, negative 68 Rechtsstaatslehre 68 Rechtsstaatsprinzip 61 Rechtsstaatstheorie 68 Rechtstatsachenforschung 102 Rechtsverhältnis 61,81,86 Rechtsverordnung 129, 130 Rechtsweg, ordentlicher 91 Retrospektivität 30 - in Forsthoffs Werk 165, 166 Risikoverteilung 123 Sachverantwortung 159 Sachverständigengutachten 160 Schmitt-Schule 15 Schulverwaltung 154 Schutz vor Eingriffen in die Elementarsphäre 117 service public 83 Sicherheit des Daseins 44 Sicherheitspolizei 38, 40 Souveränität 20, 22, 23, 25, 26 soziale Frage 40 soziale Gerechtigkeit 33 soziale Realisation 143 Sozialgestaltung 56, 154 - Verantwortung für die 54 Soziallehre des Staates 70 Sozialstaat24,25,33,34,35,36,4O,42,48, 50,52,53,54,55,57,58,69,81,89,93, 117, 118, 121, 122, 123, 124, 140, 141, 143, 144, 152, 153, 154 - Entwicklung zum 40 - Expansion 123 - leistungsverwaltender 121 - materialer 120

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- Staatszielbestimmung 100 - und Verfassung 54 - Verwaltungstätigkeit 54 - Wesen 34 sozialstaatliche Interpretation 32 Sozialstaatlichkeit 49, 78 Sozialstaatsprinzip 34 Sozial- und Verteilungsstaat 83 Sozialversicherung, Bismarcksche 41 Sozialverwaltung 74, 154 soziologische Nonnativität 101 soziologischer Befund 80 soziologischer Positivismus 102 soziologische Wirklichkeitswissenschaft 71 Staat - absolutistischer 38, 48 - als Auftraggeber 158 - als das Konkret-Allgemeine 23 - als Funktionsorgan der Gesellschaft 148 - als Herrschaftsorganisation 22 - als Komplementärfunktion der Industriegesellschaft 146 - als Ordnungsbegriff 19 - als souveräne politische Einheit 23, 27 - Aufgabe 80. 148 - der Industriegesellschaft 142 - freiheitlicher 26 - Funktion und Aufgabe 152 - Fürsorgepflicht 70 - Gestaltungsmacht 38, 123 - kooperativer 137 - Letztverantwortung für das Gemeinwohl 151 - liberaler 74 - nationalsozialistischer 20, 128 - ordnungsgewährender 55 - planwirtschaftlich-sozialistischer 93 - pluralistischer 19 - souveräner 23 - sozial gestaltender 55 - Steuerungsfähigkeit 147 - totaler 19, 20, 21, 73 - totalitärer 79 - Verantwortungsbereich 45 - Verhältnis zur Technik 143 - Wesen 21 - Zweiteilung 73, 74

Staatlichkeit - Aufbau 26 - Erosion 29 - introvertierte 94 - Verfall 18, 26 Staats- und Verfassungsverständnis 27, 165, 166 Staats- und Verwaltungsaufgaben 49, 144, 149, 152 - Kontinuität und Wandel 48 Staats- und Verwaltungsstruktur 68 Staats- und Verwaltungsverständnis, liberalrechtsstaatliches 41 Staatsaufgaben 20, 39, 46, 49, 50, 56, 150 - obligatorische und fakultative 94 - Wachstum 41 Staatsaufgabenlehre 50, 88 Staatsbegriff 21 Staatsbild 21, 150 Staatsbilder 144 Staatsepochen 49 Staatsfonn 25,51 Staatsfunktionen 52 Staatsgewalt, Beschränkung 68 Staatsgewalten - Rollenverteilung 51 - System 163 - Verschiebung 50 Staatshaftung 123 Staatshaftungsrecht 121, 123 - Institute 123 - System 124 Staatshaftungstatbestände 123 Staatsidee 26, 61 - liberale 41 Staatsideologie 26, 131 staatsideologische Unterbilanz 26 Staatskirchenrecht 31 Staatsmetaphysik 21 Staatsorgane, Struktur 31 Staatsprinzipien 25 Staatsrechtslehre - der Nachkriegszeit 24 - des Nationalsozialismus 19 Staatsrechtslehrertagung 21, 25, 35, 49, 53, 57, 123, 128 Staatssoziologie 156

