Gedichte. Lateinisch-deutsch
 3760815154, 9783760815152

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SAMMLUNG TUSCULUM

Wissenschaftliche Beratung: Gerhard Fink, Manfred Fuhrmann, Erik Hornung, Joachim Latacz, Rainer Nicke!

CATULL

GEDICHTE Lateinisch - deutsch Herausgegeben und übersetzt von Werner Eisenhut

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ARTEMIS & WINKLER

Titelvignette: Dionysos-Mosaik, Ausschnitt (Köln)

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Catullus, Gains Valerius: Gedichte : lateinisch-deutsch / Catull. Ed. Werner Eisenhut. 1 1 . Aufl. - München : Artemis und Winkler 2000. (Sammlung Tusculum) Bis 8. Aufl. im Heimcran-Verl., München I S B N 3-7608-1515-4 N E : Eisenhut, Werner [Hrsg.]

1 1 . Auflage, 2000 © Patmos Verlag G m b H & C o . K G Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf/Zürich Alte Rechte, einschließlich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der photomechanischcn Wiedergabe, vorbehalten. Satz und Druck: Laupp & Göbcl, Nehren b. Tübingen Printed in Germany

I N H A L T

T e x t und Ü b e r s e t z u n g

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Erläuterungen

194

Nachwort

218

D i c h t e r und D i c h t u n g

218

Ü b e r l i e f e r u n g und F r a g m e n t e

227

Sprache

229

Catulls Versmaße

230

Namenregister

23$

Gedichtanfänge

240

Literaturhinweise

244

Cui dono lepidum novum libellum arid a modo pumice expolitum? Corneli, tibi: namque tu solebas meas esse aliquid putare nugas, iam tum, cum ausus es unus Italorum omne aevum tribus explicare cartis, doctis, luppiter, et laboriosis! quare habe tibi quidquid hoc libelli qualecumque. quod, ο patrona virgo, plus uno maneat perenne saeclo!

2

Passer, deliciae meae

puellae,

quicum ludere, quem in sinu tenere, cui primum

digitum dare

et acris solet cum desiderio carum nescio et solaciolum credo, ut tum tecum ludere

adpetenti

incitare morsus, meo nitenti quid libet iocari sui doloris gravis acquiescat ardor. sicut ipsa possem

et tristis animi levare curas!

1

Wen beschenke ich mit dem hübschen neuen Büchlein, das von dem trocknen Bimsstein eben Glatt? Cornelius, Dich, denn Du hast immer Schon geglaubt, meine Versdien taugten etwas. Du, der einzige Römer, der es wagte, Darzustellen die ganze Weltgeschichte. Gott, die Plage! in drei gelehrten Bänden! Nimm's d r u m so, wie es ist, dies kleine Büchlein! Du, jungfräuliche Herrin, gib, d a ß mehr als H u n d e r t Jahre, d a ß ewig es bestehe!

2

Spätzlein, Liebling du kleiner meines Mädchens, Den sie spielend in ihrem Schöße hält und Dem zum Schnäbeln sie reicht die Fingerspitze Und zu heftigem Picken immer anreizt, Wenn mein strahlendes Liebchen, meine Sehnsucht, Wünscht sich irgendein neckisch süßes Spielchen U n d ein Tröstlein f ü r ihre Liebeswehmut, D a ß der Leidenschaft Glut sich dann besänftge. Könnte ich wie sie selbst doch mit dir spielen U n d die Trauer des Herzens damit lindern!

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C a t u l l u s





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ία Tam gratum est mihi quam ferunt puellae pernici aureolum fuisse malum, quod zonam soluit diu ligatam.

3 Lugete, ο Veneres Cupidinesque et quantum est hominum venustiorum! passer mortuus est meae puellae, passer, deliciae meae puellae, quem plus ilia oculis suis amabat. nam mellitus erat suamque norat ipsam tam bene quam puella matrem, nec sese a gremio illius movebat, sed circumsiliens modo hue, modo illuc ad solam dominam usque pipiabat. qui nunc it per iter tenebricosum illuc, unde negant redire quemquam. at vobis male sit, malae tenebrae Orci, quae omnia bella devoratis. tam bellum mihi passerem abstulistis. ο factum male! ο miselle passer! tua nunc opera meae puellae flendo turgiduli rubent ocelli.

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2a

So sehr lieb ist es mir wie nach der Sage Einst dem Mädchen beim Lauf der goldne Apfel, Der den Gürtel gelöst, den lang versdiloßnen.

3 Weint, ο Göttinnen und der Liebe Götter, Und audi alles, was liebenswert auf Erden! Denn gestorben ist meines Mädchens Voglein, Er, der Sperling, des Mäddiens ganze Wonne, Den sie mehr noch als ihre Augen liebte. Honigsüß war er und er kannte seine Herrin gut wie ein Kindchen seine Mutter, Und er flog niemals fort aus ihrem Schöße, Sondern hüpfte herum, bald hier- bald dorthin, Piepte immer nur hin zu seiner Herrin. Doch nun muß er den Weg des Dunkels gehen, Wo noch niemand, so sagt man, kehrte wieder. Aber wehe dir, böser, todesdunkler Orcus, der du verschlingst, was schön und lieb ist! Hast ein reizendes Spätzlein mir entrissen! Ο welch' Freveltat! Ο du armer Sperling! Deinetwegen sind jetzt die Auglein meines Mädchens rot und vom Weinen ganz verschwollen.

9

Phaselus ille, quem videtis, hospites, ait fuisse navium celerrimus, neque ullius natantis impetum trabis nequisse praeterire, sive palmulis opus foret volare sive linteo. et hoc negat minacis Adriatici negare litus insulasve Cycladas Rhodumque nobilem horridamque Thraciam Propontida trucemve Ponticum sinum, ubi iste post phasellus antea fuit comata silva: nam Cytorio in iugo loquente saepe sibilum edidit coma. Amastri Pontica et Cytore buxifer, tibi haec fuisse et esse cognitissima ait phaselus; ultima ex origine tuo stetisse dicit in cacumtne, tuo imbuisse palmulas in aequore et inde tot per impotentia freta erum tulisse, laeva sive dextera vocaret aura, sive utrumque luppiter simul secundus incidisset in pedem. neque ulla vota litoralibus deis sibi esse facta, cum veniret a marei novissime hunc ad usque limpid um lacum. sed haec prius fuere: nunc recondita senet quiete seque dedicat tibi, gemelle Castor et gemelle Castoris.

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4 Das kleine Boot, das ihr hier seht, ο Freunde, sagt, Daß es das allerschnellste Schiff gewesen sei. Und fuhr es nodi so eilig, habe doch kein Boot Es jemals überholt, ganz gleich, ob's nötig war Zu rudern, oder ob es unterm Segel flog. Nicht leugne dieses an der wilden Adria Der Küstenstrich, noch der Kykladen Inselkranz, Noch das berühmte Rhodus, noch die Thrakische Propontis, nicht das schauervolie Schwarze Meer, Wo es, das jetzt ein kleines Schiff ist, früher war Belaubter Wald; auf des Kytorus Höhen ließ Es oftmals plaudernd säuseln in dem Wind sein Laub. Amastris* Pontushafen und, umgrünt von Buchs, Kytorus, ihr, so sagt das SchifFlein, wißt davon Besonders gut; denn ganz am Anfang habe es Auf deinem Gipfel ja gestanden, habe einst In deine Fluten seine Ruder eingetaucht, Von wo es über so viel wilde Meere dann Den Herrn getragen habe, gleich, ob links, ob rechts die Winde wehten oder günstig Juppiter Zugleich von beiden Seiten in die Segel blies. Und niemals nötig sei's gewesen irgendwas Der Küste Götter zu geloben, bis zuletzt Es nun vom Meer zum klaren See gekommen ist. Doch das ist jetzt vorüber! Nun wird still es alt In ruhiger Geborgenheit und weihet euch, Dir, Castor, und dem Zwillingsbruder Pollux sich.

II

Vivamus, mea Lesbia, atque amemus rumoresque senum severiorum omnes unius aestimemus assis! soles occidere et redire possunt: nobis, cum semel occidit brevis lux, nox est perpetua una dormienda. da mi basia mille, deinde centum, dein mille altera, dein secunda centum, deinde usque altera mille, deinde centum, dein, cum milia multa fecerimus, conturbabimus illa, ne sciamus aut ne quis malus invidere possit, cum tantum sciat esse basiorum.

6 Flavi, delicias tuas Catullo, nei sint inlepidae atque inelegantes, velles dicere nec tacere posses, verum nescio quid febriculosi scorti diligis: hoc pudet fateri. nam te non viduas iacere noctes nequiquam taciturn cubile clamat sertis ac Syrio fragrans olivo, pulvinusque peraeque et hic et ille attritus, tremulique quassa lecti argutatio inambulatioque. nam nil ista pudet, nihil, tacere. cur? non tarn latera ecfututa pandas,

C a t u l l u s

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6

Leben, Lesbia, wollen wir und lieben! Was sie schwatzen die allzu strengen Alten, Soll uns alles nicht e i n e n Pfennig wert sein! Sonnen sinken hinab und kehren wieder; U n s e r winziges Licht, erlischt es einmal, Dann umfangen uns Nacht und Schlaf für ewig. Gib der Küsse mir tausend und dann hundert, Dann noch tausend und nodi ein zweites Hundert, Und so immerzu tausend und noch hundert. Sind's dann recht viele Tausend, bringen wir sie Durcheinander, auf daß wir nichts mehr wissen Und damit uns kein schlechter Mensch es neide, Wenn er weiß, daß es soviel Küsse waren.

6 Flavius, war' deine Liebe nidit recht unfein Und geschmacklos, verrietest du sie nur zu Gerne deinem Catull; du könntst nicht schweigen. Sicher liebst du ein Dirnchen, irgendeins, an Dem nichts dran ist. Da sdieut man sidi zu reden! Denn nicht liebeleer liegst du in den Nächten: Ist's audi stumm — dennoch laut bezeugt's dein Lager, Das von syrischem Ol und Kränzen duftet. Und dein Kissen ist in der ganzen Breite Durdigelegen; dazu die Bettstatt, schaukelnd Wankt sie knarrenden Lauts in allen Fugen. Denn du tust's ohne Scham — das Reden sdieust du. Warum solltest verhurt denn sonst du aussehn,

nec tu quid facias ineptiarum. quare, quidquid habes boni malique, die nobis: volo te ac tuos amores ad caelum lepido vocare versu.

7 Quaeris, quot mihi basiationes tuae, Lesbia, sint satis superquef quam magnus numerus Libyssae arenae lasarpiciferis iacet Cyrenis, oraclum Iovis inter aestuosi et Batti veteris sacrum sepulcrum; aut quam sidera multa, cum tacet nox, furtivos hominum vident amores: tam te basia multa basiare vesano satis et super Catullo est, quae nec pernumerare curiosi possint nec mala fascinare lingua.

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8 Miser Catulle, desinas ineptire et, quod vides perisse, perditum ducas. fulsere quondam candidi tibi soles, cum ventitabas, quo puella ducebat amata nobis, quantum amabitur nulla. ibi ilia multa tum iocosa fiebant, quae tu volebas nec puella nolebat. fulsere vere candidi tibi soles. nunc iam ilia non vult: tu quoque, inpotens, noli,

Catullui

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Und so liebliche, nette Dinge treiben? Also, was du audi hast, ob schön, ob häßlich, Sag's nur! Dich und dein Liebdien will ich heben In den Himmel mit hübschen, netten Liedern.

7 Wieviel Küsse ich gerne von dir hätte, Fragst du, Lesbia, bis ich einmal satt bin? Soviel Sandkörner sind in Libyens Wüste Bei Kyrene, dem laserpflanzenreichen, Von dem Ammonsorakel, hitzeglühend, Bis zum heiligen alten Battusgrabmal, Soviel Sterne in stiller Nacht am Himmel Auf das heimliche Lieben sdiaun der Menschen: So viel Küsse zu küssen würde reichen Dem Catull, der von Liebe toll und krank ist; Soviel, daß sie kein Schnüffler zählen kann und Keine boshafte Zunge sie verhexen.

8 Catull, du Armer, lass' sie sein, die Dummheiten, Was du verloren siehst, das ist dahin, glaub's nur! Wie strahlte einstmals dir der Tage Glanz sonnig, Als du dem Mädchen, wie es wollte, nachgingest, Geliebt von dir, wie keine wird geliebt werden! Und dort, gar viele süße Scherze gab's damals, Die du gern wolltest und die ihr nicht mißfielen. Wie strahlte wahrlidi dir der Tage Glanz sonnig! Sie will nicht mehr: Nun, dann auch du nicht mehr, Schwächling!

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nec quae fugit sectare, nec miser vive, sed obstinat a mente perfer, obdura. vale, puella! iam Catullus obdurat, nec te requiret nec rogabit invitam: at tu dolebis, cum rogaberis nulla. scelesta, vae te! quae tibi manet vita! quis nunc te adibitf cut videberis bellaf quern nunc amabisf cuius esse diceris? quern basiabisf cui labella mordebis? at tu, Catulle, destinatus obdura.

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9 Verani, omnibus e meis amicis antistans mihi milibus trecentis, venistine domum ad tuos penates fratresque unanimos anumque matrem? venisti. ο mihi nuntii beati! visam te incolumem audiamque Hiberum narrantem loca, facta, nationes, ut mos est tuus, applicansque collum iocundum os oculosque suaviabor. ο quantum est hominum beatiorum, quid me laetius est beatiusve? 10 Varus me meus ad suos amores visum duxerat e foro otiosum, scortillum, ut mihi tunc repente visum est, non sane inlepidum neque invenustum.

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Verfolg' nicht, die dich flieht, und lebe nicht elend, Ertrag's mit starkem, hartem Herzen, sei standhaft! Leb wohl, du Mädchen, hart ist schon Catull, standhaft! Du willst nidit: Er wird nidit mehr bitten, nicht kommen. Es wird dir weh tun, wenn man dich nicht mehr bittet. Verruchte, weh dir, welches Leben bleibt dir noch! Wer kommt zu dir und wer wird dich noch sdiön finden? Wen wirst du lieben, wessen Liebste dann heißen? Wen wirst du küssen, wessen Lippen wund beißen? Doch du, Catullus, bleibe hart und bleib standhaft!

9 Mein Veranius, aller meiner Freunde, Von den hunderten mir der allerliebste, Bist du wieder im väterlichen Hause, Bei den Brüdern und deiner alten Mutter? Du kamst! Glückliche, freudevolle Kunde! Sehen kann ich gesund dich, kann dich hören Sdiildern Spaniens Städte, Taten, Stämme, Wie du's liebst; und dabei am Halse hängend Darf ich Mund dir und liebe Augen küssen. Viele glückliche Menschen mag es geben: Wer ist glücklicher jetzt als idi und froher?

10 Als ich stand auf dem Forum, kam mein Varus, Nahm mich mit, um sein Liebdien mir zu zeigen, 's war ein Dirnchen, wie ich sogleich erkannte, Doch ein zierliches Ding und gar nicht übel.

hue ut venimus, incidere nobis sermones varii, in quibus, quid esset iam Bithynia, quo modo se haberet, ecquonam mihi profuisset aere. respondi id quod erat, nihil neque ipsis nec praetoribus esse nec cohorti, cur quisquam caput unctius referret, praesertim quibus esset irrumator praetor nec faceret pili cohortem. »at certe tarnen*, inquiunt, »quod illic natum dicitur esse comparasti, ad lecticam homines.* ego, ut puellae unum me facerem beatiorem, »non*, inquam, »mihi tarn fuit maligne, ut, provincia quod mala incidisset, non possem octo homines parare rectos.* (at mi nullus erat neque hie neque illic, fractum qui veteris pedem grabati in collo sibi collocare posset!) hie ilia, ut decuit cinaediorem, »quaeso*, inquit, »mihi, mi Catulle, paulum istos commoda, nam volo ad Serapim deferri.* »mane,* inquii puellae, *istud quod modo dixeram, me habere, fugit me ratio: meus sodalis Cinna est Gaius, is sibi paravit. verum, utrum illius an met, quid ad me? utor tam bene quam mihi pararim. sed tu insulsa male et molesta vivis, per quam non licet esse neglegentem.*

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Als wir dort waren, gab's sich ganz von selber, Daß wir redeten dies und jenes, sprachen Von Bithynien und wie's jetzt dort stehe Und ob Geld dabei audi f ü r midi heraussprang. Reine Wahrheit erzählt ich, al$ ich sagte, Daß der Praetor so wenig wie die Leute Fetter heimgehen als sie weggegangen, Ganz besonders, wenn so ein Schandkerl Praetor Sei, der nidit sich bekümmre um die Leute. »Aber sicher dodi«, sagten drauf die beiden, »Aus der Heimat der Sänftenträger hast du Welche mitgebracht.« — Um midi hinzustellen Bei dem Mädchen, als ob ich besser dran sei, »Ganz so jämmerlich«, sagt ich, »ist's nun dodi nidit; Zwar war schlecht die Provinz, jedoch ich habe Mir acht tüchtige Burschen leisten können.« (Keinen einzigen hab ich je gehabt, der Das Gestell meines alten Wackelbettes Hätte sich auf den Nacken halsen können!) Und da sagt mir doch dieses dreiste Dimchen: »Bitt schön, leih sie mir aus, Catull, ein wenig, Denn idi wollt zum Serapis midi jetzt tragen Lassen.« — »Nidit doch«, so sagt idi zu dem Mäddien, »Wenn ich sagte soeben, i c h hab diese, Wars ein Irrtum, denn einen Freund, den Gaius Cinna hab ich, und d e r hat sie erworben. Doch ob er oder ich sie hab, was macht das? Ganz als hätt ich sie selbst gekauft, benütz idi's. Aber lästig und ziemlich taktlos bist du, Denn man darf sich bei dir nicht gehen lassen!«

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Furi et Aureli, comites Catulli, sive in extremes penetrabit lndos, litus ut lange τesonante Eoa tunditur und a, sive in Hyrcanos Arabasve molles, seu Sagas sagittiferosve Parthos, sive quae septemgeminus colorat aequora Nilus, sive trans altas gradietur Alpes Caesaris visens monimenta magni, Gallicum Rhenum, horribile aequor ultimosque Britannos, omnia haec, qttaecumque feret voluntas caelitum, temptare simul parati, pauca nuntiate meae puellae, non bona dicta: cum suis vivat νaleat que moeAis, quos simul conplexa tenet trecentos, nullum amans vere, sed identidem omnium ilia rumpens; nec meum respectet, ut ante, amor em, qui illius culpa cecidit velut prafi ultimi flos, praetereunte postquam tactus aratro est.

