Politische Gedichte Cfrmina Maiora. Lateinisch-deutsch [Annotated]
 3110607506, 9783110607505

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Zeittafel
Handschriftliche Überlieferung und Textgestalt
Texte und Übersetzungen
1. Panegyricus für Olybrius und Probinus zum Konsulatsantritt
2.–5. Invektive gegen Rufinus
6.–7. Panegyricus für Kaiser Honorius zum dritten Konsulat
8. Panegyricus für Kaiser Honorius zum vierten Konsulat
9.–14. Hochzeitsgedicht für Kaiser Honorius und Maria – Feszenninen für Kaiser Honorius und Maria
15. Der Krieg gegen Gildo
16.–17. Panegyricus für Mallius Theodorus zum Konsulatsantritt
18.–20. Invektive gegen Eutropius
21.–24. Stilichos Konsulat
25.–26. Gotenkrieg
27.–28. Panegyricus für Kaiser Honorius zum sechsten Konsulat
Anhang
Abkürzungen
Anmerkungen
Zitierte Literatur
Index

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SAMMLUNG TUSCULUM

Herausgeber: Niklas Holzberg Bernhard Zimmermann

Wissenschaftlicher Beirat: Kai Brodersen Günter Figal Peter Kuhlmann Irmgard Männlein-Robert Rainer Nickel Christiane Reitz Antonios Rengakos Markus Schauer Christian Zgoll

Claudius Claudianus Band I Politische Gedichte Carmina maiora Lateinisch-deutsch

Herausgegeben und übersetzt von Philipp Weiß und Claudia Wiener

DE GRUYTER

ISBN 978-3-11-060750-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-061000-0 Library of Congress Control Number: 2019951712 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Für Einbandgestaltung verwendete Abbildungen: Cologny (Genève), Fondation Martin Bodmer, Cod. Bodmer 52: 6v/7r (www.e-codices.unifr.ch) Satz im Verlag Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt Einleitung  7

Widersprüchliche Modelle für Kaiserideale  10 Heldendichtung für die Gegenwart  11 Claudian, der Kaiserhof und das Selbstverständnis des römischen Senats  14 Roma aeterna in Krisenzeiten  23 Propaganda und die Spielregeln der Panegyrik  26 Fest und Ritual  34

Zeittafel 37 Handschriftliche Überlieferung und Textgestalt  40 Texte und Übersetzungen 1. Panegyricus für Olybrius und Probinus zum Konsulatsantritt

Einführung 48 Text und Übersetzung  52/53 2.–5. Invektive gegen Rufinus

Einführung 76 Text und Übersetzung  80/81 6.–7. Panegyricus für Kaiser Honorius zum dritten Konsulat

Einführung 156 Text und Übersetzung  160/161 8. Panegyricus für Kaiser Honorius zum vierten Konsulat

Einführung 182 Text und Übersetzung  186/187

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Inhalt

9.–14. Hochzeitsgedicht für Kaiser Honorius und Maria – Feszenninen für Kaiser Honorius und Maria

Einführung 240 Text und Übersetzung  244/245 15. Der Krieg gegen Gildo

Einführung 284 Text und Übersetzung  288/289 16.–17. Panegyricus für Mallius Theodorus zum Konsulatsantritt

Einführung 330 Text und Übersetzung  334/335 18.–20. Invektive gegen Eutropius

Einführung 366 Text und Übersetzung  370/371 21.–24. Stilichos Konsulat

Einführung 465 Text und Übersetzung  472/473 25.–26. Gotenkrieg

Einführung 576 Text und Übersetzung  580/581 27.–28. Panegyricus für Kaiser Honorius zum sechsten Konsulat

Einführung 633 Text und Übersetzung  638/639

Anhang

Abkürzungen 699 Anmerkungen 700 Zitierte Literatur  823 Index 829

Einleitung Die sogenannten Carmina maiora des Claudius Claudianus entstanden für einen jeweils aktuellen Anlass der Jahre 395–404. Die Vortragssituationen lassen sich mit wenigen Ausnahmen sicher aus den Angaben der Gedichte rekonstruieren: Sie wurden im Rahmen staatlicher Festakte rezitiert und erfüllten die Funktion von Fest­ reden. Claudian schrieb im politischen Umfeld von Kaiser Theodosius und dessen Sohn und Nachfolger Honorius. Der vermutlich aus Alexandria stammende Dichter scheint zusammen mit Theodosius im Jahr 394 aus Konstantinopel nach Italien gekommen zu sein. Damals hatte Theodosius als Kaiser der Osthälfte bereits ein zweites Mal die Machtübernahmen in den Regierungen der Westhälfte durch sein militärisches Eingreifen beendet. Theodosius war 379 durch Kaiser Gratian zum Nachfolger des im Kampf gegen die Goten gefallenen Kaisers Valens ernannt worden, weil in der Krise nach der Schlacht bei Adrianopel (378) ein durchsetzungsfähiger Feldherr gesucht wurde. Tatsächlich erwies sich Theodosius’ Regierung in der Osthälfte des Reiches als stabil, während Gratian und Valentinian II. als Herrscher im Westen in den folgenden Jahren Opfer von Machtkämpfen wurden. Theodosius intervenierte zunächst zum Schutz von Kaiser Valentinian II., indem er im Sommer 388 den in Trier regierenden Gratian-Nachfolger Magnus Maximus besiegte, als dieser den jugendlichen Kaiser in Mailand verdrängen wollte. Nach dem ungeklärten Tod von Valentinian II. im Mai 392 zögerte Theodosius lange, bis er dann eingriff und im August 394 Valentinians Nachfolger Eugenius, der als eine Marionette des Generals Arbogast galt, in den Alpen militärisch besiegte. Nach dieser letzten Bürgerkriegsschlacht am Frigidus (heute Wippach, Slowenien) blieb Theodosius in Mailand und vereinte damit

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die Ost- und Westregierung für kurze Zeit – zum letzten Mal beherrschte ein einziger Kaiser das gesamte römische Reich. Claudian trat in dieser Situation zum ersten Mal öffentlich als lateinischsprachiger Dichter in Erscheinung, als er zum Amtsantritt der beiden Kinderkonsuln Olybrius und Probinus aus dem Geschlecht der Anicii im Januar 395 für den Festakt anstelle einer obligatorischen Festrede sein erhaltenes panegyrisches Gedicht beitrug. Offensichtlich belohnte Theodosius mit diesem Konsulat die politische Unterstützung der senatorischen Familie. Doch schon am 17. Januar 395 drohte ein neuer Bürgerkrieg, denn Theodosius starb in Mailand und hinterließ zwei minderjährige Söhne als Kaiser der beiden Reichshälften. Die Generäle wahrten zumindest äußerlich den Frieden im Reich; allerdings sollten sich die Konkurrenzkämpfe unter den Kommandanten in West und Ost, die de facto die Macht innehatten, in den kommenden Jahren als gefährliche Konflikte beider Reichshälften auswirken. Der General Stilicho, der mit Theodosius’ Nichte und Adoptivtochter Serena verheiratet war, übernahm für den elfjährigen Honorius die Vormundschaft und damit die Regentschaft in der Westhälfte des Reichs. Für den nur wenige Jahre älteren Bruder Arcadius beanspruchte in Konstantinopel zunächst der Präfekt Rufinus die Regierung. Stilicho ist der epische Held in Claudians Gedichten, so dass man annehmen darf, dass die meisten Dichtungen im Auftrag dieses „Heermeisters“ – wie man die lateinische Rangbezeichnung magister militum übersetzt – entstanden sind. Seit Theodor Birt (1892) ist man zudem davon ausgegangen, dass es auch Stilicho war, der den Auftrag zur Sammlung und Edition der Carmina maiora nach Claudians Tod gab. Diesen schönen „Mythos“ hat Peter Lebrecht Schmidt (1989) mit guten Argumenten zurückgewiesen. Fest steht jedoch, dass Claudian zehn Jahre lang regelmäßig für bedeutende Festakte des westlichen Kaiserhofs beauftragt wurde. Claudians Gedichte sprechen deshalb die politischen Themen die-



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ses Jahrzehnts so an, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Teilnehmern des Festakts erzeugt wird: Sie beschwören die Einigkeit von Angehörigen des westlichen Kaiserhofs, des Militärs und des römischen Senats, und sie führen damit ihre Leser auch in die Atmosphäre der spätantiken Weltpolitik ein: Die Unsicherheit der immer wiederkehrenden Bürgerkriegssituationen im Kampf um die Kaiserwürde, die krisenreiche Beziehung zwischen den Regierungen der West- und der Osthälfte des Reichs und die Auswirkungen der Völkerwanderung trafen Italien in den Jahren um 400 existenziell. Spannungen und Widersprüche in dieser Zeit des Umbruchs spiegeln sich im Werk Claudians wider. Die Forschungsgeschichte arbeitet sich dementsprechend an dichotomischen Fragen ab: War Claudian Christ oder Heide? Sind seine Dichtungen eher der Epik oder dem Genre der Festrede zuzuordnen? Ist er Propagandaschriftsteller oder ist er ernst zu nehmender Zeitzeuge? Claudians Epik würde ohne die hinreißend geschilderten Götterszenen nicht so begeistern. Die Diskrepanz zwischen dieser heidnischen Tradition und dem christlichen Kaiserhof fällt ins Auge: Wie konnte Claudian unter Theodosius d. Gr. und im Mailand des Bischofs Ambrosius so deutlich an der paganen römischen Tradition festhalten, obwohl die Carmina in der Mehrzahl für Festanlässe am christlichen Kaiserhof verfasst wurden? Die Frage nach der literarischen Zuordnung drängt sich auf, weil Claudian sich zwar in der Szenengestaltung und im Erzählparadigma vor allem an der epischen Tradition seit Homer orientierte, in der Gesamtstruktur jedoch die rhetorischen Vorschriften für das Herrscherlob oder für andere Gelegenheitsreden erfüllte. Und drittens ist Claudian für viele wichtige politische Entscheidungen und Ereignisse unser einziger Zeitzeuge, der noch dazu in direktem persönlichem Kontakt zu wichtigen politischen Akteuren stand. Seine Gedichte transportieren politische Botschaften. Daher

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muss sich jeder Historiker, der sie auswerten will, fragen: Wie akzentuiert Claudian die Darstellung historischer Vorgänge im Sinne seiner Auftraggeber? Wie weit geht er dabei, um Stilichos und Honorius’ Politik möglichst positiv nach außen darzustellen? Widersprüchliche Modelle für Kaiserideale Aus einer Lobrede lässt sich das politische Ideal des Sprechers für seine Zeit ableiten. Cicero konnte in seiner Dankrede Pro Marcello im Lob dem Diktator Caesar mitteilen, was der Senat von ihm erwartete. Plinius hat seinen Panegyricus auf Trajan vor der Publikation mehrfach im Kreis der Senatoren vorgetragen, um die Kriterien seines Herrscherlobs zu diskutieren und sich die Zustimmung seiner Standesgenossen einzuholen, dass das entworfene Herrscherbild auch ihren Vorstellungen entsprach. Das Kaiserbild, das Claudians Gedichte entwerfen, greift allerdings auf so unterschiedliche Traditionen zurück, dass es spannungsvoll und anachronistisch, um nicht zu sagen widersprüchlich, wirkt. Die Gedichte sind passgenau auf den Anlass und den ritualisierten Rahmen des jeweiligen Staatsakts abgestimmt; der Auftritt eines Kaisers wurde mit größtem Aufwand inszeniert, weil die Prachtentfaltung eine Faszination ausüben und den Machtanspruch unterstützen sollte. Die Majestät der kaiserlichen Erscheinung wird von Claudians Dichtungen daher nicht anders vermittelt, als es in der Ära eines Domitian Statius’ Silvae oder auch Martials Epigramme getan haben. Unter diesem Aspekt betrachtet, kommt das Kaisertum der Spätantike dem Dominat wesentlich näher als dem augusteischen Prinzipat. Doch in denselben Gedichten wird zum Lobpreis des Kaisers der Wertekanon der altrömischen Republik in Erinnerung gerufen, wie man das aus den Dichtungen der augusteischen Restauration kennt. Und um die Sache noch komplexer zu machen: Nicht allein Claudian, sondern fast alle Panegyriker der



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Spätantike orientierten sich an dem Herrscherideal, das Plinius in seiner Dankrede an Trajan formuliert hatte. Doch der römische Staat der Spätantike unterscheidet sich grundlegend vom Prinzipat und von der Zeit der Adoptivkaiser. Nach der Reichskrise des dritten Jahrhunderts hatte die Reform unter Kaiser Diokletian bekanntlich zu einer Neuordnung der gesamten Reichsverwaltung und der Heeresorganisation geführt. Trotzdem erwecken Claudians Dichtungen den Eindruck, als ob die Staatsordnung eines Augustus oder auch eines Trajan noch uneingeschränkte Gültigkeit besitze – und damit vor allem das Ideal eines Kaisers, der die Stadt Rom als Zentrum des Reichs anerkennt und der eine harmonische Beziehung zum Senat pflegt. Heldendichtung für die Gegenwart Die pagane Tradition bei Claudian lässt sich zunächst auf seine Orientierung an der antiken Epik zurückführen. Das Weiterleben des epischen Götterapparats im christlichen Umfeld wundert uns in Renaissance- und Barockdichtung kaum noch, und die Deutungstradition mittels Allegorese, die das ermöglicht, stammt aus der Antike und war gerade in Claudians Zeit gängige Praxis. Wir müssen davon ausgehen, dass Claudian damit Hörer angesprochen hat, die entweder schon mit dem griechischen und römischen Bildungskanon aufgewachsen sind oder sich (wie das bei dem Vandalen Stilicho anzunehmen ist) mit ihm identifizierten und die Zugehörigkeit zu dieser Tradition demonstrieren wollten. Claudian ist vor allem bei Homer, Vergil, Ovid und Statius in die Lehre gegangen und hat deren Tableaus, Allegorien, Götteraktionen und Denkfiguren weiterentwickelt, so dass seine Hörer die Referenzen erkennen und damit auch die Änderungen und Anpassungen an die aktuellen Situationen entsprechend goutieren und deuten konnten.

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Nehmen wir ein Beispiel der Homer-Rezeption: Der Abschied Hektors von seiner Andromache und dem kleinen Astyanax ist aus dem sechsten Buch der Ilias bestens bekannt; psychologisch fein beobachtet Homer die angstvolle Reaktion des Kleinkinds auf den wippenden Helmbusch, den Hektor deshalb lächelnd vom Haupt nimmt. Wenn dagegen bei Claudian Kaiser Honorius schon als Kleinkind fröhlich und unerschrocken mit der Rüstung seines Vaters spielt (3 cons. Hon. 29–38), ist er also mutiger als Hektors Sohn. Dieses plakative Lob wäre aufdringlich, würde es nicht gleichzeitig mit einem tragisch-bitteren Unterton versehen; denn Theodosius gleicht dem homerischen Hektor darin, dass auch sein Sohn den Vater tragisch früh verlieren wird. Nicht nur das Lob, sondern auch die Invektive setzt diese literarischen Referenzen voraus: Die epischen Unterweltsszenen entwickelt Claudian aus dem Vorbild des Statius weiter – und zwar so anregend, dass er seinerseits für christliche Epiker bis zu Tasso und Milton das Modell liefern wird. Denn das Gute und das Böse bedingen sich gegenseitig, auf beiden Seiten gibt es Gründe für das Eingreifen auf Erden: Weil Kaiser Theodosius zu effektiv für den Frieden auf Erden sorgt, müssen die Furien zur Existenzsicherung ihrer Unterwelt in einem Konzil aller Höllenmächte zum Aufstand aufrufen (Rufin. I 25ff.): Der gegnerische Politiker Rufinus ist Ausgeburt der Hölle und Wunderwaffe der Furien, mit der die finsteren Mächte auf Erden zunächst zu siegen scheinen. An diesem Punkt ist Claudian bei dem Epiker Lucan in die Lehre gegangen, was man zunächst nicht vermuten würde, weil Lucan in seinem Bürgerkriegsepos programmatisch auf den Götterapparat verzichtet hat. Lucan ist der Epiker, der die Zweifel an der Weltordnung mit dem Gestus des zutiefst Betroffenen artikuliert: Wie kann so etwas Schreckliches wie der Bürgerkrieg zugelassen werden? Lucan gibt der Zeitgeschichte und den staatlichen Krisen, die er zum Thema seines Epos gemacht hat, eine philosophische Tiefendimension, indem er keine rivalisierenden Götter agieren lässt, sondern das



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Schicksal auffordert, ihm Rechenschaft für die Leiden Roms abzulegen. Diese Theodizee-Gestik übernimmt Claudian in die rahmenden Partien seiner Invektive: Wie kann sich das Schlechte auf Erden so erfolgreich durchsetzen? Damit verleiht er seinerseits der zeitgeschichtlichen Situation und Stilichos Rolle dabei eine besondere Bedeutung: Der Aufstieg eines Rufinus – so glauben wir seiner suggestiven Erzählung gern – gibt allen Grund, an der Providenz zu zweifeln. Doch das schlimme Ende für den Übeltäter beweist, dass es göttliche Gerechtigkeit gibt, die das Talionsprinzip erkennen lässt und die Leistung der Guten bestätigt. Nicht nur der literarische Bezugsrahmen, auch die Omnipräsenz bildlicher Darstellungen von den Münzen bis zur monumentalen Statue wird von Claudian innovativ genutzt. Roma steht ikonographisch als Amazone und Pallas Athene-Typus jedem Römer deutlich vor Augen. Wenn bei Claudian diese Roma, deren Namen man gern von griechisch ῥώμη („Kraft“) herleitet, auf einmal ausgehungert und grauhaarig erscheint, so dass sie kaum noch ihren verrutschten Helm und rostigen Schild tragen kann (Gild. 17–25), dann hat sich der Dichter die Aufmerksamkeit seiner Hörer gesichert. Sie können sich über die jämmerliche Erscheinung der Herrin der Welt amüsieren, weil die Krise ja überwunden ist, oder sie können sich noch einmal mit Schrecken die Gefahr vergegenwärtigen. Denn aus der aktuellen Erfahrung heraus wird sogar die Hyperbel des Dichters und Rhetors glaubwürdig, dass für Rom mit dem afrikanischen Getreide-Embargo des Jahres 397 die größte Gefährdung seit Gründung der Stadt erreicht gewesen sei. Claudia Schindler (2009) hat in ihrer Studie zur panegyrischen Epik der Spätantike zu Recht betont, dass Claudian die eigene Zeit und ihre Geschehnisse in den Rang eines Stoffs für klassische Dichtung heben will. Claudians Tendenz zu einer Allegorisierung, die ohne einen konkreten Bezug auf die altrömische Religion auskommt, wird von Schindlers Beobachtung bestätigt: Die auftretenden Götter befinden sich erstaunlich oft in einer unterlegenen

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Position, wenn sie zu Menschen in Kontakt treten. Im Unterschied zu den Göttererscheinungen etwa in Ovids Fasti oder Statius’ Silvae sind es bei Claudian vor allem Landes- und Stadtgötter, die als Bittsteller auftreten oder von den irdischen Ereignissen so stark betroffen sind, dass sie sogar von den eingreifenden menschlichen Helden gerettet werden müssen. Die hungernde Roma erhält zwar von Jupiter die Zusage auf Hilfe, aber es ist Stilicho, der diese in die Tat umsetzt. Mögen diese Göttergestalten also nicht mehr religiös aufgeladen sein, so ist doch die politische und moralische Semantik noch virulent, gerade wenn es darum geht, die Tradition des weströmischen Reichs vom Osten abzusetzen. Der Rückbezug auf all das, was in der augusteischen Zeit als urrömisch propagiert wurde, ist dabei von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Claudian, der Kaiserhof und das Selbstverständnis des römischen Senats Claudian hat von beiden regierenden Kaisern auf Antrag des Senats eine Ehrenstatue auf dem Forum Traianum erhalten, deren Inschrift im Wortlaut überliefert ist (CIL VI.1 1710). Darin wird dem zweisprachigen Dichter in einem griechischen Distichon bestätigt, den Geist Vergils und die Muse Homers in sich zu vereinen, also die beiden größten Dichter des griechischen Ostens und lateinischen Westens zu verkörpern. Aus einer derartig ehrenvollen Anerkennung ist zu schließen, dass Claudians ästhetische Leistung geehrt wurde. Er stellt sich selbst, wie zuletzt Clare Coombe (2018) betont hat, immer als Dichter, nicht als Redner oder Historiker dar. Aber Homer gilt seit dem Hellenismus als Universalgelehrter, und für Vergil haben die römischen Gelehrten diesen Status ebenfalls mit Akribie nachgewiesen, wie es die Saturnalia des Macrobius zeigen. Das bedeutet, dass ihre Dichtungen die Spitzenleistungen von Redekunst, Historiographie und anderen Wissensgebieten in



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sich fassen. Wenn Claudian als Verkörperung von Homer und Vergil gefeiert wird, darf er also diesen Universalanspruch ebenfalls erheben: Indem er Dichter ist, ist er auch Redner und Historiker. Darüber hinaus könnte diese Ehrung durch den Senat bedeuten, dass Claudian nicht als politisches Sprachrohr des Stilicho allein wahrgenommen wurde, sondern offenbar auch dafür ausgezeichnet werden sollte, das Selbstverständnis der politischen Elite in Rom treffend ausgesprochen zu haben. Es lohnt sich also, diesem Selbstverständnis der senatorischen Oberschicht Roms weiter nachzugehen: Einige der Spannungen und Tendenzen, die in Claudians Werk zu beobachten sind, lassen sich damit in Verbindung bringen. Das Standesbewusstsein, das die römischen Senatoren im ausgehenden vierten Jahrhundert demonstrativ zur Schau stellen, steht in einem deutlichen Kontrast zum Verlust an politischer Einflussnahme. Die betont konservative Haltung kann man als einen Versuch deuten, die symbolische Macht der römischen Tradition kompensatorisch einzusetzen. Bestimmte restaurative Tendenzen der augusteischen Epoche wurden wieder aufgegriffen; programmatische Autoren der augusteischen Klassik, allen voran Vergil und Livius, erfuhren besondere Aufmerksamkeit in Kommentaren und Editionen, die in diesem geistigen Umfeld entstanden. Vielleicht am deutlichsten ist diese Haltung für uns in den Werken des Q. Aurelius Symmachus zu greifen, denen besonders Richard Klein (1972) zu neuer Aufmerksamkeit verholfen hat. Symmachus hat im Jahr 384 als Senatssprecher die altrömischen Kultinstitutionen gegen die restriktive christliche Gesetzgebung in seiner berühmten dritten Relatio an die Kaiser Valentinian II., Theodosius und Arcadius verteidigt. Symmachus sprach sich dort für eine Glaubensvielfalt in neuplatonisch-synkretistischer Haltung aus: Alle Menschen beten ein höchstes Wesen an, wenn auch auf unterschiedliche Weisen. Die Rücksichtnahme auf verschiedene Formen religiöser Verehrung kann man als Aufforderung

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zur Toleranz und als Forderung nach Religionsfreiheit lesen. Im Kontrast dazu muss heute die ablehnende offizielle Antwort, die Bischof Ambrosius im Namen der regierenden Kaiser verfasste, geradezu engherzig wirken, weil sie – im Sinne dieser dialektischen Argumentation und aus christlicher Sicht konsequent – die ausschließliche Verehrung des einen wahren Gottes im ganzen Reich einforderte. Andererseits verrät Symmachus in seinem Plädoyer für die Beibehaltung der römischen Riten seine traditionalistische Einstellung: Religionsausübung besteht für ihn vor allem in einer getreuen Erfüllung kultischer Vorschriften, um dadurch die göttliche Hilfe für Rom zu garantieren. Klein (1986) erkennt darin eine für die Spätantike symptomatische Erstarrung im Festhalten am mos maiorum. Man darf bei der Interpretation nicht die politische Stoßrichtung beider Redner übersehen: Ein zentrales Argument in Symmachus’ Relatio ist nämlich die religiöse Fundierung des römischen Herrschaftsanspruchs. Er greift dazu auf die augusteische Restauration zurück, die dieses Selbstverständnis des römischen Reichs so deutlich ins Bewusstsein gerufen hatte: Nur die Wahrung der römischen Staatsreligion und strikte Einhaltung der Kultvorschriften an ihrem ursprünglichen Ort – also in Rom und nirgendwo sonst im Reich! – sichern den Bestand des Imperium Romanum. Und diese Aufgabe kommt dem Senatorenstand und dem Kaiser besonders zu. Der Konflikt zwischen dem Senator Symmachus und dem Bischof Ambrosius, der als „Streit um den Victoria-Altar“ bekannt geworden ist, weil dessen symbolträchtige Entfernung aus dem Senat der äußere Anlass für die offiziell geführte Auseinandersetzung war, lässt die Konkurrenz um die kulturelle und politische Deutungshoheit erkennen: Die römischen Senatoren verstanden sich als Wahrer der Reichstradition, und die Symbolkraft des Senats und der Stadt Rom war ihr politisches Kapital. Die eigentliche Regierung hatte schon längst ihren Sitz mit der Hofverwaltung und der Kommandozentrale des Heers nicht



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mehr in Rom, sondern in den kaiserlichen Residenzstädten, die strategisch günstiger lagen: in Mailand und in Ravenna, in Trier und in Arles. Immerhin nahm mit der Reorganisation der Reichsverwaltung die Zahl der Senatoren im Reichsdienst wieder zu; die Karriere der viri clarissimi konnte über Quästur und Prätur zu den prestigeträchtigen Provinz- und Diözesenverwaltungen, zu den Ämtern des praefectus urbi oder des Prätorianerpräfekten führen. Die Ernennung zum Konsul wurde zu einer besonderen Auszeichnung, weil sie so selten war. Dieses Amt war das einzige, das auch die Kaiser der Spätantike noch bekleideten. Da i.d.R. jährlich je ein Konsul für den Senat in Rom und einer für den Senat von Konstantinopel ernannt wurden, war die Chance auf dieses Amt für einen römischen Senator extrem gering. Gerade in Bürgerkriegssituationen im vierten Jahrhundert zeigte sich, dass die aristokratischen Familien Roms wieder zum politischen Machtfaktor werden wollten und konnten, wenn sie als Unterstützer des regierenden Kaisers oder umgekehrt seiner Herausforderer Partei ergriffen. Bürgerkriegsanlässe gab es nach der diokletianischen Reichsreform noch regelmäßig, auch wenn eine gewisse Stabilität und Kontinuität in der Reichsregierung im Vergleich zum Jahrhundert der Soldatenkaiser erreicht war. Die von Diokletian angestrebte Machtbalance der Tetrarchie – idealerweise sollten in jeder Reichshälfte je ein Augustus und ein Caesar regieren – war dennoch leicht zu stören. Der Machtkampf zwischen Konstantin und Maxentius wurde militärisch im Jahr 312 an der Milvischen Brücke ausgetragen. Maxentius hatte dabei die kluge Strategie gewählt, die Römer für sich zu gewinnen, indem er seine cura für ihre Stadt durch Großprojekte wie die Maxentius-Basilika am Forum Romanum unter Beweis stellte. Es ist daher folgerichtig, dass Konstantin nach seinem Sieg dieses prachtvolle Bauwerk in seinem Namen vollendete und die kaiserliche Präsenz in Rom mit seiner Kolossalstatue symbolisierte, die an einen thronenden Jupiter erinnert. Bei Kaiser Theodosius, dem Claudian wohl seine

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Karriere verdankte, wiederholte sich diese politische Konstellation beinahe noch einmal. Indem sich Theodosius militärisch gegen akklamierte Kaiser durchsetzte, gingen diese mit ihrer Niederlage als Usurpatoren (im Latein der Zeit: tyranni) in die Geschichte ein. Hochrangige Senatoren hatten aber gerade diese „Gegenkaiser“ unterstützt. Dass Theodosius als Augustus im Osten das Christentum nachhaltig gestärkt hatte, wie seine Edikte erkennen lassen, war möglicherweise für diese römischen Senatoren ein Beweggrund dafür, die gegnerischen Kaiser zu unterstützen, die religionspolitisch weniger profiliert agierten. Dass man in Rom jedenfalls ein anderes Kaiserideal als in Mailand hatte, das zeigen die Festreden für den siegreichen Herrscher: Als Theodosius im Jahr 389 mit seinem Einzug in Rom den Sieg über den Usurpator Maximus feierte, pries der Festredner Pacatus im Senat den Kaiser als einen würdigen Nachfolger Trajans – und gerade nicht als einen christlichen Herrscher. Vielmehr wurde das angeblich tyrannische Regiment des Maximus an einem Beispiel verdeutlicht, das gar nicht typisch für dessen Politik war: Ausnahmsweise hatte Maximus nämlich religionspolitisch agiert, als er mit harten Maßnahmen gegen die Priscillian-Anhänger vorgegangen war. Das Eingreifen war aber von der Kirche gefordert und unterstützt worden. Pacatus’ Lobrede auf Theodosius hält sich genau wie Claudians Gedichte an ein traditionelles Kaiserideal, das sich von dem christlichen Herrscherbild, das Bischof Ambrosius in Mailand durchzusetzen versuchte, deutlich unterscheidet. Der Senat von Rom agierte nicht einstimmig. Prominente Vertreter unterstützten fünf Jahre später Eugenius und Arbogast. Dass immerhin einige aristokratische Senatorenfamilien wie die Anicii Kaiser Theodosius beistanden, verrät die besondere Auszeichnung der beiden Söhne des Probus, mit dem Konsulat des Jahres 395, die zu Claudians erster Auftragsarbeit in Rom führte. Unter normalen Bedingungen wäre je ein Konsul für Rom und ein Konsul für den Senat von Konstantinopel ernannt worden. Schon die



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Ernennung e i n e s Konsuls für den Senat des Westens wäre also eine Ehre für den römischen Senat und für diese Senatorenfamilie gewesen, aber dass Roms Senatoren beide Konsuln stellen durften, war als ein politisches Zeichen zu verstehen. Theodosius, der jetzt die Regierung von östlicher und westlicher Reichshälfte in seiner Person vereinte, erkannte damit die Vorrangstellung des römischen Senats vor dem Senat von Konstantinopel an. Er demonstrierte außerdem, welchen Mitgliedern der altehrwürdigen Institution er sein Vertrauen schenkte; denn der von dem besiegten Eugenius ernannte Konsul des Vorjahres war kein geringerer als Nicomachus Flavianus gewesen, der als intellektueller Kopf der „heidnischen“ Senatspartei gilt. Doch hinter der politischen Auseinandersetzung den Kampf einer christlichen gegen eine heidnische Senatspartei zu sehen, trifft in dieser plakativen Weise offensichtlich nicht den Kern des Konflikts. Wie der Panegyriker Pacatus sechs Jahre zuvor, so schrieb auch Claudian in dieser Situation ein Festgedicht zum Amtsantritt, das nicht einmal ansatzweise eine christliche Akzentuierung erkennen ließe. Es ist bei ihm die personifizierte Roma, die Theodosius bittet, Probus in seinen Söhnen zu ehren. David und Peder G. Christiansen (2009) vertreten aus diesem Grund die These, Claudian sei gar nicht von Theodosius protegiert worden, sondern vielmehr aus dem Umfeld des Eugenius gekommen und aus einem vergleichbaren Grund zum Redner für den Festakt bestellt worden, wie der gallische Redner Pacatus im Jahr 389: Auch Pacatus sei zur Versöhnung der unterlegenen Partei mit dem siegreichen Theodosius ausgewählt worden. Wenn jedoch die Abgrenzung der Bürgerkriegsparteien in heidnisch versus christlich so eindeutig gewesen wäre, hätte der christliche Kaiser Theodosius sowohl die Pacatus-Rede als auch den Panegyricus des Claudian als politische Provokation empfinden müssen. Einen Schwerpunkt der Argumentation legen Christiansen/Christiansen (2009) nämlich auf die Charakterisierung des Dichters als Heiden bei Augustinus. Claudian wird bei dem christlichen Autor als a Christi nomine alienus (civ.

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5, 26) zitiert; Orosius (hist. 7, 35) hat im selben Kontext das Zitat übernommen und verschärft mit der Formulierung poeta quidem eximius sed paganus pervicacissimus eingeleitet. Im Kontext ihrer apologetischen Argumentation wollten Augustinus und Orosius die pagane Tendenz dieser Dichtung verschärft herausstellen: Sogar ein Heide wie Claudian habe gespürt, was alle Christen auch sagen, nämlich dass Theodosius von Gott geliebt und durch günstige Wetterbedingungen in der Schlacht unterstützt worden sei. Dazu müssen beide Autoren Claudians Verse sogar selektiv zitieren, indem sie einen Vers mit dem heidnischen Windgott Aeolus überspringen (Ware [2004] 155). Die rhetorische christliche Apologetik gibt uns deswegen keine zuverlässige Auskunft über Taufschein und Parteibuch Claudians. Christiansen/Christiansen (2009) bleiben eine Erklärung dafür schuldig, wieso Claudian, wenn er denn so enge Kontakte zum Umfeld des Eugenius hatte, vorher im Westen nicht in Erscheinung getreten ist und anschließend derartig schnell das Vertrauen des Hofs in Mailand gewinnen konnte. Denn dieses Festgedicht (Olybr. Prob.) war nach Claudians eigener Aussage in seinem Briefgedicht an Probinus (c. min. 41, 13 f.) sein erster Auftritt in Rom. Es ist nicht sicher zu klären, wie der Dichter, wenn er denn in Alexandria ausgebildet und im griechischen Osten tätig war, nach Rom kam. Alan Cameron (1970) hat jedoch die Wahrscheinlichkeit dieser Herkunft gründlich besprochen und die Möglichkeiten umsichtig diskutiert: Wenn Claudian mit den Anicii zuvor schon bekannt war, so haben sie seiner Karriere mit diesem Auftrag zum durchschlagenden Erfolg im Westen verholfen. Cameron selbst tendiert zu der Erklärung, dass Claudian als Theodosius’ Protégé mit dem Kaiser im Jahr 394 von Konstantinopel nach Italien kam. Claudian war jedenfalls in der Folgezeit für den Kaiserhof in Mailand und den Heeresmeister Stilicho tätig, der die Amtsgeschäfte für den Kindkaiser Honorius führte. Mit Theodosius’ Tod im Ja-



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nuar 395 war die Spaltung in eine West- und eine Ostregierung endgültig verfestigt. Stilichos Anspruch, für beide Kaiser in der Regierung und militärisch aktiv zu sein, traf auf mächtige Gegner und Rivalen in der Heeresführung und am Hof in Konstantinopel, die die Regierung für Kaiser Arcadius übernommen hatten. Sie untersagten selbstverständlich dem Konkurrenten im Westen Übergriffe auf oströmisches Territorium, selbst wenn es um die Abwehr von Goten und Hunnen ging, die militärisch dringend geboten war. Claudians Dichtung suggeriert uns, dass es Theodosius’ letzter Wille war, dass Stilicho Tutor seiner Söhne sein sollte (3 cons. Hon. 142–162). In greller Plakativität wird die moralische und kulturelle Unterlegenheit der politischen Gegner im griechischen Osten herausgestellt, um dagegen Kaiser Honorius und seinen „Vater“ Stilicho als Wahrer und Retter der römischen Reichsgebiete und der Reichstradition kontrastiv abheben zu können. Der politische Gegner Rufinus wird im wahren Wortsinn verteufelt (Rufin. I 89–115). Der Eunuch Eutropius ist nicht nur unfähig zur Regierung, wie die lächerliche Verzerrung seiner Krisensitzung klar machen soll (Eutrop. II 325–408); die intertextuellen Signale in dieser Parodie verweisen zudem auf Juvenals berühmte vierte Satire, die Domitians Kronrat in seiner Spannung zwischen Banalität und despotischer Willkür bedrohlich zeichnet. Dass Claudian mit dieser literarischen Tradition und einer paganen Bilderwelt die christliche Partei am Hof in Mailand brüskiert habe, ist nicht bezeugt und auch nicht anzunehmen. Die römische Klassik war auch Bildungshintergrund für christlich orientierte Politiker und für Kirchenpolitiker wie Bischof Ambrosius, der ein bestens ausgebildeter Redner und hoher kaiserlicher Beamter war, bevor er zum Bischof von Mailand wurde. Er mag in dieser Position mit Kaiser Valentinian II. und mit Kaiser Theodosius Machtkämpfe ausgetragen haben, aber er hatte sich in der Krisensituation des Jahres 395 als eine zuverlässige Stütze der kaiserlichen Familie erwiesen: In seiner hochpolitischen Leichenpredigt für

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Kaiser Theodosius hatte er die Soldaten in Mailand beschworen, der Dynastie die Treue zu halten. Die Argumentation des Bischofs ist rhetorisch ausgeklügelt: Er deutet den Begriff fides zunächst für die Soldaten im Sinne des Fahneneids als Treue zum Kaiser und seinen ernannten Nachfolgern aus, um dann zu zeigen, dass fides für Theodosius auch die Treue gegenüber Gott bedeutete, also seinen festen Glauben bezeichnete. Ambrosius stilisiert den verstorbenen Kaiser zum Christianissimus imperator, dessen Glaube an Gott dem Römischen Reich die göttliche Hilfe und damit den Erfolg auch in seinen Kriegen garantiert hatte. Er greift dabei auf das Gottesbild und die Heldenfiguren des Alten Testaments zurück: Die altertümlichen Könige und Heerführer der Bibel eignen sich dazu, die altrömischen Heldenbilder zu ersetzen und den Glauben an das göttliche fatum von Roms Weltherrschaft behutsam umzudeuten: Es gibt auch im christlichen Glauben die göttliche Führung eines auserwählten Volks; das war lange Zeit Israel, aber jetzt dürfen sich die Römer in dieser Rolle erkennen, weil ihr Weltreich im göttlichen Heilsplan dazu vorgesehen ist, das Christentum zur Weltreligion zu machen. Ambrosius’ Predigt lässt eher den Schluss zu, dass die christlichen Literaten des vierten und fünften Jahrhunderts noch eine angestrengte Überzeugungsarbeit leisten mussten, um die Bibel als neuen Referenztext zu etablieren. Das gelang erst allmählich in einer Synthese der römischen Literaturtradition und der biblischen Inhalte. Die spätantike Bibelepik ist als Ausdruck dieser Tendenz zu verstehen. Dass auch biblische Stoffe tauglich sind, um mit ihnen das Prestige klassischer Dichtung zu erreichen, wird in dem Genre bewiesen, das in der Gattungshierarchie die höchste Stufe einnimmt. Der „christliche Vergil“ Prudentius hat zum einen den biblischen Helden, zum anderen aber auch den christlichen Märtyrern und den christlichen Kardinaltugenden als Allegorien zu literarischer Hoffähigkeit verholfen. Dass er sich in bewusster Auseinandersetzung mit der konservativ römischen Tradition und



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ihren Vertretern gesehen hat, ist an seiner Antwort auf Symmachus’ Relatio zu erkennen: Seine christliche Geschichtsdeutung in den beiden Büchern Contra Symmachum hebt Roms besondere Stellung und Mission hervor, alle Völker unter christlichem Glauben zu einen. Roma aeterna in Krisenzeiten Das Eindringen von Goten und Hunnen in das Territorium des Römischen Reichs bedrohte nicht nur die Osthälfte, sondern zunehmend auch Italien und Rom selbst. Der Versuch, die aggressiv vorrückenden Völker dadurch unter Kontrolle zu bekommen, dass man ihre militärischen Kräfte ins römische Heer integrierte, war letztlich nicht erfolgreich. Der Westgotenführer Alarich konnte trotz oder gerade wegen seines militärischen Rangs als magister militum per Illyricum schon im Jahr 401 den Einfall mit den Westgoten nach Italien wagen, bevor er im Jahr darauf von Stilicho in der Schlacht bei Pollentia vorläufig zurückgestoßen wurde. Schon vier Jahre zuvor hatte sich bei der Getreideversorgung für Rom gezeigt, dass die Hauptstadt von Lieferungen aus Libyen bedrohlich abhängig war, weil Ägypten nicht mehr Italien, sondern Konstantinopel und die Osthälfte des Reichs belieferte. Die „ewige Roma“ war zu Claudians Zeiten in ihrer Existenz gefährdet. Im Jahr 410 sollte dann sogar eintreten, was vorher für unmöglich gehalten wurde: Alarich eroberte Rom! Diese Ereignisse und Vorgänge (bis zum Jahr 404) werden in Claudians Gedichten aus der Sicht des weströmischen Kaiserhofs kommentiert. Natürlich ist diese Geschichtsdeutung tendenziös und überhöht die Vorgänge episch: Die Völkerwanderung kann als eine heilsame Prüfung durch den Kriegsgott persönlich verstanden werden – analog zu Silius Italicus, dessen Jupiter den HannibalAngriff auf Italien damit begründet, dass die Römer in ihrem An-

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spruch auf Weltherrschaft nicht verweichlichen dürfen (3, 571–583). Claudians Mars will allerdings nur den Osten von seiner Dekadenz heilen (Eutrop. II 103–159) und seine wahren Enkel, die RomulusNachkommen im Westen, rächen, weil der östliche Eunuch das Amt des Konsuls entehrt hat. Der Afrikaner Gildo und der Gotenführer Alarich werden zu epischen Gegnern des Überhelden Stilicho, wobei Claudian die Afrikakrise zur Existenzgefährdung durch einen neuen Hannibal steigert: Der Sieger Stilicho darf folglich als ein neuer Scipio Africanus gelten (Stil. II 380ff., Stil. praef. III). Alarich und die Westgoten konnten bei ihrem ersten Italienzug im Jahre 401/402 mit Mühe noch einmal abgewehrt werden – Stilicho wird wieder als Retter Roms gefeiert, der Vergleichbares geleistet hat wie Camillus mit der Abwehr des Galliersturms (Stil. II 390, Get. 430ff.). Gerade dieses Bild des Rom-Retters Stilicho hat sich im historischen Bewusstsein festgesetzt. Stilichos politischer Sturz und gewaltsamer Tod im Jahre 408, den Claudian vermutlich nicht mehr miterlebt hat, ließ sich nachträglich kausal mit der Westgoten-Katastrophe von 410 verbinden: Zum ersten Mal seit dem Galliersturm des Jahres 390 v. Chr. hatte es ein feindliches Heer geschafft, Rom zu erobern. Kaum war der schützende Held beseitigt, wurde Rom von Alarich eingenommen! Die Roma-aeterna-Gewissheit, die auch Claudians Dichtung beschwört, wurde nachhaltig erschüttert. Die Verteidigungsstrategie, die etwa Augustinus in De civitate Dei anwendet, musste darauf reagieren, dass jetzt der Ausschließlichkeitsanspruch des Christentums in Frage gestellt war: Kaum hatte man sich von den traditionellen Kulten in Rom abgewandt, hatte man schon den göttlichen Schutz für die Stadt eingebüßt. Der christliche Glaube hatte als Schutz versagt. Es war offensichtlich ein ernst zu nehmender Vorwurf, gegen den die christlichen Autoritäten überzeugende Argumente finden mussten. Hinter diesem Vorwurf steht ein Geschichtsbild, für das Livius in seiner Camillus-Rede (5, 51ff.) für das augusteische Rom die



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argumentativen Formeln geprägt hatte: Nach dem Galliersturm wollte die Plebs das zerstörte Rom verlassen und in das intakte und moderne Veji umsiedeln. Camillus, dem „zweiten Gründer Roms“, soll es gelungen sein, das zu verhindern. Livius hat ihm den entscheidenden Gedanken in den Mund gelegt, der für die Spätantike wieder Aktualität erhielt: Rom dürfe als Standort und Zentrum des Imperium Romanum niemals aufgegeben werden, weil mit diesem Ort der Erfolg des ganzen Reichs untrennbar verbunden sei. Die Überzeugung, dass mit der Festlegung des Orts bei der Stadtgründung auch eine rituell-magische Entscheidung gefallen war, wirkte fort: Die geweihten Stätten verpflichteten die Römer zum Gottesdienst an genau diesen Stellen. Seit dem Gründungsauspizium war diese Wirkung als gute Aura, als Verbindung zwischen Göttern und Menschen, weitertradiert worden; die Pflege der Kulte an Ort und Stelle garantierte den Fortbestand des Reichs. In augusteischer Zeit, als Livius seinen Camillus mit dieser Rede gegen den Antrag der Volkstribunen zur Umsiedelung sprechen ließ, war damit die politische Aussage verbunden, dass die politische Umorientierung nach Osten – vor allem Antonius’ Favorisierung der Kulturmetropole Alexandria – keine Lösung sein durfte. Für Claudians Hörer ist die symbolische Bedeutung der Hauptstadt des Reichs unumstritten – und das, obwohl sie militärstrategisch ungünstig lag, deshalb keine Residenzstadt war und damit politisch keine tatsächliche Entscheidungsgewalt mehr ausübte. Die christliche Antwort auf die Frage, wie die Rolle Roms in einer sich verändernden weltgeschichtlichen Situation gerechtfertigt werden kann, bestand in dem Nachweis, dass die göttliche Providenz in ihrem heilsgeschichtlichen Plan für das Imperium Romanum eine wichtige Funktion vorgesehen hatte: Die Inkarnation Christi und die Pax Augusta fallen nicht zufällig zusammen; das Weltreich ist dazu ausersehen, das Christentum zur Weltreligion zu machen, so dass Rom damit geistiges und geistliches Zentrum der christlichen Welt bleiben wird.

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Claudian spricht nirgends in seinen politischen Gedichten tatsächlich von der Ausübung der altrömischen Kulte: Victoria empfängt zwar den neuen Konsul, doch es wird nicht gesagt, dass dieser an dem umstrittenen Victoria-Altar in der Kurie ein Opfer darbringt (Stil. III 202–222; 6 cons. Hon. 597–603). Aber Claudian geht ganz selbstverständlich von der Gültigkeit der altrömischen Wertbegriffe und der Anerkennung der Helden und Götter aus, die diese Werte verkörpern – das kann er umso selbstbewusster tun, als sich damit suggerieren lässt, dass sich die westliche Reichsregierung positiv von einem östlichen Herrschaftsstil abhebt. Der byzantinische Herrschaftsstil des unnahbaren und von Höflingen bewachten Kaisers hatte eine suggestive literarische Gestaltung durch den Historiker Ammianus Marcellinus erfahren, der die Regierung des Constantius II. († 361) als finsteren Hintergrund einsetzt, vor dem er seinen Held Julian umso leuchtender auftreten lassen konnte. Solche plakativen Kontrastierungen sind die rhetorische Regel, man erwartet sie bei Historikern genauso wie bei Rednern und bei Dichtern. Dass Claudian den oströmischen Hof so finster malt, um seinen Helden Stilicho und Kaiser Honorius als echte Römer und Wahrer der Reichstradition davon abzuheben, überrascht also nicht, auch wenn er natürlich nicht Kaiser Arcadius selbst, der als Bruder des weströmischen Kaisers schonend behandelt werden muss, dafür verantwortlich machen kann – wohl aber dessen politische Berater. Propaganda und die Spielregeln der Panegyrik Claudians Werk hält für die turbulente Zeit um 400 zweifellos entscheidende historische Informationen bereit. Um also die intendierten politischen Aussagen und damit auch die historische Glaub- oder Unglaubwürdigkeit des Dichters bewerten zu können, müssen nicht nur die historischen Hintergründe berücksichtigt



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werden, sondern auch die poetisch-rhetorischen Darstellungskonventionen und ihre Rezeptionsbedingungen. Dazu hat die Forschung seit den 1970er Jahren viel klären können. Alan Camerons Monographie Poetry and Propaganda at the Court of Honorius (1970) hatte mit dem Begriff der politischen Propaganda eine lebhafte Auseinandersetzung um die Interpretation von Claudians Dichtungen ausgelöst. Christian Gnilkas Rezension (1977) wies auf die Gefahr eines Zirkelschlusses hin, die in Camerons Verfahren angelegt sei: Wenn Claudians Werk unter dem Generalverdacht gelesen werde, dass die Darstellung grundsätzlich tendenziös verfälschend sei, verfalle der kritische Leser leicht in den methodischen Fehler, dass er automatisch alles, was Claudian aussagt, ins Gegenteil verkehre, weil er meine, damit das historisch Zutreffende herauszuhören. So einfach arbeitet jedoch auch Propaganda nicht, eine systematische Untersuchung der literarischen Mittel ist also unumgänglich. Siegmar Döpp (1980) hat daher die Beziehungen zwischen literarischer Gestaltung und zeitgeschichtlicher Situation differenzierter in den Blick genommen. Man darf es gerade Cameron als Verdienst zuschreiben, die Claudian-Forschung aus dem Denken in Dichotomien herausgeführt zu haben: Um beispielsweise sagen zu können, dass die griechischen Anfänge des Dichters unpolitisch gewesen seien, während der lateinische Dichter immer politisch sei, muss man zunächst fragen, in welchem Umfeld Claudian überhaupt als griechischer Dichter zu greifen ist. Vor allem aber muss man fragen, welche Beziehungen der wohl in Alexandria ausgebildete junge Dichter hatte, dass er so schnell ehrenvollste Aufträge für Staatsanlässe in Mailand und Rom erhalten konnte. Selbst für die alte Frage, ob Claudian denn Sprachrohr der heidnischen Senatspartei oder doch Christ war, hat Cameron gezeigt, dass sie falsch gestellt ist und durch die Frage ersetzt werden muss, wie im streng-christlichen Mailänder Umfeld eine Panegyrik mit paganen Göttern und altrömischer Wertevermittlung einen derartigen Erfolg haben konn-

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te. Die so wiederbelebte Forschungsdiskussion (siehe etwa Müller [2009] und Ware [2012]) zeigt: Um hier eine Antwort geben zu können, muss man sich die Erwartungen der antiken Hörer und Leser vergegenwärtigen, die von den politischen und den rhetorischen Spielregeln der Lobreden geprägt sind. Die rhetorischen Vorgaben sind in diesem Bereich sehr präzise bestimmt; sie gehörten zur Ausbildung, die die meisten Zuhörer genossen hatten. Unsere Kenntnis der antiken Rhetorik ist dominiert von Lek­ türe­erfahrungen mit der Gerichtsrede und der forensischen Rhetorik. Für panegyrische Reden aber gelten die Regeln des genus demonstrativum bzw. γένος ἐπιδεικτικόν, das die klassischen antiken Rhetoriker eher stiefmütterlich behandelten. Das hat lange Zeit nicht gerade dazu beigetragen, Panegyrik als Forschungsgegenstand aufzuwerten. Unterdessen ist das Bewusstsein für rhetorische (und politische) Spielregeln geschärft. Sie sind gut zu rekonstruieren, zum einen aus den erhaltenen Reden dieser Zeit selbst: Mit den Panegyrici Latini, die wahrscheinlich als gallische Mustersammlung für die Rhetorikausbildung zusammengestellt wurden, besitzen wir zwölf qualitativ hochwertige Festreden. Da wir, abgesehen von den Deklamationsübungen, nach Cicero sonst über so gut wie keine vollständig erhaltenen Reden verfügen, ist dieses Corpus umso wertvoller: Es setzt mit Plinius’ Panegyricus auf Trajan ein, der als literarisches Modell kanonische Wirkung entfaltet hat. Bezeichnenderweise wird die Lobrede des Pacatus auf Kaiser Theodosius anlässlich seines Adventus in Rom als zweite Rede überliefert, denn sie orientiert sich deutlich an Plinius’ Vorbild. Wir finden in der Sammlung aber auch Reden aus konstantinischer Zeit. Zum anderen sind in rhetorischen Lehrwerken entsprechende Anleitungen kurz, aber aussagekräftig überliefert. Quintilian widmet dem epideiktischen Redegenus einige Kapitel im dritten Buch seiner Institutio oratoria; zum Aufbau und zur Ausgestaltung einer Lobrede auf Menschen (laus hominum: inst. 3, 7, 10–18) finden sich konkrete Anweisungen. Vor allem macht er uns deutlich, dass die



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Invektive demselben Aufbau wie die Lobrede folgt, indem nämlich alle lobenden Eigenschaften ins Gegenteil (turpe) zu verkehren sind (vituperatio: inst. 3, 7, 19–22). Schon mit diesem Wissen ausgestattet, kann man Claudians Invektiven formal gut beschreiben. Doch spätere Lehrbücher in griechischer Sprache, die nicht mehr nach dem System der forensischen Rhetorik gegliedert sind, geben mit ihrem Praxisbezug einen noch deutlicheren Einblick in die Werkstatt der Redner und die Technik, wie Redeschüler an die Aufgabe herangeführt wurden. Sowohl die wohl spätantike Anleitung zu Übungsreden in den Progymnasmata des Aphthonios wie auch die Anleitung des Menander Rhetor zu verschiedenen Arten von Gelegenheitsreden (Περὶ ἐπιδεικτικῶν) geben über das Gliederungsschema hinaus konkrete Anregungen, wie der Schüler die Gliederungspunkte inhaltlich und stilistisch ausgestalten sollte. Menanders Einführung in den sogenannten βασιλικὸς λόγος, das Herrscherlob (tract. II 368–377), sollte man unbedingt kennen: nicht nur weil dieses Schema den meisten von Claudians Carmina maiora zugrunde liegt, sondern weil man hier inhaltliche und stilistische Gestaltungsregeln kennenlernt, über die sich Claudian gern und bewusst hinwegsetzt, um damit einen Überraschungseffekt zu erzielen. An erster Stelle gibt Menander eine grundsätzliche Regel an, die von enormer Bedeutung für das Verständnis ist, wie antike Hörer das panegyrische Herrscherlob aufgenommen haben. Nicht nur wird, wie man das auch heute bei einer laudatio nicht anders erwartet, eine uneingeschränkt positive Darstellung verlangt; dezidiert gefordert ist vom Redner eine Überhöhung mit dem stilistischen Mittel der Übertreibung (amplificatio; αὔξησις): „Der Basilikos logos ist ein Lobpreis des Kaisers. Deswegen umfasst er eine allgemein anerkannte preisende Überhöhung der guten Eigenschaften, die zum Herrscher gehören, und er

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Einleitung gestattet nichts Zweideutiges und Strittiges wegen der überaus glänzenden Stellung der Person, sondern du sollst die Ausarbeitung mit Blick auf allgemein anerkannte gute Eigenschaften verfassen.“ (tract. II 368)

Claudians Hörer wissen also, dass im Panegyricus nicht die historische Persönlichkeit des Honorius präsentiert wird, sondern der ideale Herrscher. Die Situation des Festvortrags gebietet es dabei dem Panegyriker, grundsätzliche Werte anzusprechen, über die in der versammelten Festgemeinschaft Einigkeit besteht. Wenn die Erhabenheit des Kaisers zum Ausdruck gebracht wird, dürfen sich auch die Gäste, die zu seinem Umkreis gehören, in ihrer Bedeutung gehoben fühlen. Der Kaiser selbst kann auf diese Weise darauf verpflichtet werden, möglichst viele der ihm zugeschriebenen Eigenschaften zu erfüllen, wenn er das ausgesprochene Lob annehmen will. Der Redner hat also in diesem Rahmen die Möglichkeit, all das zu formulieren, was an Erwartungen von derjenigen Gruppe, für die er spricht, an den Herrscher herangetragen werden soll. Wie entwirft man nach Menanders Anleitung das Proömium einer Lobrede? Die Proömientopik mit dem Ziel der captatio benevolentiae unterscheidet sich nicht von den allgemeinen Empfehlungen, die schon Quintilian gegeben hat (inst. 4,1): Das Mitgefühl der Hörer gewinnt der Redner, indem er laut über die Schwierigkeit nachdenkt, ein Thema von dieser Höhe und Erhabenheit angemessen zu bearbeiten. Ein beliebter Topos der Bescheidenheitsbeteuerung ist der verzweifelte Ausruf, dass man eigentlich ein Orpheus oder Homer sein müsste, um die hohe Aufgabe zu meistern. Bei Claudian ist das wachsende Selbstvertrauen zu beobachten, mit dem er auf eine solche Bescheidenheitsbekundung verzichtet: Denn er sagt nicht etwa, dass er ein zweiter Orpheus oder Ennius sein müsste – nein, er ist es! Wenn Orpheus Hercules’ Taten (Rapt. II praef.) und Ennius Scipios’ Siege besungen hat (Stil. III praef.), Claudians Helden aber beide Vorbilder übertreffen, ist



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damit der Schluss unumgänglich, dass auch der Sänger dieser Heldentaten seine Vorgänger erreicht oder sogar übertrifft. Der Rhetorikschüler lernt, dass er seine Einteilung der Rede in ihre Hauptpunkte am besten mit dem Stilmittel der Dubitatio (ἀπορία) einzukleiden hat, also mit der Frage: „Wie soll ich beginnen? Welche der vielen lobenswerten Eigenschaften muss zuerst genannt werden?“ Das ist beim Panegyricus eigentlich keine Frage, denn das Aufbauschema ist streng vorgegeben: Man beginnt mit der Herkunft des Gepriesenen. Sie kann in verschiedenen thematischen Bereichen abgehandelt werden: Der Geburtsort, patria (πατρίς), kann in Gestalt eines Städte- oder Landeslobs eingefügt werden: Ist der Geburtsort selbst zu unbedeutend, so ist das ganze Land zu preisen, vor allem in seinen kulturellen Leistungen oder in den Charaktereigenschaften der Nation. Die Familie des Gepriesenen (γένος) ist dann einzubeziehen, wenn es namhafte Vertreter gibt. Wenn nicht, kann der Redner auch dieses scheinbare Defizit in ein Lob umdeuten, denn der Gepriesene verdankt alles, was er erreicht hat, seiner eigenen Leistung! Oder sein Erfolg beweist, dass er wie Herakles nicht von Menschen, sondern von Göttern abstammen muss. Die Umstände der Geburt des Herrschers (γένεσις) sollen erwähnt werden, wenn sich z.B. ein Prodigium ereignet hat. Aufschlussreich dafür, wie wir die Historizität von solchen Detailangaben einzuschätzen haben, ist Menanders Empfehlung: „Wenn es möglich sein sollte, das auch zu erfinden und das glaubwürdig zu tun, dann zögere nicht! Das Thema bietet die Möglichkeit, weil die Zuhörer gezwungen sind, die Lobpreisungen unüberprüft zu akzeptieren“ (tract. II 371). Wenn Cicero den Rednern die Lizenz gibt, Todesdarstellungen im Sinne der argutia symbolisch zu überhöhen (Brut. 42: ementiri in historiis), so gilt dasselbe für den Redner, der die Bedeutung der Geburt eines zukünftigen Herrschers herausstellen muss. Dann endlich kommt man zur Person des Gepriesenen selbst: Die Charaktereigenschaften des Herrschers sind bei der Erziehung

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und Ausbildung (ἀνατροφή, educatio) an seinen Verhaltensweisen und Leistungen aufzuzeigen, mit denen er Gleichaltrige übertroffen hat; zusätzliche Charakterqualitäten (ἐπιτηδεύματα), z.B. gerechtes und maßvolles Verhalten, sollen als spätere Herrscherqualitäten ebenfalls hervorgehoben werden. Der Hauptteil des Panegyricus, die Darstellung der Taten des Herrschers, ist grundsätzlich zweigeteilt in die beiden Bereiche der „Taten im Frieden“ (πράξεις κατ’ εἰρήνην) und der „Taten im Krieg“ (πράξεις κατὰ πόλεμον). Claudian teilt dementsprechend auch die beiden ersten Bücher seines Stilicho-Panegyricus in die militärischen und die zivilen Leistungen ein. In beiden Teilen sind nach Möglichkeit jeweils die vier Kardinaltugenden nachzuweisen: Die Tapferkeit (ἀνδρεία, fortitudo) zeigt sich vor allem in den militärischen Leistungen; in allen Lebensbereichen aber sollten Gerechtigkeit (δικαιοσύνη, iustitia), Mäßigung (σωφροσύνη, temperantia) und Besonnenheit (φρόνησις, sapientia/prudentia) sichtbar werden. Die Taten im Frieden beziehen sich, je nach Tugendkategorie, auf das menschenfreundliche Verhalten gegenüber Untertanen, die gerechte Gesetzgebung und das Privatleben des Kaisers: etwa das vorbildliche Eheleben. Neben den vier Kardinaltugenden ist als Herrschermerkmal unbedingt die τύχη bzw. fortuna des Herrschers zu nennen; nur das Glück garantiert den Erfolg seiner Herrschaft und vor allem seiner militärischen Aktionen. Der Triumphzug ist also ein inszenierter Nachweis dieser wichtigsten Voraussetzung von Herrschaft: Der Kaiser legitimiert seine Herrschaft, indem er sich als siegreich und invictus erweist. Für die Ausgestaltung der Taten im Krieg wird der Rückgriff auf die Historiographie empfohlen: Eine Beschreibung der Schauplätze oder eines von den Feinden geplanten, aber vom Herrscher aufgedeckten Hinterhalts, dazu Kampf- und Schlachtenschilderungen nach den Modellen der Klassiker werden erwartet. Aber auch Homers epische Aristien sind Vorbilder. Allegorische Auftritte von



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Flussgöttern und Landesgottheiten werden von Menander Rhetor ausdrücklich an dieser Stelle genannt: Claudians Götterhandlungen sind im Sinne der Rhetorik also regelgerecht eingesetzt, und wir finden die bittende Patria oder Götter, die ins zeitgeschichtliche Geschehen eingreifen, auch bei den Prosarednern! In all diesen preisenden Abschnitten spart Menander nicht mit der Aufforderung, zum Vergleich παραδείγματα, also exempla aus der Götter- und Heroenwelt oder der Geschichte, zu finden – es versteht sich, dass bei dieser σύγκρισις der Gepriesene das Exempel übertreffen muss. Claudian setzt diese Vergleiche meisterhaft ein, um überraschende Bezüge zwischen unglaublichen Mythenerfindungen und den erstaunlichen Taten der eigenen Zeit herzustellen und so die Leistungen der Gegenwart als Gipfelpunkte der römischen Geschichte zu erweisen. Wie schafft es ein Redner, danach noch einmal eine stilistische Steigerung zu erreichen, die im Epilog erwartet wird? Ein Gebet, das der Redner am Ende für den Kaiser und seine Nachfolger anstimmt, sichert die angemessene Feierlichkeit für den Epilog. Ein Zukunftsausblick bietet die Gelegenheit, die Herrschaft des Kaisers als Rückkehr des goldenen Zeitalters zu schildern. Wie Vergil in die „Heldenschau“ der Aeneis einen Panegyricus auf Octavian integriert und ihn in eine Vision münden lässt, die das Imperium Romanum bis an die Grenzen der Oikumene ausdehnt (Aen. 6, 791–799), so sieht auch Claudian die Perser, Inder und Briten bald endgültig von Honorius und Arcadius unterworfen (3 cons. Hon. 201–211; 4 cons. Hon. 652–656). Das Herrscherlob ist Grundlage auch anderer Redeschemata, etwa des Epibaterios logos, der Rede zur Ankunft in einer Stadt, für die man dann auch noch das Aufbauschema des Städtelobs heranziehen sollte. Wenn Quintilian sagt: „Städte lobt man eigentlich wie Menschen“ (inst. 3, 7, 26), meint er damit den chronologischen Aufbau, von der Gründung an mit allen Taten in Krieg und Frieden, und

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die Gliederung des Lobs in äußeres Aussehen, also Schönheit und Wehrhaftigkeit der Stadt, und innere Stärken, also den Charakter ihrer Bewohner. Eine eigene Tradition hat das Hochzeitsgedicht, das Epithalamion, das neben dem episch-narrativen Teil auch fest regulierte Abschnitte zum Lob der Braut oder zur Aufforderung zum Vollzug der Ehe integriert, außerdem die Partien mit spöttisch-erotischem Tenor kennt, die dem Brautpaar beim Geleit zum Hochzeitslager gewidmet werden (versus fescennini). All diese verschiedenen rednerischen Muster bilden den literarischen Erwartungshorizont bei einem Publikum, das früh in der rhetorischen Lektüre von Texten in Vers und Prosa geschult wurde – ein Zusammenhang, der auch bei der historischen Gewichtung einzelner Aussagen in Claudians Werk immer im Blick zu behalten ist. Fest und Ritual Ob episches Narrativ oder epideiktische Elemente in der Werkstruktur der Carmina maiora jeweils dominieren, scheint außerdem von der jeweiligen politischen Aussage abhängig zu sein, wie Gernot Müllers Studie (2011) zur Haltung von Rezipienten und Auftraggebern betont. Wie dabei die Performativität zu berücksichtigen ist, zeigt Müller (2010) für Claudians Stilicho-Panegyricus: Stilichos processus consularis wird in den Rang eines Triumphzugs gehoben, indem der Vergleich mit siegreichen römischen Feldherren immer wieder die Vorstellung von einem Triumph beim Leser präsent hält. Auch für Honorius’ Antritt seines sechsten Konsulats, der endlich in Rom stattfand, macht es Claudians Dichtung (zur Verzweiflung von Historikern und Archäologen) kaum mehr möglich, die zeitliche Trennung zwischen dem im Herbst vollzogenen Adventus des Kaisers und dem processus consularis im Januar nachzuvollziehen, geschweige denn zu erkennen,



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ob der Adventus als Triumph für die Vertreibung der Goten aus Italien inszeniert war. Doch sind diese Festlegungsversuche vielleicht müßig, denn für die jeweiligen Festzüge, zumal wenn sie vom Kaiser abgehalten wurden, ist die exakte Zuordnung weniger relevant als die politische Aussage. Sie bestimmte, welche rituellen Elemente in den spät­antiken Repräsentationsakten des Kaisers eingesetzt, weggelassen oder aus verschiedenen Ritualen kombiniert wurden. Beim Konsulatsantritt eröffnete der jeweilige eponyme Konsul, d.h. der Konsul, nach dessen Namen man die Jahreszählung angab, das Jahr feierlich am 1. Januar mit einem Festumzug, dem processus consularis, und der pompa circensis zum anschließenden Wagenrennen, das der Konsul in der Triumphaltoga (trabea) abhielt und zu dem er mit der mappa das Startsignal gab, wie sie auf den Konsulardiptychen regelmäßig zu sehen ist. Nicht immer blieb es allein beim Wagenrennen; die echten Zirkusspiele, bei denen die Provinzen in Gestalt spektakulärer wilder Tiere repräsentiert waren, wurden besonders hervorgehoben. Der Kaiser hielt diese Feier des Amtsantritts nicht immer in Rom ab, sondern sogar wesentlich häufiger in einer seiner Residenzstädte. Der Besuch des Kaisers in einer Stadt wurde mit einem festlichen Einzug gefeiert; da der Adventus in Rom i.d.R. mit einem politischen Anlass verbunden war, nahm er von sich aus einen triumphalen Charakter an, zumal sich der Einzug mit militärischem Pomp in der Route kaum vom Triumphzug unterschied: Honorius’ Tour durch Rom von der Milvischen Brücke zum Forum Romanum, der Kurie und zum Palatin sparte zwar das Kapitol aus, aber das war seit Constantin üblich, der damit die religiöse Bindung an den Iuppiter Capitolinus demonstrativ aufgegeben hatte. Der Triumph selbst war an Rom bzw. Konstantinopel gebunden; er blieb in Prinzipat und Spätantike i.d.R. dem Kaiser vorbehalten. Im Dienst der dynastischen Legitimierung konnte die Ehre auch dem designierten Nachfolger zukommen, in wenigen

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Ausnahmefällen wissen wir von der Ehrung eines Feldherrn, so von Belisar unter Kaiser Justinian für den spektakulären Sieg über die Vandalen. Stilicho als Zieh- und Schwiegervater des Kaisers erhielt in Rom mehrere Monumente für die Rettung des Staates aus Gefahr, so dass man die Ehrung durch einen Triumph in seinem Fall für möglich halten kann. Doch gilt natürlich, dass dieses Ritual wie kaum ein anderes den kaiserlichen Herrschaftsanspruch mit einer profilierten Siegesideologie begründete. Claudians Roma betont, dass Honorius einen echten Sieg, nämlich einen Sieg über auswärtige Feinde, errungen habe, nicht über einen Usurpator, dass er also kein Bürgerblut vergossen habe, während im dritten und vierten Jahrhundert der Triumph über einen innenpolitischen Gegner üblich geworden war. Ob nun Victoria wieder ihren symbolträchtigen Altar in der Kurie hatte oder nicht: Sie und die Tyche des Kaisers, der zugleich oberster Feldherr war, garantierten das Wohl des Staats und mussten einen Ort im Festritual haben. Sowohl Victoria wie auch die Fortuna Redux, die seit Augustus traditionell in diesem Zusammenhang auch in einem Heiligtum verehrt wurde, sind also von Claudian wenigstens literarisch hervorgehoben. Wie im Festritual seiner Zeit so musste es auch in der literarischen Gestaltung seiner Festgedichte Claudians Anliegen sein, im Sinne seiner Auftraggeber zu verdeutlichen, dass alle Traditionslinien, die an die Glanzzeiten der römischen Geschichte anknüpfen, fortgesetzt werden sollten. Die grundlegende politische Aussage in der Krisenzeit um 400 n. Chr. konnte nur so lauten: Weil Kaiser Honorius und sein Stellvertreter Stilicho diese Traditionen ehren und bewahren, sichern sie das wichtigste Ziel, an dem alle verantwortungsvollen Politiker zu erkennen sind: die Kontinuität der Roma aeterna.

Zeittafel Die Zeitangaben orientieren sich an den chronologischen Untersuchungen von Döpp (1980). Die Übersicht ist in einigen Punkt vereinfacht, v. a. was die rekonstruierten Entstehungszeiten der einzelnen Werke betrifft. Nach den Jahreszahlen wird jeweils der amtierende Konsul im Westen und im Osten genannt (coss.) Carmina maiora 394 (coss.: Virius Nicomachus Flavianus, Honorius und Arcadius) Theodosius zieht mit dem Reichsheer des Ostens nach Italien gegen Eugenius, den von Arbogast unterstützten und 392 akklamierten Nachfolger von Valentinian II.: Theodosius siegt in der Schlacht am Frigidus.

Olybr. Prob.

3 cons. Hon. und Rufin.

395 (coss.: Olybrius und Probinus) 1. Jan.: Das Konsulat wird an zwei Repräsentanten des Westreichs, Mitglieder der senatorischen Anicii, vergeben. 17. Jan. 395: Theodosius stirbt in Mailand und unterstellt – nach Claudians Darstellung – zuvor noch seine beiden Söhne der Fürsorge Stilichos. Im Osten sichert sich Rufinus den Einfluss auf Arcadius und übernimmt faktisch die Macht. Sommer/Herbst: Alarichs Gotenverbände, die in der Schlacht am Frigidus teilgenommen haben, ziehen plündernd durch Thrakien, Pannonien und Griechenland. Stilicho zieht mit beiden Reichsheeren nach Osten, trifft in Thessalien auf Alarich, ohne ihn zu schlagen. Die Ostarmee wird unter Gainas nach Konstantinopel zurückgeführt, wobei es bei der Truppenparade am 27. Nov. zur Ermordung des Rufinus kommt. 396 (coss.: Honorius und Arcadius) 1. Jan.: Honorius übernimmt zum dritten Mal das Konsulat.

38 Rufin. praef. II

4 cons. Hon. Epithal. Hon. und Fescenn. Gild.

Mall. Theod.

Eutrop.

Stil.

Einleitung 397 (coss.: Nonius Atticus und Flavius Caesarius) Frühjahr/Sommer: Alarich wird von der oströmischen Regierung als magister militum per Illyricum eingesetzt. Stilicho zieht erneut nach Griechenland, um Alarich zu bekämpfen (Pholoegebirge). Der oströmische Senat erklärt Stilicho zum Staatsfeind. Winter: Gildo, comes et magister utriusque militiae per Africam, lässt die Kornlieferung nach Italien einstellen. Er wird vom weströmischen Senat zum Staatsfeind erklärt. 398 (coss.: Honorius und Flavius Eutychianus) 1. Jan.: Honorius übernimmt zum vierten Mal das Konsulat. Febr. / März: Honorius heiratet Stilichos Tochter Maria in Mailand. März / April: Römische Truppen brechen zum Krieg gegen Gildo auf. Das Kommando führt Mascezel, der Bruder des Numiderfürsten. Sieg in der Schlacht bei Theveste. Sommer: Der Eunuch Eutropius, dessen Einfluss seit der Ermordung des Rufinus im Osten stetig gewachsen ist, schlägt die in Kleinasien einfallenden Hunnen zurück und wird als Konsul für das Folgejahr designiert. 399 (coss.: Mallius Theodorus und Eutropius) 1. Jan.: Mallius Theodorus tritt das Konsulat im Westen an; sein oströmischer Kollege wird vom Mailänder Hof nicht anerkannt. Frühjahr: Der von Eutropius befohlene Feldzug von Leo und Gainas gegen die Greutungen unter Tribigild scheitert. 25. Juli 399: Eutropius wird entmachtet und Ende des Jahres im Exil hingerichtet. 400 (coss.: Stilicho und Aurelianus) 1. Jan.: Stilicho tritt sein Konsulat in Rom an.



Zeittafel

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401 (coss.: Vincentius und Fravitta) Nov. 401: Stilicho hält sich zur Abwehr der Vandalen und Alanen in Rätien auf. – Die Goten unter Alarich fallen in Italien ein und belagern auch Mailand.

Get.

402 (coss.: Honorius und Arcadius) 6. April: Stilicho zwingt die Goten unter Alarich in der Schlacht bei Pollentia zum Abzug nach Norden. Sommer/Herbst: Stilicho kämpft bei Verona gegen Alarich. Die kaiserliche Residenz wird von Mailand nach Ravenna verlegt. 403 (coss.: Flavius Rumoridus und Theodosius II.) Herbst: Festlicher Adventus des Honorius in Rom, um den Sieg über die Goten zu feiern.

6 cons. Hon.

404 (coss.: Honorius und Aristaenetus) 1. Jan.: Honorius übernimmt zum sechsten Mal das Konsulat.

Handschriftliche Überlieferung und Textgestalt John B. Halls Edition in der Bibliotheca Teubneriana (1985) ist Textgrundlage für diese Ausgabe; die Entscheidungen des Herausgebers weichen zwar stark von vorausgehenden Editionen ab, sind aber sprachlich gut begründet. Die jüngere Ausgabe von JeanLoius Charlet in der Reihe Les belles lettres (Bd. II.1/2 und III: 2000–2017) ist in der Textkonstitution konservativer und enger an Theodor Birts Ausgabe (MGH Auctores antiquissimi X, 1892) orientiert. Obwohl damit zwei moderne kritische Editionen zur Verfügung stehen, hat Peter Lebrecht Schmidt (2004) ein geradezu vernichtendes Urteil über beide Ausgaben gesprochen. Schmidt zeigte sich enttäuscht, dass Hall (1986) in seinen Prolegomena es nicht gewagt hat, eine stemmatische Ordnung der Handschriften vorzunehmen. Er teilt Halls Auffassung nicht, dass die mittelalterlichen Handschriften Abkömmlinge von verschiedenen mehr oder weniger unabhängigen Editionen des frei verfügbaren Materials seien. Hall befreite sich damit als Herausgeber, wie er selbst sagte, aus der Zwangsjacke, d.h. er musste sich bei einer Textentscheidung nicht an eine bevorzugte Überlieferungsgruppe binden. Schmidt (1989) nahm eine deutlichere Bewertung der Überlieferungsträger auf der Grundlage von Halls Vorarbeiten vor; aus mittelalterlichen Zeugnissen über Bibliotheksbestände und aus dem handschriftlichen Material zog er wichtige Schlussfolgerungen für die spätantike Überlieferung. Sie ist mit großer Wahrscheinlichkeit von vier Gruppen bzw. Bänden ausgegangen: Die Carmina minora und De raptu Proserpinae bildeten je eine eigene Gruppe; dazu kommen die beiden eigenständigen Gruppen der Panegyrici (die Festgedichte zum Amtsantritt für Honorius, Mallius Theodorus



Handschriftliche Überlieferung

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und Stilicho einschließlich dem Epithalamium für Honorius und Maria) einerseits und der Invektiven und Epen (In Rufinum, In Eutropium, Bellum Geticum und Bellum Gildonicum) andererseits. Die Kombination der Festgedichte und der politischen Epen in der handschriftlichen Überlieferung ist nach dieser Rekonstruktion sekundär. Die ausgewerteten Zeugnisse in Verona und die Hinweise auf Bobbios Bibliotheksbestand bestätigen die Annahme, dass die spätantike Überlieferung in Norditalien ihren Ausgang genommen hat – was zu erwarten ist, da Claudian am Hof in Mailand tätig war. Claudians Werk wurde im 12. Jahrhundert gleichzeitig in Frankreich und in Italien wiederentdeckt; Bemühungen um die Vervollständigung der Gedichtsammlung lassen sich in den Handschriften dieser Zeit beobachten: Die vorher autonom überlieferte Gruppe der vier Invektiven/Epen wurde (in jeweils eigenen Redaktionen) in die Sammlung der Festgedichte integriert; man strebte dabei zwar eine chronologische Anordnung an, kam jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen. So erklärt sich in der Tradierung die unterschiedliche Reihenfolge der Gedichte. Schmidt (1989) bestätigte Theodor Birts Befund, dass sich die Handschriften der Carmina maiora nach der abweichenden Reihenfolge der Gedichte in sechs Reihen (series I–VI) einteilen lassen. Schmidts Untersuchungen geben der Reihe I, die in Frankreich stark verbreitet ist, und der Reihe VI, die eine italienische Vervollständigung der Reihe I wohl durch ein französisches Exemplar ist, den Status der Hauptüberlieferung – neben den älteren Linien, die kaum auf die erhaltene handschriftliche Verbreitung wirkten, aber die gedruckten Editionen beeinflusst haben. Die Auswahl an Handschriften, die Hall für die Textkonstitution der Carmina maiora herangezogen hat, und ihre Gewichtung bei der Textkonstitution kommt Schmidts Bewertung insgesamt durchaus nahe. Hall beachtet aber (wie seine Vorgänger seit Heinsius) besonders die Excerpta Florentina und Excerpta Gyraldina.

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Einleitung

Beide enthalten die Lesarten eines vetustissimus codex: Die Excerpta Florentina sind handschriftlich abweichende Lesarten einer „sehr alten Handschrift aus dem Besitz eines Freundes aus Lucca“, die in ein Exemplar der Editio princeps (der ersten Druckausgabe der Werke Claudians, Vicenza 1482) eingetragen wurden, das heute in der Biblioteca Nazionale Centrale von Florenz unter der Signatur A.4.36 aufbewahrt wird. Die Excerpta Gyraldina enthalten die Kollation des Textes eines vetustissimus codex, die der Humanist Lilio Giraldi in sein Exemplar der Druckausgabe von 1523 aus der Offizin des Aldus Manutius eingetragen hat (heute: Universitätsbibliothek Leiden, 757.G.2); wahrscheinlich handelte es sich um dieselbe alte Handschrift wie bei den Excerpta Florentina. Auch einige der Lesarten, die Bentinus in seiner Ausgabe der sog. editio Isengriniana (Basel, 1534) angibt, verdienen die Berücksichtigung, weil Halls Prüfung es wahrscheinlich machte, dass sie auf einen alten Textzeugen zurückgehen. Schmidts Untersuchung führte in einem wichtigen Punkt zu einer Korrektur von Birts Einschätzung, der auch für die heutige Interpretation von Tragweite ist: Es geht um den „Mythos“ (um Schmidts Begriff zu gebrauchen), dass Stilicho der Auftraggeber der antiken Werkausgabe war. Birt ging von der Beobachtung aus, dass nur diejenigen Gedichte, die für Stilichos Umfeld relevant waren, berücksichtigt worden sein; der Panegyricus auf Olybrius und Probinus passte nicht in diese vermeintliche Stilicho-Redaktion. Deshalb behauptete Birt, dass dieser Panegyricus ursprünglich nicht zur handschriftlichen Reihe VI gehört habe, sondern erst nachträglich in einige Handschriften der Reihe aufgenommen worden sei. Diese Argumentationsgrundlage fiel jedoch durch Schmidts Nachweis weg, dass alle typischen Handschriften der Reihe VI diesen ersten Panegyricus, den wir von Claudian besitzen, chronologisch richtig am Anfang tradieren. Birt ist hier zu stark seinem Wunschdenken gefolgt. Tatsächlich ist die Vorstellung



Handschriftliche Überlieferung

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suggestiv und hatte sich in der Forschung als unwidersprochene Tatsache durchgesetzt: Nach dem frühen Tod des Dichters kurz nach 404 habe Stilicho die Ausgabe aus dem Nachlass in Auftrag gegeben. Schmidts Appell ist daher berechtigt, dass man sich von einer lieb gewonnenen, aber nie wirklich nachweisbaren Annahme frei machen sollte. Die vier Gruppen oder Bände von Claudians Werk waren vermutlich als Privatexemplare entstanden und in Umlauf gebracht worden. Da manche Gedichte in ihrer überlieferten Form vielleicht nicht abschließend redigiert wurden, ist es unwahrscheinlich, dass der Dichter selbst die Edition besorgt hat. Aber Schmidt gibt zu bedenken, dass man deswegen den Dichter nicht automatisch im Jahr 404 ins Grab befördern muss: Es konnte auch sein, dass der Dichter kurz nach 404 bei Stilicho in Ungnade fiel. Auch das bedeutete für ihn, dass er selbst die Gedichte nicht publizieren konnte, solange Stilicho noch an der Macht war. Nach dem gewaltsamen Tod des Stilicho im Jahr 408 schien es dann noch weniger geraten, Dichtungen zu veröffentlichen, die Stilicho zum Helden und eigentlichen Regenten des Reichs stilisiert hatten. Auch diese problematische Situation könnte erklären, warum die politischen Dichtungen nicht in einer repräsentativen Gesamtausgabe, sondern in dieser zersplitterten Überlieferung auf uns gekommen sind. Einzelfälle, in denen wir uns zu einer Abweichung von Halls Text entschlossen haben, sind in der folgenden Liste angegeben. Im Kommentar sind exemplarisch einige der auffälligeren Textprobleme und Abweichungen im Vergleich mit anderen Textausgaben diskutiert. An manchen Stellen haben wir die Interpunktion den deutschen Gepflogenheiten angepasst. Die Absatzgliederung entspricht weitgehend der Ausgabe von Hall, nur in wenigen Fällen haben wir sie nach unserer Interpretation anders vorgenommen.

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Einleitung

Tusculum Hall Olybr. Prob. 45 [quippe ... nimbo] 49 ecquis 50 rimatur 121 bellique tepentes 122 in astra

quippe ... nimbo †si quis† miratur Bellona tepentes in † hastam

Rufin. I 160–161

fruetur, | nos

fruetur. | nos

Rufin. II 355–356 … 355, 356 … 469 vicinior 479 rigidi

… 356, 355 ... munitior †mala†

3 cons. Hon. 13 Fortuna 14 Potestas

fortuna potestas

4 cons. Hon. 2 aula; 69 modum, sic 164 angues. (Absatz) 254 Hydra 326 flecti, quae

aula, modum. (Absatz) sic angues; hydra flecti; quae

Epith. Hon. 267 iuncti

iuncto

Fescenn. I

… 7, 16, 17, 8 ... … 15, 18, …

… 7, 8 ... … 15, 16, 17, 18 ...



Handschriftliche Überlieferung

Mall. Theod. 12 Potestas – una ... aestas – 59 patiens animus 211 subnixus, in aevum 334

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potestas una ... aetas patiens animi subnixus in aeuum,

Eutrop. I 205 si Phrygas, adde. parum! si Phrygas, adde parum. 285 flagitat flagitet Eutrop. II 138 virilis petunt. sed 266 carens; iam 267 315 (ridendum!)

uirilem petunt; sed carens iam ridendum

Stil. I 205 paruerant 271 Pietas

paruerunt pietas

Stil. II 424 menti 426 Aevi 445 Aevique

genti aeui aeuique

Stil. III 5 Virtus subit, quid 102 125 Potestas fabula seu verum canitur 231 266 multa

uirtus subit: quid potestas fabula seu uerum, canitur nulla

46 Get. 61 174–175 301 482–483 636

Einleitung manus crebrisque rerum, | praecipites per truncus erit! cicatrix, | et nomen, felicibus

manus, crebrisque rerum | praecipites, per truncus erit? cicatrix | et nomen felicibus

6 cons. Hon. praef. 8 vigili elapsas

uigil elapsas

6 cons. Hon. 12 annus! 40 Potestas 151 ritus. 203 Hastae diverso stamine fati 267 me, Pollentia, 281 283 vices, 407 Potestas † pectore, solus 550 417 Virtus

annus? potestas ritus? Astae diuersi stamine fati me Pollentia uices. potestas pectore solus uirtus

Panegyricus für Olybrius und Probinus zum Konsulatsantritt

Einführung Gegen Ende des Jahres 394 erhielt Claudian den Auftrag, den Konsulatsantritt der beiden halbwüchsigen Brüder Olybrius und Probinus aus der Familie der römischen Anicii mit einem öffentlich rezitierten Festgedicht zu feiern. Der Panegyricus hatte – wie auch das Konsulat, dem er galt – über den tagesaktuellen Anlass hinaus wichtige politische Implikationen, wurde er doch in Rom vor einem vorwiegend senatorischen Publikum vorgetragen, das sich wenige Monate zuvor zumindest teilweise noch in offener politischer Gegnerschaft zum oströmischen Kaiser Theodosius befunden hatte. Theodosius hatte, wie das Gedicht in epischer Breite schildert (vgl. 73–173), die Designation der beiden Brüder ausdrücklich als Akt der Dankbarkeit für einen treuen Staatsdiener – hier nicht die beiden Knaben, sondern deren Vater Probus – veranlasst. Claudians Dichtung musste als öffentlich vorgetragene Deutung dieses Vorgangs den Erwartungen nicht nur der Anicii, sondern auch die des Theodosius erfüllen. Dem Dichter ist dieses Kunststück gelungen: Ab 395 wird Claudian für zehn Jahre mit seinen Gedichten die offizielle Interpretation der turbulenten Zeitgeschichte aus Sicht des weströmischen Kaiserhofs liefern – eine Funktion, für die er sich im Panegyricus für Olybrius und Probinus in zweierlei Hinsicht qualifiziert hatte. Die eine Voraussetzung war die bereits angesprochene Loyalität in politischen Dingen. Das Jahr 394 war zum Wendejahr in der spätantiken Geschichte geworden: Theodosius, dessen Zuständigkeit sich im Sinne der diokletianischen Reichsreform eigentlich auf die östliche Reichshälfte beschränkte, war 394 endlich gegen den weströmischen Heermeister Arbogast und dessen Protegé, den Rhetor und Usurpator Eugenius, ins Feld gezogen. Seit dem mysteriösen Selbstmord – oder der Ermordung? – Valentinians II. im



Einführung

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Jahr 392 hatten Arbogast und Eugenius ohne Legitimation durch Konstantinopel das Regime im Westen geführt. Im heutigen italienisch-slowenischen Grenzgebiet besiegte Theodosius die beiden Aufrührer am 5./6. September 394 in der Schlacht am Frigidus und hatte dann für einige Monate die Alleinherrschaft über das gesamte römische Reich inne. Eugenius hatte, obwohl selbst Christ, als Schützling der heidnischen Senatspartei agiert, deren Einfluss auch nach der Auseinandersetzung um den Victoria-Altar eine politische Größe darstellte, mit der zu rechnen war. Die Schlacht am Frigidus war damit auch zu einer religionspolitischen Entscheidung über die alteingesessene Senatsaristokratie geworden, die zu großen Teilen dem alten Glauben anhing. Hinter Theodosius’ Entscheidung, zwei Brüder aus christlicher Familie, aber aus altem senatorischen Stand als Konsuln für 395 zu designieren, ist die Absicht zu erkennen, ein Zeichen der Vermittlung und Versöhnung nach den Wirren des Bürgerkriegs zu setzen, ohne der entschieden christlichen Haltung untreu zu werden. Claudian hat den Auftrag für das lateinische Festgedicht von den Anicii selbst erhalten, mit denen er auch während bzw. nach dem Doppelkonsulat noch in Verbindung stand, wie die kurzen Versepisteln an Olybrius und Probinus in den Carmina minora zeigen (c. min. 40 und 41). Im letzteren Gedicht findet sich auch der Hinweis, dass das Jahr 394 einen Wendepunkt in Claudians Karriere bedeutete, weil man nämlich am Mailänder Kaiserhof auf den Dichter aufmerksam geworden war: Romanos bibimus primum te consule fontes | et Latiae cessit Graia Thalia togae, | incipiensque tuis a fascibus omina cepi | fataque debebo posteriora tibi (13–16: „In deinem Konsulat habe ich zum ersten Mal aus den Wassern Roms getrunken, und meine griechische Muse musste der römischen Toga das Feld räumen. Indem ich mit deinem Konsulat begann, habe ich die Vorzeichen eingeholt; dir werde ich mein künftiges Schicksal zu verdanken haben.“).

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Einführung

Politisch konnte Claudian die schwierige Aufgabe, zwei Konsuln zu loben, die zum Zeitpunkt der Machtübernahme noch Kinder waren, also zur Zufriedenheit des Mailänder Hofes lösen. Dabei spielt sicherlich eine Rolle, dass es in Olybr. Prob. letztlich Theodosius ist, der als aktiver Kriegsherr und alleiniger Entscheider in Fragen der Konsulsdesignation in Szene gesetzt wird (vgl. 113–123 und 126–173), und dem damit ein guter Teil der panegyrischen Aufmerksamkeit gilt. Eine vergleichbare Rolle als „Mann im Hintergrund“ wird in Claudians späteren Werken Stilicho für den jugendlichen Honorius spielen (vgl. 3 cons. Hon. und 4 cons. Hon.). Den Religionskonflikt klammert Claudian in seiner Darstellung vollständig aus. Das zeitgeschichtliche Geschehen wird – wie in den anderen Carmina maiora auch – weitgehend in die Sphäre des griechisch-römischen Epos übersetzt, das in vielen Details die formale Vorlage für Claudian bildet (z. B. in Strukturelementen wie dem Musenanruf: 71–72, der topographischen Ekphrasis: 226– 229, dem Gleichnis: 119–123 u. 183–191 u. a.; vgl. die Übersicht bei Taegert [1988] 42). Dazu kommt schon in diesem frühen Werk sein souveräner, nicht starr am Schema fixierter Rückgriff auf die rhetorischen Regeln für den βασιλικὸς λόγος, der sich angesichts der schwierigen Aufgabe, zwei Knaben als Staatslenker zu feiern, durch eine überlegte Fokussierung auf dahingehend geeignete Kategorien panegyrischer Rede auszeichnet (z. B. γένος: 8–60; 166–173; 177–182 u. 192–200; πράξεις κατ’ εἰρήνην statt κατὰ πόλεμον: 61–70; 186–189; 243–246; vgl. die topologische Übersicht bei Taegert [1988] 48–51). Charakteristisch ist, dass Claudian das Zeremoniell des processus consularis in seinen Lobpreis integriert, indem er – nach der Vorgeschichte und den konkreten Vorbereitungen des Festes – im Schlussteil mit den Augen des römischen Flussgotts Tiberinus auf die außergewöhnliche Szene blickt, wenn nämlich am 1. Januar die beiden Liktorengruppen der Konsuln von e i n e m Haus aus zum Kapitol ziehen (226–235).



Einführung

1–7

Anrufung des Sol

8–72 Abstammung (γένος): Lob der gens Anicia 8–28 Allgemeines Lob der Familie 29–72 Lob der Großväter, des Vaters und der beiden Brüder 73–265

Epische Handlung: Die Vorgeschichte des Doppelkonsulats der Anicii 73–173 Roma bittet Theodosius um das Konsulat für Olybrius und Probinus. 174–204 Anfertigung des Konsulgewands durch die Mutter Proba 205–265 Tiberinus beobachtet den Festzug.

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Lob des Jahres

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1 PANEGYRICUS DICTUS OLYBRIO ET PROBINO CONSULIBUS Sol, qui flammigeris mundum conplexus habenis volvis inexhausto redeuntia saecula motu, sparge diem meliore coma, crinemque repexi blandius elato surgant temone iugales efflantes roseum frenis spumantibus ignem. iam nova germanis vestigia torqueat annus consulibus, laetique petant exordia menses.

scis genus Auchenium, nec te latuere potentes Amniadae; nam saepe soles ductoribus illis instaurare vias et cursibus addere nomen. his neque per dubium pendet Fortuna favorem nec novit mutare vices, sed fixus in omnes cognatos procedit honos. quemcumque require hac de stirpe virum: certum est de consule nasci. per fasces numerantur avi semperque renata nobilitate virent, et prolem fata secuntur continuum simili servantia lege tenorem. nec quisquam procerum temptat, licet aere vetusto floreat et claro cingatur Roma senatu, se iactare parem, sed prima sede relicta Aucheniis de iure licet certare secundo:

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1 Panegyricus für Olybrius und Probinus zum Konsulatsantritt Anrufung des Sol Sol, der du mit flammenden Zügeln die Welt umfährst und den Kreislauf der Zeiten in unendlicher Bewegung hältst: Lass diesen Tag mit schönerem Glanz von deinem Haar erstrahlen! An der erhobenen Deichsel soll das Rossegespann mit gekämmter Mähne freundlicher in die Höhe steigen [5] und rosiges Feuer aushauchen, indem sich das Zaumzeug mit Schaum bedeckt. Schon soll das Jahr mit zwei Brüdern als Konsuln seine neue Kreisbahn beginnen und glücklich sollen die Monate ihren Anfang nehmen. Allgemeines Lob der Familie Du kennst bereits das Geschlecht der Auchenier, auch sind dir nicht die mächtigen Amniaden unbekannt geblieben, denn oftmals pflegst du deine Bahnen unter ihrer Führung [10] zu beginnen und ihren Namen deinem Jahreslauf zu geben. Diesen schenkt Fortuna entschieden ihre Gunst und kennt kein Umschwenken mehr; stattdessen geht das Amt unabänderlich auf jedes einzelne Mitglied dieser Familie über. Erkundige dich nach irgendeinem beliebigen Mann aus diesem Geschlecht: Du kannst dir sicher sein, dass er von einem Konsul abstammt. [15] Ihre Vorfahren werden anhand der Konsulswürden gezählt; sie stehen in voller Lebenskraft und ihr adliges Geschlecht erblüht immer neu. Den Nachkommen folgt ein Lebensschicksal, das nach ein und demselben Gesetz immer dieselbe Richtung einhält. Und mag Roma auch von altehrwürdigen Bronzestatuen erfüllt sein und sich mit einem vornehmen Senat wappnen, so ist doch keiner aus dem Adel versucht, [20] sich diesem Geschlecht gleich zu dünken: Der erste Platz bleibt für die Auchenier reserviert, und nur um den zweiten darf man wettstreiten. Genauso weichen auch die Reihen

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PANEGYRICUS DICTUS

haud secus ac tacitam Luna regnante per aethram sidereae cedunt acies, cum fratre recusso aemulus adversis flagraverit ignibus orbis; tum iubar Arcturi languet, tum fulva Leonis ira perit, Plaustro iam rara intermicat Arctos indignata tegi, iam caligantibus armis debilis Orion dextram miratur inertem.

quem prius adgrediar? veteris quis facta Probini nesciat aut nimias laudes ignoret Olybri? vivit adhuc conpletque vagis sermonibus aures gloria fusa Probi, quam non ventura silebunt lustra nec ignotam rapiet sub nube vetustas. illum fama vehit trans aequora transque remotas Tethyos ambages Atlanteosque recessus. audiit et gelido si quem Maeotica pascit sub Iove vel calido si quis coniunctus in axe nascentem te, Nile, bibit. virtutibus ille Fortunam domuit numquamque levantibus alte intumuit rebus; sed mens circumflua luxu noverat intactum vitio servare rigorem. hic non divitias nigrantibus abdidit antris nec tenebris damnavit opes; sed largior imbre sueverat innumeras hominum ditare catervas. [quippe velut denso currentia munera nimbo] cernere semper erat, populis undare penates adsiduis, intrare inopes, remeare beatos. praeceps illa manus fluvios superabat Hiberos

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der Sterne am stillen Nachthimmel unter der Herrschaft der Luna zurück, wenn das Licht ihres Bruders reflektiert wird und ihre Scheibe sich, mit diesem wetteifernd, vom gegenüberliegenden Feuerschein entflammt hat. [25] Dann lässt der Glanz des Bootes nach, dann verschwindet das zornige Leuchten des Löwen; schon blitzt die Bärin nur mehr an einigen Stellen zwischen den Sternen des Wagens und muss empört zusehen, dass sie überstrahlt wird; schon wundert sich ein geschwächter Orion darüber, wie die Kraft in der Rechten nachlässt, während sich seine Waffen verdunkeln. Lob der Großväter, des Vaters und der beiden Brüder Wem soll ich mich zuerst zuwenden? Wer kennt nicht die Taten des alten Probinus, [30] wer wüsste nichts vom hohen Ansehen des Olybrius? Heute noch ist der weit verbreitete Ruhm des Probus lebendig und klingt uns als Gegenstand von Gesprächen überall in den Ohren: Von diesem Ruhm wird man auch in Zukunft nicht schweigen; die Zeit wird ihn nicht in ihre Wolke des Vergessens hüllen. Der Ruhm trägt seinen Namen über die Meeresflächen, über die gewundenen Küsten der Tethys in der Ferne und über die Buchten des Atlantiks hin. [36] Von ihm hörte selbst jemand, der im frostigen Norden von der Maiotis ernährt wird, oder auch einer, der in der heißen Himmelsregion als Anwohner von deinem Quellwasser trinkt, Nil. Er hat mit seiner moralischen Stärke die wechselhafte Fortuna bezwungen und ist niemals arrogant geworden, als ihn der Erfolg hoch emporhob. [40] Nein, auch mitten im Überfluss wusste er seine Standfestigkeit von jedem Laster unberührt zu wahren. Er versteckte seine Schätze nicht in dunklen Höhlen und verbannte seinen Reichtum nicht in finstere Verliese: Freigebiger noch als der strömende Regen, hatte er die Gewohnheit, die Menschen scharenweise reich zu machen. [45] Ja, man konnte stets beobachten, wie in seinem Haus der Menschenstrom nicht abriss, man arm ankam und reich wieder ging. Seine Freigebigkeit, die kein Zögern kannte, übertraf noch die Flüsse Spaniens

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aurea dona vomens. ecquis tellure revulsa †sollicitis fodiens rimatur collibus aurum: quantum stagna Tagi rudibus stillantia venis effluxere decus, quanto pretiosa metallo Hermi ripa micat, quantas per Lydia culta despumat rutilas dives Pactolus harenas. non, mihi centenis pateant si vocibus ora multifidusque ruat centum per pectora Phoebus, acta Probi narrare queam, quot in ordine gentes rexerit, ad summi quotiens fastigia iuris venerit, Italiae late cum frena teneret Illyricosque sinus et quos arat Africa campos. sed nati vicere patrem, solique merentur victores audire Probi. non contigit illi talis honos, prima cum parte viresceret aevi, nec consul cum fratre fuit. vos nulla fatigat cura diu maiora petens, non anxia mentem spes agit et longo tendit praecordia voto: coepistis quo finis erat. primordia vestra vix pauci meruere senes, metasque tenetis ante genas dulces quam flos iuvenilis inumbret oraque ridenti lanugine vestiat aetas. tu, precor, ignarum doceas, Parnasia, vatem, quis deus ambobus tanti sit muneris auctor.

postquam fulmineis inpellens viribus hostem belliger Augustus trepidas laxaverat Alpes, Roma Probo cupiens dignas persolvere grates sedula pro natis dominum flexura rogando ire parat. famuli currum iunxere volantem

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im Ausschütten goldener Gaben. Reißt da etwa noch einer die Erde auf, [50] † versetzt die Berge in Unruhe und gräbt nach Gold? Er verteilte so viele Preziosen, wie die Wasser des Tajo, aus unberührten Adern fließend, hervorspülen, alles Metall, das am kostbaren Ufer des Hermos blitzt, und all den rötlichen Goldsand, den durch die Felder Lydiens der reiche Paktolos herunterschwemmt. [55] Selbst wenn sich mir Münder mit hundert Stimmen öffneten und mir Apoll, vielfach geteilt, durch hundert Lungen raste, so könnte ich doch nicht die Taten des Probus berichten: Über wie viele Völker er der Reihe nach geherrscht hat und wie oft er an die Spitze des höchsten Richteramts gelangt ist, als er weithin die Zügel Italiens, [60] die illyrischen Buchten und die von Africa bestellten Felder lenkte. Doch größer noch als der Vater sind die Kinder: Sie allein verdienen es, als Sieger über Probus bezeichnet zu werden. Er erlangte nicht schon im ersten Abschnitt des Lebens eine solche Ehre und war nicht gemeinsam mit seinem Bruder Konsul. Euch quält nicht [65] die Sorge, die sich lange Zeit auf höhere Ziele richtet, keine bange Hoffnung treibt euch um und hält euch mit weit in die Zukunft reichenden Wünschen in Spannung: Ihr beginnt da, wo andere ihre Laufbahn beenden. Eure erste Stellung haben sich gerade einmal ein paar wenige Greise verdient, und ihr habt euer Ziel erreicht, noch bevor der jugendliche Bart einen Schatten auf eure zarten Wangen wirft [70] und das Alter euer Gesicht mit anmutigem Flaum eingekleidet. Ich bitte dich, Muse vom Parnass: Sage dem unkundigen Dichter, welcher Gott den beiden ein so großes Geschenk verschafft hat! Roma bittet Theodosius um das Konsulat für Olybrius und Probinus. Nachdem der Kaiser als Kriegsherr die zitternden Alpen beruhigt hatte, indem er den Feind mit der Gewalt eines Blitzes niederschlug, [75] wollte Roma ihrem Probus den verdienten Dank abstatten und machte sich voller Eifer auf den Weg, um mit ihren Bitten für die beiden Söhne den Herrscher zu gewinnen. Als Die-

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Impetus horribilisque Metus, qui semper agentem proelia cum fremitu Romam comitantur anhelo, sive petat Parthos seu cuspide turbet Hydaspen. hic ligat axe rotas; hic sub iuga ferrea nectit cornipedes rigidisque docet servire lupatis. ipsa, triumphatis quae possidet aethera regnis, adsilit innuptae ritus imitata Minervae. nam neque caesariem crinali stringere cultu colla nec ornatu patitur mollire retorto; dextrum nuda latus, niveos exerta lacertos, audacem retegit mammam, laxumque coercens mordet gemma sinum; nodus, qui sublevat ensem, album puniceo pectus discriminat ostro. miscetur decori virtus pulcherque severo armatur terrore pudor, galeaeque minaci flava cruentarum praetenditur umbra iubarum, et formidato clipeus Titana lacessit lumine, quem tota variarat Mulciber arte: hic patris Mavortis amor fetusque notantur Romulei; pius amnis inest et belua nutrix; electro Thybris, pueri formantur in auro; fingunt aera lupam; Mavors adamante coruscat. iam, simul emissis rapido velocior Euro fertur equis, stridunt Zephyri cursuque rotarum saucia dividuis clarescunt nubila sulcis. nec traxere moras, sed lapsu protinus uno, quem poscunt, tetigere locum, qua fine sub imo angustant aditum curvis anfractibus Alpes claustraque congestis scopulis durissima tendunt,

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ner spannten ihr den fliegenden Wagen die Angriffslust und der furchtbare Schrecken an: Beide begleiten Roma stets mit atemlosem Schnauben, wenn sie Krieg führt, [80] ob sie nun gegen die Parther zieht oder den Hydaspes mit ihrem Speer aufwirbelt. Der eine befestigte die Räder an der Achse, der andere band die Pferde unter den eisernen Jochen fest und zeigte ihnen, wie sie den starren Trensen gehorchen sollten. Roma selbst, nach dem Sieg über die Weltreiche Herrin des Äthers, schwang sich hinauf und glich dabei der jungfräulichen Minerva: [85] Sie ließ sich nämlich weder das Haar mit kunstvoller Frisur binden, noch gab sie ihrem Hals ein zierliches Aussehen, indem sie etwa ein Schmuckstück darum legte. Die rechte Schulter war nackt, die schneeweißen Arme entblößt; kühn zeigte sie ihre Brust; eine Gemme durchstach das weite Gewand und hielt es zusammen. Der Gürtel, der das Schwert hielt, [90] setzte sich in phönizischem Purpur von der weißen Brust ab. Tatkraft und Schönheit verbanden sich in ihr; mit furchteinflößender Strenge wappnete sich ihre anmutige Schüchternheit; auf den drohenden Helm legte sich der helle Widerschein des blutbeschmierten Helmbusches, und der Schild, den Vulcanus mit all seiner Kunstfertigkeit geschmückt hatte, forderte den Sonnengott mit furchterregendem Glanz heraus: [96] Auf ihm waren die Liebe des Vaters Mars und seine römischen Kinder abgebildet; der fürsorgliche Strom und die säugende Wölfin waren darauf; der Tiber aus Bernstein, die Knaben aus Gold gebildet; Erz formte die Wölfin; Mars blitzte im Stahl. [100] Sowie einmal die Pferde losgelassen waren, eilte sie schneller als der rasche Ostwind dahin. Die Westwinde pfiffen, und die Wolken, die die Bahn der Räder aufriss, hellten sich in zwei langen Furchen auf. Nirgends hielten sie an, sondern erreichten in einem unausgesetzten Flug ihr Ziel, dort nämlich, wo an ihrem südlichen Rand [105] die Alpen in gewundenen Zügen den Zugang erschweren und sich mit den aufgetürmten Bergmassiven die unwegsamste Barriere hinstreckt. Kein anderer könnte sich hier Durchgang verschaffen; allein dem Kaiser

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non alia reseranda manu, sed pervia tantum Augusto geminisque fidem mentita tyrannis. semirutae turres avulsaque moenia fumant; crescunt in cumulum strages vallemque profundam aequavere iugis; stagnant inmersa cruore corpora; turbantur permixto funere Manes. haud procul exhausto laetus certamine victor caespite gramineo consederat arbore fultus adclines umeros; dominum gavisa coronat terra suum, surguntque toris maioribus herbae. sudor adhuc per membra calet creberque recurrit halitus et placidi radiant in casside vultus: qualis letifera populatus caede Gelonos procubat horrendus Getico Gradivus in Haemo; exuvias Bellona levat, bellique tepentes pulvere solvit equos, inmensaque cornus in astra porrigitur tremulisque ferit splendoribus Hebrum. ut stetit ante ducem discussas Roma per auras, conscia ter sonuit rupes et inhorruit atrum maiestate nemus. prior hic: ‘o numen amicum’ dux ait ‘et legum genetrix longeque regendo circumfusa polo consorsque adiuncta Tonanti, dic agedum, quae causa viae? cur deseris arces Ausonias caelumque tuum? dic, maxima rerum! non ego vel Libycos cessem tolerare vapores Sarmaticosve pati medio sub frigore Coros, si tu, Roma, velis; pro te quascumque per oras ibimus et nulla sub tempestate timentes solstitio Meroen, bruma temptabimus Histrum.’

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taten sich die Berge auf, während sie den beiden Tyrannen nur eine trügerische Sicherheit geboten hatten. Halbzerfallene Türme und aufgebrochene Mauern ließen ihren Rauch aufsteigen; [110] Leichen türmten sich hoch und füllten die Täler auf bis zu den Gipfeln; Körper lagen im aufgestauten Blut; die Geister der Toten verloren im Durcheinander der Leichen die Orientierung. Nicht weit davon hatte sich der Sieger, glücklich über die ausgestandene Schlacht, auf dem Rasen niedergelassen [115] und seine Schultern an einen Baum gelehnt. Fröhlich schmückte die Erde ihren Herren mit einem Kranz und das Gras wuchs zu einem prächtigeren Lager empor. Immer noch stand ihm der heiße Schweiß auf den Gliedern, sein Atem ging schnell, und es strahlten seine Gesichtszüge friedvoll noch im Helm: So wie wenn der furchteinflößende Mars die Gelonen in tödlicher Schlacht vernichtet hat [120] und sich nun auf dem getischen Haimosgebirge niedersetzt: Bellona nimmt die Beutestücke vom Wagen und spannt die vom Schlachtenstaub erhitzten Pferde aus; die riesige Lanze ragt bis zum Himmel auf und funkelt mit zitternden Glanzlichtern im Hebros. Als Roma die Wolken geteilt hatte und vor dem Heerführer stand, [125] ertönten die Felsen dreimal – sie wussten nämlich, was geschah –, und der finstere Wald erschauerte vor ihrer erhabenen Erscheinung. Der Feldherr richtete zuerst das Wort an sie: »Du wohlgesonnene Göttin, Mutter des Rechts, die du vom Reich der Himmelsmächte weithin umgeben bist und als treue Gefährtin an der Seite Jupiters stehst: Sag mir, warum führt dich dein Weg hierher? Warum verlässt du die Festungen [130] Ausoniens und deinen Himmel? Sag es mir, erhabenste Göttin! Ich bin gerne bereit, die Hitze Libyens zu ertragen oder die sarmatischen Nordwinde in der heftigsten Kälte zu erdulden, wenn es dein Wunsch ist, Roma! Für dich werden wir durch alle erdenklichen Länder ziehen, uns von keiner Jahreszeit einschüchtern lassen [135] und in der größten Sommerhitze nach Meroë oder im tiefsten Winter an die Donau ziehen.«

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tum regina refert: ‘non me latet, inclute rector, quam tua pro Latio victricia castra laborent, nec quod servitium rursus furiaeque rebelles edomitae paribus sub te cecidere triumphis. sed, precor, hoc donum cum libertate recenti adicias, si vera manet reverentia nostri. sunt mihi pubentes alto de semine fratres, pignora cara Probi, festa quos luce creatos ipsa meo fovi gremio. cunabula parvis ipsa dedi, cum matris onus Lucina beatum solveret et magnos proferrent sidera partus. his ego nec Decios pulchros fortesve Metellos praetulerim, non, qui Poenum domuere ferocem, Scipiadas Gallisque genus fatale Camillos. Pieriis pollent studiis multoque redundant eloquio; nec desidiis dapibusve paratis indulgere iuvat nec tanta licentia vitae arripit aut mores aetas lasciva relaxat: sed gravibus curis animum sortita senilem ignea longaevo frenatur corde iuventus. illis, quam propriam ducunt ab origine, sortem oramus praebere velis annique futurum devoveas venientis iter. non inproba posco, non insueta dabis: domus haec de more requirit. adnue: sic nobis Scythicus famuletur Araxes, sic Rhenus per utrumque latus, Medisque subactis nostra Semiramiae timeant insignia turres; sic fluat adtonitus Romana per oppida Ganges.’

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Da entgegnete ihm die Königin: »Ich weiß wohl, gepriesener Herrscher, was dein siegreiches Heer für Latium durchmacht, und dass das Sklavenpack und die wahnsinnigen Aufrührer, die wir doch schon bezwungen glaubten, dir noch einmal in einem vergleichbaren Triumph unterlegen sind. [140] Doch bitte mache mir mit der eben gewonnenen Freiheit auch noch das folgende Geschenk, sofern deine aufrichtige Achtung für mich Bestand hat. Ich habe da zwei Brüder im jugendlichen Alter und von hoher Geburt, die geliebten Kinder des Probus, die ich bei ihrer Geburt an festlichem Tag selbst in meinem Schoß gehalten habe. Ich selbst habe den Kleinen [145] die Wiege gegeben, als Lucina die gesegnete Last aus dem Mutterleib holte und die Gestirne eine Geburt von großer Bedeutung bewirkten. Diesen möchte ich weder die edlen Decier noch die tapferen Meteller vorziehen, auch nicht die Scipionen, die Bezwinger des wilden Puniers, und Männer wie Camillus, der den Galliern zum Verhängnis wurde. [150] In den Künsten der Musen zeigen sie ihre Stärke und sind reich an Beredsamkeit. Sie lassen sich weder vom Nichtstun und von aufgetischten Speisen verführen, noch ergreift sie übergroße Freiheit in der Lebensführung oder reizt sie ihr Alter, das sonst zu Übermut neigt, zur Hemmungslosigkeit: [154] Stattdessen hat ihre feurige Jugend durch ernstes Streben die Würde hohen Alters erlangt und wird von Herzen mit großer Lebenserfahrung gelenkt. Wir bitten dich: Gib ihnen das Schicksal, das ihnen wegen ihrer Herkunft zusteht, und weihe ihnen den künftigen Lauf des kommenden Jahres. Meine Forderung ist nicht unverschämt, und du wirst ihnen nichts geben, was du nicht schon kennst: Die Familie bewirbt sich schon nach alter Gewohnheit. [160] Stimme zu, so wahr uns der skythische Araxes dienen soll, so wahr der Rhein an beiden Flussufern und die Türme der Semiramis nach dem Sieg über die Meder unsere Feldzeichen fürchten sollen, so wahr der Ganges erstaunt durch römische Städte fließen soll.«

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ductor ad haec: ‘optata iubes ultroque volentem, diva, rogas; non haec precibus temptanda fuissent. usque adeone meam condunt oblivia mentem, ut pigeat meminisse Probi, quo vindice totam vidimus Hesperiam fessasque resurgere gentes? ante dabunt hiemes Nilum, per flumina dammae errabunt glacieque niger damnabitur Indus, ante Thyesteis iterum conterrita mensis intercisa dies refugos vertetur in ortus, quam Probus a nostro possit discedere sensu.’

dixerat et velox iam nuntius advolat urbem. extemplo strepuere chori collesque canoris plausibus inpulsi septena voce resultant. laetatur veneranda parens et pollice docto iam parat auratas trabeas cinctusque micantes stamine, quod molli tondent de stipite Seres frondea lanigerae carpentes vellera silvae, et longum tenues tractus producit in aurum filaque concreto cogit squalere metallo. qualis purpureas praebebat candida vestes numinibus Latona suis, cum sacra redirent ad loca nutricis iam non errantia Deli, illa feros saltus et desolata relinquens Maenala lassato certis venatibus arcu, Phoebus adhuc nigris rorantia tela venenis extincto Pythone ferens – tunc insula notos lambit amica pedes ridetque Aegaeus alumnis lenior et blando testatur gaudia fluctu –:

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Der Feldherr erwiderte darauf: »Deine Aufforderung entspricht meinen Wünschen, und dein Anliegen, [165] Göttin, richtet sich an einen, der es selber gerne erfüllt; das hättest du nicht erst mit Bitten versuchen müssen. Hat mir etwa so sehr das Vergessen den Geist vernebelt, dass ich ungern an Probus dächte, unter dessen schützender Amtsführung wir ganz Hesperien und die müden Völker wieder aufleben sahen? Eher werden Winterstürme die Nilflut auslösen, eher wird das Wild in den Flüssen umherirren, [170] eher wird sich der schwarze Indus mit Eis überziehen müssen, und eher wird das Licht der Sonne noch einmal im Grauen vor dem Thyestesmahl innehalten und sich zu seinem Ausgangspunkt, der zurückweicht, kehren, als dass Probus aus unseren Gedanken verschwinden könnte.« Anfertigung des Konsulgewands durch die Mutter Proba So sprach er und rasch eilte bereits ein Bote zur Stadt. [175] Sogleich erklangen Freudenchöre und die Hügel tönten, vom Wohlklang des Applauses getroffen, in sieben Stimmen wider. Die ehrwürdige Mutter freute sich und stellte mit geübten Handgriffen schon die golddurchwirkten Mäntel, und zwar funkelnde Gewänder, mit den Fäden her, die die Serer von den flauschigen Ästen zupfen, [180] indem sie das vliesartige Laub des wolletragenden Waldes abnehmen. Zu langen goldenen Fäden zog sie zarte Goldplättchen aus und ließ das Gewebe vom Metall, das sich mit ihm verband, erstarren. So wie die strahlende Latona für ihre göttlichen Kinder Purpurgewänder darbot, als sie auf das geheiligte Gebiet [185] der Heimatinsel Delos, die sich jetzt nicht mehr bewegte, zurückkehrten – Diana, deren Bogen vom zielsicheren Jagen erschlafft war, verließ die wilden Schluchten und das öde Mainalosgebirge, Apoll trug die Geschosse, die nach dem Sieg über Python noch vom schwarzen Gift troffen (die Insel küsste damals voll Liebe die wohlbekannten [190] Füße, die Ägäis lachte ihren Zöglingen sanfter zu und zeigte ihre Freude mit liebkosendem

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sic Proba praecipuo natos exornat amictu, quae decorat mundum, cuius Romana potestas fetibus augetur. credas ex aethere lapsam stare Pudicitiam, vel sacro ture vocatam Iunonem Inachiis oculos advertere templis. talem nulla refert antiquis pagina libris nec Latiae cecinere tubae nec Graia vetustas. coniuge digna Probo; nam tantum coetibus extat femineis, quantum supereminet ille maritos. ceu sibi certantes, sexus quid posset uterque, hunc legere torum. taceat Nereida nuptam Pelion. o duplici fecundam consule matrem felicemque uterum, qui nomina parturit annis!

ut sceptrum gessere manu membrisque rigentes aptavere togas, signum dat summus hiulca nube Pater gratamque facem per inane rotantes prospera vibrati tonuerunt omina nimbi. accepit sonitus curvis Tiberinus in antris ima valle sedens. adrectis auribus haesit, unde repentinus caeli fragor. ilicet herbis pallentes thalamos et structa cubilia musco deserit ac Nymphis urnam commendat erilem. illi glauca nitent hirsuto lumina vultu caeruleis infecta notis, reddentia patrem Oceanum; crispo densantur gramine colla; vertice luxuriat toto crinalis harundo, quam neque fas Zephyris frangi nec sole perustam

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Wellengang) –: Ebenso schmückte Proba, die die Welt ziert und durch deren Kinder die Amtsgewalt Roms gemehrt wird, ihre Söhne mit einem außergewöhnlichen Gewand. Man könnte glauben, [195] dass die Ehrbarkeit, vom Himmel gekommen, vor uns stehe, oder dass Juno vom heiligen Weihrauch gerufen ihren Blick auf die Tempel von Argos richte. Von so einer Frau erzählt keine Seite in den alten Büchern; eine solche besangen weder die römischen Epen noch die griechische Vorzeit. Sie war ihres Gatten Probus würdig, denn soweit erhob sie sich über die Scharen [200] der Frauen, wie jener über den Männern stand. So als wollten sie einen Wettstreit darüber austragen, wozu die beiden Geschlechter jeweils in der Lage sind, haben sie sich für diese Ehe entschieden. Der Pelion soll von der Hochzeit der Thetis schweigen. O du Mutter, die du zwei Konsuln geboren hast, o du glücklicher Mutterleib, der du den Jahren ihren Namen gibst! Tiberinus beobachtet den Festzug. [205] Sowie sie ihre Szepter in den Händen hielten und die dichtbestickte Trabea anlegten, schickte der Vater der Götter aus klaffendem Gewölk ein Zeichen: Die erschütterten Wolken schleuderten einen willkommenen Blitz durch den leeren Himmel und ließen günstige Vorzeichen im Donner ertönen. Tiberinus vernahm in seinen gewölbten Grotten das Grollen, [210] als er am Grunde des Tals saß. Er spitze die Ohren und wunderte sich, woher das Tosen des Himmels so plötzlich komme. Sogleich verließ er das Gemach, dem die Wasserpflanzen ein grünliches Aussehen gaben, und das Bett aus Moos. Sein Herrschaftszeichen, die Urne, vertraute er den Nymphen an. In seinem struppigen Gesicht leuchteten die Augen grünblau [215] und stellenweise in den Farben des Himmels, ganz so wie auch der Vater Oceanus aussieht. Dicht kräuselte sich auf dem Hals das Gras. Auf dem ganzen Scheitel breitete sich üppig ein Haarkranz aus Schilf aus: Göttliches Gesetz verbot es, dass ihn die Winde zerbrechen oder dass er von der

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aestivo candore mori, sed vivida frondet aequaevum conplexa caput. taurina levantur cornua temporibus raucos sudantia rivos; destillant per pectus aquae; frons hispida manat imbribus; in liquidos fontes se barba repectit. palla graves umeros velat, quam neverat uxor Ilia percurrens vitreas sub gurgite telas. est in Romuleo procumbens insula Thybri qua medius geminas interfluit alveus urbes discretas subeunte freto, pariterque minantes ardua turrigerae surgunt in culmina ripae. hic stetit et subitum prospexit ab aggere votum: unanimos fratres cuncto stipante senatu ire forum strictasque procul radiare secures atque uno biiuges tolli de limine fasces. obstipuit visu suspensaque gaudia vocem oppressam tenuere diu; mox incohat ore: ‘respice, si tales iactas aluisse fluentis, Eurota Spartane, tuis. quid protulit aequum falsus olor, valido quamvis decernere caestu noverit et ratibus saevas arcere procellas? en nova Ledaeis suboles fulgentior astris, ecce mei cives, quorum iam Signifer optat adventum stellisque parat convexa futuris. iam per noctivagos dominetur Olybrius axes pro Polluce rubens, pro Castore flamma Probini. ipsi vela regent, ipsis donantibus auras

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Sonnenglut verbrannt wird und in sommerlicher Hitze verdorrt; stattdessen schlang er sich frisch mit grünem Laub [220] um das Haupt des Gottes, der ebenso viele Jahre zählt wie er. An den Schläfen schwangen sich Hörner wie vom Stier in die Höhe und ließen dumpf rauschende Bäche rinnen: Wassertropfen flossen über seine Brust, die struppige Stirn troff in Strömen, und der Bart ordnete sich zu klaren Quellen. Die wuchtigen Schultern bedeckte ein Mantel, den seine Gattin [225] Ilia tief unten auf dem Grund an kristallenen Kettfäden gewoben hatte. Es gibt eine Insel, die sich im Tiber in Rom hinstreckt, dort wo der Fluss inmitten der beiden Stadthälften fließt, die das heranfließende Wasser trennt. Auf beiden Seiten erheben sich gleichermaßen die befestigten Ufer drohend zu hohen Dächern. [230] Hier stand der Flussgott und sah vom Uferdamm aus, wie sein Hoffen plötzlich in Erfüllung gegangen war: Wie die Brüder einmütig und vom gesamten Senat umgeben zum Forum gingen, wie die gezückten Beile in der Ferne blitzten, und wie vor einer einzigen Türschwelle zwei Formationen von Rutenbündeln erhoben wurden. Bei dem Anblick stutzte er und lange verschlug ihm [235] seine ungewisse Freude die Sprache. Bald darauf aber sagte er: »Eurotas in Sparta, überleg einmal, ob du dich rühmen kannst, Männer von diesem Schlag mit deinen Fluten aufgezogen zu haben! Was von diesem Rang hat der falsche Schwan gezeugt, wie sehr sich die beiden auch darauf verstanden, mit den wuchtigen Boxhandschuhen zu siegen und die wilden Stürme von den Schiffen abzuhalten? [240] Schau auf diese neue Generation, die Ledas Sterne an Glanz übertreffen, schau auf diese beiden Bürger meiner Stadt: Der Tierkreis hofft schon auf ihre Ankunft und bereitet das Firmament für die künftigen Sternbilder vor. Bald schon soll Olybrius rötlich leuchtend an Stelle des Pollux am nächtlich kreisenden Sternenhimmel herrschen, und der Flammenschein des Probinus soll an die Stelle des Castor treten. [245] Sie selbst werden die Segel der Schiffe lenken, und immer wenn sie günstigen Wind schenken,

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navita tranquillo moderabitur aequore pinum. nunc pateras libare deis, nunc solvere multo nectare corda libet. niveos iam pandite coetus, Naides, et totum violis praetexite fontem. mella ferant silvae; iam profluat ebrius amnis mutatis in vina vadis; iam sponte per agros sudent inriguae spirantia balsama venae. currat, qui sociae roget in convivia mensae indigenas fluvios, Italis quicumque suberrant montibus Alpinasque bibunt de more pruinas, Vulturnusque rapax et Nar vitiatus odoro sulphure tardatusque suis erroribus Ufens et Phaethonteae perpessus damna ruinae Eridanus flavaeque terens querceta Maricae Liris et Oebaliae qui temperat arva Galaesus. semper honoratus nostris celebrabitur undis iste dies, semper dapibus recoletur opimis.’ sic ait et Nymphae patris praecepta secutae tecta parant epulis ostroque infecta corusco umida gemmiferis inluxit regia mensis.

o bene signatum fraterno nomine tempus, o consanguineis felix auctoribus anne, incipe quadrifidum Phoebi torquere laborem. prima tibi procedat hiemps non frigore torpens, non canas vestita nives, non aspera ventis, sed tepido calefacta Noto; ver inde serenum protinus, et liquidi clementior aura Favoni pratis te croceis pingat; te messibus aestas

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wird der Seemann sein Schiff auf ruhigem Meer steuern. Jetzt ist es an der Zeit, den Göttern ein Trankopfer zu bringen, jetzt ist es an der Zeit, mit viel Nektar alle Sorgen zu vergessen. Löst eure schneeweißen Reigen auf, ihr Najaden, und schmückt die ganze Quelle mit Veilchen. [250] Die Wälder sollen Honig fließen lassen. Jetzt soll auch der Fluss, indem sein Wasser sich zu Wein wandelt, trunken fließen. Jetzt sollen von selbst auf den Äckern die saftgefüllten Pflanzenadern duftenden Balsam ausschwitzen. Einer soll laufen, um zum Gastmahl an gemeinsamer Tafel alle einheimischen Flüsse zu rufen, die unten an den Bergen Italiens fließen [255] und es gewohnt sind, den Schnee der Alpen zu trinken; dazu der reißende Vulturnus, der Nar, dessen Wasser vom Schwefel verseucht wird, der Ufens, den sein verschlungener Lauf aufhält, der Eridanus, der das Unglück des Phaëthon erduldete, der Liris, der die Eichenbäume an der blonden Marica umspült, [260] und der Galaesus, der die Felder von Tarent erfrischt. Dieser Tag wird von unseren Wellen immer geehrt und gefeiert werden, immer wieder werden wir ihn mit einem Festschmaus begehen.« So sprach er. Die Nymphen folgten dem väterlichen Befehl und bereiteten das Haus für das Festessen vor. Der feuchte Palast, den blitzender Purpur zierte, [265] leuchtete von den mit Edelsteinen geschmückten Tischen. Lob des Jahres O du Zeit, die der Name zweier Brüder glücklich bezeichnet! O du Jahr, das seinen Segen zwei Verwandten verdankt, fange nun mit der vierfachen Aufgabe des Phoebus an. Zunächst soll dir ein Winter weitergehen, der nicht vor Kälte starrt, [270] den nicht weißer Schnee kleidet, und den nicht die Winde unerträglich machen, sondern der vom milden Südwind erwärmt wird; danach soll sogleich ein heiterer Frühling entstehen, und die mildere Luft des klaren Westwindes soll dich mit krokusfarbenen Wiesen schmücken; der Sommer soll dir mit erntereifen Feldern ein Kleid schen-

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induat, autumnusque madentibus ambiat uvis. omni nobilior lustro tibi gloria soli contigit, exactum numquam memorata per aevum, germanos habuisse duces; te cuncta loquetur tellus; te variis scribent in floribus Horae, longaque perpetui ducent in saecula fasti.

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ken und der Herbst soll triefende Trauben um dein Haupt legen. [275] Ein Ruhm, der jedes Zeitalter übertrifft, soll dir allein zufallen, wie man ihn zu keiner Zeit jemals gekannt hat, nämlich dass ein Geschwisterpaar dich angeführt hat! Von dir wird die ganze Erde sprechen! Die Horen werden deinen Namen in bunten Blumen einschreiben und die Staatskalender in stetiger Folge werden ihn in die ferne Ewigkeit tragen.

Invektive gegen Rufinus

Einführung Unter den carmina maiora Claudians ist die Invektive gegen Rufinus die erste politische Tendenzschrift, die – ganz unabhängig von einem konkreten offiziellen Anlass – allein zur Verbreitung einer bestimmten Geschichtsdeutung in Auftrag gegeben worden war. Mit Rufinus war am 27. November 395 ein mächtiger Rivale Stilichos ermordet worden, der den Anspruch des Germanen, im Sinne des sterbenden Theodosius Vormund der b e i d e n Kaiser Hono­rius und Arcadius zu sein, aus seiner einflussreichen Stellung am Hof von Konstantinopel heraus hintertrieb. Stilicho wollte die Ereignisse des Jahres 395, aber auch die Vorgeschichte des Konflikts aus seiner besonderen Interessenslage heraus dargestellt wissen: Dazu bediente sich sein Hofdichter Claudian der Gattung der Invektive, also des Schmähgedichts, und stellte in zwei Büchern, denen eine Vorrede in elegischem Versmaß vorangestellt war, den Aufstieg des skrupellosen, von Habgier geleiteten Karrieristen Rufinus am Hof von Konstantinopel dar. Dass es Theodosius war, der den aus Gallien stammenden Rufinus protegiert hatte, spielt für Claudian nur am Rande eine Rolle. Vielmehr wird der anfängliche Erfolg des Scheusals als das Wirken höllischer Mächte interpretiert, die mithilfe des Rufinus den verhassten Frieden, den das Reich unter Theodosius endlich genießen darf, beenden wollen. Der Dichter hebt das historische Geschehen also auf eine kosmisch-theologische Ebene und macht vom Ausgang der Entwicklung abhängig, ob in der Welt überhaupt an so etwas wie Gerechtigkeit geglaubt werden darf. Nach dem Streitgespräch zwischen Megaera und Iustitia und dem abschließenden Richterspruch über Rufinus in der Unterwelt fällt die Antwort auf die eingangs gestellte Theodizeefrage positiv aus. Der konkrete historische Beweis für diese weltanschauliche Fra-



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ge, die den alten Gegensatz von stoischem Schicksalsglauben und epikureischer Zufallsergebenheit aufgreift, wird durch die epische Biographie des Rufinus erbracht, die in regelmäßigem Wechsel mit Schilderungen seines charakterlichen Gegenstücks Stilicho überblendet wird. Die Ereignisse des ersten Buches reichen dabei in die Zeit vor 395 zurück: Nach den ersten Karriereschritten kommt es anlässlich der Strafexkursion gegen die Bastarner zu einer ersten Konfrontation zwischen dem germanischen magister militum und dem gallischen praefectus praetorio. Die Entwicklungen nach dem Tod des Theodosius nehmen das ganze zweite Buch ein: Stilichos Versuch, die plündernden Westgoten unter Alarich in Griechenland zu stellen, wird durch Rufinus, der einen entsprechenden Abzugsbefehl bei Arcadius bewirkt, hintertrieben. Stilicho kehrt unverrichteter Dinge nach Italien zurück, lässt die Goten weiter ihr Unwesen treiben und schickt den oströmischen Truppenteil, der mit ihm am Frigidus gekämpft hatte, nach Konstantinopel. Ob nun durch Stilicho angestiftet oder nicht: Eben diese Truppen, denen der mit Händen zu greifende Sieg über Alarich in letzter Minute genommen worden war, umringen nun beim feierlichen Empfang vor den Toren Konstantinopels Rufinus und töten ihn vor den Augen des Kaisers Arcadius. Selbst die üblichen Strafen der Unterwelt sind zu gering für Verbrechen, wie er sie begangen hat, und so wird Rufinus zuletzt in den tiefsten Winkel der Hölle geworfen. Damit schließt sich die Komposition des Gedichts, das nach der einleitenden Theodiezeefrage die Ursache für das Unwesen Rufins in einer Verschwörung höllischer Mächte gesehen hat. Die Wende des Schicksals markiert das Streitgespräch zwischen Megaera und Iustitia am Ende des ersten Buches. Im zweiten Buch, das den regelmäßigen Perspektivwechsel zwischen Rufinus und Stilicho wieder aufnimmt, wird dann anhand des hintertriebenen Siegs über Alarich ein historisches Analogon erzählt, das diesmal freilich Konsequenzen im Sinne Iustitias hat, nämlich den Tod des Schadensstifters Rufinus.

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Die praefatio zum zweiten Buch hat mit Rufinus nichts zu tun und entstand nach einem weiteren Feldzug, den Stilicho 397 gegen die immer noch in Griechenland marodierenden Westgoten führte – gegen den Willen Konstantinopels, was Stilicho die Ächtung zum Staatsfeind einbringen sollte. Auch dieser Zug gegen Alarich endete nicht mit einem Sieg, doch gaben die Westgoten in den Folgejahren wenigstens Ruhe. – Über die Entstehungsgeschichte der Invektive und die Stellung dieser zweiten praefatio ist viel gerätselt worden: Am wahrscheinlichsten ist, dass sie für eine zweite Rezitation des schon 395 entstandenen Gesamtwerks (Rufin. I und II) anstelle der ersten praefatio gedacht war. Anlass für eine solche Rezitation wird die Rückkehr Stilichos aus Griechenland im Jahr 397 gewesen sein. Vgl. den Forschungsüberblick mit Diskussion bei Döpp (1980) 90–94. Buch I: 1–24

Den Dichter befallen Zweifel an der Weltordnung in Anbetracht von Rufinus’ Erfolg.

25–257 Aufstieg des Rufinus 25–73 Höllenkonzil: Allecto will den Frieden in der Welt stören. 74–122 Megaera schlägt ihren Ziehsohn Rufinus als Unruhestifter vor (γένος und ἀνατρόφὴ). 123–175 Megaera erscheint in Elusa und stachelt Rufinus auf (ἐπιτηδεύματα). Untaten im Frieden (πράξεις κατ’ εἰρήνην): 176–195 Rufinus macht die ersten Schritte am Hof von Konstantinopel. 196–257 Goldgier und Grausamkeit kennzeichnen seinen Aufstieg. (Un-)taten im Krieg (πράξεις κατὰ πόλεμον): 257–353 Stilicho 273–296 Vergleich Stilichos mit den Helden der Vorzeit 297–353 Rufinus vereitelt Stilichos Sieg. 354–387

Streitgespräch zwischen Megaera und Iustitia



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Buch II: 1–85 Rufinus 1–53 Rufinus sieht sich in die Ecke gedrängt und veranlasst die Goten und Hunnen, ins Reich einzufallen. 54–85 Vormarsch von Alarichs Goten auf Konstantinopel 86–129 Stilicho 86–99 In Konstantinopel wünscht sich die Bevölkerung Hilfe von Stilicho. 100–129 Stilicho zieht mit dem Heer nach Osten. 130–170 Rufinus 130–143 Panik bei Rufinus 144–170 Arcadius erlässt auf Betreibung von Rufinus den Befehl, dass die oströmischen Truppenteile ohne Stilicho nach Konstantinopel zurückkehren sollen. 171–292 Stilicho 171–219 Nach innerem Kampf entscheidet sich Stilicho für den Gehorsam. 220–292 Unmut und Rachepläne der abziehenden oströmischen Soldaten 293–453 Rufinus 293–335 Rufinus und seine Parteigänger wiegen sich in Sicherheit (fehlgedeutetes Traumzeichen). 336–404 Rufinus wird durch die zurückkehrenden Soldaten umzingelt und ermordet. 405–453 Leichenschändung: Rufinus’ Fall als Beispiel für Fortunas Wirken 454–527 Rufinus 454–465 Rufinus kommt in der Unterwelt an. 466–493 Wirkungsweise der Unterweltsstrafen 494–527 Rufinus wird in den letzten Winkel der Unterwelt verbannt.

2 In Rufinum praefatio prior Phoebeo domitus Python cum decidit arcu membraque Cirrhaeo fudit anhela iugo, qui spiris tegeret montes, hauriret hiatu flumina, sanguineis tangeret astra iubis, iam liber Parnasus erat, nexuque soluto coeperat erecta surgere fronde nemus, concussaeque diu spatiosis tractibus orni securas ventis explicuere comas, et qui vipereo spumavit saepe veneno Cephisos nitidis purior ibat aquis. omnis ‘io Paean’ regio sonat, omnia Phoebum rura canunt; tripodas plenior aura rotat, auditoque procul Musarum carmine dulci ad Themidis coeunt antra severa dei. nunc alio domini telis Pythone perempto convenit ad nostram sacra caterva lyram, qui stabilem servans Augustis fratribus orbem iustitia pacem, viribus arma regit.

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2 Invektive gegen Rufinus: Erste Vorrede Als Python vom Bogen des Apoll bezwungen tot niederfiel und seine schnaubenden Glieder auf dem Berg von Kirrha ausbreitete ‒ er war so groß, dass er mit seinen Windungen ganze Berge bedeckte, mit seinem klaffenden Maul Flüsse aufsog und mit seinem blutroten Kamm die Sterne berührte ‒, [5] da war der Parnass schon befreit, und der Wald hatte begonnen, sein Laub wieder aufzurichten und sich zu erheben, nachdem sich Pythons Verschlingung gelöst hatte, und die Eschen, die lange Zeit von seinen ausgreifenden Bewegungen erschüttert worden waren, breiteten nun ihr Laub ohne Angst in den Winden aus, und der Kephisos, der oft vom Gift der Schlange geschäumt hatte, [10] floss nun reiner mit funkelnden Wassern. Die ganze Gegend tönt wieder vom Ruf »Io Paean«, alle Landstriche besingen Apollon, voller steigt der Dampf empor und lässt die Dreifüße kreisen, die Götter hören von fern den süßen Gesang der Musen und versammeln sich bei der gestrengen Grotte der Themis. [15] Heute aber versammelt sich die erhabene Schar zu den Klängen unserer Lyra, da ein anderer Python von den Geschossen seines Bezwingers erlegt worden ist, der den Erdkreis für das kaiserliche Brüderpaar bewahrt, mit Gerechtigkeit den Frieden und mit Kraft die Waffen lenkt.

3 In Rufinum liber prior Saepe mihi dubiam traxit sententia mentem, curarent superi terras an nullus inesset rector et incerto fluerent mortalia casu. nam cum dispositi quaesissem foedera mundi praescriptosque mari fines annique meatus et lucis noctisque vices, tunc omnia rebar consilio firmata dei, qui lege moveri sidera, qui fruges diverso tempore nasci, qui variam Phoeben alieno iusserit igni conpleri Solemque suo, porrexerit undis litora, tellurem medio libraverit axe. sed cum res hominum tanta caligine volvi aspicerem laetosque diu florere nocentes vexarique pios, rursus labefacta cadebat religio causaeque viam non sponte sequebar alterius, vacuo quae currere semina motu adfirmat magnumque novas per inane figuras fortuna non arte regi, quae numina sensu ambiguo vel nulla putat vel nescia nostri. abstulit hunc tandem Rufini poena tumultum absolvitque deos. iam non ad culmina rerum iniustos crevisse queror; tolluntur in altum ut lapsu graviore ruant. vos pandite vati, Pierides, quo tanta lues eruperit ortu.

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3 Invektive gegen Rufinus: Erstes Buch Den Dichter befallen Zweifel an der Weltordnung. Immer wieder schwankte ich unentschieden zwischen zwei Standpunkten, ob sich nämlich die Himmlischen um das Irdische kümmern oder ob es keinen Lenker gebe und alles Vergängliche im unberechenbaren Zufall ziellos dahinströme. Denn als ich nach den Gesetzen der geordneten Welt, [5] nach den Grenzen, die dem Meer gesetzt sind, nach dem Ablauf des Jahres und dem Wechsel von Tag und Nacht geforscht hatte, da schien mir alles auf den Ratschluss eines Gottes hin fest gefügt zu sein, der angewiesen hatte, dass sich die Gestirne nach einem bestimmten Gesetz bewegen, die Feldfrüchte zu ihrer jeweiligen Zeit wachsen, die wandelbare Luna von fremdem [10] und Sol von eigenem Licht erfüllt werden sollte, der auch den Wellen Küsten hingestreckt und die Erde mit der Achse in der Mitte ins Gleichgewicht gebracht hat. Doch als ich sah, dass die Menschen in solchem Dunkel dahinleben mussten, Bösewichter über lange Zeit hin glücklich und erfolgreich waren und Rechtschaffene geplagt wurden, da geriet [15] mein Glaube wieder ins Wanken, stürzte in sich zusammen, und ich wollte gegen meinen Willen schon der Lehre der anderen Partei folgen, die fest behauptet, dass die Atome in freier Bewegung dahineilen und dass in der Weite des leeren Raums immer neue Gestalten durch Zufall und nicht durch Plan gelenkt werden, und die von den Göttern in ihrer unklaren Anschauung entweder glaubt, dass sie gar nicht existieren oder von uns gar nichts wissen. [20] Die Bestrafung des Rufinus hat mich schließlich von diesen verstörenden Zweifeln erlöst und die Götter freigesprochen. Nun beklage ich mich nicht mehr darüber, dass Ungerechte zu den höchsten Stellungen in der Welt aufgestiegen sind: Sie werden in die Höhe gehoben, um umso heftiger zu stürzen. Ihr Musen, kündet dem Dichter den Ursprung, aus dem diese gewaltige Pest ausgebrochen ist.

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invidiae quondam stimulis incanduit atrox Allecto, placidas late cum cerneret urbes. protinus infernas ad limina taetra sorores, concilium deforme, vocat. glomerantur in unum innumerae pestes Erebi, quascumque sinistro Nox genuit fetu: nutrix Discordia belli, imperiosa Fames, leto vicina Senectus inpatiensque sui Morbus Livorque secundis anxius et scisso maerens velamine Luctus et Timor et caeco praeceps Audacia vultu et Luxus populator opum, quem semper adhaerens infelix humili gressu comitatur Egestas, foedaque Avaritiae conplexae pectora matris insomnes longo veniunt examine Curae. conplentur vario ferrata sedilia coetu torvaque conlectis stipatur curia monstris. Allecto stetit in mediis vulgusque tacere iussit et obstantes in tergum reppulit angues perque umeros errare dedit. tum corde sub imo inclusam rabidis patefecit vocibus iram: ‘sicine tranquillo produci saecula cursu, sic fortunatas patiemur vivere gentes? quae nova corrupit nostros clementia mores? quo rabies innata perit? quid inania prosunt verbera, quid facibus nequiquam cingimur atris? heu nimis ignavae, quas Iuppiter arcet Olympo, Theodosius terris. en aurea nascitur aetas, en proles antiqua redit. Concordia, Virtus, cumque Fide Pietas alta cervice vagantur insignemque canunt nostra de plebe triumphum. pro dolor! ipsa mihi liquidas delapsa per auras

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Höllenkonzil: Allecto will den Frieden in der Welt stören. [25] Vom Neid gequält entbrannte einst die furchtbare Allecto, weil sie weit und breit die Städte in Frieden sah. Sofort rief sie ihre höllischen Schwestern, eine scheußliche Versammlung, zu den hässlichen Pforten. All die unzähligen Schadensstifter des Erebus, [30] welche die Nacht als Missgeburten hervorgebracht hatte, drängten sich an einem Ort zusammen: Die Zwietracht, Nährmutter des Krieges, die tyrannische Hungersnot, die Altersschwäche, Nachbarin des Todes, die Krankheit, die sich selbst nicht erträgt, der Neid, vom Glück beunruhigt, die Trauer, mit zerrissenem Gewand leidend, die Angst, die Kühnheit, die blinden Auges dahinstürzt, [35] die Prasserei, die Vermögen vernichtet, und immer in ihrem Gefolge die unselige Armut mit demütigem Schritt, und die schlaflosen Sorgen, an die hässliche Brust ihrer Mutter, der Habgier, geklammert, kamen in langem Zuge heran. Die eisernen Sitze wurden von der vielgestaltigen Menge eingenommen [40] und die grausige Kurie füllte sich dicht mit den versammelten Scheusalen. Allecto hatte sich mitten unter sie gestellt, dem Haufen Stillschweigen geboten, die Schlangen, die ihr ins Gesicht hingen, auf den Rücken geworfen und über ihre Schultern kriechen lassen. Dann tat sie mit grimmigen Worten ihren Zorn kund, den sie tief im Herzen verschlossen hatte: [45] »Sollen wir es dulden, dass unser Zeitalter einen so ruhigen Lauf nimmt, dass die Völker so glücklich leben? Welche ungewohnte Milde hat unseren Charakter verdorben? Wo ist unsere ureigene Wut hin? Was nutzen unsere wirkungslosen Schläge, warum bewaffnen wir uns vergeblich mit schwarzen Fackeln? [50] Ach, wir sind viel zu träge und werden durch Jupiter vom Olymp, durch Theodosius von der Erde ferngehalten! Seht, ein goldenes Zeitalter entsteht, seht, das alte Geschlecht kehrt zurück! Eintracht, Tugend und Verantwortungsgefühl, zusammen mit Treue, gehen erhobenen Hauptes umher und lassen ein prächtiges Triumphlied über uns einfaches Volk erschallen. [55] Welch ein Schmerz! Gerechtig-

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Iustitia insultat vitiisque a stirpe recisis elicit oppressas tenebroso carcere leges. at nos indecores longo torpebimus aevo omnibus eiectae regnis? agnoscite tandem quid Furias deceat; consuetas sumite vires conventuque nefas tanto decernite dignum. iam cupio Stygiis invadere nubibus astra, iam flatu violare diem, laxare profundo frena mari, fluvios ruptis inmittere ripis, et rerum vexare fidem.’ sic fata cruentum mugiit et totos serpentum erexit hiatus noxiaque effudit concusso crine venena. anceps motus erat vulgi: pars maxima bellum indicit superis, pars Ditis iura tuetur, dissensuque alitur rumor: ceu murmurat alti inpacata quies pelagi, cum flamine fracto durat adhuc saevitque tumor dubiumque per aestum lassa recedentis fluitant vestigia venti.

inproba mox surgit tristi de sede Megaera, quam penes insani fremitus animique profanus error et undantes spumis furialibus irae: non nisi quaesitum cognata caede cruorem inlicitumve bibit, patrius quem fuderit ensis, quem dederint fratres; haec terruit Herculis ora et defensores terrarum polluit arcus, haec Athamanteae derexit spicula dextrae,

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keit selbst schwebt durch die klare Luft herab und spottet über mich, rottet die Laster mit Stumpf und Stiel aus und holt die im finsteren Kerker niedergehaltenen Gesetze wieder hervor. Wir hingegen, aus allen Herrschaftsbereichen vertrieben, sollen ruhmlos eine Ewigkeit lang untätig bleiben? Begreift doch endlich, [60] was sich für Furien schickt; gebraucht eure gewohnten Kräfte und beschließt ein Verbrechen, das einer so mächtigen Versammlung angemessen ist! Schon verlangt es mich, die Sterne mit den Wolken der Hölle anzugreifen, das Tageslicht mit Dünsten zu trüben, dem tiefen Meer die Zügel zu lockern, Flüsse über aufgebrochene Ufer zu leiten, [65] und die Weltordnung zu erschüttern.« So sprach sie, brüllte blutrünstig auf, stellte die voll aufgerissenen Mäuler ihrer Schlangen auf, schüttelte das Haar und vergoss so ihr schädliches Gift. Die Reaktion der Menge ging in zwei Richtungen: Die Mehrheit erklärte den Himmlischen den Krieg, ein Teil hatte die Rechtsbefugnisse des Dis im Blick, [70] und in all der Uneinigkeit wurde das Geraune immer stärker: So wie das zur Ruhe gekommene Meer friedlos rauscht, wenn sein Aufwallen ‒ obwohl die Böen bereits gebrochen sind ‒ noch andauert und wütet und über die unzuverlässige Oberfläche müde die letzten Reste des nachlassenden Windes wehen. Megaera schlägt ihren Ziehsohn Rufinus als Unruhestifter vor. Bald darauf erhob sich von ihrem finsteren Sitz die unheilvolle Megaera, [75] die Macht hatte über das wahnsinnige Toben, die heillosen Abirrungen des Geistes und Zornausbrüche, die mit rasendem Schaum aufwallen. Sie trank nur Blut, das aus Verwandtenmord oder im Unrecht geflossen war, weil es das Schwert des Vaters vergossen hatte und weil Brüder es hingegeben hatten. Sie war es, die das Antlitz des Herkules in Schrecken versetzt [80] und den Bogen besudelt hatte, der die Erde beschützte; sie war es, die die Pfeile in der rechten Hand des Athamas gelenkt hatte; sie war

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haec Agamemnonios intra bacchata penates alternis lusit iugulis; hac auspice taedae Oedipoden matri, natae iunxere Thyesten. quae tunc horrisonis effatur talia dictis: ‘signa quidem, sociae, divos attollere contra nec fas est nec posse reor; sed laedere mundum si libet et populis commune intendere letum, est mihi prodigium cunctis inmanius hydris, tigride mobilius feta, violentius Austris acribus, Euripi refluis incertius undis, Rufinus, quem prima meo de matre cadentem suscepi gremio. parvus reptavit in isto saepe sinu teneroque per ardua colla volutus ubera quaesivit fletu, linguisque trisulcis mollia lambentes finxerunt membra cerastae. meque etiam tradente dolos artesque nocendi edidicit simulare fidem sensusque minaces protegere et blando fraudem praetexere risu, plenus saevitiae lucrique cupidine fervens. non Tartesiacis illum satiarit harenis tempestas pretiosa Tagi, non stagna rubentis aurea Pactoli; totumque exhauserit Hermum, ardebit maiore siti. quam fallere mentes doctus et unanimos odiis turbare sodales! talem progenies hominum si prisca tulisset, Pirithoum fugeret Theseus, offensus Oresten desereret Pylades, odisset Castora Pollux. ipsa quidem vinci fateor rapidoque magistram praevenit ingenio. nec plus sermone morabor: solus habet scelerum quidquid possedimus omnes.

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es, die im Haus Agamemnons im bacchantischen Taumel ausgelassen zu wechselseitigem Morden angestiftet hatte; unter ihrer Anleitung hatten die Hochzeitsfackeln den Ödipus mit seiner Mutter und den Thyestes mit seiner Tochter vereint. [85] Sie also sprach damals mit schrecklich tönenden Worten: »Krieg gegen die Götter zu führen ist, meine Kampfgenossinnen, in meinen Augen weder erlaubt noch möglich; wenn ihr aber der Welt schaden und allgemeine Vernichtung auf die Völker richten wollt, dann hätte ich da ein Ungeheuer, schrecklicher als alle Hydren, [90] reizbarer als eine Tigermutter, ungestümer als die schroffen Südwinde, unberechenbarer als die zurückflutenden Wogen des Euripus: Rufinus, den ich gleich, als er aus dem Leib seiner Mutter fiel, in meinem Schoß aufgenommen habe. An diesem Busen hier ist der Kleine oft gekrabbelt, hat sich um meinen hohen Hals geschlungen [95] und mit leisem Weinen nach der Mutterbrust gesucht, und mit ihren dreigespaltenen Zungen haben die Nattern die weichen Glieder zurechtgeleckt. Ich gab ihm alle meine Listen und Schadenskünste weiter, und er hat gelernt, Treue zu heucheln, seine drohenden Gedanken zu verbergen und mit schmeichelndem Lächeln die Tücke zu verhehlen, [100] voller Grausamkeit und glühend vor Raffgier. Nicht einmal der kostbare Ansturm des Tajo mit den tartesischen Sandkörnern kann ihn wohl sättigen, auch nicht das goldene Gewässer des rötlichen Paktolos; und auch wenn er den ganzen Hermos austrinkt, wird er trotzdem vor noch größerem Durst brennen. Wie gut kann er doch die Menschen täuschen [105] und einträchtige Freunde in Hass gegeneinander aufhetzen! Hätten frühere Geschlechter einen solchen Mann hervorgebracht, dann würde Theseus vor Pirithous fliehen, Pylades beleidigt den Orest im Stich lassen und Pollux den Castor hassen. Ich gebe zu, dass ich selbst von ihm besiegt werde, und mit seinem raschen Verstand [110] hat er seine Lehrmeisterin übertroffen. Ich will euch nicht länger mit Reden aufhalten: Er allein hat alles, was wir zusammen je an Ver-

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hunc ego, si vestrae res est accommoda turbae, regalem ad summi producam principis aulam. sit licet ipse Numa gravior, sit denique Minos, cedet et insidiis nostri flectetur alumni.’ orantem sequitur clamor cunctaeque profanas porrexere manus inventaque tristia laudant. illa ubi caeruleo vestes conexuit angue nodavitque adamante comas, Phlegethonta sonorum poscit et ambusto flagrantis ab aggere ripae ingentem piceo succendit gurgite pinum pigraque veloces per Tartara concutit alas.

est locus extremum pandit qua Gallia litus Oceani praetentus aquis, ubi fertur Ulixes sanguine libato populum movisse silentem. illic umbrarum tenui stridore volantum flebilis auditur questus; simulacra coloni pallida defunctasque vident migrare figuras. hinc dea prosiluit Phoebique egressa serenos infecit radios ululatuque aethera rupit terrifico: sensit ferale Britannia murmur et Senonum quatit arva fragor revolutaque Tethys substitit et Rhenus proiecta torpuit urna. tunc in canitiem mutatis sponte colubris longaevum mentita senem rugisque severas persulcata genas et ficto languida passu invadit muros Elusae, notissima dudum tecta petens, oculisque diu liventibus haesit

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brechen besessen haben. Ihn werde ich, sofern das in eurer Menge auf Zustimmung trifft, zum Kaiserhof des höchsten Herrschers führen. Wenn dieser gefestigter als Numa, ja sogar wenn er ein Minos wäre, [115] er wird ihm nachgeben und sich der Heimtücke unseres Zöglings beugen müssen.« Ihren Worten folgte Beifallsgeschrei, alle hoben zustimmend ihre ruchlosen Hände und lobten ihre finsteren Einfälle. Sowie sie ihre Kleider mit einer dunkelblauen Schlange gegürtet und ihr Haar mit Stahl zusammengebunden hatte, verlangte sie vom prasselnden Phlegethon [120] einen gewaltigen Fichtenast, entzündete ihn vom ringsum versengten Wall des lodernden Ufers aus in dem mit Pech gefüllten Abgrund und flog mit raschem Flügelschlag durch den reglosen Tartarus. Megaera erscheint in Elusa und stachelt Rufinus auf. Es gibt einen Ort, wo Gallien seine entlegenste Küste ausbreitet, der sich vor den Wassern des Oceanus erstreckt, wo Odysseus [125] mit einem Blutopfer die schweigende Menge angelockt haben soll. Dort vernimmt man das weinerliche Klagen der Schatten, die mit leisem Schwirren fliegen, und die Bewohner sehen bleiche Totengeister und hingeschiedene Gestalten ziehen. Von hier stürzte die Göttin hervor, verdunkelte mit ihrem Erscheinen die heiteren [130] Strahlen der Sonne und durchbrach mit ihrem schrecklichen Geheul die himmlischen Lüfte: Britannien hörte den Laut des Todes, das Getöse ließ die Äcker der Senonen erbeben, Tethys zog sich zurück und hielt inne, und der Rhein erstarrte, indem ihm sein Wasserkrug entglitt. Da verwandelten sich die Schlangen von selbst in graue Haare, [135] sie täuschte die Gestalt eines betagten Greises vor, an ihren strengen Wangen durchfurchten sie Runzeln, und, als wäre sie müde, betrat sie mit verstelltem Gang die Mauern von Elusa, hielt auf das Haus zu, das ihr schon seit langer Zeit bestens bekannt war, und lange richtete sie ihren neidischen Blick

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peiorem mirata virum; tum talia fatur: ‘otia te, Rufine, iuvant frustraque iuventae consumis florem patriis inglorius arvis? heu nescis, quid fata tibi, quid sidera donent, quid Fortuna paret: toto dominabere mundo, si parere velis! artus ne sperne seniles! namque mihi magicae vires aevique futuri praescius ardor inest; novi quo Thessala cantu eripiat lunare iubar, quid signa sagacis Aegypti valeant, qua gens Chaldaea vocatis imperet arte deis, nec me latuere fluentes arboribus suci funestarumque potestas herbarum, quidquid letali gramine pollens Caucasus et Scythicae vernant in crimina rupes, quas legit Medea ferox et callida Circe. saepius horrendos Manes sacrisque citavi nocturnis Hecaten et condita funera traxi carminibus victura meis, multosque canendo, quamvis Parcarum restarent fila, peremi. ire vagas quercus et fulmen stare coegi versaque non prono curvavi flumina lapsu in fontes reditura suos. neu vana locutum me fortasse putes, mutatos cerne penates.’ dixerat, et niveae (mirum!) coepere columnae ditari subitoque trabes lucere metallo. inlecebris capitur, nimiumque elatus avaro pascitur intuitu. sic rex ad prima tumebat

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bewundernd auf einen Mann, der noch schlimmer war als sie. Dann sprach sie die folgenden Worte: [140] »Dich freut das Nichtstun, Rufinus, und vergebens zehrst du deine blühende Jugend ruhmlos auf den Gütern deiner Väter auf? Wehe, weißt du denn nicht, was dir die Vorsehung, was dir die Sterne schenken, was das Schicksal mit dir vorhat? Du wirst über die ganze Welt herrschen, wenn du mir nur gehorchen willst! Verachte nicht meine alten Glieder. [145] Ich besitze nämlich Zauberkräfte, und in mir brennt eine Kraft, die um die Zukunft weiß; ich kenne den Zauberspruch, mit welchem die Thessalierin das Licht des Mondes entreißt, welche Macht die geheimen Zeichen des scharfsinnigen Ägyptens besitzen, mit welcher Kunst Chaldäa den beschworenen Göttern gebietet, nicht unbekannt geblieben sind mir auch die aus Bäumen fließenden [150] Säfte und die Wirkung giftiger Kräuter, alles was der Kaukasus, strotzend vor tödlichen Gräsern, und die skythischen Schluchten zum Verbrechen sprießen lassen, welche die unbändige Medea und die verschlagene Kirke aufsammelten. Öfter schon habe ich die schaurigen Manen und [155] Hekate mit nächtlichen Opfern herbeigerufen, habe bestattete Leichname, die ins Leben zurückkehren sollten, mit meinen Zaubersprüchen herbeigelockt und viele mit meinem Gesang dahingerafft, obwohl ihre Parzenfäden noch nicht abgespult waren. Ich habe die Eichen gezwungen, unstet umherzuwandeln, habe den Blitz angehalten und den Lauf der Flüsse entgegen ihrer natürlichen Richtung umgekehrt, [160] auf dass sie zurück in ihre Quellen flössen. Und damit du nicht etwa glaubst, das seien nur leere Worte: Schau dir an, wie sich das Haus verwandelt hat!« Sprach’s, und die schneeweißen Marmorsäulen ‒ ein Wunder! ‒ begannen sich reich zu schmücken und die Balken plötzlich von Gold zu leuchten. Er ließ sich von ihren Verlockungen umgarnen und in höchster Erregung [165] weidete er sich mit gierigen Blicken. So blähte sich anfänglich auch der maionische König auf, als er durch Berührung

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Maeonius, pulchro cum verteret omnia tactu; sed postquam riguisse dapes fulvamque revinctos in glaciem vidit latices, tum munus acerbum sensit et inviso votum damnavit in auro. ergo animi victus ‘sequimur quocumque vocabis, seu tu vir seu numen’ ait, patriaque relicta Eoas Furiae iussu tendebat ad arces, instabilesque olim Symplegadas et freta remis incluta Thessalicis, celsa qua Bosporos urbe splendet et Odrysiis Asiam discriminat oris.

ut longum permensus iter ductusque maligno stamine fatorum claram subrepsit in aulam, ilicet ambitio nasci, discedere rectum, venum cuncta dari. profert arcana, clientes fallit et ambitos a principe vendit honores. ingeminat crimen, commoti pectoris ignem nutrit et exiguum stimulando vulnus acerbat. ac velut innumeros amnes accedere Nereus nescit et undantem quamvis hinc hauriat Histrum, hinc bibat aestivum septeno gurgite Nilum, par semper similisque manet: sic fluctibus auri expleri calor ille nequit. cuicumque monile contextum gemmis aut praedia culta fuissent, Rufino populandus erat, dominoque parabat exitium fecundus ager; metuenda colonis fertilitas; laribus pellit, detrudit avitis finibus; aut aufert vivis aut occupat heres.

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alles verschönerte. Doch nachdem er gesehen hatte, dass seine Speisen starr geworden und seine Getränke zu goldener Eisesstarre verfestigt waren, da bemerkte er, dass er ein übles Geschenk erhalten hatte, und er verfluchte seinen Wunsch inmitten all des verhassten Goldes. [170] So sprach Rufinus, innerlich überwältigt: »Ich folge dir, wohin du mich auch rufen wirst, ob du nun ein Mann bist oder ein Gott.« Er verließ die Heimat und wandte sich auf Weisung der Furie zu den Festungen im Osten, zu den Symplegaden, die früher ohne festen Halt gewesen waren, und zu dem durch die thessalischen Ruder berühmten Meer, wo der Bosporos von der hohen Stadt [175] erstrahlt und Asien von den Küsten Thrakiens trennt. Rufinus macht die ersten Schritte am Hof von Konstantinopel. Als er den langen Weg zurückgelegt hatte und sich, vom böswilligen Faden des Schicksals geleitet, in den glänzenden Hof eingeschlichen hatte, da entstand bald Rivalität, die Rechtschaffenheit verabschiedete sich, alles war käuflich. Er verriet Geheimnisse, täuschte [180] die Klienten und verkaufte die vom Kaiser erschlichenen Ämter. Er verdoppelte das Gewicht einer Anschuldigung, nährte noch das Feuer in einer schon empörten Brust und machte durch Sticheleien eine kleine Wunde immer schlimmer. Und so wie Nereus gar nicht weiß, dass ihm unzählige Ströme zufließen, und – obwohl er am einen Ufer die wogende Donau, [185] am anderen den Nil im Sommer durch sieben Mündungen aufsaugt – immer gleich und sich ähnlich bleibt: So konnte auch jene hitzige Gier nicht durch Ströme von Gold gestillt werden. Wer auch immer ein Halsband aus Diamanten oder wohlbestellte Landgüter besaß, der wurde zwangsläufig von Rufinus beraubt, und [190] ein fruchtbarer Acker bereitete seinem Herrn den sicheren Untergang; fürchten mussten die Bauern die Fruchtbarkeit ihres Landes; er verstieß sie aus ihrem Haus, vertrieb sie von den Ländereien ihrer Väter; entweder nahm er von den Lebenden oder machte sich

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congestae cumulantur opes orbisque ruinas accipit una domus; populi servire coacti plenaque privato succumbunt oppida regno.

quo, vaesane, ruis? teneas utrumque licebit Oceanum, laxet rutilos tibi Lydia fontes, iungantur solium Croesi Cyrique tiaras, numquam dives eris, numquam satiabere quaestu. semper inops, quicumque cupit. contentus honesto Fabricius parvo spernebat munera regum sudabatque gravi consul Serranus aratro et casa pugnaces Curios angusta tegebat. haec mihi paupertas opulentior, haec mihi tecta culminibus maiora tuis. ibi quaerit inanes luxuries nocitura cibos; hic donat inemptas terra dapes. rapiunt Tyrios ibi vellera fucos et picturatae saturantur murice vestes; hic radiant flores et prati viva voluptas ingenio variata suo. fulgentibus illic surgunt strata toris; hic mollis panditur herba sollicitum curis non abruptura soporem. turba salutantum latas ibi perstrepit aedes; hic avium cantus, labentis murmura rivi. vivitur exiguo melius; natura beatis omnibus esse dedit, si quis cognoverit uti. haec si nota forent, frueremur simplice cultu, classica non gemerent, non stridula fraxinus iret,

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gewaltsam zum Erben. Die zusammengetragenen Reichtümer türmten sich hoch und ein einziges Haus nahm die Überbleibsel einer ganzen Welt auf; die Völker wurden zur Knechtschaft gezwungen [195] und Städte unterwarfen sich vollständig der Tyrannei eines Privatmannes. Goldgier und Grausamkeit kennzeichnen seinen Aufstieg. Wohin stürmst du, Wahnsinniger? Auch wenn du beide Ozeane beherrschst, auch wenn Lydien dir seine roten Goldquellen fließen lässt, auch wenn der Thron des Kroisos und die Tiara des Kyros vereinigt werden, niemals wirst du reich genug sein, niemals wirst du an deinem Gewinn satt werden. [200] Immer bleibt der arm, der noch begehrt. Fabricius, zufrieden mit einem kleinen, ehrenvollen Besitz, verschmähte die Geschenke von Königen, der Konsul Serranus schwitzte unter dem schweren Pflug, und eine enge Hütte barg streitbare Männer wie Curius. So eine Armut ist in meinen Augen reicher, so ein Haus [205] prächtiger als deine Dächer. Dort verlangt unheilstiftende Verschwendung nach Nahrung, die nicht sättigt; hier schenkt die Erde ein Festmahl, das ohne Geld zu erlangen ist. Dort saugen Pelze tyrische Farben auf und bunte Kleider sättigen sich am Purpur; hier glänzen die Blumen und die frische Wonne der Wiese, [210] die sich durch ihre eigene Kraft in bunte Farben kleidet. Dort türmen sich Decken auf prächtigen Kissen; hier breitet sich Gras weich aus, das keinen von Sorgen beunruhigten Schlaf unterbrechen wird. Dort durchtönt die Schar der Klienten die weiten Hallen; hier der Gesang von Vögeln und das Murmeln des plätschernden Baches. [215] Besser lebt es sich mit bescheidenen Mitteln; die Natur hat einem jedem das Glück gewährt, sofern man sich nur auf den rechten Gebrauch versteht. Wäre das allgemein bekannt, so pflegten wir einen einfachen Lebensstil, die Trompeten ließen nicht ihre traurigen Klänge vernehmen, der Wurfspieß flöge nicht

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non ventus quateret puppes, non machina muros. crescebat scelerata sitis praedaeque recentis incestus flagrabat amor, nullusque petendi cogendive pudor: crebris periuria nectit blanditiis; sociat perituro foedere dextras. si semel e tantis poscenti quisque negasset, effera praetumido quatiebat corda furore. quae sic Gaetuli iaculo percussa leaena aut Hyrcana premens raptorem belua partus aut serpens calcata furit? iurata deorum maiestas teritur; nusquam reverentia mensae. non coniunx, non ipse simul, non pignora caesa sufficiunt odiis; non extinxisse propinquos, non notos egisse sat est; excindere cives funditus et nomen gentis delere laborat. nec celeri perimit leto; crudelibus ante suppliciis fruitur; cruciatus, vincla, tenebras dilato mucrone parat. pro saevior ense parcendi rabies concessaque vita dolori! mors adeone parum? causis fallacibus instat, arguit attonitos se iudice. cetera segnis, ad facinus velox, penitus regione remotas inpiger ire vias: non illum Sirius ardens brumave Riphaeo stridens Aquilone retardat. effera torquebant avidae praecordia curae, effugeret ne quis gladios neu perderet ullum Augusto miserante nefas. non flectitur annis, non aetate labat: iuvenum rorantia colla

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schwirrend, nicht erschütterte der Wind die Schiffe, nicht die Belagerungsmaschine die Mauern. [220] Sein frevlerischer Durst wuchs noch, die widerwärtige Leidenschaft nach neuer Beute loderte in ihm, und er empfand keine Scheu, wenn er irgendetwas begehrte oder erzwingen wollte: Er verband seine Meineide mit zahlreichen Schmeicheleien; er schloss die Hände zu Bündnissen zusammen, die keinen Bestand haben sollten. Wenn einmal jemand eine seiner vielen Forderungen ablehnte, [225] so steigerte er seine Wildheit noch in jäher Wut. Welche Löwin, von der Lanze des Gätulers getroffen, tobt auf diese Weise, welches hyrkanische Untier, wenn es dem Räuber seiner Jungen nachsetzt, welche Schlange, wenn ein Fußtritt sie trifft? Die erhabenen Götter, denen sein Schwur galt, wurden mit Füßen getreten; nirgends wurde das Gastrecht gewahrt. [230] Seinem Hass genügte es nicht, die Gattin, den Ehemann und die Kinder zu töten; es reichte ihm nicht, Verwandte ausgelöscht und Bekannte vertrieben zu haben; er trachtete danach, die Mitbürger gänzlich zu vernichten und den Namen des Volkes auszutilgen. Und er gönnte keinen schnellen Tod; zuvor [235] genoss er die grausamen Marterungen; er sorgte für Foltern, Fesseln und Kerkerhaft, indem er den Gnadenstoß hinauszögerte. Wehe, grausamer als das Schwert war seine Wut, wenn er schonte, und das Leben, das er dem Schmerz schenkte! Galt ihm der Tod wirklich so wenig? Er bedrängte mit erfundenen Gerichtsprozessen, er beschuldigte Ahnungslose und führte selbst dabei als Richter den Vorsitz. Sonst träge, [240] war er rasch zum Verbrechen bereit und unermüdlich, wenn er abgelegene Wege gehen musste: Ihn hielt nicht der brennende Sirius oder der vom riphäischen Nordwind pfeifende Wintersturm zurück. Sein wildes Herz quälten die gierigen Sorgen, dass sich nur keiner seinen Schwertern entzöge und ihm [245] durch einen Gnadenakt des Kaisers irgendeine Freveltat verderbe. Nicht die Lebensjahre brachten ihn ab, nicht das Alter machte ihn schwanken: Das Schwert war gezückt und blutüber-

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ante patrum vultus stricta cecidere securi; ibat grandaevus nato moriente superstes post trabeas exul. quis prodere tanta relatu funera, quis caedes possit deflere nefandas? quid tale inmanes umquam gessisse feruntur vel Sinis Isthmiaca pinu vel rupe profunda Sciron vel Phalaris tauro vel carcere Sulla? o mites Diomedis equi, Busiridis arae clementes! iam, Cinna, pius, iam, Spartace, lenis Rufino conlatus eris!

deiecerat omnes occultis odiis terror tacitique sepultos suspirant gemitus indignarique verentur. at non magnanimi virtus Stilichonis eodem fracta metu; solus medio sed turbine rerum contra letiferos rictus contraque rapacem movit tela feram, volucris non praepete cursu vectus equi, non Pegaseis adiutus habenis. hic cunctis optata quies, hic sola pericli turris erat clipeusque trucem proiectus in hostem, hic profugis sedes adversaque signa furori, servandis hic castra bonis. hucusque minatus haerebat retroque fuga cedebat inerti: haud secus hiberno tumidus cum vertice torrens saxa rotat volvitque nemus pontesque revellit, frangitur obiectu scopuli quaerensque meatum spumat et inlisa montem circumtonat unda. qua dignum te laude feram, qui paene ruenti lapsuroque tuos umeros obieceris orbi?

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strömt waren enthauptete Jünglinge vor den Augen ihrer Väter niedergesunken; während der Sohn starb, überlebte der hochbetagte Vater: Er, der schon das Staatsgewand des Konsuls getragen hatte, ging in die Verbannung. Wer könnte all die Morde in Worte fassen, [250] wer die Opfer seiner Freveltaten beweinen? Was dergleichen sollen je die unbändigen Verbrecher getan haben, sei es nun Sinis mit seiner isthmischen Fichte oder Skiron am tiefen Abhang oder Phalaris mit seinem Stier oder Sulla mit seinem Kerker? Ach, friedlich seid ihr Rosse des Diomedes, mild ihr Altäre des Busiris! [255] Bald wirst du, Cinna, mit Rufinus verglichen als fromm, bald du, Spartacus, als gutmütig gelten! Vergleich Stilichos mit den Helden der Vorzeit Alle hatte der Schrecken niedergeworfen, ihr Hass musste im Verborgenen bleiben, man seufzte wortlos in unterdrücktem Klagen und scheute die offene Empörung. Doch der Heldenmut des wackeren Stilicho wurde nicht [260] von derselben Furcht gebrochen; er allein hatte im Wirbel der Ereignisse seine Waffen gegen den todbringenden Rachen und gegen das Raubtier erhoben, ohne dabei im schnellen Flug auf einem gefiederten Pferd zu reiten oder sich von den Zügeln des Pegasus helfen zu lassen. Er war die Ruhe, die alle erhofften, er war der einzige [265] Schutzturm in der Gefahr und der Schild gegen den grimmigen Feind, er war den Flüchtlingen Wohnstätte und ein Kriegsbanner gegen die Raserei, er war die Festung, um die Rechtschaffenen zu schützen. Bis hierher konnte Rufinus drohen, dann zögerte er und wich in feiger Flucht zurück: Nicht anders als wenn der Sturzbach in winterlichen Strudeln aufgeschwollen [270] die Felsen wirbeln lässt, einen ganzen Wald mit sich wälzt und Brücken einreißt, sich am Hindernis der Klippe bricht, nach einem Weg suchend aufschäumt und um den Berg herum donnert, indem seine Welle klatschend aufschlägt. Mit welchem Lob kann ich deine Verdienste genug preisen, der du die Welt, die schon beinahe stürzen und zusammenfallen wollte,

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te nobis, trepidae sidus ceu dulce carinae, ostendere dei, geminis quae lassa procellis tunditur et victo trahitur iam caeca magistro. Inachius rubro perhibetur in aequore Perseus Neptuni domuisse pecus, sed tutior alis: te non pinna vehit; rigida cum Gorgone Perseus: tu non vipereo defensus crine Medusae; illum vilis amor suspensae virginis egit: te Romana salus. taceat superata vetustas, Herculeos conferre tuis iam desinat actus. una Cleonaeum pascebat silva leonem; Arcadiae saltum vastabat dentibus unum saevus aper, tuque, o conpressa matre rebellis, non ultra Libyae fines, Antaee, nocebas solaque fulmineo resonabat Creta iuvenco Lernaeamque virens obsederat hydra paludem. hoc monstrum non una palus, non una tremebat insula, sed Latia quidquid dicione subactum dividit a primis Gangen horrebat Hiberis. hoc neque Geryones triplex nec turbidus Orci ianitor aequabit nec si concurrat in unum vis hydrae Scyllaeque fames et flamma Chimaerae.

certamen sublime diu, sed moribus inpar, virtutum scelerumque fuit. iugulare minatur, tu prohibes; ditem spoliat, tu reddis egenti. eruit, instauras; accendit proelia, vincis.

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mit deinen Schultern gehalten hast? [275] Die Götter haben dich uns aufscheinen lassen wie ein freundliches Gestirn einem schwankenden Schiff, das kraftlos von beiden Seiten von Winden gestoßen wird und sich orientierungslos treiben lässt, weil der Steuermann aufgegeben hat. Perseus, aus dem Geschlecht des Inachos, soll im Roten Meer das Tier des Neptun bezwungen haben, doch war er besser geschützt von seinen Flügelschuhen: [280] Dich trägt keine Feder. Perseus hatte das versteinernde Gorgonenhaupt: Du aber wurdest nicht vom Schlangenhaar der Medusa verteidigt. Ihn trieb nur die Liebe zu einem angeketteten Mädchen an: Dich hingegen das Wohlergehen Roms. Die Vorzeit soll geschlagen schweigen und auch schon aufhören, die Taten des Herkules mit den deinen zu vergleichen. [285] Nur ein einziger Wald nährte den kleonäischen Löwen; der wilde Eber verwüstete mit seinen Hauern nur einen einzigen Bergzug Arkadiens; du, Antaios, der du dich dann wieder erhobst, wenn du deine Mutter berührt hattest, stiftetest nur im Gebiet Libyens Unheil; nur Kreta hallte wider vom mörderischen Stier; [290] die unaustilgbare Hydra hatte nur den Sumpf von Lerna besetzt. Vor diesem Ungeheuer hingegen zitterte nicht nur ein Sumpf, nicht nur eine Insel, sondern alles schauderte vor ihm, was römischer Herrschaft unterstellt ist und zwischen Ganges und dem äußersten Gebiet der Iberer liegt. Dieses Ungeheuer findet weder im dreileibigen Geryon noch im ungestümen Türhüter der Unterwelt [295] ein angemessenes Gegenstück, oder wenn sich die Gewalt der Hydra, der Hunger Scyllas und der Feueratem der Chimäre vereinen. Rufinus vereitelt Stilichos Sieg. Lange währte der Kampf unter Gegnern, die zwar von höchster Stellung, doch von gegensätzlichem Charakter waren, ein Kampf der Tugend mit dem Verbrechen. Er drohte mit Mord, du aber hieltst ihn davon ab; er beraubte den Reichen, du gabst dem Bedürftigen Entschädigung. [300] Er zerstörte, du bautest wieder

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ac, velut infecto morbus crudescere caelo incipiens primos pecudum depascitur artus, mox populos urbesque rapit ventisque perustis corruptos Stygiam pestem desudat in amnes, sic avidus praedo iam non per singula saevit, sed sceptris inferre minas omnique perempto milite Romanas ardet prosternere vires. iamque Getas Histrumque movet Scythiamque receptat auxilio traditque suas hostilibus armis reliquias. mixtis descendit Sarmata Dacis, et qui cornipedes in pocula vulnerat audax Massagetes caesamque bibens Maeotin Alanus membraque qui ferro gaudet pinxisse Gelonus, Rufino collecta manus. vetat ille domari innectitque moras et congrua tempora differt. nam tua cum Geticas stravisset dextra catervas, ulta ducis socii letum, parsque una maneret debilior facilisque capi, tunc inpius ille proditor imperii coniuratusque Getarum distulit instantes eluso principe pugnas, Hunorum laturus opem, quos adfore bello norat et invisis mox se coniungere castris. est genus extremos Scythiae vergentis in ortus trans gelidum Tanain, quo non famosius ullum Arctos alit. turpes habitus obscaenaque visu corpora; mens duro numquam cessura labori; praeda cibus, vitanda Ceres, frontemque secari ludus et occisos pulchrum iurare parentes.

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auf; er fachte Schlachten an, du trugst den Sieg davon. Und so wie eine Seuche bei verpestetem Himmel gefährlicher zu werden beginnt und als erstes die Glieder beim Vieh befällt, bald dann Völker und Städte dahinrafft und mit heißen Winden die höllische Pest in verseuchte Flüsse ausdünstet, [305] so beschränkte der gierige Räuber sein Wüten schon nicht mehr auf Einzelnes, sondern brannte darauf, dem Kaiser zu drohen und durch Vernichtung aller Soldaten die Kräfte Roms niederzuwerfen. Und schon setzte er die Goten und die Donau in Bewegung, nahm die Skythen als Hilfstruppen an und übergab der feindlichen Waffenmacht, [310] was ihm verblieben war. Der Sarmate zog zusammen mit den Dakern herunter, auch der kühne Massagete, der seine Pferde verwundet, um ihr Blut zu trinken, der Alane, der das Eis der Maiotis aufbricht und daraus trinkt, der Gelone, der es liebt, seine Glieder mit Eisen zu tätowieren: Für Rufinus hatte sich diese Schar versammelt. Und er verbot, sie zu besiegen, [315] reihte eine Verzögerung an die andere und schob den passenden Zeitpunkt immer weiter hinaus. Denn nachdem deine Rechte die gotischen Scharen dahingestreckt hatte, sich für den Tod des befreundeten Heerführers gerächt hatte und nur mehr ein einziger Teil übriggeblieben war, der schwach genug und leicht zu bezwingen war, da verzögerte dieser frevlerische Verräter am Reich und Verbündete der Goten [320] den bevorstehenden Kampf, indem er den Kaiser täuschte, um die Hilfe der Hunnen zu bringen, von denen er wusste, dass sie zum Krieg bereitstünden und sich unverzüglich dem Lager der Feinde anschließen würden. Wo sich Skythien zum äußersten Osten über den eisigen Don hinaus erstreckt, da gibt es ein Volk, berüchtigter als alle anderen Völker, [325] die unter dem Nordstern leben. Hässlich ist ihre Gestalt und die Körper sind ekelhaft anzusehen; ihr Wille wird keiner Anstrengung weichen; Raub ist ihre Nahrung, auf Ackerbau verzichten sie; sie haben Gefallen daran, ihre Stirn mit Schnitten zu zerfurchen, und sie sehen es als Ehre an, bei ihren ermordeten El-

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nec plus nubigenas duplex natura biformes cognatis aptavit equis: acerrima nullo ordine mobilitas insperatique recursus. quos tamen inpavidus contra spumantis ad Hebri tendis aquas, sic ante tubas aciemque precatus: ‘Mavors, nubifero seu tu procumbis in Haemo seu te cana gelu Rhodope seu remige Medo sollicitatus Athos seu caligantia nigris ilicibus Pangaea tenent, accingere mecum et Thracas defende tuos. si laetior adsit gloria, vestita spoliis donabere quercu.’ audiit illa pater scopulisque nivalibus Haemi surgit et hortatur celeres clamore ministros: ‘fer galeam, Bellona, mihi nexusque rotarum tende, Pavor. frenet rapidos Formido iugales. festinas urgete manus. meus ecce paratur ad bellum Stilicho, qui me de more tropaeis ditat et hostiles suspendit in arbore cristas. communes semper litui, communia nobis signa canunt iunctoque sequor tentoria curru.’ sic fatus campo insiluit lateque fugatas hinc Stilicho turmas, illinc Gradivus agebant et clipeis et mole pares; stat cassis utrique sidereis hirsuta iubis loricaque cursu aestuat et largo satiatur vulnere cornus.

acrior interea voto multisque Megaera luxuriata malis maestam deprendit in arce

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tern zu schwören. Die aus der Wolke geborenen Kentauren hat ihre zweifache Natur nicht enger [330] mit den Pferdeleibern zusammenwachsen lassen: Ihre aggressive Beweglichkeit folgt keiner Ordnung und unerwartet drehen sie immer wieder um. Doch du stelltest dich ihnen ohne Furcht entgegen, wandtest dich zu den Wassern des schäumenden Hebros und sprachst, bevor die Trompeten erschollen und die Schlacht begann, dein Gebet: »Mars, ob du dich nun auf dem wolkentragenden Haimos niederlegst [335] oder ob dich das vom Eis graue Rhodopegebirge oder der vom medischen Ruderer erschütterte Athos oder das von schwarzen Eichenwäldern finstere Pangäische Gebirge festhält, gürte dich mit mir und verteidige deine Thraker. Wenn uns der Siegesruhm zuteilwird, sollst du eine Eiche erhalten, die mit Spolien behängt ist.« [340] Das hatte Vater Mars gehört, er erhob sich von den schneebedeckten Felsen auf dem Haimos und gab lautstark seinen flinken Dienern Anweisungen: »Bring mir meinen Helm, Bellona, und du, Entsetzen, zieh die Verbindungen an den Rädern an! Furcht soll dem schnellen Gespann die Zügel anlegen. Packt rasch an! Seht, mein Stilicho bereitet sich [345] zum Krieg vor, der mich wie gewohnt mit Trophäen reich beschenkt und die Helme der Feinde hoch an den Stamm hängt. Unsere Hörner sind stets vereint, sie lassen ihre Signale gemeinsam ertönen, ich schirre meinen Wagen an und folge seinen Zelten.« So sprach er, sprang auf das offene Feld [350] und Stilicho trieb von der einen, Mars von der anderem Seite die Truppen vor sich her und sie schlugen sie weithin in die Flucht, kaum zu unterscheiden mit ihren Schilden und ihrer Erscheinung; beide trugen einen struppigen Helm mit glänzender Mähne, im Lauf bewegte sich das Panzerhemd heftig und die Lanze sättigte sich am reichlich vergossenen Blut. Streitgespräch zwischen Megaera und Iustitia [354] Von ihrem Erfolg in Angriffslust versetzt und in ihren zahllosen Untaten schwelgend nahm sich unterdessen Megaera in der

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Iustitiam diroque prior sic ore lacessit: ‘en tibi prisca quies renovataque saecula rursus, ut rebare, vigent! en nostra potentia cessit nec locus est usquam Furiis! huc lumina flecte. aspice, barbaricis iaceant quot moenia flammis, quas mihi Rufinus strages quantumque cruoris praebeat et quantis epulentur caedibus hydri. linque homines sortemque meam, pete sidera, notis autumni te redde plagis, qua vergit in Austrum Signifer: aestivo sedes vicina Leoni iam pridem gelidaeque vacant confinia Librae. atque utinam per magna sequi convexa liceret!’ diva refert: ‘non ulterius bacchabere demens. iam poenas tuus iste dabit, iam debitus ultor inminet, et terras qui nunc ipsumque fatigat aethera nec vili moriens condetur harena. iamque aderit laeto promissus Honorius aevo nec forti genitore minor nec fratre corusco, qui subiget Medos, qui cuspide proteret Indos. sub iuga venturi reges; calcabitur asper Phasis equo pontemque pati cogetur Araxes, tuque simul gravibus ferri religata catenis expellere die debellatasque draconum tonsa comas imo barathri claudere recessu. tum tellus communis erit, tum limite nullo discernetur ager; nec vomere sulcus adunco findetur: subitis messor gaudebit aristis.

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Burg die betrübte Gerechtigkeit vor und reizte sie mit ihrem Schandmaul, indem sie als erste sprach: »Schau nur, wie jetzt der gute alte Frieden und das erneuerte goldene Zeitalter gedeihen, wie du dachtest! Schau, wie unsere Macht geschwunden ist und nirgends mehr Platz ist für Furien! Wende deinen Blick hierher. [360] Schau, wie viele Mauern von den Flammen der Barbaren niedergelegt wurden, welche Gemetzel und wie viel Blut mir Rufinus gewährt und von wie gewaltigem Morden sich die Hydren nähren. Verlasse die Menschen und den mir zugefallenen Bereich, gehe zu den Sternen und begib dich wieder in die vertrauten Bezirke des Herbstes, wo sich der Tierkreis nach Süden wendet: [365] Der Platz in der Nähe des sommerlichen Löwen und die Nachbarschaft der kalten Waage wartet schon lange auf dich. Zu schade, dass ich dir nicht auch noch durch das große Himmelsgewölbe folgen kann!« Die Göttin erwiderte: »Du Wahnsinnige wirst nicht weiter toben. Schon bald wird diese deine Kreatur bestraft werden, schon droht ihm der verdiente Rächer, [370] und obwohl er jetzt noch den Ländern und dem Himmel selbst zusetzt, wird er sterbend nicht einmal mit wertlosem Sand bedeckt werden. Und bald wird Honorius wie verheißen der Schutzherr einer glücklichen Zeit sein, ohne hinter seinem tapferen Vater oder seinem glänzenden Bruder zurückzustehen, er wird die Meder unterwerfen, er wird die Inder mit der Lanze niederstrecken. [375] Könige werden unters Joch gehen; der raue Phasis wird von Pferdehufen getreten werden und der Araxes wird eine Brücke erdulden müssen, und zugleich wirst du, in schwere Ketten aus Eisen geschlagen, aus dem Tageslicht vertrieben und im tiefsten Winkel der Unterwelt eingeschlossen werden, nachdem man deine niedergerungenen Schlangenhaare geschoren hat. [380] Dann wird die Erde allen gehören, dann wird man den Acker nicht mehr mit Grenzmarken aufteilen; keine Furche wird mehr vom krummen Pflug gegraben werden: Stattdessen wird sich der Schnitter über Ähren freuen, die von selbst wachsen.

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rorabunt querceta favis; stagnantia passim vina fluent oleique lacus; nec murice tinctis velleribus quaeretur honos, sed sponte rubebunt attonito pastore greges pontumque per omnem ridebunt virides gemmis nascentibus algae.’

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Die Eichenwälder werden Honig träufeln lassen; überall wird Wein über die Ufer treten und es werden Seen aus Öl fließen; man wird auch nicht mit purpurgefärbten [385] Pelzen nach Ehre streben, sondern die Herden werden zum Erstaunen des Schäfers von selbst rot werden und im ganzen Meer werden die Algenwiesen lächeln, indem sie Perlen wachsen lassen.«

4 In Rufinum praefatio altera Pandite defensum reduces Helicona sorores, pandite. permissis iam licet ire choris. nulla per Aonios hostilis bucina campos carmina mugitu deteriore vetat. tu quoque securis pulsa formidine Delphis floribus ultorem, Delie, cinge tuum. nullus Castalios latices et praescia fati flumina polluto barbarus ore bibit. Alpheus late rubuit Siculumque per aequor sanguineas belli rettulit unda notas, agnovitque novos absens Arethusa triumphos et Geticam sensit teste cruore necem. inmensis, Stilicho, succedant otia curis et nostrae patiens corda remitte lyrae, nec pudeat longos interrupisse labores et tenuem Musis constituisse moram. fertur et indomitus tandem post proelia Mavors lassa per Odrysias fundere membra nives, oblitusque sui posita clementior hasta Pieriis aures pacificare modis.

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4 Invektive gegen Rufinus: Zweite Vorrede Kehrt zurück, Schwestern, und gewährt Zutritt zum geretteten Helikon, gewährt Zutritt! Schon dürfen die Reigen wieder aufziehen. In den aonischen Gefielden verbietet euch kein feindliches Kriegshorn mit hässlichem Dröhnen die Lieder. [5] Und auch du, Gott von Delos, umkränze deinen Rächer mit Blumen, jetzt wo Delphi nach überwundener Gefahr wieder sicher ist. Kein Barbar trinkt mit unreinem Mund aus der kastalischen Quelle und aus den schicksalskundigen Flüssen. Allenthalben hat sich der Alpheios rot gefärbt, die Welle im sizilischen Meer [10] hat blutige Zeichen des Krieges angeschwemmt, und Arethusa, obwohl weit entfernt, hat die jüngsten Triumphe bemerkt und den Tod der Goten gespürt, den das Blut bezeugte. Auf die unendlichen Mühen, Stilicho, soll jetzt Ruhe folgen; entspanne dich und schenke unserer Leier dein Ohr; [15] schäme dich nicht, deine langwierigen Strapazen zu unterbrechen und den Musen eine kurze Zeitspanne einzuräumen. Man sagt, dass selbst der unbezwingbare Mars nach dem Kampf zuletzt seine müden Glieder auf den odrysischen Schneefeldern ausstreckt, selbstvergessen und friedfertiger, nachdem er die Lanze abgelegt hat, [20] seine Ohren mit Musenklängen beruhigt.

5 In Rufinum liber alter Iam post edomitas Alpes defensaque regna Hesperiae merita conplexus sede parentem auctior adiecto fulgebat sidere mundus, iamque tuis, Stilicho, Romana potentia curis et rerum commissus apex, tibi credita fratrum utraque maiestas geminaeque exercitus aulae. Rufinus (neque enim patiuntur saeva quietem crimina pollutaeque negant arescere fauces) infandis iterum terras accendere bellis incohat et solito pacem vexare tumultu. haec etiam secum: ‘quanam ratione tuebor spem vitae fragilem? qua tot depellere fluctus arte queam? premor hinc odiis, hinc milite cingor. heu quid agam? non arma mihi, non principis ullus auxiliatur amor. matura pericula surgunt undique et inpositi radiant cervicibus enses. quid restat nisi cuncta novo confundere luctu insontesque meae populos miscere ruinae? everso iuvat orbe mori: solacia leto exitium commune dabit nec territus ante discedam: cum luce simul linquenda potestas.’ haec fatus, ventis veluti si frena resolvat Aeolus, abrupto gentes sic obice fudit laxavitque viam bellis et, ne qua maneret immunis regio, cladem divisit in orbem disposuitque nefas. alii per terga ferocis

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5 Invektive gegen Rufinus: Zweites Buch Rufinus veranlasst die Goten und Hunnen, ins Reich einzufallen. Schon hatte der Himmelsraum, nachdem die Alpen bezwungen und das Reich Hesperiens verteidigt waren, den Vater an verdienter Stelle aufgenommen und glänzte bereichert um ein neues Gestirn, schon war deiner Fürsorge, Stilicho, die Macht Roms [5] und die höchste Leitung der Welt übergeben, dir die Hoheit des Brüderpaares und das Heer an beiden Höfen anvertraut. Rufinus ‒ denn seine grausamen Verbrechen lassen ihm keine Ruhe und sein besudelter Rachen will nicht austrocknen ‒ begann erneut damit, die Länder mit unsäglichen Kriegen in Brand zu stecken [10] und den Frieden mit dem gewohnten Aufruhr zu verletzen. Vor allem Folgendes gab ihm zu denken: »Wie werde ich mir nur die zerbrechliche Hoffnung auf Weiterleben bewahren? Auf welche Weise kann ich wohl die vielen Sturmfluten abwehren? Hier bedrängt mich der Hass, dort umzingeln mich Soldaten. Weh, was soll ich tun? Ich habe keine Waffen, mir hilft keine Gunst des Kaisers. [15] Ausgewachsen erheben sich die Gefahren auf allen Seiten, und es glänzen die Schwerter, die man uns an den Hals gesetzt hat. Was bleibt noch, außer alles mit neuem Leid in Unruhe zu stürzen und unschuldige Völker mit mir in den Ruin zu reißen? Ich will gerne sterben, wenn nur erst die Welt vernichtet ist: [20] Der allgemeine Untergang wird mich über den Tod hinwegtrösten, und ich will mich nicht abschrecken lassen und vorzeitig weichen: Ich werde meine Macht erst mit meinem Leben aufgeben.« Nach diesen Worten sprengte er alle Riegel und ließ die Völker ins Reich strömen, so wie wenn Aeolus den Winden die Zügel lockert. Er bereitete Kriegen die Bahn, und damit [25] keine Gegend verschont bleibe, verteilte er das Unglück planvoll und maß einer jeden seine Freveltaten zu. Die einen stürzten über den

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Danubii solidata ruunt expertaque remos frangunt stagna rotis; alii per Caspia claustra Armeniasque nives inopino tramite ducti invadunt Orientis opes. iam pascua fumant Cappadocum volucrumque parens Argaeus equorum, iam rubet altus Halys nec se defendit iniquo monte Cilix. Syriae tractus vastantur amoeni adsuetumque choris et laeta plebe canorum proterit inbellem sonipes hostilis Oronten. hinc planctus Asiae; Geticis Europa catervis ludibrio praedaeque datur frondentis ad usque Dalmatiae fines: omnis quae mobile Ponti aequor et Hadriacas tellus interiacet undas squalet inops pecudum, nullis habitata colonis, instar anhelantis Libyae, quae torrida semper solibus humano nescit mansuescere cultu. Thessalus ardet ager; reticet pastore fugato Pelion; Emathias ignis populatur aristas. nam plaga Pannoniae miserandaque moenia Thracum arvaque Moesorum iam nulli flebile damnum, sed cursus sollemnis erat campusque furori expositus, sensumque mali detraxerat usus. eheu quam brevibus pereunt ingentia causis! imperium tanto quaesitum sanguine, tanto servatum, quod mille ducum peperere labores, quod tantis Romana manus contexuit annis, proditor unus iners angusto tempore vertit.

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gefrorenen Rücken der unbändigen Donau und durchbrachen mit ihren Rädern die Wasserflächen, die zuvor nur Ruder gekannt haben; andere, auf ungewohnten Pfaden über kaspische Bergpässe und armenische Schneegebiete geführt, [30] griffen den Reichtum des Ostens an. Schon rauchten die Weiden der Kappadokier und der Argaios, Vater flugschneller Rosse, schon rötete sich der tiefe Halys und der Kilikier konnte sich nicht mehr mit seinem gefährlichen Gebirge schützen. Die lieblichen Landschaften Syriens wurden verwüstet [35] und das feindliche Ross ritt den friedfertigen Orontes nieder, der Reigen gewohnt war und von fröhlichem Volk ertönte. Deshalb trauerte Asien; Europa hingegen wurde den gotischen Horden bis zum Gebiet des laubreichen Dalmatien als Spielball und zur Plünderung überlassen: Alles Land zwischen dem bewegten Schwarzen Meer und den Wellen der Adria lag verheert, [40] seiner Tiere beraubt, von keinem Bauern bewohnt, gleich dem lechzenden Libyen, das, stets von der Sonnenglut ausgedorrt, durch keine menschliche Feldarbeit gezähmt werden kann. Thessaliens Felder brannten; der Pelion versank in Schweigen, weil seine Hirten vertrieben waren; Feuer verwüstete die Ähren Emathias. [45] Denn das Gebiet Pannoniens, die beklagenswerten Mauern der Thraker und die Äcker der Möser waren schon verloren, ohne dass jemand noch um sie weinen konnte: Vielmehr fanden die Züge schon regelmäßig statt, das Gebiet war der Raserei ausgesetzt und die Gewöhnung hatte das Gefühl für das Unglück abgestumpft. Ach, wie kleine Ursachen reichen doch hin, um Gewaltiges zu vernichten! [50] Ein Reich, das mit so viel Blutzoll erworben, mit so viel Blutzoll bewahrt wurde, das die Anstrengungen von tausend Feldherrn hervorgebracht hatten, das das römische Volk in so vielen Jahren ausgebaut hatte – es wurde von einem einzigen nichtsnutzigen Verräter in kürzester Zeit vernichtet.

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urbs etiam, magnae quae ducitur aemula Romae et Calchedonias contra despectat harenas, iam non finitimo Martis terrore movetur, sed propius lucere faces et rauca sonare cornua vibratisque peti fastigia telis aspicit. hi vigili muros statione tueri, hi iunctis properant portus munire carinis. obsessa tamen ille ferus laetatur in urbe exultatque malis summaeque ex culmine turris inpia vicini cernit spectacula campi: vinctas ire nurus, hunc per vada caerula mergi seminecem, hunc subito percussum vulnere labi dum fugit, hunc animam portis efflare sub ipsis; nec canos prodesse seni puerique cruore maternos undare sinus. inmensa voluptas et risus plerumque subit; dolor adficit unus, quod feriat non ipse manu. videt omnia late praeceptis incensa suis et crimine tanto luxuriat carumque sibi non abnuit hostem; iactabatque ultro, quod soli castra paterent sermonumque foret vicibus permissa facultas. egregii quotiens exisset foederis auctor, stipatur sociis, circumque armata clientum agmina privatis ibant famulantia signis. ipse inter medios, ne qua de parte relinquat barbariem, revocat fulvas in pectora pelles frenaque et inmanes pharetras arcusque sonoros adsimulat mentemque palam testatur amictu,

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Vormarsch von Alarichs Goten auf Konstantinopel Auch die Stadt, die als Rivalin des großen Rom gilt [55] und gegenüber auf den Strand von Kalchedon herabblickt, wurde schon nicht mehr nur vom Kriegsschrecken in der Nähe beunruhigt, sondern sah wirklich, wie die Fackeln in immer größerer Nähe leuchteten, raue Hörner erschollen und ihre Dächer von schwirrenden Pfeilen beschossen wurden. Die einen schützten die Mauern eilig mit wachsamen Posten, [60] die anderen befestigten den Hafen, indem sie die Schiffe zusammenketteten. Dieser Unmensch aber jubelte in der belagerten Stadt, freute sich über das Leid und schaute von der Spitze des hohen Turmes auf das unselige Schauspiel in der benachbarten Ebene herab: Er sah, wie junge Frauen in Fesseln gingen, wie einer halbtot in den blauen Wogen versank, [65] wie ein anderer auf der Flucht plötzlich verwundet wurde und niederstürzte, wie wieder ein anderer seine Seele unmittelbar vor den Stadttoren aushauchte, und dass dem Greis seine grauen Haare nicht halfen und das Blut des Kindes über die Brust der Mutter strömte. Sein Vergnügen kannte keine Grenzen und oft überkam ihn das Lachen; sein einziger Schmerz bestand darin, [70] dass er nicht eigenhändig zuschlagen konnte. Er sah, dass weit und breit alles seinem Befehl gemäß in Brand gesteckt war, schwelgte in seinem gewaltigen Verbrechen und leugnete seine Sympathie mit dem Feind nicht; auch brüstete er sich ständig damit, dass ihm allein das feindliche Lager offenstehe und er die Erlaubnis zu mündlichen Unterredungen habe. [75] Sooft er sich hinausbegab, um irgendeinen großartigen Vertrag abzuschließen, drängten sich die Begleiter um ihn, und ringsum gingen die bewaffneten Scharen seiner Klienten, die ihm unter privatem Banner dienten. Er selbst in ihrer Mitte zog sich den goldgelben Pelz wieder auf die Brust, um sich ganz als Barbar auszugeben, [80] glich auch die Zügel, den gewaltigen Köcher und den schwirrenden Bogen entsprechend an, offenbarte mit seinem Umhang ganz offen seine Gesinnung und schämte sich nicht ‒ obwohl er den ausoni-

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nec pudet Ausonios currus et iura regentem sumere deformes ritus vestemque Getarum; insignemque habitum Latii mutare togati maerent captivae pellito iudice leges.

quis populi tum vultus erat! quae murmura furtim! (nam miseris ne flere quidem aut lenire dolorem colloquiis inpune licet): ‘quonam usque feremus exitiale iugum? durae quis terminus umquam sortis erit? quis nos funesto turbine rerum aut tantis solvet lacrimis, quos barbarus illinc, hinc Rufinus agit, quibus arva fretumque negatur? magna quidem per rura lues, sed maior oberrat intra tecta timor, tandem succurre ruenti heu patriae, Stilicho! dilecta hic pignora certe, hic domus, hic thalamis primum genialibus omen, hic tibi felices erexit regia taedas. vel solus, sperate, veni! te proelia viso languescent avidique cadet dementia monstri.’

talibus urgetur discors Aurora procellis. at Stilicho, Zephyris cum primum bruma remitti et iuga diffusis nudari coepta pruinis, partibus Italiae tranquilla in pace relictis, utraque castra movens Phoebi properabat ad ortus, Gallica discretis Eoaque robora turmis

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schen Wagen lenkte und über Recht und Gesetz bestimmte! ‒, die hässlichen Sitten und die Tracht der Goten anzunehmen; [84] und die Gesetze trauerten darüber, dass sie nun geknechtet anstelle der prächtigen Gestalt eines römischen Togaträgers einen pelztragenden Richter ertragen mussten. In Konstantinopel wünscht sich die Bevölkerung Hilfe von Stilicho. Welche Blicke gab es damals im Volk! Was gab es da an heimlichem Geflüster! (Denn die Armen durften nicht einmal weinen oder ihren Schmerz im Gespräch lindern, ohne Strafe zu leiden:) »Wie lange werden wir das tödliche Joch noch ertragen? Zu welchem Ende wird dieses harte Los einmal führen? [90] Wer wird uns aus dem tödlichen Sturm des Schicksals und aus so vielen Tränen erlösen, die wir auf der einen Seite von den Barbaren getrieben werden, auf der anderen von Rufinus, wir, denen Land und Meer versagt ist? Groß freilich ist der Schaden auf dem Land, doch größer noch tritt uns die Furcht innerhalb der Mauern entgegen. Wehe, eile doch endlich der untergehenden [95] Heimat zu Hilfe, Stilicho! Hier sind ja doch deine geliebten Kinder, hier ist dein Haus, hier wurde deiner Hochzeit ein erstes günstiges Vorzeichen zuteil, hier hat der Hof für dich die glücksverheißenden Fackeln erhoben. Komm doch wenigstens allein, du unsere Hoffnung! Bei deinem Anblick werden die Kämpfe aufhören und der Wahnsinn des gierigen Ungeheuers wird zu Fall kommen.« Stilicho zieht mit dem Heer nach Osten. [100] Von solchen Stürmen wurde der uneinige Osten bedrängt. Doch sobald der Winter bei wehendem Zephyr nachzulassen begann und die Bergkämme sich des geschmolzenen Schnees entledigten, ließ Stilicho das Gebiet Italiens in ruhigem Frieden zurück und schickte sich an, die beiden Heere in Richtung der aufgehenden Sonne zu führen, [105] indem er die Truppen Galliens und des Ostens zusammenschloss, ohne aber die einzelnen Ver-

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conplexus. numquam tantae dicione sub una convenere manus nec tot discrimina vocum: illinc Armeniae vibratis crinibus alae herbida collectae facili velamina nodo; inde truces flavo comitantur vertice Galli, quos Rhodanus velox, Araris quos tardior ambit et quos nascentes explorat gurgite Rhenus quosque rigat retro pernicior unda Garunnae, Oceani pleno quotiens inpellitur aestu. mens eadem cunctis animique recentia ponunt vulnera; non odit victus victorve superbit. et quamvis praesens tumor et civilia nuper classica bellatrixque etiamnunc ira caleret, in ducis eximium conspiravere favorem. haud aliter Xerxen toto simul orbe secutus narratur rapuisse vagos exercitus amnes et telis umbrasse diem, cum classibus iret per scopulos tectumque pedes contemneret aequor. vix Alpes transgressus erat, nec iam amplius errat barbarus adventumque tremens se cogit in unam planitiem tutoque includit pascua gyro; tum duplici fossa non exuperabile vallum asperat alternis sudibus murique locata in speciem caesis obtendit plaustra iuvencis.

at procul exanguis Rufinum perculit horror; infectae pallore genae; stetit ore gelato incertus peteretne fugam, veniamne subactus

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bände zu vermischen. Niemals sind unter einem Oberbefehl so gewaltige Scharen und so viele verschiedene Sprachen zusammengekommen: Aus dem Osten kamen die armenischen Schwadronen mit gelocktem Haar, die ihre grasgrünen Kleider mit lockerem Knoten binden; [110] aus dem Westen kamen zur Begleitung die grimmigen Gallier mit blondem Haarschopf, um welche die rasche Rhône und die langsamere Saône fließt; auch die, die bei ihrer Geburt der Rhein mit seinem Wasserstrudel auf die Probe stellt, und die, welche die Woge der Garonne labt, die rascher noch zurückfließt, sooft sie von der vollen Flut des Ozeans getroffen wird. [115] Alle verband dieselbe Gesinnung, und sie ließen die noch frischen Kränkungen ihres Stolzes ruhen; der Besiegte hasste nicht mehr, und der Sieger war ohne Übermut. Und wie sehr der frische Groll, die Trompeten, die eben noch zum Bürgerkrieg geblasen hatten, und der kriegerische Zorn auch noch glühten, so einte sie doch eine außergewöhnliche Zuneigung zu ihrem Anführer. [120] Nicht anders soll das Heer, das dem Xerxes über die ganze Welt hin gefolgt war, rasch die unsteten Flüsse ausgetrunken und das Tageslicht mit seinen Geschossen verdunkelt haben, als es mit seinen Flotten durch die Felsen zog und die Fußsoldaten das Meer nicht fürchteten, das mit Schiffsbrücken bedeckt war. Kaum hatte Stilicho die Alpen überquert, da schweifte der Barbar nicht weiter umher, [125] sammelte sich aus Furcht vor seiner Ankunft in e i n e r Ebene und umschloss die Weide mit einer sicheren Wagenburg; dann machte er den Wall, der schon wegen eines doppelten Grabens unüberwindbar war, durch eine zweifache Pfahlreihe noch unzugänglicher und überzog die Wagen, die wie eine Mauer angeordnet waren, mit Rindsleder. Panik bei Rufinus [130] Doch Rufinus traf aus der Ferne der bleiche Schrecken; seine Wangen waren von Blässe überzogen; mit eingefrorenem Gesicht zögerte er, unschlüssig, ob er fliehen oder sich geschlagen geben

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posceret an fidos sese transferret in hostes. quid nunc divitiae, quid fulvi vasta metalli congeries, quid purpureis effulta columnis atria prolataeve iuvant ad sidera moles? audit iter numeratque dies spatioque viarum metitur vitam. torquetur peste futura nec recipit somnos et saepe cubilibus amens excutitur poenamque luit formidine poenae. sed redit in rabiem scelerumque inmane resumit ingenium sacrasque fores praedivitis aulae intrat et Arcadium mixto terrore precatur:

‘per fratris regale iubar, per facta parentis aetherii floremque tui te deprecor aevi, eripe me gladiis; liceat Stilichonis iniquas evitare minas. in nostram Gallia caedem coniurata venit. quidquid ligat ultima Tethys, extremos ultra volitat gens si qua Britannos, mota mihi. tantis capiendi credimur armis; tot signis unum petitur caput. unde cruoris ista sitis? geminum caeli sibi vindicat axem et nullum vult esse parem. succumbere poscit cuncta sibi. regit Italiam Libyamque coercet; Hispanis Gallisque iubet; non orbita solis, non illum natura capit. quascumque paravit hic Augustus opes et quas post bella recepit, solus habet, possessa semel nec reddere curat.

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und um Nachsicht bitten sollte, oder ob er zu den Feinden, die ihm ja treu ergeben waren, überlaufen sollte. Was half ihm nun sein Reichtum, was die riesige Menge an goldenem Metall, [135] was die Hallen auf purpurnen Säulen und die Bauwerke, die er zu den Sternen emporgeführt hatte? Er hörte von dem Marsch, zählte die Tage und bemaß sein restliches Leben nach der verbleibenden Wegstrecke. Vom künftigen Unglück wurde er gequält, er konnte nicht schlafen, wurde oft wie von Sinnen aus seinem Bett [140] gerissen und erlitt mit der Furcht vor der Strafe schon die Strafe. Doch kehrte er zu seiner alten Wut zurück, erlangte aufs Neue seine ungeheure Erfindungsgabe für Verbrechen, trat durch die heiligen Pforten des Palastes, der prächtiger als alles andere war, und richtete seine Bitten, untermischt mit Drohungen, an Arcadius: Auf Betreiben von Rufinus erlässt Arcadius den Befehl, dass die oströmischen Truppenteile nach Konstantinopel zurückkehren sollen. »Ich bitte dich beim königlichen Glanz deines Bruders, bei den Taten deines himmlischen Vaters [145] und der Blüte deiner Jugend: Entreiße mich den Schwertern; lass mich den ungerechten Drohungen Stilichos entkommen. Gallien hat sich zum Mord an mir verschworen und rückt an. Alles was Tethys in den entferntesten Gegenden versammelt, und wenn es noch ein Volk jenseits der äußersten Gebiete Britanniens gibt: [150] Gegen mich ist es aufgebracht. Man glaubt, mir mit so gewaltigen Heeren zu Leibe rücken zu müssen; mit so vielen Feldzeichen wird ein einziges Haupt angegriffen. Woher kommt dieser Durst nach Blut? Er beansprucht beide Himmelsgegenden für sich und will nicht, dass ihm jemand gleichgestellt wird. Er fordert, dass alles sich ihm unterwerfe. Er herrscht über Italien und hält Libyen im Zaum; [155] den Spaniern und Galliern gibt er Befehle; nicht das, was die Sonne durchmisst, nicht einmal die ganze Natur kann ihn fassen. Die Truppen, die sich der Kaiser hier im Osten erworben und die, die er nach dem Krieg an sich genommen hat, besitzt Stilicho nun allein, und was er

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scilicet ille quidem tranquilla pace fruetur. nos premet obsidio? quid partem invadere temptat? deserat Illyricos fines; Eoa remittat agmina; fraternas ex aequo dividat hastas, nec sceptri fueris tantum, sed militis heres. quod si dissimulas nostrae succurrere morti nec prohibere paras, Manes et sidera testor: haec cervix non sola cadet; miscebitur alter sanguis; nec Stygias ferar incomitatus ad umbras nec mea securus ridebit funera victor!’ haec ubi, dictatur facinus missusque repente qui ferat extortas invito principe voces.

interea Stilicho iam laetior hoste propinquo nec multo spatii distantibus aequore vallis pugnandi cupidas accendit voce cohortes. Armeniis frons laeva datur; per cornua Gallos dexteriora locat. spumis ignescere frena, pulveris extolli nimbos lateque videres surgere purpureis undantes anguibus hastas serpentumque vago caelum saevire volatu. inplet Thessaliam ferri nitor, antraque docti cornipedis teneroque amnis reptatus Achilli et nemus Oetaeum radiat. clamore nivalis Ossa tonat pulsoque fragor geminatur Olympo. intumuit virtus et lucis prodigus arsit

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einmal an sich genommen hat, will er nicht zurückgeben. Selbstverständlich wird er jetzt in ruhigem Frieden leben! [160] Uns wird er mit einer Belagerung bedrängen? Warum versucht er denn, in deinen Reichsteil einzufallen? Er soll das illyrische Gebiet verlassen; er soll die Truppen des Ostens zurückschicken; er soll die Legionen der Brüder gerecht teilen, und du bist ja wohl nicht nur Erbe des Szepters, sondern auch der Streitmacht. Wenn du mir aber in meiner Lebensgefahr nicht zu Hilfe kommen magst [165] und sie nicht abzuwenden versuchst, so rufe ich die Geister der Toten und die Gestirne zu Zeugen: Dieser Kopf wird nicht alleine zu Boden rollen; das Blut eines zweiten wird sich daruntermischen; nicht ohne Begleitung werde ich zu den stygischen Schatten eilen und der Sieger wird nicht ohne Gefahr für sein eigenes Leben über meinen Tod lachen!« Sprach’s, ließ sein Verbrechen in offizielle Worte fassen, und rasch wurde ein Bote entsandt, [170] der die Worte, die dem Kaiser gegen seinen Willen abgepresst worden waren, überbringen sollte. Nach innerem Kampf entscheidet sich Stilicho für den Gehorsam. Unterdessen feuerte Stilicho, der sich schon freute, dass der Feind zum Greifen nahe war und dass die Schutzwälle nur mehr durch eine geringe Strecke auf der Ebene von ihm entfernt waren, die kampfbegierigen Kohorten mit einer Rede an. Den Armeniern wurde die linke Flanke überlassen; auf den rechten Flügeln [175] stellte er die Gallier auf. Da hätte man sehen können, wie die Zügel im Schaum aufblitzten, Wolken von Staub sich erhoben, weithin die Lanzen mit purpurnen Drachenzeichen wogten und der Himmel vom unsteten Flug der Schlangen aufgebracht war. Der Glanz des Eisens erfüllte Thessalien, und die Grotten des weisen [180] Kentauren, der Fluss, durch den der kleine Achill gekrochen war, und der Hain am Oitegebirge strahlten. Der schneebedeckte Ossa tönte vom Geschrei, der Lärm erreichte den Olymp und hallte wider. Ihre Tapferkeit wuchs an und ihr Tatendrang

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impetus; haud illos rupes, haud alta vetarent flumina: praecipiti stravissent omnia cursu. si tunc his animis acies conlata fuisset, prodita non tantas vidisset Graecia caedes, oppida semoto Pelopeia Marte vigerent, starent Arcadiae, starent Lacedaemonis arces; non mare fumasset geminum flagrante Corintho nec fera Cecropias traxissent vincula matres. illa dies potuit nostris inponere finem cladibus et sceleris causas auferre futuri. invida pro quantum rapuit Fortuna triumphum! inter equos interque tubas mandata feruntur regia et armati veniunt ductoris ad aures. obstipuit; simul ira virum, simul obruit ingens maeror et ignavo tantum licuisse nocenti miratur. dubios anceps sententia volvit eventus, peragat pugnas an fortia coepta deserat. Illyricis ardet succurrere damnis: praeceptis obstare timet. reverentia frangit virtutis stimulos: hinc publica commoda suadent, hinc metus invidiae. tandem indignatus ad astra extollit palmas et ab imo pectore fatur: ‘numina Romanis necdum satiata ruinis, si iuvat imperium penitus de stirpe revelli, uno si placuit deleri saecula lapsu, si piget humani generis, prorumpat in arva

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stand in überhellen Flammen; nicht Felsen, nicht tiefe Ströme würden sie aufhalten: [185] Im raschen Lauf hätten sie alles niederwälzen können. Wäre man damals mit dieser Energie zur Schlacht angetreten, so wäre Griechenland nicht ausgeliefert worden und hätte kein so gewaltiges Morden gesehen, die Städte des Pelops würden ganz ohne Kriegsleid blühen, die Festungen Arkadiens und Spartas würden noch stehen; [190] die beiden Meere hätten nicht geraucht, weil Korinth in Flammen stand, und athenische Mütter wären nicht an harten Fesseln gezogen worden. Jener Tag hätte unserem Unglück ein Ende machen und jeden Grund für künftige Schandtaten beseitigen können. Ach, welch einen gewaltigen Triumph entriss uns damals die missgünstige Fortuna! [195] Inmitten der Pferde und der Kriegstrompeten wurden die Befehle des Kaisers überbracht und gelangten zu den Ohren des Feldherrn, der schon gerüstet war. Er stutzte. Gleichzeitig brachen Zorn und gewaltige Trauer über den Mann herein und er staunte, dass einem Nichtsnutz und Unheilstifter so viel erlaubt sei. Unschlüssig wog er immer wieder die beiden Möglichkeiten mit ihren ungewissen Folgen ab, [200] ob er nun nämlich den Kampf ausführen oder seine tapferen Unternehmungen aufgeben sollte. Er brannte darauf, gegen die Zerstörungen im Illyricum zur Hilfe zu eilen, doch fürchtete er, den Anweisungen zuwider zu handeln. Die Ehrfurcht brach seiner Tapferkeit den Stachel: Einerseits rieten ihm die öffentlichen Interessen zu, andererseits die Furcht vor Missgunst. Zuletzt erhob er entrüstet die Hände zu den Sternen empor [205] und sprach aus der Tiefe seines Herzens: »Ihr Götter, die ihr vom Niedergang Roms noch nicht gesättigt seid, wenn es euch gefällt, dass das Reich mit Stumpf und Stiel ausgerissen wird, wenn ihr beschlossen habt, dass die Welt in einem einzigen Sturz vernichtet wird, [209] wenn ihr des Menschengeschlechts überdrüssig seid, dann soll sich die ungezügelte

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libertas effrena maris, vel limite iusto devius errantes Phaethon confundat habenas. cur per Rufinum geritur? procumbere mundum hoc auctore pudet. mediis revocamur ab armis (pro dolor!) et strictos deponere cogimur enses. vos, arsurae urbes perituraque moenia, testor: cedo equidem et miserum permitto casibus orbem. flectite signa, duces. redeat iam miles Eous. parendum. taceant litui. prohibete sagittas. parcite contiguo ‒ Rufinus praecipit! ‒ hosti.’

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his dictis omnes una fremuere manipli, quantum non Italo percussa Ceraunia fluctu, quantum non madidis elisa tonitrua Coris, secernique negant ereptaque proelia poscunt, insignemque ducem populus defendit uterque et sibi quisque trahit. magno certatur amore, alternamque fidem non inlaudata lacessit seditio talique simul clamore moventur: ‘quis mihi nudatos enses, quis tela lacertis excutit et solvi curvatos imperat arcus? quisnam audet leges vibrato inponere ferro? inflammata semel nescit mitescere virtus. iam mihi barbaricos sitientia pila cruores sponte volant ultroque manus mucrone furenti ducitur et siccum gladium vagina recusat.

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Freiheit des Meeres auf das Land stürzen oder Phaëthon soll, vom rechten Weg abgekommen, die Kontrolle über seine Zügel verlieren. Warum aber geschieht das durch Rufinus? Es ist beschämend, dass die Welt durch ihn untergeht. Mitten aus dem Waffengang – ich ertrage es nicht! – ruft man mich zurück und zwingt mich, das schon gezückte Schwert niederzulegen. [215] Ihr seid meine Zeugen, ihr Städte, die ihr den Flammen, ihr Mauern, die ihr der Vernichtung preisgegeben werdet: Ich ziehe jetzt tatsächlich ab und überlasse die unglückliche Welt ihrem Lauf. Wendet eure Feldzeichen um, Feldherren! Sogleich sollen die Soldaten aus dem Osten heimmarschieren. Jetzt gilt es, gehorsam zu sein. Die Signalhörner sollen schweigen. Haltet eure Pfeile zurück. Den Feind ‒ die Order kommt von Rufinus! ‒ schont, obwohl er zum Greifen nah ist.« Unmut und Rachepläne der abziehenden oströmischen Soldaten [220] Auf diese Worte hin lärmten alle Kompanien zugleich los, lauter als die keraunischen Felsen, die von der italischen Flut getroffen werden, lauter als die Donner bei regnerischem Nordwind. Sie wollten nicht getrennt werden und forderten die Schlacht ein, um die man sie betrogen hatte. Beide Völker nahmen sich ihres berühmten Anführers an [225] und jeder zog ihn auf seine Seite. Man rivalisierte in großer Zuneigung, nicht unrühmliche Meutergelüste reizten auf beiden Seiten die Treue an und sie alle riefen in ihrer Empörung: »Wer reißt mir die gezückten Schwerter aus der Hand, wer die Pfeile von den Schultern, und wer befiehlt mir, die gekrümmten Bogen abzuspannen? [230] Wer wagt es denn, einem geschwungenen Schwert noch Weisungen zu geben? Ist der Kriegsmut einmal entflammt, so kann er sich nicht wieder beruhigen. Schon fliegen mir die nach Barbarenblut dürstenden Wurfspieße wie von selbst, die Hand wird spontan vom wütenden Dolch gelenkt, und die Scheide weigert sich, ein unblutiges Schwert wieder aufzunehmen.

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num patiar? semperne Getis discordia nostra proderit? en iterum belli civilis imago! quid consanguineas acies, quid dividis olim concordes aquilas? non dissociabile corpus coniunctumque sumus. te quo libet ire sequemur. te vel Hyperboreo damnatam sidere Thylen, te vel ad incensas Libyae comitabor harenas; Indorum si stagna petas rubrique recessus litoris, auriferum veniam poturus Hydaspen; si calcare Notum secretaque noscere Nili nascentis iubeas, mundum post terga relinquam; et quocumque loco Stilicho tentoria figet, haec patria est.’ dux inde vetat: ‘desistite, quaeso, atque avidam differte manum. cadat iste minacis invidiae cumulus. non est victoria tanti ut videar vicisse mihi. vos, fida iuventus, ite, mei quondam socii.’ nec plura locutus flexit iter: vacuo qualis discedit hiatu inpatiens remeare leo, quem plurima cuspis et pastorales pepulerunt igne catervae, inclinatque iubas demissaque lumina velat et trepidas maesto rimatur murmure silvas. ut sese legio vidit disiuncta relinqui, ingentem tollit gemitum galeasque solutis umectat lacrimis pressamque morantia vocem thoracum validos pulsant suspiria nexus. ‘tradimur, heu, tantumque sequi prohibemur amorem!’ exclamant. ‘spernisne tuas, dux optime, dextras,

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[235] Soll ich das etwa ertragen? Wird unsere Zwietracht auf ewig den Goten in die Hände spielen? Da habt ihr wieder das Bild vom Bürgerkrieg! Warum trennst du Truppen aus einem Blut, warum Feldzeichen, die seit jeher einträchtig beieinanderstehen? Wir sind ein einziger und untrennbarer Körper. Wir werden dir folgen, wohin du auch gehen magst. [240] Dich werde ich sogar bis nach Thule begleiten, das dazu verdammt ist, unter dem Nordstern zu leben, dich sogar bis zum brennenden Sand Libyens; wenn du zu den Gewässern der Inder oder zu den Buchten des roten Meeres willst, dann werde ich mitkommen, um das Wasser des goldführenden Hydaspes zu trinken; wenn du mir befiehlst, die Länder im Süden zu betreten und die Geheimnisse über den Ursprung des Nils zu ergründen, [245] so werde ich die ganze Welt hinter mir lassen; und wo immer Stilicho seine Zelte aufschlägt, wird meine Heimat sein.« Der Feldherr gebot ihnen daraufhin Einhalt: »Bitte, hört auf und haltet eure kampfeslüsternen Hände zurück. Diese angehäuften missgünstigen Drohungen sollen in sich zusammenfallen. Ein Sieg gilt mir nicht so viel, [250] dass ich dafür den Anschein in Kauf nehmen wollte, nur für mich gesiegt zu haben. Ihr treuen Männer, geht, die ihr einmal meine Kameraden wart.« Mehr sprach er nicht und zog von dort ab: Wie ein Löwe unwillig über seinen Rückzug mit leerem Maul weggeht, den zahlreiche Lanzenhiebe und die Scharen der Hirten mit Feuer vertrieben haben, [255] und er lässt seine Mähne sinken, verbirgt seine zu Boden gewandten Augen und durchstreift den zitternden Wald mit finsterem Gebrüll. Als die abkommandierte Legion sah, wie sie zurückgelassen wurde, erhoben die Soldaten ein gewaltiges Klagen, sie benetzten ihre Helme mit strömenden Tränen, die Seufzer verschlugen ihnen die Sprache [260] und ließen die festen Riemen ihrer Brustpanzer erbeben. Sie riefen: »Weh, wir werden ausgeliefert und man verbietet uns, dem zu folgen, den wir so lieben! Weist du, bester Feldherr, uns – deine rechte Hand – von dir, welche dir die Kriegsgöt-

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quas tibi victrices totiens Bellona probavit? nos adeo viles? adeo felicior axis Hesperius, meruit qui te rectore teneri? quid nobis patriam, quid cara revisere tandem pignora dilectosve iuvat coluisse penates? te sine dulce nihil. iam formidata tyranni tempestas subeunda mihi, qui forte nefandas iam parat insidias, qui nos aut turpibus Hunis aut inpacatis famulos praebebit Alanis; quamquam non adeo robur defecerit omne tantave gestandi fuerit penuria ferri. tu, licet occiduo maneas sub cardine solis tu mihi dux semper, Stilicho, nostramque vel absens experiere fidem. dabitur tibi debita pridem victima: promissis longe placabere sacris.’ tristior Haemoniis miles digressus ab oris tangebat Macetum fines murosque subibat, Thessalonica, tuos. sensu dolor haeret in alto abditus et tacitas vindictae praestruit iras, spectaturque favens odiis locus aptaque leto tempora. nec quisquam tanta de pube repertus, proderet incautis qui corda minantia verbis. quae non posteritas, quae non mirabitur aetas tanti consilium vulgi potuisse taceri aut facinus tam grande tegi mentisque calorem non sermone viae, non inter pocula rumpi? aequalis tantam tenuit constantia turbam, et fuit arcanum populo. percurritur Haemus,

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tin so oft als siegreich erwiesen hat? So wenig sind wir dir wert? Der westliche Reichsteil, der es verdient hat, unter deiner Herrschaft zu stehen, soll so viel mehr Glück haben? [266] Welche Freude soll es uns nun noch bereiten, endlich die Heimat und die teuren Kinder wiederzusehen und die geliebten Penaten zu verehren? Ohne dich hat alles seinen Reiz verloren. Jetzt muss ich mich den furchtbaren Stürmen eines Tyrannen aussetzen, der vielleicht schon unheilvolle [270] Ränke ausheckt, der uns den grausigen Hunnen oder den friedlosen Alanen als Knechte ausliefern wird; gleichwohl ist meine ganze Kraft noch nicht so geschwunden und so sehr mangelt es noch nicht an Armen, die das Schwert führen könnten. [275] Du, auch wenn du dich unter der westlichen Sonne aufhältst, du wirst immer mein Feldherr sein, Stilicho, und auch, wenn du nicht bei uns bist, wirst du unsere Treue erfahren. Dir wird man das Opfer bringen, das dir schon lange zusteht: Mit den versprochenen Sühnungen wird man dich aus der Ferne besänftigen.« Traurig schieden die Soldaten vom thessalischen Land, erreichten das Gebiet der Makedonier und kamen dicht an deine Mauern heran, [280] Thessalonike. Tief in ihrem Inneren steckte unbemerkt der Schmerz und staute für die Rachetat den Zorn lautlos auf. Man hielt Ausschau nach einem Ort, der für den Ausbruch des Hasses geeignet war, und nach einem Zeitpunkt, der für den Mord passte. Und unter so vielen Soldaten fand sich kein einziger, der die Drohungen in seinem Herzen mit unvorsichtigen Worten verraten hätte. [285] Welche Nachwelt, welche Zeit wird nicht darüber staunen, dass der Plan einer so großen Menge verschwiegen werden, eine so gewaltige Tat verborgen bleiben konnte, und dass die Glut in ihrem Inneren nicht bei den Gesprächen auf dem Marsch, nicht während der Gelage verraten wurde? In dieser gewaltigen Menge herrschte überall die gleiche Entschlossenheit, [290] und ein Geheimnis war im Volk. Man eilte über den Haimos, das Rhodopegebirge ließ man hinter sich, und sie zogen

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deseritur Rhodope Thracumque per ardua tendunt, donec ad Herculei perventum nominis urbem.

ut cessisse ducem, propius venisse cohortes cognita Rufino, magna cervice triumphat omnia tuta ratus sceptrumque capessere fervet et coniuratos hortatur voce clientes: ‘vicimus, expulimus, facilis iam copia regni. nullus ab hoste timor. quis enim, quem visere solum horruit, hunc tanto munitum milite vincat? quis ferat armatum, quem non superavit inermem? i nunc, exitium nobis meditare remotus incassum, Stilicho, dum nos longissima tellus dividat et mediis Nereus interstrepat undis. Alpinas transire tibi me sospite rupes haud dabitur. iaculis illinc me figere tempta. quaere ferox arcum, qui nostra ad moenia tendi possit ab Italia. non te monumenta priorum, non exempla vetant? quisnam conatus adire has iactat vitasse manus? detrusimus orbe te medio tantisque simul spoliavimus armis. nunc epulas tempus, socii, nunc larga parare munera donandumque novis legionibus aurum. opportuna meis oritur lux crastina votis. quod nolit rex ipse velit iubeatque coactus in partem mihi regna dari. contingat in uno privati fugisse modum crimenque tyranni.’

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durch die Gebirge der Thraker, bis man zur Stadt gelangt war, die den Namen des Herakles trägt. Rufinus und seine Parteigänger wiegen sich in Sicherheit. Sobald Rufinus erfahren hatte, dass der Feldherr abgezogen und die Kohorten nähergekommen waren, triumphierte er erhobenen Hauptes, [295] glaubte, alles sei sicher, brannte darauf, das Szepter zu übernehmen, und munterte seine verschworenen Anhänger mit diesen Worten auf: »Wir haben gesiegt, wir haben ihn vertrieben, jetzt können wir uns leicht der Herrschaft bemächtigen! Seitens des Feindes haben wir nichts zu fürchten. Wer sollte nämlich einen Mann besiegen, von dem man schon eingeschüchtert war, als er noch allein war – jetzt, da dieser Mann mit einer so großen Streitmacht bewaffnet ist? [300] Wer könnte ihm in Waffen widerstehen, wenn er ihn als Unbewaffneten nicht bezwungen hat? Los, Stilicho, plane aus der Entfernung vergeblich meinen Untergang, solange uns eine weite Landstrecke trennt und Nereus mit seinen Wogen zwischen uns rauscht. Zu meinen Lebzeiten wird es dir nicht erlaubt sein, die Berge der Alpen zu überqueren. [305] Versuch doch, mich von dort mit deinen Pfeilen zu treffen. Such dir doch in deinem Zorn einen Bogen, den man so spannen kann, dass er von Italien aus unsere Mauern erreicht. Halten dich nicht die Grabmäler deiner Vorgänger und ihr warnendes Beispiel ab? Wer hätte denn einen Angriff versucht und könnte sich rühmen, diesen Händen entronnen zu sein? Wir haben dich aus der Mitte der Welt vertrieben [310] und zugleich so gewaltiger Waffen beraubt. Nun, Freunde, ist es Zeit, ein Festmahl, reichlich Geschenke und Gold vorzubereiten, das wir unseren neuen Legionen schenken wollen. Morgen geht die Sonne günstig für meine Wünsche auf. Der Kaiser soll wollen, was er nicht will, und unter Zwang befehlen, [315] dass mir das Reich zu einem Teil gegeben werde. Mir allein soll es glücken, den Beschränkungen eines Privatmannes und dem Vorwurf der Tyrannei zu entkommen.«

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talibus adclamat dictis infame nocentum concilium, qui perpetuis crevere rapinis et quos una facit Rufino causa sodales, inlicitum duxisse nihil. delicta fuere nexus amicitiae. iamiam conubia laeti despondent aliena sibi frustraque uicissim promittunt, quas quisque petat, quas devoret urbes. coeperat humanos alto sopire labores nox gremio, nigrasque sopor diffuderat alas. ille diu curis animum stimulantibus aegre labitur in somnos. vix toto corde quierat, ecce videt diras alludere protinus umbras, quas dedit ipse neci. quarum quae clarior una visa loqui: ‘pro! surge toro. quid plurima volvis anxius? haec requiem rebus finemque timori allatura dies: omni iam plebe redibis altior et laeti manibus portabere vulgi.’ has canit ambages. occulto fallitur ille omine nec capitis sentit praesagia fixi.

iam summum radiis stringebat Lucifer Haemum festinamque rotam solito properantior urget tandem Rufini visurus funera Titan: prosiluit stratis densaeque capacia turbae atria regifico iussit splendere paratu exceptura dapes et, quod post vota daretur, insculpi propriis aurum fatale figuris.