Sachverzeichnis Staatstätigkeiten, Wandel des Schwerpunkts 50 Staatstheorie - Bodins 22 - des bürgerlichen Rechtsstaates 53 - liberale 48 Staatstyp 37, 49 Staatsverständnis 13, 18, 24, 29, 54, 56, 127 - autoritäres 137 Staatswillensbildung, parlamentarische 53 Staatswirklichkeit 24, 58 Staatszielbestirnrnung 34 Staatszwecklehre 46 Staatszweckverständnis, liberal-rechtsstaatliches 40 Staat und Bewegung 20, 73 Staat und Gesellschaft 23, 127 - Dualismus 24 - Trennung 19,24,29,61, 165 - Unterscheidung 23 - Verhältnis 24, 49, 165 - Verschränkung 24 Staat und Partei 46, 73 Staat und Technik, Verhältnis 151 Staat und Verfassung, Verhältnis 27 Steuerbescheid 61, 63 Steuerungsabstinenz 161 Steuerungsdiskussion 109, 160 Steuerungsinstrumente 109 Steuerungsmedien 109 steuerungswissenschaftlicher Ansatz 50, 109 Steuerverwaltung 74, 92 Strom- und Wasserversorgung 83, 104 subjektiv-öffentliches Recht 72, 75 Subordinationsrecht 62 Subordinationstheorie 126 Subordinationsverhältnis 64, 88, 133 Subsidiaritätsmodell 90 Subtraktionsverfahren 36 System - bürgerlich-rechtsstaatliches 77 - des allgemeinen Verwaltungsrechts 132 - Lücke im verwaltungsrechtlichen 62 - offenes 108 - Otto Mayers 71 - verwaltungsrechtliches 65, 66, 75, 106, 117, 125 13'

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- von Rechtsformen 60 - von staatlichen Handlungsformen 59 Systematik - der Verwaltungsaufgaben 98 - verwaltungsrechtliche 59, 61 Systembegriff 106 Systembildung 63, 106, 107 - im Europarecht 63 - im Verwaltungsrecht 63 - Rationalisierungsfunktion 64 - rechtsdogmatische, rechtspraktische und rechtspolitische Funktion 63 - Stabilisierungsfunktion 64 Systernidee - des liberalen Rechtsstaats 87 - des Privatrechts 136 System staatlicher Ersatzleistungen 123 Technik - Begriff 145 - Entwicklung 142, 149 - Expansion 142 - Gefahren 142 - Machtcharakter 146 - Wesen 142, 149 Technikkritik 149 Technikrecht 166 Technikverständnis 152 technische Expansion 147, 150 technische Normen 147 technische Realisation 34, 142, 143, 146, 155, 157, 165 Technizität, der rechtsstaatlichen Verfassung 29 Technostruktur 152 Teilhabe 25, 34, 70, 81, 151 - des Staates 87 - sozial staatliche 86 Telekornrnunikations- und Postrecht 83 Telekornrnunikationswesen 104 Theorie - des bürgerlichen Rechtsstaats 46, 80 - des Sozialstaats 68 - polizeiwissenschaftliche 65 - rechtsstaatliehe 41, 116 Totalitarismus 21 Totalität des Politischen 74 Totalverantwortung, des Staates 20

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Tugend 26 Typenkategorie 87 Überordnung des Staates gegenüber der Gesellschaft 26, 137 Umwelt- und Technikrecht 160 Umwelt- und Technikverwaltungsrecht 144 Umweltrecht 142 Umweltschäden 150 Umweltschutz 143, 147, 150, 159, 166 Umweltschutzorganisationen 150 Umweltstaat 144 Umweltzerstörung 146, 147, 164 Unternehmen, des Staates 90 Verantwortung 158 - des Staates für das Dasein 20 - für die Daseinsvorsorge 92 - kooperative 161 - soziale 36 - subsidiäre 94 Verantwortungsbegriff 159 Verantwortungsbereiche, staatliche und gesellschaftliche 95 Verantwortungsebenen, staatliche und gesellschaftliche 93 Verantwortungsteilung, von öffentlichem und privatem Sektor 161 Verbändestaat 148 Verfallsideologie 149 Verfassung - als Attribut der Staatlichkeit 27 - Auflösung der rechts staatlichen 32 - Bedeutung 35 - Entformalisierung 32 - freiheitlich-rechtsstaatliche 166 - im materiellen Sinne 28 - im positiven Sinne 28 - politischer und rechtsstaatlicher Bestandteil 28 - rechtsstaatliche 23, 27, 29, 30, 33, 34, 56, 58,60,138 - Struktur 31 - Systematik und Logik der rechtsstaatlichen 28 - wertungsfreie 34 Verfassungsauslegung 31, 32, 118 - Methoden 31