Catullus

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Mein Aurel und Furius, ihr Begleiter Des Catull, ob Indiens weite Ferne, Wo das Meer des Ostens die Küste weithin brausend umbrandet, Ob die schlaffen Araber, ob Hyrkaner, Saken oder Parther mit ihren Pfeilen, Ob der Nil sein Ziel ist, der siebenarmig färbet die Meerflut, Ob die hohen Alpen er überschreitet, Schaut die Stätten, die an die Siege Caesars Mahnen, fern in Gallien den Rhein, die Sturmsee, und die Britannen, Die ihr dieses mit mir zu bestehn gewillt seid, Wenn der Götter Wille es mir gebietet, Bringt die kleine, ungute Botschaft hin zu meiner Geliebten: Mag sie glüddidi leben mit ihren Buhlen, Die sie gleich zu Hunderten jetzt im Arm hält, Keinen wirklich liebt und in gleicher Weise alle zerrüttet; Nicht wie früher soll sie auf meine Liebe Hoffen, die geknickt ist durch ihr Verschulden, Wie am Saum der Wiese die zarte Blüte starb unterm Pfluge.

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Marrucine Asini, manu sinistra non belle uteris in toco atque vino: tollis lintea neglegentiorum. hoc salsum esse putasf fugit te, inepte! quamvis sordida res et invenusta est. non credis mihi? crede Pollioni fratri, qui tua furta vel talento mutari velit; est enim leporum disertus puer ac facetiarum. quare aut hendecasyllabos trecentos expecta aut mihi linteum remitte, quod me non movet aestimatione, verum est mnemosynum mei sodalis. nam sudaria Saetaba ex Hibereis miserunt mihi muneri Fabullus et Veranius: haec amem necesse est ut Veraniolum meum et Fabullum.

'3 Cenabis bene, mi Fabulle, apud me paucis, si tibi di favent, diebus, si tecum attuleris bonam atque magnam cenam, non sine Candida puella et vino et sale et omnibus cachinnis. haec si, inquam, attuleris, venuste noster, cenabis bene; nam tui Catulli plenus sacculus est aranearum. sed contra accipies meros amores

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12 Schlecht, Asinius, Marruciner, nützt du Deine Linke bei frohen Zechgelagen, Um den Arglosen Tucher wegzustehlen. Soll das witzig sein? Doch du Dummkopf merkst nichts: Äußerst schmutzig ist's, noch dazu recht unfein. Glaubst du mir nicht, dann glaube doch nur deinem Bruder Pollio. Viel würd' der drum geben, Könnt er's ändern, denn d e r versteht, was Witz ist, Der hat Anmut und Feinheit im Benehmen! Tausend Elfsilbler kannst du noch erwarten, Oder gib mir zurück das Tuchlein wieder! Um den Wert geht's mir nicht; doch ist es eines Freundes Gabe zum lieben Angedenken. Aus Saetabis in Spanien sandten nämlich Mir Veranius und Fabullus Tucher Als Geschenke; so muß ich in den Gaben Den Veranius lieben und Fabullus.

13 Mein Fabullus, du wirst bei mir gut speisen, Und zwar bald schon, wenn dir die Götter hold sind, Falls du selber die Mahlzeit gut und reichlich Mitbringst, audi nicht vergißt ein hübsches Mädchen, Wein und Witz und die Geister froher Laune. Wenn du all dieses mitbringst, Schönster, Lieber, Wirst du wunderbar speisen; denn Catull hat Seinen Beutel nur voll von Spinngeweben. Dafür wirst du erhalten pure Freundsdiaft

seu quid suavius elegantiusve est: nam unguentum dabo, quod meae puellae donarunt Veneres Cupidinesque. quod tu cum olfacies, deos rogabis, totum ut te faciant, Fabulle, nasum.

14 Ni te plus oculis meis amarem, iocundissime Calve, muntre isto odissem te odio Vatiniano. nam quid feci ego quidve sum locutus, cur me tot male perderes poetis? isti di mala multa dent clienti, qui tantum tibi misit impiorum. quod si, ut suspicor, hoc novum ac repertum munus dat tibi Sulla litterator, non est mi male, sed bene ac beate, quod non dispereunt tui labores. di magni, horribilem et sacrum libellum, quem tu scilicet ad tuum Catullum misti, continue ut die periret, Saturnalibus, optimo dieruml non, non hoc tibi, false, sic abibit! nam, si luxerit, ad librariorum curram scrinia, Caesios, Aquinos, Suffenum, omnia colligam venena ac te his suppliciis remunerabor. vos hinc interea valete, abite illuc, unde malum pedem attulistis, saecli incommoda, pessimi poetae.

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Und, was köstlicher ist und delikater: Eine Salbe, die meinem Mäddien schenkten Liebesgöttinnen und der Liebe Götter. Riechst du die, dann zu allen Göttern flehst du: Laßt Fabullus doch ganz zur Nase werden!

'4 H ä t t ich lieber dich nicht als meine Augen, Wird ich dieses Gesdienkes wegen, Calvus, Mit vatinischem Hasse dich verfolgen. Denn was hab' ich verbrochen, was geredet, Daß durch diese Poeten du midi umbringst? Strafen sollen die Götter den Klienten, Oer dir solch einen Haufen Sdiund geschickt hat! Wenn, wie's scheint, dir die neue und erlesne Gabe bradite der arg gelehrte Sulla, Dann ist's recht, und ich find es gut und sdiön, daß Nicht umsonst deine Mühen sind gewesen. Doch verflucht! so ein schauerliches Madiwerk, Das du deinem Catull geschickt hast, daß er Noch am nämlichen Tage geh zugrunde, Ausgerechnet am Saturnalienfeste! Nein, da kommst du mir nidit so leichten Kaufs weg! Gleich wenn's Tag wird, dann lauf ich in die Läden, Kauf für dich den Suffenus, den Aquinus Und den Caesius, allen Schund, den giftgen. Dies die Strafe, mit der ich midb bedanke. Doch ihr — fort und hinaus mit euch, woher ihr Seid unglücklicherweise hergekommen, Plagen unserer Zeit, ihr Schundpoeten!

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14a Si qui forte mearum ineptiarum lectores eritis manttsque vestras non horrebitis admovere nobis

'5 Commendo tibi me ac meos amores, Aureli. veniam peto pudentem, ut, si quicquam animo tuo cupisti, quod castum expeteres et integellum, conserves puerum mihi pudice, non dico a populo: nihil veremur istos, qui in platea modo hue modo illuc in re praetereunt sua occupati; verum a te metuo tuoque pene infesto pueris bonis malisque. quem tu qua lubet, ut lubet, moveto quantum vis, ubi erit foris paratum. hunc unum excipio, ut puto, pudenter. quodsi te mala mens furorque vecors in tantam impulertt, sceleste, culpam, ut nostrum insidiis caput lacessas, a, tum te miserum malique fati, quem attractis pedibus patente porta percurrent raphanique mugtlesque!

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Solltet ihr einmal meine Kleinigkeiten Eifrig lesen und euch nidit scheuen, sie in Eure Hände zu nehmen ohne Grauen

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Dir vertraue ich mich und meine Liebe An, Aurelius. Diese Gunst erbitt' ich: Falls dir je ein Besitz von Herzen lieb war, Den du unberührt rein zu haben wünschtest, Dann bewahre mir züdmg diesen Knaben, Nicht vorm Volk etwa, denn ich fürchte nicht die, Die auf Gassen und Straßen eilen, in den Köpfen eigene Angelegenheiten. Nein, bewahr ihn vor dir und deinem Penis, Der die Guten nicht schont und nidit die Schlediten. Wo und wie du es willst, kannst du ihn schwenken, Und wie oft du es willst, nur nicht im Hause! Diesen einen nimm aus, ich bitt, in Ehren! Wenn dich Torheit und Wahnsinn treiben sollten, Frevlen Sinnes in solche Schuld zu fallen, Midi mit listiger Tücke so zu reizen, O, dann wird es recht übel dir ergehen: Angewinkelt die Beine solin durchs offne Loch dir Rettich und Fische durchmarschieren!

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ι6 Pedicabo ego vos et irrumabo, Aureli pathice et cinaede Furi, qui me ex versiculis meis putastis, quod sunt molliculi, parum pudicum. nam castum esse decet pium poetam ipsum, versiculos nihil necesse est, qui tunc denique habent salem ac leporem, si sunt molliculi ac parum pudici et quod pruriat incitare possunt, non die ο pueris, sed his pilosis, qui duros nequeunt movere lumbos. vos quod milia multa basiorum legistis, male me marem putatis? pedicabo ego vos et irrumabo.

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22 Suffenus, diesen Menschen, kennst du gut, Varus, Er ist voll feiner Anmut, scharfem Geist, witzig, Dazu verfertigt er der Verse Unmassen. Ich glaube, tausend, zehnmal tausend und mehr noch Hat er geschrieben, doch nicht auf Palimpsesten, In neue Bücher, beste Staatspapierrollen; Und neu die Stäbdien, rot die Riemen, Prachtbände, Liniert, geglättet mit dem Bimsstein, ganz eben. Doch liest du es, Suffenus, der urban, witzig, Erscheint auf einmal geistlos wie ein Landtölpel Im Ziegenstall, so weit vergißt er sich selber. Was soll man davon denken? Er, der fein, witzig Und geistreich schien, der ist mit einemmal witzlos Und abgeschmackter als ein Bauer, macht er sidi Ans Dichten. Keinen aber gibt's, der glückselig Durchs Dichten wird wie er, so sehr bestaunt nämlich Er sich und solche Freude macht er sich selber. Kein Wunder. Alle täuschen wir uns gleich, niemand, Der nicht in einem Stück Suffenus sein könnte. Und keiner, dem nicht eigne Fehler anhaften, Nur sehn wir auf dem Rücken nicht den Sack hängen.

-2J Geld zwar, Furius, hast du nicht nodi Sklaven, Auch nicht Wanzen und Spinnen oder Feuer, Doch Stiefmutter und Vater, deren Zähne Sogar Kieselgestein zermalmen können; Herrlich lebst du mit deinem Vater und der

et cum coniuge lignea parentis, nec mirum: bene nam valetis omnes, pulcre concoquitis, nihil timetis, non incendia, non graves ruinas, non facta impia, non dolos veneni, non casus alios periculorum. atqui corpora sicciora cornu aut si quid magis arid um est habetis sole et frigore et esuritione. quare non tibi sit bene ac beute? a te sudor abest, abest saliva, muccusque et mala pituita nasi, banc ad munditiem adde mundiorem, quod cuius tibi purior salillo est, nec toto deciens cacas in anno, atque id durius est faba et lapillis, quod tu, si manibus teras fricesque, non unquam digitum inquinare posses, haec tu commoda tarn beata, Furi, noli spernere nec putare parvi et sestertia quae soles precari centum desine, nam satis beatus.

24 Ο qui flosculus es Iuventiorum, non horum modo, sed quot aut fuerunt aut posthac aliis erunt in annis, mallem divitias Midae dedisses isti, cui neque servus est neque area, quam sic te sineres ab illo amari.

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Frau des Vaters, der hölzern spindeldürren. Selbstverständlich, denn gut geht's ja eudi allen; Herrlich könnt ihr verdauen, braucht nichts fürchten, Weder Feuersgefahr noch Häusereinsturz, Keine Morde im Hause, nodi Vergiftung Oder anderes Unglück und Gefahren. Eure Leiber sind grad wie Horn so trocken, Oder trockener nodi, wenn dies ist möglich, Von der Sonne, dem Frost und von dem Hunger. Sollte Leben da nicht die reinste Lust sein? Schweiß bleibt ferne von dir und fern der Speichel Und der Rotz und des Schnupfens böse Plage. Aber reinlicher noch als diese Reinheit Ist dein Hinterer, sauber wie ein Salzfaß; Du entleerst dich im ganzen Jahr nicht zehnmal: Das ist hart dann wie Bohnen oder Steindien. Wenn du's reibst und zerkrümelst mit den Händen, Kannst du kaum dir die Finger dreckig machen. Diese schönen und angenehmen Dinge Darfst gering du nicht schätzen und verachten. — Und die hundert Sesterzen, die du möditest, Laß sie laufen; denn reichlich bist du glücklidi.

Der Juveniler liebste, schönste Blüte, Du, von allen, die jetzt und früher waren Und in späteren Zeiten kommen werden, Besser hättest du Midas' Gold gegeben Diesem Menschen, der Geld nicht hat nodi Sklaven, Als dich lieben zu lassen solchermaßen.

'quidf non est homo bellusf« inquies. est: sed bello huic neque servus est neque area! hoc tu quamlubet ab ice elevaque: nec servum tarnen ille habet neque arcam.

Cinaede Τ halle, mollior cuniculi capillo vel anseris medullula vel imula oricilla vel pene languido senis situque araneoso, idemque Thalle turbida rapacior procella, cum + diva mulierarios ostendit oscitantes, remitte pallium mihi meum, quod involasti sudariumque Saetabum catagraphosque Thynos, inepte, quae palam soles habere tamquam avita: quae nunc tuis ab unguibus reglutina et remitte, ne laneum latusculum manusque mollicellas inusta turpiter tibi flagella conscribillent, et insolenter aestues velut minuta magno deprensa navis in mart vesaniente vento.

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Furt, villula vostra non ad Austri flatus opposita est neque ad Favoni nec saevi Boreae aut Apheliotae, verum ad milia quindeeim et ducentos. ο ventum horribilem atque pestilentem!

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»Ist er etwa kein netter Mensch?« — E r ist wohl N e t t , doch Geld h a t er nicht und keine Sklaven! Wie du willst, in den Wind schlag meine Worte! Trotzdem: Geld hat er nicht und keine Sklaven!

Du Lustmolch Thallus, weicher als das H a a r von einem H a s e n Und als ein Gänseknochenmark und als am O h r das Läppdien Und als von einem Greis das Glied und staubge Spinngewebe — U n d trotzdem, Thallus, reißender als Sturm und Ungewitter, + Wenn man die Gäste sorglos sieht, die u n a u f m e r k s a m gähnen. Gib meinen Mantel mir zurück, den du mir hast gestohlen, D a z u das feine Taschentuch und die bithynschen Tücher, Die du ganz öffentlich benützt wie ein Familienerbe. Sie reiße dir nun aus den K l a u n und schicke sie mir wieder, D a ß nicht aufs samtne Rückenstück und deine weichen H ä n d c h e n Die Peitschenhiebe niedergehn und dich mit Schande zeichnen Und du vor Schmerzen Sprünge machst wie ein kleinwinzig Sdiifflein, Das auf dem hohen Meere ist vom wilden Sturm ergriffen.

26 Lieber Furius, nicht dem Südwind, nicht dem Westwind, noch auch dem wilden N o r d s t u r m oder Ostwind ist ja dein Gütchen preisgegeben, Aber Schulden von über f ü n f zehntausend! O, ein schrecklicher Wind, ein schlimmer Pesthauch!

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Minister vetuli puer inger mi calices

Falerni,

amariores,

ut lex Postumiae iubet magistrae, ebrioso acino ebriosioris. at vos quo lubet hinc abite, lymphae, vini pernicies, et ad severos migrate: hie merus est Thyonianus.

28 Pisonis comites, cohors inanis aptis sarcinulis et expeditis, Verani optime tuque mi Fabulle, quid rerum geritis? satisne cum isto vappa frigoraque et famem tulistis? ecquidnam in tabulis patet lucelli? expensum, ut mihi, qui meum secutus praetorem refero datum lucello? (ο Memmi, bene me ac diu supinum tota ista trabe lentus irrumasti!) sed, quantum video, pari fuistis casu: nam nihilo minore verpa farti estis. pete nobiles amicos! at vobis mala multa di deaeque dent, opprobria Romulei Remique!

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27 Knabe, reiche Falernerwein, den alten, Füll mit herberem Weine jetzt den Becher, Wie Postumia es befiehlt, die Herrin, Die, der trunkenen Traube gleich, erfüllt von Wein ist! Fort mit dem Wasser, das doch nur den Wein verdirbt! Mag es fließen zu Philistern! Ungemischt ist hier Bacchus' reine Gabe!

28 Ihr, G e f o l g e des Piso, habt ja leere H ä n d e , leichtes Gepäck, bequem zu tragen, Mein Veranius und mein Freund Fabullus! Was denn bringt ihr nach Haus? — H a b t ihr mit diesem Nichtsnutz H u n g e r und Frost genug gelitten? H a b t ihr einen Profit in euren Büchern Stehen oder Verlust, wie ich bei meinem Praetor, w o ich nur draufbezahlen durfte? (Schandkerl, Memmius, mit dem ganzen Penis H a s t gehörig und schamlos mich geschunden!) Doch ich sehe schon, ihr wart in der gleichen L a g e : Kleiner w a r nicht der Schwanz, der euch ganz Durdigeschunden hat. — Hochgeborne Freunde! — Euch, des römischen Volkes Schandfleck, sollen Alle Götter mit recht viel Unglück strafen!