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Solchen Worten spendete die ruchlose Versammlung von Unheilstiftern Beifall, die durch ihre unausgesetzten Raubzüge immer größer geworden waren und die sich nur aus einem Grund Rufinus angeschlossen hatten: [320] weil sie nichts für unerlaubt hielten. Die Verbrechen waren der Kitt für ihre Freundschaft. Schon versprachen sie sich freudig Ehebündnisse mit Frauen anderer Männer und stellten sich in ihrer Verblendung einander die Städte in Aussicht, die ein jeder gerne besitzen und verschlingen wollte. Die Nacht hatte begonnen, tief in ihrem Schoß die Mühsal der Menschen in Schlummer zu wiegen, [325] und der Schlaf hatte seine schwarzen Fittiche ausgebreitet. Rufinus aber setzten die Sorgen lang im Inneren zu, und nur mit Mühe konnte er einschlafen. Kaum hatte er vollständig zur Ruhe gefunden, da sah er sogleich die Schatten rachedrohend herankommen, die er selbst zu Tode befördert hatte. Einer von ihnen, heller als die anderen, [330] schien zu sprechen: »Schäm dich! Heraus aus dem Bett! Warum grübelst du so viel in deiner Angst? Der Tag heute wird der Welt Ruhe bringen und die Angst beenden: Du wirst zurückkehren, über allem Volk erhaben, und eine fröhliche Menge wird dich auf Händen tragen.« Diese zweideutigen Orakel sprach er. Ihm aber entgingen die dunklen Andeutungen, [335] und er verstand nicht, dass die Weissagung auf sein aufgespießtes Haupt verwies. Rufinus wird durch die zurückkehrenden Soldaten umzingelt und ermordet. Schon streifte der Morgenstern mit seinen Strahlen die Spitze des Haimos, und Titan, der endlich den Tod des Rufinus sehen wollte, trieb drängender als gewohnt sein eilendes Rad an, als dieser vom Lager aufsprang und befahl, dass die Halle, welche eine dichtgedrängte Menge aufnehmen konnte, [340] im kaiserlichen Schmuck erglänzen solle, um das Festmahl zu beherbergen, und er gab Auftrag, in das verhängnisvolle Gold, das nach den feierlichen Gelübden verteilt werden sollte, seine eigene Gestalt einzuprägen.

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ipse salutatum reduces post proelia turmas iam regale tumens et principe celsior ibat collaque femineo iactabat mollia gestu, imperii certus, tegeret ceu purpura dudum corpus et ardentes ambirent tempora gemmae. urbis ab angusto tractu, qua vergit in Austrum, planities vicina patet: nam cetera pontus circuit exiguo dirimi se tramite passus. hic ultrix acies ornatu fulgida Martis explicuit cuneos. pedites in parte sinistra consistunt. equites illinc poscentia cursum ora reluctantur pressis sedare lupatis, hinc alii saevum cristato vertice nutant, et tremulos umeris gaudent vibrare colores, quos operit formatque chalybs ‒ coniuncta per artem flexilis inductis animatur lamina membris, horribilis visu: credas simulacra moveri ferrea cognatoque viros spirare metallo. par vestitus equis: ferrata fronte minantur ferratosque levant securi vulneris armos. diviso stat quisque loco, metuenda voluptas cernenti pulcherque timor, spirisque remissis mansuescunt varii vento cessante dracones. Augustus veneranda prior vexilla salutat. Rufinus sequitur, quo fallere cuncta solebat callidus adfatu, devotaque bracchia laudat; nomine quemque vocat; natos patresque reversis nuntiat incolumes. illi dum plurima ficto

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Er selbst ging hin, um die aus dem Kampf heimkehrenden Truppen zu begrüßen, wobei er schon herrscherlichen Stolz in sich trug und erhabener als der Kaiser auftrat, [345] er schüttelte seinen weichen Nacken in weibischer Bewegung und war sich seiner Herrschaft sicher, so als ob der Purpur schon längst seinen Körper bedeckte und funkelnde Edelsteine seine Schläfen umgaben. Angrenzend an das schmale Ende der Stadt, dort wo sie sich nach Süden hinstreckt, liegt eine Ebene. Das Übrige nämlich [350] umgibt das Meer, das sich hier durch einen schmalen Pfad spalten lässt. Hier hatte die rächende Streitmacht, glänzend im Schmuck des Mars, ihre Abteilungen entfaltet. Die Fußsoldaten stellten sich linker Hand auf. Auf der einen Seite mühten sich die Reiter, die Mäuler ihrer nach freiem Lauf verlangenden Rosse zu zähmen, indem sie sie an die Kandare nahmen. [355] Auf der anderen Seite nickten andere wild mit ihren von Helmbüschen geschmückten Scheiteln und freuten sich, wie die Farben auf ihren Schultern reflektiert wurden; diese bedeckte Metall und gab ihnen Gestalt ‒ bewegliche Eisenplättchen, die kunstvoll verbunden waren, belebten sich, indem sie sich über die Glieder zogen, und ihr Anblick war schrecklich: Man hätte meinen können, dass sich eiserne Standbilder bewegten [360] und Männer atmeten, die mit dem Metall verwachsen waren. So war auch die Tracht der Pferde: Sie drohten mit von Eisen bedeckter Stirn und hoben, ohne Furcht vor Verwundung, ihre ehern bewehrten Schultern. Ein jeder stand auf seinem Platz, für den Betrachter boten sich zugleich eine furchteinflößende Augenlust und ein prächtiges Schreckbild dar. [365] Und als der Wind nachließ, besänftigten sich die bunten Drachen, indem sie die Windungen ihrer Körper schlaff werden ließen. Als erster grüßte der Kaiser die ehrwürdigen Banner. Rufinus folgte mit Worten, wie er sie listig zur allgemeinen Täuschung zu benutzen wusste, und er lobte die Arme, die auf ihn ihr Gelübde getan hatten; jeden rief er beim Namen; den Zurückkehrenden verkündete er, dass ihre Söhne und Väter [370] unversehrt ge-

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certatim sermone petunt, intendere longos a tergo amplexus insperatoque suprema circuitu sociare parant. decrescere campus incipit et clipeis in se redeuntia iunctis curvo paulatim sinuantur cornua ductu: sic ligat inmensa virides indagine saltus venator, sic attonitos ad litora pisces aequoreus populator agit rarosque plagarum contrahit anfractus et hiantes colligit oras. excludunt alios. cingi se fervidus ille nescit adhuc graviterque adprensa veste morantem increpat Augustum (scandat sublime tribunal, participem sceptri, socium declaret honoris), cum subito stringunt gladios. vox desuper ingens infremuit: ‘nobis etiam, deterrime, nobis sperasti famulas inponere posse catenas? unde redi nescis? patiarne audire satelles, qui leges aliis libertatemque reduxi? bis domitum civile nefas, bis rupimus Alpes. tot nos bella docent nulli servire tyranno.’ deriguit. spes nulla fugae; seges undique ferri circumfusa micat; dextra laevaque revinctus haesit et ensiferae stupuit mucrone coronae: ut fera, quae nuper montes amisit avitos altorumque exul nemorum damnatur harenae muneribus, commota ruit; vir murmure contra hortatur nixusque genu venabula tendit;

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blieben seien. Während sie sich mit heuchlerischen Worten wie um die Wette mit unzähligen Anliegen an ihn wandten, versuchten sie ihn von hinten in weitem Kreis einzuschließen und in einem überraschenden Zusammenschluss die äußersten Heeresteile zu vereinigen. Das Feld wurde immer kleiner und allmählich krümmten sich die Heeresflügel in einem Bogen, indem sie sich zusammenschlossen und ihre Schildreihen verbanden: [376] So umgibt der Jäger die grünen Gebirgstäler mit seinen gewaltigen Netzen, so treibt der, der die Meere plündert, die erschrockenen Fische an die Strände, verengt den weiten Umlauf der Netze und führt die noch offenen Enden zusammen. [380] Alle anderen sperrten sie aus. Bis jetzt hatte jener in seiner Erregung nicht bemerkt, dass er eingeschlossen wurde, er griff dem Kaiser ans Gewand und schalt den Zögernden heftig ‒ er solle auf den hohen Amtssitz steigen und öffentlich erklären, dass Rufinus Anteil am Szepter habe und mit ihm gemeinsam die Ehrenstellung innehabe ‒, als sie plötzlich ihre Schwerter zückten. Über ihm ertönte es mächtig: [385] »Hast du gehofft, Schurke, du könntest auch uns deine Sklavenketten anlegen? Weißt du nicht, von woher ich gekommen bin? Soll ich mich deinen Spießgesellen nennen lassen, wo ich doch anderen Gesetz und Freiheit wiedergebracht habe? Zweimal wurde der Frevel des Bürgerkriegs bezwungen, zweimal haben wir die Alpenkette durchbrochen. [390] So viele Kriege lehren uns, keinem Tyrannen zu dienen.« Er war völlig erstarrt. Jetzt war keine Hoffnung mehr auf Flucht; von allen Seiten zuckte die rings ausgebreitete Saat der eisernen Waffen; rechts und links eingeschlossen steckte er fest und erschrak vor den Schwertern der bewaffneten Schar: So wie ein wildes Tier in Aufregung rennt, das eben erst seine angestammten Berge verlassen musste [395] und, aus den hohen Wäldern verbannt, zu den Zirkusspielen in der Arena verurteilt wird; ein Mann brüllt ihm anstachelnd zu und richtet auf Knien die Wurfspieße aus; das Tier scheut vor dem Lärm, blickt aufgerichtet

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illa pavet strepitus cuneosque erecta theatri respicit et tanti miratur sibila vulgi. unus per medios audendi pronior ense prosilit exerto dictisque et vulnere torvus impetit: ‘hac Stilicho, quem iactas pellere, dextra te ferit; hoc absens invadit viscera ferro.’ sic fatur meritoque latus transverberat ictu.

felix illa manus, talem quae prima cruorem hauserit et fessi poenam libaverit orbis! mox omnes fodiunt hastis artusque trementes dilaniant; uno tot corpore pila tepescunt et non infecto puduit mucrone reverti. hi vultus avidos et adhuc spirantia vellunt lumina, truncatos alii rapuere lacertos; amputat ille pedes, umerum quatit ille solutis nexibus; hic fracti reserat curvamina dorsi; hic iecur, hic cordis fibras, hic pandit anhelas pulmonis latebras. spatium non invenit ira nec locus est odiis. consumpto funere vix tum deseritur sparsumque perit per tela cadaver: sic mons Aonius rubuit, cum Penthea ferrent Maenades aut subito mutatum Actaeona cornu traderet insanis Latonia virgo Molossis. criminibusne tuis speras, Fortuna, mederi et male donatum certas aequare favorem suppliciis? una tot milia morte rependis?

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auf die Zuschauerblöcke des Theaters und staunt über die Pfiffe der gewaltigen Menge. [400] Einer, der schneller zur kühnen Tat bereit war, sprang mit gezücktem Schwert durch die Menge nach vorne und griff ihn grimmig mit Worten und Waffen an: »Mit dieser Rechten erschlägt dich Stilicho, mit dessen Vertreibung du dich brüstest; dieses Schwert stößt er dir in den Leib, auch wenn er selbst nicht hier ist.« So sprach er und durchbohrte ihm die Seite mit dem verdienten Stoß. Leichenschändung: Rufinus’ Fall als Beispiel für Fortunas Wirken [405] Glücklich jene Hand, die als erste dieses Blut vergossen und die Strafe für die Qualen der Welt als Sühneopfer dargebracht hat! Bald darauf durchbohrten ihn alle mit ihren Speeren und zerfleischten die zitternden Glieder; so viele Lanzen wurden von nur einem Körper warm und man schämte sich zurückzukehren, ohne sein Schwert mit dem Blut beschmiert zu haben. [410] Die einen rissen ihm den gierigen Blick und die Augen noch lebendig aus, andere hatten schon die Armstümpfe an sich gerissen; einer schlug ihm die Füße ab, einer renkte die Gelenke aus und schwenkte die Schulter; einer öffnete die Rippenbögen des gebrochenen Rückens, einer legte die Leber offen, einer die Muskelfasern des Herzens, einer [415] die Höhlungen der schwer atmenden Lunge. Ihr Zorn fand nicht genug Raum und ihr Hass fand keinen Ort. Als man mit dem Leichnam fertig war, da ließ man nur mit Mühe von ihm ab, der Körper wurde auf die Lanzen verteilt und zerstört: So hat sich auch der aonische Berg rot gefärbt, als die Mänaden Pentheus herbeischleppten und die Jungfrau Diana den verwandelten Actaeon, dem plötzlich ein Geweih wuchs, [420] den rasenden Molosserhunden übergab. Hoffst du, Fortuna, deine Verbrechen wiedergutzumachen und willst du die Gunst, die du ihm frevelhafterweise gewährt hast, mit den Martern aufwiegen? Mit einem Tod willst du so viele tausende zurückzahlen? Auf jetzt,

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eversis agedum Rufinum divide terris. da caput Odrysiis, truncum mereantur Achivi. quid reliquis dabitur? nec singula membra peremptis sufficiunt populis. vacuo plebs undique muro iam secura fluit; senibus non obstitit aetas virginibusve pudor; viduae, quibus ille maritos abstulit, orbataeque ruunt ad gaudia matres insultantque alacres. laceros iuvat ire per artus pressaque calcato vestigia sanguine tingui. nec minus adsiduis flagrant elidere saxis prodigiale caput, quod iam de cuspide summa nutabat digna rediens ad moenia pompa. dextera quin etiam ludo concessa vagatur aera petens fraudesque animi persolvit avari terribili lucro vivosque imitata retentus cogitur adductis digitos inflectere nervis. desinat elatis quisquam confidere rebus instabilesque deos ac lubrica numina discat. illa manus, quae sceptra sibi gestanda parabat, cuius se totiens summisit ad oscula supplex nobilitas, inhumata diu miseroque revulsa corpore, feralem quaestum post fata poposcit. aspiciat, quisquis nimium sublata secundis colla gerit: triviis calcandus spargitur ecce, qui sibi pyramidas, qui non cedentia templis ornatura suos extruxit culmina manes; et qui Sidonio velari credidit ostro, nudus pascit aves. iacet en, qui possidet orbem,

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verteile Rufinus auf die zerstörten Länder. [425] Gib den Odrysiern das Haupt, den Leib verdienen wohl die Achiver. Was wird man den anderen geben? Nicht einmal, wenn man seine Glieder einzeln verteilt, reichen sie für die dahingerafften Völker aus. Die Stadtmauer leerte sich und von überall her strömte das Volk, endlich ohne Angst, herbei: Die Greise hinderte nicht ihr Alter, die Jungfrauen nicht ihr Schamgefühl; die Witwen, denen Rufinus ihre Männer [430] genommen hatte, und die ihrer Kinder beraubten Mütter stürzten sich ins Freudengetümmel und verhöhnten ihn ausgelassen. Mit Vergnügen stiegen sie über die zerfetzten Glieder und ließen zu, dass sich die Füße vom Blut, in das sie traten, rot färbten. Nicht weniger brannten sie darauf, [434] das fürchterliche Haupt, das auf seinem Rückweg zu den Mauern, der sich in einem würdigen Festzug vollzog, schon auf der Lanzenspitze wippte, unablässig mit Steinen zu bewerfen. Ja, auch die Hand, die man zum Spott freigegeben hatte, ließ man nach Geld bettelnd herumgehen, sie büßte mit schrecklichem Zins die Betrügereien ab, die seiner Habgier entsprungen waren, und musste ‒ so als ob sie wirklich nach etwas griff ‒ die Finger krümmen, indem man an den Sehnen zog. [440] So soll man denn jetzt aufhören, auf seine hohe Stellung zu vertrauen, und lernen, dass Göttergunst unbeständig und himmlische Mächte wankelmütig sind. Jene Hand, die sich schon das Szepter zurechtgelegt und zu deren Kuss sich so oft der Adel auf die Knie geworfen hatte, forderte, lange unbeerdigt und von dem unseligen [445] Leib getrennt, noch nach dem Tod den tödlichen Gewinn. Jeder soll ihn sich ansehen, der seinen Hals im Hochgefühl des Glücks allzu weit emporreckt: Seht, man verteilt ihn auf den Wegen, um auf ihn zu treten ‒ er, der sich Pyramiden und Häuser errichtet hatte, die Tempeln nicht nachstehen, damit sie sein Nachleben schmücken; [450] und er, der geglaubt hatte, er werde in sidonischen Purpur gehüllt, bietet sich nun nackt den Vögeln zum Fraß dar. Schaut, da liegt er, dem die Welt gehört,

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exiguae telluris inops et pulvere raro per partes tegitur nusquam totiensque sepultus.

senserunt convexa necem tellusque nefandum amolitur onus iam respirantibus astris. infernos gravat umbra lacus. pater Aeacus horret intrantemque etiam latratu Cerberus urget. tunc animae, quas ille fero sub iure peremit, circumstant nigrique trahunt ad iudicis urnam infesto fremitu: veluti pastoris in ora commotae glomerantur apes, qui dulcia raptu mella vehit, pinnasque cient et spicula tendunt et tenuis saxi per propugnacula cinctae rimosam patriam dilectaque pumicis antra defendunt pronoque favos examine velant.

est locus infaustis quo conciliantur in unum Cocytos Phlegethonque vadis; inamoenus uterque alveus; hic volvit lacrimas, hic igne redundat. turris per geminos, flammis vicinior, amnes porrigitur solidoque rigens adamante sinistrum proluit igne latus; dextro Cocytia findit aequora triste gemens et fluctu concita plangit. huc post emeritam mortalia saecula vitam deveniunt. ibi nulla manent discrimina fati, nullus honos, vanoque exutum nomine regem proturbat plebeius egens. quaesitor in alto conspicuus solio pertemptat crimina Minos et iustis dirimit sontes. quos nolle fateri

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ohne auch nur ein bisschen Erde zu besitzen, und wird nur an einigen Stellen von etwas Staub bedeckt, an keinem Ort wirklich und doch so oft bestattet. Rufinus kommt in der Unterwelt an. Der Himmel hatte seinen Tod bemerkt und die Erde [455] beseitigte die verhasste Last, während die Gestirne schon wieder etwas aufatmeten. Sein Schatten war jetzt eine Last für die Gewässer in der Unterwelt. Der alte Aiakos erschauderte, auch ging bei seinem Eintritt Kerberos mit Gebell auf ihn los. Daraufhin stellten sich die Seelen derer um ihn, die er mit seinem grausamen Urteil zugrunde gerichtet hatte, und schleppten ihn [460] mit feindseligen Lauten zur Urne des finsteren Richters: So wie sich die Bienen aufgeregt vor dem Gesicht des Hirten, der ihnen den süßen Honig raubt, zusammenballen, ihre Flügel bewegen, die Stachel ausstrecken, kampfbereit auf den Bollwerken eines kleinen Felsens ihre löchrige Heimstätte und ihre geliebten Bimssteinhöhlen [465] verteidigen und die Waben in hängendem Schwarm umgeben. Wirkungsweise der Unterweltsstrafen Es gibt einen Ort, wo der Kokytos und der Phlegethon ihre unheilvollen Wasser vereinen; beide Flüsse sind abschreckend: Der eine lässt Tränen strömen, der andere schäumt von Feuer über. Ein Turm steht in voller Breite zwischen beiden Flüssen, dem Flammenstrom näher, [470] und er badet seine linke Seite, die vor festem Eisen starrt, im Feuer; rechts durchschneidet er traurig klagend die Wasser des Kokytos und weint bewegt von der Flut. Hier herab kommen alle Menschen, nachdem sie ihr Leben beendet haben. Dort gibt es keine Unterschiede mehr im Schicksal, [475] keine Ehrenstellungen, und der arme Plebejer treibt den König, der seinen nichtigen Titel ablegen musste, aus dem Weg. Als Richter überprüft für alle sichtbar auf hohem Thron sitzend Minos die Anklagen und trennt die Schuldigen von den Gerechten. Die,

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viderit, ad rigidi transmittit verbera fratris: nam iuxta Rhadamanthus agit. cum gesta superni curriculi totosque diu perspexerit actus, exaequat damnum meritis et muta ferarum cogit vincla pati. truculentos ingerit ursis praedonesque lupis; fallaces vulpibus addit. at qui desidia semper vinoque gravatus, indulgens Veneri, voluit torpescere luxu, hunc suis inmundi pingues detrudit in artus. qui iusto plus esse loquax arcanaque suevit prodere, piscosas fertur victurus in undas, ut nimiam pensent aeterna silentia vocem. quos ubi per varias annis ter mille figuras egit, Lethaeo purgatos flumine tandem rursus ad humanae revocat primordia formae.

tum quoque dum lites Stygiique negotia solvit dura fori veteresque reos ex ordine quaerit, Rufinum procul ecce notat visuque severo lustrat et ex imo concussa sede profatur: ‘huc superum labes, huc insatiabilis auri proluvies pretioque nihil non ause parato, quodque mihi summum scelus est, huc inprobe legum venditor, Arctoi stimulator perfide Martis, cuius ob innumeras strages angustus Averni iam sinus et plena lassatur portitor alno! quid demens manifesta negas? en pectus inustae deformant maculae vitiique inolevit imago

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die nicht gestehen wollen, schickt er zu seinem strengen Bruder, um sie durchprügeln zu lassen: [480] Gleich nebenan nämlich tut Rhadamanthys seinen Dienst. Wenn er sich ausgiebig den Lauf ihres Erdenlebens und alle ihre Taten betrachtet hat, dann passt er die Strafe den Verdiensten an und zwingt sie, die Fesseln stummer Tiergestalten zu ertragen. Gewalttätige hüllt er in Bärenleiber, Räuber in Wolfskörper, Betrüger reiht er unter die Füchse ein. [485] Wer sich aber, stets von Faulheit und Weingenuss beschwert und der Venus hingegeben, mit Ausschweifungen betäuben wollte, den lässt er in die fetten Glieder eines schmutzigen Schweins fahren. Wer sich über das rechte Maß hinaus Geschwätzigkeit und Geheimnisverrat zur Gewohnheit gemacht hat, der wird in die fischreichen Wogen überführt, um dort zu leben, [490] damit ewiges Schweigen das allzu viele Reden aufwiege. Wenn er sie dreitausend Jahre lang durch verschiedene Gestalten getrieben hat, so ruft er sie am Ende, vom Lethestrom gereinigt, wieder zu ihrem ersten, menschlichen Aussehen zurück. Rufinus wird in den letzten Winkel der Unterwelt verbannt. Als er auch damals gerade seine Prozesse führte, den harten Anforderungen des höllischen Forums nachkam [495] und der Reihe nach die alten Angeklagten vor Gericht rief, da bemerkte er in der Ferne Rufinus, musterte ihn mit strengem Blick, und sein Thron erbebte von Grund auf, als er sprach: »Hierher, Schande der Oberwelt, hierher, du unersättliche Goldflut, wagst du dich, der du bei einer Aussicht auf Gewinn nichts unversucht gelassen hast, du schändlicher Verhökerer von Gesetzen ‒ [500] das ist für mich das schlimmste Verbrechen! ‒, du treuloser Anstifter des Krieges im Norden, durch dessen unermessliches Morden die enge Bucht des Averner Sees schon verstopft und unser Fährmann mit seinem überfüllten Kahn schon erschöpft ist! Wahnsinniger, was leugnest du noch das, was offenkundig ist? Sieh, die Schandflecken sind auf deiner Brust [505] eingebrannt,

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nec sese commissa tegunt. genus omne dolorum in te ferre libet: dubio tibi pendula rupes inmineat lapsu, volucer te torqueat axis, te refugi fallant latices atque ore natanti arescat decepta sitis dapibusque relictis in tua mansurus migret praecordia vultur. quamquam omnes alii, quos haec tormenta fatigant, pars quota sunt, Rufine, tui! quid tale vel audax fulmine Salmoneus vel lingua Tantalus egit aut inconcesso Tityos deliquit amore? cunctorum si facta simul iungantur in unum, praecedes numero. cui tanta piacula quisquam supplicio conferre valet? quid denique dignum omnibus inveniam, vincant cum singula poenas? tollite de mediis animarum dedecus umbris. aspexisse sat est. oculis iam parcite nostris et Ditis purgate domos. agitate flagellis trans Styga, trans Erebum, vacuo mandate barathro infra Titanum tenebras infraque recessus Tartareos imumque Chaos, qua Noctis opacae fundamenta latent; penitusque ibi mersus anhelet, dum rotat astra polus, feriunt dum litora venti.’

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du hast das Bild der Verkommenheit schon vollständig angenommen und nicht mehr bleibt verborgen, was du begangen hast. Ich möchte dich mit jeder Art von Schmerz quälen: Über dir soll ein Fels schweben, ohne dass du weißt, wann er niederstürzt, das schnell kreisende Rad soll dich drehen, die Fluten sollen täuschend vor dir zurückweichen und während dein Gesicht im Wasser schwimmt, [510] soll dein Durst ungestillt nur noch schlimmer werden, auch soll der Geier sein Mahl verlassen und sich dauerhaft an deinen Eingeweiden zu schaffen machen. Doch was zählen all die anderen, die diese Foltern quälen, im Vergleich mit dir, Rufinus! Was dergleichen hat der kühne Salmoneus mit seinem Blitz oder Tantalos mit seiner Zunge getan, [515] oder welches Verbrechen hat Tityos in unerlaubter Liebe begangen? Selbst wenn man die Untaten von allen zusammennimmt, so hast du immer noch mehr begangen. Mit welcher Strafe kann jemand so große Verbrechen aufwiegen? Warum soll ich am Ende eine passende Strafe für alle Untaten finden, wo doch schon jede für sich alle Strafen übersteigt? [520] Entfernt diesen Schandfleck aus dem Kreis der Seelenschatten. Sein Anblick hat mir gereicht! Schont endlich unsere Augen und reinigt das Haus des Dis. Treibt ihn mit Peitschen über die Styx und über den Erebos, werft ihn in den leeren Abgrund, der sich noch unter der dunklen Titanenhöhle, unter den Schluchten [525] des Tartaros und des tiefsten Chaos auftut, wo die Grundfesten der dunklen Nacht liegen; dort in der Tiefe versenkt soll er schnauben, solange der Himmel die Sterne kreisen lässt, solange die Winde gegen die Ufer schlagen.«

Panegyricus für Kaiser Honorius zum dritten Konsulat

Einführung Das Festgedicht feiert den Amtsantritt von Kaiser Honorius als Konsul im Januar 396 in Mailand. Mit der Schilderung des processus consularis ruft Claudian zwar Vorstellungen auf, die an das Ritual im Rom der klassischen Zeit erinnern sollen: Der neue Konsul wurde von seinem Haus durch die Liktoren abgeholt. Sie führten den festlichen Zug an, bei dem Ritter und Senatoren den Konsul zum Kapitol geleiteten. Claudi­ an hebt jedoch die Besonderheit des Festzugs in der Residenzstadt Mailand hervor: Bei der Einführung in das zivile Amt wird der Kaiser nicht nur von Senatsvertretern geleitet, sondern als oberster Kommandant durch einen feierlichen Aufzug des Heeres geehrt. Wie wir aus dem Gedicht erfahren, hatte Kaiser Theodosius seinen jüngeren Sohn Honorius, der in Konstantinopel aufwuchs, im Herbst 394 in die Residenzstadt Mailand bringen lassen, als er selbst den innenpolitischen Gegner Eugenius in der Schlacht am Frigidus besiegt hatte. Mit der Erhebung seines jüngeren Sohns zum Augustus hatte Theodosius schon zuvor signalisiert, dass er Eugenius nicht anerkannte. Honorius als rechtmäßiger Augustus sollte daher in Italien Präsenz zeigen. Der plötzliche Tod des Theo­ dosius im Januar 395 gefährdete den fragilen Frieden und die Dy­ nastie, deren Fortbestand das Heer in Mailand sicherte. Wie Müller (2011) 92 richtig hervorhebt, „liest sich der Pan­ egyricus eher als Hommage an einen neu installierten Regenten“, denn als Preis eines soeben inaugurierten Konsuls“. Claudian ori­ entiert sich im Aufbau deutlich am Herrscherlob des Basilikos logos. Wenn er aber in diesem Gedicht die Präsenz des Heeres und zugleich die emotionale Anteilnahme des Honorius an der militä­ rischen Aktion betont, ist das nicht allein den rhetorischen Vorga­ ben geschuldet, nach denen auch die „Taten im Krieg“ zu preisen



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sind – was bei einem elfjährigen Kaiser schwierig zu erfüllen ist. Claudians Gedicht bestätigt damit die Herrschaftslegitimation des Honorius, indem es vor allem zwei Botschaften propagiert: Erstens soll klar gestellt werden, dass Theodosius seinen Sohn Honorius immer als seinen Nachfolger vorgesehen und auch zum Heerfüh­ rer ausgebildet hatte. Zweitens ist das Vermächtnis des sterbenden Kaisers nicht nur eine emotional anrührende Szene, sondern for­ muliert den politischen Machtanspruch: Nach Claudians Darstel­ lung wurde der Heermeister Stilicho von Theodosius selbst als Be­ schützer b e i d e r Söhne eingesetzt; Stilicho sollte also nicht nur in der Westhälfte des Reichs die Regierung für den minderjährigen Kaiser führen dürfen, sondern auch im Osten als Regierungsbera­ ter (und als Heerführer) aktiv sein können; vgl. dazu Döpp (1980) 62–68. Claudians Gedicht setzt jeden der Gliederungspunkte im Dienst dieser politischen Aussagen ein: Honorius hat gegenüber seinem älteren Bruder Arcadius den Vorzug, πορφυρογέννητος zu sein, also zu einem Zeitpunkt geboren zu sein, als sein Vater schon die Kaiserwürde hatte. Honorius’ Heldenrolle wird durch den Ver­ gleich mit Hektors Sohn, mit Achills Erziehung und durch das Löwengleichnis des Parthenopaeus herausgestellt. Darüber hinaus wird Honorius sogar mit Bacchus gleichgesetzt, den sein Vater Ju­ piter ähnlich geehrt habe wie Theodosius seinen Sohn, als dieser im Wagen an seinem Triumph teilnehmen durfte. Zum Abschluss wird die Einheit des Reichs als Vermächtnis des divinisierten Theo­ dosius betont und eine einige Regierung beider Heldenbrüder als Tableau einer goldenen Zukunft entworfen: 1–6

Processus consularis

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Geburt (γένεσις): Honorius gehört seit seiner Geburt den Welten von Hof und Lager an. Erziehung (ἀνατροφή): Honorius wird durch seinen Vater auf ein militärisches Leben vorbereitet.

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Einführung Anlagen (ἐπιτηδεύματα): Honorius möchte in den Krieg gegen Eugenius ziehen. Theodosius erhebt Honorius zum Augustus. Taten im Krieg (πράξεις κατὰ πόλεμον): Das Glück (τύχη) des Honorius sichert den Erfolg seines Vaters. Honorius’ Reise von Konstantinopel nach Mailand und Einzug mit dem Vater Theodosius’ Unterredung mit Stilicho: Er setzt ihn als Tutor für beide Söhne ein. Katasterismos des Theodosius Gebet an Theodosius und Ausblick auf das goldene Zeitalter

In der praefatio wählt Claudian für seine Aussage zum Entstehungs­ rahmen des Gedichts ein auffälliges Bild: Er schildert die strenge Auswahl des Adlers unter seinen frisch geschlüpften Jungen: Nur wer es aushält, in das Licht der Sonne zu blicken, wird groß gezo­ gen, weil er die Aufgabe als Träger der Blitze erfüllen kann. Das Bild der Adlerprobe ist innovativ eingesetzt, auch wenn es sich in eine epische Tradition einreiht. Felgentreu (1999) 80 f. hat zudem auf die Nähe zu Ambrosius’ Deutung im Exameron hingewiesen; die Gnadenlosigkeit des regalis avis, der nur je eines von zwei ge­ schlüpften Jungen aufzieht, erklärt Ambrosius als einen Quali­ tätsschutz der Art (5, 18, 60). Felgentreu entwickelt daraus eine politische Deutung für Claudians Gedicht, die jedoch nur zum Teil überzeugt. Richtig ist sein Hinweis, dass der Auftakt des Ge­ dichts eine Hörererwartung erzeugt, die so nicht erfüllt wird: Das Bild des Adlerjungen lässt sofort an den Kindkaiser denken. Doch eine Brüskierung des Ostens, weil die Hörer folglich den zweiten aus der Art geschlagenen Vogel mit Honorius’ Bruder Arcadius identifizieren sollten, hat Claudian gerade vermieden. Er wendet nämlich das Bildelement des Adlerjungen auf sich selbst an. Kai­ ser Honorius entspricht folglich einem anderen Element auf der Bildebene des Gleichnisses: Der Kaiser wird zwar im letzten Vers



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als iudex bezeichnet; doch er kann nicht mit dem Adlervater gleich­ gesetzt werden, weil sich der Dichter Claudian gar nicht mehr der Probe aussetzen muss, die er schon zuvor in den Musengrotten (und im römischen Senat) bestanden hat. Ware (2012) 60 folgert daraus, dass der Kaiser mit der Sonne gleichgesetzt ist. Doch Döpp (1980) und Felgentreu treffen das Richtige, indem sie den Kaiser mit Jupiter gleichsetzen, für dessen Dienst die Adlerjungen erzogen werden. Claudian beweist in dieser Rollenzuweisung viel Selbstver­ trauen: Wie Jupiters Vogel als göttlicher Waffenträger fungiert, so will Claudian also die Waffen des Kaisers und damit die politischen Botschaften des Kaiserhofs tragen. Der Panegyricus zum Amtsan­ tritt des Honorius im Januar 396 ist als das erste Werk markiert, das Claudian am Kaiserhof in Mailand vorträgt. Dass Roma ihn an den Hof entsandt hat (v. 16), wurde als Hinweis darauf verstanden, dass Claudian als Festredner den römischen Senat vertreten soll­ te. Döpp (1980) 14 f. hat das vehement zurückgewiesen, weil der Panegyricus nicht zu erkennen gebe, dass er aus der Sicht des Se­ nats gesprochen sei, sondern ganz aus der Sicht des Kaiserhofs und des Stilicho. Claudians Selbstentwurf als Waffenträger des Kaisers stützt diese Deutung. Allerdings ist die Frage nicht leicht zu be­ antworten, wie sich denn die Akzentsetzung in einem Festgedicht aus Senatsperspektive von der vorliegenden Fassung unterschieden hätte. Die politische Situation des Jahres 395 war von den Span­ nungen zwischen den Regierungen der West- und der Osthälfte geprägt. Das Festgedicht geht darauf nicht direkt ein; betont wird jedoch die Loyalität und Erfahrenheit des Stilicho, der als Tutor beider Theodosius-Söhne und als Garant für die Sicherheit des Ge­ samtreichs empfohlen wird.

6 Panegyrici dicti Honorio Augusto tertium consuli praefatio Parvos non aquilis fas est educere fetus ante fidem solis iudiciumque poli. nam pater, excuso saluit cum germine proles ovaque maternus rupit hiulca tepor, protinus inplumes convertit ad aethera nidos et recto flammas imperat ore pati. consulit ardentes radios et luce magistra natorum vires ingeniumque probat. degenerem refugo torsit qui lumine visum, unguibus hunc saevis ira paterna ferit. exploratores oculis qui pertulit ignes sustinuitque acie nobiliore diem, nutritur volucrumque potens et fulminis heres, gesturus summo tela trisulca Iovi. me quoque Pieriis temptatum saepius antris audet magna suo mittere Roma deo. iam dominas aures, iam regia tecta meremur et chelys Augusto iudice nostra sonat.

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6 Vorrede zum Panegyricus für Kaiser Honorius zum dritten Konsulat Für die Adler gilt es als Gesetz, die junge Brut nur dann groß zu ziehen, wenn sie zuvor die Probe des Sonnenlichts und das Urteil des Himmels bestanden hat. Denn der Vater richtet, wenn der Samen ausgebrütet und der Nachwuchs geschlüpft ist und die Wärme der Mutter die Eierschalen zum Platzen gebracht hat, [5] sofort die noch federlosen Nestlinge zum Himmel aus und weist sie an, die Flammen auszuhalten, ohne den Blick abzuwenden. Er setzt die glühenden Strahlen als seine Prüfer ein, und mit dem Licht als strengem Meister stellt er die Kräfte und das Talent der Sprösslinge auf die Probe. Wer mit ausweichendem Auge den schwachen Blick abgewandt hat, [10] den trifft der Zorn des Vaters mit gnadenlosen Krallen. Wer aber mit den Augen das prüfende Feuer ertragen hat und mit edlerer Sehkraft das Sonnenlicht ausgehalten hat, der wird als König der Vögel und Erbe des Blitzes aufgezogen, um später für den höchsten Gott die Waffen mit den drei Spitzen zu tragen. [15] Auch mich, der ich nicht selten in den Grotten der Musen auf die Probe gestellt wurde, wagt die große Roma jetzt zu ihrem Gott zu entsenden. Heute verdienen wir uns das Ohr unseres Herrn, heute den Einlass in den Palast, und meine Lyra tönt vor dem Kaiser als Richter.

7 Panegyricus dictus Honorio Augusto tertium consuli Tertia Romulei sumant exordia fasces terque suas ducat bellatrix pompa curules; festior annus eat, cinctusque imitata Gabinos dives Hydaspeis augescat purpura gemmis; succedant armis trabeae, tentoria lictor ambiat et Latiae redeant ad signa secures.

tuque o qui patrium curis aequalibus orbem Eoo cum fratre regis, procede secundis alitibus Phoebique novos ordire meatus, spes votumque poli, quem primo a limine vitae nutrix aula fovet, strictis quem fulgida telis inter laurigeros aluerunt castra triumphos. ardua privatos nescit Fortuna penates et regnum cum luce dedit. cognata Potestas excepit Tyrio venerabile pignus in ostro, lustravitque tuos aquilis victricibus ortus miles et in mediis cunabula praebuit hastis. te nascente ferox toto Germania Rheno intremuit, movitque suas formidine silvas Caucasus et positis numen confessa pharetris

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7 Panegyricus für Kaiser Honorius zum dritten Konsulat Processus consularis Den dritten Amtsantritt sollen die Rutenbündel des Romulus erleben, und zum dritten Mal soll der militärische Festzug den ihm zugehörigen kurulischen Sessel geleiten; erhabener nehme das Jahr seinen Lauf, und die reiche Purpurtoga, die gabinische Drapierung nachahmt, soll mit Edelsteinen vom Hydaspes noch wertvoller werden; [5] auf die Waffen soll die Tracht des Konsuls im Zug folgen; um die Zelte soll der Liktor seine Runde machen, und die römischen Amtsbeile sollen zu den Feldzeichen zurückkehren. Honorius gehört den Welten von Hof und Lager an. Und du, der du das Weltreich eures Vaters in gleich geteilter Verantwortung mit dem Bruder im Osten regierst, tritt unter günstigen Auspizien an die Öffentlichkeit und lass den Jahresumlauf des Sonnengotts neu beginnen, du, [10] auf den der Himmel hofft und wartet: Dich umsorgt der Kaiserhof von der ersten Schwelle deines Lebens an als eine Amme, dich hat das Lager, das von kampfbereiten Waffen leuchtet, unter Triumphen in ihrem Lorbeerschmuck aufgezogen. Die hohe Position, die Fortuna deinem Leben gegeben hat, kennt keine privaten Verhältnisse und hat dir schon mit dem ersten Tag die Herrscherwürde verliehen. Die Macht des Amtes, die deine Verwandte ist, [15] nahm das kostbare Liebespfand im tyrischen Purpur auf den Arm; und der Soldat hat anlässlich deiner Geburt mit siegreichen Adlern eine Lustration vollzogen und dir mitten unter Lanzen eine Wiege zur Verfügung gestellt. Als du zur Welt kamst, erzitterte das wilde Germanien am ganzen Lauf des Rheins, [20] der Kaukasus ließ seine Wälder in

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ignavas Meroe traxit de crine sagittas. reptasti per scuta puer, regumque recentes exuviae tibi ludus erant, primusque solebas aspera conplecti torvum post proelia patrem, signa triumphato quotiens flexisset ab Histro Arctoa de strage calens, et poscere partem de spoliis, Scythicos arcus aut rapta Gelonis cingula vel iaculum Daci vel frena Suebi. ille coruscanti clipeo te saepe volentem sustulit adridens et pectore pressit anhelo intrepidum ferri galeae nec triste timentem fulgur et ad summas tendentem bracchia cristas. tum sic laetus ait: ‘rex o stellantis Olympi, talis perdomito redeat mihi filius hoste, Hyrcanas populatus opes aut caede superbus Assyria, sic ense rubens, sic flamine crebro turbidus et grato respersus pulvere belli, armaque gaviso referat captiva parenti.’

mox, ubi firmasti recto vestigia gressu, non tibi desidias molles nec marcida luxu otia nec somnos genitor permisit inertes, sed nova per duros instruxit membra labores et cruda teneras exercuit indole vires frigora saeva pati, gravibus non cedere nimbis, aestivum tolerare iubar, tranare sonoras torrentum furias, ascensu vincere montes,

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Furcht erbeben und Meroë, die deine Gottheit anerkannte, indem sie ihre Köcher ablegte, zog aus dem Haar ihre nutzlosen Pfeile. Zwischen Schilden hindurch krabbeltest du als Kind, die frischen Beutestücke von Königen waren für dich Spielzeug, und als erster warst regelmäßig du es, der den nach gnadenlosen Kämpfen abschreckend aussehenden Vater umarmte, [25] wenn er sein Heer von der besiegten Donau weggeführt hatte, noch erhitzt von der blutigen Schlacht im Norden; du warst es, der Anteil an der Beute forderte: skythische Bogen oder von den Gelonen erbeutete Gürtel, einen Wurfspeer des Dakers oder die Zügel des Sueben. Dein Vater hat dich oft, weil du es wolltest, [30] lächelnd auf den glänzenden Schild gehoben und dich an seine noch schwer atmende Brust gedrückt: Und du hattest keine Furcht vor dem Metall und keine Angst vor dem drohenden Blitzen des Helms und strecktest sogar deine Ärmchen hoch hinauf zum Helmbusch. Da sprach dein Vater erfreut: »O König des sternenreichen Olymp, so soll mir mein Sohn einst vom bezwungenen Feind heimkehren, [35] wenn er die Schätze Hyrkaniens geplündert hat oder stolz ist auf den blutigen Sieg über die Assyrer: So das Schwert rot tragend, so vom unablässigen Gegenwind zerzaust und vom willkommenen Staub des Schlachtfelds bedeckt, soll er die erbeuteten Waffen seinem erfreuten Vater heimbringen.« Honorius wird auf ein militärisches Leben vorbereitet. Bald, als du deine Schritte mit aufrechtem Gang sicher setzen konntest, [40] erlaubte dir dein Vater keine unmännliche Tatenlosigkeit und keine Freizeit, die dich mit Luxus verwöhnt, auch keine verweichlichende Langschläferei, sondern er formte deinen jungen Körper durch harte Strapazen und trainierte deine zarte Körperkraft in ihrer noch unausgebildeten Anlage darin, schneidende Kälte zu ertragen, schweren Regenfällen standzuhalten, [45] Sommerhitze zu erdulden, der Bergflüsse tosendes Wellenwüten zu durchschwimmen, Berge im Besteigen, Ebenen im Lauf, Täler

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planitiem cursu, valles et concava saltu, nec non in clipeo vigiles perducere noctes, in galea potare nives, nunc spicula cornu tendere, nunc glandes Baleari spargere funda. quoque magis nimium pugnae inflammaret amorem, facta tui numerabat avi, quem litus adustae horrescit Libyae ratibusque inpervia Thyle: ille leves Mauros nec falso nomine Pictos edomuit Scottumque vago mucrone secutus fregit Hyperboreas remis audacibus undas et geminis fulgens utroque sub axe tropaeis Tethyos alternae refluas calcavit harenas. hos tibi virtutum stimulos, haec semina laudum, haec exempla dabat. non ocius hausit Achilles semiferi praecepta senis, seu cuspidis artes sive lyrae cantus medicas seu disceret herbas.

interea turbata fides: civilia rursus bella tonant dubiumque quatit discordia mundum. pro crimen superum, longi pro dedecus aevi: barbarus Hesperias exul possederat urbes sceptraque deiecto dederat Romana clienti. iam princeps molitur iter gentesque remotas colligit Aurorae, tumidus quascumque pererrat Euphrates, quas lustrat Halys, quas ditat Orontes: turiferos Arabes saltus, vada Caspia Medi, Armenii Phasin, Parthi liquere Niphaten.

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und Schluchten im Sprung zu überwinden, und dazu Nächte auf dem Schild zu durchwachen, Schnee im Helm zu trinken, bald Pfeile mit dem Bogen [50] zu spannen, bald Kugeln mit der balearischen Schleuder zu schießen. Und um deine übergroße Begeisterung für den Kampf noch mehr zu entflammen, erzählte er dir immer wieder die Taten deines Großvaters, an den die Küste des sonnenversengten Libyens noch mit Schaudern denkt und Thule, das für Schiffe unerreichbar ist. Er war es, der die schnellen Mauren und die Pikten, die zu Recht »die Bemalten« heißen, [55] gebändigt, und, indem er den Schotten mit raumgreifendem Schwert verfolgte, mit kühnen Rudern die nordischen Wogen bezwungen hat; und der unter beiden Hemisphären mit zweifachem Siegeszeichen strahlend den flutbewegten Sand beider Weltmeere durchschritten hat. Solchen Ansporn zu hohen Leistungen hat er dir gegeben, solche Samen für Ruhmestaten, [60] solche Vorbilder. Selbst Achill hat nicht schneller die Anweisungen seines alten zwiegestaltigen Lehrers aufgenommen, ob er die Techniken des Speerwurfs, den Gesang zur Lyra oder die heilende Wirkung von Kräutern lernte. Honorius möchte in den Krieg gegen Eugenius ziehen. Unterdessen kam es zum Bruch des Vertrauens: Wieder meldete sich donnernd der Bürgerkrieg, und wieder erschütterte die Zwietracht die verunsicherte Welt. [65] Weh, Götter, dass ihr uns das antun könnt! Pfui Schande, die die Zeiten überdauert! Ein exilierter Barbar hatte die Städte des Westens eingenommen und Roms Szepter seinem erniedrigten Klienten übergeben. Schon setzte sich der Kaiser in Bewegung und sammelte die Völker von den Grenzen des Ostens: alle, an denen der schwellende Euphrat vorbeizieht, [70] die der Halys durcheilt, die der Orontes reich macht; die Araber haben ihre Weihrauchwälder verlassen, die Meder das Kaspische Meer, die Armenier den Phasis und die Parther den Niphates.

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quae tibi tum Martis rabies quantusque sequendi ardor erat! quanto flagrabant pectora voto optatas audire tubas campique cruenta tempestate frui truncisque inmergere plantas! ut leo, quem fulvae matris spelunca tegebat uberibus solitum pasci, cum crescere sensit ungue pedes et terga iubis et dentibus ora, iam negat inbelles epulas et rupe relicta Gaetulo comes ire patri stabulisque minari aestuat et celsi tabum sorbere iuvenci.

ille vetat rerumque tibi commendat habenas et sacro meritos ornat diademate crines. tantaque se rudibus pietas ostendit in annis, sic aetas animo cessit, quererentur ut omnes imperium tibi sero datum.

victoria velox auspiciis effecta tuis. pugnastis uterque: tu fatis genitorque manu. te propter et Alpes invadi faciles cauto nec profuit hosti munitis haesisse locis: spes inrita valli concidit et scopulis patuerunt claustra revulsis. te propter gelidis Aquilo de monte procellis obruit adversas acies revolutaque tela vertit in auctores et turbine reppulit hastas.

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Was für eine kriegerische Begeisterung regte sich da in dir und wie groß war die brennende Leidenschaft mitzuziehen! Wie sehr loderte der Wunsch in deinem Herzen, [75] die ersehnten Signalhörner zu hören und den blutigen Sturm des Schlachtfelds mitzuerleben und unter den Füßen verstümmelte Leiber zu spüren! Wie der Löwe, den die Höhle seiner gelbmähnigen Mutter schützte, solange er sich an ihren Zitzen nährte, dann, wenn er gespürt hat, dass die Krallen an den Beinen, die Mähne am Rücken und die Zähne im Maul wachsen, [80] die kampflos erworbene Nahrung ablehnt und darauf brennt, den Felsen zu verlassen und den gätulischen Vater auf seinen Zügen zu begleiten, die Ställe in Gefahr zu bringen und das Blut eines stolzen Stiers zu schlürfen. Theodosius erhebt Honorius zum Augustus. Dein Vater untersagte es dir und vertraute dir stattdessen die Lenkung des Reichs an und schmückte mit dem geweihten Diadem dein Haar, dem es zusteht. [85] Und schon in jungen Jahren zeigte sich ein so großes Verantwortungsbewusstsein, ging deine geistige Entwicklung so über die Lebensjahre hinaus, dass alle sich beklagten, die Herrschaft sei dir spät übertragen worden. Taten im Krieg: Das Glück des Honorius sichert den Erfolg seines Vaters. Der Sieg wurde schnell errungen – unter deinen Auspizien! Beide habt ihr am Kampf teilgenommen: Du in Form des Schicksals und dein Vater mit seinen Armen. Deinetwegen waren auch die Alpen [90] leicht einzunehmen, und es half dem vorsichtigen Feind nicht, sich an befestigten Plätzen festgesetzt zu haben. Die Hoffnung, die sie auf die Umwallung gesetzt hatten, fiel nichtig in sich zusammen und die Klausen standen offen, nachdem die Felsen weggerissen waren. Deinetwegen stürzte sich der Nordwind vom Berg mit eisigen Böen gegen die feindlichen Schlachtreihen und trieb die Geschosse umgekehrt [95] wieder gegen die Schützen und drängte mit Wirbelwind die Lanzen zurück. O, du bist

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o nimium dilecte deo, cui fundit ab antris Aeolus armatas hiemes, cui militat aether et coniurati veniunt ad classica venti. Alpinae rubuere nives, et Frigidus amnis mutatis fumavit aquis turbaque cadentum staret, ni rapidus iuvisset flumina sanguis. at ferus inventor scelerum traiecerat altum non uno mucrone latus, duplexque tepebat ensis, et ultrices in se converterat iras tandem iusta manus. iam libertate reducta, quamvis emeritum peteret Natura reverti numen et auratas astrorum panderet arces, nutaretque oneri venturo conscius Atlans, distulit Augustus cupido se reddere caelo, dum tibi pacatum praesenti traderet orbem.

nec mora: Bistoniis alacer consurgis ab oris, inter barbaricas ausus transire cohortes inpavido vultu; linquis Rhodopeia saxa Orpheis animata modis; iuga deseris Oetes Herculeo damnata rogo; post Pelion intras Nerinis inlustre toris; te pulcher Enipeus celsaque Dodone stupuit rursusque locutae in te Chaoniae moverunt carmina quercus. Illyrici legitur plaga litoris; arva teruntur Dalmatiae; Phrygii numerantur stagna Timavi.

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wahrlich von Gott geliebt, da für dich Aeolus aus seinen Höhlen bewaffnete Sturmwinde aussendet, da der Himmel sich für dich zum Krieg rüstet und die Winde unter Fahneneid zum Kampfsignal antreten. Der Schnee der Alpen färbte sich rot, und der Frigidus [100] schäumte, weil seine Wasser sich veränderten und er von der Masse der Gefallenen zum Stehen gekommen wäre, wenn nicht das Blut in reißenden Strömen den Flusslauf verstärkt hätte. Doch der grausame Kopf der Verbrechen hatte seinen ragenden Leib mit mehr als einem Schwert durchbohrt, und zwei Schneiden wärmten sich vom Blut; seine Hand hatte den Zorn als Rächer gegen sich selbst gerichtet – [105] letztlich doch gerecht handelnd. Nachdem nun die Freiheit wieder gewonnen war, wartete der Kaiser noch damit, zum sehnsüchtig hoffenden Himmel heimzukehren, bis er dir persönlich den befriedeten Erdkreis übergeben konnte, obwohl die Natur drängte, dass seine Gottheit nach Erfüllung ihres Dienstes zurückkommen solle, und die goldenen Paläste der Sterne schon öffnete und obwohl Atlas im Wissen um die zukünftige Last schon wankte. Honorius’ Reise von Konstantinopel nach Mailand und sein Einzug mit dem Vater [111] Und ohne langen Aufschub brichst du eilig von Thrakiens Küsten auf und wagst es, mitten unter barbarischen Verbänden unerschrockenen Blicks deinen Weg zu nehmen; du lässt Rhodopes Gestein hinter dir, das von Orpheus’ Weisen zum Leben erweckt worden ist, du überwindest die Joche des Oitegebirges, [115] die durch den Scheiterhaufen des Herkules zweifelhafte Berühmtheit erlangt haben; anschließend erreichst du den Pelion, der durch die Hochzeit der Nereus-Tochter bekannt ist; dich bestaunte der anmutige Enipeus und das ragende Dodona, und erneut fanden Chaoniens Eichen ihre Stimme wieder und sangen weissagende Lieder auf dich. Der Strand der illyrischen Küste wird aufgesucht, und die Gefilde Dalmatiens werden bereist; [120] die

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gaudent Italiae sublimibus oppida muris adventu sacrata tuo, summissus adorat Eridanus blandosque iubet mitescere fluctus, et Phaethonteas solitae deflere ruinas roscida frondosae revocant electra sorores. quantae tum iuvenes, quantae sprevere pudorem spectandi studio matres, puerisque severi certavere senes, cum tu genitoris amico exceptus gremio mediam veherere per urbem, velaretque pios communis laurea currus! quis non Luciferum roseo cum Sole videri credidit aut iunctum Bromio radiare Tonantem? floret cristatis exercitus undique turmis, quisque sua te voce canens. praestringit aena lux oculos, nudique seges Mavortia ferri ingeminat splendore diem. pars nobilis arcu, pars longe iaculis, pars comminus horrida contis; hi volucres tollunt aquilas, hi picta draconum colla levant, multusque tumet per nubila serpens iratus stimulante Noto vivitque receptis flatibus et vario mentitur sibila tractu.

ut ventum ad sedes, cunctos discedere tectis dux iubet et generum conpellat talibus ultro: ‘bellipotens Stilicho, cuius mihi robur in armis, pace probata fides − quid enim per proelia gessi

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Mündungen des Timavus, vom Troer besiedelt, werden gezählt; es freuen sich Italiens Städte mit ihren hohen Mauern, weil sie von der Ankunft deiner heiligen Person geehrt werden; demütigt huldigt dir der Po und gibt Anweisung, dass sich die Fluten freundlich beruhigen; und die Schwestern im Blätterhaar, die sonst den Sturz ihres Phaëthon unablässig betrauern, halten ihre Bernsteintränen zurück. [126] Wie viele Mädchen, wie viele Matronen vergaßen ihre Zurückhaltung, weil sie dich sehen wollten, und Greise vergaßen ihre Würde im Kampf mit Kindern um die besten Plätze, als du, vom vertrauten Schoß deines Vaters aufgenommen, mitten durch die Stadt fuhrst, [130] und der gemeinsam getragene Lorbeer den liebevoll geteilten Triumphwagen umhüllte. Wer hätte da nicht geglaubt, dass man den Morgenstern zusammen mit dem rötlichen Sonnengott erblicke oder dass hier Jupiter in Begleitung des Bacchus strahlend erscheine? Von allen Seiten erglänzt das Heer mit helmbuschwehenden Schwadronen, und ein jeder preist dich hymnisch mit eigener Stimme. Lichtreflexe vom Eisen [135] blenden die Augen, und mit dem Glanz des gezückten Schwerts verdoppeln die Saatreihen des Mars die Helligkeit des Tageslichts. Ein Teil ist ausgezeichnet mit dem Bogen, ein Teil mit Speeren aus der Distanz gefährlich, ein anderer Teil im Nahkampf mit Spießen. Die einen heben die flatternden Adlerstandarten, die anderen lassen die bunten Hälse der Drachen wehen: Und eine Schar von Drachen schwillt zornig in den Wolken, [140] vom Sturmwind gereizt, sie wird von den Böen aufgeblasen zum Leben erweckt und scheint in immer neuen Windungen zu fauchen. Theodosius’ Unterredung mit Stilicho Als man zum Palast gekommen war, entließ der Kaiser alle nach Hause, und er sprach den Schwiegersohn von sich aus mit folgenden Worten an: »Kriegsmächtiger Stilicho, deine Stärke hast du mir unter Waffen, [145] deine Treue im Frieden bewiesen! Denn was

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te sine? quem merui te non sudante triumphum? Odrysium pariter Getico foedavimus Hebrum sanguine, Sarmaticas pariter prostravimus alas Riphaeaque simul fessos porreximus artus in glacie stantemque rota sulcavimus Histrum –, ergo age, me quoniam caelestis regia poscit, tu curis succede meis, tu pignora solus nostra fove: geminos dextra tu protege fratres. per consanguineos thalamos noctemque beatam, per taedas, quas ipsa tuo regina levavit coniugio sociaque nurum produxit ab aula, indue mente patrem, crescentes derige fetus ut ducis, ut soceri. iamiam securus ad astra te custode ferar; rupta si mole Typhoeus prosiliat, vinclis Tityos si membra resolvat, si furor Enceladi proiecta mugiat Aetna, opposito Stilichone cadent.’

nec plura locutus, sicut erat, liquido signavit tramite nubes ingrediturque globum Lunae limenque relinquit Arcados et Veneris clementes advolat auras. hinc Phoebi permensus iter flammamque nocentem Gradivi placidumque Iovem, stetit arce suprema, algenti qua zona riget Saturnia tractu. machina laxatur caeli rutilaeque patescunt sponte fores. Arctoa parat convexa Bootes,

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habe ich im Kampf ohne dich getan? Welchen Triumph habe ich ohne dein Engagement verdient? Gemeinsam haben wir den Hebros in Thrakien mit getischem Blut gefärbt, gemeinsam haben wir die sarmatischen Reiterscharen niedergemacht und uns zugleich erschöpft auf riphäischem Eis zur Ruhe gelegt [150] und mit dem Wagen tiefe Spuren auf der gefrorenen Donau hinterlassen. Daher mach dich bereit, da mich der Palast des Himmels zu sich ruft: Werde mein Nachfolger in der Verantwortung für meine Familie. Du und kein anderer soll sich um meine Söhne kümmern: Halte du schützend deine Hand über die beiden Brüder. [155] Bei unserer Verschwägerung und der glücklichen Hochzeitsnacht, bei den Hochzeitsfackeln, die die Kaiserin eigenhändig für deine Vermählung erhoben und so die Braut aus dem befreundeten Kaiserpalast geleitet hat: Fühle dich als ihr Vater, lenke die Kinder in ihrer Entwicklung, da sie die Kinder deines Heerführers, deines Schwiegervaters sind! Dann kann ich mich jetzt ohne Sorgen zum Himmel erheben, wenn du über sie wachst. Selbst wenn Typhoeus die steinerne Last abschütteln [160] und ausbrechen würde, wenn Tityos seine Fesseln sprengen würde, wenn der Zorn des Enkelados aufbrüllen würde, weil er den Ätna abgeworfen hat: Sie müssten doch unterliegen, wenn Stilicho sich ihnen entgegenstellt.« Katasterismos des Theodosius Und ohne weitere Worte, so wie er war, zeichnete er mit seiner hellen Flugbahn eine Spur in den Wolken und zog auf die Sphäre des Mondes zu, er ließ den Bereich [165] des arkadischen Merkur hinter sich und näherte sich dem freundlichen Wirkungsbereich der Venus. Von dort durchmaß er die Umlaufbahn der Sonne und die schädlichen Strahlen des Mars und den ruhigen Jupiter, stand dann auf dem höchsten Gipfelpunkt, wo sich die Zone des Saturns mit eisiger Starre ausbreitet. Die Mechanik des Himmels wird gelockert und die rotschimmernden Tore öffnen sich [170] von selbst; der Bootes stellt die Himmelswölbung des Nordens zur

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Australes reserat portas succinctus Orion, invitantque novum sidus pendentque vicissim quas partes velit ipse sequi, quibus esse sodalis dignetur stellis aut qua regione moveri.

o decus aetherium, terrarum gloria quondam, te tuus Oceanus natali gurgite lassum excipit et notis Hispania proluit undis. fortunate parens, primos cum detegis ortus, aspicis Arcadium; cum te proclivior urges, occiduum visus remoratur Honorius ignem; et quocumque vagos flectas sub cardine cursus, natorum per regna venis, qui mente serena maturoque regunt iunctas moderamine gentes, saecula qui rursus formant meliore metallo. luget Avarities Stygiis innexa catenis cumque suo demens expellitur Ambitus auro. non dominantur opes nec corrumpentia sensus dona valent: emitur sola virtute potestas. unanimi fratres, quorum mare terraque fatis debetur, quodcumque manus evasit avitas, quod superest patri: vobis iam Mulciber arma praeparat et Sicula Cyclops incude laborat, Brontes innumeris exasperat aegida signis, altum fulminea crispare in casside conum festinat Steropes, nectit thoraca Pyragmon, ignifluisque gemit Lipare fumosa cavernis; vobis Ionia virides Neptunus in alga nutrit equos, qui summa freti per caerula possint

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Verfügung, der Orion in Jägertracht schließt die Tores des Südens auf, sie heißen das neue Gestirn willkommen und warten gegenseitig ab, welche Richtung es selbst einschlagen will, welche Sterne der neue Stern seiner Begleitung würdigt oder in welchem Bereich er sich bewegen möchte. Gebet an Theodosius und Ausblick auf das goldene Zeitalter [175] O Stolz des Himmels, der du einst der Ruhm der Erde warst, dich nimmt dein Ozean in heimischer Strömung auf, wenn du erschöpft bist, und Spanien badet dich in vertrauten Wogen. Glückseliger Vater: Wenn du früh im Osten aufgehst, siehst du deinen Arcadius; wenn du dich weiter abwärts neigst, [180] lässt der Anblick deines Honorius dein Licht im Westen länger verweilen; gleichgültig, unter welcher Himmelsgegend du deine weiten Bahnen ziehst: Du kommst durch die Gebiete deiner Söhne, die mit heiterem Sinn und ausgereifter Regierung die Völker in einem vereinten Reich lenken; ihre Epoche gestalten sie wieder aus besserem Metall. [185] Es trauert die Habgier, geschlagen in Unterweltsfesseln, und mitsamt seinem Gold wird der verblendete Karrierismus aus dem Land getrieben. Nicht mehr hat der Reichtum das Sagen, nicht mehr haben die Gaben Einfluss, die das Urteilsvermögen bestechen. Erwerben kann man die Machtstellung nur noch durch Leistung. [189] Ihr einmütig wirkenden Brüder, eurem Schicksal sind Meer und Erde vorbehalten: alles, was auch immer des Großvaters Hände nicht unterwarfen und was dem Vater noch zu tun blieb. Für euch entwirft Vulcanus schon Waffen und der Kyklop ist an Siziliens Amboss an der Arbeit: Brontes schmückt die Aigis mit zahllosen Reliefbildern, Steropes ist eifrig dabei, den hohen Kegel auf dem blitzenden Helm zu kräuseln, [195] Pyragmon fügt den Brustpanzer zusammen, und rauchumwölkt von feuerfließenden Höhlen stöhnt Lipare auf. Für euch zieht Neptun in jonischem Algengrün seefarbene Pferde auf, die über die blaue Fläche des

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ferre viam segetemque levi percurrere motu, nesciat ut spumas nec proterat ungula culmos. iam video Babylona rapi Parthumque coactum non ficta trepidare fuga, iam Bactra teneri legibus et famulis Gangen pallescere ripis gemmatosque humilem dispergere Persida cultus. ite per extremum Tanain pigrosque Triones, ite per ardentem Libyam, superate vapores solis et arcanos Nili deprendite fontes, Herculeum finem, Bacchi transcurrite metas: vestri iuris erit, quidquid conplectitur axis; vobis rubra dabunt pretiosas aequora conchas, Indus ebur, ramos Panchaia, vellera Seres.

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Meers ihren Weg nehmen und in leichtfüßigem Lauf die Saaten durcheilen können, [200] so dass der Huf den Schaum nicht berührt und die Halme nicht niedertritt. Schon sehe ich die Einnahme Babylons und die Angst der Parther, die gezwungen sind zu fliehen, nun nicht mehr in taktischer Scheinflucht; schon sehe ich, dass Baktrien von Gesetzen regiert wird, und der Ganges mit untertänigen Ufern erbleicht und Persien demütig beflissen ist, seine gemmengeschmückten Prunkgewänder vor euch auszubreiten. [205] Zieht bis zum Ende des Don und zum trägen Nordgestirn, zieht durchs brennende Libyen, überwindet die Hitze der Sonne und entdeckt die verborgenen Quellen des Nil, geht über die Säulen des Herakles und über die Grenzen hinaus, die Dionysos erreicht hat. Unter eurer Herrschaft wird alles sein, was der Himmel umfasst. [210] Euch wird das Rote Meer seine wertvollen Muscheln bringen, der Indus sein Elfenbein, seine Dufthölzer Panchaia und seine Seide der Serer.

Panegyricus für Kaiser Honorius zum vierten Konsulat

Einführung Die Feierlichkeiten zum vierten Amtsantritt des Honorius als Konsul im Januar 398 fanden (wie im Jahr 396) nicht in Rom, sondern in Mailand statt (v. 567). Der Panegyricus behandelt z.T. komplementär, aber ausführlicher als das Festgedicht des Jahres 396 alle geforderten Punkte des Herrscherlobs: Wie angesichts der Bedrohung Griechenlands durch die Goten zu erwarten ist, wird im „Preis der Herkunft“ dem Vater Theodosius und sogar dem Großvater Theodosius d.Ä. das Lob zuteil, mehrfach das Reich an allen Reichsgrenzen vor existenziellen Bedrohungen gerettet zu haben. Mehr Raum als beim zwei Jahre zuvor entstandenen Panegyricus gibt Claudian jetzt dem Thema von Honorius’ Qualifikation als Herrscher über ein Weltreich. Weil jeder Redner Schwierigkeiten haben wird, einem Kindkaiser die kanonischen Herrschertugenden nachzuweisen, hat Claudian eine elegante Lösung gefunden: Er legt dem Vater Theodosius einen Lehrvortrag περὶ βασιλείας in den Mund, der die spezifischen Merkmale des römischen Herrschers entwickelt. Die Betonung liegt dabei von Anfang an darauf, dass die Römer in ihrem Freiheitsgefühl und Stolz nicht beeinträchtigt werden dürfen, weil sie kein Volk des Ostens sind. Auch wenn keine explizite Kritik am byzantinischen Herrschaftsstil in Ostrom ausgesprochen wird, ist das traditionelle Werteverständnis nicht nur eine Forderung, die an den Kaiser gerichtet wird, sondern zugleich ein Kompliment, dass Honorius zu Recht den Anspruch erheben darf, Erbe und Fortsetzer der römischen Staatstradition zu sein. Theodosius selbst wird mit dieser vernünftigen Auffassung als idealer Herrscher gepriesen, der über den Tod hinaus für das Wohl des römischen Staats verantwortungsvoll gewirkt hat; vgl. dazu auch Müller (2011) 171–173.



Einführung

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Die Grundlage für diesen Fürstenspiegel bilden die beiden maßgeblichen philosophischen Strömungen in der Spätantike: Claudian leitet die moralischen Forderungen aus der platonischen Lehre von den drei Seelenkräften und aus der stoischen Affektenlehre nach Seneca ab, die das rationale Vermögen der Seele zum leitenden Prinzip allen menschlichen Handelns erklären. Damit übergeht Claudian elegant das philosophische Problem, dass Senecas Argumentation das monistische Seelenmodell der alten Stoa eher voraussetzt als die platonische Dreiteilung der Seelenkräfte. Platons Seelenmodell begründet bekanntlich die Einteilung des Staats in drei Stände mit der Analogie zur menschlichen Seele. Auch Seneca benutzt in De clementia die Analogie zur Seele, nun aber allein die leitende Funktion der ratio, um damit die Monarchie als ideale Staatsform zu legitimieren – immer unter der Voraussetzung, dass der Herrscher prinzipiell nach dem Kriterium der Vernunft handelt. Claudian übernimmt das Herrscherbild, das Seneca daraus ableitet: Die Selbstbeherrschung als rationale Kontrolle über die Begierden ist grundlegende Voraussetzung, wenn man über andere Herrschaft ausüben will. Die Autorität des Regenten wird dadurch gesichert, dass die Untertanen sehen, dass er sich selbst beherrschen kann. Seneca weist nach, dass andere Arten der Machtsicherung scheitern müssen: Machtdemonstration durch Gewalt kann nicht nachhaltig wirken, denn sie wird Gegenreaktionen der Bedrohten herausfordern. Claudian übernimmt Senecas Schlussfolgerung, dass clementia kein Zeichen von Schwäche ist, sondern den Erhalt der Herrschaft garantiert und damit die wichtigste Herrschertugend ist. Aber Claudian rekurriert zur Begründung der clementia auf das platonische Prinzip der Liebe, die den Kosmos als alles durchdringende Macht zusammenhält. Einen guten Forschungsüberblick zu den literarischen Bezügen dieses Fürstenspiegels bietet Müller (2011) 167. Die „Taten im Krieg“, die der kindliche Herrscher erwartungsgemäß nicht selbst ausgeführt haben kann, werden abschließend zu

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Einführung

einem Lobpreis des Stilicho gestaltet, der den Auftrag des Theodosius erfüllt, indem er am Rhein Frieden schafft und Griechenland vor weiteren Zerstörungen durch die Goten retten kann; die Vertreibung der Goten aus Delphi wird im Epilog eingesetzt, um den jugendlichen Kaiser Honorius als zweiten Apoll und Sieger über den Python zu stilisieren.



Einführung

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Processus consularis

18–120: Lob der Herkunft (γένος): 18–23 Spanien als Geburtsland guter Kaiser 24–40 Theodosius d.Ä. als Heerführer in Britannien und Africa 41–120 Theodosius d. J. als Retter des Reichs im Osten und als Rächer der Kaiser im Westen 121–153

Geburt (γένεσις): Honorius kommt als Sohn des regierenden Kaisers zur Welt.

153–352 Erziehung (ἀνατροφή): 153–164 Honorius ist von Geburt an Regent. 165–211 Erhebung zum Augustus 212–352 Theodosius’ Lehrvortrag 214–319 Ethische Grundlagen: Herrschertugenden eines römischen Kaisers 320–352 Feldherrntugenden eines römischen Kaisers 353–427 Anlagen (ἐπιτηδεύματα): 353–395 Honorius möchte in den Kampf gegen Eugenius ziehen. 396–427 Theodosius empfiehlt das Studium der römischen Geschichte. 428–517

Divus Theodosius kann zufrieden auf die Regierung des Sohnes blicken. Mit Stilichos Hilfe übertrifft Honorius seinen Vater: 439–487 Taten im Krieg (πράξεις κατὰ πόλεμον): 439–458 Stilichos Erfolge am Rhein 459–487 Stilichos Feldzug gegen die Goten in Griechenland 488–512 Taten im Frieden (πράξεις κατ᾽ εἰρήνην): 488–505 Besonnenheit (σωφροσύνη): Die Regierung bringt Numas goldenes Zeitalter zurück. 505–512 Gerechtigkeit (δικαιοσύνη): Die Gesetzestradition wird fortgesetzt. 513–564 Das kaiserliche Auftreten des jugendlichen Herrschers

565–618

Processus consularis mit Akklamation und manumissio

619–656

Blick in die glückliche Zukunft

8 Panegyricus dictus Honorio Augusto quartum consuli Auspiciis iterum sese regalibus annus induit et nota fruitur iactantior aula; limina nec passi circum privata morari exultant reduces Augusto consule fasces. cernis ut armorum proceres legumque potentes patricios sumunt habitus et more Gabino discolor incedit legio positisque parumper bellorum signis sequitur vexilla Quirini? lictori cedunt aquilae ridetque togatus miles et in mediis effulget curia castris. ipsa Palatino circumvallata senatu iam trabeam Bellona gerit parmamque removit et galeam, sacras umeris vectura curules. nec te laurigeras pudeat, Gradive, secures pacata gestare manu Latiaque micantem loricam mutare toga, dum ferreus haeret currus et Eridani ludunt per prata iugales.

haud indigna coli nec nuper cognita Marti Ulpia progenies et quae diademata mundo sparsit Hibera domus. nec tantam vilior unda

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8 Panegyricus für Kaiser Honorius zum vierten Konsulat Processus consularis Mit kaiserlichen Auspizien darf sich ein weiteres Mal das Jahr schmücken und genießt mit noch größerem Stolz den schon vertrauten Hof; und die Rutenbündel, die es leid waren, als Amtszeichen vor einem privaten Haus zu verweilen, frohlocken, weil sie mit dem Kaiser als Konsul wieder an den Hof zurückkehren. [5] Siehst du, wie die Kommandanten des Heers und die Amtsträger der Staatsverwaltung ihre patrizischen Gewänder anlegen und wie auch das Heer nach gabinischer Sitte in ungewohnter Farbe antritt und den Standarten des Quirinus folgt, indem die Feldzeichen des Kriegs für kurze Zeit abgelegt sind? Vor dem Liktor treten die Adler zurück, und es lächelt der Soldat in der zivilen Toga; [10] und mitten im Militärlager verbreitet der Senat feierlichen Glanz. Ja, die Kriegsgöttin Bellona höchstselbst trägt das Staatsgewand, da sie vom römischen Senat umrundet ist; und sie hat Schild und Helm abgelegt, um auf ihren Schultern den ehrwürdigen kurulischen Sitz zu tragen. Nicht musst du dich schämen, mein Mars, lorbeergeschmückte Beile [15] in befriedeter Hand zu tragen und den blitzenden Panzer gegen die latinische Toga zu vertauschen, während dein eiserner Kampfwagen stillsteht und die Rosse sich frei auf den Auen des Po tummeln. Spanien als Geburtsland guter Kaiser [18] Geehrt zu werden verdient die Nachkommenschaft der gens Ulpia, die schon lange dem Mars ein Begriff ist, und das spanische Haus, das der Welt reichlich Kaiserkronen geschenkt hat. Und keine geringere Woge darf sich eine so bedeutende Ahnenreihe als Verdienst anrechnen: Das Weltmeer umsorgte deine Wiege; den

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PANEGYRICUS DICTUS

promeruit gentis seriem: cunabula fovit Oceanus; terrae dominos pelagique futuros inmenso decuit rerum de principe nasci. hinc processit avus, cui post Arctoa frementi classica Massylas adnexuit Africa laurus, ille Caledoniis posuit qui castra pruinis, qui medios Libyae sub casside pertulit aestus, terribilis Mauro debellatorque Britanni litoris ac pariter Boreae vastator et Austri. quid rigor aeternus caeli, quid sidera prosunt ignotumque fretum? maduerunt Saxone fuso Orcades; incaluit Pictorum sanguine Thyle; Scottorum cumulos flevit glacialis Iverne. quis calor obsistit forti? per vasta cucurrit Aethiopum cinxitque novis Atlanta maniplis; virgineum Tritona bibit sparsosque venenis Gorgoneis vidit thalamos et vile virentes Hesperidum risit, quos ditat fabula, ramos. arx incensa Iubae, rabies Maurusia ferro cessit et antiqui penetralia diruta Bocchi.

sed laudes genitor longe transgressus avitas subdidit Oceanum sceptris et margine caeli clausit opes, quantum distant a Tigride Gades, inter se Tanais quantum Nilusque relinquunt, haec tamen innumeris per se quaesita tropaeis, non generis dono, non ambitione potitus. digna legi virtus. ultro se purpura supplex

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zukünftigen Herren zu Wasser und zu Land stand es gut an, vom großen Ahnherrn der Elemente seinen Ursprung zu nehmen. Theodosius d.Ä. als Heerführer in Britannien und Africa Von hier kam dein Großvater, dem in seinem Kampfeifer nach dem Kommando im Norden [25] dann Africa den Siegeskranz über die Massyler flocht: Er, der sein Lager in kaledonischem Eis aufstellte und unter dem Helm die pralle Hitze Libyens ertrug, war ein Schrecken für den Mauren, unterwarf die britannische Küste und verheerte gleichermaßen den Norden und den Süden. [30] Was nützt dem Norden die ewige Froststarre, was nützen ihm die Gestirne und das unbekannte Meer? Vom besiegten Angelsachsen wurden die Orkneyinseln blutgetränkt, vom Blut der Pikten erwärmte sich Thule. Die Leichenberge der Skoten beweinte das eisige Irland. Welche Hitze kann den Tapferen aufhalten? Er eilte durch die weite Wüste [35] der Äthiopen und umgab den Atlas mit neuen Truppen. Aus dem Tritonsee, der der Pallas heilig ist, trank er und sah das Brautbett, das vom Gift der Medusa besprüht war, und lachte über die ohne Gold grünenden Zweige der Hesperiden, welche der Mythos aufwertet. Die Festung des Juba wurde in Brand gesteckt, die maurische Raserei musste dem Schwert [40] weichen und der Palast des alten Bocchus lag zerstört. Theodosius d.J. als Retter des Reichs im Osten und Rächer der Kaiser im Westen Aber den Ruhm deines Großvaters hat dein Vater noch weit übertroffen: Er hat das Weltmeer dem Römischen Reich unterworfen und mit dem Horizont seinen Machtbereich begrenzt: Es reicht so weit, wie Gades vom Tigris entfernt ist, so weit, wie Don und Nil auseinanderliegen. [45] Doch dies hat er mit zahllosen Siegeszeichen in eigener Leistung erreicht, nicht durch das Geschenk seiner Abstammung, nicht mit Machtgier errungen. Seine Leistung verdiente es, dass die Wahl auf sie fiel. Von sich aus hat sich ihm

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PANEGYRICUS DICTUS

obtulit et solus meruit regnare rogatus. nam cum barbaries penitus commota gementem inrueret Rhodopen et mixto turbine gentes iam deserta suas in nos transfunderet Arctos, Danubii totae vomerent cum proelia ripae, cum Geticis ingens premeretur Moesia plaustris flavaque Bistonios operirent agmina campos, omnibus adflictis et vel labentibus ictu vel prope casuris, unus tot funera contra restitit extinxitque faces agrisque colonos reddidit et leti rapuit de faucibus urbes. nulla relicta foret Romani nominis umbra, ni pater ille tuus iamiam ruitura subisset pondera turbatamque ratem certaque levasset naufragium commune manu: velut ordine rupto cum procul insanae traherent Phaethonta quadrigae saeviretque dies terramque et stagna propinqui haurirent radii, solito cum murmure torvus Sol occurrit equis; qui postquam rursus eriles agnovere sonos, rediit meliore magistro machina concentusque poli, currusque recepit imperium flammaeque modum, sic traditus illi servatusque Oriens. at non pars altera rerum tradita: bis possessa manu, bis parta periclis. per varium gemini scelus erupere tyranni

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bittend der Kaiserpurpur angeboten, und dein Vater ist der einzige, der von sich sagen durfte, die Regentschaft auf Bitten hin übernommen zu haben. Denn als die Barbaren, ganz aufgewühlt, [50] in das Rhodopegebirge einfielen, das unter der Last stöhnte, und als der schon entvölkerte Norden die eigenen Stämme in einer alles durcheinander wirbelnden Flutwelle über uns ergoss, als die Ufer der Donau in ganzer Länge Kämpfe ausspieen, als das gewaltige Mösien von der Last der getischen Wagenkolonnen bedrängt wurde und die blonden Scharen die thrakischen Weiten bedeckten, kurz: [55] Als alles darniederlag und entweder unter dem Hieb wankte oder schon zu fallen drohte, da hat sich einer allein in den Weg gestellt, um so viel Blutvergießen zu verhindern, und hat die Fackeln gelöscht; er hat den Feldern ihre Bauern wiedergegeben und die Städte dem offenen Rachen des Todes entrissen. Nicht einmal ein Schatten vom römischen Namen wäre übrig geblieben, [60] wenn nicht der große Mann, dein Vater, das Staatsgebäude im Moment des Einsturzes auf seine Schultern genommen und das Schiff im tobenden Seesturm mit sicherer Hand vor dem alles mit sich reißenden Untergang bewahrt hätte. Wie damals, als der geordnete Weltlauf jäh unterbrochen war und in der Ferne die wild gewordene Quadriga den Phaëthon mit sich riss, als das Sonnenlicht wütete, die zu nahen Strahlen Erde und Gewässer [65] aufsogen, und als der Sonnengott grimmig mit seinem vertrauten Rufen den Pferden entgegenlief: Nachdem sie wieder die Stimme ihres Herrn erkannt hatten, da fanden unter einem besseren Lenker die Mechanik und Harmonie des Kosmos in ihre Bahn zurück, der Sonnenwagen reagierte wieder auf den Befehl und die Flammen ließen sich wieder mäßigen: So wurde dem Theodosius der Osten übertragen und dadurch gerettet. [70] Aber die zweite Reichshälfte war ihm nicht übertragen worden: Zweimal war sie gewaltsam besetzt, und zweimal musste sie unter Gefahren errungen werden. Mit vielfältigen Untaten erhoben sich gewaltsam in den westlichen Ländern zwei Usurpatoren:

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tractibus occiduis: hunc saeva Britannia fudit, hunc sibi Germanus famulum delegerat exul. ausus uterque nefas, domini respersus uterque insontis iugulo. novitas audere priori suadebat cautumque dabant exempla sequentem. hic nova moliri praeceps, hic quaerere tuta providus; hic fusis, collectis viribus ille; hic vagus, excurrens, hic intra claustra reductus. dissimiles, sed morte pares. evadere neutri dedecus aut mixtis licuit procumbere telis. amissa specie, raptis insignibus ambo in vultus rediere suos manibusque revinctis oblati gladiis summittunt colla paratis. et vitam veniamque rogant. pro damna pudoris! qui modo tam densas nutu movere cohortes, in quos iam dubius sese libraverat orbis, non hostes victore cadunt, sed iudice sontes. damnat voce reos, petiit quos Marte tyrannos. amborum periere duces: hic sponte carina decidit in fluctus, illum suus abstulit ensis. hunc Alpes, hunc pontus habet. solacia caesis fratribus haec ultor tribuit. necis auctor uterque labitur; Augustas par victima mitigat umbras. has dedit inferias tumulis, iuvenumque duorum purpureos merito placavit sanguine Manes. illi iustitiam confirmavere triumphi, praesentes docuere deos. hinc saecula discant

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Den einen spie das gnadenlose Britannien aus, den anderen hatte sich der heimatlose Germane zum Diener auserkoren. [75] Beide wagten eine Freveltat, indem sie sich beide mit Blut aus der Kehle ihres unschuldigen Herrn befleckten. Dem ersten riet die Unerhörtheit zur kühnen Tat, den Nachfolger machte das warnende Beispiel vorsichtig. Der eine wagte überstürzt den Staatsstreich, der andere wollte umsichtig den sicheren Weg gehen: Der erste mit weit ausgedehnten, der andere mit konzentrierten Kräften. [80] Der eine indem er weit aus seinem Gebiet auszog, der andere indem er sich in Bergfestungen verschanzte. So unähnlich, wie sie waren, stimmten sie doch im Tod überein. Keinem gelang es, der Schande zu entgehen oder im offenen Kampf zu fallen. Der schöne Schein war dahin, die Machtinsignien waren ihnen genommen: Da kehrten sie beide wieder zu ihrem wahren Aussehen zurück, und mit gebundenen Händen vorgeführt, [85] mussten sie ihren Hals den gezogenen Schwertern beugen. Und sie flehten um ihr Leben und um Gnade. Pfui, was für ein Verlust des Ehrgefühls! Sie, die eben noch mit einem Kopfnicken so dicht gereihte Kohorten in Bewegung gesetzt hatten, in deren Richtung sich schon die unentschiedene Welt geneigt hatte: Sie fallen – nicht als Feinde von der Hand des Siegers, sondern als Schuldige von der Hand des Richters. [90] Mit seinem Wort verurteilte er sie als Angeklagte, die er als Usurpatoren im Krieg bekämpft hatte. Beider Heerführer verloren ihr Leben: Der eine stürzte sich selbst vom Schiff in die Fluten, den anderen raffte sein eigenes Schwert dahin. Der eine liegt in den hohen Alpen, der andere im tiefen Meer. Diesen Trost hat der Rächer den ermordeten Brüdern verschafft: Beide Auftraggeber des Mordes fallen; die gleiche Zahl an Opfern besänftigt die Totengeister der Kaiser. [96] Diese Totenopfer hat Theodosius ihren Gräbern gespendet, den erlauchten Geistern der beiden jungen Kaiser hat er als Sühne das Blut, das zu Recht floss, dargebracht. Diese Triumphe bewiesen, dass es noch Gerechtigkeit gibt, und ließen erkennen, dass die Götter noch helfen. Daraus

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indomitum nihil esse pio tutumve nocenti: nuntius ipse sui longas incognitus egit praevento rumore vias, inopinus utrumque perculit et clausos montes ut plana reliquit. extruite inmanes scopulos, attollite turres, cingite vos fluviis, vastas opponite silvas, Garganum Alpinis Appenninumque nivalem Pyrenes sociate iugis et rupibus Haemum addite Caucaseis, involvite Pelion Ossae: non dabitis murum sceleri. qui vindicet, ibit. omnia subsident meliori pervia causae. nec tamen oblitus civem cedentibus atrox partibus infremuit: non insultare iacenti malebat. mitis precibus, pietatis abundans, poenae parcus erat; paci non intulit iram; post acies odiis idem qui terminus armis. profuit hoc vincente capi, multosque subactos prospera laturae commendavere catenae. magnarum largitor opum, largitor honorum pronus et in melius gaudens convertere fata. hinc amor, hinc validum devoto milite robur, hinc natis mansura fides.

hoc nobilis ortu nasceris aequaeva cum maiestate creatus

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soll die Menschheit lernen, [100] dass für den Guten nichts unüberwindlich ist und für den Schuldigen nichts sicher. Als eigener Bote seiner Ankunft legte er unerkannt weite Wege zurück, noch ehe das Gerücht ihm vorauseilen konnte: Unerwartet eintreffend, überraschte er beide Gegner und ließ die unpassierbaren Bergpässe hinter sich, als wären es Ebenen: Schichtet nur gewaltige Felsen übereinander, baut Türme in die Höhe, [105] schließt euch mit Flussläufen ein, stellt ihm weite Wälder als Hindernisse entgegen, vereint doch den Gargano mit den Jochen der Alpen, den schneebedeckten Apennin mit den Jochen der Pyrenäen, auf die Felsen des Kaukasus türmt noch den Haimos und den Pelion wälzt auf den Ossa: Ihr werdet dem Verbrechen doch keinen Schutzwall errichten können. Der Rächer wird durchkommen. [110] Alles wird sich senken, um der besseren Sache den Zugang zu geben. Und trotzdem vergaß er nicht, dass er ihr Mitbürger war, und war nicht unerbittlich mit der Gegenpartei, wenn sie sich ergab. Er wollte lieber nicht die Unterlegenen triumphierend verhöhnen. Mild erwies er sich gegenüber Bitten, reich an freundlicher Fürsorge, zurückhaltend mit Bestrafung. Im Frieden war der Zorn abgelegt. [115] Nach dem Kampf musste der Hass genauso wie die Waffen ruhen. Wenn er der Sieger war, war es sogar von Vorteil, gefangen zu werden; und für viele Unterworfene wirkten ihre Ketten als Empfehlung, die ihnen Glück bringen sollten. Bereitwillig verteilte er reiche Gaben, verteilte ehrenvolle Ämter und freute sich, ein Schicksal zum Besseren zu wenden. [120] Daher liebte man ihn; daher war seine Streitmacht so überlegen, weil der Soldat ihm ergeben war; daher kam die Treue, die auch für seine Söhne fortbestehen sollte. Honorius kommt als Sohn des regierenden Kaisers zur Welt. Geadelt durch eine solche Abstammung kommst du mit kaiserlicher Würde, die dich von Beginn an begleitet, zur Welt: Keine Entweihung hast du durch ein Leben ohne Herrscherwürde

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nullaque privatae passus contagia sortis. omnibus acceptis, ultro te regia solum protulit et patrio felix adolescis in ostro, membraque vestitu numquam temerata profano in sacros cecidere sinus. Hispania patrem auriferis eduxit aquis, te gaudet alumno Bosporos. Hesperio de limine surgit origo, sed nutrix Aurora tibi; pro pignore tanto certatur, geminus civem te vindicat axis. Herculis et Bromii sustentat gloria Thebas, haesit Apollineo Delos Latonia partu Cretaque se iactat tenero reptata Tonanti; sed melior Delo, Dictaeis clarior oris quae dedit hoc numen regio. non litora nostro sufficerent angusta deo, nec inhospita Cynthi saxa tuos artus duro laesere cubili: adclinis genetrix auro, circumflua gemmis in Tyrios enixa toros; ululata verendis aula puerperiis. quae tum documenta futuri! quae voces avium! quanti per inane volatus! quis vatum discursus erat! tibi corniger Hammon et dudum taciti rupere silentia Delphi, te Persae cecinere magi, te sensit Etruscus augur et inspectis Babylonius horruit astris, Chaldaei stupuere senes Cumanaque rursus intonuit rupes, rabidae delubra Sibyllae. nec te progenitum Cybeleius aere sonoro lustravit Corybas: exercitus undique fulgens adstitit. ambitur signis augustior infans,

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erduldet. Während alle erst ihre Aufnahme erreichen mussten, hat dich allein der Kaiserpalast von sich aus [125] hervorgebracht, du wächst, vom Glück begünstigt, im Purpur des Vaters auf. Deine Glieder, die niemals von nicht-kaiserlichen Kleidern berührt wurden, ruhten auf den geweihten Gewändern deiner Eltern. Spanien hat deinen Vater mit goldführenden Flüssen aufgezogen, der Bosporos ist stolz, dass du sein Zögling bist. Dem westlichen Weltrand verdankst du deine Herkunft, [130] aber deine Amme war Aurora; um einen so bedeutenden Sprössling wetteifern West und Ost, beide beanspruchen dich als ihren Bürger. Der Ruhm des Herakles und des Dionysos macht Theben berühmt, Letos Insel Delos verdankt der Geburt Apolls ihren festen Halt, Kreta brüstet sich damit, dass der kleine Zeus auf ihr das Krabbeln übte, [135] aber Delos wird an Leistung und Kretas Küsten werden an Berühmtheit von dem Ort übertroffen, der uns diese Gottheit geschenkt hat. Keine eng begrenzten Küsten könnten für unseren Gott ausreichen, und die ungastlichen Felsen von Kynthos haben deine Glieder nicht mit hartem Lager verletzt. Deine Mutter war auf Gold gebettet und von Edelsteinen umgeben, [140] als sie dich in purpurnem Bett gebar: Der Palast hörte das Schreien vom ehrwürdigen Kindbett. Welche Zukunftszeichen gab es damals! Welche Vogelstimmen hörte man, wie viele Vögel flogen in den Lüften! Wie wurden die Seher in aller Welt aktiv! Für dich brachen der hörnertragende Hammon und Delphi, das schon so lange verstummt war, ihr Schweigen; [145] dich verkündeten die Magier aus Persien, dich nahm der etruskische Augur wahr, und der Babylonier erschauderte, als er die Sterne beobachtete; die chaldäischen Greise hielten staunend inne, und die Höhle von Cumae erschallte wieder, das Heiligtum der rasenden Sibylle. [149] Dich hat bei deiner Geburt nicht Kybeles Korybant mit seinen ehernen Schellen umtanzt: Ein leuchtendes Heer stand rings um dich herum. Man ehrte durch den Umzug mit den Feldzeichen ein noch erhabeneres Kind; es spürte, dass sich die

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sentit adorantes galeas, redditque ferocem vagitum lituis.

vitam tibi contulit idem imperiumque dies. inter cunabula consul proveheris, signas posito modo nomine fastos donaturque tibi, qui te produxerat, annus. ipsa Quirinali parvum te cinxit amictu mater et ad primas docuit reptare curules. uberibus sanctis inmortalique dearum crescis adoratus gremio: tibi saepe Diana Maenalios arcus venatricesque pharetras suspendit, puerile decus; tu saepe Minervae lusisti clipeo fulvamque inpune pererrans aegida tractasti blandos interritus angues.

saepe tuas etiam iam tum gaudente marito velavit regina comas festinaque voti praesumptum diadema dedit, tum lenibus ulnis sustulit et magno porrexit ad oscula patri. nec dilatus honos: mutatus principe Caesar protinus aequaris fratri. non certius umquam hortati superi, nullis praesentior aether adfuit ominibus. tenebris involverat atra lumen hiemps densosque Notus collegerat imbres, sed mox, cum solita miles te voce levasset, nubila dissoluit Phoebus pariterque dabantur

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Helme in Ehrfurcht neigten, und antwortete mit wildem Schreien auf die Trompetensignale. Honorius ist von Geburt an Regent. Ein und derselbe Tag hat dir das Leben und die Herrschaft gegeben. Noch in der Wiege wirst du zum Konsul [155] erhoben, du gibst deinen Namen, den du eben erst erhalten hast, dem Jahr, und dir wird das Jahr, das dich hervorgebracht hat, als Geschenk gegeben. Die Mutter selbst hat dich kleines Kind mit dem Amtsmantel des Quirinus umhüllt und brachte dir bei, zu deinem ersten Amtsstuhl zu krabbeln. An heiliger Brust und im unsterblichen Schoß von Göttinnen verehrt, [160] wächst du auf: Dir hat nicht selten Diana die Bogen vom Mainalos und die Jagdköcher umgehängt, als ehrenvollen Schmuck für das Kind; du hast immer wieder mit dem Schild der Minerva gespielt, und ungefährdet bist du über die hellblitzende Aigis geklettert und hast unerschrocken die Schlangen gestreichelt, die dir schmeichelten. Erhebung zum Augustus [165] Oft hat auch schon damals zur Freude ihres Mannes die Kaiserin dein Haar bedeckt und in ihrer ungeduldigen Hoffnung dir schon vor der Zeit die Krone aufgesetzt. Dann hat sie dich mit sanften Armen emporgehoben und dem großen Vater zum Kuss gereicht. Und die Krönung ließ nicht lange auf sich warten: Indem der Rang des Caesars gegen den Princeps eingetauscht wurde, [170] wurdest du mit sofortiger Wirkung dem Bruder gleichgestellt. Niemals haben die Götter unmissverständlicher dazu aufgefordert, nie sprach der Himmel durch seine Vorzeichen deutlicher. Mit Finsternis hatte dunkles Sturmwetter das Licht verdeckt und der Notus hatte dichte Regenwolken zusammengetrieben, doch sogleich, als die Soldaten deine Erhebung mit der üblichen Akklamation vollzogen hatten, [175] löste die Sonne die Wolken auf und im selben Moment wurden dir das Szepter und der Welt das

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sceptra tibi mundoque dies: caligine liber Bosporos adversam patitur Calchedona cerni. nec tantum vicina nitent, sed tota repulsis nubibus exuitur Thrace, Pangaea renident insuetosque palus radios Maeotia vibrat. nec Boreas nimbos aut sol ardentior egit: imperii lux illa fuit. praesagus obibat cuncta nitor risitque tuo natura sereno. visa etiam medio populis mirantibus audax stella die, dubitanda nihil nec crine retuso languida, sed quantus numeratur nocte Bootes, emicuitque plagis alieni temporis hospes, ignis et agnosci potuit, cum luna lateret: sive parens Augusta fuit, seu forte reluxit divi sidus avi, seu te properantibus astris cernere sol patiens caelum commune remisit. apparet quid signa ferant. ventura potestas claruit Ascanio, subita cum luce comarum innocuus flagraret apex Phrygioque volutus vertice fatalis redimiret tempora candor. at tua caelestes inlustrant omina flammae. talis ab Idaeis primaevus Iuppiter antris possessi stetit arce poli famulosque recepit Natura tradente deos; lanugine nondum vernabant vultus nec adhuc per colla fluebant moturae convexa comae; tum scindere nubes discebat fulmenque rudi torquere lacerto. laetior augurio genitor natisque superbus iam paribus duplici fultus consorte redibat

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Tageslicht gegeben: Frei von Dunkelheit ließ der Bosporos das gegenüberliegende Kalchedon sichtbar werden. Und nicht nur die Gegenden in der Nähe leuchteten, sondern ganz Thrakien bot sich den Blicken dar, nachdem die Wolken vertrieben waren, das Pangaion-Gebirge erstrahlte [180], und die Maiotische See reflektierte die ungewohnten Strahlen. Doch nicht der Nordwind oder die stärker strahlende Sonne haben die Wolken vertrieben: Das war das Strahlen der kaiserlichen Macht. Prophetisch überzog alles der Lichtglanz, und es lachte die Natur deiner Erlauchtheit zu. Den staunenden Völkern zeigte sich zudem kühn [185] am helllichten Tag ein Stern – gar nicht schwer erkennbar oder nur schwach mit undeutlichem Strahlen, sondern so stark, wie in der Nacht der Bootes wahrgenommen wird. Er leuchtete in Gegenden, wo man ihn zu dieser Zeit nicht erwartete, und sein Feuer konnte man erkennen, obwohl der Mond nicht zu sehen war: Möglicherweise war es die kaiserliche Mutter, vielleicht auch strahlte [190] das Gestirn deines vergöttlichten Großvaters auf, oder die Sonne hatte für die Sterne, die dich zu sehen drängten, gnädig den Himmel als gemeinsamen Raum freigegeben. Klar ist jedoch, was diese Zeichen künden sollten: Die zukünftige Macht wurde für Ascanius offenbart, als durch ein plötzliches Leuchten des Haars eine Flammenspitze brannte, ohne ihm zu schaden, und rund um das Haupt des Phrygers [195] der Schicksal kündende Glanz die Schläfen krönte. Doch als Vorzeichen, die dir gelten, leuchten die himmlischen Flammen. So stand der junge Zeus, aus Kretas Höhlen kommend, auf dem Burgberg des eroberten Himmels und empfing die Götter, die ihm die Natur als seine Diener übergab. Noch ließ sein Gesicht keinen Bart [200] sprießen, noch wallten die Haare nicht über den Hals, deren Nicken das Weltengewölbe in Bewegung setzen sollte. Damals lernte er, die Wolken zu durchdringen und den Blitz mit noch ungeübtem Arm zu schleudern. In seiner Freude durch das Augurium bestärkt und stolz auf seine nun gleichrangigen Söhne kehrte der Vater, gestützt auf die

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splendebatque pio conplexus pignora curru. haud aliter summo gemini cum patre Lacones, progenies Ledaea, sedent: in utroque relucet frater, utroque soror; simili chlamys effluit auro; stellati pariter crines. iuvat ipse Tonantem error et ambiguae placet ignorantia matri; Eurotas proprios discernere nescit alumnos.

ut domus excepit reduces, ibi talia tecum pro rerum stabili fertur dicione locutus: ‘si tibi Parthorum solium Fortuna dedisset, care puer, terrisque procul venerandus Eois barbarus Arsacio consurgeret ore tiaras, sufficeret sublime genus luxuque fluentem deside nobilitas posset te sola tueri. altera Romanae longe rectoribus aulae condicio. virtute decet, non sanguine niti. maior et utilior fato coniuncta potenti, vile latens virtus (quid enim submersa tenebris proderit obscuro?), veluti sine remige puppis vel lyra quae reticet vel qui non tenditur arcus. hanc tamen haud quisquam, qui non agnoverit ante semet et incertos animi pacaverit aestus, inveniet; longis illuc ambagibus itur.

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beiden Mitregenten, zurück [205] und war glanzvoll anzusehen, als er die Kinder umarmte und liebevoll in seinen Wagen aufnahm. Nicht anders sitzen mit dem höchsten Vater die beiden Lakonier, die Söhne der Leda, zusammen: In jedem von ihnen ist der Bruder spiegelbildlich zu erkennen, in beiden die Schwester; in gleichem Gold fließt ihnen der Mantel von den Schultern, gleich ist ihr Haar von Sternen umkränzt. Zeus freut sich darüber, [210] dass er sie miteinander verwechselt, und auch der Mutter gefällt es, sie nicht unterscheiden zu können; selbst der Eurotas kann seine eigenen Zöglinge nicht auseinanderhalten. Theodosius’ Lehrvortrag: Herrschertugenden eines römischen Kaisers Sobald der Palast die Heimkehrenden aufgenommen hatte, soll der Vater dort mit dir ein Gespräch geführt haben, um eine stabile Herrschaft über das Weltreich zu sichern: »Wenn dir Fortuna den Thron der Parther gegeben hätte, [215] liebes Kind, und die barbarische Tiara, die fern in den Ländern des Ostens verehrt wird, sich auf einem Arsakidenhaupt erhöbe, so würde deine hohe Herkunft ausreichen und der Adel allein könnte dich schützen, selbst wenn du dich in trägem Luxusleben dahintreiben ließest. Doch die exakt gegenteilige Voraussetzung gilt für die Lenker des römischen Kaiserhofes: [220] Die eigene Leistung muss die Basis der Herrschaft sein, nicht die Herkunft. Größer und nützlicher noch ist sie, wenn sie mit einem machtvollen Lebensschicksal verbunden ist, wertlos ist die Leistungsfähigkeit dagegen, wenn sie sich nicht zeigt (denn was nützt sie dem kleinen Mann, wenn sie, ohne aufzutauchen, im Verborgenen bleibt?): wie ein Schiff ohne Steuermann oder eine Lyra, die stumm bleibt, oder ein Bogen, der nicht gespannt wird. [225] Zu ihrer Verwirklichung wird jedoch niemand gelangen, der nicht zuvor sich selbst erkannt und das unberechenbare Sturmestosen seiner Seele zur Ruhe gebracht hat; nur auf langen umständlichen Wegen gelangt man zu diesem Ziel. Lerne du im Interesse der

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disce orbi, quod quisque sibi. cum conderet artus nostros, aetheriis miscens terrena, Prometheus, sinceram mentis partem furatus Olympo continuit claustris indignantemque revinxit et, cum non aliter possent mortalia fingi, adiunxit geminas. illae cum corpore lapsae intereunt, haec sola manet bustoque superstes evolat. hanc alta capitis fundavit in arce mandatricem operum prospecturamque labori; illas inferius collo praeceptaque summae passuras dominae digna statione locavit. quippe opifex veritus confundere sacra profanis distribuit partes animae sedesque removit. iram sanguinei regio sub pectore cordis protegit imbutam flammis avidamque nocendi praecipitemque sui. rabie succensa tumescit, contrahitur tepefacta metu. cumque omnia secum duceret et requiem membris vaesana negaret, invenit pulmonis opem madidumque furenti praebuit, ut tumidae ruerent in mollia fibrae. at sibi cuncta petens, nil conlatura cupido in iecur et tractus imos compulsa recessit, quae, velut inmanis reserat dum belua rictus, expleri pascique nequit: nunc verbere curas torquet avaritiae, stimulis nunc flagrat amorum, nunc gaudet, nunc maesta dolet, satiataque rursus

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Welt all das, was jeder Mensch im eigenen Interesse lernen soll. Als Prometheus unsere Glieder formte, indem er irdisches Material mit Himmlischem mischte, [230] stahl er den reinen Anteil der Seele vom Olymp und sperrte ihn mit Riegeln ein, band ihn gegen seinen Widerstand fest und fügte noch zwei Teile an, weil das Sterbliche nicht anders gebildet werden konnte. Die beiden Teile gehen zugrunde, wenn sie zusammen mit dem Körper dahingesunken sind, der himmlische Teil allein bleibt bestehen und fliegt überlebend aus dem Scheiterhaufen davon. [235] Ihn hat Prometheus in der hohen Burg des Kopfes platziert, als den Teil, der die Handlungen in Auftrag gibt und für die Arbeit Vorkehrungen treffen soll. Die anderen Teile hat er unterhalb des Halses angeordnet, damit sie die Anweisungen des Herrn über ihnen auf angemessenem Posten entgegennehmen sollten. Denn der Schöpfer hat in seiner Scheu davor, Heiliges mit Unheiligem zu vermengen, [240] die Seelenteile getrennt und ihren jeweiligen Platz mit Abstand ausgewählt. Den Zorn schützt der Bereich des blutreichen Herzens unter dem Brustkorb, denn er ist mit Flammen vollgesogen, begierig zu schaden und tendiert schnell zu Jähzorn. Von der Wut in Brand gesetzt, schwillt der Seelenteil an, von der Furcht abgekühlt, zieht er sich zusammen. Und da er alles mit sich [245] reißen und im Wahnsinn den Gliedern keine Ruhe gönnen würde, ist Prometheus auf die hilfreiche Wirkung der Lunge gekommen und hat dem rasenden Seelenteil eine feuchte Zone zur Verfügung gestellt, damit die angeschwollenen Organe sich in ein weiches Polster stürzen könnten. Doch die Begierde, die für sich alles verlangt, ohne selbst etwas beizutragen, wich abgedrängt in die Leber und die innersten Körperzonen zurück. [250] Wie wenn ein Untier seinen riesigen Rachen aufsperrt, so kann auch sie nicht gefüllt und gesättigt werden. Bald foltert sie die Sorgen mit Peitschenschlägen der Habgier, dann wieder lodert sie auf, vom Liebesbegehren angetrieben; manchmal freut sie sich, dann wieder ist sie niedergeschlagen; und wenn sie befriedigt wurde, erhebt sie

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exoritur caesaque redit pollentius Hydra. hos igitur potuit si quis sedare tumultus, inconcussa dabit purae sacraria menti. tu licet extremos late dominere per Indos, te Medus, te mollis Arabs, te Seres adorent, si metuis, si prava cupis, si duceris ira, servitii patiere iugum. tolerabis iniquas interius leges. tunc omnia iure tenebis, cum poteris rex esse tui. proclivior usus in peiora datur suadetque licentia luxum inlecebrisque effrena favet. tum vivere caste asperius, cum prompta Venus; tum durius irae consulitur, cum poena patet. sed conprime motus nec tibi quid liceat, sed quid fecisse decebit occurrat, mentemque domet respectus honesti. hoc te praeterea crebro sermone monebo, ut te totius medio telluris in ore vivere cognoscas, cunctis tua gentibus esse facta palam nec posse dari regalibus usquam secretum vitiis; nam lux altissima fati occultum nihil esse sinit, latebrasque per omnes intrat et abstrusos explorat fama recessus. sis pius in primis; nam cum vincamur in omni munere, sola deos aequat clementia nobis.

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sich erneut und kommt noch mächtiger zurück als die Hydra, der die Köpfe abgeschlagen wurden. [255] Wenn es also jemand erreicht hat, diese Unruhen unter Kontrolle zu bringen, so wird er dem reinen Geist ein unerschütterliches Heiligtum bieten. Magst du auch weithin bis zu den Indern am Ende der Welt herrschen, mögen dich auch der Meder, der weichliche Araber und die Serer in China verehren: Wenn dich Furcht beherrscht, wenn du noch Verlangen nach Schlechtem spürst, wenn du dich vom Zorn leiten lässt, [260] dann wirst du das Joch der Sklaverei tragen. Du wirst in deinem Inneren ungerechte Gesetze ertragen müssen. Erst dann wirst du alles unter deiner Herrschaft haben, wenn du dich selbst beherrschen kannst. Wenn man zu nachsichtig Schwächen auslebt, entwickeln sie sich zu schlimmeren Fehlern: Freizügigkeit rät zu Verschwendung, und ohne Zügel entscheidet sie sich gern für die Verlockungen. Dann ist es viel schwerer, keusch zu leben, [265] wenn der Liebesgenuss leicht erfüllt wird. Dann ist es viel härter, dem Zorn besonnen Einhalt zu gebieten, wenn man die Bestrafung leicht ausführen könnte. Unterdrücke stattdessen die Regungen; dir soll nicht zuerst einfallen, was dir erlaubt wäre, sondern welche Handlungsweise dir Ehre einbringt. Und die Rücksicht auf deine moralische Integrität soll dein Denken kontrollieren. Außerdem werde ich dich daran immer wieder erinnern: [270] Du musst dir dessen bewusst sein, dass du dein Leben vor den Augen der ganzen Welt führst, dass deine Handlungen allen Menschen offenkundig sind, und dass man die moralischen Fehler eines Kaisers an keinem Ort der Welt verbergen kann. Denn der exponierte Glanz deines Schicksals lässt es nicht zu, dass etwas verborgen bleibt; und das Gerücht dringt in alle Verstecke ein [275] und erkundet entlegenste Schlupfwinkel. Sei vor allem verantwortungsvoll; denn wenn wir auch in allem Wirken von den Göttern übertroffen werden, stellt uns doch allein der Akt der Gnade den Göttern gleich. Handle nicht aus Miss-

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neu dubie suspectus agas neu falsus amicis rumorumve avidus: qui talia curat, inanes horrebit strepitus nulla non anxius hora. non sic excubiae, non circumstantia pila quam tutatur amor. non extorquebis amari; hoc alterna fides, hoc simplex gratia donat. nonne vides, operum quod se pulcherrimus ipse mundus amore liget, nec vi conexa per aevum conspirent elementa sibi? quod limite Phoebus contentus medio, contentus litore pontus et, qui perpetuo terras ambitque vehitque, nec premat incumbens oneri nec cesserit, aer? qui terret, plus ipse timet; sors ista tyrannis convenit; invideant claris fortesque trucident, muniti gladiis vivant fretique venenis, ancipites habeant arces trepidique minentur: tu civem patremque geras, tu consule cunctis, non tibi, nec tua te moveant, sed publica vota. in commune iubes si quid censesve tenendum, primus iussa subi: tunc observantior aequi fit populus nec ferre negat, cum viderit ipsum auctorem parere sibi. conponitur orbis regis ad exemplum, nec sic inflectere sensus humanos edicta valent ut vita regentis. mobile mutatur semper cum principe vulgus.

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trauen, ohne die Zweifel zu überprüfen, nicht unehrlich gegen Freunde und leichtgläubig gegenüber Gerüchten: Wer sich um derlei kümmert, wird vor haltlosem [280] Geraune in Angst geraten und keine Stunde seines Lebens ohne Sorge sein. Keine Wache, keine Garde mit einsatzbereiten Speeren schützt dich so sicher wie die Liebe. Du wirst es nicht erzwingen können, geliebt zu werden: Das schenkt uns nur das gegenseitige Vertrauen, das schenkt uns nur die Zuneigung ohne Hintergedanken. Siehst du nicht, dass sich in größter Schönheit [285] der Kosmos selbst durch Liebe zusammenhält und sich die Elemente, ohne Zwang für alle Zeit verbunden, in Eintracht verschmelzen? Dass der Sonnengott zufrieden mit seiner Bahn in der Mitte, das Meer zufrieden mit der Küstenführung ist und die Luft, die die Erde beständig umgibt und trägt, nicht belastend wirkt und selbst dem Druck nicht nachgibt? [290] Wer durch Schrecken herrscht, muss selbst noch mehr fürchten. Dieses Los kommt den Tyrannen zu; sollen sie nur die Angesehenen beneiden, die Tapferen meucheln, sollen sie nur von Schwertern bewacht leben und auf Gift ihr Vertrauen setzen, sollen sie nur in Burgen sitzen, die keinen zuverlässigen Schutz bieten, und in ihrer eigenen Angst Drohungen ausstoßen. Du dagegen sollst dich als Bürger und Vater erweisen; du sorge für alle, [295] nicht für dich; und nicht deine Hoffnungen sollen für dich Beweggründe sein, sondern die Hoffnungen aller Bürger. Und wenn du befiehlst oder entscheidest, dass eine Regel von allen eingehalten werden muss, dann unterwirf dich als erster deinen Befehlen. Dann entwickelt sich das Volk so, dass es genauer darauf achtet einzuhalten, was recht ist, und dann sträubt es sich nicht gegen eine Anordnung, wenn es sieht, dass der, der sie erlassen hat, sich selbst gehorcht. Die Welt passt sich [300] dem Vorbild des Herrschers an: Keine Edikte können die menschliche Gesinnung so beeinflussen wie die Lebensweise des Regenten. Das leicht zu beeinflussende Volk verhält sich jeweils so wie sein Herrscher.

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his tamen effectis neu fastidire minores neu pete praescriptos homini transcendere fines. inquinat egregios adiuncta superbia mores. non tibi tradidimus dociles servire Sabaeos, Armeniae dominum non te praefecimus orae, non damus Assyriam, tenuit quam femina, gentem: Romani, qui cuncta diu rexere, regendi, qui nec Tarquinii fastus nec iura tulere Caesaris. annales veterum delicta locuntur: haerebunt maculae. quis non per saecula damnat Caesareae portenta domus? quem dira Neronis funera, quem rupes Caprearum taetra latebit incesto possessa seni? victura feretur gloria Traiani, non tam quod Tigride victo nostra triumphati fuerint provincia Parthi, alta quod invectus fractis Capitolia Dacis, quam patriae quod mitis erat. ne desine tales, nate, sequi.

si bella canant, prius agmina duris exerce studiis et saevo praestrue Marti. non brumae requies, non hibernacula segnes enervent torpore manus. ponenda salubri castra loco; praebenda vigil custodia vallo. disce, ubi densari cuneos, ubi cornua tendi aequius aut iterum flecti, quae montibus aptae,

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Doch auch wenn du das erreicht hast: Empfinde keinen Widerwillen gegenüber denen, die unter dir stehen! Und spiele nicht mit dem Gedanken, Grenzen zu überschreiten, die dem Menschen vorgeschrieben sind! [305] Selbst ein vorbildliches Verhalten korrumpiert der Hochmut, wenn er sich dazu gesellt hat. Ich habe dir keine Sabäer anvertraut, die im Dienen gelehrig sind; ich habe dich nicht als Herrn über die armenischen Lande eingesetzt, ich gebe dir kein assyrisches Volk, das eine Frau regierte. Die Römer sollst du beherrschen, die lange selbst alles beherrscht haben, [310] die weder den Hochmut des Tarquinius noch die Herrschaft Caesars ertragen haben. Die Annalen sprechen von den Vergehen lang vergangener Herrscher: Makel werden immer haften bleiben. Wer verurteilt nicht über die Jahrhunderte hin die Schrecken im julischen Kaiserhaus? Wer kennt nicht die gnadenlosen Todesfälle unter Nero, wer kennt nicht das Felsennest auf Capri, [315] das der lüsterne Greis besaß? Auf immer wird der Ruhm eines Trajan weiterleben, nicht so sehr, weil die besiegten Parther nach der Überwindung des Tigris unsere Provinz waren, weil er im Triumph nach dem Sieg über die Daker hoch zum Kapitol fuhr, als vielmehr, weil er freundlich zu seinem Vaterland war. Lass nicht davon ab, mein Sohn, solchen Vorbildern zu folgen! Feldherrntugenden eines römischen Kaisers [320] Falls die Kriegstrompeten erschallen, dann lass zuvor deine Scharen hart exerzieren und schule sie vorher im gnadenlosen Handwerk des Mars. Gönne ihnen keine Winterpause, auf keinen Fall dürfen die Winterlager die Abteilungen durch Nichtstun schwach werden lassen. Für das Lager muss ein Platz ausgesucht werden, der die Gesundheit nicht gefährdet; eine aufmerksame Wache muss auf den Wall gestellt werden. [325] Lerne, wo es besser ist, dass die Keile dichter gestellt werden, wo es besser ist, dass die Flügel sich entfalten oder sich erneut wenden. Lerne, welche Schlachtordnung für das Gebirge, welche für ebenes Gelände ge-

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quae campis acies, quae fraudi commoda vallis, quae via difficilis. fidit si moenibus hostis, tum tibi murali libretur machina pulsu, saxa rotet praeceps aries protectaque portas testudo feriat; ruat emersura iuventus effossi per operta soli. si longa moretur obsidio, tum vota cave secura remittas inclusumve putes. multis damnosa fuere gaudia; dispersi pereunt somnove soluti; saepius incautae nocuit victoria turbae. neu tibi regificis tentoria larga redundent deliciis, neve inbelles ad signa ministros luxuries armata trahat. neu flantibus Austris neu pluviis cedas, neu defensura calorem aurea summoveant rapidos umbracula soles. inventis utere cibis. solabere partes aequali sudore tuas: si collis iniquus, primus ini; silvam si caedere provocat usus, sumpta ne pudeat quercum stravisse bipenni; calcatur si pigra palus, tuus ante profundum praetemptet sonipes. fluvios tu protere cursu haerentes glacie, liquidos tu scinde natatu. nunc eques in medias equitum te consere turmas; nunc pedes adsistas pediti. tum promptius ibunt te socio, tum conspicuus gratusque geretur sub te teste labor.’

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eignet ist, welches Tal günstig für einen Hinterhalt, welcher Weg schwierig ist. Wenn der Feind sich auf seine Mauern verlässt, dann soll von dir die Belagerungsmaschine mit Stößen gegen die Mauer eingesetzt werden, [330] der Rammbock soll in jähem Schwung Steine schleudern und die Schildkrötenformation mit Schutzdach soll die Tore beschädigen; um plötzlich aufzutauchen, soll die Mannschaft durch unterirdische Minengänge eilen. Wenn die Belagerung lange aufhält, dann hüte dich davor, deine Hoffnungen, die zu sicher scheinen, nicht mehr zielstrebig zu verfolgen und den Feind für eingeschlossen zu halten. Vielen wurde schon ihre Freude zum Verhängnis. [335] Sie fanden den Tod, weil sie weit verstreut waren oder tief im Schlaf lagen. Ein Sieg hat schon zu oft einer unvorsichtigen Schar Schaden gebracht. Auf keinen Fall soll für dich ein geräumiges Zelt an königlichen Lustbarkeiten Überfluss haben, und keine unkriegerischen Diener soll das Wohlleben ins Kriegslager ziehen. Du sollst dem stürmischen Wehen des Südwinds [340] und den Regengüssen Stand halten; und keine goldenen Sonnendächer, die die Hitze abhalten sollen, dürfen die sengenden Strahlen der Sonne abwehren. Iss die Nahrung, die man so findet. Du kannst deine Abteilungen aufmuntern, indem du gleiche Mühe wie sie auf dich nimmst: Wenn die Anhöhe schwer zu besteigen ist, geh du als erster hinan; wenn der Bedarf dazu rät, den Wald zu fällen, [345] so sei dir nicht zu gut dazu, das Beil in die Hand zu nehmen und die Eiche zu Fall zu bringen. Wenn ein morastiger Sumpf zu betreten ist, dann soll dein Pferd zuerst den Untergrund testen. Betritt auf dem Marsch die Flüsse, die von Eis zugefroren sind, durchschwimme sie, wenn sie eisfrei sind. Reihe dich manchmal beritten unter die Reiterscharen, [350] dann wieder laufe als Fußsoldat in der Infanterie. Dann werden sie bereitwilliger gehen, wenn du als Kommilitone mitläufst; dann wird die Arbeit als achtenswert und willkommen ausgeführt, wenn du als Augenzeuge dabei bist.«

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dicturum plura parentem voce subis: ‘equidem, faveant modo numina coeptis, haec effecta dabo, nec me fratrique tibique dissimilem populi commissaque regna videbunt. sed cur non potius, verbis quae disseris, usu experior? gelidas certe nunc tendis in Alpes. duc tecum comitem; figant sine nostra tyrannum spicula; pallescat nostro sine barbarus arcu. Italiamne feram furiis praedonis acerbi subiectam? patiar Romam servire clienti? usque adeone puer? nec me polluta potestas nec pia cognati tanget vindicta cruoris? per strages equitare libet. da protinus arma. cur annos obicis? pugnae cur arguor inpar? aequalis mihi Pyrrhus erat, cum Pergama solus verteret et patri non degeneraret Achilli. denique si princeps castris haerere nequibo, vel miles veniam.’ delibat dulcia nati oscula miratusque refert: ‘laudanda petisti; sed festinus amor. veniet robustior aetas; ne propera. necdum decimas emensus aristas adgrederis metuenda viris: vestigia magnae indolis agnosco. fertur Pellaeus, Eoum qui domuit Porum, cum prospera saepe Philippi audiret, laetos inter flevisse sodales nil sibi vincendum patris virtute relinqui.

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Honorius möchte in den Kampf gegen Eugenius ziehen. Als der Vater noch mehr sagen wollte, kamst du ihm zuvor: »Selbstverständlich, sofern mir nur die Götter Gelingen schenken, werde ich das erfolgreich tun, und die Menschen und die anvertrauten Reiche werden mich nicht anders erleben als dich und meinen Bruder. [356] Aber warum darf ich nicht lieber das, was du mir mit Worten erklärst, in der Praxis kennenlernen? Denn du ziehst ja gerade jetzt in die schneebedeckten Alpen. Nimm mich als deinen Begleiter mit dir: Lass zu, dass meine Pfeile den Tyrannen treffen! Lass zu, dass der Barbar vor meinem Bogen erbleicht! [360] Soll ich ruhig mit ansehen, dass Italien den Furien eines grausamen Räubers unterworfen ist? Soll ich zusehen, dass Rom einem Klienten dient? Bin ich denn dazu immer noch zu klein? Und soll mich nicht die Entehrung der Kaisermacht und die Verpflichtung, das Blut der Verwandten zu rächen, im Innersten bewegen? Über Leichenberge reiten möchte ich. Gib mir auf der Stelle die Waffen! [365] Warum rechnest du mir vor, wie alt ich erst bin? Warum hält man mir vor, ich sei für die Schlacht noch nicht groß genug? Genauso alt wie ich war Pyrrhus, als er allein Troja zerstörte und bewies, dass er Sohn seines Vaters Achill war. Und wenn ich schon nicht als Anführer im Lager bleiben kann, dann will ich wenigstens als Soldat kommen.« Theodosius küsste seinen Sohn [370] liebevoll und sagte mit Staunen: »Du hast eine Forderung gestellt, die man loben muss; aber dein Eifer ist verfrüht. Es wird ein stärkeres Lebensalter kommen, hab es nicht zu eilig! Noch hast du keine zehn Jahre gesehen und willst schon Herausforderungen angehen, die selbst Männer zum Fürchten bringen. Ich erkenne die Zeichen einer großen Veranlagung. Man sagt, dass der Held aus Pella, [375] der König Poros im Osten bezwungen hat, bei den häufigen Nachrichten über die Erfolge Philipps mitten unter seinen jubelnden Gefährten darüber Tränen vergossen habe, dass ihm durch die Leistung seines Vaters nichts zum Siegen übrig gelassen werde. Solche Gedanken erkenne

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hos video motus. fas sit promittere patri: tantus eris. nostro nec debes regna favori, quae tibi iam natura dedit. sic mollibus olim stridula ducturum pratis examina regem nascentem venerantur apes et publica mellis iura petunt traduntque favos; sic pascua parvus vindicat et necdum firmatis cornibus audax iam regit armentum vitulus. sed proelia differ in iuvenem patiensque meum cum fratre tuere me bellante locum. vos inpacatus Araxes, vos celer Euphrates timeat, sit Nilus ubique vester et emisso quidquid sol imbuit ortu. si pateant Alpes, habeat si causa secundos iustior eventus, aderis partesque receptas suscipies, animosa tuas ut Gallia leges audiat et nostros aequus modereris Hiberos. tunc ego securus fati laetusque laborum discedam, vobis utrumque regentibus axem.

interea Musis, animus dum mollior, instes et quae mox imitere legas; nec desinat umquam tecum Graia loqui, tecum Romana vetustas. antiquos evolve duces, adsuesce futurae militiae, Latium retro te confer in aevum. libertas quaesita placet? mirabere Brutum. perfidiam damnas? Metti satiabere poenis.

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ich bei dir. Dem Vater soll die hoffnungsvolle Prophezeiung gestattet sein: Du wirst ein ebenso großer Mann werden! Du verdankst deine Herrschaft nicht meiner Gunst, [380] denn die Natur hat sie dir schon verliehen. So ehren die Bienen den neu geschlüpften König, der einst die schwirrenden Schwärme auf den grasreichen Wiesen anführen soll; und sie fordern von ihm die gerechte Verteilung des Honigs und überantworten ihm die Waben. So beansprucht das Stierkälbchen die Weiden, und obwohl seine Hörner noch nicht hart sind, [385] lenkt es schon kühn die Herde. Aber schiebe die Teilnahme am Kampf noch auf, bis du erwachsen bist, sei geduldig und übernimm zusammen mit deinem Bruder meine Stelle, während ich den Krieg führe. Euch soll der noch unbezwungene Araxes, euch der schnelle Euphrat fürchten, der Nil gehöre euch in seiner ganzen Länge und alles, was die Sonne bescheint, wenn sie im Osten aufgeht. [390] Wenn die Alpen wieder frei passierbar sind, wenn die gerechtere Sache den verdienten Erfolg hat, dann wirst du dabei sein und die zurückeroberten Landesteile in Empfang nehmen, so dass das mutige Gallien deine Gesetze vernimmt und du mit Gerechtigkeit unsere Spanier regierst. Dann werde ich, ohne Sorgen um das Schicksal und froh über meine ausgestandenen Taten, [395] Abschied nehmen, wenn ihr beide Teile des Reichs im Westen und Osten regiert. Theodosius empfiehlt das Studium der römischen Geschichte Bis dahin widme dich der Literatur, solange du noch zu jung für den Krieg bist, und lies, was du bald nachahmen wirst. Unablässig soll das griechische Altertum zu dir sprechen, und das römische dazu. Lies von den alten Heerführern, bereite dich so auf deine künftige [400] Aufgabe im Heer vor, begib dich zurück in die alten Zeiten Roms. Dir macht Eindruck, dass man die Freiheit errungen hat? Dann wirst du Brutus bewundern. Du findest Verrat abstoßend? Dann wirst du mit Befriedigung von der Bestrafung des Mettius hören. Findest du, dass zu großer Starrsinn Scha-

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triste rigor nimius? Torquati despue mores. mors inpensa bonum? Decios venerare ruentes. vel solus quid fortis agat, te ponte soluto oppositus Cocles, Muci te flamma docebit; quid mora perfringat, Fabius; quid rebus in artis dux gerat, ostendet Gallorum strage Camillus. discitur hinc nullos meritis obsistere casus: prorogat aeternam feritas tibi Punica famam, Regule; successus superant adversa Catonis. discitur hinc quantum paupertas sobria possit: pauper erat Curius, reges cum vinceret armis, pauper Fabricius, Pyrrhi cum sperneret aurum; sordida dictator flexit Serranus aratra; lustratae lictore casae fascesque salignis postibus affixi; collectae consule messes et sulcata diu trabeato rura colono.’ haec genitor praecepta dabat, velut ille carinae longaevus rector, variis quem saepe procellis exploravit hiemps, ponto iam fessus et annis aequoreas alni nato commendat habenas et casus artesque docet: quo dextra regatur sidere; quo fluctus possint moderamine falli; quae nota nimborum; quae fraus infida sereni; quid sol occiduus prodat; quo saucia vento decolor iratos attollat Cynthia vultus.

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den bringt? Dann zeige Abscheu vor dem Verhalten des Torquatus. Der Opfertod ist eine gute Tat? Dann ehre die Decier, die sich in den Tod stürzten. [405] Was sogar ein Mann allein mit seiner Tapferkeit ausrichten kann, das wird dir Cocles zeigen, der sich, als die Brücke abgebrochen wurde, den Feinden entgegenstellte, und das wird dir die Flamme des Mucius zeigen. Was Verzögerungstaktik durchsetzen kann, das zeigt dir Fabius; was in Zeiten der Not ein Heerführer tun soll, das wird dir Camillus mit der blutigen Niederlage der Gallier demonstrieren. Dass kein Unglück wahren Verdiensten im Wege stehen kann, lernt man aus folgendem: [410] Die punische Grausamkeit sichert dir, Regulus, für alle Zeit ewigen Ruhm; alle Erfolge werden von Catos Niederlagen übertroffen. Welche Stärke bescheidene Lebensweise verschafft, lernt man aus folgendem: Arm war Curius, als er Könige mit Waffen besiegte. Arm war Fabricius, als er das Gold des Pyrrhus mit Verachtung zurückwies. [415] Einen armseligen Pflug wendete Serranus, als er Diktator wurde; vom Liktor feierlich aufgesucht wurden einfache Hütten, und die Rutenbündel wurden an Türrahmen aus Weidenholz befestigt; der Konsul fuhr eigenhändig die Ernte ein, und das Ackerland wurde lange von einem Bauern in Amtstracht gepflügt.« Solche Anweisungen gab dir dein Vater, so wie der [420] betagte Schiffslenker, den der Sturm oft mit verschiedensten Winden auf die Probe gestellt hat, vom Meer und den Jahren schon müde geworden, das Kommando des Schiffs dem Sohn überträgt und ihn in kritischen Situationen und Techniken unterweist: Von welchem Gestirn die steuernde Hand sich leiten lassen soll, mit welchem Manöver die Fluten zu überlisten sind, [425] welche Wetterzeichen der Wolken zu lesen sind, welche Gefahr trotz heiterem Himmel lauert, was der Sonnenuntergang verrät, von welchem Wind verwundet die verfärbte Mondgöttin ihr zorniges Antlitz erhebt.

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aspice nunc, quacumque micas, seu circulus Austri, magne parens, gelidi seu te meruere Triones, aspice: conpletur votum. iam natus adaequat te meritis et, quod magis est optabile, vincit subnixus Stilichone tuo, quem fratribus ipse discedens clipeum defensoremque dedisti. pro nobis nihil ille pati nullumque recusat discrimen temptare sui, non dura viarum, non incerta maris: Libyae squalentis harenas audebit superare pedes madidaque cadente Pleiade Gaetulas intrabit navita Syrtes.

hunc tamen in primis populos lenire feroces et Rhenum pacare iubes. volat ille citatis vectus equis nullaque latus stipante caterva, aspera nubiferas qua Raetia porrigit Alpes, pergit et hostiles (tanta est fiducia) ripas incomitatus adit. totum properare per amnem attonitos reges humili cervice videres. ante ducem nostrum flavam sparsere Sygambri caesariem pavidoque orantes murmure Franci procubuere solo; iuratur Honorius absens inploratque tuum supplex Alamannia nomen. Bastarnae venere truces, venit accola silvae Bructerus Hercyniae latisque paludibus exit Cimber et ingentes Albin liquere Cherusci. accipit ille preces varias tardeque rogatus

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Divus Theodosius kann zufrieden auf die Regierung des Sohnes blicken. Schau jetzt zu uns, an welcher Stelle du auch leuchtest, ob dich nun die Zone des Südhimmels verdient hat, großer Vater, oder der kalte Große Wagen. [430] Schau zu uns: Deine Hoffnung erfüllt sich. Schon kommt dein Sohn dir an Verdiensten gleich und, was noch mehr zu wünschen ist, er übertrifft dich sogar, unterstützt von deinem Stilicho, den du selbst, als du von uns gingst, dem Bruderpaar als Schild und Verteidiger gegeben hast. Für uns weigert sich Stilicho nicht, alles zu ertragen, jedwede [435] Gefahr für die eigene Person auf sich zu nehmen, er weicht keinem noch so harten Weg, keiner noch so unsicheren Fahrt auf dem Meer aus: Er wird es wagen, zu Fuß den Sand des staubigen Libyens zu überwinden, und wenn die Pleiaden mit ihren Regenfluten im Sinken sind, wird er sich zu Schiff zu den gätulischen Syrten wagen. Taten im Krieg: Stilichos Erfolge am Rhein Doch du gibst den Befehl, dass Stilicho vor allem die wilden Völker ruhig halten [440] und den Rhein befrieden soll. Er gibt seinem Ross die Sporen und eilt ohne große Begleiterschar dorthin, wo das wilde Rätien seine wolkenverhangenen Alpen ausbreitet; er eilt weiter und betritt (so groß ist seine Zuversicht) ohne Begleitung die feindlichen Ufer. Du hättest sehen können, dass die Könige den ganzen Strom entlang [445] erschrocken mit demütig gebeugtem Nacken herbeieilten. Vor unserem Heerführer ließen die Sygambrer ihr blondes Haar zu Boden, und die Franken warfen sich bittend mit ängstlichem Flüstern auf die Erde. Man leistete den Treueid auf Honorius, auch wenn du nicht anwesend warst, und die Alemannen riefen demütig deinen Namen an. [450] Die trotzigen Bastarnen kamen, es kam der Brukterer, der im Herkynischen Wald lebt, und der Kimber kam aus seinen weiten Sumpfgebieten hervor, die riesigen Cherusker verließen die Elbe. Stilicho nahm die unterschiedlichen Bittgesuche entgegen und stimmte zögernd, nachdem er gebeten worden war, auch zu und

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adnuit et magno pacem pro munere donat. nobilitant veteres Germanica foedera Drusos, Marte sed ancipiti, sed multis cladibus empta. quis victum meminit sola formidine Rhenum? quod longis alii bellis potuere mereri, hoc tibi dat Stilichonis iter.

post otia Galli limitis hortaris Graias fulcire ruinas. Ionium tegitur velis ventique laborant tot curvare sinus servaturasque Corinthum prosequitur facili Neptunus gurgite classes, et puer, Isthmiaci iam pridem litoris exul, secura repetit portus cum matre Palaemon. castra cruore natant; metitur pellita iuventus. pars morbo, pars ense perit. non lustra Lycaei, non Erymantheae iam copia sufficit umbrae innumeris exusta rogis, nudataque ferro sic flagrasse suas laetantur Maenala silvas. excutiat cineres Ephyre, Spartanus et Arcas tutior exangues pedibus proculcet acervos fessaque pensatis respiret Graecia poenis. gens, qua non Scythicos diffusior ulla Triones incoluit, cui parvus Athos angustaque Thrace, cum transiret, erat, per te viresque tuorum fracta ducum lugetque sibi iam rara superstes, et, quorum turbae spatium vix praebuit orbis,

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gewährte den Frieden als großes Geschenk. [455] Für ihre Verträge mit den Germanen sind die alten Drusi berühmt, aber sie wurden in einem Krieg ohne klaren Sieg, mit vielen Niederlagen erkauft. Wer kann sich daran erinnern, dass der Rhein allein durch Furcht besiegt wurde? Was andere nur in langwierigen Kriegen erreichen konnten, das hat dir der bloße Marsch des Stilicho verschafft. Stilichos Feldzug gegen die Goten in Griechenland Nachdem an der gallischen Grenze wieder Ruhe herrschte, [460] fordertest du Stilicho auf, den Fall Griechenlands mit aller Kraft aufzuhalten. Das Jonische Meer wurde mit Schiffen bedeckt, die Winde hatten Mühe, so viele Segel zu füllen, und die Flotte, die Korinth retten sollte, geleitete Neptun mit freundlicher Strömung, und der Knabe Palaimon, der schon längst vom Isthmos vertrieben war, [465] kehrte mit seiner Mutter, die keine Angst mehr haben musste, in den Hafen zurück. Das Lager war ein Blutbad, die pelzbedeckte Mannschaft wurde niedergemäht, ein Teil fand durch Seuche, ein Teil durch das Schwert den Tod. Nicht die Wälder des Lykaion, nicht die vielen schattigen Bäume des Erymanthos reichten mehr als Brennmaterial für die zahllosen Scheiterhaufen aus. Und vom Beil kahlgeschlagen, [470] freute sich doch das Mainalosgebirge, seine Wälder zu diesem Zweck brennen zu lassen. Korinth soll seine Asche abschütteln; Spartaner und Arkader sollen, nun besser geschützt, die Haufen der Toten mit den Füßen treten; Griechenland, dem man die Erschöpfung ansieht, soll aufatmen, denn die Strafe wurde bezahlt. Das Volk, das sich weiter als alle, die den skythischen Norden bewohnen, ausgebreitet hat, [475] dem der Athos nicht hoch genug war und Thrakien zu eng wurde, als es hindurch zog, lag von dir und der Kampfkraft deiner Heerführer besiegt und trauert, weil es nun sich selbst nur noch in kleiner Zahl überlebt hat; sie, für deren Menge kaum der Erdkreis genug Raum geboten hatte, verschanzten sich jetzt auf einem einzigen Hügel. Verschmachtend und vom

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uno colle latent. sitiens inclusaque vallo ereptas quaesivit aquas, quas hostibus ante contiguas alio Stilicho deflexerat actu mirantemque novas ignota per avia valles iusserat averso fluvium migrare meatu. obvia quid mirum vinci, cum barbarus ultro iam cupiat servire tibi? tua Sarmata discors sacramenta petit, proiecta fraude Gelonus militat, in Latios ritus transistis, Alani.

ut fortes in Marte viros animisque paratos, sic iustos in pace legis longumque tueris electos crebris nec succedentibus urges. iudicibus notis regimur, fruimurque quietis militiaeque bonis, ceu bellatore Quirino, ceu placido moderante Numa. non inminet ensis, nullae nobilium caedes; non crimina vulgo texuntur; patria maestus non truditur exul; inpia continui cessant augmenta tributi; non infelices tabulae; non hasta refixas vendit opes; avida sector non voce citatur, nec tua privatis crescunt aeraria damnis. munificus largi, sed non et prodigus, auri. perdurat non empta fides nec pectora merces

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Belagerungswall eingeschlossen, [480] suchte es das Wasser, das ihm entrissen war, weil es Stilicho, da es zuvor gut erreichbar für die Feinde floss, in ein anderes Bett abgeleitet hatte; den Fluss, der über die noch nie gesehenen Täler staunte, hatte er in verändertem Lauf durch unvertraute Wildnis ziehen lassen. Was ist daran verwunderlich, dass besiegt wird, was sich dir in den Weg stellt, da die Barbaren [485] schon von sich aus wünschen, dir zu dienen? Die Sarmaten, die gern aufrührerisch sind, verlangen, dir den Treueid leisten zu dürfen, die Gelonen leisten Kriegsdienst und denken nicht mehr an Treubruch, ja selbst ihr, Alanen, habt euch den Gebräuchen Roms angeschlossen. Taten im Frieden: Die Regierung bringt Numas goldenes Zeitalter zurück. Wie du im Krieg Männer auswählst, die tapfer und mutig zum Kampf bereit sind, so wählst du im Frieden Männer aus, die gerecht sind, und schützt die, die du ausgewählt hast, langfristig und setzt sie nicht unter Druck, indem du ständig andere nachrücken lässt. [491] Wir werden von Richtern gelenkt, die uns bekannt sind, wir genießen die Vorteile der Friedenszeit und des Kriegsdienstes, wie unter dem kriegerischen Romulus und unter dem Friedenskönig Numa zugleich. Nicht droht das Schwert, nicht die Hinrichtung der Aristokratie; keine Anklagen werden für die Öffentlichkeit [495] zusammengesponnen; niemand verlässt niedergeschlagen die Heimat, weil er ins Exil getrieben wird; die skrupellose Erhöhung unablässiger Steuerabgaben ist unterbunden; es gibt keine unseligen Anweisungen zur Ächtung, es gibt keine Versteigerung eingezogener Güter, kein Schnäppchenjäger wird mit gieriger Stimme gerufen, nicht wächst dein Vermögen durch den Verlust, den Privatleute erleiden. [500] Du bist großzügig bei Geldschenkungen, aber nicht auch verschwenderisch. Denn nur Treue, die nicht erkauft wurde, hält lange an; und Zuneigung lässt sich nicht durch Gaben binden; das Heer erduldet Strapazen für

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alligat; ipsa suo pro pignore castra laborant; te miles nutritor amat. quae denique Romae cura tibi! quam fixa manet reverentia patrum!

firmatur senium iuris priscamque resumunt canitiem leges emendanturque vetustae acceduntque novae. talem sensere Solonem res Pandioniae; sic armipotens Lacedaemon despexit muros rigido munita Lycurgo. quae sub te vel causa brevis vel iudicis error neclegitur? dubiis quis litibus addere finem iustior et mersum latebris educere verum?

quae pietas quantusque rigor tranquillaque magni vis animi nulloque levis terrore moveri nec nova mirari facilis! quam docta facultas ingenii linguaeque modus! responsa verentur legati gravibusque latet sub moribus aetas. quantus in ore pater radiat! quam torva voluptas frontis et augusti maiestas grata pudoris! iam patrias inples galeas; iam cornus avita temptatur vibranda tibi; promittitur ingens dextra rudimentis Romanaque vota moratur. quis decor, incedis quotiens clipeatus et auro

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seinen Sohn: Dich liebt der Soldat, als wäre er dein Ziehvater. Welche Sorge widmest du zu guter Letzt Rom! Wie beständig bleibt die Ehrerbietung gegenüber den Senatoren erhalten! Die Gesetzestradition wird fortgesetzt. [505] Die langjährige Tradition des Rechts wird gefestigt, die Gesetze erreichen wieder ein ehrwürdiges Alter, alte Gesetze werden verbessert, neue treten hinzu. Einen solchen Solon hat Athens Staat erfahren; so konnte das waffenkundige Sparta auf Stadtmauern stolz verzichten, weil es vom strengen Lykurg geschützt war. [510] Welche zu eilfertige Verhandlung oder welcher Irrtum eines Richters wird unter deiner Regentschaft nachlässig übersehen? Wer wäre gerechter darin, schwierige Prozesse zu einem Ende zu bringen und der Wahrheit ans Licht zu verhelfen, die tief in Schlupfwinkeln verborgen ist? Das kaiserliche Auftreten des jugendlichen Herrschers Welche Verantwortung wirkt in dir, welch strenge Würde und welch ruhige Kraft der Erhabenheit, die sich durch keinen Schrecken schnell aus der Ruhe bringen lässt [515] und über Ungewohntes nicht leicht in Staunen gerät! Wie gut ausgebildet ist dein scharfer Verstand, wie hast du deine Zunge im Zaum! Deine Antworten ehren die Gesandten, bei der Würde deines Verhaltens vergisst man dein jugendliches Alter. Wie erhaben spiegelt sich in deinem Blick dein Vater wider! Wie lustvoll ist es, dein männlich-strenges Antlitz zu sehen, wie angenehm ist die Erhabenheit einer kaiserlichen Zurückhaltung! [520] Schon wächst du hinein in die Helme deines Vaters, schon versuchst du dich daran, die Lanze deines Großvaters zu schleudern. Aus diesen Anfängen kann man erkennen, wie kraftvoll die Hand wird; sie lässt die Hoffnungen Roms nur noch etwas warten. Was für eine Augenweide ist es, wenn du mit dem Schild gewappnet in Erscheinung trittst, im Gold des Schuppenpanzers, im

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squameus et rutilus cristis et casside maior! sic, cum Threicia primum sudaret in hasta, flumina laverunt puerum Rhodopeia Martem. quae vires iaculis vel, cum Gortynia tendis spicula, quam felix arcus certique petitor vulneris et iussum mentiri nescius ictum! scis, quo more Cydon, qua derigat arte sagittas Armenius, refugo quae sit fiducia Partho. sic Amphioniae pulcher sudore palaestrae Alcides pharetras Dircaeaque tela solebat praetemptare feris olim domitura Gigantas et pacem latura polo, semperque cruentus ibat et Alcmenae praedam referebat ovanti. caeruleus tali prostratus Apolline Python inplicuit fractis moritura volumina silvis. cum vectaris equo simulacraque Martia ludis, quis molles sinuare fugas, quis tendere contum acrior aut subitos melior flexisse recursus? non te Massagetae, non gens exercita campo Thessala, non ipsi poterunt aequare bimembres; vix comites alae, vix te suspensa secuntur agmina ferventesque tument post terga dracones. utque tuis primum sonipes calcaribus arsit, ignescunt patulae nares, non sentit harenas ungula discussaeque iubae sparguntur in armos. turpantur phalerae, spumosis morsibus aurum fumat, anhelantes exundant sanguine gemmae.

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roten Schein des Helmbusches und mit dem Helm noch größer wirkend. [525] So sah Mars aus, als er zum ersten Mal mit thrakischer Lanze trainierte und die Flüsse des Rhodopegebirges dem kindlichen Gott den Schweiß abwuschen. Welche Kräfte zeigen sich in deinem Speerwurf, und wenn du die kretischen Pfeile auflegst, wie erfolgreich ist dein Bogen: Er schlägt eine unausweichliche Wunde und kann nicht anders, als den befohlenen Treffer zuverlässig auszuführen. [530] Du weißt, auf welche Art man in Kydonia schießt, mit welcher Technik der Armenier seine Pfeile ausrichtet, worauf der Parther bei seiner Scheinflucht vertraut. So pflegte Herakles, vom Staub der Palästra in Amphions Stadt herrlich anzusehen, vorab an wilden Tieren die Köcher und thebanischen Geschosse zu erproben, die einst siegreich gegen Giganten zum Einsatz kommen [535] und dem Himmel Frieden bringen sollten; und immer kam er blutbefleckt heim und brachte der jubelnden Alkmene die Jagdbeute nach Hause. So war Apoll anzusehen, als der blaue Python, von ihm niedergestreckt, seinen Leib im Todeskampf um die Wälder schlang, die unter ihm zersplitterten. Wenn du auf dem Ross reitest und im Spiel Krieg übst, [540] wer wäre da geschickter, in sanftem Bogen ein Fluchtmanöver zu reiten, wer wäre hitziger darin, die Lanze auf ein Ziel zu richten, oder besser darin, plötzlich eine Kehrtwendung zu lenken? Darin können dich nicht die Massageten erreichen, nicht die Thessalier, die geübte Reiter auf ihrer Ebene sind, ja nicht einmal die Kentauren mit ihren Pferdeleibern. [544] Nur mit Mühe halten die Reiter, die dich begleiten, dein Tempo, nur mit Mühe folgen dir die dahinfliegenden Abteilungen, und in ihrem Rücken bauschen sich die zischenden Drachenstandarten im Wind. Und sobald das Ross von deinen Sporen entflammt wurde, speien die geweiteten Nüstern Funken und die Hufe berühren nicht mehr den Boden, die Mähne wird aufgewirbelt und verteilt sich über die Schultern. Der Brustschmuck wird verunstaltet, das goldene Gebiss dampft vom Schaum der Bisse, und die vom Atem beschlagenen Edelsteine

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ipse labor pulvisque decet confusaque motu caesaries; vestis radiato murice solem conbibit, ingesto crispatur purpura vento. si dominus legeretur equis, tua posceret ultro verbera Nereidum stabulis nutritus Arion serviretque tuis contempto Castore frenis Cyllarus et flavum Xanthus sprevisset Achillem. ipse tibi famulas praeberet Pegasus alas portaretque libens, melioraque pondera passus Bellerophonteas indignaretur habenas. quin etiam velox Aurorae nuntius Aethon, qui fugat hinnitu stellas roseoque domatur Lucifero, quotiens equitem te cernit ab astris, invidet inque tuis mavult spumare lupatis.

nunc quoque quos habitus, quantae miracula pompae vidimus, Ausonio cum iam succinctus amictu per Ligurum populos solito conspectior ires atque inter niveas alte veherere cohortes, obnixisque simul pubes electa lacertis sidereum gestaret onus! sic numina Memphis in vulgus proferre solet; penetralibus exit effigies, brevis illa quidem, sed plurimus infra liniger inposito suspirat vecte sacerdos, testatus sudore deum; Nilotica sistris ripa sonat Phariosque modos Aegyptia ducit tibia; summissis admugit cornibus Apis. omnis nobilitas, omnis tua sacra frequentat Thybridis et Latii suboles; convenit in unum

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fließen von Blut. [551] Die Strapazen selbst und der Staub und das von der Bewegung zerzauste Haar verleihen dir Anmut: Dein Gewand zieht mit dem strahlenden Purpur den Glanz der Sonne ein, der Purpur flattert, wenn sich der Wind darin verfangen hat. Wenn die Pferde ihren Herren wählen dürften, würde von sich aus [555] Arion deine Peitsche fordern, der in den Ställen der Nereiden aufgezogen wurde, Cyllarus würde auf Castor verzichten und deinen Zügeln dienen, und Xanthus wollte den blonden Achill nicht mehr zum Herrn haben. Selbst Pegasus böte dir dienstbereit seine Schwingen und trüge dich bereitwillig; da er nun ein besseres Gewicht trägt, [560] würde er sich über die Lenkung des Bellerophon empören. Ja selbst Aethon, der schnelle Bote der Aurora, der mit seinem Wiehern die Sterne vom Himmel treibt und vom rosenroten Lucifer gezähmt wird, reagiert, sooft er dich als Reiter vom Sternenhimmel herabsieht, mit Neid und will lieber von deinem Zügel gelenkt Schaum speien. Processus consularis [565] Auch heute: Welche Gewänder, welche Augenweide eines staunenswerten Festzugs haben wir sehen dürfen, als du bereits mit der römischen Toga drapiert noch schöner als gewohnt durch die Volksscharen der Ligurer zogst und auf hohem Sitz zwischen weißgewandeten Kohorten getragen wurdest, während auserwählte Mannen auf ihren Schultern [570] die göttliche Last trugen! So präsentiert Memphis seine Gottheiten dem versammelten Volk, aus dem Tempel kommt das Götterbild, klein ist es zwar, doch eine große Zahl von Priestern im Leinengewand ächzt, wenn die Tragestange ihnen aufgelegt wurde, und bestätigt durch ihren Schweiß, dass sie einen Gott trägt. Von den Kultklappern [575] erschallen die Ufer des Nils, und die ägyptische Flöte spielt Weisen von Pharos; dazu brüllt der Apis-Stier, indem er die Hörner senkt. Die gesamte Aristokratie, alle, die am Tiber und in Latium wohnen, nehmen an deiner heiligen Feier teil; an e i n e n Ort ver-

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quidquid in orbe fuit procerum, quibus auctor honoris vel tu vel genitor. numeroso consule consul cingeris et socios gaudes admittere patres. inlustri te prole Tagus, te Gallia doctis civibus et toto stipavit Roma senatu. portatur iuvenum cervicibus aurea sedes ornatuque novo gravior deus. asperat Indus velamenta lapis pretiosaque fila zmaragdis ducta virent; amethystus inest et fulgor Hiberus temperat arcanis hyacinthi caerula flammis. nec rudis in tali suffecit gratia textu; auget acus meritum picturatumque metallis vivit opus: multaque animantur iaspide cultus et variis spirat Nereia baca figuris. quae tantum potuit digitis mollire rigorem ambitiosa colus? vel cuius pectinis arte traxerunt solidae gemmarum stamina telae? invia quis calidi scrutatus stagna profundi Tethyos invasit gremium? quis divitis algae germina flagrantes inter quaesivit harenas? quis iunxit lapides ostro? quis miscuit ignes Sidonii rubrique maris? tribuere colorem Phoenices, Seres subtegmina, pondus Hydaspes. hoc si Maeonias cinctu graderere per urbes, in te pampineos transferret Lydia thyrsos, in te Nysa choros; dubitarent orgia Bacchi, cui furerent; irent blandae sub vincula tigres. talis Erythraeis intextus nebrida gemmis

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sammeln sich alle Edlen, die es auf der Welt gibt, alle, die ihr Amt [580] dir oder deinem Vater verdanken. Du, der Konsul, wirst von zahlreichen Konsuln umringt und hast deine Freude daran, die Kollegenschaft der Senatoren zu empfangen. Mit edlen Abkömmlingen hat dich der Tajo, mit gelehrten Bürgern hat dich Gallien reich umgeben und Rom mit seinem ganzen Senat. Auf den Schultern junger Männer wird der goldene Sitz getragen [585] und der Gott, der durch das neue Prachtgewand noch gewichtiger ist. Indischer Edelstein erhebt sich auf dem Stoff des Umhangs, die wertvollen eingewobenen Fäden färben sich durch die Smaragde grün; Amethyst fehlt nicht, und der spanische Goldglanz schwächt mit seinem inneren Feuer das Hyazinthblau ab. Doch die natürliche Schönheit allein reichte in einem solchen Gewebe noch nicht aus: [590] Die Sticknadel erhöht den Wert, und das Werk wird zum Leben erweckt, indem es mit Goldfäden bebildert ist: Mit einer Menge an Jaspis werden die Gewänder belebt und die Meeresperle atmet in verschiedenen Figuren. Welcher ehrgeizige Spinnrocken konnte für die Finger ein so starres Material geschmeidig machen? Und was für ein kunstreicher Webkamm schaffte es, [595] die Fäden von Edelsteinen für ein so festes Gewebe zu führen? Wer hat die unzugänglichen Wasser der warmen See durchsucht und ist bis in den Schoß der Tethys vorgedrungen? Wer hat im heißen Sand nach den sprießenden Ästen der Koralle gesucht? Wer hat die Edelsteine mit der Purpurschnecke verbunden; wer hat das Feuer [600] des tyrischen Meers mit dem des Roten Meeres zusammengebracht? Die Purpurfarbe hat Phönizien beigesteuert, die Seidenstoffe die Serer und das Gewicht seiner Steine der Hydaspes. Wenn du in dieser Drapierung durch die Städte Kleinasiens zögest, würde Lydien seine rankenumschlungenen Thyrsosstäbe für dich einsetzen, und Nysa seine Chorreigen. Die Dionysos-Anhänger wären sich nicht mehr sicher, [605] für wen sie in Raserei verfallen sollen; die Tigerinnen ließen sich mit freundlichem Schnurren einspannen; genauso treibt Dionysos im Kitzfell,

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Liber agit currus et Caspia flectit eburnis colla iugis; Satyri circum crinemque solutae Maenades adstringunt hederis victricibus Indos; ebrius hostili velatur palmite Ganges. auspice mox laetum sonuit clamore tribunal te fastos ineunte quater. sollemnia ludit omina libertas; deductum Vindice morem lex celebrat, famulusque iugo laxatus erili ducitur et grato remeat securior ictu. tristis condicio pulsata fronte recedit: in civem rubuere genae, tergoque removit verbera permissi felix iniuria voti.

prospera Romuleis sperantur tempora rebus in nomen ventura tuum. praemissa futuris dant exempla fidem: quotiens te cursibus anni praefecit, totiens accessit laurea patri. ausi Danubium quondam tranare Gruthungi in lintres fregere nemus; ter mille ruebant per fluvium plenae cuneis inmanibus alni; dux Odothaeus erat. tantae conamina classis incipiens aetas et primus contudit annus. submersae sedere rates; fluitantia numquam largius Arctoos pavere cadavera pisces; corporibus premitur Peuce; per quinque recurrens

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das mit Gemmen vom Roten Meer besetzt ist, seinen Wagen an und lenkt die Hälse der kaspischen Tiger im elfenbeinernen Joch. Die Satyrn ringsum und die Mänaden mit gelöstem Haar legen die Inder in die Siegesbande der Efeuranken. [610] Trunken verhüllt sich der Ganges mit dem Weinlaub seines Gegners. Von Glückwunschrufen hallte darauf dein erhöhter Sitz erfreut wider, als du zum vierten Mal das Jahr eröffnet hast. Die Freiheit inszeniert ihr feierliches Symbol: Das Gesetz feiert das Ritual, das sich von Vindex herleitet, und der Sklave, an dem die Freilassung aus dem Dienst des Herrn vollzogen wird, wird herbeigeführt und kehrt sorgloser durch den dankbar empfangenen Befreiungsschlag zurück. [616] Sein unwürdiges Los weicht von ihm, weil die Ohrfeige sein Haupt getroffen hat: Damit er ein freier Bürger wird, mussten sich seine Wangen röten; und die glückverheißende Beleidigung, die das Ziel seiner Wünsche ist, hat seinen Rücken von Schlägen erlöst. Blick in die glückliche Zukunft Für den römischen Staat werden nun glückliche Zeiten erwartet, [620] die für ein Jahr, das deinen Namen trägt, kommen werden. Die bisherigen Beispiele geben zuversichtliche Hoffnung für die zukünftigen Konsulate: Immer, wenn dein Vater den Lauf eines Jahres unter deinen Namen gestellt hat, wurde ihm ein Siegeskranz zuteil. Einmal hatten es die Greutungen gewagt, die Donau zu überqueren, und hatten Wälder gefällt, um Kähne zu bauen. Dreitausend Kähne schossen, [625] angefüllt mit gewaltigen Abteilungen, über den Fluss; ihr Anführer war Odothaeus. Doch das kühne Unternehmen einer so gewaltigen Flotte zerschellte an deinen jungen Jahren und deinem ersten Konsulatsjahr: Versenkt lagen die Schiffe am Grund. Niemals haben im Fluss treibende Leichen den Fischen des Nordens reichere Nahrung geboten. [630] Die Leichen werden für die Insel Peuke zur Last; in all ihren fünf Mündungen aufgestaut, hat wohl die Donau das Blut der

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ostia barbaricos vix egerit unda cruores; confessusque parens Odothaei regis opima rettulit exuviasque tibi. civile secundis conficis auspiciis bellum. tibi debuit orbis fata Gruthungorum debellatumque tyrannum: Hister sanguineos egit te consule fluctus; Alpinos genitor rupit te consule montes. sed patriis olim fueras successibus auctor, nunc eris ipse tuis. semper venere triumphi cum trabeis sequiturque tuos Victoria fasces. sis, precor, adsiduus consul Mariique relinquas et senis Augusti numerum. quae gaudia mundo, per tua lanugo cum serpere coeperit ora, cum tibi protulerit festas nox pronuba taedas! quae tali devota toro, quae murice fulgens ibit in amplexus tanti regina mariti? quaenam tot divis veniet nurus, omnibus arvis et toto dotanda mari? quantusque feretur idem per Zephyri metas hymenaeus et Euri! o mihi si liceat thalamis intendere carmen conubiale tuis, si te iam dicere patrem! tempus erit, cum tu trans Rheni cornua victor, Arcadius captae spoliis Babylonos onustus communem maiore toga signabitis annum, crinitusque tuo sudabit fasce Suebus, ultima fraternas horrebunt Bactra secures.

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Barbaren kaum bewältigen können; und dein Vater, der gern bekannte, dir den Sieg zu verdanken, brachte dir die Rüstung des Anführers heim, die er König Odothaeus abgenommen hatte, und die Beutestücke. Mit deinem zweiten Konsulatsantritt brachtest du den Bürgerkrieg zu einem guten Ende. Dir verdankte die Welt [635] das Ende der Greutungen und den Sieg über den Usurpator: Die Donau führte blutige Wogen, als du Konsul warst; dein Vater überwand die Alpen, als du Konsul warst. Einst warst du für die Erfolge deines Vaters verantwortlich, jetzt wirst du deine eigenen Erfolge bewirken. Immer kamen Triumphe im Gefolge, [640] wenn du das Konsulsgewand angelegt hast. Und Victoria ist treue Begleiterin deiner Rutenbündel. Sei also bitte ohne Unterbrechung unser Konsul und lass die Zahl von Marius’ Konsulaten und die des betagten Augustus weit hinter dir. Welche Freude wird es für die ganze Welt sein, wenn sich der Bart auf deinen Wangen ausbreitet, wenn dir die Hochzeitsnacht die festlichen Fackeln voranträgt! [645] Welche Braut wird für eine solche Ehe bestimmt sein, welche Frau wird als Kaiserin in Purpur glänzend zur Umarmung eines so mächtigen Gemahls gehen? Welche Frau wird als Schwiegertochter zu so vielen göttlichen Vorfahren kommen und als Brautgabe alles Land und das ganze Meer empfangen? Was für ein Hochzeitshymnus wird sich gleichermaßen bis zu den Grenzen des Westens und des Ostens ausbreiten! [650] O wenn es mir erst vergönnt ist, das Hochzeitslied für deine Vermählung anzustimmen, und dich dann bald Vater zu nennen! Es wird der Zeitpunkt kommen, da ihr beide, du als Sieger über die Hörner des Rheins hinaus, und Arcadius, beladen mit den Beutestücken des eingenommenen Babylon, ein gemeinsames Jahr mit einer noch eindrucksvolleren Toga bezeichnen werdet, [655] und der langhaarige Suebe unter deinem Konsulat Schweiß vergießen wird und das hinterste Baktrien den Beilen deines Bruders furchtsam gehorchen wird.

Hochzeitsgedicht für Kaiser Honorius und Maria Feszenninen für Kaiser Honorius und Maria

Einführung Stilichos Machtposition war infolge der Ächtung, die der byzantinische Senat auf Veranlassung Eutrops im Herbst 397 bekanntgegeben hatte, geschwächt. Gildo nutzte im Winter 397/398 die diplomatische Krise, um die Kornlieferung aus Africa nach Italien einzustellen und Westrom so unter Druck zu setzen. Stilicho, als Staatsfeind (πολέμιος) persönlich für die Spannungen verantwortlich gemacht, hatte ein starkes Interesse daran, seine durch die Heirat mit Serena bereits bestehende familiäre Verbindung zum Kaiserhaus zu bekräftigen. Dies geschah noch vor Mascezels Feldzug gegen Gildo, als nämlich der dreizehnjährige Honorius in den letzten Wintermonaten 398 Stilichos Tochter Maria heiratete (vgl. zur Chronologie Döpp [1980] 114 und Stil. I 3–7a). Schon Anfang 398 hatte Claudian die Hochzeit des Kaisers angekündigt (4 cons. Hon. 642b–649). Dass der Dichter selbst ein carmen conubiale für die Feierlichkeiten beisteuern wolle, hatte er im selben Zusammenhang bekundet (ibid., 650–651). Die Gattung war Claudian nicht fremd: Unter den Carmina minora (Nr. 25) ist ein weiteres, wohl früher zu datierendes Epithalamium aus seiner Feder überliefert (vgl. Horstmann [2004] 183–185). Es war eine ganze Reihe von Gedichten, die im Zusammenhang mit der kaiserlichen Hochzeit Anfang des Jahres 398 entstanden. Neben einem umfangreichen, episch-erzählenden Epithalamium, dem eine auf den konkreten Aufführungskontext referierende prae­fatio vorangestellt ist, dichtete Claudian vier kürzere Stücke (Fescen­nina) in verschiedenen lyrischen Versmaßen (1: alkäische Elf­silbler; 2: Strophen aus je drei Anakreonteen, einem choriambischen Dimeter und einem Aristophanius; 3: anapästische Dimeter; 4: Asklepiadeen). Mit seinen Feszenninen schließt Claudian an eine altrömische Praxis an, bei der der Bräutigam vor der Hoch-



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zeit mit improvisierten Spottversen bedacht wurde. Claudians Spott bewegt sich aber in engen Grenzen und liefert keineswegs das Hauptthema der Gedichte: Das erste Gedicht preist den jugendlich schönen Jäger Honorius, im zweiten Gedicht wird die Erde zur Hochzeitsfeier aufgefordert und das dritte Stück gilt dem Schwiegervater Stilicho. Erst im vierten Gedicht, das Honorius zum Vollzug der Ehe auffordert, kommt mit der explizit sexuellen Thematik ein obszön-spöttischer Ton zum Tragen. Weit entfernt von der sprichwörtlichen Fescennina licentia (Horaz, epist. 2, 1, 145), stellt Claudian auch diese kurzen Dichtungen unverkennbar unter epideiktisches Vorzeichen. Dass man trotzdem in den Kreisen des Hofes gerade dieses letzte Gedicht übel aufgenommen hat, kommt in der praefatio zum eigentlichen Hochzeitsgedicht (Epithal. Hon.) zum Ausdruck. Anders als z. B. in den Vorreden zu Rufin. I (vgl. 15‒18) oder Stil. III (vgl. 21‒24) verzichtet Claudian in dieser praefatio zwar auf eine allegorisierende Deutung des mythologischen Geschehens um die Hochzeit von Peleus und Thetis, die Thematik ‒ Terpsichores Gesang, die Kritik der Kentauren und das abschließende Lied Apollos ‒ legt einen Bezug auf die konkrete Rezitation Anfang 398 aber nahe. Die epische Handlung des Epithalamiums erzählt die Vorgeschichte der Hochzeit in einer Folge von Szenen, in denen Götter und konkrete historische Figuren miteinander interagieren: Amor, der den elegisch klagenden Kaiser mit seinen Liebespfeilen getroffen hat, veranlasst seine Mutter Venus dazu, Maria über die anstehende Hochzeit in Mailand zu informieren und das Fest zu arrangieren. Entscheidende Anregungen für die Gestaltung einzelner Szenen hat Claudian von Statius erhalten, der in seinem Hochzeitsgedicht für Stella und Violentilla (silv. 1, 2) ebenfalls eine mythologische Vorgeschichte der ehelichen Verbindung ins Zentrum stellt und Vorbilder für einige Episoden liefert (Beschreibung des Venuspalastes, Initiativrede Amors, Ekphrasis der Villa der Braut).

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Vorherrschend bei Claudian ist das panegyrische Element, das sich z. T. an rhetorische Vorgaben für die Gestaltung eines λόγος ἐπιθαλάμιος knüpft, wie sie etwa Menander Rhetor überliefert (vgl. Menander, Περὶ ἐπιδεικτικῶν, 6–7): Schon die praefatio über die Hochzeit von Peleus und Thetis hatte eine Empfehlung Menanders umgesetzt, einleitend auf berühmte Hochzeiten der Mythologie einzugehen (tract. II 399, 18–400, 29). Amor preist Maria mit Verweis auf ihre hohe Herkunft (116b–122a; vgl. tract. II 403, 8–25), und Venus, in der Rolle der pronuba (vgl. Horstmann [2004] 133), bringt das konventionelle Lob der Braut – laus sponsae – vor (vgl. tract. II 403, 26–404, 14). Der Hochzeitsbrauch der Brautheimführung (domum deductio) wird am Ende der epischen Handlung noch angedeutet (286–287a), bevor das Gedicht unkonventionell schließt: Die allocutio sponsalis, vorgetragen von den versammelten Soldaten, richtet sich nicht an die Brautleute, sondern an den Schwiegervater Stilicho (338–341). Claudian greift einmal mehr souverän auf traditionelle Gestaltungsmuster zurück, um die in diesem Fall d r e i Hauptpersonen seines Gedichts – Honorius, Maria und Stilicho – zu preisen.

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Honorius klagt über sein Liebesleid.

46–144 Amor auf Zypern 46–96 Der Venuspalast auf Zypern (ἔκφρασις) 97–122 Amor berichtet Venus von seinem Sieg über Honorius. 122–144 Venus macht sich zurecht und lässt nach Triton suchen. 144–341 Venus in Mailand 144–179 Die Seereise der Venus 180–227 Venus kommt in Mailand an und fordert zur Festfreude auf. 228–281 Venus sucht die Braut Maria auf und überbringt ihr den Antrag. 282–294 Vorbereitungen für die Hochzeit 295–341 Das Heer versammelt sich um Stilicho und preist seinen Feldherrn.

9 Epithalamii dicti Honorio Augusto et Mariae praefatio Surgeret in thalamum ducto cum Pelion arcu nec caperet tantos hospita terra deos, cum socer aequoreus numerosaque turba sororum certarent epulis continuare dies praeberetque Iovi communia pocula Chiron, molliter obliqua parte refusus equi, Peneus gelidos mutaret nectare fontes, Oetaeis fluerent spumea vina iugis, Terpsichore facilem lascivo pollice movit barbiton et molles duxit in antra choros. carmina nec superis nec displicuere Tonanti, cum teneris nossent congrua vota modis. Centauri Faunique negant. quae flectere Rhoecon, quae rigidum poterant plectra movere Pholum? septima lux aderat caelo totiensque renato viderat exactos Hesperus igne choros: tum Phoebus, quo saxa domat, quo pertrahit ornos, pectine temptavit nobiliore lyram, venturumque sacris fidibus iam spondet Achillem, iam Phrygias caedes, iam Simoenta canit. frondoso strepuit felix hymenaeus Olympo: reginam resonant Othrys et Ossa Thetin.

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9 Vorrede zum Hochzeitsgedicht für Kaiser Honorius und Maria Als sich der Pelion erhob und ein Gewölbe schuf, um das Hochzeitsgemach zu bilden, und das gastfreundliche Land die gewaltige Menge von Göttern nicht fassen konnte, als der Schwiegervater aus dem Meer und die zahlreiche Schwesternschar mit Banketten das Fest viele Tage unermüdlich fortsetzten, [5] Chiron Jupiter die Becher zum gemeinsamen Trank reichte und sich weich mit der Seite seines Pferdeleibes niedergelegt hatte, der Peneus statt der kalten Wasser Nektar führte und von den Kämmen des Oitegebirges der Wein schäumend floss, da bewegte Terpsichore aufreizend mit dem Daumen die Saiten ihrer gefügigen [10] Leier und führte anmutige Reigen in die Grotte. Die Gesänge fanden weder bei den anderen Göttern noch bei Jupiter Missfallen, da sie wussten, dass die Wünsche zur Hochzeit mit den zarten Melodien harmonierten. Die Kentauren und Faune waren anderer Meinung. Welches Saitenspiel hätte auch Rhoikos rühren, welches den unempfindlichen Pholos bewegen können? [15] Der siebte Tag war schon gekommen, sieben Mal hatte Hesperus die Reigen der Sterne gesehen, die er mit seinem wiedererstandenen Licht heraufgeführt hatte: Da berührte Apoll mit jenem vornehmeren Plektron, mit dem er Felsen bezwingt und Eschen in Bewegung setzt, seine Leier und verkündete schon mit dem Klang seiner heiligen Saiten den kommenden Achill, [20] das Morden in Phrygien und den Simois. Ein glücksverheißendes Hochzeitslied erschallte auf dem belaubten Olymp: Othrys und Ossa klangen wider vom Namen ihrer Königin Thetis.

10 Epithalamium dictum Honorio Augusto et Mariae Hauserat insolitos promissae virginis ignes Augustus primoque rudis flagraverat aestu; nec novus unde calor nec quid suspiria vellent noverat incipiens et adhuc ignarus amandi. non illi venator equus, non spicula curae, non iaculum torquere libet; mens omnis aberrat in vultus quos finxit Amor. quam saepe medullis erupit gemitus! quotiens incanduit ore confessus secreta rubor nomenque beatum iniussae scripsere manus! iam munera nuptae praeparat et pulchros, Mariae sed luce minores, eligit ornatus, quidquid venerabilis olim Livia divorumque nurus gessere superbae. incusat spes aegra moras longique videntur stare dies segnemque rotam non flectere Phoebe. Scyria sic tenerum virgo flammabat Achillem fraudis adhuc expers bellatricesque docebat ducere fila manus et, mox quos horruit Ide, Thessalicos roseo pectebat pollice crines. haec etiam queritur secum: ‘quonam usque verendus cunctatur mea vota socer? quid iungere differt quam pepigit castasque preces inplere recusat?

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10 Hochzeitsgedicht für Kaiser Honorius und Maria Honorius klagt über sein Liebesleid. Der Kaiser spürte ungekannte Liebesglut nach dem Mädchen, das ihm versprochen war, in sich wachsen, und der Neuling war im ersten Liebesfeuer entflammt; und woher die neuartige Hitze kam und was die Seufzer bedeuten mochten, wusste der Anfänger, unkundig in der Liebe, nicht. [5] Weder war ihm sein Jagdpferd mehr wichtig, noch seine Pfeile, auch den Speer zu werfen hatte er keine Lust; all seine Gedanken schweiften zu den Gesichtszügen ab, die Amor gebildet hatte. Wie oft brach aus seinem Inneren ein Seufzer hervor! Wie oft erglühte die Röte auf seinem Gesicht und gab seine Geheimnisse preis, und wie oft [10] schrieben seine Hände unwillkürlich den glücklichen Namen! Schon bereitete er für seine Braut Geschenke vor und suchte schöne Schmuckstücke für sie aus, die in ihrem Glanz Maria freilich nicht gleichkommen konnten: alles, was einst die ehrwürdige Livia und die stolzen Frauen aus den hohen Kaiserfamilien getragen hatten. Krank vor Erwartung klagte er die Wartezeit an und es schien ihm, [15] dass die langen Tage stillstanden und Phoebe ihr träges Rad nicht bewegte. So entflammte das Mädchen von Skyros, das sich noch auf keine Verführungskunst verstand, den jungen Achill, lehrte die Hände des Kriegers Spinnfäden ziehen und kämmte die Haare des Thessaliers, vor denen bald darauf das ganze Idagebirge erschrecken sollte, mit ihrem rosigen Daumen. [20] Auch sprach er klagend zu sich selbst: »Wie lange zögert mein verehrter Schwiegervater die Erfüllung meiner Wünsche noch hinaus? Warum schiebt er die Verbindung mit der Frau auf, die er mir versprochen hat, und weigert sich, meine keuschen Bitten zu erfüllen? Ich bin nicht der typischen Zügellosigkeit der Könige ge-

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non ego luxuriem regum moremque secutus quaesivi vultum tabulis, ut nuntia formae lena per innumeros iret pictura penates; nec variis dubium thalamis lecturus amorem ardua commisi falsae conubia cerae. non rapio praeceps alienae foedera taedae, sed quae sponsa mihi pridem patrisque relicta mandatis uno materni sanguinis ortu communem partitur avum. fastigia supplex deposui gessique procum; de limine sacro oratum misi proceres, qui proxima nobis iura tenent. fateor, Stilicho, non parva poposci, sed certe mereor princeps hoc principe natus, qui sibi te generum fraterna prole revinxit, cui Mariam debes. faenus mihi solve paternum, redde suos aulae. mater fortasse rogari mollior. o patrui germen, cui nominis heres successi, sublime decus torrentis Hiberi, stirpe soror, pietate parens, tibi creditus infans inque tuo crevi gremio, partuque remoto tu potius Flaccilla mihi. quid dividis ergo pignora? quid iuveni natam non tradis alumno? optatusne dies aderit? dabiturne iugalis nox umquam?’

tali solatur vulnera questu. risit Amor placidaeque volat trans aequora matri

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folgt und habe nicht mithilfe von Gemälden nach einem passenden Antlitz gesucht, sodass nämlich die Maler als Boten der Schönheit [25] kuppelnd unzählige Häuser durchzogen hätten. Auch habe ich diese hohe Hochzeit nicht der Vermittlung parteiischer Schreiben überlassen, um auf diese Weise in den verschiedensten Gemächern nach ungewisser Liebe zu suchen. Ich breche nicht aus Eigennutz übereilt den Bund fremder Ehen, sondern wünsche mir die Frau, die mir schon lange versprochen und nach den Anordnungen des Vaters überlassen wurde, [30] und die durch die gemeinsame Herkunft von Seiten der Mutter einen gemeinsamen Vorfahren mit mir teilt. Ich liege auf den Knien, habe meine Würde abgelegt und die Rolle des Freiers angenommen; vom kaiserlichen Palast aus habe ich die vornehmsten Personen, deren Stellung der meinen am nächsten kommt, als Bittsteller abgesandt. Stilicho, ich gebe zu, dass ich nichts Geringes gefordert habe, [35] aber gewiss verdiene ich es als Kaiser; ich stamme ja von dem Kaiser ab, der dich als Schwiegersohn durch die Tochter seines Bruders an sich band und der du wiederum Maria verdankst. Zahle mir den Zins, den du meinem Vater schuldest; gib dem Kaiserhaus die Seinen zurück. Vielleicht ist ihre Mutter mit Bitten leichter zu erweichen. Du Tochter meines Onkels, dessen Namen [40] ich ererbt habe, du erhabene Zier des rauschenden Ebro, Cousine der Abkunft, Mutter der Fürsorge nach, dir wurde ich als Kleinkind anvertraut und in deinem Schoß bin ich aufgewachsen; sieht man von der Geburt ab, so warst du viel eher meine Flaccilla. Warum trennst du also deine Kinder? Warum übergibst du deinem Pflegesohn nicht die Tochter? [45] Wird der ersehnte Tag einmal kommen? Wird mir jemals die Hochzeitsnacht gewährt werden?« Der Venuspalast auf Zypern Mit solchen Klagen linderte er seine Wunden. Amor lachte auf, flog als Bote über das Meer zu seiner sanften Mutter und breitete

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nuntius et totas iactantior explicat alas. mons latus Ionium Cypri praeruptus obumbrat, invius humano gressu, Phariumque cubile Proteos et septem despectat cornua Nili. hunc neque canentes audent vestire pruinae, hunc venti pulsare timent, hunc laedere nimbi. luxuriae Venerique vacat. pars acrior anni exulat; aeterni patet indulgentia veris. in campum se fundit apex; hunc aurea saepes circuit et fulvo defendit prata metallo. Mulciber, ut perhibent, his oscula coniugis emit moenibus et tales uxorius obtulit arces. intus rura micant, manibus quae subdita nullis perpetuum florent, Zephyro contenta colono, umbrosumque nemus, quo non admittitur ales, ni probet ante suos diva sub iudice cantus: quae placuit, fruitur ramis; quae victa, recedit. vivunt in Venerem frondes omnisque vicissim felix arbor amat: nutant ad mutua palmae foedera, populeo suspirat populus ictu et platano platanus alnoque adsibilat alnus. labuntur gemini fontes, hic dulcis, amarus alter, et infusis corrumpunt mella venenis, unde Cupidineas armari fama sagittas. mille pharetrati ludunt in margine fratres, ore pares, aevo similes, gens mollis Amorum. hos Nymphae pariunt, illum Venus aurea solum edidit. ille deos caelumque et sidera cornu temperat et summos dignatur figere reges;

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stolz in voller Länge die Flügel aus. [49] Ein steiler Berg, menschlichen Schritten unzugänglich, wirft seine Schatten auf die zum Jonischen Meer weisende Seite Zyperns und blickt auf die Schlafstätte des Proteus in Pharos und die sieben Mündungen des Nils hinunter. Nicht wagt es der weiße Schnee, ihn zu bedecken, nicht wagen es die Sturmwinde, ihn zu treffen, nicht der Regen, ihm Schaden zuzufügen. Nur für das Vergnügen und für Venus bietet er Raum. Die strengere Zeit des Jahres ist [55] von dem Berg verbannt; und es entfaltet sich die Süße ewigen Frühlings. Ganz oben bildet der Berg ein Plateau; dieses umgibt ein goldener Zaun und schützt die Wiesen mit seinem gelben Metall. Wie man sagt, hat Vulcanus mit dieser Umzäunung die Küsse seiner Gattin erkauft und als gehorsamer Ehemann seiner Frau eine solche Burg zum Geschenk gemacht. [60] Drinnen glänzen Felder, die ohne Einwirkung von Menschenhand unablässig blühen und denen die Pflege durch Zephyrus genügt, und ein schattiger Hain, zu dem kein Vogel Zutritt hat, wenn er nicht zuvor seine Gesangskunst vor der richtenden Göttin unter Beweis gestellt hat: Findet einer ihre Gunst, so darf er sich in den Zweigen aufhalten; überzeugt er nicht, so zieht er ab. [65] Ihre Blätter leben für Venus und all die glücklichen Bäume lieben einander wechselseitig: Die Palmen neigen sich, um sich gegenseitig zu verbinden, die eine Pappel wird von der anderen Pappel berührt und seufzt auf, und die Platane flüstert zur Platane, die Erle zur Erle. Zwei Quellen fließen ‒ die eine süß, bitter [70] die andere ‒, und verderben ihr honigsüßes Wasser, indem sie Gift zugießen, womit (so heißt es) die Pfeile der Eroten für den Kampf bereitgemacht werden. Tausend Brüder mit ihren Köchern spielen am Ufer, ähnlich in ihren Gesichtszügen und gleich an Jahren, das zarte Volk der Eroten. Diese gebären Nymphen, Amor hingegen hat als einzigen die goldene Venus [75] zur Welt gebracht. Er beherrscht Götter, Himmel und Sterne mit seinem Bogen und lässt sich dazu herbei, seine Pfeile auf die mächtigsten Könige zu richten; sie da-

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hi plebem feriunt. nec cetera numina desunt: hic habitat nullo constricta Licentia nodo et flecti faciles Irae vinoque madentes Excubiae Lacrimaeque rudes et gratus amantum Pallor et in primis titubans Audacia furtis iucundique Metus et non secura Voluptas; et lasciva volant levibus Periuria pinnis. quos inter petulans alta cervice Iuventas excludit Senium luco. procul atria divae permutant radios silvaque obstante virescunt. Lemnius haec etiam gemmis extruxit et auro admiscens artem pretio trabibusque zmaragdi supposuit caesas hyacinthi rupe columnas. beryllo paries et iaspide lubrica surgunt limina despectusque solo calcatur achates. in medio glaebis redolentibus area dives praebet odoratas messes: hic mitis amomi, hic casiae matura seges, Panchaeaque turgent cinnama, nec sicco frondescunt vimina costo tardaque sudanti prorepunt balsama ligno.

quo postquam delapsus Amor longasque peregit pinna vias, alacer passuque superbior intrat. caesariem tum forte Venus subnixa corusco fingebat solio. dextra laevaque sorores stabant Idaliae: largos haec nectaris imbres inrigat, haec morsu numerosi dentis eburno multifidum discrimen arat; sed tertia retro dat varios nexus et iusto dividit orbes

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gegen treffen das einfache Volk. Auch die übrigen Gottheiten fehlen nicht: Hier wohnen die Freizügigkeit, die kein Knoten fesselt, die Zornanfälle, die sich leicht wieder umstimmen lassen, die durchwachten Nächte, feucht vom Wein, [80] die Tränen erster Liebe, die willkommene Blässe der Liebenden, der Wagemut, der bei den ersten heimlichen Affären unsicher schwankt, die angenehme Angst und die gefährliche Lust; auch fliegen ausgelassen falsche Schwüre auf leichten Federn umher. Mitten unter ihnen sperrt Jugend hoch erhobenen Hauptes frech [85] das Alter aus dem Hain aus. Etwas weiter entfernt reflektieren die Atrien der Göttin das Licht, und vom Spiegelbild der Bäume erscheinen sie grün. Auch sie hat der Gott aus Lemnos mit Edelsteinen und Gold errichtet, indem er seine Kunstfertigkeit mit dem wertvollen Material verband, und unter die Architrave aus Smaragd hat er Säulen gestellt, die aus Hyazinthstein gehauen sind. [90] Aus Beryll erhebt sich die Wand, aus Jaspis die glatt geschliffene Türschwelle, achtlos tritt man auf Achat am Fußboden. Im Inneren bietet eine Fläche, reich an duftenden Schollen, eine wohlriechende Ernte dar: Hier steht reif die Saat vom milden Amomum, dort von der Duftkassie, es strotzt der Zimt aus Panchaia, [95] auf nimmer trockenem Kostwurz belauben sich die Zweige und zäh kriecht der Balsam aus dem triefenden Holz hervor. Amor berichtet Venus von seinem Sieg über Honorius. Als Amor dort hinab geflogen war und seine Flügel den langen Weg durchmessen hatten, trat er munter und stolzeren Schrittes als sonst ein. Venus saß gerade auf einem glänzenden Thron und frisierte ihr Haar. Rechts und links [100] standen die idalischen Schwestern: Die eine goss einen reichlichen Regen von Nektar über sie, die andere zog mit den zahlreichen Zähnen ihres elfenbeinernen Kammes vielfach unterteilte Strähnen; die dritte aber band ihr hinten verschiedene Knoten und brachte ihre Locken in

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ordine neclectam partem studiosa relinquens: plus error decuit. speculi nec vultus egebat iudicio. similis tecto monstratur in omni et capitur, quocumque videt. dum singula cernit, seque probat, nati venientis conspicit umbram ambrosioque sinu puerum conplexa ferocem ‘quid tantum gavisus?’ ait; ‘quae proelia sudas, inprobe? quis iacuit telis? iterumne Tonantem inter Sidonias cogis mugire iuvencas? an Titana domas? an pastoralia Lunam rursus in antra vocas? durum magnumque videris debellasse deum.’ suspensus in oscula matris ille refert: ‘laetare, parens; inmane tropaeum rettulimus. nostrum iam sensit Honorius arcum. scis Mariam patremque ducem, qui cuspide Gallos Italiamque fovet, nec te praeclara Serenae fama latet. propera; regalibus adnue votis, iunge toros.’

gremio natum Cytherea removit et crines festina ligat peplumque fluentem adlevat et blando spirantem numine ceston cingitur, inpulsos pluviis quo mitigat amnes, quo mare, quo ventos irataque fulmina solvit. ut stetit ad litus, parvos adfatur alumnos: ‘ecquis erit, pueri, vitreas qui lapsus in undas huc rapidum Tritona vocet, quo vecta per altum deferar? haud umquam tanto mihi venerit usu.

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die rechte [105] Ordnung, darauf bedacht, einen Teil natürlich fallen zu lassen: Gerade die Unregelmäßigkeit stand ihr nämlich noch mehr. Auch musste ihr Gesicht nicht ohne die Kontrolle durch den Spiegel auskommen. Ihr Abbild sah man im ganzen Haus und wohin ihr Blick auch fiel, sie war fasziniert. Während sie noch die Einzelheiten betrachtete und mit ihrem Aussehen zufrieden war, sah sie den Schatten ihres ankommenden Sohnes, [110] umarmte den wilden Knaben auf ihrem nach Ambrosia duftenden Schoß und sagte: »Warum so fröhlich? Von welchen Kämpfen steht dir der Schweiß auf der Stirn, du Schelm? Wer ist deinen Pfeilen erlegen? Zwingst du Jupiter noch einmal, unter den Kühen von Sidon zu muhen? Oder machst du dir den Titan untertänig? Oder rufst du wieder die Mondgöttin in die Höhlen des Hirten? Streng und gewaltig scheint mir [115] der Gott zu sein, den du niedergerungen hast.« Er aber streckte sich, um die Mutter zu küssen, und sagte: »Freue dich, Mutter; wir haben eine gewaltige Trophäe errungen. Schon hat Honorius unseren Bogen zu spüren bekommen. Du kennst Maria und ihren Vater, der als Feldherr mit seiner Lanze die Gallier [120] und Italien schützt, auch ist dir das hohe Ansehen Serenas nicht unbekannt geblieben. Schnell, stimme den Wünschen des Kaisers zu und schließe den Ehebund.« Venus macht sich zurecht und lässt nach Triton suchen. Cytherea ließ ihren Sohn von ihrem Schoß aufstehen, band sich rasch die Haare zusammen, raffte ihr wallendes Gewand und schnürte sich ihren Gürtel mit dem Liebeszauber um, [125] mit dem sie die vom Regen angeschwollenen Flüsse besänftigt und das Meer, die Winde und die zornigen Blitze schwächt. Sowie sie am Ufer stand, sagte sie zu ihren kleinen Zöglingen: »Wird denn einer von euch, Knaben, in die kristallklaren Wellen steigen und den schnellen Triton herbestellen, damit ich auf ihm über das hohe Meer [130] reite? Nie hatte ich ihn nötiger als

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sacri, quos petimus, thalami. pernicius omnes quaerite, seu concha Libycum circumsonat aequor, Aegaeas seu frangit aquas. quicumque repertum duxerit, aurata donabitur ille pharetra.’ dixerat, et sparsa diversi plebe feruntur exploratores. pelagi sub fluctibus ibat Carpathii Triton obluctantemque petebat Cymothoen. timet illa ferum seseque sequenti subripit et duris elabitur uda lacertis. ‘heus’ inquit speculatus Amor, ‘non vestra sub imis furta tegi potuere vadis. accingere nostram vecturus dominam: pretium non vile laboris Cymothoen facilem, quae nunc detractat, habebis. hac mercede veni.’

prorupit gurgite torvus semifer; undosi verrebant bracchia crines; hispida tendebat bifido vestigia cornu, qua pistrix commissa viro. ter pectora movit; iam quarto Paphias tractu sulcabat harenas. umbratura deam retro sinuatur in arcum belua; tum vivo squalentia murice terga purpureis mollita toris: hoc navigat antro fulta Venus; niveae delibant aequora plantae. prosequitur volucer late comitatus Amorum tranquillumque choris quatitur mare. serta per omnem Neptuni dispersa domum. Cadmeia ludit Leucothea, frenatque rosis delphina Palaemon; alternas violis Nereus interserit algas;

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heute. Heilig ist die Hochzeit, die unser Ziel ist. Sucht ihn alle möglichst geschwind, ob er nun mit seiner Muscheltrompete rings auf dem libyschen Meer bläst oder die Wellen der Ägäis bezwingt. Wer ihn findet und herbeiführt, wird mit einem vergoldeten Köcher belohnt.« [135] So hatte sie gesprochen, die Menge zerstreute sich und die Kundschafter stürmten los. Unter den Wogen des karpatischen Meeres zog Triton seiner Wege und setzte der widerspenstigen Cymothoe nach. Sie fürchtete sich vor dem Wilden, entzog sich seiner Verfolgung und entschlüpfte mit ihrem feuchten Leib seinen rauen Armen. [140] Ein Amor sah das und sagte: »He, du da! Eure heimlichen Liebeleien konnten tief unten im Meer nicht verborgen bleiben. Mach dich fertig, um unsere Herrin zu befördern: Für deine Mühe wirst du keinen geringen Lohn erhalten, nämlich Cymothoe, die dich jetzt noch schmäht, als willige Geliebte. Das ist der Lohn, also komm!« Die Seereise der Venus Das wilde Mischwesen aus Tier und Mensch stürzte aus der Tiefe hervor; [145] sein triefendes Haar fiel auf die Arme; er zog die struppigen Beine mit ihren geteilten Hufen dorthin, wo sich der Fisch mit dem Mann verband. Dreimal bewegte er die Brust; schon beim vierten Zug durchpflügte er den Sand von Paphos. Um der Göttin Schatten zu spenden, krümmte sich der Tierleib zu einem Bogen nach hinten; [150] dann wurde der Rücken, der von lebendigen Schnecken starrte, mit purpurfarbenen Polstern weich bedeckt: In der so entstandenen Wölbung lehnte sich Venus zurück und fuhr über das Meer; ihre schneeweißen Fußsohlen berührten leicht die Wasseroberfläche. In breitem Zuge flog das Geleit der Eroten und das ruhige Meer erzitterte von den Reigen. Im Palast [155] des Neptunus waren überall Kränze verstreut. Leucothea, die Tochter des Cadmus, trieb ihr Spiel und Palaemon legte seinem Delphin Zügel aus Rosen an; Nereus mischte ab-

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canitiem Glaucus ligat immortalibus herbis; nec non et variis vectae Nereides ibant audito rumore feris (hanc pisce voluto sublevat Oceani monstrum Tartesia tigris, hanc timor Aegaei rupturus fronte carinas trux aries; haec caeruleae suspensa leaenae innatat; haec viridem trahitur conplexa iuvencum) certatimque novis onerant conubia donis. cingula Cymothoe, rarum Galatea monile et gravibus Spatale bacis diadema ferebat intextum, rubro quas legerat ipsa profundo. mergit se subito vellitque corallia Doto: vimen erat dum stagna subit; processerat undis: gemma fuit. nuda Venerem cinxere caterva plaudentesque simul tali cum voce secuntur: ‘hos Mariae cultus, haec munera nostra precamur reginae regina feras. dic talia numquam promeruisse Thetin nec cum soror Amphitrite nostro nupta Iovi. devotum sentiat aequor, agnoscat famulum virgo Stilichonia pontum. victricis nos spem patriae classemque paternam veximus, adtritis cum tenderet ultor Achivis.’

iam Ligurum terris spumantia pectora Triton appulerat lassosque fretis extenderat orbes. continuo sublime volans ad moenia Gallis condita, lanigeri suis ostentantia pellem,

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wechselnd Algen unter die Veilchen; Glaucus band sein graues Haar mit unvergänglichem Grün zusammen; auch die Nereiden kamen, [160] als sie das Rufen vernommen hatten, auf verschiedenen Tieren herbei (ein Meeresungeheuer, ein Tiger aus Tartessos, trug die eine auf den Windungen seines Fischleibs; die andere trug ein wilder Widder, der Schrecken der Ägäis, der mit seiner Stirn die Schiffe aufbricht; eine weitere schwamm, indem sie auf einer seeblauen Löwin balancierte; noch eine andere hielt sich an einem meergrünen Stier fest und wurde von diesem gezogen) [165] und miteinander wettstreitend brachten sie Berge von ungekannten Geschenken für die Hochzeit. Cymothoe brachte einen Gürtel, Galatea ein seltenes Halsband und Spatale ein Diadem, das mit schweren Perlen besetzt war, die sie selbst in der Tiefe des Roten Meeres gesammelt hatte. Doto tauchte plötzlich unter und riss Korallen ab: [170] Unter der Wasseroberfläche eine biegsame Pflanze, war daraus nach dem Hervortreten aus den Fluten ein Schmuckstück geworden. In nackter Schar umgaben sie Venus, klatschten alle gemeinsam Beifall und geleiteten sie mit diesen Worten: »Bitte, Königin, bring diesen Brautschmuck und unsere Geschenke hier der Königin Maria. Sag ihr, dass nicht einmal [175] Thetis so etwas jemals verdient habe, wie es auch nichts dergleichen gab, als sich ihre Schwester Amphitrite mit unserem höchsten Gott vermählte. Die Tochter Stilichos soll erfahren, dass die See ihr dienstbar und das Meer ihr untertan ist. Wir haben die Flotte ihres Vaters, die Hoffnung auf den Sieg der Heimat, getragen, als er als Rächer zu den geschundenen Griechen aufbrach.« Venus kommt in Mailand an und fordert zur Festfreude auf. [180] Schon war Triton mit seiner schaumumspülten Brust an der ligurischen Küste gelandet und hatte seinen müden gewundenen Leib in der Brandung ausgestreckt. Sogleich flog Venus hoch in die Lüfte zu den von den Galliern errichteten Mauern, die das Fell einer Wolle tragenden Sau vorzeigen. Die Wolken wichen vor der

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pervenit. adventu Veneris pulsata recedunt nubila, clarescunt puris Aquilonibus Alpes. laetitiae causas ignorat dicere miles laetaturque tamen; Mavortia signa rubescunt floribus et subitis animantur frondibus hastae. illa suum dictis adfatur talibus agmen: ‘Gradivum, nostri comites, arcete parumper, ut soli vacet aula mihi. procul igneus horror thoracum, gladiosque tegat vagina minaces. stent bellatrices aquilae saevique dracones: fas sit castra meis hodie succumbere signis. tibia pro lituis et pro clangore tubarum molle lyrae festumque canant. epulentur ad ipsas excubias; mediis spirent crateres in armis. laxet terribiles maiestas regia fastus et sociam plebem non indignata potestas confundat turbae proceres. solvantur habenis gaudia nec leges pudeat ridere severas. tu festas, Hymenaee, faces, tu, Gratia, flores elige, tu geminas, Concordia, necte coronas. vos, pinnata cohors, quocumque vocaverit usus, divisa properate manu neu marceat ulla segnities: alii funalibus ordine ductis plurima venturae suspendite lumina nocti; hi nostra nitidos postes obducere myrto contendant; pars nectareis aspergite tecta fontibus et flamma lucos adolete Sabaeos; pars infecta croco velamina lutea Serum pandite Sidoniasque solo prosternite vestes. ast alii thalamum docto conponite textu; stamine gemmato picturatisque columnis aedificetur apex, qualem non Lydia dives

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ankommenden Venus zurück, [185] ein reiner Nordwind wehte und die Alpen erstrahlten hell. Die Soldaten wussten den Grund für ihr Glücksgefühl nicht zu nennen, und doch freuten sie sich; die Kriegsstandarten wurden mit roten Blumen geschmückt, an den Lanzen wuchs plötzlich Laub und sie wurden wieder lebendig. Die Göttin aber sprach ihr Gefolge mit diesen Worten an: [190] »Meine Begleiter, haltet Mars eine kleine Weile ab, damit ich den Hof für mich allein haben kann. Fern sei auch der feurig glänzende Schrecken der Harnische, und die Scheide soll die drohenden Schwerter bedecken. Kriegerische Adler und wilde Drachen sollen ruhen: Heute sei es erlaubt, dass sich das Lager meinen Feldzeichen unterwerfe. [195] Flöten sollen anstelle der Signalhörner und Leiern anstelle der schmetternden Trompeten ein weiches und festliches Lied erklingen lassen. Selbst die Nachtwachen sollen ein Festmahl halten; inmitten der Waffen sollen die Weinkrüge duften. Die kaiserliche Hoheit soll von ihrem einschüchternden Stolz ablassen, die Mächtigen sollen die Menge, die sich ihnen anschließt, nicht verschmähen [200] und Adel und Volk vereinen. Die Freude soll von ihren Zügeln befreit werden, und jeder darf heute über die strengen Gesetze lachen. Hymenaeus, wähle festliche Fackeln aus, und du, Anmut, Blumen; Eintracht, binde zwei Kränze. Meine geflügelte Schar, teilt euch auf und eilt dorthin, wo immer man euch braucht, [205] und ich will keine Untätigkeit sehen: Ihr da, spannt der Reihe nach Schnüre auf und hängt zahlreiche Lampen für die aufziehende Nacht auf; diese hier sollen eifrig die glänzenden Türpfosten mit meiner Myrte überziehen; ein Teil soll das Haus mit Nektar besprengen [210] und Weihrauch aus sabäischen Wäldern verbrennen; ein Teil von euch soll die von Safran gelben Seidendecken ausspannen und purpurne Teppiche auf dem Boden ausbreiten. Ihr anderen aber bereitet das Hochzeitsbett mit kunstvoll gewebten Stoffen; ein Baldachin aus mit Perlen durchsetzten Tüchern und bunten Säulen [215] soll aufgerichtet werden, wie ihn das

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erexit Pelopi nec construxere Lyaeo Indorum spoliis et opaco palmite Bacchae. illic exuvias omnes cumulate parentum: quidquid avus senior Mauro vel Saxone victis, quidquid ab innumeris socio Stilichone tremendus quaesivit genitor bellis, quodcumque Gelonus Armeniusve dedit, quantum crinita sagittis attulit extremo Meroe circumflua Nilo, misit Achaemenio quidquid de Tigride Medus, cum supplex emeret Romanam Parthia pacem. nobilibus gazis opibusque cubilia surgant barbaricis; omnes thalamo conferte triumphos.’

sic ait et sponsae petit inprovisa penates. illa autem secura tori taedasque parari nescia divinae fruitur sermone parentis maternosque bibit mores exemplaque discit prisca pudicitiae Latios nec volvere libros desinit aut Graios, ipsa genetrice magistra, Maeonius quaecumque senex aut Thracius Orpheus aut Mytilenaeo modulatur pectine Sappho (sic Triviam Latona monet; sic mitis in antro Mnemosyne docili tradit praecepta Thaliae): cum procul augeri nitor et iucundior aer attonitam lustrare domum fundique comarum gratus odor. mox vera fides numenque refulsit. cunctatur stupefacta Venus; nunc ora puellae, nunc flavo niveam miratur vertice matrem. haec modo crescenti, plenae par altera lunae: adsurgit ceu forte minor sub matre virenti laurus et ingentes ramos olimque futuras

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reiche Lydien nicht für Pelops aufgebaut und die Bacchantinnen nicht mit Beutestücken von den Indern und schattigen Weinranken für Bacchus errichtet haben. Häuft dort alle Beutestücke auf, die ihre Vorfahren erlangt haben: [220] Alles, was ihr Großvater beim Sieg über die Mauren und die Sachsen erbeutet und was in Begleitung Stilichos der furchterregende Vater in unzähligen Kriegen errungen hat, was der Gelone und der Armenier hergeben musste, wie viel Meroë herbeibrachte, die ihr Haar mit Pfeilen bindet und die von den entferntesten Wassern des Nils umflossen wird, was der Meder vom achämenischen Tigris herbeisandte, [225] als Parthien auf Knien den Frieden mit Rom erkaufte. Aus vornehmen Schätzen und Reichtümern von Barbaren soll sich das Bett erheben; tragt alle Triumphe im Hochzeitszimmer zusammen.« Venus sucht die Braut Maria auf und überbringt ihr den Antrag. So sprach sie und wandte sich unerwartet zum Haus der Braut. Diese aber dachte nicht an Heirat und wusste gar nicht, dass man Hochzeitsfackeln vorbereitete, [230] sondern unterhielt sich mit ihrer göttlichen Mutter, ließ sich von ihrem Vorbild formen, lernte die alten Beispiele keuschen Verhaltens kennen und studierte unablässig unter Anleitung ihrer Mutter lateinische oder griechische Schriften, alles, was der alte Homer oder Orpheus aus Thrakien [235] oder Sappho mit ihrem mytilenischen Plektrum singt (so ermahnt auch Latona ihre Diana; so gibt die sanfte Mnemosyne ihre Ratschläge in der Grotte an die gelehrige Thalia weiter), als der Glanz aus der Ferne immer heller wurde, ein angenehmer Lufthauch das überraschte Haus durchzog und der liebliche Duft ihrer Haare sich verströmte. [240] Bald konnte man sich sicher sein: Die göttliche Macht erstrahlte. Venus hielt erstaunt inne; einmal bewunderte sie das Gesicht des Mädchens, einmal die Mutter, die mit ihrem blonden Scheitel hell strahlte. Die eine gleicht dem zunehmenden, die andere dem vollen Mond: Wie wenn sich etwa unter seiner grünenden Mutter ein kleinerer [245] Lorbeerbaum

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promittit iam parva comas; vel flore sub uno ceu geminae Paestana rosae per iugera regnant: haec largo matura die saturataque vernis roribus indulget spatio; latet altera nodo nec teneris audet foliis admittere soles. adstitit et blande Mariam Cytherea salutat: ‘salve, sidereae proles augusta Serenae, magnorum suboles regum parituraque reges. te propter Paphias sedes Cypronque reliqui, te propter libuit tantos explere labores et tantum tranasse maris, ne vilior ultra privatos paterere lares neu tempore longo dilatos iuvenis nutriret Honorius ignes. accipe fortunam generis, diadema resume, quod tribuas natis, et in haec penetralia rursus, unde parens progressa, redi. fac nulla subesse vincula cognatae: quamvis aliena fuisses principibus, regnum poteras hoc ore mereri. quae propior sceptris facies? quis dignior aula vultus erit? non labra rosae, non colla pruinae, non crines aequant violae, non lumina flammae. quam iuncti leviter sese discrimine confert umbra supercilii! miscet quam iusta ruborem temperies nimio nec sanguine candor abundat! Aurorae vincis digitos umerosque Dianae; ipsam iam superas matrem. si Bacchus amator dotali potuit caelum signare Corona, cur nullis virgo redimitur pulchrior astris?

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erhebt und schon als kleine Pflanze gewaltige Zweige und künftiges Laub verspricht; oder wie wenn an einem Stock zwei Rosen die Felder von Paestum beherrschen: Die eine, reif vom üppigen Sonnenlicht und satt vom Frühlingstau, breitet sich weit aus; die andere verbirgt sich noch in der Knospe [250] und wagt es nicht, die Sonnenstrahlen auf ihre zarten Blätter scheinen zu lassen. Venus war zu Maria hingetreten und grüßte sie freundlich: »Sei gegrüßt, erhabene Tochter der strahlenden Serena, Abkömmling großer Herrscher und künftige Mutter von Herrschern. Deinetwegen habe ich mein Heim in Paphos und Zypern verlassen, [255] deinetwegen bereitwillig so große Mühen durchstanden und die Weiten des Meeres durchquert, damit du nicht länger unter deiner Würde außerhalb des Palastes leben musst und der junge Honorius dem Feuer immer neue Nahrung gibt, unter dem er schon lange verborgen leidet. Nimm das hohe Glück an, das deinem Geschlecht gegeben ist, nimm das Diadem entgegen, [260] um es deinen Kindern weiterzugeben, und kehre wieder in das Haus zurück, aus dem deine Mutter hervorgegangen ist. Angenommen, du hättest nicht diese verwandtschaftlichen Bande: Obwohl dich nichts mit den Kaisern verbinden würde, hättest du allein aufgrund deines Antlitzes die Herrschaft verdient. Welches Gesicht entspräche mehr der Kaiserwürde? Welche Züge werden für den Palast würdiger sein? [265] Nicht kommen Rosen deinen Lippen, nicht Schnee der Farbe deines Halses, nicht Veilchen deinem Haar, nicht Feuer dem Leuchten deiner Augen gleich. Wie dezent mit einem kleinen Abstand schließt sich der Schatten deiner Augenbrauen zusammen! Wie lässt doch die richtige Mischung deine Haut sanft erröten, wie maßvoll breitet sich das Rot auf deinem hellen Teint aus! [270] Du übertriffst Auroras Rosenfinger und Dianas Schultern; ja du bist sogar schon schöner als deine Mutter. Wenn der verliebte Bacchus mit seinem Brautgeschenk, der Krone, dem Himmel ein Zeichen hinzufügen konnte, warum wird dann eine noch schönere Jungfrau von keinen Sternen umkränzt? Schon

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iam tibi molitur stellantia serta Bootes inque decus Mariae iam sidera parturit aether. o digno nectenda viro tantique per orbem consors imperii! iam te venerabitur Hister, nomen adorabunt populi; iam Rhenus et Albis serviet; in medios ibis regina Sygambros. quid numerem gentes Atlanteosque recessus Oceani? toto pariter dotabere mundo.’

dixit et ornatus, dederant quos nuper ovantes Nereides, collo membrisque micantibus aptat. ipsa caput distinguit acu, substringit amictus; flammea virgineis accommodat ipsa capillis. ante fores iam pompa sonat, pilentaque sacram praeradiant ductura nurum. calet obvius ire iam princeps tardumque cupit discedere solem: nobilis haud aliter sonipes, quem primus amoris sollicitavit odor, tumidus quatiensque decoras curvata cervice iubas Pharsalia rura pervolat et notos hinnitu flagitat amnes naribus accensis; mulcet fecunda magistros spes gregis et pulchro gaudent armenta marito.

candidus interea positis exercitus armis exultat socerum circa; nec signifer ullus nec miles pluviae flores dispergere ritu

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lässt dir Bootes Kränze aus Sternen aufziehen, [275] schon lässt der Äther Gestirne entstehen, um Maria zu verherrlichen. Du sollst einem würdigen Mann verbunden werden und Teil eines so gewaltigen Weltreichs sein! Bald wird dich die Donau verehren, die Völker werden deinen Namen anbeten; bald werden dir der Rhein und die Elbe dienen; als Königin wirst du in die Mitte der Sygambrer treten. [280] Was soll ich die Völker aufzählen und die Weiten des Atlantischen Ozeans? Die ganze Welt, ob fern oder nah, wirst du zur Mitgift erhalten.« Vorbereitungen für die Hochzeit So sprach sie und legte ihr den Schmuck, den ihr kurz zuvor die Nereiden in ihrer Festfreude gegeben hatten, um den Hals und die glänzenden Schultern. Sie selbst ordnete ihr das Haar mit der Nadel und band ihr den Mantel fest; [285] sie selbst auch machte den Brautschleier am Haar der Jungfrau zurecht. Schon ertönte vor den Toren der Festzug und der Wagen erstrahlte, der die kaiserliche Braut fahren sollte. Schon brannte der Kaiser darauf, ihr entgegen zu gehen, und sehnte sich danach, dass die zögernde Sonne untergehe: Nicht anders galoppiert ein edles Ross, das zum ersten Mal der Duft der Liebe [290] in Erregung versetzt hat, mit geschwollener Brust und die schöne Mähne am gebogenen Hals schüttelnd über die pharsalischen Fluren und drängt wiehernd mit entbrannten Nüstern zu den vertrauten Flüssen; die Hoffnung auf Nachwuchs stimmt die Herren der Herde mild und die Stuten freuen sich über ihren prächtigen Gemahl. Das Heer versammelt sich um Stilicho und preist seinen Feldherrn. [295] Das Heer, ganz in weiß gekleidet, hatte indessen seine Waffen niedergelegt und ließ rings um den Schwiegervater seinen Jubel ertönen; weder Fahnenträger noch Soldat säumte jetzt noch, Blumen wie Regen rieseln zu lassen und den Anführer mit einem

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cessat purpureoque ducem perfundere nimbo. haec quoque velati lauro myrtoque canebant: ‘dive parens, seu te conplectitur axis Olympi, seu colis Elysias animarum praemia valles, en promissa tibi Stilicho iam vota peregit. iam gratae rediere vices. conubia pensat: acceptum reddit thalamum natoque reponit quod dederat genitor. numquam te, sancte, pigebit iudicii nec te pietas suprema fefellit. dignus quem legeres, dignus cui pignora tanti principis et rerum commendarentur habenae. dicere possemus quae proelia gesta sub Haemo quaeque cruentarint fumantem Strymona pugnae, quam notus clipeo, quanta vi fulminet hostem, ni prohiberet Hymen. quae tempestiva relatu, nunc canimus. quis consilio, quis iuris et aequi nosse modum melior? quod semper dissidet, in te convenit, ingenio robur, prudentia forti. fronte quis aequali, quem sic Romana decerent culmina? sufficerent tantis quae pectora curis? stes licet in populo, clamat quicumque videbit: “hic est, hic Stilicho!” sic se testatur et offert celsa potestatis species, non voce feroci, non alto simulata gradu, non inproba gestu. adfectant alii quidquid fingique laborant, hoc donat natura tibi. pudor emicat una formosusque rigor, vultusque auctura verendos canities festina venit. cum sorte remota contingat senio gravitas viresque iuventae,

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purpurroten Guss zu überschütten. Auch sangen sie folgendes Lied, bekränzt mit Lorbeer und Myrte: [300] »Vergöttlichter Vater ‒ ob dich nun der Himmel umfangen hält oder ob du die elysischen Gefilde, wie sie sich die guten Seelen verdienen, bewohnst ‒, siehe, Stilicho hat dir so wie versprochen deine Wünsche bereits erfüllt. Schon wurde die angenehme Gegenleistung erbracht. Er vergilt dir seine Hochzeit: Die Ehe, die ihm gewährt wurde, erstattet er wieder und zahlt dem Sohn zurück, [305] was der Vater gegeben hat. Nie wirst du, Göttlicher, deine Wahl bereuen, und der letzte Akt deiner Fürsorge hat sich als richtig erwiesen. Stilicho war deiner Wahl wert, wert auch, dass man ihm die Kinder eines so gewaltigen Kaisers und die Zügel der Welt anvertraute. Wir könnten jetzt davon erzählen, welche Schlachten am Fuße des Haimos geschlagen wurden und [310] welche Kämpfe den Strymon zum Dampfen gebracht und blutrot gefärbt haben, wie berühmt er durch seinen Schild ist, mit wie viel Kraft er den Feind niederschmettert, wenn Hymen das nicht verbieten würde. Jetzt singen wir, was der heutige Anlass fordert. Wer übertrifft ihn an Klugheit, wer im Urteil über Recht und Gerechtigkeit? In dir verbindet sich, was sonst immer getrennt ist: [315] Kraft mit Geist, Klugheit mit Tapferkeit. Wer hatte je eine solche Würde, wer hätte die höchsten Stellungen in Rom in diesem Maß verdient? Wer hätte diesen großen Aufgaben genügt? Auch wenn du mitten im Volk stehst, so ruft doch jeder, der dich sieht: ›Das ist er, das ist Stilicho!‹ So verrät sich [320] die erhabene Gestalt eines Würdenträgers selbst und gibt sich preis, nicht mit drohender Stimme, nicht künstlich mit stolz erhobenem Schritt, nicht übertrieben in seinen Gebärden. Was andere erkünsteln und angestrengt vorgeben, das schenkt dir die Natur. Zurückhaltung und eine edle Strenge strahlen zugleich auf deinem Gesicht auf [325] und deine grauen Haare beeilen sich, deine Züge noch ehrwürdiger zu machen. Während sonst die Schicksalsgaben klar getrennt sind und Würde dem Alter, Kraft aber der Jugend zufällt,

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utraque te cingit propriis insignibus aetas. ornatur Fortuna viro. non ulla nocendi tela nec infecti iugulis civilibus enses. non odium terrore moves nec frena resolvit gratia; diligimus pariter pariterque timemus. ipse metus te noster amat, iustissime legum arbiter, egregiae pacis fidissime custos, optime ductorum, fortunatissime patrum. plus iam, plus domino cuncti debere fatemur, quod gener est, invicte, tuus. vincire corona; insere te nostris contempto iure choreis. sic puer Eucherius superet virtute parentem; aurea sic videat similes Thermantia taedas; sic uterus crescat Mariae; sic natus in ostro parvus Honoriades genibus considat avitis.’

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statten dich beide Altersstufen mit ihren besonderen Kennzeichen aus. Dieser Mann ist Fortunas Schmuckstück. Die Waffen richten keinen Schaden mehr an und die Schwerter färben sich nicht mehr von den Kehlen der Mitbürger. [330] Du erregst nicht mit Schrecken Hass gegen dich und deine Gunst lässt ihre Zügel nicht schießen. In gleicher Weise lieben und fürchten wir dich. Und selbst wenn wir dich fürchten, lieben wir dich, du gerechtester Herr der Gesetze, du treuester Wahrer des herrlichen Friedens, du bester Feldherr, du glücklichster aller Väter. [335] Jetzt noch mehr, immer mehr fühlen wir uns alle unserem Herrn verpflichtet, weil er dein Schwiegersohn ist, Unbesiegbarer. Setze dir den Kranz auf; achte diesmal nicht auf deinen Rang und schließe dich unseren Reigen an. Möge der Knabe Eucherius den Vater noch an Vorzügen übertreffen; möge die schöne Thermantia eine vergleichbare Hochzeit erleben; [340] möge der Leib Marias anwachsen; möge sich der kleine Sohn des Honorius, in Purpur geboren, auf die Knie seines Großvaters setzen.«

Fescennina dicta Honorio Augusto et Mariae 11 Princeps corusco sidere pulchrior, Parthis sagittas tendere certior, eques Gelonis imperiosior, quae digna mentis laus erit arduae? quae digna formae laus erit igneae? te Leda mallet quam dare Castorem; praefert Achilli te proprio Thetis; victum fatetur Delos Apollinem; credit minorem Lydia Liberum. tu cum per altas inpiger ilices praeda citatum cornipedem reges ludentque ventis instabiles comae, telis iacebunt sponte tuis ferae gaudensque sacris vulneribus leo admittet hastam morte superbior. Venus reversum spernit Adonidem; damnat reductum Cynthia Virbium; cum post labores sub platani voles virentis umbra vel gelido specu torrentiorem fallere Sirium et membra somno fessa resolveris, o quantus uret tum Dryadas calor! quot aestuantes ancipiti gradu furtiva carpent oscula Naides! quis vero acerbis horridior Scythis, quis beluarum corde furentior, qui, cum micantem te prope viderit, non optet ultro servitium pati,

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Feszenninen für Kaiser Honorius und Maria 11 Mein Kaiser, schöner als ein strahlendes Gestirn, sicherer im Schießen der Pfeile als die Parther, souveräner zu Pferde als die Gelonen, welches Lob wird für deinen erhabenen Sinn angemessen sein? [5] Welches Lob wird für deine flammende Schönheit angemessen sein? Lieber als Kastor hätte dich Leda zum Sohn; Thetis zieht dich ihrem eigenen Achill vor; Delos gesteht ein, dass Apoll übertroffen wurde; Lydien schätzt Bacchus weniger hoch als dich. [10] Wenn du rastlos dein Pferd im Jagdfieber durch den hohen Eichwald lenkst und dein Haar wehend im Wind spielt, dann werden sich freiwillig die wilden Tiere vor deinen Waffen niederlegen, der Löwe wird sich über die Wunden durch den Kaiser freuen, [15] und er wird den Lanzenstich zulassen, geadelt durch diesen Tod. Venus verschmäht den zurückgekehrten Adonis; Diana verwirft den wieder zum Leben erweckten Virbius. Wenn du nach den Anstrengungen im Schatten einer grünenden Platane oder in der kühlen Grotte [20] der Hitze des Sirius entgehen willst und deine müden Glieder im Schlaf entspannst, welch eine große Hitze wird dann die Dryaden quälen! Wie viele Najaden werden dir dann in Liebesgluten auf Zehenspitzen herbeischleichend heimlich Küsse geben! [25] Wer aber ist schrecklicher als die wilden Skythen, wütender als ein Untier, dass er, wenn er dich in deinem Glanz von Nahem sieht, nicht wünschte, freiwillig Sklavendienste

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qui non catenas arripiat libens colloque poscat vincula libero? tu si nivalis per iuga Caucasi saevas petisses pulcher Amazonas, peltata pugnas desereret cohors sexu recepto; patris et inmemor inter frementes Hippolyte tubas strictam securim languida poneret et seminudo pectore cingulum forti negatum solveret Herculi bellumque solus conficeret decor. beata, quae te mox faciet virum primisque sese iunget amoribus.

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12 Age cuncta nuptiali redimita vere tellus celebra toros eriles; omne nemus cum fluviis, omne canat profundum. Ligures favete campi Veneti favete montes, subitisque se rosetis vestiat Alpinus apex et rubeant pruinae. Athesis strepat choreis calamisque flexuosus leve Mincius susurret et Padus electriferis admoduletur alnis.

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zu tun, und dass er nicht bereitwillig die Ketten an sich risse [30] und für seinen freien Hals Fesseln verlangte? Hättest du auf den Bergzügen des schneebedeckten Kaukasus in deiner Pracht die wilden Amazonen angegriffen, so würde die schildtragende Schar ihr weibliches Geschlecht wieder annehmen und die Kämpfe aufgeben; auch Hippolyte würde nicht mehr an ihren Vater denken [35] und inmitten der schallenden Trompeten das gezückte Beil aus der Hand sinken lassen, vom halbentblößten Oberkörper den Gürtel lösen, den sie dem tapferen Herkules verweigert hatte, und deine Schönheit allein würde den Krieg beenden. [40] Glücklich, die dich bald zum Mann machen wird und sich mit dir in der ersten Liebe verbindet!

12 Auf, Erde ringsum, umkränzt in hochzeitlicher Frühlingspracht, feiere die kaiserliche Hochzeit; alle Haine mit den Flüssen, [5] alle Tiefen des Meeres sollen singen. Gebt euren Segen, ihr Felder Liguriens, ihr Berge Venetiens, und der Alpengipfel soll sich in plötzlich blühende Rosen kleiden, [10] und der Schnee soll rot werden. An der Etsch sollen die Reigen erklingen, der gewundene Mincio soll mit seinem Schilfrohr sanft säuseln, und der Po [15] soll einstimmen in die Lieder der bernsteintragenden Erlen.

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epulisque iam repleto resonet Quirite Thybris dominique laeta votis aurea septemgeminas Roma coronet arces. procul audiant Hiberi, fluit unde semen aulae, ubi plena laurearum imperio feta domus vix numerat triumphos. habet hinc patrem maritus, habet hinc puella matrem, geminaque parte ductum Caesareum flumineo stemma recurrit ortu. decorent virecta Baetin, Tagus intumescat auro, generisque procreator sub vitreis Oceanus luxurietur antris. Oriensque, regna fratrum, simul Occidensque plaudat; placidae iocentur urbes, quaeque novo quaeque nitent deficiente Phoebo. Aquiloniae procellae, rabidi tacete Cori, taceat sonorus Auster. solus ovantem Zephyrus perdominetur annum.

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Der Tiber soll von den Gesängen der Quiriten ertönen, die sich schon am Festmahl gesättigt haben, und glücklich über die Hochzeit seines Herrn [20] soll das goldene Rom seine sieben Hügel bekrönen. In der Ferne sollen es die Iberer hören, von denen sich das Geschlecht des Herrscherhauses herleitet, wo das Haus, erfüllt mit Lorbeerkränzen, fruchtbar an Herrschaft, [25] kaum mehr seine Triumphe zählen kann. Aus ihm stammt der Vater des Bräutigams, aus ihm die Mutter des Mädchens, und die kaiserliche Geschlechterreihe, in zwei Richtungen geleitet, [30] fließt wieder in ihren ursprünglichen Lauf. Grün soll sich der Baetis schmücken, der Tagus soll vor Gold überquellen, und der Oceanus, der Stammvater des Geschlechts, [35] soll in der Tiefe der kristallklaren Grotten schwelgen. Und der Osten wie der Westen, die Reiche zweier Brüder, sollen gemeinsam Beifall klatschen; friedliche Städte sollen ausgelassen feiern, ob sie nun unter der aufgehenden [40] oder versinkenden Sonne glänzen. Schweigt still, ihr Stürme des Nordens, du tobender Nordwest; schweigen soll auch der lärmende Südwind. Allein Zephyrus [45] soll das Jubeljahr beherrschen.

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13 Solitas galea fulgere comas, Stilicho, molli necte corona. cessent litui saevumque procul Martem felix taeda releget. tractus ab aula rursus in aulam redeat sanguis. patris officiis iunge potenti pignora dextra. gener Augusti pridem fueras, nunc rursus eris socer Augusti. quae iam rabies livoris erit? vel quis dabitur color invidiae? Stilicho socer est, pater est Stilicho.

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14 Attollens thalamis Idalium iubar dilectus Veneri nascitur Hesperus. iam nuptae trepidat sollicitus pudor, iam produnt lacrimas flammea simplices. ne cessa, iuvenis, comminus adgredi, inpacata licet saeviat unguibus. non quisquam fruitur veris odoribus Hyblaeos latebris nec spoliat favos, si fronti caveat, si timeat rubos: armat spina rosas, mella tegunt apes. crescunt difficili gaudia iurgio accenditque magis, quae refugit, Venus. quod flenti tuleris, plus sapit osculum. dices o quotiens ‘hoc mihi dulcius

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13 Umwinde dein Haar, Stilicho, auf dem sonst immer der Helm glänzt, mit weichem Blumenkranz. Die Kriegstrompeten sollen verstummen und die glückliche Hochzeitsfackel soll den wilden Mars in weite Ferne verbannen. [5] Das edle Blut, das vom Kaiserhaus abgeleitet worden ist, soll wieder ins Kaiserhaus zurückfließen. Verbinde in Erfüllung deiner Vaterpflichten die Kinder mit deiner mächtigen Hand. Einst warst du der Schwiegersohn des Augustus, jetzt wirst du im Gegenzug der Schwiegervater des Augustus sein. [10] Wird es nun noch wütenden Neid geben können? Welche Farbe wird dem Neid jetzt noch eingeräumt werden? Stilicho ist Schwiegervater, Vater ist Stilicho.

14 Für die Hochzeit erhebt sich der Glanz vom Ida, der von Venus geliebte Hesperus geht auf. Schon zittert unruhig die schamvolle Braut, schon verrät der Brautschleier unschuldige Tränen. [5] Zögere nicht, Jüngling, anzugreifen, auch wenn sie widerspenstig mit ihren Fingernägeln wütet. Niemand genießt die Wohlgerüche des Frühlings und raubt die Waben von Hybla aus ihren Verstecken, wenn er auf sein Gesicht achtet und die Dornen der Brombeere fürchtet: [10] Der Dorn ist die Waffe der Rosen, den Honig beschützen die Bienen. Die Freude wird durch zänkischen Widerstand noch größer, und heftiger entzündet eine Venus, die sich entzieht. Der Kuss, den du einer Weinenden gibst, schmeckt besser. Wie oft wirst du sagen: »Für mich ist das süßer, [15] als

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quam flavos deciens vincere Sarmatas’! adspirate novam pectoribus fidem mansuramque facem tradite sensibus. tam iunctis manibus nectite vincula quam frondens hedera stringitur aesculus, quam lento premitur palmite populus, et murmur querula blandius alite linguis adsidui reddite mutuis. et labris animam conciliantibus alternum rapiat somnus anhelitum. amplexu caleat purpura regio et vestes Tyrio sanguine fulgidas alter virgineus nobilitet cruor. tum victor madido prosilias toro nocturni referens vulnera proelii. ducant pervigiles carmina tibiae permissisque iocis turba licentior exultet tetricis libera legibus. passim cum ducibus ludite milites, passim cum pueris ludite virgines. haec vox aetheriis insonet axibus, haec vox per populos, per mare transeat: ‘formosus Mariam ducit Honorius.’

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zehn Mal die blonden Sarmaten zu besiegen.« Haucht die neue Treue in eure Herzen, entzündet in euch eine Fackel, die ewig brennt. Legt eure Hände so eng in Fesseln, wie die grünende Wintereiche vom Efeu umschlossen wird [20] und wie die Pappel vom biegsamen Weinstock umrankt wird, und Liebesgeflüster, zärtlicher als das Klagen der Nachtigall, sollt ihr mit euren Zungen immerfort austauschen. Und während noch die Lippen euren Atem vereinigen, soll der Schlaf dieses Wechselspiel sanft beenden. [25] Das Purpurbett soll sich von der kaiserlichen Umarmung erhitzen und ein anderes Blut ‒ das der Jungfrau nämlich ‒ soll die mit tyrischem Purpurblut glänzend gefärbten Decken veredeln. Dann sollst du siegreich vom feuchten Kissen aufspringen, indem du die Wunden des nächtlichen Kampfes vorzeigst. [30] Die Flöten sollen die ganze Nacht ihre Lieder spielen, und weil Spott heute erlaubt ist, soll die Menge ausgelassener und befreit von strengen Gesetzen jubeln. Überall sollt ihr, Soldaten, mit euren Anführern herumalbern, und auch ihr, junge Frauen, mit den Knaben. [35] Dieser Ruf soll bis zum Himmelszelt erschallen, dieser Ruf soll über die Völker und das Meer hinziehen: »Honorius, der Schöne, heiratet Maria.«

Der Krieg gegen Gildo

Einführung Mit dem Gedicht über den Krieg gegen Gildo erweitert sich ein letztes Mal das Gattungsspektrum der Carmina maiora: Die Vorgeschichte der Schlacht von Theveste (März/April 398) erzählt Claudian in der Form eines historischen Epos, das aber an keiner Stelle seine zeitgeschichtlich-politische Funktion verbirgt. Der Auftraggeber Stilicho muss im Sommer 398 die Notwendigkeit gesehen haben, den militärischen Schlag gegen den Maurenführer und comes et magister utriusque militiae per Africam (Cod. Theod. 9, 7, 9) Gildo propagandistisch zu rechtfertigen. Gildo hatte sich in der angespannten Situation, die seit dem Tod des Theodosius zwischen dem Ost- und dem Westreich herrschte, schließlich auf die Seite Konstantinopels geschlagen und die Kornlieferungen, von denen die Versorgung Roms existentiell abhing, im Herbst 397 eingestellt (vgl. Gild. 66–67). Gleich nach der Hochzeit von Honorius und Maria (vgl. Stil. I 3–7) folgte der Gegenschlag, den Stilicho – seit Herbst 397 erklärter Staatsfeind des oströmischen Reichs – freilich nicht selber durchführte: Gildos Bruder Mascezel erhielt den Auftrag, mit den römischen Truppen von Pisa über Sardinien zur afrikanischen Küste überzusetzen und die abtrünnigen Mauren zu bekämpfen. In der vorliegenden Form ist das Gedicht ein Torso. Es bricht mit der Quartiernahme der römischen Soldaten auf Sardinien ab (v. 516–526). Die in der Forschung diskutierten Hypothesen zur Textgeschichte sind kontrovers: Hat Claudian noch einen Abschnitt oder gar ein zweites Buch über das eigentliche Schlachtgeschehen verfasst (vgl. auch die Zählung als liber I im Codex Vaticanus)? Falls dem so wäre, wurde dieser nicht erhaltene Teil zu Lebzeiten Claudians nicht publiziert oder ist er in der postumen Überlieferung



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verloren gegangen? Dass Claudian die Arbeit an dem Text abgebrochen habe, weil Mascezel mittlerweile in Ungnade gefallen war und Stilicho nicht wünschte, dass der militärische Triumph von Theveste episch gefeiert würde, nimmt Döpp (1980) 136 in Anschluss an eine Überlegung Theodor Birts an. Alternativ wurde vorgeschlagen, den Verzicht auf die Schlachtschilderung als bewusste Strategie zu werten, die dem neu entstandenen Einvernehmen zwischen den Reichshälften Rechnung tragen soll (Müller [2011] 210 f.). Ob es Claudian nun beabsichtigt hat oder nicht – das abrupte Ende des Werks lässt zumindest den modernen Leser ratlos zurück. Der überlieferte Text bildet das historische Geschehen zu drei episch inspirierten Szenenkomplexen um: Das handlungsauslösende concilium deorum verortet die Initiative zur Niederschlagung des afrikanischen Rebellen in der göttlichen Sphäre. Die Allegorien Roma und Africa klagen vor den um Jupiter versammelten Göttern ihr Leid, das sie unter der Willkür Gildos zu ertragen haben. Roma erscheint dabei – entsprechend der aktuellen Versorgungssituation – zunächst als Roma senescens (vgl. Döpp [1980] 133 Anm. 2), wird zuletzt aber von Jupiter verjüngt (vgl. Komm. zu den epischen Vorbildern der Stelle). Lange Reden, wie sie zur Formensprache des römischen Epos gehören, bestimmen diesen und die folgenden Abschnitte. Um den Entscheid Jupiters in die menschliche Sphäre zu kommunizieren, treten nämlich im zweiten Hauptteil die vergöttlichten Vorfahren des Kaiserpaares mit Arcadius und Honorius in Kontakt: Theodosius d. Gr. († 395 n. Chr.) mahnt Arcadius, Gildo fallen zu lassen, und der ältere Theodosius († 376 n. Chr.; Sieger über den Usurpator Firmus im Jahr 373/374 n. Chr.) fordert Honorius zum Feldzug auf. Auch hier ist das Vorbild Vergils erkennbar: Im zweiten Buch der Aeneis lässt er die Traumerscheinung Hektors den schlafenden Aeneas zur Flucht aus Troja auffordern (Aen. 2, 268–297). Die nächtlichen Gespräche haben die beabsichtigte Wirkung: Arcadius lässt Gildo fallen, und Honorius ist so voller Tatendrang, dass er die Leitung des Feldzuges am liebsten

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selbst übernehmen möchte. Auch wenn die Handlung nun ganz in der menschlichen Sphäre angekommen ist, bleibt göttliche Leitung für die menschlichen Entscheidungen maßgeblich: Honorius berichtet von einem Traumbild, das ihm die verzweifelte Lage in der afrikanischen Provinz und den gefangenen Gildo vor Augen gestellt hat (v. 354‒368; vgl. auch die Traumerzählung Agamemnons in Homer, Il. 2, 55–75), und die Abfahrt der Truppen wird von einem glücksverheißenden Vogelprodigium (v. 467‒478) begleitet. Epische Szenengestaltung bestimmt bis zuletzt den Gang der Handlung, die mit einem kurzen topographischen Exkurs über Sardinien abbricht (descriptio loci: v. 504‒515).

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Africa ist wiedergewonnen.

