Pflichtenbindungen und Pflichtenkollisionen der Gemeindevertreter: Über die Rechtsstellung der kommunalen Vertreter in den Organen privatrechtlicher Organisationsformen [1 ed.] 9783428581924, 9783428181926

Vermehrt gehen Kommunen dazu über, Verwaltungsaufgaben in privatrechtlichen Organisationsformen zu erfüllen. Die Gemeind

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Pflichtenbindungen und Pflichtenkollisionen der Gemeindevertreter: Über die Rechtsstellung der kommunalen Vertreter in den Organen privatrechtlicher Organisationsformen [1 ed.]
 9783428581924, 9783428181926

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1449

Pflichtenbindungen und Pflichtenkollisionen der Gemeindevertreter Über die Rechtsstellung der kommunalen Vertreter in den Organen privatrechtlicher Organisationsformen

Von David Karen Shaverdov

Duncker & Humblot · Berlin

DAVID KAREN SHAVERDOV

Pflichtenbindungen und Pflichtenkollisionen der Gemeindevertreter

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1449

Pflichtenbindungen und Pflichtenkollisionen der Gemeindevertreter Über die Rechtsstellung der kommunalen Vertreter in den Organen privatrechtlicher Organisationsformen

Von

David Karen Shaverdov

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 61 Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: Textforma(r)t Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-18192-6 (Print) ISBN 978-3-428-58192-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern in Dankbarkeit

Vorwort Gemeinden nehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht allein in öffentlichrechtlicher Organisationsform wahr. Vermehrt ist zu beobachten, dass sie hierfür auch auf Rechtsformen des Privatrechts zurückgreifen. Kommunalrechtlich ist diese Unternehmenstätigkeit allerdings von einer umfassenden Sicherung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollrechte abhängig. Nicht selten führt dies insbesondere bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung zu Konflikten mit dem auf Privatautonomie ausgerichteten Gesellschaftsrecht. Von diesem Spannungsfeld sind Gemeindevertreter in den Organen privatrechtlicher Gesellschaftsformen besonders betroffen. Zum einen sind sie nämlich zur Wahrung des Wohls der von ihnen vertretenen Kommunen verpflichtet, zum anderen haben sie auch die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen. Dieser Pflichtenkollision widmet sich die vorliegende Arbeit. Sie wurde im Jahre 2020 von der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum Februar 2020 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Universitätsprofessor Dr. Dr. Markus Thiel, für die herausragende Betreuung während der gesamten Entstehungsphase dieser Arbeit. Der gemeinsame fachliche Austausch und seine fortwährende Unterstützung haben wesentlich zum Gelingen dieser Dissertationsschrift beigetragen. Herrn Universitätsprofessor Dr. Ulrich Noack danke ich für die außerordentlich zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Danken möchte ich auch meinen Freunden, die von der ersten bis zur letzten Seite dieser Arbeit an meiner Seite gestanden haben. Für ihre unermüdliche Unterstützung bin ich darüber hinaus meinem Bruder, Herrn Dr. Sergej Münzenberg und meiner Schwägerin, Dr. Maryam Münzenberg, zu größtem Dank verpflichtet. Der allergrößte Dank gebührt schließlich meinen Eltern. Ihnen danke ich von ganzem Herzen für das in mich gesetzte Vertrauen, ihre grenzenlose Zuversicht und ihre bedingungslose Unterstützung in jedem Abschnitt meines Lebens. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Berlin, im Dezember 2020

David Karen Shaverdov

Inhaltsübersicht 1. Teil

Einführung in die Problematik 23

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2. Teil

Wirtschaftliche Betätigung der Kommune 35

A. Die Gemeinde als Wirtschaftsakteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Uneingeschränkte Vorteile kommunaler Aufgabenerfüllung in Privatrechtsform? . . . 67 D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

3. Teil

Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen 107

A. Die kontrollierte Betätigung kommunaler Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten . . . . . . . . . . . . 108 C. Pflichtenbindung gemeindlicher Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde – Kontrollbegehren und Konfliktquelle . . . . . . 143 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

4. Teil Regimekollisionen 162 A. Ingerenzbedingte Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . 162 B. Grundlegend problematisches Verhältnis der kommunalen Körperschaft gegenüber ihren privatrechtlich organisierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 C. „Typologie der Konfliktsituationen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

10

Inhaltsübersicht

D. Weisungsbindung als Konfliktquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

5. Teil

Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen 255

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 B. Rückumwandlung in öffentlich-rechtliche Organisationsformen oder Auflösung und Liquidation der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

6. Teil Lösungsansätze 319 A. Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 B. Kollision regimespezifischer Anforderungen – die Entwicklung der Vorrangdiskussion 320 C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

7. Teil Lösungsvorschlag 371 A. Abschließender Vorschlag zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen . . . . . 371 B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 C. Erforderlichkeit weiterer Lösungsansätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399

8. Teil Zusammenfassung 404 A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 B. Zur Zulässigkeit und Motivation der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde . . . 404 C. Zur Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 D. Zur ingerenzbedingten Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht . . . . . . . . . 406 E. Zu den ingerenzbedingten Regimekollisionen jenseits von Weisungen . . . . . . . . . . . 409 F. Zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 G. Zum Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 412 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Inhaltsverzeichnis 1. Teil

Einführung in die Problematik 23

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Teil

Wirtschaftliche Betätigung der Kommune 35

A. Die Gemeinde als Wirtschaftsakteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I.

Die grundsätzliche Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde 36 1. Die Vorgaben nach dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Die Vorgaben nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . 40 3. Grundrechte privater Konkurrenten als Grenze wirtschaftlicher Betätigung? 45 4. Wettbewerbsrechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

II.

Öffentlich-rechtliche Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Regiebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Eigenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4. Rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5. Zweckverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

III. Zwischenergebnis: Vergleich der öffentlich-rechtlichen Organisationsformen

55

IV. Die privatrechtliche Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Verfassungsrechtliche Begrenzung der organisatorischen Wahlfreiheit . . . 58 2. Einfachgesetzliche Beschränkungen der organisatorischen Wahlfreiheit jenseits der Gemeindeordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3. Schrankenregelungen der Gemeindeordnung NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Das Merkmal „wichtiges Interesse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 b) „Wichtiges Interesse“ als Rechtfertigungsgrund? . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 V.

Zwischenergebnis: Grundsätzliche Zulässigkeit privatrechtlicher Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

12

Inhaltsverzeichnis

C. Uneingeschränkte Vorteile kommunaler Aufgabenerfüllung in Privatrechtsform? . . . 67 I.

Motive für die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Unternehmensgründung und Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Unternehmenstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Personalpolitik und Mitbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Haushaltsrechtliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Kreditvergabe und Kreditwürdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 d) Steuerbegünstigung und Steuerlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 e) Kooperationsfähigkeit und kooperative Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

II.

Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 I.

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

II.

Offene Handelsgesellschaft (OHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

III. Kommanditgesellschaft (KG) und GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 IV. Nichtrechtsfähiger Verein und rechtsfähiger Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 V.

Eingetragene Genossenschaft (eG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

VI. Rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 VII. Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 VIII. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 IX. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

3. Teil

Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen 107

A. Die kontrollierte Betätigung kommunaler Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten . . . . . . . . . . . . 108 I.

Der Begriff der Ingerenz im Kontext kommunaler Wirtschaftstätigkeit . . . . . . 109 1. Kommunalverwaltungsrechtliche Ingerenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Abgrenzung der Ingerenz zum Begriff der „Aufsicht“ und „Wirtschaftsaufsicht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

II.

Herleitung der Ingerenzverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Erforderlichkeit des Rückgriffs auf das Institut der Garantenpflicht? . . . . . 113 2. Kommunale Ingerenzverpflichtung und verfassungsrechtliche Vorgaben . . 115 a) Kommunale Aufgabenerfüllung als Ingerenzgrundlage . . . . . . . . . . . . . 117

Inhaltsverzeichnis

13

b) Kommunale Aufgabenverantwortung als Verfassungsauftrag . . . . . . . . 118 aa) Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 dd) Pflicht zur Einflussnahme aus dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 ee) Ingerenzverpflichtung aus etwaiger Pflicht gemeindlicher Selbstverwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 ff) Ingerenzverpflichtung aus den Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 gg) Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 C. Pflichtenbindung gemeindlicher Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I.

Beschränkbarkeit des freien Mandats der Gemeindevertreter . . . . . . . . . . . . . . 137

II.

Begründung für die Notwendigkeit der Bindung an den Ratsbeschluss . . . . . . 139

III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde – Kontrollbegehren und Konfliktquelle . . . . . . 143 I.

Maßgebliche Vertretungsregelungen der DGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

II.

Gemeindliche Vertretungsregelungen im Kontext der Nachkriegspolitik . . . . . 145

III. Vertretungsmechanismen im Geltungsbereich der GO NRW . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Vertretungsregelungen im Zeichen gesellschaftsrechtlicher Verknüpfungen

146

2. Charakterisierung der zentralen Vertretungsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Vertretungspflicht als Konfliktgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. Teil Regimekollisionen 162 A. Ingerenzbedingte Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . 162 B. Grundlegend problematisches Verhältnis der kommunalen Körperschaft gegenüber ihren privatrechtlich organisierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 I.

Systembedingte Konfliktimmanenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

II.

„Regimekollision“ zwischen Freiheit und Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

III. Normative Relationsbestimmung der Rechtsmaterien – eine Gegenüberstellung 168 C. „Typologie der Konfliktsituationen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I.

Ingerenzbedingte Konflikte im Gründungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Konfliktquellen im Gründungsstadium einer (mehrheitlich) kommunalen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

14

Inhaltsverzeichnis a) Permanenter Beirat / fakultativer Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Zielvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Gemeindliche Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 d) Ausgestaltung der Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . 178 e) Gesellschaftsvertragliche Bindung der Geschäftsführung an Weisungen sowie Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 f) Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder in fakultativen Aufsichts­ räten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 g) Aspekte des Landesgleichstellungsgesetzes und Verschriftlichung des Unternehmenszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 II.

Konfliktquellen im Gründungsstadium einer (mehrheitlich) kommunalen AG . 186 1. Satzungsverbürgte Entsenderechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2. Ausgestaltung der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 3. Aufsichtsrechtliche Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

III. Weitere ingerenzbedingte Konfliktfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Konsortialabsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Zulässigkeit des Vertragskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Unzulässigkeit des Vertragskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Streitentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Faktische Konzernverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4. Zielvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 5. Konzessionsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 IV. Ingerenzbedingte Konflikte im Stadium der Unternehmensführung . . . . . . . . 198 1. Gemeindliche Ingerenzausübung gegenüber kommunaler GmbH und konfliktverursachende Verpflichtungen ihrer Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Organkonflikte zwischen Gesellschafterversammlung und (fakultativem) Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Konfliktpotential von Weisungen an Vertreter in kommunaler GmbH . . 206 c) Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer GmbH . . . . . . . . . 207 aa) Weisungsfreiheit der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrates einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 bb) Eingeschränkte Weisungsfreiheit der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrates einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

Inhaltsverzeichnis

15

2. Gemeindliche Ingerenzausübung gegenüber kommunaler AG und konfliktverursachende Verpflichtungen ihrer Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer AG . . . . . . . . . . . 221 aa) Weisungsrecht im historischen Kontext des Handelsgesetzbuches (HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 bb) Das Weisungsrecht im Lichte der Deutschen Gemeindeordnung 1935 und des Aktiengesetzes 1937 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Weisungsfreiheit von kommunalen Aufsichtsrastmitgliedern – Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (1) Weisungsfreiheit kommunaler Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . 229 (2) Bedingungslose Weisungsbindung kommunaler Aufsichtsratsmit­ glieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (3) Vermittelnde Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 b) Weisungen gegenüber dem Vorstand einer AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 c) Weisungen gegenüber der Hauptversammlung der AG . . . . . . . . . . . . . 241 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 3. Weisungsrecht aus dem Haushaltsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 4. Exkurs: Beamtenrechtliche Weisungsbindungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 V.

Ergebnis bezüglich Rechtsnatur und Konfliktpotential von Weisungen an Vertreter in kommunaler Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

D. Weisungsbindung als Konfliktquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

5. Teil

Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen 255

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 I.

Stimmbindung von Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

II.