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Quis hoc potest videre, quis potest nisi impudicus et vorax et aleo, Mamurram habere quod Comata

pati, Gallia

habebat ante et ultima Britannia? cinaede Romule, haec videbis et feres? et tile nunc superbus et super ßuens perambulabit omnium cubilia ut albulus columbus aut Adoneus? cinaede Romule, haec videbis et feres: es impudicus et vorax et aleo. eone nomine, imperator unice, fuisti in ultima occidentis insula, ut ista vostra diffututa mentula ducenties comesset aut trecenties? quid est alid sinistra liberalitas? parum expatravit an parum elluatus est? paterna prima lancinata sunt bona, secunda praeda Pontica, inde tertia Hibera, quam seit amnis aurifer Tagus; Nunc Galliae timetur et Britanniae. quid hunc malum fovetis? aut quid hie potest nisi uncta devorare patrimonia? eone nomine, urbis + ο putissimei socer generque, perdidistis

omnia?

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*9 Wer kann da ruhig zusehn, wer erträgt es noch, Wenn er nicht selbst ein Hurer, Fresser, Spieler ist, D a ß jetzt M a m u r r a hat, was Gallien einst besaß U n d d a ß er hat, was einst im fernen Britenland? Verhurter Romulus, du siehst es und erträgst's? U n d jener sollte jetzt in frechem Überfluß Durch alle Weiberbetten herrlich durchstolziern, So wie ein weißer Tauber und Adoneus? Verhurter Romulus, du siehst es und erträgst's? Auch selber bist ein H u r e r , Fresser, Spieler du! War dies, ο einzigartger Feldherr nur der G r u n d , D a ß du zu fernen Ländern weit im Westen zogst, D a m i t dein durch und durch verhurter »Mentula« Verschlänge zwei- und dreimal Hunderttausende? Das heißt die G r o ß m u t doch redit übel angewandt! H a t er noch nidit genug verhurt und durdigebracht? Zuerst hat er sein väterliches G u t vertan U n d dann aus Pontus seine Beute, schließlich noch Die aus Iberien von des Tagus goldnem Strom, U n d jetzt sind Gallien und Britannien in G e f a h r . Warum begünstigt ihr den Sdiurken, der sonst nichts Versteht als gründlidi durchzubringen fettes Gut? Aus diesem Grunde habt ihr alles ganz zerstört, Gesindel, Schwiegervater und der Schwiegersohn?

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Alfene immemor atque unanimis false sodalibus, iam te nil miseret, dure, tui dulcis amiculi? iam me prodere, iam non dubitas (allere, perfide? nec facta impia fallacum hominum caelicolis placent; quae tu neglegii ac me miserum deseris in malis. 1 eheu, quid faciant, dice, homines, cuive habeant fidemf certe tute iubebas animam tradere, inique, me inducens in amorem, quasi tuta omnia mi forent. idem nunc retrahis te ac tua dicta omnia factaque ventos irrita ferre ac nebulas aerias sinis.

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si tu oblitus es, at di meminerunt, meminit Fides, quae te ut paeniteat postmodo facti faciei tui.

3' Paene insularum, Sirmio, insularumque ocelle, quascumque in liquentibus stagnis marique vasto fert uterque Neptunus, quam te libenter quamque laetus inviso, vix mi ipse credens Thyniam atque Bithynos liquisse compos et videre te in tuto! ο quid solutis est beatius curis, cum mens onus reponit, ac peregrino labore fessi venimus larem ad nostrum desideratoque acquiescimus led of hoc est, quod unum est pro laboribus tantis. salve, ο venusta Sirmio, atque ero gaude; gaudete vosque, Lydiae lacus undae! ridete, quicquid est domi cachinnorum!

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3° Denkst, Alfenus, du jetzt treulos an einmütige Freundschaft nicht, Hast du, hartherzig nun Mitleid nicht mehr mit deinem lieben Freund? Hält dich nichts mehr zurück von einem treulosen Verrat an mir? Auch den Göttern mißfällt frevelnde Tat trügender Menschen sehr. Das beachtest du nicht, läßt mich allein unglücklich sein im Schmerz. Sag, wem kann noch ein Mcnsch Glauben und Treu schenken auf dieser Welt? Selbst doch warst du bemüht, daß ich mein H e r z schenkte dir ohne Arg, Flößtest Liebe mir ein, hast mich verführt, ganz zu vertrauen dir. Du nun ziehst didi zurück, jedwedes Wort, jedwede Tat von dir Gibst dem Winde du preis, läßt es geschehn, daß sie nur Nebel sind. Wenn du selbst auch vergißt, Fides gedenkt, Götter vergessen nicht! Diese Göttin läßt wohl, daß dich's gereut, einmal dein Sdiicksal sein.

3' Du Augenstern der Inseln und der Halbinseln, Mein Sirmio, wieviele audi Neptun tragen Mag in dem weiten Meer und in den Landseen, Wie seh ich wieder didi so gern und voll Freude! Kaum glaub idi's selbst, daß ich Bithynien und T h y m e n Verlassen habe und in Ruhe dich sehn d a r f ! Kein sdiönres Glück gibt's auf der Welt, als sorglos und D e r Fremde müd die Lasten alle abstreifen, Zum eignen Herde endlich nun nach Haus kommen Und im ersehnten Bette wieder ruhn dürfen! N u r dies kann so viel harte MUhe aufwiegen! Gegrüßt sei mir, mein Sirmio, des Herrn freu dich! Auch ihr, ihr Wellen in dem Lydersee, freut eudi! I h r frohen Geister in dem Hause, lacht alle!

Amabo, mea dulcis Ipsitilla, meae deliciae, mei lepores, tube ad te veniam meridiatum. et si iusseris illud, adiuvato, ne quis liminis obseret tabellam, neu tibi lubeat foras abire; sed domi maneas paresque nobis novem continuas fututiones. verum, si quid ages, statim iubeto, nam pransus iaceo et satur supinus pertundo tunicamque palliumque.

33 Ο furum optime balneariorum Vibenni pater, et cinaede fili (nam dextra pater inquinatiore, culο filius est voraciore), cur non exsilium malasque in oras itis, quandoquidem patris rapinae notae sunt populo, et natis pilosas, fili, non potes asse venditare?

34 Dianae sumus in fide puellae et pueri integri; Dianam pueri integri puellaeque canamus.

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32 Meine liebe und süße Ipsitilla, Meine Freude und Lust und Wonne, bitte Laß bei dir midi ein Mittagsschläfdien halten. Wenn du sagst, ich soll kommen, dann gib obacht, Daß nicht jemand den Riegel in die Tür schiebt Oder du etwa auszugehen Lust hast. Bleibe lieber zu Haus, sei vorbereitet, Daß wir neunmal es schaffen ohne Pause. Aber wenn du es willst, so ruf mich eilig, Denn ich streck nadi dem Essen satt mich hin und Da durchstoß ich dann Tunika und Mantel.

33 Ο du tüchtigster aller Bäderdiebe, Du, Vibennius, und dein Sohn, der Lustmoldi, (An der Hand bleibt dem Vater alles kleben Und der Hintern des Sohns ist recht gefräßig), Warum geht ihr nicht fort in wüste Länder? Kennt doch jeder des Vaters Diebereien Und der Sohn kann die schon behaarten Backen Um ein einziges As nicht mehr verkaufen.

34 Die wir stehn in Dianas Hut, Keusche Mädchen und Knaben rein, Laßt uns, Mädchen und Knaben rein, Lob Diana nun singen.

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ο Latonia, maximi magna progenies lovis, quam mater prope Deliam deposivit olivam, montium domina ut fores silvarumque virentium saltuumque reconditorum amniumque sonantum. tu Lucina dolentibus luno dicta puerperis, tu potens Trivia et notho es dicta lumine Luna. tu cursu, dea, menstruo metiens iter annuum rustica agricolae bonis tecta frugibus exples. sis quocumque tibi placet sancta nomine, Romulique, antique ut solita es, bona sospites ope gentem!

3S Poetae tenero, meo sodali velim Caecilio, papyre, dicas, Veronam veniat Novi relinquens Comi moenia Lariumque litus,

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Ο Latonia, du des Zeus Große Tochter, des größten Gotts, Die die Mutter auf Delos einst unterm Olbaum geboren, Daß du würdest Gebieterin Grüner Wälder und Bergeshöhn, Ferner, einsamer Taler Schludit und der rauschenden Ströme. Dich als Juno Lucina flehn Die Gebärenden an im Schmerz, Hehre Trivia, Luna auch mit entliehenem Lidite, Die im Laufe der Monde du Gibst das Maß für des Jahres Bahn Und dem Bauern bis unters Dach füllst mit Früchten die Scheune. Welchen Namen du hören willst, Unter jedem gepriesen sei, Spende, wie du es immer tatst, Segen Romulus' Volke!

35 Brieflein, sag zu dem zarten, feinen Dichter, Zu Caecilius, meinem Freund, er möge Novum Comum verlassen und des Sees Ufer, schnell soll er kommen nach Verona,

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nam quasdam volo cogitationes amici accipiat sui meique. quare, si sapiet, viam vorabit, quamvis Candida milies puella euntem revocet manusque coll ο ambas iniciens roget morari, quae nunc, si mihi vera nuntiantur, ilium deperit impotente amore: nam quo tempore legit incohatam Dindymi dominam, ex eo misellae ignes interiorem edunt medullam. ignosco tibi, Sapphica puella Musa doctior: est enim venuste Magna Caecilio incohata Mater.

36 Annales Volusi, cacata carta, votum solvite pro mea puella: nam sanctae Veneri Cupidinique vovit, si sibi restitutus essem desissemque truces vibrare iambos, electissima pessimi poetae scripta tardipedi deo daturam infelicibus ustilanda lignis. et hoc pessima se puella vidit iocose lepide vovere divis. nunc, ο caeruleo creata ponto, quae sanctum Idalium Uriosque apertos quaeque Ancona Gnidumque harundinosam colis, quaeque Amathunta

quaeque

Golgos

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Denn ich habe ihm Pläne und Gedanken Des gemeinsamen Freundes mitzuteilen. Drum, verschlingt er den Weg, wenn er gescheit ist, Auch wenn tausendmal ihn sein lieblich Mädchen Ruft zurück und die Arme um den Hals schlingt Und ihn bittet und bettelt doch zu bleiben, Die in maßloser, heißer Liebe ist für Ihn entbrannt, wenn ich recht bin unterrichtet. Denn seitdem sie gelesen hat den Anfang Von »Die Herrin von Dindymus« verbrennt dem Armen Mädchen das Herz in Liebesfeuer. Ich verzeihe dir, Mädchen, bist gelehrter Als die Sapphische Muse: Denn vortrefflich Fing Caecilius an: »Die große Mutter«.

36 Des Volusius Schriften, Sdieißannalen, Löst mir ein ein Gelübde f ü r mein Mädchen: Denn der heiligen Venus und Cupido Schwur sie, wenn ich der Ihre wieder würde Und das Schleudern von grimmen Iamben ließe, Opfern werde sie auserlesne Werke Von dem schlechtesten Dichter f ü r den lahmen Gott, damit sie mit üblem Holz verbrennen. Und das wußte das böse Mädchen, daß sie Nur zum Spaß hatte dies gelobt den Göttern. Jetzt, ο Göttin, aus blauem Meer geboren, Die Idalium liebt, Ancona und das Offne Urion und das sdiilfbewadisne Knidus, ferner Amathus und noch Golgoi

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quaeque Durrachium, Hadriae tabernam: acceptum face redditumque votum, si non illepidum neque invenustum est. at vos interea venite in ignem, pleni ruris et inficetiarum annates Volusi, cacata carta!

37 Salax taberna vosque contubernales, a pilleatis nona fratribus pila, solis putatis esse mentulas vobis, solis licere quicquid est puellarum confutuere et putare ceteros hircosf an, continenter quod sedetis insulsi centum an ducenti, non putatis ausurum me una ducentos irrumare sessores? atqui putate: namque totius vobis frontem tabernae sopionibus scribam. puella nam mi, quae meo sinu fugit, amata tantum quantum amabitur nulla, pro qua mihi sunt magna bella pugnata, consedit istic. banc boni beatique omnes amatis, et quidem, quod indignum omnes pusilli et semitarii moechi. tu praeter omnes une de capillatis, cuniculosae Celtiberiae fili, Egnati, opaca quem bonum facit barba et dens Hibera dejricatus urina.

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U n d der Adria Kneiplokal, D y r r a d i i u m : Laß hiermit das Gelübde eingelöst sein, Wenn's geschmacklos nicht ist und auch nicht albern. Doch ihr, ihr aber w a n d e r t in das Feuer, Voll der bäurischen, f a d e n Abgeschmacktheit, Des Volusius Schriften, Scheißannalen!

37 D u Hurenkneipe, ihr dazu, ihr S a u f b r ü d e r , N e u n Pfeiler von den Brüdern mit den Spitzhauben, Glaubt ihr, d a ß ihr allein 'nen richt'gen Schwanz hättet U n d ihr bei allen Mädchen dürft herumhuren U n d meinen, d a ß die andern seien Stinkböcke? Meint ihr, weil da an hundert oder zweihundert Beinanderhocken, d a ß idi's mir nicht zutraute, Zweihundert aufzuspießen von Herumhockern? Bleibt nur dabei: Ich werd an alle H a u s w ä n d e Von der Kaschemme Phalluszeichen hinmalen! Mein Mädchen nämlich, die von meiner Brust wegfloh, Geliebt so sehr, wie keine Frau geliebt wurde, Für die ich schwere K ä m p f e hab bestehn müssen, Die sitzt nun dort, und ihr, ihr edlen Glücksmenschen, K ö n n t die nun lieben. Aber das ist u n w ü r d i g : D a ß alle Knirpse sind und H i n t e r h o f h u r e r ! U n d du vor allem, dem so wild die H a a r 1 sprießen, Ein Keltiberer, vom Karnickelland stammend, Egnatius, der so schön ist durch den Bartschatten U n d dessen span'sehe Zähne vom U r i n blank sind!

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38 Male est, Cornifici, tuo Catullo, male est, me hercule, et laboriose, et magis magis in dies et horas. quem tu, quod minimum facillimumque qua solatus es allocutione? irascor tibi, sic meos amores! paulum quid lubet allocutionis, maestius lacrimis Simonideis.

est,

39 Egnatius, quod candidos habet denies, renidet usque quaque. sei ad rei ventum est subsellium, cum orator excitat fietum, renidet ille. si ad pii rogum fili lugetur, orba cum ftet unicum mater, renidet ille. quicquid est, ubicumque est, quodcumque agit, renidet. hunc habet morbum neque elegantem, ut arbitror, neque urbanum. quare monendum est te mihi, bone Egnati. si urbanus esses aut Sabinus aut Tiburs aut parcus Umber aut obesus Etruscus aut Lanuvinus ater atque dentatus aut Transpadanus, ut meos quoque attingam, aut quilubet, qui puriter lavit denies, tamen renidere usque quaque te nollem; nam risu inepto res ineptior nulla est. nunc Celtiber es: Celtiberia in terra, quod quisque minxit, hoc sibi solet mane

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38 Schlecht geht's deinem Catull und wirklich elend, Cornificius, schlecht und wahrlich übel, Und das täglich und stündlich immer schlimmer! Hast du ihn etwa, was das Kleinste w ä r e U n d das Leichteste, durch ein W o r t getröstet? Böse bin ich dir! Dies bei meiner Liebe! Sprich zu mir nur ein tröstlich kleines Wörtchen, Traurig wie Simonides' Tränenlieder.

39 Egnatius, weil er weiße Z ä h n e hat, grinst er Allüberall und ständig. Vor Gericht, wenn des Beklagten A n w a l t uns zu Tränen rührt: grinst er. Und wenn am G r a b e ihres einzgen Sohns klagt die Verlaßne Mutter, weint ums teure K i n d : grinst er. K a n n sein, was will und wie es will und wo, was er Betreibt: er grinst. U n d dieses hängt ihm an, mein' ich, Als ein Gebredien, nicht grad fein noch sehr geistreich. Egnatius, Guter, lasse dich von mir mahnen! Warst R ö m e r du, Sabiner oder aus Tibur, Ein magrer Umbrer, ein Etrusker, dickbäuchig, Ein Lanuviner, schwarz mit weißen Zahnreihen, Ein Transpadaner, einer meiner Landsleute, Wer sonst die Z ä h n e sich in Sauberkeit reinigt, Ich möchte doch nicht, daß du immerzu grinsest. Es gibt nichts DUmmres, als nur immer dumm grinsen. N u n bist ein Keltiberer du, und dort nimmt man Das, was man hat des Nachts gepißt, dann frühmorgens

dentem at que russam defricare gingivam, ut quo iste vester expolitior dens est, hoc te amplius bibisse praedicet loti.

4° Quaenam te mala mens, miselle Ravide, agit praecipitem in meos iambos? quis dens tibi non bene advocatus vecordem parat excitare rixam? an ut pervenias in or a vulgi? quid vis? qua lubet esse notus optas? eris, quandoquidem meos amoves cum longa voluisti amare poena.

41 Ameana puella defututa tota milia me decern poposcit, ista turpiculo puella naso, decoctoris arnica Formiani. propinqui, quibus est puella curae, amicos medicosque convocate: non est Sana puella, nec rogare qualis sit solet. est imaginosa.

42 Adeste, hendecasyllabi, quot estis omnes undique, quotquot estis omnes! iocum me putat esse moecha turpis

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Zum Reinigen der Zähne und des Zahnfleisches. J e strahlend weißer also dein Gebiß blinket, U m desto mehr wird klar, was du Urin schlucktest.

40 Ärmster R a v i d u s , welcher böse E i n f a l l J a g t direkt dich hinein in meine Iamben? Welcher Gott, den verkehrt du angerufen, Läßt wahnsinnigen Streit dich nur erregen? Oder willst in der Leute M u n d du kommen? Was denn willst du? U m jeden Preis bekannt sein? Kannst es haben, du wirst mit langer S t r a f e Büßen, weil du mein Liebdien lieben wolltest.