17‒213 Roma und Africa im Olymp 17‒127 Roma vor Jupiter auf dem Olymp: Klage über die Hungersnot 127‒139 Mitgefühl der Götter und Ankunft Africas 139‒200 Rede der Africa 201‒212 Jupiters Entschluss (Hilfe durch Honorius) und Verjüngung Romas 213‒348 Die Theodosii als Boten Jupiters 213‒226 Aufbruch der Theodosii zu Honorius bzw. Arcadius 227‒324 Der jüngere Theodosius bei seinem Sohn Arcadius 325‒348 Traumerscheinung des älteren Theodosius vor seinem Enkel Honorius 349‒526 Planungen und Aufbruch zum Feldzug 349‒378 Honorius schildert Stilicho ein Traumbild und die Begegnung mit Theodosius. 379‒414 Stilicho schlägt vor, dass Mascezel für Honorius kämpfen soll. 415‒466 Ansprache (exhortatio) des Honorius vor den versammelten Soldaten 467‒478 Vogelzeichen 479‒526 Aufbruch und Fahrt nach Sardinien

15 In Gildonem Redditus imperiis Auster subiectaque rursus alterius convexa poli. rectore sub uno conspirat geminus frenis communibus orbis. iunximus Europen Libyae. concordia fratrum plena redit. patriis solum quod defuit armis, tertius occubuit nati virtute tyrannus. horret adhuc animus manifestaque gaudia differt, dum stupet et tanto cunctatur credere voto. necdum Cinyphias exercitus attigit oras: iam domitus Gildo. nullis victoria nodis haesit, non spatio terrae, non obice ponti. congressum, profugum, captum vox nuntiat una, rumoremque sui praevenit laurea belli. quo, precor, haec effecta deo? robusta vetusque tempore tam parvo potuit dementia vinci? quem veniens indixit hiemps, ver perculit hostem?

exitii iam Roma timens et fessa negatis frugibus ad rapidi limen tendebat Olympi non solito vultu nec qualis iura Britannis dividit aut trepidos summittit fascibus Indos.

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15 Der Krieg gegen Gildo Africa ist wiedergewonnen. Der Süden ist dem Reich wieder zurückgegeben, und die andere Hemisphäre wurde noch einmal unterworfen. Einem einzigen Herrscher untergeben, wirken die beiden Teile der Welt unter gemeinsamen Zügeln einmütig zusammen. Wir haben Europa mit Libyen verbunden. Die Eintracht unter den Brüdern [5] ist in Gänze wieder zurückgekehrt. Was dem Kriegsglück des Vaters einzig noch gefehlt hat: Ein dritter Tyrann ist durch die Tapferkeit seines Sohnes gestürzt. Noch jetzt schaudert es mich und hält mich von offenen Freudenbekundungen zurück, solange ich noch staune und zögere, an die Erfüllung eines so großen Wunsches zu glauben. Und das Heer war noch nicht an der Küste beim Cinyps angelangt, [10] da war Gildo schon bezwungen. Der Sieg wurde durch keine Schwierigkeiten verzögert, nicht durch lange Landstrecken und nicht durch das Hindernis des Meeres. Ein und dieselbe Nachricht meldete uns das Zusammentreffen mit ihm, seine Flucht und seine Ergreifung, und der Siegeszweig kam noch vor den Gerüchten über den Krieg selbst an. Durch welchen Gott wurde das, bitte sehr, bewirkt? Konnte ein so mächtiger und alter [15] Wahn in so kurzer Zeit besiegt werden? Den Feind, den uns der nahende Winter angekündigt hatte, schmetterte schon der Frühling nieder? Roma vor Jupiter auf dem Olymp: Klage über die Hungersnot Schon fürchtete Roma ihren Untergang und wendete sich entkräftet, weil man ihr das Getreide verweigerte, zur Schwelle des sich rasch bewegenden Olymps, nicht mit ihrem gewohnten Aussehen, auch nicht so, wie sie den Bewohnern Britanniens Gesetze zuteilt [20] oder zitternde Inder ihren Rutenbündeln unterwirft. Ihre

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vox tenuis tardique gradus oculique iacentes; interius fugere genae; ieiuna lacertos exedit macies. umeris vix sustinet aegris squalentem clipeum; laxata casside prodit canitiem plenamque trahit rubiginis hastam. attigit ut tandem caelum genibusque Tonantis procubuit, tales orditur maesta querellas: ‘si mea mansuris meruerunt moenia nasci, Iuppiter, auguriis, si stant inmota Sibyllae carmina, Tarpeias si necdum respuis arces: advenio supplex, non ut proculcet Araxen consul ovans nostraeve premant pharetrata secures Susa, nec ut rubris aquilas figamus harenis. haec nobis, haec ante dabas; nunc pabula tantum Roma precor. miserere tuae, pater optime, gentis; extremam defende famem. satiavimus iram, si qua fuit; lugenda Getis et flenda Suebis hausimus. ipsa meos horreret Parthia casus. quid referam morbive luem tumulosve repletos stragibus et crebras corrupto sidere mortes, aut fluvium per tecta vagum summisque minantem collibus? ingentes vexi submersa carinas remorumque sonos et Pyrrhae saecula sensi. ei mihi, quo Latiae vires urbisque potestas decidit! in qualem paulatim fluximus umbram! armato quondam populo patrumque vigebam consiliis; domui terras hominesque revinxi legibus; ad solem victrix utrumque cucurri.

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Stimme war schwach, der Schritt schleppend und die Augen blickten zu Boden. Die Wangen waren eingefallen. Hunger und Magerkeit hatten ihre Arme ausgezehrt. Nur mit Mühe noch konnte sie auf den kraftlosen Schultern ihren glanzlosen Schild halten. Der Helm war gelockert, sie ließ [25] ihr graues Haar sehen und zog den Speer hinter sich her, der voller Rost war. Als sie schließlich im Himmel ankam und vor den Knien des Donnerers niederfiel, begann sie traurig Klagen folgender Art: »Wenn meine Mauern, Jupiter, mit ewig gültigen Vorzeichen entstehen durften, wenn die Sprüche der Sibylle unverrückbar feststehen [30] und wenn dir die Tarpejische Burg noch nicht gleichgültig ist: Ich komme bittend zu dir, nicht damit ein Konsul im Triumph den Araxes unterwirft, nicht damit unsere Beile das köchertragende Susa unterdrücken oder damit wir unsere Legionsadler in roten Sand stecken. Das hast du uns früher gewährt; jetzt bitte ich, [35] Roma, nur um Nahrung. Erbarme dich deines Volkes, bester Vater; wehre den schlimmsten Hunger ab. Wenn es denn einen Zorn gegen uns gab, so haben wir ihn gestillt; wir haben ausgestanden, was selbst Geten beklagen würden und Sueben zu Tränen rühren könnte. Parthien selbst würde über mein Schicksal erschrecken. Warum sollte ich berichten von Seuche und Krankheit oder von Grabhügeln voller [40] Leichen und dem unablässigen Sterben unter dem verderblichen Einfluss eines Gestirns, oder von dem Fluss, der sein Bett verlassen hat, über die Dächer geflossen ist und nun die Spitzen der Hügel bedroht? Die Flut hatte mich überschwemmt und riesige Schiffe sind auf mir geschwommen, die Geräusche der Ruder habe ich gehört und das Zeitalter Pyrrhas erlebt. Weh mir, wohin ist die Stärke Latiums und die Macht Roms [45] gesunken? Zu welchem Schatten unserer selbst sind wir nach und nach zerronnen? Einst war ich stark durch die Waffen des Volks und den Rat der Väter; Länder habe ich bezwungen und Menschen mit Recht und Gesetz gebunden; siegreich bin ich zum Auf- und Untergang der Sonne geeilt. Nach-

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postquam iura ferox in se communia Caesar transtulit et lapsi mores desuetaque priscis artibus in gremium pacis servile recessi, tot mihi pro meritis Libyam Nilumque dedere, ut dominam plebem bellatoremque senatum classibus aestivis alerent geminoque vicissim litore diversi conplerent horrea venti. stabat certa salus: Memphis si forte negasset, pensabam Pharium Gaetulis messibus annum. frugiferas certare rates lateque videbam Punica Niliacis concurrere carbasa velis. cum subiit par Roma mihi divisaque sumpsit aequales Aurora togas, Aegyptia rura in partem cessere novam. spes unica nobis restabat Libyae, quae vix aegreque fovebat, solo ducta Noto, numquam secura futuri, semper inops, ventique fidem poscebat et anni. hanc quoque nunc Gildo rapuit sub fine cadentis autumni. pavido metimur caerula voto, puppis si qua venit, si quid fortasse potenti vel pudor extorsit domino vel praeda reliquit. pascimur arbitrio Mauri, nec debita reddi, sed sua concedi iactat gaudetque diurnos ut famulae praebere cibos vitamque famemque librat barbarico fastu vulgique superbit fletibus et tantae suspendit fata ruinae. Romuleas vendit segetes et possidet arva

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dem der unbändige Caesar die Rechte der Allgemeinheit auf sich allein [50] vereinigt hatte, die Sitten herabgesunken waren und ich mich, meiner früheren Kriegskünste entwöhnt, in den Sklavenschoß des Friedens verkrochen hatte, gaben sie mir für so viele Verdienste Libyen und den Nil, damit die beiden das herrschende Volk und den kriegerischen Senat mit Flotten im Sommer ernährten [55] und die Winde aus verschiedenen Richtungen, die abwechselnd von den beiden Küsten her wehen, die Scheunen füllten. Unser Wohlergehen war gesichert. Hätte Memphis die Lieferung einmal verweigert, so hätte ich die Jahreslieferung aus Pharos mit der gätulischen Ernte ausgeglichen. Ich sah die Frachtschiffe mit Getreide auf weiter Strecke miteinander um die Wette fahren und sah, wie punisches Linnen gegen Segel vom Nil antrat. [60] Als ein zweites Rom auftrat, das mir glich, Aurora von mir getrennt wurde und die gleiche Toga anlegte wie ich, da wurden die Felder Ägyptens dem neuen Reichsteil zugeschlagen. Die einzige Hoffnung bestand für uns in Libyen, das uns nur gerade so und ungern unterstützte, dessen Flotte allein vom Südwind bewegt wurde, das niemals sorglos in die Zukunft blickte, [65] immer arm war und das nach sicheren Winden und Jahreserträgen verlangte. Jetzt gegen Ende des Herbstes hat uns Gildo auch dieses entrissen. Mit ängstlichen Gelübden mustern wir die blaue See, ob denn ein Schiff kommt, ob dem mächtigen Herrscher sein Schamgefühl vielleicht etwas abgerungen hat oder seine Raubzüge etwas übriggelassen haben. [70] Was wir zu essen bekommen, liegt ganz im Ermessen des Mauren; er prahlt damit, dass er nicht gibt, was er muss, sondern gewährt, was ihm gehört; es macht ihm Freude, mir täglich meine Nahrungsration wie einer Sklavin zu gewähren; Leben und Hunger legt er mit dem Hochmut eines Barbaren auf die Waagschale; die Tränen des Volkes steigern nur seinen Übermut und das Verhängnis eines so gewaltigen Untergangs lässt er im Ungewissen schweben. [75] Roms Saaten verkauft er und er besitzt Ackerland, das mit meinem Blut erworben wurde. Habe ich des-

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vulneribus quaesita meis. ideone tot annos flebile cum tumida bellum Karthagine gessi? idcirco voluit contempta luce reverti Regulus? hoc damnis, genitor, Cannensibus emi? incassum totiens lituis navalibus arsit Hispanum Siculumque fretum vastataque tellus totque duces caesi ruptaque emissus ab Alpe Poenus et attonitae iam proximus Hannibal urbi? scilicet ut domitis frueretur barbarus Afris, muro sustinui Martem noctesque cruentas Collina pro turre tuli? Gildonis ad usum Karthago ter victa ruit? hoc mille gementis Italiae clades inpensaque saecula bello, hoc Fabius fortisque mihi Marcellus agebant, ut Gildo cumularet opes? haurire venena compulimus dirum Syphacem fractumque Metello traximus inmanem Marii sub vincla Iugurtham, et Numidae Gildonis erunt? pro funera tanta, pro labor! in Bocchi regnum sudavit uterque Scipio; Romano vicistis sanguine, Mauri. ille diu miles populus, qui praefuit orbi, qui trabeas et sceptra dabat, quem semper in armis horribilem gentes, placidum sensere subactae, nunc inhonorus, egens perfert miserabile pacis supplicium nulloque palam circumdatus hoste obsessi discrimen habet. per singula letum inpendet momenta mihi dubitandaque pauci praescribunt alimenta dies. heu prospera fata! quid mihi septenos montes turbamque dedisti

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halb über so viele Jahre hin den jammervollen Krieg mit dem übermütigen Karthago geführt? Achtete Regulus deshalb nicht auf sein Leben und kehrte freiwillig zurück? Habe ich mir dies, Vater, mit der Niederlage von Cannae eingehandelt? [80] Wurde das spanische und sizilianische Meer umsonst so oft unter dem Klang der Schiffstrompeten aufgewühlt, wurde das Land umsonst verwüstet, sind so viele Feldherren umsonst gefallen, durfte der Punier von den Alpen, die er durchbrochen hatte, umsonst wieder herabziehen und war Hannibal umsonst schon dicht vor den Toren der erschrockenen Stadt? [84] Habe ich etwa, damit nun ein Barbar seinen Nutzen aus dem eroberten Africa ziehen kann, mit meiner Mauer den Krieg ertragen und blutige Nächte für die Verteidigung des Collinischen Turms durchgestanden? Ist Karthago dreimal besiegt worden und schließlich gefallen, [90] nur damit Gildo seinen Vorteil davon hat? Das haben die tausend Niederlagen des jammernden Italiens und all die Jahrhunderte, die nur für den Krieg aufgewendet waren, das haben Fabius und der tapfere Marcellus für mich geleistet, damit Gildo seine Reichtümer vermehren konnte? Wir haben den grausamen Syphax gezwungen, Gift zu trinken, den furchtbaren Jugurtha durch Metellus geschlagen und durch Marius in Fesseln gelegt ‒ und ein Gildo soll jetzt die Numider besitzen? Wehe, so viele Leichen, so viele Strapazen! Die beiden Scipionen haben für das Reich eines Bocchus ihren Schweiß vergossen; [95] ihr Mauren habt mit Römerblut gesiegt. Dieses Volk, das so lange Krieg geführt hat, das die Welt beherrschte, das Konsulate und Szepter verlieh, das die Völker im Krieg stets als furchtbar und nach ihrer Eroberung als mildtätig erfuhren, dieses Volk ist nun ohne Ehre, erträgt darbend die beklagenswerte [100] Strafe des Friedens, und obwohl kein Feind es im offenen Krieg eingeschlossen hat, ist es so gefährdet wie bei einer Belagerung. In jedem Augenblick droht mir der Tod und wenige Tage nur reicht mein ungewisser Vorrat an Nahrung. Verflucht sei mein glückliches Schicksal! Warum hast du mir sieben Hügel und ein

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quae parvo non possit ali? felicior essem angustis opibus; mallem tolerare Sabinos et Veios; brevior duxi securius aevum. ipsa nocet moles. utinam remeare liceret ad veteres fines et moenia pauperis Anci! sufficerent Etrusca mihi Campanaque culta et Quincti Curiique seges, patriaeque petenti rusticus inferret proprias dictator aristas. nunc quid agam? Libyam Gildo tenet, altera Nilum. ast ego, quae terras iuvenis pontumque subegi, deseror: emeritae iam praemia nulla senectae. di, quibus iratis crevi, succurrite tandem, exorate patrem; tuque o quae sponte per altum vecta Palatinis mutasti collibus Idam praelatoque lavas Phrygios Almone leones, maternis precibus natum iam flecte, Cybele. sin prohibent Parcae falsisque elusa vetustas auspiciis, alio saltem prosternite casu et poenae mutate genus. Porsenna reducat Tarquinios; renovet ferales Allia pugnas; me potius saevi manibus permittite Pyrrhi, me Senonum furiis, Brenni me reddite flammis. cuncta fame leviora mihi.’

sic fata refusis obticuit lacrimis. mater Cytherea parensque flet Mavors sanctaeque memor Tritonia Vestae, nec Cybele sicco nec stabat lumine Iuno.

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Volk gegeben, [105] das man mit wenig Aufwand nicht ernähren kann? Glücklicher wäre ich mit geringer Macht; lieber würde ich die Sabiner und die Bewohner von Veji ertragen; auf engerem Raum habe ich sicherer gelebt. Die Größe selbst ist es jetzt, die mir schadet. Könnte ich doch zu meinen alten Grenzen zurück und zu den Mauern des armen Ancus! [110] Die etruskischen und kampanischen Äcker und die Saatfelder eines Quinctius oder Curius würden mir genügen, und der Diktator würde als Bauer der bedürftigen Heimat von seinen eigenen Ähren geben. Was soll ich nun tun? Gildo hat Libyen, der andere Reichsteil den Nil inne. Mich aber, die ich mir in meiner Jugend Länder und Meer unterworfen habe, [115] lässt man mittellos zurück. Hat es einmal ausgedient, so kann das Alter keinen Lohn mehr erwarten. Ihr Götter, an deren Zorn ich gewachsen bin, eilt mir endlich zu Hilfe und fleht unseren Vater an; du, die du freiwillig über das Meer gezogen bist, den Ida mit den palatinischen Hügeln vertauscht hast und deine phrygischen Löwen im Almo badest, dem du den Vorzug gibst, [120] stimme endlich deinen Sohn mit den Bitten einer Mutter um, Cybele! Wenn es aber die Parzen verwehren und wenn die Vorfahren mit falschen Prophezeiungen genarrt wurden, dann streckt mich zumindest durch einen anderen Fall nieder und ändert die Art der Bestrafung. Porsenna soll die Tarquinier wieder zurückbringen; die Allia soll ihre tödlichen Kämpfe erneuern! [125] Überlasst mich lieber den Händen des wilden Pyrrhus und den tobenden Senonen und übergebt mich den Flammen des Brennus. Alles ist für mich leichter erträglich als der Hunger!« Mitgefühl der Götter und Ankunft Africas Nach diesen Worten kamen ihr die Tränen und sie verstummte. Es weinten die Mutter Venus, der Vater Mars und Minerva, die an die heilige Vesta dachte; [130] auch Cybele und Juno standen nicht trockenen Auges dabei. Die einheimischen Götter trauerten und

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maerent Indigetes et si quos Roma recepit aut dedit ipsa deos. genitor iam corda remitti coeperat et sacrum dextra sedare tumultum, cum procul insanis quatiens ululatibus axem et contusa genas mediis apparet in astris Africa: rescissae vestes et spicea passim serta iacent; lacero crinales vertice dentes et fractum pendebat ebur, talique superbas inrupit clamore fores:

‘quid, magne, moraris, Iuppiter, avulso nexu pelagique solutis legibus iratum populis inmittere fratrem? mergi prima peto; veniant praerupta Pachyno aequora, laxatis subsidant Syrtibus urbes. si mihi Gildonem nequeunt abducere fata, me rape Gildoni. felicior illa perustae pars Libyae, nimio quae se munita calore defendit tantique vacat secura tyranni! crescat zona rubens; medius flagrantis Olympi me quoque limes agat; melius deserta iacebo vomeris inpatiens. pulsis dominentur aratris dipsades et sitiens attollat glaeba cerastas. quid me temperies iuvit? quid mitior aether? Gildoni fecunda fui. iam solis habenae bis senas torquent hiemes, cervicibus ex quo haeret triste iugum. nostris iam luctibus ille consenuit regnumque sibi tot vindicat annos, atque utinam regnum! privato iure tenemur

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diejenigen, die Rom aufgenommen oder selbst hinzugegeben hatte. Schon begann sich das Herz des Vaters zu erweichen und er brachte mit seiner Rechten den Aufruhr unter den Göttern zur Ruhe, als von weit her Africa den Himmel mit wahnsinnigem Heulen erschütterte [135] und mit zerstoßenen Wangen mitten unter den Sternen erschien: Ihre Kleider waren zerrissen und die Ährenkränze lagen überall zerstreut; von ihrem zerrauften Scheitel hingen Zähne eines Kammes und zerbrochenes Elfenbein herab, und mit folgendem Geschrei brach sie die erhabenen Pforten auf: Rede der Africa »Was zögerst du noch, großer [140] Jupiter, die Einheit der Elemente auseinanderzureißen, die Gesetze des Meeres aufzuheben und den zornigen Bruder auf die Völker loszulassen? Ich will die erste sein, die überschwemmt wird; die Wasser, die sich am Kap Pachynum brechen, sollen kommen, die Syrten sollen sich öffnen und die Städte niedersinken. Wenn das Schicksal mir Gildo schon nicht wegschaffen kann, [145] so entreiße du mich aus der Hand Gildos! Glücklicher ist jetzt jener verbrannte Teil Libyens, der sich selbst mit unerträglicher Hitze gewappnet schützt und ohne Sorge um einen so grausamen Tyrannen die Freiheit genießt! Diese feuerrote Erdzone soll immer größer werden; auch mir soll der mittlere Streifen unter brennendem Himmel zusetzen; besser wird es sein, wenn ich verlassen [150] und von der Pflugschar unbearbeitet daliege. Die Vipern sollen die Pflüge vertreiben und die Herrschaft übernehmen, und die dürstende Erdscholle soll die Hornschlangen hervorwachsen lassen. Was hat mir das gemäßigte Klima gebracht? Was eine mildere Luft? Für einen Gildo war ich fruchtbar. Schon lassen die Zügel am Wagen der Sonne den zwölften Winter laufen, seitdem [155] das traurige Joch auf meinem Nacken lastet. Jener ist mittlerweile über unserem Leid alt geworden und beansprucht so viele Jahre schon die Regierung für sich ‒ und wäre das doch nur eine Regierung! Ich werde wie ein Privat-

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exigui specie fundi. quod Nilus et Atlans dissidet, occiduis quod Gadibus arida Barce quodque Paraetonio secedit litore Tinge, hoc sibi transcribit proprium. pars tertia mundi unius praedonis ager. distantibus idem inter se vitiis cinctus: quodcumque profunda traxit avaritia, luxu peiore refundit. instat terribilis vivis, morientibus heres, virginibus raptor, thalamis obscaenus adulter. nulla quies: oritur praeda cessante libido; divitibusque dies et nox metuenda maritis. quisquis vel locuples pulchra vel coniuge notus, crimine pulsatur falso; si crimina desunt, accitus conviva perit. mors nulla refugit artificem: varios sucos spumasque requirit serpentum virides et adhuc ignota novercis gramina. si quisquam vultu praesentia damnet liberiusve gemat, dapibus crudelis in ipsis emicat ad nutum stricto mucrone minister. fixus quisque toro tacita formidine libat carnifices epulas incertaque pocula pallens haurit et intentos lateri circumspicit enses. splendet Tartareo furialis mensa paratu, caede madens, atrox gladio, suspecta veneno. ut vino calefacta Venus, tum saevior ardet luxuries, mixtis redolent unguenta coronis. crinitos inter famulos pubemque canoram orbatas iubet ire nurus nuperque peremptis

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eigentum beherrscht, so als wäre ich ein kleines Landgut. Alles zwischen Nil und Atlasgebirge, zwischen Gades im Westen und der trockenen Stadt Barce, [160] zwischen Tinge und dem Strand von Paraetonium, all das überschreibt er sich als sein Eigentum. Das Landgut eines einzelnen Räuberhauptmanns umfasst ein Drittel der Welt. Er hat sich mit entgegengesetzten Lastern umgeben: Was immer die bodenlose Habgier an sich gerissen hat, verschleudert er in noch schändlicherer Ausschweifung. [165] Er setzt den Lebenden als Schrecken zu, den Sterbenden als Erbe, den Jungfrauen als Verführer, den Ehen als sittenloser Nebenbuhler. Es gibt keine Ruhe: Bleibt die Beute aus, so regt sich seine Lüsternheit; die Reichen müssen den Tag, die Ehemänner die Nacht fürchten. Wer auch immer reich oder seiner schönen Gattin wegen bekannt ist, [170] der wird unter falschen Anschuldigungen vertrieben; wenn es keine Anschuldigungen gibt, so wird er als Gast eingeladen und muss sterben. Keine Todesart ist diesem Meister verborgen geblieben: Er forscht nach verschiedenen Pflanzensäften, nach dem grünlichen Giftschaum der Schlangen und nach Kräutern, die selbst den Stiefmüttern bislang verborgen geblieben sind. Wenn einer über das Augenscheinliche nur ein wenig die Nase rümpft [175] und nur ein bisschen zu frei aufseufzt, so springt noch während des Mahles selbst auf ein Nicken hin ein grausamer Handlanger mit gezücktem Schwert auf. Ein jeder bleibt reglos auf seinem Kissen sitzen, kostet in stummer Furcht von seiner Henkersmahlzeit, schlürft bleich aus den Bechern mit zweifelhaftem Inhalt und sieht rings die Schwerter, die gegen seine Seite gerichtet sind. [180] Die grässliche Tafel glänzt vom höllischen Gedeck, trieft vor Mordblut, erregt Grauen wegen der Schwerter und Verdacht wegen des Gifts. Wenn sich seine Liebesglut vom Wein erhitzt hat, dann brennt Prasserei umso wilder und der Duft des Salböls mischt sich unter die Blumenkränze. Inmitten der langhaarigen Diener und der singenden Knaben [185] zwingt er die

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adridere viris. Phalarin tormentaque flammae profuit et Siculi mugitus ferre iuvenci quam tales audire choros. nec damna pudoris turpia sufficiunt: Mauris clarissima quaeque fastidita datur. media Karthagine ductae barbara Sidoniae subeunt conubia matres; Aethiopem nobis generum, Nasamona maritum ingerit; exterret cunabula discolor infans. his fretus sociis ipso iam principe maior incedit; peditum praecurrunt agmina longe; circumdant equitum turmae regesque clientes, quos nostris ditat spoliis. proturbat avita quemque domo; veteres detrudit rure colonos. exiliis dispersa feror. numquamne reverti fas erit errantesque solo iam reddere cives?’

iret adhuc in verba dolor, ni Iuppiter alto coepisset solio (voces adamante notabat Atropos et Lachesis iungebat stamina dictis): ‘nec te, Roma, diu nec te patiemur inultam, Africa. communem prosternet Honorius hostem. pergite securae. vestrum vis nulla tenorem separat et soli famulabitur Africa Romae.’ dixit et adflavit Romam meliore iuventa. continuo redit ille vigor seniique colorem

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verwitweten Frauen zu gehen und dabei zu lächeln, obwohl er ihre Männer erst kurz zuvor ermordet hat. Besser wäre es gewesen, Phalaris, die Flammenfolter und das Brüllen des sizilianischen Stiers zu ertragen, als solchen Chören zuzuhören. Und die schändliche Preisgabe der Scham reicht ihm nicht: Gerade die vornehmsten Frauen [190] verschmäht er und überlässt sie den Mauren. Sidonischen Müttern wird mitten in Karthago der Antrag gemacht und sie gehen die Ehe mit Barbaren ein; er drängt uns einen äthiopischen Schwiegersohn und einen Nasamonen als Gatten auf; das Kind versetzt mit seiner dunklen Hautfarbe die Wiege selbst in Schrecken. Er vertraut auf diese Getreuen und wandelt schon stolzer als der Kaiser selbst [195] umher; Scharen von Fußsoldaten laufen ihm weit voraus; Reitertrupps und Vasallenkönige umgeben ihn, die er mit Beutestücken aus meinem Land bereichert. Einen jeden vertreibt er aus seinem angestammten Haus; alteingesessene Siedler drängt er von ihrem Land fort. Durch Exile werde ich in alle Welt zerstreut. Wird es nie [200] erlaubt sein, zurückzukehren und meine irrfahrenden Landsleute endlich ihrem Heimatboden zurückzugeben?« Jupiters Entschluss und Verjüngung Romas Ihr Schmerz hätte sich noch weiter Ausdruck verschafft, wenn nicht Jupiter auf hohem Throne begonnen hätte ‒ Atropos notierte die Worte auf Stahl und Lachesis verknüpfte die Schicksalsfäden mit seiner Rede ‒: »Wir lassen es nicht zu, dass du, Roma, und du, Africa, lange ungerächt bleibst. [205] Honorius wird euren gemeinsamen Feind niederstrecken. Geht und seid ohne Sorgen. Keine Gewalt vermag euren gemeinsamen Lauf zu trennen und Africa ist allein Roma untertan.« So sprach er und verschönerte Roma mit dem Anhauch der Jugend. [209] Sofort erlangte sie ihre alte Kraft wieder und ihr Haar legte die Farbe des Alters ab. Der Busch reckte sich in die

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mutavere comae. solidatam crista resurgens erexit galeam clipeique recanduit orbis et levis excussa micuit rubigine cornus.

umentes iam noctis equos Lethaeaque Somnus frena regens tacito volvebat sidera curru. iam duo divorum proceres, maiorque minorque Theodosii, pacem laturi gentibus ibant, qui Iovis arcanos monitus mandataque ferrent fratribus et geminis sancirent foedera regnis: sic cum praecipites artem vicere procellae adsiduoque gemens undarum verbere nutat descensura ratis, caeca sub nocte vocati naufraga Ledaei sustentant vela Lacones. circulus ut patuit Lunae, secuere meatus diversos: Italas senior tendebat in oras; at pater, intrantem Pontum qua Bosporos artat, Arcadii thalamis urbique inlapsus Eoae.

quem simul ut vidit natus (nam clara nitebat Cynthia), permixto tremuerunt gaudia fletu, conplexuque fovens quos non speraverat artus ‘o mihi post Alpes nunc primum reddite’ dixit, ‘unde tuis optatus ades? da tangere dextram, qua gentes cecidere ferae. quis tale removit praesidium terris? ut te mortalia pridem inplorant longeque pium fortemque requirunt!’

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Höhe und gab dem Helm einen festen, hohen Sitz, der runde Schild erstrahlte und vom Rost befreit blitzte die leichte Lanze. Aufbruch der Theodosii zu Honorius und Arcadius Somnus lenkte schon die vom Tau feuchten Rosse der Nacht, führte die Zügel der Lethe und ließ die Gestirne mit dem lautlosen Lauf seines Wagens drehen. [215] Schon machten sich zwei Vornehme unter den Vergöttlichten, der ältere und der jüngere Theodosius, auf den Weg, um den Völkern den Frieden zu bringen; sie sollten den Brüdern die geheimen Weisungen und Befehle Jupiters überbringen und das Bündnis zwischen den beiden Reichsteilen festigen: So erhalten ‒ wenn jähe Stürme die Geschicklichkeit des Steuermanns überwältigt haben, [220] das Schiff unter dem beständigen Schlag der Wogen ächzt und schwankt und dabei schon droht, unterzugehen ‒ Ledas spartanische Söhne, beim Anbruch der dunklen Nacht gerufen, das vom Untergang bedrohte Schiff. Sobald die runde Scheibe des Mondes voll zu sehen war, zogen sie auf entgegengesetzten Bahnen dahin: Der Ältere wandte sich zu den italischen Küsten, [225] der Vater hingegen betrat das Schlafgemach des Arcadius und die Stadt im Osten, dort wo der Bosporos das einströmende Schwarze Meer zusammendrängt. Der jüngere Theodosius bei seinem Sohn Arcadius Sowie ihn der Sohn sah ‒ Cynthia nämlich strahlte hell ‒, zitterte er vor Freude, untermischt mit Weinen; er umarmte ihn leibhaftig, was er nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, und sagte: [230] »Jetzt habe ich dich zum ersten Mal nach deinem Alpenzug wieder! Von woher kommst du zu den Deinen, die dich schon herbeigesehnt haben? Lass mich die Rechte berühren, durch welche die wilden Völker gefallen sind. Wer hat eine solche Schutzmacht den Ländern genommen? Wie doch alle Menschen seit langem zu dir flehen und schmerzlich deine Fürsorge und Tapferkeit vermissen!«

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cui pater in tales rupit suspiria voces: ‘hoc erat? in fratres medio discordia Mauro nascitur et mundus germanaque dissidet aula? Gildonisne salus tanti sit palma furoris? scilicet egregius morum magnoque tuendus et cuius meritis pietas infracta recedat! † in primo genitore vide † civile calebat discidium, dubio stabant Romana sub ictu: quis procul Armenius vel quis Maeotide ripa rex ignotus agit, qui me non iuvit euntem? auxilio fovere Getae, venere Geloni. solus at hic non puppe data, non milite misso subsedit fluitante fide. si signa petisset obvia, detecto summissius hoste dolerem: restitit in speculis fati turbaque reductus libravit geminas eventu iudice vires ad rerum momenta cliens seseque daturus victori: fortuna simul cum Marte pependit. o si non cupidis essem praereptus ab astris! exemplum sequerer Tulli laniandaque dumis inpia diversis aptarem membra quadrigis. germani nunc usque tui responsa colebat: en iterum calcat. tali te credere monstro post patrem fratremque paras? sed magna rependit inque tuam sortem numerosas transtulit urbes. ergo fas pretio cedet? mercede placebit seditio? taceo laesi quod transfuga fratris,

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[235] Ihm gegenüber gab der Vater seinem Schmerz mit folgenden Worten Ausdruck: »Dafür also...! Zwietracht kann sich – weil sich so ein Maure dazwischendrängt! – gegen Brüder richten, und die Welt und die Höfe der Geschwister sind in Uneinigkeit? Soll der Erfolg Gildos der Lohn für so große Raserei sein? Sicher, eine herausragende Persönlichkeit ist das; die muss einem schon einiges wert sein; [240] vor seinen Verdiensten muss natürlich eure Brüderliebe erschüttert zurückstehen! † Sieh nur, wie es deinem Vater ging † Man focht hitzig im Bürgerkrieg, Roms Schicksal stand aufs Messers Schneide: Gibt es im fernen Armenien oder unbekannt an der maiotischen Küste einen König, der mir bei meinem Kriegszug nicht geholfen hätte? [245] Die Geten haben mich unterstützt, die Gelonen sind gekommen. Doch er allein stellte keine Flotte, schickte keine Truppen und blieb, schwankend in seiner Treue, zurück. Wäre er zu den feindlichen Truppen übergelaufen, so hätte ich meinen Feind erkannt und geringeren Schmerz empfunden: Er beobachtete vom hohen Turm aus das Schicksal, hielt sich von der Menge fern [250] und wog das Verhältnis der beiden Kräfte nach Maßgabe des Erfolgs ab, wobei er den Gang der Dinge für sich entscheiden ließ, um sich dann auf die Seite des Siegers zu schlagen: Sein Glück war wie der Krieg selbst unentschieden. Ach, hätten mich doch nicht die gierigen Sterne allzu früh fortgerissen! Ich wäre dem Beispiel des Tullus gefolgt und hätte seine verräterischen Glieder an auseinanderfahrende Wagen befestigt, damit sie vom Gestrüpp zerfetzt werden. [256] Bis jetzt hat er den Weisungen deines Bruders Folge geleistet: Schau, wie er sie jetzt schon wieder mit Füßen tritt. Willst du dich nach dem, was dein Vater und dein Bruder erlebt haben, einem solchen Ungeheuer anvertrauen? Aber er hat ja viel zum Ausgleich geleistet und zahlreiche Städte zu deiner Herrschaft hinzugefügt. [260] So wird also Recht und Moral dem Profit weichen? Nur des Gewinns wegen wirst du den Aufruhr billigen? Ich schweige davon, dass er deinen Bruder ver-

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quod levis ingenio. quamvis discrimine summo proditor adportet suspensa morte salutem, numquam gratus erit. damnamus luce reperta perfidiam nec nos patimur committere tali. hoc genus emptori cives cum moenibus offert, hoc vendit patriam. plerique in tempus abusi, mox odere tamen: tenuit sic Graia Philippus oppida; Pellaeo libertas concidit auro. Romani scelerum semper sprevere ministros. noxia pollicitum domino miscere venena Fabricius regi nudata fraude remisit, infesto quem Marte petit, bellumque negavit per famuli patrare nefas, ductosque Camillus trans murum pueros obsessae reddidit urbi. traduntur poenis alii, cum proelia solvant; hic manet, ut moveat? quod respuit alter in hostem, suscipis in fratrem? longi pro dedecus aevi! cui placet, Australes Gildo condonat habenas tantaque mutatos sequitur provincia mores. quaslibet ad partes animus nutaverit anceps, transfundit secum Libyam refluumque malignus commodat imperium. Mauri fuit Africa munus. tollite Massylas fraudes, removete bilingues insidias et verba soli spirantia virus. ne consanguineis certetur comminus armis, ne, precor. haec trucibus Thebis, haec digna Mycenis; in Mauros hoc crimen eat. quid noster iniquum molitur Stilicho? quando non ille iubenti paruit? an quisquam nobis devinctior extat?

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letzt hat, weil er übergelaufen ist, dass er einen unzuverlässigen Charakter hat. Mag in der höchsten Gefahr, wenn der Tod schon droht, ein Verräter auch Rettung bringen, lieb wird er einem niemals sein. Ist unser Leben wieder sicher, so verurteilen wir [265] den Verrat und ertragen es nicht länger, uns einem solchen Menschen anzuvertrauen. Leute von diesem Schlag bieten einem gegen Geld Bürger samt ihren Stadtmauern feil und verkaufen die eigene Heimat. Sehr viele haben für eine gewisse Zeit ihren Nutzen aus ihnen gezogen und sie doch bald darauf gehasst: So hielt Philipp die Städte Griechenlands besetzt und die Freiheit sank unter dem Gold aus Pella in sich zusammen. [270] Die Römer haben immer die Handlanger des Verbrechens verachtet. Fabricius schickte dem König, gegen den er Krieg führte, als die List aufgedeckt war, den Mann zurück, der versprochen hatte, seinem Herrn Gift in den Trank zu mischen; er wollte den Krieg nicht durch den Frevel eines Dieners beenden. Auch Camillus gab [275] die Knaben, die man aus der Stadt geschafft hatte, dem belagerten Rom zurück. Andere werden bestraft, wenn sie versuchen, Kämpfe zu beenden: Der soll bleiben, um sie anzustiften? Was ein anderer nicht einmal seinem Feind antun wollte, das unternimmst du gegen deinen Bruder? Ach, Schande für ewige Zeiten! Gildo schenkt die Zügel des Südens, wem er mag, [280] und eine so gewaltige Provinz folgt dem Schwanken seiner Launen. Zu welcher Partei er sich in seinem Wankelmut auch wendet, der Bösewicht lässt ganz Libyen mit sich hinüberschwappen und passt die hin- und herflutende Herrschaft jeweils den Verhältnissen an. Africa war das Geschenk eines Mauren. Weg mit den Tücken der Massyler, ihren doppelzüngigen [285] Intrigen und den Worten, die das Gift ihres Landes atmen. Lass nicht Blutsverwandte auf Tod und Leben gegeneinander antreten, bitte nicht! Das passte für das wilde Theben und Mykene, einer solchen Schuld sollen sich die Mauren aussetzen. Welche Ungerechtigkeit aber setzt unser Stilicho ins Werk? Wann hat er unserem Befehl nicht [290] gehorcht? Gibt es jeman-

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ut sileam varios mecum quos gesserit actus, quae vidi post fata loquar. cum divus abirem, res inconpositas (fateor) tumidasque reliqui. stringebat vetitos etiamnum exercitus enses Alpinis odiis, alternaque iurgia victi victoresque dabant. vix haec amentia nostris excubiis, nedum puero rectore quiesset. heu quantum timui vobis, quid libera tanti militis auderet moles, cum patre remoto ferveret iam laeta novis. dissensus acerbus sed gravior consensus erat. tunc ipse paterna successit pietate mihi tenerumque rudemque fovit et in veros eduxit principis annos, Rufinumque tibi, quem tu tremuisse fateris, depulit. hunc solum memorem solumque fidelem experior. volui si quid, dum vita maneret, aut visus voluisse, gerit; venerabilis illi ceu praesens numenque vocor. si tanta recusas, at soceri reverere faces, at respice fratris conubium pignusque meae regale Serenae. debueras etiam fraternis obvius ire hostibus, ille tuis. quae gens, quis Rhenus et Hister vos opibus iunctos conspirantesque tulisset? sed tantum permitte cadat: nil poscimus ultra. ille licet sese praetentis Syrtibus armet oppositoque Atlante tegat, licet arva referta anguibus et solis medios obiecerit aestus,

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den, der uns enger verbunden wäre? Um von den verschiedenen Leistungen zu schweigen, die er gemeinsam mit mir erbracht hat, will ich nur das sagen, was ich nach meinem Tod gesehen habe. Als ich vergöttlicht Abschied nehmen musste, ließ ich ‒ ich gestehe es ‒ den Staat in Unordnung und Aufruhr zurück. Das Heer wollte immer noch [295] im Zorn des Alpenzuges zu den verbotenen Schwertern greifen und Besiegte und Sieger zankten miteinander. Nur mit Mühe hätte sich dieser Wahnsinn durch meine Wachsamkeit wieder gelegt, und erst recht nicht, wenn ein Knabe den Oberbefehl geführt hätte. Ach, wie habe ich um euch bangend beobachtet, was die herrenlose Menge so vieler Soldaten wagen würde, als sie nach dem Tod des Vaters [300] in Unruhe geriet und sich schon auf Umsturz freute. Bitter war schon ihre Zwietracht: Wären sie einträchtig gewesen, wäre die Lage noch ernster geworden. Da folgte Stilicho mir in väterlicher Fürsorge nach, behütete den zarten und unerfahrenen Knaben und erzog ihn, bis er das richtige Alter für einen Kaiser erreicht hatte. Für dich hat er auch Rufinus abgesetzt, vor dem du ‒ wie du selbst gestehst ‒ gezittert hast. [305] Von ihm allein weiß ich, dass er dankbar und treu ist. Alles was ich im Leben gewollt habe oder nur zu wollen schien, führt er aus. Ich werde von ihm mit Verehrung als eine hilfreiche göttliche Macht angerufen. Wenn du so gewaltige Vorzüge als Argument zurückweist, so ehre wenigstens die Hochzeitsfackeln des Schwiegervaters und achte die Ehe deines Bruders [310] und das kaiserliche Kind meiner Serena. Auch hättest du den Feinden deines Bruders entgegenziehen müssen, wie auch er den deinen. Welches Volk, welcher Rhein, welche Donau hätte eurer vereinten Macht und eurem einträchtigen Unternehmen standgehalten? Doch gestatte nur, dass Gildo fällt: Nichts weiter wollen wir. [315] Mag er sich auch mit den vorgelagerten Syrten wappnen, sich hinter dem Riegel des Atlasgebirges verbergen, mag er uns auch die Felder, die voller Schlangen sind, und die mittägliche Sonnenhitze entgegenstellen,

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novi consilium, novi Stilichonis in omnes aequalem casus animum: penetrabit harenas, inveniet virtute viam.’ sic divus et inde sic natus: ‘iussis, genitor, parebitur ultro. amplector praecepta libens, nec carior alter cognato Stilichone mihi. commissa profanus ille luat; redeat iam tutior Africa fratri.’

talia dum longo secum sermone retexunt, Hesperiam pervenit avus castumque cubile ingreditur, Tyrio quo fusus Honorius ostro carpebat teneros Maria cum coniuge somnos. adsistit capiti; tum sic per somnia fatur: ‘tantane devictis tumuit dementia Mauris, care nepos? iterum post me coniurat in arma progenies vaesana Iubae bellumque resumit victoris cum stirpe sui? Firmumne iacentem obliti Libyam nostro sudore receptam rursus habent? ausus Latio contendere Gildo germani nec fata timet? nunc ire profecto, nunc vellem notosque senex ostendere vultus: nonne meam fugiet Maurus cum viderit umbram? quid dubitas? exurge toris, invade rebellem, captivum mihi redde meum. desiste morari. hoc generi fatale tuo: dum sanguis in orbe noster erit, semper pallebit regia Bocchi.

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ich kenne die Besonnenheit Stilichos und seine gegen alle Schicksalsschläge feste Charakterstärke: Er wird den Wüstensand durchqueren, [320] er wird sich mit seiner Tapferkeit einen Weg bahnen.« So sprach der Vergöttlichte und so antwortete ihm daraufhin sein Sohn: »Deinen Befehlen, Vater, wird man freiwillig Folge leisten. Gerne erkenne ich deine Weisungen an und keiner ist mir lieber als mein Verwandter Stilicho. Jener Frevler aber soll büßen, was er sich zuschulden hat kommen lassen; und Africa soll bald sicherer zu meinem Bruder zurückkehren.« Traumerscheinung des älteren Theodosius vor seinem Enkel Honorius [325] Während sie das untereinander in langem Gespräch behandelten, gelangte der Großvater nach Hesperien und betrat das züchtige Schlafgemach, in dem Honorius auf tyrischem Purpur hingestreckt gemeinsam mit seiner Gattin Maria den sanften Schlaf genoss. Er trat an sein Haupt und sprach dann im Traum folgende Worte: [330] »Haben sich die besiegten Mauren in so großem Selbstvertrauen aufgeblasen, geliebter Enkel? Ein zweites Mal nach meiner Zeit verschwört sich das wahnsinnige Geschlecht Jubas zur Waffentat und nimmt den Krieg gegen den Nachkommen seines Bezwingers wieder auf? Haben sie, ohne an die Niederlage des Firmus zu denken, erneut von Libyen Besitz ergriffen, das wir doch mit unserem Schweiß zurückerobert hatten? [335] Gildo wagt es, mit Latium Krieg zu führen, und fürchtet nicht das Schicksal seines Bruders? Jetzt wollte ich wirklich hingehen und ihm als alter Mann mein Gesicht zeigen, das er noch kennt: Wird der Maure etwa nicht fliehen, wenn er meinen Schatten gesehen hat? Was zögerst du noch? Erhebe dich von deinen Kissen, greif den Empörer an [340] und gib mir meinen Gefangenen zurück! Säume nicht länger! Dies ist vom Schicksal für dein Geschlecht bestimmt: Solange unser Blut auf Erden herrscht, wird der Palast des Bocchus immer in blasser Angst sein. Die Rüstung, die du Gildo

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iungantur spoliis Firmi Gildonis opima; exornet geminos Maurusia laurea currus; una domus totiens una de gente triumphet. di bene, quod tantis interlabentibus annis servati Firmusque mihi fraterque nepoti.’ dixit et adflatus vicino sole refugit.

at iuvenem stimulis inmanibus aemula virtus exacuit; iam puppe vehi, iam stagna secare fervet et absentes invadere cuspide Mauros. tum iubet acciri socerum dextramque vocato conserit et, quae sit potior sententia, quaerit: ‘per somnos mihi, sancte pater, iam saepe futura panduntur multaeque canunt praesagia noctes. namque procul Libycos venatu stringere saltus et iuga rimari canibus Gaetula videbar. maerebat regio saevi vastata leonis incursu; pecudum strages passimque iuvenci semineces et adhuc infecta mapalia tabo sparsaque sanguineis pastorum funera campis. adgredior latebras monstri mirumque relatu conspicio: dilapsus honos, cervice minaces defluxere iubae; fractos inglorius armos supposuit servile gemens; iniectaque vincla unguibus et subitae collo sonuere catenae. nunc etiam paribus secum certare tropaeis hortator me cogit avus. quonam usque remoti

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abnehmen wirst, soll zu den Beutestücken aus dem Krieg mit Firmus kommen; der maurische Siegeslorbeer soll beide Triumphwagen schmücken; [345] ein und dasselbe Haus soll so oft über ein und dasselbe Volk triumphieren. Die Götter haben gut daran getan, so viele Jahre vergehen zu lassen und Firmus mir, seinen Bruder aber für meinen Enkel aufzusparen.« So sprach er und entwich, als ihn der Atem der nahen Sonnenrosse schon anwehte. Honorius schildert Stilicho ein Traumbild und die Begegnung mit Theodosius. Doch den Jüngling trieb seine Tapferkeit, die es dem Großvater gleichtun wollte, mit gewaltigen Sporen an: [350] Schon drängte er darauf, mit dem Schiff zu fahren, die Gewässer zu durchqueren und die fernen Mauren mit der Lanze anzugreifen. Dann gab er Befehl, den Schwiegervater herbeizuholen, reichte dem Gerufenen die Hand und wollte von ihm wissen, was er ihm am ehesten raten würde: »Im Schlaf, verehrter Vater, zeigt sich mir schon oft die Zukunft [355] und zahlreich sind die Nächte, die mir Vorzeichen geben. Ich glaubte nämlich, auf der Jagd in den fernen Waldtälern Libyens umherzustreifen und die gätulischen Gebirgskämme mit Hunden zu durchforsten. Die Gegend war in Trauer, weil sie von den Angriffen eines wilden Löwen heimgesucht war: Das Vieh war gemordet, überall lagen [360] halbtot die Rinder, die Hütten waren immer noch vom verwesenden Blut verpestet und die Leichen der Hirten lagen verstreut auf den blutigen Feldern. Ich näherte mich dem Versteck des Untiers und sah etwas, seltsam zu berichten: Seine Pracht war verflossen, die drohende Mähne hing vom Nacken herab; unrühmlich stützte er seine gebrochenen Schenkel [365] und jammerte wie ein Sklave; Fesseln banden seine Klauen, und Ketten, um seinen Hals gelegt, klirrten. Und jetzt fordert mich auch noch mein Großvater auf und ermuntert mich, mit ihm um die gleichen Trophäen zu kämpfen. Wie lange halten wir

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cunctamur? decuit pridem conplere biremes et pelagi superare minas. transmittere primus ipse paro; quaecumque meo gens barbara nutu stringitur, adveniat: Germania cuncta feratur navibus et socia comitentur classe Sygambri. pallida translatum iam sentiat Africa Rhenum. an patiar tot probra sedens iuvenisque relinquam quae tenui rexique puer? bis noster ad Alpes alterius genitor defensum regna cucurrit: nos praedae faciles insultandique iacemus?’

finierat. Stilicho contra cui talia reddit: ‘adversine tubam princeps dignabere Mauri? auferet ignavus clari solacia leti, te bellante mori? decernet Honorius inde, hinc Gildo? prius astra chaos miscebit Averno. vindictam mandasse sat est; plus nominis horror quam tuus ensis aget. minuit praesentia famam. qui stetit aequatur campo, conlataque nescit maiestatem acies. sed quod magis utile factu atque hosti gravius (sensus adverte) docebo. est illi patribus, sed non et moribus isdem Mascezel, fugiens qui dira piacula fratris spesque suas vitamque tuo commisit asylo. hunc ubi temptatis frustra mactare nequivit insidiis, patrias in pignora contulit iras

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uns noch zurück und zögern? Schon längst hätte man die Zweiruderer besetzen [370] und das drohende Meer bezwingen müssen. Ich mache mich dazu bereit, allen voran das Meer zu überqueren; alle Barbarenvölker, die meinem Befehl untergeben sind, sollen hinzukommen. Ganz Germanien soll auf Schiffen fahren und die Sygambrer sollen sie mit ihrer verbündeten Flotte begleiten. Bleich vor Angst soll Africa bald merken, dass man die Rheinvölker übergesetzt hat. [375] Soll ich so viele Schmähungen ruhig abwartend ertragen und als junger Mann aufgeben, was ich als Knabe beherrscht und regiert habe? Zweimal ist unser Vater zu den Alpen geeilt, um das Reich eines anderen zu verteidigen: Wir hingegen sollen als eine leichte Beute und als Gegenstand des Gespötts einfach stillhalten?« Stilicho schlägt vor, dass Mascezel für Honorius kämpfen soll. Er hatte geendet. Stilicho entgegnete ihm Folgendes: [380] »Du als Kaiser wirst der Kriegstrompete des feindlichen Mauren die Ehre erweisen? Dieser Taugenichts wird noch den Trost eines ruhmvollen Todes davontragen, wenn er nämlich im Kampf mit dir stirbt? Werden Honorius hier, Gildo dort um die Entscheidung kämpfen? Eher wird das Chaos Sterne und Unterwelt vereinen. Es reicht aus, die Bestrafung einem anderen zu übertragen; die Angst vor deinem Namen [385] wird mehr bewirken als dein Schwert. Deine Anwesenheit vermindert nur deinen Ruhm. Wer sich auf das Schlachtfeld stellt, gibt seine hohe Stellung auf, denn das Heer in der Schlacht kennt keine Majestät. Doch ich werde dir etwas nennen, was größeren Nutzen bringt und schwerer für den Feind zu ertragen ist ‒ hör gut zu! Es gibt Mascezel: Er hat dieselben Vorfahren wie er, aber nicht denselben Charakter; [390] er floh vor den grausamen Verbrechen seines Bruders und setzte seine Hoffnungen und sein Leben auf das Asyl bei dir. Als Gildo ihn mit seinen vergeblichen Anschlagsversuchen nicht töten konnte, richtete er den Zorn, der dem Vater gegolten hatte, auf die Kinder, tötete die

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et quos ipse sinu parvos gestaverat una obtruncat iuvenes inhumataque corpora vulgo dispulit et tumulo cognatas arcuit umbras naturamque simul fratremque hominemque cruentus exuit et tenuem caesis invidit harenam. hoc facinus refugo damnavit sole Mycenas avertitque diem; sceleri sed reddidit Atreus crimen et infandas excusat coniuge mensas: hic odium, non poena fuit. te prodita iura, te pater ultorem, te nudi pulvere manes, te pietas polluta rogat. si flentibus aram et proprium miseris numen statuistis, Athenae, si Pandionias planctu traxere phalangas Inachides belloque rogos meruere maritis, si maesto squalore comae lacrimisque senatum in Numidas pulsus solio commovit Adherbal: hunc quoque nunc Gildo, tanto quem funere mersit, hunc doleat venisse ducem, seseque minorem supplicibus sciat esse tuis. quem sede fugavit, hunc praeceps fugiat, fregit quem clade, tremescat, agnoscatque suum, trahitur dum victima, fratrem.’

haec ubi sederunt genero, notissima Marti robora, praecipuos electa pube maniplos disponit portuque rates instaurat Etrusco. Herculeam suus Alcides Ioviamque cohortem

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jungen Männer, die er selbst, als sie noch Kinder gewesen waren, allesamt an seiner Brust getragen hatte, [395] ließ die Leichen ohne Bestattung vor aller Augen verstreut liegen, verwehrte den Schatten seiner Verwandten das Grab, legte blutrünstig zugleich seine Natur und die Eigenschaften als Bruder und Mensch ab und gönnte den Getöteten nicht einmal ein wenig Sand. Eine derartige Untat brachte über Mykene die Strafe, dass sich die Sonne umkehrte, [400] und entzog der Stadt das Tageslicht; doch Atreus hat die Untat als Vergeltung für das Verbrechen begangen und konnte das unsägliche Mahl mit Verweis auf seine Frau entschuldigen: Hier hingegen handelte es sich um Hass, nicht um Bestrafung. Deine Rache fordern das preisgegebene Recht, der Vater, die unbestatteten Toten, die Entehrung der Familienbande. Wenn du, Athen, Weinenden einen Altar [405] und Elenden eine eigene Gottheit gegeben hast, wenn die Frauen vom Inachos mit ihrem Klagen Pandions Schlachtreihen auf ihre Seite zogen und im Krieg für ihre Gatten die Beisetzung erlangten, wenn Adherbal, nachdem man ihn von seinem Thron vertrieben hatte, mit dem in Trauer zerrauften Haar und seinen Tränen den Senat gegen die Numider aufbringen konnte, [410] so soll Gildo nun darunter leiden, dass nun auch der, den er mit so vielen Morden überflutet hat, als Heerführer anrückt, und er soll einsehen, dass er weit unter denen steht, die dich um Schutz bitten. Er soll Hals über Kopf vor dem fliehen, den er aus seiner Heimat vertrieben hat; er soll zittern vor dem, den er mit einer Niederlage gebrochen hat; er soll seinen Bruder wiedererkennen, wenn er zur Hinrichtung gezerrt wird.« Ansprache des Honorius vor den versammelten Soldaten [415] Als sein Schwiegersohn sich damit einverstanden erklärt hatte, ordnete er die Truppen, die Mars am besten kannte – also die besten Manipel, die er aus den Elitesoldaten gebildet hatte –, und machte die Schiffe im etruskischen Hafen zur Fahrt fertig. Der Alkide führte die Herkuleskohorte an, der König der Götter die

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rex ducit superum, premitur nec signifer ullo pondere: festinant adeo vexilla moveri. Nervius insequitur meritusque vocabula Felix dictaque ab Augusto legio nomenque probantes Invicti clipeoque animosi teste Leones. dictis ante tamen princeps confirmat ituros aggere conspicuus; stat circumfusa iuventus nixa hastis pronasque ferox accommodat aures: ‘Gildonem domitura manus, promissa minasque tempus agi. si quid pro me doluistis, in armis ostentate mihi; iusto magnoque triumpho civiles abolete notas; sciat orbis Eous sitque palam Gallos causa, non robore vinci. nec vos, barbariem quamvis collegerit omnem, terreat. an Mauri fremitum raucosque repulsus umbonum et vestros passuri comminus enses? non contra clipeis tectos gladiisque micantes ibitis: in solis longe fiducia telis. exarmatus erit, cum missile torserit, hostis. dextra movet iaculum, praetentat pallia laeva; cetera nudus eques. sonipes ignarus habenae: virga regit. non ulla fides, non agminis ordo: arma oneri, fuga praesidio. conubia mille; non illis generis nexus, non pignora curae; sed numero languet pietas. haec copia vulgi. umbratus dux ipse rosis et marcidus ibit unguentis crudusque cibo titubansque Lyaeo,

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Jupiterkohorte; auf dem Standartenträger lastete kein [420] Gewicht, weil die Flaggen sich so sehr danach drängten, bewegt zu werden. Es folgte die Nervische Kohorte, die Abteilung Felix, die ihren Namen verdient hat, die Legion, die den Namen des Augustus trägt, die Unbesiegten, die ihre Bezeichnung unter Beweis stellen, und die Löwen, deren Schild für ihren Mut bürgt. Doch zuvor bestärkte der Kaiser [425] von einem Wall aus sichtbar die Aufbrechenden mit einer Rede. Ringsum hatten sich die Männer verteilt und gestützt auf ihre Lanzen aufgestellt, und bereitwillig hörten sie ihm in ihrer Kampfeslust zu: »Ihr künftigen Sieger über Gildo, nun ist es Zeit, dass die Versprechungen und Drohungen umgesetzt werden. Wenn ihr für meine Person Kränkung empfunden habt, so zeigt es mir im Krieg; tilgt die Schmach des Bürgerkriegs [430] mit einem gerechten und großen Triumph; die östliche Hälfte der Welt soll es wissen und es soll offenbar sein, dass Gallier nur durch die falsch gewählte Seite, nicht aufgrund ihrer Stärke unterliegen. Und Gildo soll euch nicht erschrecken, obwohl er alle Barbaren versammelt hat. Ob die Mauren wohl den Kriegslärm, das dumpfe Aneinanderprallen der Schildbuckel und eure Schwerter im Nahkampf ertragen werden? [435] Ihr zieht nicht gegen Feinde, die Rundschilde decken und deren Schwerter blitzen, sondern ihre Hoffnung besteht einzig und allein in ihren Wurfgeschossen. Entwaffnet wird der Feind sein, wenn er seinen Wurf getan hat. Die Rechte schleudert den Speer, die Linke streckt einen Mantel vor, überall sonst ist der Reiter ungeschützt. Das Ross kennt keine Zügel: [440] Die Reitgerte lenkt es. Kein Fahneneid verpflichtet sie, ihre Schlachtreihe ist ungeordnet: Waffen sind ihnen eine Last, Flucht ihre Rettung. Tausend Ehen führen sie zugleich; sie sind nicht durch Familienbande verbunden und sorgen sich nicht um ihre Kinder, sondern es leidet ihr Zusammenhalt, weil sie so viele sind. Dies ist ihre ›Überzahl‹ an Volk. Der Anführer aber selbst wird mit Rosen bekrönt, vom Salböl verdorben, [445] ohne die letzte Mahlzeit schon verdaut zu haben, wan-

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confectus senio, morbis stuprisque solutus. excitet incestos turmalis bucina somnos, inploret citharas cantatricesque choreas offensus stridore tubae, discatque coactus, quas vigilat Veneri, castris inpendere noctes. nonne mori satius, vitae quam ferre pudorem? nam quae iam regio restat, si dedita Mauris regibus Illyricis accesserit Africa damnis? ius Latium, quod non Meroe rubroque solebat Oceano cingi, Tyrrhena clauditur unda? et cui non Nilus, non intulit India metas, Romani iam finis erit Trinacria regni? ite recepturi, praedo quem sustulit, axem ereptumque Notum; caput insuperabile rerum aut ruet in vestris aut stabit Roma lacertis. tot mihi debetis populos, tot rura, tot urbes amissas: uno Libyam dependite bello. vestros imperium remos et vestra sequatur carbasa; despectas trans aequora ducite leges. tertia iam solito cervix mucrone rotetur tandem funereis finem positura tyrannis.’

omina conveniunt dicto, fulvusque Tonantis armiger a liquida cunctis spectantibus aethra correptum pedibus curvis innexuit hydrum, dumque reluctantem morsu partitur obunco, haesit in ungue caput; truncatus decidit anguis.

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kend vom Wein ins Feld ziehen, vom Alter entkräftet und durch Krankheit und Hurerei verweichlicht. Es soll die Kriegstrompete seinen sündigen Schlaf stören, er soll nach Saiteninstrumenten und Chören rufen, wenn ihn der Lärm der Trompete belästigt, er soll unter Zwang lernen, [450] die Nächte auf Lagerdienst zu verwenden, die er sonst für Venus durchwacht. Ist es nicht besser zu sterben, als ein Leben in Schmach zu ertragen? Denn welche Gegend bleibt denn noch übrig, wenn Africa, das sich den Maurenkönigen ergeben hat, zum Verlust Illyriens hinzukommt? Der Herrschaftsbereich Latiums, das nicht einmal gewohnt war, sich von Meroë oder vom Roten [455] Meer einschließen zu lassen, wird nun von der tyrrhenischen Welle begrenzt? Und das römische Reich, dem weder der Nil noch Indien eine Grenze gesetzt haben, soll nun schon in Sizilien enden? Geht und holt mir die von dem Räuber gestohlene Weltgegend und den entrissenen Süden wieder; Rom, das unbezwingbare Haupt der Welt, [460] wird entweder durch das Werk eurer Arme fallen oder überdauern. Mit so vielen Völkern, so viel Ackerland, so vielen verlorenen Städten steht ihr in meiner Schuld: Zahlt sie mir mit einem einzigen Krieg in Form von Libyen zurück. Mit euren Rudern und euren Segeln soll die römische Befehlsgewalt mitfahren; geleitet die verachteten Gesetze übers Meer! [465] Ein dritter Kopf soll unter dem Schwert ‒ es kennt seine Aufgabe schon ‒ rollen, um damit der Reihe der gefährlichen Tyrannen endlich ein Ende zu setzen!« Vogelzeichen Die Vorzeichen stimmten mit seiner Rede überein, und der gelbbraune Waffenträger Jupiters stürzte vor aller Augen vom klaren Himmel herab und hielt eine erbeutete Wasserschlange in seinen gekrümmten Krallen, [470] und während er das widerstrebende Tier noch mit den Bissen seines gebogenen Schnabels zerteilte, hing der Kopf an der Klaue und die Schlange fiel zerstückelt zu

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ilicet auguriis alacres per saxa citati torrentesque ruunt; nec mons aut silva retardat: pendula ceu parvis moturae bella colonis ingenti clangore grues aestiva relinquunt Thracia, cum tepido permutant Strymona Nilo: ordinibus variis per nubila texitur ales littera pinnarumque notis inscribitur aer.

ut fluctus tetigere maris, tunc acrior arsit impetus; arripiunt naves ipsique rudentes expediunt et vela ligant et cornua summis adsociant malis; quatitur Tyrrhena tumultu ora nec Alpheae capiunt navalia Pisae: sic Agamemnoniam vindex cum Graecia classem solveret, innumeris fervebat vocibus Aulis. non illos strepitus inpendentisque procellae signa nec adventus dubii deterruit Austri. ‘vellite iam, socii’ clamant, ‘iam vellite funem. per vada Gildonem quamvis adversa petamus, ad bellum nos trudat hiemps per devia ponti: quassatis cupio tellurem figere rostris. heu nimium segnes, cauta qui mente notatis si revolant mergi, graditur si litore cornix! ora licet maculis asperserit occiduus Sol Lunaque conceptis livescat turbida Coris et contusa vagos iaculentur sidera crines, imbribus umescant Haedi nimbosaque Taurum ducat Hyas totusque fretis descendat Orion:

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Boden. Sofort zogen sie, vom Zeichen ermutigt, aufgestachelt über Felsen und Bäche los; weder Berg noch Wald hielten sie auf: So auch wenn die Kraniche, die mit den kleingewachsenen Landleuten Krieg aus den Lüften führen wollen, [475] das sommerliche Thrakien mit gewaltigem Geschrei verlassen und den Strymon mit dem warmen Nil vertauschen: Dann bildet sich in den Wolken durch die verschiedenen Ordnungen ein fliegender Schriftzug und die Luft wird von den Zeichen der Flügel beschrieben. Aufbruch und Fahrt nach Sardinien Sowie sie die Fluten des Meeres berührt hatten, entbrannte umso heftiger ihr Kampfeifer; [480] rasch bestiegen sie die Schiffe, machten selbst die Taue zurecht, setzten die Segel und verbanden die Rahen oben mit den Masten; die tyrrhenische Küste wird vom Lärm erschüttert und das alphäische Pisa ist zu klein für die Werften: So brauste, als Griechenland auf seinem Rachezug die Flotte Agamemnons vom Ufer [485] löste, Aulis von unzähligen Stimmen auf. Weder die ersten Anzeichen für Tosen und drohenden Sturm noch das Aufkommen des gefährlichen Südwinds schreckten sie ab. Schon riefen sie: »Zieht am Seil, Kameraden, zieht endlich am Seil! Wie widrig das Meer auch ist, wir wollen Gildo angreifen, [490] und der Wintersturm soll uns über das unwegsame Meer zum Krieg treiben: Ich will mit heftig durchgerüttelten Schiffen anlanden! Ach, euch fehlt der Mut, wenn ihr vorsichtig darauf achtet, wenn die Taucher an Land fliegen und die Krähe am Strand spaziert! Soll die untergehende Sonne auch ihr Gesicht mit Flecken bedecken, [495] soll der Mond sich aufgebracht blass verfärben, indem er die Nordwestwinde aufnimmt, sollen die Gestirne auch vom Wind getroffen werden und einen umherirrenden Schweif von sich schleudern, sollen die Böcklein vom Regen feucht werden, die stürmischen Hyaden den Stier führen und der ganze Orion zum Meer herabsteigen: Sicher ist es, wenn man auf

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certa fides caeli, sed maior Honorius auctor. illius auspiciis inmensa per aequora miles, non Plaustris Arctove regor. contemne Booten, navita, turbinibus mediis permitte carinas. si mihi tempestas Libyam ventique negabunt, Augusti Fortuna dabit.’ iam classis in altum provehitur; dextra Ligures, Etruria laeva linquitur et caecis vitatur Corsica saxis. humanae specie plantae se magna figurat insula (Sardiniam veteres dixere coloni), dives ager frugum, Poenos Italosve petenti opportuna situ: quae pars vicinior Afris, plana solo, ratibus clemens; quae respicit Arcton, inmitis, scopulosa, procax, subitisque sonora flatibus: Insanos infamat navita montes. hinc hominum pecudumque lues, hinc pestifer aer saevit et exclusis regnant Aquilonibus Austri. quos ubi luctatis procul effugere carinis, per diversa ruunt sinuosae litora terrae. pars adit antiqua ductos Karthagine Sulcos; partem litoreo conplectitur Olbia muro. urbs Libyam contra Tyrio fundata potenti tenditur in longum Caralis tenuemque per undas obvia dimittit fracturum flamina collem; efficitur portus medium mare, tutaque ventis omnibus ingenti mansuescunt stagna recessu. hanc omni petiere manu prorisque reductis suspensa Zephyros expectant classe faventes.

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den Himmel baut, doch mehr noch kann Honorius bewirken. [500] Unter seinen Auspizien und nicht vom Wagen oder vom Bären werde ich als sein Soldat über die unermessliche Meeresfläche geleitet. Schau nicht auf den Bootes, Seemann, und überlasse dein Schiff den Strudeln in der Meeresmitte. Wenn mir Sturm und Winde den Zutritt zu Libyen versagen, so wird ihn mir das Glück unseres Augustus verschaffen.« Schon dringt die Flotte aufs hohe Meer [505] vor; rechts lässt man die Ligurier, links Etrurien hinter sich und umgeht Korsika wegen seiner unsichtbaren Riffe. Eine große Insel hat die Gestalt eines menschlichen Fußabdrucks ‒ die Alten haben ihr den Namen Sardinien gegeben ‒: Ackerland, das reiche Frucht trägt, und für den, der nach Karthago oder Italien fahren möchte, [510] von günstiger Lage: Der Teil, der näher an Africa liegt, hat einen ebenen Boden und ist für Schiffe leicht zugänglich; derjenige, der nach Norden blickt, ist unwirtlich, felsig und schroff und lässt plötzlich entstehende Winde hören: Die Seeleute brachten ihn mit dem Namen Wahnsinnsberge in Verruf. Von hier kommt die Pest über Mensch und Vieh, von hier aus wütet die ungesunde Luft [515] und es herrschen die Südwinde, indem sie den Nordwinden den Zutritt verwehren. Als sie diese Berge in angestrengter Fahrt weitläufig umgangen hatten, stürzten sie sich auf verschiedene Strände in dem buchtenreichen Land. Ein Teil betritt Sulci, eine Kolonie des alten Karthago, einen anderen Teil nimmt Olbia in ihre Mauern am Strand auf. [520] Die Stadt Caralis, die Libyen gegenüber liegt und vom mächtigen Tyrer gegründet worden war, erstreckt sich in die Länge und lässt eine schmale Anhöhe in die Wellen hineinlaufen, die die entgegenkommenden Winde brechen soll; das Meer bildet in der Mitte einen Hafen und das Wasser beruhigt sich, sicher vor allen Winden, in einer gewaltigen Bucht. [525] Zu dieser Stadt fuhren sie mit allen Abteilungen, zogen die Kiele ans Ufer und erwarteten mit ihrer zur Fahrt bereiten Flotte die günstigen Zephyrwinde.

Panegyricus für Mallius Theodorus zum Konsulatsantritt

Einführung Flavius Mallius Theodorus wurde 399 als Konsul des weströmischen Senats in Mailand eingeführt. Auch wenn Claudians praefatio sich an den römischen Senat richtet, ist es sicher, dass Theodorus nicht in Rom den Amtsantritt feierte, sondern Vertreter des Senats dazu nach Mailand reisten: Aus Symmachus’ Briefen geht hervor, dass er die Mühe einer Reise zum Amtsantritt nicht auf sich nehmen wollte; denn er sagte höflich seine Teilnahme ab (epist. 5, 5 und 6, 10), vor dem Amtsantritt lud er aber den Theodorus seinerseits zur Erholung nach Rom ein (epist. 5, 11). Dass Theodorus sich Mailand besonders verpflichtet fühlte, wird gerade in seiner Beziehung zu Symmachus spürbar, denn im Jahr 397 hatte sich Symmachus enttäuscht darüber geäußert, dass Kaiser Honorius auch den Antritt seines vierten Konsulats nicht mit einem Adventus in Rom verbinden wollte – eine Entscheidung, die u.a. durch eine Bitte des Theodorus zugunsten von Mailand unterstützt worden war (epist. 6, 52). In seiner Mailänder Zeit suchte auch Augustinus den Kontakt zu Theodorus, der von Anfang 383 bis Ende 396 ohne Amt auf seinen Gütern bei Mailand lebte. Augustinus widmete ihm 386 De vita beata und führt ihn in De ordine als rühmliches Beispiel für einen zeitgenössischen Gelehrten an (1, 31). Erst in seinen Retractationes schränkt er dieses Lob ein: Mallio Theodoro plus tribui quam deberem (1, 2). Von den Studien, für die ihn die Zeitgenossen preisen, ist nur die seinem Sohn gewidmete Schrift De metris (GL 8, 585–601) erhalten; dazu ist im Wortlaut die Grabinschrift in fünf elegischen Distichen auf seine Schwester bekannt, die als virgo sacrata in S. Ambrogio in Mailand in der Nähe der Märtyrergräber des hl. Protasius und Oribasius bestattet war (CIL V 6240). Auch wenn in der handschriftlichen Überlieferung nicht selten



Einführung

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Manlius anstelle von Mallius zu finden ist, gehörte Theodorus sicher nicht zur gens Manlia; Claudian hätte als Panegyriker eine so prominente Herkunft nicht verschweigen können, zumal er mit Sicherheit die Helden dieser Familie als Exempla eingesetzt hätte; er spricht jedoch gar nicht von den Vorfahren des Theodorus. Vielmehr äußert er zum Abschluss des Panegyricus den Wunsch, dass die Karriere bis zum Konsulat für die Nachkommen eine Tradition werden möge. Theodorus war also der erste seiner Familie, der dieses Amt erreichte. Nach dem Erfolg über Gildo war eigentlich zu erwarten, dass Stilicho das Amt des Konsuls übernehmen würde. Doch scheint ihn der Konflikt mit der Regierung im Osten, die ihn zum hostis erklärt hatte, davon abgehalten zu haben. Mallius Theodorus ist also ein Ersatzkandidat, wie Müller (2011) 218 f. auch an der Gestaltung des Gedichts zeigt: Auf eine zeithistorische Situierung verzichtet Claudian; er inszeniert stattdessen in der pars epica eine Privatentscheidung, die zudem Jahre zuvor fällt. Denn die Rede der Iustitia ist zeitlich so angelegt, dass Theodorus zur Wiederaufnahme seiner politischen Tätigkeit in den 90er Jahren überredet werden soll, nicht etwa zur Annahme des Konsulats. Da aber für das Jahr 399 Eutropius zum Konsul des Senats von Konstantinopel ernannt wurde, ist Claudian deutlich darauf bedacht, den Konsul des römischen Senats als das exakte Gegenbild zum unwürdigen Kandidaten des Ostreichs aufzubauen: Theodorus entspricht dem Ideal eines hochgebildeten Mannes, der in seiner Amtsausübung die Iustitia verkörpert. Damit wird zugleich die Regierung gelobt, die verantwortungsvolle und gerechte Beamte auswählt. Zudem wird ihm als Bescheidenheit ausgelegt, dass er seine politische Karriere beendet hatte, nachdem er 380–382 als praefectus praetorio per Gallias gewirkt hatte: Er habe also das höchste Amt nicht mit falschen Ambitionen erreichen wollen, sondern sei erneut in die Politik zurückberufen worden, weil er sich zuvor bewährt habe. Von Januar 397 bis Anfang 399 ist Theodorus als praefectus praeto-

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Einführung

rio Italiae Illyrici et Africae in der Gesetzgebung nachweisbar. Den Aufstieg zu diesem einflussreichen Amt hatte er offenkundig Stilicho zu verdanken, von dem er sich später distanziert haben muss. Denn auffälligerweise übernahm er ein zweites Mal diese Präfektur direkt im Anschluss an Stilichos Ermordung (in der Gesetzgebung ist Theodorus erneut ab 13. September 408 in diesem Amt nachweisbar). Claudian charakterisiert Theodorus nach dem Vorbild des Cicero: Politisches Engagement des Gebildeten und die würdige Gestaltung des otium durch intellektuelle Betätigung zeichnen den idealen Staatsbürger aus. In ähnlicher Weise hat bereits Augustinus den Theodorus in seinen ciceronianischen Dialograhmen von De vita beata integriert. Dazu kommt, dass Claudians allegorisches Personal in diesem Gedicht an Ciceros autobiographische Dichtung De consulatu suo erinnert: Von Ciceros fragmentarisch überliefertem Werk kennen wir die Rede der Muse Urania, die ihm die Prodigien seines Konsulatsjahrs ausdeutet. In der Schlusspassage lobt die Muse Calliope die ideale Verbindung von intellektuellem otium und politischem Engagement, das die Anerkennung der boni erreicht (Att. 2, 3, 4). Dass Claudian also Urania zur Sprecherin macht, die ihre Musenschwestern zur Vorbereitung des Amtsantritts auffordert, lässt sich zwar mit Theodorus’ Astronomie-Studien erklären, verstärkt aber die Tendenz des Gedichts, Theodorus nach dem ciceronianischen Ideal eines Konsuls zu modellieren.



Einführung

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Virtus wird von Honos umworben: Theodorus wird das Amt des Konsuls angetragen.

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Theodorus’ Eignung und Laufbahn Theodorus widmet die freie Zeit den Wissenschaften.

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113–197 Iustitia überredet Theodorus zur neuerlichen Übernahme eines Amtes. 135–173 Iustitias Rede 173–197 Theodorus’ Antwort 198–255

Theodorus als praefectus praetorio Italiae, Illyrici et Africae

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Der Kaiser designiert Theodorus zu seinem Nachfolger im Konsulat.

270–340 Urania gibt ihren Schwestern Aufgaben zur Vorbereitung der Feierlichkeiten.

16 Panegyrici dicti Mallio Theodoro consuli praefatio Audebisne, precor, doctae subiecta catervae, inter tot proceres, nostra Thalia, loqui? nec te fama vetat, vero quam celsius auctam vel servasse labor vel minuisse pudor? an tibi continuis crevit fiducia castris totaque iam vatis pectora miles habet? culmina Romani maiestatemque senatus et, quibus exultat Gallia, cerne viros. omnibus audimur terris mundique per aures ibimus. ah nimius consulis urget amor! Iuppiter, ut perhibent, spatium cum discere vellet naturae, regni nescius ipse sui, armigeros utrimque duos aequalibus alis misit ab Eois Occiduisque plagis. Parnasus geminos fertur iunxisse volatus; contulit alternas Pythius axis aves. princeps non aquilis terram cognoscere curat; certius in vobis aestimat imperium. hoc ego concilio collectum metior orbem; hoc video coetu quidquid ubique micat.

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16 Vorrede zum Panegyricus für Mallius Theodorus zum Konsulatsantritt Meine Thalia, wirst du dich bitte trauen, unter so vielen hochgestellten Persönlichkeiten zu sprechen, obwohl du der Kritik einer gelehrten Versammlung ausgesetzt bist? Hindert dich nicht der Ruf daran? Seinen Ruf zu erhalten, der in größere Höhen gewachsen ist, als es der Wahrheit entspricht, das bedeutet herkulische Anstrengung; und peinlich ist es, ihn zu vermindern! [5] Oder hat dein Selbstvertrauen zugenommen, weil du unentwegt im Lager warst und das Soldat-Sein schon ganz das Herz des Dichters eingenommen hat? Schau dir die Spitzen und Majestät des römischen Senats und die Männer an, auf die Gallien stolz ist. Von allen Ländern werden wir vernommen, und wir werden Gehör bei der ganzen Welt finden! Ah, die Liebe zum Konsul drängt mich doch zu stark! [11] Es heißt: Als Jupiter wissen wollte, wie weit die Natur sich ausdehnt, weil er selbst sein Herrschaftsgebiet nicht kannte, da sandte er von beiden Seiten seine Waffenträger mit gleichstarken Schwingen von Osten und von Westen aus. [15] Der Parnass soll es gewesen sein, wo sich der Flug der beiden Adler traf. Der Himmel über Delphi ließ beide entgegengesetzt fliegenden Vögel zusammentreffen. Unser Kaiser muss keine Maßnahmen ergreifen, sein Territorium mit Adlern zu erkunden: Zuverlässiger schätzt er sein Reich durch eure Persönlichkeiten ein. An diesem Rat kann ich den versammelten Erdkreis ermessen; [20] an dieser Versammlung sehe ich alles, was überall Glanz hat.

17 Panegyricus dictus Mallio Theodoro consuli Ipsa quidem Virtus pretium sibi, solaque late Fortunae secura nitet nec fascibus ullis erigitur plausuve petit clarescere vulgi. nil opis externae cupiens, nil indiga laudis, divitiis animosa suis inmotaque cunctis casibus ex alta mortalia despicit arce. hanc tamen invitam blande vestigat et ultro ambit Honos. docuit totiens ad rura profectus lictor et in mediis consul quaesitus aratris. te quoque naturae sacris mundique vacantem, emeritum pridem desudatisque remotum iudiciis, eadem rursus conplexa Potestas evehit et reducem notis inponit habenis. accedunt trabeae: nil iam, Theodore, relictum, quo virtus animo crescat vel splendor honori: culmen utrumque tenes.

talem te protinus anni formavere rudes, et dignum vita curuli traxit iter primaeque senes cessere iuventae.

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17 Panegyricus für Mallius Theodorus zum Konsulatsantritt Virtus wird von Honos umworben. Moralische Tadellosigkeit ist sich selbst schon Lohn genug; und auch wenn sie allein ist, strahlt sie weithin – ohne Rücksicht auf Fortuna – und wird nicht durch Amtszeichen in ihrem Wert gesteigert oder legt es darauf an, im Applaus des Volks aufzustrahlen. Sie hat kein Interesse an äußerlicher Unterstützung, braucht kein Lob, [5] ist von ihrem eigenen Reichtum ermutigt, und von allen Ereignissen ungerührt blickt sie von der hohen Warte ihrer Burg auf das menschliche Leben herab. Trotzdem läuft ihr gegen ihren Willen schmeichelnd die Ehre hinterher und umwirbt sie aus eigenem Antrieb. Bewiesen haben das der Liktor, der sich so oft aufs Land aufgemacht hat, und der Konsul, den man suchte, als er gerade seinen Acker pflügte. [10] Auch dich, der du dich für das Studium der Geheimnisse der Natur und der Welt frei glaubtest, zuvor schon ehrenvoll deine Amtspflicht erfüllt hattest und von schweißtreibenden Gerichtsurteilen befreit warst, ergriff erneut dieselbe Amtsgewalt, beförderte dich und legte dem Zurückkehrenden die schon vertrauten Zügel an. Jetzt kommt noch die Würde des Konsuls dazu: Nichts mehr, Theodorus, fehlt dir nun, [15] womit die Tugendhaftigkeit im Herzen und der äußere Glanz für die Ehre noch gesteigert würde. Beide Spitzenpositionen hast du nun erklommen. Theodorus’ Eignung und Laufbahn Zu einem solchen Mann haben dich von Beginn an deine frühen Jahre geformt: Dein Leben schlug den Weg ein, der verdientermaßen zum kurulischen Amt führte, und bejahrte Männer ließen deiner Jugend den Vortritt. Schon damals hattest du die Weisheit

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iam tum canities animi, iam dulce loquendi pondus et attonitas sermo qui duceret aures. mox undare foro victrix opulentia linguae tutarique reos. ipsa haec amplissima sedes orantem stupuit, bis laudatura regentem. hinc te pars Libyae moderantem iura probavit, quae nunc tota probat; longi sed pignus amoris exiguae peperere morae populumque clientem publica mansuris testantur vocibus aera. inde tibi Macetum tellus et credita Pellae moenia, quae famulus quondam ditavit Hydaspes; tantaque commissae revocasti gaudia genti mitibus arbitriis, quantum bellante Philippo floruit aut nigri cecidit cum regia Pori. sed non ulterius te praebuit urbibus aula: maluit esse suum. terris edicta daturus, supplicibus responsa, venis. oracula regis eloquio crevere tuo, nec dignius umquam maiestas meminit sese Romana locutam. hinc sacrae mandantur opes orbisque tributa possessi, quidquid fluviis evolvitur auri, quidquid luce procul venas rimata sequaces abdita pallentis fodit sollertia Bessi. ac velut expertus lentandis navita tonsis praeficitur lateri custos; hinc ardua prorae temperat et fluctus tempestatesque futuras edocet; adsiduo cum Dorida vicerit usu,

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des grauen Alters, schon damals die gewinnende Würde als Redner und eine Ausdruckskraft, die alle Ohren erstaunt anzog. [21] Bald strömte siegend der reiche Fluss deiner Worte auf dem Forum und schützte die Angeklagten. Über diesen Redner staunte selbst die erhabene Stätte hier, die später den Präfekten zum zweiten Mal loben sollte. Darauf hat ein Teil von Libyen deine Vorzüge als Statthalter erwiesen, [25] die jetzt Libyen in seiner Gesamtheit zutage treten lässt. Doch selbst ein kurzer Aufenthalt hat das Pfand einer dauerhaften Liebe hervorgebracht, und dass du ein Patron des Volks bist, bezeugen Bronzedenkmäler mit bleibender Inschrift. Darauf wurden dir Makedonien und die Mauern von Pella anvertraut, die einst der unterworfene Hydaspes reich gemacht hat. [30] Für das dir anvertraute Volk hast du mit rücksichtsvollen Entscheidungen so große Freude wiedererweckt, wie sie damals herrschte, als Philipp noch Krieg führte oder als der Königshof des dunkelhäutigen Poros fiel. Aber der Kaiserhof hat dich dann nicht noch weiter den Städten überlassen, denn er wollte, dass du lieber ihm zu Diensten stündest; du kommst, um den Ländern Edikte zu geben [35] und den Bittstellern Antworten. Die Erlasse des Herrschers haben durch deine Ausformulierung an Autorität gewonnen, und die römische Hoheit kann sich nicht darauf besinnen, jemals würdiger gesprochen zu haben. Darauf werden dir die kaiserlichen Finanzen zur Verwaltung übertragen und die Steuern des beherrschten Erdkreises: alles, was von den Flüssen an Gold herausgespült wird, [40] was die Unermüdlichkeit des bleichen Bessers im Verborgenen zutage gefördert hat, welche fern vom Himmelslicht die tief eindringenden Adern aufspürt. Und wie ein Seemann, der erfahren ist, die Ruder zu biegen, als Aufseher zunächst die Verantwortung für eine Seite des Schiffs übernehmen darf; dann lenkt er den ragenden Bug und warnt vor den Fluten und kommenden Sturmwinden; [45] wenn er durch beständigen Einsatz das Meer überwunden hat, tritt er nun an das

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iam clavum totamque subit torquere carinam: sic cum clara diu mentis documenta dedisses, non te parte sui, sed in omni corpore sumpsit imperium cunctaque dedit tellure regendos rectores. Hispana tibi Germanaque Tethys paruit et nostro diducta Britannia mundo, diversoque tuas coluerunt gurgite voces lentus Arar Rhodanusque ferox et dives Hiberus. o quotiens doluit Rhenus, qua barbarus ibat, quod te non geminis frueretur iudice ripis! unius fit cura viri, quodcumque rubescit occasu, quodcumque dies devexior ambit. tam celer adsiduos explevit cursus honores – una potestatum spatiis interfuit aestas – totque gradus fati iuvenilibus intulit annis.

postquam parta quies et summum nacta cacumen iam secura petit privatum gloria portum, ingenii redeunt fructus aliique labores et vitae pars nulla perit: quodcumque recedit litibus, incumbit studiis, animusque vicissim aut curam inponit populis aut otia Musis. omnia Cecropiae relegis secreta senectae discutiens, quid quisque novum mandaverit aevo quantaque diversae producant agmina sectae. namque aliis princeps rerum disponitur aer; hic confidit aquis; hic procreat omnia flammis.

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Steuerruder und übernimmt es, das ganze Schiff zu lenken: So hat dich, nachdem du lange deutliche Beweise deiner Klugheit gegeben hattest, die Regierungsgewalt nicht mit einem Teil ihrer selbst, sondern in ihrem ganzen Körper aufgenommen und hat auf dem ganzen Gebiet zu Land die Statthalter unter deine Leitung gestellt. [50] Das spanische und das germanische Meer gehorchten dir und Britannien, das von unserem Kontinent getrennt ist; und deine Stimme ehrten mit unterschiedlichem Rauschen die sanft fließende Saône, die stürmische Rhône und der reiche Ebro. O wie oft war der Rhein, wo er als Barbar floss, darüber betrübt, [55] dass er nicht an beiden Ufern dich als Richter in Anspruch nehmen durfte! Unter die Verantwortung eines einzigen Mannes fällt alles, was sich bei Sonnenuntergang rot färbt und worüber das Tageslicht auf abwärts führendem Weg zieht. So schnell absolvierte deine Laufbahn ohne Unterbrechung die Ämter – nur ein einziger Sommer lag zwischen den Zeitspannen der Ämter –, [60] und so viele Stufen des Schicksals ließ sie schon die Jugendjahre erreichen. Theodorus widmet die freie Zeit den Wissenschaften. Nachdem eine Ruhepause erlangt und der Gipfelpunkt der Karriere erreicht war, suchte dein Ruhm, jetzt frei von Sorge, den Hafen des Privatlebens auf; die Früchte geistiger Leistung und andere Herausforderungen kehren zurück, und kein Teil des Lebens geht ungenutzt dahin: Alles, was nicht von Streitfällen eingenommen ist, [65] verlegt sich auf die Studien, und deine Konzentration wendet abwechselnd entweder ihre Sorge den Völkern zu oder ihre Erholungszeit den Musen. Alle kaum noch bekannten Lehren des alten Athens studierst du wieder, indem du analysierst, was ein jeder seiner Epoche an Neuem anvertraut hat und welch große Abteilungen die unterschiedlichen Philosophenschulen aus ihrem Lager führen. [70] Denn von den einen wird zum Ur-Element der Welt die Luft eingesetzt; ein anderer setzt sein Vertrauen auf das Wasser, ein weiterer lässt alles aus dem Feuer entstehen. Doch ein

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alter in Aetnaeas casurus sponte favillas dispergit revocatque deum rursusque receptis nectit amicitiis quidquid discordia solvit. corporis hic damnat sensus verumque videri pernegat. hic semper lapsurae pondera terrae conatur rapido caeli fulcire rotatu accenditque diem praerupti turbine saxi. ille ferox unoque tegi non passus Olympo inmensum per inane volat finemque perosus parturit innumeros angusto pectore mundos. hi vaga collidunt caecis primordia plagis; numina constituunt alii casusque relegant. Graiorum obscuras Romanis floribus artes inradias, vicibus gratis formare loquentes suetus et alterno verum contexere nodo. quidquid Socratico manavit ab ordine, quidquid docta Cleantheae sonuerunt atria turbae, inventum quodcumque tuo, Chrysippe, recessu, quidquid Democritus risit dixitque tacendo Pythagoras, uno se pectore cuncta vetustas condidit et maior collectis viribus exit. ornantur veteres, et nobiliore magistro in Latium spretis Academia migrat Athenis, ut tandem propius discat, quo fine beatum derigitur, quae norma boni, quis limes honesti; quaenam membra sui virtus divisa domandis

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anderer, der sich freiwillig in die Gluten des Ätna stürzen sollte, nimmt nicht nur eine Ursache an, bringt Gott wieder in die Diskussion ein und verbindet alles, was der Streit getrennt hat, durch Liebesbeziehungen, die wieder aufgenommen wurden. [75] Der eine Philosoph verwirft die körperliche Sinneswahrnehmung und ist überzeugt, dass die Wahrheit nicht gesehen werden könne. Der andere versucht, das Gewicht der Erde, die immer zu fallen droht, mit der rasenden Rotation des Himmels zu stützen, und entzündet das Tageslicht durch den Wirbel eines abgerissenen Steinbrockens. Einer, der in seinem Übermut nicht duldet, dass sie von einem einzigen Himmel bedeckt wird, [80] fliegt durch die unermessliche Leere, hasst eine Begrenzung und bringt aus seinem engen Herzen zahllose Welten hervor. Die einen lassen die umherfliegenden Ur-Atome in unsichtbaren Stößen zusammenprallen, die anderen bringen die Götter in Amt und Würden und verbannen den Zufall aus der Welt. [84] Die schwer verständlichen Lehren der Griechen erhellst du mit blühendem römischem Stil, der du gewohnt bist, in willkommenem Sprecherwechsel einen Dialog zu gestalten und so die Wahrheit in abwechselndem Knoten zum Text zu verknüpfen. Alles, was von Sokrates’ Philosophenstand seinen Ausgang genommen hat, alles, was die gelehrten Hallen der Anhänger des Kleanthes hören ließen, und was in deiner Klause gefunden wurde, Chrysipp, [90] alles, worüber Demokrit in Lachen ausbrach und Pythagoras mit Schweigen sprach, das gesamte Altertum hat sich in e i n e r Brust gesammelt und kam größer wieder zutage, da sich so die Kräfte vereinten. Die Alten werden zu neuem Glanz gebracht, und unter dem edleren Lehrer zieht die Akademie nach Latium um und lässt ihr Athen zurück, [95] um endlich aus größerer Nähe lernen zu können, auf welchen Orientierungspunkt das wahre Glück ausgerichtet wird, was die Richtschnur des Guten und was die Grenzlinie des moralisch richtigen Handelns ist, welche Glieder die Tugend jeweils im Besonderen zur Kontrolle

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obiectet vitiis; quae pars iniusta recidat, quae vincat ratione metus, quae frenet amores. at quotiens elementa doces semperque fluentis materiae causas: quae vis animaverit astra inpuleritque choros; quo vivat machina motu; sidera cur septem retro nitantur in ortus obluctata polo; variisne meatibus idem arbiter an geminae convertant aethera mentes; sitne color proprius rerum, lucisne repulsu eludant aciem; tumidos quae luna recursus nutriat Oceani; quo fracta tonitrua vento, quis trahat imbriferas nubes, quo saxa creentur grandinis; unde rigor nivibus; quae flamma per auras excutiat rutilos tractus aut fulmina velox torqueat aut tristem fingat crinita cometen.

iam tibi conpositam fundaverat ancora puppim, telluris iam certus eras; fecunda placebant otia; nascentes ibant in saecula libri: cum subito liquida cessantem vidit ab aethra Iustitia et tanto viduatas iudice leges. continuo frontem limbo velata pudicam deserit autumni portas, qua vergit in Austrum Signifer et noctis reparant dispendia Chelae. pax avibus, quacumque volat, rabiemque frementes deposuere ferae; laetatur terra reverso

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der einzelnen Laster einsetzt, welcher Teil das Ungerechte zurückschneidet, welcher die Ängste durch vernünftige Überlegung überwindet und welcher die Begierden zügelt. [100] Doch wie oft behandelst du in deiner Lehre die Elemente und die Ursachen der Materie, die sich immer im Fluss befindet: welche Kraft die Sterne belebt und ihre Reigen in Bewegung versetzt hat, mit welcher Bewegung das Weltgebäude lebt, warum die sieben Planeten rückwärtsgewandt nach Osten eilen, in Gegenbewegung zum Himmel, ob für die unterschiedlichen Bewegungen ein und derselbe [105] Lenker zuständig ist oder ob zwei Intelligenzen den Himmel in Bewegung halten, ob die Dinge eine eigene Farbe haben oder ob sie das Auge durch die Reflexion des Lichts täuschen, welcher Mondstand die anschwellende Rückkehr der Meeresflut anwachsen lässt, von welchem Wind die Donner gebrochen werden, welcher die regenschwangeren Wolken anzieht, von welchem Wind der Hagelschlag erzeugt wird, [110] woher die feste Konsistenz des Schnees kommt, welches Feuer in den Lüften die rötlichen Leuchtspuren erzeugt oder schnell die Blitze schleudert oder als Schweif die Unglück bringenden Kometen erzeugt. Iustitia überredet Theodorus zur neuerlichen Übernahme eines Amtes. Schon lag dein Schiff ruhig und fest vor Anker, schon warst du sicher, an Land gehen zu können. Die fruchtbare Mußezeit war dir willkommen, [115] die entstehenden Bücher traten für Jahrhunderte an die Öffentlichkeit, als plötzlich Gerechtigkeit vom klaren Himmel herab dich in deiner ruhigen Zurückgezogenheit – und die Gesetze von einem so wichtigen Richter verlassen sah. Auf der Stelle verlässt sie, das Haupt züchtig mit einer Stirnbinde umhüllt, die Tore des Herbstes, wo sich der Zodiakus nach Süden wendet und die Scheren des Skorpions die Verluste der Nacht ausgleichen. [121] Friede herrscht unter den Vögeln, wo immer Gerechtigkeit fliegt, und die brüllenden Raubtiere haben ihre Wildheit abgelegt; die Erde freut sich, weil die Gottheit zurückge-

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numine quod prisci post tempora perdidit auri. illa per occultum Ligurum se moenibus infert et castos levibus plantis ingressa penates invenit aetherios signantem pulvere cursus, quos pia sollicito deprendit pollice Memphis: quae moveant momenta polum, quam certus in astris error, quis tenebras solis †causisque meantem † defectum indicat † numerus, quae linea Phoeben damnet et excluso pallentem fratre relinquat. ut procul aspexit fulgentia Virginis ora cognovitque deam, vultus veneratus amicos occurrit scriptaeque notas confundit harenae. tum sic diva prior: "Malli, sincera bonorum congeries, in quo veteris vestigia recti et ductos video mores meliore metallo, iam satis indultum studiis, Musaeque tot annos eripuere mihi. pridem te iura reposcunt. adgredere et nostro rursum te redde labori nec tibi sufficiat transmissae gloria vitae. humanum curare genus quis terminus umquam praescriptus? nullas recipit prudentia metas. adde quod haec multis potuit contingere sedes, sed meriti tantum redeunt, actusque priores commendat repetitus honos virtusque reducit, quos fortuna legit. melius magnoque petendum credis in abstrusa rerum ratione morari?

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kehrt ist, welche sie nach dem guten alten Goldenen Zeitalter verloren hat. Sie begibt sich unsichtbar in die Stadt der Ligurer; [125] und als sie mit leichten Schritten das reine Haus betreten hat, findet sie Theodorus, wie er die Himmelsbahnen im Sand aufzeichnet, die das gottesfürchtige Memphis mit unermüdlichem Finger festgehalten hat: Welche Bewegungsgesetze den Himmel bewegen, wie geregelt das »Umherwandeln« bei den Planeten ist, welcher † feste Rhythmus die Verdunkelung der Sonne und die aus physikalischen Ursachen [130] eintretende Eklipsis anzeigt, welche Konstellation Phoebe zur Finsternis verurteilt und sie bleich zurücklässt, weil ihr Bruder Phoebus von ihr ferngehalten wurde. Als Theodorus schon aus der Ferne das strahlende Antlitz der Jungfrau erblickte und die Göttin erkannte, eilte er ihr entgegen, bezeigte seine Ehrfurcht vor dem ihm freundlich gewogenen Angesicht, und verwischte die Zeichen seiner beschriebenen Sandfläche. [135] Da ergriff die Göttin als erste das Wort: »Mein Mallius, in dir sammelt sich ungetrübt alles Gute! In dir sehe ich noch die Spuren der alten Rechtschaffenheit und eine Lebensweise, die sich aus dem besseren Zeitalter herleitet: Lange genug hast du dich den Studien hingegeben, und die Musen haben dich mir so viele Jahre entzogen. Schon längst fordert dich das Recht wieder zurück. [140] Mach dich daran und widme dich wieder unserem Aufgabenfeld, denn du solltest dich nicht zufrieden auf dem Ruhm deines vorherigen Lebens ausruhen. Die Sorge um die Menschheit zu übernehmen: welche Grenze wäre dafür jemals vorgegeben? Die Klugheit erkennt keine Ziellinien an. Nimm noch dazu, dass viele zwar diesen Amtssitz erreichen konnten, [145] aber nur verdiente Männer ihn noch einmal einnehmen durften; und die früheren Leistungen wertet die Wiederholung des Amts auf; und ihre Leistung ist es, die diejenigen zurück ins Amt bringt, die zunächst ihr Glück ausgewählt hat. Hältst du es denn für besser und so viel wert, deine Zeit ganz auf die verborgenen Regeln der Natur zu verwenden?

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scilicet illa tui patriam praecepta Platonis erexere magis, quam qui responsa secutus obruit Eoas classes urbemque carinis vexit et arsuras Medo subduxit Athenas? Spartanis potuit robur praestare Lycurgus matribus et sexum leges vicere severae civibus et vetitis ignavo credere muro tutius obiecit nudam Lacedaemona bellis: at non Pythagorae monitus annique silentes famosum Oebalii luxum pressere Tarenti. quis vero insignem tanto sub principe curam respuat? aut quando meritis maiora patebunt praemia? quis demens adeo qui iungere sensus cum Stilichone neget? similem quae protulit aetas consilio vel Marte virum? nunc Brutus amaret vivere sub regno, tali succumberet aulae Fabricius, cuperent ipsi servire Catones. nonne vides ut nostra soror Clementia tristes obtundat gladios, fratresque amplexa serenos adsurgat Pietas, fractis ut lugeat armis Perfidia et laceris morientes crinibus hydri lambant invalido Furiarum vincla veneno? exultat cum Pace Fides. iam sidera cunctae liquimus et placidas inter discurrimus urbes. nobiscum, Theodore, redi.’ subit ille loquentem talibus: ‘agrestem dudum me, diva, reverti

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Aber sicher doch: Die berühmten Lehren deines Platon [150] haben ja seine Heimat weiter gebracht als der Held, der den Orakelspruch umsetzte, die östliche Flotte versenkte, die Stadt auf Schiffen evakuierte und vor dem Perser sein Athen rettete, das in Flammen aufgehen sollte! Den spartanischen Müttern konnte Lykurg zu einem starken Körper verhelfen, die Strenge der Gesetze überwand die Schwächen des Geschlechts; [155] und für die Bürger, denen er verbot, sich auf eine Stadtmauer zu verlassen, weil sie feige macht, schuf er ein Sparta, das sich ohne Deckung im Kriegsfall umso sicherer zur Wehr setzte: Doch den berüchtigten Luxus von Tarent, einer spartanischen Gründung, konnten auch die Lehren des Pythagoras und seine Jahre des Schweigens nicht eindämmen. Wer aber wollte ein renommiertes Ressort unter einem so bedeutenden Kaiser [160] ablehnen? Oder: Wann wird je für Verdienste größerer Gewinn in Aussicht sein? Wer wäre so von Sinnen, dass er es ablehnen würde, mit Stilicho zusammen beraten zu können? Welche Epoche hat einen Mann hervorgebracht, der in Ratschluss und Kriegskunst vergleichbar wäre? Heutzutage würde sogar ein Brutus gern unter der Königsherrschaft leben, einem solchen Hof würde sich [165] ein Fabricius unterstellen, ihm würden sogar der alte und der junge Cato dienen wollen. Siehst du nicht, wie unsere Schwester Gnade die Richtschwerter stumpf werden lässt und Verantwortungsgefühl sich erhebt und die erlauchten Brüder umfasst, so dass Wortbrüchigkeit über zerbrochene Waffen trauert und die Schlangen der Furien, die im zerrauften Haar absterben, [170] die Fesseln mit wirkungslosem Gift belecken? Es jubelt laut zusammen mit dem Frieden die Treue. Schon haben wir Göttinnen alle die Sterne verlassen und halten uns wieder gern in den friedlichen Städten auf. Komm mit uns zurück, Theodorus!« Der Sprecherin entgegnet Theodorus sogleich mit folgenden Worten: »Mich, der ich längst schon ein Landmann geworden bin,

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cogis et infectum longi rubigine ruris ad tua signa vocas. nam quae mihi cura tot annis altera quam duras sulcis mollire novales, nosse soli vires, nemori quae commoda rupes, quis felix oleae tractus, quae glaeba faveret frugibus aut quales tegeret vindemia colles? terribiles rursus lituos veteranus adibo et desueta vetus temptabo caerula vector? collectamque diu et certis utcumque locatam sedibus in dubium patiar deponere famam? nec me, quid valeat natura fortior usus, praeterit, aut quantum neclectae defluat arti. desidis aurigae non audit verbera currus, nec manus agnoscit quem non exercuit arcum. esse sed iniustum fateor quodcumque negatur Iustitiae. tu prima hominem silvestribus antris elicis et foedo deterres saecula victu; te propter colimus leges animosque ferarum exuimus; † nitidis † quisquis te sensibus hausit, inruet intrepidus flammis, hiberna secabit aequora, confertos hostes superabit inermis. ille vel Aethiopum pluviis solabitur aestus; illum trans Scythiam vernus comitabitur aer.’

sic fatus tradente dea suscepit habenas quattuor ingenti iuris temone refusas. prima Padum Thybrimque ligat crebrisque micantem

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zwingst du, Göttin, zurückzukehren [175] und rufst einen Veteran, der vom langen Landleben eingerostet ist, in deinen Dienst zurück. Denn welche andere Sorge hatte ich so viele Jahre lang, als hartes Brachland für die Saatfurchen zu lockern und die Natur des Bodens zu kennen: welcher Felsboden geeignet für Bäume ist, welcher Landstrich günstig für Olivenbäume ist, welcher Ackerboden [180] Feldfrüchte gedeihen lässt oder welche Hänge Rebstöcke bedecken sollten? Zu den furchterregenden Signalhörnern soll ich mich wieder als Veteran begeben und mich als alter Steuermann auf das Meer wagen, an das ich nicht mehr gewöhnt bin? Soll ich es riskieren, den lange gesammelten und an möglichst sicherer Stelle bewahrten Ruhm wieder aufs Spiel zu setzen? [185] Ich weiß genau, was Praxis ausmacht, die stärker ist als Naturtalent, oder wieviel man von einer Fachkenntnis einbüßt, wenn man sie lange nicht anwendet. Ein Wagengespann hört nicht auf die Hiebe eines Lenkers, der aus der Übung ist, und eine Hand kommt mit dem Bogen nicht zurecht, den sie nicht durch Training kennt. Doch ich gebe zu, dass all das Unrecht ist, was man gegen die Forderung [190] der Gerechtigkeit tut. Du bist es, die als erste den Menschen aus seinen Waldeshöhlen herausholt und die Menschheit von unwürdiger Lebensweise abschreckt; deinetwegen achten wir die Gesetze und legen das tierische Verhalten ab. Wer dich mit † unverdorbenen Sinnen aufgenommen hat, wird sich furchtlos Flammen entgegenwerfen, wird selbst im Winter [195] das Meer befahren, wird ohne Waffen dicht stehende Feindesscharen überwinden. Er wird sich sogar die Gluthitze der Äthiopen mit Regenschauern erträglich machen; ihn wird ein Frühlingswind durch Skythien hindurch begleiten.« Theodorus als praefectus praetorio Italiae, Illyrici et Africae Mit diesen Worten nahm Theodorus die vier Zügel, die ihm die Göttin gab, in die Hand: Sie hingen an der gewaltigen Wagendeichsel des Rechts. [200] Der erste Zügel umfasst den Po und

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urbibus Italiam; Numidas Poenosque secunda temperat; Illyrico se tertia porrigit orbi; ultima Sardiniam, Cyrnon trifidamque retentat Sicaniam et quidquid Tyrrhena tunditur unda vel gemit Ionia. nec tot molimina rerum aut tantum turbavit onus; sed ut altus Olympi vertex, qui spatio ventos hiemesque relinquit, perpetuum nulla temeratus nube serenum celsior exurgit pluviis auditque ruentes sub pedibus nimbos et rauca tonitrua calcat, sic patiens animus per tanta negotia liber emergit similisque sui, iustique tenorem flectere non odium cogit, non gratia suadet. nam spretas quis opes intactaque pectora lucro commemoret? fuerint aliis haec forte decora: nulla potest laus esse tibi quae crimina purget. servat inoffensam divina modestia vocem; temperiem servant oculi; nec lumina fervor asperat aut rabidas suffundit sanguine venas, nullaque mutati tempestas proditur oris. quin etiam sontes expulsa corrigis ira et placidus delicta domas; nec dentibus umquam instrepis horrendum, fremitu nec verbera poscis. qui fruitur poena, ferus est, legumque videtur vindictam praestare sibi; cum viscera felle canduerint, ardet stimulis ferturque nocendi prodigus, ignarus causae: dis proximus ille,

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den Tiber und Italien im Glanz seiner zahlreichen Städte; der zweite Zügel lenkt die Numider und Punier; der dritte reicht bis Illyrien; und der letzte kontrolliert Sardinien, Korsika und das dreieckige Sizilien und alles, was vom Tyrrhenischen Meer getroffen wird [205] und unter der Wucht der jonischen Wellen aufstöhnt. So viele Belastungen der Regierung und eine so große Aufgabe haben ihn nicht aus dem Gleichgewicht gebracht; sondern wie sich der hohe Gipfel des Olymp, der Winde und Stürme durch seine Höhe unter sich lässt, von keiner Wolke gestört in seiner ewigen Heiterkeit, höher erhebt als der Regen und er die dahinziehenden Wolken [210] unter seinen Füßen hört und das dumpfe Donnergrollen unter den Sohlen spürt: So richtet sich geduldige Belastbarkeit in so großen Aufgaben wieder auf, unabhängig und immer sich selbst treu; und weder veranlasst Hass noch rät Bevorzugung dazu, von der geradlinigen Deutung des Rechts abzuweichen. Denn wer müsste noch die Verachtung des Reichtums und die integre Unbestechlichkeit [215] erwähnen? Das mögen für andere vielleicht rühmliche Stärken sein: Für dich kann das noch kein Lob sein, was nur darin besteht, frei von Vorwürfen zu sein. Deine übermenschliche Bescheidenheit bewahrt dich davor, etwas zu sagen, was Anstoß erregt. Deine Augen halten das rechte Maß ein: Kein leidenschaftlicher Zorn lässt deine Blicke auffunkeln oder das Blut in die wütenden Adern steigen; [220] kein Sturm zeigt sich, der die Gesichtszüge verzerrt. Ja selbst Schuldige besserst du, indem du dem Zorn keinen Raum gibst, und sanftmütig bändigst du die Vergehen. Niemals knirschst du furchteinflößend mit den Zähnen, nie forderst du mit Brüllen die Auspeitschung. Wer Genuss verspürt beim Bestrafen, der ist ein Unmensch; und er scheint die Strafe, die den Gesetzen zusteht, [225] zu seiner eigenen Befriedigung anzuwenden; wenn er innerlich von Galle glüht, gerät er durch Auslöser in Brand und lässt sich hemmungslos dazu hinreißen, Schaden zuzufügen, ohne den Fall zu kennen: Den

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quem ratio, non ira movet, qui facta rependens consilio punire potest. mucrone cruento se iactent alii, studeant feritate timeri addictoque hominum cumulent aeraria censu. lene fluit Nilus, sed cunctis amnibus extat utilior; nullo confessus murmure vires † acrior et rapidus †; tacitas praetermeat ingens Danubius ripas; eadem clementia sani gurgitis inmensum deducit in ostia Gangen. torrentes inmane fremant lassisque minentur pontibus; involvant spumoso vertice silvas. pax maiora decet; peragit tranquilla potestas quod violenta nequit, mandataque fortius urget imperiosa quies. idem praedurus iniquas accepisse preces, rursus, quae digna petitu, largiri facilis; nec quae comitatur honores ausa tuam leviter temptare superbia mentem. frons privata manet. non se meruisse fatetur, qui crevisse putat; rigidi sed plena pudoris elucet gravitas, fastu iucunda remoto. quae non seditio, quae non insania vulgi te viso lenita cadat? quae dissona ritu barbaries, medii quam non reverentia frangat? vel quis non, sitiens sermonis mella politi, deserat Orpheos blanda testudine cantus?

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Göttern am nächsten kommt der, den die klare Überlegung, nicht der Zorn zum Handeln bringt, der das Geschehen abwägt und mit kluger Einsicht strafen kann. Mit einem blutigen Schwert [230] sollen sich andere brüsten, ihr Ziel soll es sein, wegen ihrer Grausamkeit gefürchtet zu werden, und sie sollen die Staatskasse mit dem Vermögen der verurteilten Menschen füllen. Ruhig fließt der Nil, doch er ist nützlicher als alle anderen Flüsse; ohne mit Tosen die Kräfte zu zeigen, † heftiger und reißend; † die gewaltige [235] Donau zieht an Ufern vorüber, die lautlos bleiben; dieselbe nachsichtige Freundlichkeit eines unaufgeregten Stroms geleitet den unermesslichen Ganges zu seinen Mündungen. Sturzbäche sollen nur gewaltig tosen und den erschöpften Brücken drohen, sie sollen mit schäumendem Strudel ganze Wälder mit sich führen: Friede ist es, der die Erhabenheit auszeichnet. In Gelassenheit vollendet die Amtsgewalt [240] das, was sie mit Gewalttätigkeit nicht zustande bringt; und die Ruhe der Autorität verleiht Befehlen größeren Nachdruck. In ein und derselben Person bist du konsequent darin, ungerechtfertigte Bitten nicht anzuhören, und wiederum leicht zugänglich, um ein Anliegen zu gewähren, das gerechtfertigt ist. Und die Überheblichkeit, die gern hohe Ämter begleitet, hat es nie gewagt, dich auch nur leicht zu versuchen. [245] Dein Auftreten bleibt das eines Privatmanns. Dass er die Ehre nicht verdient, verrät einer, der glaubt, durch sie größer geworden zu sein. Voll von unwandelbarem Gefühl für Anstand leuchtet dagegen deine Würde umso heller; sie ist angenehm, weil ihr der Hochmut fehlt. Welcher Aufstand, welches Aufbegehren von Volksmassen bricht nicht in sich zusammen, sobald man dich nur erblickt hat? Welche Barbaren, die grundverschieden in der Lebensweise sind, [250] könnte nicht der Respekt überwinden, wenn du auftrittst? Oder wer würde nicht nach dem Honig deiner kunstvollen Rede dürsten und dafür selbst auf den Gesang eines Orpheus mit schmeichelnder Lyra verzichten? Wie wir dich in deinen Werken kennenler-

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qualem te legimus teneri primordia mundi scribentem aut partes animae, per singula talem cernimus et similes agnoscit pagina mores.

nec dilata tuis Augusto iudice merces officiis, illumque habitum, quo iungitur aulae curia, qui socio proceres cum principe nectit, quem quater ipse gerit, perfecto detulit anno deposuitque suas te succedente curules. crescite, virtutes, fecundaque floreat aetas ingeniis: patuit campus certusque merenti stat favor; ornatur propriis industria donis. surgite, sopitae, quas obruit ambitus, artes. nil licet invidiae, Stilicho dum prospicit orbi sidereusque gener. non hic violata curulis, turpia non Latios incestant nomina fastos; fortibus haec concessa viris solisque gerenda patribus et Romae numquam latura pudorem.

nuntia votorum celeri iam Fama volatu moverat Aonios audito consule lucos. concinuit felix Helicon fluxitque Aganippe largior et docti riserunt floribus amnes. Uranie redimita comas, qua saepe magistra Mallius igniferos radio descripserat axes,

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nen, wenn du von den Anfängen des jungen Kosmos oder von den Teilen der Seele schreibst, so erfahren wir dich in jeder einzelnen Handlung, [255] und was auf den Seiten deines Werks steht, bestätigt die entsprechenden Charakterzüge. Der Kaiser designiert Theodorus zu seinem Nachfolger im Konsulat. Nicht lange ließ die Anerkennung für deine Leistungen auf sich warten (das Urteil des Kaisers sorgte dafür); und die Amtstracht, die die Kurie mit dem Hof vereint, die den Senatorenstand mit dem Kaiser kollegial verbindet, die er selbst schon vier Mal getragen hat, legte er mit dem Ende des Jahres ab [260] und räumte seinen kurulischen Sitz – und du wirst sein Nachfolger! Wachst, ihr Tugenden, es blühe die Epoche fruchtbar an geistigen Leistungen: Das Feld hat sich ihnen geöffnet, und dem verdienten Mann ist die Gunst gewiss. Rastloser Einsatz wird mit gebührenden Gaben ausgezeichnet. Erhebt euch, ihr in Schlaf versunkenen Künste, die das Karrieredenken verschüttet hat. [265] Der Neid hat keine Chance, solange Stilicho und sein göttlicher Schwiegersohn für die Welt sorgen. Hier wird das kurulische Amt nicht entehrt, keine unerträglichen Namen entweihen Italiens Konsulslisten. Tapferen Männern ist dieses Amt hier vorbehalten und darf allein von Senatoren übernommen werden: Es wird niemals Rom einen Anlass bieten, sich schämen zu müssen. Urania gibt ihren Schwestern Aufgaben zur Vorbereitung der Feierlichkeiten. [270] Fama, die die Erfüllung der Hoffnungen verkündete, hatte schon in schnellem Flug die böotischen Haine in Aufregung versetzt, als der Name des Konsuls vernommen wurde: Glücklich stimmte der Helikon sein Lied an, Aganippe ergoss sich mit reicherem Strom, und die poesiebegabten Wasser lächelten den Blüten zu. Urania, den Kranz ums Haar gewunden, unter deren Anleitung [275] Mallius oft die Feuer tragenden Himmelsbahnen mit

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sic alias hortata deas: ‘patimurne, sorores, optato procul esse die nec limina nostri consulis et semper dilectas visimus aedes? notior est Helicone domus. gestare curules et fasces subiisse libet. miracula plebi colligite et claris nomen celebrate theatris. tu Iovis aequorei submersam fluctibus aulam oratum volucres, Erato, iam perge quadrigas a quibus haud umquam palmam rapturus Arion. inlustret circum sonipes, quicumque superbo perstrepit hinnitu Baetin, qui splendida potat stagna Tagi madidoque iubas aspergitur auro. Calliope, liquidas Alciden posce palaestras: cuncta Palaemoniis manus explorata coronis adsit et Eleo pubes laudata Tonanti. tu iuga Taygeti frondosaque Maenala, Clio, i Triviae supplex; non aspernata rogantem amphitheatrali faveat Latonia pompae. audaces legat ipsa viros, qui colla ferarum arte ligent certoque premant venabula nisu. ipsa truces fetus captivaque ducat ab antris prodigia et caedis sitientem differat arcum. conveniant ursi, magna quos mole ruentes torva Lycaoniis Helice miretur ab astris, perfossique rudant populo pallente leones,

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dem Stab nachgezeichnet hatte, forderte die anderen Göttinnen auf: »Sollen wir es zulassen, Schwestern, an dem sehnlichst erwarteten Tag nicht dabei zu sein? Und besuchen wir nicht die Schwelle unseres Konsuls und das Haus, das wir immer geschätzt haben? Vertrauter als der Helikon ist uns ja sein Haus! Den Amtssessel zu tragen [280] und die Rutenbündel zu heben, ist für uns eine Freude. Sammelt Staunenswertes für das Volk und feiert seinen Namen in berühmten Theatern. Du, Erato, mach dich auf zum Palast des Meeresherrschers, der unter den Fluten liegt, um seine windschnellen Pferdegespanne zu erbitten, denen niemals Arion die Siegespalme streitig machen wird. [285] Jedes Ross soll den Zirkus erstrahlen lassen, das sein stolzes Wiehern weithin in Andalusien hören lässt, das die funkelnden Wasser des Tajo trinkt und seine Mähne in feuchtes Gold taucht. Calliope, hol uns von Herkules Ringerpaare, glatt vom Öl: Die gesamte Schar, die durch Siegerkränze der isthmischen Spiele ausgewiesen ist, [290] finde sich ein und die Mannschaft, die beim olympischen Zeus Ehren errungen hat. Du, Clio, such die Hänge des Taygetos und die Wälder des Mainalos auf und trag vor Diana demütig das Anliegen vor: Latonas Tochter soll dir deine Bitten nicht abschlagen, sondern den Festzug zum Amphitheater nach Kräften unterstützen. Sie selbst soll kühne Männer auswählen, die den Hals der wilden Tiere [295] mit ihrer Kunst fesseln und mit zielsicherem Stoß die Jagdspeere einsetzen. Sie selbst soll die gefährliche Brut und die gefangenen Ungeheuer aus ihren Höhlen führen, aber den morddürstenden Bogen noch nicht zum Einsatz bringen. Zusammenkommen sollen Bären, die selbst die furchterregende Große Bärin von den lykaonischen Sternen herab bestaunt, wenn sie mit ihrer Körpermasse vorwärtsstürmen; [300] und wenn die Löwen getroffen sind, sollen sie ein Brüllen erheben, dass das Volk schre-

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quales Mygdonio curru frenare Cybele optet et Herculei mallent fregisse lacerti. obvia fulminei properent ad vulnera pardi semine permixto geniti, cum forte leaenae nobiliorem uterum viridis corrupit adulter: hi maculis patres referunt et robore matres. quidquid monstriferis nutrit Gaetulia campis, Alpina quidquid tegitur nive, Gallica si quid silva timet, iaceat; largo ditescat harena sanguine; consumant totos spectacula montes. nec molles egeant nostra dulcedine ludi: qui laetis risum salibus movisse facetus, qui nutu manibusque loquax, cui tibia flatu, cui plectro pulsanda chelys, qui pulpita socco personat aut alte graditur maiore cothurno, et qui magna levi detrudens murmura tactu innumeras voces segetis moderatus aenae intonat erranti digito penitusque trabali vecte laborantes in carmina concitat undas, vel qui more avium sese iaculantur in auras corporaque aedificant celeri crescentia nexu, quorum conpositam puer amentatus in arcem emicet et vinctu plantae vel cruribus haerens pendula librato figat vestigia saltu. mobile ponderibus descendat pegma reductis inque chori speciem parcentes ardua flammas scaena rotet: varios effingat Mulciber orbes per tabulas inpune vagus pictaeque citato

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ckensbleich wird: Das sollen Tiere sein, wie sie Kybele an ihrem mygdonischen Wagen führen wollte und wie sie Herkules’ Arme gern als Gegner gehabt hätten. Blitzschnell sollen die Leoparden ihrer Verwundung entgegenrennen: Tiere, die aus einer Kreuzung von Samen gezeugt sind, wenn einmal den edleren Leib einer Löwin ein jugendfrischer Ehebrecher entweiht hat: [306] Sie lassen an ihren Flecken die Väter, an ihrer Kraft die Mütter erkennen. Was Gätulien in seinen Weiten, der Heimat von Ungeheuern, gedeihen lässt, was vom Schnee der Alpen bedeckt wird, und wenn Galliens Wald sich vor etwas fürchtet: all das komme hier zu Fall! Vom reichen Strom des Bluts soll der Zirkussand triefen. [310] Ganze Gebirge sollen die Spiele entvölkern. Doch auch die unblutigen Spiele sollen nicht auf unser freundliches Wirken verzichten: Wer mit fröhlichem Spott witzig zum Lachen bringen kann, wer mit Mimik und Gestik sprechen kann, wer die Flöten mit seinem Blasen erklingen lässt, wer die Laute mit seinem Plektron schlägt, wer die Bühne im Komödienkostüm [315] erschallen lässt oder hoch im erhabenen Kothurn schreitet, und wer laute Klänge mit leichter Berührung hervorbringt und zahllose Töne aus ehernen Rohren harmonisch stimmend, mit eilendem Finger zum Klingen bringt und die im Innern wirkenden Wasser mit dem Hebelbalken zu Melodien anregt, [320] oder wer wie die Vögel sich in die Lüfte wirft und Körperformationen, die sich in schneller Verbindung auftürmen, errichtet, zu deren oberster Stelle ein Fliegengewicht, das hochkatapultiert wurde, hinaufschnellt und, indem es mit dem Fuß eine Verbindung herstellt oder sich mit den Unterschenkeln anhängt, in gut austariertem Sprung in luftiger Höhe seinen Stand findet. [325] Wenn die Gewichte abgenommen sind, soll sich der bewegliche Hebeapparat senken, und wie ein Chorreigen anzusehen, soll eine hohe Bühne unschädliches Feuerwerk im Kreis sprühen lassen: Vielfältige Kreisformen soll sich Vulcanus ausdenken, über Stockwerke ungehindert springend, und bemalte Balken sollen das entfachte Feuer

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PANEGYRICUS DICTUS

ludant igne trabes et non permissa morari fida per innocuas errent incendia turres. lascivi subito confligant aequore lembi stagnaque remigibus spument inmissa canoris. consul per populos idemque gravissimus auctor eloquii, duplici vita subnixus, in aevum procedat pariter libris fastisque legendus. accipiat patris exemplum tribuatque nepoti filius et coeptis ne desit fascibus heres. decurrat trabeata domus tradatque secures mutua posteritas servatoque ordine fati Mallia continuo numeretur consule proles.’

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spielen lassen, und Brände, die nicht lange verweilen dürfen, [330] sollen zuverlässig über unbeschadet bleibende Türme laufen. Ausgelassen sollen Kähne im plötzlich eingelassenen See gegeneinander kämpfen und mit stimmgewaltigen Ruderern die einströmenden Wasser mit Schaum aufwirbeln. Als Konsul und zugleich als erhabenster Meister der Redekunst soll Theodorus unter den Völkern auf ewig öffentlich bekannt sein, weil er sich auf zwei Lebensweisen stützen kann: [335] Man kann ihn zugleich in Büchern und in Amtsverzeichnissen lesen. Das Vorbild des Vaters soll der Sohn aufgreifen und es auch dem Enkel weitergeben, und der einmal begonnenen Tradition der Konsulswürde soll nicht der Erbe fehlen. Das Haus, das mit dem Konsulsgewand ausgezeichnet ist, soll so fortbestehen, und die Nachkommen sollen sich gegenseitig die Beile übergeben, und in geregelter Abfolge des Schicksals [340] sollen die Mallii alle nacheinander als Konsuln in die Amtsliste aufgenommen werden.«

Invektive gegen Eutropius

Einführung Den Konsuln des Jahres 399 hat Claudian zwei sehr unterschiedliche Gedichte gewidmet: Neben dem Konsulatspanegyrikus auf Mallius Theodorus, der einen ebenso gelehrten wie charakterlich vorbildlichen Repräsentanten der römischen Oberschicht ehrt, steht das zwei Bücher umfassende Schmähgedicht gegen den Eunuchen Eutrop, der sich in diesem Jahr in Konstantinopel für seinen Sieg gegen die Hunnen im Sommer 398 mit dem Konsulat feiern ließ (vgl. Eutrop. I 284–286). Ein Eunuch als Konsul – das hatte es in der Geschichte des Amts noch nie gegeben, und Claudian wird nicht müde zu betonen, dass der Aufstieg eines Oberkämmerers (praepositus sacri cubiculi) zum höchsten Staatsamt ein Frevel gegen die Tradition sei. Mehr noch: Aufgrund der sakralen Bedeutung dieses Amts steht für Claudian das künftige Schicksal des Reichs auf dem Spiel. Ähnlich wie in der Schlussszene seiner ersten Invektive, wo der „Schandfleck“ Rufinus durch den Sturz in den tiefsten Höllengrund ein für allemal getilgt wird, betont Claudian in dieser zweiten Invektive immer wieder die Notwendigkeit, das Skandalkonsulat aus der Geschichte zu streichen. Damit folgt er der offiziellen Politik des Westreichs, die Eutrops Amtsjahr nicht wie sonst üblich anerkannt und veröffentlicht hat (vgl. Eutrop. I 412–465). Der Grund dafür lag tatsächlich aber nicht darin, dass Eutrop als Eunuch ein unwürdiger Staatsrepräsentant war, sondern vielmehr in dem Umstand, dass Stilicho nach wie vor von Ostrom als Staatsfeind (hostis publicus) betrachtet wurde (vgl. Eutrop. II 123–132). Das erklärt auch, warum er nach dem Sieg über Gildo nicht selbst 399 Konsul wurde: Er befürchtete für seine eigene Person, von der Gegenseite nicht anerkannt zu werden, und schob den unbelasteten Gelehrten Mallius Theodorus vor (Döpp [1980] 150).



Einführung

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Claudian schildert ausgiebig die Vorgeschichte des Eutropius als Sklave verschiedener Herren. Zuletzt in der einflussreichen Position eines praepositus sacri cubiculi am Kaiserhof, gelang dem Eunuchen der Aufstieg zum faktischen Machthaber im Osten nach dem Tod des Rufinus (27. November 395). Als oberster Richter und patricius – vgl. Anm. zu Eutrop. I 109 – griff er bald auch auf den militärischen Bereich über, als er nämlich erfolgreich gegen die nach Kleinasien eingedrungenen Hunnen kämpfte. In der Invektive gegen Rufinus hatte das erste Buch den Aufstieg (Rufin. I 25–257) und den vorläufigen Triumph des Geschmähten bei Stilichos verhindertem Bastarnenfeldzug (Rufin. I 257–353) zum Gegenstand. Im zweiten Buch wurde ausgehend von einer historisch vergleichbaren Situation – Stilichos verhinderter Expedition gegen Alarich (Rufin. II 1–292) – der Sturz des Geschmähten gezeigt: Die Soldaten kehren zurück und ermorden Rufinus (Rufin. II 293–453). Einem vergleichbaren Aufbau folgte das Gedicht über Eutropius: Auch hier stehen im ersten Buch der Aufstieg des Protagonisten und sein größter Erfolg – der Hunnenfeldzug – im Vordergrund. Im zweiten Buch wird Eutropius wie Rufinus noch einmal in eine vergleichbare historische Situation gestellt, wenn er sich nämlich mit dem Angriff des Gotenführers Tarbigilus konfrontiert sieht und dieser Herausforderung mit seinen Generälen Leo und Gainas nicht gerecht wird: Leo stirbt und Gainas handelt mit Tarbigilus aus, dass Eutropius sein Amt aufgeben würde (vgl. auch Döpp [1980] 160). Nach der Entmachtung im Sommer 399 folgten die Verbannung nach Zypern und schließlich noch am Ende des Jahres der Hochverratsprozess und die Enthauptung. Claudian übergeht die genauen Umstände des Sturzes – nur die zweite prae­fatio berichtet vom Exil des Eutropius – und richtet den Blick am Ende auf Stilicho, dem allein die Fähigkeiten zugetraut werden, die Lage im Osten wieder in Ordnung zu bringen, und auf den sich dieser Darstellung zufolge die Hoffnungen der Bevölkerung in diesem Reichsteil richteten (vgl. zur Frage nach einer

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Einführung

einheitlichen Gesamtkonzeption des Werks Döpp [1980] 164–172). Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen: Das Skandalkonsulat von 399 stellte den letzten Höhepunkt in den jahrelangen Spannungen zwischen Ost- und Westrom dar. Stilicho selbst würde sein Konsulat im Folgejahr 400 antreten; die politischen und militärischen Herausforderungen sollten bald von anderer, nämlich gotischer Seite kommen.

Buch I: 1–23

Der Eunuch im Konsulsgewand als böses Omen

23 – 370 Der Aufstieg des Eutropius 23–144 Das Leben des Eutropius vor dem Eintritt ins Kaiserhaus 23–77 Kastration und frühe Jahre als Lustknabe (γένεσις und ἀνατροφή) 77–144 Kupplerei und Wachdienste bei reichen Frauen (ἐπιτηδεύματα) 145–228 Karriere am Hof 145–170 Abundantius, der frühere Förderer, wird sein erstes Opfer am Hof. 170–228 Geldgier als Kompensation für Unfruchtbarkeit 229–284 Eutropius als Richter und Feldherr 229–251 Besudelung der beiden Amtsbereiche 252–284 Der groteske Triumphzug des Eunuchen 284–370 Eutropius als Konsul 287–299 Mythische Vergleiche 300–316 Skandalöse Amtseinführung 317–345 Besser wäre noch eine Frau im Konsulsamt gewesen. 346–370 Ungläubige und bösartige Reaktionen im Volk 371–513

Roma bittet bei Stilicho und Honorius um Hilfe.



Einführung

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Buch II: 1–58 1–23 24–58

Widerstand der Natur gegen einen Eunuchen als Konsul Eutropius als zu spät behandelte Krankheit im Staatskörper Naturkatastrophen und missachtete Vorzeichen

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Ehrenbezeugungen und Statuen für den Eunuchen, der von seiner Schwester unterstützt wird

95–461 Eutropius und Leo versagen angesichts des Tarbigilus-Aufstands. 95–173 Mars empört sich vor Bellona über die Zustände und beschließt einen gotischen Aufruhr. 174–237 Bellona stachelt den Gotenführer Tarbigilus zur Erhebung an. 238–278 Der Schauplatz des Aufruhrs: Phrygien, das Land der Kybele (ἔκφρασις) 279–303 Kybeles unheilvolle Prophezeiung 304–322 Eutropius reagiert auf den Aufstand. 322–408 Ein skurriler Kriegsrat 409–461 Leos unrühmliches Ende im Sumpf 462–602 Stilicho als Retter in der Not 462–526 Die Lage im Osten spitzt sich zu und Stilicho ist der einzige, der die drohenden Persereinfälle abwehren kann. 526–602 Aurora bittet Stilicho um Hilfe.

18 In Eutropium liber prior Semiferos partus metuendaque pignora matri moenibus et mediis auditum nocte luporum murmur et attonito pecudes pastore locutas et lapidum diras hiemes nimboque minacem sanguineo rubuisse Iovem puteosque cruore mutatos binasque polo concurrere lunas et geminos soles mirari desinat orbis: omnia cesserunt eunucho consule monstra. heu terrae caelique pudor! trabeata per urbes ostentatur anus titulumque effeminat anni. pandite, pontifices, Cumanae carmina vatis, fulmineos sollers Etruria consulat ignes inmersumque nefas fibris exploret haruspex. quae nova portendunt superi? Nilusne meatu devius et nostri temptat iam transfuga mundi se rubro miscere mari? ruptone Niphate rursus barbaricis Oriens vastabitur armis? an morbi ventura lues? an nulla colono responsura seges? quae tantas expiet iras victima? quo diras iugulo placabimus aras? consule lustrandi fasces ipsoque litandum prodigio; quodcumque parant hoc omine fata, Eutropius cervice luat.

sic omnia volvis? hoc regni, Fortuna, tenes? quaenam ista iocandi

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18 Invektive gegen Eutropius: Erstes Buch Der Eunuch im Konsulsgewand als böses Omen Geburten von Tiermenschen; Kinder, vor denen sich die Mutter fürchten muss; das Heulen von Wölfen, inmitten der Stadtmauern bei Nacht gehört; Vieh, das zum Erstaunen des Hirten spricht; [4] fürchterliche Steinregengüsse; und dass sich der Himmel von einer blutigen Wolke rot gefärbt hat; in Blut verwandeltes Brunnenwasser; zwei am Himmel zusammenlaufende Monde und Doppelsonnen ‒ über all das soll sich die Welt nicht länger wundern: Bei einem Eunuchen als Konsul verlieren alle diese Prodigien an Gewicht. Ach, welche Schande für die Erde und den Himmel! In den Städten tritt im Staatsmantel [10] ein altes Weib auf und kastriert das Jahr mit seinem Namen. Ihr Priester, schlagt in den Sprüchen der Seherin von Cumae nach, das gelehrte Etrurien soll die feurigen Blitze befragen und der Opferschauer den Frevel erkunden, der sich in den Eingeweiden zeigt. Was kündigen uns die Himmlischen Neues an? Ändert der Nil seinen Lauf, [15] flieht vor unserer Welt und versucht, sich mit dem roten Meer zu vermischen? Wird die Bergkette des Niphates durchbrochen werden und wird man erneut den Osten mit Barbarenwaffen verwüsten? Werden etwa Seuche und Pest aufkommen? Wird dem Bauern etwa keine Aussaat mehr aufgehen? Welches Opfertier wird so großen Zorn entsühnen können? [20] Mit welcher Kehle werden wir die fürchterlichen Altäre befriedigen? Mit dem Konsul müssen die Rutenbündel gereinigt werden, opfern muss man das Ungeheuer selbst; und was auch immer das Schicksal mit diesem Vorzeichen vorbereitet, Eutropius soll es mit seinem Nacken büßen. Das Leben des Eutropius vor dem Eintritt ins Kaiserhaus: Kastration und frühe Jahre So verdrehst du den Lauf der Welt? Eine solche Herrschaft hast du

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saevitia? humanis quantum bacchabere rebus? si tibi servili placuit foedare curules crimine, procedat laxata compede consul, rupta Quirinales sumant ergastula cinctus: da saltem quemcumque virum. discrimina quaedam sunt famulis splendorque suus, maculamque minorem condicionis habet, domino qui vixerit uno. si pelagi fluctus, Libyae si discis harenas, Eutropii numerabis eros. quot iura, quot ille mutavit tabulas vel quanta vocabula vertit! nudatus quotiens, medicum dum consulit emptor, ne qua per occultum lateat iactura dolorem! omnes paenituit pretii venumque redibat, dum vendi potuit. postquam deforme cadaver mansit et in rugas totus defluxit aniles, iam specie doni certatim limine pellunt et foedum ignaris properant obtrudere munus. tot translata iugis summisit colla, vetustum servitium semperque novum, nec destitit umquam, saepe tamen coepit. cunabula prima cruentis debita suppliciis; rapitur castrandus ab ipso ubere; suscipiunt matris post viscera poenae. advolat Armenius certo mucrone recisos edoctus mollire mares damnoque nefandum aucturus pretium; fecundum corporis ignem

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inne, Fortuna? Wie grausam sind deine Scherze! [25] Wie weit soll dein bacchantisches Rasen unter den Menschen gehen? Wenn du beschlossen hast, die kurulischen Magistrate mit dem sklavischen Schandfleck zu besudeln, so soll eben ein Konsul die Prozession anführen, dem man gerade die Fußfesseln abgenommen hat, die Gefängnisse sollen geöffnet werden und die Gefangenen sollen den Umhang des Quirinus an sich nehmen: Aber gib uns doch wenigstens einen richtigen Mann! Auch bei den Sklaven gibt es gewisse Unterschiede [30] und eigene Ehrenstellungen, und kleiner ist der Makel der Lebensumstände, wenn einer nur unter e i n e m Herrn gelebt hat. Wenn du die Wellen des Meeres und die Sandkörner Libyens zählst, dann weißt du, wie viele Herren Eutropius gehabt hat. Wie oft hat er seinen Besitzer gewechselt, wie oft die Sklavenlisten, wie viele Namen hat er sich doch zugelegt! [35] Wie oft wurde er entkleidet, während der Käufer einen Arzt um Rat fragte, damit nicht etwa eine Werteinbuße aufgrund verborgener Krankheit unbemerkt bleibe! Alle bereuten das bezahlte Geld, und er wurde immer wieder verkauft, solange er verkauft werden konnte. Als nur mehr ein hässlicher Kadaver übriggeblieben und er ganz in seinen Greisenrunzeln aufgegangen war, [40] da trieben sie ihn unter dem Vorwand, er wäre ein Geschenk, miteinander wetteifernd aus dem Haus und beeilten sich, ahnungslosen Leuten die hässliche Gabe aufzudrängen. So oft legte er seinen Hals, den man herumreichte, unter das Joch, die alte und immer wieder neue Knechtschaft, die niemals endete, aber oft begann. Schon die erste Zeit in der Kinderwiege war zu blutiger [45] Marter bestimmt; man riss ihn geradewegs von der Mutterbrust zur Kastration hinweg. Gleich als er den Mutterleib verlassen hatte, nahm ihn Gewalt in Empfang. Ein Armenier eilte herbei, der sich darauf verstand, die Knaben mit sicherem Dolchschnitt zu verschneiden und sie so zu entmannen, um durch den Verlust den verbrecherischen Preis in die Höhe zu treiben. Das fruchtbare

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sedibus exhaurit geminis unoque sub ictu eripit officiumque patris nomenque mariti. ambiguus vitae iacuit, penitusque supremum in cerebrum secti traxerunt frigora nervi. laudemusne manum, quae vires abstulit hosti, an potius fato causam tribuisse queramur? profuerat mansisse virum; felicior extat opprobrio; serviret adhuc, si fortior esset. inde per Assyriae trahitur commercia ripae; hinc fora venalis Galata ductore frequentat permutatque domos varias. quis nomina possit tanta sequi? miles stabuli Ptolemaeus in illis notior: hic longo lassatus paelicis usu donat Arinthaeo; neque enim iam dignus haberi nec maturus emi. cum fastiditus abiret, quam gemuit, quanto planxit divortia luctu! ‘haec erat, haec, Ptolemaee, fides? hoc profuit aetas in gremio consumpta tuo lectusque iugalis et ducti totiens inter praesepia somni? libertas promissa perit? viduumne relinquis Eutropium tantasque premunt oblivia noctes, crudelis? generis pro sors durissima nostri! femina, cum senuit, retinet conubia partu, uxorisque decus matris reverentia pensat. nos Lucina fugit, nec pignore nitimur ullo. cum forma dilapsus amor; defloruit oris gratia. qua miseri scapulas tutabimur arte? qua placeam ratione senex?’

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Feuer des Körpers [50] entzog er seinem doppelten Ursprungsort und mit einem Hieb entriss er ihm die Pflichten als Vater und den Titel eines Ehemannes. Er lag in Lebensgefahr, und die zerschnittenen Samenstränge zogen die Kälte tief in die letzten Winkel des Gehirns. Sollen wir die Hand preisen, die dem Feind die Kräfte nahm, [55] oder eher darüber klagen, dass sie dem Schicksal einen Vorwand verschafft hat? Größeren Nutzen hätte es gehabt, wenn er ein Mann geblieben wäre. Erfolgreicher ist er durch die erlittene Schande. Noch jetzt würde er als Sklave dienen, wenn er mehr Kraft hätte. Dann wurde er über alle Märkte an den Ufern Assyriens geschleppt; hierauf stand er, geführt von einem Galater, unausgesetzt auf den Marktplätzen feil [60] und lebte ständig in anderen Häusern. Wer könnte so viele Namen durchgehen? Unter ihnen war der Kavallerist Ptolemaeus etwas bekannter: Lange hatte er seine Konkubine benutzt, war ihrer müde geworden und schenkte sie dem Arinthaeus; es lohnte nämlich weder, ihn zu behalten, noch war er in einem Alter, für das sich noch ein Käufer gefunden hätte. Wie seufzte er doch, als er verstoßen wurde und weggehen musste, [65] mit wie viel Trauer beweinte er die Scheidung! »Das also war deine Treue, Ptolemaeus? Das brachte mir ein Leben ein, das ich in deinem Schoß vergeudet habe, das eheliche Bettlager und der Schlaf, den wir so oft im Pferdestall fanden! Die Freiheit, die du mir versprochen hast, ist sie dahin? Lässt du Eutropius ohne Mann [70] zurück – löscht Vergessen die vielen Nächte aus, Grausamer? Ach, das härteste Los haben Menschen von unserem Schlag! Eine Frau, die alt geworden ist, behält doch mit ihren Kindern ihre Ehe, und die Verehrung für die Mutter ersetzt die Schönheit der Gattin. Uns meidet Lucina, und kein Kind gibt uns Halt. [75] Mit der Schönheit ist die Liebe verflossen; die Anmut unseres Gesichts ist verblüht. Wie werde ich in meinem Elend nun den Rücken vor Schlägen bewahren? Wie soll ich mit meinem Alter noch Gefallen erregen?«

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sic fatus avitum adgreditur lenonis opus: nec segnis ad artem mens erat officiique capax omnesque pudoris hauserat insidias. custodia nulla tuendo fida toro; nulli poterant excludere vectes: ille vel aerata Danaen in turre latentem eliceret. fletus domini fingebat amantis, indomitasque mora, pretio lenibat avaras lascivasque iocis; non blandior ullus euntis ancillae tetigisse latus leviterque reductis vestibus occulto crimen mandare susurro, nec furtis quaesisse locum nec fraude reperta cautior elusi fremitus vitare mariti. haud aliter iuvenum flammis Ephyreia Lais e gemino ditata mari, cum serta refundit canities, cum turba procax noctisque recedit ambitus et raro pulsatur ianua tactu seque reformidat speculo damnante senectus, stat tamen atque alias succingit lena ministras dilectumque diu quamvis longaeva lupanar circuit et retinent mores quod perdidit aetas. hinc honor Eutropio; cumque omnibus unica virtus esset in eunuchis thalamos servare pudicos, solus adulteriis crevit. nec verbera tergo cessavere tamen, quotiens decepta libido irati caluisset eri, frustraque rogantem iactantemque suos tot iam per lustra labores

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Kupplerei und Wachdienste bei reichen Frauen Sprach’s und machte sich an die traditionsreiche Tätigkeit der Kuppelei: Und sein Geist war keineswegs träge in dieser Kunst, er war der Aufgabe gewachsen und hatte sich alle Kniffe, den Anstand zu täuschen, [80] einverleibt. Auf keine Wache konnte man sich mehr verlassen, um das Ehelager zu schützen, keine Türriegel konnten ihn aussperren: Er hätte selbst Danaë herausgelockt, die im ehernen Turm verborgen war. Er simulierte das Weinen seines verliebten Herrn und machte die Spröden mit Ausdauer gefügig, die Habgierigen durch Geld [85] und die Leichtfertigen mit Scherzen; keiner konnte charmanter eine Dienerin im Gehen an der Seite berühren, sie an den Kleidern zurückziehen und mit heimlichem Flüstern den Ehebruch vereinbaren, keiner war umsichtiger, wenn er einen Ort für versteckte Liebeleien suchte und nach entdeckter Täuschung dem Wüten des gehörnten Ehemanns aus dem Weg gehen musste. [90] So hatte sich auch Lais in Korinth zunächst an der Liebesglut der jungen Männer bereichert, die von beiden Meeren zu ihr kamen, und als ihren grauen Haaren keine Kränze mehr standen, als die ausgelassene Schar und die nächtlichen Schwärmer verschwanden, nur mehr selten an die Tür geklopft wurde und die alte Frau unter dem Bannspruch des Spiegels vor sich selbst zurückschreckte, [95] da blieb sie doch im Geschäft und unterwies als Kupplerin die anderen Dienerinnen, und obwohl sie schon hochbetagt war, schlich sie immer noch um das so lange geliebte Bordell, und ihre Gewohnheit hielt an dem fest, was ihr Alter verloren hatte. Das brachte Eutropius Ehre ein, und während sonst bei allen Eunuchen die singuläre Tugend darin besteht, im Schlafbereich für Zucht und Ordnung zu sorgen, [100] gewann er als einziger durch Ehebrüche an Einfluss. Doch wurden die Schläge für seinen Rücken nicht weniger, wann immer die enttäuschte Liebeslust seines zornigen Herrn aufgelodert war: Und obwohl Eutropius vergebens bettelte und mit seinen über so viele Jahre vollbrachten Mühen

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dotalem genero nutritoremque puellae tradidit. Eous rector consulque futurus pectebat dominae crines et saepe lavanti nudus in argento lympham gestabat alumnae; et cum se rapido fessam proiecerat aestu, patricius roseis pavonum ventilat alis. iamque aevo laxata cutis, sulcisque genarum corruerat passa facies rugosior uva: flava minus presso finduntur vomere rura, nec vento sic vela tremunt. miserabile turpes exedere caput tineae; deserta patebant intervalla comae: qualis sitientibus arvis arida ieiunae seges interlucet aristae vel qualis gelidis pluma labente pruinis arboris inmoritur trunco brumalis hirundo. scilicet ut trabeis iniuria cresceret olim, has in fronte notas, hoc dedecus addidit oris luxuriae Fortuna suae. cum pallida nudis ossibus horrorem dominis praeberet imago decolor et macies occursu laederet omnes, aut pueris latura metus aut taedia mensis aut crimen famulis aut procedentibus omen, et nihil exhausto caperent in stipite lucri (sternere quippe toros vel caedere ligna culinae membra negant; aurum, vestes, arcana tueri mens infida vetat; quis enim committere vellet lenoni thalamum?), tandem ceu funus acerbum infaustamque suis trusere penatibus umbram. contemptu iam liber erat: sic pastor obesum

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prahlte, überließ ihn der Herr als Mitgift seinem Schwiegersohn und als Amme dem Mädchen: [105] Der künftige Herrscher und Konsul des Ostens kämmte der Herrin die Haare und brachte oftmals nackt in einem silbernen Gefäß der ihm Anvertrauten beim Bade das Wasser. Und wenn sie sich müde von der verzehrenden Hitze niedergelegt hatte, wedelte der künftige patricius mit den rosenfarbenen Fächern aus Pfauenfedern. [110] Schon war die Haut vom Alter erschlafft und das Gesicht, wegen der Wangenfalten runzliger als eine getrocknete Weinbeere, war zusammengefallen: Gelbe Saatfelder werden nicht so stark vom Druck des Pfluges aufgespalten, und schlaffe Segel zittern nicht so im Wind. Hässliche Motten hatten sein erbärmliches Haupt zerfressen; kahle Flecken klafften [115] in seinem Haar: So wie auf ausgetrockneten Äckern an einzelnen Stellen die dürre Saat mit magerem Korn aufleuchtet, oder wie eine Schwalbe im Winter im Stumpf eines Baums verendet, wenn ihr Federkleid im kalten Schnee abfällt. Natürlich um die Schmach für die spätere Amtstracht zu vergrößern, [120] hat Fortuna mit diesen Malen in seinem Gesicht und mit diesen hässlichen Zügen ihren Übermut noch gesteigert. Als das bleiche Gespenst mit blanken Knochen seinen Herren Schrecken einjagte und die magere, farblose Gestalt bei allen, denen sie begegnete, Anstoß erregte ‒ weil sie die Kinder erschrecken, den Tischgästen Ekel erregen, [125] den anderen Sklaven Vorwürfe einhandeln oder den Aufbrechenden ein schlechtes Vorzeichen geben konnte ‒, und als aus dem kraftlosen Klotz kein bisschen Gewinn mehr zu holen war – seine Glieder konnten nämlich kein Bett mehr richten, kein Holz mehr für die Küche schlagen; seine untreue Gesinnung ließ nicht zu, dass er Gold, Gewänder und Geheimnisse schützte; wer wollte nämlich [130] einem Kuppler das Schlafgemach anvertrauen? –, da schafften sie ihn schließlich aus ihrem Haus wie einen bitteren Todesfall und einen unheilbringenden Geist. Weil man ihn verachtete, war er bald frei: So legt auch der Hirte seinen Hund, wenn er von Milch gut

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lacte canem ferroque ligat pascitque revinctum, dum validus servare gregem vigilique rapaces latratu terrere lupos; cum tardior idem iam scabie laceras deiecit sordidus aures, solvit et exuto lucratur vincula collo. est ubi despectus nimius iuvat. undique pulso per cunctas licuit fraudes inpune vagari et fatis aperire viam. pro quisquis Olympi summa tenes, tantone libet mortalia risu vertere? qui servi non est admissus in usum, suscipitur regnis, et quem privata ministrum dedignata domus, moderantem sustinet aula.

ut primum vetulam texere palatia vulpem, quis non ingemuit? quis non inrepere sacris obsequiis doluit totiens venale cadaver? ipsi quin etiam tali consorte fremebant regales famuli, quibus est inlustrior ordo servitii, sociumque diu sprevere superbi. cernite, quem Latiis poscant adnectere fastis: cuius et eunuchos puduit! sed vilior ante obscurae latuit pars ignotissima turbae, donec Abundanti furiis ‒ qui rebus Eois exitium primoque sibi produxit ‒ ab imis evectus thalamis summos invasit honores. quam bene dispositum terris, ut dignus iniqui fructus consilii primis auctoribus instet! sic multos fluvio vates arente per annos hospite qui caeso monuit placare Tonantem

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genährt ist, an die Kette und füttert den Angebundenen, solange er die Herde bewachen und mit wachsamem Gebell die räuberischen [135] Wölfe erschrecken kann; wenn er aber zu lahm geworden ist und schmählich seine von der Räude zerfetzten Ohren herabhängen lässt, da bindet er ihn los, zieht ihm das Band vom Hals und behält immerhin diesen Wert noch. Es gibt Situationen, wo selbst die größte Verachtung noch nützen kann. Von allen verstoßen, konnte er nun ungestraft durch alle Felder des Betrugs schweifen [140] und dem Schicksal einen Weg ebnen. Ach, wer auch immer auf dem Olymp herrscht: Willst du die Welt der Menschen umkehren, um dir einen so großen Spaß zu machen? Er, der zum Sklavendienst nicht taugte, wird jetzt zur Herrschaft erhoben, und ihn, den das Haus eines Privatmannes als Diener verschmäht hat, erträgt nun der Hof als Herrscher. Karriere am Hof: Abundantius wird sein erstes Opfer. [145] Wer hätte nicht gestöhnt, als nun der Palast den alten Fuchs schützend deckte? Wer hätte nicht Schmerz darüber empfunden, dass sich dieser Kadaver, der so oft zum Verkauf gestanden hatte, in den heiligen Hofdienst einschlich? Selbst die kaiserlichen Diener, die ja einen höheren Rang [150] in der Sklavenhierarchie haben, murrten unwillig über einen solchen Standesgenossen und verachteten in ihrem Stolz lange Zeit den Kollegen. Seht, wen sie in die Annalen Roms eingehen lassen wollen: Seiner schämten sich sogar die Eunuchen! Zuvor aber blieb er als der unbekannteste Teil der namenlosen Menge verächtlich verborgen, bis er, durch den Wahnsinn des Abundantius – der später dem Osten, [155] sich aber als erstem den Untergang bereitete – aus den Niederungen der Schlafgemächer erhoben, über die höchsten Ehrenstellungen herfiel. Welch gute Einrichtung auf Erden, dass die verdiente Frucht für einen bösen Einfall den Anstiftern als ersten droht! So hat während der langjährigen Trockenheit des Nils der Seher, [160] der geraten hatte, Jupiter mit dem Tod eines

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inventas primus Busiridis imbuit aras et cecidit saevi, quod dixerat, hostia sacri; sic opifex tauri tormentorumque repertor, qui funesta novo fabricaverat aera dolori, primus inexpertum Siculo cogente tyranno sensit opus docuitque suum mugire iuvencum. nullius Eutropius, quam qui se protulit, ante direptas possedit opes nullumque priorem perculit exilio solumque hoc rite peregit, auctorem damnare suum.

postquam obsitus aevo semivir excelsam rerum sublatus in arcem, quod nec vota pati nec fingere somnia possent, vidit sub pedibus leges subiectaque colla nobilium tantumque sibi permittere fata, qui nihil optasset plus libertate mereri, iam iam dissimulat dominos alteque tumescunt serviles animi. procerum squalore repletus carcer et exulibus Meroe campique gemiscunt Aethiopum; poenis hominum plaga personat ardens; Marmaricus claris violatur caedibus Hammon. asperius nihil est humili cum surgit in altum: cuncta ferit dum cuncta timet, desaevit in omnes ut se posse putent, nec belua taetrior ulla quam servi rabies in libera terga furentis; agnoscit gemitus et poenae parcere nescit, quam subiit, dominique memor, quem verberat, odit.

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Fremden zu versöhnen, als erster den neuen Altar des Busiris mit seinem Blut getränkt und ist als Opfergabe der grausamen Feier, die er empfohlen hatte, gefallen. So bekam der Schöpfer des Stiers und Erfinder der Foltern, der die tödliche Erzfigur für eine neue Art des Schmerzes konstruiert hatte, [165] auf Befehl des sizilischen Tyrannen als erster das bislang unerprobte Werk zu spüren, und er lehrte seinen Stier das Brüllen. Von keinem anderen nahm Eutropius eher den Reichtum in Besitz als von dem, der ihn gefördert hatte, keinen schlug er eher mit dem Exil, und nur das allein hat er in seinem Leben richtig gemacht, [170] nämlich den zu verdammen, der ihn gefördert hatte. Geldgier als Kompensation für Unfruchtbarkeit Nachdem der Halbmann, schon vom Alter gezeichnet, zum hohen Weltenpalast erhoben worden war, was seine Wünsche überstieg und was er sich in seinen Träumen nicht hätte ausmalen können, und als er unter seinen Füßen die Gesetze und die gebeugten Nacken der Aristokraten sah, auch dass ihm das Schicksal so viel gestatte, [175] obwohl er sich nicht mehr gewünscht hatte, als sich die Freiheit zu verdienen, da verleugnete er schon seine frühere Knechtschaft und die Sklavenseele schwoll im Hochmut. Der Kerker wurde von Adligen, die ihre glänzende Stellung verloren hatten, angefüllt; Meroë und die äthiopischen Gebiete stöhnten unter der Zahl der Exilierten auf; die Wüsten hallten von den bestraften Menschen wider; [180] der afrikanische Hammon wurde vom Mordblut berühmter Männer befleckt. Nichts ist schlimmer als der Niedrige, der sich zur Höhe erhebt: Er schlägt auf alles ein, weil er sich vor allem fürchtet; er wütet gegen alle, nur damit sie glauben, dass er dazu in der Lage ist, und kein wildes Tier ist schlimmer als ein wütender Sklave, der es in seiner Raserei auf die Rücken freier Männer abgesehen hat; [185] ihr Stöhnen kommt ihm bekannt vor und er verschont keinen vor einer Strafe, die er selbst erlitten hat; weil er an seinen

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adde quod eunuchus nulla pietate movetur nec generi natisve cavet. clementia cunctis in similes, animosque ligant consortia damni; iste nec eunuchis placidus. sed peius in aurum aestuat; hoc uno fruitur succisa libido. quid nervos secuisse iuvat? vis nulla cruentam castrat avaritiam. parvis exercita furtis quae vastare penum neclectaque sueverat arcae claustra remoliri, nunc uberiore rapina peccat in orbe manus. quidquid se Tigris ab Haemo dividit, hoc certa proponit merce locandum, institor imperii, caupo famosus honorum. hic Asiam villa pactus regit; ille redemit coniugis ornatu Syriam; dolet ille paterna Bithynos mutasse domo. subfixa patenti vestibulo pretiis distinguit regula gentes. tot Galatae, tot Pontus eat, tot Lydia nummis; si Lyciam tenuisse velis, tot milia ponas, si Phrygas, adde. parum! propriae solacia sorti communes vult esse notas et venditus ipse vendere cuncta cupit. certantum saepe duorum diversum suspendit onus; cum pondere iudex vergit, et in geminas nutat provincia lances. non pudet heu, superi, populos venire sub hasta? vendentis certe pudeat. quid iure sepulto mancipium tot regna tenet, tot distrahit urbes? pollentem solio Croesum victoria Cyri

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ehemaligen Herrn denkt, hasst er jeden, den er schlägt. Dazu kommt, dass ein Eunuch keine persönlichen Bindungen kennt und nicht auf Familie und Kinder achten muss. Gnade gewähren alle denen, die ihnen gleichen, und gemeinsam erlittenes Unheil verbindet – [190] er aber ist nicht einmal gegen Eunuchen gnädig. Schlimmer noch loderte in ihm die Gier nach Gold; damit allein befriedigte sich das Verlangen des Verschnittenen. Was half es, dass man ihn kastriert hatte? Keine Gewalt schneidet die blutrünstige Gier heraus. Die Hand, die sich mit kleinen Diebereien geübt hatte, die es gewohnt war, die Vorratskammer zu plündern und die unbewachten [195] Riegel der Truhe zurückzuschieben, sie trieb nun in einem größeren Raubzug ihr Unwesen in der Welt. Alles, was zwischen Tigris und Haimos liegt, bot er für einen bestimmten Betrag zur Pacht, dieser Verschacherer des Reichs und berüchtigte Verhökerer von Staatsämtern. Der eine regierte Asien, weil er es sich eine Villa hat kosten lassen; ein anderer hatte [200] Syrien mit dem Schmuck seiner Frau gekauft; wieder ein anderer war betrübt, dass er für Bithynien sein Vaterhaus eintauschen musste. Eine Preisliste, in offener Halle ausgehängt, unterteilte die Völker nach ihrem Wert. Für so und so viel Geld standen die Galater, der Pontos und Lydien feil; wenn du Lykien regieren willst, dann musst du so und so viele Tausende zahlen, [205] für die Phrygier leg noch etwas drauf. Zu wenig! Zum Trost für sein eigenes Schicksal wollte er, dass alles sein Preisetikett habe, und er, einst selbst verkauft, suchte nun alles zu verkaufen. Oftmals legte er die verschiedenen Gebote zweier Konkurrenten auf die Waage; der Richter entschied je nach Gewicht und das Schicksal der Provinz lag auf zwei Waagschalen. [210] Schämt ihr euch denn nicht, Götter, wenn ganze Völker versteigert werden? Aber w e r sie verkauft – das sollte euch doch wenigstens peinlich sein! Warum kann ein Sklave Recht und Gesetz unter die Erde bringen, über so viele Reiche herrschen und so viele Städte zu Geld machen? Besiegte Kyros den Kroisos, der

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fregit, ut eunucho flueret Pactolus et Hermus? Attalus heredem voluit te, Roma, relinqui, restitit Antiochus praescripto margine Tauri, indomitos curru Servilius egit Isauros et Pharos Augusto iacuit vel Creta Metello, ne non Eutropio quaestus numerosior esset? in mercem veniunt Cilices, Iudaea, Sophene, Romanusque labor Pompeianique triumphi. quo struis hos auri cumulos? quae pignora tantis succedent opibus? nubas ducasve licebit: numquam mater eris, numquam pater; hoc tibi ferrum, hoc natura negat. te grandibus India gemmis, te foliis Arabes ditent, te vellere Seres: nullus inops adeo, nullum sic urget egestas ut velit Eutropii fortunam et membra pacisci.

iamque oblita sui nec sobria divitiis mens inversas leges hominumque negotia ludit. iudicat eunuchus; quid iam de consule miror? prodigium, quodcumque gerit. quae pagina lites sic actas meminit? quibus umquam saecula terris eunuchi videre forum? sed ne qua vacaret pars ignominia neu quid restaret inausum, arma etiam violare parat portentaque monstris aggerat et secum petulans amentia certat. erubuit Mavors aversaque risit Enyo

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mächtig auf seinem Thron saß, nur zu dem Zweck, dass der Paktolos und der Hermos nun für einen Eunuchen fließen? [215] Wollte Attalos, dass du, Rom, das Erbe antrittst, hielt Antiochus an der vorgeschriebenen Grenze des Taurus inne, trieb Servilius die unbezwingbaren Isaurer mit seinem Triumphwagen vor sich her, lag Pharos vor Augustus und Kreta vor Metellus am Boden, nur damit Eutropius einen noch größeren Gewinn habe? [220] Zum Verkauf kommen die Kilikier, Judäa, Sophene, die Frucht der römischen Anstrengungen und die Triumphe des Pompeius. Wozu häufst du diese Berge von Gold auf? Welche Kinder werden diesen gewaltigen Reichtum erben? Du magst dich in den Brautschleier hüllen oder um die Hand einer Frau anhalten: Niemals wirst du Mutter sein, niemals Vater; letzteres verbietet dir das Messer, [225] ersteres die Natur. Auch wenn Indien mit gewaltigen Edelsteinen, die Araber mit ihren kostbaren Blättern und die Serer mit ihrer Seide deinen Reichtum vermehren: Keiner ist so mittellos, keinen drängt die Armut so sehr, dass er sich das Schicksal eines Eutropius und seinen Körper einhandeln wollte. Eutropius als Richter und Feldherr Er trieb selbstvergessen und trunken vor Reichtum seinen Spott [230] mit den Gesetzen, die er ins Gegenteil verkehrte, und mit dem Schicksal der Menschen. Ein Eunuch spricht Recht: Was wundere ich mich noch über sein Konsulat? Alles, was er machte, wurde zum bösen Vorzeichen. Wo ist jemals zuvor über eine solche Prozessführung etwas zu Papier gebracht worden? In welchem Land hat man im langen Lauf der Zeit jemals ein Forum gesehen, das einem Eunuchen unterstand? Doch damit auch nichts frei [235] von Schande, nichts unversucht bliebe, schickte er sich jetzt an, sogar die Waffen zu entehren, häufte Unheilszeichen aufeinander, und sein frecher Wahnsinn versuchte sich immer wieder selbst zu überbieten. Mars war schamrot geworden, und Enyo wandte sich ab und lachte über die Schande im Osten, so oft sich das alte

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dedecus Eoum, quotiens intenta sagittis et pharetra fulgens anus exercetur Amazon, arbiter aut quotiens belli pacisque recurrit adloquiturque Getas. gaudet cum viderit hostis et sentit iam desse viros. incendia fumant, muris nulla fides, squalent populatibus agri et medio spes sola mari. trans Phasin aguntur Cappadocum matres, stabulisque abducta paternis Caucaseas captiva bibunt armenta pruinas et Scythicis mutant Argaei pabula silvis. extra Cimmerias, Taurorum claustra, paludes flos Syriae servit. spoliis nec sufficit atrox barbarus; in caedem vertunt fastidia praedae.

ille tamen (quid enim servum mollemque pudebit? aut quid in hoc poterit vultu flagrare ruboris?) pro victore redit; truncum vexilla secuntur et turmae similes eunuchorumque manipli, Hellespontiacis legio dignissima signis. obvius ire cliens defensoremque reversum conplecti. placet ipse sibi laxasque laborat distendisse genas fictumque inflatus anhelat, pulvere respersus tineas et sordibus ora squalidior, verbisque sonat plorabile quiddam ultra nequitiam fractis et proelia narrat perque suam tremula testatur voce sororem defecisse vagas ad publica commoda vires;

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Weib, eifrig mit Pfeilen beschäftigt [240] und prunkvoll den Köcher tragend, als Amazone übte, oder so oft sie als Richterin über Krieg und Frieden diplomatisch hin- und herlief und Ansprachen vor den Goten hielt. Bei dem Anblick freute sich der Feind und bemerkte dabei, dass den Gegnern schon die Männer ausgingen. Feuer rauchten, auf Mauern war kein Verlass mehr, Äcker lagen nach den Plünderungen brach, [245] und die einzige Hoffnung setzte man auf die Flucht übers Meer. Die Mütter der Kappadokier wurden über den Phasis getrieben, das Vieh wurde aus den heimatlichen Ställen weggeführt, trank nun verschleppt den Schnee des Kaukasus und vertauschte das Futter vom Argaios mit skythischen Wäldern. Jenseits der kimmerischen Sümpfe, die den Taurern als Grenzfeste dienen, [250] wurde der Stolz des syrischen Volks unterjocht. Die trotzigen Barbaren reichten als Kriegsbeute nicht hin; der Überdruss über die Beute veranlasste zum Morden. Der groteske Triumphzug des Eunuchen Er aber ‒ wovor wird sich nämlich ein Sklave und Weichling schämen? Welche Röte wird wohl in diesem Gesicht erglühen können? ‒ kehrte wie ein Sieger zurück; dem Verstümmelten folgten Kompanien zu Fuß [255] und Reiterschwadrone ganz so wie er, Einheiten aus Eunuchen, eine Legion, die der Feldzeichen vom Hellespont vollends würdig waren. Die Klienten liefen ihm entgegen und umarmten den zurückgekehrten Retter. Er gefiel sich selbst dabei und bemühte sich, die schlaffen Wangen zu straffen, blies sich auf und täuschte ein Keuchen vor, [260] seine Motten waren von Staub bedeckt und sein Gesicht durch den Schmutz noch ungepflegter, er gab irgendetwas Jämmerliches zu Gehör mit Worten, die in ihrer Gebrochenheit seine gewöhnliche Laschheit noch überstiegen, und er erzählte von Schlachten und bezeugte mit zitternder Stimme beim Namen seiner Schwester, dass seine flüchtigen Kräfte für das Gemeinwohl nicht ausgereicht hätten;

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cedere livori nec sustentare procellas invidiae; mergique fretis spumantibus orat. exoretque utinam! dum talia fatur, ineptas detergit lacrimas atque inter singula dicta flebile suspirat: qualis venit arida socrus longinquam visura nurum; vix lassa resedit et iam vina petit. quid te, turpissima, bellis inseris aut saevi pertemptas Pallada campi? tu potes alterius studiis haerere Minervae, tu telas, non tela, pati, tu stamina nosse, tu segnes operum sollers urgere puellas et niveam dominae pensis involvere lanam. vel, si sacra placent, habeas pro Marte Cybelen; rauca Celaenaeos ad tympana disce furores. cymbala ferre licet pectusque inlidere pinu inguinis et reliquum Phrygiis abscidere cultris. arma relinque viris. geminam quid dividis aulam conarisque pios odiis committere fratres? te magis, ah demens, veterem si respicis artem, conciliare decet.

gestis pro talibus annum flagitat Eutropius, ne quid non polluat unus, dux acies, iudex praetoria, tempora consul! nil adeo foedum, quod non exacta vetustas ediderit longique labor commiserit aevi. Oedipodes matrem, natam duxisse Thyestes cantatur, peperit fratres Iocasta marito

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[265] er müsse den Neidern weichen und könne dem Sturm der Missgunst nicht standhalten; und er flehte darum, von den schäumenden Wogen versenkt zu werden. Dass er doch Gehör mit seinem Wunsch gefunden hätte! Während er sprach, wischte er sich die albernen Tränen ab und seufzte nach jedem Satz jämmerlich auf: So kommt auch die durstige Schwiegermutter, [270] um die Schwiegertochter in der Ferne zu besuchen; kaum hat sie sich müde hingesetzt, da verlangt sie schon nach Wein. Was mischst du dich, Scheußlichste, in die Kriege ein oder reizt die Pallas des grausamen Schlachtfeldes? Du kannst den Arbeiten der anderen Minerva anhängen, kannst die Webkunst anstelle der Wehrkunst ausüben, kannst alles über die Fäden wissen, [275] kannst geschickt in der Handarbeit die trägen Mädchen anspornen und für die Herrin die schneeweiße Wolle nach ihrem Tagespensum um die Rocken wickeln. Oder, wenn dir die heiligen Riten gefallen, nimm statt Mars Cybele; lerne beim dumpfen Klang der Trommeln den phrygischen Wahnsinn kennen. Du kannst dann Becken tragen, deine Brust mit Pinienzapfen zerschlagen [280] und den Rest deines Gliedes mit phrygischen Messern abschneiden. Die Waffen aber lass den Männern. Warum trennst du die beiden Höfe und versuchst, einträchtig verbundene Brüder in Hass zu stürzen? Dir, oh du Wahnsinniger, stünde es eher an, sie wieder zu verkuppeln, wenn du an deine früheren Künste denken wolltest. Eutropius als Konsul: Mythische Vergleiche Eutropius fordert für solche Taten ein Jahr, [285] damit eine einzige Person auch wirklich nichts unbesudelt lässt ‒ der Feldherr die Truppen, der Richter das Prätorium und der Konsul die Zeiten! Nichts ist so scheußlich, dass es die Vergangenheit nicht schon hervorgebracht und es lange Mühen der Vorzeit nicht verbrochen hätte. Dass Männer wie Ödipus ihre Mütter, Männer wie Thyestes ihre Töchter geheiratet haben, [290] wird in Gedichten besungen;

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et Pelopea sibi. Thebas ac funera Troiae tristis Erecthei deplorat scaena theatri. in volucrem Tereus, Cadmus se vertit in anguem; Scylla novos mirata canes. hunc arbore figit, elevat hunc pluma, squamis hunc fabula vestit, hunc solvit fluvio. numquam spado consul in orbe nec iudex ductorve fuit. quodcumque virorum est decus, eunuchi scelus est. exempla creantur quae socci superent risus luctusque cothurni.

quam pulcher conspectus erat, cum tenderet artus exangues onerare toga cinctuque gravatus indutoque senex obscaenior iret in auro: humani qualis simulator simius oris, quem puer adridens pretioso stamine Serum velavit nudasque nates ac terga reliquit, ludibrium mensis; erecto pectore dives ambulat et claro sese deformat amictu. candida pollutos comitatur curia fasces, forsitan et domini. praebet miracula lictor consule nobilior, libertatemque daturus, quam necdum meruit, scandit sublime tribunal atque inter proprias laudes Aegyptia iactat somnia prostratosque canit se vate tyrannos. scilicet in dubio vindex Bellona pependit, dum spado Tiresias enervatusque Melampus

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Iokaste hat für ihren Mann Brüder geboren, Pelopea für sich selbst. Theben und den Untergang Trojas beklagt traurig die Bühne im Theater des Erechtheus. Tereus hat sich in einen Vogel, Kadmos in eine Schlange verwandelt; Skylla staunte über ihren neu entstandenen Hundeleib, Mythen der Dichter schließen den einen in einen Baum ein, [295] erheben den anderen mit Vogelfedern, kleiden den nächsten in Schuppen und lösen wieder einen anderen im Fluss auf. Doch niemals hat es auf der Welt einen Entmannten als Konsul oder als Richter oder Feldherrn gegeben. Alles, was Männer auszeichnet, ist ein Verbrechen, wenn ein Eunuch es tut. So schafft man Exempel, die lächerlicher als in der Komödie und trauriger als in der Tragödie sind. Skandalöse Amtseinführung [300] Wie prächtig war sein Anblick, als er sich mühte, die blutleeren Glieder mit der Toga zu beladen, und der Greis, von der Gürtung des Gewandes beschwert und in Gold gehüllt, nur noch scheußlicher einherging: So wie der Affe, der dem Menschenantlitz ähneln will und den ein lachender Knabe in die wertvollen Stoffe der Serer [305] gehüllt und dabei Hintern und Rücken freigelassen hat, ein Spaß bei Tische – reich ausstaffiert stolziert er mit aufgereckter Brust umher und entstellt sich noch selbst mit seinem pompösen Mantel. Weiß gewandet begleitete die Kurie die besudelten Rutenbündel, vielleicht waren auch seine früheren Herren dabei. Ein wundersames Schauspiel bot ein Liktor dar, [310] der aus besserer Familie kam als sein Konsul, und um Freiheit zu schenken, die er sich selbst nicht verdient hat, bestieg Eutropius das hohe Tribunal, pries sich selbst an, brüstete sich mit seinen ägyptischen Traumbildern und verkündete, dass die Tyrannen durch seinen eigenen Seherspruch gestürzt seien. Selbstverständlich hatte die Rächerin Bellona in Ungewissheit warten müssen, [315] bis dieser Eunuchen-Tiresias und kraftlose Melampus von

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reptat ab extremo referens oracula Nilo.

obstrepuere avium voces, exhorruit annus nomen, et insanum gemino proclamat ab ore eunuchumque vetat fastis accedere Ianus. sumeret inlicitos etenim si femina fasces, esset turpe minus. Medis levibusque Sabaeis imperat hic sexus, reginarumque sub armis barbariae pars magna iacet: gens nulla probatur, eunuchi quae sceptra ferat. Tritonia, Phoebe, Terra, Ceres, Cybele, Iuno, Latona coluntur: eunuchi quae templa dei, quas vidimus aras? inde sacerdotes; haec intrat pectora Phoebus; inde canunt Delphi; Troianam sola Minervam virginitas Vestalis adit flammasque tuetur: hi nullas meriti vittas semperque profani. nascitur ad fructum mulier prolemque futuram: hoc genus inventum est ut serviat. Herculis arcu concidit Hippolyte; Danai fugere bipennem, Penthesilea, tuam; claras Karthaginis arces creditur et centum portis Babylona superbam femineus struxisse labor: quid nobile gessit eunuchus? quae bella tulit? quas condidit urbes? illas praeterea rerum natura creavit, hos fecere manus: seu prima Semiramis astu Assyriis mentita virum, ne vocis acutae

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den äußersten Strömen des Nils angekrochen kam und seine Orakel vorbrachte. Besser wäre noch eine Frau im Konsulsamt gewesen. Die Stimmen der Vögel protestierten lautstark, das Jahr erschrak über seine Benennung, und Janus erklärte ihn mit beiden Mündern für wahnsinnig und verbot dem Eunuchen den Eintritt in den Staatskalender. [320] Und wenn eine Frau die ihr verbotenen Rutenbündel übernehmen würde, so wäre die Schande geringer. Das Frauengeschlecht herrscht über die Meder und die leichtsinnigen Sabäer, und ein großer Teil der Barbaren steht unter der Herrschaft von Königinnen: Kein Volk aber ist belegt, welches das Szepter eines Eunuchen erträgt. Minerva, Diana, [325] Terra, Ceres, Cybele, Juno und Latona werden verehrt: Welche Tempel, welche Altäre haben wir gesehen, die für einen Eunuchengott errichtet worden wären? Aus der Gruppe der Frauen stammen Priester; in ihre Brust dringt Apoll ein; durch sie lässt Delphi seine Orakel verlauten; nur vestalische Jungfrauen dürfen sich der Minerva von Troja nähern und das Feuer bewahren: [330] Die Eunuchen hingegen haben sich keine Priesterbinden verdient und bleiben auf ewig vom Heiligen ausgeschlossen. Die Frau wird geboren, um fruchtbar zu sein und später Nachkommen zu gebären: Dieses Geschlecht hingegen hat man sich ausgedacht, um sich von ihm bedienen zu lassen. Vom Bogen eines Herkules getroffen, musste Hippolyte fallen; die Danaer flohen vor deiner Streitaxt, Penthesilea; die Anstrengung einer Frau soll die berühmte Burg von Karthago [335] und das stolze Babylon mit den hundert Toren errichtet haben: Was hat je ein Eunuch Edles vollbracht? Welche Kriege hat er geführt? Welche Städte errichtet? Außerdem war es die Natur selbst, welche die Frauen erschaffen hat, diese hingegen sind ein Werk von Menschenhand: Sei es nun, dass sich Semiramis, die sich als erste mit List [340] vor den Assyrern als Mann ausgegeben hatte, diese als Gefolge zu sich nahm, damit die

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mollities levesve genae se prodere possent, hos sibi coniunxit similes; seu Parthica ferro luxuries vetuit nasci lanuginis umbram servatoque diu puerili flore coegit arte retardatam Veneri servire iuventam.

fama prius falso similis vanoque videri ficta ioco; levior volitare per oppida rumor riderique nefas: veluti nigrantibus alis audiretur olor, corvo certante ligustris. atque aliquis gravior morum ‘si talibus’ inquit ‘creditur et nimiis turgent mendacia monstris, iam testudo volat, profert iam cornua vultur; prona petunt retro fluvii iuga; Gadibus ortum Carmani texere diem; iam frugibus aptum aequor et adsuetum silvis delphina videbo, iam cocleis homines iunctos et quidquid inane nutrit Iudaicis quae pingitur India velis.’ subicit et mixtis salibus lascivior alter: ‘miraris? nihil est, quod non in pectore magnum concipit Eutropius. semper nova, grandia semper diligit et celeri degustat singula sensu. nil timet a tergo; vigilantibus undique curis nocte dieque patet; lenis facilisque moveri supplicibus mediaque tamen mollissimus ira nil negat et sese vel non poscentibus offert. quidlibet ingenio subigit traditque fruendum;

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Weichheit ihrer hohen Stimme und ihre glatten Wangen sie nicht verrieten, oder dass die Genusssucht der Parther dem Schatten des Bartflaums mit dem Eisen das Wachstum verbot und, indem es die Blütezeit der Knaben bewahrte, [345] die künstlich fortgesetzte Jugend zum Venusdienst zwang. Ungläubige und bösartige Reaktionen im Volk Zunächst schien es sich um eine falsche Nachricht zu handeln, in eitlem Scherz erfunden; ohne Gewicht flog das Gerücht durch die Städte und man lachte über den Frevel: So als hätte man von einem Schwan mit schwarzen Flügeln gehört oder dass ein Rabe mit dem Weiß des Ligusters in Konkurrenz tritt. [350] Und einer mit etwas ernsterem Charakter sagte: »Wenn man derartigen Dingen Glauben schenkt und die Lügen durch allzu ungeheure Wundergeschichten immer mehr zunehmen, dann fliegt bald die Schildkröte durch die Luft, dann trägt bald der Geier Hörner auf dem Kopf; die Flüsse wollen auf die steilen Gebirgshänge zurückfließen; die Sonne geht in Gades auf und die Karmanen lassen sie untergehen; bald werde ich sehen, wie das Meer Feldfrüchte wachsen lässt [355] und der Delphin sich in den Wäldern heimisch fühlt, bald auch, dass Menschen mit Schneckenhäusern verwachsen: alles, was Indien an nichtigen Dingen hervorbringt und was auf jüdischem Tuch gemalt wird.« Ein anderer, der etwas freizügiger war, versetzte mit ironischem Witz: »Du wunderst dich? Es gibt nichts Großes, das sich Eutropius nicht in seinem Inneren [360] vornähme. Immer liebt er das Neue, immer das Großartige, und rasch kostet er von allem der Reihe nach. Keinen Angriff von hinten fürchtet er; Tag und Nacht öffnet er sich für die nimmermüden Anträge von allen Seiten; sanft, Bitten zugänglich und auch mitten in der größten Gereiztheit überaus nachgiebig, [365] verweigert er nichts und bietet sich sogar noch denen an, die nichts von ihm wollen. Mit Einfallskraft unterwirft er alles dem Zweck, die Wünsche anderer zu befriedi-

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quidquid amas, dabit illa manus; communiter omni fungitur officio gaudetque potentia flecti. hoc quoque conciliis peperit meritoque laborum, accipit et trabeas argutae praemia dextrae.’

postquam vera fides facinus vulgavit Eoum gentibus et Romae iam certius inpulit aures, ‘Eutropiumne etiam nostra dignabimur ira? hic quoque Romani meruit pars esse doloris?’ sic effata rapit caeli per inania cursum diva potens unoque Padum translapsa volatu castra sui rectoris adit. tum forte decorus cum Stilichone gener pacem inplorantibus ultro Germanis responsa dabat, legesque Chaucis arduus et flavis signabat iura Suebis. his tribuit reges, his obside foedera sancit indicto; bellorum alios transcribit in usus, militet ut nostris detonsa Sygambria signis. laeta subit Romam pietas et gaudia paene moverunt lacrimas tantoque exultat alumno: sic armenta suo iam defensante iuvenco celsius adsurgunt erectae cornua matri, sic iam terribilem stabulis dominumque ferarum crescere miratur genetrix Massyla leonem. dimovit nebulam iuvenique apparuit ingens. tum sic orsa loqui: ‘quantum te principe possim, non longinqua docent, domito quod Saxone Tethys

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gen; alles, was du möchtest, wird dir diese Hand besorgen; für das gemeinsame Wohl erledigt er jeden Dienst und die Macht beugt sich bereitwillig jedem Wunsch. Auch das nun war die Frucht seiner Kontakte und die schwere Geburt seiner Dienste, [370] dass er jetzt nämlich sogar das Gewand des Konsuls als Lohn für seine gewandte Hand erhält.« Roma bittet bei Honorius und Stilicho um Hilfe. Nachdem sich glaubwürdige Kunde von dem Verbrechen im Osten unter den Völkern verbreitet hatte und nun schon mit größerer Gewissheit an Romas Ohren drang, da sagte diese: »Verdient jetzt sogar ein Eutropius meinen Zorn? Hat sogar dieser es dahin gebracht, Teil des römischen Grams zu sein?« [375] Nach diesen Worten eilte die mächtige Göttin durch den leeren Himmelsraum, überquerte in einem Flug den Po und näherte sich dem Lager ihres Herren. Damals erteilte eben der stattliche Schwiegersohn mit Stilicho den Germanen, die von sich aus um Frieden baten, Bescheide; der Erhabene unterzeichnete den Chauken Gesetze [380] und den blonden Sueben Verträge. Den einen gab er Könige, mit den anderen schloss er unter Auflage von Geiseln Bündnisse; andere verpflichtete er zum Kriegsdienst, damit die Sygambrer mit gestutztem Haar unter unseren Standarten kämpfen. Roma fühlte eine frohe Verbundenheit mit ihrem Kind, ihre Freude bewegte sie [385] fast zu Tränen und sie war glücklich über einen so mächtigen Zögling: So erheben sich die Hörner der stolzen Mutterkuh höher, wenn der Jungstier bereits die Rinder verteidigt, so staunt auch die massylische Löwenmutter, dass ihr Sohn schon als Schrecken der Ställe und König unter den Tieren heranwächst. [390] Sie trat aus der Wolke heraus und erschien dem jungen Mann in ihrer vollen Größe. Dann begann sie zu sprechen: »Wieviel ich mit dir als Kaiser vermag, davon müssen nicht etwa die entlegenen Gebiete künden – dass nämlich Tethys nach der Bezwingung der Sachsen gefügiger und Britannien nach dem

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mitior aut fracto secura Britannia Picto: ante pedes humili Franco tristique Suebo perfruor et nostrum video, Germanice, Rhenum. sed quid agam? discors Oriens felicibus actis invidet atque alio Phoebi de cardine surgunt crimina, ne toto conspiret corpore regnum. Gildonis taceo magna cum laude receptam perfidiam et fretos Eoo robore Mauros. quae suscepta fames, quantum discriminis urbi, ni tua vel soceri numquam non provida virtus Australem Arctois pensasset frugibus annum! invectae Rhodani Tiberina per ostia classes Cinyphiisque ferax Araris successit aristis. Teutonicus vomer Pyrenaeique iuvenci sudavere mihi; segetes mirantur Hiberas horrea; nec Libyae senserunt damna rebellis iam transalpina contenti messe Quirites. ille quidem solvit meritas (scit Thabraca) poenas, ut pereat quicumque tuis conflixerit armis. ecce repens isdem clades a partibus exit terrorisque minus, sed plus habitura pudoris, Eutropius consul. pridem tolerare fatemur hoc genus, Arsacio postquam se regia fastu sustulit et nostros corrupit Parthia mores. praefecti sed adhuc gemmis vestique dabantur custodes sacroque adhibere silentia somno. militia eunuchi numquam progressa cubili, non vita spondente fidem, sed inertia tutum

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Niederringen der Pikten sicher ist –: Ich genieße es vielmehr, dass der Franke unterwürfig und der Suebe niedergeschlagen vor meinen Füssen liegen, [395] und sehe, Germanenbezwinger, dass der Rhein uns gehört. Doch was soll ich tun? Der abtrünnige Osten neidet uns die glücklichen Leistungen und von diesem anderen Angelpunkt der Sonne her erheben sich die Verbrechen, damit das Reich nur nicht in seinem ganzen Körper einig sei. Ich schweige von Gildos Verrat, der dort mit großem Lob aufgenommen worden ist, [400] und dass sich die Mauren auf die Kraft des Ostens verlassen konnten. Welchen Hunger hätten wir auf uns nehmen müssen, wieviel Gefahr hätte der Stadt gedroht, wenn nicht deine oder auch des Schwiegervaters stets umsichtige Tatkraft die Jahreslieferung aus dem Süden mit Getreide aus dem Norden ausgeglichen hätte! Die Flotten von der Rhône sind durch die Mündung des Tibers gefahren, [405] und die fruchtbare Saône hat Ersatz für die afrikanischen Ähren geliefert. Der Pflug der Germanen und die Stiere der Pyrenäen haben für mich geschwitzt; meine Scheunen wundern sich über spanische Saatfrucht; schon waren die Quiriten zufrieden mit der Ernte von jenseits der Alpen und spürten den Verlust des aufständischen Libyen gar nicht mehr. [410] Dieser aber ‒ Zeuge ist Thabraca ‒ hat die verdiente Strafe erlitten, so wie jeder zugrunde gehen soll, der gegen deine Waffen kämpft. Schau, wie plötzlich aus derselben Weltgegend das Unheil hervorkommt, das zwar weniger Schrecken, doch mehr Schande mit sich bringen wird – Eutropius als Konsul! Ich gebe es zu, schon lange ertrage ich [415] diesen Menschenschlag, seitdem sich der Hof mit dem Hochmut der Arsakiden erhoben und Parthien unsere Sitten verdorben hat. Doch bislang wurden sie nur als Präfekten über Edelsteine, als Garde für den Kleiderschrank und als Wächter des kaiserlichen Schlafs eingesetzt. Der Staatsdienst des Eunuchen ist niemals aus dem Schlafgemach herausgekommen, [420] nicht weil ihre Lebensweise Vertrauen einflößte, sondern

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mentis pignus erat. secreta monilia servent, ornatus curent Tyrios: a fronte recedant imperii. tenero tractari pectore nescit publica maiestas. numquam vel in aequore puppim vidimus eunuchi clavo parere magistri. nos adeo sperni faciles, orbisque carina vilior? Auroram sane, quae talia ferre gaudet, et adsuetas sceptris muliebribus urbes possideant: quid belligeram communibus urunt Italiam maculis nocituraque probra severis admiscent populis? peregrina piacula forti pellantur longe Latio nec transeat Alpes dedecus; in solis, quibus extitit, haereat arvis. scribat Halys, scribat famae contemptor Orontes: per te perque tuos obtestor Roma triumphos, nesciat hoc Thybris, numquam poscentibus olim qui dare Dentatis annos Fabiisque solebat. Martius eunuchi repetet suffragia campus? Aemilios inter servatoresque Camillos Eutropius? iam Chrysogonis tua, Brute, potestas Narcissisque datur? natos hoc dedere poenae profuit et misero civem praeponere patri? hoc mihi Ianiculo positis Etruria castris quaesiit et tantum fluvio Porsenna remotus? hoc meruit vel ponte Cocles vel Mucius igne? visceribus frustra castum Lucretia ferrum mersit et attonitum tranavit Cloelia Thybrim?

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weil ihre Trägheit ein sicheres Unterpfand für ihre Geisteshaltung war. Sollen sie die versteckten Halsbänder bewachen und sich um tyrische Prunkgewänder kümmern, sich aber bloß vom Staatsdienst in vorderster Reihe fernhalten! Öffentliche Autorität kann nicht von Weichlingen ausgeübt werden. Nie haben wir auch nur gesehen, dass auf dem Meer ein Schiff [425] dem Ruder eines kastrierten Steuermannes gehorcht. Sind wir so leicht zu verachten, ist die Welt weniger wert als ein Schiff? Sollen sie meinetwegen den Osten, der dergleichen gern erträgt, und die Städte, die an das Szepter von Frauen gewöhnt sind, besitzen: Warum quälen sie das kriegerische Italien, indem sie es mit gemeinsamen [430] Schandflecken brandmarken, und warum ziehen sie sittenstrenge Völker noch in ihren gefährlichen Ehrverlust hinein? Fremde Verbrechen sollen weit vom tapferen Latium abgehalten werden und die Schande soll die Alpen nicht überqueren; nur auf den Äckern soll sie bleiben, aus denen sie hervorgewachsen ist. Sollen ihn der Halys und der Orontes, unbesorgt um seinen Ruf, in den Staatskalender einschreiben: [435] Ich, Roma, beschwöre dich bei deinem Leben und deinen Triumphen, der Tiber soll das nicht erfahren müssen, der die Jahrestitel einst Leuten wie Dentatus und Fabius gab, ohne dass sie sich darum beworben hätten. Wird das Marsfeld die Wahl eines Eunuchen bestätigen? Wird Eutropius unter Männer wie Aemilius und Camillus, den Retter des Vaterlands, eingereiht werden? [440] Wird deine Amtsgewalt, Brutus, dann bald Leuten wie Chrysogonus und Narcissus übertragen? Das war der Lohn dafür, seine Söhne zu strafen und Bürgerpflicht über väterlichen Schmerz zu stellen? Das hat mir der Sieg über Etrurien eingebracht, als das Lager auf dem Janiculus errichtet war, und der Kampf gegen Porsenna, der nur durch den Fluss von uns getrennt war? [445] Das hat an der Brücke Cocles und Mucius mit dem Feuer verdient? Hat Lucretia vergebens den Dolch, der ihre Ehre rettete, in ihren Leib gestoßen und Cloelia vergebens den erstaunten Tiber durchschwommen? Die Rutenbündel, die

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Eutropio fasces adservabantur adempti Tarquiniis? quemcumque meae vexere curules, laxato veniat socium aversatus Averno. inpensi sacris, Decii, prorumpite bustis Torquatique truces animosaque pauperis umbra Fabricii tuque o, qui forte inferna piorum iugera et Elysias scindis, Serrane, novales. Poeno Scipiadae, Poeno praeclare Lutati, Sicania Marcelle ferox, gens Claudia, surgas et Curii series; et, qui sub iure negasti vivere Caesareo, parvo procede sepulchro, Eutropium passure Cato; remeate tenebris, agmina Brutorum Corvinorumque catervae. eunuchi vestros habitus, insignia sumunt ambigui Romana mares; rapuere tremendas Hannibali Pyrrhoque togas; flabella perosi adspirant trabeis; iam non umbracula gestant virginibus, Latias ausi vibrare secures. linquite femineas, infelix turba, latebras, alter quos pepulit sexus nec suscipit alter, execti Veneris stimulos et vulnere casti, mixta duplex aetas inter puerumque senemque nil medium; falsi, conplete sedilia, patres, ite, novi proceres, infecundoque senatu Eutropium stipate ducem; celebrate tribunal pro thalamis, verso iam discite more curules, non matrum pilenta sequi.

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wir den Tarquiniern abgenommen hatten, wurden also für Eutropius bereitgehalten? Wen immer mein kurulischer Sessel getragen hat, [450] für den soll sich die Unterwelt wieder auftun, und er soll kommen und diesen Amtsgenossen zurückweisen! O ihr opferbereiten Decier, brecht eure Gräber auf, auch ihr grimmigen Torquatier, wackerer Schatten des armen Fabricius, und du Serranus, der du jetzt wohl das Ackerland der frommen Seelen in der Unterwelt und das Brachland im Elysium durchpflügst! [455] Erheben sollt ihr euch, Scipiaden, und du, Lutatius, beide berühmt durch den Sieg über den Punier, Marcellus, wilder Bezwinger Siziliens, du Geschlecht der Claudier und ihr Nachkommen des Curius; auch du, Cato, komme aus deinem bescheidenen Grab hervor, der du unter der Herrschaft Caesars nicht leben wolltest, um nun Eutropius zu ertragen; kommt aus den Dunkel zurück, [460] ihr Scharen von Männern wie Brutus und Corvinus! Eunuchen übernehmen nun eure Tracht, Kreaturen von zweifelhafter Männlichkeit die römischen Insignien; sie haben die Togen, vor denen sich ein Hannibal und ein Pyrrhus fürchten musste, an sich gerissen; jetzt haben sie ihre Fächer satt und machen sich Hoffnungen auf das Gewand des Konsuls; sie tragen den Mädchen nicht mehr ihre Sonnenschirme [465] und wagen es, Latiums Beile zu schwingen. Unglückselige Schar, verlasst eure Verstecke bei den Frauen, die ihr vom einen Geschlecht verstoßen und vom anderen nicht anerkannt wurdet, denen man die Triebe der Venus herausgeschnitten hat und die ihr nur wegen eurer Verstümmelung keusch seid, die ihr zwei Lebensalter in euch vereint, ohne dass zwischen Knabenund Greisenalter [470] etwas läge; ihr falschen »Väter«, füllt die Senatsbänke aus, geht als ein neues »Adelsgeschlecht« und umdrängt in steriler Senatsversammlung euren Anführer Eutropius; füllt statt der Schlafgemächer das Tribunal an, ändert jetzt eure Gewohnheit und lernt, dem Amtssessel und nicht den Kutschen der Matronen zu folgen.

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ne prisca revolvam neu numerem quantis iniuria mille per annos fit retro ducibus, quanti foedabitur aevi canities, unam subeant quot saecula culpam, inter Arinthaei fastos et nomen erile servus erit dominoque suos aequalis honores inseret. heu semper Ptolemaei noxia mundo mancipia! en alio laedor graviore Pothino et patior maius Phario scelus. ille cruorem consulis unius Pellaeis ensibus hausit: inquinat hic omnes. si nil privata movebunt, at tu principibus, vestrae tu prospice causae regalesque averte notas. hunc accipit unum aula magistratum; vobis patribusque recurrit hic alternus honos. in crimen euntibus annis parce, quater consul! contagia fascibus, oro, defendas ignava tuis neu tradita libris nomina vestitusque meos, quibus omne quod ambit Oceanus domui, tanta caligine mergi calcarique sinas. nam quae iam bella geramus mollibus auspiciis? quae iam conubia prolem vel frugem latura seges? quid fertile terris, quid plenum sterili possit sub consule nasci? eunuchi si iura dabunt legesque tenebunt, ducant pensa viri mutatoque ordine rerum vivat Amazonio confusa licentia ritu. quid trahor ulterius? Stilicho, quid vincere differs,

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Um nicht die alten Zeiten aufzurollen [475] und aufzuzählen, welch großen Heerführern in den letzten tausend Jahren Unrecht geschieht, welche Traditionsreihe würdig ergrauter Männer mit Schmutz überzogen wird, wie viele Zeitalter diese eine Schuld auf sich nehmen müssen, will ich nur Folgendes sagen: In den Konsularfasten, die Arinthaeus – den Namen seines Herren – erwähnen, wird der Sklave stehen und gleichberechtigt seine Ehrentitel zu denen seines Herren [480] stellen. Ach, immer bringen die Sklaven des Ptolemaios Unheil über die Welt! Schau, ich werde von einem anderen, schlimmeren Potheinos gequält, und ich muss ein Verbrechen erdulden, das noch größer ist als das von Pharos. Jener hat das Blut eines einzigen Konsuls mit seinem ägyptischen Schwert vergossen, dieser aber besudelt alle Konsuln. Wenn dich aber das, was nicht zum Hof gehört, nicht bewegen sollte, [485] so sorge dich doch wenigstens um die Kaiser, also um eure Sache, und wehre den Makel vom Herrscherhaus ab. Nur dieses öffentliche Amt nimmt der Kaiser an; euch und den Senatoren kommt diese Ehre abwechselnd zu. Hab doch als vierfacher Konsul Mitleid mit den Jahren, die sich diesem Vorwurf aussetzen! Verhindere es bitte, dass Eutropius deine Rutenbündel [490] mit seiner Schlaffheit ansteckt, und lass es nicht zu, dass die Namen, die schon in den Büchern stehen, und mein Gewand, mit dem ich alles bezwungen habe, was der Oceanus umströmt, in so großer Dunkelheit versinken und mit Füßen getreten werden. Denn welche Kriege sollen wir jetzt führen unter den Auspizien eines Unmannes? Welche Ehe wird da Nachkommen, [495] welche Saat Frucht bringen? Was könnte auf Erden fruchtbar und in Fülle wachsen, wenn ein Unfruchtbarer Konsul ist? Wenn die Eunuchen Gesetze geben und das Recht in Händen halten, dann sollen Männer die Wolle spinnen, die Weltordnung soll sich umkehren und aberwitzige Willkür soll sich wie bei den Amazonen ausleben. [500] Warum lasse ich mich noch weiter hinreißen? Stilicho, warum schiebst du in deiner Scham über den bevorstehenden

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dum certare pudet? nescis quod turpior hostis laetitia maiore cadit? piratica Magnum erigit, inlustrat servilis laurea Crassum. adnuis. agnosco fremitum, quo palluit Hebrus, quo Mauri Gildoque ruit. quid Martia signa sollicitas? non est iaculis hastisve petendus: conscia succumbent audito verbere terga, ut Scytha post multos rediens exercitus annos, cum sibi servilis pro finibus obvia pubes iret et arceret dominos tellure reversos, armatam ostensis aciem fudere flagellis: notus ab inceptis ignobile reppulit horror vulgus et adductus sub verbere torpuit ensis.’

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Kampf den Sieg auf? Weißt du nicht, dass ein Feind, je schändlicher er ist, umso größere Freude bei seinem Fall auslöst? Der Lorbeer aus den Piratenkriegen erhebt Pompeius Magnus, der aus den Sklavenkriegen verherrlicht Crassus. Du nickst mir zu. Jetzt vernehme ich wieder dein Zornesgrollen, vor dem der Hebros erblasste [505] und die Mauren und Gildo zu Boden sanken. Warum setzt du Kriegsstandarten in Bewegung? So einen muss man nicht mit Wurfspießen und Lanzen angreifen: Wenn sein Rücken das Peitschenknallen vernimmt, so weiß er Bescheid und wird niedersinken. So wie auch das skythische Heer bei seiner Rückkehr nach vielen Jahren, als die Sklavenschar ihm vor der Grenze [510] entgegentrat und die heimgekehrten Herren von ihrem Land fernhielt, die bewaffnete Schlachtreihe allein damit in die Flucht schlug, dass es ihr die Peitschen zeigte: Die altbekannte Furcht hielt das unwürdige Pack von der Verwirklichung seiner Unternehmung ab, und das schon gezückte Schwert regte sich nicht mehr unter den Schlägen.«

19 In Eutropium libri alterius praefatio Qui modo sublimes rerum flectebat habenas patricius, rursum verbera nota timet et solitos tardae passurus compedis orbes in dominos vanas luget abisse minas. culmine deiectum vitae Fortuna priori reddidit insano iam satiata ioco. scindere nunc alia meditatur ligna securi fascibus et tandem vapulat ipse suis. inlatas consul poenas se consule solvit: annus qui trabeas hic dedit exilium. infaustum populis in se quoque vertitur omen; saevit in auctorem prodigiosus honos. abluto penitus respirant nomine fasti maturamque luem sanior aula vomit. dissimulant socii coniuratique recedunt; procumbunt pariter cum duce tota cohors, non acie victi, non obsidione subacti, ne pereant ritu quo periere viri. concidit exiguae dementia vulnere chartae; confecit saevum littera Martis opus. mollis feminea detruditur arce tyrannus et thalamo pulsus perdidit imperium: sic iuvenis nutante fide veterique reducta paelice defletam linquit amica domum. canitiem largo raram de pulvere turpat et lacrimis rugas inplet anile gemens,

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19 Invektive gegen Eutropius: Vorrede zum zweiten Buch Er, der eben noch als patricius die erhabenen Zügel der Welt lenkte, fürchtet nun wieder die altbekannten Schläge, er wird wieder die gewohnten Ringe der hemmenden Fessel ertragen müssen, und es schmerzt ihn, dass die Drohungen gegen seine Herren erfolglos waren. [5] Fortuna, des tollen Spiels schon satt, hat ihn vom Gipfel gestürzt und seinem früheren Leben zurückgegeben. Jetzt beschäftigt er sich damit, Holz mit einem anderen Beil zu spalten, jetzt endlich wird er selbst von seinen Rutenbündeln geprügelt. Die Strafen, die er als Konsul verteilt hat, büßt er noch als Konsul ab, [10] und das Jahr, das ihm den Staatsmantel verliehen hatte, hat ihm auch das Exil gegeben. Das Unglücksomen gegen die Völker richtet sich nun auch gegen ihn selbst; der unselige Ehrentitel bringt seinem Träger Unheil. Der Staatskalender atmet nun, wo sein Name ausgetilgt ist, wieder tief auf, und der wieder genesene Palast speit das ausgereifte Gift aus. [15] Seine Gefährten verleugnen ihn und die Verbündeten lassen ihn im Stich; zusammen mit ihrem Anführer fällt die ganze Truppe nieder, nicht in der Schlacht besiegt oder durch Belagerung unterworfen, damit sie nur nicht wie echte Männer den Tod fände. Der Wahnsinn ist in sich zusammengestürzt, verwundet von einem kleinen Stück Papier; [20] ein Brief hat die grausame Kriegstat vollbracht. Der weichliche Tyrann wird aus der Frauenfestung vertrieben und hat, aus dem Schlafzimmer verjagt, seine Befehlsgewalt verloren: So verlässt auch die Freundin unter Tränen das Haus, weil der Jüngling in seiner Treue schwankt und die frühere Geliebte wieder Aufnahme fand. [25] Das spärliche graue Haar besudelt er mit viel Staub, er jammert wie ein Greis und füllt seine Runzeln mit Tränen, auf Knien bittend liegt er an den geweihten Altären hin-

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suppliciterque pias humilis prostratus ad aras mitigat iratas voce tremente nurus. innumeri glomerantur eri sibi quisque petentes mancipium solis utile suppliciis. quamvis foedus enim mentemque obscaenior ore, ira dabit pretium; poena meretur emi. quas, spado, nunc terras aut quem transibis in axem? cingeris hinc odiis, inde recessit amor. utraque te gemino sub sidere regia damnat; Hesperius numquam, iam nec Eous eris. miror cur, aliis qui pandere fata solebas, ad propriam cladem, caeca Sibylla, taces. iam tibi nulla videt fallax insomnia Nilus, pervigilant vates nec, miserande, tui. quid soror? audebit tecum conscendere puppim et veniet longum per mare fida comes? an fortasse toros eunuchi pauperis odit et te nunc inopem dives amare negat? eunuchi iugulum primus secuisse fateris; sed tamen exemplo non feriere tuo. vive pudor fatis. en quem tremuere tot urbes! en cuius populi sustinuere iugum! direptas quid plangis opes, quas natus habebit? non aliter poteras principis esse pater. inprobe, quid pulsas muliebribus astra querellis, quod tibi sub Cypri litore parta quies? omnia barbarico per te concussa tumultu; crede mihi, terra tutius aequor erit. iam non Armenios iaculis terrebis et arcu, per campos volucrem non agitabis equum.

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gestreckt und besänftigt mit zitternder Stimme zornige Frauen. Zahllos umdrängen ihn seine Herren, ein jeder verlangt nach dem Sklaven, [30] der nur mehr zur Bestrafung taugt. Obwohl er nämlich hässlich und innerlich noch ekelhafter als äußerlich ist, so wird der Zorn doch den Preis in die Höhe treiben; um ihn bestrafen zu dürfen, lohnt sich der Kauf. In welches Land, Eunuch, oder in welche Himmelsgegend wirst du jetzt gehen? Hier bist du von Zorn umgeben, dort ist dir die Zuneigung geschwunden. [35] Beide Kaiserhöfe, im Osten und im Westen, verurteilen dich; nie hast du zum Westen gehört – und jetzt nicht einmal mehr zum Osten. Ich frage mich, warum du, der du doch für andere die Zukunft weissagen konntest, bei deinem eigenen Unglück schweigst, du blinde Sibylle. Der trügerische Nil sieht keine Traumbilder mehr für dich [40] und deine Seher wachen nicht mehr für dich, Unglücklicher. Was ist mit deiner Schwester? Wird sie es wagen, mit dir das Schiff zu besteigen und wird sie als treue Begleiterin über das weite Meer fahren? Oder hasst sie womöglich das Bett eines verarmten Eunuchen und verweigert in ihrem Reichtum dir Mittellosem ihre Liebe? [45] Du gestehst offen, dass du damit angefangen hast, dass man einem Eunuchen die Kehle durchschneidet, aber du wirst nicht nach deinem eigenen Beispiel getötet werden. Lebe weiter, um das Schicksal zu beschämen. Schaut, vor wem so viele Städte gezittert haben! Seht, wessen Joch die Völker ertragen haben! Was klagst du über die entrissenen Reichtümer, die nun dein »Sohn« haben wird? [50] Anders konntest du ja nicht Vater eines Kaisers sein. Unverschämter, was bestürmst du die Gestirne mit deinem weibischen Klagen, weil du am Strand von Zypern nun deine Ruhe gefunden hast? Alles ist auf dein Wirken hin im Barbarensturm erschüttert worden: Glaub mir, sicherer als das Land wird für dich das Meer sein. [55] Schon wirst du nicht mehr die Armenier mit Speer und Bogen erschrecken und das dahinfliegende Pferd über die Felder treiben. Der Senat von Byzanz hat auf ein geliebtes Antlitz Verzicht getan; die

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dilecto caruit Byzantius ore senatus; curia consiliis aestuat orba tuis. emeritam suspende togam, suspende pharetram; ad Veneris partes ingeniumque redi. non bene Gradivo lenonia dextera servit; suscipiet famulum te Cytherea libens. insula laeta choris, blandorum mater Amorum, nulla pudicitiae cura placere potest. prospectant Paphiae celsa de rupe puellae sollicitae, salvam dum ferat unda ratem. sed vereor, teneant ne te Tritones in alto lascivas doctum fallere Nereidas, aut idem cupiant pelago te mergere venti, Gildonis nuper qui tenuere fugam. incluta captivo memoratur Thabraca Mauro; naufragio Cypros sit memoranda tuo. vecturum moriens frustra delphina vocabis; ad terram solos devehit ille viros. quisquis adhuc similes eunuchus tendit in actus, respiciens Cypron desinat esse ferox.

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Kurie treibt es nun unruhig hin und her, wo sie deinen Rat nicht mehr hat. Hänge die ausgediente Toga und den Köcher an den Nagel; [60] kehre zurück zur Venus und zu der Betätigung, die dir liegt. Die Hand eines Kupplers leistet Mars keinen guten Dienst; gern aber wird dich Venus als Diener annehmen. Eine im Reigentanz schwelgende Insel, die Mutter der reizenden Eroten und kein Gedanke an Anstand und Ehre, das könnte dir doch gefallen! [65] Vom hohen Felsen halten die zyprischen Mädchen aufgeregt Ausschau, bis die Welle das Schiff wohlbehalten heranträgt. Doch fürchte ich, dass die Tritonen dich auf hoher See zurückhalten, weil du so gut darin bist, die ausgelassenen Nereiden zu täuschen, oder dass dich dieselben Winde im Meer versenken wollen, [70] die kürzlich erst die Flucht Gildos aufgehalten haben. An Thabraca, berühmt durch den gefangenen Mauren, erinnert man sich noch; Zypern soll wegen deines Schiffbruchs denkwürdig sein. Vergebens wirst du im Sterben den Delphin anrufen, damit er dich forttrage: Der trägt nämlich nur Männer ans Land. [75] Jeder Eunuch, der sich noch zu derlei Taten versteigt, soll an Zypern denken und seine kühnen Pläne lassen.

20 In Eutropium liber alter Mygdonii cineres et si quid restat Eoi, quod pereat, regni, certae non augure falso prodigii patuere minae, frustraque peracto vulnere monstriferi praesagia discitis anni. cautior ante tamen violentum navita Corum prospicit et tumidae subducit vela procellae. quid iuvat errorem mersa iam puppe fateri? quid lacrimae delicta levant? stant omina vestri consulis; inmotis haesere piacula fatis. tum decuit sentire nefas, tunc ire recentes detersum maculas. veteri post obruta morbo corpora Paeonias nequiquam admoveris herbas. ulcera possessis alte suffusa medullis non leviore manu, ferro sanantur et igni, ne coeat frustra mox eruptura cicatrix. ad vivum penetrant flammae, quo funditus umor defluat et vacuis corrupto sanguine venis arescat fons ipse mali; truncantur et artus, ut liceat reliquis securum degere membris. at vos egregie purgatam creditis aulam, Eutropium si Cypros habet? vindictaque mundi semivir exul erit? quis vos lustrare valebit Oceanus? tantum facinus quae diluet aetas?

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20 Invektive gegen Eutropius: Zweites Buch Widerstand der Natur: Eutropius als zu spät behandelte Krankheit Du Asche Phrygiens, und falls noch etwas vom Ostreich verblieben ist, um unterzugehen: Zweifelsfrei und ohne, dass sich ein Seher noch darüber hätte täuschen können, ist offen zutage getreten, was das Vorzeichen angedroht hatte, und vergebens erkennt ihr jetzt, da die Wunde erlitten wurde, worauf das Jahr der Unheilszeichen vorausgedeutet hatte. [5] Wachsamer ahnt der Schiffer dagegen den gewaltsamen Nordwind voraus und refft die Segel vor dem angeschwollenen Sturm. Was hilft es, seinen Fehler zu bekennen, wenn das Schiff schon untergegangen ist? Welche Linderung können Tränen für die Verfehlungen bringen? Worauf euer Konsul als Vorzeichen vorauswies, steht unabänderlich fest; die Schuld bleibt bestehen, weil das Schicksal nicht abgewendet werden kann. [10] Damals hättet ihr euren Frevel bemerken, damals euch daranmachen müssen, die Schandflecke, als sie noch frisch waren, abzuwaschen. Gegen eine alte Krankheit wendet man, wenn sie den Körper schon ganz befallen hat, päonische Kräuter wohl vergebens an. Geschwüre, die bis tief unter das befallene Mark eingedrungen sind, heilt man nicht mit leichter Hand, sondern mit Eisen und Feuer, [15] damit sich die Narbe nicht vergebens schließt, um dann doch bald darauf wieder aufzubrechen. Flammen dringen tief ins Fleisch vor, damit der Saft gründlich abfließe und die Quelle des Übels selbst versiege, wenn die Adern das verdorbene Blut ausgeschieden haben; man schneidet ja auch Gliedmaßen ab, damit die übrigen Körperteile ohne Gefahr fortbestehen können. [20] Ihr hingegen glaubt, der Kaiserpalast sei bestens gereinigt, wenn Zypern den Eutropius festhält? Ist das schon genug Rache für die Welt, wenn der Halbmann ins Exil geschickt ist? Welcher Ozean wird euch entsühnen können? Welche Zeitspanne wird ein so gewaltiges Unrecht reinwaschen?

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induerat necdum trabeas: mugitus ab axe redditur inferno, rabies arcana cavernas vibrat et alterno confligunt culmina lapsu. bacchatus per operta tremor Calchedona movit, pronus et in geminas nutavit Bosporos urbes. concurrere freti fauces, radice revulsa vitant instabilem rursum Symplegada nautae. scilicet haec Stygiae praemittunt signa sorores et sibi iam tradi populos hoc consule gaudent. mox oritur diversa lues: hinc Mulciber ignes sparserat, hinc victa proruperat obice Nereus. haec flagrant, haec tecta natant. quam, numina, poenam servatis sceleri, cuius tot cladibus omen constitit? incumbas utinam, Neptune, tridenti pollutumque solum toto cum crimine mergas! unam pro mundo Furiis concedimus urbem. utque semel patuit monstris iter, omnia tempus nacta suum properant nasci: tum decolor imber infantumque novi vultus et dissona partu semina, tum lapidum fletus armentaque vulgo ausa loqui mediisque ferae se credere muris, tum vates sine more rapi lymphataque passim pectora terrifici stimulis ignescere Phoebi. fac nullos cecinisse deos: adeone retusi quisquam cordis erit, dubitet, qui partibus illis adfore fatalem castrati consulis annum?

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Naturkatastrophen und missachtete Vorzeichen Und er hatte noch kaum das Staatskleid angelegt, da ertönte aus der Unterwelt ein Grollen, [25] ein unsichtbares Wüten erschütterte die Höhlen, und die Häuser stürzten übereinander zusammen. Ein unterirdisch tobendes Beben versetzte Kalchedon in Bewegung und die Wasser des Bosporos fluteten jäh gegen die Doppelstadt. Die Meeresengen schlossen sich [30] und die Seeleute mieden die Symplegaden, die sich wieder ohne Verbindung zum Meeresgrund unstet bewegten. Diese Zeichen schickten zweifellos die stygischen Schwestern voraus und freuten sich schon, dass ihnen unter diesem Konsul ganze Völkerscharen ausgeliefert würden. Bald entstanden ganz verschiedene Katastrophen: Aus der einen Richtung hatte Vulcanus Feuer gespien, aus der anderen war Nereus hervorgestürzt, indem er die Dämme überwand. [35] Die einen Häuser brannten, die anderen schwammen im Wasser. Welche Strafe, ihr Götter, haltet ihr für ein Verbrechen noch bereit, das schon durch so viel Verderben angekündigt wurde? Ach, nähmst du doch deinen Dreizack zur Hand, Neptun, und überschwemmtest den besudelten Erdboden mitsamt seiner ganzen Schuld! Die eine Stadt überlassen wir den Furien stellvertretend für die ganze Welt. [40] Und sobald die bösen Vorzeichen einmal freie Bahn hatten, sahen sie alle ihre Zeit gekommen und zogen eilig auf: Bald verfärbte sich der Regen, die Neugeborenen hatten sonderbares Aussehen und die Nachkommen unterschieden sich bei der Geburt von dem, was man gezeugt hatte; bald flossen Tränen aus den Steinen, überall wagte das Vieh zu sprechen, und die wilden Tiere trauten sich mitten in die Stadt; [45] bald ließen sich auch die Seher in ungewohnter Weise hinreißen, und in Ekstase wurden sie allenthalben vom schreckenerregenden Apoll entflammt. Auch wenn die Götter nicht geweissagt hätten: Könnte jemand so abgestumpft sein und daran zweifeln, dass für jene Gebiete das Amtsjahr eines kastrierten Konsuls Unheil bringen würde? [50] Aber

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sed quam caecus inest vitiis amor! omne futurum despicitur suadentque brevem praesentia fructum et ruit in vetitum damni secura libido, dum mora supplicii lucro, serumque, quod instat, creditur. haud equidem contra tot signa Camillo detulerim fasces, nedum (pro sexus!) inerti mancipio, cui, cuncta licet responsa iuberent hortantesque licet sponderent prospera divi, turpe fuit cessisse viros.

exquirite retro crimina continui lectis annalibus aevi, prisca recensitis evolvite saecula fastis: quid senis infandi Capreae, quid scaena Neronis tale ferunt? spado Romuleo succinctus amictu sedit in Augustis laribus. vulgata patebat aula salutantum studiis; huc plebe senatus permixta trepidique duces omnisque potestas confluit. advolvi genibus, contingere dextram ambitus, et votum deformibus oscula rugis figere. praesidium legum genitorque vocatur principis et famulum dignatur regia patrem. posteritas, admitte fidem: monumenta petuntur dedecoris multisque gemunt incudibus aera formatura nefas. haec iudicis, illa togati, haec nitet armati species; numerosus ubique fulget eques; praefert eunuchi curia vultus. ac veluti caveant, ne quo consistere virtus

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wie blind ist die Liebe zu den eigenen Fehlern! Alles Kommende wird ausgeblendet, das Gegenwärtige rät zu kurzem Genuss, und unbesorgt um den Schaden stürzt sich die Leidenschaft auf das Verbotene, solange der Aufschub der Bestrafung noch als Gewinn gilt und man damit rechnet, dass die bevorstehende Strafe erst spät erfolgen wird. Ich wollte nicht einmal einem Camillus die Rutenbündel gegen so viele Vorzeichen übertragen, [55] geschweige denn einem kraftlosen Sklaven ‒ Schande über dieses Ungeschlecht! Selbst wenn alle Orakel dazu aufforderten und die Götter mahnend Segen davon versprächen, wäre es eine Schande für die Männer, ihm den Platz zu räumen. Ehrenbezeugungen für den Eunuchen, der von seiner Schwester unterstützt wird Studiert die Annalen und durchforscht die Verbrechen im ganzen Lauf der Geschichte; [60] schaut die Staatskalender durch und schlagt die alten Zeiten auf: Was kann Capri, die Insel des unsäglichen Greises, Vergleichbares berichten, oder Neros Bühne? Der Eunuch saß gehüllt in den Mantel des Romulus im Hause des Kaisers. Der Palast wurde dem Pöbel übergeben und stand den Anliegen der Klienten offen; hierher strömten sie zusammen, der Senat, vermischt mit dem Volk, [65] die zitternden Heerführer und alle Amtsträger. Sich ihm auf Knien zu nähern und die Rechte zu berühren, darin bestand ihr Ehrgeiz; ihr Wunsch war es, die hässlichen Runzeln zu küssen. Er wurde »Schutz der Gesetze« und »Vater des Kaisers« genannt, und der Hof ehrte den Sklaven als »Vater«. [70] Glaubt es, ihr späteren Generationen: Man verlangte nach Denkmälern dieser Schande, und das Erz, das den Frevel darstellen sollte, ächzte auf zahlreichen Ambossen. Das eine Bildnis zeigte ihn glänzend im Richtergewand, das andere in der Toga, ein drittes dann in Kriegstracht; überall erstrahlte auf unzähligen Münzen der Ritter; das Senatsgebäude zeigte vorne das Antlitz des Eunuchen. [75] Und so als ob sie darauf achteten, dass reine

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possit pura loco, cunctas hoc ore laborant incestare vias. maneant inmota precamur certaque perpetui sint argumenta pudoris. subter adulantes tituli nimiaeque leguntur vel maribus laudes: claro quod nobilis ortu (cum vivant domini?), quod maxima proelia solus inpleat (et patitur miles?), quod tertius urbis conditor (hoc Byzas Constantinusque videbunt?). inter quae tumidus leno producere cenas in lucem, fetere mero, dispergere plausum empturas in vulgus opes, totosque theatris indulgere dies alieni prodigus auri. at soror et, si quid portentis creditur, uxor mulcebat matres epulis et more pudicae coniugis eunuchi celebrabat vota mariti. hanc amat, hanc summa de re vel pace vel armis consulit, huic curas et clausa palatia mandat ceu stabulum vacuamque domum. sic magna tueri regna nihil, patiensque iugi deluditur orbis?

mitior alternum Zephyri iam bruma teporem senserat et primi laxabant germina flores, iamque iter in gremio pacis sollemne parabant ad muros, Ancyra, tuos, auctore repertum Eutropio, pelagi ne taedia longa subirent, sed vaga lascivis flueret discursibus aestas; unde tamen tanta sublimes mole redibant

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Mannestugend nirgendwo mehr Platz finde, waren sie bestrebt, alle Straßen mit diesem Gesicht zu besudeln. All das soll bitte unverändert bleiben und als Beweis für die ewige Schande dienen! Am Sockel liest man schmeichlerische Aufschriften [80] und Lobsprüche, die auch bei wirklichen Männern übertrieben wären: Dass er aufgrund seiner berühmten Abstammung adlig sei (obwohl seine Herren noch leben?), dass er allein die größten Schlachten schlagen könne (und die Soldaten nehmen das hin?), dass er der dritte Gründer der Stadt sei (das werden Byzas und Konstantin mit ansehen?). Währenddessen dehnte der aufgeblasene Kuppler die Gastmähler [85] bis zum Tagesanbruch aus, stank vor Wein, streute Geld, das ihm Beifall einbringen sollte, unters Volk, saß ganze Tage im Theater und verprasste anderer Menschen Gold. Seine Schwester aber und auch Gattin ‒ wenn man einer solchen Monstrosität Glauben schenkt ‒ beschwichtigte die Mütter mit Gastmählern und feierte nach Art einer sittsamen [90] Ehefrau die Hochzeit mit ihrem Eunuchengatten. Sie liebte er, sie befragte er in den wichtigsten Angelegenheiten, im Frieden oder im Krieg, ihr übertrug er die Geschäfte und überließ ihr den Palast, zu dem niemand Zutritt hatte, wie einen Stall oder ein leeres Haus. So ist es also ein Kinderspiel, wenn man große Reiche beschützen muss? So wird die Welt, die ihr Joch geduldig trägt, genarrt? Mars empört sich vor Bellona und beschließt einen gotischen Aufruhr. [95] Der Winter wurde schon milder und hatte bereits die Wiederkehr des warmen Zephyrwinds gespürt, die ersten Blumen begannen zu sprossen, und man schickte sich schon an, im sicheren Schoß des Friedens die festliche Reise zu deinen Mauern, Ancyra, zu unternehmen, was auf einen Einfall des Eutropius zurückging, damit sie nicht das langweilige Einerlei des Meeres belästigte [100] und der Sommer stattdessen leicht mit Vergnügungsfahrten dahingehe; freilich kamen sie von dort mit einer so großen Menschenmenge stolz erhoben zurück, als schleppten sie die Meder

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ceu vinctos traherent Medos Indumque bibissent. ecce autem flavis Gradivus ab usque Gelonis arva cruentato repetebat Thracia curru: subsidunt Pangaea rotis altaeque sonoro stridunt axe nives. ut vertice constitit Haemi femineasque togas pressis conspexit habenis, subrisit crudele pater cristisque micantem quassavit galeam; tunc inplacabile numen Bellonam adloquitur, quae sanguine sordida vestem Illyricis pingues pectebat stragibus hydros: ‘necdum mollitiae, necdum, germana, mederi possumus Eoae? numquam corrupta rigescent saecula? Cappadocum tepidis Argaeus acervis aestuat; infelix etiamnum pallet Orontes. dum pereunt, meminere mali; si corda parumper respirare sinas, nullo tot funera sensu praetereunt, tantique levis iactura cruoris. aspicis obscaenum facinus? quid crinibus ora protegis? en quales sese diffudit in actus parva quies, quantum nocuerunt otia ferri! qui caruit bellis, eunucho traditur annus. actum de trabeis esset, si partibus una mens foret Hesperiis; rueret derisa vetustas nullaque calcati starent vestigia iuris, ni memor imperii Stilicho morumque priorum turpe relegasset defenso Thybride nomen intactamque novo servasset crimine Romam. ille dedit portum, quo se pulsata referret maiestas Latii deformataeque secures; ille dedit fastos, ad quos Oriente relicto

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gefesselt hinter sich her und als hätten sie vom Indus getrunken. Aber schau: Mars war gerade dabei, auf seinem blutbeschmierten Wagen von den blonden Gelonen auf die thrakischen Gefilde zurückzukehren: [105] Das Pangaiongebirge beugte sich unter den Rädern und der tiefe Schnee knirschte unter dem dröhnenden Wagen. Sowie er auf dem Gipfel des Haimos zu stehen gekommen war, die Zügel angezogen und die Weibertogen erblickt hatte, da lachte der Vater schrecklich auf und schüttelte seinen Helm, auf dem der Busch glänzte; dann sprach er die unversöhnliche Göttin [110] Bellona an, deren Kleid vom Blut beschmutzt war und die gerade ihr Schlangenhaar kämmte, das sich am illyrischen Blutvergießen fett gefressen hatte: »Können wir etwa die Verweichlichung des Ostens immer noch nicht heilen, Schwester – immer noch nicht? Wird das verdorbene Zeitalter niemals wieder zur Härte gelangen? Der Argaios ist erhitzt vom warmen Blut der Kappadokierscharen; [115] bleich ist immer noch der unglückliche Orontes. Solange sie am Rand des Abgrunds stehen, wissen sie um das Übel; wenn du sie kurz nur verschnaufen lässt, dann vergessen sie ohne Besinnung all die Leichen, und der Verlust von so viel Blut wiegt gering für sie. Siehst du diesen ekelhaften Frevel? Was birgst du dein Gesicht in deinem Haar? [120] Schau, zu welchen Taten die kurze Ruhe geführt hat, welchen großen Schaden die Waffenpause angerichtet hat! Das Jahr ohne Krieg wird einem Eunuchen überlassen. Um das Amt des Konsuls wäre es geschehen, wenn der hesperische Reichsteil gleichen Sinnes wäre; dann verginge die alte Würde in Spott [125] und keine Spur mehr bliebe von dem geschundenen Recht, wenn nicht Stilicho im Gedanken an das Reich und an die Sitten der Ahnen den Tiber verteidigt, den schändlichen Namen verbannt, Rom aber unbehelligt von dem unerhörten Frevel gelassen und so gerettet hätte. Er sorgte für einen Hafen, in den sich die vertriebene [130] Hoheit Latiums und die entehrten Amtsbeile zurückziehen konnten; er verschaffte uns einen Amtskalender, in

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confugeret sparsum maculis servilibus Aevum. quam similes haec aula viros! ad moenia visus derige: num saltem tacita formidine mussant? num damnant animo? plaudentem cerne senatum et Byzantinos proceres Graiosque Quirites. o patribus plebes, o digni consule patres! quid, quod et armati cessant et nulla virilis inter tot gladios sexum reminiscitur ira? hucine nostrorum cinctus abiere nepotum? sic Bruti despectus honos? ignosce parenti, Romule, quod serus temeratis fascibus ultor advenio: iamiam largis haec gaudia faxo conpensent lacrimis. quid dudum inflare moraris Tartaream, Bellona, tubam, quid stringere falcem, qua populos a stirpe metis? molire tumultus, excute delicias. Thracum Macetumque ruinae taedet et in gentes iterum saevire sepultas: damna minus consueta movent. trans aequora saevas verte faces; aliis exordia sume rapinis. non tibi Riphaeis hostis quaerendus ab oris, non per Caucaseas accito turbine valles est opus. Ostrogothis colitur mixtisque Gruthungis Phryx ager: hos parvae poterunt inpellere causae in scelus; ad mores facilis natura reverti. sic eat: in nostro quando iam milite robur torpuit et molli didicit parere magistro,

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dem die mit dem Makel des Sklaven befleckte Zeit Zuflucht finden konnte, indem sie den Osten aufgab. Wie gleichen sich doch an diesem Hof die Männer, die er hat! Schau auf die Stadtmauern: Murren sie wenigstens in stummer Furcht? [135] Verurteilen sie etwa in ihrem Inneren dieses Treiben? Schau dir den applaudierenden Senat an, den byzantinischen Adel und die griechischen Quiriten. O ein Volk, das solcher Väter würdig ist ‒ Väter, die eines solchen Konsuls würdig sind! Was soll man noch dazu sagen, dass auch die Waffenträger resignieren und kein zorniger Mann sich inmitten so vieler Schwerter an sein Geschlecht erinnert? [140] Soweit ist das Bewusstsein für die Würde des Staatskleids bei unseren Enkeln geschwunden? So verachtet ist das ehrenvolle Amt eines Brutus? Romulus, verzeih deinem Vater, dass ich so spät erst als Rächer für die entweihten Rutenbündel komme: Schon bald will ich dafür sorgen, dass sie mir diesen Spaß mit Strömen von Tränen aufwiegen. Was zögerst du so lange, Bellona, [145] die Höllentrompete zu blasen und deine Sense zu schwingen, mit der du die Völker mit Stumpf und Stiel niedermähst? Tritt den Aufruhr los, mach dem Vergnügen ein Ende! Ich habe keine Lust mehr, Thraker und Makedonen zu vernichten und noch einmal gegen Völker zu wüten, die ich schon ins Grab gebracht habe: Mich reizt die Vernichtung, die noch nicht zur Routine geworden ist. Streck deine wilden Fackeln über das Meer hin; [150] fang neue Raubzüge an! Du musst dir keinen Feind im riphäischen Gebirge suchen, du musst keinen Sturm in den Tälern des Kaukasus entfachen. Das Gebiet Phrygiens bewohnen die Ostgoten und mitten unter ihnen die Greutungen: Schon geringfügige Anlässe werden sie [155] zu einem Übergriff veranlassen können; leicht kehrt ihre Natur wieder zur alten Gewohnheit zurück. So soll es gehen: Da bei unseren Soldaten alle Kraft erlahmt ist und sie gelernt haben, dem Befehl eines weibischen Generals zu gehorchen, sollen die Völker, die aus dem

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vindicet Arctous violatas advena leges; barbara Romano succurrant arma pudori.’ sic fatus clipeo, quantum vix ipse deorum arbiter infesto cum percutit aegida nimbo, intonuit. responsat Athos Haemusque remugit; ingeminat raucum Rhodope concussa fragorem. cornua cana gelu mirantibus extulit undis Hebrus et exanguem glacie timor alligat Histrum. tunc adamante gravem nodisque rigentibus hastam, telum ingens nullique deo iaculabile, torsit. fit late ruptis via nubibus; illa per auras tot freta, tot montes uno contenta volatu transilit et Phrygiae mediis affigitur arvis. sensit humus; gemuit Nysaeo palmite felix Hermus et aurata Pactolus inhorruit urna totaque summissis fleverunt Dindyma silvis.

nec dea praemissae stridorem segnius hastae consequitur, centumque vias meditata nocendi tandem Tarbigilum (Geticae dux inprobus alae hic erat) adgreditur. viso tum forte redibat Eutropio vacuus donis, feritasque dolore creverat et, teneris etiam quae crimina suadet ingeniis, Scythicum pectus flammabat egestas. huic sese vultu simulatae coniugis offert mentitoque ferox incedit barbara gressu, carbaseos induta sinus: post terga reductas uberibus propior mordebat fibula vestes, inque orbem tereti mitra redeunte capillum

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Norden kommen, die entehrte Verfassung rächen; Barbarenwaffen sollen der römischen Schande abhelfen.« [160] So sprach er und ließ mit seinem Schild einen Donner hören, wie ihn selbst der Herr über die Götter kaum hervorbringt, wenn er im Regensturm gegen seine Aigis schlägt. Der Athos antwortete und der Haimos brüllte zurück; das Rhodopegebirge wurde erschüttert und warf das dumpfe Grollen als Echo zurück. Der Hebros hatte seine vom Eis grauen Hörner aus den staunenden Wogen erhoben [165] und Furcht ließ den frostig bleichen Hister erstarren. Dann schleuderte er die mit Stahl und groben Knoten beschwerte Lanze, ein gewaltiges Geschoss, das kein anderer Gott hätte werfen können. Die Wolken zerrissen und weit öffnete sich die Bahn; sie flog durch die Lüfte über so viele Meere und so viele Berge in nur einem Zug [170] und schlug zuletzt mitten im Gebiet Phrygiens auf. Die Erde spürte es. Hermos, mit dem Weinstock des Dionysos gesegnet, jammerte auf, Paktolos mit seinem goldenen Wasserkrug erschauderte, und der ganze Dindymos senkte die Äste seiner Wälder und weinte. Bellona stachelt den Gotenführer Tarbigilus zur Erhebung an. Nicht weniger rasch folgte die Göttin dem Sausen der vorausgeschickten Lanze, [175] überdachte hundert Arten des Schadenstiftens und wandte sich zuletzt an Tarbigilus – dieser war der verwegene Anführer einer gotischen Schwadron. Er kehrte damals eben von einem Besuch bei Eutropius zurück, ohne Geschenke erhalten zu haben; seine Wildheit war durch die Enttäuschung noch gewachsen und die Not, die auch zarte Gemüter zu Verbrechen veranlasst, [180] entflammte die skythische Brust. Bellona verwandelte sich, zeigte sich ihm in der Gestalt seiner Gattin und schritt mit vorgetäuschtem Gang wie eine wilde Barbarin dahin, bekleidet mit Gewändern aus Leinen: Dicht an der Brust hielt eine Fibel das Gewand, das über den Rücken gezogen war, zusammen, [185] das Haar hatte sie mit einer feinen Kopfbinde zusam-

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strinxerat et virides flavescere iusserat angues. advolat ac niveis reducem conplectitur ulnis infunditque animo furiale per oscula virus. principe quam largo veniat, quas inde reportet divitias, astu rabiem motura requirit. ille iter ingratum, vanos deflere labores, quos super eunuchi fastus, quae probra tulisset. continuo secat ungue genas et tempore pandit arrepto gemitus: ‘i nunc, devotus aratris scinde solum positoque tuos mucrone sodales ad rastros sudare doce. bene rura Gruthungus excolet et certo disponet sidere vites. felices aliae, quas debellata maritis oppida, quas magnis quaesitae viribus ornant exuviae, quibus Argivae pulchraeque ministrant Thessalides, famulas et quae meruere Lacaenas. me nimium timido, nimium iunxere remisso fata viro, totum qui degener exuit Histrum, qui refugit patriae ritus, quem detinet aequi gloria, concessoque cupit vixisse colonus quam dominus rapto. quid pulchra vocabula pigris praetentas vitiis? probitatis inertia nomen, iustitiae formido subit. tolerabis iniquam pauperiem cum tela geras? et flebis inultus cum pateant tantae nullis custodibus urbes? quippe metus poenae. pridem mos ille vigebat, ut meritos colerent inpacatisque rebelles urgerent odiis; at nunc, qui foedera rumpit, ditatur, qui servat, eget. vastator Achivae

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mengefasst, die sich zu einem Kreis schloss, und dem grünen Schlangenhaar hatte sie befohlen, blonde Farbe anzunehmen. Sie eilte herbei, schloss den Heimkehrenden in ihre schneeweißen Arme und flößte ihm mit Küssen das Gift der Raserei ein. Sie fragte ihn, wie freigebig der Herr war, von dem er komme, und welche Reichtümer er von dort mitbringe, [190] um auf diese Weise listig seinen Zorn zu wecken. Er klagte bitter über die erfolglose Reise, die vergeblichen Anstrengungen und darüber, welchen Hochmut er dazu von dem Eunuchen, welche Vorwürfe er hatte ertragen müssen. Sogleich zerkratzte sie ihre Wangen mit den Fingernägeln, ergriff die Gelegenheit und jammerte unverhohlen: »Dann geh, durchackere ergeben als biederer Pflüger [195] den Boden, leg das Schwert nieder und bring deinen Männern bei, bei der Hacke zu schwitzen. Gut wird es sein, dass die Greutungen ihr Land bebauen und zur rechten Zeit den Wein pflanzen. Glücklich sind die anderen Frauen, denen die von ihren Ehemännern besiegten Städte und die mit großer Anstrengung erbeuteten [200] Rüstungen Ehre einbringen, denen Argiverinnen und schöne Thessalierinnen dienen, und die sich Spartanerinnen als Sklavinnen verdient haben. Mich hat das Schicksal mit einem allzu furchtsamen, einem allzu schlaffen Mann verbunden, der aus der Art geschlagen ist und alles abgelegt hat, was vom Hister kommt, der die Sitten seiner Heimat flieht, den sein Ruhm als gerechter Mann zurückhält [205] und der lieber als Bauer von Zuweisungen leben will statt als Herr vom Raub. Was kleidest du deine träge Verderbtheit in hübsche Worte? Untätigkeit heißt jetzt Anstand, Furcht Gerechtigkeit. Wirst du unverdiente Armut erdulden, obwohl du doch Waffen trägst? Und wirst du ohne Rache jammern, [210] obwohl so gewaltige Städte ohne Wächter offen vor dir liegen? Versteht sich, du hast eben Angst vor Strafe. Früher verfuhr man gewöhnlich so, dass man verdiente Männer ehrte und Aufrührer mit unerbittlichem Hass verfolgte; jetzt hingegen wird zum reichen Mann, wer Bündnisse bricht – wer sie bewahrt, lebt in

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gentis et Epirum nuper populatus inultam praesidet Illyrico; iam, quos obsedit, amicus ingreditur muros illis responsa daturus, quorum coniugibus potitur natosque peremit. sic hostes punire solent, haec praemia solvunt excidiis. cunctaris adhuc numerumque tuorum respicis exiguamque manum? tu rumpe quietem; bella dabunt socios. nec te tam prona monerem, si contra paterere viros: nunc alter in armis sexus et eunuchis se defensoribus orbis credidit; hos aquilae Romanaque signa secuntur. incipe barbaricae tandem te reddere vitae, te quoque iam timeant admirenturque nocentem, quem sprevere pium. spoliis praedaque repletus cum libeat Romanus eris.’ sic fata repente in diram se vertit avem rostroque recurvo turpis et infernis tenebris obscurior alas auspicium veteri sedit ferale sepulchro. ille, pavor postquam resoluto corde quievit et rigidae sedere comae, non distulit atrox iussa deae; sociis, quae viderit, ordine pandit inritatque sequi. coniurat barbara pubes nacta ducem Latiisque palam descivit ab armis.

pars Phrygiae, Scythicis quaecumque Trionibus alget proxima, Bithynos, solem quae condit, Ionas,

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Armut. Er, der das achivische [215] Volk vernichtet und neulich erst Epirus geplündert hat, ohne dass jemand dagegen vorgegangen wäre, er steht nun an der Spitze Illyriens; schon betritt er als Freund die Mauern, die er belagert hat, um über diejenigen Recht zu sprechen, deren Gattinnen er sich nimmt und deren Kinder er getötet hat. So pflegen sie jetzt ihre Feinde zu strafen, diesen Lohn zahlen sie [220] für das Morden. Du zögerst noch und grübelst über die geringe Zahl deiner Männer nach? Beende die Ruhe gewaltsam; der Krieg wird dir schon Verbündete schaffen. Und ich würde dich nicht so nachdrücklich ermahnen, wenn es gegen Männer ginge: Jetzt aber steht das andere Geschlecht in Waffen, und die Welt hat sich Eunuchen zum Schutz [225] anvertraut; denen folgen jetzt Legionsadler und römische Standarten. Fang nun endlich wieder an, das Leben eines Barbaren zu führen; auch dich sollen sie bald fürchten und als Schadenstifter bewundern, den sie als treuen Verbündeten verachtet haben. Mit Beutestücken und Raubgut beladen wirst du dann wieder ein Römer sein, wenn du magst.« Nach diesen Worten verwandelte sie sich plötzlich [230] in einen Unglücksvogel; grässlich anzusehen mit ihrem gebogenen Schnabel und mit Flügeln, dunkler als die Schatten der Hölle, setzte sie sich als Vorzeichen für nahen Tod auf ein altes Grab. Aber als die Furcht nachließ, er sich wieder gefasst und die zu Berge stehenden Haare sich wieder niedergelegt hatten, wartete der Scheußliche nicht länger, [235] die Befehle der Göttin zu erfüllen. Der Reihe nach eröffnete er seinen Gefährten das, was er gesehen hatte, und drängte sie, ihm zu folgen. Kaum hatte die Barbarentruppe ihren Anführer, da verschwor sie sich schon und fiel offen von den Truppen Latiums ab. Der Schauplatz des Aufruhrs: Phrygien, das Land der Kybele Phrygien grenzt dort, wo es in unmittelbarer Nähe zum skythischen Bärengestirn die Kälte spürt, an das Gebiet der Bithynier, dort, wo es die Sonne untergehen lässt, an das Land der Ionier,

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quae levat, attingit Galatas. utrimque propinqui finibus obliquis Lydi, Pisidaeque feroces continuant Australe latus. gens una fuere tot quondam populi, priscum cognomen et unum appellata Phryges (sed quid non longa valebit permutare dies?), dicti post Maeona regem Maeones. Aegaeos insedit Graecia portus; Thyni Thraces arant, quae nunc Bithynia fertur; nuper ab Oceano Gallorum exercitus ingens illis ante vagus tandem regionibus haesit gaesaque deposuit, Graio iam mitis amictu, pro Rheno poturus Halyn. dat cuncta vetustas principium Phrygibus; nec rex Aegyptius ultra restitit, humani postquam puer uberis expers in Phrygiam primum laxavit murmura vocem. hic cecidit Lyciis iactata paludibus olim tibia, foedatam cum reddidit unda Minervam, hic et Apollinea victus testudine pastor suspensa memores inlustrat pelle Celaenas. quattuor hic magnis procedunt fontibus amnes auriferi; nec miror aquas radiare metallo, quae totiens lavere Midan. diversus ad Austrum cursus et Arctoum fluviis mare. Dindyma fundunt Sangarium, vitrei puro qui gurgite Galli auctus Amazonii defertur ad ostia Ponti. Icarium pelagus Mycalaeaque litora iuncti Marsya Maeanderque petunt. sed Marsya velox, dum suus est, flexuque carens; iam flumine mixtus mollitur, Maeandre, tuo, contraria passus

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[240] und dort, wo es sie aufsteigen lässt, an das der Galater. Auf beiden Seiten wohnen, mit schrägen Grenzen, als Nachbarn die Lyder, und an der Südgrenze anschließend die wilden Pisider. Einst war diese Vielzahl von Stämmen e i n Volk, mit e i n e m ehrwürdigen Namen »Phryger« genannt ‒ aber was kann die lange [245] Zeit nicht alles verändern? ‒, und nach dem Tod des Königs Maion bezeichnete man sie als »Maionier«. Griechen besetzten die Häfen der Ägäis; thrakische Thynier pflügen das Land, das man jetzt Bithynien nennt. In jüngerer Zeit wurde ein gewaltiges Heer von Galliern, das zuvor frei umherzog, vom Atlantik kommend endlich in jenem Gebiet sesshaft, [250] es legte seine Wurfspieße nieder, kleidete sich, schon fügsam geworden, in griechische Mäntel, um nun statt des Rheins das Wasser des Halys zu trinken. In der ganzen Menschheitsgeschichte gelten die Phryger als das älteste Volk. Und auch der König von Ägypten stellte sich nicht länger gegen diese Einsicht, nachdem ein Kind, das keine menschliche Brust genährt hatte, seine ersten Worte zuerst in phrygischer Sprache hören ließ. [255] Hier fiel die Flöte nieder, die einst in den Sümpfen des Lykos weggeschleudert wurde, als das Wasser ein hässliches Spiegelbild der Minerva zeigte, hier verhilft auch der Hirte, vom Leierspiel Apollos besiegt, Kelainai ‒ die Stadt erinnert sich noch gut! ‒ mit seiner aufgehängten Haut zu Berühmtheit. Vier goldführende Flüsse entspringen hier aus gewaltigen Quellen; [260] und ich wundere mich nicht, dass das Wasser metallisch glänzt, das so oft den Midas gewaschen hat. Der Lauf der Flüsse teilt sich nach Süden und ins nördliche Meer. Der Berg Dindyma lässt den Sangarios hervorquellen, der, um die reine Flut des glasklaren Gallos bereichert, seiner Mündung im Schwarzen Meer zufließt, wo die Amazonen wohnen. [265] Marsyas und Mäander streben vereint dem ikarischen Meer und dem Strand von Mykale zu; doch ist der Marsyas schnell, solange er sich selbst gehört, und kennt keine Krümmungen. Wenn er sich aber mit deinen Wassern, Mäander, vermischt, so wird er weich und erfährt damit genau

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quam Rhodano stimulatus Arar: quos inter aprica planities Cererique favet densisque ligatur vitibus et glaucae fructus attollit olivae, dives equis, felix pecoris pretiosaque picto marmore purpureis caedunt quod Synnada venis.

talem tum Phrygiam Geticis populatibus uri permisere dei. securas barbarus urbes inrupit facilesque capi. spes nulla salutis, nulla fugae: putribus iam propugnacula saxis longo corruerant aevo pacisque senecta. interea gelidae secretis rupibus Idae dum sedet et thiasos spectat de more Cybele Curetumque alacres ad tympana suscitat enses, aurea sanctarum decus inmortale comarum defluxit capiti turris summoque volutus vertice crinalis violatur pulvere murus. obstipuere truces omen Corybantes et uno fixa metu tacitas presserunt orgia buxos. indoluit genetrix, tum sic commota profatur: ‘hoc mihi iam pridem Lachesis grandaeva canebat augurium: Phrygiae casus venisse supremos delapsus testatur apex. heu sanguine qualis ibit Sangarius quantasque cadavera lenti Maeandri passura moras! inmobilis haeret terminus, haec dudum nato placuere Tonanti, par et finitimis luctus frustraque Lyaei non defensuros inplorat Lydia thyrsos.