Staatlicher Informationshaushalt im Spannungsfeld zwischen Auskunfts-, Berichts- und Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 1. Rechtsquellen für Auskunftsbegehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Auskunftsrechte hergeleitet aus Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Anspruch aus allgemeinen Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 c) Anspruch aus dem Landespressegesetz NRW (LPresseG NRW) . . . . . . 261 d) Der Informationszugangsanspruch der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . 263 e) Auskunfts- und Unterrichtungsansprüche nach der Gemeindeordnung . 267

16

Inhaltsverzeichnis aa) Auskunftsbegehren im Zusammenhang mit Geschäftsabläufen einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 (1) Auskunftsanspruch bei GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat . . 278 (a) Unzulässigkeit von Auskunftserteilungen und Berichten . . 287 (b) Öffentlichkeit von Ratssitzungen  – Berichtsverbot wegen Vertraulichkeitsdefizits? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 (c) Zulässigkeit von Auskunftserteilungen und Berichten . . . . 294 (d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 (2) Auskunftsanspruch bei GmbH mit obligatorischem Aufsichtsrat 306 bb) Auskunftsanspruch bei mehrheitlich kommunaler AG . . . . . . . . . . . 308 2. Informationsrechte im Rahmen der Abschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . 311 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

B. Rückumwandlung in öffentlich-rechtliche Organisationsformen oder Auflösung und Liquidation der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

6. Teil Lösungsansätze 319 A. Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 B. Kollision regimespezifischer Anforderungen – die Entwicklung der Vorrangdiskussion 320 I.

Streng öffentlich-rechtliche Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

II.

Streng zivilrechtliche Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

III. Kompromissmöglichkeiten und -grenzen beider Rechtsregime . . . . . . . . . . . . 330 1. Kein zivilrechtlicher Vorrangautomatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 2. Konfliktlösung durch Entwicklung einer Kollisionsdogmatik . . . . . . . . . . 339 a) Verflechtungen und Überschneidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 b) Entwicklung einer Kollisionsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 aa) Vorrang zwingenden öffentlichen Rechts vor dispositiven Normen des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 bb) Aufeinandertreffen zwingender Normen beider Rechtsregime . . . . 344 cc) Kollisionskonzept im Sinne einer praktische Konkordanz . . . . . . . 345 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 3. Verwaltungsgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 a) Dogmatische Konzeption und historischer Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . 350 b) Ablehnung des Instruments Verwaltungsgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . 356 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

Inhaltsverzeichnis

17

7. Teil Lösungsvorschlag 371 A. Abschließender Vorschlag zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen . . . . . 371 B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 I.

Die wesentlichen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . 372 1. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Bedeutung . . . . . . . . 373 2. Übertragbarkeit der Kernaussagen des Bundesverfassungsgerichts auf „Kommunalparlamente“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 a) Keine Beschränkung auf Informationsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 b) Keine kommunalrechtliche Subsidiarität gegenüber dem Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 3. Mechanismus eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . 384

II.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

C. Erforderlichkeit weiterer Lösungsansätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 I.

Erforderlichkeit einer „öffentlich-rechtlichen Gesellschaft“ de lege ferenda? . . 399

II.

Konfliktlösung durch Ausgestaltung einer zwischengeschalteten Holding-GmbH? 401

III. Statuarische Verankerung eines Rangverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

8. Teil Zusammenfassung 404 A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 B. Zur Zulässigkeit und Motivation der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde . . . 404 C. Zur Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 D. Zur ingerenzbedingten Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht . . . . . . . . . 406 E. Zu den ingerenzbedingten Regimekollisionen jenseits von Weisungen . . . . . . . . . . . 409 F. Zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 G. Zum Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 412 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht Abs. Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AEUV a. E. am Ende a. F. alte Fassung AG Aktiengesellschaft AktG Aktiengesetz Anstalt des öffentlichen Rechts AöR Art. Artikel Allgemeiner Teil AT Aufl. Auflage Ausg. Ausgabe Az. Aktenzeichen BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLG BayVBl. Bayerische Verwaltungsblätter BayVerfGH Bayerischer Verfassungsgerichtshof BB Betriebs-Berater Bd. Band BeamtStG Beamtenstatusgesetz BeckOK Beck’scher Online-Kommentar Begr. Begründer BetrVG Betriebsverfassungsgesetz Betrieb gewerblicher Art BgA Bürgerliches Gesetzbuch BGB BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BHO Bundeshaushaltsordnung BPersVG Bundespersonalvertretungsgesetz BT Besonderer Teil BT-Drs. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE BVerwG Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE bzw. beziehungsweise Compagnie Kommanditgesellschaft Co. KG DB Der Betrieb ders. derselbe DGO Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 das heißt d. h.

Abkürzungsverzeichnis

19

dieselbe / dieselben dies. Diss. Dissertation Die Öffentliche Verwaltung DÖV DrittelbG Drittelbeteiligungsgesetz Deutsches Verwaltungsblatt DVBl. ebda. ebenda Europäische Gemeinschaft EG eingetragene Genossenschaften eG Einführungsgesetz zum Aktiengesetz EGAktG EigVO Eigenbetriebsverordnung Einl. Einleitung Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft EnWZ Enzyklopädie Europarecht EnzEuR et altera et al. Europäischer Gerichtshof EuGH Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EuZW eingetragener Verein e. V. folgende (Seite) f. die folgenden (Seiten) ff. Fn. Fußnote FS Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts GbR gem. gemäß GemFinG Gemeindefinanzgesetz GemHH Gemeindehaushalt GemVerfG Gemeindeverfassungsgesetz Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften GenG GesellR Gesellschaftsrecht GewArch Gewerbearchiv GG Grundgesetz gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung gGmbH Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit NRW GkG NRW Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH Gesetz betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHG GmbHR GmbH-Rundschau Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt GO LSA Gemeindeordnung NRW GO NRW Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz GO RP Gemeindeordnung Schleswig-Holstein GO S-H GS Gedenkschrift Gesetz- und Verordnungsblatt NRW GV. NRW. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB Habil. Habilitationsschrift HGB Handelsgesetzbuch Hessische Gemeindeordnung HGO Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder HGrG herrschende Lehre h. L. herrschende Meinung h. M.

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Abkürzungsverzeichnis

Hrsg. Herausgeber Hs. Hauptsatz in der Regel i. d. R. im Ergebnis i. E. Informationsfreiheitsgesetz NRW IFG NRW InsO Insolvenzordnung im Sinne i. S. im Sinne des oder der i. S. d. Information und Technik Nordrhein-Westfalen IT.NRW Juristische Arbeitsblätter JA Juristische Schulung JuS Juristische Wochenschrift JW JZ Juristenzeitung KG Kommanditgesellschaft Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf KommAkt 1937 Aktien vom 30. Januar 1937 [Kommentar] KommJur Kommunaljurist KStG Körperschaftssteuergesetz Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern KV M-V Kommunalwahlgesetz NRW KWahlG LG Landgericht Landesgleichstellungsgesetz NRW LGG Landeshaushaltsordnung NRW LHO NRW Littera (Buchstabe) lit. Landes- und Kommunalverwaltung LKV Landesorganisationsgesetz NRW LOG NRW Landesplanungsgesetz NRW LPlG Landespressegesetz NRW LPresseG NRW LT-Drs. Landtagsdrucksache LVerbO Landschaftsverbandsordnung NRW Landesverfassung NRW LV NRW Mess- und Eichgesetz MessEG MinDir. Ministerialdirektor MitbestG Mitbestimmungsgesetz Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer MittRhNotK MontanmitbestG Montan-Mitbestimmungsgesetz Münchener Kommentar MüKomm Münch. Hdb. GesR Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts mit weiteren Nachweisen m. w. N. Niedersächsische Verwaltungsblätter NdsVBl. Neue Juristische Online-Zeitschrift NJOZ Neue Juristische Wochenschrift NJW Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland NordÖR Notverordnung vom 5. Juni 1931 NotVO Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NRW.BankG NRW.Bank-Gesetz Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport NVwZ-RR

Abkürzungsverzeichnis

21

Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter NWVBl. Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht NZBau Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZG öffentliche GmbH öGmbH Offene Handelsgesellschaft OHG OLG Oberlandesgericht Öffentlicher Personennahverkehr ÖPNV OVG Oberverwaltungsgericht Public Private Partnership PPP Preußische Gesetzessammlung PrGS rev. revidiert RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RGZ Rn. Randnummer Rspr. Rechtsprechung S. Seite Sächsische Verwaltungsblätter SächsVBl. Sparkassengesetz NRW SpkG NRW Ständige Rechtsprechung St. Rspr. Thüringer Kommunalordnung ThürKO Transparenz- und Publizitätsgesetz TransPuG unter anderem u. a. UmwG Umwandlungsgesetz UStG Umsatzsteuergesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg VBlBW. VerfGH Verfassungsgerichtshof Verfassungsgerichtshof für das Land NRW VerfGH NRW VerwArch Verwaltungsarchiv VerwR Verwaltungsrecht VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche Verband kommunaler Unternehmen VKU VR Verwaltungsrundschau Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VVDStRL VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz Wirtschaft und Verwaltung WiVerw. Die Wirtschaftsprüfung WPg zum Beispiel z. B. Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZGR Ziff. Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZIP zit. zitiert Zeitschrift für das Juristische Studium ZJS ZPO Zivilprozessordnung Zeitschrift für Schweizerisches Recht ZSR

„Die Leistungsaufgaben der Daseinsvorsorge darf der Staat nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Wie, in welcher Rechtsform und von wem die Aufgaben wahrgenommen werden, ist nachrangig. Daseinsvorsorge bedeutet lediglich, dass öffentlichrechtliche Grundsätze gelten.“ Michael Ronellenfitsch1

1. Teil

Einführung in die Problematik A. Problemstellung In stetig zunehmendem Maße entschließen sich nordrhein-westfälische Kommunen dazu, Verwaltungsaufgaben in den Organisationsformen des Privatrechts zu erfüllen. Das Tableau gemeinwohlorientierter Unternehmungen2 in Privatrechtsform ist dabei denkbar vielfältig. Zu nennen sind hier vor allem die Versorgung der Gemeindebevölkerung mit Gas, Wasser und Energie sowie die Sicherung des Personennahverkehrs und der Abfallentsorgung. Aber auch das öffentlich veranstaltete Glücksspiel, die Wohnraumversorgung oder die Pflege und Förderung kommunaler Freizeit- und Kultureinrichtungen3 werden seit einigen Jahrzehnten in immer größerem Umfang in privatrechtlichen Organisationsformen durchgeführt.4 Die Bereitstellung der konkreten Güter und Dienstleistungen ist dabei nicht als ein statischer, sondern als ein sich stetig entwickelnder dynamischer Prozess zu verstehen, der eng mit den gemeindehaushalterischen Entwicklungen und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung verbunden ist. Im Zuge dessen sind Kommunen nach wie vor gehalten, „das Leistungsangebot im Bereich der Daseinsvorsorge den jeweiligen Erwartungen anzupassen, es gleichwohl stabil vorzuhalten und es zu für Bürger günstigen Preisen anzubieten […]“5. Gerade deshalb bedienen sich Gemeinden nicht mehr allein öffentlich-rechtlicher Organisationsformen, sondern greifen vermehrt auf Rechtsformen des Pri 1 Ronellenfitsch, in: Blümel / Doehring / K lein, Ernst Forsthoff, Kolloquium aus Anlass des 100. Geburtstags, S. 53 (79). 2 Bei der Diskussion um staatlich zu gewährende, gemeinwohlorientierte Unternehmungen wird regelmäßig der Begriff der Daseinsvorsorge verwendet, Ringwald, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 30; der Begriff der Daseinsvorsorge wurde von Ernst Forsthoff in seinen Schriften „Die Verwaltung als Leistungsträger“ sowie „Rechtsfragen der leistenden Verwaltung“ entwickelt. 3 Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 246 ff. 4 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 18 ff.; Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1016); Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 1. 5 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen in den Mitgliederorganen von juristischen Personen des Privaten Rechts, S. 1.