41 A m e a n a , die ausgehurte Dirne, Von mir volle zehntausend will sie haben! S o ein Mäddien mit mißgeformter N a s e , Diese Freundin des Formianer Prassers! Ihr Verwandten, Behüter dieses Mädchens, R u f t nur Freunde und Ä r z t e hier zusammen: Nicht bei Trost ist das Mädchen; ja, und f r a g t nicht, Was sie wirklich ist. Eingebildet ist die!

42 Eilet, Elfsilbler, eilt herbei zur H i l f e , Alle, alle herbei, von allen Seiten! Eine schmutzige H u r e spottet meiner,

et negat mihi nostra reddituram pugillaria, si pati potestis. persequamur earn et refiagitemus. quae sit, quaeritis? ilia quam videtis turpe incedere, mimice ac moleste ridentem catuli ore Gallicani. circumsistite earn et reftagitate: »moecha putida, redde codicillos, redde, putida moecha, codicillos!' non assis facis? ο lutum, lupanar, aut si perditius potes quid esse! sed non est tarnen hoc satis putandum. quod si non aliud potest, ruborem ferreo canis exprimamus ore. conclamate iterum altiore voce: *moecha putida, redde codicillos, redde, putida moecha, codicillos!' sed nil proficimus, nihil movetur. mutanda est ratio modusque nobis, si quid proficere amplius potestis: »pudica et proba, redde codicillos!' 43 Salve, nec minima puella naso nec hello pede nec nigris ocellis nec longis digitis nec ore sicco nec sane nimis elegante lingua, decoctoris amica Formiani. ten provincia narrat esse bellam? tecum Lesbia nostra comparatur? ο saeclum insapiens et infacetum!

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Denn sie weigert sich nun, zurückzugeben Mir mein Büchlein — falls ihr das Iaßt geschehen. A u f , verfolgen wir sie, es einzufordern! Wer sie ist, f r a g t ihr? Die dort, die da schamlos Geht einher und die so geschmacklos albern Ladit, so breitmäulig wie die Gallierhunde. Stellt euch um sie herum, das Büchlein f o r d e r n d : »Hure, schmutzige, gib heraus das Büdilein, G i b es her, dieses Büchlein, schmutz'ge H u r e ! « G a r nichts machst du dir draus? D u Dreck, du H u r e , Und was dreckiger noch es geben könnte! Aber das ist dodi alles nicht genügend! Wenn's nicht anders geht, müssen wir nun Röte Auf dem eisernen Hundsgesicht erzeugen. Schreit nur alle zusammen immer lauter: »Hure, sdimutzige, gib heraus das Büchlein, Gib es her, dieses Büchlein, schmutz'ge H u r e ! « Doch das nützt uns nichts, die berührt das gar nicht. Andern müssen w i r nun die A r t und Taktik, Ob vielleicht w i r dann besser v o r w ä r t s k o m m e n : »Reine, Sittsame, gib zurück das Büdilein!« 43 Grüß dich, Mädchen, mit nicht der kleinsten N a s e , Hast nicht zierliche Füße, keine schwarzen Augen, nicht eine länglich schöne H a n d , nicht Trocknen M u n d , nicht gewandt zu reden weißt du, D u Geliebte des Formianer Prassers. Dich, dich rühmt die P r o v i n z als eine Schönheit? Meine Lesbia w i r d mit dir verglichen? Welt, ο wie du verdummt und abgeschmackt bist!

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Ο funde noster seu Sabine seu Tiburs (nam te esse Tiburtem autumant, quibus non cordi Catullum

laedere;

at quibus cordi

est,

quovis Sabinum pignore esse contendunt), sed seu Sabine sive verius Tiburs, fui libenter in tua suburbana villa malamque pectore expuli tussim, non inmerenti quam mihi meus venter, dum sumptuosas appeto, dedit, cenas. nam, Sestianus dum volo esse conviva, orationem in Antium petitorem plenam veneni et pestilentiae legi. hie me gravido frigida et frequens tussis quassavit usque dum in tuum sinum fugi et me recuravi otioque et urtica. quare refectus maximas tibi grates ago, meum quod non es ulta peccatum. nec deprecor iam, si nefaria scripta Sesti recepso, quin gravedinem et tussim non mi, sed ipsi Sestio ferat frigus, qui tunc vocat me, cum malum librum

legi.

45 Acmen Septimius suos amores tenens in gremio: »Mew, inquit, »Acme, ni te perdite amo atque amare porro omnes sum assidue paratus annos quantum qui pote plurimum perire,

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44 Mein Landgut, ob du nun sabinisdi bist oder Tiburtisch (denn tiburtisdi nennen dich, die den Catull nicht kränken wollen; die es doch wollen, Die werden wetten, daß sabinisdi du seiest), Doch ob sabinisdi, ob vielmehr tiburtinisch, Ich hab so gern verweilt in deinem Landhause Und hab den bösen Husten auskuriern können. Ich selbst, mein Bauch war schuld an diesem Brustleiden, D a ich so gern ein üppig Mahl gehabt hätte. Weil ich begehrte nadi des Sestius Einladung, Drum mußt ich lesen seine giftge Pestrede, Geriditet gegen Antius, seinen Ankläger. D a hat ein Husten und ein kalter Stockschnupfen Midi durchgeschüttelt, bis an deine Brust fliehend Ich mich geheilt durdi Nichtstun und durdi Brennessel. Ich bin genesen: So will ich dir D a n k sagen, D a mein Vergehen du mir ungestraft ließest. Und nichts hab ich dagegen, sollt idi je wieder Den Schund des Sestius lesen, daß der Frost Schnupfen Und Husten zwar nicht mir, dodi Sestius selbst bringe, Der dann midi einlädt, wenn idi seinen Mist lese.

45 Auf dem Sdioß seine liebste Akme haltend Spradi Septimius: »Meine liebe Akme, Wenn ich jetzt und auch künftig dich nicht über Alles liebe und immer lieben werde, So wie niemand dich heißer lieben könnte,

solus in Libya lndiaque tosta caesio veniam obvius leoni.* hoc ut dixit, Amor, sinistra ut ante, dextra sternuit approbationem. at Acme leviter caput reftectens et dulcis pueri ebrios ocellos illo purpureo ore saviata: • sic*, inquit, *mea vita, Septimille, huic uni domino usque serviamus, ut multo mihi maior acriorque ignis mollibus ardet in medullis.* hoc ut dixit, Amor, sinistra ut ante, dextra sternuit approbationem. nunc ab auspicio bono profecti mutuis animis amant amantur. unam Septimius misellus Acmen mavult quam Syrias Britanniasque, uno in Septimio fidelis Acme facit delicias libidinisque. quis ullos homines beatiores vidit, quis Venerem auspicatiorem?

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lam ver egelidos refert tepores, iam caeli furor aequinoctialis iocundis Zephyri silescit aureis. linquantur Phrygii, Catulle, campi Nicaeaeque ager über aestuosae: ad claras Asiae volemus urbes. iam mens praetrepidans avet vagari,

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Will ich einsam in Libyen oder Indien In ein funkelndes Löwenauge blicken.« Als er dieses gesagt, da nieste Amor Ihm von links seinen Beifall, dann von rechts zu. Akme neigte ihr Köpfchen leicht nach rückwärts, K ü ß t die trunkenen Augen ihres süßen Knaben mit ihrem Purpurmund und sagte: »Mein Septimius, du mein H e r z und Leben, Diesem einzigen Herrn nur laß uns dienen, Denn noch heißeres, stärkres Liebesfeuer Brennt in mir und in meinem zarten Herzen.« Als sie dieses gesagt, da nieste Amor Ihr von links seinen Beifall, dann von rechts zu. I m Vertrauen auf dieses gute Omen Lieben sie nun einander ohne Ende. Und Septimius gäbe seine Akme Nicht um Syrien her, nicht um Britannien, Den Septimius nur beglückt die treue Akme immer mit Liebeslust und Wonne. Wer sah jemals zwei seligere Menschen, Eine Liebe, die noch verheißungsvoller?

46 Wieder bringt nun der Frühling laue Lüfte, Schon verstummen die winterlichen Stürme Durch des freundlichen Zephyrs lindes Wehen. J e t z t verlasse das Phrygerland, Catullus, Und des reichen Nicaea heiße Gegend. Flieg zu Asiens hochberühmten Städten! Sdion voll Unruhe drängt dein H e r z zur Reise,

61

iam laeti studio pedes vigescunt. ο dulces comitum valete coetus, longe quos simul α domo profectos diversae varie viae reportant.

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Porci et Socration, duae sinistrae Pisonis, scabies famesque mundi, vos Veraniolo meo et Fabullo verpus praeposuit Priapus illef vos convivia lauta sumptuose de die facitis, met sodales quaerunt in trivio vocationes? 48 Mellitos oculos tuos, luventi, si quis me sinat usque basiare, usque ad milia basiem trecenta, nec numquam videar satur futurus, non si densior aridis aristis sit nostrae seges osculationis.

49

Disertissime Romuli nepotum, quot sunt quotque fuere, Marce Tulli, quotque post aliis erunt in annis, gratias tibi maximas Catullus

C a t u l l u s

4 7

48



49

Schon ergreift frohe Wanderlust die Füße. Lebt nun wohl, meine lieben Freundeskreise! Einst zusammen zu Hause aufgebrochen Kehren jetzt w i r zurück getrennten Weges.

47 Dich, Socration, und die andre »Linke« Pisos, Porcius, ihr der Menschheit Abschaum, H a t der geile Priapus vorgezogen D e m Veranius und dem Freund Fabullus? Feiert ihr doch am Tag schon schwelgerische Gastereien, und meine Freunde sollen A n den Ecken auf Einladungen lauern?

48 Mein Juventius, d ü r f t ' ich deine süßen Augen küssen, so oft wie ich nur wollte, Viele tausendmal w ü r d e ich sie küssen, Wurde niemals genügend davon haben, Auch wenn dichter als reife Sommerähren Stände unserer Liebesküsse S a a t f e l d .

49 Marcus Tullius, dir, der Rede Meister A l l e r Romulusenkel, welche sind und Waren und die künftighin kommen werden, S a g t den herzlichsten D a n k Catullus, er der

agit, pessimus omnium poeta, tanto pessimus omnium poeta, quanto tu optimus omnium patronus.

50 Hesterno, Licini, die otiosi multum lusimus in meis tabellis, ut convenerat esse delicatos. scribens versiculos uterque nostrum ludebat numero modo hoc modo illoc, reddens mutua per iocum atque vinum. atque illinc abii tuo lepore incensus, Licini, facetiisque, ut nec me miserum cibus iuvaret nec somnus tegeret quiete ocellos, sed toto indomitus furore lecto versarer cupiens videre lucem, ut tecum loquerer simulque ut essem. at defessa labore membra postquam semimortua lectulo iacebant, hoc, iocunde, tibi poema feci, ex quo perspiceres meum dolorem, nunc audax cave sis precesque nostras, oramus, cave despuas, ocelle, ne poenas Nemesis reposcat a te. est vemens dea: laedere banc caveto.

Catullus Weitaus schlechteste doch von allen Dichtern, So der schlechteste aller Dichter, grad wie D u der beste bist aller A d v o k a t e n .

Mein Licinius, in den Mußestunden Schrieben gestern wir viel auf meine Tafeln, Wie zum Spaße wir dies beschlossen hatten. Beide machten wir scherzend kleine Verslein Bald in diesen und bald in jenen R h y t h m e n U n d wir lasen's beim Wein mit f r o h e m Lachen. Als ich ging, hattest du mich ganz begeistert, Mein Licinius, durch des Geistes A n m u t , D a ß mich Armen das Essen nicht mehr f r e u t e U n d der Schlaf mir die Augen nicht bedeckte, Sondern d a ß ich im Bett mich hin und her warf K a u m erwartend des nächsten Tags Erscheinen, U m nur wieder mit dir vereint zu plaudern. Als ich schließlich vor Müdigkeit halb tot schon Meine Glieder d a n n ausgestreckt im Bette, H a b ich, Lieber, dir dies Gedicht geschrieben, D a ß daraus du die Sehnsucht spüren mögest. U n d nun sei mir nur ja nicht übermütig U n d verschmähe nicht, Liebster, meine Bitte, D a ß nicht Nemesis dich d a f ü r bestrafe. Heftig ist diese G ö t t i n ! K r ä n k sie ja nicht!

6S

llle mi par esse deo videtur, ille, si fas est, superare divos, qui sedens adversus identidem te spectat et audit dulce ridentem, misero quod omnis eripit sensus mihi: nam simul te, Lesbia, aspexi, nihil est super mi

lingua sed torpet, tenuis sub artus flamma demanat, sonitu suopte tintinant aures, gemina teguntur lumina node. otium, Catulle, tibi molestum est: otio exultas nimiumque gestis. otium et reges prius et beatas perdidit urbes. 52 Quid est, Catulle? quid moraris emori? sella in curuli struma Nonius sedet, per consulatum perierat Vatinius: quid est, Catulle? quid moraris emorif

Catullus

67

Si Göttergleich, so will es mir scheinen, ja der Steht noch über G ö t t e r n — wenn dies kein Frevel — Wer des öftern dir gegenübersitzt, dich ansieht und hört, wie

Reizend süß du lachst, was mich Armen aller Sinne gleich beraubt; denn wenn ich einmal dich N u r erblicke, Lesbia, k a n n ich nicht mehr . . . sprechen . . . ,

Schwer und lahm w i r d mir d a n n die Zunge, wie von Flammen, so durchrieselt es mich. Die O h r e n Klingen mir und brausen. Es wird mir schwarz wie N a t h t vor den Augen.

Mußezeit bekommt dir nicht gut, Catullus, Muße macht zu dreist dich und übermütig. Muße hat schon glückliche H e r r n und Städte völlig vernichtet.

Was ist, Catull? Was säumst du, w a r u m stirbst du nicht? Auf dem kurulschen Stuhl sitzt Nonius, der K r ö p f . Bei seinem Konsulat schwört falsch Vatinius: Was ist, Catull? Was säumst du, w a r u m stirbst du nicht?

C a t υ 1 Iu t ·

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54

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) I

53 Risi nescio quem modo e corona, qui, cum mirifice Vatiniana meus crimina Calvos explicasset, admirans ait haec manusque tollens: >di magni, salaputium disertum!*

54

Othonis caput oppido est pusillum, + Heri rustica semilauta crura, subtile et leve peditum Libonis, + si non omnia, displicere vellem tibi et Sufficio, seni recocto ...irascere iterum meis iambis inmerentibus, unice imperator.

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Oramus, si forte non molestum est, demonstres, ubi sint tuae tenebrae. te campo quaesimus in minore, te in circo, te in omnibus libellis, te in templo summi Iovis sacrato. in Magni simul ambulatione femellas omnes, amice, prendi, quas vultu vidi tarnen sereno + ac te vel sic ipse flagitabam: »Camerium mihi, pessimae puellae!* quaedam inquit nudum reduc**:

53 Lachen mußte ich eben bei Gerichte: Als Vatinius' Schurkereien Calvus Wunderbar auseinanderklaubte, hob ein Mann die Hände, und voll Bewundrung rief er: »So ein Knirpschen und doch ein solches Mundwerk

54 O t h o hat nur ein winzig kleines Köpfchen, Dieses Herius' halbgewaschne Beine Und die zarten und leisen Winde Libos, Wenn nicht alles, so sollte dies dich stören Und Sufficius, den verjüngten A l t e n . . . Ober meine unsdiuldgen Iamben wirst dich Wieder ärgern, ο einzigartger Feldherr.

55 Bitte zeig mir, falls es dir nicht peinlich Ist, in welches Versteck du dich verkrochen. Auf dem Campus Minor sucht' ich dich und Audi im Circus und allen Bücherläden Und im Tempel Juppiters, des Höchsten. In des großen Pompeius Promenade H a b ich alle Dämchen angehalten, Die, mein Freund, mir heitren Sinnes schienen, Und verlangte, dich herauszugeben: »Den Camerius her, ihr schlechten Mädchen!« Eine zeigt mir ihren nackten Busen:

>em hie in roseis latet papillis sed te iam ferre Herculei labos est: tanto te in fastu negas, amice, die nobis, ubi sis futurus, ede audacter, committe, crede lucei. num te lacteolae tenent puellae? si linguam clauso tenes in ore, fructus proieies amoris omnes: verbosa gaudet Venus loquella. vel si vis, licet obseres palatum, dum vestri sim particeps amoris.

56 Ο rem ridiculam, Cato, et iocosam dignamque auribus et tuo cadiinno. ride, quicquid amas, Cato, Catullum: res est ridicula et nimis iocosa! deprendi modo pupulum puellae trusantem: hunc ego, si placet Dionae, protelo rigida mea cecidi.

57

Pulcre convenit improbis cinaedis, Mamurrae pathicoque Caesarique. nec mirum: maculae pares utrisque, urbana altera et ilia Formiana, impressae resident nec eluentur: morbosi pariter gemelli utrique, uno in lectulo erudituli ambo,

Catullus »Sdiau, da steckt er, in meinen rosgen Wärzchen!« Nur ein Herkules erträgt dich länger! Freund, zu sehr versagst du dich so spröde. Sag mir, wo man didi finden kann, sprich ohne Scheu, vertrau's mir an, verbirg's nicht länger! Halten milchweiße Mädchen dich gefangen? Wenn du deine Zunge allzu fest hältst, Dann verlierst du die Früchte deiner Liebe: Venus hat an munterm Plaudern Freude. Dodi verschließe nur ruhig deine Lippen, Wenn ich Anteil hab an eurer Liebe.

Eine spaßige Sache, Cato, würdig Deiner Ohren und deines lauten Lachens. Lache, wenn du Catullus liebst, mein Cato! Eine spaßige Sache, allzu drollig! Eben traf idi ein Bürschdien meines Mäddiens, Tüchtig stoßend. Dem hab ich meine steife Rute übergezogen, bei Diona!