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das Gegenteil zur Saône, welche die Rhône noch antreibt. Zwischen beiden Flüssen liegt eine sonnenbeschienene [270] Ebene, die günstig für Getreideanbau ist, auf der sich die Weinstöcke dicht aneinanderreihen, und welche die Früchte der bläulichen Olive emporwachsen lässt, reich an Pferden und Vieh und kostbar wegen ihres bunten Marmors mit purpurnen Adern, den die Bewohner von Synnada schlagen. Kybeles unheilvolle Prophezeiung So war Phrygien damals, als es die Götter den gotischen Räubern zur Verwüstung [275] preisgaben. Barbaren fielen in Städte ein, die sich in Sicherheit wähnten und leicht einzunehmen waren. Es gab keine Hoffnung mehr auf Rettung oder Flucht: Nach der langen Zeit und während des uralten Friedens hatten die Befestigungsanlagen schon Risse bekommen und waren zusammengestürzt. Während unterdessen Kybele in den abgeschiedenen Felsschluchten des kalten Idagebirges [280] saß, wie gewohnt die Reigentänze betrachtete und die tanzenden Schwerter der Kureten mit Trommelklängen anfeuerte, da fiel ihr die goldene Turmkrone vom Kopf, der unsterbliche Schmuck ihrer heiligen Haare, und der Mauerkranz, der sich hoch oben um ihren Scheitel zog, wurde vom Staub entweiht. [285] Die wilden Korybanten erstarrten bei diesem Zeichen, im allgemeinen Schrecken wurde die Feier beendet und die Buchsbaumflöten verstummten. Schmerzlich berührte es die Göttermutter, dann sprach sie bewegt: »Die folgende Weissagung gab mir schon vor langer Zeit die uralte Lachesis: Dass nämlich die letzten Tage Phrygiens gekommen seien, [290] das zeigt die herabgefallene Krone an. Ach, wie wird der Sangarios vor Blut strömen und wie langsam werden die Leichen im trägen Mäander treiben müssen! Der Zeitpunkt ist unverrückbar, das hat mein Sohn Jupiter schon vor langer Zeit so beschlossen, ein gleiches Elend haben auch die Nachbarn auszustehen und vergebens [295] beschwört Lydien die Thyrsosstäbe des

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iamque vale, Phrygiae tellus, perituraque flammis moenia, conspicuas quae nunc attollitis arces, mox campi nudumque solum! dilecta valete flumina! non vestris ultra bacchabor in antris nec iuga sulcabit noster Berecynthia currus.’ dixit et ad tristes convertit tympana planctus. labentem patriam sacris ululatibus Attis personat et lacrimis torvi maduere leones.

Eutropius, nequeat quamvis metuenda taceri clades et trepidus vulgaverit omnia rumor, ignorare tamen fingit regnique ruinas dissimulat; parvam latronum errare catervam, ad sontes tormenta magis quam tela parari, nec duce frangendas iactat, sed iudice vires: vasta velut Libyae venantum vocibus ales cum premitur, calidas cursu transmittit harenas inque modum veli sinuatis flamine pinnis pulverulenta volat; si iam vestigia retro clara sonent, oblita fugae stat lumine clauso (ridendum!) revoluta caput creditque latere quem non ipsa videt. furtim tamen ardua mittit cum donis promissa novis, si forte rogatus desinat. ille semel nota dulcedine praedae se famulo servire negat, nec grata timentum munera. militiam nullam nec prima superbus

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Dionysos, die sie nicht beschützen können. Lebt nun wohl, du phrygisches Land und ihr Mauern, die ihr in Flammen untergehen werdet, jetzt aber noch die von überall sichtbaren Festungen emporragen lasst ‒ bald nur mehr Feld und nackter Erdboden! Lebt wohl, geliebte Flüsse! In euren Grotten werde ich nicht weiter umherschwärmen [300] und unser Wagen wird keine Furchen mehr auf den berekynthischen Bergen ziehen.« So sprach sie und stimmte mit ihren Trommeln Trauertöne an. Attis erfüllte die untergehende Heimat mit heiligem Heulen und über die grimmigen Löwen strömten feuchte Tränen. Eutropius reagiert auf den Aufstand. Obwohl das schreckliche Unglück nicht verschwiegen werden konnte [305] und das Gerücht voller Bangen alles schon verbreitet hatte, stellte sich Eutropius dennoch unwissend und verheimlichte den Untergang des Reichs; ständig sprach er davon, dass nur eine kleine Räuberbande umherzöge, dass man eher Folterinstrumente als Kriegsgerät für die Verbrecher vorbereite, und dass ihre Gewalt nicht von einem Feldherrn, sondern von einem Richter zu brechen sei: [310] So wie wenn der riesige libysche Vogel von den Stimmen der Jäger bedrängt über den heißen Sand läuft und Staub aufwirbelnd dahinfliegt, wobei sich seine Federn wie ein Segel im Wind aufbauschen; wenn aber von hinten die Fußtritte deutlich zu vernehmen sind, dann vergisst er die Flucht, bleibt mit geschlossenen Augen stehen, [315] versteckt seinen Kopf (wie lächerlich!) und glaubt sich vor dem zu verbergen, den er selbst nicht mehr sieht. Dennoch machte Eutropius heimlich großartige Versprechen mit neuartigen Geschenken, falls jener mit sich reden ließe und von seinen Plänen ablasse. Der aber schlug es ab, einem Knecht zu dienen, sowie er einmal Vergnügen an seinem Beutezug gefasst hatte, und Geschenke von Eingeschüchterten fanden keine Gunst bei ihm. [320] In seinem Stolz hielt er kein militärisches

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cingula dignari: nam quis non consule tali vilis honos?

postquam precibus mitescere nullis, non auro cessisse videt creberque recurrit nuntius incassum nec spes iam foederis extat, tandem consilium belli confessus agendi ad sua tecta vocat. iuvenes venere protervi lascivique senes, quibus est insignis edendi gloria corruptasque dapes variasse decorum, qui ventrem invitant pretio traduntque palato sidereas Iunonis aves et si qua loquendi gnara coloratis viridis defertur ab Indis, quaesitos trans regna cibos, quorumque profundam ingluviem non Aegaeus, non alta Propontis, non freta longinquis Maeotia piscibus explent. vestis odoratae studium, laus maxima risum per vanos movisse sales, minimeque viriles munditiae, compti vultus, onerique vel ipsa Serica. si Chunus feriat, si Sarmata portas, solliciti scaenae; Romam contemnere sueti mirarique suas, quas Bosporos adluit, aedes; saltandi dociles aurigarumque periti. pars humili de plebe duces; pars compede suras cruraque signati nigro liventia ferro iura regunt, facies quamvis inscripta repugnet

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Amt und keine Führungsstellung für seiner würdig: Welche Ehre wäre nämlich unter einem solchen Konsul nicht völlig wertlos? Ein skurriler Kriegsrat Als Eutropius nun sah, dass dieser durch keine Bitten milde gestimmt werden konnte und auf kein Goldgeschenk einging, und als die Boten häufig unverrichteter Dinge zurückkamen und keine Hoffnung mehr auf eine vertragliche Einigung bestand, [325] da gab er schließlich die Bedrohung zu und berief den Kriegsrat in seinen Palast. Es kamen dreiste junge Männer und zügellose Greise, die ihre höchste Ehre in der Haute Cuisine sahen, und für die es eine Auszeichnung bedeutete, bei dekadenten Gastmählern für Abwechslung zu sorgen, die mit kostbaren Speisen den Magen kitzelten und dem Gaumen [330] den sterngeschmückten Vogel der Juno oder einen sprechenden grünen Papagei vorsetzten, falls so einer gerade vom Land der dunkelhäutigen Inder herbeigebracht wurde ‒ Delikatessen, die von außerhalb des Reichs eingeführt wurden; und ihren unermesslichen Schlund füllte nicht das Ägäische Meer, nicht die tiefe Propontis, auch nicht die Maiotis mit ihren exotischen Fischen aus. [335] Ihr Ehrgeiz galt parfümierten Kleidern, höchstes Lob fand, wer durch belanglosen Witz Gelächter erregen konnte, ihr gepflegtes Äußeres war in keiner Weise männlich, die Gesichter waren gepflegt, und noch ihre Seidengewänder lasteten schwer auf ihnen. Ob nun der Hunne oder der Sarmate gegen die Tore stürmte, sie kümmerten sich um das Theater; es war ihnen schon zur Gewohnheit geworden, Rom zu verachten [340] und die eigenen Paläste, die der Bosporos benetzt, zu bewundern, gelehrig im Tanz und Fachmänner, was die Wagenlenker betrifft. Ein Teil von ihnen hatte militärische Kommandos inne, obwohl sie aus den untersten Schichten stammten, ein anderer Teil war noch an den Waden von den Fesseln und an den blaugeschlagenen Beinen von den schwarzen Eisenketten gezeichnet, und sie waren doch Herren über das Gesetz, obwohl ihr

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seque suo prodat titulo. sed prima potestas Eutropium praefert, Hosio subnixa secundo. dulcior hic sane cunctis prudensque movendi iuris et admoto qui temperet omnia fumo, fervidus, accensam sed qui bene decoquat iram. considunt apices gemini dicionis Eoae, hic cocus, hic leno, defossi verbere terga, servitio, non arte pares, hic saepius emptus, alter ad Hispanos nutritus verna penates. ergo ubi collecti proceres, qui rebus in artis consulerent tantisque darent solacia morbis, obliti subito Phrygiae belloque relicto ad solitos coepere iocos et iurgia circi tendere. nequiquam magna confligitur ira, quis melius vibrata puer vertigine molli membra rotet, verrat quis marmora crine supino, quis magis enodes laterum detorqueat arcus, quis voci digitos, oculos quis moribus aptet. hi tragicos meminere modos; his fabula Tereus, his necdum commissa choro cantatur Agaue. increpat Eutropius: non haec spectacula tempus poscere; nunc alias armorum incumbere curas; se satis Armenio fessum pro limite cingi nec tantis unum subsistere posse periclis;

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gebrandmarktes Gesicht dagegen sprach [345] und sie sich durch die Tätowierung verrieten. Doch wies seine höchste Stellung dem Eutropius den ersten Platz zu, und Hosius stützte ihn an zweiter Stelle. Dieser war freilich noch verzärtelter als alle anderen und verstand sich darauf, die Gesetzessoße zu drehen und zu wenden und alles mit Dampf einzuhüllen und so zu beschwichtigen, einmal aufbrausend, aber dann auch wieder gut darin, die Flammen des Zorns herunterzuköcheln. [350] Die beiden Spitzen des östlichen Reichs setzten sich nieder, hier der Koch, dort der Kuppler, beide mit tief eingegrabenen Narben am Rücken, gleich als ehemalige Sklaven, doch mit unterschiedlichen Fähigkeiten, der eine war des Öfteren angekauft worden, der andere als Kind eines Sklaven in einem spanischen Haushalt aufgezogen worden. Sobald nun also die Vornehmen versammelt waren, die sich in der schwierigen Lage [355] beraten und bei so großem Leid Trost geben sollten, vergaßen sie plötzlich Phrygien, ließen den Krieg beiseite und begannen, sich wieder den gewohnten Späßen und den Parteilichkeiten im Circus zuzuwenden. Ohne zu einem Ergebnis zu kommen, stritten sie sich mit großem Zorn darüber, welcher Knabe nun besser [360] seine Glieder in weicher Drehung emporschleudernd kreisen ließ, wer mit seinem herabhängenden Haar über den Marmorboden kehren konnte, wer die geschmeidigen Biegungen seines Körpers weiter dehnen konnte, wer die Gestik zur Stimme und wer die Mimik dem jeweiligen Charakter anpassen konnte. Die einen hatten Melodien aus Tragödien im Kopf; die anderen sangen den »Tereus«, wieder andere die »Agaue«, die dem Chor noch gar nicht zur Aufführung übergeben worden war. [365] Eutropius wurde laut: Nicht solche Schauspiele erfordere jetzt die Situation; jetzt brächen andere Kriegssorgen über sie ein; es sei ermüdend genug, wenn er sich für die armenische Grenze ins Kriegsgewand kleiden müsse, und als einzelner könne er nicht gegen so große Gefahren Widerstand leisten; sie sollten mit einem

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ignoscant senio, iuvenes ad proelia mittant: qualis pauperibus nutrix invisa puellis adsidet et tela communem quaerere victum rauca monet; festis illae lusisse diebus orant et positis aequaevas visere pensis, irataeque operi iam lasso pollice fila turbant et teneros detergunt stamine fletus. emicat extemplo cunctis trepidantibus audax crassa mole Leo, quem vix Cyclopia solum aequatura fames, quem non ieiuna Celaeno vinceret (hinc nomen fertur meruisse Leonis), acer in absentes, linguae iactator, abundans corporis exiguusque animi, doctissimus artis quondam lanificae, moderator pectinis unci. non alius lanam purgatis sordibus aeque praebuerit calathis, similis nec pinguia quisquam vellera per tenues ferri producere rimas. tunc Aiax erat Eutropii lateque fremebat, non septem vasto quatiens umbone iuvencos, sed, quam perpetuis dapibus pigroque sedili inter anus interque colos oneraverat, alvum. adsurgit tandem, vocemque expromit anhelam: ‘quis novus hic torpor, socii? quonam usque sedemus femineis clausi thalamis patimurque periclum gliscere desidia? graviorum turba malorum texitur, ignavis trahimus dum tempora votis. me petit hic sudor. numquam mea dextera segnis ad ferrum. faveat tantum Tritonia coeptis, inceptum peragetur opus. iam cuncta furore

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Greis Nachsicht haben und junge Männer in die Schlacht schicken: [370] So wie die verhasste Amme armen Mädchen nicht von der Seite weicht und mit rauer Stimme mahnt, den gemeinsamen Lebensunterhalt mit Webarbeit zu verdienen; sie aber bitten, sich an den Festtagen vergnügen, die Wolle weglegen und gleichaltrige Mädchen sehen zu dürfen, und zornig über die Arbeit bringen sie die Fäden mit schon müden Daumen [375] durcheinander und wischen ihre zarten Tränen mit dem Stoff ab. Plötzlich sprang in der allgemeinen Furcht der kühne Leo mit seinem wuchtigen Leib auf: Nur gegen ihn wäre der Kyklopenhunger beinahe unterlegen und die darbende Celaeno hätte ihn nicht übertroffen (das soll ihm auch den Namen Leo eingetragen haben); [380] schroff war er gegen Abwesende, ein Maulheld, von gewaltiger Körper-, doch geringer Geistesgröße, einst ein äußerst geschickter Webkünstler und Lenker des gezackten Kammes. Kein anderer hätte wohl die Wolle, vom Schmutz gereinigt, in gleicher Weise in die Körbe gelegt, keiner hätte so wie er das dicke [385] Vlies durch die dünnen Ritzen des Eisenkamms hindurchgezogen. Damals war er der Ajax des Eutropius und brüllte weithin, doch schüttelte er nicht sieben Stierhäute auf seinem gewaltigen Schild, sondern einen, den er durch unausgesetztes Essen und träges Stillsitzen bei alten Weibern und am Spinnrocken immer schwerer gemacht hatte ‒ seinen Wanst. [390] Schließlich erhob er sich und ließ seine keuchende Stimme vernehmen: »Was ist das für eine ungewohnte Schlaffheit, Freunde? Wie lange wollen wir noch eingeschlossen in Frauengemächer sitzen und zusehen, wie die Gefahr durch Nichtstun um sich greift? Schwere Schandtaten werden in großer Zahl gesponnen, während wir die Zeit mit feigen Hoffnungen in die Länge ziehen. [395] Diese schweißtreibende Aufgabe verlangt nach mir. Nie ist meine rechte Hand träge, wenn sie zum Eisen greifen soll. Wenn nur Pallas meiner Unternehmung ihre Gunst erweist, dann wird das begonnene Pensum vollendet werden. Ich werde den aufgeblasenen Tar-

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qui gravat, efficiam leviorem pondere lanae Tarbigilum tumidum, desertoresque Gruthungos ut miseras populabor oves, et pace relata pristina restituam Phrygias ad stamina matres.’

his dictis iterum sedit; fit plausus et ingens consilii clamor, qualis resonantibus olim exoritur caveis, quotiens crinitus ephebus aut rigidam Nioben aut flentem Troada fingit. protinus excitis iter inremeabile signis arripit infaustoque iubet bubone moveri agmina Mygdonias mox inpletura volucres. pulcher et urbanae cupiens exercitus umbrae, adsiduus ludis, avidus splendere lavacris nec soles imbresve pati multumque priori dispar, sub clipeo Thracum qui ferre pruinas, dum Stilicho regeret, nudoque hiemare sub axe sueverat et duris haurire bipennibus Hebrum. cum duce mutatae vires: Byzantia robur fregit luxuries Ancyranique triumphi. non peditem praecedit eques; non commoda castris eligitur regio; vicibus custodia nullis advigilat vallo; non explorantur eundae vitandaeque viae; nullo se cornua flectunt ordine; confusi passim per opaca vagantur lustra, per ignotas angusto tramite valles. sic vacui rectoris equi, sic orba magistro

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bigilus, der bereits alles mit seinem Wüten beschwert, noch leichter als ein Pfund Wolle machen, die fahnenflüchtigen Greutungen [400] werde ich wie elende Schafe niedermetzeln, und im wiedererlangten Frieden die phrygischen Mütter wie früher an die Webstühle setzen.« Leos unrühmliches Ende im Sumpf Nach diesen Worten setzte er sich wieder hin; man applaudierte und ein gewaltiges Geschrei erhob sich in der Versammlung, so wie es sich für gewöhnlich in den lauten Zuschauerrängen erhebt, wenn ein Jüngling mit langen Haaren [405] die erstarrte Niobe oder die weinende Trojanerin spielt. Sogleich setzte er die Feldzeichen in Bewegung, machte sich eilig auf den Weg, von dem er nicht mehr zurückkehren sollte, und gab den Befehl, beim Unglücksklang des Uhus die Truppen in Bewegung zu setzen, die bald den mygdonischen Vögeln zur Speise dienen sollten. Ein prächtiges Heer war es, gierig nach dem Schatten der Stadt, [410] ständiger Gast bei Zirkusspielen und eifrig beim Posieren im Bad, nicht aber beim Ertragen von Sonnenbrand und Regenguss, ein Gegenstück zu jenem früheren Heer, das unter dem Kommando Stilichos gewohnt gewesen war, vom Schild bedeckt den thrakischen Schnee zu erdulden, unter freiem Himmel zu überwintern und mit harten Axtschlägen den Hebros aufzuhauen, um daraus zu trinken. [415] Zusammen mit dem Anführer waren auch die Kräfte geschwunden: Der Luxus in Byzanz und die »Triumphe« von Ancyra hatten seine Härte gebrochen. Der Reiter ritt nicht vor dem Fußsoldaten her; man suchte sich keine für ein Lager geeignete Gegend mehr; die Wache machte keine Ablösung mehr vor dem Wall; man erkundete nicht mehr, ob die Wege gangbar [420] oder zu meiden waren; ohne Ordnung formierten sich die Heeresflügel; überall schweifte man kreuz und quer durch die finstere Wildnis und durch unbekannte Täler auf engem Pfad umher. So stürzt ein Pferd ohne Reiter, so ein Schiff ohne Steuer-

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fertur in abruptum casu, non sidere puppis, sic ruit in rupes amisso pisce sodali belua, sulcandas qui praevius edocet undas inmensumque pecus parvae moderamine caudae temperat et tanto coniungit foedera monstro: illa natat rationis inops et caeca profundi, iam brevibus deprensa vadis ignara reverti palpitat et vanos scopulis inlidit hiatus. Tarbigilus simulare fugam flatusque Leonis spe nutrire leves, inprovisusque repente, dum gravibus marcent epulis hostique catenas inter vina crepant, largo sopita Lyaeo castra subit. pereunt alii dum membra cubili tarda levant; alii leto iunxere soporem; ast alios vicina palus sine more ruentes excipit et cumulis inmanibus aggerat undas. ipse Leo damma cervoque fugacior ibat sudanti tremebundus equo: qui pondere postquam decidit, inplicitus limo cunctantia pronus per vada reptabat. caeno subnixa tenaci mergitur et pingui suspirat corpore moles, more suis, dapibus quae iam devota futuris turpe gemit, quotiens Hosius mucrone corusco armatur cingitque sinus secumque volutat, quas figat verubus partes, quae frusta calenti mandet aquae quantoque cutem distendat echino: flagrat opus; †crebro pulsatus perstrepit ictu contexit varius penetrans Calchedona nidor. ecce levis frondes a tergo concutit aura: credit tela Leo; valuit pro vulnere terror

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mann zufällig und ohne Lenkung durch die Gestirne in den Abgrund; [425] so rammt auch der Wal die Klippen, wenn er seinen treuen Lotsenfisch verloren hat, der ihm voranschwimmend den Weg durch die Wellen aufzeigt, das gewaltige Vieh mit einem Wink seines winzigen Schwanzes leitet und so seinen Pakt mit dem riesigen Tier schließt: Der Wal aber schwimmt planlos und ohne das Gewässer zu kennen, [430] schon erwischt ihn eine seichte Untiefe, er findet nicht mehr zurück, zuckt und schlägt mit seinem Maul vergeblich auf die Felsen. Tarbigilus täuschte eine Flucht vor, nährte den eitlen Dünkel Leos mit Hoffnungen und griff, als jene vom schweren Essen träge waren und dem Feind [435] beim Wein schon laut mit Ketten drohten, plötzlich und unerwartet das von der ausgiebigen Zecherei schläfrige Lager an. Die einen gingen zugrunde, noch während sie ihre Glieder langsam vom Lager erhoben; andere starben im Schlaf; die letzten schließlich nahm, während sie ungeordnet dahinstürzten, der angrenzende Fluss auf und ließ seine Woge durch die riesigen Leichenhaufen anschwellen. [440] Leo selbst ritt schneller als eine Gemse oder ein Hirsch zitternd auf seinem schwitzenden Pferd. Als ihn sein Gewicht herabwuchtete, blieb er im Schlamm stecken und versuchte, vornüber durch das morastige Gewässer zu kriechen. Sein massiger Körper, der im klebrigen Schlick nach Halt suchte, versank und seufzte unter der Last des fetten Leibes auf [445] wie ein Schwein, das bereits für künftige Gastmähler vorgesehen ist und ein grässliches Quieken vernehmen lässt, sobald sich Hosius mit dem blitzenden Dolch bewaffnet, sein Gewand hochbindet und überlegt, welche Teile er auf den Spieß stecken, welche Brocken er im heißen Wasser sieden und mit wieviel Seeigelfleisch er die Haut ausstopfen solle: [450] Das Werk ist in vollem Gange. † Von zahlreichen Hieben getroffen tobt er; allerlei durchdringende Fettgerüche hingen über Kalchedon. Schau, ein leiser Luftzug raschelt hinter seinem Rücken im Laub: Leo denkt, es wären die Geschosse; der Schrecken wirkte wie eine

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inplevitque vicem iaculi, vitamque nocentem integer et sola formidine saucius efflat. quis tibi tractandos pro pectine, degener, enses, quis solio campum praeponere suasit avito? quam bene texentum laudabas stamina tutus et matutinis pellebas frigora mensis! hic, miserande, iaces; hic, dum tua vellera vitas, tandem fila tibi neverunt ultima Parcae.

iam vaga pallentem densis terroribus aulam fama quatit; stratas acies, deleta canebat agmina, Maeonios foedari caedibus agros, Pamphylos Pisidasque rapi. metuendus ab omni Tarbigilus regione tonat; modo tendere cursum in Galatas, modo Bithynis incumbere fertur. sunt qui per Cilicas rupto descendere Tauro, sunt qui correptis ratibus terraque marique adventare ferant. geminantur vera pavoris ingenio: longe spectari e puppibus urbes accensas, lucere fretum ventoque citatas omnibus in pelago velis haerere favillas. hos inter strepitus funestior advolat alter nuntius: armatam rursus Babylona minari rege novo; resides Parthos ignava perosos otia Romanae finem iam quaerere paci. rarus apud Medos regum cruor, unaque cuncto poena manet generi: quamvis crudelibus aeque

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echte Verwundung und traf ihn wie ein Wurfspieß, und er hauchte sein schlimmes Leben aus, [455] ohne verletzt worden zu sein, und allein von der Furcht geschlagen. Wer hat dich dazu gebracht, du abartiges Scheusal, statt des Webkammes die Schwerter zu ergreifen und das Schlachtfeld dem ererbten Thron vorzuziehen? Wie schön war es, als du einst doch in völliger Sicherheit die aufgezogenen Fäden der Weber gelobt und die Morgenkälte mit einem Frühstück vertrieben hast! [460] Hier liegst du, Elender: Hier haben dir, als du der Wolle entkommen wolltest, endlich doch die Parzen die letzten Fäden gesponnen. Stilicho ist der einzige, der die drohenden Persereinfälle abwenden kann. Schon erschütterten sich ausbreitende Gerüchte den erbleichenden Hofstaat mit ständigen Schreckensmeldungen; man orakelte, dass das Heer niedergeworfen und die Truppen vernichtet seien, dass das Maionierland durch Mordtaten entstellt, [465] die Bewohner von Pamphylien und Pisidien verschleppt worden seien. Die fürchterlichen Nachrichten von Tarbigilus donnern aus allen Richtungen; bald hieß es, er marschiere gegen die Galater, bald, er suche die Bithynier heim. Manche sagten, er habe das Taurusgebirge überwunden und zöge durch Kilikien herab, andere, er habe Schiffe gekapert und käme nun zu Land und zu Meer heran. [470] Die Wahrheit wird durch Angstfantasien noch gesteigert: Von den Schiffen aus sähe man in der Ferne brennende Städte, das Meer leuchte und die herangewehte Flugasche verfange sich auf See in allen Segeln. Bei all dem Lärm traf eine andere, noch unheilvollere [475] Nachricht ein: Babylon habe sich unter einem neuen König wieder bewaffnet und drohe nun; die unbeschäftigten Parther hätten die träge Ruhe satt und suchten bereits nach einem Anlass, den Frieden mit Rom zu beenden. Selten wird bei den Medern königliches Blut vergossen, und ein und dieselbe Strafe trifft die ganze Familie des Mörders: Daher wird allen Herrschern in gleicher Weise ge-

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paretur dominis. sed quid non audeat annus Eutropii? socium nobis fidumque Saporem perculit et Persas in regia vulnera movit rupturasque fidem, leto pars ne qua vacaret, Eumenidum taedas trans flumina Tigridis egit. tum vero cecidere animi tantisque procellis deficiunt. saepti latrantibus undique bellis infensos tandem superos et consulis omen agnovere sui, nec iam revocabile damnum eventu stolidi serum didicere magistro. namque ferunt geminos uno de semine fratres Iapetionidas generis primordia nostri dissimili finxisse manu: quoscumque Prometheus excoluit, multumque intexuit aethera limo, hi longe ventura notant dubiisque parati casibus occurrunt fabro meliore politi. deteriore luto pravus quos edidit auctor, quem merito Grai perhibent Epimethea vates, et nihil aetherii sparsit per membra vigoris, hi pecudum ritu non inpendentia vitant nec res ante vident, accepta clade queruntur et seri transacta gemunt. iam sola renidet in Stilichone salus, et cuius semper acerbum ingratumque sibi factorum conscius horror credidit adventum, quem si procedere tantum Alpibus audissent, mortem poenasque tremebant,

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horcht, mögen sie auch noch so grausam sein. [480] Aber welche Dreistigkeit würde sich das Amtsjahr des Eutropius nicht herausnehmen? Es ließ Sapor ermorden, unseren getreuen Verbündeten, und veranlasste die Perser zum Anschlag auf ihren König, und damit auch wirklich überall gemordet werde, schleuderte es die Fackeln der Eumeniden über die Fluten des Tigris hinaus, auf dass sie jeden Zusammenhalt vernichteten. [485] Da aber verlor man den Mut und gab sich vor den so gewaltigen Anstürmen geschlagen. Auf allen Seiten vom Bellen der Kriege umzingelt, erkannten sie zuletzt den Zorn der Götter und das böse Vorzeichen, das ihr Konsul bedeutete, und die Toren lernten spät – denn der schlimme Ausgang war ihr Lehrmeister –, dass das Verderben nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. [490] Denn man sagt: Zwillingsbrüder, Söhne des Iapetos und beide aus einem Samen entstanden, hätten die ersten Exemplare unserer Gattung auf unterschiedliche Weise geformt. All jene, die Prometheus ausgestattet und bei denen er viel Himmelsgeist in den Schlamm beigemischt hat, bemerken schon von weitem das Künftige und begegnen wohlvorbereitet den ungewissen [495] Schicksalsfällen, weil sie von dem tüchtigeren Handwerker veredelt worden sind. Die hingegen, die der ungeschickte Schöpfer aus schlechterem Schlamm hervorgebracht hat – die griechischen Dichter nennen ihn zurecht Epimetheus –, und bei denen er nichts von der himmlischen Geisteskraft in den Gliedern verteilte, die weichen wie das Vieh nicht dem bevorstehenden Übel aus [500] und sehen die Dinge nicht im Voraus – haben sie dann aber ein Unglück erlitten, so klagen sie und bejammern zu spät das, was bereits vorbei ist. Stilicho war nunmehr der einzige Hoffnungsschimmer, und alle wünschten, dass der komme, dessen Ankunft die Erschrockenen im Bewusstsein des Getanen immer für bitter und unangenehm gehalten hatten und bei dessen auch nur vermeldetem Vorrücken [505] von den Alpen sie vor Tod und Strafe gezittert hatten. Da

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iam cuncti venisse volunt, scelerumque priorum paenitet; hunc tantis bellorum sidus in undis sperant, hunc pariter iusti sontesque precantur: ceu pueri, quibus alta pater trans aequora merces devehit, intenti ludo studiisque soluti laetius amoto passim custode vagantur; si gravis auxilio vacuas invaserit aedes vicinus laribusque suis proturbet inultos, tum demum patrem inplorant et nomen inani voce cient frustraque oculos ad litora tendunt.

omnes supplicio dignos letoque fatentur, qui se tradiderint famulis Stilichone relicto. mutati stupuere diu, sensuque reducto paulatim proprii mirantur monstra furoris avertuntque oculos (proiectis fascibus horret lictor et infames labuntur sponte secures): quales Aonio Thebas de monte reversae Maenades infectis Pentheo sanguine thyrsis, cum patuit venatus atrox matrique rotatum conspexere caput, gressus caligine figunt et rabiem desisse dolent. quin protinus ipsa tendit ad Italiam supplex Aurora potentem, non radiis redimita comam, non flammea vultu nec croceum vestita diem; stat livida luctu, qualis erat, Phrygio tegeret cum Memnona busto. quam simul agnovit Stilicho, nec causa latebat,

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bereuten sie ihre früheren Schandtaten. Auf ihn setzten sie ihre Hoffnungen wie auf ein Gestirn inmitten der gewaltigen Kriegswogen, ihn flehten in gleicher Weise Gerechte und Schuldige an: So wie sich die Knaben, für die der Vater jenseits des tiefen Meeres Waren verkauft, [510] nur um ihre Spiele kümmern und sich von aller ernsthaften Beschäftigung befreit ohne Wächter ausgelassen überall herumtreiben. Wenn aber der böse Nachbar in das schutzlose Haus eindringt und sie ungestraft von ihrem angestammten Besitz vertreibt, dann erst rufen sie nach ihrem Vater, lassen seinen Namen in vergeblichen [515] Schreien ertönen und richten ihren Blick umsonst zum Strand. Aurora bittet Stilicho um Hilfe. Alle sprachen davon, dass sie Strafe und Tod verdient hätten, weil sie Stilicho den Rücken gekehrt und sich den Sklaven anvertraut hätten. Sie waren ganz verändert, konnten es lange kaum fassen, und als sie nach und nach wieder zu Sinnen kamen, wunderten sie sich über ihren eigenen schrecklichen Wahnsinn [520] und wandten die Augen ab; der Liktor warf erschrocken die Fasces hin, und die Beile, deren guter Ruf dahin war, sanken von selbst nieder, so wie sich auch die Mänaden, vom aonischen Berg nach Theben zurückgekehrt, entsetzen, weil ihre Thyrsosstäbe vom Blut des Pentheus gefärbt sind: Wenn ihre grausame Jagd offen zutage tritt und sie erkannt haben, dass die Mutter seinen Kopf im Kreis geschwungen hat, [525] dann gehen sie nur mehr im Schutz der Dunkelheit und empfinden schmerzlich, dass ihre Raserei von ihnen gewichen ist. – Sogleich machte sich sogar Aurora selbst auf zu einem Bittgang ins mächtige Italien, das Haar nicht mehr mit Strahlen umkränzt, ohne Leuchten im Gesicht und nicht mehr ins safranfarbene Morgenrot gekleidet: Sie stand bläulich gezeichnet in Trauer da, [530] so wie damals, als sie Memnon im phrygischen Grab bestattete. Als Stilicho sie erkannte und der Grund ihres Kommens nicht mehr verborgen war, hielt er inne; sie aber um-

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restitit; illa manum victricem amplexa moratur altaque vix lacrimans inter suspiria fatur: ‘tantane te nostri ceperunt taedia mundi? sic me ludibrium famulis risumque relinquis, dux quondam rectorque meus, solamque tueris Hesperiam? domiti nec te post bella tyranni cernere iam licuit? sic te victoria nobis eripuit Gallisque dedit? Rufinus origo prima mali: geminas inter discordia partes hoc auctore fuit. sed iam maiora moventi occurrit iusta rediens exercitus ira, fortis adhuc ferrique memor. brevis inde reluxit falsaque libertas; rursum Stilichonis habenis sperabam me posse regi. pro caeca futuri gaudia! fraterno coniungi coeperat orbis imperio (quis enim tanto terrore recentis exempli paribus sese committeret ausis?), cum subito (monstrosa mihi turpisque relatu fabula) Rufini castratus prosilit heres, et similes iterum luctus Fortuna reduxit, ut solum domini sexum mutasse viderer. hic primum thalami claustris delicta tegebat, clam timideque iubens; erat invidiosa potestas, sed tamen eunuchi, necdum sibi publica iura sumere nec totas audebat vertere leges. sed postquam pulsisque bonis et faece retenta peiores legit socios, dignusque satelles hinc Hosius stetit, inde Leo, fiducia crevit

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fasste die Hand des Siegers, zögerte etwas und sprach dann weinend unter tiefem Seufzen mühsam die folgenden Worte: »Hat dich ein so großer Ekel über meine Welt erfasst? [535] Lässt du mich so zum Gespött und Gelächter der Sklaven zurück, der du einst mein Feldherr und Lenker warst, und schützt du jetzt nur mehr Hesperien? Und nach dem Krieg gegen den Tyrannen, der dir unterlag, durfte ich dich nicht mehr sehen? So hat der Sieg dich uns entrissen und den Galliern gegeben? Rufinus war [540] der erste Anfang des Übels: Auf sein Betreiben hin entstand Zwietracht zwischen beiden Reichsteilen. Doch ihm, der noch Schlimmeres ins Werk setzen wollte, trat in gerechtem Zorn das zurückkehrende Heer entgegen, damals noch tapfer und seiner Waffengewalt bewusst. Von ihm strahlte eine kurze, aber trügerische Freiheitshoffnung auf, und ich hatte bereits die schöne Aussicht, wieder von den Zügeln Stilichos [545] regiert zu werden. Wie blind für das Künftige war doch diese Freude! Die Weltteile hatten gerade begonnen, sich unter der Herrschaft der beiden Brüder zu verbinden (wer würde sich nämlich nach dem gewaltigen Schrecken, den das jüngst vergangene Beispiel eingejagt hatte, zu einer vergleichbar kühnen Tat herbeilassen?), als plötzlich ‒ eine Geschichte, die ungeheuerlich und schrecklich für mich zu erzählen ist! ‒ [550] ein kastrierter Erbe des Rufinus aufsprang und Fortuna noch einmal gleichen Kummer über uns brachte, sodass es schien, dass ich nur das Geschlecht meines Tyrannen verändert hatte. Eutropius verdeckte zuerst seine Schandtaten hinter dem Riegel des Schlafzimmers, indem er seine Befehle nur verstohlen und furchtsam gab; seine Macht war zwar verhasst, [555] doch es war nur die eines Eunuchen, und er wagte es noch nicht, die Amtsautorität im Staat an sich zu nehmen und Gesetze zur Gänze in ihr Gegenteil zu verkehren. Doch nachdem er sich – alle Guten waren bereits vertrieben und nur mehr der Bodensatz war übrig – noch üblere Spießgesellen ausgesucht hatte und ihm hier Hosius als würdiger Helfer, dort Leo zur Seite stand, da wuchs seine Zu-

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regnandique palam flagravit aperta libido. patricius consul maculat quos vendit honores; plus maculat quos ipse gerit. iam signa tubaeque mollescunt; ipsos ignavia fluxit in enses. exultant merito gentes facilisque volenti praeda sumus. iam Bistoniis Haemoque nivali vastior expulsis Oriens squalescit aratris. ei mihi, quas urbes et quanto tempore Martis ignaras uno rapuerunt proelia cursu! nuper ab extremo veniens equitatus Araxe terruit Antiochi muros ipsumque decorae paene caput Syriae flammis hostilibus arsit. utque gravis spoliis nulloque obstante profunda laetus caede redit, sequitur mucrone secundo continuum vulnus. nec iam mihi Caucasus hostes nec mittit gelidus Phasis: nascuntur in ipso bella sinu. legio pridem Romana Gruthungi, iura quibus victis dedimus, quibus arva domosque praebuimus, Lydos Asiaeque uberrima vastant ignibus et si quid tempestas prima reliquit. nec vi nec numero freti; sed inertia nutrit proditioque ducum, quorum per crimina miles captivis dat terga suis, quos teste subegit Danubio, partemque timet qui reppulit omnes. aula choris epulisque vacat nec perdita curat, dum superest aliquid. ne quid tamen orbe reciso

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versicht [560] und offen loderte die unverblümte Gier nach Herrschaft auf. Als patricius und Konsul besudelt er die Ehrenämter, die er verkauft; mehr noch die, die er selber ausübt. Schon verlieren die Feldzeichen und Trompetensignale immer mehr an Kraft; die Trägheit hat selbst von den Schwertern Besitz ergriffen. Die Völker jubeln aus gutem Grund und wir sind für jeden, der will, eine leichte [565] Beute. Schon wird keine Pflugarbeit mehr getrieben und der Osten, jetzt wüster als Thrakien und der schneebedeckte Haimos, liegt brach. Weh mir, welche Städte, die über so lange Zeit keinen Krieg mehr gekannt hatten, haben diese Schlachten doch in einem Zug dahingerafft! Kürzlich erst haben Reiter, die vom äußersten Lauf des Araxes kamen, [570] die Mauern des Antiochos in Schrecken versetzt und beinahe auch die Hauptstadt des schönen Syrien mit ihren feindlichen Flammen niedergebrannt. Als sie, schwer mit Beute beladen und ohne auf Widerstand zu treffen, voller Glück über das unermessliche Morden zurückgekehrt waren, folgte Wunde auf Wunde durch ihr siegreiches Schwert. Mir schickt nicht mehr der Kaukasus, [575] auch nicht mehr der eisige Phasis die Feinde: An meiner eigenen Brust wachsen mir die Kriege heran. Die Greutungen, die früher eine römische Legion stellten, denen wir als Besiegten Recht und Gesetz gegeben haben und die wir mit Land und Häusern ausgestattet haben, sie verwüsten nun sengend das Gebiet der Lyder, die fruchtbarsten Länder Asiens und das, was der erste Sturm übriggelassen hat. [580] Sie setzen ihre Hoffnung nicht auf ihre Kraft und Zahl; stattdessen baut sie die Trägheit und der Verrat unserer Feldherren auf: Die sind nämlich schuld daran, dass die Soldaten vor ihren eigenen Gefangenen fliehen müssen, die sie – wie die Donau bezeugen kann – unterworfen haben; und jetzt fürchten sie, die doch einst alle zurückgetrieben haben, sogar einen kleinen Teil davon. Der Hof hat Zeit für Reigen und Festmähler, er sorgt sich nicht um das Verlorene, [585] solange nur noch irgendetwas da ist. Damit der Verkäufer aber bei verkleinertem Reich keine Einbußen zu

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venditor amittat, provincia quaeque superstes dividitur, geminumque duplex passura tribunal cogitur alterius pretium sarcire peremptae. sic mihi restituunt populos; hac arte reperta rectorum numerum terris pereuntibus augent. in te iam spes una mihi. pro fronde Minervae has tibi protendo lacrimas: succurre ruenti, eripe me tandem servilibus, eripe, regnis, neve adeo cunctos paucorum crimine damnes nec nova tot meritis offensa prioribus obstet. iamiam flecte animum. suprema pericula semper dant veniam culpae. quamvis iratus et exul pro patriae flammis non distulit arma Camillus. non te subtrahimus Latio; defensor utrique sufficis. armorum liceat splendore tuorum in commune frui; clipeus nos protegat idem unaque pro gemino desudet cardine virtus.’

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verzeichnen habe, werden alle Provinzen, die sich noch halten konnten, aufgeteilt und gezwungen, in Zukunft die Tribunale zweier Statthalter zu ertragen und so den Wert einer anderen, vernichteten, aufzuwiegen. So ersetzen sie mir meine Völker; indem sie sich diesen Kniff einfallen lassen, [590] vermehren sie die Zahl der Beamten, während die Länder immer weniger werden. Meine einzige Hoffnung ruht nun in dir. Statt des Zweiges der Minerva zeige ich dir diese Tränen hier: Hilf mir in meinem Untergang! Entreiße mich endlich, entreiße mich dieser Sklavenherrschaft! Verurteile nicht die Allgemeinheit wegen des Verbrechens einiger weniger [595] und lass nicht zu, dass die jüngste Beleidigung so vielen früheren Verdiensten im Wege steht. Ändere doch bitte endlich deinen Sinn! Äußerste Lebensgefahr macht doch immer nachsichtig gegenüber Schuld. War er auch voller Zorn und ins Exil verbannt, so zögerte Camillus doch nicht, die Waffen für das brennende Vaterland zu ergreifen. Wir nehmen dich ja deinem Latium nicht weg; du bist stark genug, beiden Reichsteilen Schutz geben. [600] Den Glanz deiner Waffen wollen wir gemeinsam genießen; derselbe Schild soll uns schützen und die Anstrengung eines tapferen Mannes soll beiden Welthälften gelten.«

Stilichos Konsulat

Einführung Stilicho trat für das Jahr 400 das Amt des Konsuls an; er hatte zunächst in Mailand schon „für Heer und Schwiegersohn“ Spiele gestiftet (vgl. Stil. III 223–225 und Symmachus, epist. 7, 4). Wohl in der zweiten Februarhälfte kam Stilicho in einem feierlichen Ad­ ventus nach Rom, wo er weitere Spiele abhielt. Claudian stellt eine Verbindung zum oströmischen Konsul des Vorjahres her: Mit Stilichos Amtsantritt sei das Prestige des Kon­ sulats wiederhergestellt, das nach der Ernennung des Eunuchen Eutropius zerstört schien. Siegmar Döpp (1980) 176 f. erklärt die politische Annäherung Stilichos an den weströmischen Senat als eine Reaktion auf die Entwicklung in Konstantinopel. Nach dem Sturz des Eutropius war mit einer Fortsetzung des gespannten Ver­ hältnisses zur oströmischen Regierung zu rechnen, weil sich Aureli­ anus gegen den germanenfreundlichen Eutychianus und gegen den gotischen magister utriusque militiae Gainas durchgesetzt hatte. Stilicho wollte sich daher dem Senat als Garant der altrömischen Traditionen empfehlen, was Claudians Dichtung jedenfalls zu un­ terstreichen sucht. Claudian hat den Stoff dieses Werks auf drei Bücher verteilt. Formal ist das dritte Buch durch eine eigene praefatio von den ers­ ten beiden Büchern abgesetzt. Buch I und II bilden eine Einheit, indem sie dem gewohnten Aufbauschema eines Panegyricus fol­ gen. Im ersten Buch sind Jugend, Aufstieg des Gepriesenen und die Taten im Krieg behandelt. Theodosius’ Wahl des Schwiegersohns und die Regierungsübernahme nach dem Tod des Kaisers werden dabei in engen Zusammenhang mit den Qualitäten des Feldherrn gebracht. Im zweiten Buch folgen die Taten im Frieden, jeweils nach den Kardinaltugenden, die einem Feldherrn und Herrscher zugeschrieben werden können. Müller (2011) 318–324 hat gezeigt,

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dass die Argumentation mit der Abwesenheit jeglicher Negativ­ eigenschaften zugleich den Kontrast zu Eutropius suggeriert und die politische Schwäche gegenüber den Maßnahmen der Regie­ rung im Osten des Reichs zur Charakterstärke umgedeutet wird. Die Gefahr, seine Hörer mit einem Tugendkatalog zu langweilen, vermeidet Claudian dadurch, dass er eine Konflikthandlung auf­ baut, in der Tugenden und Laster als Personifikationen agieren: Sti­ licho ist nicht nur gegen Vitia immun, er übererfüllt den Anspruch der Tugenden: Pudor und Verecundia wirken in ihm so stark, dass es unmöglich scheint, Stilicho dazu zu bewegen, das Amt des Kon­ suls anzunehmen. Damit werden aber alle Länder aufgewiegelt, die ihm ihre Rettung verdanken. Sie beschweren sich bei Roma, die nach Mailand kommt und Stilicho zur Annahme des Amts und zum Antritt des Konsulats in Rom überredet. Buch I: 1–35 35–50 51–68 69–88

Stilichos Erfolge in nur einem Buch zu besingen, ist unmöglich. γένος und ἐπιτηδεύματα Erste diplomatische Aufgaben am Sassanidenhof Theodosius wählt Stilicho als Gatten für Serena aus.

89–385: Taten im Krieg 89–137 Stilichos Tapferkeit bewährt sich vor allem in Thrakien gegen die Bastarnen und auf weiteren Feldzügen des Theodosius. 138–179 Stilicho als Stütze des Reiches nach Theodosius’ Tod 180–187 Befreiung der Peloponnes von den Goten 188–245 Gefahr im Norden: Befriedung der germanischen Stämme am Rhein 246–385 Krieg im Süden gegen Gildo 246–269 Katalog der afrikanischen Stämme, die Gildo mobilisiert 269–324 Gildo verursacht zusätzlich die Konfrontation mit der oströmi­ schen Regierung. 325–385 Stilicho arbeitet mit dem Senat zusammen; sein Sieg rettet Roms historische Leistungen.



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Buch II: 1–4 Überleitung zu den Taten im Frieden 6–29 Clementia 30–99 Fides 30–49 Ihre Eigenschaften und Wirkungen 50–99 Stilicho überträgt seine Treue zu Theodosius auf die Söhne. 100–217 Stilichos Virtutes wehren die Vitia ab. 218–268 269–329 330–376 377–407

Pudor und Verecundia halten Stilicho vom Konsulat ab; westliche Diözesen tragen ihre Bitte der Dea Roma vor. Roma fliegt nach Mailand und überredet Stilicho. Roma kleidet Stilicho in die Trabea. Roma bittet Stilicho, das Amt in Rom anzutreten.

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Fama verbreitet die Nachricht.

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Die Höhle des Aevum Sol holt von dort die goldenen Jahre.

Die ersten beiden Bücher sind zeitlich vor Antritt des Konsulats angesetzt; räumlich ist mit der Götterhandlung auch Mailand ein­ gebunden. Darauf verweist auch Keudel (1970) 25 f., die mit gutem Grund Buch III von den ersten beiden Büchern abtrennen möchte. Der Ausblick auf die goldene Zeit, die Sol in der Götterhandlung vorbereitet, ist ein geeigneter Abschluss für einen derartigen Pan­ egyricus, der für die Feier in Mailand geeignet war. Zugleich wird aber für diesen Mailand-Teil kein processus consularis ins Gedicht aufgenommen, weil das eine Doppelung zum Adventus bedeutet hätte. Buch III ist zweifellos für den Adventus in Rom verfasst. Döpp (1980) 182–187 spricht gegen die Abtrennung des dritten Buchs mit dem Argument, dass es isoliert ohne die vorausgehenden Bücher nicht für eine Rezitation beim Festakt in Rom geeignet gewesen wäre, weil ihm der zentrale Teil der Lobpreisung fehlte. Doch für diesen Anlass hat sich Claudian formal vor allem am Epibaterios

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logos orientiert, also an der Begrüßungsrede für den ankommenden Amtsinhaber in einer Stadt, die auch ein Städtelob (v. 130–173) ent­ halten kann. Dabei soll der Redner neben dem Lob des Geehrten (bes. v. 30–112) und einem zusammenfassenden Lob des Kaisers (v. 113–129) vor allem die Freude der gesamten Bürgerschaft zur Sprache bringen und den Kontrast zur schwierigen Situation der Stadt ausmalen, der der Geehrte abhelfen wird. Genau das leistet Claudian, indem er Stilichos Beliebtheit bei Volk und Senat betont und ihn als den militärischen und ideellen Retter Roms preist, der in einer Synkrisis über alle anderen Retter in der Geschichte des Reichs gestellt wird: Buch III: 1–29 30–112 113–129 130–173

Stilichos Ankunft in Rom: ein imaginierter Triumphzug, auf den Stilicho verzichtet. Stilicho übertrifft alle Triumphatoren. Rom lernt unter einem guten Kaiser seine Freiheit neu zu gebrau­ chen. Laudes Romae

174–222 Stilichos Adventus 174–181 Stilichos familiäre Bindung an Rom 182–201 Freude des römischen Volks: Es nennt Stilicho dominus et pater. 202–222 Freude des Senats: Gebet an Victoria 223–369 Stilichos Spiele 223–236 Freigebigkeit: Sie übertreffen die vorangegangenen Feiern in Mailand. 237–369 Dianas Hilfe, um Tiere aus allen Provinzen zu senden.

Der Aufbau des Buchs ist vom Adventus in Rom mit den anschlie­ ßenden Spielen geprägt. Claudian betont zwar, dass Stilicho auf einen Triumphzug verzichtet; gerade damit eröffnet er sich aber in Form einer praeteritio doch die Möglichkeit, einen Triumph zu



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imaginieren (vgl. Müller [2010]): Claudian gibt dem Leser eine An­ leitung vor, wie der Adventus in Rom zu verstehen ist. Die Bedeu­ tung der Stadt Rom für das Selbstverständnis des Imperium Roma­ num wird von Stilicho bestätigt. Behrwald (2009) betont, dass die gezielte Abgrenzung von Konstantinopel hier auch zu einer neuen Sicht auf die Monumente Roms führt. Die Laudes Romae, die in zentralen Punkten mit der Romrede des Ailios Aristeides (also mit dem Rombild in der Ära der Antoni­ nen) übereinstimmen, leiten über zu den Stationen des Adventus, zu Kurie und Forum. Das Gebet an Victoria hat die Aufmerksam­ keit der Forschung auf sich gezogen. Victorias Präsenz wird zumin­ dest auf allegorischer Ebene vorausgesetzt – an den Victoria-Altar der Kurie, dessen Entfernung so umstritten war, wird damit zwar erinnert; aber einen Vollzug religiöser Riten erwähnt Claudian nicht. Victoria behält ihre symbolische Funktion bei, wie etwa auch auf der Honorius-Darstellung des Elfenbeindiptychons, das Anicius Petronius Probus zum Konsulatsantritt 406 gestiftet hat (heute: Domschatz, Aosta). Die Vorbereitung für die Spiele auf Götterebene ermöglicht es Claudian, die Länder, die im zweiten Buch bei Roma vorge­ sprochen haben, entsprechend ihrer politischen Bedeutung einzu­ beziehen: Diana selbst übernimmt die Jagd in Africa, denn nach der Niederlage des Gildo werden die afrikanischen Tiere als eine Art Tributzahlung gedeutet. Die einzelnen Jagdgebiete der Nym­ phen decken systematisch alle Diözesen der Westhälfte des Reichs ab: Africa gehört zur Dioecesis Hispaniae; Thero jagt in Hispania selbst; Leontodame vervollständigt mit den Jagdrevieren in Gallia und Germania die Praefectura Galliae. Britomartis jagt am Pindos, der zu Thessalien (Praefectura Illyricum) gehört, und in Dalmatien, also in der Dioecesis Pannoniae, die zur Praefectura Italia gehört; Hekaerge hat die Gebirge der beiden Diözesen Italia Annonaria (Mediolanum) und Italia Suburbicana (Roma) als Jagdgebiet; die

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Inseln Sizilien und Korsika (ebenfalls Italia Suburbicana) über­ nimmt Nebrophone. Sánchez-Ostiz (2018) hat diesem Teil des Gedichts eine un­ günstige politische Nachwirkung zugeschrieben, weil Claudian zu Beginn des Abschnitts die Großzügigkeit des Stilicho betone. Die liberalitas werde mit diesem Teil des Gedichts wesentlich stär­ ker hervorgehoben als all die positiven Eigenschaften, mit denen Stilicho zuvor an das Selbstbild und die Werte der römischen Se­ natsaristokratie angepasst werde. Gerade diese liberalitas sei aber nach Stilichos Sturz bei den Historikern umgewertet und gegen den Politiker eingesetzt worden. Diese Deutung übersieht, dass die Jagd-Ekphrasis ganz andere politische Schwerpunkte setzt. Neben der Beteiligung aller West-Provinzen an der Ausstattung ist der Vergleich des Stilicho mit Hercules aussagekräftig. Stilichos Spiele befreien die Welt von Ungeheuern und schaffen Frieden für die Regionen. Soweit wie Gernot Müller (2011), der den Hercules- und Bacchus-Vergleich in direkte Beziehung zu Vergils Augustus-Pan­ egyricus in der Heldenschau (Aen. 6, 801–805) setzt, sollte man nicht gehen. Denn es ist eine burleske Szene, in die der Tiertrans­ port mündet; Claudian erfüllt überraschend innovativ die traditio­ nellen Erwartungen an einen Panegyricus-Abschluss: Während für den Basilikos logos gern ein Siegeszug des Kaisers bis Indien nach dem Vorbild des Dionysos imaginiert wird, erinnern die Schiffe mit den exotischen Tieren an Bacchus’ wunderbare Meerfahrt, wie sie in Ovids Metamorphosen so herrlich geschildert ist (met.  3, 664–669). Auch die praefatio zum dritten Buch verdient Aufmerksamkeit, weil sie für Claudians Selbstverständnis genauso wichtig ist wie für die Rezeptionsgeschichte. Claudians typologischer Vergleich preist Stilicho als zweiten Scipio Africanus, weil er Alarich als einen neu­ en Hannibal besiegt hat; zudem vergleicht Claudian damit sein ei­ genes Verhältnis zu Stilicho mit dem des Dichters Ennius zu Scipio d.Ä. Er stellt sich damit in eine Tradition, die in der Renaissance als



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Ideal von Dichter und Herrscher wirkmächtig werden sollte (dazu Suerbaum [1972] und [2005]): Die Taten eines Heerführers werden im historischen Gedächtnis bewahrt, weil der Dichter mit der li­ terarischen Gestaltung die memoria garantiert. Petrarca machte im Ritual der Dichterkrönung diese Idee einer Symbiose von Herr­ scher und Literat zum zentralen Moment, wobei er sich vor allem auf Cicero berief, der in seiner Rede Pro Archia poeta in diesem Sinn bereits Ennius als Begleiter des Scipio verewigt hat (Arch. 9). Silius Italicus gönnte in seinen Punica dem Ennius sogar eine Aris­ tie als epischer Kämpfer (12, 393–419). Petrarca seinerseits setzte in seinem Scipio-Epos Claudians Vorgabe in epische Handlung um (Africa 9, 11–289).

21 De consulatu Stilichonis liber primus Continuant superi pleno Romana favore gaudia successusque novis successibus urgent: conubii necdum festivos regia cantus sopierat, cecinit fuso Gildone triumphos, et calidis thalami successit laurea sertis, sumeret ut pariter princeps nomenque mariti victorisque decus; Libyae post proelia crimen concidit Eoum, rursusque Oriente subacto consule defensae surgunt Stilichone secures. ordine vota meant. equidem si carmen in unum tantarum sperem cumulos advolvere rerum, promptius inponam glaciali Pelion Ossae; si partem tacuisse velim, quodcumque relinquam maius erit. veteres actus primamque iuventam prosequar? ad sese mentem praesentia ducunt. narrem iustitiam? resplendet gloria Martis. armati referam vires? plus egit inermis. quod floret Latium, Latio quod reddita servit Africa, vicinum quod nescit Hiberia Maurum, tuta quod inbellem miratur Gallia Rhenum, an gelidam Thracen decertatosque labores Hebro teste canam? magnum mihi panditur aequor

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21 Stilichos Konsulat: Erstes Buch Stilichos Erfolge in nur einem Buch zu besingen, ist unmöglich. Ohne Unterbrechung reihen die Götter Roms Freudenanlässe in uneingeschränkter Gunst aneinander und lassen einen Erfolg den anderen jagen: Noch hatte der Kaiserpalast nicht die Festgesänge auf die Hochzeit verklingen lassen, da stimmte er schon Triumphlieder an, weil Gildo geschlagen war; [5] und der Lorbeerkranz löste die noch warmen Hochzeitskränze ab, so dass der Kaiser sich gleichzeitig Ehegemahl und ruhmreicher Sieger nennen konnte. Nach den Kämpfen von Libyen kam der Schandfleck des Ostens zu Fall, und nach der Unterwerfung des Ostens richten sich die Liktorenbeile erfolgreich verteidigt unter Stilicho als Konsul wieder auf. [10] Der Reihe nach gehen die Wünsche in Erfüllung. Wenn ich allerdings die Hoffnung haben sollte, in die Buchrolle eines einzigen Gedichts die Stoffmassen so vieler großer Taten unterzubringen, so würde ich es leichter schaffen, den Pelion auf den schneebedeckten Ossa zu stemmen. Selbst wenn ich einen Teil stillschweigend übergehen wollte, wäre alles, was ich auslasse, gerade das Bedeutendere: Soll ich nur die Taten von früher und die erste Jugend [15] genauer schildern? Aber die Ereignisse der Gegenwart ziehen das Interesse auf sich. Soll ich das Thema »Gerechtigkeit« ausführen? Aber der Kriegsruhm strahlt auf der anderen Seite! Soll ich seine kraftvollen Waffentaten darstellen? Aber er hat ja noch mehr ohne Waffen in der Hand vollbracht! Dass es Italien so gut geht, dass Africa wiedergewonnen ist und es Italien dient, dass Spanien gar nicht den Mauren in seiner Nachbarschaft wahrnimmt, [20] dass Gallien sich über die Friedlichkeit des Rheins wundert, soll ich das besingen – oder lieber das eiskalte Thrakien und die Strapazen, die unter den Augen des Hebros heldenhaft bestanden wurden? Eine gewaltige Fläche breitet sich vor mir aus,

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ipsaque Pierios lassant proclivia currus laudibus innumeris. etenim mortalibus ex quo tellus coepta coli, numquam sincera bonorum sors ulli concessa viro. quem vultus honestat, dedecorant mores; animus quem pulchrior ornat, corpus destituit. bellis insignior ille, sed pacem foedat vitiis; hic publica felix, sed privata minus. partitim singula quemque nobilitant: hunc forma decens, hunc robur in armis, hunc rigor, hunc pietas, illum sollertia iuris, hunc suboles castique tori. sparguntur in omnes, in te mixta fluunt; et quae divisa beatos efficiunt, collecta tenes.

quid facta revolvam militiamque patris, cuius producere famam, si nihil egisset clarum nec fida Valenti dextera duxisset rutilantes crinibus alas, sufficeret natus Stilicho? mens ardua semper a puero, tenerisque etiam fulgebat in annis fortunae maioris honos. erectus et acer nil breve moliri, nullis haerere potentum liminibus fatisque loqui iam digna futuris. iam tum conspicuus, iam tum venerabilis ibas

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und selbst Wege, die abwärts führen, ermüden den Wagen der Musen, weil die Ruhmestaten so zahllos sind. Denn von Beginn an, seit [25] die Erde von Menschen bewohnt wird, wurde niemals einem Mann ein Schicksal zuteil, das ausschließlich aus Gutem besteht. Wer mit einem schönen Aussehen gesegnet ist, den können seine Verhaltensweisen entstellen. Wer mit einem besseren Charakter gesegnet ist, den lässt sein Körper im Stich. Der eine ragt in Kriegszeiten hervor, aber den Frieden entehrt er durch sein schlechtes Leben. Der eine agiert in der Politik erfolgreich, [30] aber im Privatleben weniger. Nur in einem Teilbereich adeln einen jeden bestimmte Eigenschaften: den einen seine schöne Gestalt, den anderen seine Kraft in Waffen, wieder einen seine Strenge, einen anderen sein Verantwortungsbewusstsein, einen anderen die Geschicklichkeit in der Anwendung des Rechts, und den nächsten seine Kinder und sein vorbildliches Eheleben. Auf alle werden die Güter aufgeteilt, doch auf dich allein fließen sie miteinander vereint; und was in knapper Portionierung die Menschen glücklich macht, das steht dir gesammelt zur Verfügung. Herkunft und Anlagen [35] Was soll ich die Taten und den militärischen Dienst des Vaters in Erinnerung bringen? Seinem Ruhm Ewigkeit zu verleihen, würde schon – selbst wenn er nichts Berühmtes vollbracht hätte und wenn nicht seine dem Valens treue Hand die rothaarigen Reiterabteilungen geführt hätte – die Tatsache ausreichen, dass Stilicho sein Sohn ist: Der Zug zum Höheren zeigte sich beständig [40] von Kindheit an, und sogar schon im zarten Alter leuchtete die Ehre einer höheren Bestimmung auf. Mutig und tatkräftig warst du darauf bedacht, nichts nur Kurzlebiges ins Werk zu setzen, nicht an den Schwellen der Mächtigen zu kleben und Worte zu sprechen, die in ihrer Würde bereits deiner zukünftigen Größe entsprachen. Schon damals zogst du die Blicke auf dich, schon da-

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spondebatque ducem celsi nitor igneus oris membrorumque modus, qualem nec carmina fingunt semideis. quacumque alte gradereris in urbe, cedentes spatiis adsurgentesque videbas quamvis miles adhuc. taciti suffragia vulgi iam tibi detulerant quidquid mox debuit aula.

vix primaevus eras, pacis cum mitteris auctor Assyriae; tanta foedus cum gente ferire commissum iuveni. Tigrim transgressus et altum Euphraten Babylona petis. stupuere severi Parthorum proceres, et plebs pharetrata videndi flagravit studio, defixaeque hospite pulchro Persides arcanum suspiravere calorem. turis odoratae cumulis et messe Sabaea pacem conciliant arae; penetralibus ignem sacratum rapuere adytis rituque iuvencos Chaldaeo stravere magi. rex ipse micantem inclinat dextra pateram secretaque Beli et vaga testatur volventem sidera Mithram. si quando sociis tecum venatibus ibant, quis Stilichone prior ferro penetrare leones comminus aut longe virgatas figere tigres? flectenti faciles cessit tibi Medus habenas; torquebas refugum Parthis mirantibus arcum.

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mals war dein Auftritt Ehrfurcht gebietend, [45] und den zukünftigen Heerführer prophezeiten schon der feurige Glanz deines hohen Antlitzes und das Maß deiner Gestalt, wie es sich die Dichtung nicht einmal für Halbgötter ausdenkt. Wo du auch hoch aufragend in der Stadt in Erscheinung tratst, sahst du immer, wie man dir Platz machte und sich vor dir erhob, auch wenn du bis dahin noch einfacher Soldat warst. Das Volk hatte schon insgeheim abgestimmt [50] und dir all das übertragen, was der Kaiserhof dir in naher Zukunft pflichtschuldig verleihen sollte. Erste diplomatische Aufgaben am Sassanidenhof Du hattest gerade eben das Mannesalter erreicht, als du schon als Vermittler des Friedens mit Assyrien entsandt wurdest; ein Bündnis mit einem so wichtigen Volk zu schließen, wurde einem jungen Mann übertragen! Über den Tigris und den tiefen Euphrat zogst du nach Babylon. Es staunten die würdevollen [55] Edlen der Parther, das Volk mit den Köchern brannte vor Neugier, dich zu sehen, und die Perserinnen, deren Blick gebannt an dem schönen Fremden hing, schmachteten in heimlicher Liebesglut. Mit Bergen von duftendem Weihrauch und der Ernte aus Saba bestätigten die Altäre feierlich den Frieden. Aus dem Tempelinneren [60] holten die Magier das geheiligte Feuer und opferten nach chaldäischem Ritus die Stiere. Der König brachte eigenhändig das Trankopfer mit der funkelnden Schale dar und leistete den Eid bei den Mysterien des Belus und bei Mithras, der die weithin ziehenden Gestirne in Kreisbewegung hält. Wenn man mit dir in gemeinsamen Zügen auf die Jagd ging: [65] Wer schaffte es dann früher als Stilicho, die Löwen mit der Klinge im Nahkampf zu durchbohren oder von weitem die gestreiften Tiger zu treffen? Wenn du die leichtgängigen Zügel führtest, übertrafst du sogar den Meder; du konntest den Bogen in der Scheinflucht wenden – zum Erstaunen der Parther!

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nubilis interea maturae virginis aetas urgebat patrias suspenso principe curas, quem simul imperioque ducem nataeque maritum prospiceret; dubius toto quaerebat ab axe dignum coniugio generum thalamisque Serenae. iudicium virtutis erat; per castra, per urbes, per populos animi cunctantis libra cucurrit. tu legeris tantosque viros, quos obtulit orbis, intra consilium vincis sensumque legentis, et gener Augustis, olim socer ipse futurus, accedis. radiis auri Tyriaque superbit maiestate torus. comitata parentibus exit purpureis virgo: stabat pater inde tropaeis inclutus; inde pium matris regina gerebat obsequium gravibus subnectens flammea gemmis. tunc et Solis equos, tunc exultasse choreis astra ferunt mellisque lacus et flumina lactis erupisse solo, cum floribus aequora vernis Bosporos indueret roseisque evincta coronis certantes Asiae taedas Europa levaret.

felix arbitrii princeps, qui congrua mundo iudicat et primus censet, quod cernimus omnes. talem quippe virum natis adiunxit et aulae, cui neque luxuries bello nec blanda periclis

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Theodosius wählt Stilicho als Gatten für Serena aus. [69] Unterdessen machte das heiratsfähige Alter einer Jungfrau ihrem Vater Sorgen und ließ den Kaiser lange nachdenken, wen er zugleich als Heerführer für das Reich und als Ehemann für seine Tochter vorsehen sollte. Unentschlossen suchte er auf dem ganzen Erdenrund einen Schwiegersohn, der die Hochzeit und die Ehe mit seiner Serena verdiente. Entscheidungskriterium war die Leistungsfähigkeit eines tadellosen Mannes: Im ganzen Heer, in den Städten [75] und unter den Völkern lief die Waage seines zögernden Herzens suchend umher. Du wirst auserwählt, und so viele große Männer, die der Erdkreis anzubieten hatte, übertriffst du vor dem abwägenden Rat und der Überlegung des Auswählenden: und als Schwiegersohn wirst du in die Familie der Kaiser aufgenommen, der du selbst einmal Schwiegervater werden solltest. In Strahlen von Gold und Erhabenheit des Purpurs präsentiert sich [80] prunkvoll das Hochzeitsbett. Geleitet von ihren Eltern in kaiserlichem Purpur tritt die Braut hervor. Es stand hier der Vater im Glanz seiner Siegeszeichen; dort erfüllte die Königin den Liebesdienst der Mutter, indem sie den Brautschleier mit schweren Gemmen ansteckte. [84] Damals, so heißt es, tanzten auch die Pferde des Sonnengotts, damals tanzten die Sterne in ihren Reigen, und Seen von Honig und Flüsse von Milch brachen aus dem Boden hervor, als der Bosporos seine Flächen mit Frühlingsblüten einkleidete und Europa, mit Rosengewinden bekränzt, die Hochzeitsfackeln im Wetteifer mit Asia schwang. Stilichos Tapferkeit bewährt sich in Thrakien und auf Feldzügen des Theodosius. [89] Glücklich in seinem Urteil ist der Kaiser, der seine Entscheidung so trifft, dass sie mit der Welt in Übereinstimmung ist, und der als erster das beschließt, was wir alle im Auge haben. Denn er hat für seine Kinder und für den Hof einen Mann gewonnen, dem das Luxusleben niemals wichtiger war als der Krieg, der das

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otia nec lucis fructus pretiosior umquam laude fuit. quis enim Visos in plaustra feroces reppulit aut saeva Promoti caede tumentes Bastarnas una potuit delere ruina? Pallantis iugulum Turno moriente piavit Aeneas, tractusque rotis ultricibus Hector irato vindicta fuit vel quaestus Achilli: tu neque vaesano raptas venalia curru funera nec vanam corpus meditaris in unum saevitiam: turmas equitum peditumque catervas hostilesque globos tumulo prosternis amici; inferiis gens tota datur. nec Mulciber auctor mendacis clipei fabricataque vatibus arma conatus iuvere tuos: tot barbara solus milia iam pridem miseram vastantia Thracen finibus exiguae vallis conclusa tenebas. non te terrisonus stridor venientis Alani nec vaga Chunorum feritas, non falce Gelonus, non arcu pepulere Getae, non Sarmata conto. extinctique forent penitus, ni more maligno falleret Augustas occultus proditor aures obstrueretque moras strictumque reconderet ensem, solveret obsessos, praeberet foedera captis. adsiduus castris aderat, rarissimus urbi, si quando trepida princeps pietate vocaret; vixque salutatis Laribus, vix coniuge visa, deterso necdum repetebat sanguine campum nec stetit Eucherii dum carperet oscula saltem

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süße Nichtstun niemals über die Gefahren stellte und dem niemals der Genuss, am Leben zu sein, wertvoller war als der Ruhm. Wer nämlich sonst drängte die wilden Westgoten in ihre Wagenburgen zurück [95] oder konnte mit einer einzigen Niederlage die Bastarnen vernichten, die durch den blutigen Tod des Promotus übermütig geworden waren? Die Ermordung des Pallas rächte Aeneas durch den Tod des Turnus; und von den strafenden Wagenrädern geschleift, war Hektor für Achill in seinem Zorn Racheopfer und Quelle des Lösegelds: [100] Doch du schleifst weder mit dem rasenden Wagen Tote, um sie dann noch auszulösen, noch denkst du dir sinnlose Grausamkeiten gegen einen Leichnam allein aus: Du streckst ganze Reiterscharen, Abteilungen von Fußkämpfern und feindliche Haufen nieder für den Grabhügel des Freundes: Als Totengabe wird ein ganzes Volk geopfert. Und weder Vulcanus als Schmied [105] eines erfundenen Schildes noch Waffen, die nur von Dichtern geschaffen wurden, unterstützten deine Unternehmungen. So viele Tausende an Barbaren, die schon lange das unglückselige Thrakien verheerten, konntest du in dem Bereich eines engen Tals eingeschlossen halten. Nicht vertrieben dich das schreckenerregende Zischen des kommenden Alanen, [110] nicht die Grausamkeit des weithin ziehenden Hunnen, nicht der Gelone mit seiner Sichel, nicht die Geten mit ihrem Bogen, nicht der Sarmate mit seiner langen Lanze. Sie wären ganz und gar ausgelöscht worden, hätte nicht ein Verräter in böswilliger Weise heimlich die Ohren des Kaisers trügerisch beeinflusst, für hinderliche Zeitverzögerung gesorgt und das gezückte Schwert wieder in die Scheide gezwungen, [115] die Belagerten befreit und den Gefangenen Bündnisse angeboten. Ohne Unterbrechung war er im Lager, ganz selten nur in der Stadt, wenn ihn einmal der Kaiser mit liebevoller Sorge zu sich rief, und kaum hatte er sein Heim begrüßt, kaum die Gattin gesehen, da suchte er schon, ohne dass er nur das Blut abgewaschen hätte, das Feld wieder auf, [120] und er konnte nicht einmal so

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per galeam. patris stimulos ignesque mariti vicit cura ducis. quotiens sub pellibus egit Edonas hiemes et tardi flabra Bootae sub divo Riphaea tulit! cumque igne propinquo frigora vix ferrent alii, tum triste rigentem Danubium calcabat eques nivibusque profundum scandebat cristatus Athon lateque corusco curvatas glacie silvas umbone ruebat. nunc prope Cimmerii tendebat litora Ponti, nunc dabat hibernum Rhodope nimbosa cubile. vos, Haemi gelidae valles, quas saepe cruentis stragibus aequavit Stilicho, vos, Thracia, testor, flumina, quae largo mutastis sanguine fluctus. dicite, Bisaltae, vel qui Pangaea iuvencis scinditis, offenso quantae sub vomere putres dissiliant glaebis galeae vel qualia rastris ossa peremptorum resonent inmania regum.

singula conplecti cuperem, sed densior instat gestorum series laudumque sequentibus undis obruimur. genitor caesi post bella tyranni iam tibi commissis conscenderat aethera terris. ancipites rerum ruituro culmine lapsus aequali cervice subis: sic Hercule quondam sustentante polum melius librata pependit machina nec dubiis titubavit Signifer astris

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lange still halten, bis ihm wenigstens durch den Helm sein Eucherius Küsse gegeben hatte. Über die Vatergefühle und die brennende Liebe des Ehemanns siegte die Sorge des Heerführers. Wie oft verbrachte er unter Fellen die Winter in Thrakien und erduldete unter freiem Himmel die riphäischen Böen des trägen Bootes! Wenn die anderen selbst nahe am Feuer [125] die Kälte kaum aushielten, dann ritt er zu Pferd auf der Donau, die abweisend gefroren war, und bestieg im Helm den tief verschneiten Athos und bahnte sich mit weithin leuchtendem Schild den Weg durch die vom Eis gebeugten Wälder. Bald zog er fast bis zu den Küsten der Maiotis, [130] dann wieder bot ihm das wolkenverhangene Rhodopegebirge ein winterliches Lager; euch, ihr kalten Täler des Haimosgebirges, die Stilicho oft in blutigen Schlachten mit Leichen berghoch füllte, rufe ich zu Zeugen an und euch, ihr Flüsse Thrakiens, die ihr eure Wasserfluten mit Strömen von Blut vertauscht habt: Sagt, ihr Bisalten, oder ihr, die ihr mit euren Rindern die Fluren des Pangaion [135] pflügt, wie oft verrottete Helme unter eurer Pflugschar in den Erdfurchen auseinanderspringen, oder welch gewaltige Knochen von gefallenen Fürsten unter eurem Karst widerhallen. Stilicho als Stütze des Reichs nach Theodosius’ Tod Ich wünschte, ich könnte alles im Detail darstellen, doch zu dicht drängt die Folge der Taten, und ich werde von den nachfolgenden Wellen der Ruhmestaten überspült. [140] Der Vater hatte dir bereits nach dem Krieg gegen den Usurpator, der dabei umkam, die Regierung über die Länder anvertraut und war zum Himmel aufgestiegen. Als die Spitze des Weltreichs zu stürzen drohte, da hast du den schwankenden Bau auf deine Schultern genommen, die als Stützen stark genug waren: So schwebte einst der Weltenbau in besserer Balance, als Herkules das Himmelsgewölbe abstützte, [145] und der Zodiakus geriet nicht mit abweichendem Sternenlauf aus der Bahn; und der greise Altas, von der unausge-

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perpetuaque senex subductus mole parumper obstipuit proprii spectator ponderis Atlans. nulli barbariae motus; nil turbida rupto ordine temptavit novitas, tantoque remoto principe mutatas orbis non sensit habenas. nil inter geminas acies, ceu libera frenis, ausa manus. certe nec tantis dissona linguis turba nec armorum cultu diversior umquam confluxit populus: totam pater undique secum moverat Auroram; mixtis hic Colchus Hiberis, hic mitra velatus Arabs, hic crine decorus Armenius; hic picta Saces fucataque Medus, hic gemmata niger tentoria fixerat Indus; hic Rhodani procera cohors, hic miles alumnus Oceani. ductor Stilicho tot gentibus unus quot vel progrediens vel conspicit occiduus sol. in quo tam vario vocum generumque tumultu tanta quies iurisque metus servator honesti te moderante fuit, nullis ut vinea furtis vel seges erepta fraudaret messe colonum, ut nihil aut saevum rabies aut turpe libido suaderet, placidi servirent legibus enses. scilicet in vulgus manant exempla regentum, utque ducum lituos, sic mores castra secuntur. denique felices aquilas quocumque moveres, arebant tantis epoti milibus amnes.

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setzten Last eine Zeit lang befreit, staunte, als er das ihm auferlegte Gewicht ansehen konnte. Kein Barbarenvolk wagte einen Aufstand, kein Umsturzversuch wurde mit dem Abbruch der bestehenden Ordnung unternommen, und obwohl ein so mächtiger Kaiser ihn verlassen hatte, [150] spürte der Erdkreis gar nicht den Wechsel der Zügel. Keine Meuterei wagte eine Abteilung unter den Heeren beider Reichsteile, als ob ihr die Zügel abgenommen wären. Zweifellos war noch nie eine Menge mit so vielen verschiedenen Sprachen oder ein Volk mit unterschiedlicherer Kampftechnik zusammengekommen: Der Vater Theodosius hatte von überall her den ganzen [155] Osten mit sich in Bewegung gesetzt; hier war der Kolcher, und die östlichen Hiberer mischten sich darunter, hier fand man den Araber, mit seinem Turban umhüllt, hier war der Armenier, schön anzusehen in seiner Haartracht, hier hatte der Saker sein bunt besticktes Zelt aufgeschlagen, der Meder sein gefärbtes, der dunkle Inder sein edelsteingeschmücktes Zelt. Hier fand sich die hochgewachsene Abteilung von der Rhône ein, hier der Soldat, den der Atlantik groß gezogen hatte. [160] Stilicho war alleiniger Kommandant für so viele Völker, wie sie die Sonne vom Aufgang bis zum Untergang sieht. In diesem so bunten Gewühl von Sprachen und Völkern aber herrschte unter deiner Leitung eine so ruhige Ordnung und strenge Disziplin als Garant vorbildlichen Verhaltens, dass weder der Weinberg durch Plünderungen [165] noch das Feld durch den Raub der Ernte den Bauern um seinen Lebensunterhalt betrog, so dass weder Raserei zu grausamer Tat riet noch Habgier zu ehrlosem Handeln, sondern die Waffen friedlich den Gesetzen dienten. Selbstverständlich wirkt das Vorbild der Regierenden auf das Volk ein; und wie das Heer den Signalhörnern seiner Kommandanten folgt, so folgt es auch ihrem Verhalten. [170] Und um den letzten Punkt zu nennen: Wohin du auch deine erfolgreichen Adler führen wolltest: Die Flüsse trockneten aus, von so vielen Tausenden von Soldaten leer getrunken. Wolltest du ins

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Illyricum peteres: campi montesque latebant. vexillum navale dares: sub puppibus ibat Ionium, nullis succincta Ceraunia nimbis nec iuga Leucatae feriens spumantia fluctu deterrebat hiemps. tu si glaciale iuberes vestigare fretum, securo milite ducti stagna reluctantes quaterent Saturnia remi; si deserta Noti, fontem si quaerere Nili, Aethiopum medios penetrassent vela vapores.

te memor Eurotas, te rustica Musa Lycaei, te pastorali modulantur Maenala cantu Partheniumque nemus, quod te pugnante resurgens aegra caput mediis erexit Graecia flammis. plurima Parrhasius tunc inter corpora Ladon haesit et Alpheus Geticis angustus acervis tardior ad Siculos etiamnunc pergit amores.

miramur rapidis hostem succumbere bellis, cum solo terrore ruat? num classica Francis intulimus? iacuere tamen. num Marte Suebos contudimus, quis iura damus? quis credere possit? ante tubam nobis audax Germania servit. cedant, Druse, tui, cedant, Traiane, labores: vestra manus dubio quidquid discrimine gessit,

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Illyricum ziehen: Ebenen und Berge waren nicht mehr wahrnehmbar; wolltest du das Signal zum Auslaufen geben: Das Jonische Meer lag unter deiner Flotte, ohne dass die keraunischen Berge sturmumtost waren, [175] und ohne dass der Wind abschreckend wirkte, der gegen die flutumbrandeten Felsen von Leukates schlägt. Würdest du den Befehl erteilen, das Eismeer zu erkunden, so würden, von deinen Soldaten voll Vertrauen geführt, die Ruder gegen den Widerstand selbst den Pontos Kronios aufwühlen. Wenn du den Befehl erteiltest, die Wüsten des Südens zu erkunden, den Ursprung des Nil zu suchen, [180] so würden die Segel selbst mitten in die Gluthitze von Äthiopien vordringen. Befreiung der Peloponnes von den Goten Dich feiert in dankbarer Erinnerung der Eurotas, dich die ländliche Muse des Lykaion und die Höhen des Mainalosgebirges mit ihrem Hirtengesang, und der Wald des Parthenios, weil durch deinen Kampfeinsatz das geschwächte Griechenland sich aufrichten und sein Haupt mitten aus den Flammen erheben konnte. [185] Damals hielt der parrhasische Ladon unter der Menge der Leichen in seinem Lauf inne, und langsamer fließt der Alpheios selbst heute noch zu seiner sizilischen Geliebten, weil er von Haufen von Goten eingeengt ist. Befriedung der germanischen Stämme am Rhein Wundern wir uns darüber, dass der Feind in Blitzkriegen unterliegt, wenn er schon allein vom bloßen Schrecken bewegt die Flucht ergreift? Haben wir etwa ein Angriffssignal gegen die Franken [190] gegeben? Und dennoch sind sie geschlagen! Haben wir denn die Sueben im Krieg getroffen, die heute unseren Gesetzen unterstehen? Wer könnte es glauben? Schon bevor die Kriegstrompete erklang, diente uns das kühne Germanien. Drusus, deine Taten müssen wohl in den Hintergrund treten, und auch deine, Trajan: Was euer Heer alles in gefahrvoller Entscheidung vollbrachte, [195] das hat Stili-

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transcurrens egit Stilicho totidemque diebus edomuit Rhenum, quot vos potuistis in annis; quem ferro, adloquiis, quem vos cum milite, solus. inpiger a primo descendens fluminis ortu ad bifidos tractus et iuncta paludibus ora fulmineum perstrinxit iter; ducis impetus undas vincebat celeres, et pax a fonte profecta cum Rheni crescebat aquis. ingentia quondam nomina, crinigero flaventes vertice reges, qui nec principibus donis precibusque vocati paruerant, iussi properant segnique verentur offendisse mora; transvecti lintribus amnem occursant ubicumque velit. nec fama fefellit iustitiae: videre pium, videre fidelem. quem veniens timuit, rediens Germanus amavit. illi terribiles, quibus otia vendere semper mos erat et foeda requiem mercede pacisci, natis obsidibus pacem tam supplice vultu captivoque rogant quam si post terga revincti Tarpeias pressis subeant cervicibus arces. omne quod Oceanum fontesque interiacet Histri, unius incursu tremuit; sine caede subactus servitio Boreas exarmatique Triones. tempore tam parvo tot proelia sanguine nullo perficis et luna nuper nascente profectus ante redis quam plena fuit, Rhenumque minacem cornibus infractis adeo mitescere cogis,

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cho im Vorbeiziehen geleistet und ebenso viele Tage zur Bezwingung des Rheins gebraucht wie ihr Jahre. Wen ihr mit dem Schwert bezwungen habt, den hat er durch Verhandlung, wen ihr mit Soldaten, den hat er ganz allein gewonnen. Ohne Rast zog er von der Quelle des Flusses herab bis zu den zwei Läufen und den Mündungen, die sich mit dem Watt vereinen, [200] in blitzschnellem Marsch dahin. Die Schnelligkeit des Heerführers besiegte die flinken Wogen, und der Frieden, der von seinem Quellgebiet ausging, gewann mit den Wassern des Rheins an Kraft. Einst gewaltige Namen, Könige mit blondgelocktem Scheitel, die nicht einmal den Kaisern, weder auf Gaben noch auf Bitten reagierend, [205] je gehorcht hatten: Sie eilen nun auf Befehl herbei und fürchten, beleidigend zu sein, wenn sie sich zu viel Zeit lassen. Auf Kähnen über den Strom übersetzend, kommen sie entgegen, wo auch immer Stilicho es möchte. Und die Kunde von seiner Gerechtigkeit war nicht falsch: Sie lernten einen verantwortungsvollen, sie lernten einen zuverlässigen Mann kennen. Ihn, den der Germane bei seiner Ankunft noch fürchtete, liebte er, als er wieder heimzog. [210] Jene furchteinflößenden Völker, die normalerweise Ruhe immer teuer verkauften und einen Nichtangriffspakt mit erniedrigender Geldzahlung aushandelten, baten, indem sie ihre Söhne als Geiseln stellten, mit so demütigem und untertänigem Blick um Frieden, als ob sie, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, zum Kapitol im Triumphzug mitgeführt würden, die Nacken zu Boden gebeugt. [215] Das ganze Gebiet, das zwischen Nordsee und den Donauquellen liegt, erzitterte durch die Ankunft eines einzigen Mannes. Ohne Blutvergießen wurde Boreas zum Dienst unterworfen und das Sternbild des Großen Wagens entwaffnet. In so kurzer Zeit hast du so viele Konfrontationen ohne Blut zum Ende gebracht, und obwohl du erst jüngst bei Neumond aufgebrochen warst, [220] kehrtest du schon zurück, bevor der Mond wieder voll wurde. Und den trotzig drohenden Rhein zwangst du, mit gebrochenen Hörnern so friedlich zu werden, dass der Salier

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ut Salius iam rura colat flexosque Sygambrus in falcem curvet gladios, geminasque viator cum videat ripas quae sit Romana requirat; ut iam trans fluvium non indignante Chauco pascat Belga pecus, mediumque ingressa per Albam Gallica Francorum montes armenta pererrent; ut procul Hercyniae per vasta silentia silvae venari tuto liceat, lucosque vetusta religione truces et robur numinis instar barbarici nostrae feriant inpune bipennes. ultro quin etiam devota mente tuentur victorique favent. quotiens sociare catervas oravit iungique tuis Alamannia signis! nec doluit contempta tamen, spretoque recessit auxilio laudata fides. provincia missos expellet citius fasces quam Francia reges quos dederis. acie nec iam pulsare rebelles, sed vinclis punire licet; sub iudice nostro regia Romanus disquirit crimina carcer: Marcomeres Sunnoque docent (quorum alter Etruscum pertulit exilium; cum se promitteret alter exulis ultorem, iacuit mucrone suorum), res avidi concire novas odioque furentes pacis et ingenio scelerumque cupidine fratres.

post domitas Arctos alio prorupit ab axe tempestas et, ne qua tuis intacta tropaeis

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jetzt die Felder bestellt, der Sygambrer die Schwerter gebogen zu Sicheln umformt und der Wanderer sich, wenn er beide Rheinufer sieht, fragt, welches die römische Seite ist, [225] und dass der Belger sein Vieh schon auf der anderen Seite des Flusses weidet, ohne dass der Chauke sich empört, und die gallischen Rinder mitten über die Schwäbische Alb gehen und auf den Anhöhen der Franken umherziehen; so friedlich ist es, dass man fernhin in den lautlosen Weiten des Herkynischen Waldes sicher jagen kann und unsere Doppeläxte unbeschadet die Haine abschlagen, [230] die durch die Macht des alten Glaubens abweisend wirkten, und das Holz, das den Barbaren als göttlich galt. Ja, von sich aus schützen sie dich auch untertänig und lieben den Sieger. Wie oft hat nicht Alamannia darum gebeten, die Reiterscharen zu vereinen und unter deinen Zeichen mitziehen zu dürfen! [235] Doch obwohl sie nicht berücksichtigt wurde, empfand sie keinen Schmerz, und von dir gelobt, ließ ihre Treue nicht nach, obwohl die Hilfeleistung abgelehnt wurde. Eher würde unsere Provinz die römischen Beamten vertreiben als das Frankenreich die Könige, die du ihnen gegeben hast. Denn im Kampf Rebellen abzuwehren, das ist nicht mehr nötig, sondern man kann sie mit Fesseln bestrafen: Unter unserem Richter [240] untersucht der römische Kerker Vergehen von Königen. Markomeres und Sunno sind der warnende Beleg dafür (der eine von ihnen musste nach Etrurien ins Exil; als der andere sich anbot, den Exilierten rächen zu wollen, starb er durch das Schwert seiner eigenen Leute): Sie folgten dem Drang, rebellisch zum Widerstand aufzuwiegeln, sie waren verblendet im Hass [245] auf den Frieden, und sie waren in ihrer Vorstellungskraft und Lust, Verbrechen zu begehen, wahre Brüder. Krieg gegen Gildo: Katalog der afrikanischen Stämme Nach der Bezwingung des Nordens brach ein Sturm am anderen Ende der Welt los, und damit von deinen Siegeszeichen kein Welt-

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pars foret, Australis sonuit tuba. moverat omnes Maurorum Gildo populos, quibus inminet Atlans et quos interior nimio plaga sole relegat; quos vagus umectat Cinyps et proximus hortis Hesperidum Triton et Gir notissimus amnis Aethiopum, simili mentitus gurgite Nilum; venerat et parvis redimitus Nuba sagittis et velox Garamans, nec quamvis tristibus Hammon responsis alacrem potuit Nasamona morari. stipantur Numidae campi, stant pulvere Syrtes Gaetulae, Poenus iaculis obtexitur aer. hi virga moderantur equos; his fulva leones velamenta dabant ignotarumque ferarum exuviae, vastis Meroe quas nutrit harenis; serpentum patulos gestant pro casside rictus; splendent vipereae squamosa pelle pharetrae. non sic intremuit Simois, cum montibus Idae nigra coloratus produceret agmina Memnon, non Ganges, cum tela procul vibrantibus Indis inmanis medium vectaret belua Porum. Porus Alexandro, Memnon prostratus Achilli, Gildo nempe tibi.

nec solum fervidus Austrum, sed partes etiam Mavors agitabat Eoas. quamvis obstreperet Pietas, his ille regendae transtulerat nomen Libyae scelerique profano fallax legitimam regni praetenderat umbram. surgebat geminum varia formidine bellum,

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teil unberührt bliebe, erklang das Kriegssignal im Süden. Gildo hatte zur Rebellion alle Stämme der Mauren aufgewiegelt, über die sich das Atlasgebirge erhebt [250] und die das Landesinnere mit seiner starken Sonnenhitze von uns fern hält; ihnen spendet der weit fließende Cinyps Wasser und der Triton, der den Gärten der Hesperiden am nächsten ist, und der Gir, der berühmteste Fluss in Äthiopien, der mit seinen Wasserstrudeln vorgibt, dem Nil zu gleichen. Beteiligt hatte sich auch der Nubier, der kleine Pfeile im Haar trägt, [255] und der flinke Garamante; und obwohl Hammon mit ungünstigen Orakeln gewarnt hatte, konnte er den umtriebigen Nasamonen nicht aufhalten. Es füllten sich dicht an dicht die Ebenen der Numider, Staubwolken überzogen die gätulischen Syrten, der punische Himmel verdunkelte sich von Wurfspeeren. [259] Die einen lenkten die Pferde mit der Rute, den anderen lieferten Löwen ihre gelben Überwürfe oder die erbeuteten Felle unbekannter Raubtiere, welche Meroë in ihren sandigen Weiten gedeihen lässt; die aufgerissenen Rachen von Schlangen trugen sie als Helm, es schimmerten die Köcher aus Vipern von schuppiger Schlangenhaut. [264] Nicht einmal der Simois erbebte in dem Maß, als der farbige Memnon aus dem Gebirge des Ida seine schwarzen Scharen herausziehen ließ, und auch nicht der Ganges, als die Inder ihre Wurfgeschosse im Fernkampf schleuderten und ein gewaltiger Elefant in ihrer Mitte König Poros trug. Poros wurde von Alexander, Memnon von Achill niedergestreckt, und Gildo natürlich von dir! Gildo verursacht die Konfrontation mit der oströmischen Regierung. Nicht nur den Süden setzte der hitzige Mars in Aufruhr, [270] sondern auch die östlichen Reichsteile. Obwohl das Unrechtsbewusstsein warnend protestierte, hatte Gildo das Recht, Libyen zu regieren, dem Ostreich übertragen und hatte seinem frevlerischen Vergehen den Anschein einer legitimen Herrschaft trügerisch gegeben. Es erhob sich so ein zweifacher Krieg mit je unterschiedlicher

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hoc armis, hoc triste dolis. hoc Africa saevis † cinxerat † auxiliis, hoc coniuratus alebat insidiis Oriens. illinc edicta meabant corruptura duces, hinc frugibus atra negatis urgebat trepidamque fames obsederat urbem. exitiale palam Libycum, civile pudoris obtentu tacitum. tales utrimque procellae cum fremerent lacerumque alternis ictibus anceps imperium pulsaret hiemps, nil fessa remisit officii virtus contraque minantia fata pervigil eventusque sibi latura secundos maior in adversis micuit: velut arbiter alni, nubilus Aegaeo quam turbine vexat Orion, exiguo clavi flexu declinat aquarum verbera, nunc recta, nunc obliquante carina, callidus, et pelagi caelique obnititur irae. quid primum, Stilicho, mirer? quod cautus ad omnes restiteris fraudes, ut te nec noxia furto littera nec pretio manus inflammata lateret? quod nihil in tanto circum terrore locutus indignum Latio? responsa quod ardua semper Eois dederis, quae mox effecta probasti, securus, quamvis et opes et rura tenerent insignesque domos? levis haec iactura; nec umquam

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Art von Gefahren: [275] Der eine wurde mit Waffen ausgetragen, der andere abstoßend mit Intrigen. Für den einen Krieg hatte Africa mit grausamen Auxiliartruppen † aufgerüstet †, den anderen nährte der mitverschworene Osten mit hinterhältigen Maßnahmen. Von der einen Seite gingen Edikte aus, die die Heerführer zum Abfall bringen sollten, von der anderen Seite bedrohte der finstere Hunger Rom, weil die Getreidelieferungen eingestellt wurden, und hatte die zitternde Stadt in einen Belagerungszustand versetzt. [280] Der libysche Krieg war eine sichtbare Todesgefahr, doch der Bürgerkrieg wurde unter dem Schein von Rücksichtnahme nur verdeckt geführt. Als derartige Stürme von beiden Seiten tobten und Böen aus zwei Richtungen das zerrissene Reich abwechselnd mit Schlägen trafen, da vernachlässigte Stilichos Tatkraft trotz ihrer Erschöpfung nichts von ihrer Pflicht, und gegen das drohende Schicksal [285] in Wachsamkeit und um sich selbst einen günstigen Ausgang zu verschaffen, leuchtete sie im Unglück nur noch stärker auf. Wie der Lenker eines Schiffs, das der wolkenverhüllte Orion mit den aufgewühlten Wogen der Ägäis quält, mit einer geringfügigen Wendung des Ruders dem Anprall der Wasser ausweicht, indem den Kiel bald geradeaus lenkt, bald sich zur Seite wenden lässt [290] – er versteht die Kunst –, und sich dem Wüten von Meer und Wetter entgegenstemmt. Stilicho, was soll ich an erster Stelle an dir bewundern? Dass du mit Vorsicht gegen alle Intrigen Widerstand geleistet hast, so dass dir kein Schreiben entging, das mit heimlicher Botschaft schaden sollte, und keine Hand, die gegen Bezahlung aufgehetzt war? Dass man von dir in dem großen Schrecken ringsum kein Wort vernahm, [295] das Italiens Würde gefährdet hätte? Dass du immer dem Osten stolze Antworten gegeben hast, deren Geltung du bald mit der Tat bewiesen hast: ohne Sorge, obwohl er deine finanziellen Mittel, Ländereien und prachtvolle Häuser einbehielt? Leicht nahmst du diesen Verlust; und niemals musste das Wohl

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publica privatae cesserunt commoda causae. dividis ingentes curas teque omnibus unum obicis, inveniens animo quae mente gerenda, efficiens patranda manu, dictare paratus quae scriptis peragenda forent. quae bracchia centum, quis Briareus aliis numero crescente lacertis tot simul obiectis posset confligere rebus, evitare dolos, veteres firmare cohortes, explorare novas, duplices disponere classes, quae fruges aut bella ferant, aulaeque tumultum et Romae lenire famem? quot nube soporis immunes oculi per tot discurrere partes, tot loca sufficerent et tam longinqua tueri? Argum fama canit centeno lumine cinctum corporis excubiis unam servasse iuvencam! unde tot allatae segetes? quae silva carinas texuit? unde rudis tanto tirone iuventus emicuit senioque iterum vernante resumpsit Gallia bis fractas Alpino vulnere vires? non ego dilectu, Tyrii sed vomere Cadmi tam subitas acies concepto dente draconis exiluisse reor: Dircaeis qualis in arvis messis cum proprio mox bellatura colono cognatos strinxit gladios, cum semine iacto terrigenae galea matrem nascente ferirent armifer et viridi floreret milite sulcus.

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des Staats hinter privatem Interesse zurückstehen. [300] Die Menge der Sorgen bewältigst du, indem du sie aufteilst, und wirfst dich allein allen entgegen, indem du mit kluger Überlegung die planerischen Aufgaben, mit tatkräftiger Hand die praktischen Aufgaben bewältigst, und bereit bist zu diktieren, was durch Schreiben zu organisieren ist. Welche hundert Arme, welcher Briareus könnte, selbst wenn ihm noch weitere Arme in wachsender Zahl wüchsen, [305] gegen so viele Hindernissen zugleich den Kampf antreten, den Intrigen ausweichen, die erfahrenen Kohorten ermutigen, die neuen Kohorten erproben, seine Flotte in zwei Teile – für die Getreideversorgung und für den Truppentransport – strategisch aufteilen, und gegen die Aufregung am Hof und den Hunger in Rom helfend wirken? Wie viele Augen, [310] unempfindlich gegen die Umwölkung des Schlafs, wären genug, um in so viele Richtungen den Blick schweifen zu lassen und so viele und so weit entfernte Schauplätze im Blick zu behalten? Und da wird als Großtat gefeiert, dass Argos mit seinen hundert Augen eine einzige Kuh in schlafloser Wacht gehütet habe! Woher kommen so viele Getreidelieferungen? Welcher Wald hat die Schiffe [315] entstehen lassen? Woher kam plötzlich die Jungmannschaft mit so vielen Rekruten und woher nahm Gallia in neuer Jugendblüte ihre Kräfte, obwohl diese schon zweimal mit blutigem Kampf in den Alpen gebrochen worden waren? Ich jedenfalls glaube, dass nicht durch eine Aushebung, sondern durch den Pflug des tyrischen Kadmos so plötzlich Truppen aus dem Boden gewachsen sind, indem Drachenzähne ausgesät wurden. [320] Wie auf Thebens Feldern die Ausgesäten ihre Schwerter gleichen Ursprungs gegeneinander zogen, um sofort mit dem eigenen Bauern Krieg zu führen – als die Erdgeborenen, kaum dass die Saat ausgeworfen war, die Mutter Erde verwundeten, sobald nur der Helm hervorwuchs und die waffentragende Furche aufblühte mit dem frisch heranwachsenden Kämpfer.

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hoc quoque non parva fas est cum laude relinqui quod non ante fretis exercitus adstitit ultor ordine quam prisco censeret bella senatus. neclectum Stilicho per tot iam saecula morem rettulit, ut ducibus mandarent proelia patres decretoque togae felix legionibus iret tessera. Romuleas leges rediisse fatemur, cum procerum iussis famulantia cernimus arma. Tyrrhenum poteras cunctis transmittere signis et ratibus Syrtes, Libyam conplere maniplis: consilio stetit ira minor, ne territus ille te duce suspecto Martis graviore paratu aut in harenosos aestus zonamque rubentem tenderet aut solis fugiens transiret in ortus missurusve sibi certae solacia mortis oppida dirueret flammis. res mira relatu, ne timeare times et, quem vindicta manebat, desperare vetas. quantum fiducia nobis profuit hostilis! salvae Karthaginis arces; illaesis Tyrii gaudent cultoribus agri, quos potuit vastare fuga. spe captus inani nec se subripuit poenae nostrisque pepercit: demens, qui numero tantum, non robore mensus Romanos rapidis ibat ceu protinus omnes calcaturus equis et, quod iactare solebat, solibus effetos mersurus pulvere Gallos. sed didicit non Aethiopum geminata venenis vulnera, non fusum crebris hastilibus imbrem,

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Stilicho arbeitet mit dem Senat zusammen und rettet Roms historische Leistungen. [325] Auch das darf man nicht mit nur geringem Lob übergehen, dass nicht eher das rächende Heer am Meer aufmarschierte, als bis der Senat nach traditionsreicher Ordnung den Krieg beschlossen hatte. Stilicho gab der schon so viele Jahrhunderte lang ignorierten Regelung wieder Gültigkeit, dass die Senatoren den Kommandanten die Kriegsführung übertragen sollten [330] und dass auf Befehl des Senats an die Armee das Erfolg verheißende Kommando zum Aufbruch ergehen sollte. Dass die Gesetze des Romulus wieder gelten, können wir bestätigen, wenn wir das Heer sehen, das den Befehlen der Senatoren dient. Du hättest über das Tyrrhenische Meer mit allen Truppen übersetzen und mit den Schiffen die Syrten und mit den Manipeln Libyen anfüllen können. [335] Doch der Zorn wog geringer als die kluge Planung, dass Gildo nur nicht aus Furcht, weil unter deiner Führung eine mächtigere Aufrüstung zu erwarten war, entweder in die Hitze der Wüstengebiete und in die sonnenversengte Zone zöge oder in Richtung Osten flöhe und die Städte mit Brand verheerte, um sich einen Trost für seinen sicheren Tod zu verschaffen. Es ist eine erstaunliche Geschichte: [341] Du fürchtest, gefürchtet zu werden, und verbietest dem, auf den die Strafe schon wartete, zu verzweifeln. Wie kam uns die feindliche Zuversicht zu Gute! Unversehrt blieben Karthagos Burganlagen, die tyrischen Äcker freuen sich, dass ihre Bauern unbeschadet geblieben sind; [345] denn Gildo hätte sie auf seiner Flucht verwüsten können. In eitler Hoffnung entzog er sich nicht der Bestrafung und schonte unseren Besitz: Verblendet, weil er die Römer nur nach der Zahl, nicht nach der Kraft einschätzte, zog er mit galoppierenden Pferden voran, als wollte er auf der Stelle alle niederreiten und – so prahlte er gern – [350] die Gallier, die die Hitze nicht vertragen, im Sand versenken. Aber er erhielt seine Lektion, dass nicht die Wunden, die von Giften der Äthiopen verschlimmert wurden, nicht die

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non equitum nimbos Latiis obsistere pilis. sternitur ignavus Nasamon, nec spicula supplex iam torquet Garamans; repetunt deserta fugaces Autololes; pavidus proiecit missile Mazax. cornipedem Maurus nequiquam hortatur anhelum; praedonem lembo profugum ventisque repulsum suscepit merito fatalis Thabraca portu expertum quod nulla tuis elementa paterent hostibus, et laetae passurum iurgia plebis fracturumque reos humili sub iudice vultus. nil tribuat Fortuna sibi. sit prospera semper illa quidem; sed non uni certamina pugnae credidimus totis nec constitit alea castris nutatura semel; si quid licuisset iniquis casibus, instabant aliae post terga biremes; venturus dux maior erat. victoria nulla clarior aut hominum votis optatior umquam contigit. an quisquam Tigranen armaque Ponti vel Pyrrhum Antiochique fugam vel vincla Iugurthae conferat aut Persen debellatumque Philippum? hi propagandi ruerant pro limite regni: hic stabat Romana salus. ibi tempora tutas traxerunt dilata moras: hic vincere tarde vinci paene fuit. discrimine Roma supremo inter supplicium populi deforme pependit; et tantum Libyam fructu maiore recepit

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dichten Geschosse, die als Regen niedergingen, nicht die Wolken von Reiterscharen den römischen Wurfspießen standhalten können. [354] Niedergestreckt wurde der feige Nasamone, keine Pfeile schoss mehr der um sein Leben flehenden Garamante; in wilder Flucht zogen sich die Autololen wieder in ihre Wüste zurück; in Furcht warfen die Mazaken ihre Waffen von sich. Der Maure trieb vergeblich sein keuchendes Pferd an; den Räuber, der in einem Kahn floh und von den Winden wieder an Land getrieben wurde, fing Thabraca im Hafen auf, das ihm zu Recht zum Verhängnis wurde; [360] so musste er erfahren, dass deinen Feinden kein Element zur Flucht offen steht, und er sollte schließlich den Schimpf und Spott des erleichterten Volks über sich ergehen lassen und sein schuldiges Antlitz vor einem niederen Richter beugen. Fortuna soll sich das nicht als Verdienst anrechnen! Möge sie zwar immer günstig sein, doch wir haben nicht nur einer Schlacht die Entscheidung [365] anvertraut, und nicht die ganze Armee wurde auf einen Wurf gesetzt, der mit einem Fall hätte entscheiden müssen; und wenn für ungerechten Zufall noch ein Freiraum geblieben wäre, warteten im Rücken schon weitere Zweiruderer: Ein größerer Kommandant war bereit zu kommen. Kein Sieg war herrlicher oder erfüllte jemals sehnlicher erwünscht die Gebete der Menschen. [370] Wollte etwa jemand den Tigranes und das Heer von Pontos oder Pyrrhus und die Flucht des Antiochos oder die Fesseln Jugurthas zum Vergleich heranziehen, oder den Perseus und den vernichtend geschlagenen Philipp? Diese Herrscher waren gestürzt, um die Grenzen des Reichs auszudehnen. [374] Jetzt aber ging es um Roms Existenz. Damals brachte die Zeit, die man verstreichen ließ, nur eine gefahrlose Verzögerung mit sich: In unserem Fall hätte ein verzögerter Sieg beinahe eine Niederlage bedeutet. In höchster Gefahr schwebte Rom während der entstellenden Marterqualen seines Volks. Libyen zurückerhalten zu haben, bedeutete für Rom einen größeren Gewinn, als es überhaupt erworben zu haben – genauso wie es

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quam peperit, quantum graviorem amissa dolorem quam necdum quaesita movent. quis Punica gesta, quis vos, Scipiadae, quis te iam, Regule, nosset, quis lentum caneret Fabium, si iure perempto insultaret atrox famula Karthagine Maurus? haec omnes veterum revocavit adorea laurus. restituit Stilicho cunctos tibi, Roma, triumphos.

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einen größeren Schmerz erregt, etwas verloren zu haben, als es schmerzt, etwas noch gar nicht erworben zu haben. Wer wüsste heute von den Heldentaten der Punischen Kriege, [380] wer von euch, Scipionen, und von dir, Regulus, wer würde den Cunctator Fabius preisen, wenn der Rechtstaat vernichtet wäre und der wilde Maure triumphierte, weil Karthago ihm nun dient. Dieser Sieg hat auch alle Lorbeerkränze der Alten zurückgewonnen. [385] Stilicho hat dir, Roma, alle Triumphe wiederhergestellt.

22 De consulatu Stilichonis liber secundus Hactenus armatae laudes: nunc qualibus orbem moribus et quanto frenet metuendus amore, quo tandem flexus trabeas auctore rogantes induerit fastisque suum concesserit annum, mitior incipiat fidibus iam Musa remissis.

principio magni custos Clementia mundi, quae Iovis incoluit zonam, quae temperat aethram frigoris et flammae mediam, quae maxima natu caelicolum. nam prima chaos Clementia solvit congeriem miserata rudem vultuque sereno discussis tenebris in lucem saecula fudit. haec dea pro templis et ture calentibus aris te fruitur posuitque suas hoc pectore sedes. haec docet, ut poenis hominum vel sanguine pasci turpe ferumque putes; ut ferrum Marte cruentum, siccum pace feras; ut non infensus alendis materiem praestes odiis; ut sontibus ultro ignovisse velis, deponas ocius iram quam moveas, precibus numquam inplacabilis obstes, obvia prosternas, prostrataque more leonum despicias, alacres ardent qui frangere tauros, transiliunt praedas humiles. hac ipse magistra

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22 Stilichos Konsulat: Zweites Buch Überleitung zu den Taten im Frieden Soweit mein Preis der Waffentaten: Mit welchen moralischen Qualitäten und mit wieviel Liebe der furchterregende Mann den Erdkreis lenkt, auf wessen Veranlassung er sich endlich überreden ließ und die Amtstracht, die danach verlangte, anlegte und dem römischen Kalender s e i n Amtsjahr als Ehre gönnte, [5] das zu singen soll nun eine friedlichere Muse mit freundlicher gestimmtem Saitenklang anheben. Clementia Am Anfang war die Gnade die Wächterin des weiten Kosmos: Sie hatte in Jupiters Sphäre ihre Wohnstatt, sie reguliert den Himmel ausgeglichen zwischen Eiseskälte und Sonnenhitze, und sie ist die älteste von den Gottheiten: Denn als erste löste die Gnade das Chaos auf, [10] indem sie sich der rohen Materie erbarmte: Nachdem sie mit heiterem Antlitz die Finsternis vertrieben hatte, brachte sie so die Welt ans Licht. Diese Göttin wählte dich anstelle von Tempeln und weihrauchdampfenden Altären und nahm ihren Sitz hier in deinem Herzen. [14] Ihre Unterweisung macht, dass du es für eine Schande und Unmenschlichkeit hältst, Befriedigung an Bestrafung von Menschen oder an Blutvergießen zu finden, dass du dein Schwert zwar im Krieg blutig, im Frieden aber unbefleckt trägst; dass du, wenn du nicht beleidigt wurdest, auch keinen Anlass gibst, Hass zu nähren; dass du vielmehr von dir aus Schuldigen verzeihen willst und schneller den Zorn ablegst, als ihn erregst, niemals unversöhnlich Bitten ablehnst und [20] alles, was sich dir entgegenstellt, zwar niederringst, aber wie die Löwen über das, was zu Boden gestreckt ist, überlegen hinwegschreitest: Sie brennen hitzig darauf, Stiere zu besiegen, setzen aber über niedrige Beutetiere im Sprung hinweg. Da die Gnade deine Lehrmeisterin

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das veniam victis, hac exorante calores horrificos et quae numquam nocitura timentur iurgia contentus solo terrore coerces aetherii patris exemplo, qui cuncta sonoro concutiens tonitru Cyclopum spicula differt in scopulos et monstra maris nostrique cruoris parcus in Oetaeis exercet fulmina silvis.

huic divae germana Fides eademque sorori corde tuo delubra tenens sese omnibus actis inserit. haec docuit nullo livescere fuco, numquam falsa loqui, numquam promissa morari; invisos odisse palam, non virus in alto condere, non laetam speciem praemittere fraudi, sed certum mentique parem conponere vultum; occulto saevire vetat, prodesse remittit. haec et amicitias longo plus tempore firmat mansuroque adamante ligat; nec mobile mutat ingenium: parvae strepitu nec vincula noxae dissolvi patitur nec fastidire priorem inlicitur veniente novo. benefacta tenere, respuere offensas facilis, pariterque minoris officii magnique memor superare laborat utque hostes armis, meritis sic vincit amicos. haec fovet absentes, haec longe sola remotis

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ist, gewährst du selbst den Besiegten Nachsicht; wenn die Gnade bittet, hältst du die furchterregende Leidenschaft unter Kontrolle und die drohenden Worte, die gefürchtet werden, obwohl sie niemals Schaden bringen werden; [25] du bist allein schon damit zufrieden, Schrecken einzujagen: Das tust du nach dem Vorbild des himmlischen Vaters, der alles mit durchdringendem Donnergrollen erschüttert, aber die Geschosse der Kyklopen auf Felsenriffe und Meeresungeheuer ablenkt und unser Leben schont, indem sich seine Blitzen an den Wäldern des Oitegebirges austoben. Fides [30] Zu dieser Göttin gesellt sich ihre Schwester, die Treue; sie ist in deinem Herzen in dasselbe Heiligtum wie ihre Schwester eingezogen und nimmt an allen Taten teil. Sie hat dich gelehrt, deine Farbe nicht mit der Schminke der Verstellung zu verlieren, niemals Falsches zu sagen, niemals Versprochenes aufzuschieben, Verhassten offen die Abneigung zu zeigen, nicht das Gift in der Tiefe zu verbergen, [35] nicht einen erfreulichen Vorwand einem Betrug vorausgehen zu lassen, sondern eine zuverlässige und dem Inneren entsprechende Miene zu zeigen. Im Geheimen zu zürnen verbietet sie, aber sie gestattet es, im Geheimen Nutzen zu bringen. Sie macht auch Freundschaften mit der Länge ihrer Dauer immer stärker und bindet sie mit unvergänglichem Stahl zusammen. Sie ändert nicht unzuverlässig die Einstellung: [40] Sie duldet es nicht, dass ihre Bande durch den Misston einer kleinen Kränkung gelöst werden, und wird nicht dazu verführt, an älterer Freundschaft Überdruss zu empfinden, wenn sich eine neue Freundschaft anbahnt. Gute Taten im Gedächtnis zu behalten und Beleidigungen gering zu achten, fällt ihr leicht; und weil sie kleinere Hilfen genauso wenig vergisst wie große, ist es ihr Ehrgeiz, sie noch zu übertreffen: [45] Wie Feinde mit Waffen, so besiegt sie Freunde mit Verdiensten. Sie kümmert sich auch um Freunde, die nicht anwesend sind, sie sorgt für die Freunde in weiter Ferne,

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consulit, haec nullis avidam rumoribus aurem pandit, ut ignarum numquam laesura clientem insidiosa tuos alienent murmura sensus.

nec vivis adnexus amor meminisse sepultos desinit; in prolem transcurrit gratia patrum. hac tu Theodosium, tenuit dum sceptra, colebas, hac etiam post fata colis; nec pignora curas plus tua quam natos dederat quos ille monendos tutandosque tibi. iustos nimiumque fideles fama putat, qui, cum possint commissa negare, maluerint nullo violati reddere quaestu. at Stilicho non divitias aurique relictum pondus, sed geminos axes tantumque reservat depositum teneris, quantum sol igneus ambit. quid non intrepidus credas, cui regia tuto creditur? hoc clipeo munitus Honorius altum non gemuit patrem, vitaeque et lucis in ipso limine, contemptus numquam, dat iura subactis gentibus et secum sentit crevisse triumphos. quem tu sic placida formas, sic mente severa, ut neque desidiae tradas, dum pronus ad omne quod libet obsequeris, nec contra nixus ovantem confringas animum; secretus consona regno ceu iuvenem doceas, moles quid publica poscat;

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auch wenn sie allein ist; ihr Ohr öffnet sie nicht neugierig für irgendwelche Nachreden, so dass niemals dem ahnungslosen Klienten intrigantes Gerede, das ihm schaden soll, dein Wohlwollen entziehen kann. Stilicho überträgt seine Treue zu Theodosius auf die Söhne. [50] Nicht lässt die Liebe, die den Lebenden galt, im Andenken nach, wenn sie bestattet sind; das gute Verhältnis unter den Vätern geht auf die Kinder über. Mit der Kraft der Treue dientest du dem Theodosius, solange er die Regierung führte, mit der Kraft der Treue dienst du ihm auch nach seinem Tod; und für deine eigenen Kinder sorgst du nicht mehr als für seine Söhne, die er deiner Beratung [55] und deinem Schutz anvertraut hatte. Als gerecht und extrem vertrauenswürdig schätzt man im allgemeinen Urteil diejenigen ein, die hinterlegtes Vermögen, ohne von Profitgier in ihrer Integrität beeinträchtigt zu sein, lieber zurückgeben wollen, obwohl sie es ableugnen könnten. Aber Stilicho bewahrt nicht Wertsachen und hinterlassenes Gold für die Kinder auf, sondern beide Weltreichhälften und ein anvertrautes Besitztum, das sich so weit ausdehnt, wie die leuchtende Sonne täglich ihre Bahn zieht. [61] Was wollte man ihm da nicht sorgenfrei anvertrauen, dem doch der Königshof ohne Gefahr anvertraut wird? Geschützt von einem solchen Schild musste Honorius seinen erhabenen Vater nicht untröstlich vermissen, und schon am Anfang seines Lebens gab er, niemals geringgeschätzt, den unterworfenen Völkern Gesetze und spürte, dass mit seinen Lebensjahren auch die Triumphe zunahmen. [66] Ihn erziehst du so mit Freundlichkeit, so mit Strenge, dass du ihn einerseits nicht nachlässig werden lässt, indem du bereitwillig jedem seiner Wünsche folgst, andererseits aber auch nicht mit Verboten seinen Stolz brichst. Das tust du auch, indem du ihm unter vier Augen [70] wie einem jungen Erwachsenen beibringst, was mit der Reichsregierung vereinbar ist, was die Last der Staatslenkung erfordert, aber auch

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ceu sanctum venerere senem patriisque gubernes imperium monitis; dominum summissus adores, obsequiis moderere ducem, pietate parentem. hinc fuit, ut primos in coniuge disceret ignes ordirique virum non luxuriante iuventa, sed cum lege tori, casto cum foedere vellet. principe tu felix genero: felicior ille te socero. fratrem levior nec cura tuetur Arcadium; nec, si quid iners atque inpia turba praetendens proprio nomen regale furori audeat, adscribis iuveni. discordia quippe cum fremeret, numquam Stilicho sic canduit ira, saepe lacessitus probris gladiisque petitus, ut bello furias ultum, quas pertulit, iret inlicito causamque daret civilibus armis: cuius fulta fide mediis dissensibus aulae intemeratorum stabat reverentia fratrum. quin et Sidonias chlamydes et cingula bacis aspera gemmatasque togas viridesque zmaragdis loricas galeasque renidentes hyacinthis gestatosque patri capulis radiantibus enses et vario lapidum distinctas igne coronas dividis ex aequo, ne non Augusta supellex ornatusque pares geminis heredibus essent. mittitur et miles, quamvis certamine partes iam tumeant. hostem muniri robore mavis quam peccare fidem: permittis iusta petenti

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indem du ihn ehrst, als wäre er ein ehrwürdiger Greis, und das Reich nach den väterlichen Weisungen lenkst. Das tust du, indem du deinen Herrn respektvoll behandelst, indem du mit Gehorsam den Anführer führst, mit väterlicher Liebe den »Vater«. Daher kam es, dass er seine ersten Liebesgefühle bei der Gattin lernte [75] und seine Männlichkeit nicht in jugendlichen Eskapaden erstmals erfahren wollte, sondern in gesetzlicher Ehe mit keuschem Ehebund. Glücklich bist du, weil du einen Kaiser zum Schwiegersohn hast, aber noch glücklicher darf er sich schätzen, weil du sein Schwiegervater bist. Auch den Bruder Arcadius schützt deine Fürsorge in nicht geringerem Grad. Und wenn eine nichtsnutzige und respektlose Gruppe eine Dreistigkeit wagt, [80] indem sie den Namen des Kaisers für die eigene Wahnsinnstat vorschiebt, so schreibst du es nicht dem jungen Mann zu. Denn als die Konfrontation tobte, ließ sich Stilicho niemals so stark zu Zorn hinreißen – obwohl er oft mit Beleidigungen gereizt und mit Waffen attackiert wurde –, dass er, um die erlittenen Provokationen zu rächen, in einen unerlaubten Krieg ausgezogen wäre und den Grund für einen Bürgerkrieg geliefert hätte: [86] Auf seine Treue gestützt stand mitten in den Auseinandersetzungen des Hofs die Ehrfurcht vor den Brüdern fest, die unberührt davon blieben. Ja, auch purpurne Mäntel und perlenbestickte Gürtel, edelsteingezierte Togen und von Smaragden grüne [90] Brustpanzer und Helme, die von hyazinthfarbenen Edelsteinen erglänzen, und Schwerter, die vom Vater an glänzenden Heften geführt worden waren, und Kronen, die vom vielfarbigen Feuer der Edelsteine bunt erglänzten, verteilst du gerecht, damit beide Erben auf jeden Fall im gleichen Besitz der kaiserlichen Ausstattung und des Schmucks wären. [95] Selbst Truppen wurden übersandt, obwohl die Parteiungen im Wettkampf schon überheblich wurden. Doch du willst lieber, dass der Feind sich mit der Streitmacht schützen kann, als dass du gegen die Treue verstößt. Du erfüllst dem, der berechtigte Forderungen stellt, seinen Wunsch

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idque negas solum, cuius mox ipse repulsa gaudeat et quidquid fuerit deforme mereri.

omnes praeterea, puro quae crimina pellunt ore, deae iunxere choros unoque receptae pectore diversos tecum cinguntur in usus. Iustitia utilibus rectum praeponere suadet communesque sequi leges iniustaque numquam largiri sociis. durum Patientia corpus instruit ut nulli cupias cessisse labori; Temperies, ut casta petas; Prudentia, ne quid inconsultus agas; Constantia, futtile ne quid infirmumque geras. procul inportuna fugantur numina, monstriferis quae Tartarus edidit antris: ac primam scelerum matrem, quae semper habendo plus sitiens patulis rimatur faucibus aurum, trudis Avaritiam; cuius foedissima nutrix Ambitio, quae vestibulis foribusque potentum excubat et pretiis commercia pascit honorum, pulsa simul. nec te gurges corruptior aevi traxit ad exemplum, qui iam firmaverat annis crimen et in legem rapiendi verterat usum. denique non dives sub te pro rure paterno vel laribus pallet; non insidiator oberrat facturus quemcumque reum; non obruta virtus paupertate latet. lectos ex omnibus oris evehis et meritum, non quae cunabula, quaeris

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und sagst nur dann »Nein«, wenn die Ablehnung ihn bald selbst froh machen wird, und die Zusage Schande einbringen würde. Stilichos Virtutes wehren die Vitia ab. [100] Darüber hinaus haben alle Göttinnen, die mit reinem Mund schuldhaftes Verhalten abwehren, ihre Reigen zusammengeführt; alle in e i n e m Herzen vereint wappnen sich mit dir zu verschiedenen Aufgaben: Die Gerechtigkeit rät dir, das Rechte dem Nützlichen vorzuziehen, die Gesetze einzuhalten, die für alle gelten, und niemals den eigenen Leuten Unrechtmäßiges zukommen zu lassen. [105] Die Anweisung der Ausdauer verhilft zu einem widerstandsfähigen Körper, so dass du keiner Mühe aus dem Weg gehen willst, die Mäßigung wirkt dahin, dass du nichts Unmoralisches haben möchtest, die Klugheit, dass du nichts unüberlegt tust, die Charakterstärke, dass du nichts ausführst, was nicht Bestand und Nachhaltigkeit hat. In weite Ferne werden die unverschämten Mächte vertrieben, [110] welche der Tartarus in seinen Höhlen, die Monster ausbrüten, hervorgebracht hat: Und als erste verbannst du die Mutter der Verbrechen, die immer, wenn sie etwas besitzt, nach mehr dürstet und mit aufgesperrtem Rachen Gold sucht: die Habgier. Zugleich mit ihr vertrieben ist ihre abscheuliche Amme, die Ehrsucht, die in den Hallen und an den Türen der Mächtigen [115] Wache hält und mit Geldzahlungen dem Handel mit Ämtern neue Nahrung gibt. Nicht hat dich der immer schlimmere Formen annehmende Strudel unserer Zeit zur Nachahmung mitgerissen, der im Laufe der Jahre schon dieses Verbrechen gestärkt hatte und die Gewohnheit des Raffens zu einer gültigen Regel hatte werden lassen. Letztlich muss unter dir kein Reicher um sein ererbtes Land [120] oder sein Haus bangen; kein Denunziant geht durchs Land, um beliebige Opfer zu Angeklagten zu machen. Keine Begabung bleibt aus Mangel an Geld chancenlos. Aus allen Ländern auserlesene Männer lässt du aufsteigen und fragst nach ihren Verdiensten, nicht

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et qualis, non unde satus. sub teste benigno vivitur; egregios invitant praemia mores. hinc priscae redeunt artes; felicibus inde ingeniis aperitur iter despectaque Musae colla levant opibusque fluens et pauper eodem nititur ad fructum studio, cum cernat uterque quod nec inops iaceat probitas nec inertia surgat divitiis. nec te iucunda fronte fefellit Luxuries, praedulce malum, quae dedita semper corporis arbitriis hebetat caligine sensus membraque Circaeis effeminat acrius herbis, blanda quidem vultus, sed qua non taetrior ulla interius: fucata genas et amicta dolosis inlecebris torvos auro circumlinit hydros. illa voluptatum multos innexuit hamis: te numquam conata capit. non prava libido stupris advigilat; non tempora somnus agendi frustratur; nullo citharae convivia cantu non pueri lasciva sonant. quis cernere curis te vacuum potuit, quis tota mente remissum aut indulgentem dapibus, ni causa iuberet laetitiae? non indecores aeraria lassant expensae; parvo non inproba littera libro absentum condonat opes. a milite parcus diligeris; neque enim neclectas pace cohortes tum ditas, cum bella fremunt. scis nulla placere munera, quae metuens illis, quos spreverat, offert,

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nach ihrer Herkunft: wie sie sind, und nicht, wo sie geboren sind. Man lebt unter wohlwollender Beobachtung: [125] Belohnung fördert hervorragendes Verhalten. Daher kehrt auch die gute alte Bildung zurück; daher öffnet sich der Weg für erfolgreiche Talente, und die Musen richten ihre missachteten Häupter wieder auf; und der Reichbegüterte und der Arme streben mit demselben Eifer nach der Frucht ihrer Bemühung, da beide sehen, [130] dass die Tüchtigkeit, die mittellos ist, nicht am Boden liegen muss und die Untätigkeit nicht durch ihren Reichtum aufsteigen kann. Dich konnte auch nicht das Wohlleben mit seinem angenehmen Äußeren täuschen, ein verführerisches Laster, das immer nur den Kriterien des Körpers ergeben ist, dadurch die Wahrnehmungsfähigkeit trübt und die Glieder aggressiver als Zauberkräuter der Kirke ihrer Stärke beraubt: [135] Gewinnend ist zwar Luxurias Gestalt, aber innerlich gibt es nichts Abstoßenderes als sie: Geschminkt im Gesicht und mit trügerischen Verlockungen ummäntelt, überzieht sie mit Gold ihre fürchterlichen Schlangen. Sie hat viele Männer mit den Angelhaken der Lüste gefangen: [139] Dich zieht keiner ihrer Versuche je an Land. Nicht durchwacht die abstoßende Geilheit die Nächte beim Ehebruch; nicht vergeudet der Schlaf die Zeiten, die für tätiges Handeln vorgesehen sind; dein Gastmahl hallt nicht von den Melodien der Kithara wider, nicht lassen junge Sklaven Aufreizendes hören. Wer hätte dich je frei von Verantwortung, wer hätte dich völlig entspannt oder Tafelgenüssen hingegeben sehen können, außer wenn ein Anlass zur Freude es forderte? [145] Keine unangemessenen Ausgaben leeren die Staatskassen; kein ungerechter Buchstabe in einem kurzen Schreiben verschenkt das Vermögen von Abwesenden. Von deinen Soldaten wirst du geschätzt, weil du nicht verschwenderisch bist; denn du gibst nicht dann Schenkungen an die Truppen aus, die in Friedenszeiten vernachlässigt wurden, wenn sich das Kriegsgetöse erhebt. Du weißt, dass Sonderzahlungen nicht gut ankommen, [150] die der Anbieter in seiner Furcht denen gewährt, um die er

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serus et incassum servati prodigus auri. antevenis tempus non expectantibus ultro munificus mensaeque adhibes et nomine quemque conpellas, clari sub te quod gesserat olim admonitum facti, figendaque sensibus addis verba, quibus magni geminatur gratia doni. nec, si quid tribuas, iactatum saepius idem exprobrare soles nec, quos promoveris, alto turgidus adloqueris fastu nec prospera flatus attollunt nimios. quin ipsa Superbia longe discessit, vitium rebus sollemne secundis virtutumque ingrata comes. contingere passim adfarique licet. non inter pocula sermo captatur, pura sed libertate loquendi seria quisque iocis nulla formidine miscet. quem videt Augusti socerum regnique parentem, miratur conviva parem, cum tanta potestas civem lenis agat. te doctus prisca loquentem, te matura senex audit, te fortia miles aspersis salibus, quibus haud Amphiona quisquam praeferat Aonios meditantem carmine muros nec velit Orpheo migrantes pectine silvas. hinc amor, hinc veris et non fallacibus omnes pro te solliciti votis; hinc nomen ubique plausibus, auratis celebrant hinc ora figuris. quae non incudes streperent, quae flamma vacaret

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sich nicht gekümmert hatte: Verspätet und wirkungslos ist er dann verschwenderisch mit dem aufgesparten Gold. Du wartest nicht so lange und bist von dir aus großzügig zu denen, die es gar nicht erwarten; du lädst sie an deinen Tisch und sprichst einen jeden mit seinem Namen an, indem du eine besondere Leistung in Erinnerung bringst, die er einst unter dir vollbracht hat, und du fügst Worte hinzu, [156] die bleibenden Eindruck hinterlassen werden, mit denen die Dankbarkeit für die große Gabe verdoppelt wird. Wenn du jemandem etwas zuteilwerden lässt, ist es nicht deine Art, ihm das vorzuhalten, indem es immer wieder zur Sprache gebracht wird. Und du redest diejenigen, deren Karriere du gefördert hast, nicht geschwollen von Hochmut an, und Erfolge führen bei dir nicht zu aufgeblasenem Stolz. [160] Ja, der Hochmut selbst hat sich in weite Ferne zurückgezogen, ein Laster, das sich im Glück regelmäßig einstellt und eine unerwünschte Begleiterin der Tugenden ist. Du bist allenthalben anzutreffen und anzusprechen. Nicht wird das, was beim Symposion gesagt wird, abgehört, sondern in echter Meinungsfreiheit [165] getraut sich jeder ohne Furcht, neben Ernstem auch etwas im Spaß zu sagen. Die anderen Gäste staunen, dass der Mann, den sie als Schwiegervater des Kaisers und Vater des Reichs kennen, von Gleich zu Gleich mit ihnen spricht: Denn die Größe der Macht lässt dich trotzdem leutselig die Rolle des Mitbürgers einnehmen. Der Gelehrte vernimmt deine würdigen Worte, der Greis deine reifen Worte, der Soldat hört deine mutigen Worte, [170] die mit einer Brise spöttischen Witzes versetzt sind: Lieber als deine Worte würde niemand den Amphion hören wollen, der Thebens Mauern mit seinem Lied ersann, oder die Wälder sehen wollen, die sich zu Orpheus’ Plektron in Bewegung setzen. Daher kommt die Liebe, daher kommt es, dass alle für dich mit wahrhaftigen und nicht mit heuchlerischen Gelübden beten. Daher ehren sie überall deinen Namen [175] mit Beifall und deine Gesichtszüge mit goldenen Porträts. Welche Ambosse würden nicht widerhallen, welche Flamme in der Esse

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fabrilis, quantis fluerent fornacibus aera effigies ductura tuas, quis devius esset angulus aut regio quae non pro numine vultus dilectos coleret, talem ni semper honorem respueres? decus hoc rapiat, quem falsa timentum munera decipiunt, qui se diffidit amari. hic solus sprevisse potest qui iure meretur. undique legati properant generique sub ore in tua centenas aptant praeconia voces. grates Gallus agit, quod limite tutus inermi et metuens hostile nihil nova culmina totis aedificet ripis et saevum gentibus amnem Thybridis in morem domibus praevelet amoenis. hinc Poeni cumulant laudes, quod rura tyranno libera possideant; hinc obsidione solutus Pannonius potorque Savi, quod clausa tot annis oppida laxatis ausus iam pandere portis rursus cote novat nigras rubigine falces exesosque situ cogit splendere ligones agnoscitque casas et collibus oscula notis figit et inpresso glaebis non credit aratro. exectis, inculta dabant quas saecula, silvis restituit terras et opacum vitibus Histrum conserit et patrium vectigal solvere gaudet, immunis qui clade fuit. te sospite fas est vexatum laceri corpus iuvenescere regni; sub tot principibus quaecumque amisimus olim, tu reddis; solo poterit Stilichone medente

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wäre nicht beschäftigt, aus wieviel Öfen flösse nicht die Bronze, um dein Abbild zu formen, welcher Winkel oder welche Region wäre so abgelegen, dass sie nicht dein geliebtes Antlitz wie eine Gottheit verehrte – wenn du nicht immer eine solche Ehrung [181] zurückweisen würdest? Diese Ehrung soll einer für sich beanspruchen, den heuchlerische Geschenke von Verängstigten täuschen, der nicht darauf vertrauen kann, dass er geliebt wird. Der allein kann gut auf sie verzichten, der sie zu Recht verdient. Aus allen Richtungen kommen eilig Gesandte und lassen vor deinem Schwiegersohn [185] hundert Stimmen zum Ruhm deiner Taten erschallen. Dank sagt der Gallier dafür, dass er, an seiner Grenzlinie ohne Waffenschutz sicher, ohne Furcht vor feindlichen Übergriffen neue Gebäude die ganzen Ufer entlang bauen kann und den Strom, der wegen seiner Völker so wild ist, mit anmutigen Häusern säumen darf, wie man es vom Tiber kennt. [190] Darauf vermehren die Punier noch deinen Ruhm, weil sie Ländereien besitzen, die frei vom Tyrannen sind; es schließt sich der Pannonier an, weil er von der Besetzung befreit ist, und der Anwohner der Save, weil er die Städte, die so lange Jahre verschlossen waren, jetzt wieder mit geöffneten Toren aufzuschließen wagt, und weil er wieder am Wetzstein die Sensen, die dunkel vom Rost waren, aufpoliert [195] und die Pflugscharen, die vom Schmutz zerfressen waren, zum Glänzen bringt, die Hütten wiedersieht und die vertrauten Hügel mit Küssen begrüßt und es kaum zu glauben wagt, wenn er den Pflug in den Boden gesenkt hat. Nachdem die Wälder ausgerodet sind, welche unzivilisierte Zeiten wachsen ließen, bestellt der Bauer die Ländereien wieder, bebaut die Ufer der dunklen Donau mit Rebstöcken [200], und es zahlt jetzt nur zu gern die Steuerabgabe wie seine Väter, wer von Kriegsschäden unberührt geblieben ist. Wenn du wohlbehalten bist, ist es vom Schicksal bestimmt, dass sich der gequälte Körper des zerfleischten Reichs wieder verjüngt. Alles, was wir einst unter so vielen Kaisern verloren haben, das gibst du uns zurück; allein unter Stilichos

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crescere Romanum vulnus tectura cicatrix, inque suos tandem fines redeunte colono Illyricis iterum ditabitur aula tributis. nec tamen humano cedit caeleste favori iudicium: cingunt superi concordibus unum praesidiis hostesque tuos aut litore produnt aut totum oppositi claudunt fugientibus aequor aut in se vertunt furiis aut militis ense bacchati laniant Pentheo corpora ritu; insidias retegunt et in ipsa cubilia fraudum ducunt ceu tenera venantem nare Molossum; ominibus ventura notant aut alite monstrant aut monitos certa dignantur imagine somnos.

pro quibus innumerae trabearum insignia terrae certatim petiere tibi. poscentibus ipse restiteras, et mens aliorum prona favori, iudex dura sui, facibus succensa pudoris tarda verecundis excusat praemia causis. ergo avidae tantosque novi spe consulis annos elusae dominae pergunt ad limina Romae, si minus adnuerit precibus, vel cogere certae cunctantem votoque moras auferre paratae. conveniunt ad tecta deae, quae candida lucent monte Palatino.

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heilenden Händen [205] wird sich eine Narbe bilden können, um die römische Wunde zu schließen; und wenn endlich der Bauer in sein eigenes Land zurückkehrt, wird der Kaiserhof wieder Einnahmen aus illyrischen Tributzahlungen haben. Und im Vergleich zum menschlichen Beifall fällt das himmlische Urteil nicht weniger positiv aus: Die Götter umgeben dich wie keinen anderen mit einmütigem [210] Schutz; und sie verraten deine Feinde entweder schon am Ufer, oder sie schließen den ganzen Ozean ab, indem sie sich den Fliehenden entgegenstellen; sie treiben sie entweder durch die Rachegöttinnen zum Selbstmord, oder sie wüten mit dem Schwert des Soldaten und zerreißen die Körper, wie es dem Pentheus erging. Intrigen decken sie auf und führen Stilicho direkt zu den Brutstätten des Trugs [215] wie einen Molosserhund mit empfindlicher Nase auf der Jagd. Mit Vorzeichen geben sie die Zukunft zu erkennen oder zeigen sie durch Vögel auf, oder sie lassen ihm im warnenden Schlaf ein zuverlässiges Traumbild zuteilwerden. Pudor und Verecundia halten Stilicho vom Konsulat ab; westliche Diözesen bitten Dea Roma um Hilfe. Für diese Leistungen forderten zahllose Länder im Wettstreit für dich die Auszeichnung mit der Konsulswürde. Den Fordernden hattest du selbst [220] widerstanden, und du, der du anderen gern deine Gunst zeigst, aber dir selbst gegenüber ein harter Richter bist, gibst, von den Fackeln deines Schamgefühls errötet, voll Verlegenheit Entschuldigungen für einen Aufschub der Belohnung an. Die Folge ist, dass sie sich, weil sie es dringend wünschen und so viele Jahre in der Hoffnung auf den neuen Konsul enttäuscht wurden, zur Schwelle der Herrin Roma aufmachen – [225] entschlossen, falls sie nicht den Bitten zustimmen sollte, die Zögernde sogar zu zwingen, und dazu bereit, mit ihrem Appell an die Gottheit dem Hinausschieben ein Ende zu setzen. So kommen sie zum Tempel der Göttin zusammen, der hell am Palatin erstrahlt.

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glaucis tum prima Minervae nexa comam foliis fulvaque intexta micantem veste Tagum tales profert Hispania voces: ‘cuncta mihi semper Stilicho, quaecumque poposci, concessit tantumque suos invidit honores. Augusti potuit soceri contemnere fasces: iam negat et genero. si non ut ductor ab orbe, quem regit, accipiat saltem cognatus ab aula. exiguumne putat, quod sic amplexus Hiberam progeniem nostros inmoto iure nepotes sustinet, ut patrium commendet purpura Baetin, quod pulchro Mariae fecundat germine regnum, quod dominis speratur avus?’ tum flava repexo Gallia crine ferox evinctaque torque decoro binaque gaesa tenens animoso pectore fatur: ‘qui mihi Germanos solus Francosque subegit, cur nondum legitur fastis? cur pagina tantum nescit adhuc nomen, quod iam numerare decebat? usque adeone levis pacati gloria Rheni?’ inde Caledonio velata Britannia monstro, ferro picta genas, cuius vestigia verrit caerulus Oceanique aestum mentitur amictus, ‘me quoque vicinis pereuntem gentibus’ inquit ‘munivit Stilicho, totam cum Scottus Ivernen movit et infesto spumavit remige Tethys.

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Dann tritt als erste Sprecherin Hispania auf, das Haar mit den silbergrauen Olivenblättern Minervas umwunden und gehüllt in ein goldenes Gewand, in das der blitzenden Tajo eingewebt ist: [231] »Alles hat mir Stilicho immer erfüllt, was ich auch verlangt habe, und nur die Ehrungen für seine eigene Person schlägt er mir gnadenlos aus. Er konnte schon die Amtsinsignien aus der Hand seines kaiserlichen Schwiegervaters ablehnen: Jetzt gibt er auch dem Schwiegersohn eine Absage. Wenn er sie nicht als Heerführer aus der Hand des Erdkreises, [235] den er lenkt, annimmt, so soll er sie wenigstens als Verwandter vom kaiserlichen Hof annehmen. Hält er es denn für ein geringes Verdienst, dass er, das spanische Geschlecht in seine starken Arme nehmend, meine Enkel ohne Gefahr für die Herrschaft so in der Regierung erhält, dass der kaiserliche Purpur den Heimatfluss Guadalquivir adelt? Ist es ein so geringes Verdienst, dass er die Kaiserherrschaft mit der schönen Nachkommenschaft seiner Maria gedeihen lässt, [240] und dass man in ihm einen zukünftigen Großvater von Kaisern sehen darf?« Darauf ergriff die blonde Gallia leidenschaftlich das Wort; kriegerisch trug sie das Haar zurückgekämmt, um den Hals trug sie eine schmückende Kette, zwei Wurfspieße hielt sie in Händen: »Er, der mir einzigartig die Germanen und Franken unterworfen hat: Warum findet man seinen Namen noch nicht in den Amtslisten? [245] Warum kennt das Blatt der Geschichte diesen großen Namen noch nicht, nach dem schon dringend die Jahreszählung erfolgen müsste? Wiegt denn der Ruhm, den Rhein befriedet zu haben, gar so wenig?« Darauf sprach Britannia. Sie war eingehüllt in ein kaledonisches Untier, die Wangen mit dem Messer tätowiert; bis zum Boden reichte ihr meerblauer Mantel und täuschte die Brandung des Atlantiks vor: [250] »Auch mich, die ich in Lebensgefahr schwebte durch meine Nachbarvölker, hat Stilicho erfolgreich geschützt, als der Schotte ganz Irland in Aufruhr versetzte und das Meer von der feindlichen Flotte aufgewühlt wurde. Sein fürsorgliches Eingreifen

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illius effectum curis, ne tela timerem Scottica, ne Pictum tremerem, ne litore toto prospicerem dubiis venturum Saxona ventis.’ tum spicis et dente comas inlustris eburno et calido rubicunda die sic Africa fatur: ‘sperabam nullas trabeis Gildone perempto nasci posse moras. etiam nunc ille repugnat et tanto dubitat fasces praebere triumpho, qui mihi Maurorum penitus lacrimabile nomen ignorare dedit?’ post has Oenotria lentis vitibus intorquens hederas et palmite largo vina fluens ‘si vos adeo Stilichone curules augeri flagratis’ ait ‘quas sola iuvare fama potest, quanto me dignius incitat ardor, ut praesente fruar conscendentemque tribunal prosequar atque anni pandentem claustra salutem?’

talibus alternant studiis Romamque precantes pro cunctis hortantur eat. nec segnius illa paruit officio, raptis sed protinus armis ocior excusso per nubila sidere tendit. transvehitur Tuscos Appenninusque volatu stringitur. Eridanus clipei iam fulgurat umbra. constitit ante ducem tetrica nec Pallade vultum deterior nec Marte minor. tremit orbe corusco

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bewirkte, dass ich die schottischen Waffen nicht fürchten muss, dass ich nicht vor den Pikten zittere, dass ich nicht an der ganzen Küste [255] Ausschau halten muss nach dem Sachsen, der selbst bei gefährlichen Winden kommen würde.« Dann sprach Africa. Sie trug ihr Haar geschmückt mit Ähren und Elfenbein und war gebräunt von der Sonnenhitze: »Meine Hoffnung war, dass es nach Gildos Vernichtung zu keiner Verzögerung für den Konsulatsantritt mehr kommen könnte. Doch selbst jetzt weigert er sich [260] und zögert, einem so großen Triumph die Ehre der Amtsinsignien zu gönnen? Er, der es mir ermöglicht hat, gar nicht mehr an den Namen der Mauren, der mir die Tränen in die Augen trieb, denken zu müssen!« Nach ihnen sprach Italia; sie flocht in die biegsamen Rebenzweige den Efeu ein und ließ Wein von reichen Reben fließen: »Wenn ihr schon so darauf brennt, dass das kurulische Amt durch Stilicho [265] aufgewertet wird, da euch doch allein die Erzählung vom Festakt erfreuen kann, um wieviel mehr muss mich dann mein heißer Wunsch antreiben, seine Anwesenheit zu genießen und ihm das Geleit zu geben, wenn er das Tribunal besteigt, und ihn hochleben zu lassen, wenn er die Riegel des neuen Jahres auftut?« Roma fliegt nach Mailand und überredet Stilicho. Mit solchem persönlichen Einsatz tragen sie abwechselnd ihr Anliegen vor, und mit ihren Bitten [270] fordern sie Roma auf, als Sprecherin für sie alle zu gehen: Ohne Zögern kam sie dem Auftrag nach, sofort ergriff sie ihre Waffen und flog schneller als eine Sternschnuppe durch die Wolken. Sie zog über Etrurien hinweg, und der Apennin wurde im Flug gestreift. Der Po reflektierte schon blitzend das Bild ihres Schildes. [275] Sie stellte sich vor den Heereskommandanten: Nicht weniger ehrfurchtgebietend war sie anzusehen als die strenge Pallas und nicht kleiner als Mars. Jetzt erbebte das Haus vom aufleuchtenden

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iam domus et summae tangunt laquearia cristae. tum prior attonitum gratis adfata querellis: ‘servatas, Stilicho, per te, venerande, curules, ornatas necdum fatear? quid profuit anni servilem pepulisse notam? defendis honorem, quem fugis, et spernis, tanta quem mole tueris? respuis oblatum, pro quo labente resistis? quae iam causa morae? quo me cunctabere rursus ingenio? nullus Boreae metus, omnis et Austri ora silet: cecidit Maurus, Germania cessit, et Ianum pax alta ligat. te consule necdum digna feror? titulumne levem parvique nitoris credimus, Augusti quo se decorare fatentur, sub iuga quo gentes captivis regibus egi? num, si prodigiis casus natura futuros signat, polluimur macula? quod reris, Eois omen erat. quamquam nullis mihi cognita rebus fabula; vix tanto risit de crimine rumor. opprobriis stat nulla fides nec littera venit vulgatura nefas: in quo vel maxima virtus est tua quod, nostros qui consulis omnia patres, de monstris taceas. pellendi denique nulla dedecoris sanctum violant oracula coetum nec mea funestum versavit curia nomen. par sceleri dubitasse fuit. quaecumque profana

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Schild, und der Helmbusch reichte bis an die getäfelte Decke. Da ergriff sie zuerst das Wort und sprach den erschrockenen Stilicho mit freundlichen Vorhaltungen an: »Dass das Amt des Konsuls durch dich, ehrwürdiger Stilicho, zwar gerettet, [280] aber noch nicht in seiner Würde gehoben wurde, muss ich das noch aussprechen? Was hätte es genützt, den Schandfleck, den das Jahr durch den Sklaven trug, ausgetilgt zu haben? Du verteidigst also ein Amt, dem du selbst ausweichst, und verschmähst ein Amt, das du mit solchem Aufwand schützt? Du weist also das Amt, wenn es dir angeboten wird, zurück, für das du so gekämpft hast, als es zu fallen drohte? Was gibt es jetzt für einen Grund zu warten? Mit welchem Einfall wirst du mich wieder hinhalten? [285] Keine Gefahr aus dem Norden droht, und jede Küste des Südens ist ruhig: Gefallen ist der Maure, Germania hat nachgegeben, und tiefer Friede hält Janus verschlossen. Verdiene ich es noch nicht einmal jetzt, dich als Konsul zu sehen? Halten wir den Titel für so wert- und glanzlos, da sich doch Kaiser durch ihn ausgezeichnet fühlen, [290] da ich mit ihm doch Völker unterworfen und ihre Könige zuvor gefangen genommen habe? Werde ich etwa von einem Makel befleckt, wenn die Natur zukünftiges Unglück mit Prodigien ankündigt? Was du so einschätzt, war nur ein Omen für den Osten! Gleichwohl wurde mir diese unglaubliche Erzählung bisher durch keine handfesten Belege bestätigt; selbst das Gerücht konnte über eine so große Anschuldigung kaum lachen. [295] Für die schändlichen Vorwürfe gibt es keine Beglaubigung, und kein Schreiben kam, das die Freveltat öffentlich bekannt gemacht hätte. Und darin besteht sogar deine größte Stärke, dass du, der du über alles mit meinen Senatoren berätst, über diese Wunderzeichen schweigst. Es entweihen letztlich auch keine Orakel einer Schande, die man abwehren muss, die heilige Versammlung, [300] und meine Kurie hat sich gar nicht erst mit dem unglückbringenden Namen befassen müssen. Darüber überhaupt nachzudenken, wäre dem Verbrechen gleichgekom-

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pagina de primo venisset limine Phoebi, ante fretum deleta mihi, ne turpia castis auribus Italiae fatorum exempla nocerent. publicus ille furor (quantum tua cura peregit!) secretum meruit. laetetur quisquis Eoos scribere desierit fastos: portenta Gabinos ista latent. propriam labem tersisse laborent: cur ego, quem numquam didici sensive creatum, gratuler exemptum? delicti paenitet illos: nos nec credidimus. fuerit tamen omnibus unum crimen et ad nostras manaverit usque secures: plus ideo sumenda tibi fastigia iuris, ne pereat tam priscus honos, qui portus honorum semper erat. nullo sarciri consule damnum excepto Stilichone potest. bene praescia tempus mens tua distulerat: titulo tum crescere posses, nunc per te titulus. consul succurre gravatis consulibus, quicumque fuit, quicumque futurus; annum redde tuum, quem mox secura sequatur posteritas, nec iam doleat defensa vetustas. sic trabeis ultor Stilicho Brutusque repertor. libertas populi primo tum consule Bruto reddita per fasces: hic fascibus expulit ipsis

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men! Jedwedes frevelhafte Schreiben, das von der Morgenschwelle des Sonnengottes gekommen wäre, hätte ich, noch bevor es das Meer erreicht, vernichtet, damit nicht der schändliche Präzedenzfall des Schicksals den unverdorbenen Ohren Italiens Schaden bringen könnte. [305] Diese Wahnsinnstat im Namen des Staats verdiente die Geheimhaltung – wieviel hat deine Umsicht hier erreicht! Freuen soll sich jeder, der aufgehört hat, die Jahreszählung des Ostens zu schreiben; solche Monstrositäten kommen in der weströmischen Jahreszählung gar nicht vor. Ihren eigenen Makel abzuwischen, sollen sie sich im Osten anstrengen: Warum soll ich dazu Glück wünschen, dass derjenige beseitigt ist, von dessen Ernennung ich niemals informiert wurde oder gehört habe. Für das Fehlverhalten schämen sie sich dort drüben: [311] Wir haben so etwas nicht einmal für möglich gehalten! Doch selbst wenn wir einmal annehmen wollen, dass alle ein und derselbe Vorwurf getroffen und er sich bis auf unsere Amtsinsignien ausgewirkt hat: Umso mehr ist das ein Grund dafür, dass du das höchste Staatsamt übernehmen musst, damit das so traditionsreiche Amt nicht sein Ende findet: Es war doch immer der Zielhafen der Ämterlaufbahn! [315] Von keinem Konsul – ausgenommen Stilicho! – kann der Schaden wieder ausgebessert werden. Gut war es, dass du in weiser Voraussicht den Zeitpunkt noch hinausgeschoben hattest: Früher hättest du zwar durch den Titel dein Ansehen steigern können, jetzt aber gewinnt der Titel im Ansehen durch dich. Komm als Konsul all den in Mitleidenschaft gezogenen Konsuln zu Hilfe, die es jemals gab und die noch kommen werden! [320] Mach das Jahr zu deinem Jahr, so dass bald ohne Bedenken die künftige Generation die Nachfolge antreten kann und dass die früheren Generationen verteidigt sind und sich also nicht mehr grämen. So ist Stilicho Rächer und Brutus der Erfinder des Konsulats. Die Freiheit des Volks wurde durch den damals ersten Konsul Brutus in Form der Rutenbündel verliehen. Er hat mit den Rutenbündeln selbst die Knechtschaft ver-

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servitium. instituit sublimem Brutus honorem: asseruit Stilicho. plus est servasse repertum quam quaesisse novum. quid tardius ore verendo adnuis et solitus frontem circumfluit ignis? tandem vince tuum, vincis qui cuncta, pudorem.

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hos etiam, quamvis corrumpi munere nullo posse queas, mirare libens ac suscipe cinctus, quos tibi divino mecum Tritonia duxit pectine: tincta simul repetito murice fila contulimus pensis et eodem nevimus auro, aurea quo Lachesis sub te mihi saecula texit. hic ego promissam subolem sperataque mundo pignora praelusi. veram mox ipse probabis me vatem nostraeque fidem venientia telae fata dabunt.’ dixit gremioque rigentia profert dona, graves auro trabeas. insigne Minervae spirat opus. rutilis hic pingitur aula columnis et sacri Mariae partus. Lucina dolores solatur; residet fulgente puerpera lecto; sollicitae iuxta pallescunt gaudia matris. susceptum puerum redimitae tempora Nymphae auri fonte lavant: teneros de stamine risus vagitusque audire putes. iam creverat infans ore ferens patrem; sed avus maturior aevi Martia recturo tradit praecepta nepoti. parte alia spumis fucantem Serica frena

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trieben. [325] Eingerichtet hat das hohe Amt Brutus: In Schutz genommen hat es Stilicho. Mehr bedeutet es, etwas Vorgefundenes bewahrt zu haben, als etwas Neues erworben zu haben. Warum nickst du nur zögernd mit würdigem Haupt? Und warum steigt dir schon wieder die Schamröte ins Gesicht? Besiege doch endlich auch dein Schamgefühl, der du doch sonst alles besiegst! Roma kleidet Stilicho in die Trabea. [330] Besieh dir auch einmal diesen Umhang (selbst wenn du durch kein Geschenk bestochen werden kannst) freudig mit staunenden Augen und nimm ihn an: Den hat dir Minerva mit mir zusammen mit göttlichem Kamm gewebt: Gemeinsam haben wir zur Verarbeitung Fäden, die mehrfach mit Purpur gefärbt sind, aufgewandt, wir haben mit demselben Goldfaden gewebt, [335] mit dem Lachesis das goldene Zeitalter unter dir für mich verfertigt hat. Hier habe ich die verheißene Nachkommenschaft und die Kinder, auf die die Welt hofft, als Zukunftsvision dargestellt. Dass ich eine Seherin bin, welche die Wahrheit spricht, wirst du selbst bald bestätigen, und der künftige Schicksalsverlauf wird meinem Webstuhl Glaubwürdigkeit verleihen.« So sprach sie und holte von ihrem Schoß die dicht bestickte [340] Gabe hervor: den von Gold schweren Amtsmantel. Minervas Meisterwerk ist lebendig: Durch die goldenen Säulen werden hier der Hof und Marias kaiserliches Kindbett abgebildet. Lucina tröstet sie über die Schmerzen hinweg; die Wöchnerin sitzt im leuchtenden Bett; daneben erbleicht die Freude ihrer besorgten Mutter. [345] Nymphen mit Kränzen ums Haupt haben den Knaben in Empfang genommen und waschen ihn in einem Quell von Gold: Ihr leises Lachen und das Schreien des Kindes meint man fast vom Gewebe her zu hören. Schon ist das Kind herangewachsen und trägt die Züge des Vaters; aber Stilicho, reifer an Jahren, führt nun seinen Enkel in die Lehre des Kriegswesens ein, damit er einst das Kommando übernehmen kann. [350] Auf der anderen

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sanguineis primae signatus flore iuventae Eucherius flectebat equum iaculisque vel arcu aurea purpureos tollentes cornua cervos aureus ipse ferit. Venus hic invecta columbis tertia regali iungit conubia nexu, pinnatique nurum circumstipantur Amores progenitam Augustis Augustorumque sororem. Eucherius timido iam flammea sublevat ore virginis; adridet laeto Thermantia fratri. iam domus haec utroque petit diademata sexu reginasque parit reginarumque maritos. talibus invitat donis dextraeque gerendum diva simul porrexit ebur. sollemnibus urnam commovet auspiciis avibusque incepta secundat. tunc habiles armis umeros iam vestibus ambit Romuleis; Latii sederunt pectore cultus loricaeque locum decuit toga. talis ab Histro vel Scythico victor rediens Gradivus ab axe deposito mitis clipeo candentibus urbem ingreditur trabeatus equis; speciosa Quirinus frena regit currumque patris Bellona, cruentam ditibus exuviis tendens ad sidera quercum, praecedit, lictorque Metus cum fratre Pavore barbara ferratis innectunt colla catenis velati galeas lauro, propiusque iugales Formido ingentem vibrat succincta securim.

vidit ut optato se consule Roma potitam, ‘nunc’ ait ‘Elysii lucos inrumpere campi,

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Seite lenkte Eucherius, kenntlich durch die Blüte früher Jugend, sein Ross, das mit blutigem Schaum die Zügel aus Seide färbte; und mit Speeren oder dem Bogen trifft er, selbst in Gold gestickt, purpurne Hirsche, die goldene Geweihe erheben. Venus kommt hier auf dem Taubengespann gefahren [355] und schließt den dritten kaiserlichen Hochzeitsbund, und geflügelte Eroten umschwirren dicht die Schwiegertochter, die von Kaisern abstammt und Schwester von Kaisern ist. Eucherius hebt bereits den Brautschleier vom scheuen Antlitz der Jungfrau; Thermantia lächelt dem glücklichen Bruder zu. [360] Schon greift diese Familie durch Sohn und Tochter nach Kronen und bringt Königinnen und Königinnengemahle hervor. Mit solchen Gaben forderte die Göttin ihn auf und reichte ihm zugleich das elfenbeinerne Szepter. Für die feierlichen Auspizien setzte sie die Urne in Bewegung und begünstigte mit guten Vogelzeichen die Vorhaben. [365] Dann legte sie schon Romulus' Gewand um seine Schultern, die eher für Waffen geeignet sind; auf der Brust lag die römische Tracht, und den Platz des Brustpanzers nahm nun schmückend die Toga ein. So zieht Mars, wenn er von der Donau oder aus skythischen Landen siegreich zurückkehrt, friedlich, nachdem er den Schild abgelegt hat, in Rom auf weißen Pferden ein, [370] mit der Trabea angetan. Quirinus lenkt die herrlichen Zügel, und Bellona schreitet vor dem Wagen des Vaters und hebt die Eiche, die von reichen Beutestücken blutig ist, zum Himmel, und als Liktor fesselt der Schrecken zusammen mit dem Bruder Entsetzen die Barbarenhälse mit eisernen Ketten, [375] den Helm tragen sie mit Lorbeer umkränzt, und näher am Gespann schwingt Furcht hochgeschürzt ein gewaltiges Beil. Roma bittet Stilicho, das Amt in Rom anzutreten. Als Roma nun sah, dass sie ihren Wunschkandidaten als Konsul gewonnen hatte, sprach sie: »Jetzt ist es mir eine Freude, mir Zugang zu den Hainen der elysischen Felder zu verschaffen, um die

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nunc libet, ut tanti Curiis miracula voti Fabriciisque feram, famae qui vulnere nuper calcatam flevere togam: iam prata choreis pulsent nec rigidos pudeat lusisse Catones. audiat hoc senior Brutus Poenisque tremendi Scipiadae, geminis tandem quod libera damnis unius auxilio fasces Libyamque recepi. quod superest unum precibus, fortissime consul, adde meis, urbique tuum largire parumper, quem rogat, adventum: quam tu belloque fameque depulsa terris iterum regnare dedisti. splendida suscipiant alium te rostra Camillum, ultorem videant servatoremque Quirites et populus, quem ductor amas: quibus Africa per te nec prius auditas Rhodanus iam donat aristas, ut mihi vel Massyla Ceres vel Gallica prosit fertilitas messesque vehat nunc umidus Auster, nunc Aquilo, cunctis ditescant horrea ventis. quae tum Flaminiam stipabunt milia vulgi! fallax o quotiens pulvis deludet amorem suspensum, veniens omni dum crederis hora! spectabunt cupidae matres spargentur et omnes flore viae, superes cum Pincia culmina consul arduus, antiqui species Romana senatus. Pompeiana dabunt quantos proscaenia plausus! ad caelum quotiens vallis tibi Murcia ducet

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wundersame Erfüllung eines großen Wunsches den Curii und [380] Fabricii mitzuteilen, die jüngst noch Tränen über die mit Füßen getretene Toga vergießen mussten, weil ihre Ehre schwer verletzt war. Jetzt sollen sie über die Wiesen im Reigen tanzen, und selbst die gestrengen Catonen dürfen ihre Zurückhaltung aufgeben. Hören sollen das Brutus der Ältere und die Scipionen, die Schrecken der Punier, dass ich endlich befreit von den beiden Beeinträchtigungen bin [385] und durch die Hilfe ein und desselben Mannes sowohl die Amtszeichen wie mein Libyen wiedererhalten habe. Das einzige, was mir jetzt noch zu bitten übrig bleibt, tapferster Konsul, erfülle noch dazu und schenke der Stadt auf eine kleine Weile deinen Adventus, um den sie bittet: der Stadt, die du vor Krieg und Hunger gerettet und den Ländern wieder als Regentin gegeben hast. [390] Glänzend soll die Rednerbühne auf dem Forum dich als einen zweiten Camillus aufnehmen, ihren Rächer und Retter sollen die Bürger Roms sehen und das Volk, dem du als Anführer deine Liebe schenkst: Ihnen geben jetzt durch deine Hilfe Africa und dazu die Rhône – eine unerhörte Innovation! – ihr Getreide, so dass mir sowohl das massylische Korn wie auch Galliens [395] Fruchtbarkeit zur Verfügung stehen, und einmal der regenschwere Südwind, dann wieder der Nordwind Getreidelieferungen bringen und mit allen Winden die Speicher reich gefüllt werden. Wie viele Tausende von Leuten werden dann die Via Flaminia dicht gedrängt säumen! O wie oft wird der trügerische Staub ihre gespannte Liebe täuschen, wenn man dein Kommen zu jeder Stunde erwartet! [400] Ausschau halten werden die Matronen voll Erwartung, und alle Straßen werden mit Blumen bestreut werden, wenn du, der Konsul, über den Pincio ziehst, stolz herausragend, als römische Verkörperung des alten Senats. Welch donnernden Applaus werden die Ränge des Pompeius-Theaters aufbranden lassen! Wie oft wird dir Vallis Murcia deinen Namen zum Himmel

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nomen Aventino Pallanteoque recussum! nunc te conspiciam castris permitte relictis, mox et cum genero trabeis visura secundis.’

haec dum Roma refert, iam Fama loquacibus alis pervolat Oceanum, linguis et mille citatos festinare iubet proceres; nullique senectus, non iter hibernis obstant nec flatibus Alpes. vincit amor: meriti pridem clarique vetustis fascibus ad socii properant et vindicis annum. sic ubi fecunda reparavit morte iuventam et patrios idem cineres collectaque portat unguibus ossa piis Nilique ad litora tendens unicus extremo Phoenix procedit ab Euro, conveniunt aquilae cunctaeque ex orbe volucres, ut Solis mirentur avem; procul ignea lucet ales, odorati redolent cui cinnama busti. nec minor in caelo chorus est: exultat uterque Theodosius divique tui; Sol ipse quadrigis vere coronatis dignum tibi praeparat annum.

est ignota procul nostraeque inpervia menti, vix adeunda deis, annorum squalida mater, inmensi spelunca Aevi, quae tempora vasto suppeditat revocatque sinu. conplectitur antrum,

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tragen, [405] als Widerhall von Aventin und Palatin! Gönne mir jetzt deinen Anblick und verlasse das Militärlager; und ich will dich bald auch ein zweites Mal beim Konsulatsantritt zusammen mit deinem Schwiegersohn wiedersehen.« Fama verbreitet die Nachricht. Während Roma das noch sagte, flog Fama schon mit geschwätzigen Schwingen über das Meer, berief mit tausend Zungen die Senatoren ein [410] und befahl ihnen, sich zu beeilen; und niemanden hinderte daran sein Alter, nicht hielten der weite Weg und die Alpen mit winterlichen Stürmen ab. Die Liebe war stärker: Konsulare, die sich schon lange verdient und durch ihre Amtsführung vor Jahren einen Namen gemacht hatten, eilten zum Jahr ihres Amtskollegen und Rächers. So ist es, wenn Phoenix (der einzige seiner Art) sich im Leben bringenden Tod seine Jugend zurückgewonnen hat [415] und seines »Vaters« Asche und Gebeine (ist er doch ein und derselbe) gesammelt in seinen fürsorglichen Krallen trägt und zu den Küsten des Nil vom äußersten Osten her aufbricht: Die Adler und alle anderen Vögel aus der ganzen Welt sammeln sich, um den Sonnenvogel zu bewundern. Wie Feuer leuchtet von Ferne [420] der Vogel, dessen duftender Scheiterhaufen Zimtgeruch aufsteigen lässt. Nicht kleiner ist die feiernde Schar im Himmel: Es jubeln Theodosius der Ältere und der Jüngere und deine Schutzgottheiten; der Sonnengott persönlich bereitet dir mit seiner Quadriga, die mit Frühlingskränzen geschmückt ist, ein würdiges Jahr vor. Die Höhle des Aevum Es gibt – unbekannt in weiter Ferne und für unseren Menschengeist unerreichbar, [425] ja selbst für die Götter kaum zugänglich, als unansehnliche Mutter der Jahre – die Höhle der unermesslichen Zeit, die aus ihrem weiten Schoß die Zeiten zur Verfügung stellt und sie wieder zu sich ruft. Die Höhle umwindet eine

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omnia qui placido consumit numine, serpens perpetuumque viret squamis caudamque reductam ore vorat tacito relegens exordia lapsu. vestibuli custos vultu longaeva decoro ante fores Natura sedet, cunctisque volantes dependent membris animae. mansura verendus scribit iura senex, numeros qui dividit astris et cursus stabilesque moras, quibus omnia vivunt ac pereunt fixis cum legibus. ille recenset incertum quid Martis iter certumque Tonantis prospiciat mundo; quid velox semita Lunae pigraque Saturni; quantum Cytherea sereno curriculo Phoebique comes Cyllenius erret.

illius ut magno Sol limine constitit antri, occurrit Natura parens seniorque superbis canitiem inclinat radiis. tum sponte reclusus laxavit postes adamans, penetrale profundum panditur et sedes Aevique arcana patescunt. his habitant vario faciem distincta metallo saecula certa locis: illic glomerantur aena, hic ferrata rigent, illic argentea candent. eximia regione domus, contingere terris difficiles, stabant rutili, grex aureus, anni. quorum praecipuum pretioso corpore Titan signandum Stilichone legit; tunc imperat omnes pone sequi dictisque simul conpellat euntes: ‘en, cui distulimus melioris saecla metalli,

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Schlange, die mit ruhigem Wirken alles verzehrt; und sie behält auf ewig die frische Farbe in ihren Schuppen und beißt mit dem Maul in ihren umgebogenen Schwanz, indem sie den Anfangspunkt mit unmerklicher Gleitbewegung wieder aufsucht. [431] Als Wächterin der Eingangshalle sitzt vor den Toren mit schönem Antlitz die hochbetagte Natur, und die fliegenden Seelen hängen an allen ihren Gliedern. Gesetze, die immer Gültigkeit haben werden, schreibt ein ehrwürdiger Greis: Er teilt den Sternen ihren Rhythmus, [435] die Bahnen und die festen Ruhezeiten zu, nach denen alles nach unveränderlichen Regeln lebt und vergeht. Der alte Mann schätzt prüfend ab, was der unberechenbare Lauf des Mars und der sichere Lauf des Jupiter für die Welt vorhersieht, was die schnelle Bahn der Luna und die träge Bahn des Saturn bringt, wie weit Venus auf ihrem heiteren [440] Wagen und Merkur als der Begleiter des Sonnengotts von der Bahn abweichen. Sol holt von dort die goldenen Jahre. Als sich nun der Sonnengott an der großen Schwelle dieser Höhle einfand, eilte ihm Mutter Natur entgegen und der ältere Mann neigte sein weißes Haupt vor den stolzen Strahlen. Dann schloss sich von selbst das stählerne Tor auf und öffnete seine Flügel; der tiefe Innenraum [445] stand offen und Sitz und Geheimnisse der Zeit taten sich auf. An diesen Orten wohnen die fest bestimmten Zeitalter, die mit jeweils anderem Metall in ihrem Aussehen unterschieden sind: Dort ballen sich die ehernen, hier starren die eisernen, dort glänzen hell die silbernen Zeitalter. An einer besonderen Stelle des Anwesens standen, schwer zu erlangen für die Länder, die gelb glänzenden Jahre, die goldene Schar. [451] Von ihnen wählte Titan eines aus, das mit seinem wertvollen Körper hervorstach, um es mit Stilichos Namen zu bezeichnen. Dann gab er allen die Anweisung, hinten nach zu folgen, und zugleich sprach er den Zug mit folgenden Worten an: »Seht, der Konsul ist da, für den wir das Zeitalter aus besserem Metall aufgespart haben!

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consul adest. ite optati mortalibus anni, ducite virtutes; hominum florescite rursus ingeniis, hilares Baccho frugumque feraces. non inter geminos Anguis glaciale Triones sibilet, inmodico nec frigore saeviat Ursa; non torvo fremat igne Leo, nec bracchia Cancri urat atrox aestas, madidae nec prodigus urnae semina praerupto dissolvat Aquarius imbre. Phrixeus roseo producat fertile cornu ver Aries, pingues nec grandine tundat olivas Scorpios; autumni maturet germina Virgo, lenior et gravidis adlatret Sirius uvis.’ sic fatus croceis rorantes ignibus hortos ingreditur vallemque suam, quam flammeus ambit rivus et inriguis largum iubar ingerit herbis, quas Solis pascuntur equi; flagrantibus inde caesariem sertis et lutea lora iubasque subligat alipedum. gelidas hinc Lucifer ornat, hinc Aurora comas, iuxtaque alludit habenis aureus et nomen praetendit consulis annus; inque novos iterum revoluto cardine cursus scribunt aethereis Stilichonem sidera fastis.

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[455] Geht, ihr Jahre, die ihr von den Menschen ersehnt seid, geleitet die Tugenden; blüht wieder auf von geistigen Leistungen der Menschen, seid heiter von Bacchus’ Gabe und ertragreich an Feldfrüchten. Nicht soll das Sternbild der Schlange zwischen den zwei Wagen zischend eisiges Klima verbreiten, nicht soll die Bärin mit maßloser Kälte wüten. [460] Nicht soll der Löwe mit gnadenlosem Feuer brüllen, nicht soll der unbarmherzige Sommer die Scheren des Krebses versengen, nicht soll der Wassermann aus verschwenderischer Urne die Saat im Sturzbach des Regens davonschwimmen lassen. Phrixus’ Widder soll mit rosigem Horn einen fruchtbaren Frühling bringen, nicht soll der Skorpion die dicken Oliven mit Hagel treffen; [465] die Früchte des Herbstes soll die Jungfrau zur Reife bringen. Freundlicher soll auch der Hundsstern die schweren Trauben anbellen.« Mit diesen Worten betrat der Sonnengott die Gärten, die von krokusgelben Feuern tropfen und sein Tal, das ein Feuerbach umfließt und einen reichlichen Strahl auf die gut versorgten Weiden lenkt, [470] an denen sich die Rösser des Sonnengottes gütlich tun. Von dort nahm er die feurig leuchtenden Blütenkränze, mit denen er sein Haar und die safrangelben Zügel und Mähnen der Flügelrosse umwand. Damit schmückte Lucifer seine kalten Haare, damit Aurora, und dicht dabei berührte das goldene Jahr tändelnd die Zügel und präsentierte den Namen des Konsuls. [475] Und als der Jahreswendepunkt wieder den Ausgang zum neuen Umlauf erreicht hatte, schrieben die Gestirne den Namen »Stilicho« in die himmlischen Jahrbücher ein.

23 De consulatu Stilichonis libri tertii praefatio Maior Scipiades, Italis qui solus ab oris in proprium vertit Punica bella caput, non sine Pieriis exercuit artibus arma: semper erat vatum maxima cura duci. gaudet enim Virtus testes sibi iungere Musas; carmen amat quisquis carmine digna gerit. ergo seu patriis primaevus manibus ultor subderet Hispanum legibus Oceanum, seu Tyrias certa fracturus cuspide vires inferret Libyco signa tremenda mari, haerebat doctus lateri castrisque solebat omnibus in medias Ennius ire tubas. illi post lituos pedites favere canenti laudavitque nova caede cruentus eques. cumque triumpharet gemina Karthagine victa (hanc vindex patris vicerat, hanc patriae), cum longi Libyam tandem post funera belli ante suas maestam cogeret ire rotas, advexit reduces secum Victoria Musas et sertum vati Martia laurus erat. noster Scipiades Stilicho, quo concidit alter Hannibal antiquo saevior Hannibale, te mihi post quinos annorum, Roma, recursus reddidit et votis iussit adesse suis.

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23 Vorrede zum dritten Buch auf Stilichos Konsulat Scipio der Ältere, der als einziger Feldherr den Punischen Krieg gegen dessen eigene Hauptstadt von Italiens Boden weg lenkte, übte das Kriegshandwerk nicht ohne die Künste der Musen aus: Immer lag dem Heerführer besonders die Förderung der Dichter am Herzen. [5] Denn mit Freuden pflegt die lobenswerte Tatkraft einen engen Kontakt mit den Musen, die sie bezeugen; ihr Lied liebt jeder, der Taten vollbringt, die ein Lied verdienen. So folgt daraus: Sei es, dass Scipio nun in jungen Jahren schon als Rächer für die Manen seiner Verwandten den spanischen Ozean den Gesetzen Roms unterwarf oder dass er furchterregende Truppen aufs libysche Meer lenkte, um die tyrischen Streitkräfte mit dem zielsicheren Speer zu besiegen, – [11] es war immer der kunstfertige Ennius an seiner Seite, und er zog auch regelmäßig bei allen Feldzügen in die Kämpfe mitten hinein. Wenn dann die Schlachttrompeten verklungen waren, hörten die Fußsoldaten dem Vortrag des Dichters begeistert zu, und es lobte ihn der Reiter, der noch blutig vom frischen Kampf war. [15] Und als Scipio nach dem Sieg über beide Karthago triumphierte (das eine hatte er als Rächer seines Vaters besiegt, das andere als Rächer der Heimat), als er schließlich Libyen nach dem Blutvergießen des langen Kriegs zwang, niedergeschlagen vor seinem Triumphwagen zu gehen, da führte Victoria die heimkehrenden Musen mit sich nach Rom, [20] und der Lorbeer des Mars war auch für den Dichter ein Kranz. Mein Scipio ist Stilicho, durch den ein zweiter Hannibal zu Fall kam, der noch gnadenloser war als der alte Hannibal. Dich, Roma, hat er mir nach fünf Jahresläufen zurückgegeben, und er hat mich beauftragt, bei seinem feierlichen Amtsantritt dabei zu sein.

24 De consulatu Stilichonis liber tertius Quem populi plausu, procerum quem voce petebas, aspice, Roma, virum. iam tempora desine longae dinumerare viae visoque adsurgere semper pulvere: non dubiis ultra torquebere votis. totus adest oculis, aderat qui mentibus olim, spe maior, fama melior. venerare curulem, quae tibi restituit fasces; conplectere dextram, sub iuga quae Poenos iterum Romana redegit; excipe magnanimum pectus, quo frena reguntur imperii, cuius libratur sensibus orbis. os sacrum, quod in aere colis, miraris in auro, cerne libens: hic est pro te bellator ubique, defensor Libyae, Rheni calcator et Histri. ostentare suos prisco si more labores et gentes cuperet vulgo monstrare subactas, certassent utroque pares a cardine laurus: haec Alamannorum spoliis, Australibus illa ditior exuviis; illinc flavente Sygambri caesarie, nigris hinc Mauri crinibus irent. ipse albis veheretur equis currumque secutus laurigerum festo fremuisset carmine miles. hi famulos traherent reges; hi facta metallo oppida vel montes captivaque flumina ferrent.

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24 Stilichos Konsulat: Drittes Buch Stilichos Ankunft in Rom Der Mann, den du mit dem Beifall des Volkes, den du mit der Stimme der Senatoren gefordert hast: schau, Roma, er steht vor dir! Rechne nicht länger nach, wie lange sein weiter Reiseweg noch dauert, spring nicht jedes Mal auf, wenn sich eine Staubwolke zeigt! Du wirst nicht weiter von ungewissen Hoffnungen gequält werden: [5] In voller Größe steht er vor deinen Augen, der einst nur in deiner Vorstellung vor dir stand: größer, als du es erwartet hast, besser, als man es dir erzählt hat. Erweise der sella curulis deinen Respekt, die dir die Ehre des Konsulats wiederhergestellt hat. Ergreife seine Hand, die die Punier wieder unter römische Herrschaft gebracht hat. Nimm den hochherzigen Mann auf, von dem die Zügel des Reiches gelenkt werden, [10] von dessen Umsicht die Welt im Gleichgewicht gehalten wird. Das heilige Antlitz, das du in Bronze verehrst, bewunderst du jetzt in Gold. Sieh es mit Freuden an! Das ist der Mann, der für dich überall Kriege führt: der Verteidiger Libyens, der Bezwinger des Rheins und der Donau. Wenn er nach alter Tradition seine Leistungen zur Schau stellen [15] und die unterworfenen Völker öffentlich präsentieren wollte, gäbe es einen Konkurrenzkampf zwischen den gleichwertigen Triumphen von beiden Weltenden: Der eine Triumph wäre an Beutestücken von den Alamannen, der andere an Beuterüstungen aus dem Süden reicher; bei dem einen zögen Sygambrer mit ihrer blonden Haarpracht mit, bei dem anderen Mauren mit schwarzem Haar. [20] Er selbst würde von weißen Rossen gezogen, und dem Triumphwagen folgte der Soldat und trüge lärmend die Spottlieder zum Fest vor. Die eine Gruppe zöge die unterworfenen Könige, die andere brächte aus Metall gebildete Städte oder Berge und eroberte Flüsse. Es würden bei dem einen Zug die libyschen

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hinc Libyci fractis lugerent cornibus amnes; inde catenato gemeret Germania Rheno. sed non inmodicus proprii iactator honoris consul, Roma, tuus. non illum praemia tantum quam labor ipse iuvat; strepitus fastidit inanes inque animis hominum pompa meliore triumphat.

non alium certe Romanae clarius arces suscepere ducem, nec cum cedente rediret Fabricius Pyrrho nec cum Capitolia curru Pellaeae domitor Paulus conscenderet aulae. nec similis Latias patefecit gloria portas post Numidas Mario, post classica Martis Eoi Pompeio. nulli pars aemula defuit umquam quae gravis obstreperet laudi, stimulisque malignis facta sequebatur quamvis ingentia livor. solus hic invidiae fines virtute reliquit humanumque modum. quis enim livescere possit quod numquam pereant stellae, quod Iuppiter altum possideat caelum, quod noverit omnia Phoebus? est aliquod meriti spatium quod nulla furentis invidiae mensura capit. ductoribus illis praeterea diversus erat favor: aequior ille patribus, invisus plebi; popularibus illi munito studiis languebat gratia patrum. omnis in hoc uno variis discordia cessit ordinibus: laetatur eques plauditque senator

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Ströme mit gebrochenen Hörnern trauern; [25] bei dem anderen würde Germania stöhnen, weil der Rhein in Ketten liegt. Aber dein Konsul, Roma, ist keiner, der hemmungslos mit der ihm zustehenden Ehre prahlt. Er freut sich nicht so sehr über die Belohnung wie über die Herausforderung selbst. Der oberflächliche Jubel ist ihm zuwider, und sein Triumph findet in den Herzen der Menschen mit einem besseren Festzug statt. Stilicho übertrifft alle Triumphatoren. [30] Keinen anderen Heerführer hat jedenfalls Roms Burg je herrlicher empfangen: nicht als Fabricius nach Pyrrhus’ Abzug zurückkehrte, und nicht als Aemilius Paulus als Bezwinger des Hofs von Pella mit dem Triumphwagen zum Kapitol fuhr. Und keine vergleichbare ruhmvolle Anerkennung öffnete die Tore Roms [35] für Marius nach dem Numiderkrieg, für Pompeius nach den Schlachten der Kriege im Osten: Denn jeder hatte immer auch eine konkurrierende Opposition, die mit Nachdruck gegen die Auszeichnung protestierte; und mit bösartigem Antrieb folgte der Neid immer den Taten auf dem Fuß, so großartig sie auch waren: [39] Allein Stilicho hat die Reichweite des Neids und das menschliche Maß mit seiner Leistungskraft hinter sich gelassen. Wer nämlich könnte darüber Neid empfinden, dass die Sterne niemals vergehen, dass Jupiter der hohe Himmel gehört, dass der Sonnengott alles weiß? Es bedeutet schon eine besondere Größe der Leistung, dass kein Ausmaß des wütenden Neids sie mehr erfassen kann! Die genannten Feldherren [45] hatten außerdem eine sehr unterschiedliche Anhängerschaft: Der eine stand mit den Senatoren in besserer Beziehung, war dafür der Plebs verhasst; für den anderen, der sich auf die Unterstützung des Volks verlassen konnte, fiel deshalb die Gunst der Senatoren schwach aus. Nur bei diesem einen Mann hat die Rivalität die verschiedenen Stände vollständig verlassen: Es jubelt der Ritter, es applaudiert der Senator,

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votaque patricio certant plebeia favori. o felix, servata vocat quem Roma parentem! o mundi communis amor, cui militat omnis Gallia, quem regum thalamis Hispania nectit, cuius et adventum crebris petiere Quirites vocibus et genero meruit praestante senatus! non sic virginibus flores, non frugibus imbres, prospera non fessis optantur flamina nautis ut tuus aspectus populo. quae numine tanto litora fatidicas attollunt Delia laurus, venturi quotiens adfulsit Apollinis arcus? quae sic aurifero Pactoli fonte tumescit Lydia, cum domitis apparuit Euhius Indis? nonne vides et plebe vias et tecta latere matribus? his, Stilicho, cunctis inopina reluxit te victore salus. septem circumspice montes, qui solis radios auri fulgore lacessunt, indutosque arcus spoliis aequataque templa nubibus et quidquid tanti struxere triumphi. quantae profueris, quantam servaveris urbem, attonitis metire oculis. haec fabula certe cuncta forent, si Poenus adhuc incumberet Austro. mos erat in veterum castris, ut tempora quercu velaret, validis fuso qui viribus hoste casurum potuit morti subducere civem. at tibi quae poterit pro tantis civica reddi moenibus? aut quantae pensabunt facta coronae?

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[50] und die Wünsche der Plebs versuchen, die patrizische Anerkennung zu übertreffen. Glückselig bist du, den die gerettete Roma ihren Vater nennt! Du, dem die vereinte Liebe der Welt gilt, dem ganz Gallien Kriegsdienst leistet, den Spanien in Ehen mit seinem Kaiserhaus verbindet, dessen Adventus die römischen Bürger mit unablässigen Rufen forderten und der Senat mit Zustimmung des Schwiegersohns verdiente. [56] Selbst Blumen werden von Mädchen nicht so geliebt, selbst Regen wird nicht so von den Feldfrüchten ersehnt, selbst günstige Winde werden von den erschöpften Seeleuten nicht so herbeigewünscht wie dein Anblick vom Volk. Erhebt so der Strand von Delos unter solcher Macht der göttlichen Kraft den weissagenden Lorbeer, [60] sooft der Bogen des kommenden Apoll aufblitzte? Schwillt so Lydien von der goldführenden Quelle des Paktolos an, wenn Dionysos nach dem Sieg über Indien erschienen ist? Merkst du nicht, dass man die Straßen vor Volk und die Häuser vor Frauen nicht mehr sieht? Ihnen allen, Stilicho, leuchtete wieder unverhoffte Rettung durch dein siegreiches Eingreifen. [65] Schau ringsum zu den sieben Hügeln, die den Strahlen der Sonne mit dem Glanz von Gold Konkurrenz machen! Schau dir die Bögen an, die mit Spolien behängt sind, und die Tempel, die zu den Wolken aufragen, und alle Monumente, die ihre Errichtung so großen Triumphen verdanken: Die Größe der Stadt, der du geholfen und die du gerettet hast: [70] versuch sie mit staunenden Augen zu ermessen! Das alles wäre mit Sicherheit nur noch ein Mythos, wenn der Punier noch den Süden beherrschte. Brauch war es im Lager der alten Römer, dass der Held die Stirn mit Eichenlaub bekränzen durfte, der mit kraftvollem Einsatz durch die Vertreibung des Feindes den bedrohten Bürger dem nahen Tod zu entziehen vermochte. [75] Doch was müsste das für eine Bürgerkrone sein, die dir für die Rettung so großer Mauern verliehen werden könnte? Oder wie viele Kronen werden es sein,

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nec solam populi vitam debere fatetur armis Roma tuis; sed, quo iucundior esset lucis honoratae fructus, venerabile famae pondus et amissas vires et regna recepit. iam non praetumidi supplex Orientis ademptam legatis poscit Libyam famulosve precatur (dictu turpe) suos, sed robore freta Gabino te duce Romana tandem se vindicat ira. ipsa iubet signis bellaturoque togatus imperat: expectant aquilae decreta senatus. ipsa tibi trabeas ultro dedit, ipsa curulem obtulit ultori fastosque ornare coegit. nil perdit decoris prisci nec libera quaerit saecula, cum donet fasces, cum proelia mandet seque etiam crevisse videt. quis Gallica rura, quis meminit Latio Senonum servisse ligones? aut quibus exemplis fecunda Thybris ab Arcto vexit Lingonico sudatas vomere messes? illa seges non auxilium modo praebuit urbi, sed fuit indicio, quantum tibi, Roma, liceret: admonuit dominae gentes instarque tropaei rettulit ignotum gelidis vectigal ab oris. hoc quoque maiestas augescit plena Quirini, rectores Libyae populo quod iudice pallent et post emeritas moderator quisque secures

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die deine Taten aufwiegen? Nicht nur bestätigt Roma, dass sie das bloße Leben ihres Volks deinen Waffen zu verdanken hat; sondern darüber hinaus hat sie die gewichtige Ehre ihres Namens, die verlorenen Streitkräfte und Herrschaftsgebiete zurückerhalten, damit der Genuss, den man von einem geehrten Leben hat, umso angenehmer sei. [81] Jetzt muss sie nicht mehr demütig vor dem überstolzen Osten auf die Knie sinken und mit Gesandten das ihr entzogene Libyen fordern oder gar ihre eigenen Diener anflehen (es ist eine Schande, es auszusprechen!), sondern auf altitalische Kampfesstärke vertrauend, hat sie sich mit römischem Zorn unter deiner Führung endlich gerächt. [85] Roma selbst befiehlt den Truppen, und in der Toga erteilt der Senat dem Mann, der Krieg führen soll, das Heereskommando: Es warten die Adler auf die Beschlüsse des Senats. Roma selbst hat dir in freier Entscheidung den Konsulsmantel gegeben, Roma selbst hat ihrem Rächer die sella curulis angeboten und dich genötigt, den Kalender mit deinem Namen zu schmücken. Sie verliert nichts von ihrer traditionsreichen Würde und sehnt sich nicht nach der Epoche der freien Republik zurück, [90] da sie doch die Konsulswürde verleiht, da sie die Schlachten in Auftrag gibt und sieht, dass sie selbst sogar gewachsen ist: Wer kann sich daran erinnern, dass Galliens Felder, dass die Pflugscharen der Senonen jemals Latium gedient haben? Oder welche Vorbilder gab es dafür, dass der Tiber aus dem fruchtbaren Norden den Ernteertrag transportiert hat, der von lingonischem Pflug mit Schweiß erarbeitet wurde? [95] Dieses Korn brachte der Hauptstadt nicht nur Hilfe, sondern diente auch zum Beweis dafür, wie viel dir, Roma, möglich ist: Das hat die Völker daran erinnert, wer Herrin ist, und hat wie ein Siegeszeichen Tributzahlungen, die man bisher nicht kannte, aus den nordischen Landen errungen. Auch dadurch wächst die Majestät des Quirinus zu voller Größe, [100] dass Libyens Lenker vor dem römischen Volk als ihrem Richter Respekt haben und dass nach dem Ablauf der Amtsperiode jeder Statthalter unter

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discrimen letale subit, quid Poenus arator intulerit, madidus quantum transmiserit Auster. ardua qui late terris responsa dedere, hic trepidant humiles; tremuit quos Africa nuper, cernunt rostra reos. cani virtutibus aevi materiem pandit Stilicho populumque vetusti culminis inmemorem dominandi rursus in usum excitat, ut magnos calcet metuendus honores, pendat iustitia crimen, pietate remittat errorem purosque probet damnetque nocentes et patrias iterum clemens exerceat artes.

fallitur egregio si quis sub principe credit servitium. numquam libertas gratior extat quam sub rege pio. quos praeficit ipse regendis rebus, ad arbitrium plebis patrumque reducit conceditque libens, meritis seu praemia poscant seu punire velint. posito iam purpura fastu de se iudicium non indignatur haberi. sic docuit regnare socer, sic casta iuventae frena dedit, teneros his moribus imbuit annos, verior Augusti genitor, fiducia belli, pacis consilium, per quem squalore remoto pristina Romuleis iam floruit artibus aetas, per quem fracta diu translataque paene Potestas non oblita sui servilibus exulat arvis,

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Gefahr einer Kapitalstrafe darüber Rechenschaft ablegt, was der punische Bauer eingefahren hat, wie viel der regenschwere Südwind nach Italien gebracht hat. Die Statthalter, die weithin den Ländern stolze Bescheide ausgestellt haben, [105] müssen hier demütig bangen. Männer, vor denen noch kurz zuvor Africa zitterte, sieht Roms Rednerbühne als Angeklagte. Für die Tugenden der alten Zeit eröffnet Stilicho ein Betätigungsfeld und weckt das Volk, das nicht mehr an seine einstige Größe denkt, wieder auf, um seine Herrschaft auszuüben, so dass es in seiner furchtbaren Autorität die hohen Amtsinhaber erniedrigt, [110] mit Gerechtigkeit den Vorwurf bewertet, mit fürsorglicher Zuneigung einen Irrtum verzeiht und tadellose Männer bestätigt, aber schuldige verurteilt, und mit gnädiger Nachsicht wiederum die Künste ausübt, in denen seine Väter stark waren. Rom lernt unter einem guten Kaiser seine Freiheit neu zu gebrauchen. Wenn jemand glaubt, dass es unter einem exzellenten Kaiser Unfreiheit gibt, so irrt er sich. Niemals ist die Freiheit willkommener [115] als unter einem verantwortungsvollen Regenten. Die Männer, die er selbst mit Regierungsaufgaben betraut, hat er zuvor von Volk und Senat begutachten lassen; er gibt gern dem Wunsch statt, wenn Volk und Senat Auszeichnungen für sie verlangen oder aber Bestrafung wollen. Da der Hochmut abgelegt ist, empört sich der Purpur nicht mehr darüber, dass über seine Amtsführung ein Urteil gefällt wird. [120] So lehrte der Schwiegervater zu herrschen, so gab er dem jugendlichen Kaiser tadellose Zügel, mit solchem Verhalten prägte er die jungen Jahre als ein »Vater des Kaisers«, der die Bezeichnung noch wahrer erfüllt, als zuverlässiger Schutz im Krieg und als Ratgeber im Frieden. Durch ihn wurde der Rost beseitigt und die gute alte Zeit kam jetzt wieder in den Disziplinen zur Blüte, in denen Rom stark ist. [125] Durch ihn muss die lange gedemütigte und beinahe schon abgegebene Amtsgewalt nicht selbstvergessen im Exil in unfreien Regionen leben; sondern

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in proprium sed ducta larem victricia reddit fata solo fruiturque iterum, quibus haeserat olim, auspiciis capitique errantia membra reponit.

proxime dis consul, tantae qui prospicis urbi, qua nihil in terris conplectitur altius aether, cuius nec spatium visus nec corda decorem nec laudem vox ulla capit, quae luce metalli aemula vicinis fastigia conserit astris, quae septem scopulis zonas imitatur Olympi, armorum legumque parens, quae fundit in omnes imperium primique dedit cunabula iuris, haec est exiguis quae finibus orta tetendit in geminos axes parvaque a sede profecta dispersit cum sole manus. haec obvia fatis innumeras uno gereret cum tempore pugnas, Hispanas caperet, Siculas obsideret urbes et Gallum terris prosterneret, aequore Poenum, numquam succubuit damnis et territa nullo vulnere post Cannas maior Trebiamque fremebat, et, cum iam premerent flammae murumque feriret hostis, in extremos aciem mittebat Hiberos, nec stetit Oceano remisque ingressa profundum vincendos alio quaesivit in orbe Britannos. haec est, in gremium victos quae sola recepit humanumque genus communi nomine fovit, matris, non dominae ritu, civesque vocavit, quos domuit, nexuque pio longinqua revinxit.

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in ihr eigenes Heim geleitet, gibt sie das Schicksal, das Sieg verheißt, dem Boden zurück, genießt sie die Auspizien wieder, mit denen sie von Anfang an fest verbunden war, und setzt dem Haupt die abdriftenden Glieder wieder fest an die richtige Stelle. Laudes Romae [130] Fast an die Götter reichst du heran, Konsul, der du für diese große Stadt sorgst, für das Erhabenste, was das Himmelsgewölbe auf Erden umfasst: Ihre Ausdehnung kann kein Auge, ihre Schönheit kein Herz, ihren Preis keine Stimme fassen; sie hat Firste, die im Glanz des Goldes mit den Gestirnen konkurrieren und die sie bis zu den benachbarten Sternen aufragen lassen. [135] Sie ahmt mit ihren sieben Hügeln die sieben Sphären des Himmels nach. Als Mutter der Waffen und der Gesetze, die das Reich auf alle Völker ausdehnt und die Grundlagen für die Anfänge des Rechts gegeben hat, ist sie es, die sich von einem winzigen Territorium aus über beide Welthälften ausgebreitet und von einem kleinen Sitz ausziehend [140] ihre Truppen mit dem Lauf der Sonne verteilt hat. Als sie sich dem Schicksal stellte und zu ein und derselben Zeit zahllose Schlachten führte, spanische Städte einnahm, sizilische Städte besetzte und den Gallier zu Land niederstreckte, den Punier zu Wasser, gab sie bei verheerenden Niederlagen niemals auf, ließ sich von keiner Wunde im Schrecken lähmen, sondern setzte sich, [145] nach Cannae und der Trebia nur noch größer geworden, heftiger zur Wehr und schickte das Heer, als schon Flammen sie bedrängten und der Feind die Mauer traf, bis nach Iberien an den Rand der Welt; und sie kam nicht am Atlantik zum Stillstand: Sie wagte sich mit den Rudern aufs Meer und fuhr über den Kontinent hinaus, um die Britannen zu besiegen. [150] Sie ist es, die es als einzige geschafft hat, die Besiegten in ihren Schoß aufzunehmen und das Menschengeschlecht unter einem gemeinsamen Namen wie eine Mutter zu hegen, nicht wie eine Herrin, und die Besiegten Bürger zu nennen und sie nachhaltig mit den

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huius pacificis debemus moribus omnes, quod veluti patriis regionibus utitur hospes, quod sedem mutare licet, quod cernere Thylen lusus et horrendos quondam penetrare recessus, quod bibimus passim Rhodanum, potamus Oronten, quod cuncti gens una sumus. nec terminus umquam Romanae dicionis erit. nam cetera regna luxuries vitiis odiisque superbia vertit: sic male sublimes fregit Spartanus Athenas atque idem Thebis cecidit; sic Medus ademit Assyrio Medoque tulit moderamina Perses; subiecit Persen Macedo, cessurus et ipse Romanis. haec auguriis firmata Sibyllae, haec sacris animata Numae; huic fulmina vibrat Iuppiter; hanc tota Tritonia Gorgone velat; arcanas huc Vesta faces, huc orgia secum transtulit et Phrygios genetrix turrita leones; huc defensurus morbos Epidaurius ultro reptavit placido tractu vectumque per undas insula Paeonium texit Tiberina draconem.

hanc tu cum superis, Stilicho praeclare, tueris, protegis hanc clipeo, patriam regumque ducumque praecipueque tuam; dedit haec exordia lucis Eucherio puerumque ferens hic regia mater Augusto monstravit avo: laetatus at ille sustulit in Tyria reptantem veste nepotem,

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Fesseln der Liebe an sich zu binden. Ihrem Frieden stiftenden Verhalten verdanken wir alle, [155] dass ein Besucher sich in anderen Gegenden wie zu Hause fühlen kann, dass es möglich ist, den Wohnsitz zu wechseln, dass es ein Kinderspiel ist, Thule zu besichtigen und in ferne Gegenden vorzudringen, die einst Furcht einflößten, dass wir ohne Unterschied an der Rhône leben, am Orontes wohnen können, [159] dass wir alle ein und dasselbe Volk sind. Und niemals wird die römische Herrschaft ein Ende finden. Denn alle anderen Reiche hat das Wohlleben durch die Laster, hat der Hochmut durch den Hass zu Fall gebracht. So brach der Spartaner Athens allzu stolze Macht, und Sparta seinerseits kam durch Theben zu Fall; so nahm der Meder dem Assyrer und dem Meder der Perser die Herrschaft aus der Hand; [165] den Perser unterwarf der Makedone, der auch seinerseits den Römern weichen sollte. Doch Roma war durch die Weissagungen der Sibylle gestärkt, sie war von den heiligen Riten Numas beseelt. Für sie schleudert Jupiter seine Blitze; Minerva verhüllt sie mit dem ganzen Schutz des Medusenhaupts. Hierher hat Vesta ihr heiliges Feuer, hierher hat die Göttermutter mit der Turmkrone ihre Feiern und ihre phrygischen Löwen mit sich gebracht; [171] hierher kroch freiwillig in sanftem Gleiten der Gott von Epidauros, um vor Krankheiten zu schützen, und die Tiberinsel nahm die Äskulap-Schlange auf, die durch die Wellen geschwommen war. Stilichos Adventus: Seine familiäre Bindung an Rom Diese Stadt schützt du, herrlicher Stilicho, im Verein mit den Göttern, [175] diese Stadt deckst du mit deinem Schild, die Heimat von Königen und Feldherrn, und vor allem deine eigene; sie hat den Eucherius das Licht der Welt erblicken lassen, und hier hat die Mutter aus kaiserlicher Familie den Knaben dem Kaiser, seinem Großvater, auf ihrem Arm präsentiert: Er aber hob hocherfreut den Enkel zu sich, der auf dem purpurnen Gewand krabbelte, [180] und Roma freute sich, denn sie konnte die Zukunft im

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Romaque venturi gaudebat praescia fati, quod te iam tanto meruisset pignore civem.

nec tamen ingratum nec qui benefacta referre nesciat, hunc credas populum. si volvere priscos annales libeat, quotiens hic proelia sumpsit pro sociis, quotiens dono concessit amicis regibus Ausonio quaesitas sanguine terras! publica sed numquam tanto se gratia fudit adsensu: quis enim princeps non omnibus egit obsequiis dominum sese patremque vocari, quod tibi continuis resonant convexa diebus? macte novis consul titulis! Mavortia plebes te dominum Bruto non indignante fatetur et, quod adhuc nullo potuit terrore coacta libertas Romana pati, Stilichonis amori detulit. exultant avidi, quocumque decorus conspiciare loco, nomenque ad sidera tollunt; nec vaga dilecto satiantur lumina vultu, seu circum trabeis fulgentibus aureus intres, seu celebres ludos, solio seu fultus eburno cingas iure forum, denso seu turbine vulgi circumfusa tuae conscendant rostra secures.

quae vero procerum voces, quam certa fuere gaudia, cum totis exurgens ardua pinnis ipsa duci sacras Victoria panderet aedes! o palma viridi gaudens et amica tropaeis,

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Voraus wissen: im Bewusstsein, dass sie dich als ihren Bürger schon mit einem so bedeutenden Unterpfand verdient hatte. Freude des römischen Volks: Es nennt Stilicho »dominus et pater«. Doch sollst du dieses Volk nicht für undankbar halten und glauben, dass es sich für Wohltaten nicht erkenntlich zu zeigen verstünde. Wenn man die alten Chroniken durchblättern wollte: Wie oft hat dieses Volk [185] für Bundesgenossen den Kampf aufgenommen, wie oft hat es befreundeten Königen zum Geschenk Länder überlassen, die mit italischem Blut erworben waren! Aber noch nie hat sich die Gunst des römischen Volks mit so großer Zustimmung verbreitet: Denn welcher Princeps hat sich nicht mit allen erdenklichen Gefälligkeiten darum bemüht, »Herr und Vater« genannt zu werden? [190] Diesen Ruf lassen die Ränge des Circus jeden Tag für dich erschallen. Bravo, Konsul, ausgezeichnet durch neue Ehrennamen! Das Volk des Mars gesteht, dass du sein Herr bist – und Brutus ist nicht empört! Und was die römische Freiheit noch nie ertragen konnte, wenn sie durch Gewaltherrschaft dazu gezwungen werden sollte, das hat sie der Liebe zu Stilicho angeboten. [195] Unersättlich jubeln sie, wo immer du in deiner stattlichen Erscheinung zu sehen bist, und lassen deinen Namen zum Himmel klingen. Und ihre schweifenden Blicke können sich nicht satt sehen an der geliebten Gestalt, ob du golden von der funkelnden Trabea in den Circus kommst oder ob du die Spiele feierst, ob du nun auf elfenbeinernem Thron [200] zur Rechtsprechung das Forum einzäunen lässt, oder ob deine Liktoren mit dir die Rostra besteigen, die von einer wogenden Menschenmenge umdrängt sind. Freude des Senats: Gebet an Victoria Welche Worte konnte man aber von den Senatoren hören, wie wahrhaftig war ihre Freude, als sich Victoria hoch mit der ganzen Kraft ihrer Schwingen erhob und selbst dem Heerführer das heilige Haus öffnete! [205] O Jungfrau, die du dich an der grünen

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custos imperii virgo, quae sola mederis vulneribus nullumque doces sentire laborem, seu tibi Dictaeae placuerunt astra Coronae seu magis aestivo sedes vicina Leoni, seu sceptrum sublime Iovis seu Pallados ambis aegida, seu fessi mulces suspiria Martis, adsis perpetuum Latio votisque senatus adnue, diva, tui. Stilicho tua saepius ornet limina teque simul rediens in castra reducat. hunc bellis comitare favens, hunc redde togatum consiliis. semper placidis te moribus egit servavitque piam victis nec polluit umquam laurum saevitia. cives nec fronte superba despicit aut trepidam vexat legionibus urbem, sed verus patriae consul cessantibus armis contentus lictore venit nec inutile quaerit ferri praesidium solo munitus amore.

magnarum nec parcus opum geminare profundas distulit inpensas, sed post miracula castris edita vel genero, Romae maiora reservat. auratos Rhodiis imbres nascente Minerva indulsisse Iovem perhibent, Bacchoque paternum iam laxante femur mutatus palluit Hermus in pretium, votique famem passurus avari ditabat rutilo quidquid Mida tangeret auro.

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Siegespalme erfreust und den Siegeszeichen hold bist, du Wächterin des Reichs, die du allein Wunden heilen kannst und lehrst, Strapazen nicht zu empfinden: Sei es, dass dir gerade die Sterne der kretischen Krone gefallen haben oder mehr noch der Standort neben dem sommerlichen Löwen, [210] sei es, dass du gerade das erhabene Szepter Jupiters oder die Aigis der Pallas begleitest oder dass du das Stöhnen des ermatteten Mars linderst: Stehe für immer Latium zur Seite und erhöre gnädig die Gebete deines Senats, Göttin! Stilicho soll noch öfter deine Schwellen zieren und dich zugleich, wenn er ins Lager zurückkehrt, mit sich führen. [215] Ihn begleite in den Kriegen mit deiner Gunst, ihn führe im Gewand des Friedens zu den Senatsversammlungen zurück. Immer hat er dich, Victoria, ohne übermütiges Verhalten in die Tat umgesetzt: Er sorgte dafür, dass der Sieg für die Besiegten menschlich blieb, und hat niemals den Lorbeer durch Grausamkeit entweiht. Auf die Bürger schaut er nicht mit hochmütigem Blick herab oder quält die verängstigte Stadt mit seinen Legionen, [220] sondern als wahrer Konsul seiner Heimat kommt er, indem er die Waffenmacht hinter sich lässt und sich mit dem Liktor begnügt; er verlangt keine unnötige bewaffnete Leibwache, da er allein durch die Liebe geschützt ist. Freigebigkeit: Stilichos Spiele Nicht knauserig mit seinem großen Reichtum, zögerte er nicht, zweimal hintereinander die immensen Kosten aufzuwenden; ja, nach den staunenswerten Spielen, die für die Armee [225] und für den Schwiegersohn veranstaltet worden waren, hält er für Rom noch größere bereit! Goldene Regenströme soll Zeus den Rhodiern bei Athenes Geburt geschenkt haben, und als Dionysos schon den Schenkel seines Vaters öffnete, strahlte der Hermos hell, in Gold verwandelt; und Midas, der Hunger als Folge seines habgierigen Wunsches leiden sollte, [230] machte alles, was er berührte, durch rotes Gold wertvoll. Ob hier Mythos oder Wahrheit besun-

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fabula seu verum canitur: tua copia vincit fontem Hermi tactumque Midae pluviamque Tonantis. obscurat veteres obscurabitque futuros par donis armisque manus; si solveret ignis quot dedit inmanes vili pro pondere massas, argenti potuere lacus et flumina fundi.

nec tibi, quae pariter silvis dominaris et astris, exiguam Stilicho movit, Latonia, curam. tu quoque nobilibus spectacula nostra laboras inlustrare feris summoque in vertice rupis Alpinae socias arcu cessante pudicas et pharetratarum comitum inviolabile cogis concilium. veniunt umeros et bracchia nudae armataeque manus iaculis et terga sagittis, incomptae pulchraeque tamen; sudoribus ora pulverulenta rubent, sexum nec cruda fatetur virginitas; sine lege comae; duo cingula vestem crure tenus pendere vetant. praecedit amicas flava Leontodame, sequitur nutrita Lycaeo Nebrophone telisque domat quae Maenala Thero. ignea Cretaea properat Britomartis ab Ida et cursu Zephyris numquam cessura Lycaste. iungunt se geminae, metuenda feris Hecaerge et soror, optatum numen venantibus, Opis, progenitae Scythia: divas nemorumque potentes fecit Hyperboreis Delos praelata pruinis.

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gen wird: Deine Großzügigkeit jedenfalls übertrifft die Quelle des Hermos, die Berührung des Midas und den Regen des Donnerers. Deine Hand stellt das Altertum in den Schatten und wird auch die Zukunft überstrahlen, da sie gleichermaßen groß im Schenken wie im Kämpfen ist. Wenn Feuer all die gewaltigen Metallmassen einschmelzen würde, die deine Hand gegeben hat, als handelte es sich um wertlosen Stoff, [236] dann könnten sich ganze Seen und Flüsse von Silber ergießen. Dianas Hilfe, um Tiere aus allen Provinzen zu senden Und auch dich, Diana, die du zugleich Herrscherin über die Wälder und die Sterne bist, hat Stilicho zu nicht geringer Hilfsbereitschaft veranlasst: Auch du gibst dir alle Mühe, unsere Spiele [240] mit edlem Wild glanzvoll zu bestücken, und rufst ganz oben auf dem Gipfel des Alpengebirges deine jungfräulichen Begleiterinnen (der Bogen muss derweilen ruhen) und die vor Entweihung geschützte Vereinigung der köcherbewehrten Jagdgefährtinnen zusammen. Sie kommen, tragen ihre Schultern und Arme frei, die Hände bewaffnet mit Jagdspeeren und den Rücken mit Pfeilen, [245] ohne gepflegte Frisur, und doch schön: Vom Schwitzen gerötet ist das staubbefleckte Gesicht, die schmucklose Mädchenerscheinung lässt ihr Geschlecht nicht erkennen; die Haare sind nicht sorgsam gelegt; zwei Gürtel verhindern, dass das Kleid bis zur Wade herabreicht. Voran geht ihren Freundinnen die blonde Leontodame, es folgt Nebrophone, im Lykaion aufgewachsen, und Thero, die mit ihren Waffen das Mainalosgebirge bändigt. [251] Die feurige Britomartis eilt herbei vom kretischen Ida und Lykaste, die sich im Lauf niemals den Zephyrn geschlagen geben wird. Zu zweit stellen sich ein: Hekaerge, ein Schrecken für die wilden Tiere, und ihre Schwester Opis, eine Lieblingsgottheit der Jäger. [255] Sie stammen aus Skythien; zu Gottheiten und Herrscherinnen der Wälder machte sie die Insel Delos, die sie dem hyperboreischen Eis vorgezogen haben. Diese sieben kamen als

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hae septem venere duces; exercitus alter Nympharum incedunt, acies formosa Dianae, centum Taygeti, centum de vertice Cynthi, et totidem casto genuit quas flumine Ladon. has ubi collectas vidit, sic Delia coepit: ‘o sociae, mecum thalami quae iura perosae virgineo gelidos percurritis agmine montes, cernitis ut Latio superi communibus ornent hunc annum studiis, quantos Neptunus equorum donet ab orbe greges, laudi quod multa canendae fratris plectra vacent? nostram quoque sentiat idem quam meritis debemus opem. non spicula poscit iste labor; maneant clausis nunc sicca pharetris omnis et a solitis noster venatibus arcus temperet; in solam cruor hic servetur harenam. retibus et claustris dilata morte tenendae ducendaeque ferae. cupidas arcete sagittas; consulis in plausum casuris parcite monstris. adceleret divisa manus: mihi cursus anhelas tenditur ad Syrtes, mecum Dictaea Lycaste et comes Opis eat. steriles iuvat ire per aestus: namque feras aliis tellus Maurusia donum praebuit, huic soli debet ceu victa tributum. dum nos horribiles Libyae scrutamur alumnos, Europae vos interea perquirite saltus et scopulos. posita ludat formidine pastor securisque canat Stilichonem fistula silvis:

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Anführerinnen; ein zweites Heer von Nymphen marschierte auf, als anmutige Formation der Diana: eine Hundertschaft vom Gipfel des Taygetos, eine Hundertschaft vom Gipfel des Kynthos [260] und ebenso viele, die der Ladon mit seinem keuschen Wasser hervorgebracht hat. Als sie die Nymphen versammelt sah, begann die Göttin von Delos so ihre Ansprache: »Meine Gefährtinnen, die ihr mit mir den Bund der Ehe verabscheut und die kalten Berge in jungfräulicher Jagdgemeinschaft durchstreift, [264] seht ihr, wie die Götter für Italien mit vereinten Kräften dieses Jahr besonders schön ausstatten wollen: wie viele Herden an Rössern Neptun aus seinem Rund schenkt, und dass viele Plektren meines Bruders zum Lobgesang einsatzbereit sind? Auch unsere Hilfe soll Stilicho erfahren, die wir seinen Verdiensten schulden. Nicht die Pfeile erfordert diese Aufgabe, diesmal sollen sie ohne Blut bleiben und die Köcher geschlossen; [270] und jeder unserer Bogen soll auf die gewohnte Jagd maßvoll verzichten: Nur für die Arena soll das Blut dieser Tiere aufgespart werden. Mit Netzen und Käfigen sollen die Tiere gefangen und transportiert werden – ihr Tod wird aufgeschoben. Haltet eure ehrgeizigen Pfeile zurück! Schont die Ungeheuer, die zum Beifall für den Konsul zu Fall gebracht werden sollen. [275] Schnell soll sich unsere Schar aufgeteilt auf den Weg machen: Ich lenke meine Expedition in Richtung auf die Syrten, die vor Hitze dampfen; mit mir sollen Lykaste aus Kreta und Opis als Begleiterin kommen. Uns macht es nichts aus, durch die Hitze zu laufen, die nichts wachsen lässt: Denn das maurische Land hat seine wilden Tiere anderen als Geschenk geboten, für Stilicho allein schuldet es sie als Tribut, da es gewissermaßen besiegt ist. [280] Während wir die furchterregenden Zöglinge Libyens aufspüren, sollt ihr unterdessen die Wälder und Felsen Europas durchsuchen! Es soll der Hirte seine Furcht ablegen und spielen dürfen, und in sicheren Wäldern soll die Hirtenflöte Stilicho besingen. Er

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pacet muneribus montes qui legibus urbes.’ dixit et extemplo frondosa fertur ab Alpe trans pelagus; cervi currum subiere iugales, quos decus esse deae primi sub limine caeli roscida fecundis concepit Luna cavernis: par nitor intactis nivibus; frons discolor auro germinat et spatio summas aequantia fagos cornua ramoso surgunt procera metallo. Opis frena tenet, fert retia rara Lycaste auratasque plagas, inmortalesque Molossi latrantes mediis circum iuga nubibus ibant. quinque aliae paribus (Phoebe sic iusserat) armis diversa regione ruunt ducitque cohortem quaeque suam. variae formis et gente secuntur ingenioque canes: illae gravioribus aptae morsibus, hae pedibus celeres, hae nare sagaces; hirsutaeque fremunt Cressae tenuesque Lacaenae magnaque taurorum fracturae colla Britannae. Dalmatiae lucos abruptaque bracchia Pindi sparsa comam Britomartis agit. tu Gallica cingis lustra, Leontodame, Germanorumque paludes eruis et si quis defensus harundine Rheni vastus aper nimio dentes curvaverit aevo. nubiferas Alpes Appenninique recessus Garganique nives Hecaerge prompta fatigat. speluncas canibus Thero rimatur Hiberas informesque cavis ursos detrudit ab antris, quorum saepe Tagus manantes sanguine rictus non satiavit aquis et quos iam frigore segnes

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soll mit Spielen den Bergen Frieden bringen, wie er mit Gesetzen den Städten Frieden bringt.« [285] So sprach sie, und auf der Stelle fuhr sie vom laubreichen Alpengebirge über das Meer hin; ein Gespann von Hirschen zog ihren Wagen, welche als Schmuckstücke für die Göttin die taufeuchte Luna tief auf der erdnächsten Himmelsbahn in fruchtbaren Höhlen empfangen hatte: [289] Ihr Glanz gleicht unberührtem Schnee; nur die Stirn sprießt farblich abweichend von Gold, und hoch wie Buchenwipfel erheben sich ragende Geweihe mit dem ausladend verzweigten Metall. Opis hielt die Zügel, Lykaste trug die weitmaschigen Netze und das vergoldete Garn für die Treibjagd; unsterbliche Molosser liefen bellend rings um das Gespann mitten in den Wolken. [295] Die fünf anderen Nymphen mit gleicher Ausrüstung (so hatte es Diana angeordnet) schwärmten in je unterschiedlicher Richtung aus, und eine jede führte ihre eigene Abteilung. Hunde, verschieden an Gestalt, Herkunft und Eigenschaften, folgten ihnen. Die einen sind fürs Zupacken mit schwereren Bissen geeignet, die anderen sind schnelle Läufer, wieder andere scharfsinnige Spürhunde; [300] es bellen die struppigen Kreter, die zierlichen Spartaner und die Britannen, die die gewaltigen Nacken von Stieren brechen können. In Dalmatiens Wäldern und auf den abschüssigen Armen des Pindos jagt Britomaris mit offenem Haar. Du, Leontodame, schließt einen Kessel um die Wildverstecke in Gallien und die Sümpfe der Germanen [305] und erkundest, ob ein großer Eber, geschützt vom Schilfrohr des Rheins, seine Hauer in überfälligem Alter krumm gebogen trägt. Die wolkenverhangenen Alpen, die Verstecke des Apennin und den Schnee des Gargano ermüdete die kampfbereite Hekaerge. Die Höhlen Spaniens durchsuchte Thero mit ihren Hunden, [310] und trieb die unförmigen Bären aus den Tiefen der Höhlen heraus, deren bluttriefende Rachen oft der Tajo nicht mit Wassern sättigen konnte, und die, von der Winterkälte schon träge, die Steineiche in den Pyre-

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Pyrenaea tegit latebrosis frondibus ilex. Cyrneis Siculisque iugis venata virago Nebrophone cervos aliasque in vincula cogit non saevas pecudes sed luxuriantis harenae delicias, pompam nemorum. quodcumque tremendum dentibus aut insigne iubis aut nobile cornu aut rigidum saetis capitur, decus omne timorque silvarum. non cauta latent, non mole resistunt fortia, non volucri fugiunt pernicia cursu. haec laqueis innexa gemunt; haec clausa feruntur ilignis domibus. fabri nec tigna polire sufficiunt; rudibus fagis texuntur et ornis frondentes caveae. ratibus pars ibat onustis per freta, per fluvios; exanguis dextera torpet remigis et propriam metuebat navita mercem. per terram pars ducta rotis, longoque morantur ordine plaustra vias montanis plena triumphis et fera sollicitis vehitur captiva iuvencis, explebat quibus ante famem, quotiensque reflexi conspexere boves, pavidi temone recedunt. iamque pererratis Libyae flagrantibus oris legerat eximios Phoebi germana leones, Hesperidas qui saepe fugant ventoque citatis terrificant Atlanta iubis armentaque longe vastant Aethiopum quorumque inpune fragosa murmura pastores numquam excepere per auras. non illos taedae ardentes, non strata superne

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näen mit schützendem Laub bedeckte. Auf korsischen und auf sizilischen Höhen jagend, trieb die sportliche Jungfrau [315] Nebrophone Hirsche und anderes Herdengetier in die Netze, das zwar gefahrlos ist, aber eine Augenweide für die üppigen Spiele: als Festzug der Wälder. Alles, was furchterregend durch seine Zähne, stattlich mit seiner Mähne, edel durch sein Gehörn oder gepanzert durch seine Borsten ist, wurde gefangen: jeder Stolz und Schrecken der Wälder; [320] nicht blieben die vorsichtigen Tiere verborgen, nicht widerstanden mit ihrem Gewicht die tapferen, nicht entkamen im fliegenden Lauf die schnellen Tiere. Die einen stöhnten, verfangen in Stricken, die anderen transportierte man eingeschlossen in hölzernen Behausungen. Die Schreiner reichten nicht aus, um die Bretter zu glätten; aus ungeschliffenen Buchen und Steineichen, [325] die noch Blätter trugen, wurden die Käfige gezimmert. Ein Teil fuhr auf Lastschiffen über die Meere, über die Flüsse; blutleer vor Angst versagte die Hand des Ruderers ihren Dienst, und der Seemann fürchtete sich vor der eigenen Ladung. Ein anderer Teil wurde zu Land auf Rädern gefahren, und in langer Reihe behinderten die Lastwagen den Verkehr, voll beladen mit den Kampferfolgen im Gebirge. [330] Das gefangene Raubtier wurde von beunruhigten Rindern gezogen, mit denen es sonst seinen Hunger zu stillen pflegte; und immer, wenn die Rinder es beim Umblicken zu Gesicht bekamen, wollten sie in Panik von der Deichsel fortlaufen. Und schon hatte Apollos Schwester die glühenden Lande Libyens durchzogen und außerordentliche Exemplare von Löwen ausgewählt, [335] die oft die Hesperiden in die Flucht treiben, den Atlas mit ihren vom Wind aufgerichteten Mähnen in Schrecken versetzen und die Rinderherden der Äthiopen weithin vernichten, und deren lärmendes Brüllen die Hirten noch niemals in den Lüften vernommen haben, ohne Schaden zu erleiden: Diese Tiere überlisteten nicht brennende Fackeln, nicht ausgebreitete Zweige

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lapsuro virgulta solo, non vocibus haedi pendentis stimulata fames, non fossa fefellit; ultro se voluere capi gaudentque videri tantae praeda deae. respirant pascua tandem; agricolae reserant iam tuta mapalia Mauri. tum virides pardos et cetera colligit Austri prodigia inmanesque simul Latonia dentes, qui secti ferro in tabulas auroque micantes inscripti rutilum caelato consule nomen per proceres et vulgus eant. stupor omnibus Indis plurimus ereptis elephans inglorius errat dentibus: insedit nigra cervice gementum et fixum dea quassat ebur penitusque cruentis stirpibus avulsis patulos exarmat hiatus. ipsos quin etiam nobis miracula vellet ducere, sed pigra cunctari mole veretur. Tyrrhenas fetus Libycos conplexa per undas classica turba sonat, caudamque a puppe retorquens ad proram iacet usque leo: vix sublevat unum tarda ratis. fremitus stagnis auditur in imis cunctaque prosiliunt cete terrenaque Nereus confert monstra suis et non aequare fatetur. aequora sic victor quotiens per rubra Lyaeus navigat, intorquet clavum Silenus et acres insudant tonsis Satyri taurinaque pulsu Baccharum Bromios invitant tympana remos; transtra ligant hederae, malum circumflua vestit pampinus, antemnis inlabitur ebria serpens,

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[340] über der Fallgrube, nicht der Hunger, der vom Schreien eines festgebundenen Böckchens angeregt wurde, und nicht die Gräben; freiwillig wollten sie sich fangen lassen und freuten sich, als Beute einer so bedeutenden Göttin gesehen zu werden. Endlich atmete das Weideland auf; die maurischen Bauern öffneten ihre Zelte, die jetzt sicher waren. [345] Dann sammelte Diana kraftvolle Panther und alle anderen Wunder des Südens und zugleich die gewaltigen Stoßzähne, die, mit der Klinge zu Tafeln geschnitten, zu Senatoren und Volk gehen sollten: Von Gold glänzend tragen sie den schimmernden Namen, geschnitzt ist das Bildnis des Konsuls. Zum Entsetzen für alle Inder [350] zog die größte Zahl der Elefanten, ihrer Zähne beraubt, ohne Zierde dahin. Auf dem dunklen Rücken der stöhnenden Tiere saß die Göttin und lockerte mit Stößen das festsitzende Elfenbein, und indem die blutigen Stoßzähne tief aus den Wurzeln gerissen wurden, entwaffnete sie die weit aufgerissenen Mäuler. Ja, sie hätte uns sogar die Tiere selbst als Wunder [355] mitbringen wollen, doch sie fürchtete, mit der hemmenden Last zu spät zu kommen. Die Flotte, die die libyschen Tiere fasste, war auf den Wogen des Tyrrhenischen Meers zu hören, und indem der Löwe den Schwanz vom Achterdeck her umbog, breitete er sich im Liegen bis zum Vorderdeck aus. Gerade ein einziges Tier konnte das verlangsamte Schiff transportieren. Tief unter Wasser hörte man sein Brüllen, [360] alle Wasserungeheuer sprangen empor und Nereus verglich die Ungeheuer des Landes mit den seinen und gestand, dass seine nicht an sie heranreichen. So ist es, wenn Dionysos als Sieger über das Rote Meer fährt: Silen dreht den Griff des Steuers, die tatkräftigen Satyrn schwitzen an den Rudern und die mit Rindsleder überzogenen Trommeln geben mit dem Schlag der Bacchantinnen den Rudern des Bromios den Takt vor. [366] Die Ruderbänke umschlingt der Efeu, den Mastbaum umkleiden ringsum wuchernd die Weinranken, an den Rahen gleitet die nicht mehr nüchterne Schlange entlang, und über die vom Wein ge-

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perque mero madidos currunt saliuntque rudentes lynces et insolitae mirantur carbasa tigres.