24

1. Teil: Einführung in die Problematik 

vatrechts zurück. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wird dies durch die in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verankerte Selbstverwaltungsgarantie ermöglicht.6 Denn Art. 28 Abs. 2 GG gibt den Kommunen das Recht, sämtliche Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und nach ihren eigenen Zweckmäßigkeitsvorstellungen zu regeln.7 Von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ist ebenfalls die Entscheidung darüber erfasst, ob und inwieweit die Aufgaben durch die Gemeinde selbst oder unter ihrer fortbestehenden Verantwortung durch private oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen wahrgenommen werden.8 Gleichwohl dürften Gemeinden jenseits dieser rechtlichen Dimension vor allem pragmatische Gesichtspunkte zur formellen Organisationsprivatisierung9 verleiten. Hierdurch erhoffen sie sich nämlich eine Flexibilität10, Marktdynamik und Anpassungsfähigkeit, die der ökonomischen Wirklichkeit des Marktes entspricht und einer betriebswirtschaftlich renditeorientierten Unternehmensführung näherkommt. Dass sich Gemeinden durch formelle Organisationsprivatisierungen einen positiven Einfluss auf ihren Haushalt erhoffen und sich dabei gleichzeitig versprechen, den „örtlich radizierten Gemeinwohlzweck“11 effektiver verfolgen zu können als in den oftmals zu starr empfundenen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen, zeigt nicht nur eine Analyse kommunaler Fonds, Einrichtungen und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen (NRW)12, sondern auch die Statistik des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).13

6 Vgl. etwa Dietl / Bacher, KommJur 2018, 45 (46). 7 Vgl. zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft den grundlegenden RastedeBeschluss des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 79, 127 (151 f.) sowie statt vieler BVerfGE 83, 363 (382) für die Definition der Eigenverantwortlichkeit als Freiheit vor staatlicher Reglementierung in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung und die Organisation der Gemeindeverwaltung, vgl. insgesamt Hellermann, in: BeckOK GG, Art. 28, Rn. 41, 42. 8 Wolff, in: Hömig / ders., GG, Art. 28, Rn. 11; Dietl / Bacher, KommJur 2018, 45 (46). 9 Hierbei entledigt sich der Verwaltungsträger nicht einer bestimmten Aufgabe, sondern bedient sich zu ihrer Wahrnehmung der Formen des Privatrechts mittels Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft, siehe nur Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 497 f., Rn. 1084; zu den verschiedenen Privatisierungsbegriffen vgl. Schoch, DVBl. 1994, 962 ff.; ders., Privatisierung der Abfallwirtschaft, S. 35 f., der von einer formalen Privatisierung spricht; grundlegend zur Privatisierung Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (251 ff., 259 ff.). 10 So schon Schmidt, ZGR 1996, 345 (348) unter Betonung der Motive für die „neuen Bundesländer“. 11 Für ein lokal enges Verständnis des örtlichen Gemeinwohlzecks OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.07.2013 – 2 LB 32/12 – juris, Rn. 98; a. A. Shirvani, NVwZ 2014, 1185 (1187 f.); lediglich feststellend Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126. 12 Dies ergab eine schriftliche Anfrage vom 04.02.2020 bei der Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) – Geschäftsbereich Statistik – mit Personalstandstatistik zum 30.06.2018. Die Angaben umfassen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) in öffentlich-rechtlicher sowie privatrechtlicher Organisationsform. Eine Unterscheidung in Eigen­ gesellschaften und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erfolgt hingegen nicht. Die Daten geben die Anzahl der FEU nach der 2019/2020 abgeschlossenen Erhebung in NRW wieder. 13 Die Anzahl der Mitgliedsunternehmen nach ihrer Rechtsform teilte der VKU auf schriftliche Anfrage vom 13.12.2018 mit.

A. Problemstellung 

25

Von den insgesamt 2.716 kommunalen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen in NRW (FEU) sind nämlich 1.965 in privatrechtlicher und lediglich 751 in öffentlichrechtlicher Form organisiert.14 Innerhalb der privatrechtlichen Organisationsform dominiert wiederum die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die Statistik mit 1.743 Einträgen. Dagegen sind Rechtsformen der GmbH & Compagnie Kommanditgesellschaft15 (Co. KG) mit 169 und der Aktiengesellschaft (AG) mit 46 Einträgen deutlich seltener in der kommunalen Einrichtungs- und Unternehmenslandschaft vertreten. Prozentual weist die von der Information und Technik NRW (IT.NRW) – Geschäftsbereich Statistik – in den Jahren 2019/2020 erstellte Tabelle mit Personalstandstatistik zum 30. Juni 2018 aus, dass 72,35 Prozent der gesamten Fonds, Einrichtungen und Unternehmen in NRW privatrechtlich organisiert sind.16 Dies als Ausgangswert zugrunde gelegt, sind hiervon 88,7 Prozent in der Rechtsform der GmbH, 8,6 Prozent in der Rechtsform der GmbH & Co. KG und lediglich 2,34 Prozent in der Rechtsform der AG organisiert.17 Demgegenüber finden sich in der Tabelle der IT.NRW 465 Eigenbetriebe und lediglich 77 Anstalten des öffentlichen Rechts (AöR). Auf die Gesamtzahl kommunaler Einrichtungen und Unternehmen18 fällt diesen beiden Organisationsformen somit lediglich ein Anteil von 17,12 Prozent beziehungsweise 2,84 Prozent zu. Die aufgezeigte Dominanz privatrechtlicher Organisationsformen wird auch durch die Angaben des VKU bestätigt.19 Diese Daten zeugen von einer emanzipierten kommunalen Wirtschaftslandschaft, in welcher sich gemeindliche Unternehmen im Rahmen der gemeindlichen Güterversorgung weitestgehend von der eigenen Verwaltung gelöst haben und sich durch eine möglichst organisatorisch und rechtlich autonome Wirtschaftsbetäti 14 IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik – mit Personalstandstatistik zum 30.06.2018, Stand 04.02.2020. 15 Kommunale Fonds sind meist in dieser Rechtsform organisiert, vgl. zur Fondfinanzierung als kommunale Bestrebung Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 34, Teil 6, S. 377 f., Rn. 49 f. 16 1981 waren laut VKU weniger als 30 Prozent der aufgelisteten Unternehmen der Versorgungswirtschaft privatrechtlich organisiert, Koch, DVBl. 1994, 667 (667); Schmidt, ZGR 1996, 345 (348). 17 Zu den weiteren gemeindlichen Einrichtungen und Unternehmen, die in öffentlich-rechtlicher Form organisierten sind, zählen 201 Zweckverbände, fünf Stiftungen des öffentlichen Rechts und drei sonstige rechtlich selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Demgegenüber finden sich in der Statistik des IT.NRW neben den erwähnten Organisationsformen auch drei Genossenschaften, zwei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts sowie ein eingetragener Verein. 18 Gesamtanzahl sämtlicher FEU in NRW beträgt 2716. 19 Mit Stand vom Dezember 2017 wies die Statistik 1.458 Mitgliedsunternehmen aus. Hierbei handelt es sich um 312 Eigenbetriebe, 128 Zweckverbände sowie Wasser- und Bodenverbände, 83 Anstalten des öffentlichen Rechts sowie 115 sonstige öffentlich-rechtliche Organisationsformen. Demgegenüber sind 699 kommunale Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, 60 in der Organisationsform der AG sowie 61 in der Organisationsform der GmbH&Co. KG aufgelistet. Hiernach haben privatrechtliche Organisationsformen einen Gesamtanteil von 56,2 Prozent.

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1. Teil: Einführung in die Problematik 

gung auszeichnen. Dass Gemeinden durch die Wahl der Privatrechtsform in einem gewissen Umfang ihre Kontrolle über das jeweilige Unternehmen aufgeben, ist nicht nur konsequent, sondern auch von ihnen beabsichtigt. Denn im Laufe der Unabhängigkeitsentwicklung kommunaler Unternehmen gelangten die Gebietskörperschaften zu der Einsicht, dass ein gewisser Grad an Kontrollverlust dem „öffentlichen Interesse zuträglich“20 ist, weil sich mit der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform eine wirtschaftlich sinnvolle, nachhaltige und dem Stand der Technik21 entsprechende Versorgung der Gemeindebevölkerung weitaus eher sicherstellen lässt als mit den öffentlich-rechtlichen Organisationsformen. Andererseits wies bereits Paracelsus darauf hin, dass „alle Dinge Gift [sind], und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht’s, daß ein Ding kein Gift sei.“22. Übertragen auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in der Organisationsform des Privatrechts ist hiernach zu klären, welches Maß an Kontrollverlust ungiftig, gar heilsam zur Verfolgung öffentlicher Gemeinwohlzwecke ist. Entschließt sich die Kommune also dazu, die Daseinsvorsorge nunmehr in privatrechtlicher Rechtsform zu betreiben, hat sie stets zu prüfen, welche Einwirkungs- und Kontrollrechte ihr trotz Verselbstständigung verbleiben und auf welche Art und Weise sie eine gemeinwohlfördernde Betriebsführung sicherstellen kann. Denn so fruchtbar und nützlich eine dynamische Wirtschaftsführung und das Streben nach größtmöglicher personeller, haushalterischer und ökonomischer Flexibilität auch sein mögen – sie müssen sich dennoch stets gegenüber den Vorschriften der kommunalen Wirtschaftsverfassung rechtfertigen können. Insoweit „[steht] alles privatrechtsförmige Staatshandeln […] unter der fortwirkenden Maßgabe des öffentlichen Rechts“23. Auf einen solchen „Staatlichkeitsvorbehalt“ zielt vor allem § 108 der Gemeinde­ ordnung NRW (GO NRW) ab, weil diese Vorschrift die kommunale Unternehmenstätigkeit von einer umfassenden Sicherung kommunaler Einwirkungs- und Kontrollrechte abhängig macht.24 Realisiert wird diese Forderung etwa durch eine 20 M. Mann, AG 2018, 57 (58). 21 Mit fortschreitender Digitalisierung der Gesellschaft steigt z. B. auch der Bedarf der Gemeindebevölkerung an moderner Netzinfrastruktur zur zeitgemäßen Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie. Die Dringlichkeit einer adäquaten technologischen Versorgung zeigt sich deutlich in der umfassenden Förderung des Breitbandausbaus in NRW, vgl. hierzu die Förderprogramme der Landesregierung NRW, abrufbar unter: www.land.nrw/ de/tags/breitbandausbau, (zuletzt abgerufen am 16.02.2020). Nach den Angaben des VKU wurden 2018 von Kommunalunternehmen 310 Millionen Euro in den Breitbandausbau investiert. Dies teilte der VKU auf schriftliche Anfrage vom 13.12.2018 mit. 22 Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493–1541) in: Septem Defensiones, Die Dritte Defension wegen des Schreibens neuer Rezepte, S. 509, abrufbar unter: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Paracelsus/Septem+Defensiones/Die+dritte+Defension+​ wegen+des+Schreibens+der+neuen+Rezepte (zuletzt abgerufen am 05.02.2020). 23 Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (228), der in Anmerkung zu BVerfGE 66, 248 ff. zugleich aufzeigt, dass die Privatrechtsform, wo immer es der öffentliche Zweck erheischt, in den Hintergrund trete (Fn. 33). 24 Ähnlich Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 2 an dessen Aufbau dieser Absatz angelehnt ist; Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382.

A. Problemstellung 

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entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags, § 108 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GO NRW, darüber hinaus aber auch durch eine möglichst enge Verknüpfung zwischen der Gemeinde und ihrem verselbstständigten Unternehmen während der gesamten Unternehmenstätigkeit, § 113 GO NRW.25 So legt § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW fest, dass die gemeindlichen Vertreter26, die in die Organe juristischer Personen des privaten Rechts bestellt worden sind, den Weisungen des Gemeinderats unterstehen. Darüber hinaus haben sie den Rat gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten. Mittels dieser Einwirkungs- und Kontrollrechte, die im Rahmen kommunalwirtschaftlicher Unternehmung als Ingerenzpflichten bezeichnet werden, stellt die Gemeinde ihre „demokratisch legitimierte Letztverantwortung“27 sicher und schützt ihre Unternehmen vor einem allzu entfesselten Gewinnstreben.28 Hierdurch wird dem „Prinzip des Steuerstaates“29, das einem gemeinwohlentkoppelten Marktverhalten der Kommune zu reinen Finanzierungszecken entgegensteht, hinreichend Rechnung getragen. Daneben ermöglichen diese Einwirkungs- und Kontrollrechte es der Gemeinde, auch die Interessen privater Unternehmen gebührend zu beachten und eine Marktteilnahme unterhalb eines „Verdrängungswettbewerbs“30 sicherzustellen. Trotz bestehender Sicherungsmechanismen darf aber nicht übersehen werden, dass sich Gemeinden freiwillig zur Organisationsprivatisierung entschließen und sich in Folge dessen auch den Spielregeln und Instrumentarien des Gesellschaftsrechts jedenfalls nicht vollständig verschließen dürfen. Daher stellt die Klärung der Frage, bis zu welchem Grad sich die öffentliche Hand dem gesellschaftsrechtlichen Regelungsregime zu unterwerfen hat, einen Schwerpunkt dieser Arbeit dar. Hierbei gewinnt diese Fragestellung im Zusammenhang mit gemischtwirtschaftlichen Unternehmen31, denen sich diese Arbeit widmet, eine besondere Brisanz. Im 25 Vgl. zum gesetzgeberischen Motiv einer engen Verbindung bereits die Gesetzbegründung zu § 89a GO NRW a. F. vom 04.02.1993, LT-Drs. 11/4983, S. 26; Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1380. 26 Die in dieser Arbeit verwendeten Bezeichnungen sämtlicher „Akteure“ gelten gleichermaßen für Frauen und Männer. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird einheitlich auf die maskuline Bezeichnung zurückgegriffen. 27 Katz, GemHH 2016, 73 (74). 28 Zur demokratischen Legitimation insgesamt Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 41 ff. 29 „Der Finanzverfassung liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinde in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt“, BVerfGE 93, 319 (342); Mann, in: GS für Peter J. Tettinger, S. 295 (297). 30 Vgl. hierzu VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.03.2000 – VGH N 12/98 – juris, Rn. 23. 31 Als neue Gesellschaftsform stellte F. Freund, DJZ Nr. 18 1911, S. 1113 ff. die „gemischtwirtschaftliche Unternehmung“ vor und fragt danach, auf welche Art und Weise staatliche und private Interessen gestillt werden können (1116). Nach Auffassung des BVerfG sind hierunter Unternehmen zu verstehen, an denen sowohl private als auch öffentliche Anteilseigner beteiligt sind. Hierbei ist es zwingend notwendig, dass die öffentliche Hand Mehrheitsgesellschafterin beziehungsweise Mehrheitsaktionärin ist, sie mithin das Unternehmen beherrscht,