57 Wunderbar ist die Sympathie der Unzucht Bei Mamurra, der Männerhur', und Caesar. Und das ist nicht zum Wundern: Gleiche Makel — Formianisdi der eine, römisdi dieser — Tragen beide, die nicht mehr wegzuwaschen. Angekränkelte Unzudit-Zwillingsbrüder, Angelernt in demselben Bette beide,

7'

non hie quam ille magis vorax adulter, rivales socii et puellularum: pulcre convenit improbis cinaedis.

}S Caeli, Lesbia nostra, Lesbia ilia, ilia Lesbia, quam Catullus unam plus quam se atque suos amavit omnes, nunc in quadriviis et angiportis glubit magnanimi Remi nepotes. j8a Non custos si fingar ille Cretum, non si Pegaseo ferar volatu, non Ladas ego pinnipesve Perseus, non Rhesi niveae citaeque bigae; adde hue plumipedas volatilesque, ventorumque simul require cursum, quos iunctos, Cameri, mihi dicares, defessus tamen omnibus medullis et multis langoribus peresus essem te mihi, amice, quaeritando.

S9 Bononiensis Rufa Rufulum fellat, uxor Meneni, saepe quam in sepulcretis vidistis ipso rapere de rogo cenam, cum devolutum ex igne prosequens panem ab semiraso tunderetur ustore.

Catullus

• (8 - j l » ·

(9

Gierig huren sie beide um die Wette, Bei den Dirndien Rivalen und Genossen. Wunderbar ist die Sympathie der Unzucht.

J8 Meine Lesbia, Caelius, jene Lesbia, Jene Lesbia, die Catullus einzig Mehr als sidi und die Seinen alle liebte, Schält an Kreuzungen und in Seitengäßchen Ab die Enkel des hochgemuten Remus.

j8a Nicht, und würd ich werden Kretas Wächter, Nicht, wenn Pegasus' schneller Flug mich trüge, Nicht als Ladas und flügelfüßger Perseus, Nicht mit Rhesus* Gespann, dem schnellen, weißen, Oder, was nur mit Federn eilt und Flügeln, Und dazu noch die Schnelligkeit der Winde — Gäbst, Camerius, du mir dieses alles, War ich dennoch erschöpft bis in die Knochen, Aufgezehrt von größter Übermüdung Durch mein eifriges und beständges Suchen.

59 Mit Rufus hurt, die aus Bononia stammt, Rufa. Menenius' Frau, die ihr oft habt auf Friedhöfen Gesehen, wie sie Speisen stahl von Brandstätten Und wie sie Brot, das aus dem Feuer rollt', nachlief Und sie der Leichenbrenner tüchtig durchbeutelt.

7J

6o Num te leaena montibus Libystinis aut Scylla latrans infima inguinum parte tam mente dura procreavit ac taetra, ut supplicis vocem in novissimo casu contemptam haberes, a, nimis fero corde?

61 Collis ο Helicontei cultor, Uraniae genus, qui rapis teneram ad virum virginem, ο Hymenaee Hymen, ο Hymen Hymenaee, cinge tempora fioribus suave olentis amaraci, flammeum cape, laetus hue, hue veni niveo gerens luteum pede soccum, excitusque hilari die nuptialia concinens voce carmina tinnula pelle humum pedibus, manu pineam quate taedam. namque

Vinia

qualis Idalium

Manlio, colens

C a t u l l u $ - 6 o - 6 i

60 Hat eine Löwin dich in Lybiens Berghöhen, H a t Skylla, deren Sdioß von Hunden laut kläffet, Erzeugt dich mit so schwarzem Sinn und hartherzig, Daß du mein Flehn aus tiefer Not nidit hörst, sondern Es nur mißachtest. Oh, dein Herz ist unmenschlich!

61 Der du wohnst auf dem Helikon, Der Urania edler Sproß, Der die zierliche Jungfrau zwingt Hin zum Manne, ο Hymen, ο Hymen, ο Hymenaeus! Lieblich duftenden Majorans Blüten sdilinge um deine Stirn, Nimm den Schleier, komm frohen Sinns, Komm, den goldenen, leiditen Schuh An dem schneeweißen Fuße. Von dem freudigen Tag erregt, Fall mit klingender Stimme ein In die Lieder des Hochzeitsfests! Tanzend stampf mit den Füßen auf, Sdiwing die Pinienfackel! Wie zum phrygischen Richter kam Venus einst von Idalium,

7J

venit ad Phrygium Venys iudicem, bona cum bona nubet alite virgo, floridis velut enitens myrtus Asia ramulis, quos Hamadryades deae ludicrum sibi rosido nutriunt humore. quare age hue aditum ferem perge linquere Thespiae rupis Aonios specus, nympha quos super irrigat frigerans Aganippe, ac domum dominam voca, coniugis cupidam novi mentem amove revinciens ut tenax edera hue et hue arborem implicat errans. vosque item simul, integrae virgines, quibus advenit par dies, agite in modum dicite: *o Hymenaee Hymen, ο Hymen Hymenaee ut lubentius, audiens se citarier ad suum

Catullus Wird des Manlius Gattin nun Jungfrau Vinia, glücklich schön: Glück verheißen die Zeichen. Herrlich strahlt sie wie Asiens Blütenselige Myrte prangt, Die die Hamadryaden sich In des Morgentaus Feuchtigkeit Sprießen lassen zum Spiele. Darum komm nun herbei zu uns Und verlasse jetzt Thespiae, Seine Felsen und Grotten kühl, Über welche der Wasserfall Rieselnd fällt Aganippes. Ruf zum Hause die Herrin her, Und des Gatten begierig Herz Fest umstricke mit Liebesglut, So wie Efeu sich rankend fest Didit herum um den Baum schlingt. Ihr audi, Jungfrauen, keusch und rein, Die erwartet ein gleicher Tag, Stimmt in unsere Weisen ein, »Hymen, ο Hymenaeus«, singt, »Hymen, ο Hymenaeus!« Daß er freudiger, wenn er sich Rufen hört zu dem hohen Amt,

77

munus, hue aditum ferat dux bortae Veneris, borti coniugator amoris. quis dem magis est amatis petendus amantibusf quem colent homines magis caelitum? ο Hymenaee Hymen, ο Hymen Hymenaee. te suis tremulus parens invocat, tibi virgines zonula soluunt sinus, te timens cupida novos capiat aure maritus. tu fero iuveni in manus floridam ipse puellulam dedis a gremio suae matris, ο Hymenaee Hymen, ο Hymen Hymenaee. nil potest sine te Venus, fama quod bona comprobet, commodi capere: at potest te volente. quis huic deo compararier ausitf nulla quit sine te domus liberos dare, nec parens

Catullus Hierher lenket den Schritt zu uns, Der die selige Liebe bringt, Knüpft die Bande der Ehe. 'Welchen Gott können Liebende Heißer rufen als didi? Und wen Von den Himmlischen soll man noch Mehr verehren? ο Hymen, ο Hymen, ο Hymenaeus. Um die Seinigen zitternd ruft Sorgenbang didi ein alter Mann, Jungfraun lösen den Gürtel dir, Dich erlauscht mit gespanntem Ohr Sdieu erwartend der Gatte. In die Arme des stürmischen Jünglings gibst du das Mägdlein fein In der Blüte der Jugend vom Sdioß der Mutter, ο Hymen, ο Hymen, ο Hymenaeus. Ohne dich vermag Venus nidits, Was nicht schadet dem guten Ruf: Sie vermag es jedodi, wenn du Es nur willst. Wer vermöchte sich Diesem Gott zu vergleichen. Kinderlos ist ein jedes Haus Ohne dich, und der Stütze bar

79

Stirpe mtier: te volente.

at

potest

quis huic

compararier

quae tuis careat non que at dare

sacris, praes'tdes

terra finibus: at te volente.

queat

quis huic

compararier claustra

deo

ausit?

pandite

ianuae,

virgo adest. viden splendidas

tardet

deo

ausit?

ut

quatiunt

ingenuus

pudor;

quem tarnen magis fiet, quod

runculeia,

v'tderit

Auest,

pulcrior

ab Oceano

diem

venientem.

talis in vario divitis

est.

non tibi,

periculum

ne qua femina darum

audiens

ire necesse

flere desine!

faces comas?

domini

solet hortulo

Catullus

* 6ι

Ist der Vater: Sie fehlt ihm nicht Wenn du willst. Wer vermöchte sich Diesem Gott zu vergleichen? Einem Lande, das deinen Kult Nicht begeht, dem wird stets der Schutz Fehlen: Aber er fehlt ihm nicht, Wenn du willst. Wer vermöchte sich Diesem Gott zu vergleichen? Riegel, öffnet die Tur, die Braut Ist gekommen! Und siehst du, wie Fackeln schütteln ihr Flammenhaar?

Wahre Scham läßt sie zögern noch; Als sie deutlicher jetzt ihn hört, Weint sie, weil sie nun gehn muß. Weine nicht mehr, ο Vinia, Denn du brauchst zu befürchten nicht, D a ß ein schöneres Weib als du Sah den strahlenden klaren Tag Aus dem Ozean tauchen. Also stehet im bunten Beet In dem Garten des reichen Herrn

81

Stare ftos hyacinthinus. sed moraris, abit dies! prodeas, nova nupta. prodeas, nova nupta, si iam videtur, et audias nostra verba, vide, ut faces aureas quatiunt comas! prodeas, nova nupta. non tuus levis in mala deditus vir adultera probra turpia persequens a tuis teneris volet secubare papillis, lenta quin velut adsitas vitis implicat arbores, implicabitur in tuum complexum. sed abit dies! prodeas, nova nupta. ο cubile, quod

candido

pede

omnibus

lecti.

quae tuo veniunt

ero,

quanta gaudia, quae

vaga

Catu 11uι -

6

ι

Wunderschön einer Lilie Pracht. Doch du säumst noch? Der Tag vergeht! Neuvermählte, tritt vor nun! Neuvermählte, ο bitte, tritt Nun hervor und erhöre doch Unser Rufen! Es schütteln schon Fackeln brennend ihr goldnes H a a r ! Neuvermählte, tritt vor nun! Dein Gemahl wird nicht schändlich sich Einer Buhlerin widmen und Treiben leichtfertig Ehebrudi. Fern von deiner geliebten Brust Will er niemals mehr liegen. Wie die schmiegsame Rebe sich Rankend schlingt um den Baum, so wird Er umarmend in Liebe dich Fest umstricken. Der Tag vergeht! Neuvermählte, tritt vor nun! Ο du Lager, das allen den

Bettes glänzendem Fuße. Welche Freuden, ο bräutlich Bett, Harren nun deines Herrn bei Nacht

8J

nocte, quae medio die gaudeat! sed abit dies! prodeas, nova nupta. tollite, ο pueri, faces: flammeum video venire, ite, concinite in modum: >io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee.«· ne diu taceat procax fescennina iocatio, nec nuces pueris neget desertum domini audiens concubinus amorem. da nuces pueris, iners concubine, satis diu lusisti nucibus! lubet iam servire Talasio. concubine, nuces da! sordebant concubine, nunc tuum tondet os. concubine,

tibi vilicae, hodie atque heri, cinerarius miser a miser nuces da!

diceris male te a tuis unguentate

glabris

marite

Catullus Und zur Stunde des Mittags. Ο Siehe, wie schon der Tag sich neigt! Neuvermählte, tritt vor nun! Knaben, hebet die Fackeln hoch, Denn der Brautschleier wird gebracht. Gehet, singet im Chor vereint: »Hymen, ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus!« Nicht lang schweige der Obermut Fredier Scherze und Spöttelein: Weil sein H e r r ihn jetzt nicht mehr liebt, Darf der Lustknabe nicht die N u ß Jenen Knaben verweigern. Gib den Knaben die Nüsse, du Fauler Lustknabe, lang genug Hast damit du gespielt. Doch jetzt Dienen wir dem Talasius. Gib die Nüsse her, K n a b e ! Bisher waren zu schmutzig stets Dir die Fraun auf dem Lande, doch Fortan schert der Barbier auch dir Deinen B a r t ; du bist arm jetzt dran. Gib die Nüsse her, K n a b e ! Salbenduftender Ehemann, Ungern, sagt man, entsagst du nur

Ss

abstinere: sed abstine! io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. scimus haec tibi quae licent sola cognita, sed marito ista non eadem licent. io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. nupta, tu quoque, quae tuus vir petet, cave ne neges, ni petitum aliunde eat. io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. en tibi domus ut potens et beata viri tui: quae tibi sine serviat io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee usque dum tremulum movens cana tempus anilitas omnia omnibus adnuit. io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. transfer omine cum bono limen aureolos pedes,

Catullus Deinen Lustknaben. Laß sie jetzt! H y m e n , ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus!

Sicher triebst du Erlaubtes nur, Doch als Ehemann darfst du nicht Mehr das Gleiche wie bisher tun. H y m e n , ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus!

Braut, du hüte dich, d a ß du nie, Was dein Mann von dir will, versagst, Denn er sucht es sonst anderswo. H y m e n , ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus!

Siehe hier deines Mannes Haus, Wie gesegnet und reich es ist. Mögest stets du ihm H e r r i n sein, — H y m e n , ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus! — Bis im Alter dein H a a r ergraut U n d mit wackligem K o p f e d u N u r mehr zustimmend nicken kannst. H y m e n , ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus!

Glücklich über die Sdiwelle setz Deinen goldenen, kleinen Fuß

»7

rassilemque subi forem! io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. adspice unus ut accubans vir tum Tyrio in toro totus immineat tibi, io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. illi non minus ac tibi pectore uritur intimo flamma, sed penite magis. io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. mitte bracchiolum teres, praetextate, puellulae: iam cubile adeat viri. io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. vos bonae senibus viris cognitae bene feminae, collocate puellulam. io Hymen Hymenaee io, io Hymen Hymenaee. iam licet venias, marite! uxor in tbalamo tibi est

C

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*

6

ι

Und durchschreite das glatte Tor! Hymen, ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus! Sieh allein den Gemahl jetzt ruhn Auf der tyrischen Lagerstatt Harrend deiner voll Ungeduld. Hymen, ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus! Tief im Herzen wie dir brennt ihm Heiß die Flamme der Liebe, ja Eher heißer verzehrt sie ihn. Hymen, ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus! Laß den zierlichen runden Arm, Knabe, Brautführer, denn die Braut Soll nun gehn zu dem Ehebett. Hymen, ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus! Frauen älterer Männer, die Ihr erfahren in Liebe seid, Legt das Mädchen aufs Hochzeitsbett. Hymen, ο Hymenaeus, ο Hymen, ο Hymenaeus! Jetzt darfst kommen du, Bräutigam! Deine Braut liegt im Bett dir schon

«9

ore floridulo nitens alba parthenice velut luteumve papaver. at, marite, — it a me iuvent caelites — nihilo minus pulcer es, neque te Venus neglegit. sed abit dies! perge, ne remorare! non diu remoratus es, iam venis. bona te Venus iuverit, quoniam palam quod cupis cupis et bonum non abscondis amorem. ille pulveris Africei siderumque micantium subducat numerum prius, qui vostri numerare vult multa milia ludet. ludite, ut lubet, et brevi liberos date, non decet tarn vetus sine liberis nomen esse, sed indidem semper ingener art. Torquatus volo

parvulus

matris e gremio suae

Catullus Und ihr Blumengesichtchen strahlt Lilienweiß wie ein Blütenblatt, Brennend rot wie der Mohn glüht. Aber, Gatte, — so wahr mir die Götter beistehn — audi du bist schön. Ausgezeichnet hat Venus dich. Aber siehe, der Tag vergeht! Komm, verweile nicht länger! Nein, du zögerst fürwahr nicht lang. Schon bist hier du. Es wird gewiß Venus helfen dir, weil du nicht Dein Verlangen verbirgst und nicht Rechte Liebe verheimlichst. Eher könnte den 'Wüstensand Und der funkelnden Sterne Zahl Man berechnen, als wievielmal, Wieviel tausendmal ihr im Spiel Eurer Liebe beglückt seid. Spielet, wie's euch gefällt, und bald Schenkt einander auch Kinder, denn Solch ein altes Geschlecht darf nicht Ohne Nachkommen sein, es soll Neu sich immer verjüngen. D a ß ein kleiner Torquatus dann Von dem Schöße der Mutter aus

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porrigens teneras manus dulce rideat ad patrem semihiante labello. sit suo similis patri Manlio et facile inscieis noscitetur ab omnibus et pudicitiam suae matris indicet ore. talis illius a bona matre laus genus approbet, qualis unica ab optima matre Telemacho manet fama Penelopeo. claudite ostia, virgines: lusimus satis, at, bonei coniuges, bene vivite et munere assiduo valentem exercete iuventam!

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Vesper adest: iuvenes, consurgite! Vesper Olympo expectata diu vix tandem lumina tollit. surgere iam tempus, iam pinguis linquere mensas; iam veniet virgo, iam dicetur hymenaeus. Hymen ο Hymenaee, Hymen odes ο Hymenaee.

Catullus

* 62

9J

Nad) dem Vater die Händdien streckt Und mit offenem Mündlein ihn Anlacht süß, dieses wünsch' ich. Ahnlich soll seinem Vater er 'Werden, leicht zu erkennen auch Ungenannt; und die Sittsamkeit Seiner Mutter bezeuge klar Seines Antlitzes Formung. Rühmen soll man ihn stets, da er Stammt von edelster Mutter ab, So wie Telemadi ehrenvoll Noch erwähnt wird in unsrer Zeit Um Penelopes willen. Jungfraun, schließet die Tur, genug Haben wir nun am Spiel, und ihr, Edle Gatten, lebt wohl, genießt Eure blühende Jugend und Vollauf Leben und Liebe!

62 BURSCHEN: Nun ist der Abend gekommen: Ihr Burschen, auf! Am Olympus Strahlet des Abendsterns Licht, das wir lange voll Sehnsucht erwartet. Sich zu erheben ist's Zeit, die reichliche Mahlzeit zu lassen. Bald wird da sein die Braut, es soll das Festlied erklingen. Hymen, ο Hymenaeus, Hymen, komm Hymenaeus!