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tränkten Taue laufen und springen die Luchse, und die Tiger, die so etwas nicht kennen, bestaunen die Segel.

Gotenkrieg

Einführung Die Auseinandersetzungen mit den Westgoten hatten die Regierungen in beiden Teilen des Reichs nicht erst seit der Schlacht am Frigidus beschäftigt. Schon 376 waren die Goten über die gefrorene Donau auf römisches Gebiet vorgedrungen und hatten seither dort gesiedelt. Als foederati (Hilfstruppen) ins Heer integriert, stellten sie in den Folgejahren eine ebenso wichtige wie unzuverlässige militärische Größe dar. Claudian rückt die Goten im Jahr 402 ins Zentrum seines Bellum Geticum, doch war dies nicht die erste dichterische Auseinandersetzung mit der Gotenproblematik: Stilichos Aktionen gegen Alarich in den Jahren 395 bzw. 397 und ihre komplexe Einbettung in das Machtgefüge eines geteilten römischen Reiches waren der Gegenstand von Claudians Invektive gegen Rufinus gewesen, und auch in anderen carmina maiora spielten die für Stilicho z. T. frustrierenden Erfahrungen mit den Goten eine Rolle. Nach 397 hatte sich die historische Situation dann aber in mancherlei Hinsicht beruhigt: Die Spannungen zwischen Ost und West waren nach dem Skandalkonsulat und dem unrühmlichen Ende Eutrops 399 einigermaßen beschwichtigt, die Goten mussten nicht mehr als Spielball der oströmischen Politik gegen Stilicho herhalten, und Alarich war, von Eutrop 397 zum magister militum per Illyricum ernannt, vorderhand in die oströmische Reichsverwaltung integriert. Auch für den politischen Dichter Claudian waren die Goten vorerst kein wichtiges Thema mehr; er scheint zwischen seinem Konsulatspanegyrikus für Stilicho (entstanden 399/400) und dem Gedicht über den Gotenkrieg (entstanden im Frühsommer 402) ohnehin keine umfangreichere Propagandaschrift mehr verfasst zu haben. Warum sich Alarich im Winter 401/402 unvermittelt dazu entschloss, nicht nur mit seinen gutgerüsteten gotischen Truppen –



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der magister militum hatte die Kontrolle über die illyrischen Waffenschmieden –, sondern auch mit den Frauen und Kindern seines Volkes über die Julischen Alpen nach Italien zu ziehen, geht aus Claudians epischer Darstellung nicht hervor. Es dürften wirtschaftliche und politische Entwicklungen gewesen sein: Die zunehmend germanenfeindliche Politik in Konstantinopel zwang die Goten, ihr ohnehin schon ausgemergeltes Siedlungsgebiet aufzugeben (Döpp [1980] 200 f.). Wie sechs Jahre zuvor in Griechenland, marodierten Alarichs Männer nun in Oberitalien, belagerten Kaiser Honorius in Mailand (vgl. auch 6 cons. Hon. 446–469) und drohten, auf Rom zu marschieren, wo man eilig die Stadtmauern auszubessern begann. Stilicho ergriff in dieser heiklen Lage die Initiative und zog über die Alpen nach Rätien, wo er aufständische foederati befriedete und in römischen Militärdienst nahm, sowie nach Noricum und Vindelizien, um weitere Auxiliartruppen anzuheuern (Döpp [1980] 202 f.). Zusammen mit Truppen aus Gallien (v. 419–429) und Britannien (v. 416–418) zog Stilichos Armee im Februar 402 in Richtung Mailand, um Honorius aus der Belagerung zu befreien. Nach Westen hin abgedrängt, wurden die Goten schließlich am 6. April 402 bei Pollentia (heute: Pollenza, in Piemont) bzw. an einem unweit gelegenen Fluss namens Orba gestellt und, wenn auch nicht ganz besiegt, so doch entscheidend geschwächt (zur Identität der geschilderten kriegerischen Auseinandersetzungen vgl. Döpp [1980] 205). In Claudians Bellum Geticum nehmen die militärischen Ereignisse bei Pollentia nur einen geringen Teil der epischen Erzählung ein (v. 552–647; der Kampf selbst ist Gegenstand von v. 579–615). Die Vorgeschichte des Kampfes wird in v. 166–551 in linearer Erzählung entwickelt. Anders als im Gedicht über den Gildofeldzug, wo das eigentliche Kampfgeschehen in ähnlicher Weise ausgeblendet worden war, verzichtet Claudian in seinem Gotenkrieg auch weitgehend auf mythologische Einkleidungen des epischen Geschehens. Vielmehr rückt er realistische Aspekte der historischen

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Entwicklung in den Fokus: einen greisen Mann aus dem gotischen Volk (v. 488–517) oder einen alanischen Föderaten (v. 579–597), in dem einige Interpreten den heidnischen Ersatzfeldherrn Saulus sehen wollen, was aber unnötig ist und unsicher bleibt. Zwar nehmen auch in diesem Werk historische und mythologische Parallelen in panegyrischer Absicht einen weiten Raum ein, doch wird das Handeln einzelner Menschen eher aus allgemeineren historischen Entwicklungen und Stimmungen im Volk heraus bzw. in Abgrenzung dazu (vgl. v. 267–269, wenn Stilicho von der allgemeinen Verzweiflung unbeeinflusst bleibt) verständlich gemacht; vgl. auch Döpp (1980) 217–223. Monika Balzert (1974) 72–85 hat im Vergleich mit dem ersten Buch von Lucans Bürgerkriegsepos die strukturellen und thematischen Parallelen zwischen beiden Epen aufgezeigt, die allerdings bei Claudian ein konträr gesetztes Ziel erreichen. Die Person des engagierten Dichters, der als zeitkritische Stimme das historische Geschehen in seiner Bedeutung für das römische Selbstverständnis bewertet, führt bei Claudian den Leser aus der Untergangsstimmung wieder heraus: Alarich ist kein zweiter Caesar, die Prodigien weisen nicht auf Roms Fall hin, die Schlacht bei Pollentia wird kein Pharsalus, weil unter einem Stilicho, der kein altersmüder Pompeius ist, der Glaube an die Roma aeterna bestätigt wird.



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1–165 Lob Stilichos 1–76 Mythologische Vergleiche: Tiphys und Gigantomachie 77–103 Stilichos Qualitäten als Feldherr 104–165 Stilicho übertrifft die Helden der Geschichte. 166–468 Vorgeschichte der Schlacht 166–193 Rückblick: Die Goten plündern in Griechenland. 194–204 Das Gerücht von der Einnahme Roms hat sich verbreitet. 205–212 Anrede an die versammelten Zuhörer 213–313 Irrationale Reaktionen im Volk, Wolfsprodigium und Stilichos Besonnenheit 313–403 Stilicho sorgt in Rätien für Frieden und rekrutiert Hilfstruppen. 404–468 Stilicho kehrt nach Italien zurück. 469–549 Reaktionen der Goten 550–647 Die Schlacht bei Pollentia 550–557 Das Orakel von der Niederlage ‘an der Urbs/Orba’ erfüllt sich. 558–578 Ansprache Stilichos vor der Schlacht bei Pollentia 579–597 Die Alanen 598–634 Schlacht 635–647 Lob der Schlacht bei Pollentia

25 Belli Getici praefatio Post resides annos longo velut excita somno Romanis fruitur nostra Thalia choris. optatos renovant eadem mihi culmina coetus personat et noto Pythia vate domus. consulis hic fasces cecini Libyamque receptam, hic mihi prostratis bella canenda Getis. sed prior effigiem tribuit successus aenam, oraque patricius nostra dicavit honos. adnuit hunc princeps titulum poscente senatu; respice iudicium quam grave, Musa, subis! ingenio minuit merces properata favorem: carminibus veniam praemia tanta negant, et magis intento studium censore laborat quod legimur medio conspicimurque foro. materies tamen ipsa iuvat solitumque timorem dicturo magna sedula parte levat, nam mihi conciliat gratas inpensius aures vel meritum belli vel Stilichonis amor.

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25 Vorrede zum Gotenkrieg Nach Jahren des Nichtstuns, wie aus einem langen Schlaf erweckt, freut sich unsere Thalia wieder an römischen Reigen. Derselbe Palast beruft mir nun die ersehnten Versammlungen wieder ein, und das pythische Haus ertönt von einem Dichter, den es schon kennt. [5] Hier habe ich die Rutenbündel des Konsuls besungen und die Rückeroberung Libyens, hier muss ich Kriege besingen, jetzt da die Goten niedergeworfen sind. Doch hat mir mein früherer Erfolg ein ehernes Bildnis verschafft, und die von den Senatoren beschlossene Ehrung brachte mir eine Portraitbüste ein. Der Kaiser hat uns diesen Ehrentitel auf Bitten des Senats erteilt; [10] denke daran, Muse, unter welch strenges Gericht du dich stellst! Dem einfallsreichen Dichter schmälert übereilte Belohnung die Zuneigung: Seinen Liedern verwehren so große Anerkennungen die Nachsicht, und unter einem aufmerksameren Zensor strengt mein Dichten sich an, jetzt da mein Name mitten auf dem Forum gelesen und bestaunt wird. [15] Doch gerade der Stoff hilft und nimmt mir, wenn ich zu sprechen beginne, geflissentlich zu einem großen Teil die gewohnte Furcht. Denn stärker noch verschaffen mir geneigte Ohren Stilichos Verdienst im Krieg und die Liebe zu ihm.

26 Bellum Geticum Intacti cum claustra freti, coeuntibus aequor armatum scopulis, audax inrumperet Argo Aeeten Colchosque petens, propiore periclo omnibus attonitis, solus post numina Tiphys incolumem tenui damno servasse carinam fertur et ancipitem montis vitasse ruinam deceptoque vagae concursu rupis in altum victricem duxisse ratem; stupuere superbae arte viri domitae Symplegades et nova passae iura soli cunctis faciles iam puppibus haerent, ut vinci didicere semel. quod si ardua Tiphyn navis ob innocuae meritum sic gloria vexit, quae tibi pro tanti pulso discrimine regni sufficient laudes, Stilicho? licet omnia vates in maius celebrata ferant ipsamque secandis Argois trabibus iactent sudasse Minervam nec nemoris muti iunxisse carentia sensu robora, sed caeso Tmarii Iovis augure luco arbore praesaga tabulas animasse loquaces; plurima sed quamvis variis miracula monstris ingeminent teneras vincturo carmine mentes, Harpyiasque truces insopitisque refusum tractibus aurati custodem velleris anguem

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26 Gotenkrieg Mythologische Vergleiche: Tiphys und Gigantomachie Als die kühne Argo in den verschlossenen Raum des noch unberührten Meeres, in die mit zusammenstoßenden Felsen gerüstete See eindrang auf ihrem Weg zu Aeetes und den Kolchern, als alle wegen der nahen Gefahr schon bestürzt waren, da hat, wie man erzählt, Tiphys ohne fremde Hilfe – sieht man einmal von den Göttern ab! – [5] das Schiff unversehrt und nur mit geringem Schaden bewahrt, ist dem beiderseitigen Aufprall der Bergmasse entgangen, hat den Zusammenstoß der beweglichen Felsen überlistet und das Schiff siegreich auf das hohe Meer geführt; die hochmütigen Symplegaden, von der Fertigkeit des Mannes bezwungen, hielten erstaunt inne und erduldeten die neue [10] Ordnung, nun fester Boden zu sein, und sie blieben, von jetzt an allen Schiffen zugänglich, an einem Ort stehen, sowie sie einmal gelernt hatten zu unterliegen. Wenn aber der Ruhm den Tiphys wegen seines Verdienstes um ein gerettetes Schiff derartig in die Höhe hob, welche Lobsprüche werden dann dir für die Abwehr einer Gefahr von unserem so großen Reich genügen, Stilicho? Mögen die Dichter auch alles, [15] was sie preisen, aufbauschen und in ihrer Übertreibung so weit gehen, dass selbst Minerva beim Sägen der Stämme für die Argo geschwitzt habe, und dass sie nicht Holz ohne Wahrnehmung aus einem Wald, der nicht sprechen kann, zusammengefügt habe, sondern dass sie den Orakelhain des dodonäischen Jupiter gefällt und mit den weissagenden Bäumen den Schiffsplanken Leben verliehen habe, sodass sie sprechen konnten. [20] Doch obwohl sie ihre zahllosen Wundergeschichten mit mannigfachen Ungeheuern noch interessanter machen, damit ihr Gesang empfängliche Gemüter fesselt, obwohl sie von den wilden Harpyien berichten und von der Schlange, die sich ohne zu schlafen eingerollt hat als Wächterin des goldenen Vlieses, von den

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et iuga taurorum rapidis ambusta favillis et virides galeis sulcos fetasque novales Martis et in segetem crescentia semina belli, nil veris aequale dabunt. prohibere rapaces scilicet Harpyias unaque excludere mensa nobilior titulus, quam tot potuisse paratas in Latii praedam Geticas avertere fauces? anne ego terrigenas potius mirabor in ipsis procubuisse satis, vitae quibus attulit idem principium finemque dies, quam caesa Getarum agmina, quos tantis aluit Bellona tropaeis totaque sub galeis Mavortia canuit aetas? per te namque unum mediis exuta tenebris imperio sua forma redit claustrisque solutae tristibus exangues audent procedere leges. iamque potestates priscus discriminat ordo iustitiae, quas ante pares effecerat una nube timor. tua nos urgenti dextera leto eripuit, tectisque suis redduntur et agris damnati fato populi, virtute renati. iam non in pecorum morem formidine clausi prospicimus saevos campis ardentibus ignes alta nec incertis metimur flumina votis excidio latura moram nec poscimus amnes undosam servare fidem nubesque fugaces aut coniuratum querimur splendere serenum. ipsa quoque internis furiis exercita plebis securas iam Roma levat tranquillior arces. surge, precor, veneranda parens, et certa secundis

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Gespannen der Stiere, die vom verzehrenden Feuer versengt sind, [25] von den Saatreihen, aus denen die Helme sprießen, von der Brache, die vom Mars schwanger ist, von den Samen, die zur Kriegssaat auswachsen, so singen sie doch nichts, was der Wahrheit entspricht. Natürlich, es bringt mehr Ehre ein, die raubgierigen Harpyien abzuwehren und sie von einem einzigen Tisch verbannt zu haben, als wenn man in der Lage gewesen ist, [30] so viele gotische Schlünde abzuwehren, die sich schon zur Plünderung Latiums bereit gemacht hatten? Oder werde ich die Erdgeborenen, die inmitten der Saat selbst niedergefallen sind und denen derselbe Tag den Anfang und das Ende des Lebens bereitet hat, eher bewundern als die getöteten Scharen der Goten, die Bellona mit so gewaltigen Trophäen gefördert hat [35] und die ein ganzes Leben im Krieg unter ihren Helmen ergrauen ließ? Denn durch dich allein hat das Reich seine Schönheit wiedererlangt und die Finsternis aus seiner Mitte verbannt, und bleich wagen die Gesetze, aus dem düsteren Kerker befreit, hervorzutreten. Schon unterscheidet die alte Ordnung [40] der Gerechtigkeit wieder die Amtsgewalten, welche die Furcht zuvor einander angeglichen hat, indem sie sie alle in eine einzige Wolke hüllte. Deine Rechte hat uns der Bedrängnis des Todes entrissen, und die Völker, vom Schicksal geschlagen und durch deine Tapferkeit wiedererstanden, werden ihren Häusern und Äckern zurückgegeben. Schon blicken wir nicht mehr wie die Schafe bei brennendem Feld in Furcht gebannt [45] auf die wilden Feuer, messen nicht mehr mit zweifelhaften Hoffnungen die Tiefe der Flüsse, die unseren Untergang eine Weile hinauszögern würden, bitten auch nicht die Ströme und die flüchtigen Wolken, sich mit ihren Wassern als zuverlässige Verbündete zu erweisen, oder beklagen uns, dass sich der helle Himmel gegen uns verschworen hat, indem er strahlt. [50] Auch Rom selbst, vom inneren Wüten des Volks gepeinigt, lässt nun ruhiger seine Paläste ohne Sorgen aufragen. Ich bitte dich: Steh auf, ehrwürdige Mutter, vertraue zuversichtlich der Gunst der

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fide deis humilemque metum depone senectae. urbs aequaeva polo, tum demum ferrea sumet ius in te Lachesis, cum sic mutaverit axem foederibus natura novis, ut flumine verso inriget Aegyptum Tanais, Maeotida Nilus, Eurus ab occasu, Zephyrus se promat ab Indis Caucaseisque iugis calido nigrantibus Austro Gaetulas Aquilo glacie constringat harenas. fatales hucusque manus crebrisque notatae prodigiis abiere minae. nec sidera pacem semper habent, ipsumque Iovem turbante Typhoeo, si fas est, tremuisse ferunt, cum bracchia centum montibus armaret totidem spiramque retorquens lamberet attonitas erectis anguibus Arctos. quid mirum, si regna labor mortalia vexat, cum gemini fratres, genuit quos asper Aloeus, Martem subdiderint vinclis et in astra negatas temptarint munire vias steteritque revulsis paene tribus scopulis caelesti machina bello? sed caret eventu nimius furor; inproba numquam spes laetata diu nec pervenere iuventae robur Aloidae: dum vellere Pelion Otus nititur, occubuit Phoebo, moriensque Ephialtes in latus obliquam proiecit languidus Ossam.

aspice, Roma, tuum iam vertice celsior hostem, aspice, quam rarum referens inglorius agmen Italia detrusus eat quantumque priori

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Götter und lege die ehrlose Furcht des Alters ab. Du Stadt, die du so lange leben wirst wie der Himmel, dann endlich wird die eherne [55] Lachesis gegen dich ihr Recht üben, wenn die Natur die Weltordnung so nach neuen Gesetzen verändert hat, dass der Tanais seinen Lauf umkehrt und Ägypten bewässert, der Nil in die Maiotische See fließt, der Eurus von Westen und der Zephyrus aus Indien weht, die Bergkämme des Kaukasus unter dem warmen Auster das Weiß ihres Schnees verlieren [60] und der Aquilo die afrikanische Sandwüste in Eis erstarren lässt. Die Scharen, die uns bisher verhängnisvoll waren, und ihre Drohungen, von zahlreichen Vorzeichen angekündigt, sind verschwunden. Auch die Gestirne genießen nicht immer den Frieden, und Jupiter selbst soll beim Aufstand des Typhoeus ‒ wenn man das sagen darf ‒ gezittert haben, als dieser seine hundert Arme [65] mit ebenso vielen Bergmassen bewaffnete, seinen geschlängelten Leib zurückbog, die Schlangenhäupter aufrichtete und gegen das erschrockene Bärengestirn die Zungen reckte. Was wundert man sich noch darüber, wenn die Mühsal irdischen Reichen zusetzt, da die beiden Brüder, die der wilde Aloeus zeugte, den Mars in Fesseln schlugen, sich den verbotenen Weg zu den Sternen [70] bahnen wollten und das kosmische Räderwerk beinahe stillstand, als die drei Berge für den himmlischen Krieg losgerissen waren? Doch allzu große Raserei hat keinen Erfolg; den Hoffnungen des Frevlers ist nie langes Glück beschieden und die Söhne des Aloeus erreichten nie das starke Mannesalter: Als Otus sich anstrengte, den Pelion loszureißen, [75] fand er unter der Hand des Apollo den Tod, und sterbend warf Ephialtes das Ossagebirge so, dass es jetzt schräg daliegt, weil ihn die Kräfte verließen. Stilichos Qualitäten als Feldherr Roma, erhebe jetzt wieder dein Haupt und schau auf deinen Feind, siehe, wie lückenhaft das Heer ist, das er unrühmlich und aus Italien verstoßen zurückführt, und wie wenig er seiner früheren Ge-

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dissimilis, qui cuncta sibi cessura ruenti pollicitus patrii numen iuraverat Histri non nisi calcatis loricam ponere rostris. o rerum fatique vices! qui foeda parabat Romanas ad stupra nurus, sua pignora vidit coniugibus permixta trahi; qui mente profunda hauserat urbis opes, ultro victoribus ipse praeda fuit; nostri quondam qui militis auro adgressus temptare fidem, desertus ab omni gente sua manibusque redit truncatus et armis. hoc quoque, quod veniam leti valuere mereri, si positis pendas odiis, ignoscere pulchrum iam misero poenaeque genus vidisse precantem. quae vindicta prior quam cum formido superbos flectit et adsuetum spoliis adfligit egestas? sed magis ex aliis fluxit clementia causis, consulitur dum, Roma, tibi: tua cura coegit inclusis aperire fugam, ne peior in arto saeviret rabies venturae conscia mortis; nec tanti nomen stirpemque abolere Getarum, ut propius peterere, fuit. procul arceat altus Iuppiter, ut delubra Numae sedemque Quirini barbaries oculis saltem temerare profanis possit et arcanum tanti deprendere regni.

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stalt [80] gleicht, der verheißen hatte, dass alles seinem Ansturm weichen würde, und der bei der göttlichen Macht des heimatlichen Hister geschworen hatte, dass er nur dann den Brustpanzer ablegen würde, wenn er seinen Fuß auf die Rostra gesetzt hätte. Wie sich die Dinge und das Schicksal doch ändern! Er, der die Mädchen Roms zur grässlichen Schändung bestimmt hatte, musste zusehen, wie seine eigenen Kinder [85] gemeinsam mit verheirateten Frauen verschleppt wurden; er, der tief in seinem Inneren schon die Reichtümer unserer Stadt verschlungen hatte, wurde freiwillig selbst zur Beute für die Sieger; er, der sich einst daran gemacht hatte, unsere Soldaten mit Gold zum Abfall zu bringen, kehrte nun verlassen von seinem ganzen eigenen Volk und seiner Truppen und Waffen beraubt zurück. [90] Wenn du deinen Hass ablegst und auch dies erwägst, dass sie es nämlich vermochten, sich Rettung vor dem Tod zu verdienen, so ist es etwas Schönes, einem bereits Unglücklichen zu verzeihen, und eine Art Bestrafung, ihn als Bittenden gesehen zu haben. Wann ist die Strafe größer, als wenn Furcht die Stolzen beugt und Not den niederwirft, der sich schon an die Beutestücke gewöhnt hat? [95] Doch die Milde floss eher noch aus anderen Quellen, als man auf dich, Roma, Rücksicht nahm: Die Fürsorge um dich zwang uns, den Eingeschlossenen einen Fluchtweg zu eröffnen, damit die Rasenden nicht noch schlimmer in der Enge wüteten, weil sie um den kommenden Tod wussten; auch war dir die Vernichtung des Namens und des Stammes der Goten nicht so viel wert, [100] dass du dich aus größerer Nähe von ihnen hättest angreifen lassen. Der erhabene Jupiter soll verhindern, dass die Barbaren das Heiligtum des Numa und den Tempel des Quirinus auch nur mit ihrem Frevlerblick besudeln und das Allerheiligste eines so großen Reichs auftun können.

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quamquam, si veterum certamina rite recordor, tunc etiam, pulchra cum libertate vigerent et proprio late florerent milite patres, semper ab his famae petiere insignia bellis, quae diversa procul tuto trans aequora vires exercere dabant: currus regumque catenae inter abundantis fati ludibria ductae. at vero Italiam quotiens circumstetit atrox tempestas ipsumque caput laesura pependit, non illis vani ratio ventosa favoris, sed graviter spectata salus ductorque placebat non qui praecipiti traheret semel omnia casu, sed qui maturo vel laeta vel aspera rerum consilio momenta regens, nec tristibus inpar nec pro successu nimius, spatiumque morandi vincendique modum mutatis nosset habenis. cautius ingentes morbos et proxima cordi ulcera Paeoniae tractat sollertia curae parcendoque secat, ferro ne largius acto inrevocandus eat sectis vitalibus error. sublimi certe Curium canit ore vetustas, Aeaciden Italo pepulit qui litore Pyrrhum, nec magis insignis Pauli Mariique triumphus, qui captos niveis reges egere quadrigis. plus fuga laudatur Pyrrhi quam vincla Iugurthae; et, quamvis gemina fessum iam clade fugavit, post Decii lituos et nulli pervia culpae pectora Fabricii, donis invicta vel armis,

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Stilicho übertrifft die Helden der Geschichte. Indessen, wenn ich mich recht an die Kämpfe der Alten erinnere, [105] dann strebten sie auch damals, als die Väter noch in schöner Freiheit stark waren und reichlich eigene Soldaten hatten, immer in denjenigen Kriegen nach den Auszeichnungen des Ruhms, die ihnen in entfernt gelegenen Weltgegenden die Möglichkeit gaben, ihre Kräfte ohne Gefahr für unser Land jenseits der Meere zu üben. Wagen und Ketten von Königen führte man vor, [110] wobei das Schicksal überschwänglich sein Fest feierte. Doch sooft der wilde Sturm Italien bedrohlich einschloss und gefahrvoll schon über unserer Hauptstadt hing, da stellten sie keine windigen Überlegungen über unsichere Unterstützung an, sondern sie hielten ernsthaft nach Rettung Ausschau, und nicht der gefiel als Anführer, [115] der alles in einem einzigen jähen Sturz mit sich zog, sondern derjenige, der mit reifer Überlegung Glück und Widrigkeit der Welt lenkte, dem Unglück gewachsen war, der sich nicht mehr, als es sein Erfolg erlaubte, herausnahm, und der, die Zügel unterschiedlich führend, wusste, wie lange man warten muss und wie man im Sieg Maß hält. [120] Mit mehr Vorsicht nämlich behandelt Äskulaps geschickte Heilkunst schwere Krankheiten und Geschwüre ganz dicht am Herzen und schneidet sie schonend auf, damit das Skalpell nicht zu weit geführt wird, die lebensnotwendigen Körperteile zertrennt werden und so ein unwiderruflicher Kunstfehler eintritt. Gewiss, die Alten singen in erhabenen Tönen von Curius, [125] der den Aiakiden Pyrrhus vom italischen Strand vertrieben hat; und die Triumphe des Paulus und des Marius waren nicht prächtiger, welche die gefangenen Könige mit schneeweißen Viergespannen mit sich führten. Man lobt die Flucht des Pyrrhus mehr als die Fesseln des Jugurtha; und obwohl er ihn erst in die Flucht geschlagen hat, als er schon durch zwei Niederlagen geschwächt war ‒ nämlich [130] nachdem ihn die Kriegstrompeten des Decius und die Unbestechlichkeit eines Fabricius geschlagen hatten, der weder durch Geschenke noch durch Waffen besiegt

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plena datur Curio pulsi victoria Pyrrhi. quanto maius opus solo Stilichone peractum cernimus! hic validam gentem, quam dura nivosis educat Ursa plagis, non Chaonas atque Molossos, quos Epirus alit, nec Dodonaea subegit agmina fatidicam frustra iactantia quercum. primus fulmineum lento luctamine Poenum conpressit Fabius, campo post ausus aperto Marcellus vinci docuit, sed tertia virtus Scipiadae Latiis tandem deterruit oris. unus in hoc Stilicho diversis artibus hoste tres potuit conplere duces: fregitque furentem cunctando vicitque manu victumque relegat. atque haec tanta brevi. miscentem incendia Pyrrhum sustinuit toto maerens Oenotria lustro, et prope ter senas Itali per graminis herbas Massylus Poeno sonipes vastante cucurrit Hannibalemque senem vix ad sua reppulit arva vindex sera patrum post bellum nata iuventus. hic celer effecit bruma ne longior una esset hiemps rerum, primis sed mensibus aestas temperiem caelo pariter terraeque referret. sed quid ego Hannibalem contra Pyrrhumque tot annis certatum memorem, vilis cum Spartacus omne per latus Italiae ferro bacchatus et igni consulibusque palam totiens congressus inertes exuerit castris dominos et strage pudenda fuderit inbelles aquilas servilibus armis? nos, terrorum expers et luxu mollior aetas,

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werden konnte ‒, wird Curius der Sieg über Pyrrhus voll und ganz zugeschrieben, eben weil er ihn vertrieben hat. Wieviel größer ist das Werk, das, wie wir sehen, Stilicho auf sich allein gestellt vollbracht hat! Er hat ein starkes Volk unterworfen, welches das raue [135] Bärengestirn in schneereichen Gegenden aufzieht, keine Chaonen und Molosser, die Epirus nährt, auch nicht Heere aus Dodona, die sich vergebens ihrer schicksalskündenden Eiche rühmen. Als erster hat Fabius den blitzschnellen Punier durch sein ausdauerndes Zögern unschädlich gemacht, später ist [140] Marcellus das Wagnis der offenen Feldschlacht eingegangen und hat ihn die Niederlage gelehrt, doch in einem dritten Schritt hat ihn die Tapferkeit des Scipio schließlich von den Küsten Italiens vertrieben. Stilicho konnte als e i n Mann bei diesem Feind mit verschiedenen Strategien die Rollen dreier Heerführer ausfüllen: Durch seine Hinhaltetaktik hat er den Rasenden gebrochen, im Kampf hat er ihn besiegt, den Besiegten verbannt er. [145] Und so gewaltige Taten geschahen in kurzer Zeit. Ganze fünf Jahre brauchte das jammernde Italien, um den Brandstifter Pyrrhus aufzuhalten, und das massylische Ross lief, als der Punier wütete, beinahe achtzehn Jahre über Italiens grüne Wiesen, und nur mit Mühe konnte den betagten Hannibal [150] die rächende Generation, die spät nach dem Krieg ihrer Väter geboren wurde, in sein Gebiet zurücktreiben. Stilichos Schnelligkeit hat es erreicht, dass der Sturm der Weltgeschichte nicht länger als einen Winter dauerte, sondern dass der Sommer dem Himmel wie der Erde schon in den ersten Monaten die Wärme zurückbrachte. Doch was soll ich erwähnen, dass man so viele Jahre gegen Hannibal und Pyrrhus [155] gekämpft hat, wo doch der Sklave Spartacus in ganz Italien mit Eisen und Schwert gewütet hat, so oft auf offenem Feld mit Konsuln zusammengestoßen ist, träge Feldherren aus ihrem Lager herausgelockt und in beschämender Niederlage die kriegsuntauglichen Adlerzeichen mit Sklavenwaffen in die Flucht getrieben hat? [160] Wir, ein Geschlecht, das Schre-

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deficimus queruli, si bos abductus aratro, si libata seges. non hanc ergastula nobis inmisere manum nec coniurantis harenae turba fuit: qualem Stilicho deiecerit hostem Thraces et Haemonii poterunt Moesique fateri.

frigida ter deciens nudatum frondibus Haemum tendit hiemps vestire gelu totiensque solutis ver nivibus viridem monti reparavit amictum, ex quo iam patrios gens haec oblita Triones atque Histrum transvecta semel vestigia fixit Threicio funesta solo, seu fata vocabant, seu gravis ira deum, seriem meditata ruinis. ex illo, quocumque vagos inpegit Erinys, grandinis aut morbi ritu per devia rerum, praecipites per clausa ruunt, nec contigit ullis amnibus aut scopulis proprias defendere terras. nil Rhodope, nil vastus Athos, nil profuit Haemus Odrysiis; facili contemptum Strymona saltu et frustra rapidum damnant Haliacmona Bessi. nubibus intactum Macedo miratur Olympum more pererratum campi; gemit inrita Tempe Thessalus et domitis inrisam cautibus Oeten. Sperchiusque et virginibus dilectus Enipeus barbaricas lavere comas. non obice Pindi

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cken nicht kennt und verweichlicht ist durch Schwelgereien, versagen jammernd, wenn man den Ochsen vom Pflug abspannt und wenn man uns die Feldsaat wegnimmt. Nicht die Sklavenbaracken ließen diese Truppe über uns kommen, und die Schar, die sich gegen uns verschworen hatte, kam nicht aus der Arena: Was für einen Feind Stilicho niedergeworfen hat, [165] werden die Thraker, Hämonier und Möser bezeugen können. Rückblick: Die Goten plündern in Griechenland. Dreißigmal war es dem kalten Winter darum zu tun gewesen, den laubentkleideten Haimos mit Eis einzuhüllen, und ebenso oft ist der Schnee wieder geschmolzen und hat der Frühling dem Berg sein grünes Kleid wiedergegeben, seitdem dieses Volk sich nicht mehr um sein angestammtes Gebiet unter dem Nordstern kümmerte [170] und, nachdem es einmal den Hister überquert hatte, seinen unheilbringenden Fuß auf thrakischen Boden gesetzt hatte, ob nun das Schicksal sie rief oder der heftige Zorn der Götter, der eine Unglücksfolge für den Untergang ersann. Seit jener Zeit stürzten sie, wohin immer sie die Furie trieb, einem Hagelsturm oder einer Seuche gleich in die abgelegenen Gebiete der Welt [175] und Hals über Kopf selbst in verschlossene Gegenden, und kein Fluss oder Fels konnte sein eigenes Gebiet gegen sie verteidigen. Nichts half den Thrakern das Rhodopegebirge, nichts der gewaltige Athos, nichts der Haimos; die Besser verfluchen den Strymon, dem die Goten mit einem leichten Sprung ihre Verachtung gezeigt hatten, und den Haliakmon, dessen ungestüme Fluten vergebens waren. [180] Der Makedone wundert sich, dass der Olymp, den nicht einmal Wolken berühren können, wie ein offenes Feld überrannt wird; der Thessalier klagt, dass das Tempetal keinen wirksamen Schutz bietet, und dass man jetzt, wo die Felsen bezwungen sind, über das Oitegebirge spottete. Der Spercheios und der Enipeus, den die jungen Frauen lieben, wuschen jetzt das Haar der Barbaren. Die Dryoper wurden nicht geschützt durch den Riegel des

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servati Dryopes nec nubifer Actia texit litora Leucates; ipsae, quae durius olim restiterant Medis, primo conamine ruptae Thermopylae; vallata mari Scironia rupes et duo continuo conectens aequora muro Isthmos et angusti patuerunt claustra Lechaei; nec tibi Parrhasios licuit munire colonos frondosis, Erymanthe, iugis, equitataque summi culmina Taygeti trepidae vidistis, Amyclae.

tandem supplicium cunctis pro montibus Alpes exegere Getis; tandem tot flumina victor vindicat Eridanus; docuit nunc exitus alte fatorum secreta tegi. quisquamne reclusis Alpibus ulterius Latii fore credidit umbram? nonne velut capta rumor miserabilis urbe trans freta, trans Gallos Pyrenaeumque cucurrit, Famaque nigrantes succincta pavoribus alas, secum cuncta trahens, a Gadibus usque Britannum terruit Oceanum et nostro procul axe remotam insolito belli tremefecit murmure Thylen?

mandemusne Noti flabris quoscumque timores pertulimus, festae doleant ne tristibus aures, an potius meminisse iuvat semperque vicissim gaudia praemissi cumulant inopina dolores, utque sub occidua iactatis Pleiade nautis commendat placidum maris inclementia portum,

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Pindos, [185] und die Strände bei Actium bedeckte nicht das umwölkte Leukatesgebirge; die Thermopylen selbst, die einst einen härteren Widerstand gegen die Meder geleistet hatten, wurden jetzt beim ersten Versuch durchbrochen; Skirons Schlucht, vom Meer beschützt, der Isthmos, der mit einem durchgängigen Wall zwei Meere verbindet, [190] und der Durchgang beim engen Lechaion standen offen; auch du, Erymanthos, konntest mit deinen laubreichen Gebirgskämmen die parrhasischen Bauern nicht schützen, und du, Amyklai, hast zitternd sehen müssen, wie die Gipfel oben am Taygetos überritten wurden. Das Gerücht von der Einnahme Roms hat sich verbreitet. Zuletzt haben die Alpen von den Goten die Strafe für alle Berge [195] eingetrieben; zuletzt rächte der Eridanus siegreich so viele Flüsse; jetzt hat uns der Ausgang gelehrt, dass die Geheimnisse des Schicksals tief verborgen liegen. Hätte jemand geglaubt, dass nach dem Durchbruch durch die Alpen von Latium weiterhin auch noch ein Schatten übrigbleiben sollte? Ist etwa nicht das traurige Gerede, als wäre die Stadt schon eingenommen worden, [200] über das Meer, durch Gallien und über das pyrenäische Gebirge geeilt, und hat das Gerücht seine schwarzen Flügel nicht mit Schrecken umgeben und, alles mit sich führend, von Gades bis zum britannischen Oceanus Furcht erregt und das weit von unseren Landen abgelegene Thule mit ungewohntem Kriegslärm erschreckt? Anrede an die versammelten Zuhörer [205] Sollen wir all die erduldete Furcht den wehenden Südwind davontragen lassen, damit die festlich gestimmten Ohren nicht wegen der traurigen Begebenheiten leiden, oder ist es vielmehr so, dass euch die Erinnerung freut und vergangener Schmerz stets im Gegenzug die Freude unverhofft vergrößert? Ist nicht – so wie beim Untergang des Siebengestirns [210] die raue See den gebeutelten Schiffern die Ruhe des Hafens empfiehlt – Stilicho für mich

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sic mihi tum maior Stilicho, cum laeta periclis metior atque illi redeunt in corda tumultus?

nonne videbantur, quamvis adamante rigentes, turribus invalidis fragiles procumbere muri ferrataeque Getis ultro se pandere portae, nec vallum densaeque sudes arcere volantes cornipedum saltus? iamiam conscendere puppes Sardoniosque habitare sinus et inhospita Cyrni saxa parant vitamque freto spumante tueri (ipsa etiam diffisa brevi Trinacria ponto, si rerum natura sinat, discedere longe optat et Ionium refugo laxare Peloro), fultaque despiciens auro laquearia dives tutior Aeoliis mallet vixisse cavernis; iamque oneri creduntur opes tandemque libido haesit avaritiae gravioribus obruta curis. utque est ingenioque loquax et plurima fingi permittens credique timor, tum somnia vulgo narrari, tum monstra deum monitusque sinistri: quid meditentur aves, quid cum mortalibus aether fulmineo velit igne loqui, quid carmine poscat fatidico custos Romani carbasus aevi. territat adsiduus lunae labor atraque Phoebe noctibus aerisonas crebris ululata per urbes; nec credunt vetito fraudatam Sole sororem telluris subeunte globo, sed castra secutas barbara Thessalidas patriis lunare venenis

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dann größer, wenn ich die jetzige frohe Zeit mit den vergangenen Gefahren vergleiche und die früheren Kriegswirren wieder in die Erinnerung zurückkehren? Reaktionen im Volk, Wolfsprodigium und Stilichos Besonnenheit Schien es etwa nicht so, dass die Mauern, wie sehr sie auch von Stahl starrten, schwach mit ihren hinfälligen Türmen einzustürzen drohten, [215] die eisernen Tore sich von selbst den Goten öffneten und der Wall und die dichten Pfähle die fliegenden Sprünge der Pferde nicht mehr abwehren konnten? Schon bereiten sie sich vor, die Schiffe zu besteigen, in Sardiniens Buchten und auf den ungastlichen Felsen Korsikas Wohnung zu nehmen und ihr Leben mit der schäumenden See zu schützen ‒ [220] auch Sizilien selbst traut der kurzen Meeresstrecke nicht mehr, und wenn die Natur es zulässt, würde es sich wünschen, sich weit zu entfernen und dem Jonischen Meer durch das Zurückweichen des Peloros bequemeren Raum zu geben ‒, und der Reiche, der sonst sogar die getäfelten Decken auf goldenen Säulen verachtet, würde nun lieber sicher in den äolischen Höhlen leben; [225] schon hält man Reichtum für eine Last und zuletzt kam sogar die lustvolle Habgier, von schwereren Sorgen überhäuft, zum Erliegen. Und wie die Angst einfallsreich und redselig ist und zu vielen Erfindungen und zu Irrglauben Anlass gibt, wurden damals überall Träume, Götterzeichen und unheilvolle Warnungen erzählt: [230] nämlich was die Vögel dächten, was der Äther den Sterblichen durch sein blitzendes Feuer sagen möchte und was das linnene Buch, der Wächter der römischen Ära, mit schicksalskündendem Vers einfordert. Schrecken verbreitet eine beständige Mondfinsternis und die verfinsterte Phoebe, die während vieler Nächte in den mit Erzgerät lärmenden Städten heult. [235] Und man glaubt nicht, dass die Schwester durch das Dazwischentreten der Erdkugel um das Licht der Sonne gebracht worden ist, sondern dass Thessalierinnen den barbarischen Truppen gefolgt seien und das Mondlicht mit Giften

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incestare iubar. tunc anni signa prioris, et si quod fortasse quies neclexerat omen, addit cura novis: lapidosos grandinis ictus molitasque examen apes passimque crematas perbacchata domos nullis incendia causis, et numquam caelo spectatum inpune cometen, qui primum roseo Phoebi prolatus ab ortu, qua micat astrigera senior cum coniuge Cepheus, inde Lycaoniam paulatim expulsus ad Arcton crine vago Getici foedavit sidera Plaustri, donec in exiguum moriens vanesceret ignem. sed gravius mentes caesorum ostenta luporum horrificant. duo quippe lupi sub principis ora, dum campis exercet equos, violenter adorti agmen et excepti telis inmane relatu prodigium miramque notam duxere futuri. nam simul humano geminas de corpore palmas utraque perfossis emisit belua costis: illo laeva tremens, hoc dextera ventre latebat, intentis ambae digitis et sanguine vivo. scrutari si vera velis, fera nuntia Martis ore sub Augusti casurum prodidit hostem; utque manus utero virides patuere retecto, Romula post ruptas virtus sic emicat Alpes. sed malus interpres rerum metus omne trahebat augurium peiore via: truncataque membra nutricemque lupam Romae regnoque minari. tum reputant annos interceptoque volatu vulturis incidunt properatis saecula metis.

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aus ihrer Heimat schänden würden. [240] Dann fügte die sorgenvolle Angst die Vorzeichen des vergangenen Jahres und die Omina, denen man in der Ruhe vielleicht keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, zu den neuen hinzu: Schläge von steinernem Hagel, Schwärme bildende Bienen, Brände, die ohne Grund entstanden und überall die lodernden Häuser wie im Rausch durchzogen, und einen Kometen, den man niemals ohne Folgen am Himmel erblickt, der zuerst dort aufgegangen ist, wo sich Phoebus rosig erhebt [245] und wo der alte Cepheus mit seiner sterntragenden Gattin glänzt, der sodann von dort nach und nach ins Gebiet des Großen Bären, der Tochter Lykaons, vertrieben mit unstetem Schweif die Gestirne des gotischen Wagens verunstaltete, bis er sterbend zu einem kleinen Feuer dahinschwand. Doch stärker noch erschreckte das Wunderzeichen der getöteten Wölfe. [250] Denn zwei Wölfe hatten vor den Augen des Kaisers, als dieser auf dem Feld seine Pferde ausritt, gewaltsam den Zug angegriffen, wurden mit Wurfgeschossen erlegt und gaben ein Vorzeichen, schrecklich zu berichten, und einen erstaunlichen Vorausblick in die Zukunft. Denn beide Tiere gaben gleichzeitig zwei Hände von einem menschlichen Körper [255] aus ihren durchbohrten Rippen frei: In dem einen Bauch verbarg sich zitternd die Linke, in dem anderen die Rechte, beide Hände mit geballten Fingern und von frischem Blut. Fragt man sich, welche Wahrheit sich dahinter verbarg, so gab das wilde Tier als Bote des Mars vor den Augen des Kaisers kund, dass der Feind fallen würde; [260] und so wie die Hände bei der Öffnung des Bauches frisch dagelegen haben, so erstrahlt Roms Tapferkeit nach dem Durchbruch durch die Alpen. Die Angst hingegen, ein schlechter Deuter des Weltlaufs, verkehrte das ganze Vorzeichen zum Schlechten: Die verstümmelten Glieder und die säugende Wölfin bedeuteten demnach eine Warnung für Rom und das Reich. [265] Dann berechneten sie die Jahre und kürzten die Jahrhunderte, indem der Geierflug unterbrochen wurde und die Zielmarke schneller herankam.

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solus erat Stilicho qui desperantibus augur sponderet meliora manu, dubiaeque salutis dux idem vatesque fuit. ‘durate parumper’ inquit, ‘et excussis muliebribus ore querellis fatorum toleremus onus. nil nautica prosunt turbatae lamenta rati nec segnibus undae planctibus aut vanis mitescunt flamina votis. nunc instare manu, toto nunc robore niti communi pro luce decet: succurrere velis, exhaurire fretum, varios aptare rudentes, omnibus et docti iussis parere magistri. non, si perfidia nacti penetrabile tempus inrupere Getae, nostras dum Raetia vires occupat atque alio desudant Marte cohortes, idcirco spes omnis abit. mirabile posset esse mihi, si fraude nova vel calle reperto barbarus ignotas invaderet inscius Alpes: nunc vero geminis clades repetita tyrannis famosum vulgavit iter nec nota fefellit semita praestructum bellis civilibus hostem. per solitas venere vias, aditusque sequendos barbarico Romana dedit discordia bello. sed nec praeteritis haec res incognita saeclis. saepe lacessitam, sed non inpune, fatemur Ausoniam. haec Senonum restinxit sanguine flammas, haec et Teutonico quondam patefacta furori colla catenati vidit squalentia Cimbri. vile decus, quod non erexit praevius horror; ingentes generant discrimina magna triumphos.

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Stilicho allein war es, der als Zeichendeuter den Verzweifelten mit seiner Hand ein besseres Los in Aussicht stellte, und als die Rettung auf dem Spiel stand, zeigte er sich als Anführer und Seher in einer Person. Er sprach: »Haltet noch eine kurze Zeit aus, [270] verbannen wir das unmännliche Klagen aus unseren Mündern und ertragen wir die Last des Schicksals! Einem Schiff in Seenot nutzen die Klagen der Matrosen nichts, die Wogen werden nicht durch tatenloses Jammern, die Winde nicht durch leere Gebete beruhigt. Jetzt heißt es, kraftvoll anzupacken, jetzt sich mit ganzer Kraft [275] für das Leben aller einzusetzen: Wir müssen eilig die Segel einziehen, das Meerwasser auspumpen, die einzelnen Taue befestigen und allen Weisungen des kundigen Steuermanns gehorchen. Wenn die Goten wegen der Treulosigkeit eine günstige Gelegenheit zum Durchbruch erlangt haben und eingefallen sind, während Rätien unsere Kräfte [280] in Anspruch nahm und unsere Kohorten sich in einem anderen Krieg abmühten, so ist doch deshalb nicht alle Hoffnung verloren. Es wäre doch ein Wunder, wenn ein Barbar ohne alle Ahnung durch eine nie dagewesene Schlauheit den Weg gefunden und die ihm unbekannten Alpen betreten hätte: Jetzt aber hat die für zwei Tyrannen wiederholte Niederlage [285] den Weg berühmt gemacht und die Kenntnis darüber verbreitet, und der bekannte Weg entging den Feinden nicht, die durch die Bürgerkriege vorab instruiert waren. Auf den bekannten Wegen sind sie gekommen, und die Zwietracht unter den Römern gab dem Krieg mit dem Barbaren ein Einfallstor. Doch auch früheren Zeitaltern war eine solche Lage nicht unbekannt geblieben. [290] Und wir räumen ein, dass Ausonia oft herausgefordert worden war ‒ aber nie ungestraft. Dieses Land hat die Flammen der Senonen mit Blut erstickt, dieses Land, das einst offen vor den rasenden Teutonen lag, sah die schmutzigen Hälse des mit Ketten gebundenen Cimbern. Wertlos ist der Ruhm, dem nicht zuvor der Schrecken zu Größe verholfen hat; [295] große Gefahren bringen gewaltige Triumphe.

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quid turpes iam mente fugas, quid Gallica rura respicitis Latioque libet post terga relicto longinquum profugis Ararim praecingere castris? scilicet Arctois concessa gentibus urbe considet regnum Rhodano capitique superstes truncus erit! vestros stimulant si pignora sensus, me quoque non inpar naturae cura remordet, nec ferro sic corda rigent ut nosse recusem quam sanctum soceri nomen, quam dulce mariti, quantus prolis amor. sed numquam oblita decoris obscaenam latebram pietas ignava requiret. nec vobis fortis monitor, mihi cautior uni. hic coniunx, hic progenies, hic carior omni luce gener: pars nulla mei subducta procellae. accipe tu nostrae, tellus Oenotria, mentis vincula communes tecum subeuntia casus, exiguamque moram muris inpende tuendis dum redeo lectum referens in classica robur.’

his dictis pavidi firmavit inertia vulgi pectora migrantisque fugam conpescuit aulae; ausaque tum primum tenebris emergere pulsis Hesperia, ut secum iunxisse pericula vidit Augustum, tantoque sui stetit obside fati. protinus, umbrosa vestit qua litus oliva Larius et dulci mentitur Nerea fluctu, parva puppe lacum praetervolat; ocius inde

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Was seht ihr euch im Geiste schon nach schändlicher Flucht, was nach den gallischen Ländern um, warum wollt ihr Latium hinter euch lassen und die ganze Länge der Saône mit einem Lager aus Flüchtenden säumen? Freilich, unsere Stadt wird den Völkern aus dem Norden übergeben werden, [300] das Reich wird an der Rhône seinen Wohnsitz nehmen und der Rumpf verstümmelt ohne Kopf überleben! Wenn der Gedanke an die Kinder euer Gefühl rührt, so quält auch mich eine ganz ähnliche natürliche Sorge, und mein Herz starrt nicht so vor Eisen, dass ich mich darüber täuschen könnte, wie heilig das Wort Schwiegervater, wie süß das Wort Gatte ist, [305] und wie groß die Liebe zum Kind. Doch niemals wird die Liebe die Ehre vergessen und sich feige in ein schändliches Versteck verkriechen. Auch ist es nicht so, dass ich nur euch herzhaft ermahne, mich aber mit größerer Vorsicht behandle. Hier ist meine Gattin, hier mein Kind, hier ist mein Schwiegersohn, der mir teurer als das ganze Leben ist: Kein Teil von mir ist vor diesem Sturm in Sicherheit gebracht. [310] Nimm du, Italien, die Bande entgegen, an die unser Geist gefesselt ist, und die sich mit dir dem gemeinsamen Schicksal aussetzen, schütze die Mauern wenigstens eine kurze Zeit, bis ich wieder zurückkehre und eine ausgewählte Kampftruppe zu den Kriegstrompeten rufe.« Stilicho sorgt in Rätien für Frieden und rekrutiert Hilfstruppen. Mit diesen Worten stärkte er die zaghaften Gemüter der furchtsamen Masse [315] und zwang den Hof, jeden weiteren Gedanken an Flucht aufzugeben; und damals, als das Dunkel vertrieben war, wagte Hesperien zum ersten Mal wieder ans Licht zu tauchen, als es sah, dass der Kaiser die Gefahren mit ihm teilte, und als es sich auf einen so gewaltigen Bürgen für sein Schicksal stützen konnte. Wo der Comer See mit schattigen Olivenbäumen sein Ufer einkleidet [320] und mit seinem Süßwasser ein Meer vortäuscht, eilte Stilicho sogleich in einem kleinen Boot an der Küste des Sees ent-

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scandit inaccessos brumali sidere montes nil hiemis caelive memor: sic ille relinquens ieiunos antro catulos inmanior exit hiberna sub nocte leo tacitusque per altas incedit furiale nives; stant colla pruinis aspera; flaventes adstringit stiria saetas; nec meminit leti nimbosve aut frigora curat, dum natis alimenta paret. sublimis in Arcton prominet Hercyniae confinis Raetia silvae, quae se Danubii iactat Rhenique parentem, utraque Romuleo praetendens flumina regno: primo fonte breves, alto mox gurgite regnant et fluvios cogunt unda coeunte minores in nomen transire suum. te Cimbrica Tethys divisum bifido consumit, Rhene, meatu; Thracia quinque vadis Histrum vorat Amphitrite: ambo habiles remis, ambo glacialia secti terga rotis, ambo Boreae Martique sodales. sed latus, Hesperiae quo Raetia iungitur orae, praeruptis ferit astra iugis panditque tremendam vix aestate viam. multi ceu Gorgone visa obriguere gelu; multos hausere profundae vasta mole nives, cumque ipsis saepe iuvencis naufraga candenti merguntur plaustra barathro. interdum subitam glacie labente ruinam mons dedit et tepidis fundamina subruit Austris pendenti male fida solo. per talia tendit frigoribus mediis Stilicho loca. nulla Lyaei pocula; rara Ceres; raptos contentus in armis

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lang; sodann bestieg er geschwind die Berge, die bei winterlichem Gestirn unzugänglich sind, ohne an Sturm und Wetter zu denken: So lässt auch der Löwe seine hungrigen Jungen zurück, verlässt noch schreckenerregender beim [325] Anbruch der Winternacht seine Höhle und zieht ohne einen Laut grässlich durch den tiefen Schnee; sein Hals ist rau vor Schnee; das Eis lässt sein goldgelbes Haar erstarren; er denkt nicht an den Tod und kümmert sich weder um Regen noch Kälte, solange er nur seinen Kindern Nahrung bringen kann. Nahe dem Herkynischen Wald ragt das hoch gelegene Rätien nach Norden, [331] das sich rühmt, Mutter von Donau und Rhein zu sein, und die beiden Flüsse schützend vor das römische Reich hält: Anfangs nahe der Quelle fließen sie noch seicht dahin, bald aber herrschen sie unumschränkt mit tiefer Strömung und zwingen die kleineren Flüsse, mit vereinten Wogen [335] ihre Namen anzunehmen. Geteilt in zwei Ströme nimmt die kimbrische Tethys dich, Rhein, in sich auf; und die thrakische Amphitrite schluckt den Hister aus fünf Mündungsflüssen: Beide Flüsse sind für Schiffe befahrbar, beide sind auf ihren vereisten Oberflächen von Wagenrädern durchfurcht, beide stehen dem Boreas und dem Mars zur Seite. [340] Doch die Seite, wo Rätien sich mit dem Gebiet Hesperiens vereinigt, stößt mit ihren steilen Gebirgskämmen an die Sterne und eröffnet kaum einmal im Sommer ihren fürchterlichen Weg. Viele wurden starr vor Eis, so wie wenn sie die Gorgo gesehen hätten; viele hat der tiefe Schnee mit seiner ungeheuerlichen Masse verschlungen, und häufig erleiden ganze Wagen mit ihren Zugochsen [345] Schiffbruch und sinken in die schneeweiße Tiefe. Zuweilen ist das Eis ins Rutschen gekommen, der Berg hat plötzlich eine Lawine niedergehen lassen und bei warmem Südwind den Untergrund, der sich für die darüberhängende Schicht als unzuverlässig erwies, gelöst. Durch eine solche Gegend zog Stilicho, inmitten der winterlichen Kälte. Keine Becher mit Wein trank er, [350] selten nahm er

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delibasse cibos madidoque oneratus amictu algentem pulsabat equum. nec mollia fesso strata dedere torum; tenebris si caeca repressit nox iter, aut spelaea subit metuenda ferarum aut pastorali iacuit sub culmine fultus cervicem clipeo. stat pallidus hospite magno pastor et ignoto praeclarum nomine vultum rustica sordenti genetrix ostendit alumno. illa sub horrendis praedura cubilia silvis, illi sub nivibus somni curaeque laborque pervigil hanc requiem terris, haec otia rebus insperata dabant; illae tibi, Roma, salutem Alpinae peperere casae. iam foedera gentes exuerant Latiique audita clade feroces Vindelicos saltus et Norica claustra tenebant. ac veluti famuli, mendax quos mortis erilis nuntius in luxum falso rumore resolvit, dum marcent epulis atque inter vina chorosque persultat vacuis effrena licentia tectis, si reducem dominum sors inprovisa revexit, haerent attoniti libertatemque perosus conscia servilis praecordia concutit horror: sic ducis aspectu cuncti stupuere rebelles, inque uno princeps Latiumque et tota refulsit Roma viro. frons laeta parum, non tristior aequo, non deiecta malis, mixta sed nobilis ira: qualis in Herculeo, quotiens infanda iubebat Eurystheus, fuit ore dolor vel qualis in atram sollicitus nubem maesto Iove cogitur aether.

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Brot; er gab sich damit zufrieden, eilig beschaffte Speisen in Waffen nur rasch zu kosten, und trieb unter der Last seines feuchten Mantels das frierende Pferd an. War er müde, so boten ihm keine weichen Decken ein Ruhelager; wenn die dunkle Nacht mit Finsternis seinen Marsch hinderte, so suchte er entweder die furchterregenden Höhlen wilder Tiere auf [355] oder lag in der Hütte eines Hirten, den Kopf auf seinen Schild gestützt. Bleich steht der Hirte vor seinem gewaltigen Gast, und obwohl sie den Namen nicht kennt, zeigt die Hirtin ihrem schmutzigen Kind das berühmte Gesicht. Jene äußerst strapaziösen Nachtlager in schaurigen Wäldern, [360] jener Schlaf im Schnee, jene Sorgen und wachsame Anstrengungen verschafften den Ländern diese Ruhe, dem Staat diese unverhoffte Erholung; jene Hütten in den Alpen schufen dir, Roma, Rettung. Schon hatten die Völker ihre Vertragspflichten aufgegeben und besetzten, von der Nachricht über die Niederlage Latiums übermütig geworden, [365] die Gebirgswälder in Vindelicia und die Pässe in Noricum. Und es war genau wie bei den Dienern, welche die erlogene Nachricht vom Tod ihres Herren mit falschen Gerüchten zur Ausschweifung veranlasst hat: Während sie noch ohne Disziplin ihre Gelage feiern und die Ausgelassenheit bei Wein und Reigentanz zügellos durch das leere Haus schwärmt, da erstarren sie wie betäubt, [370] wenn ein unvorhergesehener Zufall den Herren nach Hause gebracht hat, und voller Hass auf die Freiheit erschüttert die Sklavenfurcht die schuldbewussten Gemüter. So stutzten alle Aufständischen beim Anblick des Feldherrn, und in diesem einen Mann strahlten zugleich der Kaiser, Latium und ganz [375] Rom auf. Seine Stirn erschien nicht heiter, doch auch nicht finsterer als billig, nicht vom Unglück niedergedrückt, sondern edel, wobei sich Zorn untermischte: So wie auch der Schmerz auf dem Gesicht des Herkules war, sooft ihm Eurystheus Unsägliches auftrug, oder wie sich der Äther aufgewühlt zu einer schwarzen Wolke zusammenzieht, wenn Jupiter zürnt.

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‘tantane vos’ inquit ‘Getici fiducia belli erigit? hinc animo frustra tumuistis inani? non ita Romanum fati violentia nomen opprimit ut vestros nequeat punire tumultus parte sui. ne vos longe sermone petito demorer, exemplum veteris cognoscite facti: cum ferus Ausonias perfringeret Hannibal arces et Trebiam saevo geminassent funere Cannae, nequiquam Emathium pepulit spes vana Philippum ut velut adflictos ferro temptaret inerti Romanos. commovit atrox iniuria patres, urgerent maiora licet, graviterque tulere, urbibus inter se claris de culmine rerum congressis, aliquid gentes audere minores. nec poenam differre placet, sed bella gerenti Punica Laevino regis quoque proelia mandant. paruit imperiis consul, fususque Philippus, vilia dum gravibus populis interserit arma, praetereunte manu didicit non esse potentum temptandas mediis quamvis in luctibus iras.’ hoc monitu pariter nascentia bella repressit et bello quaesivit opes, legitque precantes auxilio mensus numerum qui congruus esset nec gravis Italiae formidandusve regenti.

nec minus accepto nostrae rumore cohortes (sic ducis urget amor) properantibus undique signis

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[380] »So stark richtet euch die Siegesgewissheit im Gotenkrieg auf? Damit habt ihr euch grundlos in leerem Übermut aufgeblasen? So schwer drückt die Gewalt des Schicksals nicht auf den Namen Roms, dass es euren Aufstand nicht mit einem Teil seiner Truppen strafen könnte. Um euch nicht mit einer weit ausholenden Rede [385] aufzuhalten, so denkt zumindest an das Beispiel einer früheren Tat: Als der wilde Hannibal die ausonischen Festungen durchbrach, als Cannae mit wildem Morden die Verluste an der Trebia verdoppelt hatte, trieb eine grundlose Hoffnung den Makedonier Philipp erfolglos dazu an, die Römer, als wären sie schon niedergeschlagen, mit seinem feigen Schwert anzugreifen. [390] Das scheußliche Unrecht bewegte die Senatoren, mochte auch größeres Unglück drohen, und sie empfanden es drückend, dass kleinere Völker sich etwas herausnahmen, wo doch berühmte Städte um die Herrschaft über die Welt aneinandergeraten waren. Auch wollten sie die Strafe nicht länger aufschieben, sondern sie übertrugen die Schlacht gegen den König ebenfalls auf Laevinus, der schon den punischen Krieg führte. [396] Der Konsul gehorchte den Befehlen und Philipp wurde niedergeworfen, während er noch seine wirkungslosen Waffen mit mächtigen Völkern kreuzte, und dieser erfuhr durch die vorbeiziehende Truppe, dass man den Zorn der Mächtigen nicht versuchen sollte, selbst wenn sie in einer unglücklichen Situation sind.« [400] Mit dieser Mahnrede unterdrückte er einen entstehenden Krieg und gewann sich zugleich Truppen für seinen Krieg, und er wählte sie, die darum baten, aus und bemaß für die Hilfstruppen die Zahl so, dass sie genau passend wäre und weder Italien belastete noch dem Herrscher Anlass zur Furcht wäre. Stilicho kehrt nach Italien zurück. Und ebenso kamen unsere Kohorten ‒ [405] so drängte sie die Liebe zu unserem Feldherrn! ‒ auf das Gerücht hin zusammen und die Feldzeichen wurden von überall eilends zusammengezo-

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conveniunt, visoque animis Stilichone receptis singultus varios lacrimosaque gaudia miscent: sic armenta boum, vastis quae turbida silvis sparsit hiemps, cantus ac sibila nota magistri certatim repetunt et avitae pascua vallis inque vicem se voce regunt gaudentque fideles reddere mugitus et, qua sonus attigit aurem, rara per obscuras apparent cornua frondes. accurrit vicina manus, quam Raetia nuper Vandalicis auctam spoliis defensa probavit; venit et extremis legio praetenta Britannis, quae Scotto dat frena truci ferroque notatas perlegit exanimes Picto moriente figuras; agmina quin etiam flavis obiecta Sygambris quaeque domant Chattos inmansuetosque Cheruscos huc omnes vertere minas tutumque remotis excubiis Rhenum solo terrore relinquunt. ullane posteritas credet? Germania quondam illa ferox populis, quae vix instantibus olim principibus tota poterat cum mole teneri, tam sese placidam praebet Stilichonis habenis, ut nec praesidiis nudato limite temptet expositum calcare solum nec transeat amnem, incustoditam metuens attingere ripam. celsior o cunctis unique aequande Camillo! vestris namque armis Alarici fracta quievit ac Brenni rabies; confusis rebus uterque

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gen, und beim Anblick Stilichos fassten sie Mut und mischten verschiedentlich Seufzer mit tränenreichen Bekundungen ihrer Freude: So sucht auch die Rinderherde, die der wirbelnde Wintersturm in den riesigen Wäldern verstreut hat, wie um die Wette nach den Liedern und dem bekannten Pfeifen ihres Hirten [410] und nach den Weidegründen ihres angestammten Tales, und im Wechsel richten sie sich nach der Stimme und beantworten froh das treue Muhen, und wo ein Laut ihr Ohr trifft, werden vereinzelt Hörner im dunklen Laub sichtbar. Es erschien die benachbarte Truppe, die sich erst vor kurzem [415] mit vandalischen Beutestücken bereichert hat und deren Stärke sich bei der Verteidigung Rätiens unter Beweis gestellt hatte; es kam auch die Legion, die vor den äußersten Völkern Britanniens zur Abwehr aufgestellt ist, die den trotzigen Skoten die Zügel anlegt und, wenn der Pikte stirbt, die mit Eisen gezeichneten, leblosen Figuren durchmustert; ja, auch die Scharen derer, die sich den blonden Sygambrern entgegengestellt hatten, und die, [420] welche die Chatten und die unbändigen Cherusker bezwingen, sie alle wandten ihr Drohen hierher und ließen den Rhein nach Abzug der Wachposten allein durch die Furcht verteidigt sicher zurück. Wird das irgendjemand später glauben? Jenes Germanien, das einst wegen seiner Völker von kriegerischem Stolz erfüllt war und das früher von unermüdlichen [425] Herrschern nur mit Mühe und unter Einsatz der ganzen Heeresmasse in Schach gehalten werden konnte, begab sich jetzt so friedlich unter die Zügel Stilichos, dass es, als die Schutztruppen von der Grenze abgezogen waren, weder versuchte, den preisgegebenen Boden zu betreten, noch auch den Fluss überquerte, voller Furcht, das unbewachte Ufer zu berühren. [430] Größer bist du als alle und allein mit Camillus zu vergleichen! Unter euren Waffen nämlich beruhigte sich gebrochen das Wüten von Alarich und Brennus; jeder von euch hat der allgemeinen Panik göttliche Hilfe zukommen lassen, doch jener war zögerlicher und rettete seine Heimat erst, als sie schon in den Händen

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divinam tribuistis opem, sed tardior ille iam captae vindex patriae, tu sospitis ultor. o quantum mutata tuo fortuna regressu! ut sese pariter diffudit in omnia regni membra vigor vivusque redit color urbibus aegris! creditur Herculeis lucem renovasse lacertis femina dilecti fatis inpensa mariti; et iuvenem spretae laniatum fraude novercae non sine Circaeis Latonia reddidit herbis; Cretaque, si verax narratur fabula, vidit Minoum rupto puerum prodire sepulchro, quem senior vates avium clangore repertum gramine restituit; mirae nam munere sortis dulcia mella necem, vitam dedit horridus anguis: at tuus adventus non unum corpus ab umbris, sed tot communi populos sub morte iacentes totaque Tartareis e faucibus oppida traxit. ipso Roma die (nec adhuc ostenditur auctor) personuit venisse ducem, laetisque Quirites vocibus auspicium certi plausere triumphi, muniti Stilichone suo. quis gaudia vero principis, amplexus alacris quis disserat aulae? pulveris ambiguam nubem speculamur ab altis turribus, incerti socios adportet an hostes ille globus. mentem suspensa silentia librant, donec pulvereo sub turbine sideris instar emicuit Stilichonis apex et cognita fulsit canities. gavisa repens per moenia clamor

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der Feinde war, du hingegen hast sie gerächt, als sie noch keinen Schaden genommen hatte. Wie sehr hat sich doch das Schicksal bei deiner Rückkehr geändert! [435] Wie hat sich doch gleichmäßig die Kraft in alle Glieder des Reichs verteilt und wie ist doch die gesunde Farbe in die siechen Städte zurückgekehrt! Man glaubt, dass durch die Arme des Herkules eine Frau ihr Lebenslicht wiedererhalten habe, die sich für das Schicksal ihres geliebten Mannes aufgeopfert hatte; [440] und den Jüngling, der durch die List der zurückgewiesenen Stiefmutter zerfleischt worden war, rief Diana nicht ohne die Zauberkräuter Circes wieder ins Leben zurück; auch Kreta hat, wenn die Geschichte wahr ist, die man sich erzählt, den Sohn des Minos aus dem aufgebrochenen Grab hervorkommen sehen, den der alte Seher auf das Geschrei der Vögel hin fand [445] und mit Zauberkraut wieder auferstehen ließ; durch das Geschenk eines wunderbaren Geschicks nämlich hat der süße Honig den Tod, die schreckliche Schlange hingegen das Leben gegeben: Deine Ankunft jedoch hat nicht nur einen einzigen Leichnam aus der Schattenwelt, sondern so viele Völker, die schon in einem allgemeinen Sterben am Boden lagen, und ganze Städte aus dem Schlund des Tartarus gezogen. [450] An ein und demselben Tag ließ Rom ‒ und man weiß jetzt noch nicht, wer dafür verantwortlich ist ‒ überall den Ruf vernehmen, dass der Feldherr gekommen sei, und die Quiriten applaudierten mit frohen Stimmen dem Vorzeichen eines sicheren Triumphs, weil sie jetzt mit ihrem Stilicho gewappnet waren. Wer aber könnte die Freude des Kaisers, wer die Umarmungen durch den fröhlich erregten Hof beschreiben? [455] Von den hohen Türmen herab spähten wir nach der rätselhaften Staubwolke aus, ohne recht zu wissen, ob uns dieser Haufen nun Freund oder Feind bringt. Die erwartungsvolle Stille hielt unseren Sinn in Spannung, bis unter einem Wirbel von Staub der Scheitel Stilichos wie ein Stern aufblitzte und das wohlbekannte [460] weiße Haupt erglänzte. Ein plötzliches Geschrei erhob sich über die freudig erregten

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tollitur ‘ipse venit’. portas secura per omnes turba salutatis effunditur obvia signis. non iam dilectus miseri nec falce per agros deposita iaculum vibrans ignobile messor nec temptans clipeum proiectis sumere rastris Bellona ridente Ceres humilisque novorum seditio clamosa ducum, sed vera iuventus, verus ductor adest et vivida Martis imago.

prospera sed quantum nostrae spes addita menti, tantum exempta Getis. qui vertice proximus astris post Alpes iam cuncta sibi promisit aperta, nil superesse ratus, postquam tot lumina pubis, tot subitos pedites, equitum tot conspicit alas cinctaque fluminibus crebris ac moenibus arva, seque velut clausum laqueis, sub pectore furtim aestuat et nimium prono fervore petitae iam piget Italiae, sperataque Roma teneri visa procul; magni subeunt iam taedia coepti. occultat tamen ore metum primosque suorum consultare iubet, bellis annisque verendos. crinigeri sedere patres, pellita Getarum curia, quos plagis decorat numerosa cicatrix, et tremulos regit hasta gradus et nititur altis pro baculo contis non exarmata senectus. hic aliquis gravior natu, cui plurima dictis

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Mauern hin: »Er selbst kommt!« Ohne Gefahr strömte die Menge durch alle Tore und ging den Feldzeichen entgegen, denen ihr Gruß galt. Jetzt gibt es keine jammervollen Aushebungen mehr, kein Schnitter muss die Sense auf dem Acker lassen und den einfachen Wurfspieß schwingen, [465] auch versucht Ceres nicht mehr, nachdem sie die Hacken beiseite geworfen hat, unter dem Lachen Bellonas den Schild aufzunehmen, auch erfolgt kein unwürdiges und wortreiches Aufbegehren neuernannter Hauptleute mehr, stattdessen ist hier eine wahre Truppe, ein wahrer Feldherr da, und ein lebensechtes Bild des Krieges. Reaktionen der Goten Doch je mehr unser Sinn mit glücklicher Hoffnung erfüllt wurde, [470] umso mehr wurde sie den Goten genommen. Er, der mit seinem Scheitel den Sternen am nächsten war, der sich schon erhofft hatte, dass ihm nach Bezwingung der Alpen nun alles offenstehe, und der geglaubt hatte, dass eigentlich nichts mehr zu tun sei: Nachdem dieser nun so viele glänzende junge Leute, so viele plötzlich aufgezogene Fußsoldaten, so viele Reiterabteilungen und die von zahlreichen Flüssen und Mauern eingeschlossenen Felder sah, [475] auch dass er selbst wie mit Jagdnetzen eingeschlossen war, da brauste er heimlich im Herzen auf, er war Italiens, das er in allzu jäher Leidenschaft angegriffen hatte, bereits überdrüssig, und die ersehnte Einnahme Roms schien fern; schon beschlich ihn Verdruss über sein großes Unternehmen. Doch in seiner Miene verbarg er die Furcht und er berief die ersten Männer seines Volkes, [480] ehrwürdig durch Kriegstaten und wegen der Zahl ihrer Jahre, zum Rat ein. Die Ratsherren in wallendem Haar setzten sich nieder, eine Kurie aus in Felle gehüllten Goten, welche die zahlreichen durch Hiebe entstandenen Narben schmückten, zitternde Schritte lenkten Lanzen und die noch wohlbewaffneten Alten stützten sich statt auf Stöcke auf hohe Wurfspieße. [485] Hier sprach ein Mann in ehrwürdigem Alter, in dessen Worte und Rat-

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consiliisque fides, defixus lumina terrae concutiensque comam capuloque adclinis eburno, ‘si numero non fallor’ ait ‘tricesima currit bruma fere, rapidum postquam tranavimus Histrum, Romanamque manum tantis eludimus annis. sed numquam Mavors adeo constrinxit in artum res, Alarice, tuas. per tot certamina docto crede seni, qui te tenero vice patris ab aevo gestatum parva solitus donare pharetra atque aptare breves umeris puerilibus arcus. saepe quidem frustra monui, servator ut icti foederis Emathia tutus tellure maneres; sed quoniam calidae rapuit te flamma iuventae, nunc saltem, si cura tibi manet ulla tuorum, his claustris evade, precor, dumque agmina longe, dum licet, Hesperiis praeceps elabere terris, ne nova praedari cupiens et parta reponas pastorique lupus scelerum delicta priorum intra saepta luas. quid palmitis uber Etrusci, quid mihi nescio quam proprio cum Thybride Romam semper in ore geris? referunt si vera parentes, hanc urbem insano nullus qui Marte petivit laetatus violasse redit; nec numina sedem destituunt: iactata procul dicuntur in hostem fulmina divinique volant pro moenibus ignes, seu caelum seu Roma tonat. si temnis Olympum, a magno Stilichone cave, qui semper iniquos Fortuna famulante premit. scis ipse, per oras Arcadiae quam densa rogis cumulaverit ossa, sanguine quam largo Graios calefecerit amnes;

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schläge man höchstes Vertrauen legte, wobei er mit seinen Augen auf die Erde starrte, das Haar schüttelte und sich auf den elfenbeinernen Schwertknauf lehnte: »Wenn ich mich über die Zahl nicht täusche, so läuft fast schon der dreißigste Sonnwendtag ab, seit wir den reißenden Hister durchfahren haben [490] und die römischen Truppen über so viele Jahre hin genarrt haben. Doch nie hat dich Mars so sehr in die Enge getrieben, Alarich. Glaube einem Greis, der durch so viele Gefechte erfahren ist, der dich von Kindesbeinen an wie ein Vater getragen hat [495] und dir immer einen kleinen Köcher gegeben und den kleinen Bogen an die Schultern des Knaben angelegt hat. Oft freilich habe ich dich vergebens gemahnt, dass du das geschlossene Bündnis achten und ohne Gefahr im thrakischen Gebiet bleiben solltest; aber weil dich die Flamme deiner hitzigen Jugend mit sich fortgerissen hat, so bitte ich dich: [499] Entfliehe wenigstens jetzt ‒ falls du dich noch irgendwie um die Deinen sorgst! ‒ dieser Falle, solange die Heere weit entfernt sind, und entschlüpfe eilig den Landen Hesperiens, solange die Möglichkeit dazu besteht, damit du nicht in der Gier nach neuen Raubzügen sogar noch das Erbeutete zurückerstatten und wie ein Wolf dem Hirten die Vergehen früherer Verbrechen im Pferch büßen musst. Warum führst du mir ständig die Fülle des etruskischen Rebstocks im Munde, [505] warum irgendein Rom mit seinem Tiber? Wenn die Väter die Wahrheit sagen, so ist keiner, der diese Stadt in wahnwitzigem Kriegszug angegriffen hat, zurückgekehrt mit dem freudigen Triumph, ihr Schaden zugefügt zu haben; und auch die Götter lassen ihren Wohnsitz nicht im Stich: Von fern sollen Blitze gegen den Feind geschleudert worden sein [510] und vor den Mauern fliegen die göttlichen Feuer, ob nun der Himmel oder Roma donnert. Wenn du schon den Olymp verachtest, so nimm dich wenigstens vor dem großen Stilicho in Acht, dem Fortuna dient und der stets die Ungerechten bedrängt. Du selbst weißt, wie dicht er im Lande Arkadiens die Gebeine zu Scheiterhaufen aufgetürmt hat [515] und mit wie viel Blut er die

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extinctusque fores, ni te sub nomine legum proditio regnique favor texisset Eoi.’ talia grandaevum flammata fronte loquentem obliquisque tuens oculis non pertulit ultra, sed rupit rabidas accensa superbia voces: ‘si non mentis inops fraudataque sensibus aetas praeberet veniam, numquam haec opprobria linguae turpia Danubius me sospite ferret inultus. anne, tot Augustos Hebro qui teste fugavi, te patiar suadente fugam, cum cesserit omnis obsequiis natura meis? subsidere nostris sub pedibus montes, arescere vidimus amnes. non ita di Getici faxint Manesque parentum ut mea converso relegam vestigia cursu. hanc ego vel victor regno vel morte tenebo victus humum. per tot populos urbesque cucurri, fregi Alpes galeisque Padum victricibus hausi: quid restat nisi Roma mihi? gens robore nostra tum quoque pollebat, nullis cum fideret armis. at nunc Illyrici postquam mihi tradita iura meque suum fecere ducem, tot tela, tot enses, tot galeas multo Thracum sudore paravi inque meos usus vectigal vertere ferri oppida legitimo iussu Romana coegi. sic me fata fovent: ipsi, quos omnibus annis vastabam, servire dati; nocitura gementes arma dabant flammisque diu mollitus et arte

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griechischen Flüsse erhitzt hat; man hätte dich schon ausgelöscht, wenn dich nicht unter dem Anschein der Gesetzmäßigkeit der Verrat und die Begünstigung durch das Ostreich geschützt hätten.« Den Alten, der derlei mit glühendem Blick sprach, schaute Alarich schief von der Seite her an und ertrug es nicht länger, [520] sondern sein Hochmut entflammte sich und er brach in diese wütenden Worte aus: »Wenn dir nicht dein Alter Nachsicht verschaffte, bar jeden Verstandes und seiner Sinne beraubt, so würde, solange ich lebe, die Donau diese grässlichen Beschimpfungen deiner Zunge niemals ungerächt ertragen. Soll etwa ich, der ich so viele Kaiser – der Hebros ist Zeuge! – verjagt habe, [525] auf deinen Rat hin die Flucht zulassen, wo sich doch die ganze Natur in meinen Dienst gestellt hat? Wir haben gesehen, wie sich unter unseren Füßen die Berge senkten, wie die Flüsse trocken wurden. Das sollen die Götter der Goten und die Seelen der Väter nicht zulassen, dass ich meinen Lauf ändere und auf meinem eigenen Weg zurückgehe. [530] Diesen Boden werde ich entweder als Sieger herrschend oder besiegt als Toter besitzen. Durch so viele Völker und Städte bin ich geeilt, ich habe die Alpen durchbrochen und mit siegreichen Helmen das Wasser aus dem Po geschöpft: Was bleibt für mich noch übrig, wenn nicht Rom? Unser Volk war allein durch seine Körperkraft stark, als es sich noch nicht auf Waffenhilfe verlassen konnte. [535] Nun aber, wo mir die Herrschaft über das Illyricum gegeben ist und sie mich zu ihrem Befehlshaber gemacht haben, habe ich mir so viele Waffen, so viele Schwerter und so viele Helme mit dem vielen Schweiß der Thraker verschafft, und ich habe die römischen Städte mit rechtmäßiger Weisung gezwungen, ihre Eisentribute zu meinem Nutzen abzuliefern. [540] So unterstützt mich das Schicksal: Sie, die ich in allen Jahren mit Verwüstung überzog, wurden mir als Knechte überlassen; unter Jammern lieferten sie mir die schädlichen Waffen aus; das Eisen, das lange Zeit mit Flammen und Schmiedekunst weich gemacht wurde, rötete

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in sua damna chalybs fabro lugente rubebat. hortantes his adde deos. non somnia nobis nec volucres, sed clara palam vox edita luco: “rumpe omnes, Alarice, moras; hoc inpiger anno Alpibus Italiae ruptis penetrabis ad Urbem.” huc iter usque datur. quis iam post talia segnis ambigat aut caelo dubitet parere vocanti?’

sic ait hortatusque suos belloque viaeque instruit. attollunt vanos oracula fastus. o semper tacita sortes ambage malignae eventuque patens et nescia vatibus ipsis veri sera fides! Ligurum regione suprema pervenit ad fluvium, miri cognominis, Urbem, atque illic domitus vix tandem interprete casu agnovit dubiis inlusa vocabula fatis.

nec non et Stilicho pugnam poscentia movit pleno castra gradu dictisque instigat euntes: ‘nunc nunc, o socii, temeratae sumite tandem Italiae poenas, obsessi principis armis excusate nefas deploratumque Timavo vulnus et Alpinum gladiis abolete pudorem. hic est, quem totiens campis fudistis Achivis, quem discors odiisque anceps civilibus orbis, non sua vis tutata diu, dum foedera fallax

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sich zu ihrem eigenen Schaden gegen den Willen des Schmieds. Dazu nimm noch die Mahnungen der Götter. Uns sind keine Träume [545] oder Vogelzeichen erschienen, sondern eine deutliche Stimme war ganz offen im Wald vernehmbar: ›Beende nun all dein Zögern, Alarich; in diesem Jahr wirst du, nachdem du die Alpen durchbrochen hast, ohne Rast bis zur Urbs gelangen.‹ Bis dorthin darf ich marschieren. Wer dürfte nach solchen Vorzeichen untätig zweifeln oder zögern, dem Ruf des Himmels zu gehorchen?« Das Orakel von der Niederlage ›an der Urbs/Orba‹ erfüllt sich. [550] So sprach er, munterte seine Leute auf und machte sie für Krieg und Marsch bereit. Die Weissagungen heben ihren nichtigen Hochmut. O ihr Orakel, böswillig in unausgesprochener Doppeldeutigkeit, und du, späte Erkenntnis der Wahrheit, die erst mit Eintritt des Ereignisses zutage tritt und den Sehern selbst unbekannt ist! Von den entlegensten Gebieten der Ligurer kommend [555] gelangte Alarich an einen Fluss, der den seltsamen Namen Urbs trug, und hier wurde er bezwungen, sein Sturz gab gerade am Ende noch die Deutung, und er erkannte, dass das Wort von einem doppeldeutigen Schicksal zum Spott eingesetzt worden war. Ansprache Stilichos vor der Schlacht bei Pollentia Doch auch Stilicho brach mit seinen Truppen, die schon nach Kampf verlangten, schnellen Schrittes auf und stachelte die Marschierenden mit einer Rede an: [560] »Jetzt, jetzt, Gefährten, nehmt endlich Rache für die Schändung Italiens, macht mit euren Waffen den Frevel, dass der Kaiser belagert wurde, wieder gut, tilgt mit euren Schwertern die Wunde, die der Timavus beweint hat, und die Schande, die wir uns in den Alpen zugezogen haben. Das ist doch der, den ihr so oft auf griechischem Boden niedergestreckt habt, [565] den lange Zeit eine uneinige, im Hass des Bürgerkriegs geteilte Welt und nicht etwa seine eigene Kraft geschützt

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ludit et alternae periuria venditat aulae. credite nunc omnes quas dira Britannia gentes, quas Hister, quas Rhenus alit, pendere paratas in speculis: uno tot proelia vincite bello. Romanum reparate decus molemque labantis imperii fulcite umeris: hic omnia campus vindicat, haec mundo pacem victoria sancit. non in Threiciis Haemi decernimus oris nec super Alpheas umbrantia Maenala ripas constitimus; non hic Tegean Argosque tuemur: visceribus mediis ipsoque in corde videtis bella geri. patrem clipeis defendite Thybrim.’

talia nunc pediti, turmae nunc mixtus equestri dicta dabat. simul externis praecepta ferebat auxiliis. ibat patiens dicionis Alanus qua nostrae iussere tubae, mortemque petendam pro Latio docuit †gentis praeclarus Alanae cui natura breves animis ingentibus artus finxerat inmanique oculos infecerat ira; vulneribus pars nulla vacat rescissaque contis gloria foedati splendet iactantior oris. ille tamen mandante procul Stilichone citatis adceleravit equis Italamque momordit harenam. felix Elysiisque plagis et carmine dignus, qui male suspectam nobis inpensius arsit vel leto purgare fidem, qui iudice ferro diluit inmeritum laudato sanguine crimen! morte viri turbatus eques flectebat habenas totaque praeciso nutassent agmina cornu,

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hat, während der Heuchler mit Verträgen sein Spiel trieb und dem anderen Hof Meineide feilbot. Glaubt mir, alle Völker, die das schreckliche Britannien, der Hister und der Rhein gedeihen lassen, liegen vorbereitet [570] auf der Lauer: Schlagt mit einem einzigen Krieg gleich alle künftigen. Stellt den Glanz Roms wieder her und stützt mit euren Schultern die Masse des wankenden Reichs: Dieses Schlachtfeld ist die Rache für alles, dieser Sieg sichert der Welt den Frieden. Wir kämpfen nicht im thrakischen Gebiet des Haimos um die Entscheidung [575] und haben uns nicht auf dem Mainalosgebirge aufgestellt, das den Ufern des Alpheios Schatten gibt; wir schützen hier auch nicht Tegea und Argos: Ihr seht, dass hier mitten in unseren Eingeweiden, ja im Herzen selbst Krieg geführt wird. Verteidigt mit euren Schilden den Vater Tiber.« Die Alanen So sprach er und mischte sich bald unter die Fußsoldaten, bald unter die Schar der Reiter. Zugleich gab er den auswärtigen Hilfstruppen [580] Anweisungen. Der Alane, der sich unserer Herrschaft ergeben hatte, ging, wohin ihn unsere Trompeten wiesen, und es zeigte, dass der Tod für Latium zu erstreben sei † dieser berühmte Mann im Volk der Alanen, dem die Natur für seinen gewaltigen Geist nur kurze Glieder [585] geformt und dessen Augen sie mit gewaltigem Zorn gefärbt hatte: Kein Teil war ohne Wunde und der Glanz seines entstellten Gesichts schien, mit Spießen zerschnitten, noch erhabener auf. Doch er war auf Stilichos Befehl hin auf angespornten Pferden von weitem herbeigeeilt und hatte sterbend in den sandigen Boden Italiens gebissen. [590] Glücklich ist er, wert der elysischen Gefilde und eines Liedes, er, der heftig darauf brannte, die von uns fälschlich verdächtigte Treue sogar mit dem Tod wieder reinzuwaschen, der den unverdienten Vorwurf mit ruhmvollem Blut entkräftete, indem das Schwert den Fall entschied! Vom Tod des Mannes in Panik versetzt schwenkte der Reiter um, [595] und der ganze Heereszug wäre mit seinem ver-

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ni celer instructa Stilicho legione secutus subsidiis peditum pugnam instaurasset equestrem.

quis Musis ipsoque licet Paeane recepto enarrare queat, quantum Gradivus in illa luce suae dederit fundator originis urbi? altius haud umquam toto descendimus ense in iugulum Scythiae, tanta nec clade superbum contudimus Tanain vel cornua fregimus Histri. invisum miles sitiens haurire cruorem per varias vestes onerataque plaustra metallo transit et argenti cumulos, et caedis avarus contemptas proculcat opes; pretiosior auro sanguis erat; passim neclecti prodiga lucri ira furens strictis odium mucronibus explet. purpureos cultus absumptique igne Valentis exuvias miserisque graves crateras ab Argis raptaque flagranti spirantia signa Corintho callidus ante pedes venientibus obicit hostis incassum; neque enim feralis praeda moratur, sed iustos praebent stimulos monumenta doloris. asseritur ferro captivum vulgus, et omnes diversae vocis populi, quos traxerat hostis servitio, tandem dominorum strage redempti blanda cruentatis affigunt oscula dextris, desertosque lares et pignora laeta revisunt.

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stümmelten Flügel aus der Ordnung gebracht worden, wenn nicht Stilicho rasch seine Legion bereit gemacht hätte, ihnen gefolgt wäre und mit der Unterstützung der Fußsoldaten den Reiterkampf wieder erneuert hätte. Schlacht Wer könnte davon berichten, auch wenn er die Musen und Apollo selbst in sich aufgenommen hätte, wie viel [600] von seiner ursprünglichen Kraft an jenem Tag Mars der Stadt gegeben hat, die er gegründet hatte? Niemals waren wir tiefer mit der ganzen Länge unseres Schwertes in die Kehle Skythiens getaucht, und mit einer so gewaltigen Niederlage hatten wir nicht den stolzen Tanais niedergeschlagen oder die Hörner des Hister gebrochen. Unsere Soldaten dürsteten danach, das verhasste Blut zu vergießen, [605] und schritten über bunte Kleider, über mit Metall beladene Wagen und über aufgehäuftes Silber hinweg, und in ihrer Mordgier traten sie den Reichtum, den sie verachteten, mit Füßen; wertvoller als Gold war Blut; überall gab der rasende Zorn verschwenderisch den verschmähten Gewinn preis und stillte mit gezückten Schwertern den Hass. [610] Der gerissene Feind warf uns bei unserer Ankunft vergeblich purpurne Staatskleider, die Rüstung, die er dem vom Feuer dahingerafftem Valens abgenommen hatte, die schweren Mischkrüge aus dem unglücklichen Argos und lebensechte Statuen, die er aus dem brennenden Korinth gerettet hatte, vor die Füße; ihre todbringende Beute konnte uns nämlich nicht aufhalten, [615] vielmehr stachelten uns diese Erinnerungen an den Schmerz erst richtig an. Die gefangene Menge wurde vom Eisen befreit, und all die Völker verschiedener Zunge, die der Feind in Knechtschaft geführt hatte, waren zuletzt durch die Niederlage ihrer Herren losgekauft, gaben den blutbefleckten Händen schmeichelnde Küsse [620] und suchten ihre zurückgelassenen Häuser und ihre glücklichen Kinder wieder auf. Jeder wurde von seiner Hausgemeinschaft bestaunt

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miratur sua quemque domus cladesque renarrant ordine, tum grati referunt miracula belli. quis tibi tunc, Alarice, dolor, cum Marte perirent divitiae spoliisque diu quaesita supellex, pulsaretque tuas ululatus coniugis aures, coniugis, invicto dudum quae freta marito demens Ausonidum gemmata monilia matrum Romanasque alta famulas cervice petebat! scilicet Argolicas Ephyreiadasque puellas coeperat et pulchras iam fastidire Lacaenas! sed dea quae nimiis obstat Rhamnusia votis ingemuit flexitque rotam: domat aspera victos pauperies, unoque die Romana rependit quidquid ter denis acies amisimus annis.

o celebranda mihi cunctis Pollentia saeclis, o meritum nomen, felicibus apta triumphis, virtuti fatale solum, memorabile bustum barbariae! nam saepe locis ac finibus illis plena lacessito rediit vindicta Quirino. illic Oceani stagnis excita supremis Cimbrica tempestas aliasque inmissa per Alpes isdem procubuit campis. iam protinus aetas adveniens geminae gentis permisceat ossa et duplices signet titulos, commune tropaeum: ‘hic Cimbros fortesque Getas, Stilichone peremptos et Mario, claris ducibus, tegit Itala tellus. discite, vaesanae, Romam non temnere, gentes.’

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und sie erzählten noch einmal der Reihe nach von der Niederlage, dann berichteten sie von den wundersamen Begebenheiten des Krieges, der ihnen so geholfen hatte. Welchen Schmerz littest du damals, Alarich, als dein Reichtum und die Gerätschaften, die du dir über lange Zeit hin aus der Beute zusammengesucht hattest, im Krieg zugrunde gingen, [625] als das Geschrei deiner Gattin an deine Ohren stieß, der Gattin, die schon lange auf die Unbesiegbarkeit ihres Mannes vertraut hatte und wie im Wahnsinn nach den perlenbesetzten Halsbändern der ausonischen Mütter und hochmütig nach römischen Sklavinnen verlangte! Sie hatte natürlich schon angefangen, der Mädchen aus Argos und Korinth [630] und der schönen Spartanerinnen überdrüssig zu werden! Doch die Göttin von Rhamnus, die übertriebenen Wünschen entgegenwirkt, seufzte auf und drehte an ihrem Rad: Raue Armut bezwang nun die Besiegten, und an e i n e m Tag gab uns das römische Heer das zurück, was wir in dreißig Jahren verloren hatten. Lob der Schlacht bei Pollentia [635] O Pollentia, das ich in alle Ewigkeit preisen muss, das du deinen Namen zurecht trägst, geeignet für glückliche Triumphlieder, Schicksalsboden für die Tugend, denkwürdiger Grabhügel der Barbaren! Denn oft schon wiederholte sich an jenem Ort und in jenem Gebiet die volle Rache für den Angriff auf Quirinus. [640] Dort in eben diesen Feldern legte sich der kimbrische Sturm, der von den äußersten Gewässern des Atlantik erregt und über die anderen Alpen eingelassen worden war. Schon bald soll ein kommendes Geschlecht die Knochen der beiden Völker vermischen und die zweifache Siegesaufschrift auf dem einen Denkmal anbringen: [645] »Hier bedeckt italische Erde die Kimbern und die tapferen Goten, die von den berühmten Feldherrn Stilicho und Marius vernichtet worden sind. Lernt, ihr wahnwitzigen Völker, dass ihr Rom nicht unterschätzen dürft.«

Panegyricus für Kaiser Honorius zum sechsten Konsulat

Einführung Kaiser Honorius trat im Januar 404 zum sechsten Mal das Amt des Konsuls an, diesmal jedoch nicht in der Residenzstadt Mailand bzw. in Ravenna, wohin der Hof nach der Belagerung von Mailand durch Alarich umgezogen war: Honorius kam im Herbst 403 zum ersten Mal als Kaiser nach Rom. Dass man den Adventus des Honorius schon früher, nämlich nach dem Sieg über Gildo erwartet hatte, geht u.a. aus dem Monument hervor, das der Senat den kaiserlichen Brüdern auf dem Forum in der Nähe des Septimius-Severus-Bogens errichten ließ (CIL VI 1187). Claudian lässt in seinem Gedicht die Dea Roma darauf Bezug nehmen (v. 372), wendet den Vorwurf jedoch in eine Aufwertung Stilichos um; denn Honorius selbst erklärt daraufhin der klagenden Roma, dass Stilicho als vollwertiger Vertreter des Kaisers im Jahr 400 den Adventus vollzogen habe (vgl. Döpp [1980] 242 f.). Selbst wenn dieser Panegyricus nicht nur zum Einzug des Kaisers in die Stadt Rom, sondern vor allem für den Amtsantritt verfasst ist, nimmt doch die Schilderung der Reise und des Einzugs in die Stadt wesentlich mehr Raum ein, so dass für den Leser der Adventus mit pompa circensis und processus consularis zeitlich zusammenzufallen scheint, obwohl die Ankunft in Rom bereits im Herbst 403 stattgefunden haben muss (dazu ausführlich Kelly [2016]). Zudem erweckt der Adventus in Claudians Darstellung den Charakter eines Triumphzugs anlässlich des Siegs über die Goten bei Verona; doch eine Präsentation der Beutestücke und der Gefangenen, wie sie zum Triumph gehört, wird im Gedicht nicht erwähnt; eine calcatio colli, die auf die Mitführung von Gefangenen im Festzug hinweisen würde, wird angedeutet – jedoch erst in dem Festabschnitt auf dem Trajansforum, der (wenn man die zeitliche Trennung ernst nimmt) nicht zum Adventus, sondern zum

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Amtsantritt am 1. Januar gehören sollte (v. 648). Die erhaltenen Inschriften für Honorius weisen nicht auf einen Triumph hin; denn die Inschrift eines mit tropaea geschmückten Bogens für Honorius, seinen Bruder Arcadius und dessen Söhnchen Theodosius (seit Januar 402 zum Augustus erhoben) ad perenne indicium triumphorum, quod Getarum nationem in omne aevum docuere extingui (CIL VI 1196) ist kaum auf den Einzug im Jahre 403 zu beziehen, sondern feiert den Sieg über Alarich und Radagaisus im Jahre 405, zumal auch ein Standbild für Stilicho zu diesem Anlass errichtet wurde (CIL VI 31987). Claudian gibt sich jedoch alle Mühe, von Anfang an den Empfang des siegreichen Kaisers durch den Senat mit dem Motiv der Fortuna Redux zu verbinden und damit in die Tradition der siegreich heimkehrenden Kaiser von Augustus bis Konstantin zu stellen. Fortuna als Schutzgöttin des Reichs begleitet den Kaiser auf dem Weg nach Rom, u.a. in Fanum, das Fortuna im Stadtnamen trägt; und Victoria ist es, die Honorius dann in Rom empfängt. Mit dem Vergleich, dass Roms Sehnsucht nach dem Besuch des Kaisers so intensiv sei wie bei der Rückkehr des Trajan von den Dakerfeldzügen und des Mark Aurel von den Markomannen, verdeutlicht Claudian, wie der Sieg des Kaisers über die Goten historisch eingeordnet werden soll. Für die Preisung der „Taten im Krieg“ erwartet man also eine Kampfschilderung der Schlacht bei Verona, mit der Alarichs Abzug hinter die Julischen Alpen erreicht wurde. Aber vergeblich! Gernot Müller erklärt den Verzicht darauf, indem er die scharfe Kritik der älteren Forschung am Gedichtaufbau (vgl. Döpp [1980] 235 f.) ins Positive wendet: Der Fortsetzungscharakter der epischen Handlung werde in diesem Panegyricus neu akzentuiert: Die vorausgehende Schlacht bei Pollentia, die im Bellum Geticum als so entscheidend dargestellt wurde, werde damit in ihrer Bedeutung nicht abgewertet. Vielmehr bringt dieser Panegyricus mit einer Rückschau auf die überwundenen Konflikte das Bellum Geticum zu einem Abschluss, ohne durch die Schilderung der Schlacht



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von Verona mit dem vorherigen Epos zu konkurrieren. Zugleich erhält Stilicho, der beim Adventus im Wagen des Kaisers mitfährt und in Rom schon durch Monumente für die Befreiung Africas geehrt wurde (vgl. CIL VI 1730 und 41382), in diesem Gedicht als Befreier Mailands eine lobende Schilderung aus dem Mund des geretteten Kaisers persönlich. Von der Tatsache, dass der Anführer der Goten gar nicht gefasst wurde, lenkt Claudian dadurch ab, dass er Alarich umso stärker der Schadenfreude seiner Zuhörer aussetzt, indem er ihn lamentierend unter den spöttischen Kommentaren des Flussgottes Po abziehen lässt. Die ganze Aufmerksamkeit wird somit auf die Hybris des Invasoren gelenkt, indem die Ekphrasis von Mantel und Wasserurne des Flussgottes Eridanus (Po) das Exempel des Phaëthon in Erinnerung ruft, dessen vermessene Fahrt mit dem Sonnenwagen in den Wellen des Po ein ähnliches Ende gefunden hat wie Alarichs vermessener Zug gegen Roma aeterna. Ein Großteil des Gedichts hebt die Bedeutung Roms und die Besonderheit hervor, dass der Kaiser den Konsulatsantritt tatsächlich an seiner eigentlichen Stätte feiert. Mit zahlreichen Hinweisen werden republikanische und frühkaiserzeitliche Bräuche (Honorius lässt sich von der Volksversammlung zum Konsul wählen!), Helden und Stätten in Rom in ihrer hohen Wertigkeit für die eigene Zeit bestätigt. Die politische Aussage ist deutlich: Kaiser Honorius bewahrt die Kontinuität der altrömischen Traditionen und respektiert die Würde des Amts, des Senats und der Stadt Rom, die durch die Skandale der oströmischen Politik der vorausgehenden Jahre gefährdet schien. Honorius vereinigt damit ideal die altrömisch-republikanische Geschichte Roms mit der positiven Prinzipats­tradition der vorbildlichen Kaiser (ausführlich dazu Bureau [2008]). Dewar und Wheeler (2016) haben zu Recht betont, dass sich Claudian nicht nur am rhetorischen Aufbauschema des Basilikos logos orientiert, indem er den persönlichen Rom- und Fortuna-Bezug in der Vita des Kaisers herausstellt, sondern auch

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die Anweisungen für den Epibaterios logos, also für eine Rede bei der Ankunft in eine Stadt, erfüllt (dazu Menander Rhetor, tract. II 378–388): Für diesen Rede-Typus wird besonders die Sehnsucht des Kaisers selbst, nach Rom zu kommen, und die Freude der Bevölkerung, ihn empfangen zu dürfen, dazu die Verbindung des Herrscherlobs mit einem regelgerechten Städtelob gefordert: 1–52

Der Adventus des Honorius stellt Roms Würde wieder her.

Erziehung und Anlagen (ἀνατροφή und ἐπιτηδεύματα): Honorius liebt Rom, weil sein Vater ihn am Adventus im Jahr 389 beteiligte. 77–100 Fortuna erfüllt dem kleinen Honorius den Wunsch, Herrscher in Rom zu werden.

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101–330 Honorius als Herrscher des Westreichs: Taten im Krieg 101–126 Sieger über Gildo und Rächer für den Vater 127–330 Sieger über Alarich 127–145 Der Gotenführer verlässt geschlagen Italien. 146–177 Der besorgte Vater Eridanus (Po) erfährt von Alarichs Abzug: Ekphrasis seines Mantels und seiner Urne mit Motiven von Phaëthons Hybris 178–200 Die Flussgötter verspotten Alarich. 201–264 Rückblick auf den Kriegsverlauf 265–330 Alarichs Klagerede Im Frieden soll Honorius als Herrscher des Westreichs in seine Hauptstadt kommen: 331–355 In Rom wächst der Wunsch nach dem Adventus des Kaisers. 356–425 Roma beklagt sich persönlich über den Aufschub des Adventus. 426–440 Honorius antwortet Roma mit dem Lob seines Stellvertreters Stilicho. 440–493 Honorius erzählt Stilichos Heldentat bei der Belagerung Mailands.

331–493

494–639 Adventus 494–522 Honorius zieht von Ravenna nach Rom. 523–542 Roma schmückt sich für den Empfang.



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543–586 Einzug in die Stadt über die Milvische Brücke 587–602 Honorius spricht zum Volk und zum Senat. 603–610 Honorius zieht über die Via Sacra zum Palatin. 611–639 Spiele 640–660

Processus consularis und Ausblick auf die besondere Bedeutung dieses Konsulatsjahrs

Dass die praefatio tatsächlich für diesen Panegyricus verfasst wurde, ist nicht gesichert. Denn sie steht in einer Reihe von Handschriften vor dem dritten Buch von De raptu Proserpinae; zu diesem Epos passt das Thema der Giganten unter Siziliens Vulkanen gut. Doch könnte gerade diese thematische Nähe auch ein Grund dafür sein, dass die praefatio in der Überlieferung dem Sizilien-Stoff fälschlich zugeordnet wurde. Dagegen heben Döpp (1980) 232 und Felgentreu (1999) 145 f. hervor, dass der Vortrag des Gedichts vor dem Kaiser in Rom hier das entscheidende Thema ist. Das ist die Situation, die für den Panegyricus gesichert ist, während wir für das unvollendete Werk De raptu Proserpinae nur mutmaßen können, dass Claudian eine solche Rezitation in Aussicht hatte. Die politische Allegorie der überwundenen Giganten passt zudem thematisch zum überstandenen Goteneinfall in Italien und wird motivisch im Panegyricus wieder aufgegriffen (v. 44 f.).

27 Panegyrici dicti Honorio Augusto sextum consuli praefatio Omnia quae sensu volvuntur vota diurno pectore sopito reddit amica quies. venator defessa toro cum membra reponit, mens tamen ad silvas et sua lustra redit. iudicibus lites, aurigae somnia currus vanaque nocturnis meta cavetur equis. furto gaudet amans, permutat navita merces et vigili elapsas quaerit avarus opes, blandaque largitur frustra sitientibus aegris inriguus gelido pocula fonte sopor. me quoque Musarum studium sub nocte silenti artibus adsuetis sollicitare solet. namque poli media stellantis in arce videbar ante pedes summi carmina ferre Iovis; utque favet somnus, plaudebant numina dictis et circumfusi sacra corona chori. Enceladus mihi carmen erat victusque Typhoeus (hic subit Inarimen, hunc gravis Aetna domat); quam laetus post bella Iovem susceperit Aether Phlegraeae referens praemia militiae. additur ecce fides nec me mea lusit imago, inrita nec falsum somnia misit ebur. en princeps, en orbis apex aequatus Olympo, en, quales memini, turba verenda, deos!

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27 Vorrede zum Panegyricus für Kaiser Honorius zum sechsten Konsulat Alle Wünsche, die unsere Gedanken tagsüber intensiv beschäftigen, bringt uns die freundliche Nachtruhe im Schlaf zurück: Wenn der Jäger die erschöpften Glieder zur Ruhe bettet, kehren seine Gedanken doch in die Wälder und sein Jagdrevier zurück. [5] Die Richter führen ihre Prozesse, der Wagenlenker hat Traumbilder seines Wagens, und die Pferde in der Nacht versuchen, die geträumte Wendemarke nicht zu streifen. Das heimliche Rendezvous genießt der Verliebte, der Seemann geht auf Handelsreise, der Habgierige sucht den Reichtum zu bekommen, der ihm im Wachen entgangen ist, und ohne Wirkung kredenzt den dürstenden Kranken [10] einen labenden Trank der Schlaf, der von kühler Quelle reichlich gespeist wird. Auch mich beschäftigt oft die Dichtkunst in stiller Nacht mit ihren gewohnten Anforderungen weiter. Denn ich schien mitten im Palast des bestirnten Himmels zu stehen und meine Gedichte dem höchsten Jupiter zu Füßen zu legen. [15] Und da ja ein Traum im Sinne des Träumers verläuft, so spendeten die Götter meinen Worten Beifall und der heilige Kreis der Zuhörerschar, die sie umgab. Enkelados war Thema meines Lieds, und der besiegte Typhoeus – der eine liegt tief unter Ischia, den anderen bändigt die Last des Ätna –: mit welchem Jubel der Himmel nach dem Krieg seinen Jupiter empfangen hat, [20] als er die Beutestücke der Phlegräischen Schlacht heimbrachte. Und siehe, mein Traum wird wahr; was ich gesehen habe, hat mich nicht getrogen; nicht hat mir die täuschende Elfenbeinpforte die Träume gesandt: Da ist der Kaiser, da ist der höchste Palast der Welt, der an den Olymp heranreicht! Da ist die Ehrfurcht gebietende Versammlung, so wie ich mich an die Götter im Traum

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fingere nil maius potuit sopor, altaque vati conventum caelo praebuit aula parem.

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erinnere: [25] Nichts Größeres hätte sich der Traum ausdenken können, und der erhabene Hof bot dem Dichter ein Auditorium, das dem Himmel gleichkommt.

28 Panegyricus dictus Honorio Augusto sextum consuli Aurea Fortunae Reduci si templa priores ob reditum vovere ducum, non dignius umquam haec dea pro meritis amplas sibi posceret aedes quam sua cum pariter trabeis reparatur et urbi maiestas; neque enim campus sollemnis et urna luditur in morem, species nec dissona coetu aut peregrina nitet simulati iuris imago. indigenas habitus nativa Palatia sumunt, et, patriis plebem castris sociante Quirino, Mars Augusta sui renovat suffragia campi. qualis erit terris, quem mons Euandrius offert Romanis avibus, quem Thybris inaugurat, annus! quamquam omnes, quicumque tui cognominis, anni semper inoffensum dederint successibus omen sintque tropaea tuas semper comitata secures, hic tamen ante omnes miro promittitur ortu urbis et Augusti geminato numine felix. namque velut stellas Babylonia cura salubres optima tum spondet mortalibus edere fata, caelicolae cum celsa tenent summoque feruntur cardine nec radios humili statione retundunt,

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28 Panegyricus für Kaiser Honorius zum sechsten Konsulat Der Adventus des Honorius stellt Roms Würde wieder her. Wenn frühere Generationen schon für eine glückliche Heimkehr ihrer Heerführer der Fortuna Redux goldene Tempel gelobt haben, dann hätte diese Göttin niemals berechtigter eine große Tempelanlage wegen ihrer Leistungen für sich beanspruchen können als jetzt, da gleichzeitig die herrschaftliche Würde für das Amt des Konsuls und für die Stadt Rom wiederhergestellt wird. [5] Denn die jährliche Wahl auf dem Marsfeld ist kein bloßes Schauspiel, um dem Brauch gerecht zu werden: Keine Scheininszenierung, die nicht zur Wahlversammlung passt, kein unrömisches Abbild eines nur vorgespielten Rechts blendet uns. Der für den Kaiser bestimmte Palatin nimmt seine ursprünglichen Eigenschaften wieder an; und indem Quirinus die römische Plebs mit der römischen Armee vereint, [10] belebt Mars die kaiserlichen Wahlen auf dem nach ihm benannten Feld neu. Was für ein Jahr wird das für die Länder werden, wenn es Euanders Palatin mit römischen Vogelzeichen beginnen lässt und es der Tiber feierlich eröffnet! Obwohl alle Jahre, die nach dir benannt sind, immer ein glückliches Vorzeichen für den erfolgreichen Verlauf geboten haben, [15] und Siegeszeichen deinen Amtsbeilen immer das Geleit gegeben haben, verspricht doch dieses Jahr mehr als alle anderen mit seinem wunderbaren Beginn, glücklich zu sein, da die Gottheit der Stadt und die Gottheit des Kaisers mit doppelter Stärke wirken. Denn wie die babylonische Astrologie verheißt, dass glückbringende Sterne den Menschen immer dann das beste Schicksal künden, [20] wenn die Himmelskörper in der Höhe stehen, sich im Zenit bewegen und nicht durch einen niedrigen Standpunkt ihre Strahlkraft abschwächen, genauso vergrößert

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haud aliter Latiae sublimis Signifer aulae, imperii sidus propria cum sede locavit, auget spes Italas; et certius omina surgunt victrici concepta solo. cum pulcher Apollo lustrat Hyperboreas Delphis cessantibus aras, nil tum Castaliae rivis communibus undae dissimiles, vili nec discrepat arbore laurus antraque maesta silent inconsultique recessus. at si Phoebus adest et frenis grypa iugalem Riphaeo tripodas repetens detorsit ab axe, tum silvae, tunc antra loqui, tum vivere fontes, tum sacer horror aquis adytisque effunditur echo clarior et doctae spirant praesagia rupes. ecce Palatino crevit reverentia monti exultatque habitante deo potioraque Delphis supplicibus late populis oracula pandit atque suas ad signa iubet revirescere laurus. non alium certe decuit rectoribus orbis esse larem, nulloque magis se colle Potestas aestimat et summi sentit fastigia iuris. attollens apicem subiectis regia rostris tot circum delubra videt tantisque deorum cingitur excubiis. iuvat infra tecta Tonantis cernere Tarpeia pendentes rupe Gigantas caelatasque fores mediisque volantia signa nubibus et densum stipantibus aethera templis aeraque vestitis numerosa puppe columnis

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der erhabene Zodiakus des römischen Hofes, wenn er den Planeten des Reichs in seinem gehörigen Haus strahlen lässt, die Hoffnungen Italiens; und zuverlässiger erheben sich die Vorzeichen, die auf einem siegreichen Grund eingeholt wurden. [25] Wenn Apoll in seiner Schönheit die Altäre der Hyperboreer besucht und deshalb Delphi keine Auskunft mehr gibt, dann unterscheidet sich das Wasser der kastalischen Quelle überhaupt nicht von gewöhnlichen Bächen, der Lorbeer setzt sich nicht von einem einfachen Baum ab, und die Höhle und das unbefragte Heiligtum versinken trostlos in Schweigen. [30] Aber wenn Apoll anwesend ist und aus dem riphäischen Norden zu seinen Dreifüßen heimkehrend mit Zügeln sein Greifengespann zur Landung gelenkt hat, dann spricht der Wald, dann spricht die Höhle, dann fließen die Quellwasser lebendig, dann steigen der heilige Schauder aus den Wassern und das Echo aus dem Heiligtum vernehmlicher hervor, und die Felsen, gut unterwiesen, lassen weissagende Sprüche hervorwehen. [35] Seht nur, so hat für den Palatin die Würde zugenommen, und er jubelt, weil der Gott auf ihm wohnt! Er gibt noch bessere Orakel als Delphi an die Völker, die aus aller Welt Rat erbitten, und er lässt seinen Lorbeer wieder kräftig an den Feldzeichen aufsprießen. [39] Zweifellos wäre kein anderes Heim für die Lenker des Erdkreises würdig genug gewesen, und auf keiner Anhöhe erkennt die Macht des Amtes mehr ihren Wert und spürt es, an der höchsten Stelle der Staatsverfassung zu stehen. Der Kaiserpalast, der sein Haupt erhebt (zu seinen Füßen liegt die berühmte Rednerbühne), sieht ringsum so viele Heiligtümer und wird von so mächtigen Schutzwachen aus Göttern umgeben. Es ist ein Genuss, unter dem Tempel des Iuppiter Tonans [45] die Giganten am Tarpejischen Felsen hängen zu sehen und die reliefgeschmückten Tore und die Statuen, die mitten in den Wolken fliegen, und den Himmel, an dem sich Tempel dicht an dicht drängen; dazu die Bronzefiguren, dicht gepflanzt auf Säulen, die mit zahlreichen Schiffsschnäbeln

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consita subnixasque iugis inmanibus aedes, naturam cumulante manu, spoliisque micantes innumeros arcus. acies stupet igne metalli et circumfuso trepidans obtunditur auro.

agnoscisne tuos, princeps venerande, penates? haec sunt, quae primis olim miratus in annis patre pio monstrante puer. nil optimus ille divorum toto meruit felicius aevo quam quod Romuleis victor sub moenibus egit te consorte dies, cum se melioribus addens exemplis civem gereret terrore remoto, alternos cum plebe iocos dilectaque passus iurgia patriciasque domos privataque passim visere deposito dignatus limina fastu. publicus hinc ardescit amor, cum moribus aequis inclinat populo regale modestia culmen. teque rudem vitae, quamvis diademate necdum cingebare comas, socium sumebat honorum purpureo fotum gremio, parvumque triumphis imbuit et magnis docuit praeludere fatis. te linguis variae gentes missique rogatum foedera Persarum proceres cum patre sedentem hac quondam videre domo positoque tiaran summisere genu. tecum praelarga vocavit ditandas ad dona tribus; fulgentia tecum

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ummäntelt sind, und die Gebäude, die auf gewaltigen Hügeln ruhen, [50] da Menschenhand die natürliche Höhe noch wachsen lässt, und die zahllosen Triumphbogen, die von Beutestücken leuchten. Das Auge wird vom Feuer des Metalls festgebannt und zuckend vom Gold ringsum geblendet. Honorius liebt Rom, weil sein Vater ihn am Adventus im Jahr 389 beteiligte. Erkennst du deine Heimatstadt wieder, ehrwürdiger Kaiser? Hier ist all das, was du als Kind einst in deinen ersten Lebensjahren staunend betrachtet hast, [55] als dein liebevoller Vater es dir gezeigt hat. Kein größeres Glück hat dieser beste der vergöttlichten Kaiser in seiner ganzen Lebenszeit erreicht, als dass er in Romulus’ Mauern als Triumphator in deiner Begleitung die Tage verbrachte, als er sich unter die besseren Vorbilder einreihte und sich als Mitbürger verhielt, indem er auf abschreckende Maßnahmen verzichtete, [60] als er mit dem Volk um die Wette Scherze austauschte und die beliebten Sticheleien über sich ergehen ließ, und als er es sich nicht nehmen ließ, die patrizischen Häuser und privaten Schwellen in der ganzen Stadt zu besuchen, ohne stolz auf seinen Rang zu achten. So entzündet sich die flammende Liebe des Volks, wenn die Bescheidenheit mit angemessenem Verhalten dafür sorgt, dass sich die hohe Kaiserwürde zum Volk herablässt. [65] Und dich, so jung an Jahren, obwohl du noch nicht mit dem kaiserlichen Diadem gekrönt warst, ließ er an seinen Ehrungen teilhaben, indem er dich im purpurgeschmückten Schoß hielt; und das kleine Kind ließ er die Triumphe kosten und lehrte es, die hohe Bestimmung spielerisch kennenzulernen. [69] Die Völker, die in verschiedensten Sprachen sprechen, und die hochadligen Gesandten der Perser, die um Verträge bitten sollten, sahen dich zusammen mit deinem Vater einst in diesem Haus sitzen, legten die Tiara ab und beugten ihr Knie. Mit dir zusammen lud dein Vater die Tribus zu großzügigen Gaben ein, um sie reich zu be-

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collecti trabeatus adit delubra senatus Romano puerum gaudens offerre favori, ut novus imperio iam tunc adsuesceret heres.

hinc tibi concreta radice tenacius haesit et penitus totis inolevit Roma medullis, dilectaeque urbis tenero conceptus ab ungue tecum crevit amor; nec te mutare reversum evaluit propria nutritor Bosporos arce. et quotiens optare tibi quae moenia malles alludens genitor regni pro parte dedisset, divitis Aurorae solium sortemque paratam sponte remittebas fratri: ‘regat ille volentes Assyrios; habeat Pharium cum Tigride Nilum; contingat mea Roma mihi.’ nec vota fefellit eventus. Fortuna novum molita tyrannum iam tibi quaerebat Latium, belloque secundo protinus, Eoa velox accitus ab aula, suscipis Hesperiam patrio bis Marte receptam. ipsa per Illyricas urbes Oriente relicto ire Serena comes nullo deterrita casu, materna te mente fovens Latioque futurum rectorem generumque sibi, seniore supernas iam repetente plagas. illo sub cardine rerum sedula servatum per tot discrimina pignus

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schenken; mit dir zusammen ging er im Staatsgewand in das strahlende Heiligtum des versammelten Senats, [75] voll Freude, seinen kleinen Sohn dem Wohlwollen Roms anzuempfehlen, damit der neue Nachfolger sich schon damals mit der Kaiserherrschaft vertraut machen konnte. Fortuna erfüllt dem kleinen Honorius den Wunsch, Herrscher in Rom zu werden. Von da an blieb dir Rom fester verwurzelt im Herzen, und es wuchs noch weiter und füllte dich ganz in deinem Inneren aus, und die Zuneigung zu der geliebten Stadt, die du in früher Kindheit in dich aufgenommen hast, [80] ist mit dir groß geworden. Und selbst der Bosporos, der dich in seiner eigenen Burg aufgezogen hat, konnte dich nach deiner Rückkehr nicht davon abbringen und umstimmen: Immer, wenn der Vater dir im Scherz die Wahl überließ, welche Stadt stellvertretend für den Reichsteil du lieber nähmest, hast du den Thron des reichen Ostens und das ihm bestimmte Erbe [85] aus eigenen Stücken deinem Bruder überlassen: »Er soll die gehorsamen Assyrer regieren, soll den Nil von Pharos zusammen mit dem Tigris haben; aber mein Rom soll mir zufallen.« Und deine Hoffnungen gingen in Erfüllung. Fortuna, die den neuen Usurpator aufwiegelte, sorgte schon dafür, dir Latium zukommen zu lassen, und sofort, als der Krieg günstig endete, [90] erhältst du, schnell vom oströmischen Hof herbeigeholt, Italien, das zweimal von deinem Vater im Krieg errungen wurde. Serena ließ sich durch keine Gefahr davon abschrecken, persönlich als deine Begleiterin den Osten zu verlassen und durch Illyriens Städte zu reisen; und sie passte mit mütterlicher Liebe auf dich auf, der du für Latium [95] der Herrscher und für sie der Schwiegersohn werden solltest, als der ältere Kaiser nun wieder in die himmlischen Gefilde zurückkehrte. In dieser Krisensituation des Reichs übergab sie zuverlässig sorgend das in so vielen Gefahren heil bewahrte Liebespfand dem Thron ihres Onkels und der

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restituit sceptris patrui castrisque mariti. certavit pietate domus, fidaeque reductum coniugis officio Stilichonis cura recepit.

felix ille parens, qui te securus Olympum succedente petit! quam laetus ab aethere cernit se factis crevisse tuis! duo namque fuere Europae Libyaeque hostes: Maurusius Atlans Gildonis furias, Alaricum barbara Peuce nutrierat, qui saepe tuum sprevere profana mente patrem. Thracum venientem e finibus alter Hebri clausit aquis; alter praecepta vocantis respuit auxiliisque ad proxima bella negatis abiurata palam Libyae possederat arva. quorum nunc meritam repetens non inmemor iram suppliciis fruitur natoque ultore triumphat. ense Thyestiadae poenas exegit Orestes, sed mixtum pietate nefas dubitandaque caedis gloria materno laudem cum crimine pensat; pavit Iuleos inviso sanguine Manes Augustus, sed falsa pii praeconia sumpsit in luctum patriae civili strage parentans: at tibi causa patris rerum coniuncta saluti bellorum duplicat laurus, isdemque tropaeis reddita libertas orbi, vindicta parenti.

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Garnison ihres Gemahls. Ihr Haus übertraf sich selbst in Liebesbeweisen: Stilichos Fürsorge nahm dich auf, nachdem du in der verantwortungsvollen Obhut seiner treuen Gattin zu ihm geleitet worden warst. Sieger über Gildo und Rächer für den Vater [101] Glücklich ist der Vater, der ohne Sorgen zum Olymp ziehen kann, während du seine Nachfolge antrittst! Wie froh ist er, wenn er vom Himmel aus sieht, dass sein Ruhm durch deine Taten noch gewachsen ist. Denn es gab zwei Feinde, in Europa und in Libyen: Der maurische Atlas [105] hatte die Furien eines Gildo groß werden lassen, die barbarische Donauinsel Peuke einen Alarich – die beide immer wieder die Majestät deines Vaters respektlos missachteten. Als dein Vater aus Thrakien kam, hielt Alarich ihn mit den Wassern des Hebros auf; Gildo reagierte nicht auf die Anordnungen des Kaisers, der ihn rief, und indem er Hilfstruppen für die Kriege in nächster Nähe verweigerte, [110] nahm er in offener Feindschaft Libyen in seine Gewalt, das er widerrechtlich behalten hatte. Indem Theodosius jetzt den berechtigten Zorn auf diese Feinde mit unverblasster Erinnerung erneut spürt, freut er sich über die Bestrafung und triumphiert, weil sein Sohn als Rächer erfolgreich war. Mit dem Schwert bestrafte Orestes den Sohn des Thyestes für seine Tat, doch mit der Vaterliebe ist eine Freveltat verbunden, und der zweifelhafte Ruhm der Tötung entwertet die lobenswerte Tat mit dem Verbrechen an der Mutter. [116] Caesars Totengeistern spendete Augustus das verhasste Blut, aber er maßte sich einen falschen Ruhm von Vaterliebe an, indem er das Totenopfer mit einem blutigen Bürgerkrieg darbrachte – zur Trauer der Heimat: Aber für dich verdoppelt der Einsatz für den Vater in Verbindung mit der Rettung des Staates [120] den Siegeslorbeer der Kriege, und mit denselben Siegeszeichen wurde der Welt die Freiheit und dem Vater die Rache gesichert.

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sed mihi iam pridem captum Parnasia Maurum Pieriis egit fidibus chelys; arma Getarum nuper apud socerum plectro celebrata recenti. adventus nunc sacra tui libet edere Musis grataque patratis exordia sumere bellis.

iam Pollentini tenuatus funere campi, concessaque sibi (rerum sic admonet usus) luce, tot amissis sociis atque omnibus una direptis opibus, Latio discedere iussus hostis et inmensi revolutus culmine fati turpe retexit iter. qualis piratica puppis, quae cunctis infensa fretis scelerumque referta divitiis multasque diu populata carinas incidit in magnam bellatricemque triremim, dum praedam de more parat; viduataque caesis remigiis, scissis velorum debilis alis, orba gubernaclis, antemnis saucia fractis, ludibrium pelagi vento iactatur et unda vastato tandem poenas luitura profundo: talis ab urbe minas retro flectebat inanes Italiam fugiens, et quae venientibus ante prona fuit, iam difficilis, iam dura reversis. clausa putat sibi cuncta pavor, retroque relictos, quos modo temnebat, rediens exhorruit amnes.

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Aber mir hat schon vor einiger Zeit die Lyra des Parnass auf den Saiten der Musen den Sieg über den Mauren gefeiert. Die Waffentaten der Geten wurden erst jüngst mit frischem Plektron in Anwesenheit deines Schwiegervaters gepriesen. [125] Jetzt wollen die Musen die geheiligte Feier deines Einzugs in Rom besingen und eine angenehme Einleitung damit anstimmen, dass die Kriege erfolgreich beendet sind! Sieger über Alarich: Der Gotenführer verlässt geschlagen Italien. Schon befand sich der Feind auf dem ruhmlosen Rückzug, geschwächt von den blutigen Verlusten der Schlacht bei Pollentia und gnädig mit dem Leben beschenkt (dazu rät die Erfordernis der Lage), nachdem er so viele Mitstreiter verloren hatte und ihm alle Schätze zugleich entrissen waren: [130] Er hatte die Anordnung erhalten, Italien zu verlassen, und war vom höchsten Punkt des unermesslichen Schicksals wieder nach unten gewälzt worden. Wie ein Piratenschiff, das allen Meeren Schaden brachte, mit Schätzen aus seinen Untaten angefüllt war und lange Zeit viele Schiffe geentert hatte, [135] plötzlich auf eine große Kriegstrireme trifft, während es nach alter Gewohnheit Beute machen will; beraubt der Ruder, die zerschlagen sind, schutzlos mit zerrissenen Flügeln seiner Segel, ohne Steuerruder, wund mit gebrochenen Rahen, wird es als Spielball des Meers von Wind und Woge hinund hergeworfen, [140] um endlich die Strafe dem Meer, das es geplündert hatte, abzubüßen: So wandte Alarich mit dem Rückzug seine leeren Drohungen von Rom ab, indem er vor Italien die Flucht ergriff; und das Land, das für die Ankommenden zuvor leicht zugänglich war, war für die Abziehenden jetzt abweisend und hart. Panische Angst ließ ihn glauben, dass ihm alles verschlossen sei, und auf dem Rückzug überkam ihn ein Schauder vor den Flüssen, [145] die er hinter sich gelassen hatte und die er eben noch verachtet hatte.

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undosa tum forte domo vitreisque sub antris rerum ignarus adhuc ingentes pectore curas volvebat pater Eridanus: quis bella maneret exitus, imperiumne Iovi legesque placerent et vitae Romana quies, an iura perosus ad priscos pecudum damnaret saecula ritus. talia dum secum movet anxius, advolat una Naiadum resoluta comam, conplexaque patrem, ‘en Alaricus’ ait, ‘non qualem nuper ovantem vidimus; exangues, genitor, mirabere vultus. percensere manum tantaque ex gente iuvabit reliquias numerasse breves. iam desine maesta fronte queri, Nymphasque choris iam redde sorores.’ dixerat; ille caput placidis sublime fluentis extulit et totis lucem spargentia ripis aurea roranti micuerunt cornua vultu. non illi madidum vulgaris harundine crinem velat honos; rami caput umbravere virentes Heliadum totisque fluunt electra capillis. palla tegit latos umeros, curruque paterno intextus Phaethon glaucos incendit amictus, fultaque sub gremio caelatis nobilis astris aetherium probat urna decus. namque omnia luctus argumenta sui Titan signavit Olympo: mutatumque senem plumis et fronde sorores, et fluvium, nati qui vulnera lavit anheli; stat gelidis Auriga plagis; vestigia fratris germanae servant Hyades, Cycnique sodalis

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Der besorgte Vater Po erfährt von Alarichs Abzug. Damals plagten gerade den Vater Po in seinem Palast in den Wogen und tief unten in glasklaren Höhlen, da er von der Entwicklung der Lage noch nichts wusste, schwer lastende Sorgen im Herzen: welcher Ausgang diesen Krieg erwarte, ob Jupiter noch die Herrschaft, die Verfassung [150] und friedliches Leben, wie es Rom garantiert, am Herzen liege, oder ob er aus Überdruss an Rechtstaatlichkeit Generationen dazu verurteile, wie in grauer Vorzeit tierisch zu leben. Während er noch in solche Gedanken sorgenvoll vertieft war, stürzte eine der Najaden mit aufgelöstem Haar herein, sie umarmte den Vater und rief: »Denk dir nur! Gerade habe ich Alarich gesehen: [155] gar nicht mehr triumphierend wie zuvor; Vater, du wirst staunen, wie leichenblass er aussieht! Es wird eine Freude sein, seine Schar zu schätzen und die spärlichen Reste von einem so großen Volk zu zählen: Du kannst jetzt damit aufhören, mit betrübter Miene zu klagen: Lass meine Schwestern, die Nymphen, wieder im Reigen tanzen!« [159] So sprach sie; er aber erhob sein Haupt hoch aus den ruhigen Fluten, und seine goldenen Hörner, die über die ganzen Ufer hin ihr Licht verbreiteten, glänzten, während sein Antlitz Wasser strömen ließ. Das feuchte Haar bedeckte ihm nicht etwa ein gewöhnlicher Schmuck aus Flussbinsen; frischgrüne Pappelzweige der Heliaden beschirmten sein Haupt, und über das ganze Haar floss Bernstein. [165] Ein Mantel bedeckte die breiten Schultern: Eingewebt setzte dort Phaëthon mit dem Wagen seines Vaters den wasserblauen Umhang in Brand. Stützend unter den Schoß geschoben bekundete die edle Urne mit eingearbeiteten Sternen den himmlischen Ruhm. Denn alle Geschichten seiner Trauer hatte Sol am Himmel als Sternzeichen verewigt: [170] die Metamorphose des greisen Manns zum Vogel und der Schwestern zum Baum und dazu den Fluss, der die Wunden des rauchenden Sohnes abwusch: Es steht der Wagenlenker in kaltem Himmelsbereich; es folgen der Wagenspur ihres Bruders getreu die Hyaden,

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lacteus extentas aspergit circulus alas; stelliger Eridanus sinuatis flexibus errans clara Noti convexa rigat gladioque tremendum gurgite sidereo subterluit Oriona.

hoc deus effulgens habitu prospexit euntes deiecta cervice Getas; tum talia fatur: ‘sicine mutatis properas, Alarice, reverti consiliis? Italae sic te iam paenitet orae? nec iam cornipedem Thybrino gramine pascis, ut rebare tuum, Tuscis nec figis aratrum collibus? o cunctis Erebi dignissime poenis, tune Giganteis urbem temptare deorum adgressus furiis? nec te meus, inprobe, saltem terruit exemplo Phaethon, qui fulmina praeceps in nostris efflavit aquis, dum flammea caeli flectere terrenis meditatur frena lacertis mortalique diem sperat diffundere vultu? crede mihi, simili bacchatur crimine, quisquis adspirat Romae spoliis aut Solis habenis.’ sic fatus Ligures Venetosque erectior amnes magna voce ciet. frondentibus umida ripis colla levant pulcher Ticinus et Addua visu caerulus et velox Athesis tardusque meatu Mincius inque novem consurgens ora Timavus. insultant omnes profugo pacataque laetum

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und die Milchstraße besprengt die ausgebreiteten Schwingen seines Begleiters Cycnus; [175] der sternetragende Eridanus, der in ziellosen Windungen am Himmel fließt, bewässert die leuchtende Himmelswölbung des Südens und fließt mit seinem Sternenstrom zwischen Orion weiter, der mit seinem Schwert drohend anzusehen ist. Die Flussgötter verspotten Alarich. Aufstrahlend in dieser Erscheinung blickte der Gott auf die Goten, die mit gesenktem Kopf dahinzogen. Da sprach er die Worte: [180] »Aha! Du hast offenbar deinen Plan geändert, mein Alarich, und ziehst schnell wieder ab? Bist du schon so unzufrieden mit Italien? Weidest du dein Ross gar nicht mehr auf den Tiberauen, die du schon in deinem Besitz glaubtest, und setzt du deinen Pflug gar nicht mehr auf etrurischen Hügeln ein? Unhold, der du sämtliche Strafen der Unterwelt verdienst, [185] du hast es tatsächlich gewagt, die Stadt der Götter mit der Verblendung der Giganten anzugreifen? Hätte dich, Frevler, nicht wenigstens mein Phaëthon mit warnendem Beispiel abschrecken können, der die Blitze im jähen Sturz erst in meinen Wassern auslöschte, als er dachte, mit irdischen Armen die feurigen Zügel des Himmels lenken zu können, [190] und erwartete, er könne mit seinem sterblichen Antlitz das Tageslicht über die Welt verteilen? Glaub mir: Ein genauso wahnsinniges Verbrechen kann man dem vorwerfen, der sich anmaßt, Rom plündern zu wollen, wie dem, der den Sonnenwagen lenken will.« Mit diesen Worten richtete er sich höher auf und rief mit lauter Stimme die Flüsse von Ligurien und Venetien. An ihren laubgeschützten Ufern [195] erhoben die feuchten Köpfe der schöne Ticinus und Addua, blau anzusehen, dazu der schnelle Athesis und der träg fließende Mincius und der Timavus, der sich zu neun Mündern aufrichtet. Alle verhöhnten den Fliehenden und luden die fröhlichen Herdentiere ein, wieder auf die befriedeten Weiden

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invitant ad prata pecus; iam Pana Lycaeum, iam Dryadas revocant et, rustica numina, Faunos.

tu quoque non parvum Getico, Verona, triumpho adiungis cumulum, nec plus Pollentia rebus contulit Ausoniis aut moenia vindicis Hastae. hic, rursus dum pacta movet damnisque coactus extremo mutare parat praesentia casu, nil sibi periurum sensit prodesse furorem converti nec fata loco, multisque suorum diras pavit aves, inimicaque corpora volvens Ionios Athesis mutavit sanguine fluctus. oblatum Stilicho violato foedere Martem omnibus adripuit votis, ubi Roma periclo iam procul et belli medio Padus arbiter ibat. iamque opportunam motu strepuisse rebelli gaudet perfidiam praebensque exempla labori sustinet accensos aestivo pulvere soles. ipse manu metuendus adest inopinaque cunctis instruit arma locis et, quo vocat usus, ab omni parte venit. fesso si deficit agmine miles, utitur auxiliis damni securus, et astu debilitat saevum cognatis viribus Histrum et duplici lucro committens proelia vertit in se barbariem nobis utrimque cadentem. ipsum te caperet letoque, Alarice, dedisset,

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zu kommen. Schon riefen sie Pan Lykaios, [200] schon die Dryaden zurück und die Faune, die ländlichen Gottheiten. Rückblick auf den Kriegsverlauf Auch du, Verona, trägst keine geringe Steigerung zum Triumph über die Goten bei: Mehr hat auch Pollentia nicht am Sieg Italiens mitgewirkt oder die Befestigung von Hasta, das für gerechte Strafe sorgte. Als er hier wiederum die Abmachungen nicht einhielt und, von seinen Niederlagen in die Enge getrieben, [205] seine derzeitige Situation mit einem letzten riskanten Einsatz zu ändern versuchte, bekam er zu spüren, dass ihm der Wahnsinn des Vertragsbruchs nichts nützte und dass sich das Schicksal nicht mit dem Ortswechsel ändern lässt: Viele seiner Leute überließ er so den Raubvögeln zum Fraß, und indem die Etsch die feindlichen Leichen mit sich wälzte, verwandelte sie das Wasser des Jonischen Meers in Blut. [210] Stilicho nahm mit ganzem Verlangen den Krieg auf, der sich durch den Bündnisbruch darbot, als Rom schon aus der Reichweite der Gefahr war und der Po zwischen die Parteien als Vermittler im Krieg trat. Und schon freute sich Stilicho, dass die Wortbrüchigkeit zu seinem Vorteil aufwieglerisch getobt hatte; und indem er für heldenhafte Ausdauer ein Modell bot, [215] hielt er die Sonnenhitze aus, die sich im sommerlichen Staub entzündete. Er selbst ist vor Ort, furchterregend im Kampf, und unerwartet setzt er die Truppen an allen Orten taktisch ein und kommt aus jeder Richtung dorthin, wo er gebraucht wird. Wenn der Soldat im erschöpften Verband nachlässt, setzt er die Auxiliareinheiten ohne Rücksicht auf Verluste ein, listig [220] schwächt er die wilde Donau durch die verwandten Streitkräfte, und mit doppeltem Gewinn führt er die Gefechte; denn er lässt die Barbaren gegeneinander kämpfen, die zu unseren Gunsten auf beiden Seiten fallen. Auch dich, Alarich, hätte er gefangen, und er hätte dich dem Tod überantwortet, wenn nicht der übereilte Kampfeifer des

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ni calor incauti male festinatus Alani dispositum turbasset opus; prope captus anhelum verbere cogis equum, nec te vitasse dolemus. i potius genti reliquus tantisque superstes Danubii populis, i, nostrum, vive, tropaeum. non tamen ingenium tantis se cladibus atrox deicit: occulto temptabat tramite montes, si qua per scopulos subitas exquirere posset in Raetos Gallosque vias. sed fortior obstat cura ducis. quis enim divinum fallere pectus possit et excubiis vigilantia lumina regni? cuius consilium non umquam repperit hostis nec potuit texisse suum. secreta Getarum nosse prior celerique dolis occurrere sensu. omnibus exclusus coeptis considit in uno colle tremens; frondesque licet depastus amaras arboreo figat sonipes in cortice morsus et taetris collecta cibis annique vapore saeviat aucta lues et miles probra superbus ingerat obsesso captivaque pignora monstret, non tamen aut morbi tabes aut omne periclum docta subire fames aut praedae luctus ademptae aut pudor aut dictis movere procacibus irae, ut male temptato totiens se credere campo comminus auderet. nulla est victoria maior quam quae confessos animo quoque subiugat hostes. iamque frequens rarum decerpere transfuga robur

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unvorsichtigen Alanen den Schlachtplan durcheinandergebracht hätte; [225] fast schon gefangen, treibst du mit Schlägen das keuchende Pferd an, und wir sind nicht unglücklich, dass du uns entkommen bist: Geh lieber, als letzter Rest deines Volks und Überlebender einer so großen Schar der Donauvölker; geh nur, lebe weiter als unser wandelndes Siegeszeichen! Trotzdem gibt sein unbeugsamer Charakter angesichts so gewaltiger Niederlagen nicht auf: [230] Er durchsuchte beharrlich auf verborgenem Pfad die Berge, ob er irgendwo über die steilen Felsen einen unerwartet schnellen Weg nach Rätien oder Gallien finden könnte. Aber die Voraussicht des Feldherrn war stärker und verhinderte das: Denn wer könnte das göttliche Herz täuschen und die Augen, die schlaflos über das Wohl des Reiches wachen? [235] Niemals hat je ein Feind Stilichos Planung herausgefunden oder hätte den eigenen Plan vor ihm geheim halten können. Er kam den Goten in der Kenntnis ihrer Geheimnisse und in listigen Gegenmaßnahmen mit schneller Überlegung zuvor. Von allen Vorhaben abgehalten, verschanzte sich Alarich zitternd auf einem einzigen Hügel; obwohl das Pferd, nur mit bitteren Blättern gefüttert, [240] die Baumrinde abnagte, obwohl die Seuche tobte, von verdorbener Nahrung hervorgerufen und von der Hitze der Jahreszeit verstärkt, und obwohl der Soldat hochmütig höhnische Beleidigungen gegen den Belagerten vorbrachte und die gefangenen Verwandten präsentierte, [244] konnten ihn trotzdem nicht die Qual der Krankheit oder der Hunger, der geübt darin ist, jede Gefahr auf sich zu nehmen, konnten ihn nicht die Trauer über den Verlust der Beute oder das Schamgefühl oder der Zorn durch die höhnischen Worte dazu bewegen, dass er es gewagt hätte, sich auf die offene Schlacht einzulassen, die er so oft ohne Erfolg versucht hatte. Kein Sieg ist größer als einer, der Feinde unterwirft, die sich auch innerlich ihre Niederlage eingestehen müssen. [250] Und unterdessen ließ der Strom der Überläufer seine schon ausgedünnte Kerntruppe noch mehr abnehmen und

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coeperat inque dies numerus decrescere castris; nec iam deditio paucis occulta parari, sed cunei totaeque palam discedere turmae. consequitur vanoque fremens clamore retentat cumque suis iam bella gerit; mox nomina supplex cum precibus fletuque ciet veterumque laborum admonet et frustra iugulum parcentibus offert, defixoque malis animo sua membra suasque cernit abire manus: qualis Cybeleia quassans Hyblaeus procul aera senex revocare fugaces tinnitu conatur apes, quae sponte relictis descivere favis, sonituque exhaustus inani raptas mellis opes solitaeque oblita latebrae perfida deplorat vacuis examina ceris.

ergo ubi praeclusae voci laxata remisit frena dolor, notas oculis umentibus Alpes aspicit et nimium diverso stamine fati praesentes reditus fortunatosque revolvit ingressus: solo peragens tum murmure bellum protento leviter frangebat moenia conto, inridens scopulos; nunc desolatus et expes debita pulsato reddit spectacula monti. tum sic Ausonium respectans aethera fatur: ‘heu regio funesta Getis, heu terra sinistris auguriis calcata mihi, satiare nocentum

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von Tag zu Tag die Zahl im Lager kleiner werden. Und die Kapitulation wurde schon nicht mehr heimlich von wenigen vorbereitet, sondern es zogen offen ganze Abteilungen und Schwadronen ab. Er holte sie ein und versuchte wutschnaubend mit erfolglosem Schreien, sie zurückzuhalten: [255] Er führte schon mit seinen eigenen Leuten Krieg. Dann wieder nannte er sie flehend unter Bitten und Tränen beim Namen und erinnerte sie an die früher ausgestandenen Mühen; und vergebens bot er ihnen seine Kehle dar: Sie schonten ihn. Vom Unglück innerlich zutiefst getroffen, musste er zusehen, wie seine Glieder und seine Hände ihn verließen: [260] Wie in Hybla ein alter Mann versucht, indem er Kybeles Zymbeln schlägt, aus der Ferne die flüchtigen Bienen mit dem Klang zurückzurufen, die von sich aus ihre Waben verlassen haben und aus dem Stock ausgezogen sind; vom erfolglosen Klangerzeugen erschöpft, beklagt er bitterlich die geplünderten Honigvorräte und angesichts der leeren Waben die Treulosigkeit der Schwärme, die ihre gewohnten Schlupflöcher vergessen haben. Alarichs Klagerede [265] Sobald also der Schmerz der abgeschnürten Stimme die Zügel lockerte und wieder frei gab, richtete Alarich mit feuchten Augen seinen Blick auf die vertrauten Alpen und verglich in der Erinnerung den jetzigen Abzug und die erfolgreiche Ankunft, jetzt da sich der Schicksalsfaden so ganz anders präsentierte: Damals führte er allein durch den Ruf seines Namens den Krieg [270] und brach oft die Mauern, indem er nur leicht eine Lanze vor sich her schwang, über die Felsen spottend. Jetzt, verlassen und hoffnungslos, bot er für das Gebirge, gegen das er angerannt war, zum Ausgleich das geschuldete Schauspiel. Da sprach er, indem er zum italischen Himmel zurückblickte: »Ach du Gebiet, das du den Goten so viel Leid brachtest, ach du Land, auf das ich unter schlechten [275] Vorzeichen meinen Fuß gesetzt habe, sättige dich an den Niederlagen der Schuldigen und

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cladibus et tandem nostris inflectere poenis! en ego, qui toto sublimior orbe ferebar ante tuum felix aditum, ceu legibus exul addictusque reus flatu propiore sequentum terga premor. quae prima miser, quae funera dictis posteriora querar? non me, Pollentia, tantum nec captae, cruciastis, opes; hoc aspera fati sors tulerit Martisque vices, non funditus armis concideram; stipatus adhuc equitumque catervis integer ad montes reliquo cum robore cessi, quos Appenninum perhibent (hunc esse ferebat incola, qui Siculum porrectus ad usque Pelorum finibus ab Ligurum populos conplectitur omnes Italiae geminumque latus stringentia longe utraque perpetuo discriminat aequora tractu). haec ego continuum si per iuga tendere cursum, ut prior iratae fuerat sententia menti, iam desperata voluissem luce, quid ultra? omnibus oppeterem fama maiore perustis! et certe moriens propius te, Roma, viderem, ipsaque per cultas segetes mors nostra secuto victori damnosa foret! sed pignora nobis Romanus carasque nurus praedamque tenebat: hoc magis exertum raperem succinctior agmen! heu, quibus insidiis, qua me circumdedit arte fatalis semper Stilicho! dum parcere fingit, rettudit hostiles animos bellumque remenso evaluit transferre Pado. pro foedera saevo

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lass dich endlich vom Anblick unserer Strafen zum Mitleid bewegen. Selbst ich, der ich mich über alle Welt erhoben habe und solange erfolgreich war, bis ich dich betrat, ich werde wie ein gesetzlich Verbannter und abgeurteilter Angeklagter von den Verfolgern bedrängt, dass ich ihren Atem im Nacken spüre. [280] Welche blutigen Verluste soll ich zuerst mit meinen Worten beklagen, welche später? Ihr habt mich nicht so sehr gequält, weder du, Pollentia, noch all ihr Verluste durch den Feind. Mag dies auch das harte Los des Schicksals und das Glücksspiel des Mars mit sich gebracht haben, war ich doch nicht gänzlich militärisch zusammengebrochen: Noch hatte ich viele Truppen um mich und besaß vollständig die Reiterschwadronen; [285] so wich ich mit meiner verbliebenen Kerntruppe in die Berge aus, die man Apennin nennt (die Leute dort sagten, dass es der Apennin sei, der sich bis zum sizilischen Pelorus von Ligurien an erstreckt und alle Völker Italiens umfasst, der die zwei Meere, welche die beiden Küstenstreifen umspülen, mit seinem ununterbrochenen Gebirgszug trennt). [291] Wenn ich, wie es ursprünglich in meinem Zorn mein Entschluss gewesen war, über diese Berge ohne Halt hätte weiterziehen wollen, obwohl mittlerweile für mein Leben keine Aussicht mehr bestand: was wäre dann weiter geschehen? Ich wäre mit größerem Ruhm gestorben, weil alles in Schutt und Asche läge. [295] Und jedenfalls hätte ich sterbend dich, Rom, aus der Nähe gesehen, und selbst unser Tod hätte in den schon bestellten Saatfeldern für den Sieger, der mich verfolgt, noch Schaden angerichtet. – Aber der Römer hielt uns doch die Kinder und die lieben Frauen und die Beute in Händen! – Einen dadurch kampfbereiteren Heereszug hätte ich umso schneller voranbringen können! [300] Ach, mit welcher Hinterlist, mit welchem Kunstgriff hat mich Stilicho, der immer Unglück bedeutet, in die Enge getrieben! Indem er Schonung heuchelte, hat er den Zornesmut der Feindschaft abgestumpft und konnte so den Kriegsschauplatz verlegen, indem wir uns wieder hinter den Po zurückzogen. Schande

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deteriora iugo! tum vis extincta Getarum; tum mihi, tum letum pepigi. violentior armis omnibus expugnat nostram clementia gentem, Mars gravior sub pace latet, capiorque vicissim fraudibus ipse meis. quis iam solacia fesso consiliumve dabit? socius suspectior hoste. atque utinam cunctos licuisset perdere bello! nam quisquis duro cecidit certamine, numquam desinit esse meus. melius mucrone perirent, auferretque mihi luctu leviore sodales victa manus quam laesa fides. nullusne clientum permanet? offensi comites? odere propinqui? quid moror invisam lucem? qua sede recondam naufragii fragmenta mei? quaeve arva requiram in quibus haud umquam Stilicho nimiumque potentis Italiae nomen nostras circumsonet aures?’ haec memorans instante fugam Stilichone tetendit, expertas horrens aquilas; comitatur euntem Pallor et atra Fames et saucia lividus ora Luctus et inferno stridentes agmine Morbi. lustralem sic rite facem, cui lumen odorum sulphure caeruleo nigroque bitumine fumat, circum membra rotat doctus purganda sacerdos, rore pio spargens et dira fugantibus herbis numina, purificumque Iovem Triviamque precatus

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über die Verträge, die schlimmer als grausame Unterwerfung sind! Das war der Zeitpunkt, als die Kraft der Goten ausgelöscht wurde. [305] Genau das war der Zeitpunkt, als ich mein eigenes Todesurteil unterzeichnet habe! Grausamer als alle Waffen ist diese Gnade, die unser Volk überwindet; ein Krieg, der uns mehr unter Druck setzt, liegt in dem Frieden verborgen. Ich werde im Gegenzug selbst von meinem eigenen Täuschungsmanöver gefangen. Wer wird mir jetzt, da ich geschwächt bin, Trost oder Rat geben? Meinem Mitstreiter traue ich weniger als einem Feind: [310] Wenn es doch nur möglich gewesen wäre, alle Männer im Krieg zu verlieren! Denn jeder, der im harten Kampf gefallen ist, bleibt immerhin auf ewig der meine! Es wäre besser, wenn die Gefährten durch das Schwert gestorben wären, und es wäre eine leichtere Trauer, wenn mir eine Niederlage die Gefährten nehmen würde als der Treubruch. Keiner aus meiner Klientel [315] bleibt also treu? Enttäuscht von mir sind meine Gefolgsleute, voll Hass ist die Sippe! Was hält mich noch hier in diesem verhassten Leben? An welchem Ort soll ich die jämmerlichen Reste meines Schiffbruchs bergen? Welche Gegend soll ich wieder aufsuchen, wo mir nie mehr Stilicho und der Name des allzu mächtigen Italiens an meine Ohren dringen?« [320] Mit diesen Worten setzte er die Flucht fort, weil Stilicho schon drohend nahe war – Furcht vor den römischen Adlern, die er kennengelernt hatte, trieb ihn. Als Begleiterinnen folgten ihm die bleiche Angst, die schwarze Hungersnot, die Trauer, blutunterlaufen mit zerschlagenem Antlitz, und die Seuchen, in höllischem Zug schwirrend. So schwingt der kundige Priester nach Brauch die Fackel zur Lustration, deren stinkendes Feuer [325] Rauch von blauem Schwefel und dunklem Teer hervorbringt, in Kreisbewegung um den Körper, der gereinigt werden soll: Er besprengt ihn mit Weihwasser und Kräutern, die die schädlichen Geister vertreiben, er ruft den reinigenden Jupiter und Trivia an, über sein Haupt hinaus mit abgewandten Händen schwingt er die Fackel in

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trans caput aversis manibus iaculatur in Austrum secum rapturas cantata piacula taedas.

acrior interea visendi principis ardor accendit cum plebe patres et saepe negatum flagitat adventum. nec tali publica vota consensu tradunt atavi caluisse per urbem, Dacica bellipotens cum fregerat Ulpius arma atque indignantes in iura redegerat Arctos, cum fasces cinxere Hypanin mirataque leges Romanum stupuit Maeotia terra tribunal; nec tantis patriae studiis ad templa vocatus, clemens Marce, redis, cum gentibus undique cinctam exuit Hesperiam paribus Fortuna periclis. laus ibi nulla ducum; nam flammeus imber in hostem decidit; hunc dorso trepidum fumante ferebat ambustus sonipes; hic tabescente solutus subsedit galea liquefactaque fulgure cuspis canduit et subitis fluxere vaporibus enses. tum, contenta polo, mortalis nescia teli pugna fuit, Chaldaea mago seu carmina ritu armavere deos, seu, quod reor, omne Tonantis obsequium Marci mores potuere mereri. nunc quoque praesidium Latio non desset Olympi, deficeret si nostra manus; sed providus Aether noluit humano titulos auferre labori,

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den Wind, [330] damit sie die von Zaubersprüchen verursachten Wirkungen mit sich nimmt. In Rom wächst der Wunsch nach dem Adventus des Kaisers. Immer stärker wächst unterdessen der brennende Wunsch, den Kaiser zu sehen, bei den Senatoren wie im Volk; drängend wird die Forderung nach dem Kaiserbesuch, der so oft abgelehnt wurde. Dass in solcher Einmütigkeit der Wunsch der Öffentlichkeit in Rom brannte, das überliefern nicht einmal die Vorfahren für die Zeit, [335] als der kriegsmächtige Trajan die Waffengewalt der Daker gebrochen und den aufbegehrenden Norden zur Unterwerfung unter die Gesetze gezwungen hatte, als die römischen Rutenbündel den Hypanis umgaben und das Land an der Maiotis die Gesetze und die römische Gerichtstribüne bestaunte; so große Begeisterung deiner Vaterstadt, [340] gnädiger Marcus Aurelius, rief nicht einmal deine Rückkehr in die Tempel zur Dankesfeier hervor, als Fortuna das von allen Seiten mit Völkern umzingelte Italien von vergleichbar großen Gefahren befreite. Dort aber war es nicht die ruhmvolle Leistung der Heerführer; denn ein Flammenregen fiel auf den Feind nieder; den einen Reiter in seiner Angst trug das angesengte Ross auf rauchendem Rücken, der andere sank erschlafft [345] zu Boden, weil ihm der Helm schmolz; vom Blitz getroffen verbog sich glühend der Speer, und die Schwerter schmolzen durch die plötzliche Hitze dahin. Damals fand eine Schlacht statt, die mit dem Eingreifen des Himmels auskam und keine menschliche Waffe sah: ob nun chaldäische Zaubersprüche mit magischem Ritus die Götter bewaffneten oder (was ich glaube) Mark Aurels untadeliges Leben es vermochte, sich jeden Gunsterweis des höchsten Donnerers zu verdienen. [351] Auch jetzt hätte Italien sich auf den Schutz des Olymps verlassen dürfen, wenn unsere eigene Kampfkraft nicht stark genug gewesen wäre. Aber der vorausschauende Himmel wollte der menschlichen Leistung nicht den Siegesruhm nehmen, damit dir, Kaiser, nicht Blitze den

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ne tibi iam, princeps, soceri sudore paratam, quam meruit virtus, ambirent fulmina laurum.

iam totiens missi proceres responsa morantis rettulerant, donec differri longius urbis communes non passa preces penetralibus altis prosiluit vultusque palam confessa coruscos inpulit ipsa suis cunctantem Roma querellis: ‘dissimulata diu tristes in amore repulsas vestra parens, Auguste, queror. quonam usque tenebit praelatus mea vota Ligus, vetitumque propinqua luce frui, spatiis discernens gaudia parvis, torquebit Rubicon vicino numine Thybrim? nonne semel sprevisse satis, cum reddita bellis Africa venturi lusit spe principis urbem nec duras tantis precibus permovimus aures? ast ego frenabam geminos, quibus altior ires, electi candoris equos, et nominis arcum iam molita tui, per quem radiante decorus ingrederere toga, pugnae monumenta dicabam defensam titulo Libyam testata perenni. iamque parabantur pompae simulacra futurae, Tarpeio spectanda Iovi: caelata metallo

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Siegeslorbeer, vom Schweiß deines Schwiegervaters errungen, streitig machen könnten, den der Mannesmut verdient hat. Roma beklagt sich persönlich über den Aufschub des Adventus. [356] Schon so oft waren die hohen Senatsvertreter ausgesandt worden und hatten die Antwort, dass jetzt nicht die Zeit dafür sei, berichten müssen, bis Roma es nicht mehr ertrug, dass auf die vereinten Bitten der Stadt weiterhin nur hinhaltend reagiert werde: Sie sprang aus ihrem hohen Heiligtum hervor; und als sie so ihr blitzendes Antlitz in der Öffentlichkeit zeigte, [360] bewegte Roma persönlich mit ihren Beschwerden den Zögernden zum Handeln: »Lange Zeit wurde ich unbeachtet übergangen, und ich beklage mich als deine Mutter über die Zurückweisungen, die in der Liebe schmerzlich sind, mein Kaiser! Wie lange eigentlich soll Ligurien noch mir vorgezogen werden und behalten, wonach ich mich sehne? Wie lange soll den Tiber, der sich nicht am Licht deiner Gegenwart erfreuen darf, der Rubicon, weil ihm die Gottheit so nahe ist, quälen dürfen, indem er den Grund zur Freude mit geringer Distanz von uns fernhält? [366] Ist es nicht genug, mich einmal verschmäht zu haben, als Africa, in Kriegen zurückgewonnen, Roma in ihrer Hoffnung auf den Besuch des Kaisers enttäuschte und wir mit unserem inständigen Ersuchen nicht die unerbittlichen Ohren zum Mitleid bewegen konnten? [369] Ich aber war schon dabei, ein Rossegespann von auserwähltem Weiß zu zäumen, auf dem du im Triumph erhöht fahren solltest; und indem ich schon einen Triumphbogen für deinen Namen erbauen ließ, durch den du in strahlender Toga gewandet einziehen solltest, veranlasste ich für die Schlacht die Weihung eines Denkmals, das mit unvergänglicher Ruhmesinschrift die Verteidigung Libyens bezeugte. Und die Bildwerke des zukünftigen Festzugs wurden schon vorbereitet, [375] die vom kapitolinischen Jupiter gesehen werden sollten, so dass als Relief in Bronze

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classis ut auratum sulcaret remige fluctum, ut Massyla tuos anteirent oppida currus Palladiaque comas innexus harundine Triton edomitis veheretur aquis et in aere trementem succinctae famulum ferrent Atlanta cohortes, ipse Iugurthinam subiturus carcere poenam praeberet fera colla iugo, vi captus et armis, non Bocchi Sullaeque dolis. sed prima remitto. num praesens etiam Getici me laurea belli declinare potest? sedesne capacior ulla tantae laudis erit? tua te benefacta morantem conveniunt, meritisque suis obnoxia Virtus quos servavit, amat. iam flavescentia centum messibus aestivae detondent Gargara falces, spectatosque iterum nulli celebrantia ludos circumflexa rapit centenus saecula consul: his annis, qui lustra mihi bis dena recensent, nostra ter Augustos intra pomeria vidi, temporibus variis; eadem sed causa tropaei, civilis dissensus, erat. venere superbi, scilicet ut Latio respersos sanguine currus aspicerem. quisquamne piae laetanda parenti natorum lamenta putet? favere tyrannis, sed nobis periere tamen. cum Gallica vulgo proelia iactaret, tacuit Pharsalia Caesar. namque inter socias acies cognataque signa ut vinci miserum, numquam vicisse decorum.

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die Flotte mit dem Ruderer die vergoldeten Fluten durchpflügen sollte, so dass die massylischen Städte vor deinem Triumphwagen ziehen sollten und Triton, die Haare mit Schilfrohr aus Pallas’ Geburtsort bekränzt, auf dem Wagen fahren sollte, weil seine Wasser unterworfen waren, und die hochgeschürzt eilenden Kohorten den dienenden Altas tragen sollten, der sogar noch als Erzfigur zu zittern schien, [381] und Gildo selbst, um im Carcer dieselbe Strafe wie Jugurtha zu erleiden, sein wildes Haupt unters Joch beugen sollte – mit Gewalt und im Waffenkampf war er ja gefangen, nicht mit hinterhältiger List eines Bocchus und Sulla. Aber diesen ersten Anlass will ich nachsichtig übergehen. Führt etwa auch jetzt für den Triumphlorbeer des Gotenkriegs [385] ein Weg an mir vorbei? Kann denn irgendein Ort für die Feier eines solchen Ruhms geeigneter sein? Deine Wohltaten scharen sich bittend um dich, der du so lange ausbleibst; und deine Tatkraft, die ihren eigenen Verdiensten verpflichtet bleibt, liebt doch diejenigen, die sie gerettet hat! Hundert Ernten sind es schon, in denen Sicheln im Sommer die goldgelben Höhen von Gargara mähen, [390] und der hundertste Konsul leitet das Jahr ein, das ein Jahrhundert vollendet, in dem die Spiele gefeiert werden, die jeder nur einmal im Leben sieht: Im gesamten Verlauf dieser hundert Jahre habe ich nur drei Mal die Kaiser innerhalb meines Pomeriums gesehen – zu ganz verschiedenen Zeiten, doch war der Grund für das Siegeszeichen immer derselbe: [395] nämlich ein Bürgerkrieg. Sie kamen stolz: nur um mir Triumphwagen zu zeigen, die mit römischem Blut besudelt waren! Wer hielte es denn für möglich, dass die Klagen ihrer Söhne für eine liebende Mutter erfreulich sein könnten? Sie haben zwar Usurpatoren unterstützt, aber wir haben sie doch durch den Tod verloren. Während Caesar sich öffentlich seiner [400] Kriege in Gallien rühmte, schwieg er lieber über die Schlacht von Pharsalos. Denn wie eine Niederlage bei Heeren gleicher Nation und bei Feldzeichen, unter denen Verwandte gegeneinander kämpfen, ein Unglück ist, so ist auch ein

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restituat priscum per te iam gloria morem verior, et fructum sincerae laudis ab hoste desuetum iam redde mihi iustisque furoris externi spoliis sontes absolve triumphos. quem, precor, ad finem laribus seiuncta Potestas exulat imperiumque suis a sedibus errat? cur mea quae cunctis tribuere Palatia nomen neclecto squalent senio, nec creditur orbis illinc posse regi? medium non deserit umquam caeli Phoebus iter, radiis tamen omnia lustrat. segnius an veteres Histrum Rhenumque tenebant, qui nostram coluere domum? leviusne timebant Tigris et Euphrates, cum foedera Medus et Indus hinc peteret pacemque mea speraret ab arce? hic illi mansere viri quos mutua Virtus legit et in nomen Romanis rebus adoptans iudicio pulchram seriem, non sanguine duxit; hic proles atavum deducens Aelia Nervam tranquillique Pii bellatoresque Severi. hunc civis dignare chorum conspectaque dudum ora refer, pompam recolens ut mente priorem, quem tenero patris comitem susceperat aevo, nunc duce cum socero iuvenem te Thybris adoret.’

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solcher Sieg niemals eine Ehre. Durch dich soll jetzt der Ruhm, der den Namen verdient, die ehrwürdige Tradition wiederherstellen. Und den Genuss eines ungetrübten Ruhms, [405] wie ich ihn schon gar nicht mehr kenne, nämlich für den Sieg über einen Feind, den verschaffe mir jetzt und tilge die schuldbeladenen Triumphe durch gerechtfertigte Beute aus dem verblendeten Angriff auswärtiger Feinde. Zu welchem Zweck, bitte, muss die Amtsgewalt, getrennt von ihrem Vaterhaus, in der Verbannung leben und wozu irrt die Reichsregierung fernab von ihrem Sitz umher? Warum verfallen meine Palatia, denen alle »Paläste« ihren Namen verdanken, [410] indem ihr Alter verachtet wird? Warum glaubt man nicht, dass von hier die Welt regiert werden könne? Phoebus verlässt niemals die mittlere Himmelsbahn, trotzdem durchdringt er alles mit seinen Lichtstrahlen. Waren denn frühere Kaiser, die mein Haus bewohnt haben, nachlässiger darin, Donau und Rhein zu halten? War denn die Angst [415] des Tigris und Euphrat geringer, als Meder und Inder hier um den Vertragsschluss baten und den Frieden von meiner Burg erhofften? Hier sind die Männer geblieben, welche die Virtus selbst in gegenseitiger Achtung auswählte und, indem sie sie zum Nutzen des römischen Staats in die Familie adoptierte, nach strengen Kriterien, nicht in dynastischer Erbfolge die edle Herrscherreihe fortführte. [420] Hier wohnte die Nachkommenschaft der gens Aelia, die sich von dem Ahnherrn Nerva ableitet, hier lebten die friedliebenden Antoninen und die kriegerischen Severer. Erweise dieser Versammlung die Ehre, indem du als ihr Mitbürger kommst, und zeige dein Antlitz, das man so lange hier nicht gesehen hat, auf dass der Tiber in lebhafter Erinnerung an den früheren Festzug dich, den er als den Begleiter des Vaters in zartem Kindesalter empfangen hatte, [425] jetzt als Mann zusammen mit deinem Schwiegervater, dem Feldherrn, ehrenvoll begrüßen kann.«

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orantem medio princeps sermone refovit: ‘numquam aliquid frustra per me voluisse dolebis, o dea, nec legum fas est occurrere matri. sed nec post Libyam (falsis ne perge querellis incusare tuos) patriae mandata vocantis sprevimus: advectae misso Stilichone curules, ut nostras tibi, Roma, vices pro principe consul inpleret generoque socer. vidistis in illo me quoque; sic credit pietas, non sanguine solo, sed claris potius factis experta parentem. cuncta quidem centum nequeam perstringere linguis, quae pro me mundoque gerit; sed ab omnibus unum, si fama necdum patuit, te, Roma, docebo, subiectum nostris oculis et cuius agendi spectator vel causa fui.

populator Achivae Bistoniaeque plagae, crebris successibus amens et ruptas animis spirans inmanibus Alpes iam Ligurum trepidis admoverat agmina muris, tutior auxilio brumae (quo gentibus illis sidere consueti favet inclementia caeli), meque minabatur calcato obsidere vallo, spem vano terrore fovens, si forte remotis

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Honorius antwortet Roma mit dem Lob seines Vertreters Stilicho. Als sie so ihr Anliegen vortrug, beschwichtigte der Kaiser sie noch mitten in der Rede: »Niemals wird es dich grämen, dass einer deiner Wünsche durch meine Schuld unerfüllt bleibt, göttliche Roma, und es wäre ein Frevel, der Mutter unserer Verfassung zu widersprechen. [429] Aber es ist auch nicht so, dass wir nach Libyen die Aufträge der Heimatstadt, die uns rief, achtlos übergangen hätten – bitte hör auf, mit unberechtigten Klagen deine Söhne zu beschuldigen! Die sella curulis wurde zu dir gebracht, indem Stilicho geschickt wurde, um für dich, Roma, an meiner statt in Vertretung des Kaisers das Amt des Konsuls zu übernehmen, als Schwiegervater anstelle des Schwiegersohns. Ihr habt in ihm auch mich gesehen. Davon ist meine Liebe überzeugt, die ihn nicht allein durch Verwandtschaftsbeziehungen, [435] sondern noch mehr durch seine Heldentaten als einen Vater erfahren durfte. Allerdings könnte ich nicht einmal mit hundert Zungen alles erzählen, was er für mich und für die Welt tut. Aber von all seinen Taten will ich dir, Roma, wenigstens die eine berichten, wenn sich die Kunde nicht schon allgemein herumgesprochen hat: Sie hat sich vor meinen Augen zugetragen, und für diese Tat war ich Augenzeuge und sogar der Anlass! Honorius erzählt Stilichos Heldentat bei der Belagerung Mailands. [440] Er, der die griechischen und thrakischen Lande verheerte, hatte, von seinen zahlreichen Erfolgen verblendet und übermäßig stolz auf die Überwindung der Alpen, seine Truppen schon vor die zitternden Mauern der Mailänder geführt; im Schutz der Wintersonnenwende war er besser gesichert (denn unter diesem Gestirn verschafft die Gnadenlosigkeit der Jahreszeit diesen Völkern einen Vorteil, weil sie daran gewöhnt sind) [446] und bedrohte mich mit der Eroberung, indem er den Wall betreten hatte. Dabei nährte er mit erfolgloser Einschüchterung seine Hoffnung, ob ich vielleicht einen Vertrag ganz nach seinen Bedingungen einginge,

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praesidiis, urgente metu, qua vellet obirem condicione fidem; nec me timor inpulit ullus et duce venturo fretum memoremque tuorum, Roma, ducum, quibus haud umquam vel morte parata foedus lucis amor pepigit dispendia famae. nox erat et late stellarum more videbam barbaricos ardere focos; iam classica primos excierant vigiles, gelida cum pulcher ab Arcto adventat Stilicho. medius sed clauserat hostis inter me socerumque viam pontemque tenebat, Addua quo scissas spumosior incitat undas. quid faceret? differret iter? discrimina nullas nostra dabant adeunda moras. perrumperet agmen? sed paucis comitatus erat; nam plurima retro, dum nobis properat succurrere, liquerat arma extera vel nostras acies. hoc ille locatus ancipiti, longum socias tardumque putavit expectasse manus et nostra pericula tendit posthabitis pulsare suis mediumque per hostem flammatus virtute pia propriaeque salutis inmemor et stricto prosternens obvia ferro barbara fulmineo secuit tentoria cursu. nunc mihi Tydiden attollant carmina vatum, quod iuncto fidens Ithaco patefacta Dolonis indicio dapibusque simul religataque somno Thracia sopiti penetraverit agmina Rhesi

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weil meine Schutztruppen in weiter Ferne waren und die Angst mich unter Druck setzen musste. Doch mich konnte keine Angst dazu bringen, [450] und ich vertraute darauf, dass der Feldherr kommen werde; mir standen ja deine Feldherren, Roma, vor Augen, denen niemals, auch wenn ihnen der Tod bevorstand, die entehrende Liebe zum Leben den Verlust ihres guten Rufs eingehandelt hat. Nacht war es, und ich musste sehen, wie die Feuer der Barbaren weithin wie die Sterne brannten. Schon hatte das Signal die ersten [455] Wachen auf ihren Posten gerufen, als vom kalten Norden her der herrliche Stilicho eintraf. Doch hatte uns der Feind in der Mitte getrennt und hielt zwischen mir und meinem Schwiegervater die Straße und die Brücke besetzt, wohin die Adda mit stärkerer Gischt ihre geteilten Wogen anbranden lässt. [459] Was hätte er tun sollen? Anhalten? Die akute Gefahr, in der ich schwebte, erlaubte ihm nicht, Zeit zu verlieren. Durch die Truppen durchbrechen? Aber er war nur von wenigen Leuten begleitet; denn den Hauptverband an auswärtigen Einheiten und die römischen Truppen hatte Stilicho hinter sich gelassen, während er sich beeilte, mir zu Hilfe zu kommen. In diesem Dilemma glaubte er, dass es zu lange dauern würde, [465] auf die verbündeten Truppen zu warten, und setzte sich zum Ziel, die Gefahren zu vertreiben, die mir drohten – ungeachtet seiner eigenen Gefahren; und mitten durch den Feind, von der fürsorglichen Tapferkeit entflammt und ohne an sein eigenes Leben zu denken, bahnte er sich, mit gezücktem Schwert alle Hindernisse niederhauend, seinen Weg durch die Zelte der Barbaren mit der Wucht eines Blitzschlags. [470] Da sollen mir nun die Epen der großen Dichter den Diomedes rühmen, weil er sich im Vertrauen auf seinen Partner Odysseus unter die Thrakerscharen des schlummernden Rhesos gewagt hatte, die durch die Information des Dolon verraten und zugleich vom Mahl und Schlaf überwältigt waren, und weil er ins

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Graiaque rettulerit captos ad castra iugales, quorum, si qua fides augentibus omnia Musis, impetus excessit Zephyros candorque pruinas. ecce virum taciti nulla qui fraude soporis ense palam sibi pandit iter remeatque cruentus et Diomedeis tantum praeclarior ausis quantum lux tenebris manifestaque proelia furtis! adde quod et ripis steterat munitior hostis et cui nec vigilem fas est conponere Rhesum: Thrax erat, hic Thracum domitor. non tela retardant, obice non haesit fluvii. sic ille minacem Tyrrhenam labente manum pro ponte repellens traiecit clipeo Thybrim, quo texerat urbem, Tarquinio mirante Cocles mediisque superbus Porsennam respexit aquis. celer Addua nostro sulcatus socero; sed, cum tranaret, Etruscis ille dabat tergum, Geticis hic pectora bellis. exere nunc doctos tantae certamine laudis, Roma, choros et quanta tuis facundia pollet ingeniis nostrum digno sonet ore parentem.’

dixit et antiquae muros egressa Ravennae signa movet; iamque ora Padi portusque relinquit flumineos, certis ubi legibus advena Nereus

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griechische Lager die erbeuteten Gespanne gebracht hatte, [475] deren Schnelligkeit den Westwind und deren weißer Glanz den Schnee übertraf, wenn man den Musen trauen darf, die alles überhöhen. Sieh diesen Mann hier, der nicht mit einem Überfall auf Leute im Tiefschlaf, vielmehr offen mit dem Schwert sich den Weg bahnte und zurückkehrte – blutbesprengt und in solchem Grade ruhmreicher als die Taten des Diomedes, [480] wie das Licht die Finsternis und der offene Kampf den Raubüberfall übertreffen! Bedenke dazu, dass der Feind auch noch von den Ufern besser geschützt seinen Standort hatte, und dass man ihm nicht einmal den Rhesos im wachen Zustand vergleichend gegenüberstellen darf: Denn Rhesos war ein Thraker, Alarich aber der Sieger über die Thraker. Keine Speere konnten Stilicho aufhalten, er ließ sich nicht vom Hindernis eines Flusses abhalten. So wehrte der berühmte Cocles [485] die drohende Schar der Etrusker ab, vorn an der einstürzenden Brücke stehend, und durchschwamm den Tiber mit dem Schild, mit dem er die Stadt beschützt hatte, während Tarquinius nur staunte; und stolz blickte Cocles mitten aus den Fluten zurück zu Porsenna. Die schnelle Adda wurde von meinem Schwiegervater durchquert; aber als Cocles hinüberschwamm, machte er sich aus dem Kampf mit den Etruskern davon, Stilicho aber schwamm geradewegs auf den Krieg mit den Goten zu. [491] Jetzt, Roma, lasse im Wettstreit die Chorreigen auftreten, die sich auf solche Lobpreisungen verstehen, und mit einem Mund, der dieser Aufgabe würdig ist, soll meinen Vater die Redekunst preisen, so gut sie es in deinen Spitzentalenten kann.« Honorius zieht von Ravenna nach Rom. [494] Sprach’s und brach mit dem Heer aus den Mauern des alten Ravenna auf; und schon ließ er die Mündungen des Po und die Hafenanlagen am Kanal hinter sich, wo der von weither ankommende Nereus seine Wasser nach festen Gesetzen wogen lässt und

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aestuat et pronas puppes nunc amne secundo, nunc redeunte vehit, nudataque litora fluctu deserit, Oceani lunaribus aemula damnis. laetior hinc Fano recipit Fortuna vetusto, despiciturque vagus praerupta valle Metaurus, qua mons arte patens vivo se perforat arcu admisitque viam sectae per viscera rupis, exuperans delubra Iovis saxoque minantes Appenninigenis cultas pastoribus aras. quin et Clitumni sacras victoribus undas, candida quae Latiis praebent armenta triumphis, visere cura fuit. nec te miracula fontis praetereunt, tacito passu quem si quis adiret, lentus erat; si voce gradum maiore citasset, commixtis fervebat aquis; cumque omnibus una sit natura vadis, similes ut corporis umbras ostendant, haec sola novam iactantia sortem humanos properant imitari flumina mores. celsa dehinc patulum prospectans Narnia campum regali calcatur equo, rarique coloris non procul amnis abest, urbi qui nominis auctor: ilice sub densa silvis artatus opacis inter utrumque iugum tortis anfractibus albet. inde salutato libatis Thybride lymphis excipiunt arcus operosaque semita vastis molibus et quidquid tantae praemittitur urbi.

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die vorwärts fahrenden Schiffe bald mit günstiger Strömung, bald bei Ebbe zurückfließend trägt und die vom Wasserzufluss entblößten Strände zurücklässt, die genauso schlimm wie der Oceanus von den Schäden betroffen sind, die ihm der Mond zufügt. [500] Noch glücklicher schätzt sich dann Fortuna, wenn sie Honorius im alten Fanum aufnimmt; von dort oben hat man den Blick hinunter auf den Metaurus, der in der abschüssigen Talschlucht fließt, wo der Berg durch künstlichen Eingriff den Weg frei gibt und sich selbst mit einem natürlichen Tunnelbogen durchbohrt und eine Straße durch die Eingeweide des durchschnittenen Felsens zulässt; er ragt dabei über das Heiligtum des Jupiter hinaus und über die Altäre, die vom Felsen herab drohend blicken [505] und von den Hirten, die im Apennin wohnen, verehrt werden. Ja, auch die Wogen des Clitumnus zu besichtigen, war dein Anliegen: Sie sind den Siegern geweiht, denn sie stellen für die römischen Triumphe die weißen Stiere bereit. Und die Wunder des Quells entgehen dir nicht: Jedesmal, wenn sich ihm jemand lautlosen Schritts näherte, [510] blieb er träge; wenn man aber mit lauterem Schall den Schritt beschleunigte, so schäumte er mit aufgewühlten Wassern. Und obwohl alle Wasserspiegel ein und dieselbe Eigenschaft haben, nämlich dass sie das physische Abbild wiedergeben, kann sich dieses Flusswasser allein einer unerhörten Gabe brüsten und ahmt beflissen psychische Eigenschaften des Menschen nach. [515] In der Höhe wird anschließend Narnia, das auf eine ausgedehnte Ebene hinabblickt, vom Pferd des Kaisers betreten; nicht weit entfernt ist der Fluss mit der seltenen Farbgebung, dem die Stadt ihren Namen verdankt: Unter dichten Steineichen, von dunklen Wäldern eingeengt, bahnt er sich weiß strahlend zwischen beiden Bergen seinen gewundenen Weg. [520] Als dann der Kaiser den Tiber begrüßt hat, indem er aus den Wassern schöpft, nehmen ihn die Brückenbogen und die mit gewaltigen Felsen erbaute Straße auf und alles, was die Ankunft in einer so großen Stadt ankündigt.

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ac velut officiis trepidantibus ora puellae spe propiore tori mater sollertior ornat adveniente proco vestesque et cingula comit saepe manu viridique angustat iaspide pectus substringitque comam gemmis et colla monili circuit et bacis onerat candentibus aures, sic oculis placitura tuis insignior auctis collibus et nota maior se Roma videndam obtulit. addebant pulchrum nova moenia vultum audito perfecta recens rumore Getarum, profecitque opifex decori timor, et, vice mira, quam pax intulerat bello discussa senectus erexit subitas turres cinctosque coegit septem continuo montes iuvenescere muro. ipse favens votis solitoque decentior aer, quamvis adsiduo noctem foedaverat imbre, principis et solis radiis detersa removit nubila; namque ideo pluviis turbaverat omnes ante dies lunamque rudem madefecerat Auster ut tibi servatum scirent convexa serenum.

omne Palatino quod pons a colle recedit Mulvius et quantum licuit consurgere tectis, una replet turbae facies: undare videres ima viris, altas effulgere matribus aedes. exultant iuvenes aequaevi principis annis; temnunt prisca senes et in hunc sibi prospera fati

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Roma schmückt sich für den Empfang. Und wie eine Mutter ihre Tochter mit nervöser Geschäftigkeit in Erwartung der nahen Hochzeit umso sorgfältiger schmückt, [525] wenn ein Freier kommt, und die Kleider und den Gürtel mit der Hand immer wieder zurecht rückt, mit dem grünen Jaspis die Brust enger schnürt, die Frisur mit Edelsteinen hochsteckt, eine Kette um den Hals legt und glänzende Perlen ans Ohr hängt: [529] So präsentierte sich Roma, um deinen Augen zu gefallen, noch prächtiger mit erhöhten Hügeln und größer, als man sie kannte: Zusätzlich gaben ihr ein schönes Aussehen die neuen Mauern, die jüngst vollendet worden waren, als man das Gerücht von den Goten vernommen hatte; als Werkmeisterin kam die Angst der Schönheit zugute, und in wundersamer Umkehr war die Altersschwäche, die der Frieden der Stadt gebracht hatte, im Krieg abgeschüttelt worden: [535] Sie richtete unversehens ihre Türme auf, und brachte ihre sieben Hügel, die von einer durchgehenden Mauer umgeben wurden, dazu, sich zu verjüngen. Selbst das Wetter war unseren Gebeten hold und besser als gewohnt: Obwohl es mit unausgesetztem Regen die Nacht hässlich entstellt hatte, wischte es mit den Strahlen des Kaisers und der Sonne die Wolken vom Himmel. [540] Denn deswegen hatte der Südwind alle Tage zuvor mit Regenschauern aufgewühlt und den neuen Mond feucht werden lassen, damit das Himmelsgewölbe wissen sollte, dass für dich das schöne Wetter aufgespart sei. Einzug in die Stadt über die Milvische Brücke Den ganzen Weg zwischen der Milvischen Brücke und dem Palatin entlang und so hoch sich die Dächer erheben konnten, [545] drängt sich unterschiedslos e i n e Menschenmenge: Dass die Häuser unten von Männer wogen und in der Höhe von Frauen leuchten, hätte man sehen können; es jubeln die jungen Männer, die so alt wie der Kaiser sind; die Alten hören auf, die guten alten Zeiten zu loben, und beglückwünschen sich, dass ihnen ihr

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gratantur durasse diem moderataque laudant tempora, quod clemens aditu, quod †pectore, solus Romanos vetuit currum praecedere patres, cum tamen Eucherius, cui regius undique sanguis atque Augusta soror, fratri praeberet ovanti militis obsequium: sic illum dura parentis instituit pietas in se vel pignora parci quique neget nato procerum quod praestet honori. haec sibi cura senum maturaque conprobat aetas idque inter veteris speciem praesentis et aulae iudicat, hunc civem, dominos venisse priores. conspicuas tum flore genas, diademate crinem membraque gemmato trabeae viridantia cinctu et fortes umeros et certatura Lyaeo inter Erythraeas surgentia colla zmaragdos mirari sine fine nurus; ignaraque virgo, cui simplex calet ore pudor, per singula cernens nutricem consultat anum, quid fixa draconum ora velint, ventis fluitent an vera minentur sibila suspensum rapturi faucibus hostem. ut chalybem indutos equites et in aere latentes vidit cornipedes, ‘quanam de gente’ rogabat ‘ferrati venere viri? quae terra metallo nascentes informat equos? num Lemnius auctor indidit hinnitum ferro simulacraque belli viva dedit?’ gaudet metuens et pollice monstrat, quod picturatas galeae Iunonia cristas

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Schicksal erlaubt hat, diesen Tag noch zu erleben, und sie preisen die Zeiten maßvoller Zurückhaltung: [550] weil es der Kaiser, gnädig in seiner Zugänglichkeit, allein † in seinem Herzen zu untersagen entschieden hatte, dass die römischen Senatoren vor seinem Wagen schreiten, obwohl doch Eucherius, der von allen Seiten königliches Blut und zudem eine kaiserliche Schwester hat, dem Bruder bei seinem triumphalen Einzug den Gehorsam eines Soldaten leistete. So hat Honorius die strenge Liebe des Vaters erzogen, der an sich selbst und seinen Kindern Zurückhaltung übend [556] dem Sohn versagt, was er zur Ehrung der Aristokraten erlaubt. Dafür spenden ihm die besorgte Anteilnahme der Greise und das reife Alter Beifall, und sie kommen zu dem Urteil, dass zwischen dem Erscheinungsbild des alten und des gegenwärtigen Hofs der Unterschied besteht, dass jetzt ein Mitbürger, früher hingegen Herren eingezogen seien. [560] An der Schönheit seiner Wangen in Jugendblüte, an seinem Haar mit dem Diadem und an seinen Gliedern im Grün des gemmengezierten Staatsgewandes, an den starken Schultern und dem Hals, der sich schön wie der des Dionysos zwischen Smaragden vom Roten Meer erhebt: daran können sich die Frauen gar nicht satt sehen! Und das unerfahrene Mädchen, [565] das in seiner Einfalt errötet, fragt, wie es alles genau beobachtet, die alte Amme, was denn die festgebundenen Drachenhäupter bedeuten: ob sie nur im Wind wehen oder ob sie echtes Fauchen drohend ausstoßen, um mit ihren Schlünden einen Feind in der Luft zu packen? [569] Als es gar die in Erz gepanzerten Reiter und die Pferde, die ganz im Metall verborgen sind, sieht, fragt das Mädchen: »Aus welchem Volk sind denn die eisernen Männer gekommen? Und welches Land formt denn die Pferde, die dort geboren werden, aus Metall? Hat denn der kunstreiche Gott aus Lemnos dem Eisen das Wiehern ermöglicht und so lebende Kriegsdenkmäler erschaffen?« Sie genießt ihre Furcht und zeigt mit dem Finger, [575] dass Junos Pfau die bunten Helmbüsche schmückt oder

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ornet avis vel quod rigidos vibrata per armos rubra sub aurato crispentur serica dorso. tum tibi magnorum mercem Fortuna laborum persolvit, Stilicho, curru cum vectus eodem urbe triumphantem generum florente iuventa conspiceres illumque diem sub corde referres, quo tibi confusa dubiis formidine rebus infantem genitor moriens commisit alendum. virtutes variae fructus sensere receptos: depositum servasse, Fides; Constantia, parvum praefecisse orbi; Pietas, fovisse propinquum.

hic est ille puer, qui nunc ad rostra Quirites evocat et solio fultus genitoris eburno gestarum patribus causas ex ordine rerum eventusque refert veterumque exempla secutus digerit imperii sub iudice facta senatu. nil cumulat verbisque nihil fiducia celat; fucati sermonis opem mens conscia laudis abnuit. agnoscunt proceres, habituque Gabino principis et ducibus circumstipata togatis iure paludatae iam curia militat aulae. adfuit ipsa suis ales Victoria templis, Romanae tutela togae, quae divite pinna patricii reverenda fovet sacraria coetus castrorumque eadem comes indefessa tuorum

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dass die roten Seidendecken auf den muskulösen Pferdeschenkeln zum Beben gebracht werden und unterhalb des vergoldeten Rückens Wellen werfen. Damals hat dir, Stilicho, Fortuna den Lohn für große Mühen ausgezahlt, als du im selben Wagen fahrend [580] deinen Schwiegersohn in Rom triumphierend in blühender Jugend erblicken und dir jenen Tag in Erinnerung rufen konntest, an dem dir der Vater auf dem Sterbebett das Kind in der beängstigenden Wirrnis der ungewissen Lage zur Erziehung anvertraute. Mannigfache Tugenden durften die eingebrachten Früchte sehen: [585] Die Treue sah die zuverlässige Bewahrung des anvertrauten Pfandes; die Charakterstärke sah das kleine Kind jetzt als Herren der Welt, die liebevolle Verantwortung sah die Sorge für das verwandte Kind. Honorius spricht zum Volk und zum Senat. Das ist das Kind von damals: Er, der jetzt die Römer zur Rednerbühne ruft und auf dem elfenbeinernen Thron seines Vaters den Senatoren die Gründe des politischen Vorgehens in der Reihenfolge der Ereignisse und die Resultate in seiner Rede darstellt und, dem Vorbild der Alten folgend, [591] einen geordneten Rechenschaftsbericht vor dem urteilenden Senat ablegt. Nichts übertreibt und nichts verschleiert sein Selbstvertrauen mit Worten; ein Gewissen, das sich bewusst ist, Gutes getan zu haben, lehnt die Hilfe rhetorischer Schminke ab. Die Senatoren vernehmen es mit Zustimmung. Und die Kurie, die von der gabinischen Tracht [595] des Kaisers und von den Heereskommandanten in Zivil rings erfüllt ist, ist jetzt am Militärdienst beteiligt mit dem Recht des Hofs im Soldatenmantel. Die geflügelte Victoria persönlich erschien in ihren Tempeln, die Schutzgöttin des römischen Senats, die mit goldener Schwinge das ehrwürdige Heiligtum der patrizischen Versammlung segnet [600] und zugleich unermüdliche Begleiterin deines Heereslagers ist: Jetzt endlich darf sie beider Vereinigung

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nunc tandem fruitur iunctis, atque omne futurum te Romae seseque tibi promittit in aevum.

hinc te iam patriis laribus via nomine vero sacra refert. flagrat studiis concordia vulgi, quam non inlecebris dispersi colligis auri, nec tibi venales captant aeraria plausus corruptura fidem: meritis offertur inemptus pura mente favor. nam munere carior omni obstringit sua quemque salus. procul ambitus erret: non quaerit pretium, vitam qui debet, amori.

o quantum populo secreti numinis addit imperii praesens genius, quantamque rependit maiestas alterna vicem, cum regia circi conexum gradibus veneratur purpura vulgus adsensuque cavae sublatus in aethera vallis plebis adoratae reboat fragor unaque totis intonat Augustum septenis arcibus echo! nec solis hic cursus equis: adsueta quadrigis cingunt arva trabes, subitaeque aspectus harenae diffundit Libycos aliena valle cruores. haec et belligeros exercuit area lusus, armatos hic saepe choros certaque vagandi textas lege fugas inconfusosque recursus et pulchras errorum artes iucundaque Martis

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genießen. Und sie verspricht, dass du Roma für alle Zukunft gehörst, und dass sie selbst dir auf ewig gehört. Honorius zieht über die Via Sacra zum Palatin. Von dort aus bringt dich jetzt zu deinem väterlichen Heim die Via Sacra zurück, die ihren Namen zu Recht trägt. In Begeisterung brennt die Eintracht des Volks, [605] die du nicht mit den Verlockungen von ausgeworfenem Gold versammeln musst; nicht verschafft dir die Staatskasse einen käuflichen Applaus, indem sie damit die Treue zunichtemacht. Wahren Verdiensten wird ohne Bezahlung Zuneigung aus reinem Herzen zuteil. Denn stärker als jede Gabe verpflichtet einen jeden sein eigenes Wohlbefinden. Bestechung soll fern im Exil bleiben. Wer jemandem sein Leben verdankt, [610] der verlangt kein Honorar dafür, dass er ihm seine Liebe zeigt. Spiele Wie viel an verborgener Göttlichkeit verleiht dem Volk der Genius des Reichs mit seiner Anwesenheit, und welche Ehre statten sich die Majestät von Kaiser und Volk gegenseitig ab, da der kaiserliche Purpur das Volk ehrt, das auf den Stufen des Zirkusrunds vereint ist, [615] und, durch die Zustimmung der Zuschauerränge in den Himmel gehoben, der tosende Beifall des ehrerbietig begrüßten Volks widerhallt, und ein und dasselbe Echo auf allen sieben Hügeln donnernd »Augustus« erschallen lässt! Nicht allein die Pferde haben hier ihre Bahnen: die Flächen, die sonst an die Quadrigen gewöhnt sind, umgeben jetzt Pallisadenzäune, und die Arena, die einen unerwarteten Anblick bietet, [620] vergießt afrikanisches Blut in einem fremden Tal. Dieser Kampfplatz brachte auch Kriegsspiele zur Aufführung: Hier sehen wir immer wieder bewaffnete Scharen und inszenierte Fluchten, die nach bestimmten Regeln choreographiert sind, geordnete Schwenkbewegungen und kunstvoll arrangierte Kreisbewegungen und unterhaltsame

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cernimus. insonuit cum verbere signa magister, mutatos edunt pariter tot pectora motus in latus allisis clipeis aut rursus in altum vibratis; grave parma sonat, mucronis acutum murmur, et umbonum pulsu modulante resultans ferreus alterno concentus plauditur ense. una omnis summissa phalanx tantaeque salutant te, princeps, galeae. partitis inde catervis in varios docto discurritur ordine gyros, quos neque semiviri Gortynia tecta iuvenci flumina nec crebro vincant Maeandria flexu. discreto revoluta gradu torquentur in orbes agmina, perpetuisque inmoto cardine claustris Ianus bella premens laeta sub imagine pugnae armorum innocuos paci largitur honores.

iamque novum fastis aperit felicibus annum, ore coronatus gemino; iam Thybris in uno et Bruti cernit trabeas et sceptra Quirini. consule laetatur post plurima saecula viso Pallanteus apex; agnoscunt rostra curules auditas quondam proavis, desuetaque cingit regius auratis fora fascibus Ulpia lictor, et sextas Getica praevelans fronde secures colla triumphati proculcat Honorius Histri.

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Bilder von Krieg. [625] Wenn der Spielleiter mit einem Schlag ein Signal ertönen ließ, änderte gleichzeitig eine Vielzahl an Akteuren ihre Bewegungen, wobei Schilde gegen die Seite geschlagen oder wieder in die Höhe geschwungen wurden. Tief dröhnt der Rundschild, hoch ist der Klang des Schwerts, und indem der Schlag der Schildbuckel rhythmisch erschallt, wird mit dem Schwert im Wechsel widerhallend ein harmonischer Zusammenklang des Eisens schlagend hervorgerufen. [631] Die ganze Phalanx auf einmal verneigt sich, und so viele Helme begrüßen dich, Kaiser! Dann, nachdem die Scharen sich aufgeteilt haben, läuft man in eingeübter Ordnung zu so verschiedenen Kreisformationen auseinander, dass sie weder das kretische Labyrinth des Minotauros [635] noch der Flussverlauf des Mäanders mit mannigfaltigen Windungen übertreffen können. Die Abteilungen, die sich auf getrennter Bahn zurückbewegen, formieren sich zu Kreisen, und ohne dass seine Tore bewegt worden wäre (die Riegel sind immer geschlossen), schenkt Janus, obwohl er die Kriege gefangen hält, doch dem Frieden unter dem heiteren Scheinbild einer Schlacht die Ehren von Waffentaten ohne Blutvergießen. Processus consularis [640] Und schon eröffnet Janus das neue Jahr mit einem glückverheißenden Amtsverzeichnis; auf beiden Häuptern trägt er einen Kranz; jetzt sieht der Tiber an ein und derselben Person den Konsulsmantel des Brutus und das Königsszepter des Quirinus. Weil nach so vielen Generationen endlich wieder ein Konsul bei ihm erscheint, freut sich der Gipfel des Palatins; die Rostra erkennen den kurulischen Amtssessel, [645] den man nur noch vom Hörensagen durch die Urgroßväter kannte, und die kaiserlichen Liktoren umgeben mit goldenen Rutenbündeln das Trajansforum, das daran gar nicht mehr gewöhnt ist. Und Honorius, der die Beile des sechsten Konsulats mit gotischem Siegeslaub umhüllt, stellt seinen Fuß auf das Haupt der besiegten Donau. Möge das Jahr herrlicher

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exeat in populos cunctis inlustrior annus, natus fonte suo, quem non aliena per arva induit hospes honos, cuius cunabula fovit curia, quem primi tandem videre Quirites, quem domitis auspex peperit Victoria bellis! hunc et privati titulis famulantibus anni et quos armipotens genitor retroque priores diversis gessere locis, ceu numen, adorent; hunc et quinque tui, vel quos habiturus in urbe post alios, Auguste, colant. licet unus in omnes consul eas, magno sextus tamen iste superbit nomine, praeteritis melior, venientibus auctor.

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als alle anderen in die Welt hinausgehen, [650] das an seinem eigenen Ursprungsort geboren wurde, das nicht ein auswärtiger Konsulatsantritt in anderen Landen geehrt hat, sondern dessen Wiege die Kurie gehegt hat, das endlich wieder die Römer als erste erblicken durften und das Victoria unter ihren Auspizien zur Welt gebracht hat, indem sie die Kriege bezwungen hatte! [654] Wie eine Gottheit sollen dieses Jahr all die Jahre ehren, die bürgerlich sind, weil ihre Namensgeber Untertanen sind, und auch die Jahre, die dein waffengewaltiger Vater und früher noch die Herrscher vor ihm an anderen Orten angetreten haben. Diesem Jahr sollen auch deine fünf Konsulatsjahre ihren Respekt erweisen, mein Kaiser, und auch die anderen Konsulatsjahre, die du später noch in Rom antreten wirst. Selbst wenn du und kein anderer als Konsul alle weiteren Jahre antrittst, so ist dennoch dieses sechste Konsulatsjahr auf seinen großen Namen stolz, [660] weil es alle vorausgegangenen Jahre übertrifft und weil es das erste von kommenden Jahren seiner Art ist.

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Abkürzungen Im Kommentar sind die Namen der antiken Autoren ausgeschrieben, die Werke nach dem Usus des Neuen Pauly abgekürzt. Für Claudians Carmina maiora sind sprechende Abkürzungen gewählt: c. mai. 1 = Olybr. Prob. c. mai. 2 = Rufin. praef. I c. mai. 3 = Rufin. I c. mai. 4 = Rufin. praef. II c. mai. 5 = Rufin. II c. mai. 6 = 3 cons. Hon. praef. c. mai. 7 = 3 cons. Hon. c. mai. 8 = 4 cons. Hon. c. mai. 9 = Epithal. Hon. praef. c. mai. 10 = Epithal. Hon. c. mai. 11–14 = Fescenn. I – IV c. mai. 15 = Gild. c. mai. 16 = Mall. Theod. praef. c. mai. 17 = Mall. Theod. c. mai. 18 = Eutrop. I c. mai. 19 = Eutrop. praef. II c. mai. 20 = Eutrop. II c. mai. 21 = Stil. I c. mai. 22 = Stil. II c. mai. 23 = Stil. praef. III c. mai. 24 = Stil. III c. mai. 25 = Get. praef. c. mai. 26 = Get. c. mai. 27 = 6 cons. Hon. praef. c. mai. 28 = 6 cons. Hon.

Anmerkungen Die Anmerkungen zu den Textstellen geben vorwiegend Erläuterungen zum historisch-politischen Kontext, zum rituellen Rahmen des jeweiligen Festanlasses, zu intra- und intertextuellen Referenzen und zu Textproblemen. Komplementär dazu finden sich im Namensindex (S. 829–934) Kurzinformationen zu Orten und Personen, die mit stichpunkt­ artigen Hinweisen auf die Assoziationsmöglichkeiten aufmerksam machen, die Claudian einsetzt.



Anmerkungen zu Olybr. Prob.

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Panegyricus dictus Olybrio et Probino consulibus 1–8 Sol, qui … exordia menses: Einleitend bittet der Dichter den Sonnengott in Form einer Gebetsanrufung (Epiklese) um einen besonders festlichen Aufgang am Tag der Amtseinführung (1–5) und um ein glückliches Amtsjahr (6–7). Zur panegyrischen Topik vgl. Menander Rhetor tract. II, 381, 15–18 und – im Konsulatskontext – bei Claudian, Stil. II 422 f. und 470–473; weitere Nachweise bei Taegert (1988) 83. 9–10 saepe soles … instaurare vias: Taegert (1988) 20 führt insgesamt neun Konsulate der Anicii in den hundert Jahren vor 395 auf. 10 et cursibus addere nomen: Nach griechischem Vorbild benannte man auch in Rom bis in die Spätantike hinein die Jahre nach ihren jeweiligen („eponymen“) Konsuln. 11 his neque per dubium pendet Fortuna favorem: Taegert (1988) 90 zeigt, dass pendēre sonst ohne präpositionale Erweiterung – hier per dubium: „indem sie unbeständig Gunst verteilt“ – gebraucht ist. Sprachliche Vorbilder sind an dieser Stelle wohl Lucan 2, 41 (dum pendet Fortuna ducum) und Lucan 3, 265 (pug­ naces dubium Parthi tenuere favorem). 12–13 in omnes | cognatos: Mit seiner übertreibenden Behauptung, dass in der Vergangenheit jedes männliche Mitglied der Anicier das Konsulamt bekleidet hätte und es daher gewissermaßen zum „Erbteil“ der Familie gehörte, bereitet Claudian das zentrale Argument der Roma, mit dem sie Theodosius in 156–159 zur Verleihung des Konsulats an Probinus und Olybrius bewegen möchte, vor. 15 per fasces: Die von den Liktoren getragenen Rutenbündel als Amtssymbole der römischen Beamten mit imperium – darunter der Konsuln – stehen hier metonymisch für das damit verbundene Amt. 18 aere vetusto: Die alten senatorischen Familien waren auf den öffentlichen Plätzen Roms durch Bronzestatuen und -büsten ihrer herausragenden Vertreter repräsentiert. 29‒30 veteris … facta Probini | … nimias laudes … Olybri: Die an dieser Stelle nicht näher ausgeführten Leistungen, die die beiden Ahnherren – sie tragen dieselben Namen wie die Konsuln des Jahre 395 – erbracht haben, stehen stellvertretend für den Ruhm des ganzen Geschlechts. Bei den Genannten handelt es sich um Petronius Probinus (cos. 341) und ‒ vermutlich ‒ Q. Clodius Hermogenianus Olybrius (cos. 379), die Großväter der gefeierten Konsuln väterbzw. mütterlicherseits. 32 gloria … Probi: Sextus Petronius Probus (cos. 371) war einer der herausragendsten Politiker seiner Zeit; Claudians panegyrische Darstellung wird durch den Bericht Ammians relativiert, der Probus als servilen und skrupellosen Karrieris-

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ten charakterisiert (Ammianus Marcellinus 27, 11, 1‒7; 29, 6, 9‒11; 30, 5, 4‒13). Vgl. zu ihm Taegert (1988) 20–24. 45 [quippe velut denso currentia munera nimbo]: Der Vers, den Hall in seinen Text aufgenommen hat, stellt eine nachträgliche Interpolation dar (erklärender Zusatz zu v. 43 largior imbre); vgl. Taegert (1988) 109 f. 48–54 praeceps illa … Pactolus harenas: Diese Verse werden von Taegert (1988) 111– 113 – mit Hinweis auf eine entsprechende Einschätzung Christian Gnilkas – aus inhaltlichen Gründen athetiert. 48 fluvios … Hiberos: Claudian denkt an den goldführenden Tagus (zu möglichen Interpolationen in den Versen 48‒54 vgl. Taegert [1988] 111‒113). 49–50 ecquis … aurum: Die Änderung von Halls Text († si quis † tellure revulsa | † sollicitis fodiens miratur collibus aurum) im ersten Halbvers wie von Taegert (1988) 114 vorgeschlagen (ecquis statt si quis nach Platnauer); die Korrektur von miratur zu rimatur nach M. Bentinus in der editio Isengrimiana, Basel 1534. 56 multifidusque … Phoebus: Apollo, die Inspirationsquelle für den Dichter, wird hier in einem homonymen Wortspiel als multifidus („mit vielfach bzw. hundertfach gespaltenen Stimmen“ zu findere und „vielsaitig bzw. vielstimmig“ zu fides) charakterisiert: Der Dichter imaginiert sich als Medium der vielen Stimmen des Gottes; vgl. Taegert (1988) 118. 58 summi … fastigia iuris: Die praefecti praetorio übten in Vertretung des Kaisers die Gerichtsbarkeit in den Reichssprengeln (Präfekturen) aus. Probus verwaltete in über zwanzig Jahren (ca. 366 bis 383) vier Mal das Amt des praefectus prae­ torio über die Reichsdiözesen Illyricum, Italien und Africa (und Gallien); vgl. detailliert dazu Taegert (1988) 21 f. 62‒64 non contigit illi … cum fratre fuit: Probus gelangte nach einer ca. zwanzigjährigen Karriere im Staatsdienst im Jahr 371 als Kollege des jungen Augustus Gratian zur Konsulwürde. Das Alter von Probinus und Olybrius bei der Amtsübernahme ist nicht exakt überliefert: Hieronymus, epist. 130, 3, 2 bezeichnet Olybrius als consul quidem in pueritia, woraus sich ein Alter von weniger als 15 Jahren ableiten lässt; vgl. Taegert (1988) 26. 73‒74 postquam … Alpes: Die personifizierte Stadtgöttin Roma begibt sich nach dem Sieg über Eugenius in der Schlacht am Frigidus (5./6. September 394) ins Heerlager des Theodosius. 80 sive petat Parthos seu cuspide turbet Hydaspen: Theodosius hatte 389 die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Parthern durch einen Waffenstillstand beigelegt (vgl. Epithal. Hon. 224 f.). 96–99 hic patris … adamante coruscat: In Anlehnung an den Schild des Aeneas in Vergil, Aen. 8, 616–728, der Szenen der römischen Urgeschichte zeigte, wird hier gleichsam die Geburtsstunde Roms in Erinnerung gebracht (vgl. insbes.



Anmerkungen zu Olybr. Prob.

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Aen. 8, 630–634 über Romulus und Remus: fecerat et viridi fetam Mavortis in antro | procubuisse lupam, geminos huic ubera circum | ludere pendentis pueros et lambere matrem | impavidos, illam tereti cervice reflexa | mulcere alternos et corpora fingere lingua). Zu Unterschieden in der Darstellungsweise (dynamisierende Verben bei Vergil vs. katalogisierende Reihung bei Claudian) vgl. Taegert (1988) 142 f. 104–106 qua fine sub imo … durissima tendunt: Die Grenzregion zwischen der italienischen Halbinsel und Illyrien wurde in der Spätantike massiv befestigt. Die „Schlacht am Frigidus“, die der nun geschilderten Szene unmittelbar voranging, fand im Tal der Wippach (Vipava) statt. Vgl. Taegert (1988) 150 f. 108 geminisque … tyrannis: Arbogast und Eugenius (vgl. Einleitung); tyrannus ist die in der Spätantike übliche Bezeichnung für einen Usurpator. 122–123 immensaque cornus in astra | porrigitur: Da cornus regulär schon als Met­ onymie für Wurfspieß verstanden wird, hat der überlieferte Text (in † hastam) nur bei Gesner (1759) 9 (i. S. v. „die gewaltige Kornelkirsche erstreckt sich zur Lanze“) und Birt (in hastam = in modum hastae) Akzeptanz gefunden. Von den Konjekturen sind in astra („bis zum Himmel“, wenn man sich vorstellt, die Lanze lehnt neben dem Gott Mars am Baum) und in actam (Barth: „erstreckt sich bis zum Uferstrand“) plausibel: Barths Konjektur würde die Spiegelung im Fluss motivieren und als lectio difficilior aufzufassen sein, die eine Verschreibung zu in hastam verursacht haben könnte. Taegert (1988) 159 stützt hingegen die Vorstellung der aufgepflanzten Lanze mit dem homerischen Bild des ruhenden Diomedes, wo die Lanzen der schlafenden Krieger vor dem Zelt aufgepflanzt sind (Il. 10, 152 ff.). 125 ter sonuit rupes: Ein Naturwunder (Erdbeben) begleitet die Epiphanie der Göttin; vgl. etwa auch Vergil, Aen. 6, 256 f. 138–139 nec quod … cecidere triumphis: Roma zieht eine Parallele zwischen der eben niedergeschlagenen Usurpation des Eugenius (392–394) und der des Magnus Maximus (383–388), die ebenfalls durch ein militärisches Eingreifen des Theodosius im Westen beendet worden war; beide Ereignisse fasst Claudian auch in Rufin. II 387–390; 4 cons. Hon. 70–110, Gild. 376 f., Get. 284 und 6 cons. Hon. 91 zusammen. 147–149 his ego nec Decios … genus fatale Camillos: Nur an dieser Stelle kommen die militärischen Qualitäten der beiden Knaben – durch einen negativ formulierten Vergleich – ins Spiel (πράξεις κατὰ πόλεμον; vgl. Taegert [1988] 51). 154 animum sortita senilem: Die beiden Knaben erlangen die inneren Eigenschaften von Greisen, also Selbstbeherrschung, Affektkontrolle und charakterliche Reife (puer-senex-Topos; vgl. bei Claudian u. a. auch 3 cons. Hon. 85–87, Epithal. Hon. 324–327 und Mall. Theod. 18–19).

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167 quo vindice: Die Konjektur von Taegert (1988) 182 f. (quo iudice), sprachlich nicht zwingend, schwächt die generelle Aussage der Stelle ab („σωτήρ-Motiv und salus-Ideologie im Herrscherlob“; Taegert [1988] 182). 171 Thyesteis … mensis: Atreus hatte sich an seinem Bruder Thyestes gerächt, indem er ihm dessen eigene Kinder zur Speise vorsetzte. Aus Abscheu vor dem Frevel änderte die Sonne ihre Bahn. 177 veneranda parens: Proba, Tochter des Q. Clodius Hermogenianus Olybrius (cos. 379) und Enkelin der christliche Dichterin Faltonia Betitia Proba, war hoch gebildet und unterhielt Beziehungen zu führenden christlichen Würdenträgern, u. a. Augustinus und Johannes Chrysostomus. Prokop erwähnt sie im Zusammenhang mit der Belagerung Roms im Jahr 410 (Vand. 1, 2, 27); vgl. Taegert (1988) 24 f. 178 iam parat auratas trabeas cinctusque micantes: Proba stellt nicht zwei unterschiedliche Arten von Kleidungsstücken her; vielmehr handelt es sich bei cinc­ tusque um ein epexegetisches -que (die poetische Verbindung von trabea und cinctus scheint von Vergil angeregt, der die Öffnung des Janus-Tempels im Kriegsfall durch den Konsul schildert; vgl. Aen. 7, 612 f.: ipse Quirinali trabea cinctuque Gabino | insignis reserat stridentia limina consul). 179–180 quod molli tondent de stipite Seres | frondea lanigerae carpentes vellera silvae: Die Vorstellung erinnert an Baumwollegewinnung; Taegert (1988) 188 f. macht darauf aufmerksam, dass Claudian für die Vorstellung der Seidenherstellung schon auf literarische Modelle zurückgreifen konnte (bes. Vergil, georg. 2, 121; Silius 6, 4). 181–182 et longum tenues tractus producit in aurum | filaque concreto cogit squale­ re metallo: Der zweite Vers ist gut zu verstehen: Der Seidenfaden wird eng mit Gold umwunden, das mit ihm zusammengewachsen zu sein scheint. An der Erklärung des ersten Verses scheiden sich die Geister. Rammlinger übernimmt im Artikel producere des ThlL (X, 1640, 29–32) Burmanns Erklärung: „Sie zieht die Goldplättchen in die Länge zu langen goldenen Fäden“. Taegert versucht dagegen, die Umwindung der Seidenfäden mit Golddraht auch hier sprachlich nachzuweisen, muss dazu allerdings producere i. S. v. „einführen, hineinschieben“ verstehen, was auch mit der Belegstelle bei Lucan nicht ganz überzeugend gelingt (Beschreibung der Südostspitze Italiens 2, 613 f.: hinc latus angustum … | Hesperiae tenuem producit in aequora linguam). 205–206 rigentes … togas: Die schwer bestickte Toga mit Purpur (trabea) war das typische Amtsgewand der Konsuln bei festlichen Anlässen, vgl. Dewar (2008) 218–220. 206–208 signum dat … omina nimbi: Vorzeichen (omina) beim Konsulatsantritt – mit positiver bzw. im Fall Eutrops negativer Bedeutung – erwähnt Claudian auch in 4 cons. Hon. 170–196 und Eutrop. II 24–39.



Anmerkungen zu Rufin.

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226 in Romuleo procumbens insula Thybri: Auf der römischen Tiberinsel befand sich ein Tempel des Flussgottes. 233 uno biiuges tolli de limine fasces: Als Besonderheit wird betont, dass die Formationen von jeweils zwölf Liktoren ‒ hier bezeichnet durch die von ihnen getragenen Rutenbündel (fasces) ‒, die die Konsuln beim processus consularis begleiten, zu Beginn der Prozession von einem Haus, dem Wohnhaus der Brüder, aufbrachen, vgl. zu 3 cons. Hon. 1–9. 238 falsus olor: Zeus verführte Leda in Gestalt eines Schwanes. Aus der Verbindung gingen die Dioskuren Castor und Pollux hervor, die als Rossebändiger (Castor) und Faustkämpfer (Pollux) berühmt wurden und nach ihrem Tod als Schutzgottheiten von den Seeleuten angerufen wurden. 241–242 quorum iam Signifer … convexa futuris: Den beiden Konsuln prophezeit Tiberinus bereits zu Lebzeiten ihre postume Versetzung an den Sternenhimmel. 248 niveos iam pandite coetus: Taegert (1988) 229 versteht darunter die Aufforderung, die Reigen aufzulösen, um das Festmahl vorbereiten zu können (vgl. v. 263–264: et Nymphae patris praecepta secutae | tecta parant epulis). Die Einordnung der Stelle in ThlL X, 196, 12 f. legt dagegen die Entfaltung einer Gruppe in die Breite nahe (üblicherweise militärisch für exercitus, agmen o. ä.). 268 quadrifidum Phoebi … laborem: Die Jahreszeiten folgen als „Werk des Sonnengottes“, d. h. als Ergebnis des Sonnenumlaufs, aufeinander.

In Rufinum praefatio prior 11 io Paean: Traditioneller Ruf im Apollonkult (vgl. Kallimachos, Ap. 102 f.). 12 tripodas plenior aura rotat: Der aufsteigende Dampf, der in der delphischen Orakelstätte aus einem Erdspalt dringt und Pythia inspiriert, sorgt Claudians – sonst nicht belegten – Vorstellung zufolge dafür, dass der über dem Spalt gestellte Dreifuß, auf dem die Seherin sitzt, „in eine Drehbewegung gerät“; gemeint ist wohl, dass die Seherin in einen Zustand des Schwindels verfällt (vgl. König [1808] 43 und Levy [1971] 4). 15 alio … Pythone perempto: Wie in 3 cons. Hon. praef. 15–18 (Adlergleichnis) und Stil. praef. III (Scipio und Ennius) geben die abschließenden vier Verse der Vorrede eine aktuelle Deutung des vorangestellten Bildes – Apollo ~ Stilicho; Python ~ Rufinus – vor. 17 stabilem servans Augustis fratribus orbem: Analog zur direkten Aufforderung des sterbenden Kaisers in 3 cons. Hon. 153 (geminos dextra tu protege fratres), hat Stilicho dieser Stelle zufolge nach Theodosius’ Tod die Verantwortung für Honorius und Arcadius übernommen; vgl. zu Stil. I 142–145.

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Anhang In Rufinum liber prior

1 dubiam traxit sententia mentem: Den Gegensatz zwischen stoischer Schicksalsgläubigkeit und dem Ausgeliefertsein an den Zufall setzt Lucan ähnlich ein (2, 4–15); die naturwissenschaftlichen Positionen kontrastiert Claudian in Mall. Theod. 82 f. 7 consilio … dei: Die Stoiker glaubten, dass sich die Vorgänge in der Welt nach dem Willen der göttlichen Vorsehung (πρόνοια) richteten. 7–11 qui lege moveri … medio libraverit axe: Stoischer Doktrin zufolge waren alle irdischen und himmlischen Phänomene des Kosmos aufeinander abgestimmt (συμπάθεια; vgl. Cicero, nat. deor. 2,19). 16–19 vacu quae currere … nescia nostri: Es folgen einige traditionelle epikureische Lehrsätze: Der freie Fall der Atome (semina) im leeren Raum (v. 16 f.); die spontane Bildung der Körper (figurae) durch zufällige Abweichung in der Flugbahn (v. 17 f.); die epikureische Theologie, nach der die Götter entweder nicht existieren oder sich nicht um den menschlichen Bereich kümmern (v. 18 f.). 24 Pierides: Der epische Musenanruf findet sich bei Claudian so nur noch in Olybr. Prob. 71–72. 26 placidas … urbes: Eine Anspielung auf die Verträge, die Theodosius am Anfang seiner Herrschaft mit den Goten geschlossen hatte. 30–38 nutrix Discordia belli … examine Curae: Die genannten allegorischen Gestalten werden als „Schwestern“ (sorores) der Allecto bezeichnet, obwohl sich auch die männlichen Gottheiten Morbus, Livor, Timor und Luxus unter den Scheusalen befinden. Die meisten dieser Gestalten finden sich auch zusammen mit den Furien in Vergils Katabasis am Eingang der Unterwelt (Aen. 6, 273–281). 39 ferrata sedilia: Die äußere Szenerie (sedilia; curia; decernite) unterstreicht die Vorstellung von einer förmlichen Beratung (concilium). 42 angues: In römischer Dichtung haben die Furien anstelle der Haare Schlangen (z. B. Allecto bei Vergil, Aen. 7, 329 u. 450; Tisiphone bei Statius, Theb. 1, 90 f.). 51 aurea … aetas: Die Weltalterabfolge in der Tradition von Hesiod, erg. 106–200 (vom Goldenen, Silbernen über mehrere Stufen bis zum Eisernen Zeitalter absteigend) wird in der Panegyrik gern eingesetzt, um die Umkehrung der Tendenz bis zur Rückkehr des Goldenen Zeitalters in der Ära des Gepriesenen zu prophezeien (vgl. Stil. II 454 ff.). Hier wird Theodosius’ Herrschaft sogar nachträglich als ideal gepriesen. 70–73 ceu murmurat … vestigia venti: Unruhe in der Versammlung wird schon von Homer mit einem Naturgleichnis (Il. 2, 144–149) veranschaulicht; Claudian erinnert an Vergils Gleichnis in der Götterversammlung (Aen. 10, 97–99).



Anmerkungen zu Rufin.

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78–79 patrius quem fuderit ensis, | quem dederint fratres: Berühmte Mörder ihrer Kinder waren die gleich genannten mythischen Figuren Athamas und Hercules; v. 79 ist vielleicht eine Anspielung auf die Ermordung des Chrysippus durch Thyestes und Atreus, vgl. Levy (1971) 31; doch lobt auch Juno bei Vergil die „Leistungen“ der Allecto ähnlich und in so allgemeiner Weise, dass wohl auch Claudian mehr als eine Assoziationsmöglichkeit eröffnen will (Aen. 7, 335 f.). 79 haec terruit Herculis ora: Die Einwirkung der Furie, die den Wahnsinnsanfall des Hercules auslöste, ist genannt bei Lucan 1, 576 f. und Seneca, Herc.f. 982–986. 82 Agamemnonios intra … penates: Der Geschlechterfluch der Atriden ist in Senecas Tragödien (Agamemnon, Thyestes) mit Hilfe der Furien verdeutlicht, die im Prolog jeweils einen Vorfahren der Protagonisten aus der Unterwelt dazu antreiben, seine Nachkommen mit dem Fluch zu infizieren; Atreus ruft dort seinerseits die Furien zur Rache (Thy. 249–252). 96 finxerunt membra cerastae: Nach antiker Vorstellung leckte das Muttertier nach der Geburt den Körper des Neugeborenen zurecht (vom Bären: Ovid, met. 15, 379–381; Gellius 17, 10, 3; prominent in Vergils Diktum über dichterisches Schaffen in der Donat-Vita 22; ein bekanntes Beispiel sind die Zwillinge Romulus und Remus, deren Körper die Wölfin mit der Zunge formte: Vergil, Aen. 8, 634). 113 regalem … aulam: Regalis hier wie häufiger bei Claudian i. S. v. „kaiserlich“; vgl. die Bsp. bei Levy (1971) 36. 117 porrexere manus: Das Entgegenstrecken der Hände als Geste der Zustimmung; vgl. Cicero, Flacc. 15 u. 17. 119 nodavitque adamante comas: Der Wortlaut der Stelle lässt offen, ob es sich um eine Nadel oder um eine Spange aus Stahl handelt. 119 Phlegethonta: Der brennende Unterweltfluss, der bei Vergil Steine in seinem Lauf mit sich führt und deshalb laute Geräusche von sich gibt (Vergil, Aen. 6, 551). 123 est locus: Die formelhafte epische Ortsbeschreibung weist auf das legendäre Land der Kimmerier, in dem die Begegnung des Odysseus mit dem Totenreich stattfand (Nekyia, vgl. Homer, Od.11, 13–37). Die Herkunft des Rufinus aus Gallien erwähnt auch Zosimos 4, 51, 1. 124–125 ubi fertur Ulixes | … movisse silentem: Vgl. Homer, Od. 11, 35–37. 134–135 tunc in canitiem … mentita senem: Vorbild dieser Szene ist die Verwandlung der Allecto, die Turnus zum Krieg aufhetzen soll, in die Gestalt der Priesterin Chalybe bei Vergil, Aen. 7, 415–418. Während Turnus jedoch zunächst nicht so reagiert, wie es die Furie beabsichtigt, ist Rufinus leicht zu überzeugen. 140–141 otia te, Rufine, iuvant … inglorius arvis: Über die frühe Karriere des Rufinus gibt es keine näheren Informationen.

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146 Thessala: Thessalien galt als Land der Hexen, denen in der Antike zugeschrieben wurde, durch Zauberkraft das Mondlicht vom Himmel ableiten zu können (vgl. z. B. den Katalog ihrer Kräfte bei Lucan 6, 438–506, bes. 500 zum Mond; Ovid, met. 7, 207 über Medea). 147–148 signa sagacis | Aegypti: Gemeint sind die Symbole (χαρακτῆρες) auf Zauberpapyri; vgl. Levy (1971) 44 f. 162–163 dixerat, et niveae … lucere metallo: Mit diesem Verwandlungswunder, das kein Vorbild in der Allecto-Episode bei Vergil hat, spricht Megaera die später bei Rufinus immer wieder als bestimmender Charakterzug hervorgehobene Gier nach Gold und Reichtum an, die auch in anderen historischen Zeugnissen belegt ist (Symmachus, epist. 6, 14, 1; Hieronymus, epist. 60, 16; Zosimos 5, 1, 1–4 u. 2, 1 u. 7, 6 u. a.). 167–168 fulvamque revinctos | in glaciem vidit latices: Im Gegensatz zu Claudians Schilderung verwandelt sich das Wasser in Ovids Midasepisode in flüssiges Gold (met. 11, 85–193; vgl. bes. 117 und 126). 173–174 Symplegadas… incluta Thessalicis: Die Reise von Gallien an den Bosporus wird nicht in allen Stationen beschrieben, sondern mit der Fahrtroute der Argonauten episch überhöht. 174 celsa … urbe: Konstantinopel. 176–177 maligno | stamine fatorum: Die Parzen spinnen nach antiker Vorstellung den Lebensfaden. 178–182 ilicet ambitio … vulnus acerbat: Belege für die hier geschilderten Intrigen und Begünstigungen finden sich in den Briefen des Symmachus (epist. 3, 81; 85–87; 89–90). Dass er sich damit die besondere Gunst des Theodosius erlangte, erwähnt auch Zosimos 4, 51, 1. 185 aestivum … Nilum: Dem Nil, dessen jährliche Schwemme in den Sommer fiel, widmete Claudian sein Gedicht c. min. 28; vgl. insbes. v. 41–42. 197 rutilos … Lydia fontes: Wieder ist auf die goldführenden Flüsse Pactolus und Hermus in Lydien angespielt. 213 turba salutantum: Beim morgendlichen Empfang (salutatio) warteten die Klienten ihrem patronus im Atrium des Hauses auf, um Rat und finanzielle Unterstützung (sportula) zu erhalten. 232–233 excindere cives … delere laborat: Nach der Verbannung des Tatianus (vgl. zu v. 243–249) wurde verfügt, dass dessen Mitbürger in Lykien keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden dürften und ihre früheren Ehrenstellungen verloren (Cod. Theod. 9, 38, 9). 234–236 nec celeri perimit leto … dilato mucrone parat: Es liegt wohl ein konkreter Bezug auf Cod. Theod. 9, 40, 13 vor, wo ein 30-tägiges Moratorium zwischen Verhängung und Ausführung eines Todesurteils festgelegt wurde. Das Edikt



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wurde wahrscheinlich von Theodosius in Abstimmung mit Rufinus in Folge des Massakers von Thessaloniki (390 n. Chr.) erlassen; vgl. Levy (1971) 68. 238–239: causis fallacibus instat, | arguit attonitos se iudice: Ein konkretes Beispiel war der Prozess gegen Tatianus und Proklos (vgl. zu v. 243–249). 239–242 cetera segnis … Aquilone retardat: Zosimos, hist. 5, 2, 3–4, dokumentiert die Eilfertigkeit des Karrieristen Rufinus am Beispiel der Bestrafung und Hinrichtung des comes Orientis Lukianos im Jahr 393 in Antiochia. 243–249 effera torquebant avidae … post trabeas exul: Den konkreten Fall aus dem Jahr 392, auf den Claudian hier anspielt, überliefert Zosimos 4, 52, 1–4: Tatianus und sein Sohn Proculus (Proklos) hatten eine erfolgreiche Laufbahn in der kaiserlichen Verwaltung (PLRE I, 876 ff. und 746 f.); die Ernennung des Rufinus zum praefectus praetorio und die Absetzung und Anklage des Tatianus setzt auch Zosimos in kausale Beziehung zueinander und schildert den Sturz des PPO als eine mörderische Intrige des Rufinus, der auch der Sohn zum Opfer fällt; zur Bewertung der Quellen vgl. Stefan Rebenich: Beobachtungen zum Sturz des Tatianus und des Proculus, ZPE 76 (1989) 153–165. 249 trabeas: Die trabea, i.d.R. eine purpurrote Toga mit roten oder weißen Streifen (clavi), wurde von den Konsuln bei feierlichen Anlässen getragen; vgl. Dewar (2008). 278 rubro … in aequore: Das Gewässer trug schon in der Antike diesen Namen (vgl. Plinius, nat. 6, 107 f.). 279 Neptuni … pecus: Gemeint ist das Meerungeheuer, das Andromeda bedrohte. 286–287 Arcadiae saltum … saevus aper: Der von Herkules bezwungene Eber trieb auf dem arkadischen Berg Erymanthos sein Unwesen. 294–295 turbidus Orci | ianitor: Gemeint ist der dreiköpfige Kerberos. 308–322 iamque Getas Histrumque … se coniungere castris: Nach dem Tod seines Amtsvorgängers Promotus unternahm Stilicho einen Rachefeldzug (vgl. auch Stil. I 94–108). – Flavius Promotus (cos. 389; PLRE 1, 750 f.), ein verdienter Militär unter Theodosius, war Rivale des Rufinus und wurde wohl auf dessen Betreiben im Jahr 391 in Thrakien durch die Bastarnen ermordet. Zosimos 4, 51, 1–3 schildert die Vorgeschichte des Konflikts: „Unter den mit Staatsämtern betrauten Persönlichkeiten wurde Rufinus, ein gebürtiger Gallier und Inhaber der Stelle eines magister officiorum, besonders hoch geehrt; auf ihn setzte nämlich der Kaiser sein ganzes Vertrauen, während er die anderen überging. Dies ärgerte natürlich den Timasius und Promotus, die sich so vielen Gefahren für das Wohl des Staates ausgesetzt hatten und nun an zweiter Stelle rangierten. Rufinus tat sich viel darauf zugute, wuchs in seinem Dünkel und warf bei einer gemeinsamen Beratung dem Promotus ein ganz freches Wort an den Kopf. Der nahm die Beleidigung nicht ruhig hin, sondern erhob seine Hand

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gegen ihn und versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht. Rufinus meldete sich daraufhin beim Kaiser, zeigte ihm sein Gesicht und brachte Theodosius derart in Zorn, dass er erklärte, wenn beide ihre missgünstige Haltung gegen Rufinus nicht aufgäben, würden sie ihn bald als Kaiser sehen. Dies hörte der Genannte und da er auch sonst wegen seines übertriebenen Strebens, die erste Rolle zu spielen, der ganzen Welt grollte, so überredete er den Kaiser, die Anordnung zu treffen, dass Promotus irgendwo fern vom Kaiserhof Aufenthalt zu nehmen und sich mit der Einübung der Soldaten für den Kriegsdienst zu befassen habe. Sowie Rufinus dies durchgesetzt hatte, legte er seinem Gegner auf dem Weg nach Thrakien Barbaren in den Hinterhalt, die dann auf entsprechende Weisung hin den Unglücklichen, der mit so etwas nicht rechnete, überfielen und niedermachten. …“ (Übersetzung Veh/Rebenich) 320 eluso principe: Theodosius wird hier als Opfer der Intrige des Rufinus von jeder Verantwortung freigesprochen. 321 Hunorum … opem: Rufinus führte nach dieser Aussage Claudians den von Stilicho beinahe besiegten Bastarnen hunnische Kontingente zur Unterstützung zu; vgl. Cameron (1970) 71–73. 329 nubigenas … biformes: Die Kentauren waren Doppelwesen aus Pferdekörpern und Menschenköpfen und stammten von Ixion und einer Wolke ab; ihre Nahrung bestand nur aus Fleisch und sie galten als brutal und gierig. Claudian wählt sie hier, um die barbarischen Reitervölker näher zu charakterisieren. 339 vestita spoliis … quercu: Als Siegesmal stellte man in der Antike sog. Tropaia auf, die aus Baumstämmen bestanden, an welche die vom Feind erbeuteten Waffen gehängt wurden. 354–356 acrior interea … Megaera … Iustitiam … lacessit: In Statius’ Thebais (11, 482–497) vertreibt die Furie Tisiphone, die für den Bruderzwist zuständig ist, die Widerstand leistende Pietas mit einer Scheltrede aus Theben, damit der Zweikampf der Brüder stattfinden kann. 364–365 qua vergit in Austrum | Signifer: Das Sternbild der Jungfrau befindet sich am Firmament zwischen Löwe und Waage (vgl. zu Mall. 119). 376 pontemque pati cogetur Araxes: Claudian zitiert den Abschluss von Vergils Schildbeschreibung (Aen. 8, 728: pontem indignatus Araxes).