Verfassungsbegriff 33, 34 Verfassungsfrage 20, 27, 80 Verfassungsgesetz 28, 29, 31, 34 - Auflösung 32 - Leistungsfähigkeit 33 Verfassungsgesetzgebung 29 Verfassungsinterpretation 31, 33 - geisteswissenschaftlich-werthierarchische 32 Verfassungslage, parakonstitutionelle 148 Verfassungsordnung, demokratisch-parlamentarische 160 Verfassungsprinzipien 35 Verfassungsrecht - formelles 34 - rechtsstaatliches 120 Verfassungsrechtsdogmatik 33 Verfassungssystem, rechtsstaatliches 116 Verfassungs- und Gesellschaftsentwicklung 68 Verfassungsverständnis 27, 31, 33, 58 - Lorenz von Steins 33 - werthaftes 32 Verfassungswirklichkeit 27 Verhältnismäßigkeit, Grundsatz 117 Verkehrsinfrastruktur 83 Verkehrsplanung 42 Verkehrs- und Versorgungsbetriebe 88 Verkehrswesen 104 Vermassung 44 Versorgungsleistungen 41, 139 Versorgungsnetz, öffentliches 40 Versorgungsunternehmen 89,95,136,138 Verstädterung 40,41,42,43,44,80 Verteilungsprinzip 29 Vertrag - öffentlich-rechtlicher 100, 125, 126, 127, 132,137 - subordinationsrechtlicher 125 Vertragsformverbote 126 Vertrauensschutz 120 Verwaltung - als Arbeitsinstitution 162 - als Dienstleister 162 - als Leistungsträger 43,52,54,55,70, 162

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-

als wertverwirklichende Gestaltung 117 als Wertverwirklichung 34 Arbeitscharakter 49 Assimilation an den Betrieb 162 Aufgabe und Bedeutung 36, 37 Aufgabe und Methode 153 Aufgaben 17, 20, 34, 36, 37, 38,40,43, 46,47,49,50,56,59,80,82,85,97,98, 100, 102, 142, 158, 162 Aufgabenagenda 40 Bedeutung 53 Bedeutungswandel 37, 50 bürokratisch organisierte 74 Definition 36 eigenständige Rechtssetzung 53 eigenständige Verantwortung 159 Eigenständigkeit 57 Expansion 42 fachmännische 154,155,157,158 Funktionen 91 Funktionswande147 Gegenwartsaufgaben 49 Gesetzesbindung 75, 111 gesetzmäßige 39 Gesetzmäßigkeit 120 gestaltende 86, 87 gestaltende und lenkende 131 Handlungsformen 61,109 Handlungsfreiheit 57 Handlungsspielraum 164 hoheitlich-autoritäre 164 hoheitliche 89 im materiellen Sinne 91 in privatrechtlicher Form 62 Legitimation 56 leistende 82, 91, 110, 137 Leistungen 82, 84, 90, 96 lenkende 86 neue Formen und Aufgaben 62 obrigkeitliche und schlicht-hoheitliche 88 öffentliche 89 ordnende 98 ordnende, leistende, verteilende 87 Personal und Organisation 152 personelle Struktur 153, 154, 155, 159 planende 86 Rationalität und Gesetzesbindung 73 Rechtssatzgebundenheit 61, 138

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- Rechtsverwirklichungsfunktion 47 - Sachverantwortung 159 - schöpferische 76 - Selbständigkeit 55 - soziale 51, 69 - Sozialgestaltungsfunktion 47 - sozialstaatliehe 33, 52, 106 - Soziologie 152 - Steuerbarkeit und Kontrollierbarkeit 59 - Steuerungsfähigkeit 161 - Struktur 13,17,152,155,158 - technische 159 - Unabhängigkeit 55 - Verantwortung 43 - Verantwortungsfähigkeit 161 - verfassungsrechtliche Stellung 52 - Versorgungsleistungen 42 - Wandel der Aufgaben 37 - Wirklichkeit 37 - Zukunftsaufgaben 17, 142 - Zwecke 76 Verwaltungsakt 40,61,63,86,88, 100, 110, 118,121, 125, 126, 129, 130, 132 - als Rechtsinstitut der Leistungsverwaltung 119 - als teleologischer Begriff 119 - begünstigender 119 - belastender 119 - rechtswidriger begünstigender 121 - Rücknahme 120, 141 - Widerruf und Rücknahme 119 Verwaltungsangestellter 163 Verwaltungsaufgaben - Ausdehnung 38 - Kontinuität und Wandel 49 - Wandel 42, 154 - Zuwachs 40 Verwaltungsaufgabenbestimmung 102 Verwaltungsaufgabenbezug 98 Verwaltungsaufgabenlehre 88 Verwaltungsbegriff 36 - positiver 36, 115 Verwaltungsentscheidung 130 Verwaltungsentwicklung 112 Verwaltungsfunktionär 154 Verwaltungshandeln - Aufgaben und Zwecke 63 - Grenze 39