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1. Teil: Einführung in die Problematik 

Rahmen dieser Unternehmensform trifft nämlich typischerweise das kommunale Interesse an einer gesicherten und kostengünstigen Daseinsvorsorge auf eine renditeorientierte Erwartungshaltung privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner, die für eine risikofreundliche Unternehmensführung am Maßstab der Gewinnmaximierung streiten. Diese divergierenden Motivationen treten zunächst einmal im Stadium der Unternehmensgründung zum Vorschein. Insoweit erweist sich nämlich die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags beziehungsweise der Satzung als erste Erkenntnisquelle für das Maß des Kontrollverlustes, mithin der Unterwerfung unter das gesellschaftsrechtliche Regelungsregime. Daher kommt es bei vertraglichen Vereinbarungen über Regelungen einer ingerenzadäquaten Vertretung gemeindlicher Interessen zu Spannungen mit privaten Beteiligten, weil sie zu einer Verfolgung öffentlicher Zwecke auf Kosten tatsächlicher oder erhoffter Gewinnaussichten nicht bereit sind und Einwirkungs- und Kontrollrechte jedenfalls nicht „kampflos“ hinnehmen wollen. Neben den Verhandlungen im Rahmen der Unternehmensgründung werden Spannungen zwischen dem öffentlichen und dem gesellschaftsrechtlichen Rechtsregime besonders im Stadium der Unternehmensführung virulent. Hierbei hängt die Intensität der ingerenzbedingten Konflikte insbesondere von der Ausgestaltung der unternehmerischen Binnenorganisation ab. Denn die Frage, welche Normen des Gesellschaftsrechts einer effektiven kommunalen Kontrolle entgegenstehen, kann nicht abstrakt generell, sondern nur unter Berücksichtigung des jeweils konkreten Einzelfalls beantwortet werden. Entschließt sich eine Gemeinde etwa dazu, eine GmbH mit einem Aufsichtsrat zu gründen, hängt die Reichweite zulässiger Einflussnahme seitens der Kommune davon ab, in welchem Umfang aktienrechtliche Bestimmungen hierbei abbedungen werden, § 52 GmbHG. Handelt es sich dagegen um eine GmbH mit einer Vielzahl von Beschäftigten, welche die Schwellenwerte des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) bzw. Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG) überschreiten, ist die Einrichtung eines Aufsichtsrats sogar obligatorisch. Dann aber finden im Umfang des jeweiligen Verweises aktienrechtliche Vorschriften auf die mitbestimmte GmbH entsprechende Anwendung.32 Problematisch ist die Stellung der Aufsichtsmitglieder insbesondere deshalb, weil § 111 Abs. 6 AktG bestimmt, dass Aufsichtsratsmitglieder ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen können. Darüber hinaus sehen §§ 116, 93, 111 Abs. 1 AktG Sorgfaltspflichten bei der Ausübung ihrer Aufsicht über den Vorstand vor. Hieraus wird

BVerfGE 128, 226 (246). Vereinzelt findet sich für diese Konstellation auch der Terminus „verwaltungsbeherrschte Privatrechtsvereinigung“, als Unterfall einer „gemischt publizistischen Privatrechtsvereinigung“, Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 10; Ludwig, Der Anspruch auf Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 104 f. 32 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Drittelbeteiligungsgesetzes beziehungsweise § 1 Abs. 1 Mit­ bestimmungs­gesetz haben Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ein Mitbestimmungsrecht in einer GmbH mit in der Regel mehr als 500 beziehungsweise 2.000 Arbeitnehmern, Dietl / Bacher, KommJur 2018, 45 (46), die zugleich darauf hinweisen, dass in der kommunalen Wirtschaftslandschaft derartige Unternehmen selten vorzufinden seien.

A. Problemstellung 

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nicht nur eine Pflicht zur persönlichen Amtsausübung33, sondern auch das Recht zur weisungsentfesselten Willensbildung, die sich allein am Unternehmenswohl orientiert, hergeleitet.34 Diametral zum Gebot der Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder steht hingegen das Recht der Gemeindevertretung, Weisungen an die von ihr bestellten Vertreter im Aufsichtsorgan erteilen zu dürfen. Während sich für den einzelnen Gemeindevertreter das Gefühl aufdrängt, er sei „Diener zweier Herren“35, sieht sich die Gemeinde dem gesellschaftsrechtlichen Verweis auf die Autonomie des Aufsichtsratsmitglieds aus­gesetzt. Daher ist seit jeher umstritten, ob sich mit dieser besonderen Pflichtenstellung von Aufsichtsratsmitgliedern ein Weisungsrecht nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW vereinbaren lässt.36 Aber auch jenseits von Weisungen an kommunale Vertreter in den jeweiligen Organen der juristischen Person des privaten Rechts kann es zu ingerenzbedingten „Regimekollisionen“37 kommen. Denn die (verfassungs-)rechtlich gebotene Steuerung kommunaler Unternehmen durch die öffentliche Hand ist auf „umfassende Information und Kontrolle der Öffentlichkeit ausgerichtet“, wohingegen das Gesellschaftsrecht dem „Interesse der Gesellschaft selbst, also dem Nutzen des jeweiligen Verhaltens im Marktgeschehen verhaftet“38 ist. Hier sind vor allem Spannungen zu nennen, die durch Auskunftsansprüche des Gemeinderates, eines einzelnen Ratsmitglieds, der Fraktionen oder auch der Ausschüsse gegenüber dem oder den Geschäftsführer / n oder Vertretern im Aufsichtsrat entstehen. Zu beachten ist nämlich, dass Aufsichtsratsmitglieder als Pendant zu ihren umfassenden Informationsrechten gegenüber dem Vorstand nach §§ 90, 111 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, §§ 116 Satz 1, 2 AktG i. V. m. § 93 Abs. 1 AktG. Damit stellt sich in praxi – und deshalb auch in dieser Arbeit – die Frage nach einer gehörigen Informationsversorgung der Gemeinde. Denn eine effektive Ingerenzausübung setzt eine aufgeklärte Gemeindevertretung voraus. Doch wie weit darf das Feuer der Aufklärung aus den Organen hinaus in die (Rats-)Öffentlichkeit getragen werden? Welche Vorkehrungen sind zu treffen, damit aus den Feuerbringern keine Brandstifter werden? Fest steht, dass der Erfolg des Auskunftsanspruchs eng mit der Gewährleistung eines hinreichenden Geheimnisschutzniveaus verbunden ist. Hierbei wird das Bestehen einer Verknüpfung kaum noch seriös in Zweifel gezogen. Wann aber der Verschwiegenheitsdis 33 Insbesondere hierauf stellt Vetter ab, wenn er die noch darzustellende Entscheidung des BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 ff. kritisiert, Vetter, GmbHR 2011, 449 (457). 34 Koch, in: Hüffer / ders., § 111 AktG, Rn. 60 m. w. N. 35 „Niemand kann zwei Herren dienen“, Towfigh, DVBl. 2015, 1016 ff.; so schon Raiser, ZGR 1978, 391 (400). 36 RGZ 165, 68 (78 f.); BGH NJW 1962, 864 (866); Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 8; zuletzt wohl Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 152 ff. 37 Treffend formuliert es Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1016 f.). 38 Vgl. die Zitate Ristelhuber, NWVBl. 2016, 359 (359).

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1. Teil: Einführung in die Problematik 

pens der §§ 394, 395 AktG zugunsten der Gemeinde im jeweiligen Aufsichtsrat tatsächlich eintritt, ist weiterhin stark umstritten und sorgt nicht nur für Konflikte zwischen den Gesellschaftern, sondern auch für Unsicherheit bei den betroffenen Gemeindevertretern. Von zentraler Bedeutung und Kern dieser Arbeit ist deshalb die Aufarbeitung und Beurteilung der Stellung beziehungsweise der Rechtsposition gemeindlicher Vertreter in den jeweiligen Organen der juristischen Person des privaten Rechts. Hierbei ist die Untersuchung eingebettet in die Beantwortung der Frage danach, ob kommunale Ingerenzpflichten ihre Grenze im bundesrechtlichen Gesellschaftsrecht finden. Von der Literatur und der Rechtsprechung wird hierfür etwa die „Lehre vom Vorrang des Gesellschafsrechts“39 fruchtbar gemacht. Daneben ziehen sie traditionell auch die Kollisionsnorm des Art. 31 GG heran, um die übergeordnete Stellung des gesellschaftsrechtlichen Regelwerks im Lichte der Normenpyramide zu betonen. Vor allem aber verweisen sowohl Vertreter des privaten als auch des öffentlichen Rechts für den erwähnten Vorrang darauf, dass das Kommunalrecht seine Ingerenzrechte selbst unter den Vorbehalt entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen stellt, § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO.40 Nicht selten wird hierin eine „salvatorische Klausel“ zur Standortbestimmung kommunalrechtlicher Vorschriften bei der Kollision mit widerstreitenden Bestimmungen des Gesellschaftsrechts gesehen.41 Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass überall dort, wo unterschiedliche Interessen, Motive und Erwartungen zwischen der kommunalen Mehrheitsgesellschafterin beziehungsweise Anteilseignerin und den privaten Beteiligten aufeinandertreffen, divergierende „Schutznormen“ aus unterschiedlichen Rechtsregimen zur Durchsetzung der jeweiligen Position in Ansatz gebracht werden. Die hierdurch entstehenden Spannungen dringen zum Kern interessensgeleiteter Mandatsausübung der gemeindlichen Vertreter im jeweiligen Organ durch. Denkbar sind hier vor allem geplante Preiserhöhungen der kommunal beherrschten Dienstleister, risikoreiche Investitionsvorhaben oder Auskunftsansprüche über brisante Unternehmensdetails durch ein bestimmtes Ratsmitglied, eine Fraktion oder einen Ausschuss. Der etwaig eintretende Spannungsfall ist nicht auf die Kollision unterschiedliche Rechtsnormen begrenzt. Denn die Normendivergenz führt auch rein tatsächlich zu einer Pflichtenkollision des Ratsmitglieds, weil zum Beispiel die Befolgung der Weisung, gegen eine Preiserhöhung abzustimmen, nur auf Kosten des Unternehmensinteresses an gewinnorientierter Unternehmensführung erfolgen kann. 39 Entwickelt in BGHZ 36, 296 (306); bestätigt BGHZ 69, 334 (338 f.; 340); Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1013). 40 Etwa OVG Münster, Beschluss vom 12.12.2006 – 15 B 2625/06 – juris, Rn. 8; Koch, in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2a.; vgl. auch Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 4. 41 Söbbeke, in: Articus / Schneider, § 113 GO NRW, S. 518 f.; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 15a, b, 4.