In Rufinum praefatio altera 1 Pandite defensum reduces Helicona sorores: Die Vorrede beginnt mit einem Musenanruf, der Vergils metaphorischen Wortgebrauch emphatisch einsetzt (Aen. 7, 641 u. 10, 163: Pandite nunc Helicona, deae, cantusque movete): Nach dem



Anmerkungen zu Rufin.

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durch Arcadius veranlassten Rückzug Stilichos, der Alarich 395 in Thessalien gestellt hatte, aber unverrichteter Dinge abziehen musste, verwüsteten die Goten Griechenland. Stilicho setzte 397 nach Griechenland über und stellte Alarich am Pholoegebirge, um dem zerstörerischen Treiben Einhalt zu gebieten. Zwar musste er auch diesen zweiten Feldzug unverrichteter Dinge abbrechen, allerdings gab Alarich in den Folgejahren Ruhe, sicher auch weil er von Arcadius zum magister militum per Illyricum ernannt worden war. – Die praefatio zum zweiten Buch entstand also erst nach Stilichos zweiter Expedition gegen Alarich und feiert die Befriedung Griechenlands im Jahr 397. Rufinus spielt in ihr nur indirekt eine Rolle. 5 securis … Delphis: Alarich nutzte, als er von den Thermopylen nach Theben zog, wohl die durch Elateia und Chaironeia führende Straße, die nur unweit an Delphi vorbeiführte; vgl. Levy (1971) 116. 7–8 praescia fati | flumina: Die Gabe der Weissagung wird hier vom delphischen Orakel auf die kastalische Quelle übertragen.

In Rufinum liber alter 2 parentem: Theodosius d. Gr. war am 17. Januar 395, nachdem er den Usurpator Eugenius in der Schlacht am Frigidus besiegt und damit Italien (Hesperien) bzw. das Westreich befreit hatte, unerwartet verstorben. 5–6 tibi credita fratrum | utraque maiestas geminaeque exercitus aulae: Zu Stilichos Anspruch, als tutor beider Brüder von Theodosius eingesetzt zu sein, vgl. 3 cons. Hon. 142–143. Das Heer, das nach dem Tod des Theodosius unter das Kommando Stilichos geriet, umfasste die Truppen, die aus dem Osten gegen Eugenius herangeführt waren, und die unterlegenen Westtruppen, vgl. v. 104–119. 7 quietem: Im Osten hatte nach den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Bastarnern (vgl. Rufin. I 306–353) seit 392 eine Periode des Friedens geherrscht. 14–15 non principis ullus | auxiliatur amor: Hintergrund dieser Klage ist wohl der vergebliche Versuch des Rufinus, die eigene Tochter mit Arcadius zu verheiraten. Das Projekt wurde von Eutropius vereitelt, der Arcadius stattdessen für Eudoxia, die Tochter des fränkischen magister militum Bauto, interessieren konnte (Zosimos 5, 1, 4 und 5, 3; die Hochzeit fand am 27. April 395 statt). 22–53 haec fatus … angusto tempore vertit: Da die Truppen beider Reichsteile beim Tod des Theodosius noch in Italien versammelt waren, kam es in der ersten Hälfte des Jahres 395 zu Einfällen verschiedener Völkergruppen auf oströmisches Gebiet: Goten drangen über die zugefrorene Donau (v. 28–36; andere

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Quellen sprechen hier von hunnischen Invasoren, vgl. Levy [1971] 128), Hunnen über den Kaukasus auf römisches Gebiet ein (v. 36–53). Zudem erhoben sich noch die gotischen Hilfstruppen unter Führung Alarichs, die unmittelbar nach der Schlacht am Frigidus in Richtung Osten aufgebrochen waren und nun auf Konstantinopel vorrückten (v. 54–85). Einen Überblick über die Quellen gibt Levy (1971) 125 f. und 127–129. 54 urbs: Gemeint ist Konstantinopel. 60 iunctis … portus munire carinis: Eine ähnliche Strategie der Hafenverteidigung mithilfe einer Schiffskette beschreibt Livius 30, 10, 4–6. 76–77 circumque armata … famulantia signis: Rufinus beschäftigte eine Garde aus gotischen oder hunnischen Leibwächtern (bucellarii). Sie waren mit signa pri­ vata ausgestattet, da Rufinus als Prätorianerpräfekt – das Amt war in der Spät­ antike ganz auf den zivilen Bereich beschränkt worden – keine militärischen Zeichen verwenden durfte; vgl. Levy (1971) 139. 82 Ausonios currus et iura regentem: Als praefectus praetorio und Inhaber eines kurulischen Magistrats durfte Rufinus einen Amtswagen benutzen; vgl. Levy (1971) 141 und 230 f. Das Adjektiv Ausonius ist als legitimierender Hinweis auf die römische Herkunft dieser Amtsinsigne zu erklären. – Zu den Dienstpflichten des Prätorianerpräfekten gehörte das Gerichtswesen, wo er als höchste Instanz in juristischen Fragen fungierte (vgl. v. 84–85). 95–97 dilecta hic pignora … regia taedas: Stilicho hatte Serena, die Nichte des Theodosius, im Jahr 384 in Konstantinopel geheiratet, vgl. Stil. I 76–88. Als Honorius im Frühjahr 395 nach Italien gebracht wurde, begleitete ihn Serena (3 cons. Hon. 111–125, 6 cons. Hon. 93), ohne ihre eigenen Kinder mitzunehmen (Levy [1971] 143). – Stilichos Besitztümer in Konstantinopel erwähnt Claudian in Stil. I 295–298. 112 quos nascentes explorat gurgite Rhenus: Die Kleinkinder der Gallier sollen bei der Geburt in den kalten Rhein getaucht worden sein, um ihre Herkunft zu überprüfen. Für die Gallier ist diese ethnographische Notiz zuerst belegt bei Iulianus, or. 2, 81d und epist. 16, 383d; vgl. aber die Nachweise für andere Völker bei Levy (1971) 148. 113–114 quosque rigat … inpellitur aestu: Dieses Naturphänomen beschreibt auch Pomponius Mela 3, 2, 21. 120–123 haud aliter Xerxen … contemneret aequor: Der Zug des Xerxes nach Griechenland im Jahr 480 v. Chr. war aufgrund mehrerer wundersamer Episoden berühmt: Austrinken der Flüsse durch die Soldaten (Herodot 7, 21); Verdunklung der Sonne durch die vielen abgeschossenen Pfeile (Herodot 7, 226); Kanalbau durch den Berg Athos (Herodot, 7, 22–24; vgl. Rufin. I 335 f.); Überquerung des Hellespont mit Schiffsbrücken (Herodot 7, 33–36).



Anmerkungen zu Rufin.

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147–148 Gallia … | coniurata: Rufinus fürchtet sich an dieser Stelle vor den gallischen Truppenteilen im Heer Stilichos; am Ende des Gedichts werden ihn nach Claudians Darstellung die oströmischen Truppen ermorden. 154–155 regit Italiam … Gallisque iubet: Gemeint sind die beiden Präfekturen, die die weströmische Reichshälfte bildeten (Praefectura Praetorio Illyrici Italiae et Africae und Praefectura Praetorio Galliarum). Den Titel der ersteren verkürzt Rufinus um das zu dieser Zeit strittige Illyrien. 166–167 miscebitur alter | sanguis: Die Morddrohung richtet sich gegen den angesprochenen Arcadius; vgl. Levy (1971) 165. 170 extortas invito principe voces: Im Panegyrikus auf Stilichos Konsulat wird Claudian vier Jahre später ebenfalls behaupten, Arcadius sei von Rufinus zu seiner Entscheidung gedrängt worden (vgl. Stil. I 112 f.; II 79–81), während in dem im Jahr 402 entstandenen Bellum Geticum (Get. 516 f.) und in 6 cons. Hon. 85–87 von der Absicht, den oströmischen Kaiser zu entlasten, nichts mehr zu bemerken ist; vgl. Levy (1971) 165 f. 176–178 lateque videres | … saevire volatu: Beschrieben wird der Anblick der Drachenzeichen auf den Militärstandarten des Heeres, die im Wind wehen und auf den Betrachter einen lebendigen Eindruck machen; sie werden i.d.R. bei Militärparaden beschrieben, vgl. zu Rufin. II 365; 3 cons. Hon. 138–141 u. ö. bis 6 cons. Hon. 566‒570. 179–180 docti | cornipedis: Der Kentaur Chiron, der mythische Lehrer des Achilleus. Seine Grotte lag am Fluss Spercheios (Statius, Ach. 1, 237–240); vgl. zu 3 cons. Hon. 40–50 u. 62. 186–191 si tunc … vincula matres: Einen Bericht von den Plünderungen Alarichs in Griechenland, die die Entscheidung des Arcadius erst möglich gemacht haben, gibt Zosimos 5, 5, 6–11 und 5, 6. 190 mare … geminum: D. h. bei der Einnahme von Korinth, das an der Meerenge zwischen dem Golf von Korinth und dem Saronischen Golf liegt. 201 Illyricis … damnis: Gemeint sind die in v. 28–36 erwähnten Einfälle der Goten, die über die zugefrorene Donau in illyrisches Gebiet eingefallen waren (anders Levy [1971] 173, der die Stelle auf die Hunneneinfälle [v. 36–44] bezieht, die sich freilich nicht auf das Illyricum gerichtet hatten). 204 hinc metus invidiae: Stilicho fürchtete demnach, bei Arcadius in Missgunst zu fallen, indem er im Sinne der publica commoda (v. 203) Alarich angriff. 237–238 quid consanguineas acies … | concordes aquilas: In Anbetracht des erst ein Jahr zurückliegenden Bürgerkriegs, in dem sich die beiden nun vereinten Truppenteile noch feindlich gegenübergestanden hatten, erscheint diese empörte Frage merkwürdig.

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242–243 rubrique recessus | litoris: Gemeint sein kann sowohl der Indische Ozean als auch das heute als Rotes Meer bekannte Gewässer. 250–251 vos, fida iuventus, | ite, mei quondam socii: Diese Worte richten sich nur an den östlichen Truppenteil. 258–259: galeasque solutis | umectat lacrimis: Einige militärische Helmtypen bedeckten auch große Teile des Gesichts (vgl. Silius 14, 636–637). 292 Herculei … nominis urbem: Gemeint ist die Stadt Herakleia Perinthos an der Propontis. 295 sceptrumque capessere fervet: Diese Aspirationen auf den Kaiserthron sind auch an anderer Stelle überliefert; vgl. Zosimos 5, 1, 4; Sokrates, hist. eccl. 6, 1, 6; Sozomenos, hist. eccl. 8, 1, 2; Johannes Lydos, mag. 2, 10 und 3, 17 u. 23; Philostorgios 11, 3. 315 in partem mihi regna dari: Hier wie in v. 383 (participem sceptri, socium declaret honoris) schwebt ihm konkret eine kollegiale Amtsführung zusammen mit Arcadius vor, vgl. zu Rufin. II 295. 317 talibus adclamat dictis: Mit diesen Worten wird die Rede des Zivilbeamten Rufinus vor der Versammlung in die Nähe einer militärischen contio (Feldherrenrede) mit daran anschließender acclamatio (Beifall des Heeres) gerückt. 341–342 et, quod post vota daretur, | insculpi propriis aurum fatale figuris: Mit vota ist der Fahneneid gemeint, den die Soldaten auf Rufinus leisten sollten. Dass der Eid nicht etwa Arcadius gelten würde, zeigt der Umstand, dass das Konterfei des Rufinus auf die Goldmünzen, die man traditionell bei diesem Anlass unter den Soldaten verteilte (vgl. v. 312), geprägt wurde. 348–350 urbis ab angusto tractu … tramite passus: Auf dem Kampos, einer nach dem Vorbild des römischen Marsfelds angelegten Aufmarschfläche ca. vier Kilometer vor den Toren Konstantinopels, fanden seit 364 häufiger die Ausrufungen der oströmischen Kaiser durch das Militär statt. Dieser Platz am sog. Hebdomon lag auf einer Landzunge, die sich nach Süden ins Marmarameer erstreckte. 354 pressis … lupatis: Mit lupati („Wolfszähne“) bezeichnete man Pferdegebisse, die mit eisernen Stacheln versehen waren. 355–356 hinc alii saevum … vibrare colores: Hall stellt den Vers 356 in seiner Ausgabe vor 355; damit wären die Beschreibungen beider Gruppen, die durch illinc und hinc unterschieden sind, im Umfang ausgeglichen. 365 varii … dracones: Drachenstandarten bei der Militärparade, vgl. Ammianus Marcellinus 16, 10, 7 beim Adventus des Constantius II. in Rom, ähnlich 3 cons. Hon. 138 f.; 4 cons. Hon. 545; Epithal. Hon. 193; vgl. zu 6 cons. Hon. 566–570. 383 participem sceptri, socium declaret honoris: Vgl. zu v. 295.



Anmerkungen zu Rufin.

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389 bis domitum civile nefas, bis rupimus Alpes: Um die Usurpatoren Magnus Maximus (388) und Eugenius (394) zu besiegen, musste Theodosius mit seinen Truppen jeweils über die Julischen Alpen ins Westreich marschieren. 454 senserunt convexa necem: Wie die Oberwelt das Erscheinen der Megaera in Ru­ fin. I 131–133 gespürt hatte, so ist jetzt die Befreiung von ihrer Kreatur spürbar. Nesselrath (1991) 228 bewertet die Katabasis und das Totengericht des Rufinus als einen losen Rückverweis auf Rufin. I „mehr in der Art, wie man in einem eigenständigen nachfolgenden Werk auf ein früheres Gedicht hinweisen kann“. Die Beobachtung, dass Megaera hier nicht mehr selbst erscheint und stattdessen Rufinus die Strafe erleidet, die Iustitia der Furie in Rufin. I 387–389 angedroht hat, bestätigt Nesselrath in seiner Auffassung, dass beide Bücher der Invektive unabhängig voneinander konzipiert sind. Umgekehrt kann man jedoch gerade diese Bobachtungen als Argument für die beabsichtigte Verbindung beider Teile anführen, denn in allegorischem Verständnis ist Rufinus’ Bestrafung folgerichtig, da er im ersten Buch als Ziehsohn und als die Verkörperung der Furie auf Erden eingeführt wird. 458 tunc animae: Die Seelen der Ermordeten, die Rufinus erwarten, um ihn vor den Richter zu zerren, erinnern an Senecas Apocolocyntosis, wo der törichte Kaiser Claudius diesen Empfang jedoch positiv deutet (apoc. 13, 3–6) und an die Opfer des Tyrannen Megapenthes in Lukians Kataplous, die zur Gerichtsverhandlung vor Rhadamanthys erscheinen (Cat. 26). Zu den verschiedenen literarischen Topoi der Unterweltsmythen vgl. Charlet (2000) 219, zu einzelnen Parallelen Levy (1971) 209–234. 466–467 quo conciliantur in unum | Cocytos Phlegethonque vadis: Claudian modifiziert mit seiner Beschreibung Vergil, bei dem die Tartarus-Festung vom Phlegethon rauschend umspült wird (Aen. 6, 548–551), indem er das Zusammenströmen der Flüsse bei Homer (Od. 10, 513 f.) und in Platons Phaidon (112a) einbezieht. 476–477 quaesitor … Minos: Die Formulierungen, mit denen der Totenrichter Minos beschrieben wird, sind in Anlehnung an Vergil gewählt (Aen. 6, 432–433: quaesitor Minos urnam movet; ille silentum | consiliumque vocat vitas et crimina discit). 480 nam iuxta Rhadamanthus agit: Bei Vergil (Aen. 6, 566–569) ist Rhadamanthus abgesondert vom Totenrichter Minos, aber im Tartarus vergleichbar für Verhör und Verurteilung der Übeltäter zuständig. 482–483 muta ferarum | cogat vincla pati: Zur bestrafenden Metempsychose vgl. Charlet (2000) 219 f. In Plutarchs Thespesios-Mythos (in De sera numinis vin­ dicta [mor. 548a ff.] von 563b–568a) werden unverbesserliche Seelen als Tiere wiedergeboren, wobei ebenfalls auf die Entsprechung von Vergehen und Ver-

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diensten geachtet wird: Nero soll zunächst als Viper wiedergeboren werden, seine Seele wird aber wegen seines Einsatzes für Griechenland in den Leib eines „sangeskundigen Tiers“ (wohl eines Frosches) gezwungen (mor. 567f ). 506 genus omne dolorum: Auch in Senecas Apocolocyntosis (14, 3) werden die Strafen der Unterweltsbüßer für Claudius erwogen, allerdings aus anderem Grund verworfen; Kataloge der im Tartarus verwahrten Frevler gibt es neben Vergil, Aen. 6, 580–624 zahlreiche (vgl. Charlet [2000] 219). Dass der Tyrann alle Frevler übertrifft, hat ebenfalls bereits Lukian für Megapenthes eingesetzt, der gefesselt neben Tantalus gehalten und durch die ewige Erinnerung an sein eigenes Leben bestraft wird (Cat. 29). 507–508 dubio tibi pendula rupes | inmineat lapsu: Die Strafe für Pirithous, der Persephone rauben wollte. 508 volucer te torqueat axis: So büßte Ixion seinen Versuch, Hera zu verführen. 509 refugi latices: Die Strafe des Tantalos, der die Götter versucht hatte. 510–511 dapibusque relictis | in tua mansurus migret praecordia vultur: Der Riese Tityos hatte versucht, Leto zu vergewaltigen und wurde bestraft, indem ein Geier seine Leber fraß. 520 tollite de mediis animarum dedecus umbris: Mit dem Urteil, dass selbst der Tartarus (als Kerker für die schlimmsten Tyrannen und unheilbaren Seelen u. a. bei Platon, Phaid. 113e und Gorg. 525c) für Rufinus kein geeigneter Ort ist, übertrifft Claudian alle literarischen Totengerichtsurteile.

Panegyrici dicti Honorio Augusto tertium consuli praefatio 3 excuso … germine: Hall folgt der Lesart von Parisinus lat. 8079; als t.t. für „ausbrüten“ verwendet excudere u. a. Varro mit Bezug auf Gänse (rust. 3, 10, 3: Notandum earum ova aliquo signo, quod aliena non excudunt); Birt und Charlet folgen der Mehrheit der Handschriften mit excusso … germine als Hysteron proteron oder sprachlicher Variation zum folgenden Vers, wo das Zerbersten der Eierschale nochmals ausgedrückt ist; excusso … tegmine wird von Gesner und Platnauer bevorzugt. 5 implumes convertit ad aethera nidos: Claudian folgt in der Syntax dem Modell bei Lucan (9, 903: implumes natos, solis convertit ad ortus), ersetzt aber einzelne Wörter durch Synonyme; auffällig ist dabei die metonymische Verwendung von nidus für Nestling, für die er u. a. bei Vergil Vorbilder fand (georg. 4,17 und Aen. 12, 475); vgl. Felgentreu (1999) 79. 14 tela trisulca: Zeus Keraunios wird mit einem Donnerkeil dargestellt, dessen Spitze oft beidseitig in Blitze ausläuft, die zu einer Art Dreizack angeordnet



Anmerkungen zu 3 cons. Hon.

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sind, vgl. Emmanuel Voutiras/Michalis Tiverios: Zeus, LIMC VIII.1 (1997) 310–374, bes. 319 f.

Panegyricus dictus Honorio Augusto tertium consuli 1–9 Tertia Romulei … novos ordire meatus: Claudian hält sich in der Auswahl von Angaben an das Ritual, wie auch Ovid (fast. 1, 75–88 und Pont. 4, 4), sparsamer Statius (silv. 4, 1 zum 17. Amtsantritt des Domitian); zur republikanischen Tradition vgl. Bernhard Kübler: Consul, RE IV.1 (1900) 1116: Nach der Auspikation (angedeutet in v. 8/9) legte der Magistrat das Amtskleid an (v. 4), die Liktoren nahmen die Rutenbündel (fasces) mit Beil auf (v. 1). Im Unterschied zur älteren römischen Tradition, nach der die Konsuln in Begleitung der Liktoren aus ihrer Wohnung zum Kapitol zogen, um dort Jupiter das Opfer darzubringen und Gelübde abzulegen, schildert Claudian den Festzug des Heers, das Honorius zum Amtssitz in Mailand geleitet; die Konsulswürde wird durch die sella curulis (v. 2) symbolisiert, den elfenbeinernen Klappsessel mit gekreuzten Beinen. 2 terque suas: Die Mehrzahl der Handschriften überliefert terque tuas (so bei Birt, Platnauer, und Charlet); Anstoß hat diese Lesart erregt, weil die namentliche Nennung des Honorius hier zu erwarten wäre, der aber erst in v. 7 sehr spät apostrophiert wird. Birt fasst die Verse 1–9 als eine durchgehende Periode auf, so dass tuas (v. 2) und tuque (v. 7) anaphorisch aufzufassen sind; er schlägt im Apparat allerdings trotzdem eine Verbesserung zu terque datas … curules vor. Wie in der Wendung ter consul ist ter hier i. S. v. tertium („zum dritten Mal“) gebraucht. 3 cinctusque imitata Gabinos: Der cinctus Gabinus bezeichnet eine besondere Drapierung der Toga, bei der dem togatus der Gebrauch beider Arme möglich war; sie kam nur bei bestimmten Handlungen wie einer Stadtgründung, bei der mit dem Pflug die Grenzen festgelegt werden (Aen. 5, 755), oder zur Öffnung des Janus-Tempels zur Kriegserklärung zur Anwendung (Aen. 7, 612 mit dem Kommentar von Servius zur Stelle); Diesen spezifischen Sinn verliert der Ausdruck, der in der Spätantike gern im Zusammenhang mit dem Festgewand des Konsuls gebraucht ist; vgl. Richard Delbrueck: Die Konsulardiptychen und verwandte Denkmäler, Berlin/Leipzig 1929, I, 48. 5 succedant armis trabeae: Die trabea (oft im Plural verwendet) steht bei Claudian ausschließlich für das Gewand des Konsuls und metonymisch für Konsulat (vgl. Dewar [2008] 219 f.), während noch bei Statius damit das Gewand des Ritterstands gemeint ist (vgl. silv. 4, 2, 32–33: trabeataque … agmina beim Bankett des

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Domitian); denn im republikanischen processus consularis schritten die Ritter vor dem Konsul. Hier jedoch soll betont werden, dass das Heer den Kaiser geleitet. 14 regnum cum luce dedit: Als Honorius im September 384 zur Welt kam, war sein Vater Theodosius bereits Augustus. 16 lustravitque tuos … ortus: Die Lustration, eine rituelle Umrundung des Lagers, fand u. a. anlässlich eines Wechsels im Heereskommando statt; schon Barth nahm an, dass anlässlich der Geburt des Honorius im September 384 eine lustratio abgehalten wurde, vgl. auch 4 cons. Hon. 151. 22 reptasti per scuta puer: Charlet (2000) 171 f. weist auf Atalantes Gebet an Diana bei Statius hin, wo die Mutter ihren Parthenopaeus preist: inque meos reptavit protinus arcus: | tela puer lacrimis et prima voce poposcit (Theb. 9, 620 f.). 25 signa … quotiens flexisset ab Histro: Die genannten Gebiete und Völker verbildlichen die Reichweite von Theodosius’ militärischen Einsätzen im gesamten Grenzgebiet der Diözesen Dacia und Thracia. Claudian nennt die Donau zuerst, wo Theodosius als dux in der Moesia prima sein erstes selbständiges Truppenkommando hatte; Theodosius’ Sieg über die Sarmaten im Jahr 378, als er Heermeister für Illyricum war, trug zu Gratians Entscheidung bei, Theodosius zum Augustus für den Osten zu ernennen. Theodosius versuchte die Lage an den Grenzen durch seine Integrationspolitik zu entspannen, zu der auch das foedus mit den Goten von 382 als weitgehendes Zugeständnis der Unabhängigkeit der eingewanderten Stämme gehört; vgl. Demandt (2007) 155–169. 31 galeae nec triste timentem | fulgur: Im Unterschied zu Hektors Söhnchen in der Ilias erschrickt Honorius nicht vor dem Glanz der Rüstung und dem Helmbusch des Vaters (Homer, Il. 6, 469–470). Auch Hektor spricht dabei ein ähnliches Gebet zu Zeus (Il. 6, 476–481). 40–50 non tibi desidias … spargere funda: Mit der idealen Erziehung des Honorius zum Helden erinnert Claudian inhaltlich und sprachlich an die Erziehung Achills bei Chiron; Vorbild ist Statius' Achilleis (Ach. 2, 96–167); vgl. dazu Müller (2011) 99, Ware (2012) 92 f. und Zoja Pavlovskis: The Education of Achilles, as Treated in the Literature of Late Antiquity, La Parola del Passato 20 (1965) 281–297. 52 facta tui … avi: Claudian wählt die beiden polar entgegengesetzten Einsatzorte aus der Karriere des Flavius Theodosius aus (vgl. 4 cons. Hon. 190, Epithal. Hon. 219, Stil. II 422): Als comes rei militaris stellte er unter Valentinian I. die römische Herrschaft in Britannien wieder her; Claudian übergeht den anschließenden Einsatz gegen Franken und Alamannen. Theodosius’ Sieg in Africa über den Usurpator Firmus (dazu Ammianus Marcellinus 29, 5) mündete allerdings in einen Prozess, der mit der Hinrichtung in Karthago endete (Orosius 7, 33, 7).



Anmerkungen zu 3 cons. Hon.

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54 nec falso nomine Pictos: Auf die Tätowierung der Pikten, deren Volksname hier als lateinische Übersetzung erklärt wird, geht Claudian auch Get. 417 f. ein. Als gegnerischer Stamm werden die Pikten erstmals im Jahr 297 im Panegyricus auf Constantius erwähnt (Paneg. 8, 11, 4). 61 seu cuspidis artes: Die Wahl der Disziplin soll an Achills Speer erinnern, das Erbstück seines Vaters Peleus, den dieser von Chiron erhalten hatte, und den nur Achill, nicht einmal Patroklos schleudern kann (Homer, Il. 16, 141–144 und 19, 388–391); in Statius’ Achilleis kann Chiron der Mutter Thetis stolz sagen, dass sich der halbwüchsige Achill bereits an ihr übt (Ach. 1, 41). 62 sive lyrae cantus, medicas seu disceret herbas: Die Erwähnungen von Chiron als Lehrer in der Ilias beziehen sich auf seine medizinischen Kenntnisse, die er dort an Asklepios (Il. 4, 217–219) und an Achill (Il. 11, 828–832) weitergegeben hat, vgl. Emmet Robbins: The Education of Achilles, Quaderni Urbinati di Cultura Classica 45 (1993) 7–20. Die Verbindung zum Lyraspiel Achills ist über die Presbeia-Szene hergestellt, als Odysseus und Ajax den Achill spielend antreffen (Il. 9, 186–189); vgl. dazu C. J. Mackie: Achilles’ Teachers: Chiron and Phoenix in the Iliad, Greece & Rome 44 (1997) 1–10. Das Motiv setzt sich in römischer Literatur durch, vgl. Ovid, ars 1, 11–17 und Statius, Ach. 1,186–194 und 1, 572–576. 66–67 barbarus … exul … dederat Romana clienti: Eugenius wird von Claudian regelmäßig als abhängiger cliens und famulus des fränkischen Generals Arbogast dargestellt (vgl. Döpp [1980] 46 mit Anm. 15); Arbogast, comes et magister peditum praesentalis, hatte nach dem gewaltsamen Tod von Kaiser Valentinian II. zunächst offenbar darauf gewartet, dass Theodosius einen der Mitregenten in die westliche Reichshälfte entsenden würde; als das nicht geschah, wurde 392 Eugenius zum Kaiser ausgerufen. 68–69 gentesque remotas | colligit Aurorae: Theodosius’ Heer im Sommer 394 bestand zu einem Großteil aus Hunnen und Goten; unter den Kommandanten war auch der Armenier Bakurios; Claudians Aufzählung folgt der epischen Tradition, vgl. den Katalog der Völker, die Pompeius folgen, bei Lucan 3, 169–297. 77–82 ut leo … tabum sorbere iuvenci: Das Gleichnis hat zwar sein Vorbild in der Einleitung zur Aristie des Parthenopaeus bei Statius (Theb. 9, 739–743), aber für das sprachliche Problem hilft das Vorbild uns nicht weiter; die Handschriften überliefern terga absorbere, was Charlet übernimmt; allerdings ist der Gebrauch von absorbere in Verbindung mit terga nicht zu belegen und kühn; Hall setzt im Text tabum sorbere und folgt damit einer Konjektur von Jeep (nur ähnlich ist Silius 15, 428 f.: manantia tabo | corpora … sorbet); Birt setzt in seinen Text tabo sordere, ein Wortgebrauch, der gut bezeugt ist (Statius, Theb. 12, 701 f.: sordentia tabo | spicula) und den Hall u. a. durch die Excerpta Florentina und Excerpta Gyraldina bestätigen kann.

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83–84 ille vetat … ornat diademate crines: Theodosius reagierte auf die Bemühungen des Eugenius, als Mitkaiser anerkannt zu werden, mit der Verleihung der Augustuswürde an seinen achtjährigen Sohn Honorius im Januar 393, wodurch er Eugenius zum Usurpator erklärte; vgl. Döpp (1980) 45 f. u. 81; Demandt (2007) 166. 89 te propter et Alpes | invadi faciles: Theodosius zog von Pannonien über den Pass in Slowenien zwischen Laibach und Görz (Demandt [2007] 167). 93–94 te propter … Aquilo de monte procellis | obruit: Von der Bora, durch die die Schlacht nach ungünstigen Anfängen für Theodosius entschieden wurde, sprechen auch Orosius (7, 35, 17 f.) und andere christliche Historiker (vgl. Döpp [1980] 47 mit Anm. 25). Die Frage, ob der Sturm nur epische Topik ist oder tatsächlich für Theodosius einen taktischen Vorteil gebracht hat, ist damit nicht beantwortet, denn Orosius und seine Vorlage Augustinus (civ. 5, 26) wollen Ähnliches wie Claudian erreichen, nämlich die göttliche Hilfe für den Herrscher (allerdings durch den christlichen Gott) betonen, und sie zitieren bei dieser Gelegenheit aus Claudians Panegyricus die Verse 96–98 wörtlich (vgl. dazu Ware, Catherine: Claudian, Vergil and the Two Battles of Frigidus, in: Romane memento. Vergil in the Fourth Century, hg. v. Roger Rees, London 2004, 155–171). Zosimos betont dagegen die Wirkung einer Sonnenfinsternis (4, 58, 3–4). 102–106 traiecerat altum | … latus … tandem iusta manus: Während Eugenius auf der Flucht erschlagen wurde, beging Arbogast Selbstmord (Zosimos 4, 58, 5–6). 115 Herculeo damnata rogo: Anspielung auf den Tragödienstoff von Tod und Apotheose des Hercules auf dem Oeta (Sophokles’ Trachinierinnen; Ps.-Seneca, Hercules Oetaeus). 115–116 Pelion …| Nerinis illustre toris: Hochzeit von Peleus und Thetis; die handschriftliche Überlieferung Nereis … toris ist ein Soloecismus (vgl. Vergil, Aen. 9, 102: Nērēïa Dodo), weshalb Goodyear den Einsatz des Adjektivs Nerinis vorgeschlagen hat; Charlet hält den Eingriff für überflüssig. 118 Chaoniae moverunt carmina quercus: Dodonas heilige Eichen geben mit ihrem Rauschen Weissagungen; viele der alten Orakelstätten, auch Delphi, hatten ihren Betrieb schon in der frühen Kaiserzeit aufgegeben. 120 Phrygii numerantur stagna Timavi: Am Delta des Timavus landete Antenor nach seiner Flucht aus Troja (Livius 1, 3); Vergil spricht von neun tosenden Mündungen (Aen. 1, 244−246). 125 revocant electra sorores: Bernstein im Po wird mit den Tränen der Heliaden erklärt, die nach dem Absturz ihres Bruders Phaëthon in Pappeln verwandelt wurden (Ovid, met. 2, 340−366).



Anmerkungen zu 3 cons. Hon.

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126 quantae tum iuvenes: Die Handschriften überliefern quanti; Hall folgt der Verbesserung von König; männliche iuvenes würden ihre Ehre nicht aufs Spiel setzen, wenn sie in der Menge aufscheinen. Wenn man allerdings quanti tum iuvenes als syntaktisch abgeschlossenes Kolon (wieviele junge Männer kamen!) auffasst, wie Charlet, ist der Eingriff möglicherweise zu vermeiden. Andererseits spricht die parallele Gruppierung von iuvenes – matres und pueri – senes für den Eingriff. 142–143 cunctos discedere tectis | dux iubet: Claudian betont, dass die Rede des Theodosius an seinen Schwiegersohn und General Stilicho außerhalb des Protokolls und ohne Zeugen stattfand. Denn eine juristische Bestellung zum tutor fand nicht statt, wie aus der Leichenpredigt des Ambrosius für den Kaiser hervorgeht (obit. Theod. 5); Stilichos Anspruch auf den Oberbefehl über die Heere beider Reichshälften (vgl. Rufin. II 5–6) ließ sich auch damit jedoch nicht durchsetzen; vgl. dazu Döpp (1980) 62–68. 155–156 per taedas: Stilicho war mit Theodosius’ Nichte und Adoptivtochter Serena verheiratet; vgl. zu Stil. I 71. 157 crecentes derige fetus: Die Mehrzahl der Handschriften überliefert dilige; zur Rolle des dux passt derigere besser; wenn man allerdings die vorausgehende Aufforderung indue mente patrem stärker betonen will, belässt man dilige (so Gesner, Birt, Platnauer, Charlet). 159−161 rupta si mole Typhoeus … mugiat Aetna: Der Gigantenkampf wird in der politischen Symbolik der Antike für außenpolitische Bedrohung eingesetzt; vgl. zu Get. 62–76. 164−168 ingrediturque globum Lunae … Saturnia tractu: Die Divinisierung wird als Katasterismos (Verstirnung) geschildert; Theodosius durchzieht alle Sphären der sieben Planeten vom Mond über Merkur bis Saturn, vgl. Semple (1937) 161 f., der auf die Übereinstimmungen mit Ciceros Somnium Scipionis (rep. 6, 17) hinweist. 174 dignetur … qua regione moveri: Die Mehrheit der Handschriften tradiert mora­ ri; nur Hall gibt einige Belege für moveri an, was weniger den Aufenthaltsort als die Umlaufbahn betont. 191–196 iam Mulciber arma … cavernis: Claudian lässt in seiner Erinnerung an die vergilische Hoplopoiie alle dort genannten Kyklopen aus der Werkstatt des Vulcanus (Aen. 8, 424 f.) auftreten. 194 crispare in casside conum: Vorbild ist Statius, Theb. 8, 568 (Beschreibung der Rüstung des jungen Atys): mixtum cono crispaverat aurum. Schönberger versteht conus metonymisch als Helmbusch (crista) und vermutet im Helmbusch eingefügte Goldfäden. Wenn man aber den Materialwechsel auf den Scheitelpunkt des Helmes selbst bezieht, könnte man auch verstehen: „den conus

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auf dem Helm mit Gold in Form von Wellen oder Locken absetzen“. Da die Helme von erhaltenen Paraderüstungen bestimmte Frisuren nachahmen, darf man möglicherweise crispare hier sogar i. S. v. „Locken formen“ verstehen, wenn man conus als Teilstück des Paradehelms versteht, das den Hinterkopf bedeckt. 197–200 Neptunus … | nutrit equos … nec proterat ungula culmos: Von den Rössern des Poseidon werden die Stammbäume edler Tiere hergeleitet (Vergil, georg. 3, 122), so hat Poseidon dem Peleus Achills unsterbliche Pferde geschenkt (Homer, Il. 23, 276–278), vgl. zu 4 cons. Hon. 554–564 und Stil. III 265–266; für das eindrucksvolle Bild, dass das Ross kaum den Boden berührt und über das Meer zu fliegen scheint, sind Erichthonios Pferde (Homer, Il. 20, 226–229) und Vergils Camilla (Aen. 7, 808–811) Vorbilder, vgl. 4 cons. Hon. 547–548. 208 Herculeum finem, Bacchi transcurrite metas: Hercules und Bacchus sind die beiden Götter, die in der Panegyrik regelmäßig mit Welteroberungsvisionen in Verbindung gebracht werden, prominent etwa im Lob des Augustus in Vergils Heldenschau (Aen. 6, 801–805).

Panegyricus dictus Honorio Augusto quartum consuli 4 exultant reduces … fasces: Die Liktoren, die mit den Rutenbündeln als Zeichen der Amtsgewalt den Konsul begleiten, halten sich jetzt wieder beim Kaiser im Palast auf. Im vorausgehenden Jahr 397 war Nonius Atticus Konsul. 5 legumque potentes: Im Kontrast zu den Offizieren sind hier die hohen Beamten der Zivilverwaltung gemeint; zu den metonymischen Begriffen vgl. Lehner (1984) 19. 5–7 cernis ut … sumunt … et incedit legio: Ungewöhnlicherweise (und die Handschriften sind eindeutig) verwendet Claudian hier nicht den Konjunktiv, der auch bei den spätantiken Dichtern üblich ist. 6 more Gabino: Zur Drapierung vgl. zu 3 cons. Hon. 3; zum Ablauf der pompa vgl. zu 3 cons. Hon. 1–9. 7 discolor: Die Soldaten tragen gegen die Gewohnheit die weiße Toga (v. 568). 8 vexilla Quirini: Die Soldaten haben die kriegerischen Feldzeichen abgelegt und treten wie die römischen Bürger (Quiriten) in den Comitien (so Gesner [1759] 88) bzw. wie die römischen Zünfte (collegia, so Barr [1981] 69) an. 9 lictori cedunt aquilae: Die Kontrastierung ist hier ähnlich eingesetzt wie in Ciceros bekanntem Vers: cedant arma togae, concedat laurea laudi (off. 1, 77), im Unterschied zu 3 cons. Hon. 5.



Anmerkungen zu 4 cons. Hon.

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11 Palatino … senatu: Der römische Senat (Palatinus muss hier die Lage der Kurie am Fuß des Palatin bezeichnen, kann nicht metonymisch für den Kaiserhof stehen) erschien zum Amtantritt des Kaisers in Mailand. 12–13 iam trabeam Bellona gerit …: Die Zivilisierung der Kriegsgöttin Bellona übertrifft die augusteische Friedensvision (Aen. 1, 294–296: Furor impius liegt in Ketten), wonach auf der Schildbeschreibung Bellona noch im Bürgerkrieg wütet (Aen. 8, 703). 18−20 Ulpia progenies … Hibera domus: Theodosius' Herkunft wurde z.T. mit dem Geschlecht von Kaiser Trajan direkt in Verbindung gebracht (Ps.-Aurelius Victor, epit. Caes. 48, 1; Themistios, or. 16, 205a und 19, 229c; vgl. Lehner [1984] 21, Frings [1975] 212); der Redner Pacatus geht in seinem Panegyricus auf Theodosius (Paneg. 2, 4) nicht so weit, preist aber Spanien als Herkunftsland der drei besten Kaiser Roms: Trajan, Hadrian und Theodosius und stilisiert Theodosius zum alter Traianus durch intertextuelle Beziehungen zu Plinius' Panegyricus. 23 rerum de principe: Dass der Okeanos der Vater aller Dinge sei, ist seit Homer literarische Tradition (Il. 14, 246; Vergil, georg. 4, 382: Oceanumque patrem rerum). 24–26 cui post Arctoa … classica … adnexuit Africa laurus: Zu den Einsätzen von Theodosius d.Ä. in Britannien und Afrika vgl. 3 cons. Hon. 52. 34 quis calor obsistit forti: Neben quis calor ist auch die Lesart quid calor zu finden, die eine parallele Gestaltung zur Frage in v. 30 (quid rigor … quid sidera pro­ sunt…?) herstellt. 35 cinxitque novis Atlanta maniplis: Das Gebirge in Libyen steht metonymisch für die Provinz, in der Theodosius d.Ä. offensichtlich die meuternden Truppen, die Firmus unterstützten, ausgewechselt hatte. Die Strenge, mit der er die Truppendisziplin wieder einführte, scheint seinen Gegnern einen Anlass für die spätere Anklage geliefert zu haben. 36–37 sparsosque venenis | Gorgoneis vidit thalamos: Athene bestrafte Medusa mit den Schlangenhaaren, weil Neptun sie in einem Heiligtum der Athene vergewaltigt hatte (Ovid, met. 4, 793–803). Lucan (9, 624–703) schildert Medusas vergifteten Lebensraum in Libyen als Aition für die Entstehung der Giftschlangen. 46–48 non generis dono … meruit regnare rogatus: Nach dem Tod von Kaiser Valens in der Schlacht bei Adrianopel war ein militärisch erfahrener Regent im Osten nötig. Pacatus charakterisiert die Erhebung des Theodosius nach ähnlichen Kriterien (Paneg. 2, 11−12): Roma tritt bittend auf und resümiert, dass Theodosius seine Erhebung nur seiner eigenen Leistung zu verdanken habe, nicht

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ambitus (Erhebung durch die Legionen; der Vorwurf von Usurpation liegt nahe), occasio oder propinquitas (Erbanspruch); vgl. Lehner (1984) 27. 53 premeretur Moesia plaustris: Gesners Entscheidung für Mysia (handschriftlich nicht selten bezeugt) statt Moesia würde geographisch die Wanderung zur Schlacht von Adrianopel (Edirne) enger in Beziehung setzen; die in v. 54 genannten Bistones (Thraker) stützen dagegen die Lesart Moesia. 71 bis possessa manu: Theodosius setzte sich militärisch 388 gegen Maximus und 394 gegen Eugenius durch. 80 hic vagus, excurrens, hic intra claustra reductus: Claudian kontrastiert die strategischen Bewegungen der Usurpatoren: Maximus war 383 in Britannia zum Augustus ausgerufen worden, zog dann nach Gallien und über die Alpen; Eugenius und Arbogast dagegen ließen das Heer des Theodosius über die Alpen kommen, um sich dann zu verteidigen. 91–92 amborum periere duces: Andragathius, General des Maximus, stürzte sich ins Meer (vgl. Zosimos 4, 47, 1), Arbogast tötete sich selbst (Zosimos 4, 58, 6); dass Claudian beiden Usurpatoren duces gibt, verstärkt den negativen Eindruck, dass sie im Unterschied zu Theodosius nicht selbst die Truppen kommandieren konnten. 97 merito placavit sanguine Manes: Zum Gebrauch von meritus als verdienter Strafe vgl. u. a. Valerius Flaccus 4, 754: meritoque madent quod sanguine caestus. 106–107 Appenninumque niualem | Pyrenes sociate iugis: Barth und Heinsius haben bereits die Pyrenäen als Lösung für die fehlende Angabe eines zweiten Gebirges in der handschriftlichen Überlieferung (dort: pernices, pernicies, permittes und permixtis) vorgeschlagen; Birt und Platnauer entscheiden sich für die Lesart permixits … iugis; der Appennin würde also bei ihnen dadurch hervorgehoben, dass er seine eigenen Gipfel übereinanderschichtet. 121 hinc natis mansura fides: Die Gefahr eines Bürgerkriegs, falls die Legionen sich gegen die Stützung der Dynastie entscheiden sollten, ist in der Predigt des Ambrosius für den verstorbenen Kaiser zu spüren, wo der Bischof die fides der Truppen zu Theodosius und seinen Söhnen religiös fundiert (obit. Theod. 6−8). 122 aequaeva cum maiestate creatus: Im Unterschied zu seinem Bruder Arcadius wurde Honorius geboren, als sein Vater bereits die Kaiserwürde inne hatte, vgl. 3 cons. Hon. 11–15. 127 in sacros … sinus: Die Sakralisierung der Kaisertitel wird auf den kaiserlichen Besitz, hier das Gewand, übertragen (Demandt [2007] 261–263 und 306); vgl. auch 4 cons. Hon. 159–160. 143 tibi corniger Hammon: Das berühmte Orakel in der libyschen Oase Siwa soll u. a. Alexanders göttliche Abstammung bestätigt haben.



Anmerkungen zu 4 cons. Hon.

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144 rupere silentia Delphi: Dass das Orakel in Delphi nicht mehr Auskunft gab, wird u. a. bei Lucan (5, 69 f. u. 102–123) und in Plutarchs De defectu oraculorum (mor. 414b) besprochen. 145 Persae … magi: Die persisch-zoroastrische Tradition wird oft als Wiege der Divinationskunst bezeichnet. 145–146 Etruscus augur: Die etruskische Vogelschau ist in der römischen Tradition keine divinatorische Praxis zur Zukunftsvorhersage, sondern holt die Zustimmung der Götter zu politischen Entscheidungen (Stadtgründung, Kriegsbeschluss, Beamtenwahl) ein. Die Götter geben also hier zur Geburt des neuen Herrschers positive Zeichen. 146 Babylonius horruit: Die Babylonier galten in der griechisch-römischen Antike als Meister der Magie und Astrologie, von Ominadeutung über Horoskope bis zur astralen Magie. 147 Chaldaei stupuere senes: Die Unterscheidung von chaldäischen und babylonischen Gelehrten war in Rom eigentlich nicht mehr üblich; Claudian will hier möglichst viele Völker und mantische Techniken benennen. 151 ambitur signis augustior infans: Zur lustratio vgl. zu 3 cons. Hon. 16. 156 donaturque tibi, qui te produxerat, annus: Claudian ist hier um der Pointe willen nicht korrekt. Honorius ist am 9. September 384 geboren, erst das Jahr 386 ist sein erstes Konsulatsjahr. 160–164: tibi saepe Diana …| pharetras | suspendit …tractasti … angues: In 3 cons. Hon. 22 hat Claudian Honorius mit Parthenopaeus gleichgesetzt; erneut greift er auf Statius zurück, wo Atalante im Gebet an Diana eine Affinität ihres Kinds zu ihren Jagdwaffen betont (Theb. 9, 620 f.); Honorius übertrifft den epischen Helden, weil Diana selbst ihn mit Waffen ausstattet. Dass nicht einmal Minervas Schild mit dem Gorgonenhaupt abschreckend wirkt, steigert den Beweis des Heldenmuts. Wie bei Ovid ist die Aigis der Minerva das Schlangen tragende Gorgonenhaupt am Schild bzw. auf der Brust (met. 4, 801–803). 164–165 tractasti … interritus angues. | saepe tuas etiam…: Halls Textgliederung (angues; saepe und kein Absatz vor saepe) verbindet den mutigen Umgang des Kleinkindes mit den Schlangen der Athene und der Kaiserkrone motivisch enger; wir verstehen die Verse als Einleitung zur Erhebung zum Augustus schon vor v. 165 markiert, nicht erst nach der Mittelzäsur in v. 170. 169–170 mutatus principe Caesar| protinus aequaris fratri: Honorius wurde 393 zum Augustus erhoben; dass Honorius vorher schon zum Caesar erhoben worden war, bezweifelt Gavin Kelly: Claudian’s last panegyric and imperial visits to Rome, Classical Quarterly N.S. 66 (2016) 336–357, weil die epigraphische und historiographische Evidenz fehlt. Er schlägt daher vor, Caesar hier als Vokativ

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zu fassen, der auch als Anrede an den Kaiser geeignet ist. Seit Diokletians Reform regierten in einer Tetrarchie idealerweise je ein Imperator Augustus zusammen mit einem nobilissimus Caesar die Ost- bzw. Westhälfte des Reichs; doch wurde nach Julian diese Tradition nicht fortgesetzt, sondern die Nachfolger wurden sofort zu Augusti erhoben, wie auch Theodosius selbst. Gratian hatte das Beispiel vorgegeben, dass Kaisersöhne schon als Kinder zu Augusti erhoben werden konnten, Theodosius erhob als senior Augustus seine beiden Söhne zu Augusti iuniores; vgl. dazu Demandt (2007) 257–259. 174 cum solita miles te voce levasset: Die Bestätigung des neuen Kaisers durch das Heer zeigte nicht nur, dass die Machtbasis des Herrschers das Heer war, sondern verkörperte die Idee, dass die Heeresversammlung die comitia centuriata fortsetzte; vgl. Demandt (2007) 255. 189 parens Augusta: Aelia Flacilla war schon 386 verstorben. 190 divi sidus avi: Theodosius hatte seinen Vater rehabilitiert (vgl. zu 3 cons. Hon. 52); Claudian suggeriert sogar eine Divinisierung (vgl. Gild. 215, Stil. II 422). 192–193 ventura potestas | claruit Ascanio: Das Flammenzeichen erscheint auf dem Haupt von Aeneas' Sohn Ascanius, als sich Anchises weigert, Troja zu verlassen (Vergil, Aen. 2, 682–684). Ware (2004) 161 f. betont hier die Stilisierung von Theodosius zu einem zweiten Aeneas, der sich an seinem Vater orientiert, die Herrschaft seines Sohnes sichert und zudem die Rache für Valentinian auf sich nimmt wie Aeneas für Pallas. 201 moturae convexa comae: Dass Jupiter mit dem Wink seiner Augenbraue bzw. einer Kopfbewegung alles in Bewegung setzen kann, ist seit Homer üblich; Gesner (1759) 100 verweist auf das Modell (Ovid, met. 1, 179 f.: Terrificam ca­ pitis concussit terque quaterque | caesariem, cum qua terram, mare, sidera movit). 205 pio … curru: Der Kaiser hat den ihm vorbehaltenen Triumphwagen mit seinen Söhnen geteilt. 206 gemini cum patre Lacones: Theodosius und seine Söhne werden jetzt mit Jupiter und den Dioskuren (Castor und Pollux) verglichen. 208 utroque soror: Helena war die Schwester der Dioskuren. 214 si tibi Parthorum solium Fortuna dedisset: Theodosius spricht von den Römern, als hätten sie noch die republikanische libertas. Der Völkervergleich findet sich sonst vor allem im Kontext der (stoischen) Monarchiekritik, etwa bei Lucan, als er den Verlust der Freiheit nach der Schlacht von Pharsalos beklagt (7, 442– 446). Theodosius als idealer Herrscher ehrt also den römischen Freiheitsdrang. 221 maior et utilior fato coniuncta potenti: Die virtus hat umso mehr Wirkung, je einflussreicher der Mann ist, der sie ausübt; fatum potens ist als die „Macht in hoher sozialer Stellung“ zu verstehen; Seneca setzt den Gedanken umgekehrt



Anmerkungen zu 4 cons. Hon.

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ein: ira und crudelitas sind umso gefährlicher, je mächtiger der Zornige/Grausame ist (clem. 1, 5, 2: principum saevitia bellum est). 225–226 qui non agnoverit ante | semet et incertos animi pacaverit aestus: Die Selbsterkenntnis, die zu den Forderungen des delphischen Apoll und der sokratischen Ethik gehört, wird mit der stoischen Tradition der Affektkontrolle verbunden. Wir folgen daher Hall, der die Lesart pacaverit (vollständige Affektkontrolle) nach dem Florilegium Gallicum der üblichen handschriftlichen Lesart placa­ verit (nur Beschwichtigung) vorzieht. 228–233 cum conderet artus | nostros … Prometheus … adiunxit geminas: Der Mythos vom Schöpfer Prometheus gibt der Aussage über das Verhältnis von Seele und Leib eine platonisch anmutende Einleitung. Bei Platon wird allerdings die Mischung aus Materie und Geist immer auf den Willen der Götter zurückgeführt. Claudian erinnert zum einen an den Kulturentstehungsmythos in Platons Protagoras (320d: zur Mischung aus Erde und Feuer durch die Götter; 321d zur Ausstattung des Mängelwesens Mensch durch Prometheus), andererseits bezieht er Platons Mythos der Zusammensetzung von Körper und Seele im Timaios (42e–43a) ein. Barr (1981) verweist auf Horaz, der schon ähnlich vorgeht (carm. 1, 16, 13–16: fertur Prometheus addere principi | limo coactus particulam undique | desectam et insani leonis | vim stomacho adposuisse nostro). 235–243 hanc alta capitis fundavit in arce … praecipitemque sui: Die Dreiteilung der Seelenkräfte ist gegenüber der Erklärung in Platons Staat (rep. 439d–441a; zusammenfassend rep. 580d–e) in seinem Timaios durch die Darstellung ergänzt, wie sinnvoll die Seelenkräfte im Körper verteilt sind (Tim. 69d–72c): das tierische epithymetikon ist möglichst weit vom logistikon entfernt, um es beim Denken nicht zu stören (69e); das Herz wird als Wächter eingesetzt, um dem Verstand das Aufbrausen des Zorns zu melden (70b); dessen Aufschwellen wird von der Lunge wie durch eine Pufferzone abgefangen und durch die Luftzufuhr abgekühlt (70d). Handbuchmäßig knapp fasst es Cicero (Tusc. 1, 20) zusammen. 243 praecipitemque sui: Der Zorn neigt also hitzig zum Zorn; Servius erklärt den Gebrauch des Genitivs bei Vergil, Aen. 9, 685: praeceps animi: figurate genetivo iunxit: nam dicimus ‚praeceps iracundia‘ ‚praeceps furore‘. 243–244 rabie succensa tumescit | contrahitur tepefacta metu: Die Vorstellung vom Aufschwellen des Zorns und vom Abschwellen durch Furcht ist in der altstoischen Affektenlehre behandelt, die allerdings im Unterschied zu Platons Seelenteilung eine monistische Vorstellung der Seele zugrunde legt; die Seele dehnt sich bei Begierden (auch ira) aus, so dass ein Handlungsimpuls entsteht, und zieht sich bei hemmenden Affekten (metus, pudor) zusammen.

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248–251 cupido | in iecur … pascique nescit: Nach Platon (Tim. 70e–72d) wird der völlig irrationale Seelenteil des epithymetikon in dem Teil des Körpers platziert, der als Krippe für die Ernährung eingerichtet ist; die Leber ist dazu da, mit ihrer Süße beruhigend, mit ihrer Bitterkeit aber drohend und einschränkend zu wirken. Die glatte und glänzende Fläche der Leber fungiert als Spiegel für die Eindrücke und Abbilder des Verstands, der den zum Denken nicht fähigen Seelenteil kontrollieren muss. Allerdings ist die Unersättlichkeit, die Theodosius hier der cupido zuschreibt, bei Platon nicht hervorgehoben; diese Vorstellung ist in der stoischen Moralphilosophie wichtig, weil sie betont, dass die Affekte unkontrollierbar werden, sobald der Mensch seine willentliche Zustimmung (assensio) zu einem Drang gegeben hat. 251–252 verbere curas | torquet avaritiae: Der stoische Satiriker Persius lässt dementsprechend die Avaritia auftreten, die den Kaufmann aus dem Bett treibt (5, 132–134): mane piger stertis. ‚surge‘, inquit Avaritia, ‚eia | surge.‘ negas. instat. 257–260 tu licet … dominere per Indos: Die östlichen Völker stehen für die Grenzen der Welt, die Alexander (zum Teil) erreicht hat; die Moralphilosophie der Kaiserzeit kontrastiert die äußere Macht des Monarchen mit der inneren Unfreiheit; die Königsreden des Dion von Prusa (vgl. bes. or. 2) demonstrieren an der Gestalt von Alexander d. Gr. gerade die nur scheinbare Freiheit und Eingeschränktheit eines Alleinherrschers. 261–262 tunc omnia iure tenebis, | cum poteris rex esse tui: Barr (1981) 78 weist darauf hin, dass Synesios denselben Rat in seiner Königsrede für Arcadius einsetzt (De regno 10, entstanden wohl 399/400). 277 sola deos aequat clementia nobis: Seneca setzt dieselbe Analogie ein, um die clementia als Herrschertugend zu empfehlen (clem. 1, 8, 3). 278 falsus amicis: Zur Konstruktion mit Dativ vgl. ThlL VI.1, 192, 30–33: Seneca, Med. 654: omnibus verax, sibi falsus uni. 278–279 neu dubie suspectus agas … | rumorumve avidus: In Misstrauen und Leichtgläubigkeit sieht Seneca den gefährlichsten Anlass zu Fehlurteilen bei Zornhandlungen und Bestrafungen (ira 2, 24; clem. 1, 20, 2). 281–282 non sic excubiae … quam tutatur amor: Seneca empfiehlt die clementia als diejenige Herrschertugend, die allein dem Herrscher Schutz garantieren kann; denn ein Gnadenakt verhindert folgende Rachereaktionen und sichert Frieden. Auf dieses Beweisziel ist der Vergleich von reges und tyranni ausgerichtet (clem. 1, 12–19), der mit der Sentenz schließt: unum est inexpugnabile munimentum: amor civium. 284–285 operum quod se pulcherrimus ipse | mundus amore liget: Der ideale Staat als Abbild der kosmischen Harmonie ist in der platonisch-stoischen Tradition be-



Anmerkungen zu 4 cons. Hon.

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liebt; Barr (1981) 79 verweist auf die gedankliche Parallele bei Ailios Aristeides (or. 42: Περὶ ὁμόνοιας ταῖς πόλεσιν, I, 794 Dindorf ). 286–287 limite Phoebus | contentus medio: Semple (1939) 4 macht darauf aufmerksam, dass limes bei Manilius für die fünf circuli (Äquator, zwei tropische und zwei arktische Zonen) gesetzt wird; Semple versteht daher limite medio in weiterem Sinn so, dass Sol die gesamte mittlere Zone einnimmt; vgl. Gild. 148 f.: crescat zona rubens: medius flagrantis Olympi | me quoque limes agat. 306 non tibi tradidimus dociles servire Sabaeos: Vgl. zu v. 214. 310–311 qui nec Tarquinii fastus nec iura tulere | Caesaris: Tyrannenvertreibung und Tyrannenmord durch die beiden Bruti markieren Anfang und Ende der libera res publica. 312–315 per saecula damnat | Caesareae portenta domus … seni: Als Tyrannen-Figuren des julisch-claudischen Kaiserhauses werden Nero und Tiberius mit dem positiven Herrscher Trajan konstrastiert; Tiberius ist durch seinen Rückzugsort auf Capri zu erkennen (Juvenal 10, 93: principis angusta Caprearum in rupe sedentis), vgl. Eutrop. II 61. 315–320 victura feretur | gloria Traiani … sequi: Das Bild des idealen Herrschers Trajan hat Plinius in seinem Panegyricus festgeschrieben, Dante setzt ihn als Exempel des gerechten Herrschers in Purgatorio 10, 73–78 ein. Claudian kann auch die außenpolitischen Erfolge benennen: Der Friedensschluss mit den Dakern unter ihrem Führer Decebalus wurde bereits 102 und abschließend im Jahr 107 mit einem Triumph gefeiert; der im Jahr 113 n.Chr. begonnene Kriegszug gegen die Parther führte nach schneller Eroberung von Armenien und Mesopotamien zwar zur Einrichtung einer Provinz (und Trajan nannte sich „Parthicus“), die eroberten Gebiete mussten aber noch im Todesjahr Trajans wieder aufgegeben werden; trotzdem blieb im historischen Gedächtnis, dass damit das römische Reich die größte Ausdehnung in seiner Geschichte erreicht hatte. 320–336 si bella canant … nocuit victoria turbae: Die militärtaktischen Unterweisungen sind ähnlich angeordnet wie in den Lehrbüchern, etwa in der Epitoma rei militaris des Vegetius: zum Training der Rekruten und zur Fortsetzung des Trainings im Winter (mil. 1, 9–19 und 2, 23), zur Befestigung des Lagers (mil. 1, 21–25), zum Angriff einer belagerten Stadt und zur Gefahr von Nachlässigkeit bei längerer Belagerung (mil. 4, 12–21 und 4, 28). Ernest (1987) 123 zeigt im Vergleich der drei Konsulatspanegyrici für Honorius, wie Claudian das Ideal des kriegstüchtigen Kaisers zugunsten der Volksnähe und Fürsorge aufgeben wird. 320 si bella canant: Claudian verwendet das Abstraktum für das Konkretum si clas­ sica canant.

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345 sumpta ne pudeat quercum stravisse bipenni: Barr (1981) 80 verweist auf das berühmte epische Vorbild: Caesar überwindet bei der Belagerung von Massilia die Scheu der Soldaten, Eichen eines heiligen Hains der Kelten zu fällen, indem er selbst als erster zum Beil greift (Lucan 3, 433 f.: primus raptam vibrare bipennem | ausus). 358–359 figant … tyrannum / spicula; pallescat … barbarus: Mit tyrannus ist Eugenius als Usurpator abqualifiziert, mit barbarus der germanische Heermeister Arbogast. 361 patiar Romam servire clienti: Die Bezeichnung cliens hebt in ihrer Übertreibung die Abhängigkeit des magister scrinii Eugenius hervor, vgl. zu 3 cons. Hon. 66–67. 363 cognati … vindicta cruoris: Galla, die Schwester des zu Tode gekommenen Kaisers Valentinian II., war die zweite Frau des Theodosius, von der er die Tochter Galla Placidia hatte. 366 aequalis mihi Pyrrhus erat: Wenn man von Statius’ Eposfragment Achilleis ausgehend das Lebensalter von Achilles’ Sohn ausrechnet, kann Pyrrhus tatsächlich bei der Einnahme Trojas im Alter des Honorius, nämlich nicht viel älter als zehn Jahre, gewesen sein. In Vergils Aeneis und Senecas Troades agiert er dagegen als erwachsener Krieger. 374–377 fertur Pellaeus … | … cum prospera saepe Philippi | audiret, … flevisse: Die Jugendgeschichte vom Ehrgeiz und Neid Alexanders auf die Taten seines Vater ist prominent bei Plutarch aufgegriffen (Alex. 5 und in den Apophthegmata regum et imperatorum mor. 179d). 375 qui domuit Porum: Alexanders Eroberungszug gegen den König der Inder wird als größte Ausdehnung des Weltreichs genannt. 378 fas sit promittere patri: Die Formel fas sit soll den Neid abwehren und um Nachsicht für eine Kühnheit bitten; promittere i. S. v. sibi promittere sperando (ThlL X, 1871, 38 ff.), vgl. v. 521 f.: promittitur ingens | dextra rudimentis; dabei kann das Verb durchaus die Tendenz zur Bedeutung von „prophezeien” annehmen, vgl. Barr (1981) 81 mit Verweis auf Cicero, fam. 6, 1, 5. 380–383 sic …| … regem | nascentem venerantur apes: Die Verehrung der Bienen für ihren König wird schon bei Xenophon eingesetzt, um die Gefolgschaftstreue für Kyros zu kennzeichnen (Kyr. 5, 1, 24), wie Barr (1981) 81 erkannt hat. 396 Musis … instes: Ulrich Eigler: lectiones vetustatis. Römische Literatur und Geschichte in der lateinischen Literatur der Spätantike, München 2003, 12–18 bespricht den Abschnitt ausführlich; er nimmt die Forderung Musis instes ernst, indem er nachweist, dass über Livius hinaus die Dichtung, vor allem Vergils Heldenschau und Schildbeschreibung, die Namen für die folgende Exempla­ reihe geliefert hat. Mit den exempla wird ein Klassikerkanon angesprochen, der für die Wertevermittlung grundlegend ist; die Aeneis-Lektüre zusammen



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mit den Kommentaren (Servius gibt ausführlich über die genannten Helden Auskunft), aber genauso Livius und seine Epitomatoren, dazu die ExemplaSammlungen wie Valerius Maximus gehörten zur Bildung in der Spätantike. Claudian setzt aber in seinem stichpunktartigen Heldenkatalog im Vergleich durchaus eigene Akzente. 401 libertas quaesita placet? mirabere Brutum: Vergil interpretiert die Taten des Brutus differenzierter, indem er ihn als den Rächer der Lucretia und ersten Konsul vorstellt, aber auch als den Vater, der seine Söhne zur Verteidigung der Freiheit hinrichten lassen musste (Aen. 6, 817–823; Livius 1, 59–60 und 2, 1–5). 402 perfidiam damnas? Metti satiabere poenis: Vergil widmet eine ganze Szene auf dem Schild des Aeneas der Vierteilung des Mett(i)us Fufetius durch Tullus Hostilius (Aen. 8, 642–645); Servius zur Stelle bzw. Livius (1, 28) schildern als Grund den Verrat in der Schlacht gegen die Fidenaten. 403 triste rigor nimius? Torquati despue mores: Vergils Heldenschau deutet nur an (Aen. 6, 824 f.: saevumque securi | aspice Torquatum), dass T. Manlius Torquatus seinen Sohn hinrichten ließ, weil er sich gegen den Befehl auf einen Kampf eingelassen hatte. Livius akzentuiert die schockierende, aber für Rom heilsame Wirkung der Strenge (8, 6, 14–8, 8, 2). 404 mors inpensa bonum? Decios venerare ruentes: Mehrere Generationen der Decier haben je einen Heerführer gestellt, der durch seine Selbstaufopferung (devotio) im Kampf den Sieg Roms über die Feinde garantiert hat (Livius 8, 9 u. 10, 28, 6–18). Bei Vergil sind sie eher beiläufig genannt (Aen. 6, 824). 405–406 te ponte soluto | oppositus Cocles: Mit Porsennas Angriff gegen Rom sind mehrere Heldentaten verbunden. Horatius Cocles, der den Übergang der Feind über die Tiber-Brücke verhindert (Livius 2, 10), ist auch bei Vergil genannt (Aen. 8, 650). 406 Muci te flamma docebit: Der Anschlag des C. Mucius Scaevola auf Porsenna und die Demonstration der Unerschrockenheit, als er seine rechte Hand im offenen Opferfeuer verbrennen lässt (Livius 2, 12), ist nicht bei Vergil verarbeitet. 407 quid mora perfringat, Fabius: Q. Fabius Maximus hatte durch seine Taktik, sich nicht mehr auf einen offenen Kampf mit Hannibal einzulassen, Rom die Zeit verschafft, sich nach den Niederlagen des Zweiten Punischen Kriegs zu regenerieren. Vergil bezieht sich auf den Hexameter, mit dem Ennius den Cunctator geehrt hat (Aen. 6, 845 f.: tu Maximus ille es, | unus qui nobis cunc­ tando restituis rem). 407–408 quid rebus in artis | dux gerat, ostendet Gallorum strage Camillus: Der Held M. Furius Camillus nimmt bei Livius beinahe das ganze 5. Buch ein; die Zerstörung Roms durch die Gallier scheint erst durch sein Exil erst möglich zu

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sein; die Gallier konnten mit der Rückholung des Exilierten vertrieben werden (Livius 5, 37–49; Vergil, Aen. 6, 825). 410–411 prorogat aeternam feritas tibi Punica famam, | Regule: M. Atilius Regulus ist Inbegriff der römischen fides (Silius Italicus widmet ihm das 6. Buch seiner Punica) und beliebtes Exempel stoischer virtus (Seneca nennt ihn i.d.R. zusammen mit Sokrates und Cato); bei Vergil fehlt er dagegen. Als Feldherr des Ersten Punischen Kriegs wurde er von den Puniern unter der Führung des Xanthippos in der Schlacht bei Tunis gefangen genommen; er sollte in Rom über den Friedensschluss und Austausch von Kriegsgefangenen verhandeln, riet aber dem Senat, das karthagische Verhandlungsangebot nicht anzunehmen; um den geleisteten Schwur zu halten, kehrte er nach Karthago zurück, wo ihn der Foltertod erwartete. 411 successus superant adversa Catonis: M. Porcius Cato Uticensis musste in seiner politischen Karriere auch Wahlniederlagen bei seinen Kandidaturen in den 50er Jahren um Prätur und Konsulat hinnehmen; er wurde zudem als Kriegsgegner von Caesar besiegt und wählte in Utica den Freitod, machte sich damit aber zum Märtyrer der libertas; in Vergils Schildbeschreibung ist er in den elysischen Gefilden (Aen. 8, 670), für Seneca und Lucan gilt er als stoischer Weiser. 413 pauper erat Curius, reges cum vinceret armis: M’. Curius Dentatus, erfolgreicher Feldherr im Dritten Samnitenkrieg und 275 im Kampf gegen König Pyrrhus (Plutarch, Pyrrh. 25), wird nicht bei Vergil, aber sonst gern als Inbegriff der altrömischen Armut und bescheidenen Lebensweise als Bauer angeführt (Horaz, carm. 1, 12, 41–44; Juvenal 11, 78 f.). 414 pauper Fabricius, Pyrrhi cum sperneret aurum: C. Pyrrhus versuchte vergeblich, den Leiter der römischen Gesandtschaft, C. Fabricius, zu bestechen und mit Luxus zu beeindrucken (Plutarch, Pyrrh. 20; Vergil, Aen. 6, 843–844: parvoque potentem | Fabricium). 415 sordida dictator flexit Serranus aratra: Die berühmte Ernennung des Q. Atilius zum Diktator, den der Liktor vom Pflug wegholen musste, ist in seinem Cognomen verewigt, auf das Vergil mit einer auffälligen Alliteration hinweist (Aen. 6, 844: vel te sulco, Serrane, serentem). 416–418 lustratae lictore casae … trabeato rura colono: Der Satiriker Persius führt die Szene der Ernennung des Landmanns Atilius zum Diktator als ein EkphrasisThema an, das als abgedroschen galt (1, 73–75). Claudians Theodosius generalisiert diese Situation für das alte Rom; dort wird gewissermaßen jeder Konsul beim Amtsantritt von den Liktoren zum processus consularis in seiner kleinen Hütte oder vom Feld weg abgeholt. Pacatus hat in seinem Panegyricus des Jahres 389 (Paneg. 2, 9, 4–6) genau dieses altrömische Motiv auf Theodosi-



Anmerkungen zu 4 cons. Hon.

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us übertragen, indem er ihn (während der erzwungenen Karriere-Pause nach der Hinrichtung seines Vaters) auf seinen Privatgütern in Spanien die Felder bestellen lässt. 432–433 subnixus Stilichone tuo, quem fratribus ipse | discedens clipeum defensoremque dedisti: Vers 432 fehlt in allen erhaltenen Handschriften; da syntaktisch aber ein Anschluss notwendig ist, wird der Vers, der in der Baseler editio Isengrinia­ na von 1534 zu finden ist, als Ergänzung beibehalten. Dass Claudian auch hier Stilichos Anspruch formuliert hat, für beide Kaiser die Rolle des Reichsverwesers zu übernehmen, liegt nahe, vgl. zu Rufin. II 5–6 u. 3 cons. Hon. 142–143. 436–438 Libyae squalentis harenas | audebit superare: Der Konflikt mit dem comes et magister utriusque militiae per Africam Gildo eskalierte im Jahr 397 und führte zum Feldzug im Winter 397/98, der auf Beschluss des römischen Senats durchgeführt wurde, vgl. Claudians Bellum Gildonicum. 438 Gaetulas intrabit navita Syrtes: Die Unüberwindbarkeit der afrikanischen Syrten ist sprichwörtlich, vgl. Ovid, am. 2, 16, 21 f., Pont. 4, 14, 9 f.; Claudian erinnert damit an Catos Zug durch die Syrten bei Lucan (9, 300–347). 440 Rhenum pacare iubes: Zeitpunkt und Funktion von Stilichos Expedition an den Rhein (vgl. Stil. I 188 ff.) diskutiert Döpp (1980) 102 f. mit Anm. 5, dazu Lehner (1984) 84–88; da die Expedition in vorausgehenden Gedichten Claudians nicht erwähnt wird, ist die Datierung ins Jahr 396 wahrscheinlich; die Erneuerung der Verträge mit den Germanen zielte wohl darauf ab, Soldaten für den Feldzug gegen Alarich in Griechenland zu rekrutieren. 455 nobilitant veteres Germanica foedera Drusos: Die Rätien-Feldzüge seit dem Jahr 15 überließ Augustus seinen Stiefsöhnen, Tiberius und Drusus; beide Nerones sind von Horaz mit einer panegyrischen Ode (carm. 4, 4) bedacht worden. Drusus maior drang im Norden Germaniens bis zur Nordsee vor (fossa Dru­ siana), dann bis zur Elbe, Maas und Weser. Der jüngere Drusus, Sohn des Tiberius und der Agrippina, hielt die germanischen Völker von der Grenze zum Illyricum ab. 460 hortaris Graias fulcire ruinas: Die politische Aussage hebt Döpp (1980) 103 hervor: Claudian schreibt hier dem Honorius, nicht etwa einem Hilferuf der oströmischen Regierung, die Initiative zu, dass Stilicho 397 erneut einen Feldzug nach Griechenland unternahm und damit Truppen in ein Gebiet führte, das von Byzanz verwaltet wurde. Auf Betreiben des Eutropius wurde Stilicho dafür zum Staatsfeind erklärt (Zosimos 5, 11, 1), was Claudian hier unerwähnt lässt. 464–465 puer, Isthmiaci iam pridem litoris exul: Korinth ist mit dem Meeresgott ­Palaimon assoziiert, weil seine Mutter Ino sich mit ihm vom molurischen Felsen zwischen Megara und Korinth (Pausanias 1, 44, 7–8) ins Meer stürzte.

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467–469 non lustra Lycaei … innumeris exusta rogis: In der Epik wird die Abholzung ganzer Wälder für die Scheiterhaufen der Gefallenen seit Homer (Il. 23, 114–123; vgl. auch Vergil, Aen. 11, 135–138) beschrieben. Döpp (1980) 104–109 kommt in der Auswertung der Quellen für diesen zweiten Feldzug gegen die Goten zu dem Ergebnis, dass Stilicho den Goten keine vernichtende Niederlage beigebracht haben kann, vermutlich auch nicht beibringen wollte, so dass die Goten nach Epirus abzogen (vgl. u. a. Zosimos 5, 7, 1–3), möglicherweise auf der Grundlage eines Vertrags mit Stilicho, der die Goten als foederati erhielt; die oströmische Regierung ernannte Alarich 397 zum magister militum per Illyricum. 508–509 Lacedaemon | despexit muros: Das Diktum des Lykurg, dass eine Stadt nicht unbefestigt sei, die durch Manneskraft, nicht durch Mauern geschützt werde, ist bei Plutarch in der Lykurg-Vita (19, 4) zitiert (vgl. auch Livius 39, 37 als Rechtfertigung der Achaier für die Schleifung der spartanischen Mauern). 518–519 quam torva voluptas | frontis et augusti maiestas grata pudoris: Wie bei grata maiestas ist wohl auch bei torva voluptas frontis die Wirkung (der stoischen torvitas) auf den Betrachter gemeint, also Enallage anzunehmen; die maies­ tas des Herrscher ist nicht abweisend, sondern wirkt sympathisch, weil sie mit pudor verbunden ist, also der verecundia, die sowohl Domitian wie Trajan nachgesagt wurde. 520–521 cornus avita | temptatur: Dass Honorius die Lanze seines Großvaters schwingt, erinnert an Achilles, vgl. zu 3 cons. Hon. 61. 529 iussum mentiri nescius ictum: Die komplizierte Litotes kommt durch die Bedeutung von mentiri („fälschlich in Aussicht stellen“) zustande; vgl. mentiri noctem bei Properz 2, 17, 1, wenn die Geliebte das Versprechen der Liebesnacht nicht einhält. 545 tument post terga dracones: Drachenstandarten der römischen Reiterei für Militärparaden, ähnlich 3 cons. Hon. 138 f.; Epithal. Hon. 193 (vgl. zu Rufin. II 365 und 6 con. Hon. 566–570). 547–548 non sentit harenas | ungula: Vgl. zu 3 cons. Hon. 197–200. 549 turpantur phalerae: Hall ersetzt das in den Handschriften einheitlich überlieferte turbantur (der Brustschmuck wird durch die heftige Bewegung hin- und hergeworfen) durch die Lesart turpantur, die durch die Excerpta Gyraldina belegt ist; die drastische Verstärkung passt zum Gesamtbild. 554–564 si dominus legeretur equis … spumare lupatis: Zum Einsatz der göttlichen Rosse in der Panegyrik vgl. Döpp, Siegmar: Cyllarus und andere Rosse im römischen Herrscherlob, Hermes 124 (1996) 321–332. 570–576 sic numina Memphis | in vulgus proferre solet … admugit … Apis: Barr (1981) 89 verweist auf Eduard Norden: Die Geburt des Kindes, Leipzig 1924, 25 mit



Anmerkungen zu 4 cons. Hon.

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Anm. 3, der als erster die beschriebene Feier mit Vorsicht auf die Helios-Mysterien bezogen hat, die nach Macrobius (sat. 1, 18, 10) den kürzesten Tag des Jahres als Geburt des kleinen Knaben feierten. Typische Details für ägyptische Riten sind die metallenen Klappern (sistrum) des Isis-Kultes und die Flöten; der Apis-Stier von Memphis ist die Verkörperung der Seele des Osiris. 587–588 fulgor Hiberus | temperat arcanis hyacinthi caerula flammis: Platnauer und Barr kommen auf die Lösung, dass mit fulgor kein Edelstein, sondern Gold aus Spanien (vgl. der Gold führende Tagus) gemeint ist. Ähnlich wie in den vorausgehenden paarweisen Nennungen von edlen Materialien jeweils Edelstein und Textilien verbunden werden, ist hier wohl nicht der Edelstein Hyakinthos gemeint ist, sondern die blau-violette Färbung für wertvolle Stoffe, vgl. etwa Ambrosius fid. 2, prol. 11; da in der christlichen Allegorese dieses Blau gern symbolisch als Himmel/Luft ausgedeutet wird (vgl. u. a. Hieronymus in Ezech. 16, 10), würde das gut zur Assoziation des Goldes mit dem Element Feuer passen. Zum Gewand des Kaisers vgl. Delbrueck, Richard: Der spätantike Kaiserornat, Die Antike 8 (1932) 1–21. 591 multaque animantur iaspide cultus: Birt schlägt anstelle des handschriftlich gut bezeugten cultus vor, vultus zu lesen; damit wären Gemmen mit geschnittenen Portraits gemeint. 594–595 vel cuius pectinis arte | traxerunt solidae gemmarum stamina telae: Erneut wird auf die Kunst verwiesen, aus an sich festem (und daher nicht zu einem Stoff zu verarbeitenden) Material ein geschmeidiges Gewebe herzustellen. Ges­ner (1759) 124 f. erklärt die Stelle so: Telae solidae bezeichnen das Gewebe aus Seiden-, Gold- und Silberfäden; die Edelsteine sind so eng eingearbeitet, dass es aussieht, als ob auch bei ihnen die Fadenstruktur wie bei den anderen Materialien zu erkennen sei. 599–600 quis miscuit ignes | Sidonii rubrique maris: Das sidonische Feuer steht für den Glanz der Purpurschnecken; das Feuer des Roten Meers steht für die Edelsteine. 602–610 hoc si Maeonias … palmite Ganges: Honorius’ Adventus wird mit dem Triumphzug des Dionysos überbietend verglichen, was gängige Praxis in der Panegyrik ist (vgl. bes. Vergils Lob des Augustus in der Heldenschau im Vergleich mit Hercules und Bacchus, Aen. 6, 804 f.: nec qui pampineis victor iuga flectit habenis | Liber, agens celso Nysae de vertice tigris). 613 deductum Vindice morem: Das Ritual der Freilassung eines Sklaven (vindicta) durch eine symbolische Ohrfeige (alapa) wird hier etymologisch von einem Vindex abgeleitet; bei Livius ist es Vindicius, der die Freiheit für seinen Einsatz in der Abwehr der Tarquinier erhält (Livius 2, 5).

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623–636 ausi Danubium quondam tranare Gruthungi: Die Donauüberquerung des gotischen Stammes unter Führung des Odothaeus wird bei Zosimos (4, 38) behandelt, der den Erfolg allerdings dem General Promotus zuschreibt. Die Chronik des Marcellinus erwähnt für 386 den Sieg des Theodosius über die Feinde in Thrakien und den Triumph des Kaiser mit seinem Sohn Arcadius in Konstantinopel; vgl. Heather (1991) 168 f. 632–633 regis opima | rettulit exuviasque tibi: Theodosius hat den Anführer des feindlichen Heers besiegt, also spolia opima errungen; nur drei römische Heeresführer haben bis in die augusteische Zeit spolia opima geweiht: Romulus, Cossus und Marcellus (Vergil, Aen. 6, 855–859; Livius 4, 20, 5–7). 633–634 civile … bellum: Theodosius besiegte 394 den Usurpator Eugenius. 641–642 Mariique … Augusti numerum: Marius war siebenmal Konsul, Augustus sogar 13 Mal. 645 quae tali devota toro: Honorius sollte im Frühjahr 398 Stilichos Tochter Maria heiraten.

Epithalamii dicti Honorio Augusto et Mariae praefatio 3 socer aequoreus: Der Meergott Nereus ist Vater der Braut Thetis und somit Schwiegervater des Peleus. 3 numerosaque turba sororum: Die Nereiden als Schwestern der Thetis. 5 communia pocula: Mit dem Teilen der Becher werden Standesgrenzen zwischen Göttern und Kentauren für die Zeit des Gelages aufgehoben. Der an homerische Gepflogenheiten denkende Hörer bzw. Leser ‒ vgl. Achills Bewirtung der Gesandtschaft (Il. 9, 203) und das Gastmahl des Phäakenkönigs (Od. 8, 69 ff.) ‒ kann darin eine besondere Stufe der Geselligkeit erkennen; vgl. Frings (1975) 96 f. 9 lascivo pollice: Die Wendung kann allegorisierend auf die Claudians Gedicht begleitenden Feszenninen bezogen werden. 13 Centauri Faunique: Kentauren und Faune stehen hier allegorisch für die Kritiker, die sich gegen den allzu freimütigen Ton der sieben Tage zuvor aufgeführten Feszenninen gewandt hatten; vgl. Morelli (1910) 347 und Fescenn. III 10–11. 15 septima lux aderat: Lux hier im übertragenen Sinn für „Tag“; die Szene spielt ja am Abend. 17 quo saxa domat, quo pertrahit ornos: Die Fähigkeit, mit seiner Musik Berge und Bäume in Bewegung zu versetzen, spricht man auch dem mythischen Sänger Orpheus zu.



Anmerkungen zu Epithal. Hon. und Fescenn. 737

18 pectine … nobiliore: Mit pectine … nobiliore ist im Rahmen der allegorischen Handlung der Vorrede auf den höheren, epischen Stoff des folgenden Epithalamiums angespielt (vgl. z. B. Horaz, carm. 4, 2, 33 f.: concines maiore poeta plectro | Caesarem und Ovid, met. 10, 150: cecini plectro graviore Gigantas). 20 Phrygias caedes … Simoenta: Die beiden Orts- bzw. Flussnamen weisen auf den trojanischen Krieg hin. 22 reginam resonant … Thetin: Die inhaltlich ähnlichen Schlussverse Fescenn. IV 35–37, wo von Maria die Rede ist, legen eine Identifikation von Thetis und der Tochter Stilichos nahe; vgl. Morelli (1910) 343–344.

Epithalamium dictum Honorio Augusto et Mariae 2 Augustus: Honorius war im Jahr 393 durch seinen Vater Theodosius zum Augustus des Westreichs erhoben worden, vgl. zu 4 cons. Hon. 169–170. 5 venator equus: Die Jagd gilt sonst als geeignetes Heilmittel gegen die Liebe (vgl. Ovid, rem. 199–206); hier bezeichnet sie die Kinderbeschäftigungen des Honorius. 7 in vultus quos finxit Amor: Birt entscheidet sich für die Lesart in vulnus, quod fixit Amor („zu der Wunde, die Amor schlug“); die hier vertretene lectio difficilior betont stattdessen die körperliche Trennung des Paares, die in Honorius’ Vorstellung zu einer imaginären Vergegenwärtigung der Geliebten führt. Charlet leitet aus einer Nachbildung bei Venantius Fortunatus 6, 1, 45 (ad vultus quos pinxit Amor) seine Textfassung (in vultus quos pinxit Amor) ab, allerdings ist auch bei dem späteren Autor die Überlieferungslage nicht klar; vgl. Frings (1975) 113–114. 14–15 incusat spes aegra … flectere Phoebe: Sehnsüchtig auf die Hochzeit wartend schildert der Dichter Honorius auch in 4 cons. Hon. 643–644 und 650–651. 16‒19 Scyria … crines: Claudian verrät hier, dass er Statius’ Achilleis als Modell für die Liebesgeschichte des Honorius verwendet hat; in dem Eposfragment ist die Jugendgeschichte des Achilles gestaltet. Thetis will ihren Sohn vor dem frühen Tod im Trojanischen Krieg bewahren und versteckt ihn als ihre angebliche Tochter auf der Ägäisinsel Skyros bei König Lykomedes, der das allzu amazonenhaft auftretende „Mädchen“ erziehen soll. Achill lässt sich auf die Verkleidung nur deshalb ein, weil er dadurch unerkannt seine Liebesbeziehung zur Königstochter Deidamia ausleben kann, in die er sich beim ersten Anblick auf Skyros verliebt hat; selbst Honorius’ Liebessymptome zu Beginn des Gedichts erinnern an die des Achilles bei Statius (Ach. 1, 303–306).

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26 nec variis dubium thalamis lecturus amorem: Der Sinn dieser vieldiskutierten Stelle ‒ vgl. zum ganzen Passus 23‒27 Frings (1975) 120‒122 ‒ klärt sich, wenn man anstelle des von Birt präferierten laturus mit Hall die Lesart lecturus i. S. v. electurus heranzieht: Der Kaiser verzichtet auf eine brieflich vermittelte Brautwahl, die zu viele Unsicherheiten mit sich gebracht hätte. 29–30 patrisque … | mandatis: Gemeint ist wohl Theodosius der Große, der leibliche Vater des Honorius, und nicht dessen „Pflegevater“ Stilicho: Seine mögliche Initiative bei der planvoll arrangierten Verbindung der eigenen Tochter mit dem Kaiserhaus hätte kaum öffentlich lobend hervorgehoben werden dürfen; vgl. Cameron (1970) 99 und Döpp (1980) 127. Am Ende des Gedichts weisen die Soldaten den vergöttlichten Theodosius darauf hin, dass Stilicho mit der Hochzeit ein Versprechen (promissa … vota) eingelöst habe, das er seinem früheren Kaiser gegeben hatte (vgl. v. 302). 31 communem … avum: Der ältere Honorius, Bruder des Theodosius, war der Vater der Serena; der Großvater Marias war demnach der Onkel des jüngeren Honorius (materni sanguinis bezieht sich auf Maria). Vgl. den Stammbaum bei Frings (1975) 124. 36 fraterna prole: Serena, die Gattin des Stilicho, war die Tochter des älteren Honorius, des Bruders von Theodosius. 37 cui Mariam debes: Die Ehe zwischen Serena und Stilicho, aus der Maria hervorging, war 384 n. Chr. auf Betreiben des Theodosius geschlossen worden, vgl. zu Stil. I 71. 38 redde suos aulae: In Fescenn. III 5–6 spricht Claudian vom „Blut(-strom)“, der vom Hof ab- und ihm nun wieder zugeleitet wird. 40 torrentis Hiberi: Der Ebro verweist auf den Geburtsort Serenas (Spanien). 41 stirpe soror: Serena wurde nach dem Tod des älteren Honorius von Theodosius d. Gr. an Kindes statt angenommen. 41 tibi creditus infans: Die Mutter des Honorius, Aelia Flaccilla, starb schon im Jahr 386 n. Chr. ‒ Serena hatte von früh an Einfluss auf das Leben des jungen Honorius: 389 begleitete sie ihn beim Einzug in Rom (vgl. Frings [1975] 128), 394/395 führte sie ihn von Konstantinopel nach Italien (vgl. 3 cons. Hon. 111–125, 6 cons. Hon. 93); noch im Jahr 408 ‒ kurz vor Stilichos Hinrichtung ‒ verheiratete sie ihre zweite Tochter Thermantia mit Honorius (Zosimos 5, 28). 60 manibus … nullis: Spontanes Wachstum der Pflanzen ist ein Kennzeichen des goldenen Zeitalters (vgl. Vergil, ecl. 4,18). 69–70 hic dulcis, amarus | alter: Mit den beiden Quellen spricht Claudian zwei Motivkomplexe an, nämlich das fließende Gewässer als Element des locus amoenus und die in ihrer Wirkung unterschiedlichen Amorpfeile (vgl. Ovid, met. 1, 468–469).



Anmerkungen zu Epithal. Hon. und Fescenn. 739

97–122 quo postquam delapsus Amor … iunge toros: Eine strukturell vergleichbare Szene, in der Amor Venus den Erfolg meldet und sie dadurch zum Aufbruch bewegt, findet sich in Statius’ Epithalamium für Stella und Violentilla (silv. 1, 2, 51–140); vgl. Horstmann (2004) 84. 107–108 similis tecto monstratur in omni | et capitur: Handschriftlich ist einheitlich rapitur überliefert (so auch alle anderen Editionen), Platnauer und Hall folgen dem Verbesserungsvorschlag von Conington zu capitur, der eine intertextuelle Referenz zu Vergil, Aen. 8, 311 erkennt. Dort bewundert Aeneas die Darstellungen auf dem Schild und wird von den einzelnen Darstellungen fasziniert (capiturque locis). Charlet versteht aber auch rapitur in vergleichbarem Sinn, nämlich dass Venus von ihrem eigenen Spiegelbild hingerissen ist („Elle est ravie, où qu’elle observe“). 112–113 Tonantem | inter Sidonias … iuvencas: Jupiter hatte sich in einen Stier verwandelt, um die phönizische (= sidonische) Königstochter Europa zu verführen (Ovid, met. 2, 848 ff.). 114 Lunam: Die Mondgöttin, unsterblich in den Hirten Endymion verliebt, versetzte diesen in ewigen Schlaf und versteckte ihn in einer Höhle in dem karischen Berg Latmos (vgl. Ovid, her. 18, 61–65). 124 spirantem … ceston: Schon Homer erwähnt in Il. 14, 214–221 den zauberkräftigen Gürtel der Aphrodite, der verschiedene Arten der Liebe bewirken kann. 145–147 undosi verrebant … pistrix commissa viro: Frings (1975) 63 ff. geht wie die meisten Interpreten davon aus, dass Triton hier dreigestaltig mit Menschenarmen, Stierhufen und dem Unterleib eines Fisches erscheint, d. h. als Ichthyokentaur. 157 algas: Mit den Veilchen verleiht Nereus für diesen Anlass seinem Kopfschmuck aus Algen besonderen Glanz. 170–171 processerat undis: | gemma fuit: Nach antiker Vorstellung werden die Korallen erst bei der Berührung mit Luft hart (vgl. Ovid, met. 4, 750–752). 176 nostro … Iovi: Gemeint ist Poseidon, der Gemahl Amphitrites. 178–179 victricis nos spem patriae … | veximus: Angespielt ist auf Stilichos zweiten Zug gegen die Goten nach Griechenland im Frühjahr 397: Stilicho musste ohne den entscheidenden Sieg über Alarich abziehen, weshalb Claudian vorsichtig von victricis … spem patriae spricht; vgl. zu Eutr. II 215‒216 u. Stil. I 181‒187. Mit Birts Lesart von victrices nos saepe rates zu sprechen wäre eine bemerkenswerte Verklärung der jüngsten Ereignisse. 182–183 ad moenia Gallis | condita, lanigeri suis ostentantia pellem: Mailand wurde nach Livius 5, 34, 8‒9 im 5./4. Jh. von den gallischen Insubrern gegründet. Isidor, orig. 15, 1, 57 gibt die etymologische Erklärung für den Ortsnamen Mediolanum, wonach man in der Mitte des Ortes eine mit Wolle bedeckte

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Sau gefunden habe: vocatum autem Mediolanum ab eo, quod ibi sus medio lanea perhibetur inventa. Frings (1975) 187 erwägt, dass man noch zu Claudians Zeit dieses Fell in Mailand besichtigen konnte. 193 saevique dracones: zu den Drachenstandarten bei der Militärparade vgl. 3 cons. Hon. 138 f.; 4 cons. Hon. 545; 6 con. Hon. 566–570. 208 myrto: Die Myrte ist die Pflanze der Venus. 215–216 qualem non Lydia dives | erexit Pelopi: Von einer Hochzeit des Pelops in Lydien ist nichts bekannt; vgl. Frings (1975) 196. 219 avus senior: Flavius Theodosius, Vater von Theodosius d. Gr. und Urgroßvater der Braut Maria, hatte im Jahr 372 den afrikanischen Usurpator Firmus besiegt und die Sachsen zur See geschlagen, vgl. zu 3 cons. Hon. 52. 220–221 tremendus | … genitor: Gemeint ist Theodosius d. Gr., der Schwiegervater des Stilicho. Dass Stilicho den Kaiser bei seinen Feldzügen begleitet hat (so­ cio Stilichone), wird nicht nur in 3 cons. Hon. 144–150 aus Theodosius’ Mund betont, sondern war auch Teil der inschriftlichen Panegyrik, vgl. CIL VI 1730 und Döpp (1980) 130–131. 225 Romanam … pacem: Wohl eine Anspielung auf die Gesandtschaft Sapors III. in Konstantinopel (384 n. Chr.; vgl. Orosius 7, 34, 8). 230 divinae … parentis: Serena, die Adoptivtochter des verstorbenen bzw. vergöttlichten Theodosius (vgl. das Attribut divinae) und Gattin des Stilicho. 253 magnorum suboles regum: Der Stammbaum des Theodosius wurde auf Trajan zurückgeführt, vgl. zu 4 cons. Hon. 18–20 und Frings (1975) 212–213. 257 privatos … lares: Das Haus des „Privatmannes“ Stilicho im Gegensatz zum kaiserlichen Hof. 275 aether: Im obersten (feurigen) Teilbereich des Kosmos (vgl. Macrobius, Sat. 1, 17, 70: summa aetheris parte …, unde origo solis est), befanden sich antiker Vorstellung nach die Sterne (vgl. Ovid, met. 2, 204–205). 288 tardumque cupit discedere solem: Der Sonnenuntergang – und der aufgehende Abendstern – gab traditionell das Zeichen für die Überführung der Braut in das Haus des Bräutigams (vgl. auch Fescenn. IV 1–4 mit Catull 62, 1–2 u. 83–85). 289–294 nobilis haud aliter sonipes … mulcet fecunda magistros | spes gregis …: Claudian hat das Gleichnis aus zwei Vorlagen neu gestaltet. Zum einen verweist das Pferdegleichnis auf Vergil, Aen. 11, 492–497, wo Turnus’ Kampfeseifer charakterisiert wird; zum anderen soll die Reaktion der Hirten an das Stiergleichnis erinnern, mit dem Statius den verliebten Achill charakterisiert (Ach. 1, 313–317). 300 dive parens: Am Beginn des Stilicho-Lobes wird der vergöttlichte Theodosius angerufen.



Anmerkungen zu Epithal. Hon. und Fescenn. 741

302–305 en promissa … dederat genitor: Vgl. Frings (1975) 230: „Stilicho erhielt Serena von Theodosius. Nun gibt er Maria her an Honorius, den Sohn des Theodosius.“ 324–325 vultusque auctura verendos | canities festina venit: Stilicho war zum Zeitpunkt des Gedichts freilich erst 33 Jahre alt. 328–329 non ulla nocendi | tela nec infecti iugulis civilibus enses: Eine lobende Bewertung von Stilichos Verhalten im Jahr 397, als er trotz seiner Diffamierung als Staatsfeind keine direkte militärische Konfrontation mit dem Ostreich suchte; vgl. Döpp (1980) 131. 340–341 sic uterus crescat … considat avitis: Claudian schließt sein Hochzeitsgedicht mit einem Hinweis auf die gefestigte politische Stellung, die Stilicho durch die Heirat seiner Tochter im Kaiserhaus erlangt hat.

Fescennina dicta Honorio Augusto et Mariae I Claudian setzt den alkäischen Hendekasyllabus hier stichisch ein. I 16–17 Venus reversum spernit Adonidem; | damnat reductum Cynthia Virbium: Nach der Jagdschilderung im Futur haben die beiden Verse im Präsens Anstoß erregt. Hall stellt daher beide Verse so um, dass damit eine geschlossene Synkrisis von sechs Versen erreicht ist; er lässt sie an die Verse 6–7 anschließen, in der die Mütter Leda und Thetis den Honorius ihren Heldensöhnen vorziehen würden. Als Klimax verstanden, unterliegen bei Hall zunächst die menschlichen Jünglinge (v. 16–17) und danach die beiden Gottheiten Apollo und Bacchus (v. 8–9) in der Schönheitskonkurrenz. Bertini Conidi (1988) 70, die zwar Halls Textanordnung übernimmt, bewertet allerdings die Verse 16–17 als Höhepunkt. Die Beschreibung des attraktiven Jägers Honorius wird inhaltlich in der handschriftlich überlieferten Reihenfolge der Verse durch den Vergleich mit den jugendlichen Jägern Adonis und Hippolytus gut abgeschlossen. Dieses Argument kann natürlich auch umgekehrt als Erklärung dafür verwendet werden, warum die Verse in der handschriftlichen Überlieferung umgestellt worden sein könnten. Zur Forschungsdiskussion vgl. Fuoco (2013) 81 f. I 18–24 cum post labores sub platani voles … oscula Naides: Der Anschluss von v. 17 mit der Nennung des Virbius (Hippolytus) an den folgenden locus amoenus ist umso überzeugender, als die folgende Passage sprachlich an ein Chorlied aus Senecas Phaedra (Phaedr. 777–784) erinnert, vgl. Fuoco (2013) 84 f. I 37–39 et seminudo … conficeret decor: Die neunte Aufgabe des Herkules bestand darin, für Admete den Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyte zu rauben, was ihm erst nach einem blutigen Krieg gelang.

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II Die neun Strophen bestehen aus einer Kombination von drei aufeinander folgenden Anakreonten (anaklastischen jonischen Dimetern), gefolgt von je einem (akatalektischen) chorjambischen Dimeter und einem Aristophanius (also einem katalektischen chorjambischen Dimeter). II 10 rubeant pruinae: Eine überraschende Bildassoziation, da man bei Claudian eher von Blut geröteten Schnee findet, vgl. 3 cons. Hon. 99: Alpinae rubuere nives, wo vom Blut der Soldaten die Rede ist. II 14–15 et Padus electrificis | admoduletur alnis: Mit dem pretiös gebildeten Adjektiv erinnert Claudian an den Mythos der Heliaden, der Schwestern des Phaëthon, die aus Trauer in Bäume (normalerweise in Pappeln, nicht Erlen!) verwandelt werden und deren Tränen als Aition für den Bernstein im Po angegeben werden; vgl. 6 cons. Hon. 164 und zahlreiche Belegstellen bei Fuoco (2013) 113 f. II 24 imperio feta domus: Birt und Hall ziehen die handschriftlich weniger gut bezeugte Lesart der besser überlieferten Variante freta vor, während Charlet (2000) 184 das Adjektiv feta für übertrieben hält, da die theodosianische Dynastie noch jung sei. Zur Diskussion vgl. Fuoco (2013) 120. II 29–30 flumineo | stemma recurrit ortu: Der Stammbaum, der sich durch Theodosius und seinen Bruder Honorius d.Ä. in zwei Zweige geteilt hatte, wird durch die Hochzeit wiedervereint: Honorius ist der Sohn des Theodosius, Maria ist als Tochter der Serena die Enkelin von Honorius d.Ä. Das Adjektiv flumineo ist eine Emendation von Barth für die hanschriftliche Überlieferung flamineo. In v. 22 ist mit semen fluit die Bildlichkeit eingeführt worden.Charlet (2000) 184 verteidigt flamineo, weil er darin die priesterliche Würde des Kaiser ausgedrückt sieht, was jedoch Fuoco (2013) 122 als nicht belegt zurückweist. Sie schließt sich der Auffassung von Gesner (1759) 160 an: Nach der Teilung des Flusses in zwei Arme fließen diese wieder wie im Ursprung des Flusses vereint zusammen, vgl. Fescenn. III 5. III Das Lied besteht aus stichisch eingesetzten anapästischen Dimetern. III 4 felix taeda: Die Hochzeitsfackeln stehen oft metonymisch für die Hochzeit selbst; sie wurden beim Hochzeitszug am Abend getragen, wenn die Braut zum thalamus geleitet wurde. Da sie hier Mars vertreiben, erinnert Claudian an die lustrierende Funktion (zu 6 cons. Hon. 324), vgl. Fuoco (2013) 141. III 6 patris officiis: Mit diesen Worten suggeriert Claudian, dass die Heirat zwischen Honorius und Maria einen Wunsch des Theodosius erfüllt (vgl. auch Epithal. Hon. 29–30: sed quae sponsa mihi pridem patrisque relicta mandatis). III 11 vel quis dabitur color invidiae?: Das Bleigelb (livor) assoziierte man mit dem Neid. Der Gedanke ist wie folgt: Angesichts der Größe des Festglücks erlaubt niemand mehr dem Neid, sich zu zeigen. Vgl. zur politischen Bedeutung des Passus auch Döpp (1980) 127: „Mit livor und invidia pflegt Claudian Opposition



Anmerkungen zu Gild.

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gegen Stilicho zu umschreiben; sie wird sich daran entzündet haben, dass mit Stilicho ein Nichtrömer an der Spitze des Reichs stand.“; vgl. Stil. III 43–44. IV Das Lied besteht aus stichisch eingesetzten Asklepiadeen. IV 2 Hesperus: Der Aufgang des Abendsterns gab der Hochzeitsgesellschaft das Zeichen für die Überführung der Braut ins Ehegemach; vgl. zu Epithal. Hon. 288. IV 7–10 non quisquam … tegunt apes: Die Gegenwehr und das zerkratzte Gesicht der jungfräulichen und sexuell unerfahrenen Braut sind topische Gedanken; vgl. Horstmann (2004) 110, Anm. 337.

In Gildonem 1 Redditus imperiis: Claudian beginnt sein Gedicht mit einer Anspielung an Ovids berühmte Formulierung redditus orbis erat (met. 1, 348), die die Wiederherstellung der Ordnung nach der deukalionischen Flut beschreibt. Der Sieg über Gildo erhält damit geradezu kosmische Dimensionen. 1–2 subiectaque rursus | alterius conuexa poli: Mit der „anderen Hemisphäre“ ist Afrika gemeint, das seit den punischen Kriegen in der Gewalt Roms war und nun noch einmal (rursus) erobert werden musste (s. v. 76–95). 3 geminus … orbis: Bei dieser Wendung ist nicht etwa an das in einen Ost- und einen Westteil getrennte römische Reich, sondern nur an die westliche Reichshälfte gedacht, die für Claudian in einen Nord- und einen Südteil zerfällt. 4 concordia fratrum: Anklang an die Wendung concordia Augustorum, mit der ‒ wie sich anhand zahlreicher zeitgenössischer Zeugnisse zeigen lässt; vgl. Olechowska (1978) 133 ‒ v. a. im Bereich der Münzprägung das einvernehmliche politische Handeln der regierenden Kaiser beschworen wurde. 5 patriis … armis: Theodosius, der Vater des Honorius, hatte die Usurpatoren Maximus (388) und Eugenius (394) bezwungen. Gildo wird in v. 6 (tertius … tyran­ nus) in eine Linie mit diesen beiden Reichsfeinden gestellt; Honorius setzt also die Politik seines Vaters fort. Eine alternative Deutung, wonach Gildo hier als dritter tyrannus nach Rufinus und Eutropius gezählt wird, weist Olechowska (1978) 134 zu Recht zurück. 6 nati virtute: Wohl nicht zufällig behauptet Claudian am Beginn seines Gedichts, dass die Initiative für den Krieg gegen Gildo – der sich ja auch gegen Ostrom richtete – nicht von dem kurz zuvor zum hostis publicus erklärten Stilicho, sondern von Honorius selbst ausging; vgl. Charlet (2000) 193. 13 laurea: Lorbeerzweige dienten als Zeichen des Sieges. 16 quem veniens indixit hiemps, ver perculit hostem: Wortspiel mit dem militärischen Ausdruck indicere aliquem hostem („jemanden zum Staatsfeind erklären“).

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18 rapidi … Olympi: Das auffällige Epitheton ist wohl angeregt durch Statius, Theb. 1, 197: rapidi super atria caeli. Bei Statius ist von der Bewegung des Himmelsgewölbes die Rede; Claudian überträgt diese Vorstellung auf den Olymp, der hier für den Himmel steht. 20 fascibus: Die Rutenbündel (fasces), eigentlich die Amtsinsignien der kurulischen Magistrate, stehen hier symbolisch als Zeichen der Herrschaft. 32 secures: Die Amtsbeile (fasces) der Provinzstatthalter. 40 corrupto sidere: In der Antike erklärte man die Entstehung von Seuchen gewöhnlich mit einer Verpestung der Luft (vgl. Vergil, Aen. 3, 139: corrupto caeli tractu); das bei Claudian genannte Gestirn muss man sich als Ursache einer solchen Verpestung denken. 41 fluvium per tecta vagum: In den zeitgenössischen Zeugnissen, etwa in den Briefen des Symmachus, ist von einer Überschwemmung Roms zur betreffenden Zeit nicht die Rede. Claudians Formulierung ist demnach bildlich zu verstehen (vgl. auch Komm. zu v. 1). Horaz beschreibt in carm. 1, 2 den Tiber, der aus Wut über die Bürgerkriege über die Ufer tritt; vgl. Charlet (2000) 201. 46–47 patrumque vigebam | consiliis: Döpp (1980) 142 vermutet, dass die gegenwärtige Schwäche des weströmischen Senats, die sich aus diesen Worten ableiten lässt, der Grund ist, weshalb Claudian das Mitwirken der Senatoren bei der Ächtung Gildos nicht erwähnt (vgl. später aber Stil. I 328–332 und III 85–86). 49 Caesar: Den Beginn der Friedens- und somit der Verfallszeit markiert in Romas Sicht wohl die Herrschaft des Augustus, und nicht Julius Caesar; vgl. Cameron (1970) 336 und Döpp (1980) 133 Anm. 4. Romas Geschichte allegorisierend nach Lebensaltern zu gliedern und die senectus nach den Bürgerkriegen mit der Kaiserzeit einsetzen zu lassen, hat eine längere Tradition (Seneca bei Lactanz, inst. 7, 15, 14–16; Florus, epit. 1 praef. 4–8; Ammianus Marcellinus 14, 6, 3–6; nur bei Florus wird allerdings die Ära der Adoptivkaiser als eine Zeit der kraftvollen Verjüngung gedeutet). 67‒74 pavido metimur caerula voto | … fata ruinae: Roma schildert in diesem Abschnitt die Situation des Jahres 397: Anders als gelegentlich angenommen, hatte Gildo die Kornlieferungen nicht bereits beim Amtsantritt des Honorius, sondern erst im Herbst 397 teilweise eingestellt; vgl. Gild. 66‒67 und Döpp (1980) 110 f. mit Anm. 26. 76 tot annos: Die punischen Kriege, in denen Rom seine Rivalin Karthago unterwarf, zogen sich mit Unterbrechung über ein Jahrhundert hin (264–241 v. Chr.: erster punischer Krieg; 218–201 v. Chr.: zweiter punischer Krieg; 149–146 v. Chr.: dritter punischer Krieg). 87 ter victa ruit: In den Jahren 241, 201 und 146.



Anmerkungen zu Gild.

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116 di, quibus iratis crevi: Roms Erfolg resultierte aus der Feindschaft zu Karthago, das von Juno unterstützt wurde. 132 aut dedit ipsa deos: Angespielt ist auf die vergöttlichten Kaiser, die Rom zur Götterwelt beigesteuert hat. 141 iratum … fratrem: Neptun, der Gott des Meeres, ist der Bruder Jupiters. 148–149 medius … limes: Gemeint ist noch einmal die heiße Äquatorialzone (zona rubens). 154 bis senas … hiemes: Africa zieht an dieser Stelle nicht in Betracht, dass Gildo während eines Großteils des erwähnten Zeitraums von Theodosius unterstützt wurde; vgl. Cameron (1970) 108 und Döpp (1980) 141. 187 profuit: Die Verwendung von prodesse („nutzen“) i. S. v. praestat („es ist besser“) erscheint problematisch. 198 veteres detrudit rure colonos: Die topische, aus der Tyrannenschelte bekannte Anklage (vgl. Rufin. I 191 f.) zielt wohl nicht auf realhistorische Sachverhalte, etwa auf eine Agrarreform Gildos; vgl. Cameron (1970) 106 und Döpp (1980) 140 Anm. 24. 208‒212 dixit et adflavit … rubigine cornus: Claudian gestaltet die Verjüngungsszene nach dem Vorbild von Vergil (Aen. 1, 588‒593) bzw. Homer (Od. 6, 229‒231 und 23, 156‒158), wo freilich jeweils keine Gottheit, sondern die titelgebenden Hauptfiguren verjüngt werden; vgl. Döpp (1980) 135 Anm. 7 und 133 Anm. 2 zur Roma senescens. 227 quem simul ut vidit: Arcadius ist bei der Begegnung mit seinem Vater wach, anders als Honorius in der vorangegangenen Szene. Dadurch erhält seine Absage an Gildo am Ende des Dialogs – v. 323–324: commissa profanus ille luat – mehr Gewicht; vgl. Döpp (1980) 139. 230 post Alpes: Theodosius hatte Eugenius 394 in den Julischen Alpen besiegt. 236 hoc erat?: Ein pathetischer Anakoluth eröffnet die Rede. 241 in primo genitore vide: Zu der bislang ungelösten Korruptele vgl. Döpp (1980) 141 Anm. 30: „Daß Theodosius mit genitore v. 241 sich selber meint, ist angesichts von me v. 244 unzweifelhaft; die überlieferte Formulierung (…) ist freilich in einer bei Claudian selten anzutreffenden Weise ungefüge. Begreiflicherweise hat Birt daran Anstoß genommen; seine Konjekturen: invito genitore (im Apparat seiner Ausgabe) und: infirmo genitore (Praefatio CIV, 2: von Koch in seine Ausgabe übernommen) sind allerdings gedanklich wenig befriedigend.“ Charlet (2000) 137 ändert den Text nicht und versteht: „Vois d’abord pour ton père: la discorde civile | Brulait …“. 246‒247 solus at hic … fluitante fide: Dass Gildo dem Kaiser Theodosius bei dessen Vorbereitungen zum Gegenschlag gegen Eugenius 394 die militärische Hilfe

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verweigerte, erwähnt Claudian auch in 6 cons. Hon. 108‒110; vgl. Döpp (1980) 110. 256 germani nunc usque tui responsa colebat: Aus diesem Vers geht hervor, dass Gildo Honorius bis zum Herbst 397 als Kaiser anerkannte; vgl. Döpp (1980) 110. 259 inque tuam sortem numerosas transtulit urbes: Vgl. v. 279–283 und Stil. I 271‒272 (quamvis obstreperet pietas, his ille regendae | transtulerat nomen Libyae). Gildos Seitenwechsel ist außerdem bezeugt bei Symmachus, epist. 4, 4; Orosius 7, 36, 2 und Zosimos 5, 11, 2. 260–261 ergo fas … | seditio: Nach Claudian ging der Bestechungsversuch von Gildo aus (vgl. Eutrop. I 399 und Stil. I 271‒278); vgl. dagegen Zosimos 5, 11, 2, wo Gildo auf Initiative Eutrops handelt, und Döpp (1980) 111 f. 268 Philippus: Philipp II. von Makedonien (gest. 336 v. Chr.), Vater Alexanders d. Gr., der Makedoniens Hegemonie in Griechenland vor allem mit militärischer Überlegenheit, zuletzt in der Schlacht von Chaironeia (338 v. Chr.), durchsetzte. Der Vorwurf der Bestechung wird von Demosthenes immer wieder erhoben (allgemein z. B. or. 10, 5; gegen Philokrates in der Rede gegen die „Truggesandtschaft“, die den Frieden von 346 aushandelte, or. 19, 145). 271–272 pollicitum domino miscere venena | Fabricius regi … remisit: C. Fabricius Luscinus erwies sich in Verhandlungen mit Pyrrhus unbestechlich (Plutarch, Pyrrh. 19 f.) und verhinderte den Giftmord des Gegners durch einen Verräter (Cicero, off. 3, 86). 274–275 Camillus … pueros … reddidit urbi: M. Furius Camillus, der Eroberer von Veji (396 v. Chr.), lehnte während der Belagerung das Angebot eines Verräters ab, der ihm als Erzieher die Knaben der städtischen Oberschicht ausliefern wollte (Livius 5, 27). 276 cum proelia solvant: Bezieht sich auf die letzten beiden Beispiele, in denen eine offene Entscheidung in der Feldschlacht durch Verrat hintertrieben werden soll. 289‒290 quando non ille iubenti | paruit?: Der Hinweis auf Stilichos Befehlstreue spielt auf die beiden jüngst abgebrochenen Feldzüge gegen Alarich an, in denen Stilicho um des Gehorsams willen auf den sicheren militärischen Sieg verzichtete; vgl. Cameron (1970) 111 f. 299 patre remoto: Hall nimmt den von Koch konjizierten Wortlaut dieser Stelle in seinen Text auf: Theodosius spricht über die Zeit nach seinem eigenen Tod (Birt: calce remoto; Olechowska: Caesare moto). 314 sed tantum permitte cadat: nil poscimus ultra: Mit Döpp (1980) 148 sind diese Worte als Aufforderung zu lesen, Gildo von oströmischer Seite nicht militärisch zu unterstützen und damit einen offenen Bürgerkrieg auszulösen, was



Anmerkungen zu Gild.

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ja – wie zum Zeitpunkt der Abfassung des Gedichts im Sommer 398 auch feststand – nicht geschehen sollte. 318 novi consilium … Stilichonis: Die Qualitäten Stilichos als guter Berater waren auch Gegenstand der inschriftlichen Propaganda; vgl. CIL VI 1730 (… Africa consiliis eius et provisione liberata …) und CIL IX 4051 (dazu Cameron [1970] 114–115 und Döpp [1980] 145 Anm. 34). Selbst den Feldzug gegen den von Ostrom protegierten Gildo zu übernehmen, hatte sich nach der Ächtung von 397 für Stilicho verboten: Theodosius geht deshalb in seinem Lob des Feldherrn bewusst nicht auf dessen militärische Fähigkeiten ein, sondern streicht dessen strategisch-beratende Begabung hervor. 322–323 nec carior alter | cognato Stilichone mihi: Claudians fiktive Darstellung suggeriert, dass Arcadius Stilicho sogar noch über Eutrop stellt; vgl. Döpp (1980) 146: „Dass Arcadius zu der Zeit … über Stilicho so geurteilt hat, ist ausgeschlossen, da es in diesem Falle gar nicht zum Gildokrieg gekommen wäre“. 328 Maria cum coniuge: Cameron (1970) 109 weist zu Recht darauf hin, dass die Hochzeit zwischen Honorius und Maria erst im Frühjahr 398, also nach der fiktiven Unterredung zwischen Theodosius d. Ä. und Honorius, stattgefunden hat (vgl. auch die weiteren Anspielungen auf die Ehe in Gild. 309‒310 und 352). 333–335 Firmumne iacentem | … rursus habent?: Theodosius d. Ä. übergeht an dieser Stelle die Tatsache, dass er seinerzeit ausgerechnet von Gildo im Kampf gegen Firmus unterstützt wurde (Ammianus Marcellinus 29, 5, 21). 343 iungantur spoliis Firmi Gildonis opima: Die sog. spolia opima sind Beutestücke, die der befehlende Feldherr dem feindlichen Feldherrn im Zweikampf abgenommen hatte; vgl. zu 4 cons. Hon. 632–633. 376–377 bis noster ad Alpes | … cucurrit: Theodosius I. schlug 388 den weströmischen Usurpator Magnus Maximus in den Schlachten bei Siscia und Poetovio; 394 besiegte er den Usurpator Eugenius in der Schlacht am Frigidus. 383 prius … Averno: Mit dem Adynaton soll gesagt werden, dass sich eher Himmel und Erde vermischen werden. Am Avernersee lag ein Eingang zur Unterwelt. 399–400 hoc facinus … | avertitque diem: Beim Mahl des mykenischen Königs Thyestes, dem Atreus aus Rache für den Ehebruch mit seiner Frau Aerope die Söhne geschlachtet und zum Verzehr vorgesetzt hatte, soll die Sonne ihren Lauf umgekehrt haben. 409 Adherbal: Sallust schildert in Iug. 13–14, wie Adherbal im Kampf mit seinem Halbbruder Jugurtha aus dem ererbten Reich vertrieben wird und den römischen Senat um Hilfe bittet. 418‒423 Herculeam … Leones: Es folgen diverse Bezeichnungen für Kohorten; eine genaue Zuordnung mit Quellennachweisen gibt R. Cagnat: L’armée romai-

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ne d’Afrique et l’occupation militaire de l’Afrique sous les empereurs, Paris 1912/1913, 732 f. 429–431 iusto magnoque triumpho | … non robore vinci: Im Kampf gegen Eugenius standen sich ost- und weströmische Truppen gegenüber; vgl. Döpp (1980) 147: „Die Truppen des Westreichs … seien damals nicht aus militärischer Schwäche unterlegen gewesen, sondern weil sie sich der besseren Sache (nämlich des Theodosius) gebeugt hätten; dies solle Byzanz (mit der ganzen Welt) erkennen, wenn die Truppen des Westens jetzt über Gildo siegten …“. 453 Illyricis … damnis: Eine Anspielung auf die – 395 vollständig, kurz darauf nur mehr teilweise erfolgte – Unterstellung Illyriens unter oströmische Verwaltung. Zur Abfassungszeit des Gedichts hatte man sich dahingehend geeinigt, dass Ostrom die Gebiete Dacia, Moesia, Macedonia und Achaea verwaltete, Westroms Einfluss hingegen auf Pannonien und Dalmatien beschränkt blieb (Döpp [1980] 71–73). 467‒468 fulvusque Tonantis | armiger: Der Adler, der die Blitze Jupiters trägt; zur Farbe vgl. Vergil, Aen. 12, 247: fulvus Iovis ales. 467‒471 omina conveniunt dicto … truncatus decidit anguis: Ein ähnliches Vorzeichen lässt Cicero seinen Bruder Quintus in div. 1, 106 als fausta … signa zitieren; es handelt sich um einen Abschnitt aus Ciceros verlorenem Epos „Marius“. 474 parvis … colonis: Gemeint sind die Pygmäen, ein sagenhaftes Volk von Kleinwüchsigen, die seit Alters her mit den Kranichen im Streit liegen; Modell ist das Gleichnis bei Homer für die in den Kampf ziehenden Trojaner (Il. 3, 1–7). 483 Alpheae … Pisae: Die historisch nicht nachweisbare Verbindung von Pisa zu der am Alpheus gelegenen griechischen Stadt Pisa ist auch im Schiffskatalog der Etrusker bei Vergil zu finden (Aen. 10, 179 f.: hos parere iubent Alpheae ab origine Pisae, | urbs Etrusca solo, vgl. Servius z. St.). 496 et contusa vagos iaculentur sidera crines: Die antiken Astronomen erklärten die Entstehung von Sternschnuppen damit, dass aufsteigende Winde auf die fixen Sterne treffen und Teile von deren Feuer mit sich reißen (vgl. Servius zu Vergil, georg. 1, 366).

Panegyrici dicti Mallio Theodoro consuli praefatio 5 continuis … castris: Simon (1975) 69 u. 121 f. versteht richtig, dass Claudian sich in Mailand, d.h. am Hof des Kaisers, also des obersten Kriegsherrn, und im Hauptquartier des Heers, als tribunus und notarius aufhielt. Diesen Vers als einen Hinweis auf die Kriegsthematik in den vorausgehenden Gedichten zu deuten (so Charlet [2017] 133), würde dagegen nur eingeschränkt – nämlich



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auf In Rufinum und In Gildonem – zutreffen, nicht für das Epithalamium und nur geringfügig für die Panegyrici auf Honorius gelten. 11–16 Iuppiter … spatium cum discere vellet … axis aves: Nach Strabo 9, 3, 6 geht der Mythos auf Pindar zurück (fr. 54 Snell-Maehler; Schol. Pind. Pyth. 4, 6), der Delphi dabei als Nabel der Welt bezeichnet; vgl. Simon (1975) 125 f.

Panegyricus dictus Mallio Theodoro consuli 8 ad rura: Gegen die handschriftliche Überlieferung a rure hat sich die Verbesserung von Cuiacius durchgesetzt: ad rura profectus; Simon (1975) 131 f. verteidigt a rure profectus, weil dies vom Senat in Rom aus gedacht sei und die Liktoren und der neue Konsul gemeinsam vom Land nach Rom zurückkommen. 9 in mediis consul quaesitus aratris: Für die außerordentliche Ernennung zum Diktator (nicht Consul) gibt es die exempla altrömischer Senatoren, die landwirtschaftliche Schwerstarbeit selbst verrichteten, u. a. die berühmte CincinnatusSzene (Livius 3, 26 ff.); vgl. zu 4 cons. Hon. 416–418. 10–12 te … | emeritum … desudatisque remotum | iudiciis: Der erste Rückzug aus der Politik fällt offenbar in die Zeit (nach Simon [1975] 66: ab dem Jahr 382), in der der junge Augustinus mit ihm im Kontakt stand; er hat Theodorus De vita beata gewidmet und ihn in De ordine als seinen Lehrer gepriesen. 12–13 eadem rursus conplexa potestas: Das Wirken des Theodorus als praefectus prae­ torio Italiae, Illyrici et Africae ist seit dem 31.1.397 (Cod. Theod. 11, 16, 21; 16, 2, 30) bis mindestens zum 7.6.399 (Cod. Theod. 11, 30, 58) nachweisbar, vgl. Simon (1975) 67. 14 accedunt trabeae: Die trabea steht bei Claudian gern metonymisch für das Amt des Konsuls, vgl. zu 3 cons. Hon. 5. 22–23 ipsa haec amplissima sedes | orantem stupuit bis laudatura regentem: Die Stelle wirft Verständnisprobleme auf. Zum einen ist unklar, ob mit sedes der Senat oder der Kaiserhof gemeint ist. Barth und nach ihm Gesner (1759) 202 verstehen darunter den versammelten Senat beim Amtsantritt des Konsuls; regentem bezeichnet für sie den Senatsvorsitz des Konsuls; bis muss dann i. S. v. „zum zweiten Mal“ verstanden werden (ThlL II, 2012, 7 ff.). Simon (1975) 138 f. deutet sedes als den Mailänder Hof; regere könne gut vom praefectus praetorio gesagt werden, für die Tätigkeit des Konsuls passe dieses Verb nicht. Leider kann das umstrittene bis laudatura regentem nicht problemlos auf die beiden Präfekturen, die Theodorus inne hatte, bezogen werden; als praefectus praetorio per Gallias (zwischen 380 und 382) unterstand Theodorus nicht der Regierung in Mailand, erst als praefectus praetorio Italiae Illyrici et Africae (zwischen 397 und 399).

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24 pars Libyae moderantem iura: Theodorus übernahm die Leitung einer Provinz der Diözese Africa. 26–27 populumque clientem | publica mansuris testantur vocibus aera: Durch die Übernahme eines Amts in einer Provinz konnte ein Patronatsverhältnis zu Städten und ganzen Regionen entstehen, in dem der Patron die Interessen der clientes vor Gericht, im Senat oder vor dem Kaiser zu vertreten hatte. 28–29 tibi Macetum tellus et credita Pellae | moenia: Theodorus wirkte dort als con­ sularis Macedoniae. 34–35 terris edicta daturus, | supplicibus responsa: Die Karriere als Hofangehöriger (comitatus) muss aus Claudians Angaben erschlossen werden. Die beschriebenen Aufgaben deuten auf die Zentralkanzlei (unter dem magister officiorum) hin, in der es drei Abteilungen (scrinia) gab: „Der magister memoriae schrieb die Bescheide (adnotationes) und versandte, auf sie gestützt, die Kabinettsorder. Der magister epistularum kümmerte sich um administrative Probleme und um Anfragen von Beamten. Der magister libellorum hatte es mit juristischen Fragen zu tun. Er betreute die Untertanen, nahm Untersuchungen vor und behandelte Gesuche. Eine scharfe Abgrenzung der Zuständigkeit ist allerdings weder aus diesen Funktionsbeschreibungen noch aus den zahlreichen Quellenzeugnissen ersichtlich“ (Demandt [2007] 278). 35–37 oracula regis | eloquio crevere tuo … locutam: Die Betonung, dass Theodorus die kaiserlichen Erlasse formuliert hat, deutet auf das Amt des quaestor sacri palatii (Justizminister) hin, vgl. Demandt (2007) 281. 38 hinc sacrae mandantur opes: Claudians Angabe bestätigt Cod. Theod. 11, 16, 12: Mallius Theodorus ist im März 380 als comes sacrarum largitionum tätig; vgl. Simon (1975) 64. 50–51 Hispana tibi Germanaque Tethys | paruit et … Britannia: Theodorus hat eine der vier Reichspräfekturen als praefectus praetorio Galliarum inne. Die Präfekturen waren in Diözesen und diese wiederum in Provinzen aufgeteilt. Die dioecesis Hispaniae, die Septem Provinciae (Gallien) und die dioecesis Britanniae unterstanden also dem PPO Theodorus. 54 o quotiens doluit Rhenus, qua barbarus ibat: Der Rhein schämt sich dafür, dass linksrheinisches Gebiet nicht zum römischen Reich gehört; barbarus ist als Prädikatsnomen zu verstehen ist, vgl. Lucan. 1, 19: iam barbarus isset Araxes, Ausonius' Burdigala-Gedicht im Ordo urbium nobilium (barbara ora Rheni 11, 20, 6 f. Peiper = 24, 133 f. Green) nach Simon (1975) 152. 59 una potestatum spatiis interfuit aestas: Handschriftlich gut bezeugt ist die Überlieferung aetas. Koch ergänzt zu una aetas die Bestimmung iuvenilis; Charlet (2017) 13 versteht: „Les moments de tes fonctions se sont inscrits en un seul âge“; Otto Seeck, Hermes 19 (1884) 164 hatte sich dagegen für die Lesart aes­



Anmerkungen zu Mall. Theod.

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tas ausgesprochen; Simon (1975) 154 f. weist die Zweifel zurück, indem er für aetas die Bedeutung „Menschenalter“ (im Umfang von 30 Jahren, also eine Generation) annimmt (vgl. ThlL I, 1135, 46 ff.); doch wird in den dortigen Belegstellen i.d.R. der Plural gesetzt. Entscheidend für das Verständnis der Stelle ist, wie man die Konstruktion und Bedeutung von interfuit auffasst; Simon spricht sich für eine Bedeutung aus, die adesse nahe steht (Belegstellen ThlL VII.1, 2283, 40 ff., wo es „in bestimmten Zeiten leben/dabei sein“ ausdrückt): eine einzige Generation war dabei (war Zeuge/erlebte?) bei den Zeitspannen der Ämter. Zu Platnauers Übersetzung i. S. v. „eine einzige Lebenszeit reichte aus für …“ ist dagegen keine geeignete Belegstelle mit interesse beizubringen. Ungezwungener scheint uns tatsächlich Seecks Lösung zu sein; da Claudian zuvor von adsidui honores gesprochen hat, muss er mit aestas doch eine kurze Unterbrechung einräumen: „nur ein einziger Sommer lag zwischen den Zeitspannen der Ämter“; er gibt somit keine redundante Information, was bei der Lesart aetas der Fall wäre; denn in v. 60 ist der Umstand, wie früh die Ämter erreicht wurden, noch einmal ausgedrückt. 70–71 aliis princeps rerum disponitur aër | hic confidit aquis, hic procreat omnia flam­ mis: Die Suche nach der ἀρχή, der Frage nach den obersten Prinzipien und Ursachen, wird von Aristoteles zu Beginn der Metaphysik als Inbegriff der Philosophie dargestellt, so dass er diese Fragestellung als wesentlich für die Anfänge bei den Vorsokratikern erkennt; vgl. dazu Dieter Bremer, in: Flashar (2013) 1/1, 61 ff.: Thales wird bei Aristoteles (Metaphysik A 3, 983b 6 ff.) und dann generell in der antiken Philosophiegeschichte (vgl. etwa Cicero, nat. deor. 1, 25 ff.; Augustinus, civ. 8, 2) als der erste physikalische Prinzipienforscher genannt, der im Element Wasser die chemische Substanz für die Ausbildung aller Dinge der Natur gesehen hat, vgl. Niels Christian Dührsen, in: Flashar (2013) 1/1, 250–255. Anaximenes wird in der doxographischen Tradition seit Aristoteles genannt, wenn es um die Bestimmung der Luft als stoffliches Prinzip geht, das zugleich als Träger der Seelenkräfte gilt, vgl. Niels Christian Dührsen, in: Flashar (2013) 1/1, 322–328. Dagegen ist das Feuer als Urelement nicht für die jonischen Vorsokratiker bezeugt, sondern der (beseelte) Feueräther gilt für Heraklits Lehre als Prinzip aller Dinge (und ihres Fließens: des Entstehens, Werdens und Vergehens) als typisch, vgl. Dieter Bremer und Roman Dilcher, in: Flashar (2013) 1/2, 616–619. Simon (1975) 160 weist auf eine ähnliche Aufzählung in Sidonius' Tempel der Philosophie im Epitha­ lamium für Polemius und Araneola (carm. 15, 79–125) hin; Sidonius nimmt natürlich eine christliche Bewertung vor. 72–74 alter in Aetneae casurus … nectit amicitiis quidquid discordia solvit: Mit dem Sprung in den Ätna (vgl. Horaz, ars 464 ff.) ist Empedokles gekennzeich-

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net; selbst in der satirischen Zeichnung bei Horaz ist damit der Nachweis der Göttlichkeit der Seele verbunden, die nach dem Tod des Menschen die Wiedervereinigung mit Gott erreicht. Die beiden Triebkräfte Attraktion (Liebe) und Repulsion (Streit) bewirken die Mischung bzw. Trennung der vier Elemente und damit auch die Veränderung der sichtbaren Phänomene; vgl. Oliver Primavesi, in: Flashar (2013) 1/2, 694–721. 75 corporis hic damnat sensus: Unabhängig davon, dass diese Aussage auch auf andere Philosophen zutrifft, denkt man hier zuerst an Platons erkenntnistheoretische Abwertung der sinnlichen Wahrnehmung. 76–77 hic … lapsurae pondera terrae | conatur rapido caeli fulcire rotatu: Simon (1975) 165 erkennt in der hier umschriebenen Fragestellung die Lehre des Anaxagoras wieder. Die auf Theophrasts Doxographie zurückgehende Überlieferung zeigt, dass Anaxagoras in seinen Physika die Funktionsweise innerkosmischer Zusammenhänge ausgehend davon erklärt hat, dass die Erde in Gestalt einer Scheibe von der sie umgebenden Luft in der Schwebe gehalten wird (Hippolytos 8, 3; vgl. Georg Rechenauer, in: Flashar [2013] 1/2, 747); Aristoteles hebt lobend hervor, dass bei Anaxagoras die Kosmogonie durch einen ersten Bewegungsanstoß ausgelöst wird (Phys. Θ 5, 256b 24 ff.), der eine Scheidung der Elemente voneinander bewirkt; die einsetzende Drehung setzt sich nach außen fort; aus dieser kosmogonischen Wirbelbewegung erklärt Anaxagoras die Position der Himmelskörper; infolge der kosmischen Rotation bleibt die Erde im Zentrum, während um sie die Gestirne auf ihren Bahnen kreisen (Rechenauer, in: Flashar [2013] 1/2, 774–776). 78 accenditque diem praerupti turbine saxi: Nach Anaxagoras’ Kosmogonie ist die Sonne ein Stein, der durch die schnelle Bewegung zum Brennen gebracht wird. 79 ille ferox: Das Adjektiv wird nicht in Verbindung mit einem Philosophen verwendet; Birt hat im Apparat daher die Konjektur ferax eingebracht, die zur Metapher parturit zwar passen würde, allerdings weit vom Verb entfernt steht; hier soll wohl die kühn vertretene Position der Atomisten zur Verstärkung von non passus ausgedrückt werden. 79–81 unoque tegi non passus Olympo … parturit innumeros … mundos: Die Atomistik (Leukipp und Demokrit und in der Nachfolge auch Epikur) setzt als Grundprinzipien des Seins die Atome und die Leere, in der sich die Atome bewegen können (und daher Vielfalt und Veränderung erklärbar werden). Die Lehre der unendlich vielen Welten wird den Atomisten zugeschrieben (vgl. u. a. Cicero, nat. deor. 1, 53). 82–83 hi vaga collidunt caecis primordia plagis | numina constituunt alii casusque re­ legant: Für die Gegenüberstellung des Atomismus und der für die Weltentste-



Anmerkungen zu Mall. Theod.

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hung verantwortlichen göttlichen Macht könnte Lucan (2, 7–13) das Modell gewesen sein. 87 Socratico … ab ordine: als Umschreibung für Akademie und wohl auch Peripatos aufzufassen. 88 docta Cleantheae … atria turbae: Der Stoiker Kleanthes steht in der Dichtung gern als pars pro toto für die Stoiker, wobei mit atria das griechische Wort Stoa („Säulenhalle“) angedeutet ist. 89 tuo, Chrysippe, recessu: Claudian spielt auf die Schriftstellerei des berüchtigt produktiven Stoikers an. 90 quidquid Democritus risit: In der antiken Tradition symbolisieren Heraklit und Demokrit zwei kontrastive Haltungen, um auf die Torheiten der Welt zu reagieren: Heraklit weint, Demokrit lacht (vgl. Sen. dial. 4, 10, 5; Juv. 10, 34–53). 90–91 dixitque tacendo | Pythagoras: spielt auf das Schweigegebot an, das die Schüler des Pythagoras für eine bestimmte Zeit zu Beginn als sog. Akoustikoi („die, die zuhören“) einhalten mussten (vgl. Gellius 1, 9, 4). 95–96 quo fine beatum | derigitur: Umschreibung für das Telos, auf das der Mensch sein Leben ausrichten soll, um die Eudaimonie zu erreichen (vgl. Cicero, De finibus bonorum et malorum). 98–99 quae pars iniusta recidat, | quae vincat ratione metus, quae frenat amores: Umschreibungen für die Kardinaltugenden iustitia, fortitudo und temperantia. Auf das stoische System und die Grundeinteilung der Affekte in metus und cupidines, die von der Vernunft überwunden werden müssen, scheint v. 99 hinzuweisen. 100–101 semperque fluentis | materiae causas: Nach der Ethik wird jetzt der Bereich der Physik mit Anspielung auf Heraklits Satz „alles fließt“ umschrieben. 101 quae vis animaverit astra: Platonisch bzw. stoisch ist die Belebung des Kosmos durch den Weltenlogos. 103 sidera … septem: Die Planeten (Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Mond und Sonne), deren Umlaufbahnen im geozentrischen Weltbild gegenläufig zur Himmelssphäre sind (vgl. Cicero, rep. 6, 17). Semple (1937) 167  erklärt die Fragestellung des Mallius, ob es einen Lenker oder zwei Intelligenzen gibt, mit den beiden Bewegungen der Planeten, die zu berücksichtigen sind: Wie der Fixsternhimmel eine tägliche Rotation durchmacht, haben auch die Planeten eine daran angepasste tägliche Bewegung von Osten nach Westen; zusätzlich aber haben sie eine unabhängige Bewegung, jeweils für sich, von Westen nach Osten. 106 sitne color proprius rerum: Die Farbe gilt i.d.R. als Eigenschaft eines Körpers; oft wird eine Korrelation zwischen den Elementen und den Grundfarben angenommen; die anderen Farben entstehen durch Mischung von Elementen

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(Ps.-Aristoteles, De coloribus); die unterschiedliche Wahrnehmung durch Licht und Schatten wird dabei berücksichtigt; bei Seneca (nat. 1, 3–7) wird diskutiert, ob der Regenbogen die Farbe der Wolken oder der Sonne annimmt oder aufgrund von Spiegelung die Farbwahrnehmung entsteht. 107–108 tumidos quae luna recursus | nutriat Oceani: Dass die Gezeiten von den Mondphasen abhängig sind, hat prominent ebenfalls Poseidonios behandelt (Edelstein/Kidd I, 191–201). 108 quo fracta tonitrua vento: Zur Diskussion, wie Donner entsteht, vgl. Lukrez, 6, 96–159 und Seneca, nat. 2, 27–29. 109 quis trahat imbriferas nubes: Die aristotelische Theorie gelangt zur Vorstellung eines Wasserkreislaufs, indem er trocken-warme und feuchte Ausdünstung (anathymiasis) unterscheidet. Zur Entstehung von Wolken und Regen äußert sich Lukrez (6, 450–523); Für Senecas viertes Buch der Naturales quaestiones ist der aussagekräftige Text dazu (Anfang von 4b) verloren. 109–110 quo saxa creentur | grandinis: Zur Entstehung von Hagel vgl. Seneca, nat. 4b, 3–8. 110 unde rigor nivibus: Zur Entstehung von Schnee vgl. Lukrez, 6, 527–534 und Seneca, nat. 4b, 8–12. 110–111 quae flamma per auras | excutiat rutilos tractus: Nach Aristoteles entstehen Feuererscheinungen am Himmel, indem die feurige Himmelssphäre kurzzeitig entflammt wird; zu Theorien der Entstehung von Blitzen und ähnlichen meteorologischen Erscheinungen vgl. bes. Seneca, nat. 1 (De ignibus); die Entstehung von derartigen farbigen Phänomenen erklärt Seneca, nat. 1, 14 durch Reibung und Erhitzung der Luft. 112 tristem fingat crinita cometen: Der Diskussion um die Entstehung von Kometen widmet Seneca das siebte Buch der Naturales quaestiones. 113 fundaverat ancora puppim: Auch Augustinus setzt die Metapher des von hoher See in den Hafen Einfahrenden zu Beginn der Theodorus gewidmeten Schrift De beata vita ein, wenn auch in moralphilosophischem Sinn der scheiternden oder gelingenden Lebensfahrt. 115 nascentes ibant in saecula libri: Augustinus spricht im Dialograhmen von De or­ dine 1, 31 lobend von der Literaturproduktion des Theodorus, ohne allerdings konkrete Themen oder Buchtitel zu nennen. Einzig die Schrift De metris ist erhalten (Grammatici Latini 6, 585–601). 119 deserit autumni portas: Gemeint ist die Tag- und Nachtgleiche im Herbst im Sternzeichen der Waage; Megaera hatte in der Invektive Rufin. I 363–366 Iustitia verspottet, sie solle sich in ihre Region am Himmel zurückziehen (Semple [1939] 3 f.); daraus wird deutlich, dass Iustitia und Astraea, die als letzte Göttin die Erde verlassen hat (Ovid, met. 1, 149 f.), gleichzusetzen sind.



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118 frontem limbo velata: I. S. v. „Kopfbinde“ ist limbus selten verwendet (immerhin bei Statius, Ach. 1, 850); Scaliger bevorzugt daher die Lesart frontem nimbo velata; wenn die Göttin ihr Haupt mit der Wolke verhüllt, könnte das auch erklären, wie sie ungesehen (per occultum, v. 124) zu Theodorus gelangt. Allerdings bleibt dabei unklar, warum nur das Haupt mit der Wolke verdeckt ist. 120 noctis reparant dispendia Chelae: Die Scheren des Skorpion stehen für das Sternbild der Waage, das die Tag- und Nachtgleiche im Herbst anzeigt (Semple [1939] 4); zur Gleichsetzung beider Sternbilder bei den Chaldaei vgl. Servius zu Vergil, georg. 1, 33: chelae enim Scorpii Libram faciunt; ähnlich Manilius 2, 258: Scorpios in libra consumitur brachia. 126–127 aetherios … cursus, | quos … deprendit pollice Memphis: Theodorus betreibt astronomische Studien im Sinne ägyptischer Gelehrter wie Ptolemaios; die Aufzeichnungen im Sand können, so Simon (1975) 190, an Archimedes erinnern, vgl. Livius 25, 31, 9: intentum formis quas in pulvere descripserat. 128–131 quae moveant momenta polum … relinquat: Typische Themen naturwissenschaftlicher Fragestellungen im Bereich der Astronomie werden angedeutet: wie die nur scheinbar unregelmäßigen Bahnen der Fixsterne und Planeten erklärt werden und die Prognose der Sonnen- und der Mondfinsternis gegeben werden kann; linea bezeichnet dabei die Konstellation von Mond, Erde und Sonne in einer Linie der Ekliptik, so dass die zwischen Sonne und Vollmond tretende Erde die Mondfinsternis hervorruft (Semple [1937] 169). Die von Hall angezeigten Textkorruptelen hat bereits Birt mit folgenden Heilungsversuchen angegeben: Statt causisque schlägt Gronovius quantusque (numerus) vor, Jeep setzt lucisque, Buecheler pausisque und Birt selbst schlägt spatiisque oder circlisque vor. Simon (1975) folgt Semple, der causisque meantem i. S. v. „aus physikalischen Ursachen eintretend“ erklärt; so auch ThlL VIII, 786, 70 f., allerdings stützen diese Bedeutung nur zwei weitere Belege: bei Claudian selbst Stil. I 10: ordine vota meant, und bei Boethius, cons. 5 carm. 1, 12: fors … lege meat. 150–152 quam qui responsa secutus … Athenas: Themistokles deutete in den Perserkriegen die hölzernen Mauern, die der Orakelspruch von Delphi anriet, richtig als Schiffe und veranlasste die Evakuierung der Athener (Herodot 7, 141, 3–4 und Nepos, Them. 2, 7). 153–154 Spartanis potuit robur praestare Lycurgus | matribus: Plutarch verteidigt in der Lykurg-Vita (14–15) die Einrichtung, auch die Mädchen in Gymnastik und Sport streng zu erziehen, damit sie gesund und gebärfähig würden. 155 ignavo credere muro: Vgl. zu 4 cons. Hon. 508–509. 157–158 at non Pythagorae monitus … luxum pressere Tarenti: Claudian verbindet hier Pythagoras’ berühmte Schule in Süditalien mit dem Klischee vom Lu-

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xusleben in Städten der Magna Graecia; statt Sybaris wird hier wegen des spartanischen Gründers Tarent genannt, das in der Literatur, u. a. bei Silius Italicus, für die Verweichlichung von Hannibals Truppen im Winterlager verantwortlich gemacht wird. 157 annique silentes: Anspielung auf das Pythagoreische Schweigegebot, vgl. zu v. 90–91. 163–165 nunc Brutus amaret | vivere sub regno … | Fabricius, … Catones: Mit Brutus ist der Begründer der Republik durch die Vertreibung des Königs Tarquinius genannt, mit Cato Uticensis Caesars Kontrahent und Symbolfigur der libera res publica; der ältere Cato und der unbestechliche Fabricius gehören als Symbolfiguren der altrömischen Sittenstrenge in diese exempla-Reihe, die von Vergils Heldenschau vorgeprägt ist (Aen. 6, 818: ultoris Bruti; 6, 841: magne Cato; 6, 844: Fabricium). Simon (1975) 203 f. verweist auf Martials Kaiserepigramm 11, 5; dort bewirkt der Kaisers, dass sich alle Helden gegen ihre Prinzipien verhalten, z. B. würde Fabricius vom Kaiser Geld annehmen und Cato würde ein Caesarianus. 166 soror Clementia: Seneca hat clementia als Herrschertugend in enge Verbindung zu iustitia gestellt, weil ein begnadigender Herrscher vorab den Fall mit strengen Kriterien bewerten muss, um gerecht zu entscheiden, ob der Schuldige durch die Begnadigung gebessert wird. 167 fratresque … serenos: serenitas gehört zur Kaisertitulatur. 178 nosse soli vires: Theodorus erweist sich also auch in der Agrikultur, die spätestens seit Varros systematisierendem Dialog De re rustica explizit den Rang einer ars beansprucht, gebildet, da er die grundlegende Frage eines Gutsbesitzers, welche Bodenqualität welche Art des Anbaus zulässt, beantworten kann. 190–191 tu prima hominem silvestribus antris | elicis et foedo deterres saecula victu: Die Kultur bringende Wirkung der Gerechtigkeit ist typisch für den hymnischen Preis, wie wir ihn bei Cicero von der Philosophie (Tusc. 5, 5) oder der Rhetorik (de orat. 1, 34) kennen; Simon (1975) 214 f. weist auf das Lob der Dichtung bei Horaz, ars 391 f. hin: silvestris homines sacer interpresque deorum | caedibus et victu foedo deterruit Orpheus. Für die unwürdige Ernährung (victus in engerer Bedeutung) stehen in antiker Literatur die Eicheln, von denen sich die Urmenschen vor Erfindung des Ackerbaus ernährt haben. 193 nitidis quisquis te sensibus hausit: Während nitidus gern zum Ausdruck für körperliche Gesundheit und Stattlichkeit eingesetzt wird, ist Claudian der einzige, der das Adjektiv mit sensus verbindet. Hall setzt also mit Berechtigung Cruces in den Text, auch wenn die Übertragung vom Körper auf die Sinne leicht vorzustellen ist. 198–199: suscepit habenas | quattuor: Die allegorische Quadriga umschreibt die Amtsgewalt des praefectus Italiae, Illyrici et Africae. Diokletians Reichsreform



Anmerkungen zu Mall. Theod.

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organisierte die Provinzverwaltung völlig neu; die Provinzen wurden verkleinert, dann zu zwölf Diözesen zusammengefasst, denen ein vicarius aus dem Ritterstand vorstand, der den praefectus praetorio (PPO) vertrat. Der PPO war der ranghöchste Verwaltungsbeamte und Stellvertreter des Kaisers; Konstantins Einteilung des Reichs in vier Präfekturen (Oriens, Illyricum, Italia und Galliae) „entsprach territorial etwa der diocletianischen Tetrachie. (…) Im späteren 4. Jahrhundert waren die Präfekturen Italien, Africa und Illyricum mehrfach in einer einzigen Hand“ (Demandt [2007] 293). 201 Numidas: Hall übernimmt Heinsius’ Emendation des handschriftlich überlieferten lidos bzw. lydos. Simon verbessert zu Libyam, Charlet zu Libyos; in beiden Fällen wird die gleichlautende Endung wiederholt, was Claudian vermeidet. 205 nec tot molimina rerum: Hall übernimmt den Textvorschlag von Heinsius; breit überliefert ist: nec te tot limina rerum; Birt schlägt vor: nec te tot lubrica rerum; Simon entscheidet sich (wie Platnauer) für: nec te tot lumina rerum („Doch dich hat nicht der so große Glanz der Aufgaben … verwirrt.“). 211 sic patiens animus: Hall nimmt in seinem Text die Lesart patiens animi auf; alle anderen Herausgeber entscheiden sich für animus; diese allgemeinere Charakterisierung hat den Vorzug, dass Claudian in einem weniger auffälligen Übergang von der reflektierenden Haltung des Erzählers, der von Theodorus in der dritten Person spricht, in die emotionalere Anrede übergehen kann. 217 servat inoffensam … vocem: Der ungewöhnliche aktivische Gebrauch von in­of­ fen­sus (i. S. v. „ohne Anstoß/Beleidigung zu erregen“) ist aus der Weg-Meta­ phorik (ohne Widerstand fortlaufend) zu erklären, vgl. die Belege im ThlL VII, 1736, 35–63, u. a.: Paulinus von Nola, epist. 5, 17: immaculatam et inof­ fensam viam tuam. 233 nullo confessus murmure vires wird bei Platnauer, Simon und Charlet syntaktisch als Charakterisierung des Nils verstanden; Hall dagegen trennt syntaktisch den Abschnitt vom vorausgehenden und gibt in der Interpunktion seine Neigung zu erkennen, einen der Lösungsversuche für v. 234 anzuwenden. 234 acrior ac rapidus: Hall setzt die Adjektive in Cruces, weil sie als Eigenschaften, die dem Nil abgesprochen werden, redundant sind, dagegen als Eigenschaften der Donau im Vergleich der ruhigen Ströme mit den kleineren tobenden Flüssen widersprüchlich wirken. Die Heilungsversuche ersetzen eines der Adjektive durch einen Flussnamen: Stephanus Clauerius setzt in seiner Ausgabe (Paris 1601) Rhodanus an die Stelle von rapidus; Birt schlägt vor: Tigris agit rapidus; Hall schlägt zusätzlich vor: altior Eridanus bzw. labitur Eridanus. Simon (1975) 230 f. versucht den überlieferten Text zu retten: „Die Strömung der Donau ist kräftiger als die des Nils; dennoch bleibt der Strom so sanft, daß kein Lärm entsteht“; ähnlich auch Platnauer und Charlet.

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261–263 fecundaque floruit aetas | ingeniis: patuit campus certusque merenti | stat favor: Hall interpungiert so, dass ingeniis zu fecundaque floruit aetas im vorausgehenden Hexameter zu beziehen ist; Platnauer und Simon beziehen ingeniis als Dativ zu patuit, das Simon (1975) 241 als Perfekt zu patescere erklärt. 266 sidereusque gener: Kaiser Honorius war seit 398 mit Stilichos Tochter Maria verheiratet. 283 oratum … quadrigas: Die Rösser des Poseidon sind legendär, vgl. zu 3 cons. Hon. 197–200. Nach dem Amtsantritt an den Kalenden des Januar gehörte das Wagenrennen zu dem wichtigsten Bestandteilen der Konsularspiele; zum Ablauf bis ins 6. nachchristliche Jahrhundert vgl. Puk (2014) 187–189. 284 palmam rapturus Arion: Die Schnelligkeit des Pferdes Arion ist schon bei Homer sprichwörtlich (Il. 23, 346 f.); es gehörte dem argivischen König Adrastus und erhält bei Statius anlässlich der Nemeischen Spiele eine Würdigung als Züchtung des Neptun (Theb. 6, 301–315); vgl. zu Stil. III 265–266. 289 Palaemoniis … coronis: Claudian bezeichnet so die Siegeskränze von den Isthmischen Spielen (zur Verbindung zum korinthischen Heiligtum und den Spielen vgl. Eugenia Vikela: Melikertes, LIMC VI.1 (1992) 437, dazu Statius, Theb. 2, 381, wo Korinths Hafen Lechaeum mit demselben Adjektiv verbunden wird), die Verwandlung des Palaemon mit Bezug auf den Isthmos bringt Ovid, fast. 6, 495–499. 293 amphitheatrali faveat Latonia pompae: Zu den venationes der Spätantike vgl. Puk (2014) 264–288. 304–305 cum forte leaenae | … uterum viridis corrupit adulter: Auch Plinius (nat. 8, 42 f.) kennt diese Entstehungstheorie der Leoparden: Die Zusammenkunft verschiedener Raubtierarten an den wenigen Wasserstellen führt zu Kreuzungen; dabei soll der Löwe aber am Geruch den Ehebruch des weiblichen Tiers erkennen, weshalb sie versucht, im Fluss den verräterischen Geruch abzuwaschen. 314–315 qui pulpita socco | personat aut alte graditur maiore cothurno: Ob in der Spät­ antike neben Mimus und Pantomimus, die in den vorausgehenden Versen umschrieben sind, auch Komödien (metonym.: soccus) und Tragödien (durch den cothurnus umschrieben) aufgeführt wurden, ist umstritten; vgl. dazu Puk (2014) bes. 289–300 und 308–310. 332 remigibus … canoris: Simon (1975) 278 nimmt an, dass die Ruderer zum Ruderschlag sangen; es könnte aber auch einfach der rhythmische Ruderschlag gemeint sein. 334 duplici vita subnixus: Es ist kaum gemeint, dass er doppelt so lange leben soll, sondern dass er die Berühmtheit durch seine vita contemplativa als Gelehrter und seine vita activa als Politiker erreicht.



Anmerkungen zu Eutrop.

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In Eutropium liber prior 1–7 Semiferos … orbis: Außergewöhnliche Naturereignisse (prodigia bzw. porten­ ta oder ostenta) wurden in Rom als Vorzeichen drohenden Unheils gedeutet, durch welche die Götter den Menschen ihr Missfallen kundtun. Claudian ordnet seine größtenteils aus der epischen und historiographischen Tradition entlehnten Vorzeichen (Nachweise bei Schweckendiek [1992] 64–65; Charlet [2017] 272 f.) so an, dass sie schrittweise aus der menschlichen (1–2a) über die tierische (2b–3) in die meteorologisch-geologische (4–6a) bzw. astronomische (6b–7) Sphäre führen; überraschend warnen diese Vorzeichen nicht vor dem Eunuchen, sondern der Eunuch als Konsul ist selbst ein monstrum, das alle anderen Prodigien an Unnatürlichkeit übertrifft. Vgl. Eutrop. praef. II 11. 9–10 trabeata … anus: Als Staatskleid trugen die Konsuln in Rom die trabea zu festlichen Anlässen (vgl. zu Olybr. Prob. 178 u. 205–206). 10 titulumque … anni: In Rom wurden die Jahre nach den jeweils amtierenden Konsuln benannt; der Name des „Nichtmannes“ Eutrop unterbricht die Reihe der männlichen Konsuln. 11 pandite pontifices: Angesprochen ist das Kollegium der quindecemviri sacris fa­ ciundi, das die sibyllinischen Bücher betreute. In griechischen Hexametern enthielt die Spruchsammlung verschlüsselte Prophezeiungen über künftiges Unheil, das die Götter über Rom bringen würden, und entsprechende Handlungsanweisungen. Die sibyllinischen Bücher wurden immer dann konsultiert, wenn das Verhältnis zu den Göttern z. B. aufgrund von beobachteten Prodigien als gestört angesehen wurde. Das Kollegium bestand noch im vierten Jahrhundert n. Chr. (vgl. CIL VI 1779); Rutilius Namatianus (2, 51–60) wirft allerdings Stilicho mit schlimmsten Verwünschungen vor, die Bücher verbrannt zu haben (vgl. Charlet [2017] 34; vgl. zu Get. 232). 12 sollers Etruria: Nach Cicero (div. 1, 92–94) und Livius (1, 56, 4 f.) wurden schon in der altrömischen Königszeit etruskische Zeichendeuter (haruspices) bei Blitzorakeln und zur Eingeweideschau – d. h. zur Aufklärung über mögliche prodigia – konsultiert. 14 portendunt: Hall entscheidet sich gegen das besser überlieferte portendant aus Gründen der rhetorischen Wirkung (indirekte Frage mit portendant „minus ἐμφατικόν“). 15 nostri … transfuga mundi: Wenn der Nil seine Fließrichtung ändert, dann verlässt er den römischen Machtbereich. 17 rursus … vastabitur: Schweckendiek (1992) 66 und Charlet (2017) 273 vermuten eine Anspielung auf den von Rufinus veranlassten Hunneneinfall des Jahres 395 n. Chr. (vgl. Rufin. II 22–53).

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26 curules: Gemeint sind insbesondere die Konsuln: Der Stuhl (sella curulis) der „kurulischen“ Magistrate (Konsuln, Prätoren, Ädilen u. a.) symbolisierte die Amtsgewalt seines Besitzers. 27 procedat … consul: Vgl. die Schilderung von Eutrops processus consularis – der feierlichen Prozession bei der Amtseinführung – v. 300–316. 28 Quirinales … cinctus: Die Quirinalis trabea, das Staatskleid des Konsuls (vgl. zu Olybr. Prob. 178 u. 205–206), ursprünglich das Gewand des Romulus (= Quirinus). 33–34 quot … | mutavit tabulas: Entweder meint Claudian mit den angesprochenen tabulae offizielle Verkaufsunterlagen oder hausinterne Sklavenlisten, die zur besseren Übersicht geführt wurden; vgl. Schweckendiek (1992) 68, Charlet (2017) 274. 34 quanta vocabula: Sklaven trugen in Rom den Namen ihres jeweiligen Besitzers (z. B. Eleutherius C. Iuli Florentini servus); beim Wechsel des Besitzverhältnisses änderte sich auch dieser Namenszusatz, Charlet (2017) 274. 47 Armenius: Eunuchen mussten aus dem Osten angekauft werden, da das römische Recht die Kastration von Sklaven verbot (vgl. Sueton, Dom. 7, 1 und Codex Iustinianus IV 42, 1). 49 aucturus pretium: Zu den ungleich höheren Preisen, die für Eunuchen bezahlt wurden, vgl. Schweckendiek (1992) 69: „Im Cod. Iust. VI 43, 3, 1 wird der Wert eines servus bzw. einer ancilla ohne besondere Fähigkeiten mit 20 solidi veranschlagt, der eines Eunuchen der gleichen Kategorie mit 50 solidi. Gut ausgebildete servi artifices erzielten 30, notarii 50, medici 60, eunuchi artifices aber 70 solidi.“ 53 secti … nervi: Nach antiker Vorstellung waren Gehirn, Rückenmark und Hoden des Mannes verbunden; eine Kastration führte demnach dazu, dass der Fluss der (warmen) Lebensenergie unterbrochen wurde (Platon, Timaios 91a-b; Hippokrates, De genitura 1, 1). 59 Galata ductore: Auch Ammianus Marcellinus 22, 7, 8 erwähnt die Galater als Sklavenhändler. 61 miles stabuli Ptolemaeus: Ptolemaeus (vgl. PLRE I 753), der hier mit dem ehemaligen Konsul Arinthaeus (vgl. v. 63) in eine Reihe gestellt wird, war wohl kein einfacher Soldat (miles), sondern tribunus sacri stabuli und damit ein hochgestellter Beamter. 63 Arinthaeo: Flavius Arinthaeus (cos. 372; vgl. PLRE I 102 f. mit zahlreichen Belegen aus der zeitgenössischen Historiographie) war 366–378 magister peditum. 77 avitum: Hall übernimmt eine nur als Glosse in der editio Isengriniana (1534) überlieferte Variante in seinen Text, da die handschriftlich überlieferte Lesart acutum … lenonis opus (so bei Birt, Platnauer, Charlet) nur als Enallage – i. S. v. acuti lenonis opus – verständlich ist.



Anmerkungen zu Eutrop.

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84–86 indomitasque mora … tetigisse latus: Vgl. die Ratschläge in Ovid, ars 1, 471– 486 und 605 f. (Hartnäckigkeit und zufällige Berührungen). 91 e gemino … mari: Korinth liegt am Isthmos, der Meerenge zwischen dem Golf von Korinth und dem Saronischem Golf; die Freier konnten also aus zwei Richtungen zu Lais fahren. Mit Birt und Hall ist der Lesart e gemino … mari („von beiden Meeren“) der Vorzug vor et gemino … mari („und an beiden Meeren [scil. bereichert]“) zu geben. 91–97 cum serta refundit … perdidit aetas: Dass die legendäre Hetäre Lais, die Geliebte des Aristippos und Diogenes, im Alter zur Kupplerin geworden ist, überliefert nur Claudian; vgl. Schweckendiek (1992) 72. Nach Athenaios, deipn. 13, 570d soll sie sich in ihren späten Jahren dem Trunk hingegeben haben. 102 irati … eri: Gemeint ist Arinthaeus (vgl. zu v. 63). 109 patricius: Der Ehrentitel war in der Spätantike nicht mehr erblich und wurde vom Kaiser ad personam verliehen. Seit Konstantin wurden hohe Würdenträger vom Kaiser mit pater bzw. parens („Vater des Kaisers bzw. des Staates“) angeredet; eine entsprechende Bedeutung ist – hier natürlich mit höhnischem Bezug auf Eutrops Zeugungsunfähigkeit – für patricius anzunehmen (vgl. auch Eutrop. praef. II 50 principis … pater, Eutrop. II 68–69 und Kübler, Bernhard: Art. „Patres, patricii“, RE 36 [1949] 2222–2232, hier: 2231 f.). 151 Latiis poscant adnectere fastis: Seit Ende des 4. Jh. stellten Ost- und Westrom jeweils einen Konsul, die als eponyme Beamte den Jahren ihren Namen gaben. Die Aufnahme in den Staatskalender (fasti consulares) wurde Eutropius jedoch von Westrom verweigert. 154 Abundanti: Flavius Abundantius (cos. 393; vgl. PLRE I 4 f.) war magister mi­ litum in den Jahren 392/393; er wurde auf Betreiben Eutrops im Jahr 396 n. Chr. gestürzt und nach Sidon bzw. Pityos verbannt (Zosimos 5, 10, 5 und Hieronymus, epist. 60, 16). 159–162 sic multos … hostia sacri: Thrasius, ein Seher aus Zypern, erteilte dem ägyptischen König Busiris den Rat, dem Zeus zur Versöhnung jährlich einen Fremden zu opfern, und wurde das erste Opfer dieser Maßnahme (Hyginus, fab. 56; Ovid, ars 1, 649–652; Apollodoros, bibl. 2, 116). 163–166 sic opifex … mugire iuvencum: Perilles schuf für Phalaris von Akragas auf Sizilien einen ehernen Stier, den der Tyrann von unten mit Feuer erhitzte und damit seine in das Standbild eingeschlossenen Feinde tötete, deren Schmerzensschreie wie das Muhen des Stiers klangen. Perilles war das erste Opfer des Phalaris (Ovid, ars 1, 653 f. und trist. 3, 11, 39–54). 175 nihil … plus libertate: Von seinem Herrn Ptolemaeus hatte sich Eutrop die Freilassung erhofft (vgl. v. 69).

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177–180 procerum squalore … caedibus Hammon: Eutropius ließ im Lauf des Jahres 396 die drei noch von Theodosius ernannten Heermeister Timasius (mag. equ. praes.), Addaeus (mag. mil. Or.) und Abundantius (wohl mag. mil. Ill.) absetzen und verbannen; vgl. Demandt, Alexander: Art. „magister militum“, RE Suppl. XII (1970) 727 f. Nur im Fall von Timasius ist ein Exil in Afrika, wie es Claudian an dieser Stelle erwähnt, belegt (Zosimos 5, 9, 5). 211 iure sepulto: Hall greift eine Konjektur Burmanns – sepulto anstelle des handschriftlich überlieferten sepultum – auf. Vgl. zur textkritischen Diskussion auch Schweckendiek (1992) 79 f., der sepultum belässt und auf mancipium bezieht („ein halbtoter Sklave“). 226 foliis: Mit den „Blättern“ ist das kostbare malabathrum („Indisches Lorbeerblatt“) gemeint, aus dem Salböl gewonnen wurde (vgl. Isidor, Etymologiae 17, 9, 2). 229–234 iamque oblita … videre forum: Auch Zosimos erwähnt, dass sich Eutrop Einfluss auf die Gerichtsbarkeit verschaffte (Zosimos 5, 9, 4; vgl. auch Döpp [1980] 19 Anm. 4). – forum: Neben staatlichen Repräsentations- und kultischen Zwecken diente das Forum als Ort der Rechtssprechung. 234–251 sed ne qua … fastidia praedae: In der ersten Hälfte des Jahres 398 unternahm Eutropius gemeinsam mit gotischen Truppen erfolgreich einen Feldzug gegen die in Armenien eingefallenen Hunnen (vgl. Philostorgios 11, 8). 254 truncum vexilla: Halls Lesart der vieldiskutierten Stelle folgt einem Vorschlag von Heinsius; vgl. Schweckendiek (1992) 82 f.: Truncum bezieht sich auf Eutropius und gibt das Bezugswort für similes (255). Birts Vorschlag peditum vexilla stellt – wie von Schweckendiek a. a. O. betont – eine unnötige Ergänzung dar, weil aus dem Gedankengang deutlich hervorgeht, dass bei vexilla an Fußtruppen gedacht ist. 256 Hellespontiacis … signis: Lampsakos am Hellespont galt als Heimat des Priapus (Catull 117, 1–4). Schweckendiek (1992) 83 erwägt, dass vielleicht tatsächlich Abbildungen des phallischen Gottes auf den Standarten der Truppen angebracht waren. 261 plorabile quiddam: Persius (1, 34) geißelt mit einem ähnlichen Ausdruck (plora­ bile siquid) die sentimentalen Verse ehrgeiziger Dichter, die ihrem Publikum bei Gastmählern gefallen wollen. 263 sororem: Vgl. zu Eutrops – außer bei Claudian nicht bezeugten – Schwester Eutrop. praef. II 41–44 und Eutrop. II 88–94 (Vorwurf eines inzestuösen Verhältnisses). 271 turpissima: Eutrop wird in der weiblichen Form angesprochen, ähnlich effektvoll wie dies schon Catull in seinem carmen 63 getan hatte, wo von der rituellen Selbstentmannung des Attis im Heiligtum der Kybele erzählt wird; vgl.



Anmerkungen zu Eutrop.

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den Genuswechsel nach vollzogener Kastration in Catull 63, 1–8: vectus … stimulatus … vagus … citata. 276 et niveam dominae pensis involvere lanam: Vgl. Schweckendiek (1992) 85 f.: „Zwei Vorstellungen fließen ineinander: pensa partire und colibus involvere lanam. Eutrop teilt den zum Spinnen abgestellten Sklavinnen ihr tägliches Arbeitsquantum (pensum) zu, indem er die entsprechende Menge Wolle um die einzelnen Spinnrocken wickelt (colibus involvere)“. 277–280 vel, si sacra placent … Phrygiis abscidere cultris: Der Kybelekult, schon 204 v. Chr. in Rom eingeführt und noch am Ende des 4. Jh. praktiziert, wurde von Eunuchenpriestern (galli) getragen, die sich nach dem Vorbild des Attis selbst entmannt hatten. Bei ihren rituellen Märzfesten verstümmelten sie sich zudem zum Klang von Becken (cymbala) und Trommeln (tympana) selbst. Sogenannte dendrophori trugen eine Pinie, die auf den toten Attis verwies, der den galli mit seiner Selbstverstümmelung zum Vorbild diente (vgl. Catull 63). Eine Deutung des Kults gibt der christliche Schriftsteller Arnobius (Adversus nationes 5, 5–7). 282 pios … fratres: Honorius und Arcadius. 286 dux acies, iudex praetoria, tempora consul: Auf diese drei Amtsfunktionen bezieht sich auch v. 296 f. 293–296 in volucrem … hunc arbore figit | … hunc solvit fluvio: Claudian erinnert an Ovids Metamorphosen und die Verwandlungen in Vögel (Tereus, Procne und Philomela: met. 6, 412–674); in Schlangen (Cadmus und Harmonia: met. 4, 563–603); Scyllas Unterleib wurde in Hundeköpfe verwandelt (met. 14, 59–67); in Bäume (z. B. Daphne: 1, 452–567; Philemon und Baucis: 8, 611–724; Myrrha: 10, 298–502); in weitere Vögel (z. B. Perdix: met. 8, 236–259; Ceyx und Halcyone: met. 11, 410–748) und Gewässer (z. B. Byblis: 9, 454–665; Egeria: 15, 479–551). 299 socci … cothurni: Der soccus (Schuh der Komödienschauspieler) und der co­ thurnus (Schuh der Tragödienschauspieler) stehen metonymisch für die beiden dramatischen Gattungen. 302 indutoque … in auro: Gemeint ist die goldbestickte trabea, die der Konsul beim processus consularis anlässlich seiner Amtseinführung trug. In Olybr. Prob. 174–204 schildert Claudian ausführlich die Anfertigung eines solchen Prachtgewands. 308 curia: Das Amtsgebäude des Senats steht hier metonymisch für die Senatoren. 309 domini: Hall entscheidet sich in seiner Ausgabe für die Lesart der Excerpta Gyraldina (domini; d. h. die früheren Besitzer des Eutropius), überliefert ist do­ minus (d. h. Arcadius; so auch Schweckendiek [1992] 88 f.): Dass Claudian den oströmischen Kaiser erwähnen wollte, ist allerdings unwahrscheinlich, da er dessen Rolle beim Aufstieg Eutrops sonst in der gesamten Invektive übergeht.

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310 libertatemque daturus: Die manumissio – die feierliche Freilassung von Sklaven – war Teil der Zeremonien bei der Amtseinführung neuer Konsuln; Claudian beschreibt den Vorgang in 4 cons. Hon. 611–618. 311 quam necdum meruit: Vgl. dazu Schweckendiek (1992) 89: „Eutrop hat sich seine eigene Freiheit nicht durch treue Arbeit ‚verdient‘, sondern sie durch Hinauswurf erlangt … Eine ordnungsgemäße manumissio ist ihm selbst nicht zuteil geworden.“ 311 scandit sublime tribunal: Auf dem tribunal stand die sella curulis des Konsuls. 312–316 atque inter proprias laudes … oracula Nilo: Eutropius soll im Jahr 393 nach Theben in Ägypten gereist sein, um im Auftrag des Theodosius den Eremiten Johannes wegen des bevorstehenden Krieges gegen Eugenius zu befragen (Sozomenos, hist. eccl. 7, 22, 17). 328 Troianam … Minervam: Das Palladium, ein Kultbild der Minerva, das angeblich aus Troja stammte und von Aeneas nach Italien gebracht wurde, bewahrte man im römischen Vestatempel auf. 330 semperque profani: Diese Aussage stimmt mit Ausnahme der Priester der Kybele, die sich freiwillig selbst entmannten (galli). 339–342 seu prima Semiramis … sibi coniunxit similes: Woher Claudian diese historische Information hat, ist unklar; vgl. den Überblick bei Schweckendiek (1992) 92. Auch Ammianus Marcellinus 14, 6, 17 nennt Semiramis als Begründerin des Eunuchentums (… detestetur memoriam Semiramidis reginae illius veteris, quae teneros mares castravit omnium prima). 342–345 seu Parthica … servire iuventam: In Eumolps Bürgerkriegsfragment wird unter den Dekadenzerscheinungen auch die Unsitte der Parther getadelt, Lustknaben zu kastrieren, um ihr kindliches Aussehen zu bewahren (Petron 119, 19–27a). 356–357 et quidquid inane | … pingitur India velis: Was Claudian mit den erwähnten „jüdischen Tüchern“ genau meint, bleibt unklar. Die Spekulationen reichen von mit Fabeltieren geschmückten Exportwaren der jüdischen Gemeinde in Alexandria bis hin zu den Tempelvorhängen, die mit indischen Märchenbildern geschmückt gewesen seien; vgl. den Überblick bei Schweckendiek (1992) 94 und Charlet (2017) 282 f. 358 mixtis salibus: Die folgende Passage (359–370) zieht Eutrops politische Ambitionen ins Lächerliche, indem sie den einzelnen Eigenschaften bzw. Tätigkeiten des Eunuchen einen obszönen Doppelsinn beilegt. 366 quidlibet ingenio subigit: Vgl. zur Deutung Schweckendiek (1992) 95: „Die fast einhellig überlieferte Lesart ingenio ist haltbar; sie geht wieder auf sexuelle Phantasie. Gemeint ist wohl, dass Eutrop in der Lage ist, alles Mögliche in den Dienst der Lust zu stellen, immer neue erotische Attraktionen zu ersinnen.“



Anmerkungen zu Eutrop.

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377 castra sui rectoris: Der Mailänder Kaiserpalast wird hier als castra („Militärlager“) bezeichnet, um ein martialisches Gegenbiild zur verweichlichten Szenerie im Osten zu schaffen. 378–379 decorus | … gener: Honorius, der als Ehemann Marias seit 398 Stilichos Schwiegersohn war. 377–380 tum forte decorus | … signabat iura Suebis: Vielleicht ein Ergebnis von Stilichos Rheinreise (396), vgl. zu v. 394–395. Ob konkrete Edikte des Codex Theodosianus mit dieser Szene in Verbindung zu bringen sind, ist unklar; vgl. Schweckendiek (1992) 97. 390 dimovit nebulam: Den sich lichtenden Nebel, der die Göttin bei ihrer Ankunft (Epiphanie) verbirgt, entnimmt Claudian der epischen Tradition (z. B. Vergil, Aen. 1, 412); vgl. Schweckendiek (1992) 97 f. 392–393 domito quod Saxone … Britannia Picto: Von einem Feldzug in Britannien zur Regierungszeit des Honorius ist nichts bekannt (vgl. aber Stil. II 253–255); die sprachlich vergleichbare Wendung in 4 cons. Hon. 31–32 (maduerunt Saxo­ ne fuso Orcades; incaluit Pictorum sanguine Thyle) bezieht sich auf die Expedition, die Theodosius d. Ä. in den Jahren 368–369 im Auftrag Valentinians I. in Britannien gegen die Picten, Scoten und Sachsen durchgeführt hat. 394–395 ante pedes … Germanice, Rhenum: Stilichos Rheinexpedition im Jahr 396 schildert Claudian in 4 cons. Hon. 439–459 und Stil. I 188–214; vgl. zur Datierung Döpp (1980) 103 Anm. 5. 402 soceri: Stilicho. 414–415 pridem tolerare fatemur | hoc genus: Eunuchen waren in der Regel als prae­ positi sacri cubiculi im Staatsdienst aktiv und erlangten im Westen nur in Ausnahmefällen – z. B. Eutherius unter Julian; vgl. Schweckendiek (1992) 100 – eine politisch einflussreiche Stellung. 418 sacroque adhibere silentia somno: Gedacht ist an das Amt des silentiarius (Wächter über die kaiserliche Nachtruhe), das allerdings i. d. R. nicht von Eunuchen ausgeübt wurde; vgl. Seeck: Art. „silentiarius“, RE III A.1 (1927) 57. 424–425 numquam vel … clavo parere magistri: Die Lenkung des Staates kann einer verbreiteten Metapher folgend als Tätigkeit eines Steuermanns (gubernator) beschrieben werden (z. B. Cicero, Cluent. 94; Verr. 2, 1, 46; Pis. 21; zur Allegorietradition für das (Staats)schiff im Sturm vgl. Quintilian, inst. 8, 6, 44 zu Horaz, carm. 1, 14). 436 nesciat hoc Thybris: Zur Nichtanerkennung von Eutrops Konsulat durch das Westreich vgl. zu Eutrop. II 126–129. 438 Martius eunuchi repetet suffragia campus?: Die legitimierende Anerkennung des Konsulats im Westen wird hier durch die fiktive Vorstellung ausgedrückt, die Wahl des oströmischen Konsuls werde auf dem Marsfeld „wiederholt“.

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469–470 mixta duplex aetas … sedilia, patres: Gnilka, Christian: Mixta duplex aetas, Rivista di Filologia 110 (1982) 435–441 vermutet einen erklärenden Zusatz von dritter Hand in inter puerumque senemque | nil medium und rekonstruiert den originalen Wortlaut ohne Interpolation so: mixta duplex aetas complete sedilia patres! 470 falsi … patres: Die Senatoren wurden „Väter“ (patres) genannt, eine Bezeichnung, die auf den von Claudian hier imaginierten Eununchensenat schwerlich passt. 480–482 Ptolemaei noxia mundi |mancipia … maius Phario scelus: Die Parallele zum Tod des Pompeius, der sich nach der Niederlage von Pharsalos nach Ägypten begeben hatte, aber bei der Ankunft ermordet wurde, soll an die epische Vorlage erinnern: Lucan lässt den Mordauftrag im Kronrat des jugendlichen Ptolemaios XIII. beschließen (8, 472–560), indem er dem Eunuchen Potheinos eine machiavellistische Rede zu Begründung des politischen Mords in den Mund legt. Die Parallele zum jugendlichen Arcadius drängt sich auf. 486–487 hunc accipit unum | … magistratum: Das Konsulat war in der Kaiserzeit das einzige Staatsamt, das von den Kaisern übernommen wurde. 489 quater consul: Die Konsulate des Honorius bis zur Abfassung dieser Invektive fallen in die Jahre 386, 394, 396 und 398. 491 vestitusque meos: Die trabea, der Staatsmantel der Konsuln (vgl. zu Olybr. Prob. 178 u. 205–206). 508–513 ut Scytha … torpuit ensis: Herodot schildert in 4, 1–4, wie die Skythen nach ihrer Rückkehr aus dem eroberten Medien auf die jungen Männer trafen, die ihre daheimgebliebenen Sklaven während der achtundzwanzigjährigen Abwesenheit der Herren mit den skythischen Frauen gezeugt hatten. Statt sie zu töten, schüchterten die Skythen die Nachkommen der Dienerschaft ein, indem sie ihnen mit ihren Reitpeitschen drohten.

In Eutropium libri alterius praefatio 2 patricius: Vgl. zu Eutrop. I 109. 7 alia … securi: Eutrop verfügt nach seinem Sturz nicht mehr über die Amtsbeile (fasces), wie sie dem Konsul zustanden, sondern muss ein gewöhnliches Beil benutzen. 9 inlatas … poenas: Mit Schweckendiek (1992) 112 ist an Halls Lesart inlatas gegen Birt (ille citas) und Koster, Severin: Die Invektive in der griechischen und römischen Literatur, Meisenheim am Glan 1980, 346 Anm. 1248 (illicitas; so auch die meisten Handschriften und Charlet [2017]) festzuhalten: „Die von



Anmerkungen zu Eutrop.

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Hall akzeptierte Lesart … bietet … einen spannungsvollen Kontrast zwischen den beiden Vershälften und lässt einen chiastischen Aufbau erkennen. Zudem wird so der störende Subjektswechsel zu ille (consul) vermieden.“ Inlicitas führe zu einer inhaltlichen Dopplung: „Doch dieses Moment kommt ja bereits in der Antithese consul se consule solvit zum Ausdruck, und man kann sich schwer vorstellen, dass Claudian die erwünschte Bestrafung so negativ als inlicitas poenas kennzeichnen würde.“ (a. a. O.) 10 annus … hic: Die Entmachtung und Relegation Eutrops erfolgten im Sommer 399, also etwa ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt; vgl. Döpp (1980) 160 f. 17 non obsidione subacti: Halls Konjektur folgt dem Wortlaut bei Lucan 9, 273 (non armis, non obsidione subacti). Zu den Alternativen (Birt, Charlet: non seditione coacti; Schweckendiek: non deditione coacti) vgl. Schweckendiek (1992) 113 f. Birts Lesart ist deshalb zu verwerfen, weil Eutrop ja tatsächlich infolge einer seditio, nämlich der Erhebung des Tarbigilus, gestürzt wurde. 19 exiguae … chartae: Zu diesem Dekret (Cod. Theod. IX 40, 17) des Arcadius vgl. Döpp (1980) 162 Anm. 19. Claudian betont mit exiguae die enorme Wirkung, die das unscheinbare Dokument für das Schicksal Eutrops hatte. Zu alternativen Deutungsmöglichkeiten (Hilfegesuch des Arcadius nach Rom bzw. Schreiben des Gainas an Arcadius mit der Bitte um Absetzung Eutrops) vgl. Schweckendiek (1992) 114. 22 thalamo pulsus: Eine Anspielung auf Eutrops frühere Tätigkeit in den Schlafgemächern reicher Herrinnen (vgl. Eutrop. I 105–109) bzw. als praepositus sacri cubiculi am Kaiserhof, vgl. Charlet (2017) 67. 27–28 suppliciterque pias … tremente nurus: Der abgesetzte Eutropius floh in die Hagia Sophia, um sich vor der aufgebrachten Menge zu schützen. Das Kirchenasyl wurde auf Anraten von Gainas aber nicht beachtet und Eutrop nach Zypern relegiert (Zosimos 5, 18, 1–3; Philostorgios 11, 6; Socrates 6, 5). Mit ira­ tas … nurus ist der weibliche Teil der Volksmenge gemeint, und nicht etwa die Kaisergattin Eudoxia und ihre Töchter; zu deren feindlicher Haltung gegen Eutrop: Philostorgios 11, 6; vgl. Schweckendiek (1992) 115. 37–40 miror cur … miserande, tui: Zu Eutrops prophetischer Reise nach Ägypten vgl. zu Eutrop. I 312–316. 41–44 quid soror? … amare negat?: Eutrops Schwester erwähnt Claudian auch in Eutrop. I 263 und Eutrop. II 88–94 (Vorwurf eines inzestuösen Verhältnisses). 45 eunuchi iugulum… secuisse fateris: Dass Eutrop gegen andere Eunuchen mit der Todesstrafe vorgegangen sei, ist eine sonst nicht belegte Behauptung; vgl. aber Eutrop. I 190 und Schweckendiek (1992) 116. 49 natus: Arcadius als „Sohn“ des Eutrop; vgl. zu Eutrop. I 109 über den Ehrentitel genitor principis bzw. pater; ähnlich auch Eutrop. II 68–69.

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53 omnia barbarico per te concussa tumulto: Der Aufstand des Tarbigilus wird in Eutrop. II 174–232 zwar von Bellona angefacht, ist letztlich aber durch Eutrops herabwürdigendes Verhalten gegenüber dem Ostgotenführer (vgl. Eutrop. II 177–180) provoziert. 55 Armenios: Zu Eutrops erfolgreichem Hunnenfeldzug im Sommer 398, der ihm die Designation zum Konsul eingebracht hatte, vgl. Eutrop. I 234–251. 60 ad Veneris partes … redi: Nur eineinhalb Jahre vor der Entstehung von Eutrop. hatte Claudian den Palast der Venus auf Zypern geschildert (Epithal. Hon. 49‒96); an diesem Exilort soll Eutrop also seinem alten Beruf als Zuhälter wieder nachgehen (vgl. Eutrop. I 77‒109). 70 Gildonis nuper qui tenuere fugam: Gildos Revolte wurde im Jahr 398 durch seinen Bruder Mascezel in der Schlacht bei Theveste niedergeschlagen. Der besiegte Gildo versuchte übers Meer zu fliehen, wurde aber von widrigen Winden zurückgetrieben und im Hafen von Thabraca gefangengenommen (Stil. I 358–359 und Orosius, hist. 7, 36, 11). 73 delphina: Eine Anspielung auf die märchenhafte Rettung Arions, der von Seeräubern bedroht und durch einen Delphin auf hoher See gerettet wurde (Herodot 1, 23 f.).

In Eutropium liber alter 1 Mygdonii cineres: Das Gedicht setzt ein mit einer Apostrophe an das von Tarbigilus verwüstete Phrygien. 4 monstriferi … anni: Das Jahr 399, das durch den Konsulatsantritt Eutrops unter bösen Vorzeichen stand (Eutrop. I 1–23). 15 ne coeat: Hall greift gegen das von Birt auf Grundlage der handschriftlichen Überlieferung in den Text gesetzte ne noceat auf eine Konjektur Barths zurück. In Verbindung mit frustra läuft ne noceat dem Bild von der nicht ganz ausgeheilten und bald wieder aufbrechenden Wunde entgegen; vgl. zum Sprachgebrauch auch Schweckendiek (1992) 118 f. 24–39 induerat necdum trabeas … Furiis concedimus urbem: Philostorgios 11, 7 berichtet allgemein von Erdbeben (σεισμοί) in dieser Zeit, ohne dass sich daraus konkrete Informationen über ein Naturereignis der Jahre 398/399 ableiten ließen; vgl. auch Cameron, Alan: Earthquake 400, Chiron 17 (1987) 343–360. 24–25 mugitus ab axe | redditur inferno: Vgl. zur unklaren Überlieferungslage Schweckendiek (1992) 119 f.: „Die Lesart infernas wäre im Prinzip durchaus plausibel, nur könnte dann axe in v. 24 nicht allein stehen und müßte durch die Variante alto ersetzt werden, was Hall im Apparat als alternative Lösung anbietet.“



Anmerkungen zu Eutrop.

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28 in geminas … urbes: Gemeint sind die Städte Konstantinopel und Chalkedon auf der asiatischen Seite des Bosporus. 40–46 utque semel patuit … stimulis ignescere Phoebi: Vgl. den Katalog der Unheilsprodigien in Eutrop. I 1–23. 42–43 dissona partu | semina: Zur Deutung Schweckendiek (1992) 121: „Wenn … semina die Nachkommen sind, dann kann partus hier offensichtlich nicht dasselbe bedeuten, sondern muss den Vorgang des Gebärens meinen. Der Dichter spricht von monströsen, widernatürlichen Geburten, von Kindern, die nicht auf normale Weise zur Welt kommen.“ 43 lapidum fletus: Als portentum sonst nicht bezeugt; Schweckendiek (1992) 121 vermutet eine Analogie zu weinenden Götterbildern. 48 partibus illis: In Eutrop. I 493–496 hatte Roma auch allgemein vom Schaden gesprochen, den das Konsulat des Eunuchen für das Gesamtreich heraufbeschwöre. An dieser Stelle ist nur von negativen Auswirkungen für die östliche Reichshälfte die Rede. 61 senis infandi: Gemeint ist Tiberius, der seine letzten Jahre auf Capri verbrachte und wegen alkoholischer und sexueller Exzesse berüchtigt war (Sueton, Tib. 40–45), vgl. zu 4 cons. Hon. 312–315. 62 Romuleo … amictu: Die auf Romulus zurückgeführte Staatstracht des Konsuls (trabea); vgl. zu Eutrop. I 9–10 u. 28. 68–69 genitorque … | principis: Zum patricius-Titel vgl. zu Eutrop. I 109. 72–73 haec iudicis … armati species: Mehrere Statuen in verschiedenen Amtstrachten sind auch für den Kaiser Tacitus bezeugt; vgl. Historia Augusta, Tac. 16, 2 und Cameron (1970) 491. 77 maneant inmota precamur: Nach Eutrops Sturz fielen die aufgestellten Monumente der damnatio memoriae anheim; vgl. Codex Theodosianus 9, 40, 17. 81–82 quod maxima proelia solus | inpleat: Zum Hunnenfeldzug vgl. zu Eutrop. I 234–251. 88–93 at soror … vacuamque domum: Eutrops Schwester ist ebenfalls erwähnt in Eutrop. I 263 und Eutrop. praef. II 41–44. 102 Indumque bibissent: Mit der poetischen Wendung wird Indien als fernstes Eroberungsziel genannt, das nur Dionysos und Alexander erreicht haben. 103 flavis … ab usque Gelonis: Schweckendiek (1992) 124 bezweifelt, dass hier auf einen historischen Feldzug gegen die Gelonen im Frühjahr 399 angespielt ist, wie von Birt in der Praefatio seiner Claudianausgabe (S. 34) behauptet. Tatsächlich spricht Mars in v. 122 von Eutrops Konsulatsjahr als einem „Jahr ohne Krieg“ (qui caruit bellis … annus). 111 Illyricis … stragibus: Ein Hinweis auf die Kämpfe gegen Alarich in Griechenland und Illyrien (397; vgl. Rufin. praef. II).

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118 tantique levis iactura cruoris: Zu Halls Lesart (gegen Birt: antiqua levis iactura cruoris) vgl. Schweckendiek (1992) 126: „Die nur in R vorkommende Lesart antiqua (ein offenkundiger Schreibfehler) gibt keinen Sinn, da in den vorhergehenden Versen gerade betont wird, wie frisch die Wunden noch sind.“ 126–128 ni memor imperii … servasset crimine Romam: Im Westreich wurde im Jahr 399 nur der Name des eigenen Konsuls, Mallius Theodorus, veröffentlicht; vgl. den Hinweis bei Döpp (1980) 162 Anm. 18 auf Cod. Theod. 9, 40, 17 (… consulatu a taetra inluvie et a commemoratione nominis eius et caenosis sordibus vindicato) und bei Schweckendiek (1992) 126: „Spätere Chronisten, die den politischen Hintergrund nicht mehr kannten, machten dann sinnigerweise wieder zwei Consuln daraus: Mallius et Theodorus (so etwa Cassiodor in seinen Chronica zu 399).“ 132 sparsum maculis servilibus Aevum: Claudian hat eine klare Vorstellung von der Personifikation des Aevum, dessen Ansehen durch den unstandesgemäßen eponymen Konsul Eutropius befleckt wird; denn als Gegenbild entwirft er für Stilichos Konsulat die Szene, in der Sol die goldenen Jahre aus der Höhle des Aevum holt (Stil. II 424–450). 138–139 nulla virilis | … ira: Mit Birt ist die „gesuchtere Junktur“ (Schweckendiek [1992] 126, der ebenfalls virilis liest) virilis … ira anstelle von Halls virilem (erg. sexum) in den Text aufzunehmen: Halls Variante, gegen die auch die Überlieferunssituation spricht (vgl. Schweckendiek [1992] a. a. O.), expliziert einen in diesem Zusammenhang selbsterklärenden Sinn. 147 Thracum Macetumque ruinae: Wie auch in v. 111 eine Anspielung auf die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Stilicho und Alarich im Jahr 397. 149 trans aequora: Also von Thrakien, dem Schauplatz der Szene (vgl. v. 104: arva … Thracia), über das Marmarameer in Richtung Phrygien (vgl. v. 154: Phryx ager). 155 ad mores: Ihre kriegerische Natur hatten die Ostgoten und Greutunger noch kurz vor ihrer Eingliederung als coloni ins Reich unter Beweis gestellt, als sie im Jahr 386 über die Donau ins Reich nach Thrakien eindrangen und vom magister militum Promotus geschlagen werden mussten. In Phrygien wurden sie von Kaiser Theodosius angesiedelt; vgl. zu 4 cons. Hon. 623–636. 161 aegida: Die Ägis ist der Schild, mit dem Jupiter das Gewitter heraufbeschwört (vgl. Vergil, Aen. 8, 353 f.). 166–167 tunc adamante gravem … deo iaculabile, torsit: Mit einem rituellen Lanzenwurf wurde seit altrömischer Zeit die Kriegserklärung besiegelt (vgl. Livius 1, 32, 5–14 und Ovid, fast. 6, 207 f.). 176 Tarbigilum: Der Gote Tarbigilus (bzw. Tribigildus, Trigibildus, Tirbi[n]gildus oder Arbigildus; vgl. PLRE II 1125–1126 und Schweckendiek [1992] 129 zur



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Namensform) hatte 399 n. Chr. den Rang eines comes (vielleicht rei militaris) inne und war mit seinen gotischen Truppen dem oströmischen Feldherrn Gainas unterstellt (Joh. Ant. fr. 190). 176 Geticae … alae: Handschriftlich überliefert ist an dieser Stelle Geticae … aulae (so auch Birt in seiner Ausgabe). Halls Konjektur alae ist zwingend, da im ausgehenden 4. Jahrhundert keineswegs von einem gotischen „Hof“ gesprochen werden konnte; vgl. auch Schweckendiek (1992) 129: „Auch die inhaltliche Unsinnigkeit der Stelle (Tarbigilus als dux aulae?) hat anscheinend niemand mehr bemerkt.“ 185 redeunte: Hall behält den mehrheitlich überlieferten Wortlaut gegen Birt (reti­ nente) bei; vgl. zustimmend Schweckendiek (1992) 130 („die Mitra ist kreisförmig verschlungen“). 198–201 felices aliae … quae meruere Lacaenas: Schweckendiek (1992) 130 erkennt hier eine konkrete Anspielung auf die Beutezüge Alarichs in Griechenland zwischen 395 und 397, bei denen sich die Westgoten bereicherten, vgl. Get. 598–615. 215–216 Epirum nuper populatus inultam | praesidet Illyrico: Stilicho hatte Alarich 397 von der Peloponnes in Richtung Epirus abziehen lassen, wo die Westgoten ihre Plünderungen fortsetzten (vgl. – mit Fehldatierung – Zosimos 5, 7, 2). Alarichs Ernennung zum magister militum per Illyricum, die der oströmische Kaiserhof 397 bzw. 398 vornahm, erwähnt Claudian auch in Get. 535–536. 237 Latiisque … ab armis: Das Adjektiv ist auf das gesamte römische Reich bezogen. 241 Lydi: Nordwestlich der phrygischen Provinz; gemeinsam mit den Pisidern im Südosten kreuzen die zuvor nach den vier Himmelsrichtungen beschriebene geographische Ordnung in diagonaler Weise (finibus obliquis). Vgl. auch Schweckendiek (1992) 132: „Die Lyder sind an zwei Seiten benachbart, nämlich im Süden von Phrygia minor und im Westen von Phrygia maior, weswegen die gemeinsame Grenze nicht gerade verläuft, sondern am Berg Synaeos einen Winkel bildet (finibus obliquis).“ 242–244 gens una fuere | … appellata Phryges: Zur gemeinsamen Herkunft der kleinasiatischen Völker vgl. Strabo, geogr. 12, 8, 3. 248–251 nuper ab Oceano … poturus Halyn: Livius 38, 16 berichtet von der Umsiedlung der Gallier ins spätere Galatien im Jahr 278–277 v. Chr. (vgl. auch Strabo, geogr. 12, 5, 1 und Pausanias 10, 23, 14). 252–254 nec rex Aegyptius … murmura vocem: König Psammetichos will durch ein Experiment mit zwei Kindern, die von einer Amme ohne menschliche Ansprache aufgezogen werden, die Ursprache des Menschen nachweisen; das erste Wort der Kinder wird als das phrygische Wort für Brot identifiziert (Herodot 2, 2).

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256 Minervam: Nachdem Minerva die Flöte erfunden hatte und wegen ihrer verzerrten Gesichtszüge von den anderen Göttern verspottet wurde – bzw. sich selbst auf der spiegelnden Wasseroberfläche beobachtete hatte –, warf sie das neue Instrument weg; vgl. Hygin, fab. 165 und Ovid, fast. 6, 697–702. 257 pastor: Ovid schildert im Anschluss an die oben erwähnte Episode, wie der Satyr Marsyas die weggeworfene Flöte findet, Apollo zu einem Wettsteit herausfordert und als Unterlegener grausam gehäutet wird (Ovid, fast. 6, 703–710). 277–278 putribus iam … pacisque senecta: Der marode Bauzustand der Verteidigungsanlagen im Osten ist bezeugt in einem Edikt (Codex Theodosianus 15, 1, 34) und bei Ammianus Marcellinus 20, 11, 6. 282–284 aurea sanctarum decus … violatur pulvere murus: Die Turmkrone trägt Kybele als Schutzherrin der Städte (vgl. Vergil, Aen. 6, 785). 295 thyrsos: Gemeint sind die rituellen Stäbe der Bacchusanhänger, die mit Efeu umschlungen waren. 310–316 vasta velut Libyae … | quem non ipsa videt: Gemeint ist der Vogel Strauß, dessen Eigenart, bei Gefahr nur den Kopf zu verstecken, z. B. von Plinius, nat. 10, 1 als Beispiel tierischer Dummheit angeführt wird: Bei Plinius steckt der Strauß den Kopf in ein Gebüsch, bei Claudian hingegen verbirgt er ihn im Gefieder. Die Vorstellung, der Vogel stecke seinen Kopf in den Sand, ist erst durch arabische Autoren in Europa populär geworden (Schweckendiek [1992] 141). 316–317 furtim tamen ardua … promissa novis: Eutrop hat Tarbigilus wohl Geschenke für seine Teilnahme am Hunnenfeldzug, eine Erhebung in den Rang eines magister militum sowie eine Erhebung der Greutungern zu foederati versprochen; vgl. Albert (1984) 931 f. 320–321 prima … cingula: Der Amtsgürtel steht metonymisch für die damit verbundene Stellung; Hinweise über analogen Sprachgebrauch in den Edikten bei Schweckendiek (1992) 141. 325–408 tandem consilium belli … ad sua tecta vocat …: Die Parodie des epischen Kriegskonzils hat ein Vorbild in Juvenals vierter Satire, wo Domitian seinen Kronrat einberuft; allerdings ist dort die Spannung zwischen dem nichtigen Anlass (der mirakulöse Fisch, der dem Kaiser geschenkt wurde, passt in keinen Kochtopf ) und der Drohkulisse des tyrannischen Herrschers bestimmend, während hier umgekehrt die bedrohliche militärische Situation von den unfähigen Beratern nicht angemessen gelöst werden kann. 330 Iunonis aves: Der Pfau ist der Vogel der Juno. 330–331 et si qua … defertur ab Indis: Als dekadenter Luxus ist der Genuss von Papageienfleisch auch für Kaiser Elagabal bezeugt (Historia Augusta, Heliog. 20, 6). Vgl. auch das Rezept bei Apicius 6, 6, 1.



Anmerkungen zu Eutrop.

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340 adluit: Hall folgt einem Konjekturvorschlag von Barth und Heinsius (Birt: obruat; Cameron: horruit; Schweckendiek: obruit). 345 seque suo prodat titulo: Als titulus wird gewöhnlich das Schild am Hals des Sklaven bezeichnet, wenn dieser auf dem Markt feilgeboten wird (vgl. Petronius 29, 3). An dieser Stelle ist mit titulus aber noch einmal der in facies … inscripta beschriebene Sachverhalt gemeint; vgl. Schweckendiek (1992) 143 („… meint die Eintätowierung der Initialen des Eigentümers auf die Stirn“) sowie Petron 103, 5; Apuleius, met. 9, 12, 3 f. und Ausonius, epigr. 37. 346 Hosio subnixa secundo: Hosius (PLRE I 445) ist am Hof von Konstantinopel zunächst als comes sacrarum largitionum und seit 395 als magister officiorum bezeugt. Seine Herkunft aus einer spanischen Sklavenfamilie behauptet Claudian in v. 353. 347–348 prudensque movendi | iuris: Ein im Deutschen kaum wiederzugebendes Wortspiel mit der Doppelbedeutung von ius („Recht“ und „Soße“; vgl. zu dieser Charakterisierung des Hosius auch v. 351: hic cocus). 350 apices gemini dicionis Eoae: Eine deutliche Spitze gegen den faktisch machtlosen Arcadius. 362 quis voci digitos, oculos quis moribus aptet: Claudian denkt an Vorführungen von Pantomimen nach Tragödienstoffen, die von Chorgesang begleitet wurden (fabulae salticae). 367 Armenio … pro limite: Eutrop erinnert an den Hunnenfeldzug des Vorjahres (vgl. zu Eutrop. I 234–251). 377 Leo: Vgl. zu ihm PLRE II 661 f. und Zosimos 5, 14–17 (14, 3: mangelnde Qualitäten als Feldherr; 15, 1: Feigheit; 16, 10: Genusssucht) sowie Eunapios fr. 67, 5–7. 386 Aiax erat Eutropii: Eine Anspielung auf die gewaltige Körperfülle Leos, die parodistisch an die Ajax-Beschreibung in der Teichoskopie bei Homer, Il. 3, 226–229 erinnert. 387 septem … iuvencos: Aias trägt bei Homer einen Schild aus sieben Stierhäuten und einer Schicht aus Erz (Homer, Il. 7, 219–223). 391–401 quis novus … ad stamina matres: Leo benutzt in seiner exhortatio Metaphern und Vorstellungen aus der Weberei, die in komischem Kontrast zum Thema der Rede stehen (394: texitur; 396: ad ferrum; 398: leviorem pondere lanae; 401: restituam … ad stamina). 400 ut miseras populabor oves: Nach Sophokles, Ai. 21–33 tötet der rasende Aias in seiner Enttäuschung über die ihm entgangene Rüstung des Achilles nachts eine Herde von Schafen, weil er diese für Griechen, bes. für seinen Konkurrenten Odysseus, hält. 404–405 quotiens crinitus … Troada fingit: Weibliche Rollen wurden im griechischrömischen Theater von männlichen Schauspielern übernommen.

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407 infaustoque … bubone: Der Uhu galt als Unglücksbote (vgl. Seneca, Herc. f. 687 luctifer bubo gemit). 411–414 multumque priori | dispar … bipennibus Hebrum: Stilicho war 391/392 gegen die Bastarner und die Westgoten in Thrakien zu Felde gezogen. 416 Ancyranique triumphi: Ironischer Hinweis auf die in Eutrop. II 95–102 geschilderten Vergnügungsreisen. 417–422 non peditem praecedit … angusto tramite valles: Schweckendiek (1992) 147 verweist auf die analogen Ratschläge des Theodosius an Honorius in 4 cons. Hon. 323–328, die Leo alle nicht beachtet. 425 amisso pisce: Vgl. zu diesem Naturphänomen z. B. Plinius, nat. 9, 186 (weitere Belege bei Schweckendiek [1992] 147). 450 crebro pulsatus perstrepit ictu: Der Anschluss des Satzes ist aus grammatischen Gründen problematisch: pulsatus kann sich wegen des Genus nicht auf das geschlachtete Schwein (sus, f.) beziehen. Überzeugende Versuche, den Wortlaut wiederherzustellen, gab es bislang noch nicht, deshalb ist der Text mit Hall bis auf weiteres als korrupt zu kennzeichnen. Vgl. den Überblick über die Diskussion bei Schweckendiek (1992) 148 f. 457 solio … avito: Ironisch für den Stuhl des Webers. 458 stamina: Hall übernimmt die von Heinsius vertretene Konjektur gegen das handschriftlich überlieferte carmina („Arbeitslieder“; so auch bei Birt). 476 rege novo: Nach dem Mord an seinem Vorgänger Sapor bzw. Varanes – über einen möglichen Namensirrtum Claudians vgl. Schweckendiek (1992) 150 – herrschte seit 399 Isdigerdes I. in Persien (399–421); von den hier behaupteten Kriegsplänen ist sonst nichts überliefert. 477 Romanae … paci: Der hier gemeinte Friedensvertrag mit den Persern wurde von Iovian im Jahr 363 ausgehandelt. 478–480 rarus apud Medos … | paretur dominis: Dieser Brauch wird erwähnt bei Ammianus Marcellinus 23, 6, 81. 489 stolidi serum: Halls Konjektur gegen das überlieferte stolido rerum, das auch Birt in den Text setzt. Schweckendiek (1992) schlägt stolidi rerum vor. 497 Epimethea: „Derjenige, der erst hinterher nachdenkt“. – Vgl. zum Mythos Platon, Protag. 320d–321e und Themistios, or. 27, 338; außerdem zu Prometheus als Schöpfer der ersten Menschen aus Lehm 4 cons. Hon. 228 f. Schweckendiek (1992) 151 weist auf einen wesentlichen Unterschied hin: „Konstituierendes Motiv bei Platon, Themistios und Claudian ist, dass der dem materiellen Bereich verhaftete Epimetheus letztlich scheitert, während Prometheus durch das Geschenk des Geistes die Menschwerdung ermöglicht. Claudian zeichnet die Gestalt des Epimetheus dabei sehr viel negativer und verächtlicher, als das die beiden griechischen Fassungen tun, und schaltet auch sonst sehr frei mit dem Stoff.“



Anmerkungen zu Stil.

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511 laetius: Hall folgt der Mehrheit der Überlieferungsträger; Birt übernimmt die schlechter überlieferte Variante latius in den Text. 522 Aonio … de monte: Der Berg Kithairon in Böotien ist Schauplatz des tragischen Tods von König Pentheus, der von den Mänaden (darunter die eigene Mutter Agaue) in Ekstase zerrissen wurde, weil er den Dionysoskult verbieten wollte. 529 livida luctu: Das Farbadjektiv deutet auf die blauen Flecken hin, die Aurora zeigt, weil sie sich in Trauer um ihren Sohn Memnon selbst durch Schläge entstellt. 536 dux quondam rectorque meus: Stilicho hatte bis 394 unter Theodosius als einer von fünf magistri militum leitende Verantwortung im Ostreich inne. 537 domiti … tyranni: Angespielt ist auf den Feldzug gegen Eugenius, an dem Stilicho im Jahr 394 teilgenommen hatte. 546–547 fraterno coniungi coeperat orbis | imperio: Zu dieser kurzen Phase politischer Entspannung nach Rufins Tod am 27.11.395 – tanto terrore recentis exempli (v. 547–548) vgl. Döpp (1980) 72 und 3 cons. Hon. 185–188. 564–565 facilisque volenti | praeda sumus: Angespielt ist auf Alarichs Plünderungen in Griechenland (395 bzw. 397). 569–575 nuper ab extremo … | nec mittit gelidus Phasis: Den Hunneneinfall von 394/395 schildert Claudian in Rufin. II 28–35. 576 legio pridem Romana Gruthungi: Die Ostgoten dienten als Auxiliartruppen der römischen Armee. 580–581 inertia nutrit | proditioque ducum: Schweckendiek (1992) 155 erkennt hier die „einzige Anspielung in der gesamten Invektive auf die dubiosen Aktivitäten des gotischen magister militum Gainas.“ 581–583 quorum per crimina … qui reppulit omnes: Zur Niederlage der Greutungen vgl. zu 4 cons. Hon. 623–636 und Eutrop. II 155. 585–588 ne quid tamen orbe reciso … alterius pretium sarcire peremptae: Tatsächlich wurde in Eutrops Konsulatsjahr nur eine einzige Provinz geteilt; vgl. den Hinweis auf die Notitia dignitatum bei Schweckendiek (1992) 155. 591 pro fronde Minervae: Der Olivenzweig galt in der Antike als Attribut der Hilfe­ flehenden.

De consulatu Stilichonis liber primus 2 successusque novis successibus urgent: Handschriftlich breiter überliefert ist augent (so auch Birts Text), was weniger expressiv, aber inhaltlich akzeptabel ist. 3 conubii … cantus: Claudian verfasste für die Hochzeit von Kaiser Honorius mit Stilichos Tochter Maria im Frühjahr 398 das Epithalamium und die Fescennini versus.

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5 calidis … sertis: Schuster (1944) erklärt, dass die Hochzeitskränze noch warm vom Tragen waren. Die Verbindung ruft auch die Assoziation mit dem noch warmen Hochzeitsbett auf (vgl. Argia und Polynices in Statius, Theb. 2, 341 f.). Die unterschiedliche Art der Kränze zu verschiedenen Anlässen bezieht sich darauf, dass der Lorbeerkranz zu den insignia triumphalia gehören, die am Haus des Triumphators angebracht werden (vgl. Martial 8, 82). 7–8 crimen | concidit Eoum: Dass der Eunuch Eutropius 399 das Amt des Konsuls angetreten hatte, wird von Claudian als Entehrung des Amtes propagiert. 13–14 quodcumque relinquam | maius erit: Es geht Claudian nicht darum, das Wichtigste auszuwählen, sondern überhaupt auszuwählen oder nicht; Claudian will seinen Entschluss begründen, nichts wegzulassen, indem er den Panegyricus nicht auf ein einziges Buch beschränkt. 16 narrem iustitiam: Claudian bezieht sich auf die Herrschertugend, die sich bei den ‚Taten im Frieden‘ am besten erweisen lässt; im Folgenden werden nach dem Einteilungsschema des Panegyricus jeweils ‚Taten im Krieg‘ mit ‚Taten im Frieden‘ kontrastiert. 20 inbellem miratur Gallia Rhenum: Zu Stilichos erfolgreichen Verträgen mit den rechtsrheinischen Germanenstämmen vgl. v. 189 ff. 21–22 decertatosque labores | Hebro teste canam: Stilichos Erfolge gegen die Goten in Thrakien sind Thema der Verse 94 ff., welche die Strapazen in Eis und Schnee schildern; labores ist aber auch der Begriff für die Taten des Hercules, was hier in Verbindung mit decertare („bis zur Entscheidung kämpfen“) assoziativ mitschwingt. Der Hebros ist der Hauptstrom in Thrakien; die Assoziation des Flusses mit Orpheus (der thrakische Sänger fand hier den Tod) zeigt, dass Claudian nur andeutet, was die Rhetorik als Einleitungstopos zur captatio be­ nevolentiae empfiehlt: Der Stoff ist gewaltiger als die Taten der Heroen; es bedürfte eines Orpheus, um ihn darzustellen. 30 partitim singula quemque | nobilitant: Handschriftlich ist mehrheitlich partitum überliefert, das Birt beibehält, da es als Participium coniunctum verständlich ist. Charlet (2017) interpungiert: Partitum. Singula quemque nobilitant. („Car il y a partage. Un détail anoblit chacun“). 36 militiamque patris: Mehr als Claudian hier sagt, wissen wir von Stilichos Vater nicht; ohne die abschätzige Äußerung über seine Herkunft bei Orosius (7, 38, 1: Stilico, Vandalorum inbellis avarae perfidae et dolosae gentis genere editus), wären wir nicht einmal sicher, dass er Vandale war. 37 fida Valenti … dextera: Kaiser Valens wurde von seinem Bruder Valentinian I., der nach Jovians Tod 364 in Nicaea gewählt worden war, zum Mitregenten ernannt; Theodosius senior „war einer der fähigsten Heermeister Valentinians gewesen“ (Demandt [2007] 155); war im Einsatz gegen die Franken, in Bri-



Anmerkungen zu Stil.

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tannien, und gegen die Alamannen, bevor er den Firmus-Aufstand in Africa niederschlug. Nach Valentinians Tod wurde er in einem Majestätsprozess zum Tode verurteilt. 39 sufficeret natus Stilicho: Die Topik ist in der Panegyrik beliebt, vgl. etwa Ovids Jupiter über Caesars Verdienste (met. 15, 750 f.) und ähnlich Plinius d.J. über Nervas Adoption des Trajan (Panegyr. 10, 6); weitere Belege bei Keudel (1970) 32. 42 nil breve moliri: Die Infinitive können als historische Infinitive gedeutet werden (so Schuster [1944]) oder von den Adjektiven abhängig gemacht werden, was in der Dichtung nicht unüblich ist. Leichter als mit dem historischen Infinitiv kann man damit die Du-Anrede rechtfertigen, die im folgenden Satz zu finden ist und also schon hier gelten sollte. Gesner (1759) versteht breve i. S. v. parvum und weist auf die Parallele bei Horaz hin, der Homer bescheinigt: nihil molitur inepte (ars 140). 51–52 pacis cum mitteris auctor | Assyriae: Stilicho war offenbar Teilnehmer einer der Gesandtschaften, die mit Sapor III. (383–388) ausgetauscht wurden und zur Teilung Armeniens unter arsakidische Vasallenkönige führte (Demandt [2007] 157). 58–63 turis odoratae cumulis … testatur … Mithram: Wie Keudel (1970) 33–35 nachweist, ist die Opferszene sprachlich sowohl nach dem Vorbild von Statius’ The­ bais gestaltet, wo Adrast für Apoll opfert, der im Hymnus ebenfalls als Sonnengott Mithras apostrophiert wird (Theb. 1, 720), als auch nach der Aeneis, indem an Didos Gastmahl mit dem Trankopfer aus der Schale des Belus (Aen. 1, 728–735) und an das Opfer mit Anna (Aen. 4, 56–64) erinnert wird. Zur Modellierung des Stilicho zum epischen Helden vgl. Müller (2011) 296–299. 60–61 rituque iuvencos | Chaldaeo stravere magi: Hier wird der Vertragsschluss durch die Schlachtung (i.d.R. eines Schweins) betont, wobei das Stieropfer für die Römer mit dem Mithraskult verbunden ist. 68 torquebas refugum Parthis mirantibus arcum: Claudian bedient sich des Topos, dass die Perser als hervorragende Reiter sich im Kampf plötzlich zur Scheinflucht wenden, um die Pfeile dann auf die Feinde abzuschießen (Keudel [1970] 38). 71 imperioque ducem nataeque maritum: Wohl 384 heiratete Stilicho Serena, die Tochter von Theodosius’ Bruder Honorius, die Theodosius offensichtlich adoptiert hatte; Stilichos Aufstieg unter Theodosius ist auch in Claudians Laus Serenae (c. min. 30, 192 ff.) umschrieben; ab 392 ist im Codex Theodosianus seine Stellung als magister utriusque militiae nachweisbar (Cod. Theod. 7, 4, 18 und 7, 9, 3). 74 iudicium virtutis erat: Man darf sich hier sicher Virtus personifiziert als Schiedsrichterin über die konkurrierenden Männer vorstellen, wie Paris als Schönheitsrichter vor den drei Göttinnen.

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78 olim socer ipse futurus: Honorius heiratete 398 Stilichos Tochter Maria. 80–81 comitata parentibus exit | purpureis virgo: Kaiser Theodosius und seine Gemahlin. 83 subnectens flammea gemmis: Gesner (1759) 314 erklärt: Der haubenartige Schleier wird unter dem Kinn mit einer gemmenbesetzten Spange zusammengehalten. Keudel (1970) 39 weist daraufhin, dass Dido zur Jagd, die zur Vereinigung mit Aeneas führen wird, ihr Gewand mit einer fibula feststeckt (Aen. 4, 139: subnectit fibula vestem). 94–95 Visos in plaustra feroces | reppulit: Kämpfe gegen die Visi (Westgoten) seit der Ernennung des Theodosius zum Kaiser konkret zu benennen, ist schwer, zumal die literarischen Zeugnisse, besonders die Reden des Themistios eine Politik der Integration bezeugen, vgl. Heather (1991) bes. 158–192; Claudian selbst erwähnt 4 cons. Hon. 623–636 den Kampf gegen die Gruthungi. 95 Promoti caede tumentes | Bastarnas … potuit delere: Der Feldherr Promotus starb 391 bei Kämpfen in Thrakien; vgl. Rufin. I 316 f.; Zosimos 4, 51, 3 führt den Überfall auf eine Intrige des Rufinus zurück. Müller (2011) 280–283 arbeitet die Bedeutung dieses Bastarnenfeldzugs für die Feldherrnqualitäten in diesem Panegyricus heraus; der an sich unbefriedigende Ausgang des Feldzugs ist durch die Intervention des Rufinus leicht zu erklären (v. 113); bedeutend wird Stilichos Leistung als Akt der pietas in der Rache für Promotus. Auch damit qualifiziert Stilicho sich als zuverlässige Stütze des Reichs, die sich bei Theodosius’ Tod bewähren wird. 97–98 Pallantis iugulum … piavit | Aeneas: Dass Turnus den Pallas nicht an der Kehle verwundet hat (Aen. 10, 484 gibt den Stoß durch Schild und Brust an), betont Gesner (1759) 315; hier soll jedoch die Assoziation an ein Opfertier hervorgerufen werden. 99 vel quaestus Achilli: Die Auslösung des Leichnams durch Priamos im letzten Buch der Ilias wird als Negativexempel eingesetzt, um Stilicho über den Helden Achill zu stellen. 104 inferiis gens tota datur: Kriegsgefangene als Totenopfer für die Seele des Verstorbenen werden im epischen Kontext von Achill für Patroklos (Il. 23, 175 f.) und von Aeneas für Pallas (Aen. 11, 81 f.) getötet. Stilicho übertrifft die Helden, indem er das ganze Volk der Bastarnen im Kampf für Promotus opfert; vgl. Keudel (1970) 41. 104–105 nec Mulciber auctor | mendacis clipei, fabricataque vatibus arma: Die scheinbar aufklärerische Mythenkritik, wenn hier Hephaistos als Urheber der göttlichen Waffen des Achill (vgl. Homer, Il. 18, 368–617) und des Aeneas (vgl. Aen. 8, 370–454) als bloße Fiktion abgetan wird, ist eine panegyrische Gestik – vgl. Martial, spect. 6 (5), 3 f. und 8 (6), 3 f. –, um Stilichos Leistung zu steigern.



Anmerkungen zu Stil.

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109 terrisonus stridor: Die ungewöhnliche Wortbildung analog zu horrisonus (u. a. Vergil, Aen. 6, 573; Lukrez 5, 109) und terrificus scheint vor Claudian nicht belegt. 110–111 non falce Gelonus, | non arcu pepulere Getae, non Sarmata conto: Keudel (1970) 42 weist nach, dass Claudian den kleinen Völkerkatalog, den Schuster (1944) als historisch unsinnig kritisiert, nach Statius gestaltet hat: In der Achilleis (2, 131–136) gibt Achill alle (barbarisch-exotischen) Waffenarten an, in deren Gebrauch er unterwiesen wurde. 113 occultus proditor: Gemeint ist der Heermeister Rufinus. 120–121 nec stetit Eucherii dum carperet oscula saltem | per galeam: Wie Theodosius und Honorius übertreffen Stilicho und Eucherius das homerische Modell des Hektor, der beim Abschied von Andromache den Helm abnimmt, weil der kleine Astyanax vor dem drohenden Helmbusch Angst bekommt (Il. 6, 466–475); vgl. zu 3 cons. Hon. 31. 123 Edonas hiemes et tardi flabra Bootae | … tulit: Keudel (1970) 42 macht auf das Modell aus Statius’ Thebais aufmerksam: Hypsipyle erzählt von den Männern auf Lemnos, die lieber nach Thrakien ziehen als bei Frau und Kindern zu bleiben: dulcius Edonas hiemes Arctonque frementem | excipere (Theb. 5, 78 f.). Der Bärenhüter als Gestirn des Nordens ist vor Kälte träge. 128 curvatas glacie silvas umbone ruebat: Gesner (1759) 317 erklärt den transitiven Gebrauch von ruere: Die vom Eis belasteten Äste hängen so tief, dass man sie mit dem Schild zurückstoßen und abbrechen muss, um im Wald voranzukommen. 129 prope Cimmerii tendebat litora Ponti: Stilichos Fahrt weckt Assoziationen an Odysseus’ Fahrt zu den Kimmeriern am Rand des Okeanosstroms (Homer, Od. 11, 11–22). 135–137 offenso quantae sub vomere putres | dissiliant glaebis galeae … regum: Keudel (1970) 43 f. betont, dass Claudian hier Bilder einsetzt, die mit dem Bürgerkrieg und den Schlachtfeldern Thessaliens verbunden sind (Vergil, georg. 1, 491–497; Lucan 7, 852–868). 140 caesi post bella tyranni: Theodosius hatte in der Schlacht am Frigidus über Eugenius gesiegt. Die Soldaten hatten dem Gefangenen das Haupt abgeschlagen. 141 iam tibi commissis … terris: Nach dem triumphalen Einzug in Mailand war Theodosius selbst im Januar 395 unerwartet gestorben. Claudians Dichtungen verbreiten Stilichos Legitimierung als Vormund für beide Theodosiussöhne durch das mündliche Vermächtnis des Theodosius, vgl. zu 3 cons. Hon. 142. 142–145 rerum ruituro culmine … melius librata pependit | machina: Die Machtsicherung für die Söhne des Theodosius und die Übernahme der Reichsregierung (vgl. zu Rufin. praef. I 17) umschreibt Claudian als herkulische Arbeit.

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Die Topik findet sich prominent auch bei Velleius Paterculus 2, 124, 1, als Tiberius die ruina orbis nach dem Tod des Augustus verhindert; die Wortwahl erinnert an Lucans Weltende-Szenario: librati pondere caeli (1, 57) und totaque discors | machina divulsi turbabit foedera mundi (1, 79 f.); weitere Parallelen bei Keudel (1970) 45. 152–161 nec tantis dissona linguis … conspicit occiduus sol: Die Vereinigung aller Völker (vgl. die Huldigung für Augustus in Vergils Schildbeschreibung, Aen. 8, 723: quam variae linguis, habitu tam vestis et armis) wird katalogartig entfaltet; dabei ist Lucans Modell zu spüren, bei dem gegen Caesars Legionen aus Gallien (1, 396–465) von Pompeius alle Verbündeten des Ostens mobilisiert werden (3, 169–298); vgl. Keudel (1970) 46. 163 servator honesti: Schuster (1944) 92 erklärt servator honesti als Apposition zu metus iuris, was syntaktisch die bessere Entscheidung ist (so auch Hall). Denn wenn man etwa das Heer des Stilicho als servator honesti verstehen wollte (vgl. die Charakterisierung des Stoikers Cato bei Lucan 2, 389: iustitiae cultor, rigidi servator honesti), müsste man den Satz unterbrechen. 170–180 denique felices aquilas … vapores: Die Tyche des Feldherrn, der sich die Natur gern unterwirft, ist Topos des Herrscherlobs. Schuster (1944) 92 f. bezieht die Angaben auf die beiden Expeditionen gegen die Westgoten in Griechenland. Schuster empfiehlt, die Aussagen im Konjunktiv als hypothetischen Konjunktiv zu verstehen, zumal die parataktische Gegenüberstellung der Sätze eigentlich ein hypothetisches Verhältnis ausdrückt. 171 tantis epoti milibus amnes: Seit Xerxes’ Feldzug (Herodot 7, 43) ist das ein Topos, der die Größe des Heeres ausdrückt; vgl. Keudel (1970) 47. 173–174 sub puppibus ibat | Ionium: Vgl. Vergil, Aen. 4, 582: latet sub classibus aequor. 175–176 iuga Leucatae feriens … | deterrebat hiems: Das Vorgebirge wird auch bei Vergil (Aen. 3, 274 f.) als gefährlich beschrieben. 179 fontem si quaerere Nili: Eine kühne Expedition im Stil Alexanders, die das Heer an die Grenzen der Welt führen oder in die arcana naturae eindringen lassen würde (bei Lucan 10, 188–192 bekundet Caesar seinen Wunsch, die Nilquellen zu sehen). 180 penetrassent vela vapores: Der Konjunktiv Plusquamperfekt steht hier für den Konjunktiv Imperfekt; Schuster (1944) 94 nennt Belegstellen bei Cicero, Livius und weist auf den regelmäßigen Gebrauch bei spätantiken Autoren hin; vgl. Birt, CCXXIII. 181–187 te memor Eurotas … pergit amores: Stilichos Abzug im Jahr 395 aus Thessalien hatte zur Folge, dass sich die Goten unter Alarichs Führung nach Böotien und Attika wandten (Zosimos 5, 5, 7 ff.) und dann ohne Widerstand über den Isthmos von Korinth auf die Peloponnes ziehen konnten (Zosimos 5, 6, 4),



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weil die Hunnen zur selben Zeit in Kleinasien auch Konstantinopel existentiell bedrohten. Im Frühjahr 397 landete Stilicho in Korinth und drängte die Goten ins Pholoe-Gebirge ab, von wo sie nach Norden abziehen konnten und in Epirus siedelten (Zosimos 5, 7, 1 f.). 181–182 te rustica Musa Lycaei, | te pastorali modulantur Maenala cantu: Die Hirtendichtung ist mit Pans Heimat Arkadien verbunden; Claudians Hörer denken dabei an den Refrain des Hirten Damon in Vergils achter Ekloge: incipe Mae­ nalios mecum, mea tibia, versus und an Gallus in der zehnten Ekloge, um den Maenalon und Lykaion klagen (ecl. 10, 15). 187 tardior … etiamnunc: Schuster (1944) betont zwar, dass etiamnunc nicht temporal zu verstehen sei, sondern zur Verstärkung beim Komparativ seit Seneca regelmäßig eingesetzt werde; aber das Bezugswort tardior stünde weit entfernt; als temporales Adverbiale steigert es rhetorisch den Vergleich von damaliger Stauung des Ladon mit Leichen (tunc) mit der noch immer (etiamnunc) anhaltenden Stauung des Alpheus. 189–190: cum solo terrore ruat? num classica Francis | intulimus? … num Marte …: Die meisten Editionen folgen hier der Mehrzahl der Handschriften: … ruant? non classica … non Marte … Als constructio ad sensum ist ruant gut zu vertreten, zumal der Begriff ‚Feind‘ anschließend in eine Menge von Einzelvölkern aufgelöst wird. Die anaphorischen Fragen mit num wirken mit der Wir-Ansprache ans Publikum viel lebhafter als eine Feststellung. 193 cedant, Druse, tui … labores: Den erfolgreichen Feldzug des Drusus bis zur Elbe feiert Ovid in den Tristien (4, 2). 193 cedant, Traiane, labores: Unter Trajan hatte das Imperium Romanum die größte Ausdehnung erreicht, auch wenn der Parther-Feldzug nicht nachhaltig erfolgreich war; die Trajansäule verbildlichte die Leistungen des Feldherrn. Selbst Plinius preist im Jahre 100 Trajans noch kaum nennenswerte militärische Erfahrungen im Partherkrieg und in Germanien ähnlich topisch (paneg. 14, 1): Die Völker zittern schon vor der Nennung des bloßen Namens. 199 ad bifidos tractus: Waal und Rhein werden in der antiken Geographie als zweifache Mündung des Rheins zusammengefasst. 205 paruerant, iussi properant: Vermutlich weil das Homoioteleuton zu aufdringlich wirkt, folgt Hall gegen die handschriftliche Überlieferung hier Heinsius und setzt paruerunt in den Text. 210 otia vendere: Schuster (1944) 98 erkennt, dass Claudian auch diesen Topos mit dem Panegyricus des Plinius gemeinsam hat, der Trajans wirkungsvolle Außenpolitik im Kontrast zu Domitians Scheinerfolgen rühmt (Panegyr. 12, 2). 214 pressis … cervicibus: Schuster (1944) erklärt das Simplex für das Kompositum: depres­ sis … cervicibus (die Gefangenen im Triumphzug werden mit Ketten beschwert).

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221 cornibus infractis: Die Hörner des besiegten Flussgottes werden im Kampf gebrochen: Für die Donau setzt Ovid (trist. 4, 2, 41 f.) das Motiv in der Feier von Drusus’ Feldzügen ein. 222 Salius: Der fränkische Stamm wird auch bei Ammianus (17, 8, 3) erwähnt; die Lesart Suebus ist hier abzulehnen, denn Claudian misst, wie Schuster (1944) 99 mit Belegstellen zeigt, an allen anderen Stellen metrisch einheitlich Su˘ēvus. 223 Sygambrus: Obwohl der Stamm der Sygambrer schon von Tacitus als ausgelöscht bezeichnet wird (ann. 12, 39, 2), bleibt er in der Dichtung beliebt. 222–223 flexosque … | in falcem curvet gladios: Keudel (1970) 50 verweist auf die Umkehrung des Bilds nach Vergil (georg. 1, 508: et curvae rigidum falces con­ flantur in ensem). 226–227 mediumque ingressa per Albam | Gallica … armenta: Hall folgt Martin Bouquet, der hier in geographischer Nähe zu Gallia die Schwäbische Alb annimmt, nicht etwa die Elbe (Albim), was handschriftlich gut überliefert ist, aber eine starke Übertreibung dastellt, die Schuster (1944) 101 aber als typisch für Panegyrik verteidigt. 229–231 lucosque vetusta | religione truces … nostrae feriant inpune bipennes: Die Vorstellung greift Caesars Fällung des heiligen Hains bei Massilia (Lucan. 3, 399–452) auf. 237–238 quam Francia reges | quos dederis: Nach Grenzverletzungen durch die Frankenkönige Sunno und Markomeres seit 388, wobei auch Köln bedroht wurde, und Rachefeldzügen der Römer (vgl. Gregor von Tour 2, 9) hatte Stilicho offenbar die Absetzung der reges durchgesetzt. 245 ingenio scelerumque cupidine fratres: Schuster (1944) 103 macht darauf aufmerksam, dass Markomeres und Sunno nicht leiblich, sondern nur im Geiste Brüder waren. 248–263 moverat omnes | Maurorum Gildo populos … pharetrae: Der Völkerkatalog erinnert an Iubas Kriegsvorbereitung bei Lucan. 4, 667–686. 257 stant pulvere Syrtes: Birt glossiert stare (mit Ablativ) als densari („dicht voll sein mit“); Schuster (1944) 104 verweist auf epische Vorbilder: Ennius ann. 612 Skutsch (608 Vahlen): stant pulvere campi; Vergil, Aen. 12, 407 f.: iam pulvere caelum | stare vident. Die Syrten bezeichnen nicht nur das Wasser, sondern auch das angrenzende Festland (Belege bei Schuster [1944] 105). 263 splendent vipereae … pharetrae: Das neben splendent überlieferte pendent, das Schuster (1944) 37 bevorzugt, ist bildlich weniger eindrücklich: Denn die Besonderheit dieser Köcher besteht in der optischen Wirkung durch das verwendete Material. 271 quamvis obstreperet Pietas: Wie Schuster (1944) 106 richtig erläutert, setzt sich Gildo über die Regelung des Theodosius hinweg, nach der Africa der Westhälfte des Reichs zugehörte, um Roms Getreideversorgung zu garantieren; in-



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dem sich Gildo der Regierung des Ostreichs unterstellt, bringt er damit auch den Bruder Arcadius zu einem Konfrontationskurs gegen Honorius. 275–276 hoc Africa saevis | cinxerat auxiliis: Hall setzt das einheitlich überlieferte cinxerat in Cruces; er schlägt die Verbesserung zu strinxerat oder struxerat vor. Tatsächlich ist bellum cingere auxiliis eine etwas kühne Formulierung, die zu einer Personifikation von Bellum tendiert. 280–281 pudoris | obtentu: Schuster (1944) 107 übersetzt zwar „unter dem Vorwand der Scham“, weist aber auf die Bedeutung von obtentu „mit Rücksicht auf, wegen“ hin, die allerdings nur als juristischer Sprachgebrauch in den Kaiserkonstitutionen üblich ist. 297–298 quamvis et opes et rura tenerent | insignesque domos: Nach Zosimos (5, 11, 1) betrieb Eutropius das Verfahren, Stilicho von der oströmischen Regierung zum Staatsfeind erklären zu lassen; damit würde sein Besitz auf oströmischem Territorium konfisziert. Es wäre eine Reaktion auf Stilichos Maßnahme, Gildo durch den römischen Senat zum hostis publicus zu erklären. 300 dividis ingentes curas: Birt versteht mit Burmann den Text dividis in gentes curas; damit wäre die Kontrastierung zu verstehen: „du teilst zwar deine Sorgen unter die Völker auf, aber stellst dich dann allen als ein einziger/allein entgegen“; mit Schuster (1944), der die Wendung ingentes … curae als üblich nachweist, ist wohl eher zu verstehen, dass Stilicho die Größe der Sorgen dadurch bewältigt, dass er sie (wie ein guter Redner) in Teilbereiche gliedert und mit taktischer Überlegung angeht. 304 quis Briareus aliis numero crescente lacertis: Der Vers, der nicht in allen Handschriften erhalten ist, wird von Birt als Interpolation angesehen. Schuster (1944) 110 macht auf einen ähnlichen Vers in Claudians Rapt. III 188 aufmerksam, der dem Interpolator als Vorbild gedient haben könnte: centum Briareia turba lacertis. Trotzdem ergibt diese emphatische Verstärkung durchaus ein amüsantes Bild, das für Claudian nicht abwegig ist. 317 Gallia bis fractas Alpino vulnere vires: Theodosius’ Siege über die Usurpatoren Maximus (388) und Eugenius (394). 319–321 concepto dente draconis … messis cum proprio mox bellatura colono: Als Cadmus zur Gründung Thebens die Zähne des erlegten Drachens aussäte, entstanden erdgeborenen Krieger, die sich in einem ersten Bruderkrieg untereinander bekämpften. 322 cognatos strinxit gladios: Schuster (1944) 112 erklärt cognatos mit Verweis auf den Index bei Birt i. S. v. una natos („zusammen mit ihnen entstanden“) parallel zu galea … nascente im folgenden Vers; die Tatsache des Bruderkriegs ist aber ebenso hervorgehoben; in diesem Sinn verwendet Lucan (1, 4) die Formulierung cognatas acies.