94

Catullus

Cernitis, innuptae, invents? consurgite contra/ nimirum Oetaeos ostendit Noctifer ignes. sic eerie est: viden ut perniciter exiluere? non temere exiluere; canent quod vincere par est. Hymen ο Hymenaee, Hymen odes ο Hymenaee.

ιa

Non facilis nobis, aequales, palma parata est: aspicite, innuptae secum ut meditata requirunt. non frustra meditantur; habent memorabile quod sit. nec mirum, penitus quae tota mente laborant. nos alio mentes, alio divisimus aures, π iure igitur vincemur; amat victoria curam. quare nunc animos saltern convertite vestros: dicere iam incipient, iam respondere decebit. Hymen ο Hymenaee, Hymen ades ο Hymenaee.

Hespere, quis caelo fertur crudelior ignis? qui natam possis conplexu avellere matris, conplexu matris retinentem avellere natam et iuveni ardenti castam donare puellam. quid faciunt hostes capta crudelius urbe? Hymen ο Hymenaee, Hymen ades ο Hymenaee.

Hespere, quis caelo lucet iocundior ignis? qui desponsa tua firmes conubia flamma, quae pepigere viri, pepigerunt ante parentes,

>i

Catullus

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MADCHEN:

Seht ihr der Burschen Schar, ihr Madchen? Erhebet euch gleichfalls! Uber den ö t a steigt des Nachtgestirns flammendes Leuchten. Wirklich, so ist es. Ο seht nur, wie eilig sie sich erhoben. Nicht umsonst; wir sehen, sie werden den Wettgesang singen. H y m e n , ο Hymenaeus, H y m e n , k o m m H y m e n a e u s !

BURSCHEN:

Leicht ist die Siegespalme nicht zu erringen, G e f ä h r t e n : Schaut nur hin, wie die Mädchen bei sich ihr Lied wiederholen. Nicht vergebens üben sie sidi; des Preises ist würdig, Was sie bringen. Kein Wunder, sind sie doch ganz bei der Sache. Wir aber haben zerstreut unser H e r z und unsere Sinne, Also werden mit Recht wir besiegt, denn der Sieg liebt die Mühe. Aber nehmt eudi wenigstens jetzt noch besonders zusammen: Gleich beginnen sie mit dem Gesang und es gilt zu erwidern. H y m e n , ο Hymenaeus, H y m e n , k o m m H y m e n a e u s !

MÄOCHEN:

Hesperus, gibt es ein himmlisches Feuer so grausam wie deines? Der du die Tochter entreißen kannst d e r U m a r m u n g der M u t t e r ; Wegzureißen vermagst du sie, die ängstlich sich anschmiegt, Gibst die U n b e r ü h r t e dem liebeglühenden Manne. Was tut der Feind in eroberten Städten, das grausamer wäre? H y m e n , ο Hymenaeus, H y m e n , k o m m H y m e n a e u s !

BURSCHEN:

Hesperus, leuchtet ein himmlisches Feuer so freudvoll wie deines? Deine Flammen besiegeln erst das Gelöbnis der Ehe, Das zuvor miteinander die Männer, die Eltern geschlossen,

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C a t u l l u s

nec iunxere prius quam se tuus extulit ardor. quid datur a divis felici optatius horaf Hymen ο Hymenaee, Hymen odes ο Hymenaee.



Hesperus e nobis, aequales, abstulit unam. *

Namque tuo adventu vigilat custodia semper, nocte latent fures, quos idem saepe revertens, Hespere, mutato comprendis nomine Eous. at lubet innuptis ficto te carpere questu. quid tum, si carpunt, tacita quem mente requirunt? Hymen ο Hymenaee, Hymen odes ο Hymenaee.

3)

Ut ftos in saeptis secretus nascitur hortis, ignotus pecori, nullo convolsus aratro, quem mulcent aurae, firmat sol, educat imber, multi ilium pueri, multae optavere puellae; idem cum tenui carptus defioruit ungui, nulli ilium pueri, nullae optavere puellae: sic virgo, dum intacta manet, dum cara suis est; cum castum amisit pollute corpore fiorem, nec pueris iocunda manet nec cara puellis. Hymen ο Hymenaee, Hymen ades ο Hymenaee.

is

Catullus

97

Die es doch knüpfen nicht konnten, bevor nicht dein Strahlenglanz aufging Geben Erwünschtres die Götter als solche glückliche Stunde? Hymen, ο Hymenaeus, H y m e n , komm Hymenaeus!

MADCHEN:

Schwestern, aus unserer Mitte h a t Hesperus eine genommen.

BURSCHEN:

Immer sind auf der H u t bei deinem A u f g a n g die Wächter. Nachts bleiben Diebe verborgen. D u aber hilfst, sie zu fassen, Wenn unter anderem N a m e n als Morgenstern du zurückkehrst. Mädchen lieben es, dich zu schmähn mit erheuchelter Klage. Aber, was dann, wenn den sie schmähn, den sie heimlich ersehnen? H y m e n , ο Hymenaeus, H y m e n , k o m m H y m e n a e u s !

MÄDCHEN:

Wie im umfriedeten G a r t e n erblüht eine einsame Blüte, U n b e r ü h r t von der weidenden H e r d e , vom Pflug nicht verschüttet, Weich umspielt von den Lüften, von Sonne und Regen gekräftigt, Die von den Knaben und Mädchen gar viele abpflücken möchten — H a t eine H a n d sie gebrochen, den Blütenschmuck ihr genommen, Nicht mehr begehrenswert scheint sie f ü r Burschen d a n n , nicht f ü r die Mädchen: So ist die J u n g f r a u , solange sie rein bleibt, den Ihrigen teuer. Wenn sie entweiht ihren K ö r p e r , die Blüte der Keuschheit verloren, Bleibt sie den Burschen nicht liebenswert, nicht teuer den Mäddien. H y m e n , ο Hymenaeus, H y m e n , k o m m H y m e n a e u s !

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C a t u l l u s

·

63

Ut vidua in nudo vitis quae nascitur arvo numquam se extollit, numquam mitem educat uvam, sed tenerum prono deflectens pondere corpus iam iam contingit summum radice

ftagellum,

banc nulli agricolae, nulli coluere

iuvenci;

at si forte eadem est ulmo coniuncta marito, multi illam agricolae, multi coluere iuvenci: sic virgo, dum intacta manet, dum inculta senescit; cum par conubium maturo tempore adepta est, cara viro magis et minus est invisa



a

parenti.

at tu ne pugna cum tali coniuge, virgo. non aequom est pugnare, pater cui tradidit ipse, ipse pater cum matre, quibus parere necesse est.

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virginitas non tota tua est, ex parte parentum est: tertia pars patri est, pars est data tertia matri, tertia sola tua est. noli pugnare duobus, qui genero sua iura simul cum dote dederunt. Hymen ο Hymenaee, Hymen ades ο Hymenaee.

63 Super alta vectus Attis celeri rate maria Phrygium ut nemus citato cupide pede tetigit adiitque opaca silvis redimita loca deae, stimulatus ibi furenti rabie, vagus animi devolsit ilei acuto sibi pondera silice. itaque ut relicta sensit sibi membra sine viro, etiam recente terrae sola sanguine maculans niveis citata cepit manibus leve typanum, typanum tuom, Cybele, tua, mater, initia,

s

Catullus

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BURSCHEN:

So wie die einsame Rebe, die wächst auf kärglichem Boden, Niemals zur H ö h e sich hebt und die süße Traube nie aufzieht, Sondern in hängender Sdiwere zur Erde die zarte Gestalt beugt, J a , mit der Spitze der Ranken fast ihre Wurzel berühret, Und vön den Bauern keiner, kein weidendes Rind sie beaditet — Wenn sie jedoch der starken Ulme in Ehe verbunden, Schenken ihr große Beachtung die Bauern und weidenden Rinder, So wird die Jungfrau, die unvermählt bleibt, nicht geehrt, wenn sie alt ist. Findet jedoch sie zur richtigen Zeit einen Mann, der ihr gleichkommt, Ist sie lieber dem Gatten und weniger lästig den Eltern. Gegen solch vortrefflichen Mann aber wehr dich nicht, J u n g f r a u ! Denn es wäre nicht recht, zu stehn gegen den, dem der Vater Dich übergab und die Mutter, denen Gehorsam du schuldest. Nicht gehört dein Mäddientum dir allein, denn es haben Anteil die Eltern, ein Drittel der Vater, ein Drittel die Mutter, N u r ein Drittel ist dein. Drum füg didi dem Wunsche der beiden, Die mit der Mitgift zugleich dem Schwiegersohn gaben die Rechte. H y m e n , ο Hymenaeus, Hymen, komm Hymenaeus!

63 Durch das hohe Meer fuhr Attis mit des eilenden Schiffes Kiel; Als er gierig schnellen Fußes hat den phrygischen H a i n berührt Und die waldesdunklen Stätten der Göttin betreten hat, H a t Verzückung ihn getrieben, der beraubt war des klaren Sinns, Sich die Scham von seiner Weiche abzutrennen mit scharfem Stein. Als er merkt', daß seine Glieder nunmehr sind ohne Manneskraft Und als die Erde netzte noch immer sein frisches Blut, H a t sie mit den weißen Armen gleich ergriffen das Tympanon; Mit dem Tympanon, Kybele, hat sie sich deinem Dienst geweiht.

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Catullus

quatiensque terga taurei teneris cava digitis

·°

canere haec suis adorta est tremebunda comitibus: »Agite ite ad alta, Gallae, Cybeles nemora simul, simul ite, Dindymenae dominae vaga pecora, aliena quae petentes velut exules loca sectam meam executae duce me mihi comites

π

rapidum salum tulistis truculentaque pelagi et corpus evirastis Veneris nimio odio, hilarate erae citatis erroribus animum. mora tarda mente cedat; simul ite, sequimini Phrygiam ad domum Cybeles, Phrygia ad nemora deae, ubi cymbalum sonat vox, ubi tympana reboant, tibicen ubi canit Phryx curvo grave calamo, ubi capita maenades vi iaciunt ederigerae, ubi sacra sancta acutis ululatibus agitant, ubi suevit ilia divae volitare vaga cohors, i> quo nos decet citatis celerare tripudiis.* Simul haec comitibus Attis cecinit notha mulier, thiasus repente Unguis trepidantibus ululat, leve tympanum remugit, cava cymbala recrepant, viridem citus adit I dam properante pede chorus. furibunda simul anhelans vaga vadit animam agens comitata tympano Attis per opaca nemora dux, veluti iuvenca vitans onus indomita iugi; rapidae ducem secuntur Gallae properipedem. itaque, ut domum Cybeles tetigere lassulae, 3> nimio e labore somnum captunt sine Cerere. piger his labante langore oculos sopor operit: abit in quiete molli rabidus furor animi. Sed ubi oris aurei Sol radiantibus oculis lustravit aethera album, sola dura, mare ferum,

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Catullus

ΙΟΙ

Sie schlug mit zarten Fingern auf des Stieres gespannte H a u t , Den G e f ä h r t e n vorzusingen hub sie bebenden Leibes a n : »Auf, eilt zum hohen Bergwald, die ihr Gallae Kybeles seid, Auf, eilt, Dindymenens H e r d e , der H e r r i n schweifendes Wild, Die ihr, Verbannten gleichend, fremde Länder habt aufgesucht U n d mir, als eurem Führer, als G e f ä h r t e n seid treu gefolgt, Indem ihr des Meeres Toben und die reißende See ertrugt U n d entmannt habt euren K ö r p e r , da ihr Venus zu sehr gehaßt, Erfreuet unsre H e r r i n durch den schwärmenden schnellen L a u f ! Aus dem Geist entflieh die Trägheit, und nun folget, G e f ä h r t e n , mir Zu dem phrygischen Sitz Kybeles, zu der Göttin phrygischem H a i n ; Wo die Stimme der K y m b e l tönet, w o das Tympanon hohl erklingt, Wo der phrygische Flötenspieler bläst dumpf auf gebognem Rohr, Wo den Kopf in den Nacken geworfen die M ä n a d e den Efeu sdiwingt, Wo die heiigen Orgienfeste sie mit heulendem Schrei begeht, Wo die unstete Schar der Göttin pflegt zu schweifen durchs weite Feld, Dorthin nur laßt uns eilen im tanzenden Schritt sogleich!« Wie das den G e f ä h r t e n Attis h a t gesungen, das halbe Weib, D a erhebt sidi rings im C h o r e der gellenden Schreie Laut U n d das leichte Tympanon schallet und die bauchige K y m b e l tönt U n d zum grünen Ida hastet in eiligem Laufe der Schwärm, Mit keuchendem Atem Attis voran in verzücktem Geist, Mit dem Tympanon durch das Dunkel der schattigen Waldeshöhn, Wie ein ungezähmter Jungstier will entfliehen der Last des Jochs; Und mit schnellen Schritten folgen ihrem Führer die Gallae nach. Wie sie nun Kybeles Wohnstatt todesmatt und erschöpft sich nahn, D a versinken sie vor E r m ü d u n g ohne Ceres' Gaben in Schlaf. Es verschließt in schwanker E r m a t t u n g träger Schlummer ihnen den U n d es geht in der R u h e des Schlafes der rasende Wahn dahin.

[Blick

Doch sobald die strahlenden Augen des goldenen Sonnengotts Durch den weißen Äther schweiften, übers L a n d und das wilde Meer

10 J

Catullus

pepulitque noctis umbras vegetis

sonipedibus,

ibi Somnus excitam Attin fugiens citus abiit: trepidante eum recepit dea Pasithea sinu. ita de quiete molli rapid a sine rabie simul ipsa pectore Attis sua facta recoluit, liquidaque mente vidit sine queis ubique foret,

n

animo aestuante rusum reditum ad vada tetulit. ibi mar'ta vasta visens lacrimantibus oculis patriam allocuta maesta est ita voce miseriter: »Patria ο mei creatrix, patria ο mea genetrix, ego quam miser relinquens, dominos ut erifugae famuli solent, ad Idae tetuli nemora pedem, ut apud nivem et ferarum gelida stabula forem et earum omnia adirem furibunda latibula: ubinam aut quibus locis te positam, patria, reorf cupit ipsa pupula ad te sibi dirigere aciem, rabie fera carens dum breve tempus animus est. egone a mea remota haec ferar in nemora domo? patria, bonis, amicis, genitoribus abero? abero foro, palaestra, stadio et guminasiis?

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miser a miser, querendum est etiam atque etiam, anime! quod enim genus figurae est, ego non quod obierim? ego mulier - ego adolescens, ego ephebus, ego puer, ego gymnasei fui flos, ego eram decus olei. 6 mihi ianuae frequentes, mihi limina tepida, i mihi floridis corollis redimita domus erat, linquendum ubi esset orto mihi sole cubiculum. ego nunc deum ministra et Cybeles famula ferarf ego maenas, ego mei pars, ego vir sterilis erof ego viridis algida Idae nive amicta loca colam? ego vitam agam sub altis Phrygiae columinibus,



C a t u l l u s

* 63

ΙΟJ

Und als seine feurigen P f e r d e schon die Schatten der Nacht verjagt, D a erwachte Attis wieder, denn der Sdilummer eilt' rasch dorthin, Wo an freudig bewegtem Busen Pasithea ihn empfing. So nach seiner sanften R u h e von der rasenden Wut befreit, D a bedenkt das Gesdiehne Attis bei sich in stiller Brust U n d erkennt nun klaren Sinns, w o sie ist und was nun dahin, So lenkt sie bebenden Herzens ihre Schritte zum Meer zurück. Als sie sah des Meeres Fläche, da bricht sie in Tränen aus U n d mit tiefbetrübter Stimme spricht sie traurig zur H e i m a t hin: »O Heimat, die midi geschaffen, ο H e i m a t , die mich erzeugt, Die ich Armer habe verlassen wie ein flüchtiger Knecht dem H e r r n Entflieht, zum waldigen I d a habe idi meinen Schritt gelenkt, D a ß ich bei Schnee und K ä l t e in dem Lager des Wildes sei U n d ich alle seine Verstecke mit rasendem Sinn betrer". Ach, wo und in welcher Richtung, magst d u liegen, mein H e i m a t l a n d ? Ganz von selbst wollen meine Augen auf dich richten den scharfen Solange vom wilden Wahne kurze Zeit ist befreit mein Geist.

[Blick,

Soll ich schwärmen in diesen Wäldern von zuhause so weit e n t f e r n t , Getrennt von den Eltern und Gütern, von den Freunden, dem H e i m a t Fern dem Forum, der Palaestra, dem Gymnasium, Stadion?