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Sachverzeichnis

- in privatrechtlicher Form 62, 133 - kooperatives 137 - nichtförmliches 131, 132 - schlichtes 131 Verwaltungskunde 43 Verwaltungslehre 37, 67 - Anrecht und Aufgabe 101, 106 - antipositivistische 60 - Niedergang 66 Verwaltungsorganisation 115, 162 Verwaltungsorganisationsrecht 112, 135 Verwaltungsperspektive 41 Verwaltungsphilosophie 113 Verwaltungspolitik 113 Verwaltungspraxis 41 Verwaltungsprivatrecht 100 Verwaltungsprozess, Anfechtung 130 Verwaltungsprozessrecht 115 Verwaltungsrealität 37, 48, 160, 165 Verwaltungsrecht - allgemeines 106, 110, 126, 141 - als konkretisiertes Verfassungsrecht 34 - als System 63 - Aufgabenbezug 100 - bürgerlich-rechtsstaatliches 40 - Differenzierung von allgemeinem und besonderem Teil 64 - Dogmatik49,61,62, 95,102,114 - Entformalisierung 76 - Form- und Strukturprinzipien 76 - Fortbildung 108 - französisches 17, 83 - Grenzen 106 - Handlungsformen 133 - Kontinuität 78 - materielles 34 - Methode 17, 59, 77 - Normierung des allgemeinen 54 - Rationalisierung 61 - rechtsstaatliches 111, 140 - rechtsstaatliches System 68 - Subjektivierung 35 - System41,64, 77,110,111,116,135 - Verfassungsabhängigkeit 35 - wertneutrales 79 - Zweiteilung 108 Verwaltungsrecht, Systematik 106

Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre - Synthese 101 - Zweiteilung 66 Verwaltungsrechtsformen 111 Verwaltungsrechtslehre 33 - der Nachkriegszeit 34 - der NS-Zeit 77, 111 - des Nationalsozialismus 76 Verwaltungsrechtsverständnis 166 - politisch-zweckhaftes 76 Verwaltungsrechtswissenschaft - Aufgaben 43 - Aufgabenorientierung 109 - positivistische Richtung 67 Verwaltungssoziologie 162 Verwaltungsstaat 36, 51, 52, 56, 59, 131, 144 - als staatswissenschaftlicher Begriff 52 Verwaltungsstruktur, Wandel 160 Verwaltungstätigkeiten - Dreiteilung 88 - Einteilung 88 - Expansion 41 - leistende 52 Verwaltungstypen 87 Verwaltungstypenlehre 86 Verwaltungsverfahren 130 Verwaltungsverfahrensgesetz 120, 126 Verwaltungsverfahrensrecht 112 Verwaltungsverordnungen 139 Verwaltungs verständnis 165 - entwicklungsoffenes 128 - material-werthaftes 117 Verwaltungsvertrag 126, 127 Verwaltungsvollstreckung 121 Verwaltungsvorschriften 138, 140 Verwaltungswirklichkeit 42, 79, 80, 102, 108,109 Verwaltungswissenschaft, aufgaben- und situationsbezogene 108 verwaltungs wissenschaftlicher Befund 36 Verwaltungszwang 121 Verwaltungszweck 87 - Eliminierung 65 Volksbewegung 21 Volkssouveränität 18 Vollzugsdefizit 161 Vorbehalt des Gesetzes 54, 61

Sachverzeichnis Vorrang des Verfassungs gesetzes 30 Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes 61, 110 Vorsorge für das Dasein 69 Vorsorge für die natürlichen Lebensgrundlagen 88 Wandel - gesellschaftlicher 149, 150 - sozialer 34, 43 Wasserversorgung 41 Weimarer Republik 15,19,70,71 Weimarer Verfassung 15, 18, 30, 33, 53 Wertbegriff 117 Wertdenken 32 Wertordnung 35 Wertphilosophie 117 Wettbewerbsgebot 105, 106 Wettbewerbsrecht 105

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wirtschaftliche Polizeikontrolle 87 Wohlfahrtsaufgabe 48 Wohlfahrtspflege 48 Wohliahrtspolizei38 Wohlfahrtsstaat 48 - absolutistischer 48, 69 Wohlfahrtszweck 38, 106 - Eliminierung 40 Zivilrechts wissenschaft 70 Zweck - öffentlicher 91 - sozialer 89 Zweckverband 26 Zwei-Seiten-Lehre 70 Zwei-Seiten-Theorie in der Allgemeinen Staatslehre 66 Zweiter Weltkrieg 78, 82