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327 ordine quam prisco censeret bella senatus: Stilichos Geste, den Krieg gegen Gildo durch einen Senatsbeschluss legitimieren zu lassen, wird von Claudian noch nicht im Bellum Gildonicum, sondern erst hier als traditionsbewusster Regierungsstil, der dem Senat die unter den Kaisern eingebüßte Entscheidungskompetenz zurückgibt, ausgedeutet, wie Döpp (1980) 186 hervorhebt. 335 stetit ira minor: stare wird synonym zu esse verwendet. 336 te duce suspecto: Dass Stilicho nicht selbst den Krieg gegen Gildo führte, erklärt Claudian hier im Unterschied zum Bellum Gildonicum, wie Döpp (1980) 198 bemerkt, mit der Fürsorge für Africa, weil Gildo damit zu Verzweiflungstaten getrieben worden wäre, die das Land schwer geschädigt hätten. Der eigentliche Kommandant Mascezel, der in Ungnade gefallen war, musste damit nicht mehr erwähnt werden. 343 profuit hostilis! salvae Karthaginis arces: Birt bezieht hostilis auf Karthaginis, doch ist die fiducia hostilis der Vorteil für die Römer. 356 pavidus proiecit missile Mazax: Der Vers wandelt Lucans Charakterisierung ins Gegenteil um (4, 680 f.): aequaturusque sagittas | Medorum, tremulum cum tor­ sit missile Mazax. 362 fracturumque reos humili sub iudice vultus: Gildo sollte wohl nach Mailand zum Kaiser gebracht werden, wurde aber noch in Africa getötet (Orosius 7, 36, 11: post aliquot dies strangulatus interiit), also von den Soldaten, d.h. von einem niedrigen Richter. 377 inter supplicium populi deforme pependit: Die Präposition inter lässt eigentlich ein zweites Glied zu supplicium populi erwarten, zumal in Verbindung mit pendere; Gesner (1759) ergänzt deshalb et victoriam; Schuster (1944) fasst sie als temporale Präposition auf („während der Aushungerung des Volkes“), was seine Berechtigung hat, weil es inhaltlich vor allem um den zeitlichen Druck geht, unter dem die Kriegsführenden stehen.

De consulatu Stilichonis liber secundus 2 metuendus amore: Gesner (1759) 337 diskutiert die Bedeutung des Oxymorons; es gibt zwei Möglichkeiten: Dass Stilicho trotz seiner autoritären Machtstellung seine Liebe beweist, ist eine naheliegende Erklärung. Da aber Claudian hier den Themenwechsel von den Taten im Krieg zu den Taten im Frieden ankündigt, kann auch eine Variation von Vergils parcere subiectis et debellare superbos (Aen. 6, 853) intendiert sein: Stilicho ist seinen Feinden ein Schrecken, seinen Freunden erweist er seine Liebe. 3–4 trabeas … induerit: metonymisch für Konsulat, vgl. zu 3 cons. Hon. 5.



Anmerkungen zu Stil.

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6 Clementia: Zusätzlich zu den vier Kardinaltugenden, die im Herrscherlob zu behandeln sind, hat bereits Cicero in der Dankrede Pro Marcello die clementia Caesaris kanonisiert; Seneca liefert in De clementia die philosophische Begründung für den Status der clementia als wichtigster Herrschertugend. Claudian folgt ihm bereits in 4 cons. Hon. 274–295; seine innovative Leistung ist hier ihre mythische Begründung, indem er clementia zur ordnenden Kraft in der Kosmogonie macht. Keudel (1970) 64–70 erwägt eine Herleitung von Parmenides und Empedokles. 7 Iovis … zonam: Claudian wählt die Zone des Göttervaters für die wichtigste Göttin, und damit die temperierte Zone des Planeten zwischen dem heißen Mars und dem kalten Saturn. 20–22 obvia prosternas, prostrataque more leonum | despicias: Seneca (clem. 1, 5, 5), Martial in seinem Hase-Löwe-Zyklus (bes. 1, 22) und Statius (Theb. 8, 124– 126; 8, 593–596) setzen das Bild des Löwen ähnlich ein, vgl. Keudel (1970) 74 f. – Charlet (2017) nimmt Textausfall vor Vers 20 an; die Ergänzung aus dem Codex Laurentianus S. Marco 250, die Charlet in Atheteseklammern angibt, scheint eine späte an Vergil (Aen. 6, 853) angelehnte Paraphrase von Vers 20 zu sein: parcere substratis ceu nobilis ira leonis. 30 eademque sorori: Der Dativ bei idem ist als lectio difficilior der Lesart eademque sororis vorzuziehen, vgl. Horaz, ars 467: Invitum qui servat, idem facit occidenti. 32 nullo livescere fuco: Bildebene und Aussage der Metapher zugleich sind in der Übersetzung schwer wiederzugeben; Platnauers Übersetzung „to practise no hypocrisy“ fasst nur die Aussage, während Charlets textnahe Übersetzung „Elle a appris à ne te bleuir d’aucun fard“ schwer verständlich ist. Sowohl live­ scere wie fucus sind Begriffe, die eine (Ver-)färbung angeben; livescere gibt eine krankheitsbedingte oder psychische Veränderung der Hautfarbe (livor i. S. v. invidia, malignitas) an (vgl. ThlL VII.2, 1544, 77, wo die Stelle nicht unter der metaphorischen Verwendung „missgünstig sein“ eingeordnet ist, allerdings auf die bildliche Verwendung verwiesen wird); fucus kann als Grundmittel zum Färben verschiedene Farben annehmen, als Schminke für das Gesicht kann es zum Abdecken von Schönheitsfehlern wie Make up bleichend eingesetzt sein, kann aber auch den Wangen wie Rouge Glanz verleihen. In Redewendungen ist fucus metaphorisch i. S. v. Verstellung und Trug eingesetzt (fucum facere; sine fuco et fallaciis, vgl. A. Otto: Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Leipzig 1890, 148, wie auch diese Stelle in ThlL VI.1, 1462, 69 f. verstanden ist). Für unsere Stelle könnte man annehmen, dass die Missgunst, die sich in bleicher Hautfarbe manifestiert, mit Schminke verdeckt werden soll. Gesner (1759) 339 aber erklärt das Bild in dieser Kombination als ein Erbleichen, weil die Meerpflanze fucus in der Malerei und beim Purpur-

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färben eingesetzt wird, um den Purpur tiefer eindringen zu lassen, wodurch sie ihn aber zugleich weniger leuchtend macht. Vom fucus der mendacia, so Gesner, werden solche Menschen deshalb bleich, sie glänzen nicht. 35 laetam speciem: Zu Recht weist Gesner (1759) 339 auf die metonymische Verwendung hin: Die Intrige ist dadurch erfolgreich, dass dem Getäuschten vorgespielt wird, man wolle ihm nicht schaden, sondern ihn im Gegenteil laetus machen. 60 depositum: Im römischen Privatrecht versteht man darunter ein zur (unentgeltlichen) Aufbewahrung anvertrautes Gut; der depositarius haftet für die angemessene Aufbewahrung und den Erhaltungszustand des depositum. 73 obsequiis moderere ducem, pietate parentem: ‚Vater‘ ist der Kaiser als pater patriae für alle Untertanen und damit auch für Stilicho. 84 furias ultum: Dass die oströmische Regierung Stilichos militärische Aktionen gegen die Goten in Griechenland einschränkte und in der Gildo-Krise gegen Rom agierte und dass der oströmische Senat Stilicho zum Staatsfeind erklärte, interpretiert Claudian als Provokationen, die einen Bürgerkrieg auslösen können. Im römischen Epos sind es die Furien, die zur Provokation eines Kriegs eingesetzt sind: Allecto hetzt in Vergils Aeneis den Turnus auf, ähnlich agieren Tisiphone und Megaera in Statius’ Thebais oder Megaera bei Claudian selbst (Rufin. I 74 u. 354). Im griechischen Drama dagegen treten die Erinyen als Rachegöttinnen in Aktion, wenn Frevel von einem Menschen begangen wurden. 104–105 iniustaque numquam | largiri sociis: Gesner (1759) 344 diskutiert die doppelte Möglichkeit, dieses Lob zu verstehen: Zum einen kann largiri ganz konkret aufgefasst und auf Vetternwirtschaft bezogen werden, so dass den Anhängern ungerechtfertigte Geschenke gemacht werden. Zum anderen kann largiri i. S. v. indulgere aufgefasst werden und bedeuten, dass bei den Anhängern Rechtsverstöße unter den Tisch gekehrt werden, was gut zum vorausgehenden Gedanken passt (vgl. Tacitus, ann. 3, 70, 2: rei publicae iniurias ne largiretur; Sallust, Cat. 54, 3: Caesar dando sublevando ignoscundo, Cato nihil largiundo gloriam adeptus est). 134 membraque Circaeis effeminat acrius herbis: Homers Kirke, die Odysseus’ Gefährten in Schweine verwandelte, ist als Allegorie der Luxuria gedeutet worden (vgl. Horaz, epist. 1, 2, 23–26). 135–136 qua non taetrior ulla | interius: Keudel (1970) 17 macht darauf aufmerksam, dass das Bezugswort zu ulla fehlt und erklärt die syntaktische Unebenheit mit der Übernahme des Hexameterschlusses aus Eutrop. I 183 f., wo ulla mit belua verbunden ist. 175 auratis celebrant hinc ora figuris: Gesner (1759) 349 betont, dass die Formulierung ora nicht ausschließt, dass Standbilder gemeint sind, so die Statue in



Anmerkungen zu Stil.

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Rom anlässlich des Siegs über Gildo: CIL VI 1730 (und später zum zweiten Konsulat CIL VI 1731). 185 in tua centenas aptant praeconia voces: Claudian wendet hier den Unsagbarkeitstopos ins Positive, der vor allem in Vergils Formulierung bekannt ist (u. a. Aen. 6, 625 f.); in Olybr. Prob. 55 f. ist er noch traditionell eingesetzt. 186 limite tutus inermi: Zu den Verhandlungen mit den Germanenstämmen am Rhein vgl. Stil. I 189–245. 190–191 rura tyranno | libera: Zu Stilichos Sieg über Gildo vgl. Stil. I 246–385. 191–192 obsidione solutus | Pannonius potorque Savi: Claudian verweist damit wohl zurück auf die Goteneinfälle der 80er Jahre und Stilichos militärischen Einsatz unter Theodosius im Donauraum (Stil. I 89–140). 210–212 aut litore produnt … aut in se vertunt furiis: Andragathius, Verbündeter des Maximus, stürzte sich ins Meer (Zosimos 4, 46 f.); Gildo flüchtete zunächst zu Schiff, wurde aber aufgegriffen und getötet (Orosius 7, 36, 11). 212–213 aut militis ense | bacchati laniant Pentheo corpore ritu: Claudian erinnert damit an den Tod Rufins bei der Truppenparade (Rufin. II 336–439). 217 aut monitos certa dignantur imagine somnos: Die übliche Konstruktion von dig­ nari (aliquem re) ist hier zu erkennen; ThlL VIII, 1412, 24 f. folgt Gesner (1759) 352 in der Erklärung der ungewöhnlichen Passivform monitos (vgl. dagegen etwa Statius, silv. 3, 3, 204: monituraque somnia, Theb. 8, 333: vera monentibus aris) damit, dass somni eigentlich für den träumenden Menschen stehen, den die Götter gewarnt sehen wollen. 227–228 tecta deae, quae candida lucent | monte Palatino: Seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert wurde die Dea Roma kultisch verehrt; die Tempelanlage für Dea Roma in Rom selbst wurde allerdings erst von Hadrian geweiht und unter Maxentius erneuert (Templum Veneris et Romae), LTUR V, 121–123; die imposante Anlage an der Via sacra gehört nach der augusteischen Einteilung zur Regio X: Palatium; mit der Angabe monte Palatino scheint Claudian also nicht den Standort eines Tempels auf dem Palatin, sondern im Gebiet des Palatin gemeint zu haben. Damit wird auch suggeriert, dass der Sitz der Dea Roma und der kaiserliche Palast eine Einheit bilden. 233 Augusti potuit soceri contemnere fasces: Hispania behauptet, Stilicho habe schon unter Theodosius, dessen Nichte (und Adoptivtochter) Serena Stilicho zur Frau hat, nicht Konsul werden wollen. 237 inmoto iure: Gesner (1759) 353 versteht die Stelle so, dass Stilicho sich nicht unrechtmäßig Amtsgewalt als Vormund von Theodosius’ Söhnen angemaßt hat und die Rechte der Kinderkaiser beschnitten hat; im Zusammenhang mit der Situation nach dem Tod des Theodosius dürfte hier aber eher gemeint sein,

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dass die Regierung beider Söhne überhaupt ohne Aufstand und Usurpatoren erhalten werden konnte. 248 ferro picta genas: Die Britanni werden (ähnlich wie die Geloni und Agathyrsi) bei antiken Autoren durch ihre Tätowierung gekennzeichnet (so auch Mart. 14, 99, 1 und die Kommentare des Servius zu Vergil, georg. 2, 115: pictos Gelonos: stigmata habentes; und zu Aen. 4, 146: picti Agathyrsi: non stigmata habentes sicut gens in Britannia, sed pulchri, hoc est cyanea coma placentes). 262–264 post has Oenotria … | … palmite largo | vina fluens: Oenotria, eine alte Bezeichnung für Italien, wird etymologisch von Claudian mit οἴνος (Wein) in Verbindung gebracht, indem Italia mit einem Kranz aus Wein- und Efeuzweigen auftritt. 280–281 anni | servilem pepulisse notam: Das Amt des eponymen Konsuls war also dadurch entehrt, dass im Jahr 399 für den Senat in Konstantinopel Eutropius, ein Freigelassener (und Eunuch), ernannt worden war. 287 Ianum pax alta ligat: Die Tore des Janustempels sind nur dann geschlossen, wenn im ganzen Reich Frieden herrscht; an die von Vergil gepriesene Pax Au­ gusta wird mit der Formulierung ligare erinnert, die nicht zur Schließung des Tors passt, sondern eine Fesselung des Kriegsmonsters Bellona im Innern des Tempels zum Ausdruck bringt (Aen. 1, 293–295: clauduntur Belli portae; Furor impius intus | saeva sedens super arma et centum vinctus aënis | post tergum nodis fremet horridus ore cruento). 293–294 quamquam nullis mihi cognita rebus | fabula: Roma betont, dass die Ernennung des Eutropius durch kein Edikt im Westen angezeigt wurde. Da Eutropius im Jahr seines Konsulats verurteilt und exekutiert worden war, verfiel er der damnatio memoriae und das Jahr wurde nicht nach ihm benannt. 297 qui consulis omnia patres: Roma setzt die Etymologie des Amts ein (consul von consulere), um zu zeigen, dass Stilicho bereits wie ein Konsul im Umgang mit dem Senat handelt. 326 asseruit Stilicho: Im juristischen Sinn wird asserere bei der Freilassung gebraucht (i. S. v. „jemanden für frei erklären“): Wie Brutus Rom zur Freiheit verholfen hat, so hat Stilicho die Freilassung erneut bestätigt. 333–334 fila | contulimus pensis: conferre mit Dativ wird gern i. S. v. „aufwenden für“ verwendet (Geld für die Lohnzahlung an die Soldaten verwenden); das teure Purpurmaterial ist hier also die Aufwendung (anstelle von Wolle) für das Tagespensum, das verarbeitet werden soll. 339–340 profert | dona: Die Wendung erinnert an Venus, die Vergil Schild und Waffen bringt (Aen. 8, 609: dona ferens aderat), vgl. Keudel (1970) 88. 340–341 insigne Minervae | spirat opus: Gesner (1759) 361 diskutiert die Bedeutung von spirare: Man könnte spirare i. S. v. „erkennen lassen“ verstehen: Birts und



Anmerkungen zu Stil.

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Platnauers Entscheidung für den Akkusativ Minervam ist so zu verstehen. Will man den Genitiv beibehalten, kann man kaum übersetzen: „Die Amtstracht (insigne) atmet das Werk Minervas/lässt die Hand Minervas erkennen“. Denn im Singular wäre insigne im Sinne der insignia consularia ungewöhnlich verwendet. Im Kontext der Ekphrasis ist das Lob der illusionistischen Wirkung des Kunstwerks zu erwarten: „Das Meisterwerk atmet/lebt.“ Gesner verweist auf 4 cons. Hon. 592: Et variis spirat Nereia baca figuris. 341 rutilis hic pingitur aula columnis: Gesner (1759) 361 versteht rutilus als Farbton der Porphyrsäulen; vom Purpurgrund der Toga setzt sich aber ein golden gestickter Architekturrahmen besser ab, so dass wie Rufin. I 197 (laxet rutilos tibi Lydia fontes) und Lucan. 9, 364 (rutilo curvata metallo) hier Goldfäden gemeint sind. 342 sacri Mariae partus: Die erste Szene verheißt die Geburt des Thronfolgers aus der Ehe des Kaisers Honorius mit Stilichos Tochter Maria, wozu es nie kommen sollte. 346 auri fonte lavant: Hier ist sicher auf den goldgestickten Wasserstrahl angespielt, vielleicht auch auf die goldene Wanne, in der das Kind gebadet wird; vgl. Gesner (1759) 362. 350–351 spumis … fucantem Serica frena | sanguineis: Das Pferd verfärbt die Zügel durch das Blut in seinem Schaum, wobei an kostbar gefärbte Fäden zu denken ist (vgl. Rapt. II 95 f.: quae vellera tantum | ditibus Assyrii spumis fucantur aëni). Die handschriftlich gut überlieferte Lesart fumantem (so auch Charlet [2017]) ergäbe einen synästhetischen Effekt, der Claudian durchaus zuzutrauen ist; allerdings ist die transitive Verwendung von fumare, also dass das Pferd die Zügel von Schaum dampfen lässt, nicht sicher belegt (unsicher überliefert ist Statius, Theb. 8, 400: obnixa acies pariter suspiria fumant bzw. firmant). 352 Eucherius flectebat equum: Stilichos Sohn Eucherius wird reitend wie der Königssohn Ganymed auf dem trojanischen Prunkmantel dargestellt, den Aeneas als Preis bei den Spielen aussetzt (Aen. 5, 250–257, bes. 252–254: intextusque puer frondosa regius Ida | velocis iaculo cervos cursuque fatigat | acer, anhelanti similis). Dass sich die Entführung des Ganymed als Wandermotiv auf epischen Prunkmänteln durchsetzt (allerdings ist Ganymed dort nicht reitend dargestellt: Silius 15, 425 f., Valerius Flaccus 2, 414–417), könnte als Stütze dafür dienen, dass Claudian ein ähnliches Motiv auch für den Prunkmantel des Stilicho einführen wollte. 356 –357 nurum … | progenitam Augustis Augustorumque sororem: Galla Placidia, die Schwester von Arcadius und Honorius, wird als Braut für Eucherius in Aussicht gestellt, wozu es aber nicht kommen sollte. 359 adridet laeto Thermantia fratri: Stilichos jüngste Tochter Thermantia ist noch keine Akteurin dieser politischen Verbindungen und deshalb nur als „Trauzeugin“ bei der Hochzeit des Bruders Eucherius dargestellt.

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363–364 sollemnibus urnam | commovet auspiciis: Gesner (1759) 363 verweist auf die praenestinischen Orakel; die metonymische Verwendung von urna für Beamtenwahl (auch auf dem Marsfeld!) findet sich allerdings 6 cons. Hon. 5. 365 umeros iam vestibus ambit: Die ungewöhnliche Verwendung von ambire ist wohl nach dem Vorbild von Vergil, Aen. 10, 242 f. gestaltet, wo Vulcanus den Schild mit einem Goldrand umgibt: oras ambiit auro. 370–371 speciosa …| frena: Platnauer übernimmt die Lesart spatiosa … frena, die die Größe des Mars und seines Triumphwagens betont. 371–372 cruentam | ditibus exuviis tendens ad sidera quercum: Bellona trägt eine Eiche, an die die Trophäen als Weihegaben gehängt sind. Diese Trophäen wurden im Triumphzug auf Wagen mit den gefesselten Gefangenen mitgeführt. Platnauer übernimmt die Lesart cruentum, die den Wagen des Mars bezeichnet. 379–381 ut tanti Curiis miracula voti | … feram, … qui … | calcatam flevere togam: Die römischen Helden des Elysiums (vgl. Vergil, Aen. 6, 824–846) trauern bei Lucan (6, 782–792) über die Zustände in Rom. 388–389 quam tu belloque fameque | depulsa: Gesner (1759) 364 verteidigt die Lesart depulsam, da sie i. S. v. „verteidigt/geschützt vor“ gut passe. 401 superes cum Pincia culmina consul: Die von Gesner (1759) 365 bevorzugte Lesart Pythia culmina wird von ihm so erklärt, dass damit der Lorbeerkranz des triumphierenden Feldherrn metonymisch bezeichnet sei: Die Verhandlungen mit dem Senat über den triumphalen Einzug des Heerführers fanden im Apolltempel (Templum Apollinis Sosiani) statt. Damit wäre der Adventus des Stilicho dem Triumph des Kaisers sehr deutlich angeglichen. Einfacher scheint es, hier die Angabe der Route des Adventus über die Via Flaminia und den Pincio in Richtung Stadtzentrum zu verstehen. 404 vallis … Murcia: Die Talsenke beim Circus Maximus gibt die Route des Triumphzugs an, der vom Marsfeld über das Forum Boarium, den Circus Maximus um den Palatin über die Via sacra zum Kapitol führte. 408–409 iam Fama loquacibus alis | pervolat Oceanum, linguis …: Gesner (1759) 367 bevorzugt die Lesart Fama … ales und verbindet loquacibus … linguis. 414–420 sic ubi fecunda reparavit morte iuventam … busti: Der Vogel Phönix soll zyklisch seine Wiedergeburt in Heliopolis einleiten (vgl. Tacitus, ann. 6, 28), indem er sich auf einem Scheiterhaufen aus Dufthölzern selbst verbrennt und aus der Asche wiederersteht. Zum Vergleich mit Claudians Phoenix-Gedicht (c. min. 27): Agrillo, Marina: Il trionfo dell’eternità sul tempo: la Fenice e Stilicone, in: Quesiti, temi, testi di poesia tardolatina: Claudiano, Prudenzio, Ilario di Poitiers, Sidonio Apollinare, Draconzio, Aegritudo Perdicae, Venanzio Fortunato, corpus dei Ritmi latini, hg. v. Luigi Castagna, Bern/Frankfurt a. M. 2006, 1–11.



Anmerkungen zu Stil.

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420 ales, odorati redolent cui cinnama busti: Der Dativus sympatheticus ist hier elegant anstelle des Genitivs gesetzt (vgl. zu 6 cons. Hon. 324). 421–422 exultat uterque | Theodosius divique tui: Die verstirnten Theodosii sind natürlich Stilichos Schutzgottheiten, -que kann als epexegetische Copula aufgefasst werden (vgl. Charlet, 2017). Allerdings soll man sich einen chorus im Himmel vorstellen, so dass über zwei divi hinaus die Nennung weiterer Gottheiten durchaus zu erwarten ist. 424–453 est ignota procul … compellat euntes : Was Claudian als Aevum immensum angibt (vgl. Statius silv. 4, 1, 11 für Janus als immensi reparator maximus aevi), würde ein Grieche wohl als Αἰὼν ἀτέρμων verstehen (Sasse, H.: Aion, RAC 1 [1950] 193–204, hier: 199), als unbegrenzte Zeit, wie es zum Roma aeterna-Gedanken gut passen würde, so Coombe (2018) 88. Zu Antworten auf die Frage, auf welche Vorbilder die Motive der spelunca Aevi zurückzuführen sind, ist auf die Zusammenstellung bei Charlet (2017) 320–322 zu verweisen; die ägyptische Herkunft vertritt Derchain, Philippe: A propos de Claudien. Eloge de Stilichon, II, 424–436, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 81 (1956) 4–6; er stellt dazu ein Relief des Tempels von Philae vor, auf dem eine von Ouroboros umwundene Grotte abgebildet ist, vor der sich Isis, die Osiris-Seele und der schreibende Thot befinden. Keudel (1970) und Meyer (1977) kommen zu dem Ergebnis, dass Claudian synkretistisch Vorstellungen aus den ihm zugänglichen Kulturräumen kombiniert hat: Der persische Gott Zarvan wird über Alexandria als Αἰών breiter auch in Ägypten und Rom rezipiert; neben platonischen Vorbildern sieht Meyer Orphik und ägyptische Mythen bei Claudian wirksam. Zur Vorstellung der Höhle im Mythos verweisen Keudel (1970) 108 und Meyer (1977) 42 auf die Höhle der Nacht in der Orphik; Keudel macht dabei auf die Allegorese der homerischen Nymphengrotte (Od. 13, 99–112) als Kosmos bei Porphyrios aufmerksam. Dort stellt Porphyrios auch zur persischen Tradition und zum Mithraskult Bezüge her. Für die Ausgestaltung der Ekphrasis orientiert sich Claudian an Ovid (Regia Solis, met. 2,1 ff.) und Statius (die Höhle des Somnus, Theb. 10,84–117). 424 nostraeque impervia menti: Handschriftlich ist einheitlich menti überliefert; Hall folgt der Edition von König (1808) und druckt genti, um den Kontrast von Menschen und Göttern auszudrücken; doch dem neuplatonischen Charakter der Passage entspricht auch die hierarchische Unterscheidung von menschlichem und göttlichem Wahrnehmungsvermögen (mens). 428–430 serpens | … caudamque … | ore vorat: Die Ouroboros-Schlange als Symbol des Kosmos und der Ewigkeit war allgemein bekannt, vgl. Servius zu Vergil, Aen. 5, 85. 432–433 ante fores Natura sedet, …| dependent membris animae: Die Kombination der Mutter Natur als Türhüterin mit dem Lebensprinzip, an dem die Seelen

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der Lebewesen wie Schmetterlinge (oder bei Porphyrios’ Odyssee-Allegorese: wie Bienen) hängen, scheint man in dieser Form nicht auf ein direktes Vorbild zurückführen zu können, auch wenn die einzelnen Bestandteile der Vorstellung für sich verbreitet sind. 433–434 mansura verendus | scribit iura senex: Sowohl Cameron (1970) 205–208 wie Meyer (1977) 52 identifizieren den senex mit Aevum/Αἰών. Meyer verweist auf den Greisentypus des Aion; allerdings ist das Verhalten des Greises wenig passend für den machtvollen Gott Aion: Er verneigt sich vor Sol ehrerbietig und er schreibt selbst, erlässt nicht etwa die Gesetze, nach denen die Zeitabläufe in den Bahnen des Kosmos fixiert werden; ikonographisch ist diese schriftliche Fixierung nicht für Aion, Chronos oder Kronos-Saturnus nachweisbar, vgl. Marcel Le Glay: Aion, LIMC 1 (1981) 399–411, Manuel Bendala Galán: Chronos, LIMC 2 (1986) 276–278, François Baratte: Saturnus, LIMC 8/Suppl. (1997) 1078–1089. Cameron nennt als Parallele ein Merkgedicht zu den Planeten, das er als Werk des Astronomen Theon von Alexandria behandelt; dort legt Aion die Umlaufbahnen der Gestirne fest; allerdings ist das Gedicht auch unter der Angabe Ἑρμοῦ im Anthologium des Stobaios überliefert (Ecl. phys. 1, 5, 14 ed. Wachsmuth/Hense), wo statt κανονίζεται überliefert ist: περινίσσεται, so dass die Tätigkeit nicht im Festlegen der Bahnen besteht. Keudel (1970) 113 betont, dass die Gleichsetzung mit Aion nicht zu beweisen ist; sie verweist u. a. auf Phanes, der bei Nonnos (Dion. 12, 33 f.) im Palast des Helios das Schicksal des Kosmos aufgezeichnet hat. Derchain (s. o. zu v. 424–453) weist auf Thot-Hermes (Herr der Zeit und Schreiber des Schicksals) hin. Coombe (2018) 87 f. betont, dass Claudian in der gesamten Ekphrasis vom Musenanruf an das Geheimnisvolle des Ortes betont, womit auch die Nicht-Benennung des Greises als verstärkende Strategie zu werten ist. 442 Natura parens: Birt, Platnauer und Charlet folgen der handschriftlich ebenfalls gut bezeugten Lesart Natura potens. 446–447 his habitant … locis: Hall folgt der Verbesserung von Heinsius, die locis syntaktisch gut einbindet; handschriftlich überliefertes hic korrespondiert mit dem folgenden illic, was die Entstehung der Lesart erklären kann. 460 non torvo fremat igne Leo: Die Lesarten variieren stark; Birt und Platnauer übernehmen: non toto … ore; Koch hatte die handschriftlich schwächer bezeugte Lesart ore wegen der bildlichen Parallele zu bracchia Cancri bevorzugt; Charlet entscheidet sich für: non toto … igne. 467–476 croceis rorantes ignibus hortos | ingreditur vallemque suam: Für die Weiden der Sonnenpferde verweist Keudel (1970) 117 auf dichterische Vorbilder bei Ovid (met. 2, 118–121 und 4, 214–218) und Statius (Theb. 3, 407–414).



Anmerkungen zu Stil.

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De consulatu Stilichonis libri tertii praefatio 1 qui solus: Scipios Vorgehen steht im Kontrast zu den Vorgängern, weil er als Konsul 205 gegen den Widerstand des Senats (Livius 28, 40–45) die Verzögerungstaktik des Q. Fabius Maximus beendete und nach Afrika übersetzte; mit Massinissa besiegte er Syphax, erreichte damit den Abzug Hannibals aus Italien und siegte in der Schlacht von Zama 202. 16 hanc vindex patris vicerat: Scipios Vater und Onkel waren beim Kampf in Spanien in einen Hinterhalt geraten und gefallen. Scipio hatte daraufhin 210 das konsularische imperium erhalten, obwohl er den cursus honorum noch nicht so weit durchlaufen hatte, und konnte mit Erfolg innerhalb von vier Jahren die karthagische Macht in Spanien beseitigen. 20 et sertum vati Martia laurus erat: Dass die Verbindung von Triumph- und Dichterlorbeer an dieser Stelle für Petrarcas Konzept der Dichterkrönung entscheidend war, hat Suerbaum (2005) 21 f. zu Recht betont. 21–22 alter | Hannibal: Gildo wird zum afrikanischen Tyrannen, der Roms Existenz bedroht, stilisiert. 23 post quinos annorum … recursus: Seit dem Panegyricus zum Amtsantritt von Olybrius und Probinus im Januar 395 hatte Claudian keinen Auftritt mehr in Rom selbst. 24 votis iussit adesse suis: Claudian darf als Festredner beim Amtsantritt dabei sein, für den die Gelübde (vota), die der Konsul am ersten Januar zu Beginn seines Amtsjahres feierlich leistet, als pars pro toto stehen.

De consulatu Stilichonis liber tertius 6 venerare curulem: Der Amtsstuhl des Konsuls wurde beim processus consularis vor dem neuen Amtsinhaber hergetragen, vgl. zu 3 cons. Hon. 1–9. 8 sub iuga quae Poenos iterum Romana redegit: Der Sieg über Gildo wird mit den Punischen Kriegen gleichgesetzt. 9 magnanimum pectus: In episch-homerischer Tradition sind hier Brust und Herz als Sitz des Verstands und der Klugheit zu denken. Der magnus animus erinnert zudem an das Ideal der stoischen Philosophie. 11 os sacrum, quod in aere colis, miraris in auro: Es dürfte die Vergoldung von Stilichos Statue gemeint sein, vgl. die Inschrift einer Basis nach dem Sieg über Gildo CIL VI 1730; die Inschrift CIL VI 1731 bezieht sich auf eine Statue in Bronze und Silber anlässlich des zweiten Konsulats; zum römischen Umgang mit Statuen aus Gold und Silber vgl. Lahusen, Götz: Zu römischen Statuen

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und Bildnissen aus Gold und Silber, ZPE 128 (1999) 251–266. Dass zum Amtsantritt Goldmünzen oder -medaillons geprägt wurden, ist nicht bezeugt; für die golddurchwirkte trabea, die später erwähnt ist, wäre die Bezeichnung os etwas irreführend. 12 hic est pro te bellator ubique: Hall entscheidet sich anstelle des ebenfalls bezeugten felix bellator für diese Lesart, die zwei Besonderheiten aufweist, vgl. Colombo, Maurizio: Nota testuale a Claud. De cons. Stil. III,12–13, Museum Helveticum 66 (2009) 150–154: Vier einsilbige Wörter in Folge sind in Hexameterdichtung ungewöhnlich; allerdings bringt Colombo gerade mit Gild. 428 eine Vergleichsstelle aus der Ansprache des Kaisers an die Truppen, die metrisch ähnlich (zwischen Trit- und Hephthemimeres) gestaltet ist: si quid pro me do­ luistis. Syntaktisch bleibt zudem die Auffälligkeit, dass pro te an ein Nomen (immerhin an ein nomen agentis) angeschlossen ist. 13 Rheni calcator et Histri: Hall entscheidet sich anstelle des gut bezeugten pacator (so alle anderen Editionen) für die ungewöhnliche Lesart calcator; die Hyperbel ist bildlich ausdrucksstark, zumal man sich ein Standbild durchaus mit der zugehörigen Siegerpose vorstellen kann. Colombo (s. zu v. 12) macht jedoch darauf aufmerksam, dass die Verwendung von calcator in antiker Dichtung in diesem Sinn nicht belegt ist. Fast alle Belege für das Wort bezeichnen den Kelternden (calcator uvae); die übertragene Bedeutung des Siegers findet sich ausschließlich bei christlichen Autoren im moralischen Kontext, etwa die Definition des christlichen Märtyrers bei Victricius (De laude sanctorum 6, 1: Quid est enim aliud … martyr nisi Christi imitator, domitor rabidae voluptatis, calcator ambitionis et mortis ambitor, …?). 17 Alamannorum spoliis: Das ist panegyrische Übertreibung, weil Stilicho vor allem durch Verhandlungen die rechtsrheinischen Germanen zu friedlichem Verhalten gebracht hatte. 21 festo fremuisset carmine miles: Die Soldaten sangen im Triumphzug Spottverse auf ihren Feldherrn, versus fescennini, wie sie u. a. Sueton auf Caesar überliefert (Iul. 49, 4 u. 51). 22–25 hi facta metallo | oppida … gemeret Germania Rheno: Keudel (1970) 120 u. 122 weist mit sprachlichen Parallelen nach, dass hier und an weiteren Stellen Ovids Imaginierung eines Triumphzugs von Tiberius über Germanien (trist. 4, 2, 19–56) und die Kunde von seinem pannonischen Triumph 12 n. Chr. (Pont. 2, 1) als Modelle gedient haben. 51 vocat quem Roma parentem: Stilicho gehört als Konsul zu den patres, er ist patri­ cius (vgl. zu Eutrop. I 109). In v. 189 f. gibt Claudian an, dass Stilicho bei den Spielen vom Volk als dominus et pater begrüßt worden sei.



Anmerkungen zu Stil.

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72–73 ut tempora quercu | velaret: Die corona civica wurde in republikanischer Zeit einem Bürger verliehen, der im Kampf einem anderen Bürger das Leben gerettet hatte (zu den dona militaria vgl. Polybios 6, 39); seit Caesar und Augustus (27 n. Chr.) gehörte die Bürgerkrone (auch: corona aurea) zu den Insignien der Kaiserwürde; vgl. Bergmann, Birgit: Der Kranz des Kaisers. Genese und Bedeutung einer römischen Insignie, Berlin 2010, 135–184 und 193–206. 81 supplex Orientis: Für supplex mit Genitiv i. S. v. „Schutz suchend bei“ vgl. die feierliche Bitte an Juno im Chorlied bei Seneca, Ag. 343 f.: tu sollicitum sup­ plexque tui | numinis Argos sola tueris. 82 famulosve precatur: Gildo verweigerte als eingesetzter magister militum Getreidelieferungen. 85–86 ipsa iubet signis: Stilicho hatte seinen Feldzug gegen Gildo durch einen Senatsbeschluss legitimieren lassen. 102 discrimen letale: Den Einzelfall, nämlich dass Gildo vom Senat zum hostis publi­ cus erklärt wurde, erhebt Claudian jetzt zum Regelfall, als würde in Senatsprozessen wieder wie zu Trajans Zeiten (vgl. Plinius, epist. 2, 11 über den Prozess gegen Marius Priscus Afris accusantibus) über ungerechte Amtsführung in den senatorischen Provinzen geurteilt. 113–114 sub principe … | servitium: Die Kontrastierung von libertas und tyrannis wird als Kaiserlob bereits in der Kaiserzeit kontinuierlich eingesetzt (Plinius, paneg. 8, 1 u.ö.), vgl. dazu Meyer (1977) 238 Anm. 2. 114–115 numquam libertas gratior … | quam sub rege pio: Das Oxymoron von libertas und rex führt den Gedanken fort; pius rex ist durch Vergils Aeneas wieder zu einer positiv besetzten Bezeichnung geworden; Meyer (1977) 239 f. hebt hervor, dass Claudian hier die augusteische Prinzipatsideologie einsetzt, um die respektvolle Berücksichtigung des Senats und des Volks von Rom durch Stilicho als edle Eigenschaft hervorzuheben, obwohl es eher als politische Klugheit in der Auseinandersetzung mit Konstantinopel zu deuten ist, im Krieg gegen Gildo die Beschlüsse und Maßnahmen der Regierung des Westreichs durch den Senat verantworten zu lassen. 124 pristina Romuleis iam floruit artibus aetas: Die römischen „Künste“ hat Anchises in der Aeneis (6, 851 f.) benannt: tu regere imperio populos, Romane, memento | (hae tibi erunt artes) pacique imponere morem … 126 servilibus exulat arvis: Gesner (1759) 383 erklärt die Stelle mit Verweis auf v. 81: quidem Orientis. Damit wäre erneut betont, dass der römische Senat im Unterschied zum Senat von Konstantinopel die eigentliche Amtsgewalt beansprucht und die Ernennung eines Konsuls aus dem Osten, besonders seit der Ernennung des ehemaligen servus Eutropius, nicht mehr anerkannt werden sollte.

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127–129 victricia reddit | fata solo fruiturque iterum, quibus haeserat olim, | auspiciis: Ein zentraler Gedanke der Romidee ist, dass das Gedeihen des Reichs seit dem Gründungsauspizium an den Ort Rom und an dessen Magistrate gebunden ist, vgl. Wolfgang Kunkel und Roland Wittmann: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik. Zweiter Abschnitt: Die Magistratur, München 1995, 38. 130 proxime dis: Die Gottgleichheit Stilichos ist als enge Beziehung zum Kaiserhaus zu verstehen. 132–133 cuius nec spatium visus … capit: Die Topik findet sich auch in der Rom-Rede des Ailios Aristeides (6), mit der Claudians Rom-Lob auch im Folgenden auffällige Übereinstimmungen zeigt. 135 quae septem scopulis zonas imitatur Olympi: Claudian verwendet den Begriff zona für die Planetensphären; vgl. zu 3 cons. Hon. 168 u. Stil. II 7. 147 in extremos aciem mittebat Hiberos: Da zuvor der Zweite Punische Krieg angesprochen ist, scheint hier eher das westliche Weltende auf der Iberischen Halbinsel gemeint zu sein; die östlichen Iberier (im Gebiet von Georgien) hat Rom erst in den Auseinandersetzungen mit Mithridates VI. erreicht. 150–159 in gremium victos quae sola recepit … gens una sumus: Roms Einbürgerungspolitik wird in der Rom-Rede des Ailios Aristeides (59–89) ausführlich besprochen, vgl. Fuhrmann (1968/1993) 552. 159–165 nec terminus umquam | Romanae dicionis erit. nam cetera regna …: Claudian verbindet die augusteische Überzeugung (Aen. 1, 278 f. his ego nec metas rerum nec tempora pono: | imperium sine fine dedi) mit dem Gedanken der Weltreichabfolge. Auch hier hat u. a. Ailios Aristeides schon Vorarbeit geleistet, der sein Rom-Lob im Vergleich mit anderen Reichen argumentativ entwickelt (14–39). 166 haec auguriis firmata Sibyllae: Roma und die etymologische Verbindung zu ῥώμη (Kraft), die zwar zunächst auf hellenistische Autoren beschränkt bleibt (Opelt, Ilona: Roma = ΡΩΜΗ und Rom als Idee, Philologus 109 (1965) 47– 56), ist aber auch im Proömium der Rom-Rede von Aristeides (8) zu finden und wird von Claudians Formulierung impliziert: Die Kraft kommt durch die göttliche Verheißung in den sibyllinischen Büchern. 169 huc orgia secum | transtulit et Phrygios genetrix turrita leones: Die Götter-Mutter Cybele vom Ida-Gebirge wird im Rom-Lob der Aeneis (Aen. 6, 784 f.) mit ähnlicher Formulierung gefeiert: Berecynthia mater | invehitur curru Phrygias turrita per urbes. Statt secum übernehmen Birt und Platnauer in den Text die in wenigen Handschriften und den Excerpta Gyraldina überlieferte Lesart orgia Bacchus.



Anmerkungen zu Stil.

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171–173 Epidaurius ultro | reptavit… | insula … texit Tiberina draconem: Die Bedeutung der Überführung des Aesculapius nach Rom ist daran abzulesen, dass Ovid sie als letzte große Episode vor der Divinisierung Caesars mit dem abschließenden Panegyricus auf Augustus in die Metamorphosen aufgenommen hat (met. 15, 622–744). 178 Augusto monstravit avo: Stilicho, der mit der Nichte und Adoptivtochter des Kaisers Theodosius verheiratet war, hatte seinen Sohn Eucherius nach dem Onkel des Kaisers benannt. 194–195 Stilichonis amori | detulit: Libertas kann die Anrede Dominus gebrauchen, weil es sich nicht um einen Tyrannen wie Domitian handelt, für den die Anrede Dominus et Deus eingesetzt wurde; in der Kombination mit Pater wird die Liebe für den Angesprochenen dokumentiert, wie bereits Gesner (1759) 388 erklärt. 200 cingas iure forum: Gesner (1759) 389 erklärt das Bild cingere mit dem Einfrieden des Tribunals durch Zäune, die den Gerichtsraum abschirmen. 202–222 quae vero procerum voces … ipsa duci sacras Victoria panderet aedes … contentus lictore venit: Der neue Konsul betritt nun die Kurie und hält die erste Sitzung des neuen Jahrs. Zur Eröffnung wurde traditionell am Altar der Victoria ein Opfer dargebracht. Gerade dieses heidnische Zeremoniell war aber im 4. Jh. von mehreren Kaisern, zuletzt auch von Theodosius, untersagt worden. Die Diskussion, ob in diesen Versen ein Zeugnis dafür vorliegt, dass der Victoria-Altar wiederaufgestellt worden sei, oder aber Stilicho nicht die Kurie, sondern den Tempel der Victoria betritt (Cameron), ist ausführlich von Birt bis Cameron (1970) 237–239 und Döpp (1980) 187 geführt worden (zusammenfassend Behrwald [2009] 91 mit Anm. 124). Von einem Opfer an ihrem Altar ist bei Claudian nicht die Rede; das Zeremoniell des Adventus und Amtsantritts lässt aber erwarten, dass Stilicho mit dem Senat die Kurie, nicht einen Tempel der Victoria betritt. 216 semper placidis te moribus egit: Vergleichbar mit der Wendung triumphum agere (ThlL I, 1388, 1–2) ist hier gesagt, dass Stilicho als Sieger sich vorbildlich verhält, also seinen Sieg ohne Übermut organisiert. 224–225 sed post miracula castris | edita vel genero: Der vorausgehende Amtsantritt in Mailand wurde bereits dort mit aufwändigen Spielen für Heer und Hof gefeiert. 228 mutatus palluit Hermus: Da nicht einmal Ovid bei der Geburt des Bacchus (vgl. met. 3, 310–315) dieses Aition des Gold führenden Flusses Hermus kennt, rechnet man mit einer Erfindung Claudians parallel zum Midas-Wunder; so Gesner (1759) 391 und Keudel (1970) 133.

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231 fabula seu verum canitur: Halls Interpunktion nach verum spitzt den Gedankengang der Synkrisis übertrieben zu: Gleichgültig, ob hier Mythen oder wahre Begebenheiten erzählt werden, die Aitien sind so berühmt, dass sie b e s u n g e n werden. Umso mehr verdient Stilichos Großzügigkeit, von Claudian besungen zu werden. Wir folgen der üblichen Interpunktion, die den topischen Gestus, dass mythische Erzählungen durch das tatsächlich erlebte Ereignis übertroffen werden, zum Ausdruck bringt. 237–284 nec tibi … legibus urbes: Als ein Modell für Dianas Aufruf diente, wie Keudel (1970) 136 f. zeigt, der Beginn von Senecas Tragödie Phaedra, als Hippolytus die athenische Jugend zur Jagd mit ähnlich detaillierten Anweisungen aufruft und Diana als Geleiterin anruft. 242 –243 inviolabile | concilium: Die Versammlung ist unverletzlich in ihrer Jungfräulichkeit; d.h. sie darf auch nicht von Augenzeugen entweiht werden, denen ein Aktaion-Schicksal droht. 249–250 Leontodame … Nebrophone … Thero: Die Nymphen haben alle sprechende Namen: Löwenbändigerin, Kitztöterin, Wildjägerin. Keudel (1970) 138 f. weist die Herkunft der beiden letzten Namen aus Ovids Hundekatalog nach (met. 3, 211). 251–254 Britomartis … Hecaerge … Opis: Claudian übernimmt die Namen aus Kallimachos’ Artemis-Hymnos (189–205: Britomartis flieht vor den Nachstellungen des Minos) und Deloshymnus (292 f.), wie Keudel (1970) 138 f. nachweist. 259 centum Taygeti, centum de vertice Cynthi: Gestaltet ist der Vers ähnlich wie Vergil, georg. 4, 382 f.: Nymphasque sorores,| centum quae silvas, centum quae flu­ mina servant. 260 casto genuit quas flumine Ladon: Gesner (1759) 393 weist darauf hin, dass die Nymphe Syrinx auf der Flucht vor Pan am Ladon in Schilfrohr verwandelt wurde (Ovid, met. 1, 702). 265–266 quantos Neptunus equorum | donet ab orbe greges: Neptun gilt als Erfinder der Pferderennen (Pindar, Pyth. 6, 49 f.); Rösser von Helden werden auf Poseidons Zucht zurückgeführt, u. a. Pelops geflügelte Rosse, mit denen er Oinomaos besiegt (Pindar, Ol. 1, 87) und Adrasts Ross Arion (Statius, Theb. 6, 301–313); vgl. zu 3 cons. Hon. 197–200 und Mall. Theod. 284; ab orbe ohne ein zusätzliches Adjektiv ist ungewöhnlich: Man könnte hier an die Rennbahn des Circus denken, aber eher ist wohl der gesamte circulus des Weltmeers, der die Erde umfasst, gemeint (vgl. Seneca Rhetor, suas. 1, 4). 266–267 laudi quod multa canendae | fratris plectra vacent: Ungewöhnlich ist die überlieferte Verneinung nulla … plectra, wie Gesner (1759) 393 schon ausführlich diskutiert, denn sinnlos erscheint „Seht ihr nicht, dass für den Lobgesang k e i n e Plektren meines Bruders Zeit haben/im Einsatz sind?“ Die Verwen-



Anmerkungen zu Get.

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dung von vacare mit Dativ in diesem Sinn ist bei Ovid (fast. 3, 5 f.: ipse vides manibus peragi fera bella Minervae: | num minus ingenuis artibus illa vacat?) und bei Claudian selbst (Eutrop. II 584: aula choris epulisque vacat) gut belegt. Charlet (2017) 179 übersetzt: „qu’aucun plectre de mon frère | N’est inactif pour chanter sa louange?“. Hall gibt im textkritischen Apparat die Diskussion um die Stelle wieder und macht selbst den Lösungsvorschlag, statt nulla hier mille zu lesen; wir folgen hier Gesner, der multa zu lesen vorschlägt. Anstoß an dem überlieferten quod hatte bereits Heinsius genommen, der anstelle von laudi quod vorschlug: laudique ut. Das ist unnötig, weil die griechisch beeinflusste Konstruktion mit cernere auch in Stil. II 129–131 belegt ist: cum cernat uterque | quod nec inops iaceat probitas nec inertia surgat | divitiis. 286–288 cervi … quos … concepit Luna cavernis: Diana ist hier von Luna, die sie sonst ebenfalls verkörpert, getrennt. Das Hirschgespann selbst ist bereits bei Kallimachos im Artemishymnus (100–106) ähnlich beschrieben, doch fängt sich Artemis dort ihre Hirsche selbst; vgl. dazu Keudel (1970) 142. 345 tum virides pardos: Das Adjektiv bezeichnet nicht die Farbe, sondern die Jugendkraft, vgl. das Löwengleichnis bei Statius, Theb. 11, 741–743: leo rupe ab alta, | quem viridem quondam silvaeque amnesque tremebant,| iam piger et longo iacet exarmatus ab aevo; außerdem Mall. Theod. 305. 346 inmanesque … dentes: Diana importiert Elfenbein für die Anfertigung der kunstvoll geschnitzten Konsulardiptychen, die zum Amtsantritt an hochgestellte Persönlichkeiten verteilt wurden. Erhalten ist ein Exemplar von Stilichos Diptychon im Domschatz von Monza. 362–369 aequora sic victor quotiens per rubra Lyaeus … tigres: Der Triumph des Dionysos ist allgemein als Abschluss eines Panegyricus beliebt; Claudian verbindet ihn hier mit der Metamorphose der Schiffe, die Ovid bei der Bestrafung der lydischen Fischer ausgestaltet (met. 3, 658–669); vgl. auch den Bacchus-Hymnus in Senecas Tragödie Oedipus 449 ff. (dazu Keudel [1970] 146 f.).

Belli Getici praefatio 1 Post resides annos: Das Gedicht entstand im Frühsommer des Jahres 402 nach einer zweijährigen Schaffenspause. 4 Pythia … domus: Claudian trug dieses Gedicht im römischen Apollontempel bzw. in der zugehörigen Bibliothek vor, vgl. dazu Garuti (1979) 93–96, Felgentreu (1999) 132. 5 consulis hic fasces cecini Libyamque receptam: Der Doppelausdruck meint nur den Konsulatspanegyrikus für Stilicho, den Claudian im März 400 ebenfalls im

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römischen Apollontempel vorgetragen hatte; das Bellum Gildonicum von 398 kann wegen des abweichenden Rezitationsorts mit Libyamque receptam nicht gemeint sein. 7 effigiem … aenam: Eine Tafel von der Basis dieser Ehrenstatue, die man im Auftrag des Senats für Claudian errichten hat lassen, wurde um das Jahr 1500 auf dem römischen Trajansforum gefunden; die Inschrift lautet (CIL VI 1710): [Cl]‌(au­dii) Claudiani v(iri) c(larissimi) | ‒ [Cla]udio Claudiano v(iro) c(larissimo) tri|[bu]no et notario inter ceteras | [de]centes artes praecloriosissim[o] | [po]etarum, licet ad memoriam sem|piternam carmina ab eodem | scripta suffici­ ant, adtamen | testimonii gratia ob iudicii sui | [f]idem d(omini) n(ostri) Arcadius et Honorius | [f]elicissimi ac doctissimi | imperatores, senatu petente, | statuam in foro divi Traiani | erigi collocarique iusserunt. | ‒ εἰν ἑνὶ Βιργιλίοιο νόον | καὶ μοῦσαν Ὁμήρου | Κλαυδιανὸν Ῥώμη καὶ | βασιλῆς ἔθεσαν. 18 Stilichonis amor: Claudian betont regelmäßig, wie beliebt Stilicho bei Volk und Heer war; vgl. Rufin. II 225; Mall. Theod. praef. 10; Stil. II 412; Stil. III 193–195 und 220–222; Get. 405.

Bellum Geticum 1–2 coeuntibus aequor | armatum scopulis: Die Symplegaden (vgl. auch v. 9) waren Felsen am Eingang zum Bosporos, die abwechselnd zusammenprallten und auseinandertrieben. Nachdem die Argo hindurchgefahren war, sollen sie sich fest mit dem Meeresboden verbunden haben. 2–12 audax irrumperet Argo … solus post numina Tiphys … gloria vexit: Die Rettung der Argo durch göttliche Hilfe (bes. Athene) und den Steuermann Tiphys, die in den Argonautika des Apollonios Rhodios (2, 549–618) und bei Valerius Flaccus (4, 637–710) als Heldentat gelten darf, ist im zweiten Chorlied von Senecas Medea (301–379) als ein Beispiel für die hemmungslose audacia des Menschen eingesetzt (340–349). Zu weiteren literarischen Gestaltungen vgl. Charlet (2017) 342–344. 15–19 ipsamque secandis | Argois … animasse loquaces: Dass Minerva beim Bau der Argo ein Stück vom Holz der wahrsagenden Eichen aus dem Jupiterorakel von Dodona eingefügt haben soll, ist für Claudian eine typische Übertreibung der Dichter, – vgl. auch 6 cons. Hon. 475: augentibus omnia Musae. In v. 22–26 erwähnt Claudian noch weitere märchenhafte Episoden der Argonautensage. 24–26 iuga taurorum rapidis … crescentia semina belli: Aeetes hatte Jason die Bedingung gestellt, dass er das Feld mit feuerspeienden Stieren pflügen und darauf



Anmerkungen zu Get.

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Drachenzähne aussäen muss, um das goldene Vließ zu erlangen (vgl. auch v. 31 terrigenas). 39–41 iamque potestates priscus … | nube timor: Der konkrete verwaltungsrechtliche Hintergrund dieser Stelle ist nicht mehr rekonstruierbar. 44–49 iam non in pecorum morem … splendere serenum: Während Stilicho in Rätien für Frieden sorgte und Hilftruppen sammelte, machte Alarich im Februar 402 die Gegend um Mailand unsicher. In Get. 561 f. (obsessi principis … nefas) erwähnt Stilicho seinen Truppen gegenüber die Belagerung Mailands durch die Goten; vgl. Schroff (1927) 22. 50–51 ipsa quoque … Roma levat tranquillior arces: Zu Alarichs Plänen, auf Rom vorzurücken, vgl. Get. 500 f. u. 533. 62–76 nec sidera pacem | … proiecit languidus Ossam: Claudian behandelte den beliebten epischen Stoff der Gigantomachie in einem griechischen und einem lateinischen Gedicht (c. min. 53); zum Themenkomplex und der politischen Metaphorik für die Destabilisierung der Weltordnung vgl. Coombe (2018) 93–122. 65–66 spiramque retorquens | lamberet: Vgl. zum Ausdruck Statius, Theb. 5, 520 f.: sinuosa retorquens | terga. 69 Martem subdiderint vinclis: Die Göttin Dione erwähnt bei Homer (Il. 5, 385–391) die dreizehnmonatige Gefangenschaft des Mars durch die Aloeus-Söhne. 69–71 et in astra … caelesti machina bello: Im Frauenkatalog der Nekyia nennt Odysseus Iphimedeia als Mutter der beiden himmelstürmenden Giganten (Homer, Od. 11, 313–320). 82 calcatis … rostris: Als rostra („Schiffsschnäbel“) bezeichnete man die Rednerbühne auf dem Forum Romanum, wo erbeutete Schiffsschnäbel als Siegestrophäen angebracht waren. 84–85 sua pignora vidit | coniugibus permixta trahi: Gemeint sind wohl nicht mehrere Ehefrauen Alarichs, sondern allgemein „verheiratete Frauen“ (vgl. v. 625, wo nur von einer coniunx des Gotenführers gesprochen wird, und Schroff [1927] 26). 89 redit: Nach der Schlacht bei Pollentia hatte Stilicho Alarich die Rückkehr nach Illyricum vertraglich auferlegt. Die Schwächung Alarichs hat Claudian an dieser Stelle wohl übertrieben dargestellt; vgl. Alarichs Darstellung in 6 cons. Hon. 283–290 und Döpp (1980) 207 f. 90–103 hoc quoque … tanti deprendere regni: Stilichos clementia rühmt Claudian auch in Stil. II 12–29 und Stil. III 216–222; dieses Verhalten gegenüber besiegten Gegnern ist auch im Fürstenspiegel aus Theodosius’ Mund empfohlen: 4 cons. Hon. 111–119.

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98 rabies venturae conscia mortis: Ähnlich wird Alarichs gefährliche Verzweiflung in 6 cons. Hon. 295–297 dargestellt. 101 delubra Numae sedemque Quirini: Numas Heiligtum verweist wohl auf den Hain der Egeria, in dem der legendäre zweite König in Rom seine kultischen Anordnungen empfangen haben soll (Livius 1, 21, 3; Juvenal 3, 12 f.). Ein Quirinustempel stand seit 293 v. Chr. auf dem Quirinal. 124 canit … vetustas: Gedacht ist an die Annales des Ennius, deren sechstes Buch die Kriege gegen Pyrrhus beinhaltete (vgl. Stil. praef. III). 145–153 atque haec tanta brevi. … terraeque referret: Vgl. auch die Gegenüberstellung von Alarich und Hannibal bei Prudentius, Symm. 2, 738–749. 151–153 hic celer effecit … terraeque referret: Die Angabe ist recht präzise: Alarichs Einfall über die Julischen Alpen fand im Herbst 401, die Schlacht bei Pollentia am 6. April 402 statt; vgl. Döpp (1980) 201 f. und 206. 161–162 si bos abductus aratro, | si libata seges: Eine Anspielung auf die im Krieg notwendigen Sonderabgaben seitens der Zivilbevölkerung. 166–167 ter decies … | tendit hiemps: Die epische Zeitangabe ist ungenau: Die Goten hatten im Jahr 376 die Donau überschritten (vgl. Ammianus Marcellinus 31, 5–13). 177–193 nil Rhodope … trepidae vidistis, Amyclae: Hatte er sich mit 166–176 auf den Einfall ins Reich im Jahr 376 bezogen, so springt Claudian mit diesen Versen ins Jahr 395 und schildert die Verwüstungen, die die Goten bei ihrer Rückreise in den Osten nach der Schlacht am Frigidus in Griechenland anstellten. 187–188 primo conamine ruptae | Thermopylae: Zosimos 5, 5, 5–6 berichtet, dass den Goten der Durchgang durch die Thermopylen durch Verrat ermöglicht wurde. 202 secum cuncta trahens: Schroff (1927) 37 versteht: Fama trägt alles mit sich, was sie weiß; Gesner (1759) 416 versteht cuncta als maior pars hominum (vgl. Statius, Theb. 12, 106: Fama trahit miseras). 228–248 tum somnia vulgo … vanesceret ignem: Die Prodigienreihe, zeigt Schindler (2009) 148, reiht sich zwar in die dichterische Tradition ein (bes. Vergil, georg. 1, 466–492 und Lucan 1, 521–583), unterscheidet sich aber dadurch, dass sie gerade nicht die Bedrohung des römischen Staats ankündigt, sondern sich als Fehldeutung erweist, die auf die Panik der Bevölkerung zurückzuführen ist; vgl. auch Döpp (1980) 220. 232 carbasus: Gemeint sind die sibyllinischen Bücher, von denen man glaubte, dass sie auf Leinen geschrieben waren. Stilicho soll die Anordnung gegeben haben, die ältrömischen Weissagebücher zu verbrennen, vgl. zu Eutrop. I 11, Schroff (1927) 42.



Anmerkungen zu Get.

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234 aerisonas … per urbes: Eherne Instrumente wie Becken und Schellen wurden zur Abwehr einer Mondfinsternis eingesetzt. 235 sororem: Phoebe, die Mondgöttin (= Diana), ist die Schwester des Sonnengottes (= Apollo). 236–238 sed castra secutas | … incestare iubar: Den thessalischen Hexen schrieb man die Fähigkeit zu, das Mondlicht mit ihren Zaubersprüchen zu verfinstern. Tatsächlich war im Vor- und Umfeld des gotischen Einfalls nach Italien mehrfach eine Mondfinsternis zu beobachten, z. B. am 17. Dezember 400 und am 12. Juni 401; vgl. Schroff (1927) 43. 243 cometem: Es handelt sich wohl um eine konkrete Himmelserscheinung des Jahres 400; vgl. Schroff (1927) 45 f. und Balzert (1974) 29 u. 32. Die Datierung des Goteneinfalls (die Fasti Vindobonenses geben den November 401 an; Prosper Tiro, Chronica minora, ed. Mommsen, I 464, gibt das Jahr 400 an) scheint damit eher auf das Folgejahr der Himmelserscheinung, also 401, zu fallen; vgl. Döpp (1980) 201 f. 245 astrigera senior cum coniuge Cepheus: Kepheus ist der Gatte der Kassiopeia; beide ‒ wie auch die Tochter Andromeda ‒ wurden als Sternbilder an den Himmel versetzt. 265–266 interceptoque volatu | vulturis: Das Geieraugurium des Romulus (Livius, 1, 6, 4–7, 1: zwölf vultures) konnte so ausgelegt werden, dass Rom zwölf saecula, also bis ca. 450 n. Chr., bestehen sollte. Die hier dargelegte Deutung des Prodigiums „verkürzt“ diese Frist um ein halbes Jahrhundert, wonach das Ende Roms unmittelbar bevorgestanden hätte; vgl. auch Schroff (1927) 47 f. und Döpp (1980) 212. 278–279 perfidia … | irrupere Getae: Gemeint ist die Treulosigkeit der Vandalen in Rätien, die die Verträge mit Rom gebrochen hatten (363–365) und ein militärisches Engagement Stilichos nördlich der Alpen notwendig machten; den Goten bot sich so die Gelegenheit, nach Italien einzufallen. Anders versteht Döpp (1980) 201 die Stelle: „… vielmehr sind es die Goten, die der perfidia bezichtigt werden. Stilicho versteht ihr Eindringen offensichtlich als Bruch des Abkommens, das er 397 mit Alarich getroffen hatte. Dass gegen die oströmische Regierung kein Vorwurf erhoben wird, ist umso bedeutsamer, als deren ‚antigermanische‘ Politik das Verhältnis zu dem Germanen Stilicho belasten musste.“ 285 famosum vulgavit iter: Die Goten waren an den Feldzügen, die Theodosius I. gegen Maximus (383/388) und Eugenius (392/394) führte, beteiligt und kannten daher die Wege über die Julischen Alpen. 309 gener: Kaiser Honorius.

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315 migrantisque fugam conpescuit aulae: Honorius blieb also auf Anraten Stilichos in Mailand; vgl. die Schilderung der Belagerung Mailands in 6 cons. Hon. 446–469. 363 gentes: Die Vandalen (vgl. zu v. 415). 415 Vandalicis … spoliis: Die Parallelüberlieferung Vindelicis hat Gesner (1759) 428 bevorzugt. Döpp (1980) 203 verteidigt dagegen die auch von Hall bevorzugte Lesart: „Claudians Aussage, Rätien sei damals verteidigt worden (…), kann sich nur auf äußere Feinde beziehen, nicht auf die Vindeliker, deren Land einen Teil Rätiens bildete.“ 418 exanimes … figuras: Gemeint sind die Tätowierungen auf den Körpern der Feinde; vgl. 3 cons. Hon. 54, dazu Schroff (1927) 61 f. 438–439 creditur Herculeis lucem … inpensa mariti: Herkules bezwang Thanatos, den Gott des Todes, im Ringkampf und rettete so Alkestis vom Tod. 440 iuvenem spretae laniatum fraude novercae: Hippolytus, der Sohn des Theseus, verwehrte sich den Nachstellungen seiner Stiefmutter Phaedra, die sich daraufhin selbst tötete. Der Fluch seines Vaters wurde von Neptun erhört, der die Pferde des Jünglings mithilfe eines Seeungeheuers scheu zu machte und ihn so verunglücken ließ. Diana, die Hippolytus als Göttin der Jungfräulichkeit stets verehrt hatte, veranlasste seine Wiederbelebung; Hippolytus trug fortan den Namen Virbius und wurde in Aricia verehrt (Servius zu Aen. 7, 761). 442–445 Cretaque … vidit | Minoum rupto puerum prodire sepulchro: Glaukos, der Sohn des Königs Minos, war in einen Honigtopf gefallen und erstickt; vom Seher Polyidus wurde er gefunden, indem dieser eine Eule beobachtete, die die Bienen vertrieb, und anschließend auch wiedererweckt, indem Polyidus sich mit dem Toten im Grab einschließen ließ und beobachtete, wie eine Schlange eine andere mit Kräutern wieder zum Leben erweckte (Hygin, fab. 136; Apollodoros 3, 3, 1–2). 453–454 quis gaudia vero | … quis disserat aulae?: Nach den Reaktionen in Rom wird in den folgenden Versen die Erleichterung am Mailänder Hof geschildert (vgl. die Schilderung der Belagerung in 6 cons. Hon. 440–490). Ein deutlicher Hinweis auf den Ortswechsel fehlt: Schroff (1927) 65 schließt daraus, dass Claudian den Eindruck erwecken will, Stilicho habe Rom vor der akuten Zerstörung gerettet. 463 non iam dilectus miseri: Weil Stilicho ja genügend Truppen aus Rätien mitgebracht hat. 470 qui vertice proximus astris: Gemeint ist Alarich. 488–489 tricesima currit | bruma fere: Die epische Zeitangabe ist ungenau, vgl. zu v. 166–167. 513–517 scis ipse, per oras | … texisset Eoi: Stilicho hatte Alarichs Goten 395 in Griechenland bekämpft, war aber durch – aus weströmischer Sicht: verräterische



Anmerkungen zu Get.

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– Befehle des Arcadius an einem endgültigen Sieg gehindert worden, vgl. zu Rufin. II 170. 524 tot Augustos Hebro qui teste fugavi: Schroff (1927) 72 f. vermutet, dass hier auf einen Zusammenstoß zwischen Goten und Römern (unter Theodosius) in den Jahren 379–382 angespielt ist (vgl. auch 6 cons. Hon. 107 f.). 534 nullis cum fideret armis: D. h. zu der Zeit, als die Goten sich noch nicht auf die Unterstützung anderer Völker (socii) verlassen konnten; vgl. Schroff (1927) 74 und 6 cons. Hon. 129. 535 Illyrici postquam mihi tradita iura: Nachdem Stilicho 397 n. Chr. Griechenland verlassen hatte, wurde Alarich zum magister militum per Illyricum ernannt. Damit verbunden war in diesem Fall die Verfügungsgewalt über die Waffenfabriken, obwohl diese sonst in den Bereich der Zivilverwaltung fiel (vgl. v. 535–539). 547 ad Urbem: Alarich erhoffte sich demnach, Rom (Urbs) einzunehmen, ohne zu berücksichtigen, dass es einen Fluss gleichen Namens gab (heute: Orba). 556 atque illic domitus: Claudian meint an dieser Stelle den Sieg über Alarich bei Pollentia, obwohl diese Schlacht ca. 60 km vom Flüsschen Orba entfernt stattgefunden hat; vgl. die Argumentation bei Döpp (1980) 205. 562–563 deploratumque Timavo | vulnus: Der Timavus mündet in der Nähe von Aquileia in den Golf von Triest. Angespielt ist auf die Belagerung der Stadt durch Alarich; vgl. Schroff (1927) 5 und Balzert (1974) 133 Anm. 233. 581 patiens dicionis Alanus: Die Alanen waren wahrscheinlich in die Unruhen der Vandalen in Rätien verwickelt gewesen und kürzlich erst von Stilicho bezwungen worden. 583 gentis praeclarus Alanae: Die Identifizierung mit dem alanischen Offizier Saul, der schon unter Theodosius 394 Auxiliareinheiten geführt hatte (PLRE I, 809 und II 981), ist unsicher. Nach Orosius (7, 32, 2) soll ein Heide namens Saulus das Kommando innegehabt und am Ostersonntag die Schlacht erzwungen haben, wofür Gott auch eine Strafe eingefordert habe (Saulus’ Tod?): Taceo de infelicibus illis apud Pollentiam gestis, cum barbaro et pagano duci, hoc est Sauli, belli summa commissa est, cuius inprobitate reverentissimi dies et sanctum pascha violatum est cedentique hosti propter religionem, ut pugnaret extortum est, cum quidem, ostendente in brevi iudicio Dei, et quid favor eius possit, et quid ultio exi­ geret, pugnantes vicimus, victores victi sumus. Döpp (1980) 206 hält es für wenig wahrscheinlich, dass Claudian hier Saulus gemeint habe. Die Bündnistreue der Alanen werde deshalb so hervorgehoben, weil sie zuvor in Zweifel gezogen worden sei; so sei gleichzeitig unwahrscheinlich, dass Stilicho einem unsicheren Anführer das Kommando übertragen hätte; vgl. auch zu 6 cons. Hon. 223. Zur Problematik der Textüberlieferung vgl. Charlet (2017) 359.

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610 absumptique igne Valentis: Nach der Schlacht von Adrianopel im Jahr 378 soll Kaiser Valens in einer brennenden Hütte ums Leben gekommen sein (Ammianus Marcellinus 31, 13, 15). 631 dea … Rhamnusia: Rhamnus ist ein Kultort der Rachegöttin Nemesis in der Gegend von Marathon. 636 meritum nomen: Ein etymologisches Spiel mit der Bedeutung des Ortsnamens Pollentia (vgl. pollere = „mächtig sein“). 641 Cimbrica tempestas: Vercellae, wo C. Marius und Q. Lutatius Catulus 101 v. Chr. die Kimbern besiegten, liegt ca. 50 km von Pollentia entfernt.

Panegyrici dicti Honorio Augusto sextum consuli praefatio 1–2 Omnia quae sensu … amica quies: Die Idee, dass man nachts im Schlaf die emotionalen Erlebnisse oder Wünsche des Tages erlebt, ist ein vertrauter Topos und von Lukrez (4, 962–1036) nach epikureischer Psychologie erklärt. Ähnlich versucht die Amme der Poppaea in der pseudosenecanischen Octavia 740– 745, die beunruhigende Traumvision zu erklären. Die Anthologie des Leidener Codex Vossianus lat. f. III überliefert ein vergleichbares Traumgedicht von Petron (fragm. 43 in der Petronius-Ausgabe von Konrad Müller, 41995) und fügt Claudians Praefatio gleich im Anschluss an Petrons Gedicht an. Ausführliche Besprechungen der intertextuellen Referenzen geben Felgentreu (1999) 146–151 und Ware, Catherine: Dreams of Genre and Inspiration: Multiple Allusion in Claudian (VI Cons., praefatio), in: Classics Renewed. Reception and Innovation in the Latin Poetry of Late Antiquity, hg. v. Scott McGill u. Joseph Pucci, Heidelberg 2016, 171–194. 5–6 iudicibus lites, aurigae somnia currus | vanaque nocturnis meta cavetur equis: Nicht unproblematisch ist die syntaktische Struktur des Satzes. Man kann iudicibus und aurigae als Dativus possessoris mit Ellipse des Verbs auffassen; denn dem Verb cavetur kann man diese ersten Akteure nicht zuordnen, weil die Semantik von cavere mit Akkusativobjekt nur zu meta passt (i. S. v. evitare wie bei Horaz, carm. 1, 1, 4 f.: metaque fervidis | evitata rotis); dagegen bliebe lites cavere und currum cavere unverständlich. Man müsste z. B. lites secantur nach Horaz, epist. 1, 16, 42 erwarten: quo multae magnaeque secantur iudice li­ tes; somnia currus cavere könnte man verbinden, wenn man currus als kollektiven Singular für die gegnerischen Quadrigen auffasst. Dazu kommt die Frage, ob Claudian wie bei Petron und Lukrez auch Hunde und Pferde träumen lässt (so Felgentreu [1999] 147); wenn man nocturnis equis als „in der Nacht träumende Pferde“ auffasst (vgl. Vergils in der Nacht aktive Wölfe: georg. 3, 537 f.:



Anmerkungen zu 6 cons. Hon.

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lupus … gregibus nocturnus obambulat), ist das gut möglich; Birt dagegen fasst das Adjektiv wie die vana meta als Signal dafür auf, dass es sich nicht um echte, sondern im Traum gesehene Pferde handelt, so dass man dann nocturnis equis als instrumentalen Ablativ auffassen sollte. 8 et vigili elapsas quaerit avarus opes: Gesner (1759) 442 verbessert den überlieferten Text vigil zu vigili, so dass sich das Beispiel in die Reihe der anderen einfügt: der Habgierige sucht im Schlaf die Schätze, die ihm bei Tag entgangen sind. Andernfalls müsste der Habgierige beim Aufwachen (vigil für evigilans) die (erträumten) Schätze suchen, als wären sie echter Verlust, so Dewar (1996) 53 f.; dort ist zudem ein Vorschlag von Nisbet referiert, der vigil i. S. v. „in der Vorstellung, wach zu sein“ versteht, so dass der Habgierige schlaflos nach den Schätzen sucht, die ihm entglitten sind. Hall belässt vigil in seinem Text. 17 Enceladus … Typhoeus: Claudian singt im Traum eine Gigantomachie (wie sie in c. min. 53 und unter seinem Namen auch in griechischer Sprache fragmentarisch erhalten ist), die sich für allegorische Deutung in panegyrischer Dichtung eignet, wenn der Sieg eines Herrschers über Usurpatoren auszudrücken ist. Ware (2016, s. zu v. 1–2) macht darauf aufmerksam, dass Properz im Programm des zweiten Buchs (2, 1, 39–46) gerade diese Thematik für kallimacheische Dichtungstradition zurückweist, während Claudian sich damit als Epiker präsentieren will. 18 hic subit Inarimen: Dass das vulkanische Ischia das Verließ des Typhoeus ist, weiß man u. a. von Vergil (Aen. 9, 715 f.); dies beruht auf einer Ausdeutung von Homers Angabe, dass Typhoeus „bei den Arimern“ liege (Il. 2, 782 f.). 22 inrita nec falsum somnia misit ebur: Vorbild für diese Stelle ist der Abschluss von Aeneas’ Unterweltsgang (Vergil, Aen. 6, 893–899): Aus der Unterwelt hinaus führen zwei verschiedene Tore, von denen die elfenbeinerne Pforte die falsa in­ somnia aufsteigen lässt. Grundlage dafür ist ein etymologisierendes Wortspiel, das Homer einsetzt (Od. 19, 562–567).

Panegyricus dictus Honorio Augusto sextum consuli 1–2 Aurea Fortunae Reduci si templa priores | ob reditum vovere ducum: Für Augustus stiftete der Senat den Tempel für „Fortuna/Tyche, die wieder heimgeleitet“, anlässlich seiner Rückkehr aus dem Osten im Jahre 19 v. Chr. (R. Gest. div. Aug. 11); auch für Domitian ist eine Weihung bei Martial (8, 65) genannt, vgl. Dewar (1996) 63. Behrwald (2009) 93 betont, dass damit die Rückbesinnung auf eine lange verschüttete Tradition (die letzte Bilddarstellung auf einer

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Münze ist für 316 nachweisbar) zu greifen ist, mit der die nationalrömische Traditionspflege des westlichen Kaisers betont werden soll. 5–10 neque enim campus sollemnis et urna | luditur in morem … renovat suffragia campi: Honorius ließ sich offensichtlich in einer Volksversammlung formell als Konsul bestätigen; vgl. Döpp (1980) 231. Claudian stellt diese Geste, die den römischen Institutionen Respekt zollt, in eine Reihe mit Stilichos Maßnahmen (besonders, dass der römische Senat es war, der in der Gildo-Krise die Kriegserklärung aussprach). Die Wahlen in den comitia centuriata auf dem Marsfeld hatten schon unter Augustus mit der Einführung der Empfehlung von Kandidaten durch den Princeps ihren demokratischen Charakter eingebüßt und waren nach Augustus’ Tod eingestellt worden (Tacitus, ann. 1, 15). Lucans Klage über die Scheinwahlen, mit denen Caesar seine Macht in Rom bestätigen ließ, ist sprachlich zum Vergleich heranzuziehen (5, 392–394: fingit sollemnia Campus | et non admissae dirimit suffragia plebis | decantatque tribus et vana versat in urna); positives Modell für das kaiserliche Verhalten ist erneut Trajan, den Plinius (paneg. 63) dafür preist, als Kandidat bei den Wahlen angetreten zu sein, vgl. Dewar (1996) 66 f. 11–12 quem mons Euandrius offert | Romanis avibus, quem Thybris inaugurat, annus: Claudian suggeriert, dass die Vogelzeichen am Palatin, dem Ort des Gründungsauspiziums, und am Marsfeld (parallel zum Tiber) berücksichtigt wurden. 20–21 caelicolae …| … nec radios humili statione retundunt: Die Planeten, deren Konstellation und Stand innerhalb des Zodiakus astrologisch bedeutsam sind, senden, wenn sie tiefer stehen, einen schwächeren Schein aus: retundere ist hier i. S. v. „abstumpfen“ verwendet. Denn retundere kann für das Reflektieren von Licht verwendet sein: Der Mond leuchtet nicht selbst, sondern reflektiert die Sonnenstrahlen (retuso fratre). Doch dieses Phänomen passt nicht zu den Planeten, die eigenes Licht haben; hier ist die Stärke des Strahls in Bezug auf den Einfallswinkel gemeint, der im Zenit ungebrochen und am stärksten ist. 24–25 et certius omina surgunt | victrici concepta solo: Claudian vermischt mit der Verwendung von concipere die metaphorischen Vorstellungsbereiche, indem die omina wie Pflanzensamen aus dem Boden zu sprießen scheinen; concipere ist aber auch wie accipere oder percipere zu verstehen, d.h. dass das Auspizium an einer bestimmten Stelle eingeholt wird. 25–26 cum pulcher Apollo | lustrat Hyperboreas … aras: Dass Apoll von den skythischen Hyperboreern verehrt wird, ist neben Reflexen in Dichtung (Dewar [1996] 79 f.) am besten in Herodots Skythenlogos (4, 13 u. 4, 32 ff.) greifbar. 44–45 iuvat infra tecta Tonantis | cernere Tarpeia pendentes rupe Gigantas: Die Vorstellung, dass ein Relief am Iuppiter Capitolinus-Tempel die Gigantomachie darstellte, wurde zurückgewiesen; Dewar (1996) 92 verweist schon auf Jeep,



Anmerkungen zu 6 cons. Hon.

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RhM 27 (1872) 269–277, dessen Vorschlag, die Statuen der kapitolinischen Heiligtümer als „Giganten“ zu verstehen, er jedoch mit Recht ablehnt. Dewar empfiehlt eine symbolisch-politische Deutung, die Claudian bereits in der Praefatio eingeführt hat: Roms Iuppiter hat die Goten als neue Giganten von seinem Kapitol abgewehrt. Behrwald (2009) 91–94 macht darauf aufmerksam, dass die Wahl des Palatin als Ausgangspunkt für das Panorama erstaunlicherweise Kaiserforen und Maxentiusbasilika nicht in den Blick kommen lässt; es soll damit eine Konzentration auf die frührömische und republikanische Tradition erreicht werden. 48–49 aeraque vestitis numerosa puppe columnis | consita: Claudian umschreibt die Triumphsäulen mit den bronzenen Schiffschnäbeln; Barth empfiehlt, aera als die Schiffsschnäbel zu verstehen. Da allerdings puppis dasselbe aussagt, überrascht eine derartig pleonastische Ausdrucksweise; mit aera können Statuen auf den Säulen bezeichnet sein, etwa die Statue des Kaisers Claudius Goticus auf der columna palmata bei den westlichen Rostra, die als palma aurea ein prominentes Ziel eines kaiserlichen Adventus in der Spätantike markierte, vgl. Liverani, Paolo: Roma tardoantica come spazio della rappresentazione trionfale, in: Der Römische Triumph in Prinzipat und Spätantike, hg. v. Fabian Goldbeck u. Johannes Wienand, Berlin/Boston 2017, 487–510, hier 502. 56 toto meruit felicior aevo: Zu diskutieren, ob aevum hier i. S. v. „Lebenszeit“ oder „Ewigkeit“ verwendet wird, ist müßig, da für den vergöttlichten Kaiser die Ewigkeit zur Lebenszeit wird, vgl. c. min. 27, 12 über den Phoenix: mem­bris­ que terit renascentibus aevum. 58 te consorte: Honorius nahm also auch an den Feierlichkeiten des triumphalen Adventus im Juni 389 nach dem Sieg über Maximus an der Seite seines Vaters Theodosius teil. 59 terrore remoto: Dewar (1996) 105 versteht konkret den Verzicht auf die Leibgarde, indem er auf den Panegyricus des Pacatus (47, 3: remota custodia militari tutior publici amoris excubiis) und Plinius (paneg. 49, 3: frustra se terrore succinxerit, qui saeptus caritate non fuerit) verweist; gerade Plinius erreicht aber durch die Ausdrucksweise, die auch metaphorisch zu verstehen ist, eine allgemeinere Aussage zum Regierungsstil, die zur Situation nach dem Bürgerkrieg hier besser passt. 60 alternos cum plebe iocos: Beim Triumph gehörten Spottlieder der Soldaten zur Tradition (vgl. zu Stil. III 21), aber auch bei den anschließenden Spielen durfte das römische Volk seine libertas und der Kaiser seine liberalitas als Ritual gegenseitigen Respektierens zeigen, wie schon Martial im Liber spectaculorum betont und auch Ammianus Marcellinus (16, 10, 13) beim Adventus von Kaiser Constantius II. im Jahre 357.

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61–62 patriciasque domos privataque … limina: Dewar (1996) 106 betont zu Recht, dass es nicht um „Reiche und Arme“ (so Platnauer) geht; privata limina kann allgemein im Unterschied zu publica oder regalis verstanden werden, so dass generell Personen, die keine patricii (vgl. zu Eutrop. I 109) oder die nicht mit dem Kaiser und Hof verbunden sind (so Dewar), gemeint sein können. Ernest (1987) 123 zeigt, dass in diesem Panegyricus mit der facilitas und liberalitas des Theodosius andere Akzente in der Vorbildlichkeit des Vaters für Honorius gesetzt werden. Militärisches Engagement war von Honorius nicht mehr zu erwarten. 73 ditandas ad dona tribus: Anlässlich des Triumphs verteilte Theodosius das übliche Geldgeschenk (congiarium) an das nach Tribus eingeteilte Volk. 74 collecti trabeatus adit delubra senatus: Im Senat hielt damals der Redner Pacatus Drepanius den erhaltenen Panegyricus auf Theodosius (Paneg. 2); trabeatus meint hier ausnahmsweise nicht „im Gewand des Konsuls“, da Theodosius 389 nicht Konsul war. 77 hinc tibi concreta radice tenacius haesit | … Roma: Der Ablativ concreta radice meint sicher: „indem die Wurzel (mit deinem Inneren) zusammenwuchs“, während umgekehrt Vergil, georg. 2, 318 (concretam radicem adfigere terrae) vor dem gefrorenen Erdreich warnt, wo die Wurzel keinen Halt findet; vgl. Wheeler, Stephen M.: The Emperor’s Love of Rome in Claudian’s Panegyric on the Sixth Consulate of Honorius, in: Classics Renewed. Reception and Innovation in the Latin Poetry of Late Antiquity, hg. v. Scott McGill u. Joseph Pucci, Heidelberg 2016, 195–220, hier: 208. 78–81 Roma … crevit amor … nec te mutare reversum | evaluit: Das Wortspiel mit dem Palindrom ROMA – AMOR (vgl. auch v. 360 f.) bespricht: Nelis, Damien P.: Wordplay in Vergil and Claudian, Dictynna 3 (2006) 195–200. 88 novum … tyrannum: Die Erhebung des Honorius war für Eugenius das Zeichen, dass Theodosius ihn nicht anerkannte, vgl. zu 3 cons. Hon. 83–84. Eugenius besetzte daraufhin Italien und konnte einflussreiche Teile des Senats für sich gewinnen, wurde jedoch im Sommer 394 von Theodosius militärisch besiegt. 95 generumque sibi: Honorius heiratete 398 Stilichos und Serenas ältere Tochter Maria. 95–96 seniore supernas | iam repetente plagas: Theodosius starb nach dem Triumph in Mailand am 17. Januar 395. 99 certavit pietate domus: Serena und Stilicho konkurrieren miteinander in ihrer Sorge um Honorius. 108 Hebri clausit aquis: Welches Ereignis gemeint ist, bleibt unklar; die Formulierung legt nahe, dass Theodosius gegen Maximus aus Thrakien in Richtung Italien zog (Dewar [1996] 132 verweist auf Zosimos 4, 45, 3 und 4, 48–49);



Anmerkungen zu 6 cons. Hon.

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Müllers Überlegungen, dass hier Theodosius’ Einsatz gegen die Goten zwischen 379 und 382 gemeint sei, ist schwierig, weil Alarich so früh wohl noch nicht beteiligt gewesen sein konnte; zum Gebrauch von aliquem claudere i. S. v. „aufhalten“ vgl. Ovid, met. 8, 183–185: Daedalus … clausus erat pelago; Vergil, Aen. 8, 473: hinc Tusco claudimur amne. 109 auxiliisque ad proxima bella negatis: Gildos Weigerung, Theodosius gegen Eugenius zu unterstützen, konnte sich nicht auf logistische Probleme beziehen; denn es war von Afrika aus leicht, Truppen zu Schiff nach Italien zu transportieren. 110 abiurata … arva: Sprachliches Modell ist hier der Unhold Cacus bei Vergil, der Hercules’ Rinder gestohlen hat (Aen. 8, 263: abiurataeque rapinae); Servius kommentiert die ungewöhnliche Formulierung bei Vergil mit „widerrechtlich behalten“: abiurare est rem creditam negare periurio. sed hoc isti loco non con­ gruit: unde modo “abiuratas rapinas” contra ius retentas intellegamus. 113–121 ense Thyestiadae poenas exegit Orestes … reddita libertas orbi, vindicta parenti: Die Synkrisis ist gewagt: Agamemnons Tod, den Orestes mit der Ermordung des Aigisthos und seiner eigenen Mutter Klytaimnestra rächte, und Caesars Tod, den Octavian als Motiv für den Bürgerkrieg gegen Brutus und Cassius angab, sind nicht wirklich mit der verweigerten militärischen Hilfe für Theodosius zu vergleichen. Trotzdem wird Honorius zum ultor aus pietas stilisiert, der jedoch nicht den Frevel eines Verwandtenmords oder eines Bürgerkriegs beging, sondern zur Verteidigung des Reichs beitrug. Dewar, Michael: Octavian and Orestes again, Classical Quarterly 40 (1990) 580–582, bemüht sich nachzuweisen, dass der junge Octavian die Parallelen seiner Rache zur Tat des Orestes in politischer Propaganda einsetzte. So ist die problematische Parallelisierung bei Claudian leichter nachvollzuziehen. 122–123 captum Parnasia Maurum | Pieriis egit fidibus chelys: Claudian verweist auf sein Bellum Gildonicum; die Formulierung legt einen öffentlichen Vortrag (also 398 in Mailand) nahe. 123 arma Getarum: Das Bellum Geticum wurde 402 in Stilichos Anwesenheit in Rom vorgetragen. 129–130 tot amissis sociis atque omnibus una | direptis opibus: Abgesehen von den Verlusten durch Deserteure hatten die Goten bei Pollentia auch das Lager mit ihren Besitztümern eingebüßt, vgl. Get. 623–634 und Döpp (1980) 207. 142 Italiam fugiens: Die Ortsangabe im Akkusativ nach fugere anstelle des üblichen Separativs ist eher selten (Ovid, trist. 1, 1, 83: Capharea; met. 15, 61: Samon). 149 imperiumne Iovi legesque placerent: Vater Po bezieht sich auf die Jupiterprophetie der Aeneis (Aen. 1, 278 f.) und auf Roms Stolz, bei allen besiegten Völkern rechtstaatliche Normen eingeführt zu haben (vgl. Aen. 6, 851 f.).

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167–168 fultaque sub gremio … | … urna: Barths Vorschlag, hier eine Tmesis urna suffulta gremio zu verstehen, überzeugt. Im ThlL VII, 1503, 65 ist die Stelle unter aliquid re apposita corroborare, stabilire, affigere eingeordnet, in Verbindung mit einem Körperteil parallel zu Statius, Theb. 3, 326: stant fulti pulvere crines; in Verbindung mit einem Präpositionalausdruck mit sub gibt es u. a. eine Parallelstelle von Sternen, die am Himmel befestigt sind (Cicero, Arat. 239: orbes stelligeri … caeli sub tegmine fulti): Die Wasserurne ist also unter dem Schoß festgehalten. 170 mutatumque senem plumis: Die Metamorphose des ligurischen Königs Cycnus in einen Schwan (cygnus) gestalten Vergil (Aen. 10, 189–193) und Ovid (met. 2, 367–380). 170–173 et fronde sorores | et fluvium … stat … Auriga … germanae servant Hyades: Eridanus selbst ist als Sternbild verewigt und mit ihm die Heliaden-Pappeln an seinen Ufern, die Claudian zwei Verse weiter (gegen die Tradition!) mit den Hyaden gleichsetzt. Auch der Wagenlenker wird sonst nicht mit Phaëthon, sondern mit Erichthonios als dem Erfinder der Quadriga oder mit Myrtilos gleichgesetzt, dem von Pelops bestochenen Wagenlenker des Oinomaos (Germanicus, Arat. 157–162). 197 inque novem consurgens ora Timavus: Vorbild für diese Angabe ist Vergil (Aen. 1, 244–246: fontem … Timavi | unde per ora novem vasto cum murmure montis | it mare proruptum); aber auch Mela gibt in seiner Chorographia 2, 61 die neun Quellen an: interfluit Timavus novem capitibus exsurgens, uno ostio emissus. 203 moenia vindicis Hastae: Müller (1938) 62 weist darauf hin, dass die Formulierung auf eine Belagerung hindeutet, ein weiteres Zeugnis dafür gibt es allerdings nicht; vindex Hasta (Hall: Asta) erinnert als Wortspiel an die rächende Lanze (Dewar [1996] 192 f.), sollte also in der entsprechenden Orthographie beibehalten werden. 204 pacta movet: Die Redewendung ist nicht belegt; nahe kommt fidem movere (Dewar [1996] 194 nennt als Beleg Livius 35, 33, 4: quotiens ab iis fides mota foederis esset). Dass Stilicho mit Alarich nach Pollentia also tatsächlich Verhandlungen über den Abzug aus Italien (v. 130) mit dem Ergebnis von pacta geführt hatte, wird hier und weiter unten (v. 303–304) deutlich gesagt, vgl. Döpp (1980) 207–209. Nach Claudians Darstellung deutet Döpp die Situation, die zur Schlacht von Verona führte, so, dass die Römer Alarichs weiteren Aufenthalt in Oberitalien als Vertragsbruch auffassen mussten. 209 Ionios Athesis mutavit sanguine fluctus: Dass die Wasser der Etschmündung in die Adria bis zum Jonischen Meer reichen, ist eine atemberaubende Hyperbel; Müller (1938) 63 verweist darauf, dass in Stil. I 185–187 der Alpheios die



Anmerkungen zu 6 cons. Hon.

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Leichen bis Sizilien transportiert; aber diese Verbindung ist durch den Mythos um Arethusa nicht ungewöhnlich. 211 omnibus …votis: Der Ausdruck im Plural (neben üblichem omni voto) wird oft für Gruppen gebraucht und ist dann auch im Sinn von omnium votis zu verstehen (vgl. Seneca, Oed. 205: der Chor spricht von Creons Rückkehr aus Delphi: adest petitus omnibus votis Creo); hier kann also vom Leser auch verstanden werden, dass Stilicho nach dem Wunsch aller Römer in den Kampf zieht; Lucan (6, 6) verwendet den Plural allerdings auch für Caesars fatale Kriegstreiberei (und hier ist nur Caesars Wunsch gemeint, also i. S. v. „mit ganzem Verlangen“: funestam mundo votis petit omnibus horam). 215 accensos aestivo pulvere soles: Zu erwarten wäre, dass die Sonne den Staub entzündet; aber hier wird die Sonne vom Staub entzündet; Heinsius schlägt vor zu verbessern: aestivos accenso pulvere soles, doch ist die Verkehrung der erwarteten Wortbeziehung bei Claudian nicht so selten. 219–220 utitur auxiliis damni securus, et astu | debilitat saevum cognatis viribus Hist­ rum: Döpp (1980) 108 f. deutet die zynisch wirkende Bemerkung, dass auch die verbündeten Alanen zu Roms Nutzen geschwächt werden, als Reaktion Claudians auf eine barbarenfeindliche Stimmung in Rom. 224 calor incauti male festinatus Alani: Der kollektive Singular meint wohl die alanischen Föderierten insgesamt, eher nicht den Alanenführer, der in der Schlacht von Pollentia gefallen war, vgl. zu Get. 583–585; Cameron (1970) 375–377 und Döpp (1980) 206–209 deuten die Kritik zu Recht als eine Verteidigung Stilichos, der Alarich als ehemaligen und zukünftigen Föderierten bewusst abziehen ließ. 243 captivaque pignora: Claudian gibt v. 297–298 und auch Get. 83–84 an, dass Verwandte (pignora) nach der Schlacht bei Pollentia gefangen genommen worden waren, vgl. dazu Döpp (1980) 207 mit Anm. 51. 259–264 qualis Cybeleia quassans| … aera senex … deplorat vacuis examina ceris: Der Vergleich von Alarich, der seinen Gotenschwarm wie ein Imker am Ausschwärmen zu hindern versucht, kehrt im Ergebnis sein episches Vorbild um: Lucans Gleichnis (9, 283–292) beschreibt die Wirkung von Catos Worten, die nach Pompeius’ Tod die Truppen zusammenhalten. Zu den Instrumenten des Kybele-Kults vgl. zu Eutr. I 277–280. 267 nimium diverso stamine fati: Auch wenn nur wenige und spätere Handschriften die Lesart diverso stützen, ist sie inhaltlich der gut bezeugten Lesart diversi vorzuziehen, weil der ablaufende Schicksalsfaden in der Qualität unterschiedlich sein kann, aber das fatum als etwas Unveränderliches verstanden wird; Vergil (Aen. 1, 239 bzw. 7, 293) verwendet die Verbindung contraria fata, die aber nach Servius i. S. v. contraria voluntatibus zu verstehen ist.

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269 solo peragens tum murmure bellum: Der Ruf des Feldherrn, der allein schon den Erfolg bewirkt, ist topisch, etwa von Cicero als Argument für die auctoritas des Pompeius eingesetzt (Pomp. 45). 281 non me, Pollentia, tantum: Auch wenn andere Herausgeber Pollentia nicht durch die Interpunktion als Vokativ markieren, ist hier eine Apostrophe (wie auch Platnauer und Charlet übersetzen) zu verstehen, zumal in v. 282 auch die verlorenen opes direkt angesprochen werden. 282 nec captae cruciastis opes: Im argumentativen Zusammenhang scheinen hier mit captae opes eher materielle Verluste durch die Plünderung des Lagers bei Pollentia gemeint zu sein, wobei die Klage über die laesa fides in v. 314–319 auch den Verlust von Truppen bezeichnen könnte. 282–284: hoc aspera fati | sors tulerit Martisque vices: Müller (1938) 73 hat überzeugend tulerit als konzessiven Konjunktiv erklärt, der in enger Verbindung mit dem Folgesatz steht. 286–290 quos Appenninum perhibent … tractu: Auch Plinius lässt den Apennin bis zur Straße von Messina reichen (nat. 3, 48); von solchen Apennin-Beschreibungen distanziert sich schon der Satiriker Persius, indem er die Länge des Gebirges mit Spondeenhäufung stilistisch übertrieben ausdrückt (1, 95: sic costam longo subduximus Appennino). 322–323 Pallor et atra Fames … agmina Morbi: Die Zusammenstellung erinnert an die höllischen Kräfte am Eingang der Unterwelt bei Vergil (Aen. 6, 273–281); Müller (1938) 78 verweist auf die Begleiter von Ovids Athamas (met. 4, 484 f.: Luctus comitatur euntem | et Pavor et Terror trepidoque Insania vultu). 324 lustralem sic rite facem, cui lumen: Die rituelle Lustration eines befleckten Orts erfordert Reinigungsmittel wie suffimenta (Räucherwerk) und Schwefel. Das Relativpronomen ist ein eleganter Dativus sympatheticus (statt Genitivus possessivus, vgl. Stil. II 420); lumen bezeichnet das Feuer der Fackel, vgl. Aen. 6, 593 f.: non … faces nec fumea taedis | lumina. 329 aversis manibus: Die Wirkung kann durch den Blick des Menschen beeinträchtigt werden (vgl. Charlet [2017] 381, der auf die Entzündung des Scheiterhaufens für Misenus bei Vergil, Aen. 6, 223 f. hinweist: subiectam more parentum | aversi tenuere facem). 335 Dacica … arma: Trajan ist der Modellkaiser; die beiden Dakerkriegen gegen Decebalus in den Jahren 101/102 und 105/106 sind auf der Trajansäule dargestellt. 340–346 cum gentibus undique cinctam |… Hesperiam … enses: Der Einfall der Markomannen und Quaden ab dem Jahr 166 über die julischen Alpen erforderte einen Feldzug des Marcus Aurelius, bei dem meteorologische Phänomene die Römer begünstigten; Cassius Dio 72, 14 spricht von Wasser und Feuer, das



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vom Himmel fiel; die Wunder sind auf der Säule des Antoninus Pius, die Mark Aurel seinem Vater geweiht hat, auf der Piazza Colonna abgebildet. 348 Chaldaea … carmina: Während man sonst mit den Chaldäern eher Astrologie verbindet, nennt Cassius Dio einen ägyptischen Zauberer (71, 8, 4). 358 penetralibus altis: Man muss sich wohl vorstellen, dass Roma aus dem von Hadrian gestifteten Templum Veneris et Romae am Fuß des Palatin aufspringt; da penetralia schon das Innere des Hauses/Heiligtums bezeichnen, ist das Epitheton alta wohl nicht als Verstärkung dazu („tief aus dem Inneren“) zu verstehen, sondern zielt auf die erhabene Höhe des Gebäudes; sprachlich ist Vergils Schilderung vom Palast des Latinus Vorbild (Aen. 7, 59: laurus erat tecti medio in penetralibus altis). 366–367 cum reddita bellis | Africa: Platnauer übersetzt: „again at war“; gemeint ist aber die Restitution Africas als Ergebnis des Kriegs wie in Stil. I 19: Latio quod reddita servit | Africa. 370 electi candoris equos: Dass der Triumphwagen von weißen Pferden gezogen wurde, war die Ausnahme; Camillus soll das nach der Einnahme von Veji zum Vorwurf gemacht worden sein, weil er sich damit Sol und Iuppiter gleichstellte (Livius 5, 23, 5–6). 372 pugnae monumenta dicabam: Die Wahl der Imperfektformen signalisiert Romas Bemühen, das nicht zum gewünschten Abschluss kommt. Die Monumente können wir nur aus den teilweise auf dem Forum Romanum erhaltenen Inschriften erschließen; vermutlich waren Arcadius und Honorius triumphierend in der Quadriga dargestellt; CIL VI 1187 (dazu CIL VI 31256): impera­ toribus invictissimis felicissimisque dominis nostris Arcadio et Honorio fratribus senatus populusque Romanus vindicata rebellione et Africae restitutione laetus. Dazu wurde ein Standbild für Stilicho als außergewöhnliche Ehrung errichtet, wobei die Inschrift seine Verbindung zum Kaiserhaus hervorhebt: CIL VI 1730, vgl. dazu Witschel, Christian: Alte und neue Erinnerungsmodi in den spätantiken Inschriften Roms, in: Rom in der Spätantike. Historische Erinnerung im städtischen Raum, hg. v. Ralf Behrwald und Christian Witschel, Stuttgart 2012, 357–406, hier: 361. 389 detondent Gargara falces: Gargara in der Troas wird topisch genannt, weil das Gebiet als besonders fruchtbar gilt, vgl. Vergil, georg. 1, 103: ipsa suas mirantur Gargara messis und Pacatus im Theodosius-Panegyricus 4, 4: Gargara proventu laeta triticeo. 390–391 spectatosque iterum nulli celebrantia ludos | circumflexa rapit centenus saecula consul: Die letzten Säkularfeiern hatte Septimius Severus im Jahre 204 abgehalten, während in der Tetrachie die von Maximian geplanten Feiern nicht ausgeführt wurden. Seitdem waren also erneut 100 Jahre vergangen.

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393 nostra ter Augustos intra pomeria vidi: 312 zog Konstantin nach dem Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke in Rom ein; 357 verband Constantius II. seinen Rom-Besuch mit einem Triumph über den Usurpator Magnentius; 389 triumphierte Theodosius nach seinem Sieg über Maximus. 398 favere tyrannis, | sed nobis periere tamen: Platnauer und Dewar entscheiden sich für die Lesart periere tyranni, was das Bekenntnis der Roma noch überspitzt, wenn sie selbst für die Usurpatoren noch Mitleid zeigt; nobis als Dativus commodi aufzufassen (so auch Charlet), scheint problematisch: Kann Roma zu Honorius, dessen Vater zwei tyranni besiegt hat und als Retter Roms gefeiert wurde, das vaterländische Engagement der Usurpatoren rühmen: „Sie sind als Usurpatoren umgekommen, aber sie sind doch für mich umgekommen“? Es scheint angemessener, nobis als Dativus ethicus im Munde der Roma aufzufassen: „Die Bürgerkriegsopfer haben zwar den moralischen Makel, dass sie sich für Tyrannen eingesetzt haben, aber für mich als Mutter ist es trotzdem ein Grund zur Trauer, wenn sie (als meine Kinder) ums Leben gekommen.“ Denn Roma will ja die Freudenfeier des Triumphs und die Trauer über den Verlust von Bürgern kontrastiv gegenüberstellen. 411–412 medium non deserit umquam | caeli Phoebus iter: Dewar (1996) 294 verweist auf die Instruktionen, die Sol dem Phaëthon in Ovids Metamorphosen gibt (met. 2, 129–141); zum einen soll er den Sonnenwagen nur durch die drei mittleren der fünf Klimazonen (nicht durch die arktischen) lenken, zum anderen soll er ihn in der Höhe zwischen Erde und Äther halten. 422 hunc … chorum: Müller (1938) zieht die Lesart hoc … forum vor, weil das anaphorisch eingesetzte hic der Passage auf Rom verweist, nicht auf die Kaiser, die mit hunc … chorum betont werden. Doch andererseits ist der Gedankengang so besser gewahrt, denn alle großen Kaiser, die hier genannt worden sind, haben von Rom aus regiert, wie es auch Honorius tun soll. 426 orantem: Da Roma ihre Bitte um den Adventus eigentlich als Beschwerde oder Forderung vorträgt, ist das Verb orare eher in der allgemeineren Bedeutung „eine Rede halten“ (causam orare) oder überhaupt „sprechen“ zu verstehen, vgl. Vergils Juno in der Götterversammlung (Aen. 10, 96: talibus orabat Iuno mit dem Kommentar des Servius). 444–445 quo … | sidere: Den Winterhimmel zur Sonnenwende nimmt der Steinbock ein. 455–456 ab Arcto | adventat Stilicho: Alarichs Einfall war zeitlich günstig gewählt, weil aus Italien Legionen zur Verstärkung der Truppen in Rätien abgezogen worden waren, wie Claudian Get. 279–280 angibt, und Stilicho auch bei den Vindelici und im Noricum verhindern musste, dass die Verbündeten abfielen (Get. 363–399), vgl. Döpp (1980) 202 f.



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495–499 ora Padi portusque … aemula damnis: Für den Kriegshafen von Ravenna wurde ein Arm des Po von Augustus umgeleitet (fossa Augusta). Die Schiffe waren in diesem Kanal offensichtlich von den Schwankungen des Pegels bei Ebbe und Flut betroffen. 497–498 pronas puppes nunc amne secundo | … vehit: Eigentlich wäre bei einem Fluss die Richtung „stromabwärts“ zu erwarten (Dewar [1996] 337), doch weil der Kanal von Ebbe und Flut abhängig ist, ergibt sich die paradoxe Vorstellung, wie Müller (1938) 102 erklärt, dass die Schiffe bei Flut durch die Meeresströmung landeinwärts getrieben werden, also der Flussverlauf sich günstig umkehrt. Müller (1938) 102 zieht deshalb anstelle von amne secundo die Lesart amne retuso vor; denn das Flusswasser, das vom Meerwasser zurückgedrängt wird, sei klarer zu verstehen; amnis als Bezeichnung für Meerwasser sei nur einmal bei Vergil in Nachahmung des homerischen Ὠκεανὸς ποταμός verwendet (georg. 4, 233); die Lesart amne secundo sei vermutlich durch den Einfluss von Vergil in die Überlieferung gekommen: Aen. 8, 548 f.: pars cetera prona | fertur aqua segnisque secundo defluit amni. Das Argument kann man auch umkehren: Weshalb sollte Claudian selbst nicht gerade das Vergil-Zitat aufgegriffen haben? Da hier von Ebbe und Flut die Rede ist, muss amnis nicht einmal exakt die Strömung des Meerwassers bezeichnen, sondern kann die vom Meer beeinflussten Strömung des Flusses meinen: Bei hohem Pegelstand im Kanal drückt das Meer die Flussströmung in Richtung Land (amne secundo für die in den Hafen einfahrenden Schiffe), bei Ebbe dagegen wendet sich die Flussrichtung natürlich in Richtung Meer. 500 Fortuna: Fanum Fortunae, wie die colonia vollständig heißt (Strabo 5, 2, 10: τὸ ἱερὸν τῆς Τύχης), war durch das Heiligtum berühmt. 502–503 qua mons arte patens … rupis: Müller (1938) 103 weist auf den von Vespasian erbauten Tunnel bei der Poststation Petra Intercisa (heute: Furlo) hin, vgl. die Bauinschrift mit der Datierung auf das Jahr 77: CIL XI 6106 in Verbindung mit der Epitome de Caesaribus 9, 10: Tunc cavati montes per Flaminiam sunt prono transgressui, quae vulgariter Pertunsa petra vocitatur. 504 delubra Iovis: Tempel des Iuppiter Appenninus auf dem Pass bei Iguvium (vgl. die Votivinschriften CIL VIII 7961, XI 5803 und 5804). 506 sacras victoribus undas: Dewar (1996) 343 f. fasst mit berechtigten Bedenken den Dativ als einen Dativus ethicus auf, denn die Wasser können nur Göttern, nicht aber „den Siegern“ (selbst wenn es Augusti sind) geweiht sein; sie gelten also in den Augen der Sieger als geweiht, weil sie die Rinder nähren, die für Iuppiter Capitolinus beim Triumph bestimmt sind. 507 candida quae Latiis praebent armenta triumphis: Claudians Vers erinnert an Vergils Laudes Italiae (georg. 2, 146–148: hinc albi, Clitumne, greges et maxima

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taurus | victima, saepe tuo perfusi flumine sacro | Romanos ad templa deum duxere triumphos) und Statius (silv. 1, 4, 129: aut praestent niveos Clitumna novalia tau­ ros); weitere Stellen sammeln Dewar (1996) 343 und Dubourdieu, Annie: Le sources du Clitumne, De l’utilisation et du classement des sources littéraires, Cahiers du Centre Gustave Glotz 8 (1997) 131–149, hier: 143. 508–514: miracula fontis … | humanos … imitari flumina mores: Auch die berühmte Schilderung der Clitumnusquelle bei Plinius (epist. 8, 8) kennt dieses Wunder noch nicht (Dubourdieu [s.o. zu v. 507] vergleicht 22 Texte von Vergil bis Isidor). 516–517 rarique coloris | … amnis … urbi qui nominis auctor: Narnia (heute: Narni) ist nach dem Fluss Nar (heute: Nera) benannt, der schwefelhaltiges weißes Wasser geführt haben soll (Vergil, Aen. 7, 517: sulpurea Nar albus aqua). 520 salutato libatis Thybride lymphis: Dass der Tiber mit einem Trankopfer aus seinen eigenen Wassern begrüßt wurde (Platnauer), hat Dewar (1996) 348 mit Hilfe von Ovid und seiner Deukalion und Pyrrha-Szene erklärt; die beiden Überlebenden der Sintflut reinigen sich, bevor sie sich dem Heiligtum der Themis nähern, mit dem Wasser des Cephisus (met. 1, 371 f.: ubi libatos inrora­ vere liquores | vestibus et capiti). Demnach dürfte Honorius zur symbolischen Reinigung mit der Hand Wasser aus dem Tiber geschöpft haben. 521 excipiunt arcus operosaque semita: Man kommt über die Via Flaminia am Pons Milvius an. 523–528 ac velut officiis … bacis onerat candentibus aures: Dewar (1996) 351 versteht das Gleichnis nicht als Brautwerbungsszene, sondern als Hochzeitsvorbereitung, wozu der aufwändige Schmuck passen würde; allerdings fehlen dafür bestimmte Hinweise, z. B. auf die flammea. 529–530 auctis | collibus: Müller (1938) 107 versteht die Erhöhung der Hügel als Resultat der Restaurierung der Stadtmauern, da die Wiederherstellungsarbeiten inschriftlich gut bezeugt sind: CIL VI 1188–1190. 550 quod clemens aditu, quod pectore solus: Im Unterschied zu Platnauer und Charlet (2017) 392 f. zweifelt Hall daran, dass pectore solus i. S. v. singulari humanitate verstanden werden kann; er hält daran fest, dass pectore mit einem folgenden Adjektiv zu verbinden sei, wahrscheinlich i. S. v. mitis oder lenis. Dewar (1996) setzt folgerichtig solus in Cruces. Hall dokumentiert im Apparat die bisherigen Versuche: Barth und Heinsius zeigen durch ihre Interpunktion vor solus an, dass sie aditu und pectore zusammen auf clemens beziehen. Gesner folgt ihnen. Jeep versucht in seinem Eingriff mit einer Umstellung das Problem zu lösen: quod solus habitu quod pectore clemens. Möglicherweise soll betont werden, dass es die unbeeinflusst persönliche und damit einsame Entscheidung des Honorius war, auf das Privileg zu verzichten, dass die Senatoren den Triumphwagen zu Fuß begleiteten.



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552–553 cui regius undique sanguis | atque Augusta soror: Von Stilichos Sohn Eucherius zu behaupten, dass er nicht nur mütterlicherseits (Serena), sondern auch väterlicherseits königliches Blut in sich habe, erfordert Spitzfindigkeit; Müller (1938) 111 erklärt, dass sein Vater Stilicho durch die Einheiratung ins Kaiserhaus geadelt sei; Dewar (1996) 367 argumentiert damit, dass Stilichos Vater ein Vandalenfürst war, weil Stilicho schon früh unter den protectores diente. Hier folgt ihm Charlet (2017) und ergänzt neben der Verschwägerung des Eucherius mit dem Kaiserhaus durch seine Schwester Maria auch das Heiratsprojekt mit Galla Placidia, das auf Stilichos trabea erwähnt ist. Hall hat bereits durch seine Interpunktion gezeigt, dass die kaiserliche Schwester (Maria als Gattin des Honorius) in den Relativsatz zu integrieren ist. Denn dass auch noch von einer Frau des Kaiserhofs gesagt wird, sie leiste militis obsequium (so Platnauer), kann hier kaum ausgesagt sein. 566–567 fixa draconum | ora: Die Militärparade mit Drachenstandarten und Panzerreitern (vgl. zu Rufin. II 176‒178; 3 cons. Hon. 138–139; 4 cons. Hon. 545; Epithal. 193). 587–594 qui nunc ad rostra Quirites | evocat … agnoscunt proceres: Dass der Kaiser auf dem Forum eine Rede vor dem Volk hält und im Senat einen Rechenschaftsbericht ablegt, zu dem die Senatoren nach traditionellem Brauch ihr Urteil abgeben dürfen, ist für den Adventus von Constantius II. (Ammianus Marcellinus 16, 10, 13) und auch von Theodosius (Pacatus, Paneg. 2, 47) überliefert, vgl. Döpp (1980) 237 f. Der Rechenschaftsbericht dessen, der den militärischen Oberbefehl inne hat, setzt die von Stilicho geförderte Tendenz fort, den Senat wie in alten Zeiten in politische Entscheidungen formal einzubeziehen, und ist hier folgerichtig, weil der Senat offiziell auch die Kriegserklärung an Gildo beschlossen hatte. Die Verwendung von agnoscere ohne Akkusativ ist etwas problematisch; Dewar (1996) 390 entscheidet sich für die Erklärung von Barth: unum velut ex ipsis; im juristischen Kontext kann agnoscere aber i. S. v. approbare verwendet sein, so dass hier die Anerkennung der Darstellung im Rechenschaftsbericht gemeint sein sollte. 595–596 ducibus circumstipata togatis | iure paludatae iam curia militat aulae: Die Vereinigung von arma und toga hat Claudian auch bei den Konsulatsantritten in Mailand betont (3 cons. Hon. 3–6; 4 cons. Hon. 5–10). Der Militärdienst war mit dem Kaiserhof verbunden (paludamentum), während der Senat die Zivilverwaltung (toga) verkörpert. Jetzt aber war der Senat an den Entscheidungen über Krieg und Frieden aktiv beteiligt. Diese Verbindung beider Sphären der Staatsregierung wird dadurch betont, dass der Senat somit am Militärdienst beteiligt ist (iure paludatae … aulae, wie Birt überzeugend verbindet) und die Generalität am Auftritt des Kaisers im Senat in Zivilkleidung teilnimmt (duces togati).

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598 Romanae tutela togae … divite pinna: Dewar (1996) 396 zeigt zu Recht mit einem Zitat aus Prudentius (Symm. 2, 27–29), dass die Victoria-Statue im Senat (toga) vergoldete Schwingen hatte (zu dives i. S. v. aureus vgl. Vergil, Aen. 6, 195 f. dives … ramus; Seneca, Herc.f. 532: pomis divitibus). Zur Problematik, dass Victoria aus religionspolitischen Gründen keinen Altar mehr in der Kurie hatte, ist (wie zu Stil. III 204) zu sagen: Victoria bzw. Fortuna sind weiterhin als Eigenschaften des Kaisers ikonographisch (etwa auf dem Konsulardiptychon zum Konsulat des Honorius im Jahre 406) präsent und behalten als Manifestationen des Segens durch Gott auch im christlichen Bereich ihre Gültigkeit. Zum Unterschied zwischen Claudians und Symmachus’ Religionsverständnis vgl. Klein (1986). 601 nunc tandem fruitur iunctis: Hall folgt mit iunctis einer Lesart, die nicht so gut bezeugt ist wie fruitur votis, aber den Sinn sehr gut trifft, nämlich die Vereinigung von (zivilem) Senat und (militärischem) Kaiserhof. 605–610 quam non inlecebris dispersi colligis auri … amori: Die Betonung der Liebe des Volks, die nicht erkauft werden muss, wird als Erklärung für den Verzicht auf die üblichen Geldspenden beim Festzug (sparsio) interpretiert; vgl. Döpp (1980) 239 mit Anm. 33 und Pfeilschifter (s.u. zu v. 648) 465 mit Anm. 26 zur Forschung. 611–612 o quantum populo secreti numinis addit | imperii praesens genius: Zu erwarten ist in Claudians Sentenz die Aussage, dass sich die göttliche Wirkung des genius populi Romani und die des genius Augusti steigern, wenn sie zusammen an einem Ort gegenwärtig sind (so mit Verweis auf Martials Panegyrik Dewar [1996] 405 und Charlet [2017] 261, der auf die gleichbedeutende Formulierung genius regni in der Epistula ad Serenam, c. min. 31, 48 hinweist); die Formulierung genius imperii ist allerdings nur einmal (und in anderem Sinn) inschriftlich verwendet: CIL VIII 814; Müller (1938) 120 entscheidet sich für die Lesart species, denn er hält es für unmöglich, dass eine Person, selbst der Kaiser, als genius bezeichnet wird, während species von Claudian i. S. v. „Verkörperung“ eingesetzt ist (Epithal. Hon. 320: Stilicho wird als celsa potestatis species bezeichnet). 621–637 haec et belligeros … lusus … agmina: Mit der ausführlichen Schilderung der Scheinkämpfe, die an das Trojaspiel erinnern (Lusus Troiae), wird die Kontinuität römischer Tradition betont; denn Vergil hatte das von Augustus eingeführten Reiterspiel aitiologisch von Aeneas hergeleitet (Aen. 3, 280 und bes. Aen. 5, 545–603), worauf Claudian mit sprachlichen Signalen zurückverweist, auch wenn es sich bei dieser Aufführung nicht nur um jugendliche Reiter, sondern um professionelle Soldaten zu handeln scheint.



Anmerkungen zu 6 cons. Hon.

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644 agnoscunt rostra curules: Die sella curulis wird beim processus consularis mitgeführt (vgl. zu 3 cons. Hon. 1–9); der Kaiser war also durch die Liktoren (und den Senat) vom Palast auf dem Palatin abgeholt und nun zu den Rostra geleitet worden. Der Weg des processus führt nach diesen Angaben sogar bis zum Trajansforum. 648 colla triumphati proculcat Honorius Histri: Falls Claudians Hinweis auf eine calcatio colli tatsächlich einer Triumph-Inszenierung geschuldet sein sollte (diskutiert bei Pfeilschifter, Rene: Der römische Triumph und das Christentum. Überlegungen zur Eigenart eines öffentlichen Rituals, in: Der Römische Triumph in Prinzipat und Spätantike, hg.v. Fabian Goldbeck und Johannes Wienand, Berlin/Boston 2017, 455–485, hier: 466 mit Anm. 27), dann irritiert, dass beim processus consularis (nicht beim triumphalen Adventus) gefangene Goten präsentiert worden sein sollen. Pfeilschifter weist darauf hin, dass diese Geste des Triumphators i.d.R. bei den Spielen vollzogen wurde; seine Vermutung, dass Claudian hier vom Trajansforum zu den Circusspielen springe, ohne das anzugeben, ist aber wenig überzeugend. Auch Charlet (2017) diskutiert die Möglichkeiten und neigt eher dazu, dass Claudian hier nur an eine typische Bildvorstellung erinnert. Vor der Trajanssäule, wo man mit bloßem Auge den Flussgott Hister gut erkennen kann, würde auch ein symbolischer Hinweis auf die Unterwerfung seiner Völker passen.

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Index Die Anordnung der Stellenangaben orientiert sich i.d.R. an der chronologischen Reihenfolge der Gedichte, bei längeren Artikeln ist allerdings eine Strukturierung gewählt, die Zusammenfassungen erlaubt; die metonymische Verwendung eines Namens (z. B.: Arctos metonym. für den Norden) wird dabei i.d.R. am Schluss des Abschnitts berücksichtigt. Bei adjektivischem Gebrauch (Adj.) ist die Anordnung nach der alphabetischen Reihenfolge der Bezugswörter gewählt. Mit einem Verweispfeil sind Eigennamen, zu denen ein eigenes Lemma existiert, bei der jeweils ersten Nennung im Artikel versehen. Namen, die durch Konjektur erschlossen sind, hat bereits Hall in seiner Ausgabe mit einem Asteriscus (*) gekennzeichnet. Aufgenommen sind in einigen Fällen auch Eigennamen, wenn die inhaltlich relevanten Personen oder Sachverhalte nur in Umschreibungen im Text erscheinen; z. B. sind die politischen Gegner Maximus, Arbogastes und Eugenius nie mit ihren Namen genannt, sondern als tyrannus, barbarus exul oder cliens umschrieben. Solche Angaben sind durch eckige Klammern gekennzeichnet. Abundantius: Flavius Abundantius, magister militum (392/393) und Konsul (393), gestürzt und verbannt (396); als Förderer und erstes Opfer des → Eutropius Eutrop. I 154. Acadēmīa: athenisches Gymnasium, in dem → Platon und seine Nachfolger lehrten; metonym. für Philosophie Mall. Theod. 94. Achaemenius (Adj.): zu Achaemenes, dem Ahnherrn der persischen Könige; metonym. für persisch: Tigris: entsendet Gaben nach Rom Epithal. Hon. 224. Achillēs: Sohn des Peleus und der → Thetis; → Apollo prophezeit die Heldentaten ihres zukünftigen Sohns vor → Troia bei ihrer Hochzeit Epithal. Hon. praef. 19; er wächst am thessalichen Fluss → Sperchius auf und wird dort von dem Kentauren → Chiron erzogen Rufin. II 180, 3 cons. Hon. 60; er wird von Thetis auf Skyros versteckt, verliebt sich in die Königstochter Deidamia (→ Scyria virgo) Epithal. Hon. 16, zeugt mit ihr den → Pyrrhus 4 cons. Hon. 367; Rächer des gefallenen Freundes Patroclus an → Hector im Vergleich mit → Stilichos Rache für → Promotus Stil. I 99, als Sieger im Kampf mit → Memnon im Vergleich mit Stilicho und seinem Sieg über → Gildo Stil. I 268; Besitzer des Pferdes → Xanthus 4 cons. Hon. 557; wird als idealer Sohn von → Honorius übertroffen Fescenn. I 7.

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Achīvus: Angehöriger einer griechischen Völkerschaft, metonym. für Grieche; soll zum Ausgleich für das Leiden unter den Goten den Rumpf des → Rufinus erhalten Rufin. II 425; von → Stilicho gerächt Epithal. Hon. 179. Achīvus (Adj.): campi: Schauplatz der gotischen Niederlagen Get. 564; gens: von den Goten heimgesucht Eutrop. II 214; plaga: Verwüstung Griechenlands durch die Goten 6 cons. Hon. 440. Actaeōn: thebanischer Jäger, der → Diana beim Baden überraschte, in einen Hirsch verwandelt und von den eigenen Hunden zerfleischt wurde, im Vergleich mit dem Tod des → Rufinus Rufin. II 419. Actius (Adj.): zu Actium, einem Vorgebirge in Akarnanien, wo Antonius und Cleopatra von Octavian (→ Augustus) besiegt wurden; litora: werden auch durch die Gefahren von → Leucates nicht vor den Goten geschützt Get. 185. Addua: Nebenfluss des Po, heute Adda, von → Eridanus gerufen 6 cons. Hon. 195; als Grenze zwischen den Truppen von → Alaricus und → Stilicho 6 cons. Hon. 458; von Stilicho durchschwommen 6 cons. Hon. 488. Adherbal: Numiderkönig, von seinem Stiefbruder → Iugurtha bedroht, bittet den römischen Senat um Hilfe Gild. 409. Adōnis: Geliebter der → Venus, wird auf der Jagd von einem Eber getötet, reversus: nach neuplatonischer Deutung symbolisiert der Tod des Adonis (und sein Aufenthalt bei Proserpina) das Sterben der Natur im Winter und seine Auferstehung (die Rückkehr zu Venus für einen bestimmten Teil des Jahres) das Wiedererwachen der Natur im Frühjahr (Macrobius, Sat. 1, 21, 1–6), wird von → Honorius an Schönheit übertroffen Fescenn. I 16. Adriacus → Hadriacus Aeacidēs: Patronymikon für die Nachfahren des → Aeacus; hier: König → Pyrrhus von Epirus; er leitete seine Abstammung von → Achilles her; er unterstützte → Tarentum und führte Krieg gegen Rom; nach einer Reihe von z.T. verlustreichen Siegen wurde er 275 v. Chr. von Manius → Curius Dentatus bei Beneventum geschlagen Get. 125. Aeacus: Vater des → Peleus und Stammvater der → Aeacides; als einer der drei Totenrichter (→ Minos, → Rhadamanthys), den → Rufinus zum Erschaudern bringt Rufin. II 456. Aeētēs*: König von Colchis (→ Colchus), Vater der → Medea, Besitzer des goldenen Vlieses, das Iason mit der → Argo nach Griechenland holte Get. 3. Aegaeus: das Ägäische Meer; begrüßt → Apollo bei seiner Ankunft auf → Delos Olybr. Prob. 190; hat Seeungeheuer, auf dem Nereiden reiten Epithal. Hon. 162; könnte mit Spezialitäten die Gier des Kronrats von Eutropius nicht stillen Eutrop. II 333.



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Aegaeus (Adj.): aquae: Aufenthaltsort des → Triton Epithal. Hon. 133, portus: von Griechen (→ Graecia) besiedelte Küste in → Phrygia Eutrop. II 246; turbo: Sturm auf dem Ägäischen Meer Stil. I 287. Aegisthus → Thyestiadēs Aegyptius (Adj. zu → Aegyptos): rex: → Psammetichos, der experimentell die Ursprache der Menschen erforschte Eutrop. II 252; rura: Getreideertrag zur Versorgung von → Constantinopolis Gild. 61; somnia: Prophezeiung des Eremiten Johannes, der → Eutropius u. a. den Ausgang des Feldzugs gegen → Eugenius verkündete Eutrop. I 312; tibia: bei der Prozession in → Memphis 4 cons. Hon. 575. Aegyptos: Ägypten; berühmt für magisches Wissen Rufin. I 148; als Adynaton: kann (nicht) vom → Tanais erreicht werden Get. 57. Aelius: römischer Gentilname; proles: P. Aelius Hadrianus, römischer Kaiser (117– 138), und seine Mitregenten und Nachfolger L. Aelius Caesar, L. Aelius Aurelius Commodus Verus (gest. 169), T. Aelius Caesar Antoninus → Pius (138–161) und → Marcus Aelius Aurelius Verus (169–180) 6 cons. Hon. 420; Aelia → Flaccilla. Aemilius: römischer Gentilname; bes. L. Aemilius Paullus, der im Zweiten Punischen Krieg kämpfte und bei Cannae (216 v. Chr.) fiel, und sein Sohn L. Aemilius Paullus Macedonicus (→ Paulus), der den Dritten Makedonischen Krieg in der Schlacht von Pydna (168 v. Chr.) entschied; ihre Ehre ist durch den Eunuchen als Konsul bedroht Eutrop. I 439. Aenēas: Sohn des Anchises und der Göttin → Venus, Vater des → Ascanius, Ahnherr der gens Iulia und Gründer des römischen Volks, indem er aus → Troia nach Italien flieht; im Kampf gegen Latinus und → Turnus wird er von Euander (→ Euandrius) unterstützt, der seinen Sohn → Pallas in den Krieg mitziehen lässt; als Rächer des Pallas im Vergleich mit → Stilichos Rache für → Promotus Stil. I 98. Aeolius (Adj. zu → Aeolus): cavernae: als Zuflucht vor den Goten ersehnt Get. 224. Aeolus: Gott der Winde, der die Winde auf den äolischen Inseln in einer Grotte gefangen hält (Vergil, Aen. 1, 50–63); die Zerstörungsgewalt der Winde, die er loslässt, im Vergleich mit den Völkern, denen → Rufinus die Grenzen des Reichs öffnet Rufin. II 23; hilft → Theodosius im Kampf 3 cons. Hon. 97. Aesculapius → Epidaurius, → Paeonius Aethēr: höchste feurige Himmelszone; empfängt → Iuppiter nach der Gigantomachie 6 cons. Hon. praef. 19; metonym. für die göttliche Providenz 6 cons. Hon. 352. Aethiops: Bewohner von Äthiopien; im Einsatzgebiet des → Theodosius senior in → Africa 4 cons. Hon. 35; als Volk, das in schlimmster Hitze lebt Mall. Theod. 196; gener: erzwungene Verheiratung karthagischer Frauen unter → Gildo Gild.

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192; wird von der Tyrannei des → Eutropius erreicht Eutrop. I 179; als Volk an der Grenze der Welt Stil. I 180, am Fluss → Gir wohnend Stil. I 253; mit Gift kämpfend Stil. I 351; seine Rinderherden sind durch Löwen gefährdet Stil. III 337. Aethōn: Pferd aus dem Gespann des → Sol (vgl. Ovid, met. 2, 253) 4 cons. Hon. 561. Aetna: Vulkan auf Sizilien, unter dem der Gigant → Enceladus begraben liegt 3 cons. Hon. 161, 6 cons. Hon. praef. 18. Aetnaeus: (Adj. zu → Aetna): favillae: Vulkan, in den sich → Empedocles stürzte Mall. Theod. 72. Aevum: Allegorie der Zeit bzw. Ewigkeit (vielleicht gleichgesetzt mit Αἰὼν); sucht in Rom vor der Schande Zuflucht, die → Eutropius als Konsul zufügt Eutrop. II 132; wohnt in einer für Menschen unzugänglichen Höhle, wo → Sol ein goldenes Jahr für → Stilichos Konsulat abholt Stil. II 426 (möglicherweise personifiziert durch den senex, der die Sternbahnen aufzeichnet Stil. II 434, 442). Āfer: Afrikaner; die Unterwerfung durch Rom unterstützt das Machtstreben des → Gildo Gild. 84; ihm zugewandte Südseite von → Sardinia Gild. 510. Āfrica: als Diözese des weströmischen Reichs, unter der Präfektur des → Probus Olybr. Prob. 60; Einsatzort des Kommandanten → Theodosius senior in den Jahren 373/374 4 cons. Hon. 25; durch → Gildo im Krieg gegen Rom Stil. I 275; als gnädige Gabe des → Gildo an Ostrom Gild. 283; spricht als Landesgöttin im Götterkonzil Gild. 136, 205, 207; fordert als Landesgöttin in einer Rede vor → Roma → Stilichos Konsulat Stil. II 257; soll wieder in → Honorius’ Regierungsbereich übergehen Gild. 324; soll die Kampfkraft des → Rhenus spüren Gild. 374; wird unrechtmäßig von Maurenkönigen regiert Gild. 453; nach Gildos Machtergreifung zurückerobert Stil. I 19, 6 cons. Hon. 367, als Getreidelieferant für Rom zurückgewonnen Stil. II 392, seine Statthalter sind wieder unter der Kontrolle des Senats Stil. III 105. Agamemnonius (Adj.): zu Agamemnon, Herrscher in → Mycenae, Sohn des → Atreus, Bruder des Menelaus; classis: das griechische Heer, das unter seiner Führung von → Aulis nach → Troia fährt Gild. 484; penates: nach der Rückkehr aus dem Trojanischen Krieg wurde er von seiner Frau Clytaemnestra und deren Liebhaber Aegisthus (→ Thyestiades) ermordet Rufin. I 82. Aganippē: den Musen geweihte Quelle am → Helicon; fließt kräftiger bei der Kunde der Designierung des → Theodorus zum Konsul Mall. Theod. 272. Agauē: Tochter des → Cadmus und Mutter des thebanischen Königs → Pentheus; sie beteiligt sich an den von Pentheus untersagten Feiern für → Bacchus und zerreißt in Ekstase mit anderen Bacchantinnen ihren eigenen Sohn [mater: Eutrop. II 524]; als Tragödienstoff (bzw. Pantomimendarbietung) Eutrop. II 364.



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Āiāx: homerischer Held, tapferster nach → Achilles; auf → Leo werden parodistisch homerische Charakteristika übertragen: Er ruft laut in der Schlacht und besitzt einen Schild aus sieben Lagen Leder und einer achten Lage Erz Eutrop. II 386, als er Odysseus (→ Ulixes) im Streit um die Waffen des → Achilles unterliegt, tötet er nachts im Wahn eine Herde Schafe, die er für die griechischen Heerführer hält Eutrop. II 400. Alamannia: metonym. für eine germanische Völkerschaft, unterwirft sich Kaiser → Honorius 4 cons. Hon. 449; will unter → Stilicho Kriegsdienst leisten Stil. I 234. Alamannus: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft; könnte Spolien für einen Triumphzug liefern Stil. III 17. Alānus: Angehöriger eines indoeuropäischen Steppenvolks, das sich teilweise den Hunnen (→ Chunus) auf dem Weg nach Westen anschloss; lebt an der → Maeotis, von → Rufinus ins Reich gerufen Rufin. I 312; von Rufinus unterstützt Rufin. II 271; leistet Rom Militärdienst 4 cons. Hon. 487; von → Stilicho beim Einfall in Thrakien bekämpft Stil. I 109; als Föderierte (eher nicht der alanische Kommandant) in der Schlacht gegen → Alaricus (→ Pollentia) Get. 581, 6 cons. Hon. 224. Alānus (Adj.): gens: soll unter seinem Anführer lernen, für Rom zu sterben Get. 583. Alarīcus: Alarich, Heerkönig der Westgoten (→ Geta), der 410 Rom tatsächlich noch einnehmen sollte; → Theodosius setzt seine Auxiliareinheiten im Krieg gegen → Eugenius ein; 396 führt er die Goten bis nach Griechenland, wo → Stilicho 397 die Abwehr aufgibt, weil ihm die oströmische Regierung (→ Rufinus) das Kommando über ihre Truppen entzieht und Alarich als magister militum per Illyricum einsetzt; 401/402 führt er die Goten zum ersten Mal nach Italien; wird von Stilicho bei → Pollentia überwunden Get. 431, 623; wird im Ältestenrat angesprochen Get. 492; fühlt sich von Göttersprüchen nach Italien gesandt Get. 546; vom Donaudelta (→ Peuce, Hister) stammend 6 cons. Hon. 105; auf der Flucht aus Italien 6 cons. Hon. 154, von → Eridanus dabei verspottet 6 cons. Hon. 180; wäre von Stilicho beinahe bei → Verona gefangen genommen worden 6 cons. Hon. 223. Alba*: die Schwäbische Alb; durch → Stilicho befriedet Stil. I 226. Albis: Elbe; wird → Maria als Kaiserin verehren Epithal. Hon. 278; als Grenzfluss im Gebiet der → Cherusci 4 cons. Hon. 452. [Alcēstis: femina: Gemahlin des Admetus, die bereit ist, für ihren Mann zu sterben, wird von Hercules (→ Herculeus) gerettet Get. 439] Alcīdēs: Patronymikon für → Hercules, Enkel des Alceus; trainiert mit Pfeilen in Theben (→ Thebae) 4 cons. Hon. 533; beschützt die nach ihm benannte cohors

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Herculea Gild. 418; soll Ringer für die Spiele des → Theodorus liefern Mall. Theod. 288. Alcmēna: Mutter des → Hercules (→ Alcides); nimmt die Beute des jugendlichen Helden in Empfang 4 cons. Hon. 536. Alexander: der Große (→ Macedo, → Pellaeus), Sohn von → Philippus II. von Makedonien; durch seinen Sieg über die Perser (→ Medus) Begründer des griechischen Weltreichs, als Sieger über den indischen König → Porus im Vergleich mit → Stilicho Stil. I 268. Allēctō: eine der drei → Furiae; zuständig für die Auslösung von Zwietracht und Kriegen (Vergil, Aen. 7, 324–326), sieht mit Besorgnis den Frieden unter → Theodosius, beruft das Unterweltskonzil ein und spricht als erste Rednerin Rufin. I 26, 41. Allia: Nebenfluss des Tiber, an dem die Römer 387 bzw. 390 v. Chr. den Galliern unterlagen (dies ater), die darauf Rom zerstörten; der Hungertod ist für → Roma schmählicher Gild. 124. Almo: Nebenfluss des Tiber, heute Aquataccio; von → Cybele geliebt Gild. 119. Alōeus: Vater der Giganten → Ephialtes und → Otus (→ Aloidae) Get. 68. Alōīdae: die Giganten → Ephialtes und → Otus, die in der Gigantomachie → Ossa und → Pelion aufeinander bzw. auf den → Olympus zu türmen versuchen; von → Apollo getötet Get. 74. Alphēus: Fluss auf der Peloponnes; der Flussgott verliebte sich in die Nymphe → Arethusa, die vor ihm nach Sizilien floh und auf der Halbinsel Ortygia bei Syrakus in eine Quelle verwandelt wurde; er bahnte sich unterseeisch dorthin einen Weg; färbt sich und Arethusa vom Blut der besiegten Goten rot Rufin. praef. II 9; wird von Leichen der besiegten Goten gestaut Stil. I 186. Alphēus (Adj.): Pisae: das etrurische Pisa (→ Etruscus), aus dem die Flotte nach → Africa abfährt, als Gründung des arkadischen Pisa Gild. 483; ripae: gegen die Goten verteidigtes Gebiet in Griechenland Get. 575. Alpīnus (Adj. zu → Alpis): apex: soll sich für die kaiserliche Hochzeit mit Rosen statt Schnee schmücken Fescenn. II 9; casae: nehmen → Stilicho auf Get. 363; iuga: als Barriere im Bürgerkrieg 4 cons. Hon. 106; montes: als Barriere im Bürgerkrieg 4 cons. Hon. 637; nives: Schauplatz der Schlacht am → Frigidus 3 cons. Hon. 99, als Versteck für wilde Tiere Mall. Theod. 308; odia: Schauplatz der Bürgerkriege gegen → Maximus und → Eugenius Gild. 295; pruinae: dortige Flüsse werden von → Tiberinus zur Feier geladen Olybr. Prob. 255; pudor: Schande, von den Goten überwunden zu sein Get. 563; rupes: als Barriere zwischen West- und Osthälfte des Reichs Rufin. II 304, als Treffpunkt der → Diana (→ Latonia) und ihrer Jägerinnen Stil. III 241; vulnus: als Schauplatz in zwei Bürgerkriegen Stil. I 317.



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Alpis (meist Pl. Alpēs): die Alpen; von → Theodosius nach dem Bürgerkrieg befriedet Olybr. Prob. 74; als Barriere nach Italien, bes. in den Bürgerkriegen gegen → Maximus und → Eugenius Olybr. Prob. 105, Rufin. II 1, 389, 3 cons. Hon. 89, 4 cons. Hon. 93, 357, 390, Gild. 230, 376; von → Stilichos Heer gegen die Goten überschritten Rufin. II 124; als Übergang nach → Raetia 4 cons. Hon. 442; hindern keinen Senator daran, zu Stilichos Amtsantritt nach Rom zu kommen Stil. II 411; strahlen heiter bei der Ankunft der → Venus in Mailand Epithal. Hon. 185; von den Puniern (→ Hannibal) überwunden Gild. 82; als Barriere gegen die oströmische Schande Eutrop. I 432; als Grenzbarriere Italiens nach Osten Eutrop. II 505; als Treffpunkt der → Diana und ihrer Jägerinnen Stil. III 285, als Jagdgebiet der → Hecaerge Stil. III 307; von den Goten überwunden Get. 198, 261, 283, 471, 532, 547, 641, 6 cons. Hon. 266, 442; nehmen für alle betroffenen Gebirge an den Goten Rache Get. 194; sind den Goten durch den Krieg gegen Eugenius vertraut Get. 283. Amāzōn: Angehörige eines Volks kriegerischer Frauen; würden sich alle dem → Honorius ergeben Fescenn. I 32; der Eunuch → Eutropius in Waffen Eutrop. I 240. Amāzonius (Adj. zu → Amazon): Pontus: Heimat der Amazonen an der Mündung des → Sangarius Eutrop. II 264; ritus: Verkehrung der natürlichen Ordnung durch den Eunuchen Eutrop. I 499. Ambitio: Allegorie des Ehrgeizes, der sich besoders in Usurpation manifestiert; als Unterweltskreatur (→ Tartarus) und Amme der → Avaritia, die → Stilicho nichts anhaben können Stil. II 114. Ambitus: Allegorie des überzogenen Ehrgeizes, der sich in Bestechung und Ämterkauf manifestiert; wird unter → Honorius’ Regierung verbannt sein 3 cons. Hon. 186. Amniadae: episierendes Patronymikon zu Amnius, Cognomen von Mitgliedern der gens Anicia, sind dem → Sol bekannt Olybr. Prob. 9. Amor: Liebesgott (→ Cupidineus) und Sohn der → Venus; lässt → Honorius nur an → Maria denken Epithal. Hon. 7; lacht über seinen Erfolg bei Kaiser Honorius Epithal. Hon. 47; fliegt zum Palast der Venus Epithal. Hon. 97; erspäht → Triton Epithal. Hon. 140. Amōrēs: Eroten, Brüder des → Amor; von → Nymphae geboren, Helfer der → Venus Epithal. Hon. 73; begleiten Venus nach Italien Epithal. Hon. 153; pinnata cohors: helfen bei den Hochzeitsvorbereitungen Epithal. Hon. 204; Venus als ihre Mutter Eutrop. praef. II 63; auf → Stilichos trabea begleiten sie das zukünftige Hochzeitpaar → Eucherius und → Galla Placidia Stil. II 356. Amphīōn: Sohn der Antiopa und des → Iuppiter; als begnadeter Sänger errichtet er Thebens Mauern (→ Aonius) durch sein Saitenspiel Stil. II 170.

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Amphīonius (Adj. zu → Amphion): metonym. für thebanisch; palaestra: wo der junge → Hercules trainierte 4 cons. Hon. 532. Amphitrītē: Gemahlin des → Neptunus, ihr Brautschmuck im Vergleich mit → Maria Epithal. Hon. 175, metonym. für Meer: Thracia: das Schwarze Meer Get. 337. Amyclae: alte Stadt in Lakonien (→ Spartanus, → Taygetus); von den Goten eingenommen Get. 193. [Anaxagorās: Philosoph, dessen Kosmogonie → Theodorus studiert Mall. Theod. 76] [Anaximenēs: Vorsokratiker, der als Urelement die Luft annahm Mall. Theod. 70] Ancus: Ancus Marcius, vierter König Roms; als Regent über ein kleines Reich Gild. 109. Ancy¯ra: Stadt in Kleinasien, heute Ankara; als Sommerresidenz des → Eutropius Eutrop. II 98. Ancy¯rānus (Adj. zu → Ancyra): triumphi: Einzug des → Eutropius in die Sommerresidenz Eutrop. II 416. [Andragāthius: General des Usurpators → Maximus; stürzt sich nach der Niederlage ins Meer 4 cons. Hon. 91.] Anguis: Sternbild der Schlange, zwischen den beiden Bären (→ Triones), steht für die Kälte des Nordens und Winters Stil. II 458. [Anicius: Angehöriger einer römischen gens, → Amniadae, → Auchenius] Antaeus: Riese, Sohn der Gaia (→ Terra), die ihm durch Bodenkontakt neue Kraft verleiht; → Hercules besiegt ihn, indem er ihn in die Luft hebt und erwürgt Rufin. I 288. [Antēnōr: Phrygius: der Troer gründete am → Timavus die Stadt Padua 3 cons. Hon. 120.] [Antiochīa: Antiochi muri: Hauptstadt von → Syria, von Feinden heimgesucht Eutrop. II 571.] Antiochus: Antiochos III. von Syrien; verliert im Krieg L. Cornelius Scipio durch den Frieden von Apameia (188 v. Chr.) seine kleinasiatischen Gebiete Eutrop. I 216; die syrische Hauptstadt → Antiochia wird von Feinden heimgesucht Eutrop. II 570; zum Vergleich mit → Stilichos Sieg über → Gildo Stil. I 371. Āonius (Adj.): zu Aonia, einem Teil Böotiens; campi: von den Goten befreit Rufin. praef. II 3; luci: Musenhaine auf dem → Helicon Mall. Theod. 271; mons: Cithaeron als Schauplatz von → Pentheus’ Tod Rufin. II 418, Eutrop. II 522; muri: Thebens Mauern, von → Amphion durch Gesang errichtet Stil. II 171. Āpis: heiliger Stier, Verkörperung des ägyptischen Gottes Ptah; wird in der Prozession in → Memphis mitgeführt 4 cons. Hon. 576.



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Apollineus (Adj. zu → Apollo): partus: seine Geburt auf → Delos 4 cons. Hon. 133; testudo: sein Saitenspiel besiegt → Marsyas (→ Celaenae) Eutrop. II 257. Apollo: Gott der Dichtkunst und Weissagung (→ Phoebus), Sohn der → Latona und des → Iuppiter, auf dem Berg → Cynthos auf → Delos geboren; in → Delphi Sieger über → Python 4 cons. Hon. 537; wird von → Honorius übertroffen Fescenn. I 8; sein Erscheinen auf Delos (→ Delius) Stil. III 60; [frater: als Bruder von → Diana beteiligt er sich am Festakt für → Stilicho Stil. III 267]; verlässt Delphi, um die → Hyperborei zu besuchen 6 cons. Hon. 25. Appennīnigena: im → Appenninus wohnende Hirten 6 cons. Hon. 505. Appennīnus: Hauptgebirgszug in Italien; seine Gipfel sollen mit den Gipfeln der Pyrenäen (→ Pyrene*) aufgetürmt werden 4 cons. Hon. 106; wird von → Roma auf dem Weg nach Mailand (→ Mediolanum) überflogen Stil. II 273; als Jagdgebiet der → Hecaerge Stil. III 307; durchzieht ganz Italien 6 cons. Hon. 286. Aquārius: Sternbild des Wassermanns, soll seinen Regen im Konsulatsjahr des → Stilicho zurückhalten Stil. II 462. Aquilo: Nordwind; kann die Grausamkeit des → Rufinus nicht aufhalten Rufin. I 242; hilft → Theodosius in der Schlacht am → Frigidus 3 cons. Hon. 93; zur Aufheiterung des Wetters in den Alpen bei → Venus’ Ankunft Epithal. Hon. 185; nicht auf den → Insani montes von Sardinien wehend Gild. 515; bringt die Getreidelieferung aus → Gallia nach Rom Stil. II 396; als Adynaton: wird seine Richtung (nicht) ändern Get. 60. Aquilōnius (Adj. zu → Aquilo): procellae: sollen für die kaiserliche Hochzeit verstummen Fescenn. II 41. Arabs: Araber; als Grenzvolk der oströmischen Reichshälfte 3 cons. Hon. 71; als Volk, das autokratischen Herrschern gehorcht 4 cons. Hon. 258; baut wertvolle Aromastoffe an Eutrop. I 226; unterstützt → Theodosius im Kampf gegen → Eugenius Stil. I 156. Arar bzw. Araris: Fluss in → Gallia, heute Saône; Herkunftsgebiet von westlichen Legionen Rufin. II 111; gemächlich fließend Rufin. II 111, zur Angabe der Präfektur des → Theodorus Mall.Theod. 53; liefert Getreide Eutrop. I 405; wird als Zufluss der Rhone (→ Rhodanus) schneller Eutrop. II 269; als Ziel der Flucht ängstlicher Römer vor den Goten Get. 298. Araxēs: Hauptfluss Armeniens; als Reichsgrenze, die von den Römern überwunden werden soll Olybr. Prob. 160, Rufin. I 376, 4 cons. Hon. 387, Gild. 31; von den Hunnen (→ Chunus) überwundene Barriere Eutrop. II 569. [Arbogastēs: comes et magister peditum praesentalis, der nach dem Sieg über den Usurpator → Maximus die Regierung für Kaiser → Valentinian II. führt; der ungeklärte Tod des Kaisers wird ihm angelastet; er unterstützt die Ernennung des → Eugenius, der als seine politische Marionette gilt: barbarus exul:

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3  cons. Hon. 66; barbarus: 4 cons. Hon. 359, Germanus exul: 4 cons. Hon. 74; → Theodosius erkennt Eugenius nicht an; nach der Niederlage am → Frigidus begeht er Selbstmord 3 cons. Hon. 102, 4 cons. Hon. 92.] Arcadia: Landschaft auf der Peloponnes (→ Parrhasius); Heimat des von → Hercules besiegten Ebers (→ Erymanthus) Rufin. I 286; von den Goten geschädigt Rufin. II 189; Schauplatz blutiger Verluste der Goten Get. 514. Arcadius: römischer Kaiser (383–408, → Augusti), Sohn des → Theodosius, Bruder des → Honorius; von → Rufinus gegen → Stilicho beeinflusst Rufin. II 143; Theodosius blickt vom Himmel auf beide Söhne herab 3 cons. Hon. 179; als zukünftiger Sieger in Babylon 4 cons. Hon. 653; wird vom Vater in einer Traumerscheinung unterwiesen Gild. 226; wird von Stilicho aus Loyalität geschützt Stil. II 79. Arcas: Einwohner von → Arcadia; der dort geborene → Mercurius 3 cons. Hon. 165; von → Stilicho vor den Goten geschützt 4 cons. Hon. 471. Arctos: Gestirn des Großen Bären (→ Callisto, → Helice, → Lycaonius); leuchtet bei Mondlicht schwächer Olybr. Prob. 26; zur Orientierung Gild. 501; wird mit dem Kleinen Bären von → Typhoeus bedroht Get. 66; metonym. für den Norden: Gebiet des Don (→ Tanais) und der Hunnen (→ Chūnus) Rufin. I 325; schickt seine Völker ins Reich 4 cons. Hon. 51; Herkunftsgebiet der Germanen, von → Stilicho befriedet Stil. I 246; Herkunftsgebiet der → Daci, von → Traianus besiegt 6 cons. Hon. 336; fecunda: → Gallia als Getreidelieferantin für Rom Stil. III 93; zur Richtungsangabe bei der Beschreibung: von → Sardinia Gild. 511, des Kometenflugs Get. 246, von → Raetia Get. 329, von Stilichos Zug nach Mailand 6 cons. Hon. 455. Arctōus (Adj. zu → Arctos): advena: in → Phrygia siedelnde → Ostrogothi und → Gruthungi Eutrop. II 158; classica: Expeditionen von → Theodosius senior in Britannien 4 cons. Hon. 24; convexa: von → Bootes angebotener Himmelsraum für den vergöttlichten Theodosius 3 cons. Hon. 170; fruges: Getreide aus → Gallia Eutrop. I 403; gentes: sollen Rom nicht einnehmen Get. 299; mare: als Mündung phrygischer Flüsse Eutrop. II 262; Mars: von → Rufinus angestifteter Krieg Rufin. II 501; pisces: nähren sich an den Leichen der → Gruthungi 4 cons. Hon. 629; strages: → Theodosius’ Kämpfe an der Donau 3 cons. Hon. 26. Arctūrus: Hauptstern im Sternbild → Bootes; leuchtet bei Mondlicht (→ Luna) schwächer Olybr. Prob. 25. Arethūsa: Süßwasserquelle am Meer in Syrakus (Ortygia); nach antiker Ansicht war sie unterirdisch mit dem Fluss → Alpheus verbunden; der Flussgott hatte die Nymphe verfolgt und ihre Verwandlung in die Quelle verursacht; sie spürt daher die Kämpfe auf der Peloponnes Rufin. praef. II 11.



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Argaeus: heute Erciyes Dağı, ruhender Vulkan in Kappadokien (→ Cappadox); als Heimat schneller Pferde, von fremden Völkern durchzogen Rufin. II 31; von den Goten heimgesucht Eutrop. I 248, Eutrop. II 114. Argī: Argos, Stadt im Nordosten der Peloponnes; von den Goten geplündert Get. 576, 611. Argīvus: Einwohner von → Argi; von den Goten versklavte Frauen Eutrop. II 200. Argō: Schiff, mit dem Iason und die Argonauten nach Kolchis (→ Colchus) fuhren, um von König → Aeetes das Goldene Vlies zu erlangen Get. 2. Argolicus (Adj. zu → Argi): puellae: von den Goten versklavte Mädchen Get. 629. Argōus (Adj. zu → Argo): trabes: die von → Minerva aus den Eichen von → Dodona erbaute Argo Get. 16. Argus: von → Iuno eingesetzter hundertäugiger Wächter für die in eine Kuh verwandelte → Io; im Vergleich mit → Stilichos Wachsamkeit Stil. I 312. Ariēs: Sternbild des Widders (→ Phrixeus); soll im Konsulatsjahr des → Stilicho einen fruchtbaren Frühling bringen Stil. II 464. Arinthaeus: Flavius Arinthaeus war von 366–378 magister peditum und Konsul des Jahres 372; als einer der Besitzer des Eunuchen → Eutropius Eutrop. I 63; als Vorgänger des Eutropius im Konsulat Eutrop. I 478. Arīōn: Pferd des argivischen Königs Adrastus aus der Zucht des → Neptunus; sprichwörtlich wegen seiner Schnelligkeit 4 cons. Hon. 555, Mall. Theod. 284. [Arīōn: Sänger, der auf dem Weg nach Korinth von Seeleuten ausgeraubt und ins Meer geworfen, aber von einem Delphin gerettet wurde (Herodot 1, 23–24); im Vergleich mit → Eutropius, den ein Delphin nicht retten würde Eutrop. praef. II 74.] Armenius: Einwohner im Gebiet des oberen Euphrat und Tigris; bereit zur Schlacht gegen die Goten Rufin. II 174; unterstützt → Theodosius im Kampf gegen → Eugenius 3 cons. Hon. 72, Stil. I 257; seine Kampftechnik mit Pfeilen 4 cons. Hon. 531; von Theodosius besiegt Epithal. Hon. 222; bekannt für die Kastration von männlichen Kindern Eutrop. I 47; wird von → Eutropius nicht mehr erschreckt Eutrop. praef. II 55. Armenius (Adj.): oft metonym. für Grenzvölker der oströmischen Reichshälfte verwendet; alae: stehen unter → Stilichos Kommando Rufin. II 108; limes: die Ostgrenze muss von → Eutropius geschützt werden Eutrop. II 367; nives: lassen Völker ins römische Reich eindringen Rufin. II 29; ora: als östliches Volk ohne Freiheitsdrang 4 cons. Hon. 307; rex: unterstützt → Theodosius im Bürgerkrieg Gild. 243. Arsacius (Adj. zu Arsaces): os: als Begründer des Partherreichs 4 cons. Hon. 216; fastus: metonym. für persischen Hochmut Eutrop. I 415.

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Ascanius: Sohn des → Aeneas; ein Flammenprodigium auf seinem Haupt veranlasst die Flucht aus → Troia (Vergil, Aen. 2, 682–684) 4 cons. Hon. 193. Asia: Kleinasien; durch den → Bosporos von Europa getrennt Rufin. I 175; trauert, von fremden Völkern geschädigt Rufin. II 36; als Provinz, deren Verwaltung → Eutropius verkauft Eutrop. I 199; von → Gruthungi geplündert Eutrop. II 578; zur Bestimmung der Lage von → Constantinopolis zwischen den Kontinenten Stil. I 88. Assyrius: Angehöriger der Assyrer bzw. ihrer Nachfolger im Gebiet von → Euphrates und → Tigris (Perser, Parther, Sassaniden); von → Semiramis getäuscht und beherrscht, die sich nicht als Frau zu erkennen gibt Eutrop. I 340; als erstes der Weltreiche, vom → Medus besiegt Stil. III 164; als Volk ohne Freiheitswillen 6 cons. Hon. 86. Assyrius (Adj.): caedes: als zukünftige Aufgabe für Honorius 3 cons. Hon. 36; gens: als östliches Volk ohne Freiheitswillen 4 cons. Hon. 308; pax: → Stilichos diplomatische Aufgabe bei Friedensverhandlungen mit den Sassaniden Stil. I 52; ripa: Land, auf dessen Sklavenmärkten → Eutropius angeboten wird Eutrop. I 58. Asta → Hasta Athamantēus (Adj.): zu Athamas, der dem Zorn der → Iuno verfällt: dextra: von → Megaera mit Wahnsinn geschlagen, tötet er seinen einen Sohn, worauf sich seine Frau Ino mit dem zweiten Sohn Melicertes ins Meer stürzen, wo sie in die Meergottheiten → Leucothea und → Palaemon verwandelt werden (vgl. Ovid, met. 4, 464 ff.) Rufin. I 81. Athēnae: Athen, Hauptstadt Attikas (→ Cecropius, → Pandionius); als Sitz der Philosophenschulen Mall. Theod. 94; von den Persern bedroht und von → Themistocles gerettet Mall Theod. 151; bietet Bittflehenden Hilfe (vgl. bes. → Theseus für die Frauen der Sieben gegen Theben, → Inachides) Gild. 405; verliert die Hegemonie durch Sparta (→ Spartanus) Stil. III 162. Athesis: Fluss, heute Etsch bzw. Adige, der in → Raetia entspringt, die Po-Ebene durchfließt und in die Adria mündet; soll von Hochzeitschören widerhallen Fescenn. II 11; von → Eridanus gerufen 6 cons. Hon. 196; färbt das Mittelmeer (→ Ionius) blutig 6 cons. Hon. 209. Athōs: höchster Berg der Chalkidike; Xerxes ließ 480 v. Chr. für seine Flotte auf dem Zug nach Griechenland einen Kanal durch die östliche Halbinsel der Chalkidike anlegen Rufin. I 336; von den Goten überwunden 4 cons. Hon. 475; hallt vom Waffenklang des → Mars wider Eutrop. II 162; von → Stilicho auf → Theodosius’ Feldzügen betreten Stil. I 127; kann die Goten nicht aufhalten Get. 177. Atlāns → Atlās



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Atlantēus (Adj. zu → Atlas): recessus: fernste Winkel des Atlantik werden vom Ruhm des → Probus erreicht Olybr. Prob. 35, werden → Maria als Kaiserin ehren Epithal. Hon. 280. Atlās: Gebirge im Nordwesten Libyens (Mauretania); als Träger des Himmelsgewölbes 3 cons. Hon. 108, Stil. I 147; als Einsatzort von → Theodosius senior 4 cons. Hon. 35; als Grenze zwischen Libyen und Ägypten Gild. 158; als (erfolgloser) Schutzwall → Gildos Gild. 316; → Maurusius: Herkunftsgebiet des → Gildo und der Mauren Stil. I 249, 6 cons. Hon. 104; sollte als Bild im Triumph mitgeführt werden 6 cons. Hon. 380; von Löwen gefährdetes Gebiet Stil. III 336. Atreus: Bruder des → Thyestes; rächt sich an seinem Bruder, indem er die Söhne des Thyestes tötet und dem ahnungslosen Vater als „Versöhnungsmahl“ vorsetzt; angesichts des Frevels soll sich der Sonnenlauf umgekehrt haben Gild. 400. Atropos: eine der drei Schicksalsgöttinnen (→ Lachesis, → Parcae); hält → Iuppiters Beschluss in Stahl fest Gild. 203. Attalus: Attalos III., König von Pergamon (gest. 133 v. Chr.); vererbt sein Reich an Rom Eutrop. I 215. Attis: phrygischer Geliebter der → Cybele; entmannt sich selbst, wird in eine Pinie verwandelt; die Priester der Cybele sind daher kastriert; er erfüllt → Phrygia mit seinem Geheule Eutrop. II 302. Auchenius (Adj.?): Cognomen von Angehörigen der gens Anicia; genus Auchenium: (Adjektiv oder Gen. Pl.) ist dem → Sol bekannt Olybr. Prob. 8, nimmt den ersten Rang im Konkurrenzkampf um Staatsämter ein Olybr. Prob. 21. Audācia: Personifikation des Wagemuts; als Unterweltskreatur Rufin. I 34; wohnt als Eigenschaft der Liebenden auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 81. Augustus: Kaisertitel; römische Kaiser, die das Amt des Konsuls annehmen Stil. II 289, die von den Goten besiegt wurden Get. 524, die Rom besuchen 6 cons. Hon. 393; Octavianus: erster römischer Kaiser; → Honorius soll die Zahl seiner 13 Konsulate übertreffen 4 cons. Hon. 642; als Sieger über Ägypten Eutrop. I 218; als Rächer seines Vaters 6 cons. Hon. 117. → Theodosius: im Krieg gegen → Eugenius Olybr. Prob. 74; nur ihm bieten die → Alpes einen Durchgang Olybr. Prob. 108; → Rufinus verhindert, dass seine clementia wirksam werden kann Rufin. I 245; seine Rückeroberungen im Westen erbt nach Rufinus’ Darstellung allein → Stilicho Rufin. II 157; vertraut auf Stilicho als treuen Erbwalter 3 cons. Hon. 109; als Schwiegervater des Stilicho Fescenn. III 8, Stil. I 78, Stil. II 233; als Vater der → Galla Placidia Stil. II 357; als Großvater des → Eucherius Stil. III 178; → Arcadius: bei der Parade der zurückkehrenden Legionen Rufin. II 366, wird von → Rufinus drohend angesprochen Rufin. II 382;

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→ Honorius: als Adressat des Panegyricus 3 cons. Hon. inscr., 3 cons. Hon. praef. 18, 4 cons. Hon. inscr., 4 cons. Hon. 4, Epithal. Hon. inscr., 6 cons. Hon. inscr., 6 cons. Hon. 658; ist erstmals verliebt Epithal. Hon. 2; als Schwiegersohn des → Stilicho Fescenn. III 9, Stil. I 78, Stil. II 166; auf seine → Fortuna vertraut das Heer Gild. 504; bewertet die Leistung des → Theodorus positiv Mall. Theod. 256; als Ziehsohn des Stilicho Stil. III 122; als Augenzeuge der gotischen Niederlage Get. 259; bleibt trotz der Gefährdung durch die Goten in Italien Get. 318: macht das neue Jahr durch sein numen segensreich 6 cons. Hon. 17; von → Roma angesprochen 6 cons. Hon. 362; Ruf der Menge im Circus 6 cons. Hon. 617; Augusti: fratres: → Honorius und → Arcadius, für die → Stilicho das Weltreich sichert Rufin. praef. I 17, als Brüder der → Galla Placidia Stil. II 357. Augustus (Adj.); aures: Arcadius, der von → Rufinus beeinflusst wird Stil. I 113; avus: → Theodosius als Großvater des → Eucherius Stil. III 178; lares: Kaiserpalast, wo sich der Eunuch als Konsul ehren lässt Eutrop. II 63; legio: wird in Oberitalien zum Kampf gegen → Gildo eingeschifft Gild. 422; parens: → Flaccilla, als Mutter des → Honorius, leuchtet als Stern bei seiner Erhebung 4 cons. Hon.189; soror: → Maria als Schwester des Eucherius und Gemahlin des Honorius 6 cons. Hon. 553; suffragia: Komitien zur Wahl des Kaisers zum Konsul 6 cons. Hon. 10; suppellex: Erbe des Theodosius, das gerecht unter den Söhnen aufgeteilt wird Stil. II 93; umbrae: die ermordeten Kaiser → Gratianus II. und → Valentinianus II. 4 cons. Hon. 95. Aulis: Hafenstadt gegenüber von Euboea, Sammelplatz der Griechen vor der Ausfahrt nach → Troia Gild. 485. Aurēlius → Marcus Aurēlius Aurīga: Sternbild des Wagenlenkers; von Claudian mit → Phaëthon identifiziert 6 cons. Hon. 172. Aurōra: Göttin der Morgenröte; mit → Sols Ross → Aethon: 4 cons. Hon. 561; schmückt sich für → Stilicho Stil. II 473; ihre Rosenfinger (nach ihrem Epitheton bei Homer) werden von → Maria übertroffen Epithal. Hon. 270; metonym. für den Osten des römischen Reichs: discors: von innerem Zwist heimgesuchte Reichshälfte Rufin. II 100; alle östlichen Streitkräfte, die → Theodosius im Kampf gegen → Eugenius nach Italien führt 3 cons. Hon. 69, Stil. I 155; als Heimat des → Honorius 4 cons. Hon. 130; erhält einen eigenen Senat Gild. 61; duldet gern den Eunuchen in der Regierung Eutrop. I 427; wendet sich hilfesuchend an → Italia Eutrop. II 527, ihr Zustand kommt der Trauer um den gefallenen Sohn → Memnon gleich Eutrop. II 530, ihre Rede zeigt ihre Reue Eutrop. II 534–602; als Erbteil der kaiserlichen Söhne 6 cons. Hon. 84.



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Ausonia: Gebiet der Ureinwohner in Mittel- und Unteritalien; metonym. für Italien bzw. das römische Reich, das man noch nie straflos angegriffen hat Get. 291. Ausonis (Adj. zu → Ausonia): matres: sollen von den Goten ihres Schmucks beraubt werden Get. 627. Ausonius (Adj. zu → Ausonia): aether: Italien, aus dem → Alaricus abzieht 6 cons. Hon. 273; amictus: Amtstracht des Konsuls 4 cons. Hon. 566; arces: Heimat der → Roma Olybr. Prob. 130, von → Hannibal bedroht Get. 386; currus: Staatswagen des Konsuls, den Rufinus benutzt Rufin. II 82; res: Italiens Situation beim Goteneinfall 6 cons. Hon. 203; sanguis: Roms Einsatz im Krieg Stil. III 186. Auster: Südwind; weht auf → Sardinia Gild. 515; als Adynaton: wird die Richtung (nicht) ändern Get. 59, lässt das Eis von → Raetia schmelzen Get. 347; bringt Regen 4 cons. Hon. 339, Stil. III 103, 6 cons. Hon. 541; bringt die Getreidelieferung von → Africa nach Rom Stil. II 395, Stil. III 103; zum Entfachen einer Lustralfackel 6 cons. Hon. 329; als gefährlicher Sturmwind: im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 90, soll für die kaiserliche Hochzeit verstummen Fescenn. II 43, dubius: schreckt die römischen Truppen nicht ab Gild. 487; metonym. für Africa: als Einsatzort des → Theodosius senior 4 cons. Hon. 29; als Schauplatz des Kriegs gegen → Gildo Gild. 1, Stil. I 269, Stil. II 285, von Gildos Herrschaft befreit Stil. III 71; als Herkunftsort von Raubtieren Stil. III 345; metonym. für Süden: circulus Austri: südliche Himmelshemisphäre 4 cons. Hon. 428; zur Positionsangabe der Sternbilder nach dem bzw. beim Herbstäquinoktium Rufin. I 364, Mall. Theod. 119; als Richtungsangabe Rufin. II 348, Eutrop. II 261. Austrālis (Adj. zu → Auster): südlich; exuviae: Zeichen des Siegs über Gildo Stil. III 17; habenae: von → Gildo verliehene Macht über → Africa Gild. 279; annus: Ernteertrag aus Africa Eutrop. I 403; latus: Südseite von → Phrygia Eutrop. II 242; portae: von → Orion angebotener Himmelsraum für den vergöttlichten → Theodosius 3 cons. Hon. 171; tuba: Krieg gegen Gildo Stil. I 248. Autololēs: Gätulisches Volk an der Westküste von → Africa; unterliegt mit → Gildo den Römern Stil. I 356. Autumnus: Herbst; Herbstäquinoktium als Aufenthaltsort der → Iustitia am Himmel Rufin. I 364. Avāritia: (→ Avarities) Allegorie der Habgier und des Geizes, als Unterweltskreatur (→ Erebus) Mutter der → Curae Rufin. I 37 und Zögling der → Ambitio, von → Stilicho abgewehrt Stil. II 113. Avāritiēs: Allegorie der Habgier und des Geizes, wird unter → Honorius’ Herrschaft gefesselt in der Unterwelt liegen 3 cons. Hon. 185.

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Aventīnus: einer der sieben Hügel Roms; wird den Jubel beim Adventus des → Stilicho widerhallen lassen Stil. II 405. Avernus: See in Campanien, Eingang zur Unterwelt; wird für die Zahl der Opfer von → Rufinus zu eng Rufin. II 502; soll sich öffnen, um die Rachegeister ehemaliger Konsuln auszusenden Eutrop. I 450; metonym. für die Unterwelt Gild. 383. Babylōn: als Hauptstadt des ersten der vier Weltreiche; als Ziel Alexanders und der römischen Weltherrschaft 3 cons. Hon. 201, 4 cons. Hon. 653; hunderttorig, als Gründung einer Frau, der Königin → Semiramis Eutrop. I 335; metonym. für die Sassaniden, die mit Angriff drohen Eutrop. II 475; als Ort der Verhandlungen mit den Sassaniden (→ Assyrius) Stil. I 54. Babylōnius: Einwohner von → Babylon; Astrologe 4 cons. Hon. 146. Babylōnius (Adj.): cura: Astrologie 6 cons. Hon. 18. Baccha: Begleiterin des → Bacchus, gerät in ekstatische Raserei (→ Maenas); im Triumphzug des Bacchus Epithal. Hon. 217; schlagen für die rudernden → Satyri bei Bacchus’ Meerfahrt den Takt Stil. III 365. Bacchus: Dionysos, Gott des Weines und der Ekstase (→ Bromius, → Euhius, → Lyaeus); sein Indienzug (→ Indus) als Vorbild für Welteroberer 3 cons. Hon. 208; seine jugendliche Schönheit im Vergleich mit → Honorius 4 cons. Hon. 604; ehrte seine Braut Ariadne mit der Verstirnung ihrer Brautkrone (→ Corona) Epithal. Hon. 271; als ungeborenes Kind der Semele rettet sein Vater → Iuppiter ihn, indem er ihn in seinem Schenkel austrägt, bei seiner Geburt wird der → Hermus golden Stil. III 227; metonym. für Wein: Stil. II 457. Bactra: Hauptstadt von Baktrien, heute Balch im nördlichen Afghanistan; als Ziel der römischen Welteroberung 3 cons. Hon. 202, 4 cons. Hon. 656. Baetis: Hauptfluss in Andalusien, heute Guadalquivir; Heimat des → Theodosius Stil. II 238, soll sich für die Hochzeit des → Honorius schmücken Fescenn. II 31; als südspanische Provinz Baetica, die Pferde für die Spiele des → Theodorus liefern soll Mall. Theod. 286. Baleāris (Adj.) zu Baleares, einer Inselgruppe im westlichen Mittelmeer: funda: berühmte Technik der Steinschleuder 3 cons. Hon. 50. Barcē: libysche Stadt (Cyrenaica); von → Gildo beherrscht Gild. 159. Bastarna: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft, die ihr Gebiet nach Osten zu den Karpaten und ins Donaudelta verlagerte; unterwirft sich dem → Honorius 4 cons. Hon. 450; im Kampf mit → Theodosius, wobei der Feldherr → Promotus stirbt, der von → Stilicho gerächt wird Stil. I 96. Belga: Angehöriger einer gallischen Völkerschaft, verdankt → Stilicho ein Leben in Frieden mit den → Chauci Stil. I 226.



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Bellerophontēus (Adj.): zu Bellerophon, Held aus → Corinthus; habenae: Zügel seines geflügelten Pferdes → Pegasus, mit dem er die → Chimaera besiegt 4 cons. Hon. 560. Bellōna: römische Kriegsgöttin (→ Enyo); hilft → Mars bei der Entwappung bzw. Wappnung Olybr. Prob. 121, Rufin. I 342; erweist die Truppen des → Stilicho als siegreich Rufin. II 263; wird im processus consularis zivilisiert 4 cons. Hon. 12; wartet nicht auf die Orakelbefragung durch den Eunuchen Eutrop. I 314; wird von Mars angesprochen, um zum Krieg zu blasen Eutrop. II 110, 145; [dea: sucht → Tarbigilus auf und reizt ihn zum Angriff Eutrop. II 174]; geht vor dem Wagen des Mars Stil. II 371; fördert die Goten Get. 34; lacht über → Ceres im Kriegsdienst Get. 466. Bēlus: Gottesappellativ („Baal“: Herr) im syrisch-phönizischen Raum; als höchster Gott im Sassanidenreich (→ Assyrius, → Parthus) verehrt Stil. I 62. Berecynthius (Adj.): zu Berecynthus, dem phrygischen Berg als Sitz der → Cybele (Berecyntia mater); iuga: von Cybele nicht mehr besucht Eutrop. II 300. Bessus: Angehöriger einer thrakischen Völkerschaft, die Goldförderung betreibt Mall. Theod. 41; werden Opfer des Goteneinfalls Get. 179. Bīsalta: Angehöriger einer thrakischen Völkerschaft in der Nähe des Flusses → Strymon; findet beim Pflügen Reste der Kämpfe des → Theodosius, an denen → Stilicho beteiligt war Stil. I 134. Bistonius: Einwohner von Thrakien, als dem Inbegriff wüster Landschaft ohne Ackerbau Eutrop. II 565. Bistonius (Adj.): thrakisch; campi: Kriegsschauplatz für → Theodosius 4 cons. Hon. 54; orae: Reiseroute des → Honorius von → Constantinopolis nach Mailand 3 cons. Hon. 111; plaga: von den Goten verwüstet 6 cons. Hon. 441. Bithy¯nī: Einwohner von → Bithynia, deren Statthalterschaft von → Eutropius verkauft wird Eutrop. I 201; als Nachbarn der heimgesuchten Phryger (→ Phrygia) Eutrop. II 239; als angebliches Ziel der Goten unter → Tarbigilus Eutrop. II 467. Bithy¯nia: Provinz im nordwestlichen Kleinasien; bewohnt von thrakischen Stämmen (→ Thyni) Eutrop. II 247. Bocchus: Name mehrerer mauretanischer Könige; ihr von den Scipionen besiegtes Reich Gild. 94; Palast der alten Könige als Einsatzort von → Theodosius senior 4 cons. Hon. 40, wird vor Rom erbleichen Gild. 342; der Schwiegervater des → Iugurtha, der ihn an die Römer (→ Sulla) auslieferte 6 cons. Hon. 383. Boōtēs: Sternbild in der Nähe des Großen Bären; bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 170; als helles Sternbild am nördlichen Himmel 4 cons. Hon. 186, Gild. 501, Stil. I 123; bereitet für → Maria Sternenkränze vor Epithal. Hon. 274.

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Boreās: der Nordwind; bringt keine Wolken bei → Honorius’ Erhebung zum Augustus 4 cons. Hon. 181; metonym. für Norden: → Britannia als Einsatzort des → Theodosius senior 4 cons. Hon. 29; Herkunftsgebiet der Germanen, die sich kampflos unterwerfen Stil. I 217, Stil. II 285; hat → Rhenus und → Hister als sodales Get. 339. Bosporos: Meerenge zwischen Thrakien und Kleinasien, an der → Constantinopolis liegt Rufin. I 174, Gild. 225, Eutrop. II 340; als Ort der Kindheit des → Honorius 4 cons. Hon. 129, 6 cons. Hon. 81; bei Honorius’ Erhebung zum Augustus 4 cons. Hon. 177; vom Erdbeben heimgesucht Eutrop. II 28; als Ort von → Stilichos Hochzeit Stil. I 87. Brennus: Anführer der → Senones, der Rom 390 v. Chr. bis auf das Kapitol einnahm und plünderte; im Vergleich dazu ist Roms Hungertod ein schmählicher Untergang Gild. 126; von → Camillus überwunden Get. 432. Briareus: hundertarmiger Gigant (→ Gigans); im Vergleich mit → Stilichos Arbeitsleistung Stil. I 304. Britannia: spürt → Megaeras Erscheinen aus der Unterwelt Rufin. I 131; als Ort, wo der Usurpator → Maximus 383 zum Augustus ausgerufen wurde 4 cons. Hon. 73; als Diözese, die der Praefectus praetorio → Theodorus führte Mall. Theod. 51; wird vor feindlichen Völkern (→ Pictus) geschützt Eutrop. I 393; fordert in einer Rede vor → Roma → Stilichos Konsulat Stil. II 247; ihre Völker lauern auf die Gelegenheit, ins Reich einzufallen Get. 568. Britannus: Einwohner von Britannia; nach → Rufinus’ Darstellung mit → Stilicho gegen die Goten im Einsatz Rufin. II 149; von Rom beherrscht Gild. 19; als Gegner Roms Stil. III 149; eine dort stationierte Legion wird zum Gotenkrieg nach Italien abkommandiert Get. 416. Britannus (Adj.): canes: Jagdhunde Stil. III 301; litus: Einsatzort von → Theodosius senior 4 cons. Hon. 28; Oceanus: als nördliche Grenze, die das Gerücht vom Goteneinfall erreicht Get. 202. Britomartis: kretische Göttin (→ Ida) der Jagd; im Gefolge von → Diana Stil. III 251; jagt für → Stilichos Spiele in → Dalmatia und → Thessalia (→ Pindus) Stil. III 303. Bromius: Name des → Bacchus („der Lärmende“); im Vergleich mit → Honorius 3 cons. Hon. 132; in → Thebae von → Iupiter mit Semele gezeugt 4 cons. Hon. 132. Bromius (Adj.): remi: Bacchus’ Meerfahrt bei der Rückkehr aus Indien Stil. III 365. Brontēs: → Cyclops in der Waffenschmiede des → Vulcanus (Vergil, Aen. 8, 425) 3 cons. Hon. 193. Bructerus: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft; unterwirft sich Stilicho 4 cons. Hon. 451.



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Brūtus: L. Iunius Brutus, Gründer und Verteidiger der römischen Republik nach Vertreibung des → Tarquinius, als Exemplum der libertas 4 cons. Hon. 401, Stil. II 323; führt das Amt der Konsuln ein Eutrop. I 440, Stil. II 322, 325, 6 cons. Hon. 642; würde sich freuen, unter → Stilicho in der Kaiserzeit zu leben Mall. Theod. 163; wird durch den Eunuchenkonsul entehrt Eutrop. II 141; freut sich im Elysium über Stilichos Konsulat Stil. II 383; lässt es zu, dass Stilicho vom Volk als dominus bezeichnet wird Stil. III 192. Brūtī: L. Iunius Brutus und M. Iunius Brutus, der Caesarmörder; sollen als Rächer aus der Unterwelt kommen Eutrop. I 460. Busīris: von → Hercules getöteter Gewaltherrscher in Ägypten, der auf Rat des Sehers Thrasius ankommende Fremde opfern ließ; tötete den Ratgeber als erstes Opfer Eutrop. I 161; im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 254. By¯zantīnus (Adj.): proceres: die Senatoren von → Constantinopolis, die den Eunuchenkonsul verdienen Eutrop. II 136. By¯zantius (Adj.): luxuries: verweichlicht das Heer Eutrop. II 415; senatus: muss auf → Eutropius verzichten Eutrop. praef. II 57. By¯zas: Gründer von Byzantium; entehrt von den anmaßenden Ehreninschriften für → Eutropius Eutrop. II 83. Cadmēius (Adj. zu → Cadmus): → Leucothea: Ino, Tochter des Cadmus, als Meeresgöttin Epithal. Hon. 155. Cadmus: Gründer von Theben (→ Thebae); tötete eine heilige Schlange, säte auf göttlichen Rat deren Zähne aus, woraufhin bewaffnete Männer aus dem Boden wuchsen, die sich gegenseitig bekämpften (→ Dircaeus), im Vergleich mit der Aushebung von Truppen durch → Stilicho Stil. I 318; wurde selbst in eine Schlange verwandelt (Ovid, met. 4, 576 ff.) Eutrop. I 293. Caesar: C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.), römischer Politiker und Feldherr, der sich gegen Pompeius im Bürgerkrieg durchsetzte; wurde als Alleinherrscher ermordet 4 cons. Hon. 311; lässt sich als Eroberer Galliens, aber nicht als Sieger im Bürgerkrieg feiern 6 cons. Hon. 400; seine Machtübernahme nach dem Bürgerkrieg als Beginn der Kaiserzeit Gild. 49. Caesar: Bezeichnung für den Kaiser generell 4 cons. Hon. 169. Caesareus (Adj. zu → Caesar): domus: julisch-claudische Dynastie 4 cons. Hon. 313; ius: Alleinherrschaft des → Caesar, dem sich → Cato nicht unterwirft Eutrop. I 458; stemma: spanische Herkunft des kaiserlichen Brautpaars Fescenn. II 29. Calchēdon: Hafenstadt gegenüber von → Constantinopolis; auf der bithynischen Gegenseite des → Bosporos 4 cons. Hon. 177; vom Erdbeben betroffen Eutrop. II 27; von Küchendüften durchzogen Eutrop. II 451.

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Calchēdonius (Adj. zu → Calchedon): harenae: von fremden Völkern bedrohte Küste gegenüber von → Constantinopolis Rufin. II 55. Calēdonius (Adj.) zu den Angehörigen einer schottischen Völkerschaft: monstrum: Fell eines schottischen Tiers, das → Britannia trägt Stil. II 247; pruinae: Winterfeldzug der beiden → Theodosii in Britannien 4 cons. Hon. 26. Calliopē: Muse der Dichtkunst und des Epos; hilft, die Spiele des → Theodorus mit Athleten auszustatten Mall. Theod. 288. [Callistō: Tochter des Lykaon (→ Lycaonius); wurde von → Iuppiter geschwängert, von → Iuno in eine Bärin (→ Ursa) verwandelt, von Iuppiter als Gestirn (→ Arctos) mit ihrem Sohn an den Himmel versetzt (Ovid, met. 2, 463 ff., → Helice, → Triones).] Camillus: M. Furius Camillus, der Eroberer von → Veii; er lehnt das Angebot eines Verräters ab, der ihm die Knaben der belagerten Stadt ausliefern wollte Gild. 274; zu Unrecht verbannt, wird er nach der Zerstörung Roms durch → Brennus und die → Senones zurückgeholt; als Sieger über die Gallier und Retter Roms Olybr. Prob. 149, 4 cons. Hon. 408, könnte Rom gegen so viele schlechte Vorzeichen nicht schützen Eutrop. II 54, verteidigte Rom trotz der ungerechten Verbannung Eutrop. II 598; ist bedroht durch die Schande des Eunuchen als Konsul Eutrop. I 439; wird als Retter Roms von → Stilicho im Rang erreicht Stil. II 390, Get. 430. Campānus (Adj.) zu Campania, der Landschaft an der süditalischen Westküste; culta: sorgte in Roms Frühzeit ausreichend für die Ernährung des Reichs Gild. 110. Cancer: Sternbild des Krebses; soll in → Stilichos Konsulatsjahr keine übermäßige Sommerhitze erleiden Stil. II 460. Cannae: Ort in Apulien; bekannt durch die existenzbedrohende Niederlage der Römer gegen → Hannibal 216 v. Chr., die Roms Aufstieg nicht verhindert Stil. III 145, die die Niederlage an der → Trebia übertrifft Get. 387. Cannēnsis (Adj. zu → Cannae): damna: die Niederlage verhinderte nicht Roms Aufstieg, den jetzt → Gildo ausnützt Gild. 79. Capitōlia: Hügel Roms mit Burg (→ Tarpeius) und Jupitertempel (→ Tonans); als Zielpunkt des Triumphzugs 4 cons. Hon. 318, Stil. III 32. Cappadox: Bewohner von Kappadokien (→ Argaeus); von fremden Völkern bedroht Rufin. II 31; vom Einfall der Goten geschädigt Eutrop. I 246, Eutrop. II 114. Capreae: Insel vor der campanischen Küste, heute Capri; als Rückzugsort von Kaiser → Tiberius 4 cons. Hon. 314, Eutrop. II 61. Caralis: Stadt auf → Sardinia, heute Cagliari; Hafen für die römischen Truppen auf dem Weg nach → Libya Gild. 521.



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Carmānus*: Angehöriger eines Volks an der Nordküste des persischen Golfs; als Ort des Sonnenuntergangs zum Ausdruck der Verkehrung der Naturabläufe Eutrop. I 354. Carpathius (Adj.): pelagus: Meer zwischen Kreta und Rhodos, wo die Insel Karpathos liegt, als Aufenthaltsort des → Triton Epithal. Hon. 137. Caspius (Adj.): claustra: lassen Völker ins Reich eindringen Rufin. II 28; colla: Tiger aus Hyrkanien ziehen → Bacchus’ Wagen 4 cons. Hon. 607; vada: Kaspisches Meer zur Angabe der Reichsgrenze im Osten 3 cons. Hon. 71. [Cassiopeia: als Sternbild coniunx des → Cepheus, zur Angabe der Kometenbahn Get. 245.] Castalius (Adj.) zur Angabe der heiligen Quelle am Fuß des → Parnasus bei → Delphi; latices: von barbarischer Entweihung befreit Rufin. praef. II 7; undae: ohne inspirierende Kraft, wenn → Apollo abwesend ist 6 cons. Hon. 27. Castōr: Sohn der → Leda und des → Iuppiter, Bruder der → Helena; unzertrennlicher Bruder von → Pollux, würde durch → Rufinus selbst von Pollux entfremdet Rufin. I 108 (→ Lacones); als Zögling des Flusses → Eurotas und Schutzgott der Seeleute in Seenot Olybr. Prob. 244; geschickter Reiter des Pferds → Cyllarus 4 cons. Hon. 556; wird als idealer Sohn von → Honorius übertroffen Fescenn. I 6. Cato: M. Porcius Cato Uticensis als Verteidiger der römischen Republik gegen → Caesar, im Elysium (auf dem Schild des Aeneas: Aen. 8, 670) 4 cons. Hon. 411, soll aus der Unterwelt kommen, um sich gegen die Schande des Eunuchen als Konsul zu wehren Eutrop. I 459. Catōnēs: M. Porcius Cato d.Ä. als Inbegriff altrömischer Strenge und M. Porcius Cato Uticensis als Inbegriff stoischer Strenge und Verteidiger der libertas; würden mit → Stilicho zusammenarbeiten Mall. Theod. 165; unter den Helden, die sich im Elysium über → Stilichos Konsulat freuen Stil. II 382. Caucaseus (Adj. zu → Caucasus): iuga: als Adynaton: (unmögliche) Herkunft des Südwinds (→ Auster) Get. 59; pruinae: als neue Heimat der von den Goten erbeuteten Herden Eutrop. I 247; rupes: Unbesiegbarkeit des → Theodosius, selbst wenn seine Gegner den → Caucasus und → Haemus aufeinandertürmen 4 cons. Hon. 108; valles: von → Mars heimgesuchtes Gebiet Eutrop. II 152. Caucasus: Gebirge zwischen Schwarzem Meer (→ Pontus) und Kaspischem Meer (→ Caspius); metonym. für die Grenze im Osten 3 cons. Hon. 20; fruchtbar an Giftpflanzen Rufin. I 152; Heimat der Amazonen (→ Amazon) Fescenn. I 31; für Ostrom weniger bedrohlich als die Auxiliareinheiten Eutrop. II 574. Caurus: → Cōrus Cecropius (Adj.) zu Cecrops, dem König von → Athenae; metonym. für athenisch: matres: von den Goten versklavt Rufin. II 191; senectae: lange philosophische Tradition Mall. Theod. 67.

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Celaenae: am → Maeander gelegene Stadt in → Phrygia; als Ort des Wettstreits zwischen Apollo (→ Apollineus) und → Marsyas Eutrop. II 258. Celaenaeus (Adj. zu → Celaenae): furores: dortiger Kult der → Cybele Eutrop. I 278. Celaenō: eine der → Harpyiae, Frauen mit Vogel- bzw. Greifenkörper, die u. a. König Phineus quälten, indem sie seine Nahrung mit ihrem Kot ungenießbar machten; ähnlich rächen sie an → Aeneas und den Trojanern die Schlachtung ihrer Rinder bei einem Aufenthalt auf den Strophaden; Celaeno droht an, dass es nicht zur Stadtgründung kommen werde, bevor die Trojaner nicht vor Hunger ihre Tische verspeisen (Aen. 3, 209ff.); ihre Gier ist mit dem Hunger des → Leo zu vergleichen Eutrop. II 378. Centaurus: Mischwesen aus Mensch und Pferd; nubigenae biformes Rufin. I 329; werden von → Honorius als Reiter übertroffen 4 cons. Hon. 543; finden keinen Gefallen am Spiel der → Terpsichore Epithal. Hon. praef. 13. Cēpheus: als Sternbild neben seiner Gattin Cassiopeia und der Tochter Andromeda (→ Perseus); zur Angabe der Flugbahn eines Kometen Get. 245. Cēphisos: Fluss in der Nähe von → Delphi; von → Pythons Gift befreit Rufin. praef. I 10. Ceraunia: Bergzug an der Küste von → Epirus, von Seeleuten als „Blitzberge“ gefürchtet; ihr Tosen im Vergleich mit dem Aufschrei der empörten Manipel Rufin. II 221; als gefährliches Ziel, wohin → Stilichos Soldaten ihm trotzdem folgen Stil. I 174. Cerberus: dreiköpfiger Hund in der Unterwelt (→ Orcus); ianitor: als Wachhund, der die Rückkehr der Seelen verhindert, von → Hercules entführt Rufin. I 295; will → Rufinus nicht am Verlassen, sondern am Betreten der Unterwelt hindern Rufin. II 457. Cerēs: Göttin des Ackerbaus; wird als weibliche Gottheit verehrt Eutrop. I 325; metonym. für Getreide: das die Hunnen (→ Chūnus) als Nomaden nicht anbauen Rufin. I 327, das in → Phrygia wächst Eutrop. II 270, das unter Stilicho aus → Africa und → Gallia geliefert wird Stil. II 394, das auf dem Feldzug als Nahrung dient Get. 350; von → Bellona verlacht, metonym. für den Bauern, der als Soldat eingezogen wird Get. 466. Chaldaeus (Adj. zu Chaldaea): carmina: babylonische Zauberriten, von Kaiser → Marcus Aurelius eingesetzt 6 cons. Hon. 348; gens: bekannt für seine Magier Rufin. I 148; senes: Astrologen 4 cons. Hon. 147; ritus: zoroastrische Riten, von den Sassaniden eingesetzt Stil. I 61. Chāones: Völkerschaft in Chaonien, einer Landschaft in Nordwestgriechenland; als Kämpfer des → Pyrrhus Get. 135. Chāonius (Adj. zu → Chaones): quercus: weissagende Eichen von → Dodone 3 cons. Hon. 118.



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Chaos: Reich der Finsternis als tiefster Teil der Unterwelt; als Verbannungsort für → Rufinus Rufin. II 525; als Adynaton: verbindet sich (nicht) mit den Sternen am Himmel Gild. 383; als Urzustand vor der Kosmogonie Stil. II 9. Chattī: germanische Völkerschaft; Truppen werden von dort zum Gotenkrieg abgezogen Get. 420. Chaucus: Angehöriger eines germanischen Seefahrervolks, das entlang der Weser bis zur Nordsee siedelt; schließt mit Rom Frieden Eutrop. I 379, Stil. I 225. Chelae: Scheren des Skorpions; bilden das Sternzeichen der Waage (→ Iustitia) Mall. Theod. 120. Cheruscus: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft; unterwirft sich → Stilicho 4 cons. Hon. 452; Truppen werden von dort zum Gotenkrieg abgezogen Get. 420. Chimaera: feuerspeiendes Mischwesen mit dem Kopf eines Löwen, dem Körper einer Ziege und dem Schwanz einer Schlange, zum Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 296. Chīrōn: ungewöhnlich gebildeter → Centaurus; wohnt am → Pelion, wo er → Iuppiter bei der Hochzeit von Peleus und → Thetis bewirtet Epithal. Hon. praef. 5; Erzieher des → Achilles. Chry¯sippus: Philosoph der älteren Stoa, der die Lehre systematisch ausarbeitete und schriftlich fixierte (gest. zwischen 208 und 204) Mall. Theod. 89. Chry¯sogonus: L. Cornelius Chrysogonus, Freigelassener des Sulla, der sich durch die Proskriptionen bereicherte, u. a. indem er den wohlhabenden Sextus Roscius ermorden und im Nachhinein auf die Proskriptionslisten setzten ließ, was Cicero in seiner Verteidigung des Sohnes des Ermordeten aufdeckte; im Vergleich mit → Eutropius könnte auch er Konsul werden Eutrop. I 440. Chūnus (→ Hunus): Angehöriger der Hunnen, eines zentralasiatischen Reitervolks; von → Rufinus ins Reich geholt Rufin. I 321; Charakterisierung ihrer barbarischen Lebensweise Rufin. I 323–331; von Rufinus unterstützt Rufin. II 270; seine Angriffe werden vom Kronrat des → Eutropius ignoriert Eutrop. II 338; fällt ins römische Reich ein Stil. I 110. Cilix: Einwohner von Kilikien im südöstlichen Kleinasien; sein Gebirge schützt ihn nicht vor eindringenden Völkern Rufin. II 33; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 220; fürchtet, vom Gotenzug unter → Tarbigilus betroffen zu werden Eutrop. II 468. Cimber: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft, die mit den Teutonen (→ Teutonicus) nach Italien zog und von C. → Marius und Q. Lutatius Catulus in den Schlachten von Aquae Sextiae (102 v. Chr.) und Vercellae (101 v. Chr.) vernichtend geschlagen wurde Get. 293, 645; unterwirft sich Stilicho 4 cons. Hon. 452.

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Cimbricus (Adj. zu → Cimber): tempestas: metonym. für den Einfall der Kimbern, die von den Römern besiegt wurden Get. 641; Tethys: Nordsee, in die der → Rhenus mündet Get. 335. Cimmerius (Adj.): paludes: → Maeotis, heute Asowsches Meer, als neue Heimat der von den Goten verschleppten Syrer Eutrop. I 249; Pontus: → Maeotis als Schauplatz der Feldzüge des → Theodosius, an denen → Stilicho beteiligt ist Stil. I 129. Cinna: L. Cornelius Cinna (gest. 84 v. Chr.), politischer Gegner des → Sulla; seine Herrschaft in Rom galt als Tyrannenregiment (vgl. Cicero, Brut. 227); im Vergleich mit → Rufinus’ Regime Rufin. I 255. Cīnyphius (Adj. zu → Cinyps): aristae: Getreide aus → Africa Eutrop. I 405; orae: Anlandungsort des römischen Heers Gild. 9. Cīnyps: Fluss in → Libya; zur Angabe der am Krieg gegen → Gildo beteiligten Völker Stil. I 251. Circaeus (Adj. zu → Circe): herbae: ihre Zauberkräuter verwandeln die Gefährten des Odysseus (→ Ulixes, → Ithacus) in Tiere, werden in der Wirkung von → Luxuries übertroffen Stil. II 134, helfen → Diana, → Hippolytus zum Leben wiederzuerwecken Get. 441. Circē: zauberkundige Nymphe, die mit ihren Kräutern die Gefährten des Odysseus (→ Ulixes, → Ithacus) sowie → Glaucus und → Scylla verwandelte Rufin. I 153. Cirrhaeus (Adj.): zu Cirrha, Hafen von Delphi; iugum: → Parnasus, über den sich die Glieder des → Python erstrecken Rufin. praef. I 2. Claudius: römischer Gentilname; die Angehörigen dieser gens sollen sich gegen die Entehrung durch den Eunuchen als Konsul wehren Eutrop. I 456. Cleanthēus (Adj.): zu Cleanthes (gest. wohl 232 v. Chr.), einem bedeutenden Philosophen der älteren Stoa; turba: metonym. für Stoiker Mall. Theod. 88. Clēmentia: Allegorie der Herrschertugend der Gnade (vgl. den Fürstenspiegel 4 cons. Hon. 27 f.); unter → Stilichos Regierungsführung Mall. Theod. 166; als ordnende Kraft bei der Kosmogonie und Haupttugend des Stilicho Stil. II 6, 9. Cleōnaeus (Adj.): zu Cleonae, einer Stadt östlich von Nemea; leo: von → Hercules erlegter Löwe Rufin. I 285. Clīō: Muse der Heldendichtung und Geschichtsschreibung, trägt am → Taygetus zur Ausstattung der Spiele des → Theodorus bei Mall. Theod. 291. Clītumnus: Fluss in Umbrien, von → Honorius besucht 6 cons. Hon. 506. Cloelia: Heldin der römischen Frühzeit; als Geisel des → Porsenna konnte sie sich befreien, indem sie durch den Tiber schwamm; ihr Andenken wird durch → Eutropius entehrt Eutrop. I 447. Cocles: Horatius Cocles, wehrte die Etrusker unter → Porsenna ab, bis die Tiberbrücke als Zugang nach Rom zerstört war (Livius 2, 10 und Vergil, Aen.



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8, 650) 4 cons. Hon. 406, 6 cons. Hon. 487; sein Andenken wird durch den Eunuchen als Konsul entehrt Eutrop. I 445. Cōcy¯tius (Adj. zu → Cocytos): aequora: am Sitz der Totenrichter (→ Aeacus) Rufin. II 471. Cōcy¯tos: Fluss in der Unterwelt, vereint sich mit dem → Phlegethon am Sitz der Totenrichter Rufin. II 467. Colchus: Angehöriger des Volks aus Kolchis an der südöstlichen Schwarzmeerküste; Ziel der Argonauten, wo Iason das goldene Vlies des Königs → Aeetes mit Hilfe der magischen Kräfte von dessen Tochter → Medea raubt Get. 3; unterstützt → Theodosius gegen → Eugenius Stil. I 155. Collīnus (Adj.): bezieht sich auf Roms Hügel → Quirinalis und Viminalis; turris: Bedrohung Roms im Zweiten Punischen Krieg Gild. 86. Concordia: Personifikation der Eintracht; gewinnt unter → Theodosius an Macht Rufin. I 52; soll für das kaiserliche Brautpaar Kränze winden Epithal. Hon. 203. Cōnstantia: Allegorie der Beständigkeit als Kardinaltugend eines Feldherrn und Herrschers (vgl. → Regulus als Exempel für → Honorius 4 cons. Hon. 411); garantiert → Stilichos konsequentes Verhalten Stil. II 108; als Stilichos Tugend bei der Erziehung des Kaisers 6 cons. Hon. 585. [Cōnstantīnopolis: Hauptstadt der Osthälfte des Reichs am → Bosporos mit eigenem Senat; Geburtsort des → Honorius 4 cons. Hon. 129, 6 cons. Hon. 81; aemula Romae: wird von eindringenden Hunnen (→ Chunus) belagert Rufin. II 54; par Roma: muss von Ägypten mit Getreide versorgt werden Gild. 60; wird vom Kronrat des → Eutropius allein berücksichtigt Eutrop. II 340.] Cōnstantīnus: Konstantin I., römischer Kaiser (306–337); als Gründer von → Constantinopolis durch anmaßende Ehreninschriften für → Eutropius entehrt Eutrop. II 83. Corinthus (→ Ephyre): Hafenstadt an der Landenge, die die Peloponnes und das griechische Festland verbindet (→ Isthmos); von den Goten geschädigt Rufin. II 190, Get. 612; vom Einfall der Goten befreit 4 cons. Hon. 462. Corōna: Sternbild Krone; Hochzeitskranz der Ariadne (→ Dictaeus), den → Bacchus seiner Braut zu Ehren als Gestirn an den Himmel versetzt Epithal. Hon. 272; als Aufenthaltsort der → Victoria Stil. III 208. Corsica: Mittelmeerinsel; wegen der gefährlichen Küste von der römischen Flotte gemieden Gild. 506. Corvīnus: M. Valerius Corvinus als Verteidiger Roms gegen die Gallier (Livius 7, 26); er und seine gens sollen sich gegen die Entehrung durch den Eunuchen als Konsul wehren Eutrop. I 460. Cōrus (→ Caurus) Nordwestwind; bringt gefährliches Sturmwetter Rufin. II 222, Eutrop. II 5, wird von der Blässe des Mondes angekündigt Gild. 495; soll für die

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kaiserliche Hochzeit verstummen Fescenn. II 42; Sarmaticus: metonym. für den Kriegsschauplatz Olybr. Prob. 132. Corybās: Priester der → Cybele, der eherne Schall­becken einsetzt; sie sollen das Wimmern des neugeborenen → Iuppiter übertönt und das Kind vor seinem Vater → Saturnus gerettet haben 4 cons. Hon. 150; erschrocken über das böse Prodigium für → Phrygia Eutrop. II 285. Crassus: M. Licinius Crassus (115–53 v. Chr.); als Sieger über die aufständischen Sklaven unter → Spartacus Eutrop. I 503. Cressus (Adj. zu → Creta): canes: berühmte Jagdhundzüchtung Stil. III 300. Crēta: die Insel Kreta, auf der König → Minos herrschte; als Heimat des Stiers, den → Hercules besiegte Rufin. I 289; als Geburtsort des → Iuppiter, der dort vor seinem Vater versteckt wurde (→Corybās) 4 cons. Hon. 134; von Q. Caecilius Metellus 68–66 v. Chr. erobert Eutrop. I 218; erzählt die Auferstehung des Minos-Sohnes → Glaucus Get. 442. Crētaeus (Adj. zu → Creta): → Ida: Gebirge auf Kreta, als Jagdrevier der → Britomartis Stil. III 251. Croesus: lydischer König des 6. Jhs. v. Chr., als Symbolfigur unermesslichen Reichtums Rufin. I 198; von König → Cyrus besiegt Eutrop. I 213. Cūmānus (Adj.): zu Cumae, einer griechischen Kolonialstadt an der Küste von → Campania; rupes: Orakel in der Grotte der → Sibylla 4 cons. Hon. 147; vates: Sibylla, deren Bücher zur Bedeutung von Prodigien befragt werden sollen Eutrop. I 11. Cupīdineus (Adj.): zu Cupido, → Amor; sagittae: von den Quellen des Venusbergs Epithal. Hon. 71. Cūrae: Allegorie der Sorgen; als Unterweltskreaturen die Kinder der → Avaritia Rufin. I 38. Cūrētes: Urbewohner Kretas bewahrten den „neugeborenen“ → Iuppiter vor seinem Vater → Saturnus, indem sie mit Waffenklirren das Kinderschreien übertönten; Priester der → Cybele, gleichgesetzt mit → Corybas; der rituelle Waffentanz Eutrop. II 281. Curius: Manius Curius → Dentatus (cos. 290); Feldherr in den Samnitenkriegen und gegen → Pyrrhus, siegt in der Schlacht bei Beneventum Get. 124, 132; gilt als Leitbild altrömischer Genügsamkeit und Unbestechlichkeit Rufin. I 203, 4 cons. Hon. 413; soll nicht durch den Eunuchen als Konsul entehrt werden Eutrop. I 457; als Senator, der selbst auf dem Acker arbeitet Gild. 111; freut sich im Elysium über → Stilichos Konsulat Stil. II 379. Cybelē: phrygische Göttermutter (Magna Mater, → Phrygius, → Ida), die in Rom auf dem Palatin verehrt wird; wird von → Roma um Hilfe angefleht, weint über deren Elend Gild. 120, 130; ihr Wagen wird von Löwen gezogen Gild.



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119, Mall. Theod. 301; ihre Riten sind für den Eunuchen → Eutropius geeignet Eutrop. I 277; sie wird als weibliche Gottheit verehrt Eutrop. I 325; verliert ihre Mauerkrone als böses Prodigium für → Phrygia Eutrop. II 280; genetrix: ihre Klage über Phrygiens Schicksal Eutrop. II 288–300, siedelt nach Rom über Stil. III 170. Cybelēius (Adj. zu → Cybele): aera: im Kult übliche Klappern, zum Anlocken von Bienen eingesetzt 6 cons. Hon. 259; → Corybas: Priester der Cybele 4 cons. Hon. 149. Cyclōpius (Adj. zu → Cyclops): fames: riesiger Hunger des → Leo Eutrop. II 377. Cyclōps: einäugiger Riese auf Sizilien (→ Brontes, → Pyragmon, → Steropes); arbeitet in der Waffenschmiede des → Vulcanus (Vergil, Aen. 8, 414–438) 3 cons. Hon. 192; schmiedet die Blitze des → Iuppiter Stil. II 27. Cycnus: Sternbild des ligurischen Königs, der in einen Schwan verwandelt wurde 6 cons. Hon. 173. Cydōn: Bewohner von Cydonia auf → Creta; metonym. für kretisch: → Honorius beherrscht die kretische Waffentechnik mit Pfeil und Bogen 4 cons. Hon. 530. Cyllarus: Pferd des → Castor 4 cons. Hon. 557. Cyllēnius (Adj. zu Cyllene): bezeichnet nach dem dortigen Kult → Mercurius; als Planet Stil. II 440. Cy¯mothoē: Nereide, von → Triton verfolgt Epithal. Hon. 138; von → Amor gefügig gemacht Epithal. Hon. 143; bringt Hochzeitsgeschenke Epithal. Hon. 166. Cynthia (Adj. zu → Cynthos): Name der → Diana nach ihrem Geburtsort; zieht → Honorius ihrem → Hippolytus vor Fescenn. I 17; als Mondgöttin: kündigt Unwetter an 4 cons. Hon. 427, erleuchtet das Schlafzimmer des → Arcadius Gild. 228. Cynthos: Berg auf → Delos; Geburtsort von → Apollo und → Diana 4 cons. Hon. 137; Aufenthalt von Dianas Jägerinnen Stil. III 259. Cypros: Zypern; als Heimat der → Venus (→ Paphius) Epithal. Hon. 49, 254; als Exil des → Eutropius Eutrop. praef. II 52, 72, 76, Eutrop. II 21. Cyrnēus (Adj. zu → Cyrnos): iuga: Jagdrevier der → Nebrophone Stil. III 314. Cyrnos: Korsika; unter der Präfektur des → Theodorus Mall. Theod. 203; scheint von den Goten eingenommen zu werden Get. 218. Cy¯rus: Begründer des persischen Weltreichs (wohl 559–530 v. Chr.); Sieger über → Croesus Rufin. I 198, Eutrop. I 213. Cytherēa (Adj. zu Cythera): Name der → Venus, nach ihrem Kultort, einer Insel südöstlich vor der Peloponnes; bricht zu → Maria auf und überzeugt die Braut von der Hochzeit mit dem Kaiser Epithal. Hon. 122, 251; weint über → Romas Elend Gild. 128; wird → Eutropius im Exil als ihren Diener aufnehmen Eutrop. praef. II 62; als Planet Stil. II 439.

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Dācicus (Adj. zu → Dacus): arma: die beiden Dakerfeldzüge des Kaisers → Traianus 6 cons. Hon. 335. Dācus: Angehöriger einer Völkerschaft an der Donau; als Feind an der Ostgrenze des Reichs 3 cons. Hon. 28; dringen mit den → Sarmatae ins Reich ein Rufin. I 310; von Kaiser → Traianus besiegt 4 cons. Hon. 318. Dalmatia: römische Provinz der Diözese Pannoniae; wird von den Goten erreicht Rufin. II 38; liegt auf → Honorius’ Reiseroute nach Italien 3 cons. Hon. 120; liefert Tiere für → Stilichos Spiele Stil. III 302. Dalmaticus (Adj. zu → Dalmatia): alae: Feind an der illyrischen Grenze 3 cons. Hon. 148. Danaē: Mutter des → Perseus (→ Inachius); von → Iuppiter, der sich ihr als Goldregen näherte, geschwängert, obwohl König → Acrisius seine Tochter in einem Turm einschloss; → Eutropius hätte selbst diese Gefangene einem Freier zugeführt Eutrop. I 82. Danaus: metonym. für die Griechen vor Troja; sie fliehen vor der Amazonenkönigin → Penthesilea Eutrop. I 333. Dānubius (→ Hister): Donau; auf dem gefrorenen Fluss dringen Völker ins Reich ein Rufin. II 27; als Grenzfluss und Schauplatz von Kriegen 4 cons. Hon. 52, 623; → Stilicho reitet auf der gefrorenen Donau Stil. I 126; als machtvoller, aber ruhig fließender Strom Mall. Theod. 235; als Zeuge früherer römischer Siege Eutrop. II 583; entspringt in → Raetia Get. 331; soll sich nicht über Feigheit der Goten schämen müssen Get. 523; als Heimat wilder Völker 6 cons. Hon. 228. Decius: römischer Gentilname; haben durch Selbstaufopferung (devotio) mehrfach den Sieg garantiert 4 cons. Hon. 404; werden in → Romas Gunst von → Probus’ Söhnen übertroffen Olybr. Prob. 147; sollen sich gegen die Entehrung durch den Eunuchen als Konsul wehren Eutrop. I 451; P. Decius Mus bewirkte in der Schlacht bei Asculum gegen → Pyrrhus von Epirus den sog. Pyrrhussieg mit übermäßigen Verlusten Get. 130. Dēlia (Adj. zu → Delos): Name der → Diana nach ihrem Geburtsort; fordert ihre Jägerinnen auf, → Stilichos Spiele auszustatten Stil. III 261. Dēlius (Adj. zu → Delos): Name des → Apollo nach seinem Geburtsort; soll den Verteidiger → Stilicho bekränzen Rufin. praef. II 6; litora: Delos, feiert Apollos Ankunft Stil. III 59. Dēlos: Geburtsort von → Apollo und → Diana, zuvor eine schwimmende Insel 4 cons. Hon. 133, 135; wird von beiden Göttern besucht Olybr. Prob. 185, 189; zieht den → Honorius dem Apollo vor Fescenn. I 8; wird von → Hecaerge und → Opis ihrer skythischen Heimat (→ Hyperboreus) vorgezogen Stil. III 256. Delphī: Orakelstätte des → Apollo, errichtet an der Stelle, wo er den → Python tötete, gegen die Goten (→ Getae) verteidigt Rufin. praef. II 5, reagiert auf die



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Geburt des → Honorius 4 cons. Hon. 144, hat eine weibliche Seherin Eutrop. I 328, verliert die Kraft, wenn Apollo abwesend ist 6 cons. Hon. 26, 36. Dēmocritus: Philosoph, Vertreter des Atomismus [Mall. Theod. 79]; lacht über die Torheiten der Welt Mall. Theod. 90. Dentātus: → Curius Diāna (→ Cynthia, → Delia, → Latonia, → Phoebe, → Trivia): Jagdgöttin; als Schutzgottheit des → Honorius 4 cons. Hon. 160; die Schönheit ihrer Schultern (die sie auf der Jagd oft frei trägt) wird von → Maria übertroffen Epithal. Hon. 270; versammelt ihre Jägerinnen zur Ausstattung von → Stilichos Spielen Stil. III 258. Dictaeus (Adj.): zum kretischen Berg Dicte (→ Idaeus); → Corona: verstirnte Hochzeitskrone der Ariadne, als möglicher Aufenthaltsort der → Victoria Stil. III 208; → Lycaste: Jägerin in → Dianas Gefolge Stil. III 276; ora: als Geburtsort des → Iuppiter 4 cons. Hon. 135. Dictynnus (Adj. zu Dicte): alternative Lesart zu Dictaeus: → Lycaste: Jägerin in → Dianas Gefolge Stil. III 276. Dindyma: Berg in → Phrygia, der → Cybele heilig; bricht in Tränen aus, als die Lanze des → Mars das Gebiet trifft Eutrop. II 173; als Ursprung des Flusses → Sangarius Eutrop. II 262. Diomēdēs: von → Hercules besiegter thrakischer König (→ Bistonius), der seine berüchtigten Rosse von Menschenfleisch ernährte, im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 254. Diomēdēus (Adj.): zu Diomedes, dem Sohn des Tydeus (→ Tydides), Freund des Odysseus (→ Ithacus), fängt mit ihm → Dolon und überfällt → Rhesus; ausa: Taten des homerischen Helden im Vergleich mit → Stilichos Leistungen 6 cons. Hon. 479. Dircaeus (Adj.): zu Dirce, der thebanischen Königin, metonym. für thebanisch (→ Thebae); arva: als Schauplatz der Drachensaat des → Cadmus Stil. I 320; tela: von → Hercules eingesetzte Waffen 4 cons. Hon. 533. Dīs: Herrscher der Unterwelt, der bei der Aufteilung der Weltherrschaft mit seinen Brüdern → Neptunus und → Iuppiter diesen Herrschaftsbereich erloste; seine iura sollen gewahrt bleiben Rufin. I 69; sein Reich wird durch → Rufinus’ Ankunft befleckt Rufin. II 522. Discordia: Allegorie der Zwietracht; als Unterweltskreatur Rufin. I 30. Dōdōnaeus (Adj. zu → Dodone): agmina: Kämpfer des → Pyrrhus von → Epirus Get. 136. Dōdōnē: Stadt in → Epirus mit Zeusheiligtum, aus dessen Eichenhainen Orakel erteilt wurden; bestaunt → Honorius auf seinem Weg nach Italien 3 cons. Hon. 117.

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Dolōn: trojanischer Kundschafter; wird von → Diomedes und Odysseus (→ Ithacus, → Ulixes) gefangen, verrät die Ankunft des Thrakerkönigs → Rhesus 6 cons. Hon. 471. Dōris: Gemahlin des → Nereus; metonym. für das Meer Mall. Theod. 45. Dōtō: Nereide, bringt Korallen als Hochzeitsgeschenk Epithal. Hon. 169. Drūsus: Claudius Drusus Nero, Drusus d.Ä., Stiefsohn des → Augustus, drang im Norden Germaniens bis zur Nordsee, zur Elbe und Weser vor (vgl. Ovid, trist. 4, 2) Stil. I 193; Drusus d.J., Sohn des → Tiberius und der Vipsania Agrippina, hielt vom Illyricum her die germanischen Völker ab 4 cons. Hon. 455. Dryas: Baumnymphe; sie verlieben sich in → Honorius Fescenn. I 22; kehren nach dem Abzug des → Alaricus nach Italien zurück 6 cons. Hon. 200. Dryopes: griechische Völkerschaft; können auch durch den → Pindus vor den Goten nicht geschützt werden Get. 185. Ēdōnus (Adj.): zu der thrakischen Völkerschaft: hiemes: als Schauplatz von → Theodosius’ Feldzügen, an denen → Stilicho beteiligt ist Stil. I 123. Egestās: Allegorie der Armut und des Mangels; als Unterweltskreatur Begleiterin des → Luxus Rufin. I 36. Ēlēus (Adj.): zu Elis, Landschaft und Stadt auf der westlichen Peloponnes, Ort der olympischen Spiele; Tonans: Zeus als Schutzgottheit der olympischen Spiele Mall. Theod. 290. Elusa: Stadt in Aquitanien; Herkunftsort des → Rufinus, wo ihn → Megaera aufsucht Rufin. I 137. Ēlysius (Adj. zu Elysium): campi: Aufenthaltsort der Helden in der Unterwelt, die sich über → Stilichos Konsulat freuen Stil. II 378; novales: von Atilius → Serranus in der Unterwelt bestellter Acker Eutrop. I 454; plagae: Lohn für den Heldentod des → Alanus in der Schlacht bei → Pollentia Get. 590; valles: als Aufenthaltsort des → Theodosius nach dem Tod Epithal. Hon. 301. Ēmathius (Adj. zu Emathia), poetisch für thessalisch; aristae: von fremden Völkern vernichtete Landwirtschaft Rufin. II 44; Philippus: König Philipp V. von Makedonien, greift das vom Zweiten Punischen Krieg geschwächte Rom an Get. 338; tellus: hätte den Goten als Gebiet ausreichen sollen Get. 497. [Empedoclēs: als Philosoph, der sein Leben durch den Sprung in den → Aetna beendete, vertritt die Lehre von der Verbindung der Elemente durch Attraktion und Repulsion Mall. Theod. 72–74] Enceladus: Gigant, der unter dem → Aetna begraben liegt; als Symbol für Umsturzversuche, vor denen → Stilicho schützt 3 cons. Hon. 161; Gigantomachie als Thema von Dichtung 6 cons. Hon. praef. 17.



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Enīpeus: Fluss in Thessalien; auf der Reiseroute des → Honorius 3 cons. Hon. 116; von den Goten eingenommen Get. 183. Ennius: römischer Tragiker und Epiker (239–169 v. Chr.); als Begleiter des älteren → Scipio Africanus Stil. praef. III 12. Eny¯ō: griechische Bezeichnung für die Kriegsgöttin → Bellona; lacht über den Eunuchen → Eutropius als Feldherrn Eutrop. I 238. Eōus bzw. Eōum: der Osten; der exilierte Eutropius wird nicht mehr der östlichen Reichshälfte angehören Eutrop. praef. II 36; von Barbaren verwüsteter Osten Eutrop. II 1; östliche Reichsregierung Stil. I 296, Stil. II 292. Eōus (Adj.): zu Eos, Göttin der Morgenröte (→ Aurora), metonym. für östlich: classes: Flotte des → Xerxes Mall. Theod. 151, Mars: zusammenfassend für die Erfolge des → Pompeius und die Neuordnung des Ostens in den Jahren 66–59 v. Chr. Stil. III 35, plaga: Himmelsrichtung Mall. Theod. praef. 14, → Porus: König von Indien 4 cons. Hon. 374, terrae: Länder unter autokratischer Herrschaft 4 cons. Hon. 215; metonym. für oströmisch: agmina: sollen von → Stilicho nach → Constantinopolis zurückgesandt werden Rufin. II 161, arces: als Wirkungsstätte des → Rufinus in der oströmischen Reichshälfte Rufin. I 172, aula: Hof von Constantinopolis 6 cons. Hon. 90, crimen: Ernennung des → Eutropius zum Konsul Stil. I 8, dedecus: der Eunuch als Feldherr Eutrop. I 239, dicio: oströmische Regierung Eutrop. II 350, facinus: Ernennung eines Eunuchen zum Konsul Eutrop. I 371, fasti: Ämterlisten des Senats von Constantinopolis Stil. II 306, frater: → Arcadius als Herrscher in der östlichen Reichshälfte 3 cons. Hon. 8, miles: von Rufinus zurückbeorderte Truppen Rufin. II 217, mollitia: muss geheilt werden Eutrop. II 113, orbis: wird die Stärke der gallischen Truppen kennenlernen, wenn sie für die gerechte Sache (nicht den Usurpator) kämpfen Gild. 430, partes: östliche Reichshälfte im „kalten Krieg“ mit dem Westen Stil. I 270, rector: Eutropius als zukünftiger Lenker des Ostens Eutrop. I 105, regnum: östliche Reichsregierung rettet die Goten vor Stilicho Get. 517, res: östliche Reichshälfte, von Eutropius in den Untergang getrieben Eutrop. I 154; robora: oströmische Truppen, die Stilicho mit den westlichen vereint Rufin. II 105, robur: oströmische Armee Eutrop. I 400, urbs: Constantinopolis, vom vergöttlichten → Theodosius aufgesucht, um Arcadius zu warnen Gild. 226. Ephialtēs (→ Aloidae): Gigant, Bruder des → Otus; fesselt → Mars, reißt den → Ossa aus, wird von → Apollo besiegt Get. 75. Ephyrē: alter Name von → Corinthus; vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 471. Ephyrēias (Adj. zu → Ephyre): puellae: von den Goten versklavt Get. 629. Ephyrēius (Adj. zu → Ephyre): → Lais: korinthische Hetäre Eutrop. I 90.

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Epidaurius (Adj. zu Epidaurus): → Aesculapius (→ Paeonius) als Heilgott, der von seinem Heiligtum in Epidauros nach Rom auf die Tiberinsel geholt wird (Ovid, met. 15, 622–744) Stil. III 171. Epimētheus: Bruder des → Prometheus; als Schöpfer der Menschen, der sie im Vergleich zu anderen Lebewesen in der Ausstattung benachteiligt (Platon, Prot. 320d–321c) Eutrop. II 497. Ēpīrus: Südwesten der Balkanhalbinsel; Reich des → Pyrrhus (→ Molossus) Get. 136; von den Goten geplündert Eutrop. II 215. Eratō: Muse; hilft, die Spiele des → Theodorus mit den Pferden des → Neptunus auszustatten Mall. Theod. 283. Erebus: Personifikation der Finsternis; zeugt mit → Nox die Unterweltskreaturen (vgl. Hesiod, theog. 124 f.) Rufin. I 29; Ort der schlimmsten Strafen für Frevler in der Unterwelt: als Grenze, hinter die → Rufinus verbannt wird Rufin. II 523, als Ort, den → Alaricus verdient 6 cons. Hon. 184. Erectheus: König von Athen; metonym. für Athen: kennt → Thebae und → Troia als Tragödiensujets Eutrop. I 292. Ēridanus: Fluss in Norditalien, → Padus, heute Po; von → Phaëthons Sturz betroffen, wird von → Tiberinus zur Feier eingeladen Olybr. Prob. 259; auf der Reiseroute des → Honorius 3 cons. Hon. 123; die Rosse des → Mars weiden auf seinen Auen 4 cons. Hon. 17; wird von → Roma auf ihrem Weg nach Mailand überflogen Stil. II 274; übt Vergeltung an den Goten Get. 196; pater: in Sorge um das Reich während des Goteneinfalls in Italien 6 cons. Hon. 148, Ekphrasis seines Mantels 6 cons. Hon. 165–177, als Sternbild 6 cons. Hon. 175, deus: seine Spottrede auf den abziehenden Alarich 6 cons. Hon. 178–192. Erīnys: Rachegöttin (→ Furiae, → Eumenides); stört den Frieden im Reich Get. 173. Erymanthēus (Adj. zu → Erymanthus): umbra: Gebirge des → Erymanthus, vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 468. Erymanthus: Gebirge in → Arcadia (→ Parrhasius), Heimat des von → Hercules besiegten Ebers; vom Einfall der Goten betroffen Get. 192. Erythraeus (Adj.): vom Roten Meer stammend; gemmae: als Schmuck des kaiserlichen Gewands 4 cons. Hon. 606; zmaragdus: als Schmuck des kaiserlichen Gewands 6 cons. Hon. 563. Etrūria: Landschaft in Italien, heute Toscana; zur Kursangabe bei der Abfahrt der römischen Flotte nach → Africa Gild. 505; metonym. für etruskische Mantikspezialisten Eutrop. I 12; metonym. für die Hilfe des Etruskerkönigs → Porsenna für den vertriebenen → Tarquinius Eutrop. I 443. Etruscus (Adj. zu → Etrūria): augur: bei → Honorius’ Geburt 4 cons. Hon. 145; bella: Angriff des → Porsenna auf Rom 6 cons. Hon. 489; culta: die Felder sorgten in Roms Frühzeit für ausreichende Ernährung Gild. 110, exilium: Verbannungsort



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für den Frankenkönig (→ Francia) Stil. I 241; palmes: kann die Goten nicht mehr locken Get. 504; portus: wohl Pisa (s. Gild. 483) als Abfahrtsort der Flotte nach → Africa Gild. 417. Euandrius (Adj.): zu Euandrus bzw. Euander, Arkaderfürst, der zur Zeit des → Aeneas auf dem vorrömischen Palatin (→ Pallanteus) herrscht und Aeneas gegen → Turnus und König Latinus unterstützt; mons: → Palatinus als Ort der Auspizien für die Wahl des Konsuls 6 cons. Hon. 11. Eucherius: Sohn des → Stilicho und der → Serena; soll den Vater noch übertreffen Epithal. Hon. 338; beim Abschied Stilichos von der Familie Stil. I 120; seine Zukunft ist auf der trabea des Stilicho abgebildet Stil. II 352, 358; in Rom geboren, als Enkel des → Theodosius Stil. III 177; als Begleiter des kaiserlichen Wagens beim Adventus 6 cons. Hon. 552. [Eugenius: cliens/famulus: gilt als politische Marionette, da er nach dem Tod von → Valentinianus II. 392 von → Arbogastes zum Kaiser ausgerufen wurde; tyrannus: als Usurpator von → Theodosius 394 in der Schlacht am → Frigidus besiegt 3 cons. Hon. 67, 4 cons. Hon. 74, 90, 378, 361, Stil. I 140, 6 cons. Hon. 88; von den → Alpes getäuscht Olybr. Prob. 108.] Euhius: Kultname des → Bacchus; seine triumphale Rückkehr aus Indien Stil. III 62. Eumenidēs: Rachegöttinnen (→ Erinys, → Furiae); rächen den Tod an König → Sapor, stören den Frieden mit den Sassaniden Eutrop. II 484. Euphrātēs: größter Strom Vorderasiens; metonym. für Grenzvölker bzw. die Grenze des oströmischen Reichs 3 cons. Hon. 70, 4 cons. Hon. 388, Stil. I 54, 6 cons. Hon. 415. Eurīpus: Meerenge zwischen Euboea und Boeotia; als Symbol für Unbeständigkeit, weil die Strömungsrichtung mehrfach täglich wechselt, im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 91. Eurōpa: von den Goten (→ Geticus) überfallen Rufin. II 36; mit → Libya wieder vereint Gild. 4; zur Angabe der Lage von → Constantinopolis zwischen zwei Kontinenten Stil. I 88; als Heimat wilder Tiere für → Stilichos Spiele Stil. III 281; von → Alaricus bedroht 6 cons. Hon. 104. Eurōtas: Fluss in Lakonien; Heimat der Dioskuren → Castor und → Pollux 4 cons. Hon. 211, von → Tiberinus in der Konkurrenz um die berühmtesten Zöglinge herausgefordert Olybr. Prob. 237; von den Goten befreit Stil. I 181. Eurus: Ostwind; als Adynaton: weht (nicht) vom Westen her Get. 58; metonym. für Wind: → Romas Pferde sind schneller Olybr. Prob. 100; metonym. für Osten 4 cons. Hon. 649; als Herkunftsregion des → Phoenix Stil. II 417. Eurystheus: König und Gebieter über → Hercules; trug ihm die zwölf Aufgaben auf Get. 378.

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Eutropius: als praepositus sacri cubiculi seit 395 maßgeblicher Berater des Kaisers → Arcadius, die Ernennung des Eunuchen zum Konsul für das Jahr 399 wird im Westen nicht anerkannt; als Sühneopfer für Prodigien Eutrop. I 23; als Diener zahlloser Herren Eutrop. I 33; klagt über die Untreue des → Ptolemaeus Eutrop. I 70; als Kuppler Eutrop. I 98; beseitigt seinen Förderer → Abundantius Eutrop. I 167; als Nutznießer römischer Eroberungen Eutrop. I 219; als Nutznießer edler Produkte des Orients Eutrop. I 228; will Konsul werden Eutrop. I 285; nimmt sich Unmögliches vor Eutrop. I 360; verdient es nicht, dass man sich empört Eutrop. I 373; als Schande Roms Eutrop. I 414, 440, 448, 459, 472; wird nach Zypern verbannt [Eutrop. praef. II 52–76], Eutrop. II 21; trifft in → Ancyra wie im Triumphzug ein Eutrop. II 99; enttäuscht → Tarbigilus und treibt ihn dadurch zum Angriff Eutrop. II 178; ignoriert die Gefahr Eutrop. II 304; im Kronrat Eutrop. II 346, 365; → Leo als sein → Aiax Eutrop. II 386; sein Unglücksjahr Eutrop. II 481. Excubiae: Allegorie des nächtlichen Wachens; auf dem Venusberg als Verhaltensweise der Verliebten Epithal. Hon. 80. Fabius: römischer Gentilname; Q. Fabius Maximus (Cunctator) rettete Rom durch seine Hinhaltetaktik im Zweiten Punischen Krieg gegen → Hannibal; 4 cons. Hon. 407, Gild. 89, Get. 139; wird durch den Eunuchen-Konsul entehrt Eutrop. I 437; sein Andenken wird durch → Stilicho gerettet Stil. I 382. Fabricius: römischer Gentilname; C. Fabricius Luscinus, im Krieg gegen die Samniten und Tarent mehrfach erfolgreich und in Verhandlungen mit → Pyrrhus (→ Aeacides) unbestechlich und von Luxus nicht zu beeindrucken; als Ideal der Genügsamkeit Rufin. I 201; als Vertreter altrömischer Tugend 4 cons. Hon. 414; verhindert den Giftmord des Gegners durch einen Verräter Gild. 272; würde mit → Stilicho zusammenarbeiten Mall. Theod. 165; soll sich gegen die Entehrung durch den Eunuchenkonsul wehren Eutrop. I 453; unbestechlich und unbesiegt Get. 131; freut sich im Elysium über Stilichos Konsulat Stil. II 380; seine beiden Triumphe in den Samnitenkriegen im Vergleich mit Stilichos Adventus Stil. III 32. Fāma: Allegorie der Kunde von einer Neuigkeit; verbreitet die Nachricht vom Konsulat des → Theodorus Mall. Theod. 270; verbreitet die Nachricht von → Stilichos Konsulat Stil. II 408; verbreitet die Nachricht vom Goteneinfall Get. 201. Famēs: Allegorie des Hungers; als Unterweltskreatur Rufin. I 31; als Begleiterin des → Alaricus 6 cons. Hon. 322. Fānum Fortūnae: Stadt in den Marken, heute Fano; wird von → Honorius besucht 6 cons. Hon. 500.



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Faunī: Waldgottheiten; finden keine Freude am Spiel der → Terpsichore Epithal. Hon. praef. 13; kehren nach dem Abzug von → Alaricus nach Italien zurück 6 cons. Hon. 200. Favōnius: Frühlingswind Olybr. Prob. 272. Fēlīx: Beiname einer Abteilung, die zum Kampf gegen → Gildo eingeschifft wird Gild. 421. Fidēs: Allegorie der Treue; gewinnt unter → Theodosius an Macht Rufin. I 53; jubelt mit → Pax zusammen unter → Stilichos und → Honorius’ Regierung Mall. Theod. 171; als Schwester der → Clementia eine Haupttugend des Stilicho Stil. II 30; Stilichos Tugend als Ziehvater des Honorius 6 cons. Hon. 585. Firmus: Sohn des maurischen Klientelkönigs Nubel, Bruder von → Gildo, 370– 374 als Usurpator in → Africa, wurde von → Theodosius senior im Auftrag von Kaiser Valentinian I. besiegt (Ammianus Marcellinus 29, 5) Gild. 333, 343, 347; [von Gildo im Stich gelassen Gild. 261]. Flaccilla (→ Augusta, → Aelia): Mutter des → Honorius, als Gemahlin von Kaiser → Theodosius früh verstorben (356–386) Epithal. Hon. 43; regina: gibt dem kleinen Sohn spielerisch die Krone 4 cons. Hon. 166. Flāminia via: führt von Ariminum nach Rom und dort über das Marsfeld zum Forum; von Zuschauern gesäumt Stil. II 397. Formīdo: Allegorie der Furcht: spannt die Rösser an den Wagen des → Mars Rufin. I 343; schreitet vor dem Wagen des Mars Stil. II 376. Fortūna: Göttin, die nach stoischer Vorstellung im Unterschied zum Fatum nach dem Zufallsprinzip Glück oder Unglück bringt; in der Gleichsetzung mit der griechischen Tyche, die für den Erfolg des Kriegs sorgt, ist sie eine Voraussetzung des guten Feldherrn und Herrschers; unterstützt beständig Mitglieder der gens Anicia (→ Auchenius, → Amniadae) Olybr. Prob. 11; → Probus bezwingt sie durch virtutes Olybr. Prob. 39; bringt → Rufinus an die Macht Rufin. I 143; invida: nimmt die Chance auf den Sieg über die Goten Rufin. II 194; ihr Unrecht ist mit dem Tod des Rufinus nicht ausgeglichen Rufin. II 421; ardua Fortuna: metonym. für hohe soziale Stellung 3 cons. Hon. 13; bestimmt → Honorius’ Lebensweg 4 cons. Hon. 214; erringt durch → Stilicho Ehre Epithal. Hon. 328; schützt das Heer auf dem Feldzug in → Africa Gild. 504; kann der → Virtus nichts anhaben Mall. Theod. 2; regiert gnadenlos die Welt Eutrop. I 24; entstellt → Eutropius physisch Eutrop. I 121; stürzt Eutropius Eutrop. praef. II 5; lässt Ostrom unter Eutropius leiden Eutrop. II 551; muss Stilicho nicht unterstützen, weil er alles durch eigene Leistung schafft Stil. I 363; dient dem Stilicho Get. 513; Fortuna Redux geleitet den Feldherrn siegreich heim 6 cons. Hon. 1; als Anstifterin des Usurpators → Eugenius, um Honorius die Regierung im Westen zu verschaffen 6 cons. Hon. 88; befreit Italien von Invasoren 6 cons.