A. Problemstellung 

31

Diese pflichtenbedingte Kollision42 wäre für das Ratsmitglied jedoch recht­ sicher zugunsten der Kommune aufzulösen, wenn es ihm im Konfliktfall möglich wäre, auf einen öffentlich-rechtlichen Vorrang zu verweisen. Diese Überlegung rechtfertigt es, dem unternehmerischen Vitalitätszyklus entsprechend, zunächst zu untersuchen, welche Kollisionen während des Stadiums der Unternehmensgründung, -führung sowie der „Auflösung“ des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens tatsächlich entstehen. In einem zweiten Schritt wird sodann zu prüfen sein, welchem Rechtsregime mit welcher Begründung ein Vorrang im jeweiligen Kollisionsfall zuzusprechen ist. In diesem Umfang werden nämlich auch die gemeindlichen Vertreter verpflichtet. Die vorliegende Arbeit reiht sich zunächst in die Tradition wissenschaftlicher Untersuchungen rund um die kommunale Wirtschaftsbetätigung ein, ohne sich wiederholt mit der „Definition, Funktion und Typologie öffentlicher Unternehmen“43, insbesondere den Besonderheiten gemischtwirtschaftlicher Unternehmen auseinanderzusetzen. Im Zusammenhang mit dem Themenfeld öffentlicher Unternehmungen in Privatrechtsform wurde durch Rechtsprechung und Wissenschaft auch die Frage nach der gebotenen verfassungsrechtlichen, insbesondere demokratischen Legitimation staatlicher Wirtschaftsbetätigung aufgegriffen und umfassend gewürdigt.44 Der Erkenntnis, dass ein lückenloses demokratisches Legitimationsniveau45 dynamisch zu verstehen ist, folgte die Einsicht, dass es auch dauerhaft gewährleistet werden muss.46 Doch welche Werkzeuge stehen der öffentlichen Hand hierfür zur Verfügung? Bis zu welchem Maß soll es ihnen erlaubt sein, von diesen ingerenzsichernden Instrumenten Gebrauch zu machen? Welche gesellschaftsrechtlichen Grenzen sind zwingend und welche nur dispositiv? Diese Fragen können auch heute noch nicht als gelöst betrachtet werden und rechtfertigen die Neubelebung und Weiterentwicklung dieses Themenkomplexes. Hierfür wird 42 Von „Doppel-Loyalitäten“ der Vertreter der Gebietskörperschaften sprechen bereits Sina, NJW 1990, 1016 (1016); Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 22; in diesem Sinne auch Grams, LKV 1997, 397 (398); Gundlach / Frenzel / Schmidt, LKV 2001, 246 (246). 43 Im Rahmen einer Monographie soweit ersichtlich zuletzt Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 7 ff. 44 BVerfGE 83, 60 (72); 137, 185 (232) Rn. 131; 139, 194 (224 f.) Rn. 107; BVerwG NVwZRR 2015, 732 (734); Hillgruber, JA 2018, 238 (240); Sachs, in: ders., Grundgesetz, Art. 20, Rn. 35. 45 Umfasst ist sowohl die personelle als auch die sachlich-inhaltliche Legitimation. Während erstere gegeben ist, wenn diejenige Person, die Staatsgewalt ausübt, ihre Bestellung zur und ihren eigenständigen Beitrag bei der Ausübung von Staatsgewalt auf das Volk als Legitimationssubjekt zurückführen kann, ist die sachlich-inhaltliche Legitimation gegeben, wenn das Volk auf den Inhalt der Ausübung der Staatsgewalt hinreichenden Einfluss hat, Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art.  20, Rn.  121 f. 46 In diesem Zusammenhang wurde schon früh befürchtet, dass die Gemeinde zu einer Art Holding verkümmern könnte, die nicht mehr in der Lage sei, Einfluss auf ihre „privatrechtlichen Trabanten“ zu üben, Ehlers, NWVBl. 1991, 397 (401); Oebbecke, Städte- und Gemeinderat 1995, 387 (389); Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 21.

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1. Teil: Einführung in die Problematik 

ein ganzheitlicher Ansatz gewählt. Gemeint ist hiermit die Untersuchung ingerenzbedingter Konfliktquellen im gesamten unternehmerischen Lebenskreislauf. So ergeben sich im Rahmen der Unternehmensgründung anders gelagerte Konflikte als während der Unternehmensführung. Es gilt daher zu untersuchen, inwieweit die einzelnen Kollisionen, die sich in den unterschiedlichen Phasen ereignen, einer einheitlichen Lösung zugänglich sind. Unter Beachtung des jeweiligen Unternehmensstadiums und seiner Morpho­logie werden daher auch unter Einbeziehung des historischen Kontextes Lösungen für sämtliche ingerenzbedingte Kollisionen entwickelt. Anlass hierzu bietet insbesondere die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).47 Mit seinem Urteil vom 7. November 2017 hat es nämlich umfassende Aussagen zur Reichweite und zum Umfang parlamentarischer Informationsansprüche gegenüber der Regierung getroffen und es hierbei nicht versäumt, wertvolle Hinweise zur Sicherung des erforderlichen Legitimationsniveaus zu erteilen. Zwar mangelt es nicht an einer erschöpfenden Auseinandersetzung mit der bundesverfassungsrechtlichen Judikatur.48 Allerdings wird weder vertieft untersucht, ob die Aussagen des Gerichts auf sämtliche Ingerenzmaßnahmen übertragen werden können, noch, ob seine bedeutungsschwangeren Aussagen auch für Rechtsverhältnisse im Gemeinderat gelten.49 Darüber hinaus wird die vom Gericht vorgeschlagene Lösung ingerenzbedingter Konflikte im Wege praktischer Konkordanz von der rechtswissenschaftlichen Lehre nicht hinterfragt. Dies erstaunt vor allem deshalb, weil jedem Abwägungsvorgang eine Unsicherheit hinsichtlich des Ergebnisses immanent ist und sich demnach die Frage stellt, ob sich diese Unwägbarkeit mit dem geforderten demokratischen Legitimationserfordernis jedweden Staatshandelns vereinbaren lässt oder eine Wiederbelebung des „Verwaltungsgesellschaftsrechts“50 erforderlich ist.51 Mit der strukturierten Aufbereitung ingerenzbedingter Konflikte in den jeweiligen Unternehmensstadien und der Entwicklung einer sachgerechten Kollisionsdogmatik soll diese Lücke in der wissenschaftlichen Diskussion geschlossen werden. Hierbei beschränkt sich die Darstellung auf die Rechtsverhältnisse in Nordrhein-Westfalen. Weiterhin stehen unmittelbare Beteiligungen im Zentrum dieser Arbeit. Auf etwaige Problemkreise im Zusammenhang mit mittelbaren Gesell 47 BVerfGE 147, 50 ff. 48 Im Wesentlichen sind hier Koch, ZHR 183 (2019), 7 ff.; Kersting, WPg 2018, 391 ff.; Sachs, JuS 2018, 308 ff.; Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (71 ff.); Burgi, NVwZ 2018, 601 ff.; Hamdorf / Moradi Karkaj, DVBl. 2018, 823 ff.; Katz, NVwZ 2018, 1091 ff. zu nennen. 49 Soweit ersichtlich, steigt lediglich Katz, NVwZ 2018, 1091 (1094) vertieft in diese Diskussion ein. 50 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982. 51 Ob eine Neubelebung des Verwaltungsgesellschaftsrechts erforderlich ist, fragt auch ­Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 23. Allerdings im Zusammenhang mit der „kommunalen Einwirkung und dem kommunalen Informationsbedürfnis“.

B. Gang der Untersuchung 

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schaftsgründungen nach § 108 Abs. 6 GO NRW wird lediglich vereinzelt und nur zur Hervorhebung einzelner Aspekte eingegangen. Auch das Mitbestimmungsrecht wird nur insoweit behandelt als es für die Reichweite gemeindlicher Ingerenz im Fall eines obligatorischen Aufsichtsrates von Bedeutung ist. Auch eine vertiefte Behandlung der Rechte der Arbeitnehmerschaft in kommunalen Unternehmen nach §§ 108a, b GO NRW würde aufgrund ihrer Komplexität den Rahmen dieser Dissertation sprengen. Damit möglicherweise verbundene Probleme bleiben außer Betracht und der gesonderten juristischen Auseinandersetzung vorbehalten.

B. Gang der Untersuchung Im zweiten Teil beschäftigt sich die vorliegende Arbeit zunächst mit der Zulässigkeit kommunaler Wirtschaftsbetätigung und zeigt auf, dass sich Gebietskörperschaften hierbei sowohl öffentlich-rechtlicher als auch privatrechtlicher Organisationsformen bedienen können. Sodann werden sämtliche Unternehmensformen vorgestellt, auf die Gemeinden unter Beteiligung privater Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner zur Erfüllung ihrer gemeinwohldienlichen Verpflichtungen zurückgreifen können. Hieran schließt sich eine Zweckmäßigkeitsprüfung an, bei welcher die Frage im Vordergrund steht, welche Motive dafür sprechen, den spezifisch kommunalen Gemeinwohlzeck in der Organisationsform des Privatrechts zu verfolgen und sicherzustellen. Der dritte Teil behandelt sodann die Grundlagen kommunaler Einflussnahmeund Kontrollverpflichtungen und beleuchtet den oftmals zu konturlos verwendeten Begriff der kommunalen Ingerenz. Hierbei wird die Frage aufgeworfen, woraus sich diese herleiten lässt und zu welchen konkreten Maßnahmen sie die Gemeinde verpflichtet. Anschließend wird der besonderen Stellung der Ratsmitglieder im Allgemeinen und derjenigen der gemeindlichen Vertreter in den jeweiligen Organen des kommunal beherrschten Unternehmens im Besonderen nachgegangen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Beurteilung des Grundsatzes des freien Mandats. Klärungsbedürftig ist nämlich, ob es Gemeindevertretern vor dem Hintergrund effektiver Ingerenzausübung verwehrt ist, sich auf diesen Grundsatz zu berufen. Dem folgt die Überlegung, ob Gemeinden tatsächlich gehalten sind, mehrere Vertreter in die jeweiligen Organe zu bestellen. Verlockend ist nämlich der Gedanke einer Stimmenkumulation. So würden einzelne Vertreter mit sämtlichen der Gemeinde zustehenden Stimmen entsprechend der Sitzverteilung ausgestattet und zur Ausübung ermächtigt werden. Im vierten Teil dieser Arbeit wird zunächst dargestellt, dass die Motive privater Anteilseigner beziehungsweise Gesellschafter den Interessen der Gebietskörperschaft diametral gegenüberstehen und sich diese systembedingten Konflikte durch die unterschiedlichen Zeitphasen der Unternehmensgründung und -führung hindurchziehen. Hierbei wird aufgezeigt, dass die kommunale Ingerenz in keinem Stadium einer einheitlichen Betrachtung zugänglich ist, sondern vielmehr im Zu-

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1. Teil: Einführung in die Problematik 

sammenhang mit der jeweils gewählten Rechtsform und der organisatorischen Ausgestaltung des Unternehmens zusammenhängt. Darüber hinaus wird erläutert, dass Reichweite und Intensität kommunaler Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten nicht isoliert betrachtet werden können, sondern vor allem davon abhängen, in welchem Organ das Ratsmitglied die Kommune vertritt. Im Rahmen eines Exkurses wird auch die Frage aufgeworfen, ob sich für Gemeindebeamte Besonderheiten im Hinblick auf Weisungsbindung ergeben und ob auch in öffentlich-rechtlich ausgestalteten und organisierten Unternehmen ingerenzbedingte Spannungen auftreten können. Im Rahmen der Konflikte während der Unternehmensführung befasst sich der fünfte Teil eingehend mit Auskunftsansprüchen des Gemeinderates, einzelner Ratsmitglieder, von Ausschüssen sowie Fraktionen und zeigt auf, dass die Reichweite des Anspruchs einerseits von der Stellung des Anspruchstellers und Anspruchsgegners, der Unternehmensform und seiner Binnenorganisation und andererseits davon, wem gegenüber der Anspruch geltend gemacht wird, abhängt. Ebenso wie bei Weisungen wird auch hier danach unterschieden, in welchem Organ das Ratsmitglied die Kommune vertritt. Die Untersuchung zu möglichen Spannungen während des Stadiums der Unternehmensführung schließt mit der Erörterung ab, ob sich auch bei der Rückumwandlung in öffentlich-rechtliche Organisationsformen oder Auflösung und Liquidation der Gesellschaft ingerenzbedingte Konflikte ergeben können. Im sechsten Teil dieser Arbeit erfolgt eine umfassende Auseinandersetzung mit den vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten ingerenzbedingter Konflikte. Hierbei werden sämtliche Positionen der Rechtsprechung und juristischen Wissenschaft dargestellt, erläutert und einer kritischen Würdigung zugeführt. Anschließend wird im siebten Teil dieser Arbeit eine eigene Kollisionsdogmatik vorgestellt. Ausgangspunkt ist hierbei die jüngste Rechtsprechung des BVerfG52 zur Reichweite von Auskunftsansprüchen des Parlaments gegenüber der Bundesregierung. Nach einer knapp gehaltenen Vorstellung der wesentlichen Aussagen des Gerichts wird untersucht, ob sie auch auf kommunalwirtschaftliche Rechtsverhältnisse übertragen werden können und ob sie den Anforderungen an eine demokratische Legitimation jedweden Staatshandeln genügen. Mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse im achten Teil gelangt die Arbeit zu ihrem Ende.



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BVerfGE 147, 50 ff.

2. Teil

Wirtschaftliche Betätigung der Kommune In diesem Teil der Arbeit wird die Gemeinde als Wirtschaftsakteur vorgestellt. Hierbei werden Möglichkeiten und Grenzen einer wirtschaftlichen Betätigung aufgezeigt und untersucht, welcher Organisationsformen sie sich hierbei bedienen dürfen.

A. Die Gemeinde als Wirtschaftsakteur Die geltenden Gemeindeordnungen treffen neben den Regelungen zu organisatorischen Selbstverwaltungsbestimmungen in erheblichem Maße auch Vorgaben zu den Voraussetzungen und Grenzen kommunalen Wirtschaftens. Insoweit ist es der Kommune jedenfalls grundsätzlich erlaubt, sich, unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, nicht nur hoheitlicher, sondern auch wirtschaftlicher Werkzeuge zu bedienen.1 Hierbei gilt es allerdings mit den Worten Pagenkopfs2 zu beachten, dass: „Verwalten und Wirtschaften recht unterschiedliche Tätigkeiten [sind]. Wirtschaften verlangt schnelle Entschlussfähigkeit, konstruktives, fachliches Denken in wirtschaftlichen Zusammenhängen.“

Gerade diese Unterschiede führen unweigerlich zu der Frage, weshalb eine wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand wünschenswert sein sollte und welche Organisationsformen sich für eine solche Unternehmung überhaupt eignen. Im vorliegenden Teil dieser Untersuchung soll daher zunächst das Tableau kommunalwirtschaftlicher Organisationsformen vorgestellt und hieran anschließend untersucht werden, welche Gründe für eine öffentliche Aufgabenerfüllung in privatrechtlicher Organisationsform streiten.