[land,

Adi, du armes, armes H e r z e , ach klage n u n ohne E n d ! Welche A r t von Gestalt noch gibt es, die ich noch nicht gewesen bin? Ich bin Weib — ich w a r f r ü h e r Jüngling, w a r Ephebe, w a r kleines Kind, War die Blüte des Gymnasiums, w a r die Zierde beim Ringwettstreit. Meine Tur war in steter Bewegung, es w u r d e die Schwelle w a r m U n d mir w a r mit Blütenkränzen beständig das H a u s geschmückt, Wenn f r ü h nach Sonnenaufgang ich mein Schlafgemach dann verließ. U n d jetzt Götterdienerin soll idi, jetzt Sklavin Kybeles sein? Jetzt soll ich sein Mänade, nur ein Teil meiner selbst, entmannt? U n d bewohnen grüne H ö h e n des Ida, den Schnee bedeckt? Ich soll ein Leben f ü h r e n unter Phrygiens großen Höhen,

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ubi cerva silvicultrix, ubi aper nemorivagusf iam iam dolet quod egi, iam iamque paenitet/* Roseis ut hinc labellis sonitus ** adiit geminas deorum ad aures nova nuntia referens, 71 ibi iuncta iuga resolvens Cybele leonibus laevumque pecoris hostem stimulans ita loquitur: *Agedum,* inquit, »age ferox i, fac ut hunc furor agitet, fac uti furoris ictu reditum in nemora ferat, mea libere nimis qui fugere imperia cupit. age caede terga cauda, tua verbera patere,

So

fac cuncta mugienti fremitu loca retonent, rutilam ferox torosa cervice quate iubam!* Ait haec minax Cybele religatque iuga manu, ferus ipse sese adhortans rapidum incitat animo, vadit, fremit, refringit virgulta pede vago. at ubi humida albicantis loca litoris adiit teneramque vidit Attin prope marmora pelagi, facit impetum: ilia demens fugit in nemora fera. ibi semper omne vitae spatium famula fuit. Dea magna, dea Cybele, dea domina Dindymei, procul a mea tuos sit furor omnis, era, domo: alios age incitatos, alios age rabidosl

64 Peliaco quondam prognatae vertice pinus dicuntur liquidas Neptuni nasse per undas Pbasidos ad fluctus et fines Aeeteos, cum lecti iuvenes, Argivae robora pubis, auratam optantes Colchis avertere pellem

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In den Waldern, w o die Hirschkuh und der unstete Eber wohnt? Schon schmerzt mich, was ich machte, schon reut mich, was ich getan!« Als der Worte L a u t entflohen v o n den rosigen Lippen und Unerhörte K u n d e brachte an der Gottheit erzürntes O h r , D a befreite die beiden L ö w e n K y b e l e von ihrem Joch Und den linken der H e r d e n w ü r g e r stachelt sie mit den Worten a u f : » A u f , auf, du Wilder, mache, daß der Wahnsinn ihn wieder padkt, D a ß er von dem Wahn getrieben wieder kehrt in den Wald zurück, Der allzu kühnen Mutes meiner Herrschaft entfliehen w i l l ! Deinen Rücken schlag mit dem Schweife, nimm die eigenen Schläge Laß alles rings ertönen von dem Donner des Wutgebrülls,

[hin,

Deine gelbe Mähne schüttle um den fleischigen Nacken w i l d ! « A l s o sprach K y b e l e drohend und sie löst mit der H a n d das Joch. Und der wilde L ö w e reizte sich selbst zu nodi größerer W u t , E r läuft, er brüllet tobend und bricht durchs Buschwerk hervor. Doch sobald er naht dem Strande, bei dem feuchten und weißen S a n d , An des Meeres schimmernder Fläche sieht er Attis, die Z a r t e , stehn. Und er springt sie a n : sie fliehet von Sinnen zum dunklen Wald. Dort blieb sie Zeit ihres Lebens, ihrer Göttin als Dienerin. G r o ß e Göttin, Göttin K y b e l e , du H e r r i n von D i n d y m o s , H a l t e deinen heiigen Wahnsinn meinem Hause, ο H e r r i n , f e r n : Treibe andere zur Verzückung, treibe andre zur Raserei.

64 Pelions hohem G i p f e l entstammende Fichten — so heißt es — Segelten einstmals dahin durch N e p t u n s schimmernde Wogen Z u des Phasis Fluten und zu dem L a n d des Äetes, Als erlesene Mannschaft, die K r a f t argivischer Jugend, Mit dem Wunsche aus Kolchis das goldene Vließ zu rauben,

ausi sunt vada salsa cita decurrere puppi, caerula verrentes abiegnis aequora palmis. diva quibus retinens in summis urbibus arces ipsa levi fecit volitantem flamme currum, pinea coniungens inftexae texta carinae. illa rüdem cursu prima imbuit Amphitriten. quae simul ac rostro ventosum proscidit aequor tortaque remigio spumis incanduit unda, emersere freti candenti e gurgite vultus aequoreae monstrum Nereides admirantes. ilia, atque haud alia, viderunt luce marinas mortales oculis nudato corpore nymphas nutricum tenus extantes e gurgite cano. tum Thetidis Peleus incensus fertur amore, tum Thetis humanos non despexit hymenaeos, tum Thetidi pater ipse iugandum Pelea sensit, ο nimis optato saeclorum tempore nati heroes, salvete, deum genus, ο bona matrum progenies, salvete iterum ... vos ego saepe meo, vos carmine compellabo, teque adeo eximie taedis felicibus aucte Thessaliae columen Peleu, cui Iuppiter ipse, ipse suos divum genitor concessit amores. tene Thetis tenuit pulcerrima Ν ereine? tene suam Tethys concessit ducere neptem Oceanusque, mari totum qui amplectitur orbemf Quae simul optatae finito tempore luces advenere, domum conventu tota frequentat Thessalia, oppletur laetanti regia coetu: dona ferunt prae se, declarant gaudia vultu. deseritur Cieros, linquunt Pthiotica Tempe

C a t u l l u s



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anus

notescatque magis mortuus atque magis, nec tenuem texens sublimis aranea telam in deserto Alii nomine opus faciat.

so

Catullus

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Bruder, durch deinen Tod ist all mein Glück mir zerbrodien, J a , unser ganzes Haus ist nun begraben mit dir, All meine Freude ist mit dir zusammen gestorben, Die du in liebender Hand hegtest, als du noch gelebt. Seit seinem Tode hab ich aus allen meinen Gedanken All dies Streben verbannt, jede verlockende Lust. Wenn du nun schreibst, in Verona zu sein, sei für midi eine Schande, Dort würde jeder Mann, falls er von besserer Art, Seine kalten Glieder im einsamen Bette erwärmen: Das, mein Allius, ist Unglück, nicht Schande für mich! Also gewähr mir Verzeihung, daß ich, was die Trauer mir fortnahm, Das nicht geb zum Geschenk, denn ich vermag es j a nidit! Nun hab ich aber zur H a n d audi nicht eine Menge von Büchern — Das kommt daher, daß ich lebe in R o m , da ja dort Ist mein Haus und mein Wohnsitz, und dort verbring ich mein Leben, Und aus vielem hierher folgte ein Kästdien mir nur. D a dies nun mal so ist, so denk nicht, es sei böse Absicht, Die mein Handeln bestimmt, oder ein knausriger Geist, D a ß ich willig dir nicht deine doppelte Bitte erfülle: Läge es in meiner Macht, freiwillig gäb ich es dir! Denn ich kann nicht verschweigen, wie Allius H i l f e mir brachte, Göttinnen, und wie groß war seiner H i l f e Verdienst. Niemals soll mit Vergessen die Zeit im Wechsel der J a h r e Hüllen in dunkle Nacht, was er an mir hat getan. Deshalb bericht ich es euch, erzählt ihr es Tausenden weiter, Sorgt auch dafür, daß noch rede im Alter das B l a t t . D a ß immer mehr es bekannt, wenn er gestorben schon ist. Und es sollen nie die Spinnengewebe den Namen Allius überziehn, weil man an ihn nicht mehr denkt.

nam, mihi quam dedertt duplex Amathusia curam scitis, et in quo me corruerit genere, cum tantum arderem quantum Trinacria rupes lymphaque in Oetaeis Malta Thermopylis, maesta neque assiduo tabescere lumina fletu cessarent tristique imbre modere genae. qualis in aerii perlucens vertice montis rivus muscoso prosilit e lapide, qui, cum de prona praeceps est valle volutus, per medium densi transit iter populi, dulce viatori lasso in sudore levamen, cum gravis exustos aestus hiulcat agros, ac velut in nigro iactatis turbine nautis lenius aspirans aura secunda venit iam prece Pollucis, tarn Castoris implorata: tale fuit nobis Allius auxilium. is clausum lato patefecit limite campum, isque domum nobis isque dedit dominam, ad quam communes exerceremus amores. quo mea se molli Candida diva intulit et trito fulgentem

in limine

pede plantam

innixa arguta constituit solea, coniugis ut quondam flagrans advenit amore Protesilaeam Laodamia domum inceptam frustra, nondum cum sanguine sacro hostia caelestis pacificasset eros. nil mihi tarn valde placeat, Rhamnusia virgo, quod temere invitis suscipiatur eris. quam ieiuna pium desideret ara cruorem, docta est amisso Laodamia viro,

Catullus

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Denn ihr w i ß t , welche Pein A m a t h u s i a mir hat bereitet, Wie sie mich brachte zu Fall — unzuverlässig von je —, A l s ich gebrannt wie trinakrisdier Berg und malische Q u e l l e , Die im öteisdien Tal, den T h e r m o p y l e n , entspringt, U n d ohne U n t e r l a ß mein ständiges Weinen die A u g e n Trübte und von diesem N a ß immer die Wange mir feucht. Wie ein leuchtender Bach, der vom Scheitel des r a g e n d e n Berges S p r ü h e n d herunterspringt aus dem bemoosten Gestein U n d , hat er sich in eiligem Fluß gestürzt d u r d i d a s B e r g t a l , Kreuzt des zahlreichen Volks S t r a ß e im ebenen L a n d , Köstliche Linderung bringt dem müden, schwitzenden W a n d r e r , Wenn die schwelende Glut dörrend d i e Äcker z e r f u r d i t , U n d w i e den Schiffern, die von dem schwarzen S t r u d e l des Sturmes Durchgepeitscht, d a n n erscheint freundlich ein m i l d e r e r Hauch, Wenn sie den P o l l u x schon, schon C a s t o r mit Bitten g e r u f e n : So h a t d a m a l s mir A l l i u s H i l f e g e w ä h r t . Er hat w e i t mir geöffnet den Weg zu verschlossnem Gefilde, Er g a b mir das H a u s , er g a b die H e r r i n mir auch; Drinnen e r f r e u t e n w i r uns der gegenseitigen Liebe. Meine Göttin k a m strahlend auf schwebendem Fuß, Setzte die glänzende Sohle dort auf die zertretene Schwelle, Blieb a n der I u r e stehn, wenn die S a n d a l e g e k n a r r t , So w i e einst verzehrt von brennender Liebe z u m G a t t e n Protesilaos' H a u s L a o d a m e i a betrat, Das vergebens begonnene, d e m noch nicht heiligen Blutes O p f e r des Himmels H e r r n hatte gewogen gemacht. Möge, ο J u n g f r a u von Rhamnus, mir nie e t w a s so sehr g e f a l l e n , D a ß ich beginne es f r e d i gegen den W i l l e n der H e r r n . Wie einen trocknen A l t a r nach heiligem Blute es dürstet, H a t des Gatten Verlust L a o d a m e i a gelehrt;

C a t u 1 I u ι

coniugis ante coacta novi dimittere Collum, quam veniens una atque altera rursus hiems noctibus in longis avid urn saturasset amorem, posset ut abrupto vivere coniugio: quod scibant Parcae non longo tempore abisse, sf si miles muros isset ad lliacos; nam tum Helenae raptu primores Argivorum coeperat ad sese Troia ciere viros, Troia - nefas! - commune sepulcrum Asiae Europaeque, Troia virum et virtutum omnium acerba cinis! 90 quaene etiam nostra letum miserabile fratri attulit. ei misero frater adempte mihi! ei misero fratri iocundum lumen ademptum, tecum una tota est nostra sepulta domus, omnia tecum una perierunt gaudia nostra, 5; quae tuus in vita dulcis alebat amor, quem nunc tam longe non inter nota sepulcra nec prope cognatos compositum cineris, sed Troia obscena, Troia infelice sepultum detinet extremo terra aliena solo. 100 ad quam tum properans fertur simul undique pubes Graeca penetralis deseruisse focos, ne Paris abducta gavisus libera moecba otia pacato degeret in thalamo. quo tibi tum casu, pulcerrima Laodamia, ;oj ereptum est vita dulcius atque anima coniugium. tanto te absorbens vertice amoris aestus in abruptum detulerat barathrum, quale ferunt Grai Pheneum prope Cylleneum siccare emulsa pingue palude solum, no

Catullus Lösen mußte sie sich v o m Halse des jungen Gemahles, Eh' noch zum zweiten Mal wieder der Winter genaht; W i r sie in langen Nächten von gieriger Liebe gesättigt, H ä t t ' sie zu leben vermocht, audi wenn ihr G a t t e w a r tot: Daß. dies in kurzer Zeit geschehe, das w u ß t e n die Parzen, Wenn er als Krieger im H e e r zöge vor Ilions Stadt. Das war die Zeit, als Troja die besten argivischen Helden U m der Helena R a u b lockte zum K a m p f e an sich, Troja — du Greuel! —, gemeinsames G r a b Europas und Asiens, Troja, du bitterer Tod tapferen männlichen Muts! H a t doch Troja audi den traurigen Tod meinem Bruder Zugefügt. Bruder, den mir Armen entrissen der Tod! Oh, das freundliche Licht ist dem armen Bruder genommen, Unser ganzes H a u s ist nun begraben mit dir; All meine Freude ist mit dir zusammen gestorben, Die du in liebender H a n d hegtest, als du noch gelebt. U n d nun bist du so fern, nicht unter befreundeten Gräbern Beigesetzt und du ruhst lieben Verwandten nidit nah, Sondern im scheußlichen Troja, im unglückseligen Troja H ä l t dich begraben nun ferne ein ganz fremdes Land. Damals strömte von überall her die griechische Jugend D o r t zusammen; sie ließ einsam den heimischen H e r d , D a ß nidit Paris in ungestörtem Besitze der Buhle, Die er hatte e n t f ü h r t , ruhe im Ehegemach. D a r u m , du schönste Laodameia, hat dir das Unglück Weggerissen, was dir lieber als Seele und Leib, Deinen Gemahl. So sehr vom Strudel der Liebe ergriffen Stürzte die Leidenschaft dich in eines Abgrundes Schlund, Tief wie der Schlund, der trocknet beim Kyllenengebirge Das pheneische Land durch die Entwässrung des Sumpfs.

C a t u 1 1 u •

quod quondam

caesis montis fodisse

medullis

audit falsiparens Amphitryoniades, tempore quo certa Stymphalia monstra

sagitta

perculit imperio deterioris eri, pluribus ut caeli tereretur ianua divis, Hebe nec longa virginitate foret. sed tuus altus amor barathro fuit altior

;;> illo,

qui tunc indomitam ferre iugum docuit. nam nec tam carum confecto aetate parenti una caput seri nata nepotis alit, qui, cum divitiis vix tandem inventus

JJO avitis

nomen testatas intulit in tabulas, impia derisi gentilis gaudia tollens suscitat a cano volturium capiti. nec tantum niveo gravisa est ulla columbo

us

compar, quae multo dicitur improbius oscula mordenti semper decerpere rostro quam quae praecipue multivola est mulier: sed tu horum magnos vicisti sola furores, ut semel es flavo conciliata viro. aut nihil aut paulo cui tum concedere digna lux mea se nostrum contulit in gremium, quam circumcursans hinc illinc saepe Cupido julgebat crocina Candidus in tunica, quae tamenetsi uno non est contenta Catullo, rara verecundae furta feremus erae, ne nimium simus stultorum more molesti: saepe etiam luno, maxima caelicolum, coniugis in culpa flagrantem concoquit tram noscens omnivoli plurima furta lovis. at qui nec divis homines componier aequum est

·jo

m

nο

Catullus

- 6t

Jenen Sdilund hat gegraben, nach dem er die Berge gespalten, Er, der nur zum Schein von dem Amphitryon stammt, Damals, als er mit sicherem Schuß die stymphalischen Vogel l o t e t e auf Befehl seines geringeren H e r r n , D a ß mehr Götter hinfort die Himmelstore beträten Und die Jungfräulichkeit Hebes nicht währe zu lang. Doch deine tiefe Liebe war tiefer nodi als jener Abgrund, Sie, dir noch ungewohnt, lehrte dich tragen das Joch. Denn so lieb ist selbst dem vom Alter entkräfteten Vater Nicht der Enkel, den ihm spät seine Tochter gebar, Der f ü r der Väter Besitz nun endlich als Erbe gefunden U n d dessen N a m e wird eingesetzt ins Testament; Denn er hat dem Verwandten die schimpfliche Freude verdorben U n d von dem grauen H a u p t solch einen Geier gescheucht. So sehr hat nodi kein Taubchen gefreut sich am schneeweißen Tauber, Die, wie man sagt, immer mehr brünstig in ärgerer Lust Ständig versucht zu pflücken Küsse mit pickendem Schnabel, Unersättlicher noch als die begehrlichste Frau. All diese Leidenschaft hast du allein übertroffen, Seit der blonde Gemahl einmal dich liebend u m a r m t ' ; Nicht oder nur ein kleinwenig stand nach dir meine Geliebte, Als sie, mein Leben und Licht, gab sich mir einst in den Schoß; Sie umflatterte rings bald hierhin, bald dorthin C u p i d o : Wie erstrahlte der Gott leuchtend im S a f r a n g e w a n d ! H a t auch die H e r r i n nicht mehr genug an dem einen Catullus, Tauschung seh ich ihr nach, ist sie zurückhaltend noch. Lästig möchte ich nicht wie ein Tor ihr allzusehr scheinen, Muß doch J u n o sogar, Höchste der Himmlischen, oft Bei der Schuld des Gemahls den flammenden Z o r n überwinden, Wenn sie auch noch so viel Liebschaften Juppiters kennt. Doch ein Mensch darf sich nie den großen Göttern vergleichen

C a t u l l u s

'54

6 ,

+ ingratum tremuli tolle parentis onus, nec tamen ilia mihi dextra deducta paterna fragrantem Assyria venit odore domum, sed furtiva dedit mira munuscula nocte

/6

σήν τε κάρην ώμοσα σόν τε βίον

ι°

άμνά]μω[ν Θείης άγρός ύ]περφέ[ρ]ετ[αι βουπόρος 'Αρσινόης μητρός σέο, και διά μέ[σσου

44 4ΐ

Μηδείων όλοαί νήες εβησαν " Α θ ω . τί πλόκαμοι ρέξωμεν, δτ' οΰρεα τοΐα σιδή[ρφ εϊκουσιν; Χαλύβων ώς άπόλοιτο γένος, γειόθεν άντέλλοντα, κακόν φυτόν, οΐ μιν εφηναν πρώτοι και τυπίδων εφρασαν έργασίην.