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Hon. 341; Fortuna von → Fanum 6 cons. Hon. 500; belohnt Stilichos Mühen als Erzieher des Honorius 6 cons. Hon. 578. Francia: Reich der Franken (→ Francus); → Stilicho bestimmt seine Könige (Bestrafung von → Marcomeres, → Sunno) Stil. I 237. Francus: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft; von → Stilicho ohne Krieg vertraglich an Rom gebunden 4 cons. Hon. 447, Eutrop. I 394, Stil. I 189, 227, Stil. II 243. Frīgidus: Fluss in Slowenien, heute Wippach; Ort der Entscheidungsschlacht des → Theodosius gegen → Arbogastes und → Eugenius 3 cons. Hon. 99. Furiae: die drei Rachegöttinnen (→ Erinys, → Eumenides) → Allecto, → Megaera und Tisiphone; werden von Allecto zum Handeln gegen den Friedenszustand der Welt unter → Theodosius aufgerufen Rufin. I 60; Megaera, fordert → Rufinus zum Handeln auf Rufin. I 172; sehen ihre Gelegenheit zur Machtübernahme auf Erden Rufin. I 359; sollen → Constantinopolis als Sühneopfer für die Welt nehmen Eutrop. II 39; als Anstifterinnen zu Untaten und Krieg Mall. Theod. 170, Stil. II 84, 6 cons. Hon. 105. Gabīnus (Adj.): zu Gabii, Stadt in Latium; cinctus: rituelle Drapierung der Toga bei bestimmten Staatsakten 3 cons. Hon. 3, 4 cons. Hon. 6; ebenso habitus: 6 cons. Hon. 594; metonym. für weströmisch: fasti: Stil. II 307, robur: Stil. III 83. Gādēs: Stadt in Spanien; als Grenze der Welt im Westen (an den Säulen des Herakles) 4 cons. Hon. 43, Gild. 159, Get. 202; als Ort des Sonnenaufgangs zum Ausdruck der Verkehrung der Naturabläufe Eutrop. I 353. Gaetūlia: Landschaft in Nordwestafrika; reich an Löwen Mall. Theod. 307. Gaetūlus: Angehöriger eines nomadischen Volks in → Gaetulia; als Löwenjäger Rufin. I 226; Gaetūlus (Adj. zu → Gaetulia): harenae: als Adynaton: → Aquilo bringt (nicht) Winterfrost nach Afrika Get. 60; iuga: von → Honorius im Traum gesehen Gild. 357; messis: afrikanische Getreideernte Gild. 57; patri: junger Löwe im epischen Gleichnis 3 cons. Hon. 81; Syrtes: im Völkerkatalog von → Gildos Kämpfern Stil. I 258; undae: vor der Küste Algeriens im Kriegseinsatz des → Stilicho 4 cons. Hon. 438. Galaesus: Fluss in Unteritalien bei → Tarentum; von → Tiberinus eingeladen Olybr. Prob. 260. Galata: Angehöriger einer keltischen Völkerschaft in Kleinasien (Galatia); ductor: oft als Sklavenhändler tätig (vgl. Ammianus Marcellinus 22, 7, 8) Eutrop. I 59; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 203; als östliche Nachbarn von → Phrygia Eutrop. II 240; als angebliches Ziel der Goten unter → Tarbigilus Eutrop. II 467.



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Galatēa: sizilische Meeresnymphe; bringt eine Perlenkette als Hochzeitsgeschenk Epithal. Hon. 166. [Galla Placidia: progenita Augustis, Augustorum soror: Tochter des → Theodosius aus seiner Ehe mit Galla, der Tochter des Kaisers → Valentinianus I., und Halbschwester von Kaiser → Arcadius und → Honorius, als Braut des → Eucherius auf der trabea des → Stilicho imaginiert Stil. II 357.] Gallia: hat im äußersten Westen einen Unterweltszugang (vgl. Homer, Od. 11,13–37) Rufin. I 123; bedroht nach → Rufinus’ Darstellung Ostrom Rufin. II 147; hört auf → Honorius 4 cons. Hon. 392; reich an Gelehrten 4 cons. Hon. 582; als Diözese des weströmischen Reichsteils, ihre Vertreter nehmen an der Einführung des Konsuls in Mailand teil Mall. Theod. praef. 8; leistet Kriegsdienst Stil. III 53; von → Stilicho gegen Germaneneinfälle geschützt Stil. I 20; liefert an Rom Getreide Stil. I 317; als Allegorie: fordert mit einer Rede vor → Roma Stilichos Konsulat Stil. II 241. Gallicus (Adj. zu → Gallus): armenta: weiden friedlich in der Nähe der → Franci Stil. I 227; fertilitas: Getreideversorgung für Rom Stil. II 394; lustra: von → Leontodame nach Tieren für Stilichos Spiele durchsucht Stil. III 303; proelia: Caesars Kriege in Gallien 6 cons. Hon. 399; robora: werden mit den östlichen Truppen von → Stilicho vereint Rufin. II 105; rura: Getreideversorgung für Rom Stil. III 91, Fluchtziel ängstlicher Römer vor den Goten Get. 296; silva: reich an wilden Tieren Mall. Theod. 308. Gallus: Angehöriger des keltischen Volks bzw. Bewohner der römischen Provinzen Galliae; → Senones als Zerstörer Roms und Gegner des → Camillus Olybr. Prob. 149, 4 cons. Hon. 408; unter Stilichos Kommando Rufin. II 110, 155, 174, Eutrop. II 539; von Stilicho verteidigt Epithal. Hon. 119; als Gründer Mailands (→ Mediolanum, → Ligus) Epithal. Hon. 182; unterstützt Rom im Kampf gegen → Gildo Gild. 431; in → Phrygia siedelnd (→ Galata) Eutrop. II 248; von → Gildo unterschätzte Kämpfer Stil. I 350; bedankt sich für den Friedensschluss mit den Germanen Stil. II 186; als früherer Feind Roms Stil. III 143; wird vom Gerücht über den Goteneinfall erreicht Get. 200; als Fluchtziel des → Alaricus 6 cons. Hon. 232. Gallus (Adj.): limes: Reichsgrenze, die von → Stilicho gesichert wird 4 cons. Hon. 459. Gallus: Fluss in → Phrygia; als Nebenfluss des → Sangarius Eutrop. II 263. Gangēs: Strom in Indien; als Ziel des römischen Weltreichs Olybr. Prob. 163, 3 cons. Hon. 203; zur Angabe der Ostgrenze des Reichs, dessen Völker alle in Angst vor → Rufinus leben Rufin. I 293; von → Bacchus besiegt 4 cons. Hon. 610; als machtvoller, aber ruhig fließender Strom Mall. Theod. 236; Schauplatz

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von → Alexanders Schlacht gegen → Porus, zum Vergleich mit dem Krieg gegen → Gildo Stil. I 266. Garamāns: Angehöriger einer nordafrikanischen Völkerschaft; mit → Gildo verbündet Stil. I 255; im Krieg unterlegen Stil. I 355. Gargānus: apulisches Gebirge; wird (in der Vorstellung einer neuen Gigantomachie) auf die → Alpes getürmt 4 cons. Hon. 106; als Jagdgebiet der → Hecaerge Stil. III 308. Gargara: Stadt und Umland in der Troas; ertragreich an Getreide 6 cons. Hon. 389. Garunna: Fluss in → Gallia; Herkunftsgebiet gallischer Abteilungen unter → Stilichos Kommando Rufin. II 113. Gelōnus: Angehöriger der skythischen Völkerschaft; als Gegner des → Mars Olybr. Prob. 119, Eutrop. II 103; gehört zu den Völkern, die → Rufinus ins Reich holt Rufin. I 313; Feind an der Nordostgrenze 3 cons. Hon. 27; unterwirft sich dem → Stilicho 4 cons. Hon. 486; von → Theodosius besiegt Epithal. Hon. 221; als Reiter berühmt, wird von → Honorius im Reiten übertroffen Fescenn. I 3; unterstützt Theodosius im Bürgerkrieg Gild. 245; fällt ins römische Reich ein Stil. I 110. Germānia: steht i.d.R. für die rechtsrheinischen Gebiete, die von den Römern nicht beherrscht werden; metonym. für Norden 3 cons. Hon. 18; soll im Krieg gegen → Gildo helfen Gild. 372; von → Stilicho ohne Krieg vertraglich an Rom gebunden Stil. I 192, Stil. II 286, würde in einem Triumphzug präsentiert Stil. III 25; bleibt beim Goteneinfall friedlich Get. 423. Germānicus (Adj.): als Triumphname des Kaisers Eutrop. I 395; foedera: Verträge mit den Germanen unter der Herrschaft des → Augustus 4 cons. Hon. 455. Germānus: Angehöriger der Völkerschaft der Germanen bzw. Einwohner der Provinz Germania; sucht den Friedensschluss mit Rom; von → Stilicho und dem Kaiser ohne Krieg vertraglich an Rom gebunden Eutrop. I 379, Stil. I 209, Stil. II 243; seine Sümpfe als Jagdgebiet der → Leontodame Stil. III 304. Germānus (Adj.): exul: → Arbogastes (→ Francus) 4 cons. Hon. 74; Tethys: metonym. für die Diözese, die → Theodorus als Praefectus praetorio führt Mall. Theod. 50. Gēryonēs: dreiköpfiger Riese im äußersten Westen; von → Hercules bezwungen Rufin. I 294. Geta: eigentlich Angehöriger einer thrakischen Völkerschaft, von Claudian aber i.d.R. mit den Westgoten gleichgesetzt; fällt, von → Rufinus aufgehetzt, ins Reich ein Rufin. I 308, 319; in seine Tracht kleidet sich Rufinus ein Rufin. II 83; profitiert von der discordia im Reich Rufin. II 235; müsste die von → Gildo gequälte → Roma bemitleiden Gild. 37; unterstützt → Theodosius im Bürgerkrieg Gild. 245; verhandelt mit → Eutropius Eutrop. I 242; von → Stilicho bekämpft Stil. I 111; der Sieg über die Goten als Thema des Dichters



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Get. praef. 6; von Stilicho besiegt Get. 33; darf zum Schutz von Rom nicht zu Verzweiflungstaten gereizt werden Get. 99; muss in den Alpen (→ Alpis) für den Einfall büßen Get. 195; scheint überall Zugang zu erhalten Get. 215; fällt dank günstiger Gelegenheit in Italien ein Get. 279; wird der Hoffnung beraubt Get. 470; Sprecher im Ältestenrat Get. 481; fällt bei → Pollentia genauso wie die → Cimbri unter → Marius Get. 645; als Kriegsgegner 6 cons. Hon. 123; zieht aus Italien ab 6 cons. Hon. 179, 236, 274, 304; als Bedrohung für Rom 6 cons. Hon. 532. Geticus (Adj. zu → Geta): acervae: Gotische Leichenberge, die den → Alpheus und → Ladon stauen Stil. I 186; ala: von → Tarbigilus geführte Auxiliareinheit Eutrop. II 176; bellum: Einfall des → Alaricus in Italien verlockt → Raetia zum Abfall Get. 380, die Beendigung des Gotenkrieg verlangt den Adventus des Kaisers 6 cons. Hon. 384, bella: Stilichos Leistung bei der Abwehr der Goten im Vergleich mit der Abwehr des → Porsenna durch Horatius → Cocles 6 cons. Hon. 490; catervae: von → Stilicho abgewehrt Rufin. I 316, überfallen Europa Rufin. II 36; di: sollen den Rückzug verhindern Get. 528; fauces: müssen von Italien abgewehrt werden wie → Harpyiae Get. 30; frons: als Siegeskranz um die fasces 647; Haemus: als Schauplatz der Kämpfe des → Mars Olybr. Prob. 120; nex: das Blutbad wird von → Arethusa auf Sizilien wahrgenommen Rufin. praef. II 12; plaustra: Einfall der Goten in → Moesia vor der Schlacht von Adrianopel 4 cons. Hon. 53; Plaustrum: Sternbild des Großen Wagens (→ Arctos, → Triones) mit Anspielung auf die nordische Herkunft und nomadische Lebensweise der Goten Get. 257; populatus: gotischer Einfall in → Phrygia Eutrop. II 274; sanguis: an der Grenze zu Thrakien (→ Thrace) abgewehrt 3 cons. Hon. 147; triumphus: Sieg über Alaricus bei → Verona 6 cons. Hon. 201. Gigantēus (Adj. zu → Gigans): furiae: als Hybris des → Alaricus 6 cons. Hon. 185. Gigans: Giganten, Söhne der Erde, stürmen den → Olympus (Gigantomachie); von → Hercules abgewehrt 4 cons. Hon. 534; hängen am Tarpeischen Felsen (→ Tarpeius) 6 cons. Hon. 45. Gildō: Sohn des maurischen Klientelkönigs Nubel, seit 386 comes Africae, von → Theodosius zum magister militum per Africam  ernannt; 397 stellte er die Kornlieferung nach Rom ein, wurde darauf vom römischen Senat zum hostis publicus erklärt Gild. 10, 66, 86, 90, 93, 113, 144, 145, 153, 238, 279, 335, 343, 383, 427, 489; im Vergleich mit dem Verrat des → Mettius Fufetius Gild. 254; seine Grausamkeit gegen den Bruder → Mascezel Gild. 390–398, 410; von der oströmischen Regierung anerkannt Eutrop. I 399; flieht vor → Stilichos Zorn Eutrop. I 505; wird auf der Flucht von den Winden aufgehalten Eutrop. praef. II 70; 398 militärisch besiegt und auf der Flucht in → Thabraca gefangen und hingerichtet: Roms Jubel über den Sieg Stil. I 4; als Verursacher des Kriegs in

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→ Africa Stil. I 249; als besiegter Gegner des Stilicho im Vergleich mit → Porus und → Memnon Stil. I 269; als tyrannus Stil. II 190; Africa erwartet Stilichos Konsulat für den Sieg über ihn Stil. II 258; wird als ehemaliger Gegner des Theodosius (Gild. 246) von dessen Sohn → Honorius besiegt 6 cons. Hon. 105. Gir: äthiopischer Fluss (→ Aethiops), möglicherweise ein Abschnitt des → Nilus (Plin. nat. 5,53: spricht von Giris; Girraeus als Anwohner wird in Claudians Nilus-Gedicht carm. min. 28, 21 genannt); zur Angabe der Verbündeten des → Gildo Stil. I 252. Glaucus: Meeresgottheit, von → Circe verwandelt; windet sich einen Kranz für die Meerfahrt der → Venus Epithal. Hon. 158. [Glaucus: vom Tod wiedererweckter Sohn des Minos (→ Minous) Get. 443] Gorgō: Beiname der → Medusa, von → Perseus besiegtes Ungeheuer, dessen Blick versteinert; Perseus benutzt ihr Haupt als Waffe Rufin. I 280; das Medusenhaupt auf der Aegis der → Pallas Athene schützt Rom Stil. III 168; zum Vergleich mit der vor Eis erstarrten Landschaft in → Raetia Get. 342. Gorgoneus (Adj. zu → Gorgo); venena: → Medusas Gift lässt in → Africa Schlangen entstehen (vgl. Lucan. 9, 624–701) 4 cons. Hon. 37. Gorty¯nius (Adj.): zu Gortyna, einer kretischen Stadt; metonym. für kretisch: spicula: von → Honorius im Training verwendet 4 cons. Hon. 527; tecta: Labyrinth des Minotaurus 6 cons. Hon. 634. Grādīvus: Beiname des → Mars; als Planet bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 167; gleicht Theodosius im Aussehen nach dem Kampf Olybr. Prob. 120; zieht mit → Stilicho in den Kampf Rufin. I 350; lässt seine Rösser am Po (→ Eridanus) bei → Honorius’ Amtsantritt in Mailand weiden 4 cons. Hon. 14; soll für die Hochzeitsfeier des Kaisers vom Kaiserhof ferngehalten werden Epithal. Hon. 190; sein Tätigkeitsbereich ist nicht für → Eutropius geeignet Eutrop. praef. II 61; beobachtet Eutropius’ Auszug nach → Ancyra Eutrop. II 103; seine triumphale Rückkehr im Vergleich mit Stilichos Adventus Stil. II 368; kämpft für Rom in der Schlacht bei → Pollentia Get. 599. Graecia: Griechenland; wird von → Rufinus verraten Rufin. II 187; von Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 473; fährt zur Rache für → Helenas Entführung nach → Troia Gild. 484; griechische Ansiedlung an der Westküste von → Phrygia Eutrop. II 246; von den Goten befreit Stil. I 184. Graius: Angehöriger des griechischen Volks; als Entwickler der Philosophie Mall. Theod. 84. Graius (Adj.): amictus: von den → Galatae angenommene Tracht Eutrop. II 250; amnes: von Gotenblut erwärmt Get. 515; castra: Lager der Griechen vor → Troia 6 cons. Hon. 474; libri: werden von → Maria studiert Epithal. Hon. 233; oppida: verkaufen ihre Unabhängigkeit an → Philippus von Makedonien Gild. 268;



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Quirites: Bürger von → Constantinopolis Eutrop. II 136; ruinae: vom Einfall der Goten verursacht 4 cons. Hon. 460; vates: griechische Dichter, die den Mythos von → Epimetheus tradieren Eutrop. II 497; vetustas: griechischer Mythos bzw. Tradition der griechischen Literatur Olybr. Prob. 198, 4 cons. Hon. 398. Gratia: Personifikation der Anmut, Grazie (→ Idalius); soll Blumenschmuck für die kaiserliche Hochzeit vorbereiten Epithal. Hon. 202. [Grātiānus: → Augustae umbrae, → Manes purpurei: die ermordeten Kaiser Gratianus II. und Valentinianus II. 4 cons. Hon. 95, 97.] Gruthungī: Angehörige einer gotischen Völkerschaft; dringen an der Donau über die Reichsgrenze 4 cons. Hon. 623, 635; werden unter der Führung von → Tarbigilus von → Mars nach → Phrygia gehetzt Eutrop. II 153; werden durch Bauernarbeit in ihrer Kriegerehre gekränkt Eutrop. II 196; als Problem im Kronrat (→ Leo) behandelt Eutrop. II 399; waren Teil der römischen Armee Eutrop. II 576. Hadriacus: unda: zur Angabe der von der Völkerwanderung betroffenen Gebiete zwischen dem Schwarzen Meer (→ Pontus) und der Adria Rufin. II 39. Haedī: Sternbild der Böckchen; kündigt Regen an Gild. 497. Haemonius: Einwohner des → Haemus; kennt → Alaricus aus Erfahrung Get. 165. Haemonius (Adj. zu → Haemus): orae: von den zurückgerufenen Soldaten verlassen Rufin. II 278. Haemus: Gebirge in Thrakien (→ Thrace); (→ Geticus) Aufenthaltsort des → Mars Olybr. Prob. 120, Rufin. I 334, 340, Eutrop. II 106, hallt von seiner Kriegsrede wider Eutrop. II 162; wird von den aus Griechenland zurückkehrenden Truppen durchzogen Rufin. II 290; vom Morgenstern (→ Lucifer) am Tag von → Rufinus’ Tod berührt Rufin. II 336; Unbesiegbarkeit des → Theodosius, selbst wenn die Gegner wie in der Gigantomachie (→ Gigans) → Caucasus und Haemus aufeinandertürmen 4 cons. Hon. 107; Schauplatz der Taten des → Stilicho Epithal. Hon. 309; als Grenze des oströmischen Territoriums zum Westen Eutrop. I 196; sein Land ist wegen des Schnees nicht zu bestellen Eutrop. II 565; als Schauplatz der Feldzüge des Theodosius, an denen Stilicho beteiligt ist Stil. I 131; hüllt sich in Schnee Get. 166; kann die Goten nicht abwehren Get. 177; ist im Gotenkrieg ausnahmsweise kein Schauplatz Get. 574. Haliacmōn: Fluss in Makedonien; kann die Goten nicht abhalten Get. 179. Halys: Fluss in Paphlagonien; als Westgrenze des Mederreiches 3 cons. Hon. 70; blutrot vom Durchzug fremder Völker Rufin. II 32; als Siedlungsgebiet der Kelten (→ Galata) Eutrop. II 251; metonym. für das Perserreich, das die Regierung eines Eunuchen anerkennen kann Eutrop. I 434.

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Hammōn: afrikanischer (→ Marmaricus) Gott in Widdergestalt, mit Zeus Amon bzw. → Iuppiter gleichgesetzt, hat sein Heiligtum mit Orakelstätte in der Oase Siwah in → Libya; weissagt bei der Geburt des → Honorius 4 cons. Hon. 143; wird selbst in der Wüste von der Tyrannei des → Eutropius erreicht Eutrop. I 180; warnt die → Nasamones vergeblich davor, → Gildo zu unterstützen Stil. I 255. Hannibal: karthagischer Feldherr, der den Zweiten Punischen Krieg führte; fürchtet sich am Ende vor der Toga der römischen Beamten Eutrop. I 463; im Vergleich mit der Bedrohung Roms durch → Gildo Gild. 83, Stil. praef. III 22; im Vergleich mit der Bedrohung Roms durch → Alaricus Get. 149, 154, 386. Harpy¯iae: Frauen mit Vogelkörper, die König Phineus quälten, indem sie seine Nahrung mit ihrem Kot ungenießbar machten; wurden von den Argonauten vertrieben Get. 22, 28. Hasta (auch: Asta): Stadt im Piemont, heute Asti; vindex: als Ort eines Siegs über → Alaricus 6 cons. Hon. 203. Hebrus: Fluss in Thrakien (→ Thrace); reflektiert die Lanze des ruhenden → Mars Olybr. Prob. 123; als Schauplatz der Auseinandersetzung mit den Hunnen (→ Chūnus) Rufin. I 332, mit den Westgoten 3 cons. Hon. 147, 6 cons. Hon. 108, 524; erblasst vor → Stilichos Zorn Eutrop. I 504; erhebt sich beim Waffenklang des Mars aus der Flut Eutrop. II 165; ist gefroren Eutrop. II 414; als Schauplatz von → Stilichos Kämpfen Stil. I 22. Hecaërgē: skythische Jägerin (→ Scythia); Schwester der → Opis, im Gefolge der → Diana Stil. III 253; jagt in → Italia (→ Alpis, → Appenninus, → Garganus) Stil. III 308. Hecatē: Göttin der magischen Künste, oft mit → Diana gleichgesetzt; als Mondgöttin von Hexen beeinflusst; in nächtlichen Riten von der verwandelten → Megaera gerufen Rufin. I 155. Hector: wichtigster trojanischer Held, tötet Patroclus im Kampf und unterliegt dem → Achilles im Zweikampf, der seinen Leichnam schändet, indem er ihn am Streitwagen um → Troias Mauern schleift Stil. I 98. [Helena: Tochter des → Iuppiter und der → Leda; ihre Entführung verursacht den Trojanischen Krieg; soror: als Schwester von → Castor und → Pollux 4 cons. Hon. 208.] Hēliades: Töchter des → Sol (→ Phoebus), in Trauer um ihren Bruder → Phaëthon werden sie in Pappeln verwandelt; ihre Tränen sind als Bernstein im Po (→ Eridanus) zu finden (Ovid, met. 2, 320–366) 6 cons. Hon. 164; Phaëthonteae sorores: 3 cons. Hon. 125. Helicē: Sternbild der Großen Bärin (→ Arctos), in die → Callisto verwandelt wurde Mall. Theod. 299.



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Helicōn: Berg der Musen in Boeotia (→ Aonius; → Aganippe); ist verteidigt und soll von den Musen wieder zugänglich gemacht werden Rufin. praef. II 1; ist erfreut über die Nachricht vom designierten Konsul Mall. Theod. 272; ist den Musen weniger vertraut als das Haus des → Theodorus Mall. Theod. 279*. Hellēspontiacus (Adj.) zu Hellespontus, den Dardanellen, metonym. für → Constantinopolis: signa: das oströmische Heer unter dem Kommando des Eunuchen Eutrop. I 256. [Hērāclītus: Vorsokratiker, nach dessen Lehre der Feueräther als Prinzip aller Dinge gilt Mall. Theod. 71] Herculēs (→ Alcides): Sohn des → Iuppiter und der → Alcmena, musste dem → Eurystheus dienen und zwölf Aufgaben erfüllen (→ Herculeus); tötet im Wahnsinn (→ Megaera) seine Frau und die Kinder Rufin. I 79; stammt aus → Thebae 4 cons. Hon. 132; von der Amazone → Hippolyte abgewiesen, deren Keuschheitsgürtel er gewinnen muss Fescenn. I 38, bringt Hippolyte mit seinem Bogen zu Fall Eutrop. I 332; trägt für → Atlas das Himmelsgewölbe, im Vergleich mit → Stilicho als Stütze des Reichs nach dem Tod des → Theodosius Stil. I 143. Herculeus (Adj. zu → Hercules): actus: im Vergleich mit → Stilichos Leistung werden als Tatenkatalog genannt: der Nemeische Löwe (→ Cleonaeus), der erymanthische Eber (→ Arcadia), → Antaeus, der kretische Stier (→ Creta), die Hydra (→ Lernaeus), der dreiköpfige → Geryones, → Cerberus Rufin. I 284; cohors: im Krieg gegen → Gildo eingesetzt Gild. 418; finis: Grenzen der Welt im Westen (Säulen des Herakles) 3 cons. Hon. 208; lacerti: erwürgen den Nemeischen Löwen Mall. Theod. 302, retten Alcestis vor dem Zugriff des Todes Get. 438; nomen: nach Herakles benannte Stadt Herakleia Perinthos Rufin. II 292; os: zornige Miene über Aufträge des → Eurystheus Get. 377; rogus: Tod und Apotheose am → Oete 3 cons. Hon. 115. Hercynia silva: Teil der Mittelgebirge im rechtsrheinischen Germanien; Gebiet der → Bructeri 4 cons. Hon. 451; durch → Stilicho für Römer gefahrlos zugänglich Stil. I 228; an der Grenze zu → Raetia Get. 330. Hermus: Gold führender Fluss in → Lydia; im Vergleich mit der Großzügigkeit des → Probus Olybr. Prob. 53; könnte die Habgier des → Rufinus nicht stillen Rufin. I 103; fließt für die Habgier des → Eutropius Eutrop. I 214; mit Weinbau (→ Nysaeus) gesegnet, stöhnt auf, als er die Lanze des → Mars spürt Eutrop. II 172; führt seit der Geburt des → Bacchus Gold Stil. III 228, 232. Hesperia: Italien; unter dem Schutz des Praefectus praetorio → Probus Olybr. Prob. 168; wird von → Theodosius senior aufgesucht, um → Honorius im Traum zu warnen Gild. 326; wird von → Stilicho beschützt Eutrop. II 537; fasst durch das Vorbild des Honorius Mut Get. 317; von → Theodosius gegen Usurpatoren

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verteidigt Rufin. II 2, 6 cons. Hon. 91; von → Marcus Aurelius verteidigt 6 cons. Hon. 341. Hesperides: Töchter des → Atlas, bewachen die Gärten mit goldenen Äpfeln, die → Hercules ihnen gewaltsam nimmt; ihre Gärten sind geplündert (vgl. Lucan 9, 357 f.) 4 cons. Hon. 38; in der Nähe des → Triton als Schauplatz des Kriegs gegen → Gildo Stil. I 252; müssen in → Libya die Löwen fürchten Stil. III 335. Hesperius (Adj. zu → Hesperia): axis: glücklich durch → Stilichos Kommando Rufin. II 265; → Eutropius: als Adynaton: Er wird kein Bewohner der Westhälfte sein Eutrop. praef. II 36; ora: Italiens Grenze nach → Raetia Get. 340; origo: Spanien als Herkunftsland von Kaisern 4 cons. Hon. 129; partes: die weströmische Reichshälfte, die der Entehrung des Konsulats entgegenwirkt Eutrop. II 124; terrae: sollen von den Goten verlassen werden Get. 501; urbes: von → Arbogastes besetzte Städte 3 cons. Hon. 66. Hesperus: Abendstern; gibt den Zeitpunkt an, zu dem das Brautpaar ins Gemach geleitet wird; bei der Hochzeit von Peleus und → Thetis Epithal. Hon. praef. 16; von → Venus geliebt Fescenn. IV 2. Hibēria: Spanien; muss die bedrohliche Nachbarschaft zum → Maurus nicht fürchten Stil. I 19. Hibērus: Fluss in Spanien, heute Ebro; zur Angabe der Herkunft des → Theodosius und der → Serena Epithal. Hon. 40; dives durch Handel auf dem Wasserweg, zur Angabe der praefectura per Gallias Mall. Theod. 53. Hibērus: Spanier; zur Angabe der Westgrenze des Reichs, dessen Völker alle in Angst vor → Rufinus leben Rufin. I 293; Herkunftsnation des → Theodosius und seiner Familie 4 cons. Hon. 393, soll aus der Ferne die kaiserliche Hochzeitsfeier hören Fescenn. II 21; extremi: Rom schickt seine Truppen an die Grenze der Welt (möglicherweise auch → Hiberus, Georgien) Stil. III 147. Hibērus (Adj. zu → Hiberia): domus: Spanien als Herkunftsland von Kaisern 4 cons. Hon. 20; fluvii: Gold führende Flüsse in Spanien (→ Tagus) Olybr. Prob. 48; fulgor: Gold aus Spanien 4 cons. Hon. 587; progenies: → Honorius als Sohn des Spaniers → Theodosius Stil. II 236; segetes: Getreidelieferung aus Spanien Eutrop. I 407; speluncae: Jagdgebiet der → Thero Stil. III 309. Hibērus: Bewohner der Landschaft Hiberia im heutigen Georgien; unterstützt → Theodosius gegen → Eugenius Stil. I 155; extremi: Rom schickt seine Truppen an die Grenze der Welt (möglicherweise auch → Hiberus, Spanien) Stil. III 147. Hippolytē: Amazonenkönigin (→ Amazon), Tochter des → Mars; ihr Zaubergürtel muss von → Hercules entführt werden; würde sich dem → Honorius ergeben Fescenn. I 35; wird als Kriegerin von Hercules überwunden Eutrop. I 333. [Hippolytus: iuvenis … laniatus fraude novercae: verweigert sich der Liebeswerbung seiner Stiefmutter → Phaedra, die ihn bei ihrem Mann → Theseus verleumdet,



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der durch einen Fluch den Tod seines Sohnes verursacht; wird auf Wunsch seiner Schutzgöttin → Diana (→ Latonia) wieder ins Leben gerufen und als Gott → Virbius in Aricia verehrt Get. 440.] Hispānia: Spanien; als Heimat des → Theodosius 3 cons. Hon. 177, Stil. III 53; als Herkunftsland von römischen Kaisern 4 cons. Hon. 127; als Allegorie: fordert mit einer Rede vor → Roma → Stilichos Konsulat Stil. II 230. Hispānus: Einwohner von Spanien; unter → Stilichos Regierung Rufin. II 155. Hispānus (Adj. → Hispania); fretum: als Schauplatz der Punischen Kriege Gild. 81; Oceanus: als Schauplatz des Zweiten Punischen Kriegs Stil. praef. III 8; penates: Herkunft des → Hosius Eutrop. II 353; Tethys: metonym. für die Diözese des Praefectus praetorio → Theodorus Mall. Theod. 50; urbes: als Schauplätze von Kriegen Roms Stil. III 142. Hister: Unterfluss der Donau (→ Danubius); als Einsatzort für → Theodosius Olybr. Prob. 135, 3 cons. Hon. 25; gefroren 3 cons. Hon. 150; sein Zulauf beeinflusst den Meeresspiegel (→ Nereus) nicht Rufin. I 184; metonym. für die Völker, die von → Rufinus aufgehetzt werden Rufin. I 308; vom Blut der → Gruthungi gefärbt 4 cons. Hon. 636; verehrt → Maria als Kaiserin Epithal. Hon. 277; könnte dem vereinten Reich keinen Widerstand leisten Gild. 312; erstarrt vor Furcht beim Waffenklang des → Mars Eutrop. II 165; Herkunftsgebiet des → Tarbigilus Eutrop. II 203; → Stilicho befriedet in Germanien das Gebiet zwischen Donau und Nord- und Ostsee Stil. I 215, Stil. III 13; seine Ufer werden im Frieden unter Stilicho mit Weinreben bebaut Stil. II 199; Mars kehrt von seinen Ufern aus dem Kampf heim Stil. II 367; als Heimat der Goten (→ Getae) Get. 81, 170, 489; bei ihm schwört → Alaricus einen Eid, Rom einzunehmen Get. 81; mündet ins Schwarze Meer (→ Thracia Amphitrite) Get. 337; seine Völker lauern auf Gelegenheit, ins Reich einzufallen Get. 569; allegorisch für den Sieg über seine Völker: seine Hörner werden gebrochen Get. 603, als Heimat der Goten und → Alani 6 cons. Hon. 220, als Heimat kriegerischer Völker 6 cons. Hon. 413, metonym. für die besiegten Goten 6 cons. Hon. 648. Hivernē* → Iūernē Honōriadēs: (nie geborener) Sohn des → Honorius, den man aus der Ehe mit → Maria erwartet, als Enkel auf → Stilichos Knien reitend imaginiert Epithal. Hon. 341; als puer auf Stilichos trabea dargestellt Stil. II 345, 349. Honōrius: Sohn des → Theodosius, römischer Kaiser (* 384, reg. 395–423, → Augustus), steht nach dem Tod des Vaters unter der Vormundschaft des → Stilicho, dessen Tochter → Maria er 398 heiratet; von → Iustitia als Garant des Goldenen Zeitalters angekündigt Rufin. I 372; wird mit Freuden von seinem divinisierten Vater beobachtet 3 cons. Hon. 180; ihm leisten die germanischen Völker den Eid 4 cons. Hon. 448; von → Amors Pfeil getroffen Epithal. Hon. 118,

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258; seine Schönheit als Bräutigam Fescenn. IV 37; von → Iuppiter angekündigter Rächer Gild. 205; wird im Traum von → Theodosius senior aufgesucht Gild. 327, soll → Gildo nicht die Ehre erweisen, selbst gegen ihn anzutreten Gild. 382; seine Ansprache an das Heer Gild. 427–466; schützt das Heer durch seine → Fortuna Gild. 499; unter Stilichos Schutz und Erziehung Stil. II 62; deus: ehrt mit seiner Anwesenheit den mons → Palatinus wie → Apollo → Delphi 6 cons. Hon. 36; triumphierend über den → Hister 6 cons. Hon. 648; gener: Schwiegersohn des Stilicho Epithal. Hon. 336, Mall. Theod. 266, Eutrop. I 378, Stil. II 77, Stil. III 234, Get. 309, 6 cons. Hon. 95, 580. Honōs: Allegorie der Ehre und Anerkennung durch die politische Karriere, umwirbt die → Virtus Mall. Theod. 8. Horae: Allegorie der Stunden; markieren Blüten mit dem Konsulatsjahr des → Olybrius und → Probinus Olybr. Prob. 278. Horatius → Cocles Hosius: magister officiorum am oströmischen Hof, an der Regierung mit → Eutropius beteiligt und vermutlich auch mit ihm gefallen; hat den zweiten Rang im Kronrat Eutrop. II 346; dreht ein Schwein am Spieß Eutrop. II 446; als satelles des Eutropius Eutrop. II 559. Hūnus: → Chūnus Hyas (meist Pl. Hyades): Sternbild; bringt Regen Gild. 498; verstirnte Schwestern des → Phaëthon (→ Heliades) 6 cons. Hon. 173. Hyblaeus (Adj.): zu Hyble, Berg auf Sizilien, der berühmt für seine Honigbienen war; favi: die Waben werden von den Bienen verteidigt Fescenn. IV 8; senex: Imker 6 cons. Hon. 260. Hydaspēs: Fluss in Indien; als Ziel von → Romas Speer Olybr. Prob. 80; → Stilichos Truppen würden ihm dorthin folgen Rufin. II 243; metonym. für Indien, das Königreich des → Porus, das von → Alexander in der Schlacht am Hydaspes erobert wurde Mall. Theod. 29; liefert Edelsteine für die Amtstracht des → Honorius 4 cons. Hon. 601. Hydaspēus (Adj. zu → Hydaspes): gemmae: Edelsteine der Amtstracht des → Honorius 3 cons. Hon. 4. Hydra: von → Hercules besiegtes Ungeheuer von Lerna (→ Lernaeus), dessen Köpfe nachwachsen, wenn sie abgeschlagen werden Rufin. I 290, 296; zum Vergleich mit der Unersättlichkeit der → Avaritia 4 cons. Hon. 254. Hymēn: Gott der Vermählung (→ Hymenaeus); hält Claudian von Preis der militärischen Taten des → Stilicho ab Epithal. Hon. 312. Hymenaeus: Gott der Vermählung; soll die Hochzeitsfackeln für das kaiserliche Brautpaar vorbereiten Epithal. Hon. 202.



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Hypanis: Fluss in Sarmatien, heute Südlicher Bug; als Schauplatz von Kämpfen des → Traianus 6 cons. Hon. 337. Hyperboreus (Adj.): zur Bezeichnung eines Gebiets im hohen Norden; arae: Kult für → Apollo bei den Skythen 6 cons. Hon. 26; pruinae: metonym. für → Scythia, dem Herkunftsland von → Hecaerge und → Opis Stil. III 256; sidus: → Stilichos Truppen würden ihm in den äußersten Norden folgen Rufin. II 240; undae: Nordmeer, von → Theodosius senior befahren 3 cons. Hon. 56. Hyrcānus (Adj.): zu Hyrcania, Landschaft am Kaspischen Meer (→ Caspius): belua: Tigerin, die besonders gefährlich ist, wenn sie ihre Jungen verteidigt Rufin. I 227; Feind an der Ostgrenze 3 cons. Hon. 35. Iāniculus: einer der Hügel von Rom; als Schauplatz des Kampfes gegen → Porsenna Eutrop. I 443. Iānus: Gott des (Jahres-)anfangs, der mit zwei Gesichtern (bifrons) in Vergangenheit und Zukunft zugleich blickt; protestiert gegen die Ernennung des → Eutropius zum Konsul Eutrop. I 319; sein Tempel wird geschlossen, wenn Frieden im Reich herrscht Stil. II 287, 6 cons. Hon. 638. Īapetīonidēs: → Prometheus und → Epimetheus als Söhne des Giganten Iapetus Eutrop. II 491. Īcarius (Adj.): zu Icarus, dem Sohn des Künstlers Daedalus; er soll bei der Flucht von → Creta mit dem vom Vater erfundenen Flugwerk im Ägäischen Meer (→ Aegeus) abgestürzt sein; pelagus: östliche Ägäis, in die die Flüsse → Maeander und → Marsyas münden Eutrop. II 265. Īda: Gebirge in der Troas; metonym. für → Troiani, in Angst vor → Achilles Epithal. Hon. 18; Sitz der Göttermutter → Cybele Gild. 118, Eutrop. II 279; aus seinen Wäldern zieht → Memnon mit seinen Kämpfern nach → Troia, zum Vergleich mit → Gildos Kämpfern Stil. I 264. Īda: Berg auf → Creta (→ Dictaeus); als Jagdgebiet der Nymphe → Britomartis Stil. III 251. Īdaeus (Adj. zu → Ida): antra: Höhle im kretischen Gebirge, wo der neu geborene → Iuppiter versteckt wurde (→ Corybas) 4 cons. Hon. 197. Īdalius (Adj.): zu Idalium, Stadt auf Zypern mit Heiligtum der →Venus: metonym.: zu Venus gehörig: iubar: → Hesperus als Stern, dessen Aufgang die verliebten Brautleute ersehnen Fescenn. IV 1; sorores: → Gratiae, die Venus frisieren Epithal. Hon. 101. Īdē → Īda Īlia: näht als Gattin des → Tiberinus sein Gewand Olybr. Prob. 225. Illyricum: als Diözese des praefectus praetorio Italiae, Illyrici et Africae umfasst es die Balkanhalbinsel, → Pannonia, Noricum (→ Noricus) und → Creta; als

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mögliches Ziel eines gefährlichen Kriegszugs Stil. I 172; von → Alaricus regiert Eutrop. II 216, Get. 535. Illyricus (Adj.): damna: Verlust des Illyricum an → Alaricus soll von Stilichos Heer verhindert werden Rufin. II 201, belastet Rom neben dem drohenden Verlust → Africas an → Gildo Gild. 453; fines: sollen von → Stilicho verlassen werden Rufin. II 161; litus: auf der Reiseroute des → Honorius nach Italien 3 cons. Hon. 119; orbis: unter der Präfektur des → Theodorus Mall. Theod. 202; sinus: unter der Präfektur des → Probus Olybr. Prob. 60; strages: mästen die Schlangen der → Bellona Eutrop. II 111; tributa: werden durch Stilichos Eingreifen wieder dem Westreich gezahlt Stil. II 207; urbes: auf der Reiseroute des Honorius von → Constantinopolis nach Italien 6 cons. Hon. 92. Impetus: Allegorie der Angriffskraft im Kriegsfall; Begleiter der → Roma Olybr. Prob. 78. Īnachidēs: argivische Frauen (→ Argi, → Inachius), die nach dem Zug der Sieben gegen Theben ihre gefallenen Männer nicht bestatten dürfen und in → Athenae als Bittflehende von → Theseus Unterstützung erhalten Gild. 407. Īnachius (Adj.) zu Inachus, dem argivischen Flussgott, dem Vater der → Io und Ahnherrn des → Danaus; → Perseus als Sohn der → Danae und Abkömmling des Inachus Rufin. I 278; templa: Hauptheiligtum der → Iuno in Argos (→ Argi) Olybr. Prob. 196. Īnarimē: vulkanische Insel im Golf von Neapel, heute Ischia; als Kerker des Giganten → Typhoeus 6 cons. Hon. praef. 18. India: Indien; als Ziel der Eroberungszüge von → Bacchus und → Alexander, setzt der Expansion Roms keine Grenze Gild. 456; als Lieferantin von Edelsteinen Eutrop. I 225; als Erfinderin von monströsen Göttern Eutrop. I 357. Indigetēs: römische Schutzgottheiten, bes. → Aeneas, → Quirinus und vergöttlichte Kaiser; trauern über → Romas Elend Gild. 131. Indus: Fluss in → India; als Ziel der Eroberungszüge von → Bacchus und → Alexander Eutrop. II 102. Indus: Einwohner von → India; als Adynaton: der Inder erlebt (nicht) Schnee und Eis Olybr. Prob. 170; soll von → Honorius einst besiegt werden Rufin. I 374; die Soldaten würden → Stilicho auch dorthin folgen Rufin. II 242; als Lieferant von Elfenbein 3 cons. Hon. 211; als Volk, das autokratischen Herrschern gehorcht 4 cons. Hon. 257; von → Bacchus besiegt 4 cons. Hon. 609, Epithal. Hon. 217, Stil III 62; wird von → Roma beherrscht Gild. 20; als Lieferant von Papageien Eutrop. II 331; unterstützt → Theodosius im Kampf gegen → Eugenius Stil. I 158; als Gegner des → Alexander (→ Porus) Stil. I 266; sieht, dass seine Elefanten die Stoßzähne eingebüßt haben Stil. III 349; Get. 58; als Volk jenseits der Reichsgrenzen 6 cons. Hon. 415.



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Indus (Adj.): lapis: Edelsteinschmuck auf der Konsulstracht des → Honorius 4 cons. Hon. 585. [Ino: verwandelt in die Meeresgottheit → Leucothea; flieht aus Theben vor ihrem mit Wahnsinn geschlagenen Mann (→ Athamanteus, → Cadmeius), stürzt sich mit ihrem Söhnchen → Palaemon ins Meer.] Īnsānī montēs: Bezeichnung für ein gefährlich zu umschiffendes Gebirge von → Sardinia Gild. 513. Invictī: Beiname einer römischen Abteilung, die gegen → Gildo zieht Gild. 423. [Īo: Geliebte des → Iuppiter; iuvenca: in eine Kuh verwandelt, wird sie in → Iunos Auftrag von → Argus bewacht Stil. I 313.] Iocasta: Gemahlin des thebanischen Königs Laius; mater: heiratet nach dessen Tod unwissend ihren nach der Geburt ausgesetzten Sohn Oedipus (→ Oedipodes) auf Anstiften der → Megaera Rufin. I 84; gebiert durch die Inzestbeziehung ihrem Sohn Brüder Eutrop. I 290. Iōnēs: als westliche Nachbarn von → Phrygia Eutrop. II 239. Iōnius (Adj.): i.d.R. zur Bezeichnung des Mittelmeers zwischen Italien, Sizilien und Griechenland eingesetzt: alga: Weide der Pferde des → Neptunus 3 cons. Hon. 197; fluctus: wird von den Fluten der Etsch (→ Athesis) blutig verfärbt 6 cons. Hon. 209; latus: die Kleinasien zugewandte Seite Zyperns Epithal. Hon. 49; mare: auf ihm kommt → Stilichos Flotte Griechenland zu Hilfe 4 cons. Hon. 461, Stilichos Soldaten befahren es mit ihm Stil. I 174, soll Sizilien vor den Goten schützen Get. 222; unda: zur Angabe der praefectura Italiae, Illyrici et Africae Mall. Theod. 205. Iovius (Adj.): cohors: zieht nach → Africa Gild. 418. Īra: Personifikation des Zorns; faciles flecti Irae: leicht zu beschwichtigende Ausbrüche der Liebenden, wohnen auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 79. Īsaurī: Angehöriger eines Volks in Kleinasien; von P. → Servilius Vatia Isauricus 78–75 v. Chr. unterworfen Eutrop. I 217. Isthmiacus (Adj. zu → Isthmos): litus: → Corinthus am Isthmos 4 cons. Hon. 464; pinus: Mordwaffe des Fichtenbeugers → Sinis Rufin. I 252. Isthmos: Landenge bei → Corinthus; vom Goteneinfall betroffen Get. 190. Ītalia: als Teil der praefectura Italiae, Illyriae et Africae von → Probus verwaltet Olybr. Prob. 59, von → Theodorus verwaltet Mall. Theod. 201; unter Stilichos Regierung Rufin. II 103, 154; von → Rufinus gefürchtete Macht Rufin. II 307; als Ziel der Reise des → Honorius 3 cons. Hon. 121; als Opfer unter dem Usurpator → Eugenius 4 cons. Hon. 360; von → Stilicho verteidigt Epithal. Hon. 120; erleidet in den Punischen Kriegen viele Niederlagen Gild. 88; muss vor der Schande geschützt werden, die → Constantinopolis mit der Ernennung des Eunuchen zum Konsul verursacht Eutrop. I 430, Stil. II 304; wird von → Aurora um Hilfe

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gebeten Eutrop. II 527; [→ Oenotria: fordert von → Roma Stilichos Konsulat Stil. II 262]; wird von den Goten verlassen Get. 79; von verantwortungsvollen Anführern in der Geschichte verteidigt Get. 111; von → Spartacus terrorisiert Get. 156; soll von Auxiliareinheiten nicht belastet werden Get. 403; wird den Goten endlich verhasst Get. 477; als Ziel der Goten (→ Urbs) Get. 547; wird von Stilichos Truppen gerächt Get. 561; von → Alaricus verlassen 6 cons. Hon. 142; vom → Appenninus durchzogen 6 cons. Hon. 289; schüchtert Alaricus endlich ein 6 cons. Hon. 319. Ītalus: Einwohner von → Italia; zur Richtungsangabe bei der Beschreibung von → Sardinia Gild. 509. Ītalus (Adj.): fluctus: Meer vor Epirus (→ Ceraunia) Rufin. II 221; gramen: von Hannibals Truppen heimgesucht Get. 147; harena: Ort des Heldentods der → Alani Get. 589; litus: von → Pyrrhus letztlich befreit Get. 125; montes: die Flüsse von Italiens Bergen werden von → Tiberinus zur Feier eingeladen Olybr. Prob. 254; orae: Residenz des → Honorius als Ziel des vergöttlichten → Theodosius senior Gild. 224, als Schauplatz des Zweiten Punischen Kriegs Stil. praef. III 1, als Gebiet, das → Alaricus verlassen muss 6 cons. Hon. 181; spes: Italiens Hoffnungen wachsen bei der Ankunft des Honorius 6 cons. Hon. 24; tellus: als Grab der gefallenen Kimbern und Goten Get. 646. Ithacus: Odysseus (→ Ulixes); Gefährte des → Diomedes beim nächtlichen Kundschaftergang vor → Troia (→ Dolon) und Überfall auf das Lager des Thrakerkönigs → Rhesus 6 cons. Hon. 471. Iuba: König Iuba I. von Numidien, Feind des → Caesar im Bürgerkrieg, der bei Thapsus besiegt wurde 4 cons. Hon. 39; als Ahn der aufständischen → Mauri unter → Gildo Gild. 332. Iūdaea: römische Provinz, deren Statthalterschaft verkauft wird Eutrop. I 220. Iūdaicus (Adj.): vela: mit unglaublichen Figuren bemalte hebräische Textilien Eutrop. I 357. Iugurtha: Numiderkönig (gest. 104 v. Chr.); führte Krieg gegen Rom, wurde von Q. Caecilius → Metellus und → Marius besiegt Gild. 92, von seinem Schwiegervater → Bocchus an Rom ausgeliefert; seine Unterwerfung im Vergleich mit → Stilichos Sieg über → Gildo Stil. I 371; im Triumph mitgeführt und getötet, im Vergleich mit der Rettung Roms vor Alarich Get. 128. Iugurthīnus (Adj. zu → Iugurtha): poena: Hinrichtung nach dem Triumph des → Marius in Rom 6 cons. Hon. 381. Iūlēus (Adj.) zu Iulus, dem Sohn des → Aeneas und Ahnherrn der gens Iulia; → Manes: → Caesars Tod veranlasst Octavianus (→ Augustus) zum Bürgerkrieg 6 cons. Hon. 116.



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Iūno: Gemahlin des Göttervaters → Iuppiter; als Schutzgöttin des Ehebundes Olybr. Prob. 196; weint über → Romas Elend Gild. 130; wird als weibliche Gottheit verehrt Eutrop. I 325; ihr Vogel Pfau (→ Iunonius avis) wird von Gourmets geschätzt Eutrop. II 330. Iūnōnius (Adj. zu → Iuno): avis: Pfau, von Iuno aus den Augen des → Argus erschaffen; liefert Federn für den Helmbusch 6 cons. Hon. 575. Iuppiter: (→ Tonans) Göttervater und Herrscher im → Olympus Stil. III 41; hält die Unterweltskreaturen vom Olymp ab, wie → Theodosius sie von der Erde abwehrt Rufin. I 50; als Zeus Keraunios, der die Blitze seinen Adlern gibt 3 cons. Hon. praef. 14; als Kind auf → Creta (→ Idaeus) und als jugendlicher Gott bei Antritt der Herrschaft 4 cons. Hon. 197; als Gast des → Chiron bei der Hochzeit von Peleus und → Thetis Epithal. Hon. praef. 5; wird von → Roma und → Africa im Götterkonzil um Hilfe gebeten Gild. 29, 140, 201; sein Beschluss wird → Arcadius und → Honorius mitgeteilt Gild. 217; misst als Herrscher über die Welt sein Gebiet durch den Flug zweier Adler aus Mall. Theod. praef. 11; als Schutzgott Roms Stil. III 168, Get. 101; von → Victoria begleitet Stil. III 210; schenkt Rhodos bei der Geburt von → Pallas Athene (→ Minerva) einen Goldregen Stil. III 227, [232]; schenkt dem → Hermus bei der Geburt von → Bacchus Gold Stil. III 227; sein Heiligtum in → Dodona Get. 18; im Kampf gegen die Giganten (→ Typhoeus) Get. 63; seine Trauer verfinstert den Himmel durch Wolken Get. 379; vor ihm trägt Claudian im Traum seine Dichtung vor 6 cons. Hon. praef. 14; wird nach dem Sieg über die Giganten triumphal im → Olympus empfangen 6 cons. Hon. praef. 19; als Weltenlenker 6 cons. Hon. 149; seine reinigende Wirkung bei der Lustration 6 cons. Hon. 328; als Ziel eines Triumphzugs zum Kapitol 6 cons. Hon. 375; Iuppiter Appenninus: sein Heiligtum wird von Honorius besucht 6 cons. Hon. 504; als Planet: bei der Divinisierung des Theodosius 3 cons. Hon. 167; zona Iovis als Heimat der → Clementia Stil. II 7; metonym. für Himmel: Olybr. Prob. 37, Eutrop. I 5; aequoreus: → Neptunus, soll für die Spiele des → Theodorus Pferde zur Verfügung stellen Mall. Theod. 282; noster: Neptunus bei der Hochzeit mit → Amphitrite Epithal. Hon. 176. Iūstitia: Göttin bzw. Allegorie der Gerechtigkeit, oft gleichgesetzt mit Astraea, die nach dem Eisernen Zeitalter aus Entrüstung über den moralischen Verfall der Menschen die Erde verlassen hat (Ovid, met. 1, 149 f.); kehrt unter → Theodosius zur Erde zurück Rufin. I 56; wird von → Megaera gereizt und antwortet ihr Rufin. I 356 [ihre Rede Rufin. I 368–387]; erscheint dem → Theodorus Mall. Theod. 117, verpflichtet den Gerechten dazu, nicht gegen ihren Willen zu handeln Mall. Theod. 190; als eine Haupttugend des → Stilicho Stil. II 103. Iuventās: Allegorie der Jugend; auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 84.

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Iūernē: Ort in Irland (Ἰουερνίς) bzw. Irland selbst (Ἰουερνία); glacialis: als Einsatzort von → Theodosius senior 4 cons. Hon. 33; vom → Scottus in Aufruhr versetzt, aber von → Stilicho abgewehrt Stil. II 251. Karthāgo: Hauptstadt der Punier, im Dritten Punischen Krieg von P. Cornelius Scipio d.J. (→ Scipiades) zerstört; von Rom dreimal besiegt Gild. 77, 87; von Scipio d.Ä. im Zweiten Punischen Krieg besiegt Stil. praef. III 15; die Bevölkerung wird Opfer von → Gildos Tyrannei Gild. 190; von → Stilicho gerettet Stil. I 383; Mutterstadt von → Sulci Gild. 518; von Dido erbaut Eutrop. I 334; bleibt im Krieg gegen Gildo unversehrt Stil. I 343; gemina: Scipio d.Ä. hatte bereits 209 in Spanien Karthago Nova, heute Cartagena, erobert Stil. praef. III 15. Lacaena: lakonische Frauen, die von den Goten versklavt wurden Eutrop. II 201. Lacaena (Adj.): canis: Jagdhundrasse Stil. III 300; puellae: von den Goten versklavt Get. 630. Lacedaemōn: Hauptstadt Spartas; von den Goten geschädigt Rufin. II 189; verzichtet auf Stadtmauern 4 cons. Hon. 508, Mall. Theod. 156. Lachesis: eine der drei Schicksalsgöttinnen (→ Parcae); setzt → Iuppiters Beschluss in Schicksalsfäden um Gild. 203; sagt → Cybele das Unglück für → Phrygia voraus Eutrop. II 288; spinnt unter → Stilicho das Goldene Zeitalter Stil. II 335; wird Roms unbegrenztes Fortbestehen nicht gefährden Get. 55. Lacōnes: die aus Sparta stammenden Dioskuren → Castor und → Pollux; als stolze Söhne von → Iuppiter und → Leda zum Vergleich mit → Arcadius und → Honorius 4 cons. Hon. 206; kommen Seeleuten in Not zu Hilfe, zum Vergleich mit den beiden → Theodosii, die durch Iuppiters Botschaft an die Kaiser das Reich retten sollen Gild. 222. Lacrimae: Personifikation des Leidens; als Liebesleid auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 80. Lādōn: Fluss in → Arcadia; von Leichen der Goten aufgestaut Stil. I 185; zur Herkunftsangabe von → Dianas Jägerinnen Stil. III 260. Laevīnus: M. Valerius Laevinus (cos. 211) übernimmt die Bestrafung von → Philippus V. während des Zweiten Punischen Kriegs Get. 395. Lāis: berühmte Hetäre im Korinth (→ Ephyreius) des 5. Jhs. v. Chr.; im Vergleich mit → Eutropius Eutrop. I 90. Larēs: römische Schutzgötter eines bestimmten Ortes; metonym. für das eigene Haus, das → Stilicho zwischen Feldzügen kaum besuchen kann Stil. I 118. Lārius: Comer See; erscheint wie ein Meer Get. 320.



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Latium: mittelitalienische Landschaft; metonym. für Italien bzw. Rom, von → Theodosius verteidigt Olybr. Prob. 137; von → Gildo als Gegner ausgewählt Gild. 335; als neues Zentrum der Philosophie Mall. Theod. 94; seine Senatoren 4 cons. Hon. 578, lässt sich von Ostrom nicht negativ beeinflussen Eutrop. I 432; kann seine maiestas bewahren Eutrop. II 130; verliert seinen → Stilicho nicht, wenn er dem Osten hilft Eutrop. II 599; blüht unter Stilicho und erhält → Africa zurück Stil. I 18; seine Ehre wird von Stilicho bewahrt Stil. I 295; als Empfänger von Getreidelieferungen von den → Senones Stil. III 92; soll immer von → Victoria begleitet werden Stil. III 212; wird von den Göttern mit Stilichos Amtsantritt geehrt Stil. III 264; von den Goten heimgesucht Get. 30, 198, 364; von ängstlichen Römern verlassen Get. 297; von Stilicho ehrfurchtsgebietend gegenüber den → Vindelici repräsentiert Get. 374; von → Alani verteidigt Get. 583; als zukünftiges Herrschaftsgebiet des jungen → Honorius 6 cons. Hon. 89, 94; von → Alaricus durchzogen 6 cons. Hon. 130; unter dem Schutz des → Iuppiter 6 cons. Hon. 351. Latius (Adj. zu → Latium): aevum: gesamte römische Geschichte 4 cons. Hon. 400; arma: die gesamtrömische Armee, die → Tarbigilus verlässt Eutrop. II 237; aula: Kaiserhof, nimmt seinen angestammten Sitz auf dem → Palatinus mons ein 6 cons. Hon. 22; cultus: Tracht des Konsuls Stil. II 366; dicio: die Gesamtheit des römischen Reichs, die → Rufinus’ Tyrannei fürchtet Rufin. I 292; fasti: weströmische Amtslisten Mall. Theod. 267, Eutrop. I 151; ius: römische Herrschaft in → Africa Gild. 454; libri: römische Literatur, von → Maria studiert Epithal. Hon. 232; orae: werden von → Alaricus verlassen Get. 141; pila: römische Wurfspieße besiegen → Gildos Reiterei Stil. I 353; portae: Roms Tore, die sich zum Empfang der triumphierenden Feldherrn öffnen Stil. III 34; sanguis: im Bürgerkrieg vergossen 6 cons. Hon. 396; secures: Amtszeichen und Liktoren als Begleiter des Konsuls 3 cons. Hon. 6, werden vom Eunuchen entehrt Eutrop. I 465; suboles: Römer, insbes. Senatoren 4 cons. Hon. 487; toga: Tracht des Konsuls 4 cons. Hon. 15; togatus: Rufinus, der die römische Tracht mit gotischer (→ Getae) vertauscht Rufin. II 84; triumphi: Triumphzüge in Rom 6 cons. Hon. 507; tubae: römische Epik Olybr. Prob. 198; vires: Romas Kraft schwindet durch Gildos Boykott der Getreidelieferung Gild. 44. Lātōna: Mutter des → Apollo und der → Diana (→ Delos); schmückt ihre Kinder mit Festgewändern Olybr. Prob. 184; als Erzieherin der Diana (→ Trivia) Epithal. Hon. 236; wird als weibliche Gottheit verehrt Eutrop. I 325. Lātōnia: Beiname der Göttin → Diana nach ihrer Mutter → Latona; bestraft → Actaeon Rufin. II 420; soll die Spiele des → Theodorus ausstatten Mall. Theod. 293; sorgt für → Stilichos Spiele Stil. III 238; nimmt den Elefanten die Stoßzähne Stil. III 346; rettet → Hippolytus Get. 441.

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Lātōnius (Adj. zu → Latona): Delos: Geburtsort von → Apollo und → Diana 4 cons. Hon. 133. Lechaeum: Hafen von → Corinthus; von den Goten eingenommen Get. 190. Lēda: von → Iuppiter geschwängert; Mutter von → Castor, → Pollux und → Helena; hätte lieber als Castor den → Honorius zum Sohn Fescenn. I 6. Lēdaeus (Adj. zu → Leda): die Dioskuren → Castor und → Pollux: astra: als Gestirn Olybr. Prob. 240; Lacones: als Schutzgötter für Seeleute, zum Vergleich mit den beiden → Theodosii, die durch Iuppiters Botschaft an die Kaiser das Reich retten sollen Gild. 222; progenies: mit ihrem Vater → Iuppiter zum Vergleich mit → Theodosius und seinen Söhnen 4 cons. Hon. 207. Lemnius: → Vulcanus, nach der Insel Lemnos, die ihn beim Sturz vom → Olympus aufgefangen hatte; als Erbauer des Palasts der → Venus Epithal. Hon. 87; auctor: als Künstler der Metallbearbeitung 6 cons. Hon. 572. Leō: als Heerführer von → Eutropius gegen → Tarbigilus eingesetzt; als Berater im Kronrat Eutrop. II 377; sein Name verrät seinen Löwenhunger Eutrop. II 379; seine Rede im Kronrat verrät seine Ausbildung als Weber, obwohl er ein → Aiax sein möchte Eutrop. II 391–401; seine Hybris führt zur Niederlage Eutrop. II 432; auf der Flucht Eutrop. II 440; er stirbt vor Angst Eutrop. II 453; als satelles des Eutropius Eutrop. II 559. Leō: Sternbild des Löwen; leuchtet bei Mondlicht schwächer Olybr. Prob. 25; als Nachbarzeichen der Waage (→ Iustitia, → Libra) Rufin. I 365; soll keine übertriebene Sommerhitze in → Stilichos Konsulatsjahr verursachen Stil. II 460; zur Bezeichnung des Aufenthaltsorts der → Victoria Stil. III 209. Leōnēs: römische Abteilung; zieht gegen → Gildo Gild. 423. Leontodamē: Jägerin aus dem Gefolge von → Diana Stil. III 249; jagt in → Gallia und → Germania Stil. III 304. Lernaeus: palus: See von Lerna als Heimat der → Hydra Rufin. I 290. Lēthaeus (Adj.): zu Lethe, der Unterweltsquelle, die den Seelen Vergessen gibt; flumen: reinigt die Seelen vor der Wiedergeburt Rufin. II 492; frena: Zügel am Wagen des → Somnus Gild. 213. Leucātēs: Gebirge auf der Insel Leucadia gegenüber von Actium (→ Actius), schwierig für Seeleute zu umfahren; schreckt → Stilichos Soldaten nicht ab Stil. I 175; hält die Goten nicht ab Get. 186. Leucothea*: → Ino, aus dem thebanischen Könighaus stammend (→ Cadmeia), die mit ihrem Sohn Melicertes (→ Palaemon) vor dem mit Wahnsinn geschlagenen Athamas (→ Athamanteus) durch die Verwandlung in Meeresgottheiten mit neuen Namen gerettet wurde; sie begleitet → Venus auf ihrer Meerfahrt Epithal. Hon. 156. Leucothoē → Leucothea



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Līber: Name des → Bacchus; zum Vergleich der Schönheit des → Honorius 4 cons. Hon. 607, Fescenn. I 9. Lībra: Sternbild der Waage (→ Chelae); Aufenthaltsort der → Iustitia Rufin. I 366. Libya: zur Diözese → Africa unter weströmischer Verwaltung gehörig; als Heimat des → Antaeus Rufin. I 288; als menschenleere Wüste zum Vergleich mit den verwüsteten Gebieten Kleinasiens Rufin. II 41; → Stilichos Truppen würden ihm in die Wüste folgen Rufin. II 241; unter Stilichos Regierung Rufin. II 154; als Einsatzort von → Theodosius senior im Kampf gegen → Firmus 3 cons. Hon. 53, 4 cons. Hon. 27, Gild. 334; metonym. für den Süden des Reichs 3 cons. Hon. 206; als Einsatzort des Stilicho 4 cons. Hon. 436; wieder mit → Europa vereint Gild. 4; für → Romas Getreideversorgung bestimmt Gild. 52, 63, von → Gildo besetzt Gild. 113, mit Ausnahme der unwirtlichen Wüste Gild. 146; wird von Gildo der oströmischen Reichshälfte zugesprochen Gild. 282; soll für Rom zurückerobert werden Gild. 462, 503; von → Caralis aus erreichbar Get. 520; als Einsatzort des Statthalters → Theodorus Mall. Theod. 24; hat unzählige Sandkörner Eutrop. I 32; liefert kein Getreide an Rom Eutrop. I 408; als Heimat des Vogels Strauß Eutrop. II 310; als Schauplatz des Kriegs gegen Gildo Stil. I 7, 334; im Streit um die Zugehörigkeit zur weströmischen Reichshälfte Stil. I 272, 378; Befreiung durch Stilicho im Vergleich mit den Punischen Kriegen Stil. II 385; von Stilicho verteidigt Stil. III 13; von Scipio d.Ä. besiegt Stil. praef. III 17; als weströmische Diözese Stil. III 82, 100; als Heimat von Raubtieren Stil. III 280; als Jagdgebiet der → Diana Stil. III 333; die Rückeroberung als Thema von Claudians Panegyricus auf Stilicho Get. praef. 5; von Gildo unrechtmäßig beherrscht und von Stilicho befreit 6 cons. Hon. 104, 110, 373, 429. Libycus (Adj. zu → Libya): aequor: von → Tritons Horn beschallt Epithal. Hon. 132; amnes: im Krieg gegen Gildo, würden in einem Triumphzug präsentiert Stil. III 24; cruor: Tiere aus → Africa für die Spiele beim Adventus 6 cons. Hon. 620; exitiale (bellum): Krieg mit → Gildo Stil. I 280; fetus: Raubtiere für → Stilichos Spiele Stil. III 356; mare: als Schauplatz der Punischen Kriege Stil. praef. III 10; [paludes*: hss. Überlieferung statt → Lycius: Ort der Erfindung der Flöte durch → Minerva Eutrop. II 255]; saltus: von → Honorius im Traum gesehen Gild. 356; vapores: Wüste als Kriegsschauplatz für → Theodosius Olybr. Prob. 131. Licentia: Allegorie der Freizügigkeit; auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 78. Ligus: Angehöriger einer norditalienischen Völkerschaft; metonym. für die Bevölkerung von Mailand 4 cons. Hon. 567, Mall. Theod. 124; die ligurische Küste bei der Ankunft von → Venus Epithal. Hon. 180; zur Kursangabe bei der Abfahrt der römischen Flotte nach → Africa Gild. 505; Beginn des → Appenninus 6 cons. Hon. 288; metonym. für die Residenzstadt Mailand (→ Mediolanum):

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Schauplatz der Niederlage des → Alaricus (→ Urbs) Get. 554; als Residenz des Kaisers 6 cons. Hon. 363, von den Goten belagert 6 cons. Hon. 443. Ligus (Adj.): ligurisch: amnes: von → Eridanus zusammengerufene Flüsse 6 cons. Hon. 193; campi: tragen zur Hochzeitsfeier bei Fescenn. II 6. Lingonicus (Adj.) zu Lingones, den Angehörigen einer keltischen Völkerschaft: vomer: die Provinz → Gallia Lugdunensis als Getreidelieferant für Rom Stil. III 94. Liparē: Insel vor Sizilien, Waffenschmiede des Vulcanus (→ Mulciber) 3 cons. Hon. 196. Līris: Fluss in → Latium (→ Marica); von → Tiberinus zum Fest eingeladen Olybr. Prob. 260. Līvia: als Gattin des → Augustus erste römische Kaiserin; ihr Schmuck wird der Braut → Maria zugedacht Epithal. Hon. 13. Līvor: Allegorie des Neids; als Unterweltskreatur Rufin. I 32. Lūcifer: Morgenstern; kündigt den Tag von → Rufinus’ Tod an Rufin. II 336; zum Vergleich mit der Schönheit des → Honorius 3 cons. Hon. 131; bändigt das Ross → Aethon des Sonnenwagens 4 cons. Hon. 563; schmückt sich für → Stilicho Stil. II 472. Lūcīna: römische Geburtsgöttin; hilft → Proba Olybr. Prob. 145; ist dem Eunuchen nicht hold Eutrop. I 74; tröstet → Maria im Kindbett Stil. II 342. Lucrētia: Gattin des L. Tarquinius Collatinus, bringt sich nach der Vergewaltigung durch den Sohn des → Tarquinius Superbus um und bewirkt damit die Vertreibung der Könige; wird durch → Eutropius entehrt Eutrop. I 446. Lūctus: Allegorie der Trauer; als Unterweltskreatur Rufin. I 33; Begleiterin des → Alaricus auf der Flucht 6 cons. Hon. 323. Lūna: als Mondgöttin: wird von → Amor zu Endymion gelockt Epithal. Hon. 114; schenkt → Diana das Hirschgespann Stil. III 288  ; als Himmelskörper: ihr Glanz übertrifft alle Sterne, indem sie das Licht ihres Bruders (→ Phoebus) reflektiert Olybr. Prob. 22, als Teil des Planetensystems Stil. II 438; bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 164; als Prodigium bei der Erhebung des → Honorius zum Kaiser 4 cons. Hon. 188; Mondsphäre, durch die die beiden Theodosii auf die Erde zurückkommen Gild. 223; kündigt durch Blässe Sturm (→ Corus) an Gild. 495. Lutātius: C. Lutatius Catulus, Feldherr im Ersten Punischen Krieg und Sieger in der Seeschlacht bei den Aegatischen Inseln (241 v. Chr.); müsste aus Protest gegen den Eunuchen als Konsul die Unterwelt verlassen Eutrop. I 455. Lūxuriēs: Allegorie des Genusslebens; übertrifft in ihrer effeminierenden Wirkung die Zauberkräuter der → Circe Stil. II 132. Lūxus: Allegorie des ruinösen Genusslebens; als Unterweltskreatur Rufin. I 35.



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Lyaeus: Beiname des → Bacchus („der Lösende“); sein Triumph in → Lydia Epithal. Hon. 216; kann den Goteneinfall nicht verhindern Eutrop. II 294; seine Fahrt über das Rote Meer Stil. III 362; als jugendlich-schöner Gott im Vergleich mit → Honorius 6 cons. Hon. 562; metonym. für Wein: dem die Barbaren zusprechen Gild. 445, dem → Leos Truppen zusprechen Eutrop. II 435, der → Stilicho auf dem Feldzug nicht zur Verfügung steht Get. 349. Lycaeus: Gebirge in Arkadien (Λύκαιον ὄρος); vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 467; dem → Pan und seiner ländlichen Musik bzw. bukolischen Dichtung heilig, von den Goten befreit Stil. I 181; Revier der → Nebrophone Stil. III 249. Lycaeus (Adj.): Pan: kehrt nach dem Abzug des → Alaricus nach Italien zurück 6 cons. Hon. 199. Lycāonius (Adj.): zu Lycaon, dem Vater der → Callisto; Arctos: Sternbild des Großen Bären im Norden, zur Richtungsangabe des Kometen Get. 246; astra: Sternbild des Großen Bären, in das Callisto verwandelt wurde (→ Helice), bewundert die Bären der Spiele in Mailand Mall. Theod. 299. Lycastē: Jägerin im Gefolge der → Diana Stil. III 252, jagt mit ihr in → Libya Stil. III 276, 292. Lycia: Landschaft in Kleinasien; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 204. Lycius* (Adj.): zu Lycus, einem Nebenfluss des → Maeander; paludes: Ort der Erfindung der Flöte durch → Minerva [hss. Überlieferung: → Libycus] Eutrop. II 255. Lycūrgus: Gesetzgeber von Sparta (→ Spartanus); verzichtet auf Stadtmauern 4 cons. Hon. 509; hält auch die Frauen zum athletischen Training an Mall. Theod. 153. Ly¯dia: Landschaft in Kleinasien; hat Gold führende Flüsse Rufin. I 197, besonders den → Pactolus Stil. III 62; dives: im Vergleich von dem zur Hochzeit geschmückten Kaiserpalast übertroffen Epithal. Hon. 215; von → Bacchus im Triumph durchzogen 4 cons. Hon. 603, Stil. III 62; zieht → Honorius dem Bacchus vor Fescenn. I 9; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 203; fleht Bacchus vergeblich um Hilfe an Eutrop. II 295. Ly¯dius (Adj. zu → Lydia): culta: vom → Pactolus durchzogen Olybr. Prob. 53. Ly¯dus: Bewohner von → Lydia; als Nachbar von → Phrygia Eutrop. II 241; von den → Grutungi heimgesucht Eutrop. II 578. Macedo: Bewohner von Makedonien; als Sieger über das persische Weltreich Stil. III 165; staunt über die Einnahme des → Olympus durch die Goten Get. 180.

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Macetae: Bewohner von Makedonien; von den Legionen auf dem Rückweg nach → Constantinopolis berührt Rufin. II 279; → Theodorus als consularis Macedoniae Mall. Theod. 28; von → Mars bevorzugt heimgesucht Eutrop. II 147. Maeander: Fluss in → Lydia, für seinen gewundenen Verlauf berühmt; mündet in die Ägäis (→ Icarius) Eutrop. II 266; verlangsamt den zufließenden → Marsyas Eutrop. II 268; wird beim Goteneinfall in → Phrygia von Leichen gehemmt Eutrop. II 292. Maeandrius (Adj. zu → Maeander): flumina: Flussverlauf im Vergleich mit den Kreisbewegungen bei den Reiterspielen 6 cons. Hon. 635. Maenades: ekstatische Begleiterinnen des → Bacchus (→ Baccha) 4 cons. Hon. 609; zerreißen → Pentheus Rufin. II 419, erkennen zu spät ihre Tat Eutrop. II 523. Maenala: Gebirge in → Arcadia; Jagdrevier der → Diana Olybr. Prob. 187; soll Tiere für die Spiele des → Theodorus liefern Mall. Theod. 291, als Jagdgebiet der → Thero Stil. III 250; dem → Pan und seiner bukolischen Dichtung heilig, von den Goten befreit Stil. I 182; vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 470; ist ausnahmsweise kein Schauplatz des Gotenkriegs Get. 575. Maenalius (Adj. zu → Maenala): arcus: → Diana als arkadische Jägerin leitet → Honorius im Bogenschießen an 4 cons. Hon. 161. Maeōn: König, Gründer und Namensgeber der Stadt und Landschaft Maeonia Eutrop. II 245. Maeones: Einwohner von Maeonia; als Bezeichnung für die Einwohner von → Phrygia Eutrop. II 246. Maeonius (Adj.): zu Maeonia, einer Stadt und Landschaft in Kleinasien (→ Lydia, Phrygia); agri: Schauplatz der Niederlage im Kampf gegen → Tarbigilus Eutrop. II 464; rex: Midas (→ Mida), der durch seine Berührung Gegenstände in Gold verwandelte Rufin. I 166; senex: Homer, wird von → Maria studiert Epithal. Hon. 234; urbes: beim Triumph des → Bacchus 4 cons. Hon. 602. Maeōtica: → Maeotis, wohin der Ruf des → Probus reicht Olybr. Prob. 36. Maeōtis: Nebenmeer des Schwarzen Meeres, heute Asowsches Meer (→ Cimmerius); als Heimat der → Alani Rufin. I 312; ripa: dortige Herrscher unterstützen Theodosius im Bürgerkrieg Gild. 243; als Adynaton: wird vom Nil (nicht) erreicht Get. 57. Maeōtius (Adj. zu → Maeotis): freta: ihre Delikatessen reichen für den Hof unter → Eutropius nicht aus Eutrop. II 334; palus: von Sonnenstrahlen bei der Erhebung des → Honorius zum Augustus erhellt 4 cons. Hon. 180; terra: von → Traianus unterworfen 6 cons. Hon. 338. Magnus: Beiname des Cn. → Pompeius; als Sieger über die Piraten an der kilikischen Küste Eutrop. I 502.



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Mallius → Theodorus; weströmischer Konsul des Jahres 399; wird von → Iustitia angesprochen, erneut ein Amt zu übernehmen Mall. Theod. 135; als Schüler der → Uranie Mall. Theod. 275. Mallius (Adj. zu → Mallius Theodorus); proles: soll ebenfalls die Karriere mit dem Konsulat krönen Mall. Theod. 340. Mānēs: Geister der Toten:  der im Bürgerkrieg gefallenen Gegner Olybr. Prob. 112; von → Megaera beschworene Totengeister Rufin. I 154; von → Rufinus angerufen Rufin. II 165; purpurei: die ermordeten Kaiser → Gratianus II. und → Valentinanus II. 4 cons. Hon. 97; parentum: der Goten: sollen den Rückzug des → Alaricus verhindern Get. 528; Iulei: der ermordete Caesar, wird von Octavianus (→ Augustus) gerächt 6 cons. Hon. 116. Mārcellus: römischer Gentilname; M. Claudius Marcellus fügte im Zweiten Punischen Krieg → Hannibal durch die Eroberung von Syrakus eine entscheidende Niederlage zu Gild. 89, Get. 140, Eutrop. I 456. Marcomerēs: Frankenkönig (→ Francia); wird nach Grenzverletzungen mit → Sunno der römischen Gerichtsbarkeit unterstellt Stil. I 241. Mārcus Aurēlius: römischer Kaiser (161–180); von den Göttern bei der Abwehr der Markomannen unterstützt 6 cons. Hon. 340, 350. Maria: Tochter von → Stilicho und → Serena, Braut und Gemahlin von Kaiser → Honorius Epithal. Hon. 11, 37, 119, 173, 251, 275, 340, Fescenn. IV 37, Gild. 328, Stil. II 239; auf Stilichos trabea im Kindbett dargestellt Stil. II 342; progenies: als Stilichos Unterpfand in Mailand Get. 308. Marīca: Nymphe, Mutter des → Latinus (Vergil, Aen. 7, 47); nach ihr benannter Hain am → Liris bei Minturnae Olybr. Prob. 259. Marius: C. Marius, römischer Politiker und Feldherr; als siebenmaliger Konsul 4 cons. Hon. 641; triumphiert im Jahr 104 v. Chr. über → Iugurtha Gild. 92, Stil. III 35, Get. 126; als Sieger über die → Cimbri Get. 646. Marmaricus (Adj.): zu Marmarica, einer Landschaft westlich von Ägypten; metonym. für afrikanisch: → Hammon: wird von der Tyrannei des → Eutropius erreicht Eutrop. I 180. Mārs (→ Gradivus, → Mavors): Kriegsgott: kennt die gens Ulpia 4 cons. Hon. 18; trainierte als Kind in seiner Heimat Thrakien (→ Thrace) 4 cons. Hon. 526; soll für die Zeit der kaiserlichen Hochzeit verbannt werden Fescenn. III 4; seine sacra sind nicht für den Eunuchen geeignet Eutrop. I 277; als Kriegsgott, mit dem → Romas Statur verglichen wird Stil. II 276; von → Victoria begleitet Stil. III 211; von den Giganten (→ Ephialtes, → Otus) in Ketten geschlagen Get. 69; hat den → Rhenus und → Hister als sodales Get. 339; Stilichos Soldaten als imago Martis Get. 468; ruft die Römer auf sein Marsfeld 6 cons. Hon. 10; als Planet Stil. II 437;

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metonym. für Krieg Rufin. II 56, 188, 351, 501, 3 cons. Hon. 73, 4 cons. Hon. 90, 321, 456, 488, Gild. 85, 252, 273, 415, Mall. Theod. 163, Eutrop. praef. II 20, Eutrop. II 567, Stil. I 16, 190, 336; Stil. II 15, Stil. III 35, Get. 26, 258, 280, 507, 623, 6 cons. Hon. 91, 210, 283, 307, 624. Marsyās: Fluss in → Phrygia; vereint sich mit dem → Maeander und mündet in die Ägäis (→ Icarius) Eutrop. II 266. [Marsyās: pastor: der Satyr Marsyas in → Phrygia (→ Celaenae), der → Apollo (→ Apollineus) zu einem musikalischen Agon herausfordert und als Unterlegener zur Strafe für die Hybris gehäutet wird Eutrop. II 257.] Mārtius (Adj. zu → Mars): campus: das Marsfeld als Ort der Wahlkomitien soll durch den Eunuchen nicht entehrt werden Eutrop. I 438; laurus: Lorbeer des Siegers im Krieg Stil. praef. III 20; praecepta: Feldherrnwissen, in dem → Stilicho den Enkel unterweisen wird Stil. II 349; signa: müssen gegen den Eunuchen nicht eingesetzt werden Eutrop. I 505; simulacra: Kriegsspiele 4 cons. Hon. 539. Mascezēl: Bruder des → Gildo; von ihm vertrieben und als erfolgreicher Kommandant im Krieg gegen Gildo eingesetzt Gild. 390. Massagetēs: Angehöriger einer skythischen Völkerschaft am Kaspischen Meer (→ Caspius); trinken Pferdeblut, dringen ins Reich ein Rufin. I 312; werden als geschickte Reiter von → Honorius übertroffen 4 cons. Hon. 542. Massy¯lus (Adj.): numidisch, oft metonym. für afrikanisch; Ceres: afrikanisches Getreide für Rom Stil. II 394; fraudes: → Gildos politische Taktik Gild. 284; genetrix: Löwin, die ihre Jungen heranwachsen sieht Eutrop. I 389; laurus: Sieg von → Theodosius senior über → Firmus in → Africa 4 cons. Hon. 25; oppida: als Bilder im Triumphzug 6 cons. Hon. 377; sonipes: → Hannibals Reiterei in Italien Get. 148. Maurus: Bewohner von → Mauretania; als Anhänger des → Firmus von → Theodosius senior besiegt 3 cons. Hon. 54, 4 cons. Hon. 28, Epithal. Hon. 219; siegt durch römischen Einsatz gegen die Numider Gild. 95; vergewaltigt oder heiratet in Zwangsehe karthagische Frauen Gild. 189; soll den Bruderkrieg, den er zwischen → Arcadius und → Honorius entfachen will, selbst erleiden Gild. 288; ist nach dem Sieg des Theodosius senior über Firmus erneut unter → Gildo erneut aufständisch Gild. 330, 351, 433; wird von der oströmischen Regierung unterstützt (vielleicht ist Gildo selbst gemeint) Eutrop. I 400; fliehen vor → Stilichos Zorn Eutrop. I 505; als Kämpfer auf der Seite des Gildo Stil. I 19, 249; unterliegt und flieht Stil. I 357, Stil. II 261, 286, müsste in einem Triumphzug mitziehen Stil. III 19; → Gildo: Gild. 70, 236, 283, 338, 380, Eutrop. praef. II 71, Stil. I 383; Stil. I 357 (vielleicht auch kollektiver Singular für die fliehenden Mauretanier), als Thema von Claudians Dichtung 6 cons. Hon. 122.



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Maurus (Adj.): agricolae: werden von der Furcht vor Löwen befreit Stil. III 344; reges: regieren → Africa unrechtmäßig Gild. 452. Maurūsius (Adj. zu → Maurus): → Atlas: als Gebirge des → Gildo 6 cons. Hon. 104; laurea: Sieg des → Theodosius senior und des → Honorius über Mauretania Gild. 344; rabies: von Theodosius senior besiegt 4 cons. Hon. 39; tellus: als Heimat wilder Tiere Stil. III 278. Māvors: Kriegsgott (→ Gradivus, → Mars); als Vater der Rom-Gründer (→ Romuleus fetus) auf dem Schild der → Roma dargestellt Olybr. Prob. 96, 99; weint als → Romas Vater über ihr Elend Gild. 129; wird von → Stilicho erfolgreich um Hilfe angerufen Rufin. I 334; erholt sich nach dem Kampf Rufin. praef. II 17; schämt sich über den Eunuchen als Feldherrn Eutrop. I 238; versetzt den Osten (→ Eous) in Unruhe Stil. I 270; bedrängt die Goten wie nie zuvor Get. 491. Māvortius (Adj. zu → Mavors): aetas: dem Krieg gewidmetes Leben der Goten Get. 35; plebes: die Römer als Volk des Mars Stil. III 191; seges: das römische Heer 3 cons. Hon. 135; signa: Standarten des Heers in Mailand Epithal. Hon. 187. [Maximus: Flavius Magnus Maximus (gest. 388); 383 in Britannien zum Augustus ausgerufen 4 cons. Hon.73; tyrannus: als Usurpator wurde er nach dem Tod von Kaiser → Gratianus II. (→ Augustus) 388 bei Aquileia besiegt Olybr. Prob. 108, 4 cons. Hon. 89, 635.] Mazax: Angehöriger einer mauretanischen Völkerschaft; unterstützt → Gildo, ergreift die Flucht Stil. I 356. Medea: Tochter des kolchischen Königs → Aeetes; hilft den Argonauten (→ Argo, → Phrixeus) mit magischen Kräften und als Giftmischerin Rufin. I 153. [Mediōlānum: Mailand als Residenzstadt des Kaisers; → Ligus, Ort der Feier zum Amtsantritt beim dritten und vierten Konsulat des → Honorius, beim Antritt des Konsulats von Mallius → Theodorus, bei der Hochzeit des Honorius mit → Maria; wird von → Alaricus belagert und von → Stilicho befreit.] Mēdus: Angehöriger der Perser bzw. Parther oder Sassaniden; wird sich einst Rom unterwerfen Olybr. Prob. 161, Rufin. I 374; Volk an der Ostgrenze des Reichs 3 cons. Hon. 71; als Volk, das autokratischen Herrschern gehorcht 4 cons. Hon. 258; entsendet Gaben Epithal. Hon. 224; hat Athen in den Perserkriegen (→ Themistocles) angegriffen Mall. Theod. 152; als Volk, das sich von Frauen regieren ließe Eutrop. I 311; → Eutropius zieht in die Sommerresidenz ein, als wäre es ein Triumphzug über die Meder Eutrop. II 102; erlebt einen Königsmord (→ Sapor) Eutrop. II 478; wird an den → Thermopylae abgewehrt Get. 187; gibt als gewandter Reiter zu, dass → Stilicho ihm gleichkommt Stil. I 67; unterstützt → Theodosius gegen → Eugenius und wahrt Stilicho die Treue Stil. I 157; in der Abfolge der Weltreiche als Sieger über Assyrien (→ Assyrius), von den Persern

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(→ Perses) besiegt Stil. III 163, 164; erbittet als Gegner Roms Verträge 6 cons. Hon. 415. Mēdus (Adj.): remex: Flotte des Xerxes, für die ein Kanal durch die östliche Halbinsel der Chalkidike (→ Athos) gebaut wurde Rufin. I 335. Medūsa: → Gorgo, kann mit ihrem Blick versteinern; von → Pallas Athene mit Schlangenhaaren bestraft, von → Perseus besiegt und als Waffe eingesetzt Rufin. I 281; [als Aition für Libyens Giftschlangen 4 cons. Hon. 36–37]. Megaera: eine der drei → Furiae; als Rednerin im Unterweltskonzil Rufin. I 74; zuständig für Wahnsinn und mörderische Zwietracht innnerhalb von Familien Rufin. I 75–84; als Ziehmutter des → Rufinus Rufin. I 92–115; verspottet → Iustitia Rufin. I 354–367. Melampūs: Seher, dessen Kunst sich → Eutropius anmaßt Eutrop. I 315. Memnōn: König von Äthiopien; Sohn der → Aurora und des → Tithonus; zieht mit seinen afrikanischen Kämpfern nach → Troia (→ Ida), im Vergleich mit → Gildos Truppen Stil. I 265; fällt im Kampf gegen → Achilles Stil. I 268; löst tiefe Trauer bei Aurora aus Eutrop. II 530. Memphis: Residenzstadt ägyptischer Herrscher; Kultort des → Apis 4 cons. Hon. 570; als Hort ägyptischer Wissenschaften Mall. Theod. 127; metonym. für Ägypten als Getreidelieferant Gild. 56. Meroē: am → Nilus gelegene Hauptstadt des nubischen Reiches; als Kriegsschauplatz im Süden Olybr. Prob. 135; metonym. für die besiegten Nubier: ihre exotische Haartracht 3 cons. Hon. 21, Epithal. Hon. 223; als Grenzgebiet des römischen Reichs Gild. 454; wird von der Tyrannei des → Eutropius erreicht Eutrop. I 178; zur Angabe der Verbündeten des → Gildo Stil. I 261. Metaurus: Fluss in Umbrien, auf der Reiseroute des → Honorius 6 cons. Hon. 501. Metellus: römischer Gentilname; werden in → Romas Gunst von → Probus’ Söhnen übertroffen Olybr. Prob. 147; werden von → Probus’ Geschlecht übertroffen Olybr. Prob. 147; als Sieger über → Iugurtha Gild. 91; Q. Caecilius Metellus, der 68–66 v. Chr. → Creta eroberte Eutrop. I 218. Mett(i)us: Mett(i)us Fufetius, Heerführer von Alba Longa; Symbolfigur für perfidia (s. Vergil, Aen. 8, 642–645; Livius 1, 28), weil er in der Schlacht zum Feind überläuft; von → Tullus Hostilius nach der Schlacht von Fidenae hingerichtet 4 cons. Hon. 402; im Vergleich mit → Gildos Verrat Gild. 254–255. Metus: Personifikation des Schreckens bzw. der Angst; als kriegerischer Begleiter der → Roma Olybr. Prob. 78; wohnt auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 82; schreitet mit dem Bruder → Pavor vor dem Wagen des → Mars Stil. II 373. Mida: Midas, lydischer König (→ Maeonius); wird von → Bacchus mit der Eigenschaft begabt, durch seine Berührung Gegenstände in Gold zu verwandeln



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Stil. III 230, 232; befreit sich davon durch ein Bad im → Pactolus, der seitdem Gold führt (Ovid, met. 11, 100–145) Eutrop. II 261. Mincius: Fluss bei Mantua; soll auf seinem Rohr zur Hochzeit aufspielen Fescenn. II 13; von → Eridanus gerufen 6 cons. Hon. 197. Minerva (→ Pallas, → Tritonia): Schutzgöttin von Helden (→ Diomedes, → Ulixes); → Roma ähnelt ihr im Aussehen Olybr. Prob. 84; als Schutzgöttin des → Honorius 4 cons. Hon. 162; als Göttin der Webkunst Eutrop. I 273; → Troiana: hat eine weibliche Priesterin Eutrop. I 328; erfindet die Flöte (→ Lycius) und verwirft die Erfindung, weil das Blasen die Gesichtszüge verzerrt Eutrop. II 256; ihre Pflanze, der Ölbaum: als Zeichen des Friedens Eutrop. II 591, als Kranz, den → Hispania trägt Stil. II 228; webt meisterhaft → Stilichos trabea Stil. II 340; ihre Geburt bewirkt einen Goldregen (→ Rhodius) Stil. III 226; soll am Bau der → Argo beteiligt gewesen sein Get. 16. Mīnōs: kretischer König, als einer der (drei) Totenrichter (→ Aeacus, → Rhadamanthus) in der Unterwelt eingesetzt (Platon, Gorg. 524a); als Herrscherideal der Gerechtigkeit, die trotzdem von → Rufinus überwunden werden könnte Rufin. I 114; als Totenrichter bei der Ankunft des Rufinus Rufin. II 477. Mīnōus (Adj. zu → Minos): puer: Glaucus, der Sohn des Minos, der durch den Seher Polyidus vom Tod durch ein Heilkraut wiedererweckt wurde Get. 443. Mithrās: kosmische Gottheit; wird bei den Sassaniden verehrt Stil. I 63. Mnēmosynē: Mutter der Musen; erzieht ihre Tochter → Thalia Epithal. Hon. 237. Moesia: Römische Provinz nördlich von Makedonien und Thrakien (→ Thrace); vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 53. Moesus: Angehöriger eines Volks im Gebiet des heutigen Serbien und Bulgarien; vom Durchzug fremder Völker regelmäßig betroffen Rufin. II 46; kennt → Alaricus aus Erfahrung Get. 165. Molossus: Angehöriger der Völkerschaft von → Epirus; als Kämpfer des Königs → Pyrrhus Get. 135; canes: berühmte Zuchtart von Jagdhunden Stil. II 215, Stil. III 293, zerreißen → Actaeon Rufin. II 420. Morbus: Allegorie der Krankheit; als Unterweltskreatur Rufin. I 32; als Begleiter des → Alaricus auf der Flucht 6 cons. Hon. 323. Mūcius: römischer Gentilname; C. Mucius Scaevola demonstrierte → Porsenna die Unerschrockenheit der Römer, indem er seine Hand im Feuer verbrennen lässt (Livius 2, 12) 4 cons. Hon. 406; wird durch → Eutropius entehrt Eutrop. I 445. Mulciber: Beiname des Vulcanus (→ Lemnius); in seiner Schmiede entstehen die Waffen der Götter und Heroen (→ Cyclops); hat für → Roma den Schild geschmiedet Olybr. Prob. 95; wird die Waffen für → Honorius und → Arcadius schmieden 3 cons. Hon. 191; hat die Waffen für → Achilles und

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→ Aeneas geschmiedet Stil. I 104; hat Mauern und Palast der → Venus auf Zypern errichtet Epithal. Hon. 58; als Gott des Feuers bzw. metonym. für Feuer: soll das Feuerwerk bei den Spielen gestalten Mall. Theod. 327; sorgt für Feuerkatastrophen als schlechte Vorzeichen Eutrop. II 33. Mulvius pons: Milvische Brücke in Rom; beim Einzug des Kaisers in Rom 6 cons. Hon. 544. Murcia vallis: Talsenke in Rom am Circus Maximus zwischen → Aventinus und → Palatinus; auf der Route des Adventus bzw. der pompa circensis Stil. II 404. Mūsa: Göttin gelehrter Studien; ihr Gesang wird fern in der Höhle der → Themis gehört Rufin. praef. I 13; (→ Thalia; bzw. metonym. für Dichtkunst) muss nach Claudians Ehrung besonders hohe Erwartungen erfüllen Get. praef. 10; muss den Dichter inspirieren, damit er die Schlacht von → Pollentia besingen kann Get. 598; metonym. für Dichtkunst Rufin. praef. II 16, Stil. I 181 (→ Lycaeus), Stil. II 5, Stil. praef. III 5, 19, 6 cons. Hon. praef. 11, 6 cons. Hon. 125, 475; metonym. für Künste und Wissenschaften 4 cons. Hon. 396, Mall. Theod. 66, 138, Stil. II 127. Mycalaeus (Adj.): zu Mycale, einem Vorgebirge in Ionia, gegenüber der Insel Samos; litora: als Mündungsort des → Maeander Eutrop. II 265. Mycēnae: Königsstadt der Tantaliden (→ Agamemnonius); durch den Hass der Brüder → Atreus und → Thyestes als Sinnbild des Bruderkriegs Gild. 287, 399. Mygdonius (Adj.): zu Mygdonia, einer Landschaft von → Phrygia: cineres: von → Tarbigilus verwüstetes Land Eutrop. II 1; currus: Wagen der Göttermutter → Cybele Mall. Theod. 301; volucres: Raubvögel, die sich an den Leichen in Phrygien sättigen Eutrop. II 408. Mytilēnaeus (Adj.): zu Mytilenae, einer Stadt auf Lesbos: pecten: Gesang der Dichterin → Sappho, von → Maria studiert Epithal. Hon. 235. Nāïas: Flussnymphe; benachrichtigt den Po (→ Eridanus) vom Abzug des → Alaricus 6 cons. Hon. 153. Nāis: Flussnymphe (meist im Pl.); sollen die Feier am Tiber (→ Thybris, → Tiberinus) vorbereiten Olybr. Prob. 249; verlieben sich in → Honorius Fescenn. I 24. Nār: Fluss in Umbrien, heute Nera; gibt der Stadt → Narnia den Namen, führt schwefliges Wasser 6 cons. Hon. 517; von → Tiberinus zur Feier eingeladen Olybr. Prob. 256. Narcissus: bekannter Freigelassener des Kaisers Claudius; in hoher Machtposition Eutrop. I 441. Narnia: Stadt in Umbrien am Fluss → Nar; auf der Reiseroute des → Honorius nach Rom 6 cons. Hon. 515.



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Nasamōn: Angehöriger einer Völkerschaft an der Großen Syrte bzw. an der Nordküste Libyens; erhält unter → Gildos Tyrannei karthagische Frauen Gild. 192; unterstützt Gildo im Krieg Stil. I 256, 354. Nātūra: Gottheit bzw. Allegorie der Mutter Natur; fordert die Rückkehr des → Theodosius in den Himmel 3 cons. Hon. 106; übergibt → Iuppiter die Regentschaft über die Götter 4 cons. Hon. 199; vor dem Eingang der Höhle des → Aevum Stil. II 432, 442. Nebrophonē: Jägerin aus Arkadien (→ Lycaeus) im Gefolge der → Diana Stil. III 250; jagt auf Sizilien und Korsika (→ Cyrneus) Stil. III 315. [Nemesis: Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit; → Rhamnūsia dea: straft → Alaricus Get. 631] Neptūnus: Gott des Meeres, Bruder von → Dis und → Iuppiter; entsendet ein Seeungeheuer, das von → Perseus getötet wird Rufin. I 279; als Rossezüchter (→ Nereis) 3 cons. Hon. 197; hilft → Stilicho auf der Fahrt nach Griechenland 4 cons. Hon. 463; metonym. für Meer: sein Palast wird mit Kränzen überzogen Epithal. Hon. 155; soll als Erderschütterer → Constantinopolis zerstören Eutrop. II 37; bietet Pferde für Stilichos Spiele Stil. III 265. Nērēis: Tochter des → Nereus; → Thetis, ihre Hochzeit am → Pelion Olybr. Prob. 202; im Plural: Hüterinnen der Pferde des → Neptunus 4 cons. Hon. 555; turba sororum: bei der Hochzeit der Thetis Epithal. Hon. praef. 3; geleiten → Venus nach Italien Epithal. Hon. 159; ihre Hochzeitsgaben für → Maria Epithal. Hon. 283; sollen von → Eutropius mit den → Tritonen verkuppelt werden Eutrop. praef. II 68. Nērēius (Adj. zu → Nereus): baca: Perle auf der trabea des → Honorius 4 cons. Hon. 592. Nēreus: Meeresgott; Vater der → Thetis und Schwiegervater des Peleus: socer aequoreus Epithal. Hon. praef. 3; flicht sich einen Kranz aus Veilchen und Algen für die Meerfahrt der → Venus Epithal. Hon. 157; vergleicht seine Meeresungeheuer mit den Tieren für → Stilichos Spiele Stil. III 360; metonym. für Meer: spürt den Zulauf an Flüssen nicht Rufin. I 183, trennt Stilicho von → Rufinus Rufin. II 303, sorgt für Flutkatastrophen Eutrop. II 34, der Comer See (→ Larius) täuscht die Größe des Meers vor Get. 320, am Hafen von → Ravenna 6 cons. Hon. 496. Nērïnus* (Adj. zu → Nereus): tori: Hochzeit von Peleus und → Thetis am → Pelion 3 cons. Hon. 116. Nerō: römischer Kaiser (54–68); als Tyrann 4 cons. Hon. 313; seine Bühne als Ort von Skandalen Eutrop. II 61.

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Nerva: römischer Kaiser (96–98), leitet nach dem Sturz des letzten Flaviers Domitianus die Zeit der Adoptivkaiser ein, indem er → Traianus zu seinem Nachfolger durch Adoption bestimmt 6 cons. Hon. 420. Nervius: Angehöriger einer römischen Abteilung, die gegen → Gildo zieht Gild. 421. Nīliacus (Adj. zu → Nilus): vela: Getreidelieferung zu Schiff aus Ägypten Gild. 59. Nīlōticus (Adj. zu → Nilus): ripa: Nilufer bei → Memphis 4 cons. Hon. 574. Nīlus: Hauptstrom Ägyptens; seine Anwohner kennen → Probus Olybr. Prob. 38; als Adynaton: (unmögliche) Nilschwelle im Winter Olybr. Prob. 169; sein Zulauf lässt den Meeresspiegel (→ Nereus) nicht steigen Rufin. I 185; seine unerforschten Quellen Rufin. II 244, 3 cons. Hon. 207, Stil. I 179; als Fluss an der südlichen Reichsgrenze 4 cons. Hon. 44, 388, Gild. 456; sein Mündungsdelta liegt gegenüber dem Palast der → Venus auf Zypern Epithal. Hon. 51; umfließt → Meroe Epithal. Hon. 223; als Grenze zwischen Ägypten und Libyen Gild. 158; Ziel der Kraniche aus Thrakien Gild. 476; als machtvoller, aber ruhig fließender Strom Mall. Theod. 232; verlässt sein Bett Eutrop. I 14; Eutrop. praef. II 39; als Ziel des → Phoenix Stil. II 416; als Adynaton: mündet (nicht) in die → Maeotis Get. 57; metonym. für Ägypten: als Getreidelieferant Gild. 52, 113; → Eutropius lässt sich dort die Zukunft prophezeien Eutrop. I 316, wird aber über seinen Sturz nicht informiert Eutrop. praef. II 39; soll von → Arcadius regiert werden 6 cons. Hon. 86; mit dem Nil gleichgesetzter Fluss → Gir Stil. I 253. Niobe: Gattin des → Amphion; verliert alle ihre Kinder durch → Apollo und → Diana, weil sie in Hybris deren Mutter → Latona beleidigt: als Tragödienund Pantomimenstoff Eutrop. II 405. Niphātēs: Bergkette in Armenien; als Grenze im Osten des Reichs 3 cons. Hon. 72, Eutrop. I 16. Nōricus (Adj.): zu Noricum, einem Territorium südlich der Donau, ungefähr dem heutigen Ober- und Niederösterreich entsprechend; claustra: von den → Vindelici besetzt Get. 365. Notus: der Südwind; soll die Winterkälte mildern Olybr. Prob. 271; lässt die Drachenstandarten wehen 3 cons. Hon. 140; bringt Regen 4 cons. Hon. 173; lenkt die Getreideschiffe nach Ostia Gild. 64; könnte die schreckliche Erinnerung an den Goteneinfall mit sich nehmen Get. 205; metonym. für den Süden bzw. → Africa: Rufin. II 244, Gild. 459, Stil. I 179; zur Angabe des Südens am Sternenhimmel 6 cons. Hon. 176. Nox: Personifikation der Nacht und Finsternis; gebiert Unterweltskreaturen Rufin. I 30; als Fundament der Unterwelt Rufin. II 525. Nūba: Nubier; unterstützt im Krieg → Gildo, hat Pfeile als Haarschmuck (→ Meroe) Stil. I 254.



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Numa: zweiter König Roms; als Herrscherideal der gravitas, die trotzdem von → Rufinus überwunden werden könnte Rufin. I 114; als Friedensherrscher 4 cons. Hon. 493; als Stifter religiöser Bräuche Stil. III 167; seine Tempel sollen vor den Goten bewahrt bleiben Get. 101. Numida: Angehöriger der afrikanischen Völkerschaft; unter → Gildos Herrschaft Gild. 93; unter → Iugurtha Ziel des römischen Angriffs Gild. 409, Stil. III 35; unterstützt Gildo im Krieg Stil. I 257; *zur Angabe der praefectura Africae Mall. Theod. 201. Nympha: Naturgöttin, in Gewässern, Bäumen oder Bergen lebend; Flussnymphen, hüten die Urne des → Tiberinus Olybr. Prob. 213, bereiten die Feier des Tiber vor Olybr. Prob. 263; als Mütter der → Amores Epithal. Hon. 74; auf → Stilichos trabea als Helferinnen bei der Geburt von → Honorius’ Sohn Stil. II 345; → Dianas Jägerinnen Stil. III 258; Flussnymphen des → Eridanus 6 cons. Hon. 158. Ny¯sa: Stadt in Karien am → Maeander; mit → Bacchus-Kult 4 cons. Hon. 604. Ny¯saeus (Adj. zu → Nysa): palmes: Weinanbau am Ufer des → Hermus Eutrop. II 171. Occidens: die westliche Reichshälfte; soll dem kaiserlichen Brautpaar applaudieren Fescenn. II 37. Occiduus (Adj.): westlich; plagae: Ausgangsrichtung der Aussendung von → Iuppiters Adler zur Vermessung der Welt Mall. Theod. praef. 14. Ōceanus: Weltmeer, das die Erde umfließt; daher für das Westreich i.d.R. Atlantik von Spanien her mit Nord- und Ostsee; als Vater des → Tiberinus Olybr. Prob. 216; als Grenze der westlichen Welt am Eingang zur Unterwelt (→ Gallia) Rufin. I 124; uterque: Gesamtheit des Weltmeers zur Angabe der Unersättlichkeit des → Rufinus Rufin. I 197; als Grenze des römischen Weltreichs Eutrop. I 492, Stil. I 215, Stil. II 409; Ruber Oceanus als Grenze des Reichs Gild. 455; als Herkunftsort der Kelten (→ Galata), die in → Phrygia siedeln Eutrop. II 248; als Ort und Mittel zur Entsühnung am Ende der Welt Eutrop. II 23; nimmt den verstirnten → Theodosius auf 3 cons. Hon. 176; als Herkunftsort der spanischen Familie des Theodosius und Okeanos als „Vater aller Dinge“ (Homer, Il. 14, 245 u. a.) 4 cons. Hon. 22, 44, soll die kaiserliche Hochzeit feiern Fescenn. II 34; seine Seeungeheuer bei der Meerfahrt der → Venus Epithal. Hon. 161; seine entfernten Anwohner (→ Atlanteus) werden → Maria verehren Epithal. Hon. 281; Mündung der → Garunna, deren Wasserstand von der Flut des Atlantik beeinflusst wird Rufin. II 114, zur Herkunftsangabe weströmischer Truppen, die → Theodosius gegen → Eugenius unterstützen und → Stilicho die Treue halten Stil. I 160; Stilicho besiegt Spanien bis zum Atlantik Stil. praef. III 8;

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auf → Britannias Mantel abgebildet Stil. II 249; Britanniens Meer Stil. III 148, Get. 203; als Herkunftsort der → Cimbri Get. 640; als Meer mit deutlich wahrnehmbaren Gezeiten Mall. Theod. 108, 6 cons. Hon. 499. Odothaeus: Anführer der → Gruthungi 4 cons. Hon. 626, 632. Odrysius: Angehöriger einer Völkerschaft in Thrakien; soll zum Ausgleich für das Leiden das Haupt des → Rufinus erhalten Rufin. II 425; kann sich nicht gegen die Goten wehren Get. 178. Odrysius (Adj.): metonym. für thrakisch; → Hebrus: als Schauplatz der Kämpfe von → Theodosius und → Stilicho gegen die Goten 3 cons. Hon. 147; nives: die Berge Thrakiens, in denen sich → Mavors erholt Rufin. praef. II 18; orae: am → Bosporos als Grenze der beiden Kontinente Rufin. I 175. Oebalia: Gegend um → Tarentum (→ Oebalius) am Fluss → Galaesus Olybr. Prob. 260. Oebalius (Adj.): zu Oebalus, König von Sparta; → Tarentum: als Gründung Spartas Mall. Theod. 158. Oedipodēs: Oedipus, erfüllte unwissend das delphische Orakel, das ihm Vatermord und Inzest mit der Mutter prophezeite, weil er deswegen nach der Geburt ausgesetzt wurde und seine wahren Eltern Laius und → Iocasta, das Königspaar von Theben, nicht kannte; Inzest auf Anstiften der → Megaera Rufin. I 84; sein Inzest als Stoff von Dichtung Eutrop. I 289. Oenōtria: alte Bezeichnung für Süditalien; metonym. für → Italia, die Weinlaub wegen der etymologischen Ableitung von οἴνος trägt, als sie in einer Rede vor → Roma → Stilichos Konsulat fordert Stil. II 262; von → Pyrrhus gequält Get. 146. Oenōtrius (Adj. zu → Oenotria): tellus: Italien, hat → Stilichos Angehörige als Pfand Get. 310. Oetaeus (Adj. zu → Oete): iuga: fließen von Wein bei der Hochzeit von Peleus und → Thetis Epithal. Hon. praef. 8; nemus: angefüllt mit → Stilichos Truppen Rufin. II 181; silvae: als Ziel von → Iuppiters Blitz Stil. II 29. Oetē: Gebirge in Thessalien; Schauplatz von Tod und Apotheose des → Hercules 3 cons. Hon. 114; von den Goten eingenommen Get. 182. Olbia: Stadt auf → Sardinia; Hafen der römischen Truppen auf dem Weg nach → Africa Gild. 519. Oly¯brius: Q. Clodius Hermogenianus Olybrius (cos. 379), Großvater des → Olybrius und → Probinus Olybr. Prob. 30. Oly¯brius: Sohn des → Probus (cos. 395), Bruder des → Probinus und mit ihm Widmungsadressat des Panegyricus Olybr. Prob. inscr., seine zukünftige Divinisierung als neuer → Pollux Olyb. Prob. 243.



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Olympus: Berg in Thessalien; Sitz der Götter 3 cons. Hon. 33, die einen Aufstieg des → Eutropius nicht dulden sollten Eutrop. I 140, die Italien schützen 6 cons. Hon. 351; sein Zugang bleibt den → Furiae verwehrt Rufin. I 50; → Prometheus stiehlt von dort den göttlichen Seelenteil des Menschen 4 cons. Hon. 230; hallt vom Hochzeitslied für → Thetis wider Epithal. Hon. praef. 21; wird als Göttersitz mit dem Kaiserhof verglichen 6 cons. Hon. praef. 23; → Roma tritt dort vor das Götterkonzil Gild. 18; bleibt am Gipfel von Unwettern unberührt Mall. Theod. 206; hallt von → Stilichos Truppen wider Rufin. II 182; wird von den Goten gering geschätzt Get. 180, 511; metonym. für Himmel Mall. Theod. 79, als Aufenthalt des vergöttlichten → Theodosius Epithal. Hon. 300, 6 cons. Hon. 101; flagrans: verursacht die unbewohnbar heiße Erdzone Gild. 148; Roms Hügel ahmen die sieben Sphären des Himmels nach Stil. III 135; als Ort der Gestirne, die an → Phaethons Sturz erinnern 6 cons. Hon. 169. Ōpis: Jägerin aus → Scythia im Gefolge der → Diana; Schwester der → Hecaerge Stil. III 254; jagt mit Diana in → Libya Stil. III 277, 292. Orcades: Orkney-Inseln; als Einsatzort von → Theodosius senior 4 cons. Hon. 32. Orcus: Unterwelt; von → Cerberus bewacht, den → Hercules entführt Rufin. I 294. Orestēs: Sohn des Agamemnon (→ Agamemnonius) und der Clytaemnestra, die ihren Mann nach seiner Rückkehr aus dem Trojanischen Krieg umbringt; rächt seinen Vater, indem er die Mutter und Aegisthus (→ Thyestiades) tötet 6 cons. Hon. 113; wird nach dem Muttermord von seinem treuen Freund → Pylades auch im Wahn unter dem Einfluss der → Eumenides nicht verlassen; würde durch → Rufinus selbst von Pylades entfremdet Rufin. I 107. Oriens: oströmische Reichshälfte: von fremden Völkern bedroht Rufin. II 30, Eutrop. I 17; an → Theodosius übertragen und von ihm gerettet 4 cons. Hon. 70; soll dem kaiserlichen Brautpaar applaudieren Fescenn. II 36; beneidet → Roma um ihre Erfolge Eutrop. I 396; von → Aevum wegen der Ernennung des → Eutropius zum Konsul verlassen Eutrop. II 131; in verwahrlostem Zustand Eutrop. II 566; durch die Absetzung des Eutropius besiegt Stil. I 8; im „kalten Krieg“ mit Rom während der → Gildo-Krise Stil. I 277, Stil. III 81; von → Honorius 394 endgültig verlassen 6 cons. Hon. 92. Ōrīōn bzw. Orīōn: Sternbild des an den Himmel versetzten Jägers; leuchtet bei Mondschein schwächer Olybr. Prob. 28; bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 171; kündigt einen Seesturm an Gild. 498, Stil. I 287; steht in der Nähe des Sternbilds → Eridanus 6 cons. Hon. 177. Orontēs: wichtigster Fluss Syriens, von der Völkerwanderung betroffen Rufin. II 35; → Theodosius holt sich von dort Unterstützung gegen den Usurpator 3 cons. Hon. 70; vom Barbareneinfall erschüttert Eutrop. II 115; als östlicher Wohnsitz

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römischer Bürger Stil. III 158; metonym. für den Osten, der einen Eunuchen als Herrscher anerkennen kann Eutrop. I 434. Orpheus: Sohn des → Apollo, Sänger aus Thrakien (→ Rhodopeius, → Thracius), der mit seinem Gesang die Natur und die Götter der Unterwelt rührte; sein Werk wird von → Maria studiert Epithal. Hon. 234. Orphēus (Adj. zu → Orpheus): cantus: werden von der Redegabe des → Theodorus übertroffen Mall. Theod. 252; modi: bezaubernde Wirkung seines Gesangs auf das → Rhodope-Gebirge 3 cons. Hon. 114; pecten: wird von der Redegabe des → Stilicho übertroffen Stil. II 172. Ossa: Berg in Thessalien; hallt von → Stilichos Truppen wider Rufin. II 182; von den Giganten (→Aloidae, → Ephialtes) mit dem → Pelion zur Erstürmung des → Olympus eingesetzt 4 cons. Hon. 108, Get. 76; das Ansinnen, Stilichos Leistungen in einem Gedicht zu behandeln, ist vergleichbar mit der Auftürmung von Pelion und Ossa Stil. I 12; hallt vom Jubel auf → Thetis wider Epithal. Hon. praef. 22. Ostrogothī: Ostgoten (→ Gruthungi); von → Mars nach → Phrygia geschickt Eutrop. II 153. Othrys: Gebirge in Thessalien; hallt vom Jubel auf → Thetis wider Epithal. Hon. praef. 22. Ōtus: Gigant, Bruder des → Ephialtes (→ Aloidae); fesselt → Mars, reißt den → Pelion aus, von → Apollo besiegt Get. 74. [Ouroboros: Schlange der Ewigkeit (→ Aevum) Stil. II 428.] Pachy¯num: Vorgebirge an der südöstlichen Küste Siziliens; soll → Africa mit seinen Wassern überfluten Gild. 142. Pactōlus: Gold führender Fluss in → Lydia (→ Mida); im Vergleich mit der Freigebigkeit des → Probus Olybr. Prob. 54; würde für die Habgier des → Rufinus nicht ausreichen Rufin. I 103; fließt für → Eutropius allein Eutrop. I 214; erschaudert vor der Lanze des → Mars Eutrop. II 172; beim Triumph des → Bacchus Stil. III 61. Padus: Fluss in Italien, heute Po (→ Eridanus), führt Bernstein (→ Heliades); soll zur kaiserlichen Hochzeit musizieren Fescenn. II 14; zur Angabe der praefectura Italiae Mall. Theod. 200; wird von → Roma überflogen Eutrop. I 376; wird von den erfolgreichen Goten erreicht Get. 532; als Grenzlinie, hinter die sich → Alaricus zurückziehen muss 6 cons. Hon. 212, 303; mündet bei Ravenna in die Adria 6 cons. Hon. 495. Paeān: Festhymnus und -ruf im Apollokult Rufin. praef. I 11; mit → Apollo identifiziert, der den Dichter inspirieren soll Get. 598.



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Paeōnius (Adj.): zu Paeon, dem Arzt der Götter, bzw. → Apollo oder Aesculapius (→ Epidaurius); cura: Vorsicht des Arztes bei Eingriffen nahe am Herzen Get. 121; draco: Schlange des Aesculapius auf der Tiberinsel Stil. III 173; herbae: Heilmittel Eutrop. II 12. Paestānus (Adj.): zu Paestum, einer Stadt in Campania; iugera: ihre Gegend ist berühmt für die Rosenzucht Epithal. Hon. 247. Palaemōn: → Athamanteus, Sohn der Ino (→ Leucothea) und des Athamās, war in einen Meeresgott verwandelt worden (Ovid, met. 4, 525–542), als sein Vater im Wahnsinn ihn und die Mutter verfolgte; vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 465; begleitet auf einem Delphin die Meerfahrt der → Venus Epithal. Hon. 156. Palaemonius (Adj. zu → Palaemon): coronae: Siegeskränze der Isthmischen Spiele (→ Isthmos), benannt nach dem molurischen Felsen zwischen Megara und Korinth (Pausanias 1, 44, 7–8), wo sich Palaemon ins Meer stürzte Mall. Theod. 289. Palātia: Kaiserpalast auf dem → Palatinus mons 6 cons. Hon. 8; als Begriff für Paläste 6 cons. Hon. 409. Palātīnus (Adj.): collis: von → Cybele als neue Heimat angenommen Gild. 118, zur Angabe der Route des kaiserlichen Adventus 6 cons. Hon. 543; mons: Palatin mit Kaiserpalast 6 cons. Hon. 35, als Sitz der Dea → Roma Stil. II 228; senatus: Senatsvertreter aus Rom beim Konsulatsantritt des Kaisers in Mailand 4 cons. Hon. 11. Palladius (Adj. zu → Pallas): harundo: Triton-See bei Tripolis als Geburtsort der → Pallas Athene 6 cons. Hon. 378. Pallantēus: → Palatinus mons, nach der vorrömischen Stadtgründung des Euander (→ Euandrius) benannt; auf der Route des Adventus Stil. II 405. Pallantēus (Adj.): apex: als Ort des Kaiserpalastes 6 cons. Hon. 644. Pallas: Sohn des arkadischen Fürsten Euander (→ Euandrius), der → Aeneas im Krieg gegen → Turnus seinen Sohn anvertraut; Pallas unterliegt im Zweikampf dem Turnus; Aeneas tötet den ihm unterlegenen Turnus als Rache für Pallas, → Stilicho übertrifft ihn in der Rache für → Promotus Stil. I 97. Pallas: Athene (→ Minerva, → Tritonia); als kriegerische Göttin und Meisterin der Webkunst Eutrop. I 272; im kriegerischen Aussehen gleicht ihr → Roma Stil. II 275; von → Victoria begleitet Stil. III 210. Pallor: Allegorie der bleichen Angst; als Liebessymptom auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 81; als Begleiter des → Alaricus auf der Flucht 6 cons. Hon. 322. Pamphy¯lus: Einwohner von Pamphylia an der Südküste von Kleinasien; von den → Gruthungi verschleppt Eutrop. II 465.

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Pān Lycaeus: der arkadische Hirtengott; kehrt nach dem Abzug des → Alaricus in sein Gebiet zurück 6 cons. Hon. 199. Panchaeus (Adj. zu → Panchaia): cinnama: arabischer Zimt, wächst am Berg der → Venus Epithal. Hon. 94. Panchāïa: Arabien; als Lieferant für Duftstoffe 3 cons. Hon. 211. Pandīonius (Adj.): zu Pandion, König von Athen, metonym. für athenisch: phalanges: Athens Hilfe für die Frauen von Argos (→ Inachides) Gild. 406; res: von → Solon geordneter Staat 4 cons. Hon. 508. Pangaea: Pangaion, makedonisches Gebirge und Teil der Griechischen Rhodopen (→ Rhodope); als Aufenthaltsort des → Mars Rufin. I 337, Eutrop. II 105; erstrahlt plötzlich im Licht bei der Erhebung des → Honorius zum Augustus 4 cons. Hon. 179; seine Erde verrät sich beim Pflügen als Schauplatz von Kämpfen des → Theodosius, an denen → Stilicho beteiligt war Stil. I 134. Pannonia: die in vier Gebiete geteilte Diözese Pannoniae, ungefähr im Gebiet des heutigen Ungarn; von der Völkerwanderung regelmäßig betroffen Rufin. II 45. Pannonius: Einwohner von → Pannonia; von → Stilicho gerettet Stil. II 192. Paphius (Adj.): zu Paphos, Stadt auf Zypern (→ Cypros) mit Heiligtum der → Venus; harenae: Triton erreicht den Strand von Paphos Epithal. Hon. 148; puellae: halten nach → Eutropius bei seiner Ankunft im Exil Ausschau Eutrop. praef. II 65; sedes: Sitz der Venus, den sie für → Maria verlassen hat Epithal. Hon. 254. Paraetonius (Adj.): zu Paraetonium, Grenzstadt im ägyptischen Libyen; litus: Gild. 160. Parcae: Schicksalsgöttinnen (→ Atropos, → Lachesis und Clotho), die den Lebensfaden spinnen; von → Megaera ignoriert Rufin. I 157; scheinen Roms Ende vorherzusehen Gild. 121; spinnen das letzte Stück vom Lebensfaden des → Leo Eutrop. II 461. Parnāsius (Adj. zu → Parnasus): chelys: von → Apollo (bzw. den Musen) inspirierter Gesang Claudians 6 cons. Hon. 122; Parnasia: Muse, vom Dichter angerufen Olybr. Prob. 71. Parnāsus: (→ Cirrhaeus) Berg von → Delphi, Sitz → Apollos und der Musen (→ Musa); durch Apollo von → Python befreit Rufin. praef. I 5; als Nabel der Welt, wo sich → Iuppiters Adler bei der Vermessung der Welt treffen Mall. Theod. praef. 15. Parrhasius (Adj.): zu Parrhasia, Landschaft im südlichen Arkadien; → Ladon: von Leichen gehemmter Fluss Stil. I 185; coloni: werden auch vom → Erymanthus nicht vor den Goten geschützt Get. 191. Parthenius (Adj.): zu Parthenius, arkadisches Gebirge; nemus: von den Goten befreit Stil. I 183.



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Parthia: Reich der → Parthi bzw. Sassaniden; verhandelt um Frieden mit Rom Epithal. Hon. 225; müsste die hungernde → Roma bemitleiden Gild. 38; hat schlechten Einfluss auf römische Sitten Eutrop. I 416. Parthicus (Adj. zu → Parthia): luxuries: verantwortlich für die Kastration der Eunuchen Eutrop. I 342. Parthus: Angehöriger der Parther bzw. der Sassaniden; von → Roma angegriffen Olybr. Prob. 80; Feind an der Ostgrenze 3 cons. Hon. 72; berühmt für die Taktik der Scheinflucht 3 cons. Hon. 201, 4 cons. Hon. 531, Stil. I 68; als Volk unter autokratischer Herrschaft 4 cons. Hon. 214; von Kaiser → Traianus besiegt 4 cons. Hon. 317; als Schütze berühmt, wird im Pfeilschießen von → Honorius übertroffen Fescenn. I 2; drohen mit einem Angriff Eutrop. II 476; der Sassanidische Hof, der von → Stilicho beeindruckt ist Stil. I 55, 68. Pater: → Iuppiter; gibt ein günstiges Zeichen Olybr. Prob. 207. Patientia: Allegorie der Ausdauer als Durchhaltevermögen und Leidensfähigkeit; Feldherrntugend des → Stilicho Stil. II 105. Paulus: L. Aemilius Paul(l)us; Sieger von Pydna (168 v. Chr.) Get. 126, feiert nach Beendigung des Dritten Makedonischen Krieges gegen → Perses einen spektakulären Triumphzug Stil. III 33. [Paulus: Alanenführer; sein Tod in der Schlacht bei → Pollentia Get. 594.] Pavor: Allegorie der Entsetzens; hilft → Mars, den Streitwagen für den Einsatz zu rüsten Rufin. I 343; schreitet mit → Metus vor dem Wagen des Mars Stil. II 373. Pāx: Allegorie des Friedens; jubelt zusammen mit → Fides Mall. Theod. 171. Pēgasēus (Adj. zu → Pegasus): habenae: im Vergleich mit → Perseus unterstützt kein Pegasus → Stilicho im Kampf gegen → Rufinus Rufin. I 263. Pēgasus: geflügeltes Ross, aus dem Blut der von Perseus getöteten → Medusa entstanden, trug Bellerophon im Kampf gegen die → Chimaera; würde gern → Honorius tragen 4 cons. Hon. 558. Pēlion: Berg in Thessalien; Heimat des → Chiron, als Schauplatz der Hochzeit von Peleus und → Thetis Olybr. Prob. 203, 3 cons. Hon. 115, Epithal. Hon. praef. 1; vom Einfall der Goten geschädigt Rufin. II 44; wird von den Giganten (→ Aloidae) auf den → Ossa zur Erstürmung des → Olympus getürmt 4 cons. Hon. 108, Get. 74; das Ansinnen, → Stilichos Leistungen in einem Gedicht zu behandeln, ist vergleichbar mit der Auftürmung von Pelion und Ossa Stil. I 12. Pella: Hauptstadt von Makedonien, durch → Alexander Sitz des Weltreichs, das bis zum → Hydaspes reichte; als Einsatzort für → Theodorus als consularis Macedoniae Mall. Theod. 28. Pellaeus (Adj. zu → Pella): → Alexander als Kind im Vergleich mit → Honorius 4 cons. Hon. 374; aula: das makedonische Reich wurde im Dritten Makedonischen Krieg von L. Aemilius → Paulus besiegt (→ Perses) Stil. III 33; aurum:

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Bestechungsgelder, mit denen → Philippus von Makedonien die griechischen Poleis gewann Gild. 269; enses: Ermordung des → Pompeius im Auftrag von → Ptolemaeus XIII. Eutrop. I 483. Pelopēa: Tochter des → Thyestes; wird in Inzestbeziehung Mutter des Aegisthus [nata: Rufin. I 84, Eutrop. I 289], Eutrop. I 291. Pelopēius (Adj. zu → Pelops): oppida: von den Goten bedrohte Peloponnes Rufin. II 188. Pelops: Sohn des → Tantalus, dessen Reichtum sprichwörtlich ist; daher wird die Ausstattung seiner sonst nicht belegten Hochzeit in → Lydia (mit Hippodameia?) zum Vergleich mit der Kaiservermählung herangezogen Epithal. Hon. 216. Pelōrus: Nordostspitze Siziliens; soll zum Schutz vor den Goten Siziliens Abstand vom Festland vergrößern Get. 222; zur Angabe der Ausdehnung des → Appenninus 6 cons. Hon. 287. Pēnēus: Fluss in Thessalien; verwandelt sein Wasser bei der Hochzeit der → Thetis in Nektar Epithal. Hon. praef. 7. Penthesilēa: Anführerin der Amazonen (→ Amazon) vor → Troia; jagt die Griechen in die Flucht Eutrop. I 334. Pentheus: König von Theben, widersetzte sich dem Kult des → Bacchus, wurde von den Bakchantinnen (→ Maenades) unter Führung seiner Mutter → Agaue am Cithaeron (→ Aonius) zerrissen; im Vergleich mit dem Tod des → Rufinus Rufin. II 418. Penthēus (Adj. zu → Pentheus): ritus: Sinnbild für den Tod des → Rufinus Stil. II 213; sanguis: Tod des Pentheus, den die Bacchantinnen (→ Maenades) bereuen, im Vergleich mit den Gefühlen der Byzantiner über die Schande des Eunuchen als Konsul Eutrop. II 523. Perfidia: Allegorie der Wortbrüchigkeit und Verschlagenheit; flieht unter der Regierung des → Honorius Mall. Theod. 169. Pergama: Burg von → Troia; von → Pyrrhus eingenommen 4 cons. Hon. 366. Periūria: Allegorie der gebrochenen (Liebes-)schwüre; auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 83. Persēs: Angehöriger der Perser, Parther bzw. Sassaniden; magi: Astrologen 4 cons. Hon. 145; zum Königsmord getrieben (→ Sapor) Eutrop. II 482; in der Weltreichabfolge als Sieger über die Meder (→ Medus) von Makedonien (→ Macedo) abgelöst Stil. III 164, 165; Gesandtschaft bei → Theodosius 6 cons. Hon. 70. Persēs: Perseus, der letzte König der Makedonen aus der Dynastie der Antigoniden; im Dritten Makedonischen Krieg in der Schlacht von Pydna (168 v. Chr.) durch



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L. Aemilius → Paulus vernichtend geschlagen, im Vergleich mit → Stilichos Sieg über → Gildo Stil. I 372. Perseus: Sohn des → Iuppiter und der → Danae (→ Inachius); besiegt → Medusa (→ Gorgo), besiegt Neptuns Seeungeheuer zur Rettung der → Andromeda, im Vergleich mit → Stilichos Rettungstat Rufin. I 278, 280. Persis (Adj. zu → Persa): terra als Ziel des Weltreichs 3 cons. Hon. 204; femina: Sassanidische Frauen bewundern → Stilicho Stil. I 57. Peucē: Insel am Donaudelta; Schauplatz des Kampfs gegen → Gruthungi 4 cons. Hon. 630; als Heimat des → Alaricus 6 cons. Hon. 105. [Phaedra: Tochter des → Minos und Gemahlin des → Theseus; noverca: Stiefmutter des → Hippolytus, deren Liebeswerbung er nicht erwidert Get. 440.] Phaëthōn: Sohn des Sonnengottes, bringt den Sonnenwagen aus der Bahn und gefährdet die Erde; von ihm sollte die Welt lieber vernichtet werden als von → Rufinus Rufin. II 211; Vergleich mit der Wirkung des Goteneinfalls ins Reich 4 cons. Hon. 63; als Exempel der Hybris auf dem Mantel des → Eridanus dargestellt, zur Warnung für → Alaricus 6 cons. Hon. 166, 187. Phaëthontēus (Adj. zu → Phaëthon): ruina: Absturz des Phaëthon in den Po (→ Eridanus) Olybr. Prob. 258; sorores: die trauernden Schwestern (→ Heliades) werden in Pappeln verwandelt, ihre Tränen werden zu Bernstein 3 cons. Hon. 124. Phalaris: Tyrann von Akragas (→ Siculus); als Inbegriff der Grausamkeit, weil er seine Gegner in einem eisernen Stier folterte, der zum Glühen gebracht wurde, im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 253, mit → Gildo Gild. 186, mit → Eutropius Eutrop. I 165. Pharius (Adj. zu → Pharos), oft metonym. für ägyptisch: annus: Getreideernte aus Ägypten Gild. 57; cubile: Heimat des → Proteus Epithal. Hon. 50; modi: Musik im Kult des → Apis 4 cons. Hon. 575; Nilus: als Teil der östlichen Reichshälfte 6 cons. Hon. 86; scelus: Ermordung des → Pompeius in Ägypten (→ Pothinus) Eutrop. I 482. Pharos: Insel vor Alexandria; metonym. für Ägypten, von Octavianus (→ Augustus) zur römischen Provinz gemacht Eutrop. I 218. Pharsālius (Adj. zu Pharsalus in Thessalien): proelia: Schauplatz des Bürgerkrieg zwischen → Caesar und → Pompeius 6 cons. Hon. 400; rura: als Weiden edler Pferde Epithal. Hon. 291. Phāsis: Fluss am Schwarzen Meer, Heimat der → Medea; soll einst von → Honorius besiegt werden Rufin. I 376; Grenze des Reichs im Osten 3 cons. Hon. 72; als Grenze, hinter die die Kappadokierinnen (→ Cappadox) vor den Goten fliehen Eutrop. I 245; ist für das oströmische Reich weniger bedrohlich als die Auxiliareinheiten Eutrop. II 575.

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Philippus: Name makedonischer Könige: Philipp II. von Makedonien (gest. 336 v. Chr.), Vater des → Alexander 4 cons. Hon. 375, machte Makedonien mächtig Mall. Theod. 31, soll seine Vormacht in Griechenland mit Bestechungsgeldern durchgesetzt haben Gild. 268; Philipp V. von Makedonien (238–179 v. Chr.), greift in der Zeit des Zweiten Punischen Krieges das geschwächte Rom an Get. 388, wird aber von den Römern (→ Laevinus) besiegt Stil. I 372, Get. 396. Phlegethōn: Unterweltsfluss, in dem Feuer strömt; entzündet die Fackel der → Megaera Rufin. I 119; vereint sich mit dem → Cocytos am Sitz der Totenrichter (→ Aeacus) Rufin. II 467. Phlegraeus (Adj.): bezeichnet das vulkanische Gebiet der Phlegräischen Felder bei Neapel, heute Solfatara; militia: Schauplatz der Schlacht der olympischen Götter gegen die Giganten (→ Gigans) 6 cons. Hon. praef. 20. Phoebē (→ Diana): Schwester des → Phoebus Apollo; als Mondgöttin: regulär ablaufende Mondphasen als Zeichen des geordneten Kosmos Rufin. I 9, bewegt sich für den ungeduldigen Bräutigam zu langsam Epithal. Hon. 15, die Mondfinsternis wird von → Theodorus studiert Mall. Theod. 130, die Mondfinsternis als Omen vor dem Goteneinfall Get. 234; als Göttin der Jagd: entsendet ihre Jägerinnen Stil. III 295; wird als weibliche Gottheit verehrt Eutrop. I 324. Phoebēus (Adj. zu → Phoebus): arcus: Waffe, mit der → Apollo den → Python getötet hat und als Rächer auftritt Rufin. praef. I 1. Phoebus (→ Apollo): als Gott der Seher und Dichter; könnte den Dichter nicht ausreichend inspirieren, um → Probus zu preisen Olybr. Prob. 56; als Sieger über → Python Olybr. Prob. 188, Rufin. praef. I 11 [gleichgesetzt mit → Stilicho Rufin. praef. I 15]; spielt und prophezeit bei der Hochzeit der → Thetis Epithal. Hon. praef. 17; inspiriert weibliche Seher Eutrop. I 327; versetzt Seher in Ekstase Eutrop. II 46; seine Wirkung in → Delphi 6 cons. Hon. 30; als Bruder der → Diana Stil. III 334; besiegt den Giganten → Otus Get. 75; als Sonnengott (→ Sol): bestimmt die vier Jahreszeiten Olybr. Prob. 269, wird von → Megaera verfinstert Rufin. I 129; sein Aufgang zum Jahresbeginn 3 cons. Hon. 9; hellt den Himmel bei der Erhebung des → Honorius auf 4 cons. Hon. 175; fährt in der Mitte der Himmelsbahn 4 cons. Hon. 286, 6 cons. Hon. 412; als allwissender Gott Stil. III 42; zur Angabe von Sonnenaufgang und -untergang Fescenn. II 40, zur Angabe des Ostens Get. 244; zur Angabe für den Osten des römischen Reichs: Rufin. II 104, Eutrop. I 397, Stil. II 302; als Himmelskörper bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 166; als Teil des Planetensystems Stil. II 440. Phoenīces: Phönikier als Produzenten von Purpur 4 cons. Hon. 601.



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Phoenīx: ägyptischer Vogel, der als einziger seiner Art lebt und sich durch Wiedergeburt verjüngt; wird bei seiner Ankunft am → Nilus (im Heiligtum des → Sol in Heliopolis) von Vögeln geleitet Stil. II 417. Pholus: → Centaurus; bleibt von → Terpsichore unbeeindruckt Epithal. Hon. praef. 14. Phrixēus (Adj. zu Phrixus): → Aries: als Sternbild des Frühlings Stil. II 463; der göttliche Widder ermöglichte Phrixus und Helle die Flucht vor ihrer Stiefmutter Ino (→ Leucothea); Phrixus opferte den Widder bei seiner Ankunft in Kolchis (→ Colchus), wo er als Goldenes Vlies aufbewahrt wurde (→ Argo). Phrygia: Landschaft in Kleinasien, Heimat der Trojaner, Sitz der Göttermutter → Cybele (→ Magna Mater, → Ida); in einer ausführlichen Ekphrasis behandelt Eutrop. II 238–273; wird von der Lanze des → Mars getroffen Eutrop. II 170, von den Goten verheert Eutrop. II 274; ihr Unglück wird von → Lachesis der Cybele angekündigt Eutrop. II 289, 296, als nebensächliches Thema im oströmischen Kronrat vernachlässigt Eutrop. II 356. Phrygius (Adj. zu → Phrygia): bustum: Grab des gefallenen → Memnon vor → Troia Eutrop. II 530; caedes: von → Phoebus prophezeite Kämpfe des → Achilles im Trojanischen Krieg Epithal. Hon. praef. 20; culter: Messer, mit dem sich die Priester der → Cybele kastrieren Eutrop. I 280; leones: als Gespann an Cybeles Wagen Gild. 119, Stil. III 170; matres: sollen ihre berühmte Webkunst wieder ungestört betreiben Eutrop. II 401; Timavus: weil sich der Trojaner → Antenor dort ansiedelt 3 cons. Hon. 120; vertex: Haupt des → Ascanius beim Flammenprodigium 4 cons. Hon. 194; vox: von → Psammetichos als Ursprache der Menschen erwiesen Eutrop. II 254. Phryx: Bewohner der Landschaft → Phrygia; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 205; alter Name, der viele Stämme zusammenfasst Eutrop. II 244; gelten als ältestes Volk (→ Psammetichos) Eutrop. II 252. Phryx (Adj.): ager: von → Ostrogothi und → Gruthungi bewohnt Eutrop. II 154. Pictus: Angehöriger einer schottischen Völkerschaft an der Grenze zu → Britannia; nach der auffälligen Körperbemalung benannt 3 cons. Hon. 54; auf der Haut des sterbenden Kriegers verblassen die Tätowierungen Get. 418; als Gegner von → Theodosius senior 3 cons. Hon. 54, 4 cons. Hon. 32; Britannia muss vor ihm geschützt werden Eutrop. I 393, Stil. II 254. Pīeridēs: Musen (→ Musa, → Pierius); werden vom Dichter angerufen, damit er die Vorgänge in der Unterwelt erklären kann Rufin. I 24. Pīerius (Adj.): metonym. für musisch; antra: Rückzugsort der Musen, wo der Sänger Claudian erprobt wurde 3 cons. Hon. praef. 15; artes: Musenkünste, bes. Dichtung Stil. praef. III 3; currus: die Schwierigkeit der Aufgabe belastet die Musen des Dichters Stil. I 23; fides: von den Musen inspiriertes Spiel Claudians

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6 cons. Hon. 123; modi: beruhigen → Mars bei der Erholung nach dem Kampf Rufin. praef. II 20; studia: freie Künste, werden von den Söhnen des → Probus betrieben Olybr. Prob. 150. Pietās: Allegorie des verantwortungsvollen Verhaltens, das die Ordnung in der Familie, in der Gesellschaft und gegenüber den Göttern erhält und davor bewahrt, eine Freveltat zu begehen und impius zu werden; gewinnt unter → Theodosius an Macht Rufin. I 53; sichert die brüderliche Liebe der Kaiser Mall. Theod. 168, Stil. I 271; → Stilichos Tugend als Ziehvater des → Honorius 6 cons. Hon. 586. Piī: Kaiser Antoninus Pius (138–161) und seine Nachfolger 6 cons. Hon. 421. Pincius (Adj.): einer der Hügel von Rom; culmina: beim Adventus des → Stilicho Stil. II 401. Pindus: Berg in → Thessalia; wird von → Britomartis nach Tieren für → Stilichos Spiele durchsucht Stil. III 302; kann die → Dryopes nicht vor den Goten schützen Get. 184. Pīrithous: König der Lapithen; bester Freund des → Theseus, der ihm bis in die Unterwelt (→ Orcus) folgte, würde durch → Rufinus von Theseus entfremdet Rufin. I 107; [als Büßer in der Unterwelt (Vergil, Aen. 6, 595–600) Rufin. II 507f.]. Pīsae Alpheae: Pisa in Italien, als Gründung von Elis; Sammelpunkt des Heers zur Überfahrt nach → Africa Gild. 483. Pisidae: Einwohner von Pisidia, einer Landschaft im südlichen Kleinasien; als Nachbarn von → Phrygia Eutrop. II 241; von den → Gruthungi verschleppt Eutrop. II 465. Platōn: der athenische Philosoph; [seine Seelenlehre 4 cons. Hon. 235ff.; seine Erkenntnistheorie Mall. Theod. 75]; von → Theodorus studiert und hochgeschätzt, seine Leistung für den Staat im Vergleich mit der des → Themistocles Mall. Theod. 149. Plaustrum: Sternbild des großen Wagens (→ Arctos); leuchtet bei Mondlicht schwächer Olybr. Prob. 26; zur Orientierung Gild. 501; Geticum: zur Angabe der Flugbahn des Kometen vor dem Goteneinfall in Italien Get. 247. Plēïas: Siebengestirn, das Regenfälle bringt; für die Seefahrt gefährlich 4 cons. Hon. 438, Get. 209. Poenus: Angehöriger des Volks der Phönizier; als Gegner des → Lutatius Eutrop. I 455, als Gegner der Scipionen (→ Scipiades) in den Punischen Kriegen Olybr. Prob. 148, Eutrop. I 455, Stil. II 383, fällt über die → Alpes in Italien ein Gild. 83, nur durch Hinhaltetaktik (→ Fabius) besiegt Get. 138; verwüstet fast 18 Jahre lang Italien Get. 148, von Rom zur See besiegt Stil. III 143;



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Angehöriger der praefectura Africae Gild. 509, Mall. Theod. 201, Stil. II 190; → Gildo und die Afrikaner Stil. III 8, 71. Poenus (Adj.): aër: wird vom im Krieg gegen → Gildo vom Geschosshagel erfüllt Stil. I 258; arator: ist zur Getreideversorgung Italiens verpflichtet Stil. III 102. Pollentia: ligurische Stadt, heute Pollenzo; als Schauplatz des Siegs über → Alaricus Get. 635, 6 cons. Hon. 202, 281. Pollentīnus (Adj. zu → Pollentia): campus: Schlachtfeld im Kampf gegen → Alaricus 6 cons. Hon. 127. Pollūx: Bruder des → Castor, Meister im Faustkampf, Zögling des → Eurotas; als Schutzgott der Seeleute Olybr. Prob. 235–238; als Stern Olybr. Prob. 244; als unzertrennliches Brüderpaar; würde durch → Rufinus selbst von Castor entfremdet Rufin. I 108. [Polyïdus: senior vates: findet → Glaucus (→ Minous) und erweckt ihn vom Tod Get. 444.] Pompēiānus (Adj. zu → Pompeius): triumphi: → Pompeius’ Eroberungen im Osten bis → Syria von 67–63 v. Chr. Eutrop. I 221; proscaenia: das Pompeius-Theater beim Adventus des → Stilicho Stil. II 403. Pompēius: Cn. Pompeius → Magnus (106–48 v. Chr.): römischer Feldherr und Politiker, Triumvir, dann Gegner von → Caesar im Bürgerkrieg; nach dem Erfolg im Seeräuberkrieg (66 v. Chr.) hatte er durch ein umstrittenes Gesetz das imperium für die Beendigung des Kriegs gegen Mithridates VI. (→ Pontus) erhalten; im Zuge seiner militärischen Erfolge (→ Pompeianus) wurde der Vordere Orient bis 59 v. Chr. mit den Provinzen → Bithynia et → Pontus, → Syria und Cilicia neu geordnet Stil. III 36. Pontus: Schwarzes Meer; zur Angabe der von der Völkerwanderung betroffenen Gebiete zwischen Adria und Schwarzem Meer Rufin. II 38; verengt sich am → Bosporos Gild. 225; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 203; Mündung des → Sangarius Eutrop. II 264; → Cimmerius Pontus: → Maeotis als Schauplatz der Feldzüge des → Theodosius Stil. I 129; [stagna → Saturnia: das Nordmeer als Übersetzung von Πόντος Κρόνιος Stil. I 178]. Pontus: Reich von Mithridates VI. (gest. 63 v. Chr.), der über Jahrzehnte ein gefährlicher Gegner Roms (→ Pompeius, → Tigranes) war Stil. I 370. Porsenna: Etruskerkönig, der nach der Vertreibung des letzten römischen Königs → Tarquinius Superbus gegen Rom zog Gild. 123; wird erfolgreich abgewehrt Eutrop. I 444; wird von → Cocles aufgehalten 6 cons. Hon. 488. Pōrus: König von Indien (→ Indus; → Ganges, → Hydaspes); von → Alexander besiegt Mall. Theod. 32, Stil. I 267, 268; als östlicher Herrscher 4 cons. Hon. 375. Potestās: Allegorie der Machtbefugnis durch ein Amt bzw. eine staatliche Institution, bes. die Macht des Kaisers; cognata: wiegt → Honorius im Arm

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3  cons. Hon. 14; beruft → Theodorus Mall. Theod. 12; von → Stilicho in Rom zu neuem Leben erweckt Stil. III 125; erkennt auf dem → Palatinus mons ihre wahre Größe 6 cons. Hon. 40; lebt nach → Romas Auffassung nicht mehr in Rom selbst, sondern im Exil 6 cons. Hon. 407. Pothīnus: Berater des minderjährigen ägyptischen Königs → Ptolemaeus XIII., der die Ermordung des → Pompeius nach der Niederlage von Pharsalus (→ Pharsalius) durchsetzt Eutrop. I 481. Proba: Mutter des → Olybrius und → Probinus Olybr. Prob. 145, bereitet für sie die trabea vor Olybr. Prob. 177–192, Gemahlin des → Probus; als Ideal einer römischen matrona Olybr. Prob. 192–204. Probīnus: Bruder des → Olybrius (cos. 395) Olybr. Prob. inscr.; beide übertreffen den Vater → Probus Olybr. Prob. 61; seine zukünftige Divinisierung als neuer → Castor Olybr. Prob. 244. Probīnus vetus: Petronius Probinus (cos. 341), Großvater von → Olybrius und → Probinus Olybr. Prob. 29. Probus: Sextus Petronius Probus (cos. 371), Vater von → Olybrius und → Probinus; weithin bekannt, auch durch seine Großzügigkeit Olybr. Prob. 32; als praefectus praetorio Italiae, Illyrici et Africae Olybr. Prob. 57; wird von seinen Söhnen noch übertroffen Olybr. Prob. 62; → Roma will ihm Dank abstatten Olybr. Prob. 75, Roma empfiehlt seine Söhne dem → Theodosius Olybr. Prob. 143; wird von Theodosius hoch geschätzt Olybr. Prob. 167, 173; ist mit einer würdigen Frau (→ Proba) verheiratet Olybr. Prob. 199. Promētheus: als Schöpfer der Menschen, der für sie Feuer aus dem Himmel holte und dafür von → Iuppiter bestraft wurde; er gibt der Seele Anteil am Göttlichen 4 cons. Hon. 229, im Unterschied zu → Epimetheus Eutrop. II 492. Prōmōtus: Feldherr des → Theodosius, der ihn im Kampf gegen die → Gruthungi und gegen → Maximus unterstützte, 391 in einen Hinterhalt der Bastarner (→ Bastarnae) geriet und ums Leben kam Stil. I 95. Propontis: Marmarameer als Verbindung von Ägäis und Schwarzem Meer (→ Pontus); kann den gierigen Hof unter → Eutropius nicht ausreichend mit Delikatessen versorgen Eutrop. II 333. Prōteus: Meeresgott, der weissagt und sich in alle Gestalten verwandeln kann; wohnt auf → Pharos Epithal. Hon. 51. Prūdentia: Allegorie der Klugheit; als eine Haupttugend des → Stilicho Stil. II 107. [Psammētichos: rex → Aegyptius: will durch ein Experiment mit zwei Kindern die Ursprache des Menschen (→ Phryx) nachweisen Eutrop. II 252] Ptolemaeus: Ptolemaios XIII., König von Ägypten (51–47 v. Chr.); als Beispiel für einen Kaiser, der schlechte Berater hat (→ Pothinus) Eutrop. I 480.



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Ptolemaeus: tribunus sacri stabuli, einer der Besitzer des → Eutropius Eutrop. I 61, 66; gleichnamig mit König → Ptolemaeus Eutrop. I 480. Pudīcitia: Allegorie der Ehrbarkeit, des natürlichen Schamempfindens und anständigen Verhaltens; als Ideal der römischen matrona von → Proba verkörpert Olybr. Prob. 195. Pūnicus (Adj. zu → Poenus): bella: der Zweite Punische Krieg Stil. praef. III 2, Get. 395; carbasa: Schiffe mit Getreide aus → Libya Gild. 59; feritas: grausamer Foltertod für → Regulus in → Karthago 4 cons. Hon. 410; gesta: Taten in den Punischen Kriegen Stil. I 380. Pyladēs: Freund des → Orestes, der ihn auch nach dem Muttermord unter Einfluss der → Eumenides nicht verlässt; würde durch → Rufinus von Orestes entfremdet Rufin. I 108. Pyragmōn: → Cyclops in der Waffenschmiede des Vulcanus (→ Mulciber) 3 cons. Hon. 195. Py¯rēnaeus: die Pyrenäen; werden vom Gerücht (→ Fama) über den Goteneinfall erreicht Get. 200. Py¯rēnaeus (Adj.): iuvenci: liefern Getreide für Rom Eutrop. I 406; ilex: als Jagdrevier der → Thero Stil. III 313. Py¯rēnē*: Pyrenäen; die Gipfel sollen mit dem → Appenninus aufgetürmt werden 4 cons. Hon. 107. Pyrrha: überlebt mit Deucalion als einziges Menschenpaar die Sintflut Gild. 43. Pyrrhus: Sohn des → Achilles; begleitet seinen Vater schon als Kind nach → Troia, dessen Burg (→ Pergama) er einnimmt 4 cons. Hon. 366. Pyrrhus: König von → Epirus, leitet sich vom Geschlecht des → Achilles ab (→ Aeacides); er unterstützt von 280 v. Chr. an → Tarentum, die Samniten und andere süditalische Völker in einem bedrohlichen Krieg gegen Rom Gild. 125, der fünf Jahre dauert Get. 145; versucht vergeblich, → Fabricius zu beeindrucken 4 cons. Hon. 414; fürchtet sich vor der Toga der römischen Beamten Eutrop. I 463; zieht aus Italien ab Stil. III 32, Get. 125, 128, 132; im Vergleich mit → Stilichos Sieg über → Gildo Stil. I 371; im Vergleich mit → Alaricus Get. 154. Py¯thagorās: Philosoph (6. Jh. v. Chr.) und Gründer einer philosophischen Sekte in Süditalien; verpflichtete seine Schüler zu langjährigem Schweigen Mall. Theod. 91, 157. Py¯thius (Adj. zu → Python): axis: → Delphi und → Parnasus als Nabel der Welt, wo sich → Iuppiters Adler nach der Umrundung der Erde treffen Mall. Theod. praef. 16; domus: Tempel des → Apollo in Rom, wo Claudian vorträgt Get. praef. 4. Py¯thōn: von → Apollo getöteter Drachen, der die Gegend um → Delphi in Schrecken hielt (Homer, hymn. Ap. 300–374; Ovid, met. 1, 434–451) Olybr.

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Prob. 189, Rufin. praef. I 1, 4 cons. Hon. 537; als Ungeheuer gleichgesetzt mit → Rufinus Rufin. praef. I 15. Quīnctius: L. Quinctius Cincinnatus, vom Pflug weg im Jahr 458 v. Chr. zum Diktator ernannt Gild. 111. Quirīnālis (Adj. zu → Quirinus): amictus: Amtstracht des Konsuls 4 cons. Hon. 157; cinctus: Amtstracht des Konsuls Eutrop. I 28. Quirīnus: Name des vergöttlichten → Romulus; als bellator im Kontrast zum Friedenskönig → Numa 4 cons. Hon. 8, 492; lenkt den Wagen des → Mars Stil. II 370; Rom als sein Sitz muss vor den Goten bewahrt werden Get. 101; von den Goten herausgefordert, sorgt er für Rache Get. 639; ruft Senat und Volk zusammen 6 cons. Hon. 9; als Gründer der römischen Königsherrschaft 6 cons. Hon. 642; metonym. für Rom bzw. die → Quirites 4 cons. Hon. 8, Stil. III 99. Quirītēs: die Bürger Roms; (ausnahmsweise im Singular) feiert die kaiserliche Hochzeit am Tiber Fescenn. II 17; spüren den Getreideboykott nicht mehr Eutrop. I 409; erwarten → Stilicho als ihren Retter Stil. II 391, fordern Stilichos Adventus Stil. III 54, feiern Stilicho Get. 451; beim Amtsantritt des → Honorius 6 cons. Hon. 587, 652; Grai: die oströmischen Bürger in → Constantinopolis, die den Eunuchen als Konsul anerkennen Eutrop. II 136. Raetī: Völker im Alpenvorland, zu denen → Alaricus fliehen soll 6 cons. Hon. 232. Raetia: Römische Provinz im Alpenvorland, seit dem Jahr 15 von → Drusus unterworfen; in einer ausführlichen Ekphrasis behandelt Get. 329–348; grenzt an die → Hercynia silva Get. 330; grenzt an Italien Get. 340; von → Stilicho durchzogen 4 cons. Hon. 442; hat Stilichos Kräfte gebunden Get. 279; gegen die Goten verteidigt Get. 414. Ravenna: kaiserliche Residenzstadt an der Adria; → Honorius bricht von dort nach Rom auf 6 cons. Hon. 494. Redux → Fortūna [Remus → Romuleus: fetus] Rēgulus: M. Atilius Regulus, Feldherr im Ersten Punischen Krieg; von den Karthagern gefangengenommen und als Unterhändler nach Rom geschickt, hielt er sein Wort und kehrte in den sicheren Tod nach → Karthago zurück; als Exempel für → Constantia 4 cons. Hon. 411; starb für Rom Gild. 79; sein Andenken wird durch → Stilicho gerettet Stil. I 381. Rhadamanthus: Totenrichter; wählt zusammen mit → Minos die Strafen für die Seelen aus Rufin. II 480. Rhamnūsius: Adj. zu Rhamnus, Kultort der Rachegöttin Nemesis in der Gegend von Marathon; dea: straft → Alaricus Get. 631.



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Rhēnus: Rhein; als Grenzfluss des Reichs, dessen rechtes Ufer nicht römisch war 3 cons. Hon. 18, 4 cons. Hon. 440, 457, 652, Mall. Theod. 54; wird sich → Roma ganz unterwerfen Olybr. Prob. 161, Eutrop. I 395; würde gegen ein vereintes römisches Reich seinen Widerstand aufgeben Gild. 312; auf beiden Seiten durch → Stilichos Leistung befriedet Stil. I 20, 196, 202, 220, Stil. II 246, Stil. III 13, würde in einem Triumphzug präsentiert Stil. III 25; von der Erscheinung der → Megaera aus der Unterwelt zum Stehen gebracht Rufin. I 133; wird → Maria als Kaiserin ehren Epithal. Hon. 278; als Ursprung der Kelten in Kleinasien (→ Galata) Eutrop. II 251; entspringt in → Raetia Get. 331; mündet in die Nordsee (→ Cimbrica Tethys) Get. 336; wird nicht einmal mehr von Wachmannschaften bewacht Get. 422; als Heimat kriegerischer Völker Get. 569, 6 cons. Hon. 413; als Heimat von Einheiten unter Stilichos Kommando, die als Kleinkinder in seinen Fluten abgehärtet werden Rufin. II 112, die im Krieg gegen → Gildo helfen Gild. 374; als Jagdrevier der → Leontodame Stil. III 305. Rhēsus: Thrakerkönig (→ Thrax), dessen Lager nachts von Diomedes (→ Tydides) und Odysseus (→ Ithacus, → Ulixes) überfallen wird (→ Dolon), die ein Blutbad anrichten und seine berühmten Rösser erbeuten (Homer, Il. 10) 6 cons. Hon. 473, 482. Rhodanus: Fluss in Gallien, heute Rhône; schnell fließend Rufin. II 111; als Herkunftsort westlicher Truppen, die im Osten helfen Rufin. II 111; zur Angabe der praefectura per Gallias Mall. Theod. 53, deren Abteilungen → Theodosius gegen → Eugenius unterstützen und → Stilicho die Treue wahren Stil. I 159, die Getreide für Rom liefert Stil. II 393, Eutrop. I 404; treibt den trägen → Arar an Eutrop. II 269; als westlicher Wohnsitz römischer Bürger Stil. III 158; müsste Sitz einer neuen Hauptstadt werden, wenn → Alaricus siegen sollte Get. 300. Rhodius: Bewohner von Rhodos; erlebt bei der Geburt der → Pallas Athene einen Goldregen (vgl. Homer, Il. 2, 670 u. Pindar, Ol. 7, 63 f.) Stil. III 226. Rhodopē: Gebirge in Thrakien (→ Thrace); Aufenthaltsort des → Mars Rufin. I 335, Eutrop. II 163; wird von den aus Griechenland zurückkehrenden Truppen durchzogen Rufin. II 291; metonym. für den Goteneinfall, der zur Schlacht bei Adrianopel (378) führte 4 cons. Hon. 50; als Schauplatz von → Theodosius’ Feldzügen, an denen → Stilicho teilnimmt Stil. I 130; kann die Goten nicht abhalten Get. 177. Rhodopēius (Adj. zu → Rhodope): flumina: von → Mars zum Training durchschwommen 4 cons. Hon. 526; saxa: als Reiseroute des → Honorius und Wirkungsstätte des → Orpheus 3 cons. Hon. 113. Rhoecus* bzw. Rhoetus: → Centaurus; von → Terpsichore unbeeindruckt Epithal. Hon. praef. 13.

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Rīphaeus (Adj.): zu Riphaeus, einem Gebirge am Rande der besiedelten Welt, in → Scythia bzw. Sarmatien (→ Sarmata) lokalisiert; Aquilo: sein kalter Sturm kann → Rufīnus nicht aufhalten Rufin. I 242; axis: Aufenthaltsort des → Apollo im hohen Norden (→ Hyperboreus) 6 cons. Hon. 31; flabra: Windböen aus dem Norden, denen → Stilicho ausgesetzt ist Stil. I 124; glacies: als Schauplatz von → Theodosius’ und → Stilichos Feldzügen 3 cons. Hon. 149; ora: von → Mars bevorzugtes Gebiet Eutrop. II 151. Rōma: die Reichshauptstadt Rom; entsendet Claudian an den Hof nach Mailand 3 cons. Hon. praef. 16; als Sitz des Senats Olybr. Prob. 19, 4 cons. Hon. 583; vom Kaiser → Honorius geehrt und geliebt 4 cons. Hon. 503, 6 cons. Hon. 78, 87; soll ihre Hügel für die kaiserliche Hochzeit festlich bekränzen Fescenn. II 20; ist auf ihre Legionen angewiesen Gild. 460; wird nicht durch würdelose Amtsträger beeinträchtigt Mall. Theod. 269; erbt das Pergamenische Reich (→ Attalus) Eutrop. I 215; wird durch → Stilicho vor Schande bewahrt Eutrop. II 128; wird vom oströmischen Kronrat verachtet Eutrop. II 339; vom Hunger bedroht Stil. I 309; aus Lebensgefahr gerettet Stil. I 376; das Andenken ihrer historischen Leistungen wird durch Stilicho bewahrt Stil. I 385; als Schauplatz von Stilichos Adventus Stil. praef. III 23, Stil. III 2, 27, 51, 78, 96; Laudes Romae Stil. III 130–181; als Geburtsort des → Eucherius Stil. III 180; erlebt Stilichos Spiele Stil. III 225; wurde von Bürgerkriegen heimgesucht Get. 51; [bleibt ewig bestehen Get. 54–60;] darf auf ihren besiegten Feind blicken Get. 77; ihr Wohl ist Ziel aller strategischen Entscheidungen im Gotenkrieg Get. 96; scheint im Wolfsprodigium vor den Goten gewarnt zu werden Get. 264; von → Raetia durch die Unterstützung Stilichos gerettet Get. 362; wird von Stilicho gegenüber den aufständischen → Vindelici repräsentiert Get. 375; erfährt von Stilichos Rückkehr Get. 450; wird für die Goten unerreichbar Get. 477, 505; verteidigt sich mit göttlichen Blitzen Get. 511; darf von fremden Völkern nicht unterschätzt werden Get. 647; als Ziel der Hybris des → Alaricus Get. 533, 6 cons. Hon. 192, 295; vor den Goten gerettet 6 cons. Hon. 211; restauriert ihre Mauern und schmückt sich für den Kaiser 6 cons. Hon. 530; auf ewig unter → Victorias Schutz 6 cons. Hon. 602; als Stadtgöttin: will → Probus danken Olybr. Prob. 75, als kriegerische Göttin, von → Impetus und → Metus begleitet Olybr. Prob. 79, spricht → Theodosius an Olybr. Prob. 124, wird als Auftraggeberin von Theodosius respektiert Olybr. Prob. 133; als Opfer des Usurpators 4 cons. Hon. 361; bittet im Götterkonzil um Hilfe Gild. 17, 35, 131, 204, 207, verjüngt sich durch → Iuppiters Hilfe wieder Gild. 208; erfährt von der Ernennung des → Eutropius und sucht → Honorius auf Eutrop. I 372, 384, 435; setzt sich auf Aufforderung von → Hispania, → Gallia, → Britannia, → Africa und → Italia dafür ein, dass Stilicho das Amt des



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Konsuls annimmt und in Rom antritt Stil. II 224, 269, 377, 408; als klagende Gottheit im Gespräch mit Kaiser Honorius 6 cons. Hon. 360, 432, 438, 451, 492; aemula Romae → Constantinopolis Rufin. II 54, par/altera Roma: → Constantinopolis Gild. 60, 113. Rōmānus: Römer; als Volk mit Freiheitsempfinden 4 cons. Hon. 309; hassen Verbrecher und ehrlose Politiker Gild. 270; → Tarbigilus, der als Sieger zum Römer werden kann Eutrop. II 229; von → Gildo unterschätzt Stil. I 348; als Sieger über das makedonische Weltreich (→ Macedo) Stil. III 166; von → Hannibal geschwächt und von → Philippus V. angegriffen Get. 390; als Gegner des → Alaricus 6 cons. Hon. 298; Romana: Staatsmacht Roms: durch den Bürgerkrieg in Gefahr Gild. 242. Rōmānus (Adj.): acies: übt Rache in der Schlacht von → Pollentia Get. 633; aevum: von den sibyllinischen Büchern prophezeit Get. 232; arces: Kapitol als Ziel eines Triumphzugs Stil. III 30; aula: Regentschaft über Rom 4 cons. Hon. 219; avis: Auspizin bei den Komitien und zum Jahresanfang 6 cons. Hon. 12; carcer: bestraft den Frankenkönig (→ Francia) Stil. I 240; chori: Reigen, die Claudians → Thalia in Rom genießt Get. praef. 2; culmina: Gipfel der Macht, von → Stilicho verdientermaßen erreicht Epithal. Hon. 316; decus: muss wiederhergestellt werden Get. 571; dicio: grenzenlose Ausdehnung der römischen Macht Stil. III 160; discordia: Bürgerkrieg durch den Usurpator → Eugenius zeigt → Alaricus den Weg nach Italien Get. 288; dolor: Empörung über die Ernennung des → Eutropius zum Konsul Eutrop. I 374; famulae: sollen von den Goten versklavt werden Get. 628; favor: Beliebtheit des → Honorius in Rom 6 cons. Hon. 75; flores: römische Redekunst Mall. Theod. 84; gaudia: Roms Freude über Erfolge Stil. I 1; iuga: römische Herrschaft Stil. III 8; insignia: Amtszeichen des Konsuls Eutrop. I 462; ira: Rache für die Demütigung durch → Gildo Stil. III 84; labor: Eroberungen Eutrop. I 221; legio: römische Armee, deren Teil die → Gruthungi waren Eutrop. II 576; libertas: erträgt keine Tyrannenherrschaft Stil. III 194; maiestas: in kaiserlichen Edikten Mall. Theod. 37; manus: hat ein Weltreich erobert Rufin. II 52, wurde von den Goten überlistet Get. 490; nomen: römisches Reich, das → Theodosius vor dem Untergang bewahrt 4 cons. Hon. 59, das vom fatum nicht vernichtet wird Get. 382; nurus: von den Goten bedroht Get. 84; oppida: werden bis zum → Ganges reichen Olybr. Prob. 163, unter der Herrschaft des Alaricus Get. 539; patres: Senat 6 cons. Hon. 551; pax: Verhandlungsziel der Parther Epithal. Hon. 225, von den Sassaniden angeblich verschmähter Friede Eutrop. II 477; potentia: von Stilicho verantwortungsvoll übernommen Rufin. II 4; potestas: Konsulat wird durch die Söhne des → Probus aufgewertet Olybr. Prob. 193; pudor: muss durch den Barbareneinfall wiederhergestellt werden Eutrop. II 159; quies: Frieden im

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Reich 6 cons. Hon. 150; regnum: soll grenzenlos sein Gild. 457; res: römischer Staat wird von den Adoptivkaisern gut gelenkt 6 cons. Hon. 418; ripa: linkes Rheinufer Stil. I 224; ruinae: von den neidischen Göttern geduldet Rufin. II 206; salus: als wertvolleres Handlungsmotiv des Stilicho im Vergleich mit → Perseus Rufin. I 283, ihre Bewahrung durch Stilicho ist im Vergleich mit der römischen Expansion bedeutender Stil. I 374; sanguis: erkämpfte Siege in → Africa Gild. 95; sceptra: Herrschaft des Usurpators Eugenius 3 cons. Hon. 67; senatus: bei der Amtseinführung des Konsuls in Mailand Mall. Theod. praef. 7; signa: die oströmische Armee unter dem Kommando eines Eunuchen Eutrop. II 225; species: ehrwürdiger Anblick des Senats Stil. II 402; toga: Senat, der von → Victoria beschützt wird 6 cons. Hon. 598; tribunal: Herrschaft Roms bis zur → Maeotis 6 cons. Hon. 338; vetustas: Tradition der römischen Literatur 4 cons. Hon. 398; vires: sollen von → Rufinus ausgeschaltet werden Rufin. I 307; vota: Zukunftserwartungen der Römer an den jungen Kaiser Honorius 4 cons. Hon. 522; vulnus: Roms außenpolitische Verwundbarkeit Stil. II 205. Rōmuleus (Adj. zu → Romulus); meist im Sinne von → Romanus; amictus: Tracht des Konsuls Eutrop. II 62; artes: römische Staatslenkung Stil. III 124; fasces: Konsulat 3 cons. Hon. 1; fetus: → Romulus und Remus auf dem Schild der → Roma Olybr. Prob. 97; leges: altrömische Verfassungstradition, die von → Stilicho wiederbelebt wird Stil. I 331; moenia: Rom als Ziel des Adventus des → Theodosius 6 cons. Hon. 57; regnum: durch Rhein und Donau abgegrenzt Get. 332; res: römisches Reich 4 cons. Hon. 619; segetes: für Rom bestimmtes Getreide Gild. 75; Thybris: umspült die Tiberinsel Olybr. Prob. 226; vestes: Tracht des Konsuls Stil. II 366. Rōmulus: Gründer Roms, Sohn des → Mars (→ Romuleus: fetus); vergöttlicht als → Quirinus; muss zu lange auf die Rache des Mars warten Eutrop. II 142. Rōmulus (Adj.): virtus: im Kampf gegen die Goten Get. 261. Ruber (Oceanus) bzw. Rubrum (aequor bzw. mare): Rotes Meer (Ἐρυθραῖος πόντος); aequor: Schauplatz von → Perseus’ Kampf gegen Neptuns Seeungeheuer zur Rettung der Andromeda Rufin. I 278; litus: → Stilichos Truppen würden ihm ans Rote Meer folgen Rufin. II 242; Oceanus: als Grenze für das römische Reich Gild. 454; mare: als Adynaton: (unvorstellbare) Mündung des Nils Eutrop. I 16. Rubicon: Fluss, südlich von Ravenna; übertrifft durch seine Nähe zum Kaiser den Tiber (→ Thybris) 6 cons. Hon. 365. Rubrum → Ruber. Rūfīnus: seit 392 praefectus praetorio per Orientem führte er nach dem Tod des → Theodosius die Regierungsgeschäfte für → Arcadius; der Machtkampf mit → Stilicho kulminierte in der Krise, die der Einfall der Westgoten (→ Alaricus, → Getae) in Griechenland verursachte; Stilichos militärische



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Intervention in Griechenland wurde verhindert und mit der oströmischen Maßnahme beantwortet, die Westgoten im → Illyricum anzusiedeln; von den zurückbeorderten Truppen wurde Rufinus im November 395 bei → Constantinopolis ermordet; sein Tod beweist die Fürsorge der Götter für die Welt Rufin. I 20; als Zögling der Furie → Megaera Rufin. I 92, wird von Megaera in → Elusa aufgesucht Rufin. I 140; beraubt die Reichen Rufin. I 189; übertrifft im Vergleich alle Unholde und Tyrannen Rufin. I 256; holt fremde Völker ins Reich Rufin. I 314; sorgt für den Erfolg der → Furiae Rufin. I 361; will nach dem Tod des Theodosius alle mit in seinen Untergang reißen Rufin. II 7; unterdrückt das Volk Rufin. II 92; fürchtet Stilichos Eingreifen Rufin. II 130; als Geißel der Menschheit im Vergleich mit → Phaethon Rufin. II 212; beordert die Truppen aus Griechenland zurück Rufin. II 219; ist über Stilichos Nachgeben und die Rückkehr der Truppen erfreut Rufin. II 294; hat skrupellose Anhänger Rufin. II 319; sein letzter Tag Rufin. II 338; bei der Truppenparade Rufin. II 367; soll als Sühne für die Vielzahl seiner Morde in viele Teile zerrissen werden Rufin. II 424; nähert sich dem Totenrichter Rufin. II 496; vom Totenrichter mit anderen Frevlern verglichen Rufin. II 513; wurde zum Schutz des Arcadius von Stilicho beseitigt Gild. 304; als Verursacher der Trennung beider Reichshälften Eutrop. II 539; von einem Eunuchen beerbt Eutrop. II 550; hat den Kaiser als occultus proditor beeinflusst Stil. I 113. Sabaeus: Einwohner von Saba; als Volk, das autokratischen Herrschern gehorcht 4 cons. Hon. 306, das sich von Frauen regieren lässt Eutrop. I 321. Sabaeus (Adj.): metonym. für arabisch, als Produktionsgebiet von Weihrauch; luci: Duftstoffe für die Hochzeitsfeier Epithal. Hon. 210; messis: Weihrauch beim feierlichen Vertragsabschluss mit den Sassaniden Stil. I 58. Sabīnus: Angehöriger eines gegnerischen (und dann mit den Römern vereinigten) Stamms aus der römischen Frühgeschichte Gild. 106. Sacēs: Angehöriger eines zentralasiatischen Nomadenvolks; unterstützt → Theodosius gegen → Eugenius und währt → Stilicho die Treue Stil. I 157. Salius: Angehöriger eines fränkischen Volksstamms; von → Stilicho befriedet Stil. I 222. Salmōneus: Frevler, der sich dem → Iuppiter gleichgestellt hatte, indem er vortäuschte, Blitze zu schleudern, und selbst vom Blitz zerschmettert wurde; im Vergleich mit → Rufinus Rufin. II 514. Sangarius: Fluss in Kleinasien, heute Sakarya; seine Mündung in den → Pontus als Heimat der Amazonen (→ Amazon) Eutrop. II 263; durch die Goteneinfälle (→ Phrygia) von Blut verfärbt Eutrop. II 291.

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Sapōr: Schapur III., Großkönig des Sassanidenreichs (383–388); bei einer Palastrevolte ermordet Eutrop. II 481. Sapphō: Dichterin aus Lesbos (→ Mytilenaeus); wird von → Maria studiert Epithal. Hon. 235. Sardinia: Insel im Mittelmeer; bietet Häfen auf der Route nach → Africa Gild. 508; unter der Präfektur des → Theodorus Mall. Theod. 203. Sardonius (Adj.): zu Sardi, den Einwohnern von → Sardinia; sinus: scheinen von den Goten eingenommen zu werden Get. 218. Sārmata: Angehöriger des mit den Skythen (→ Scytha) verwandten Reitervolks; dringt mit den → Daci ins Reich ein Rufin. I 310; leistet Rom Kriegsdienst 4 cons. Hon. 485; der Kampf mit den Sarmaten im Vergleich mit dem erotischen Kampf der Hochzeitsnacht Fescenn. IV 15; als Bedrohung des Reichs vom oströmischen Kronrat ignoriert Eutrop. II 338; von → Stilicho bekämpft Stil. I 111. Sārmaticus (Adj. zu → Sarmata): → Cori: der Norden als Einsatzort des → Theodosius Olybr. Prob. 132; alae: von Theodosius und → Stilicho besiegt 3 cons. Hon. 148. Sāturnius (Adj. zu → Saturnus): stagna: das Nordmeer, als Übersetzung von Πόντος Κρόνιος, wohin → Stilichos Soldaten ihm folgen würden Stil. I 178; zona: Himmelsbereich des Planeten bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 168. Sāturnus: Herrscher eines früheren Göttergeschlechts (→ Titanes), Vater des → Iuppiter; als Planet Stil. II 439. Satyrī: bocksfüßige Halbgötter, als Begleiter des → Bacchus 4 cons. Hon. 608, müssen bei seiner Meerfahrt rudern Stil. III 364. Sāvus: Fluss in der Provinz Pannonia Savia, der bei Belgrad in die Donau mündet; seine Anwohner werden von → Stilicho geschützt Stil. II 192. Saxo: Angehöriger einer Völkerschaft in Britannien; von → Theodosius senior besiegt 4 cons. Hon. 31, Epithal. Hon. 219, Eutrop. I 392; wird von → Britannia gefürchtet Stil. II 255. Scaevola → Mucius Scīpiadēs: P. Cornelius Scipio Africanus Maior (Sieger von Zama) Get. 141, bzw. P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus Minor (Zerstörer von → Karthago), als Helden der Punischen Kriege Olybr. Prob. 149; ihr Andenken wird durch → Stilicho gerettet Stil. I 381; sollen sich im Elysium über → Stilichos Konsulat freuen, der Africa besiegt hat Stil. II 384; sollen sich gegen die Entehrung durch den Eunuchen als Konsul wehren Eutrop. I 455; Scipio Maior als Sieger über → Hannibal und Förderer des → Ennius Stil. praef. III 1, 21, als Rächer seines Vaters und Onkels im Zweiten Punischen Krieg Stil. praef. III 7, 16.



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Scīpio: uterque, → Scipiades Gild. 95. Scīrōn: von → Theseus bezwungener Straßenräuber zwischen Megara und Eleusis, der seine Opfer in einen tiefen Abgrund stieß (→ Scironius); im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 253. Scīrōnius (Adj. zu → Sciron): rupes: nach dem Straßenräuber benannte Schlucht bei Megara, von den Goten eingenommen Get. 188. Scorpios: als Sternbild des Zodiakos, soll die Olivenernte verschonen Stil. II 465. Scotticus (Adj. zu → Scottus): tela: beim Einfall in → Britannia Stil. II 254. Scottus: Angehöriger einer Völkerschaft an der Grenze zu → Britannia; von → Theodosius senior besiegt 3 cons. Hon. 55, 4 cons. Hon. 33; fällt in → Britannia ein Stil. II 251; wird von der römischen Legion abgewehrt Get. 417. Scylla: von → Circe in ein Ungeheuer verwandelt (Ovid, met. 14, 51–67), indem wilde Hundsköpfe ihren Unterleib bilden; deren Hunger im Vergleich mit der Unersättlichkeit des → Rufinus Rufin. I 296; wundert sich über ihre Verwandlung Eutrop. I 294. Scy¯rius (Adj.): zu Scyros, einer Ägäisinsel, auf der → Achilles als Mädchen unter den Töchtern des Königs Lycomedes versteckt wurde; virgo: die Königstochter Deidamia, in die sich Achilles verliebte Epithal. Hon. 16. Scytha: Skythe; als Inbegriff des Barbarentums Fescenn. I 25; vertreibt die Landbesetzer durch Peitschenhiebe (vgl. Herodot 4, 1–4) Eutrop. I 508. Scythia: Skythien; metonym. für die Bewohner, die von → Rufinus ins römische Reich aufgenommen werden Rufin. I 308; als Heimat der Hunnen (→ Chunus) Rufin. I 323; metonym. für den Norden Mall. Theod. 197; Herkunftsland von → Dianas Jägerinnen → Hecaerge und → Opis Stil. III 255; metonym. für im Kampf besiegte Völkerschaften Get. 602. Scythicus (Adj.): → Araxes: soll sich einst Rom unterwerfen Olybr. Prob. 160; rupes: fruchtbar an Giftpflanzen Rufin. I 152; arcus: Bewaffnung des Reitervolks 3 cons. Hon. 27; axis: siegreich von → Mars durchzogen Stil. II 368; pectus: von der oströmischen Regierung enttäuschte → Gruthungi (→ Tarbigilus) Eutrop. II 180; silvae: als neue Heimat der von den Goten erbeuteten Herden der Kappadokier (→ Cappadox) Eutrop. I 248; → Triones: metonym. für den Norden als Herkunftsland der Goten 4 cons. Hon. 474, für den Norden Phrygiens Eutrop. II 238. Semīramis: assyrische Herrscherin (→ Babylon); konnte sich durch ein Reisegewand, das das Geschlecht nicht erkennen ließ, als Mann ausgeben (Diod. Sic. 2, 2, 6) Eutrop. I 339; [femina: 4 cons. Hon. 308]. Semīramius (Adj. zu → Semiramis): turres: Babylon als Ziel der römischen Expansion Olybr. Prob. 162. Senectūs: Allegorie des Alters; als Unterweltskreatur Rufin. I 31

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Senium: Allegorie des Alters; bleibt vom Berg der → Venus ausgeschlossen Epithal. Hon. 85. Senonēs: Angehörige einer gallischen Völkerschaft, die zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. unter ihrem Anführer Brennus in Italien einfiel und Rom eroberte: hätten Rom ein ehrenvolleres Ende bereitet als der Hungertod Gild. 126; mussten den Angriff auf Rom büßen Get. 291; metonym. für → Gallia Lugdunensis: fühlen das Erscheinen der → Megaera aus der Unterwelt Rufin. I 132, als Getreidelieferanten für → Latium Stil. III 92. Serēna: Nichte und Adoptivtochter des Kaisers → Theodosius; Gemahlin des → Stilicho, die ihn mit dem Kaiserhaus verbindet Stil. I 73; als Mutter der → Maria Epithal. Hon. 120, 252, Gild. 310; begleitet das Kind 394 von → Constantinopolis nach Italien 6 cons. Hon. 93. Sēres: Volk in China; für seine Seidenherstellung berühmt Olybr. Prob. 179, 3 cons. Hon. 211, 4 cons. Hon. 601, Epithal. Hon. 211, Eutrop. I 226, 304; als Volk, das autokratischen Herrschern gehorcht 4 cons. Hon. 258. Sēricus (Adj. zu → Seres), metonym. für Seidenprodukte: Serica: Seidengewänder, die der verweichlichte Kronrat unter → Eutropius trägt Eutrop. II 338; frena: Zügel aus Seide auf der trabea des → Stilicho Stil. II 350. Serrānus: römisches Cognomen; Servius (Kommentar zu Vergil, Aen. 6, 844) leitet es von serere ab, weil ein Atilius während der Feldarbeit zum Diktator ernannt wurde; als Exempel altrömischer Genügsamkeit Rufin. I 202, 4 cons. Hon. 415; betreibt in der Unterwelt weiter den Ackerbau, soll sich gegen die Entehrung durch Eutropius wehren Eutrop. I 454. Servīlius: P. Servilius Vatia Isauricus besiegte 78–75 v. Chr. die Isaurier (Cicero, Verr. II 5, 66) Eutrop. I 217. Sevērī: Kaiser Septimius Severus (193–211) und seine Nachfolger bis Severus Alexander (222–235), als bellatores 6 cons. Hon. 421. Sibylla: Seherin im Apollo-Heiligtum von Cumae (→ Cumanus); reagiert auf die Geburt des → Honorius 4 cons. Hon. 148; caeca: → Eutropius, der sein eigenes Schicksal nicht vorhersieht Eutrop. praef. II 38; ihre Orakel bzw. auguria für Rom (→ Pythius) Gild. 29, Stil. III 166. Sicānia: Sizilien; unter der Präfektur des → Theodorus Mall. Theod. 204; bes. Syrakus, das von C. Claudius → Marcellus im Zweiten Punischen Krieg eingenommen wurde Eutrop. I 456. Siculus (Adj.): sizilisch; aequor: spürt durch → Alpheus den blutigen Krieg gegen die Goten in Griechenland (→ Arethusa) Rufin. praef. II 9; amores: → Arethusa als Geliebte des → Alpheus Stil. I 187; fretum: als Schauplatz der Punischen Kriege Gild. 81; incus: Waffenschmiede des Vulcanus (→ Mulciber) 3 cons. Hon. 192; iuga: Jagdrevier der → Nebrophone Stil. III 314; iuvencus: Folterinstrument



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des → Phalaris Gild. 187; Pelorus: nordöstliche Spitze Siziliens, heute Faro di Messina 6 cons. Hon. 287; tyrannus: Phalaris, der an Perilles, dem Erbauer des Phalaris-Stiers, das Folterinstrument testete Eutrop. I 165; urbes: als Schauplätze von Roms Kriegen Stil. III 142. Sīdōnius (Adj.): zu Sidon, phönizische Mutterstadt von Tyrus (→ Tyrius); chlamydes: metonym. für purpurn: kaiserliche Gewänder Stil. II 88; iuvencae: Kuhherde, unter die sich → Iuppiter in Stiergestalt mischte, um Europa zu entführen Epithal. Hon. 113; mare: berühmt für die Purpurproduktion aus Purpurschnecken 4 cons. Hon. 600; matres: karthagische Frauen, in Zwangsehe mit barbarischen → Mauri verheiratet Gild. 191; ostrum: Purpur als Zeichen von Macht Rufin. II 450; vestes: metonym. für purpurn: kaiserliche Gewänder Epithal. Hon. 212. Sīgnifer: Personifikation des Zodiakos; bereitet sich auf die Divinisierung der Söhne des → Probus vor Olybr. Prob. 241; zur Angabe des himmlischen Aufenthaltsorts der → Iustitia im Sternzeichen der Waage (→ Chelae) Rufin. I 365, Mall. Theod. 120; von → Hercules gestützt Stil. I 145; metaphor. für den kaiserlichen Hof 6 cons. Hon. 22. Sīlēnus: meist betrunkener Begleiter des → Bacchus, als Steuermann bei der Meerfahrt (→ Lyaeus) Stil. III 363. Simoīs: Fluss in der Troas; metonym. für den Trojanischen Krieg, von → Apollo prophezeit Epithal. Hon. praef. 20; erbebt bei der Ankunft des → Memnon Stil. I 264. Sinis: von → Theseus besiegter Unhold, der am → Isthmos von Korinth seine Opfer tötete, indem er sie an niedergebogenen Bäumen festband und diese emporschnellen ließ, so dass die Gefesselten zerrissen wurden; im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 252. Sīrius: Sternbild des Hundes, dessen Aufgang im Hochsommer mit großer Hitze verbunden ist; → Honorius meidet ihn nach der Anstrengung in einer kalten Höhle Fescenn. I 20; seine Hitze kann → Rufinus nicht aufhalten Rufin. I 241; soll in → Stilichos Konsulatsjahr schonender die Trauben reifen lassen Stil. II 466. Sōcraticus (Adj. zu Socrates): ordo: metonym. für Philosophen Mall. Theod. 87. Sōl: der Sonnengott (→ Phoebus, → Titan); wird angerufen, den Jahresanfang erstrahlen zu lassen Olybr. Prob. 1; sein regulärer Lauf zeigt die Ordnung des Kosmos Rufin. I 10; zum Vergleich mit → Theodosius 3 cons. Hon. 131; als Vater des → Phaëthon, beruhigt die Rösser des Sonnenwagens 4 cons. Hon. 66; bei der Erhebung des → Honorius zum Augustus 4 cons. Hon. 181, 191; jubelt bei → Stilichos Hochzeit Stil. I 84; sein Vogel → Phoenix Stil. II 419; bereitet Stilichos Konsulatsjahr in der Höhle von → Aevum vor Stil. II 422, 441; die

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Weide seiner Pferde Stil. II 470; Sonnenflecken zur Wetterprognose für die Seefahrt Gild. 494; als natürliche Ursache einer Mondfinsternis Get. 235; als Lenker des Sonnenwagens 6 cons. Hon. 192. Solōn: athenischer Staatsmann des 6. Jhs. v. Chr.; als vorbildlicher Gesetzgeber 4 cons. Hon. 507. Somnus: Gott des Schlafs und der Träume Gild. 213. Sōphēnē: römische Provinz in Westarmenien; die Statthalterschaft wird von → Eutropius verkauft Eutrop. I 220. Spartacus: Gladiator, der den Sklaven­aufstand von 73–71 v. Chr. anführte; als Inbegriff des räuberischen Gewaltmenschen (Cicero, Phil. 4,15) im Vergleich mit → Rufinus Rufin. I 255; tyrannisiert als Sklave Italien Get. 155. Spartānus: Lakedämonier, Bewohner von Sparta bzw. Lakonien; vom Einfall der Goten betroffen 4 cons. Hon. 471; als Sieger über Athen (→ Athenae), unterliegt seinerseits Theben (→ Thebae) Stil. III 162. Spartānus (Adj.): → Eurotas: Heimat von → Castor und → Pollux Olybr. Prob. 237; matres: von → Lycurgus zum athletischen Training erzogen Mall. Theod. 153. Spatalē: Meeresnymphe; bringt ein Perlendiadem als Hochzeitsgeschenk Epithal. Hon. 167. Sperchīus: Fluss in → Thessalia; Heimat des → Achilles, von den Goten eingenommen Get. 183. Steropēs: → Cyclops; arbeitet in der Waffenschmiede des Vulcanus (→ Mulciber) (Vergil, Aen. 8, 425) 3 cons. Hon. 195. Stilichō: magister utriusque militiae unter → Theodosius, führte nach dessen Tod (395) bis zu seiner Ermordung (408) die Regierung für den minderjährigen → Honorius; [mit → Apollo gleichgesetzt Rufin. praef. I 15–19], als Retter Roms im Kampf gegen → Rufinus Rufin. I 259, von → Mars unterstützt Rufin. I 345, 350; soll Frieden nach den labores genießen Rufin. praef. II 13; übernimmt nach Theodosius’ Tod die Regierung Rufin. II 4; soll dem römischen Volk im Osten helfen Rufin. II 95; kommt mit dem Heer dem Osten zu Hilfe Rufin. II 101; wird von Rufinus als Bedrohung angesehen Rufin. II 146; ist bereit, gegen die Goten zu kämpfen Rufin. II 171; unter seinem Kommando möchten die Soldaten bleiben Rufin. II 246, 275, 402; wird von Rufinus triumphierend verspottet Rufin. II 302; wird als Vertrauter des Theodosius zum Erzieher und Tutor seiner Kinder bestimmt 3 cons. Hon. 144, 162, 4 cons. Hon. 432, Epithal. Hon. 302, Stil. II 58; nimmt daher Rücksicht auf → Arcadius Stil. II 82; als Feldherr in → Germania 4 cons. Hon. 459; belagert die Goten in Griechenland 4 cons. Hon. 481; als Vater der → Maria Epithal. Hon. 34; als General des Theodosius Epithal. Hon. 220; in der Menge unverkennbar Epithal. Hon. 319; soll sich zur kaiserlichen Hochzeit unkriegerisch schmücken Fescenn. III 2; als



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Schwiegervater und Ziehvater des Kaisers Fescenn. III 12; seine Maßnahmen werden gegenüber Arcadius von Theodosius’ Traumerscheinung gerechtfertigt Gild. 289, 318, 323; berät Honorius in der → Gildo-Krise Gild. 379; garantiert in der Zusammenarbeit für den Konsul ideale Bedingungen Mall. Theod. 162; sorgt für das Wohl des Erdkreises Mall. Theod. 265; beim Friedensschluss mit den Germanen Eutrop. I 378; soll gegen → Eutropius einschreiten Eutrop. I 500; verhindert Roms Schande Eutrop. II 126; als idealer Feldherr Eutrop. II 413; als Retter, der jetzt auch im Osten ersehnt wird Eutrop. II 502, 517; von → Aurora aufgesucht Eutrop. II 531; wird als Regent von der Osthälfte ersehnt Eutrop. II 544; als Konsul des Jahres 400 Stil. I 9; sein Vater diente unter Kaiser → Valens und darf für diesen Sohn gerühmt werden Stil. I 39; in diplomatischer Mission bei den Sassaniden Stil. I 65; mit Theodosius in Thrakien kämpfend Stil. I 132; als magister utriusque militiae Stil. I 160; bei den Völkern am Rhein Stil. I 195; bewundernswert durch alle seine Eigenschaften Stil. I 291; lässt den Senat über den militärischen Einsatz in → Africa entscheiden Stil. I 328; als Retter Roms und seiner historischen Leistungen Stil. I 385; als Verteidiger des Reichsterritoriums Stil. II 204; als Förderer der → Hispania Stil. II 231; als Beschützer der → Britannia Stil. II 251; soll Konsul werden Stil. II 264, 452, 476; wird von → Roma aufgesucht Stil. II 279; soll die Ehre des Konsulats wiederherstellen Stil. II 316, 322, 326; ist selbst auf seiner trabea abgebildet, wie er seinen Enkel unterweist Stil. II 348; fördert Claudian als neuer Scipio (→ Scipiades) Stil. praef. III 21; von den Römern als Retter begrüßt Stil. III 64; fördert republikanische Tugenden Roms Stil. III 107; als Schützer Roms Stil. III 174; vom Volk als dominus et pater begrüßt Stil. III 194; soll → Victorias Tempel schmücken Stil. III 213; → Diana (→ Latonia) sorgt für die Ausstattung seiner Spiele Stil. III 238; wird als Befreier von der Gefahr durch wilde Tiere von Hirten besungen Stil. III 283; als Claudians geliebter Held Get. praef. 18; als Retter Roms Get. 14; im Vergleich mit berühmten Feldherren der Römer Get. 133, 142, 164; gewinnt an Größe, wenn man sich an die Gefahren erinnert Get. 211; als Deuter des Wolfsprodigiums Get. 267; zieht in → Raetia über die Alpen Get. 349; wird bei seiner Rückkehr freudig begrüßt Get. 406; hat Germania unter Kontrolle Get. 426; wird von den Römern gefeiert Get. 453, 459; darf von den Goten nicht unterschätzt werden Get. 512; seine Feldherrnrede vor der Schlacht Get. 558; ruft die Alanen herbei Get. 588; hält die alanische Reiterei nach dem Heldentod ihres Kommandanten von der Flucht ab Get. 596; als Sieger von → Pollentia im Vergleich mit → Marius Get. 645; als Ziehvater des Kaisers 6 cons. Hon. 100; als Feldherr gegen → Alaricus 6 cons. Hon. 210, 301, 318, 320; in Vertretung des Kaisers als Konsul in Rom 6 cons. Hon. 431; als Retter

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Mailands 6 cons. Hon. 456; fährt beim Adventus im Wagen seines Ziehsohnes Honorius 6 cons. Hon. 579. Stilichōnius (Adj. zu → Stilicho): virgo: Stilichos Tochter → Maria Epithal. Hon. 177. Stry¯mōn: thrakischer Fluss; Schauplatz der Kämpfe des → Stilicho Epithal. Hon. 310; als Lebensraum der Kraniche im Sommer Gild. 476; kann die Goten nicht abhalten Get. 178. Stygius (Adj. zu → Styx): catenae: binden die → Avarities 3 cons. Hon. 185; forum: Totengericht Rufin. II 494; nubes: sollen die Sterne verhüllen Rufin. I 62; pestis: Wirkung einer tödlichen Seuche im Vergleich mit dem Regime des → Rufinus Rufin. I 304; sorores: → Furiae, die sich über das Unheil für die Völker durch → Eutropius freuen Eutrop. II 31; umbrae: Unterwelt, die Rufinus nicht kampflos aufsuchen will Rufin. II 167. Styx: Unterweltsfluss; selbst aus seinem Bereich bleibt → Rufinus verbannt Rufin. II 523. Suēbus: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft am Oberrhein (→ Alamannus); als Feind an der Grenze des Reichs 3 cons. Hon. 28; wird sich → Honorius in Zukunft unterwerfen 4 cons. Hon. 655; müssten die hungernde → Roma bemitleiden Gild. 37; sucht den Frieden mit Rom Eutrop. I 380, 394; durch → Stilicho vertraglich an Rom gebunden Stil. I 190. Sulcī: karthagische Gründung auf Sardinien; als Landungsort für römische Truppen Gild. 518. Sulla: L. Cornelius Sulla (gest. 78 v. Chr.), Politiker und Feldherr der späten römischen Republik, zunächst Quästor unter → Marius in → Africa, dann sein Gegner im Bürgerkrieg; wegen der Proskriptionen im Vergleich mit → Rufinus als Tyrann Rufin. I 253; schließt mit → Iugurthas Gefangennahme (→ Bocchus) den Krieg ab (Sallust, Iug. 98–114) 6 cons. Hon. 383. Sunnō: Frankenkönig (→ Francia); wird wie → Marcomeres der römischen Gerichtsbarkeit unterstellt Stil. I 241. Superbia: Allegorie des Hochmuts; als gefährliche Begleiterin des Erfolgs hält sie sich trotzdem fern von → Stilicho Stil. II 160. Sūsa: Residenzstadt des Achämenidenreichs, von Alexander erobert; als Ziel der römischen Expansion Gild. 33. Sygambria: metonym. für den Germanen (→ Sygambrus), der seine Haartracht als Zeichen der Freiheit aufgibt Eutrop. I 383. Sygambrus: Angehöriger einer germanischen Völkerschaft (→ Sygambria); unterwirft sich → Stilicho 4 cons. Hon. 446; wird → Maria als Kaiserin ehren Epithal. Hon. 279; soll mit Auxiliareinheiten in → Africa helfen Gild. 373; von



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→ Stilicho befriedet Stil. I 222; müsste in einem Triumphzug mitziehen Stil. III 18; römische Truppen werden aus seinem Gebiet abgezogen Get. 419. Symplēgas: eine der Felseninseln zwischen → Bosporos und Schwarzem Meer, deren Felsen sich bewegten und Schiffe zermalmt haben sollen Rufin. I 173; die erfolgreiche Fahrt der → Argo ließ die Felsen erstarren, so dass das Meer passierbar wurde Get. 9; die Herrschaft des → Eutropius wirkt gegenteilig und abschreckend Eutrop. II 30. Synnada: Stadt in der Provinz → Phrygia, wo bunter Marmor gewonnen wird Eutrop. II 273. Syphāx: numidischer König, der im Zweiten Punischen Krieg anfangs Rom, dann Karthago unterstützte; von den Römern besiegt Gild. 91. Syria: von fremden Völkern geschädigt Rufin. II 33; Provinz, deren Statthalterschaft von → Eutropius verkauft wird Eutrop. I 200; ihre Bevölkerung wird von den Goten verschleppt Eutrop. I 250; caput Syriae: von Feinden heimgesuchte Hauptstadt → Antiochia Eutrop. II 571. Syrtēs: Meeresbuchten an der Küste Nordafrikas (Kleine und Große Syrte); gefährlich für Seefahrer 4 cons. Hon. 438; sollen → Africa überfluten Gild. 143; als (erfolgloser) Schutzwall für → Gildo Gild. 315; zur Angabe von Gildos Unterstützern Stil. I 257; Ankunft der römischen Flotte im Krieg gegen → Gildo Stil. I 334; Jagdgebiet → Dianas für → Stilichos Spiele Stil. III 276. Tagus: Gold führender Fluss in Spanien, heute Tajo bzw. Tejo; wird von der Großzügigkeit des → Probus übertroffen Olybr. Prob. 51; könnte → Rufinus’ Habgier nicht stillen Rufin. I 102; soll zur Feier der kaiserlichen Hochzeit von Gold anschwellen Fescenn. II 32; metonym. für Gold am Gewand der → Hispania Stil. II 230; soll Pferde für die Spiele des → Theodorus liefern Mall. Theod. 287; als Heimat von Bären Jagdgebiet der → Thero Stil. III 311; metonym. für Spanien, das Senatsmitglieder stellt 4 cons. Hon. 582. Tanais: Fluss in Russland, heute Don; zur Angabe des Gebiets der Hunnen (→ Chunus) Rufin. I 324; als Reichsgrenze im Nordosten 3 cons. Hon. 205, 4 cons. Hon. 44; als Adynaton: wird (nicht) in Ägypten fließen Get. 57; metonym. für im Kampf besiegte Völkerschaften Get. 603. Tantalus: König von → Phrygia, durfte an den Beratungen der Götter teilnehmen, erwies sich aber als unzuverlässig, zudem stellte er die Allwissenheit der Götter auf die Probe, indem er ihnen seinen Sohn → Pelops beim Gastmahl vorsetzte; er ist in der Unterwelt immerwährendem Hunger und Durst ausgesetzt [Rufin. II 509f.], → Rufinus’ Strafe muss diese Leiden übertreffen Rufin. II 514. Tarbigilus: Tribigild, Anführer der → Gruthungi; hilft als Foederierter im Rang eines comes mit seinen Einheiten 398 bei der Abwehr der Hunnen (→ Chuni)

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aus → Phrygia, führt 399 selbst seine Goten durch Kleinasien und zusammen mit Gainas gegen → Constantinopolis; von → Bellona aufgesucht Eutrop. II 176; als Problem von → Leo im Kronrat angesprochen Eutrop. II 399; greift nach einer Scheinflucht die oströmischen Truppen an Eutrop. II 432; als Schrecken von Kleinasien Eutrop. II 466. Tarentum: Stadt in Süditalien am Fluss → Galaesus; einstige Kolonie Spartas (→ Oebalius), aber für verweichlichenden Lebensstil bekannt Mall. Theod. 158. Tarpēius (Adj.): arces: metonym. für → Capitolia Gild. 30, als Ziel eines Triumphzugs Stil. I 214; → Iuppiter: sein Tempel als Ziel des Triumphzugs 6 cons. Hon. 375; rupes: Steilhang am mons Capitolinus als Richtstätte für Verräter 6 cons. Hon. 45. Tarquinius: Gentilname der etruskischen Königsfamilie in Rom, bes. Tarquinius Superbus, letzter römischer König: wird als tyrannischer Herrscher von → Brutus vertrieben 4 cons. Hon. 310; will mit Hilfe des → Porsenna seine Macht zurückerlangen, scheitert an Helden wie → Cocles 6 cons. Hon. 487; hätte Rom einen ehrenvolleren Tod bereitet als der Hunger durch → Gildos Boykott Gild. 124; die Familie wurde aus Rom vertrieben, um letztlich einem → Eutropius die Herrschaft zu überlassen Eutrop. I 449. Tartara: tiefster Bereich der Unterwelt (→ Tartarus); von → Megaera durchflogen Rufin. I 122. Tartareus (Adj. zu → Tartarus): fauces: tödliche Bedrohung der italischen Städte Get. 449; paratus: Bankett des Tyrannen → Gildo Gild. 180; recessus: als Grenze der Unterwelt, hinter die → Rufinus verbannt wird Rufin. II 525; tuba: soll von → Bellona geblasen werden Eutrop. II 145. Tartarus: Unterweltsmacht; Vater schlimmster Laster wie → Avaritia und → Ambitio, die → Stilicho meiden Stil. II 110. Tartēsiacus (Adj.): zu Tartessus, der südspanischen Stadt an der Mündung des Guadalquivir (→ Baetis) mit einer Umgebung, die reich an Edelmetallen ist; harenae: goldhaltiger Sand Rufin. I 101. Tartēsius (Adj.) zu Tartessus als Küstenstadt am Atlantik; tigris: Seeungeheuer Epithal. Hon. 161. Taurī: Völkerschaft auf der taurischen Chersones (Krim); als neue Heimat der von den Goten Verschleppten Eutrop. I 249. Taurus: Gebirgskette durch Kleinasien; als Grenze für → Antiochus III., der 188 v. Chr. die kleinasiatischen Gebiete an Rom verlor Eutrop. I 216; angeblich von den → Gruthungi überwunden Eutrop. II 468. Taurus: Sternbild des Stiers; von den regenreichen → Hyades geleitet Gild. 497.



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Tāygetus: Gebirge in Lakonien (→ Spartanus); soll Tiere für die Spiele des → Theodorus liefern Mall. Theod. 291; Jagdgebiet von → Dianas Jägerinnen Stil. III 259; von den Goten eingenommen (→ Amyclae) Get. 193. Tegea: Stadt in → Arcadia; kein Schauplatz des neuen Goteneinfalls Get. 576. Tempē: für seine Schönheit gerühmtes Tal in Thessalien; wird von den Goten überrannt Get. 181. Temperiēs: Allegorie der Mäßigung und Selbstbeherrschung; als eine Haupttugend des → Stilicho Stil. II 107. Tēreus: Thrakischer König, der Athen (→ Pandionius) militärisch beistand und Pandions Tochter Procne heiratete; er vergewaltigte deren Schwester Philomela und schnitt ihr die Zunge ab; beide Frauen rächten sich, indem sie Tereus den Sohn Itys als Mahlzeit vorsetzten; die Frauen werden in klagende Nachtigallen verwandelt, Tereus in einen Wiedehopf (Ovid, met. 6, 671ff.) Eutrop. I 293; als tragischer Stoff für das Theater Eutrop. II 363. Terpsichorē: Muse des Lyraspiels und des Chorgesanges; spielt bei der Hochzeit der → Thetis Epithal. Hon. praef. 9. Terra: wird als weibliche Gottheit (Tellus) verehrt Eutrop. I 325. Tēthy¯s: Gattin des → Oceanus, metonym. für Meer Olybr. Prob. 35, 3 cons. Hon. 58, 4 cons. Hon. 597, Stil. II 252; Atlantik: von → Megaeras Erscheinen aus der Unterwelt erschüttert Rufin. I 132, als Herkunftsort von → Stilichos Truppen Rufin. II 148; Cimbrica: Nordsee als Mündung des Rheins Get. 335; Germana: Angabe für den Bereich des praefectus praetorio per Gallias Mall. Theod. 50, ist seit der Unterwerfung der Angelsachsen friedlicher Eutrop. I 392; Hispana: Angabe für den Bereich des praefectus praetorio per Gallias Mall. Theod. 50. Teutonicus (Adj. zu Teutonēs): germanische Völkerschaft, die mit den Kimbern (→ Cimber) in Italien einfiel, wurde von C. → Marius und Q. → Lutatius Catulus (102/101 v. Chr.) vernichtend geschlagen; furor: muss den Angriff auf Rom büßen Get. 292; vomer: metonym. für germanischen Getreideanbau Eutrop. I 406. Thābraca: Stadt an der numidischen Küste; als Schauplatz der Niederlage und Gefangennahme von → Gildo Eutrop. I 410, Eutrop. praef. II 71, Stil. I 359. [Thalēs: Vorsokratiker, der als erster nach dem Urelement suchte und es im Wasser gefunden zu haben glaubte Mall. Theod. 71] Thalīa: Muse der Dichtkunst; wird von → Mnemosyne erzogen Epithal. Hon. 237; vom Dichter angerufen Mall. Theod. praef. 2; metonym. für Dichtung: Claudian trägt seit langem wieder in Rom vor Get. praef. 2. Thēbae: Theben, Hauptstadt von Böotien; als Geburtsort von → Hercules und → Bacchus berühmt 4 cons. Hon. 132; Schauplatz des Bruderkriegs zwischen den Oedipussöhnen Eteocles und Polynices Gild. 287; durch das Schicksal des

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Oedipus (→ Oedipodes) und seiner Kinder Tragödienstoff Eutrop. I 291; als Schauplatz der Ermordung des → Pentheus Eutrop. II 522; als Sieger über Sparta (→ Spartanus) Stil. III 163. Themis: Göttin des Rechts und vor → Apollo Schutzherrin des delphischen Orakels Rufin. praef. I 14. [Themistoclēs: deutete in den Perserkriegen den Orakelspruch von → Delphi zur Rettung von → Athenae Mall. Theod.152.] Theodōrus: → Mallius Theodorus, weströmischer Konsul des Jahres 399, zuvor in Ämtern am Kaiserhof tätig: nachweislich zwischen 380 und 382 als praefectus praetorio per Gallias und 397 bis Anfang 399 als praefectus praetorio Italiae, Illyrici et Africae; die Konsulswürde als Höhepunkt seiner Karriere Mall. Theod. 14; von → Iustitia angesprochen und aufgefordert, erneut ein Amt zu übernehmen Mall. Theod. 173; hat → Urania als Lehrmeisterin Mall. Theod. 275. Theodosius: römischer Kaiser (379–395), → Augustus; Sohn von → Theodosius senior, Vater von Kaiser → Arcadius und → Honorius; wird nach dem Tod von Kaiser → Valens in der Schlacht bei Adrianopel von Valentianus I. zum Augustus erhoben und wehrt die Goten ab; rächt → Gratianus II. und → Valentinianus II., indem er die Usurpatoren → Maximus und → Eugenius besiegt; ernennt nach der Schlacht am → Frigidus auf Bitten der → Roma die Söhne des → Probus zu Konsuln Olybr. Prob. 113–173; hält die Unterweltsmächte von der Erde ab Rufin. I 51; wird zu → Arcadius im Traum entsandt Gild. 216; überträgt → Stilicho die Sorge für seinen Söhne Stil. II 52. [Theodosius senior (avus): Vater des → Theodosius; als comes rei militaris 368 in Britannien gegen → Picti und → Scotti eingesetzt Epithal. Hon. 219, 3 cons. Hon. 54–56; 370 wurde er magister equitum praesentalis nach Kämpfen gegen die Franken im Gebiet der Rheinmündung; als magister militum war er bei der Alamannenabwehr in → Raetia erfolgreich; 374 war er im Auftrag Valentinians I. gegen → Firmus in Mauretania eingesetzt (avus) Epithal. Hon. 219, Gild. 333, 343, 347; unter dem Verdacht des Hochverrats 376 verurteilt und hingerichtet (Oros. 7,33,7); seine Taten 3 cons. Hon. 52–58, 4 cons. Hon. 24–40; divi sidus avi: verstirnt 4 cons. Hon. 190; wird zu → Honorius im Traum entsandt Gild. 216.] Theodosius: maior minorque: Vater und Sohn werden von → Iuppiter zu → Arcadius und → Honorius im Traum entsandt Gild. 216; uterque: freuen sich über Stilichos Konsulat Stil. II 422. Thermantia: Tochter von → Stilicho und → Serena, Schwester der → Maria und des → Eucherius; soll eine gleichwertige Hochzeit wie Maria erleben (und wird nach Marias Tod tatsächlich → Honorius heiraten) Epithal. Hon. 339; auf Stilichos trabea bei der Hochzeit des Eucherius abgebildet Stil. II 359.



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Thermopylae: Pass an der Grenze von → Thessalia; berühmt als Schauplatz der Schlacht, bei der Leonidas mit seinen 300 Spartanern 480 v. Chr. im Kampf gegen den Perserkönig → Xerxes den Tod fand; von den Goten eingenommen Get. 188. Thērō: Jägerin aus Arkadien (→ Maenala) im Gefolge der → Diana Stil. III 250; jagt in Spanien (→ Hiberus, → Pyrenaeus) für → Stilichos Spiele Stil. III 309. Thēseus: athenischer Heros (→ Sciron, → Sinis); Vater des → Hippolytus; treuer Freund des → Pirithous, der ihn in die Unterwelt begleitete; würde durch → Rufinus von Pirithous entfremdet Rufin. I 107. Thessalia: Landschaft im Nordosten Griechenlands; gefüllt von → Stilichos Truppen Rufin. II 179. Thessalicus (Adj.): zu → Thessalia, der Heimat des → Achilles; crines: Achilles’ Haar wird von Deidamia (→ Scyrius) gekämmt Epithal Hon. 19; remi: Herkunftsland der → Argo Rufin. I 174. Thessalis: von den Goten versklavte Frauen Eutrop. II 201; Hexe, die den Mond (→ Phoebe) beeinflusst Get. 237. Thessalonica: Hauptstadt der Provinz Macedonia; von den aus Griechenland zurückkehrenden Truppen berührt Rufin. II 280. Thessalus: Einwohner von → Thessalia; als Opfer der Goteneinfälle Get. 182; Thessala: als Hexe, die den Mond beeinflussen kann Rufin. I 146. Thessalus (Adj. zu → Thessalia): ager: von der Völkerwanderung verwüstet Rufin. II 43; gens: als geübtes Reitervolk 4 cons. Hon. 543. Thetis: Tochter des → Nereus, Mutter des → Achilles; weil prophezeit wurde, dass ihr Sohn den Vater übertreffen würde, verzichtete → Iuppiter auf sie; die Götter feiern ihre Hochzeit mit Peleus am → Pelion Hon. praef. 22; ihr Brautschmuck im Vergleich mit → Maria Epithal. Hon. 175; wünscht sich → Honorius zum Sohn Fescenn. I 7. Thrācē: Thrakien, Landschaft nordöstlich von Griechenland; erstrahlt bei der Erhebung des → Honorius zum Augustus 4 cons. Hon. 179; von den Goten durchzogen 4 cons. Hon. 475; als Schauplatz von → Stilichos Kämpfen gegen Barbaren Stil. I 21, 107. Thrācius (Adj. zu → Thrace): aestiva: von den Kranichen im Herbst verlassen Gild. 476; agmina: Truppen des Thrakerkönigs → Rhesus 6 cons. Hon. 473; Amphitrite: das Schwarze Meer als Mündung der Donau (→ Hister) Get. 337; arva: von → Mars aufgesucht Eutrop. II 104; flumina: Schauplatz der Feldzüge von → Theodosius, an denen → Stilicho beteiligt ist Stil. I 132; → Orpheus: von → Maria studiert Epithal. Hon. 234. Thrāx: Angehöriger der thrakischen Völkerschaft (→ Thrace); von → Mars und → Stilicho verteidigt Rufin. I 338; von der Völkerwanderung regelmäßig betroffen

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Rufin. II 45; von den aus Griechenland zurückkehrenden Truppen durchzogen Rufin. II 291; als Gegner des Mars Eutrop. II 147; → Thyni: als Einwohner von → Bithynia Eutrop. II 247; leben in Kälte, die ein Feldherr ertragen können muss Eutrop. II 412; kennt → Alaricus aus Erfahrung Get. 165; muss für Alaricus Waffen herstellen Get. 537; von → Theodosius bei der Verteidigung gegen die Goten durchzogen 6 cons. Hon. 107; → Rhesus als Thrakerkönig im Vergleich mit Alaricus 6 cons. Hon. 483. Thrēicius (Adj. zu → Thrace): hasta: von → Mars eingesetzt 4 cons. Hon. 525; orae: ausnahmsweise kein Schauplatz der Gotenkriege Get. 574; solum: von den Goten heimgesucht Get. 171. Thybrīnus (Adj. zu → Thybris): gramen: dient nicht mehr als Weide für die Pferde des → Alaricus 6 cons. Hon. 182. Thybris: der Fluss Tiber (→ Tiberinus); auf dem Schild der → Roma dargestellt Olybr. Prob. 98; umspült die Tiberinsel Olybr. Prob. 226; die Römer als seine Kinder 4 cons. Hon. 578; soll von Feiernden anlässlich der kaiserlichen Hochzeit widerhallen Fescenn. II 17; zur Angabe der praefectura Italiae Mall. Theod. 200; soll einen Eunuchen nicht als Konsul anerkennen müssen Eutrop. I 436; von → Cloelia durchschwommen Eutrop. I 447; wird von → Stilicho vor der Entehrung durch den Eunuchenkonsul bewahrt Eutrop. II 127; als Vorbild für den befriedeten → Rhenus Stil. II 189; transportiert Getreide aus Gallien Stil. III 93; lockt die Goten nicht mehr Get. 505; muss verteidigt werden Get. 578; als Zeuge des Amtsantritts des → Honorius 6 cons. Hon. 12; wird vom → Rubicon in der Gunst des Kaisers übertroffen 6 cons. Hon. 365; als Gastgeber des Honorius 6 cons. Hon. 425, 641; von Horatius → Cocles bei der Verteidigung Roms gegen → Porsenna durchschwommen 6 cons. Hon. 486; von Honorius bei seiner Anreise nach Rom geehrt 6 cons. Hon. 520. Thyestēs: Bruder des → Atreus (→ Thyesteus); zeugt im Inzest mit seiner Tochter (→ Pelopea) den Sohn Aegisthus (→ Thyestiades) Rufin. I 84, Eutrop. I 289. Thyestēus (Adj. zu → Thyestes): mensa: die Rachetat des → Atreus an seinem Bruder, indem er dessen Söhne tötet und sie dem ahnungslosen Vater als vermeintliches Versöhnungsmahl vorsetzt, erschüttert die Natur bzw. die Götter so, dass sich der Sonnenverlauf umkehrt Olybr. Prob. 171. Thyestiadēs: Aegisthus, Sohn des → Thyestes, hatte zusammen mit seiner Geliebten Clytaemnestra deren Gemahl Agamemnon (→ Agamemnonius) nach dessen Rückkehr aus dem Trojanischen Krieg ermordet; er wird seinerseits von Agamemnons Sohn → Orestes getötet 6 cons. Hon. 113. Thy¯lē: Insel an der Nordgrenze der Welt; → Stilichos Truppen würden ihm dorthin folgen Rufin. II 240; wohl mit Irland gleichgesetzt, von → Theodosius senior erreicht 3 cons. Hon. 53, 4 cons. Hon. 32; Weltende, das man als Teil des



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römischen Reichs bereisen kann Stil. III 156; wird vom Gerücht (→ Fama) über den Goteneinfall erreicht Get. 204. Thy¯nī: ein thrakisches Volk (→ Thrax) in → Bithynia Eutrop. II 247. Tiberīnus: Flussgott (→ Thybris); feiert den Amtsantritt der Söhne des → Probus Olybr. Prob. 209; Tiberīnus (Adj.): insula: Heiligtum des → Aesculapius (→ Epidaurius) Stil. III 173; ostia: Ankunftsort der Getreidelieferungen für Rom Eutrop. I 404. [Tiberius: römischer Kaiser (14–37); senis incestus/infandus: verbirgt sich auf Capri (→ Capreae) 4 cons. Hon. 315, Eutrop. II 61.] Tīcīnus: Fluss in Oberitalien, heute Ticino; wird von → Eridanus gerufen 6 cons. Hon. 195. Tigrānēs: König von Armenien, Schwiegersohn von Mithridates VI. (→ Pontus); nach erfolgreicher Expansion seines Reichs wurde er von L. Licinius Lucullus und Pompeius besiegt, im Vergleich mit → Stilichos Sieg über → Gildo Stil. I 370. Tigris: Fluss in Mesopotamien; als Fluss an der östlichen Reichsgrenze 4 cons. Hon. 43, 316, Stil. I 53, Eutrop. I 196; Grenzfluss zum Sassanidenreich (→ Achaemenius, → Medus, → Persae) Epithal. Hon. 224, Eutrop. II 484, 6 cons. Hon. 415; metonym. für die Herrschaft im Osten 6 cons. Hon. 86. Timāvus: Fluss in Norditalien bei Padua; Phrygius: der Troer → Antenor gründete dort Padua 3 cons. Hon. 120; als Schauplatz der Belagerung von Aquileia durch die Goten Get. 562; wird von → Eridanus gerufen 6 cons. Hon. 197. Timor: Allegorie der Furcht; als Unterweltskreatur Rufin. I 34. Tinge: Stadt in → Mauretania Gild. 160. Tiphys: Steuermann der → Argo; rettet das Schiff vor den → Symplegades Get. 4, 11. Tiresiās: thebanischer Seher, der u. a. → Oedipus berät; seine Rolle maßt sich → Eutropius an Eutrop. I 315. Tītān: Sonnengott (→ Sol, → Phoebus); wird vom Glanz des Schilds der → Roma herausgefordert Olybr. Prob. 94; kündigt den Tag von → Rufinus’ Tod an Rufin. II 338; von → Amor bezwungen Epithal. Hon. 114; bereitet Stilichos Konsulatsjahr vor Stil. II 451; versetzt in Trauer um seinen Sohn → Phaëthon die vom Unglück Betroffenen als Gestirne an den Himmel (→ Auriga, → Cycnus, → Eridanus, → Hyades) 6 cons. Hon. 169. Tītānēs: früheres Göttergeschlecht unter der Führung des → Saturnus, von → Iuppiter gestürzt, in den → Tartarus verbannt; → Rufinus wird dorthin verbannt Rufin. II 524. Tityos: Gigant, der → Latona überfallen wollte und dafür in der Unterwelt bestraft wird, indem sein Leib ausgestreckt wird und ein Geier seine Leber frisst (Vergil, Aen. 6, 595–600); mit → Rufinus verglichen Rufin. II 515; unter → Stilichos

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Schutz würde → Honorius selbst den Ausbruch dieses Giganten überstehen 3 cons. Hon. 160. Tmarius* (Adj.): zu Tmarus, Berg in → Epirus: Iuppiter: sein Heiligtum in → Dodona mit wahrsagenden Eichen Get. 18. Tonāns: Bezeichnung für → Iuppiter, der über Blitz und Donner gebietet; → Roma als consors Olybr. Prob. 128; im Vergleich mit → Theodosius 3 cons. Hon. 132; auf → Creta geboren 4 cons. Hon. 134; als Vater von → Castor und → Pollux 4 cons. Hon. 209; hat Gefallen am Spiel der → Terpsichore bei der Hochzeit der → Thetis Epithal. Hon. praef. 11; verwandelt sich in einen Stier, um Europa zu entführen Epithal. Hon. 112; wird von → Roma um Hilfe angefleht Gild. 26; sein Adler gibt ein günstiges Zeichen für den Krieg gegen → Gildo Gild. 467; Eleus: als Gottheit der olympischen Spiele Mall. Theod. 290; wird von → Busiris mit Menschenopfern „versöhnt“ Eutrop. I 160; hat das Unglück von → Phrygia beschlossen Eutrop. II 293; schenkt bei der Geburt der → Minerva Rhodos (→ Rhodius) einen Goldregen Stil. III 232; Iuppiter Capitolinus bestraft die Giganten (→ Gigans) 6 cons. Hon. 44; steht Kaiser → Marcus Aurelius bei 6 cons. Hon. 349; als Planet Stil. II 437. Torquātus: Cognomen der gens Manlia; T. Manlius Torquatus besiegte einen Gallier im Zweikampf und nahm dessen Halskette (torques) als Trophäe; als Exempel der severitas, weil er als Feldherr seinen siegreichen Sohn hinrichten ließ, der ohne Erlaubnis ebenfalls die Herausforderung eines Galliers zum Kampf angenommen hatte (Livius 8, 6–8 u. Vergil, Aen. 6, 824f.) 4 cons. Hon. 403; sein Andrenken wird durch den Eunuchen als Konsul entehrt Eutrop. I 452. Traiānus: M. → Ulpius Traianus, römischer Kaiser (98–117), durch Adoption von seinem Vorgänger → Nerva zum Kaiser bestimmt; als vorbildlicher Kaiser aus Spanien 4 cons. Hon. 316; als außenpolitisch erfolgreichster Kaiser Stil. I 193. Trebia: oberitalienischer Fluss; Schauplatz von → Hannibals Sieg über die Römer 218 v. Chr., der Roms Aufstieg nicht verhindert hat Stil. III 145; wird an Bedeutung von Hannibals Sieg bei → Cannae noch übertroffen Get. 387. Trīnacria: Name Siziliens, der die dreieckige Form der Insel umschreibt; soll nicht die erzwungene Grenze des Reichs sein Gild. 457; fürchtet die Einnahme durch die Goten Get. 220. Triōnēs: Gestirn der beiden Bären in Form eines Wagens mit vorgespannten Dreschochsen; sollen in Stilichos Konsulatsjahr das Sternbild der Schlange kontrollieren Stil. II 458; metonym. für Norden 3 cons. Hon. 205, 4 cons. Hon. 429, 474, Stil. I 217, Eutrop. II 238 (→ Scythicus), als Heimat der Goten Get. 169. Trītōn: Meeresgott in Gestalt eines Ichthyokentauren, der den Nereiden (→ Nereis) nachstellt Epithal. Hon. 137; wird von → Venus zur Fahrt übers Meer eingesetzt



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Epithal. Hon. 129, 180; die Tritonen erwarten → Eutropius als bewährten Kuppler in Zypern Eutrop. praef. II 67; gleichgesetzt mit dem See → Triton, wird sein Bild für den Triumphzug vorbereitet 6 cons. Hon. 378. Trītōn: Triton-See in → Libya; Geburtsort der Göttin → Minerva (→ Pallas, Tritonia), von → Theodosius senior erreicht 4 cons. Hon. 36; in der Nähe der Gärten der → Hesperides, als Schauplatz des Kriegs gegen → Gildo Stil. I 252; sein Bild wird für den Triumphzug vorbereitet 6 cons. Hon. 378. Trītōnia: Name der → Minerva (→ Pallas) nach ihrem Geburtsort → Triton in → Libya (Lucan 9, 344–354); hat Mitleid mit der jungfräulichen → Vesta im bedrohten Rom Gild. 129; wird als weibliche Gottheit verehrt Eutrop. I 324; wird von → Leo als Schutzgöttin der Weber und Krieger zugleich angerufen Eutrop. II 396; webt mit → Roma → Stilichos trabea Stil. II 332; als Schutzgöttin Roms Stil. III 168. Trivia: Name der Göttin → Diana; wird von → Latona zum Studium motiviert Epithal. Hon. 236; soll um Tiere für die Spiele des → Theodorus gebeten werden Mall. Theod. 292; Name der Göttin → Hecate: wird beim Lustrationsritus vom Priester angerufen 6 cons. Hon. 328. Trōas: Trojanerin; flens: das Schicksal der Frauen nach dem Fall von → Troia als Tragödien- und Pantomimenstoff Eutrop. II 405. Trōia (→ Pergama): Troja; als Schauplatz des Trojanischen Kriegs ein Tragödienstoff Eutrop. I 291. Trōiānus (Adj. zu → Troia): Minerva: bekannt durch das von Odysseus (→ Ulixes) und → Diomedes entführte Götterbild (Palladion), duldet nur jungfräuliche Priesterinnen (→ Vestalis) in ihrem Dienst Eutrop. I 328. Tullus: Tullus Hostilius, dritter König Roms; ließ den Verräter → Mettius Fufetius vierteilen (Livius 1, 28, 10), als Modell für den Umgang mit dem Verräter → Gildo Gild. 254. Turnus: König der Rutuler und Gegner des → Aeneas, von dem er besiegt und getötet wird, weil er seinerseits keine Gnade für → Pallas kannte; im Vergleich mit → Stilichos Rache für den Tod des → Promotus Stil. I 97. Tūscus: Bewohner von → Etruria bzw. Tuscia; wird von → Roma auf dem Weg nach Mailand überflogen Stil. II 273. Tūscus (Adj.): colles: von → Alaricus aufgegebenes Gebiet 6 cons. Hon. 183. Ty¯dīdēs: → Diomedes, Sohn des Tydeus; sein Ruhm als homerischer Held im Vergleich mit → Stilichos Leistungen 6 cons. Hon. 470. Typhōeus: Gigant (→ Gigans), der von → Iuppiter besiegt wird und unter Ischia (→ Ina­rime) begraben liegt; Symbol für Umsturzversuche 3 cons. Hon. 159, ver­setzt mit hundert Armen und Schlangen selbst Iuppiter in Angst Get. 63; metonym. für die Gigantomachie als Thema von Dichtung 6 cons. Hon. praef. 17.

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Tyrius: Einwohner der Stadt Tyrus, metonym. für Karthager; als Gründer der Stadt → Caralis auf → Sardinia Gild. 520. Tyrius (Adj.): zu Tyrus, der phönizischen Handelsstadt; agri: das tyrische Ackerland bleibt durch → Stilichos Sieg über → Gildo unversehrt Stil. I 344; → Cadmus: als Herkunftsort des Gründers von Theben, der Krieger als Drachensaat erlangte Stil. I 318; vires: Punische Streitkräfte Stil. praef. III 9; berühmt für Purpurproduktion, metonym. für Purpurfarbe: als Zeichen von angemaßtem Luxus: fuci: Rufin. I 207; als Zeichen kaiserlicher Macht: maiestas: Stil. I 79, ornatus: Eutrop. I 422, ostrum: 3 cons. Hon. 15, Gild. 327, sanguis: Fescenn. IV 26, tori: 4 cons. Hon. 140, vestis: Stil. III 179. Tyrrhēnus (Adj.): etruskisch; manus: Kämpfer des → Porsenna, die von Horatius → Cocles aufgehalten werden 6 cons. Hon. 485; ora/mare: Sammelpunkt der weströmischen Flotte zum Feldzug gegen → Gildo Gild. 482, Stil. I 333; unda/ undae: tyrrhenisches Meer an der Westküste Italiens Gild. 455, Mall. Theod. 204, zum Transport der Tiere für → Stilichos Spiele Stil. III 356. Ufēns: Fluss in → Latium; von → Tiberinus zur Feier eingeladen Olybr. Prob. 257. Ulixēs: Odysseus (→ Ithacus); betreibt die Totenbeschwörung (Nekyia; Homer, Od. 11, 13–37) am Eingang zur Unterwelt am westlichen Weltrand (→ Gallia) Rufin. I 124. Ulpius: M. Ulpius → Traianus, römischer Kaiser (98–117); aus Spanien stammend und damit Vorfahre von → Theodosius und → Honorius 4 cons. Hon. 19; Sieger über die → Daci 6 cons. Hon. 335. Ulpius (Adj.): zu → Ulpius, Kaiser Trajan; fora: Trajansforum als Ort der Feier zum Amtsantritt des → Honorius als Konsul 6 cons. Hon. 646. Ūraniē: Muse derjenigen Wissenschaften, die sich mit dem Himmel (οὐρανός) befassen; fordert die Musen auf, den Amtsantritt des → Theodorus feierlich zu gestalten Mall. Theod. 274. Urbs: Name eines Flusses in Norditalien, heute Orba; in einem Orakelspruch von → Alaricus als urbs Roma fehlgedeutet Get. 547, 555. Ursa: Sternbild des Großen Bären (→ Arctos, → Helice, → Triones) am nördlichen Firmament, soll in → Stilichos Konsulatsjahr für mäßige Kälte sorgen Stil. II 459; metonym. für Norden als Herkunftsgebiet der Goten Get. 135. Valēns: römischer Kaiser (364–378), stirbt in der Schlacht bei Adrianopel gegen die Westgoten Get. 610, als Dienstherr von → Stilichos Vater Stil. I 37. [Valentīnianus: Valentinianus II., römischer Kaiser (375–392), dessen unerwarteter Tod dem → Arbogastes angelastet wird, der anschließend → Eugenius zum Kaiser erhebt; Augustae umbrae: die ermordeten Kaiser → Gratianus II. und



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Valentinianus II. 4 cons. Hon. 95; ebenso: Manes purpurei: 4 cons. Hon. 97; cognati vindicta cruoris: → Theodosius vollzog als Schwager des Ermordeten die Rache, weil er mit Valentinians Schwester Galla verheiratet war 4 cons. Hon. 363.] Vandalicus (Adj.) zu Vandali, einer germanischen Völkerschaft; → Stilicho setzt Auxiliareinheiten seiner Landsleute in → Raetia und im Gotenkrieg ein Get. 415. Vēiī: etruskische Stadt; Rivalin Roms bis zur Einnahme durch → Camillus Gild. 107. Venetus (Adj.): zu Veneti, einer Völkerschaft an der Nordwestküste der Adria; amnes: von → Eridanus zusammengerufen 6 cons. Hon. 193; montes: sollen zur Hochzeitsfeier beitragen Fescenn. II 7. Venus: Göttin der Liebe (→ Cytherea); als Mutter des → Amor in ihrem Palast auf Zypern (→ Cyprus) Epithal. Hon. 74, 99; wird von → Triton nach Italien gefahren Epithal. Hon. 152, 171, 184; erscheint im Haus der → Maria Epithal. Hon. 241; zieht → Honorius ihrem → Adonis vor Fescenn. I 16; liebt den Abendstern (→ Hesperus) Fescenn. IV 2; initiiert die Hochzeit des → Eucherius auf → Stilichos trabea Stil. II 354; metonym. für Liebe und Liebeslust Rufin. II 486, 4 cons. Hon. 265, Epithal. Hon. 54, 65, Fescenn. IV 12, Gild. 182, 450, Eutrop. I 345; execta: Kastration Eutrop. I 468; ihr Tätigkeitsbereich ist für → Eutropius als Kuppler geeignet Eutrop. praef. II 60; als Planet bei der Divinisierung des → Theodosius 3 cons. Hon. 165. Vērōna: Stadt in Oberitalien; als Ort des Siegs über → Alaricus im Sommer 402 6 cons. Hon. 201. Vesta: altrömische Göttin, deren Feuer im Heiligtum als unauslöschlich von Jungfrauen behütet wurde (→ Vestalis); von → Pallas bemitleidet Gild. 129; als Gottheit Roms Stil. III 169. Vestālis (Adj. zu → Vesta): virginitas: Jungfräulichkeit als Voraussetzung, um als Priesterin der → Vesta zu dienen Eutrop. I 329. Via sacra: Straße, auf der Festprozessionen über das Forum Romanum zum Kapitol (→ Capitolia) zogen 6 cons. Hon. 603. Victōria: Siegesgöttin; beim Triumph des Scipio d.Ä. (→ Scipiades) über → Karthago Stil. praef. III 19; begrüßt → Stilicho in Rom Stil. III 204; Gebet an Victoria Stil. III 205–222; als Schutzgöttin der Römer im Senat 6 cons. Hon. 597; metonym. für Sieg: folgt den Liktoren beim Amtsantritt des → Honorius 4 cons. Hon. 640; auspex: verheißt Glück für den Jahresbeginn 6 cons. Hon. 653. Vindelicus (Adj.): zu Vindelicia, dem Siedlungsgebiet der rätischen Völkerschaft (mit der Hauptstadt Augusta Vindelicorum, heute Augsburg); saltus: von → Stilicho aufgesucht Get. 365.

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Vindex: Namensgeber der vindicta (Ritual der Freilassung von Sklaven) 4 cons. Hon. 613. Virbius: Name des → Hippolytus nach seiner Wiederbelebung auf Wunsch der → Diana; er war durch die Rache seiner Stiefmutter → Phaedra, deren Liebeswerbung er abgewiesen hatte, zu Tode gekommen; wird von → Honorius an Schönheit übertroffen Fescenn. I 17. Virgo: Sternbild der Jungfrau, soll die Ernte reifen lassen Stil. II 465; Theodorus erkennt bei astrologischen Studien den Besuch der in ihrem Zeichen wirkenden → Iustitia Mall. Theod. 132. Virtūs: Allegorie der Tugend, der moralischen Vollkommenheit; gewinnt unter → Theodosius an Macht Rufin. I 52; hat ihren Wert an sich, ist unabhängig von → Fortuna, wird von → Honos umworben Mall. Theod. 1; liebt die → Musae als Zeugen ihrer Taten Stil. praef. III 5; ihre Verdienste für Rom sollen dort gefeiert werden 6 cons. Hon. 387; wählt die (Adoptiv-)Kaiser Roms aus 6 cons. Hon. 417. Visus: Angehöriger des Volks der Westgoten (Visigoti); durch → Stilicho von der Reichsgrenze abgewehrt Stil. I 94. Voluptās: Allegorie der Lust; auf dem Berg der → Venus Epithal. Hon. 82. Vulcānus: → Mulciber Vulturnus: Fluss in → Latium; von → Tiberinus zur Feier eingeladen Olybr. Prob. 256. Xanthus: Ross des → Achilles, das Patroclus’ Tod beweint und Achilles den Tod voraussagt (Homer, Il. 19, 404–424) 4 cons. Hon. 557. Xerxēs: achämenidischer Großkönig (→ Medus); sein Heer für den Griechen­ landfeldzug wird mit der Vereinigung der Truppen unter → Stilicho verglichen Rufin. II 120; [durchstößt die östliche Halbinsel der Chalkidike (→ Athos) Rufin. I 336; wird bei den → Thermopylae von → Leonidas abgewehrt Get. 188]. Zephyrus: der Westwind; (auch im Pl.) Frühlingswind Rufin. II 101, Eutrop. II 95; als Bewohner des Bergs und Gartens der → Venus auf Zypern Epithal. Hon. 61; soll im Jahr der kaiserlichen Hochzeitsfeier vorherrschen Fescenn. II 44; günstige Winde für die Abfahrt der römischen Flotte von → Sardinia nach → Africa Gild. 526; als Adynaton: ändert (nicht) seine Richtung Get. 58; metonym. für Westen 4 cons. Hon. 649; im Pl. oft metonym. für Wind: zischen, als → Romas Wagen durch die Luft fährt Olybr. Prob. 101, dürfen die Schilfkrone des → Tiberinus nicht beschädigen Olybr. Prob. 218; windschnelle Jägerin → Lycaste Stil. III 252; windschnelle Pferde des → Rhesus 6 cons. Hon. 476.