1 Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. 2, Wirtschaftsrecht, S. 1. 2 Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. 2, Wirtschaftsrecht, S. 1 worauf auch Weckerling-Wilhelm / ​Mirtsching, NZG 2011, 327 (327) hinweisen und das hiermit bezeichnete Spannungsverhältnis zwischen kommunaler Selbstverwaltung und privatrechtlich angelegter Wirtschaftstätigkeit betonen.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung Bevor die Frage nach etwaigen Pflichten der Gemeindevertreter im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Betätigung der Kommune beantwortet werden kann, soll zunächst einmal untersucht werden, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die Gemeinde wirtschaftlich betätigen darf. Soweit diesem Vorhaben keine Bedenken entgegengebracht werden können, soll der Frage nachgegangen werden, welche rechtlichen Werkzeuge ihr hierfür zur Verfügung stehen. Sollte sie auf hinreichende öffentlich-rechtliche Organisationsformen zugreifen können, wird zu klären sein, ob und unter welchen rechtlichen Prämissen die Kommune auch privatrechtliche Gesellschaftsformen wählen darf. Stehen der wirtschaftlich ambitionierten Gemeinde nämlich genuin öffentlich-rechtliche Organisationsformen zur Verfügung, muss die Frage erlaubt sein, weshalb sie öffentliche Aufgaben zugleich auch in Privatrechtsform wahrnehmen dürfen soll. Das hohe Maß an organisatorischer Autonomie, das privatrechtlichen Organisationsformen eigen ist, verlangt nämlich besonders große Kraftanstrengungen seitens der öffentlichen Hand. Denn sie ist gehalten, das erforderliche demokratische Legitimationsniveau, wonach jegliches Handeln staatlicher Organe und Organisationen auf den Volkswillen rückführbar sein muss (Art. 20 Abs. 2 GG), sicherzustellen.3

I. Die grundsätzliche Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde Nachfolgend wird zunächst der Frage nachgegangen, ob sich Kommunen wirtschaftlich betätigen dürfen und welche Anforderungen das Gesetz hieran stellt. Daneben wird zu klären sein, ob die Grundrechte privater Konkurrenten einer kommunalen Wirtschaftspraxis entgegenstehen. 1. Die Vorgaben nach dem Grundgesetz Der Würdigung der Frage der Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen ist die Frage vorgelagert, was unter diesem schillernden Begriff überhaupt zu verstehen ist und welche Reichweite diesem zugesprochen werden kann. Ein erster abstrakter Versuch einer Begriffsbestimmung könnte wie folgt lauten: „Unter staatlicher Wirtschaftstätigkeit wird das staatliche Angebot von Gütern und Dienstleistungen verstanden, soweit aufgrund seiner grundsätzlichen Eignung zur Gewinnerzielung auch Private als Anbieter auftreten oder auftreten könnten.“4 3 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (385); Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 2, 41 ff. 4 Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 54; ähnlich schon B ­ adura, in: FS Schlochauer, S. 3 f.

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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Die Konturlosigkeit dieser Begriffsbestimmung überrascht deshalb wenig, weil sich auch das Grundgesetz zur wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde äußerst zurückhaltend verhält.5 Hierdurch ist die Eignung des Grundgesetzes als „Rechts­ erkenntnisquelle“6 unweigerlich eingeschränkt und es vermag nur mittelbar zur Begriffsschärfung herangezogen zu werden. Allerdings ist ihm die wirtschaftliche Betätigung als Form staatlichen Handelns nicht gänzlich unbekannt.7 Dies wird etwa durch den Abschnitt über das Finanzwesen sowie die Übergangs- und Schlussbestimmungen des Grundgesetzes verdeutlicht.8 So besagt Art. 110 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG, dass bei Bundesbetrieben und Sondervermögen nur die Zuführung oder die Ablieferung in den Haushaltsplan eingestellt zu werden braucht. Hierdurch offenbart der Verfassungsgeber ein Verständnis für das steuerrechtliche Nettoprinzip, wonach Aufwendungen, die Bundesbetriebe und Sondervermögen zur Erzielung von Einnahmen aufwenden, von den Einnahmen abgesetzt werden dürfen.9 Dies aber setzt freilich zunächst eine wirtschaftliche Betätigung voraus. Auch Art. 135 Abs. 6 Satz 1 GG lässt den Rückschluss auf eine grundsätzliche Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand zu. Hiernach gehen Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an Unternehmen des privaten Rechts auf den Bund über. Hierdurch wird dem Bund auch weiterhin die wirtschaftliche Unternehmung oder Beteiligung an einem solchen Unternehmen zugesprochen.10 Dies hat zur Folge, dass es dem Bund – trotz der Verpflichtung sich primär nach den Regelungen des Finanzverfassungsrechts (Art. 105 ff. GG) zu finanzieren – gestattet ist, auch durch wirtschaftliche Betätigung gewinnbringend hauszuhalten.11 Zu Recht weist Franz12 daher darauf hin, dass die traditionell weite Auslegung des Kompetenztitels des Rechts der Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die grundsätzliche Zulässigkeit staatlicher Wirtschaftstätigkeit bekräftige und der Begriff des „Steuerstaates“ für eine Einschränkung eines solchen 5 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 16; Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 456, Rn. 983; vergleiche ausführlich zur Zulässigkeit wettbewerbsrelevanter Staatstätigkeit nach Maßgabe der Verfassung, Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 112 ff. 6 Nach Michael / Morlok sei unter einer Rechtserkenntnisquelle ein Rechtsmaßstab zu verstehen, der als solcher nicht bindend bzw. nicht unmittelbar anwendbar ist. Rechtserkenntnisquellen könnten daher zur „Interpretation, gegebenenfalls auch zur Fortbildung und zum Wandel des jeweils relevanten Prüfungsmaßstabes ergänzend herangezogen [werden]“, Michael / Morlok, Grundrechte, § 7, Rn. 123. Im Kontext der vorliegenden Arbeit soll es jedoch in einem untechnischen Sinne als Quelle der Erkenntnis zu verstehen sein. 7 So bestimmt Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG, dass Eisenbahnen als Wirtschaftsunternehmen in privat­rechtlicher Form geführt werden. Art. 87 f GG legt fest, dass Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation und des Postwesens als privatwirtschaftliche Tätigkeiten erbracht werden. 8 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 22 f. 9 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 22 f. Zum Nettoprinzip, statt vieler Kischel, in: BeckOK, Art. 3 GG, Rn. 149.1, 149.2, wobei hier offengelassen werden kann, ob auf kommunale Unternehmen auch das subjektive Nettoprinzip Anwendung findet. 10 Zum ganzen Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 22 f. 11 Vgl. Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 456, Rn. 983, der von einer „zulässige[n] Einnahmequelle“ spricht. 12 Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 56 f.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Verständnisses zu unscharf sei. Schließlich gilt es zu betonen, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes auf eine ausdrücklich untersagende Regelung verzichtet haben,13 obgleich ihnen auch schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes eine privatrechtliche Betätigung des Staates nicht unbekannt war.14 Weil das kommunale Wirtschaftsrecht dem Kommunalrecht zuzuordnen ist, kann den Gemeinden das Recht zur wirtschaftlichen Betätigung jedoch nicht bereits aus der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zugesprochen werden.15 Daher ist zu untersuchen, wie sich die Zulässigkeit einer Wirtschaftsbetätigung der Gemeinden begründet lässt. Ansatzpunkt der Legitimation kommunaler Wirtschaftstätigkeit ist allein Art. 28 Abs. 2 GG sowie Art. 78 Abs. 2 Landesverfassung NRW (LV NRW). Bei der Auslegung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 GG sind allerdings die gefundenen Ergebnisse zur „Wirtschaftsoffenheit des Grundgesetzes“ gebührend zu berücksichtigen.16 Richtig verstanden umfasst die Wahrnehmung von „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ i. S. d. Art. 28 Abs. 2 GG nicht allein Aufgaben, die im Rahmen nichtwirtschaftlicher Verantwortung der Gemeinden erfüllt werden, sondern auch solche, die im Wettbewerb mit Privaten und in der Absicht der Gewinnerzielung getätigt werden.17 Denn die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden zur Verwirklichung der Daseinsvorsorge18 zum Wohle ihrer Einwohner gehöre gerade 13 Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 17, 18 unter Bezugnahme auf Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (800). 14 So habe der Begriff der „wirtschaftlichen Selbstverwaltung“ insbesondere in den Anfangsjahren der Weimarer Epoche einen Großteil der öffentlichen Diskussion beherrscht und hierdurch das veränderte Verständnis von Staat und Wirtschaft vor und nach dem ersten Weltkrieg aufgezeigt. Kern der Diskussion bildete nämlich die Frage, ob das in den Kriegszeiten (vermeintlich) notwendig gewordene bürokratisch-autoritäre Wirtschaftsverständnis von staatsgelenkten Wirtschaftsbetrieben nach Ende des Krieges zugunsten der von Liberalismus geprägten Wirtschaftsverhältnissen der Vorkriegszeit aufgegeben werden sollte („Wirtschaftsdemokratie“ statt „polizeistaatliche Bürokratie“). Auch damals schon wurde die Forderung erhoben, die Wirtschafsorganisation auf Gesichtspunkte des Gemeinwohls auszurichten, vgl. zum Ganzen Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 155–162. 15 Vgl. hierzu Sächs. VerfGH LKV 2005, 499 (499); Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 456, Rn. 983; im zweistufigen Bundesstaat des GG bilden die Kommunen keine dritte staatliche Ebene, sondern sind Teil der Landesstaatsgewalt. Innerhalb dessen sind sie Teil der Exekutive, Hellermann, in: BeckOK GG, Art. 28, Rn. 21 f. 16 Zur Entwicklung „kommunaler Autonomiebestrebungen“, Thiel, Die Verwaltung 35 (2002), S. 25 ff.; Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 456 f., Rn. 983. 17 Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., vor. §§ 107 ff. GO NRW, 3.2, S. 5; Schink, NVwZ 2002, 129 (133 f.). 18 „Leistungen, derer der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf“, BVerfGE 66, 248 (258); Ernst Forsthoff entwickelte den Begriff „Daseinsvorsorge“ in seinen Schriften „Die Verwaltung als Leistungsträger“ (1938) und „Rechts­fragen der Leistenden Verwaltung“ (1959), Ringwald, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 13; Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden, S. 81 f., der auch den Begriff der Daseinsvorsorge im Sinne Forsthoffs zusammenfasst als sämtliche Aufgaben des Staates, die für das Leben der Bevölkerung von großer Bedeutung („lebensnotwendig“) sind, beschreibt.