;ο

αρτι [ν]εότμητόν με κόμαι ποθέεσκον άδε[λφεαί, και πρόκατε γνωτός Μέμνονος ΑΗΚοπος ΐετο κυκλώσας βαλιά πτερά θήλυς άήτης, ίππο [ς] ίοζώνου Λοκρίδος 'Αρσινόης, .[.]ασε δέ πνοιή με, δι' ήέρα δ' ΰγρόν ένείκας Κύπρ] ιδος εις κόλπους

is

εθηκε

αυτή μιν Ζεφυρίτις επί χρέο[ς Κ]ανωπίτου ναιέτις α[ίγιαλοΰ. όφρα δέ] μή νύμφης Μινωίδος ο[ ]ος άνθρώποις μοΰνον έπι.[

,

φάεσ]ιν έν πολέεσσιν άρίθμιος άλλ[ά·γένωμαι και Βερ]ενίκειος καλός έγώ πλόκαμ[ος, ϋδασι] λουόμενόν με παρ' άθα [νότους άνιόντα

«ο

Kalliroachos

-

F r g. t i o

/JJ

Der in den Himmelslinien der Sterne Bewegung betraditet Eben der Konon h a t mich in den Lüften gesehen, die Locke, Die Berenike hat sämtlichen Göttern geweiht. Spuren nächtlichen Kampfes hohen Mutes H a b ' idi bei deinem H a u p t , bei deinem Leben gelobt Über den der Sohn Theias fährt strahlend hinweg, Deiner Mutter Arsinoe Keil; und die medischen Schiffe Fuhren durch den Berg Athos inmitten hindurch. Was sollen Locken da machen, wenn solche Berge dem Eisen Weichen? Untergehn soll das chalybische Volk, Das zuerst gegraben das schlimme Gewächs aus der Erde Und das als erstes das Werk schmiedender H ä m m e r gelehrt! Mich Abgeschnittne beklagten eben der H a a r e Geschwister, Als der weiche Wind regend der Fittiche Schwung, Des Äthiopiers Memnon leiblicher Bruder herannaht, Lokris' Arsinoes Roß — Teilchengegürtet ist sie. Dieser trug mich empor durdi die feuchte Luft durch sein Wehen Und in Kypris' Schoß legte . . . Denn Zephyritis selbst zu diesem Dienste . . . . . . wohnt an dem Kanopisdien Strand. D a ß nicht des Minos Tochter . . . . . . Menschen allein . . . Sondern daß ich werde gereiht in die Vielzahl der Lidtter, Vön Berenikes H a u p t lieblidie Locke ich bin. N a ß von den Wellen des Meeres hat Kypris midi zu den Göttern

Kallimachos - Frg. n o Κύπρι]ς έν άρχαίοις αστρον [ε-θηκε νέον.

den wir sonst nicht kennen, hat Catull auch in Gediehe 37,17—20 angegriffen. — 1 0 Die Sabiner bewohnten das Bergland nordwestliA von Rom. — Ttbur, jetzt Tivoli, ist eine Stadt in Latium. — 11 Die Umbrer saßen im Apennin. — Die Etrttsker (ein nicht-indogermanischer, aus Kleinasien eingewanderter Stamm) waren von untersetzter, gedrungener Gestalt. Von ihnen hat die Landschaft Etruria, heute Toscana, ihren Namen. — 12 Lanuvium ist eine latinische Stadt südöstlich von Rom. — 13 Transpaäaner »Leute, die jenseits des Po (Padus) wohnen«, hießen die Bewohner der Landschaft zwisAen Po und Alpen (Gallia transpadana). Catull selbst war dort geboren. — 17 Keltiberer sind die Nachkommen der auf der spanischen Hochebene zusammengetroffenen Iberer und Kelten. 4 0 1 Ravidus ist nicht weiter bekannt. — 2 Jamben: s. Ged. 36,j. — 3 Es war verderblich, die Götter nicht mit dem richtigen Namen oder nicht mit den gehörigen Beinamen anzurufen (vgl. Ged. 34,21—22). 41 ι Arne ana ist vielleicht unrichtig überliefert, da es kein römischer Name ist. Gedicht 43 dürfte sich mit demselben Mädchen beschäftigen. — 4 Damit ist Mamurra (vgl. das N a A w o r t ) aus Formiae, einer Stadt in Latium, gemeint. Dieser Ven stimmt mit Vs. 5 von Ged. 43 überein. 4 2 J und 11 Gemeint sind gewachste Holztäfelchen. Sie wurden auch f ü r kleine Briefchen verwendet. Vgl. Ged. $0,2. — Der Hund galt als frech und unverschämt. Ob mit »Gallierhunden« eine besondere Art gemeint ist oder das Beiwort nur deshalb steht, weil Gallien als Hundeland bekannt war, ist unklar. — 11 und 24 putida — pudica ist ein raffiniertes Wortspiel. 4 3 s. zu Ged. 41. — Dem Inhalt nach vergleichbar ist Ged. 86. 4 4 Der Dichter hat sich durch die Frostigkeit (Geschmacklosigkeiten bezeichnete man als frigus [griech. ψ ΰ χ ο ζ ] »Frost«) der Rede des Sestius gegen Amins erkältet und sich auf sein Landgut geflüchtet, um stA auszukurieren. — 1—4 77bur, jetzt Tivoli, war die anspruchsvollste Sommerkolonie der Römer. Ein Gut dort zu haben, war natürlich wesentlich vornehmer als eines im Sabin'tschen. Catull* Besitz wird an der Grenze gelegen sein, so daß man ihn als sabinisA

Erläuterungen

20

J

oder als tiburtinisch bezeichnen konnte. — 10 P. Settims ist vor allem aus der Verteidigungsrede bekannt, die Cicero f ü r ihn hielt, als er wegen »Gewalttat« auf Betreiben des Clodius angeklagt war. — 11 p e t i t o r kann entweder »Ankläger« oder »Amtsbewerber« bedeuten. Im letzteren Falle wäre zu denken, dafi Sestius die Bewerbung des Antius durch eine Anklagerede scheitern lassen wollte (vielleicht weil er sich selbst bewarb). Ober Antiut wissen wir nichts Näheres. 4 5 Catull sAildert in diesem netten Gediditchen das LiebesglüA seines Freundes Septimiut (von dem sonst nichts bekannt ist). — Ahme ist, wie aus dem N a m e n ersichtlich ist, eine Freigelassene. — Das hier gezeidinete Bild erinnert an die Liebenswürdigkeit römischer Windmalereien, wie sie vor allem in Pompeii erhalten sind. — 8—9 Nieten galt als gutes O m e n . V e n n hier Amor von beiden Seiten niest, so ist das eine doppelte Bekräftigung. 4 5 Catull steht vor der Abreise aus B i t h y n i e n , denn das Amtsjahr des S t a t t h a l ters Memmius, dem er im J a h r e 77 nach Bithynien gefolgt war, ging zu Ende. (Vgl. das Nachwort.) — 1 Das Äquinoktium, die Zeit der F r ü h j a h r s - und Herbstgleiche, war wegen der Stürme besonders gefurchtet. H i e r handelt es sidi um das Frühjahrsäquinoktium. — 4 Bithynien w a r geographisch ein Teil des alten Phrygien. — 5 Nieaeα (griech. N i k a i a ) w a r H a u p t s t a d t der P r o v i n z und Sitz des S t a t t h a l t e n . — 11 Die cohors des Memmius n i m m t nicht denselben Heimweg, Catull besucht zuerst n o A die berühmten Städte Asiens (s. Vs. $)· 4 7 ·· Ged. it. — 1 Ober die beiden Männer Porciut und Socration wissen wir nichts. Socration scheint dem N a m e n nach ein Freigelassener zu sein. — >Linke< übertragen: Die linke H a n d , die man unter der Toga verbergen konnte, benützte man zum Stehlen. — 4 Priaput ist ein Fruditbarkeitsgott, der aus Kleinasien stammt. In Rom war er H ü t e r der G ä r t e n und Weinberge. Sein besonderes Symbol ist sein übergrofies Glied. Einen geilen Menschen konnte man als »Prlapus« bezeidinen. — 7 V i e Parasiten und arme Schlucker. 4 8 Zu luventiut s. das N a c h w o r t . 4 9 Ironisches Gedicht an Marcut Tulliut Cicero geriditet. — 1 Die Römer als Nadikommen des Stadtgründers Romulmt (vgl. zu j 8 , j ) · 5 0 ι C. Licinimt Calvus gehörte m i t C a t u l l z u m Kreis der neoterischen Dichter (vgl. 14,2 und 53,3). — a Gewachste Holztafelchen f ü r den alltäglichen Gebrauch. Das Geschriebene konnte m a n durch Glattstreichen des Wachses wieder tilgen. Es waren mindestens zwei a u f k l a p p b a r m i t e i n a n d e r verbunden, so dafi die Wachsschicht geschont wurde. M a n verwendete sie auch zum Konzipieren von Gedichten, die dann auf P a p y r u s oder Pergament ubertragen wurden (vgl. Ged. 1 und Ged. 42). — 18—19 Das Gedicht ist g a n z aus der Situation heraus entstanden: Wie im Vs. 7 nicht angegeben ist, w o sie beisammen w a r e n (kaum in der Wohnung des Licinius, sonst hätten sie nicht auf Catulls Tafelchen sdireiben müssen: Vs. 2), so hier nicht, welches die Bitte Catulls ist; vielleicht, am nächsten Tag wieder zusammenzutreffen (vgl. Vs. 13). — 20 Nemetit ist die Radiegöttin; scherzend übertreibende D r o h u n g Catulls. 5 1 Das Gedicht ist — außer der letzten S t r o p h e — die Obersetzung eines Liedes der Sappho (s. S. 188). Der Sinn w i r d so gedeutet: Wer es vermag, dir gegenüberzusitzen, ist göttergleich, mir aber raubt es alle Sinne. Die letzte Strophe, echt römisdi, ist ganz Eigentum Catulls. Im übrigen s. das Nachwort. — 8 ist nicht überliefert. Der Sinn ergibt sidi aus dem griechischen Original.

202

Erläuterungen

5 2 In diesem Gedicht macht sidi ähnlich wie in G e d . 29 und 54 die Empörung Catulls über die GünstlingsWirtschaft der Triumvirn Luft. — 2 D e r mit Elfenbein ausgelegte jk«r*/iid>e Stuhl ist der Amtssessel der Konsuln, Prätoren

und der

zwei sog. »kurulisdien« Ädilen (daneben gab es nodi zwei, seit 44 v. C h r . durch Caesar vier »plebeischc« Ädilen). Noni*i

ist also Ädil oder P r ä t o r . — Wir ken-

nen zwei N o n i i , die in Frage kommen: Nonius Sufenas, Volkstribun im J a h r e 56, und Nonius Asprenas, Prokonsul im J a h r e 46. —

3 Vatinius

kennen wir aus

Ciceros Rede ,In V a u n i u m ' . Er schwört (»falsch«, sagt boshaft C a t u l l ) auf sein in Aussicht stehendes Konsulat: so sidter war er sidi seiner Sache auf Grund der Gunst der Triumvirn. Vatinius erscheint auch im folgenden Gedicht. 5 3 2 Zu Vatinius

s. $2,3. — 3 C . Licinius Calvut:

54

ist schlecht überliefert. D i e Personen sind lauter

Das Gedicht

s. zu 1 4 , 2 und 50,1. Günstlinge

Caesars (mit unice imperator ist Caesar gemeint: ebenso Ged. 29,11), sonst aber nicht weiter bekannt. — f seni recocto

wird jetzt allgemein so verstanden, daß

er offenbar auf ähnliche Weise verjüngt

worden sei wie Aison

( O v i d M e t a m . V I I 157 ft.). Man hat auch schon an »ausgekocht =

durch

Medea

durchtrieben«

gedacht und mußte dann übersetzen: und Sufficius, diesen alten G a u n e r . — 6 Die Iamben (s. zu G e d . 3 6 , ; ) sind unschuldig, Caesars Kreaturen

solche K e r l e sind;

d. h. sie können nichts d a f ü r ,

daß

Caesar sollte sich lieber über diese

als

über die Verse ärgern. 55

Metrisch ist dieses Gedicht dadurch von Bedeutung, daß die zwei

Kürzen

des HendekasyIlabus durch eine Lange ersetzt werden können (auch bei der deutschen Obersetzung nachgeahmt); außer zweimal in 58 a ist das sonst nicht möglich. Die neoterischen D i d u e r scheinen ebenso wie die hellenistischen

manchmal

mit den Versmaßen experimentiert zu haben. Zum Verhältnis dieses Gedichtes zu G e d . 58a s. dort. — Inhaltlich ähnlich ist Gedicht 6. — 3 D e r Campus ist nicht sicher zu lokalisieren. — 4 In den Umgängen des Circus viele Dirnen auf. — Die Bücherläden

minor

hielten sich

waren Treffpunkte der gebildeten "Welt. —

6 Pompeius erhielt den Beinamen Magnus

»der G r o ß e « und wird oft nur mit

diesem Namen genannt. Mit » P r o m e n a d e « ist die Säulenhalle gemeint, die an das Pompeius-Theater anschloß. Erbaut wurde sie im J a h r e $ j . D a Catull w a h r scheinlich schon im J a h r e 54 gestorben ist, ist die Abfassung des Gedichtes ziemlich genau d a t i e r t ; es dürfte also eines seiner letzten Gedichte sein. — 10

Camc-

rius ein sonst nicht bekannter Freund Catulls. — 11 Im lateinischen T e x t ist am Ende

des Verses eine Lücke;

der Sinn jedoch

wird aus dem folgenden

klar. — 13 Wortspiel mit dem doppelten Sinn von ferre 22 Die Oberlieferung scheint eher auf dum nostri

Vers

»tragen, ertragen«. —

sis partieeps amoris zu f ü h -

ren. Doch der Gedanke »wenn du nur Anteil hast an meiner Liebe« ist dem Gedicht unangemessen und geradezu unverständlich. Wahrscheinlich wurde vestri zu nostri

von

den späteren

Schreibern

geändert

(OGm

haben

von erster

Hand

vestri), nachdem sidi sis für sim in den Text geschlichen hatte. 56

1

Vielleicht C . Valerius Cato,

ein Dichter des neoterischen Kreises (von sei-

nen Werken ist nichts erhalten)? — 7 Diona

ist nach einer Sagenversion die M u t -

ter der Venus. H i e r ist wohl Venus selbst mit ihrem Mutternamen genannt. 57

2

Mamurra

stammte aus Formiae (s. das Nachwort). — 7 Bei erudituli

an

die »literarischen Neigungen« der beiden zu denken, ist widersinnig. 5 3 ι In der deutschen Übertragung ist das erste Lesbia, wie das in V s . 2, drei-

20J

Erläuterungen

silbig, Caelius und am Versende Lesbia zweisilbig zu lesen: Das dreimalige Lesbia, dazu die Anrede an C a e l i u s mußten der Wirkung wegen beibehalten werden; es ist aber im Deutschen unmöglich, drei daktylische Worter im E l f s i l b l e r unterzubringen. — D i e Identität dieses Caelius

mit dem im G e d . 100 genannten

ist nicht sicher; vgl. auch zu G e d . 77. — 5 D i e hochtrabende Bezeichnung

der

R ö m e r als magnanimi R e m i nepotes ist parodistisch. Wie G e d . 49,1 die R ö m e r • Enkel des Romulus« genannt werden, so werden sie hier, nach dem anderen Stadtgriinder, als »Enkel des Remus*

bezeichnet.

Dieses Gedicht, das sich ebenso wie G e d .

58a

f f an Camerius

wendet

und

ebenfalls d a v o n spridit, d a £ C a t u l l seinen Freund sucht, wurde, o b w o h l es handsdiriftlich zwisdien G e d . 58 und 59 steht, früher meist in Gedicht $$ eingeschoben, manchmal

auch daran

angehängt

(daher

hat

es keine eigene

Nummer).

Metrisdi scheint dies berechtigt, da auS "3 104 1 10( frg. 1 73 34 7»

VI II VI II V VHIb VI II II VI II IX II VIII» II

Gedichtanf

inge

Disertissime Romuli nepotum



VI

Egnatius, quod candidos habet dentes Etsi me assiduo defectum cura dolore

39 «J

IV II

H4 »5 11 1«

II VI VI VII VI

7« 74 «9

II II II

JO 7J

VI II IX

Firmanus laltus non falso, Mentula, dives Flavi, delicias tuas C a t u l l o Furei, cui neque servos est neque area Furi et Aureli, comites Catulli Furi, villula vostra non ad Austri Gallus habet f r a t r e s , q u o r u m est lepidissima coniunx Gellius audierat p a t r u u m obiurgare solere Gellius est tenuis: quid ni? cui tarn bona mater Hesterno, Licini, die otiosi H u e est mens deducta t u a , mea Lesbia, culpa H u n c lucum tibi dedico consecroque, Priape lam ver egelidos r e f e r t tepores Ille mi par esse deo videtur In te, si in q u e m q u a m , dici pote, p u t i d e Victi locundum, mea vita, mihi proponis amorem Lesbia mi dicit semper male nec tacet umquara Lesbia mi praesente viro mala plurima dicit Lesbius est pulcer. quid ni? quem Lesbia malit Lugete, ο Veneres Cupidinesque Male est, Cornifici, t u o C a t u l l o Marrucine Asini, manu sinistra Mellitos oculos tuos, Iuventi Mentula conatur Pipleium scandere m o n t e m Mentula habet instar triginta iugera p r a t i Mentula moechatur. moechatur mentula certe Minister vetuli puer Falerni Miser Catulle, desinas ineptire Multas per gentes et multa per aequora vectus Multus homo es, Naso, neque tecum multus homo est qui Nascatur magus ex Gelli matrisque n e f a n d o Ncmone in t a n t o potuit p o p u l o esse, Iuventi Ni te plus oculis meis amarem Nil nimium studeo, Caesar, tibi velle placer« Noli admirari, q u a r e tibi femina nulla

6

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