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zum Typus prägenden Bild und zum Wesenskern kommunaler Selbstverwaltung.19 So hat das BVerfG bereits in seiner berühmten Saßbach-Entscheidung klargestellt, dass den Gemeinden eine „erwerbswirtschaftlich-fiska­lische Tätigkeit ohne Bezug zu ihren öffentlichen Aufgaben untersagt ist“20. Hierbei führte das BVerfG aus: „Es ist nicht Aufgabe der Gemeinden Vermögensgegenstände mit der alleinigen Zielsetzung zu erwerben, das Gemeindevermögen zu mehren. Vielmehr sind Kommunale Unternehmen verpflichtet, unmittelbar durch ihre Leistung und nicht etwa mittelbar durch ihre Erträge dem Gemeinwohl zu dienen.“

Dieser verfassungsgerichtlichen Judikatur liegt der Gedanke zugrunde, dass staatliches Handeln ausschließlich auf das Gemeinwohl21 ausgerichtet sein darf. Richtigerweise wird daher eine sich aus der Verfassung ergebende, die wirtschaftliche Betätigung des Staates rechtfertigende, unmittelbare Verfolgung des öffentlichen Zwecks verlangt.22 Dieses Verständnis stimmt auch mit der in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zum Ausdruck gebrachten These überein (sog. Instrumentalthese), dass öffentliche Unternehmen nichts anderes als Instrumente der Wirtschaftspolitik ihrer öffentlichen Träger seien, die in einer marktwirtschaftlichen Ordnung lediglich dann eine Daseinsberechtigung hätten, wenn sie öffentliche Aufgaben beziehungsweise öffentliche Zwecke erfüllten.23 Insoweit könne es nämlich ein Interesse jenseits des Allgemeinwohls nicht geben, weil im

19 Treffend Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 7, Rn. 20; Ruffert, VerwArch. 92 (2001), 27 (42); Ehlers, DVBl. 1998, 497 (500); Schink, NVwZ 2002, 129 (134); die verfassungsrechtliche Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung verneinen etwa Hösch, WiVerw. 2000, 159 (169); Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 310 ff., der die Zulässigkeit staatlicher Gewinnerzielung untersucht. 20 BVerfG NJW 1982, 2173 (2175). 21 Abstrakt wird das Allgemeinwohl (Gemeinwohl) definiert als das Interesse (Wohl) der menschlichen Gesellschaft, Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 13. 22 Daher konstatiert Burgi, VerwArch. 93 (2002), 255 (260 f.), dass das Erfordernis eines öffentlichen Zwecks bereits verfassungsrechtlich und eben nicht nur einfachgesetzlich (kommunalrechtlich) begründet ist; Ehlers, JZ 1990, 1089 (1097); anders hingegen Hellermann, in: BeckOK GG, Art. 28, Rn. 41.5; Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 58–62, der darauf hinweist, dass ein Erfordernis eines über die Gewinnerzielung hinausgehenden Zwecks der Verfassung nicht entnehmbar sei und sich die Verpflichtung auf das Gemeinwohl lediglich als „positives Leitprinzip“ kommunalwirtschaftlicher Betätigung darstelle. Eine Bindung staatlicher Wirtschaftstätigkeit an die unmittelbare Verfolgung öffentlicher Zwecke ergebe sich zudem weder aus Grundrechten, noch aus dem Rechtsstaatsprinzip, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die einfachgesetzlichen Beschränkungen der Gemeindeordnung versteht er insoweit auch nicht als verfassungsrechtliche Konkretisierung des „staatlichen Dürfens“, sondern als „konstitutive Ausgestaltung auf der Grundlage einer insoweit bestehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers“. 23 „Öffentliche Unternehmen sind nach der hier vertretenen Auffassung Instrumente des Trägers, hier also Instrumente der Wirtschaftspolitik des Staates, der Gemeinden“, Thiemeyer, Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe, S. 28; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 14 f.; ders., JZ 2002, 819 (819 f.) Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 15.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Verfassungsstaat das Gemeinwohl der Legitimationsgrund aller Staatlichkeit sei.24 Aus diesem Gebot folgt die Notwendigkeit, jede wirtschaftliche Betätigung der Kommune durch Gemeinwohlbelange zu rechtfertigen, weil die rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates zu Finanzierungszwecken mit der „Teleologie des Steuerstaates konfligiert“25. Diese Erkenntnis erschöpft sich aber nicht in ihrer abstrakten Dimension, sondern bestimmt zugleich das Maß und die Intensität öffentlicher Unternehmung schlechthin.26 Kommunal beherrschte Unternehmen verfolgen mithin einen öffentlichen Auftrag, welcher sie nicht nur gegenüber der öffentlichen Hand verpflichtet, sondern sie auch dazu anhält, sich gegenüber der Öffentlichkeit selbst zu verantworten. Dieser Auftrag umfasst in Ermangelung eines abschließenden Katalogs unter anderem die Versorgung der Bürger mit Dienstleistungen, die Herstellung und Aufrechterhaltung bestimmter Infrastrukturen sowie die Herstellung und Ausgestaltung von Wettbewerb.27 All dies wird durch die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG legitimiert und in der praktischen Anwendung durch die Vorgaben der Gemeindeordnungen konkretisiert und umgesetzt. Hiernach spricht die verfassungsrechtliche Selbstverwaltungsgarantie den Kommunen das Recht zur wirtschaftlichen Betätigung zu. Ihre konkrete Rolle als Wirtschaftsakteur richtet sich sodann nach der Regie des Kommunalverfassungsrechts, mithin nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Darauf soll nachfolgend eingegangen werden. 2. Die Vorgaben nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen Vorbild für das Wirtschaftsrecht sämtlicher Gemeinden ist die Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 (DGO 1935).28 Sie legte nicht nur leitende Strukturprinzipien fest, sondern konstruierte ein aufeinander abgestimmtes Normensystem und verlieh den Begriffen der wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Betätigung eine entscheidende rechtliche Bedeutung. Hierdurch ist es bis 24 Mann, in: GS Tettinger, S. 295 (297) mit Verweis auf Isensee, in: Handbuch des Staatsrechts IV, § 71, Rn. 1, 132. 25 Zum Konflikt mit der „Teleologie des Steuerstaates“ Mann, in: GS für Peter J. Tettinger, S. 295 (297); allgemein hierzu Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (420); S. Polenz, DÖV 2010, 350 (353); dass der „Steuerstaat“ nicht auf Gewinn angewiesen ist, betont auch Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 311; ähnlich Püttner, Mitbestimmung in kommunalen Unternehmen, S. 44. 26 Ohne zu sehr ins Detail vorzudringen, ist hierunter „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit zu verstehen, die in ihrem Bestand dem Staat zuzurechnen ist, und zwar unabhängig von der Rechtsform“, Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 13 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 23.04.1991, Rs. C-41/90, Rn. 21; zuletzt ausführlich Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 1, 8 f. 27 Schneider, AG 2005, 493 (494). 28 Kotzea / Held, in: Held / Winkel, § 107 GO NRW, S. 452.

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zum heutigen Tage möglich, die Voraussetzungen und Grenzen kommunaler Wirtschaftstätigkeit zu bestimmen.29 Es wird vertreten, dass insbesondere im Abschnitt „Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde“ das „politische Augenmaß und die Elastizität dieses Regelwerkes“30 sowie das kluge Konzept der §§ 67 ff. DGO 1935 deutlich werde.31 In der Tat legte bereits § 67 Abs. 1 Nr. 1–3 DGO 1935 fest, welche einschränkenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein mussten, um der Gemeinde die Errichtung und Erweiterung wirtschaftlicher Unternehmen zu gestatten (sog. kommunalwirtschaftliche Schrankentrias).32 So hing die Zulässigkeit dieser Unternehmung von der öffentlichen Zweckverfolgung, mithin der Förderung des Gemeinwohls ab. Zugleich verpflichtete § 67 Abs. 1 Nr. 2 DGO 1935 die Gemeinden dazu, Unternehmen lediglich im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zu gründen und sich der wirtschaftlichen Betätigung gänzlich zu enthalten, soweit der durch das Unternehmen verfolgte Zweck besser und wirtschaftlicher durch einen privaten Träger erfüllt werden konnte (sog. Subsidiaritätsklausel).33 Wann sich die Gemeinde an einem wirtschaftlichen Unternehmen beteiligen durfte, bestimmte sich nach § 69 Abs. 1 DGO 1935 – insbesondere mussten die oben genannten Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 DGO 1935 vorliegen und die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt sein. Beachtenswert ist schließlich, dass in §§ 70 Abs. 1, 71 Abs. 1 DGO 1935 bereits die Notwendigkeit der Einflusssicherung durch Weisungsbindung der Gemeindevertreter festgelegt wurde. So stellt ­Loschelder34 in der Erläuterung zu § 70 DGO 1935 fest: „Wenn die Gemeinde sich an einem selbstständigen Unternehmen beteiligt, ist es ihre Pflicht, ihre Interessen in diesem Unternehmen nach besten Kräften zu wahren. Der geeignete Weg hierzu ist die Einflußnahme in den Organen des Unternehmens.“

Hieraus lässt sich ableiten, dass die spiegelbildliche Verpflichtung der Gemeindevertreter auch nach damaliger Rechtslage aus den noch zu besprechenden Gründen kollisionsbehaftet gewesen sein dürfte. Noch heute ist das kommunale Wirtschaftsrecht maßgeblich von den Gliederungskriterien der DGO 1935 geprägt.35 So 29 Vgl. Kotzea / Held, in: Held / Winkel, § 107 GO NRW, S. 452. 30 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 8, Rn. 22 31 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 8, Rn. 22. 32 Diese kommunale Schrankentrias geht auf § 87 des preußischen Gemeindefinanzierungsgesetzes vom 15.12.1933 zurück, siehe Preußische Gesetzessammlung (PrGS), S. 442. 33 § 67 Abs. 1 Nr. 1–3 DGO 1935 bestimmte: „Die Gemeinde darf wirtschaftliche Unternehmen nur errichten oder wesentlich erweitern, wenn 1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, 2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht, 3. der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“ 34 Loschelder, in: Surén / ders., § 70 DGO 1935, S. 119 (119). 35 So zählen Kotzea / Held, in: Held / Winkel, § 107 GO NRW, S. 452 fünf Gliederungskriterien auf. Zunächst könne noch heute eine Unterscheidung nach der Art der Tätigkeit (wirtschaftliche und nicht wirtschaftliche Betätigung), den Zulassungsvoraussetzungen („Ob“) und den Organisationsvoraussetzungen („Wie“) der wirtschaftlichen Betätigung festgestellt werden. Sodann betont er die Errichtung, bzw. Gründung eines Unternehmens als Anknüpfungspunkt der gemeindewirtschaftlichen Regelungen. Als drittes Kriterium führt er die noch

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

beschränkt die „kommunale Wirtschaftsklausel“ (§ 107 Abs. 1 Nr. 1–3 GO NRW) gleich dem § 67 Abs. 1 Nr. 1–3 DGO 1935 die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde in dreifacher Hinsicht. Als wirtschaftliche Betätigung ist „der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden könnte“, § 107 Abs. 1 S. 3 GO NRW.36 Gleich in Ziffer 1 wird die wirtschaftliche Betätigung an die Verfolgung eines öffentlichen Zweckes gebunden. Von diesem unbestimmten Rechtsbegriff umfasst ist die gesamte Bandbreite des kommunalen Zuständigkeitsbereichs nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 LV NRW. Dies umspanne insbesondere all jene Bereiche, die im verfassungsrechtlich vorgesehenen Aufgabenbereich der Gemeinde lägen.37 Denn die zentrale materielle Ausprägung der objektiven Rechtsinstitutions­garantie38 immer bestehende Notwendigkeit der Verfolgung eines öffentlichen Zwecks an sowie viertens die subsidiäre Wettbewerbsteilnahme. Schließlich finden sich auch heute noch die Voraussetzungen und Grenzen der freien Organisations- und Rechtsformenwahl in der GO NRW wieder. 36 Der so zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nicht zum Selbstzweck werden zu lassen, geht auf das Gutachten „Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden“, Berlin 1932, S. 49 des preußischen Finanzsekretärs Johannes Popitz zurück. Bis zum heutigen Tage wird aufgrund der Feststellung, dass eine Konkurrenzwirtschaft des Staates vorliege, wenn es um Leistungsangebote gehe, die „ihrer Art nach auch durch Privatunternehmen mit der Absicht der Gewinnerzielung in den allgemeinen Verkehr gebracht zu werden pflegen“ von der Popitz-Formel im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Betätigung des Staates im Rahmen der Schrankentrias gesprochen, so ausdrücklich Teuteberg, LKV 2008, 150 (153) und Erläuterungen zu Fn. 40. Insbesondere Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 354 weist in Erläuterungen zu Fn. 83 darauf hin, dass diese Formel zunächst in § 86 Abs. 1 Preußisches Gemeindefinanzierungsgesetz normiert wurde und sodann über § 67 DGO 1935 ihre noch immer aktuelle Bedeutung in § 107 Abs. 1 S. 3 GO NRW fand. 37 So ausdrücklich Söbbeke, in: Articus / Schneider, § 107, S. 484. 38 Zurückzuführen auf das differenzierte Schutzsystems Sterns, der die gemeindliche Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) in unterschiedliche Garantieebenen aufteilt. Zunächst spricht er den Gemeinden eine institutionelle Rechtssubjektsgarantie zu, welche den Bestand der Gemeinden schlechthin sichert. Auf der zweiten Ebene garantiert die kommunale Selbstverwaltung Kernelemente eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung als objektive Rechtsinstitutionsgarantie. Schließlich verbürgt die subjektive Rechtsstellungsgarantie eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit der Gemeinden, um gegen Eingriffe in die vorgelagerten Ebenen vorgehen zu können, Stern, Staatsrecht I, S. 409; vgl. zu den Garantien jüngst BVerfG NVwZ 2015, 728 (730 ff.) zum Mitentscheidungsrecht kreisangehöriger Gemeinden zur Standort­ planung der Grund- und Hauptschulen; Dreier, in: ders., GG Kommentar, Art. 28, Rn. 90; grundsätzlich zustimmend auch Dietlein, in: ders. / Hellermann, § 1, Rn. 174 ff.; ders., in: BeckOK Kommunalrecht Bayern, Systematische Einführung zum Kommunalrecht Deutschlands, C.II.3. Rn. 36; allerdings weist Dietlein zugleich darauf hin, dass die „tradierte Dreiteilung die neueren Ausdifferenzierungen der Selbstverwaltungsgarantie nicht mehr vollumfänglich aufzufangen in der Lage ist“. So handle es sich bei der Aufgabengarantie nicht um eine ausgestaltungsbedürfte Einrichtungsgarantie, sondern um ein klassisches Eingriffsabwehrrecht zugunsten der Gemeinden. Ferner sei es nicht erforderlich subjektive Schutzpositionen aus einer von den objektiven Garantiegehalten des Art. 28 Abs. 2 GG abgrenzbaren „subjektiven

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sei das Recht der Gemeinden zur Wahrnehmung aller „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ im Sinne einer Universalzuständigkeit, unabhängig von einem gesetzlichen Titel.39 Als Ausfluss der Eigenverantwortlichkeitsgarantie i. S. d. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG kommt der Gemeinde auch die kommunale Organisationshoheit, mithin das Recht zur Wahl einer opportunen Organisationsform, zu.40 Vom Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist somit auch die Befugnis umfasst, eine „Einrichtung für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner“ privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich zu organisieren, soweit gesetzlich keine gesonderten Vorgaben bestehen.41 Maßgeblich sei insoweit die Frage, ob die Unternehmenstätigkeit Angelegenheiten umfasse, die den Bedürfnissen und Interessen der Menschen in der politischen Gemeinde dienten.42 Die Rechtsprechung nimmt hierfür eine Negativabgrenzung vor und spricht jedenfalls einer kommunalen Tätigkeit, die lediglich auf Gewinnerwirtschaftung zielt, die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks ab.43 Ein Kommunalunternehmen muss sich nämlich bereits deshalb durch die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks legitimieren können, weil seine gesamte „Geschäftsgrundlage“ die Erfüllung dessen, mithin die Steigerung und Sicherung des Allgemeinwohls ist.44 Daher stellt Katz zu Recht fest:45 „Unternehmensleitziel und Legitimationserfordernis kommunalen Wirtschaftens ist es also, dass eine Leistung erbracht wird, die einen Bedarf befriedigt, der im öffentlichen Interesse der Einwohner vernünftigerweise geboten ist.“

Hierdurch wird sichergestellt, dass die Verwaltung sich nicht jenseits ihrer ur­ eigenen Aufgaben weitere Tätigkeitsfelder eröffnet.46 Hierbei muss die wirtschaftliche Unternehmung der Kommune nach dem Vorbild des § 67 Abs. 1 Nr. 2 DGO 1935 „nach Art und Umfang in einem angemesseRechtsstellungsgarantie“ abzuleiten. Denn insoweit fänden subjektive Schutzpositionen ihr „Bezugsobjekt und ihre Grundlage notwendig in Normen des öffentlichen Rechts“. Werden Gemeinden und Gemeindeverbänden subjektiv-öffentliche Rechte zugesprochen, sei ihnen spiegelbildlich hierzu eine objektive Gewährleistungsebene zuzugestehen, zum Ganzen vgl. Dietlein, in: BeckOK Kommunalrecht Bayern, Systematische Einführung zum Kommunalrecht Deutschlands, C.II.3. Rn. 37 f. 39 Brüning, Jura 2015, 592 (595 f.); Dreier, in: ders., GG Kommentar, Art. 28, Rn. 101. 40 BVerfG NVwZ 1992, 365 (366); Hellermann, in: Dietlein / ders., § 2, Rn. 321; Gern / ­Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 430, Rn. 924. 41 Ausdrücklich bei Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 430, Rn. 924, die betonen, dass die kommunale Einrichtung als Anstalt des öffentlichen Rechts, als wirtschaftliches oder nichtwirtschaftliches Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Form, als wirtschaftliches oder nichtwirtschaftliches Unternehmen in Privatrechtsform oder in öffentlich-rechtlicher oder privater Trägerschaft Dritter organisiert sein kann. 42 BVerfGE 79, 127 (152 f.) – Rastede; BVerfGE 138, 1 (16). 43 OVG Münster, NVwZ 2003, 1520 (1523). 44 OVG Münster, NVwZ 2008, 1031 (1035); Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 33, Rn. 53. 45 So ausdrücklich Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 34, Rn. 54. 46 So Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1018), der auch ausdrücklich darauf hinweist, dass fiskalische Ziele lediglich Nebenzweck sein dürfen.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

nen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen“, § 107 Abs. 1 Nr. 2 GO NRW. Durch diese Tatbestandsvoraussetzung soll die Gemeinde vor wirtschaftlicher Betätigung, die ihre Verwaltungs- und Finanzkraft überfordert, bewahrt werden. Hierdurch gelingt es auch dem Grundsatz der Rentabilität  – im Sinne einer nachhaltigen Erfüllung des öffentlichen Zwecks – im Rahmen gemeindlicher Wirtschaftsbetätigung, § 109 Abs. 1 GO NRW zum Durchbruch zu verhelfen.47 Nicht vernachlässigt werden darf in diesem Zusammenhang nämlich, dass § 109 Abs. 1 Satz 2 GO NRW die Gewinnerzielungsabsicht der Kommune nur so lange gestattet, wie die Erreichung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird. Schließlich gehört es zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Errichtung, Übernahme, wesentliche Erweiterung oder Beseitigung kommunaler Wirtschaftsunternehmen, dass der Zweck des Unternehmens nicht besser und wirtschaftlicher durch andere Unternehmen erfüllt werden kann, § 107 Abs. 1 Nr. 3 GO NRW. Hiervon ausgenommen sind kraft Gesetzes die Bereiche der Wasserversorgung, des öffentlichen Verkehrs sowie des Betriebes von Telekommunikationsleitungsnetzen einschließlich der Telekommunikationsdienstleistungen. Allein in diesem Bereich besteht eine wettbewerbsfördernde Gleichstufigkeit zwischen kommunalen und privaten Unternehmen.48 Die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Subsidiaritätsklausel in allen übrigen Wirtschaftsbereichen liest, darf jedoch nicht über ihre turbulente Entwicklung hinwegtäuschen. Sah die GO NRW bis zur Reform im Jahre 1994 in Anlehnung an § 67 Abs. 1 Nr. 3 DGO 1935 noch vor, dass der durch das kommunale Unternehmen zu erfüllende Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen (anderes Unternehmen) erfüllt wird oder werden kann, wurde diese Klausel nach der Reform ersatzlos gestrichen, um den Gemeinden größere wirtschaftliche Handlungsspielräume zu verschaffen. Mit dem ersten Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in NRW vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) wurde erneut die Subsidiaritätsformel von 1994 eingeführt, wobei sie durch das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vom 20. September 2007 (GV. NRW. S. 380) erstmalig dadurch verschärft wurde, dass eine wirtschaftliche Betätigung durch die Gemeinden nur zulässig sein sollte, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch Andere erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Diese Verschärfung zwang die Kommunalwirtschaft, besser und wirtschaftlicher zu sein als private Unternehmen. Mit dem Gesetz zur Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts vom 21. Dezember 2010 kehrte der Gesetzgeber jedoch zu der auch vor 1994 bereits bestehenden und bis heute geltenden, weniger strengen Subsidiaritätsklausel von 1999 zurück.49

47 Zum Ganzen Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 107, S. 35. 48 Vgl. Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 107, S. 41; Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1019), der auf den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Staates hinweist. 49 Zur gesamten Entwicklung Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 107, S. 36– 41, wobei er gleich zu Beginn zwischen der mittlerweile üblichen Formulierung „einfache“ Subsidiaritätsklausel (Formulierung vor 1994, nach Gesetzesänderung von 1999 und 2010 bis

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3. Grundrechte privater Konkurrenten als Grenze wirtschaftlicher Betätigung? Zu überlegen ist, ob dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes im Hinblick auf die Wirtschaftsfreiheit der Kommune eine begrenzende Wirkung zukommt.50 Konkret stellt sich die Frage danach, ob sich aus den Grundrechtspositionen der Marktteilnehmer eine Beschränkung kommunaler Wirtschaftstätigkeit auch über die Grenzen der §§ 107 ff. GO NRW hinaus ergibt. In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass es eines Rückgriffs auf die Grundrechte der von staatlicher Konkurrenz betroffenen Privatunternehmen grundsätzlich nicht (mehr) bedarf.51 Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des OVG Münster ist nämlich anerkannt, dass dem Erfordernis des öffentlichen Zwecks gemäß § 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW eine drittschützende Wirkung zukommt.52 Dessen ungeachtet kann ein auf die Wirtschaftsgrundrechte gemäß Art. 12, 14 und 2 Abs. 1 GG gestützter Abwehranspruch gegen die Gemeinde dort zweckmäßig und den Vorschriften der GO NRW vorzuziehen sein, wo sich die kommunale Marktteilnahme als rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff darstellt.53 Wann aber überschreitet die staatliche Wirtschafsbetätigung diese Eingriffsschwelle?54 Wann über­schreitet die

zum heutigen Tag) und „verschärfte“ Subsidiaritätsklausel (lediglich in der Zeit von September 2007 bis Dezember 2010) unterscheidet (S. 36, 37). 50 Im Hinblick auf die wirtschaftliche Betätigung des Staates schlechthin, Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 171. 51 Weil in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte lange Zeit die Auffassung vorherrschte, dass die §§ 107 ff. GO NRW lediglich dem öffentlichen Interesse des Schutzes der Gemeinden vor finanzieller bzw. politischer Überforderung und nicht zumindest auch privaten Interessen der Konkurrenten zu dienen bestimmt seien, enthielten die Wirtschaftsgrundrechte Art. 12, 14 und 2 Abs. 1 GG lange Zeit einen „Notanker für die von staatlicher Konkurrenz betroffenen Privatunternehmen“, Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1859 f.; Hellermann, in: Dietlein / ders., § 2, Rn. 334 mit Verweis auf BVerwGE 39, 329 (336) sowie BVerwG NJW 1995, 2938 (2939). 52 OVG Münster NVwZ 2003, 1520 (1521); OVG Münster NVwZ 2005, 1211 (1212); OVG Münster NVwZ 2008, 1031 (1032); für eine drittschützende Wirkung des § 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW streitet indes Hellermann, in: Dietlein / ders., § 2, Rn. 334. Insoweit regele erst diese Vorschrift, ob gerade die Gemeinde die mit Blick auf den öffentlichen Zweck erforderliche Tätigkeit übernehmen darf. 53 Zum Abwehranspruch gegen die Maklertätigkeit einer Gemeinde, BVerwG NJW 1995, 2938 (2939); weil aber – was sogleich noch besprochen wird – die Eingriffsschwelle von der Rechtsprechung sehr hoch angesetzt wird, folgt i. d. R. keine Prüfung kommunaler Markt­ betätigung am Maßstab der Grundrechte, vgl. etwa OVG Münster NVwZ 2008, 1031 (1032 f.). 54 Jüngere Stimmen in der juristischen Literatur messen mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen aufgrund unternehmerischer Betätigung der Gemeinde eine Eingriffsqualität zu, sobald „eine merkliche Beeinträchtigung als Folge staatlicher Konkurrenz“, mithin eine „fühlbare Marktverengung“ vorliegt, Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Art. 2 GG, Rn. 122; vgl. zur eingriffsrechtlichen Bewertung der Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand, Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1861 ff.; ein solcher Eingriff müsse durch Gemeinwohlgründe gerechtfertigt werden, Dietlein auf der 15. Rheinischen Gesellschaftsrechtskonferenz am 14.05.2019 in Düsseldorf, vgl. die Berichterstattung von Albers, AG 2019, R183 (R183 f.).

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

kommunale Unternehmung das zulässige Maß gemeindlicher Marktteilnahme? Einigkeit besteht darin, dass der Erfolg des Abwehranspruchs letztlich von der Intensität der staatlichen Marktteilnahme, mithin davon abhängt, wie intensiv die Grundrechte der Unternehmer von der kommunalen Wirtschaftsaktivität beeinträchtigt werden. Einer pauschalen „Verurteilung“ der kommunalen Marktteilnahme steht dabei bereits der „Grundsatz der wirtschaftspolitischen Neutralität“ entgegen. Dieser garantiert weder „den privaten Unternehmern die Ausschließlichkeit des Wirtschaftens oder des Marktes, noch einen generellen Schutz vor öffentlicher Konkurrenz, noch enthält es ein Verbot erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Kommunen und der öffentlichen Hand insgesamt. Der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung stehen insoweit keine verfassungsrechtlichen Schranken entgegen.“55

Daher ergibt sich nach überwiegender Auffassung auch aus den Wirtschaftsgrundrechten, Art. 12, 14 und 2 Abs. 1 GG grundsätzlich kein Unterlassungsanspruch der privaten Marktteilnehmer gegenüber der Gemeinde.56 Insbesondere nach der Rechtsprechung57 gilt es zu beachten, dass auch diese Grundrechte grundsätzlich nicht vor einer kommunalen Wirtschaftstätigkeit schützen, weil bloßer Konkurrenz noch keine Grundrechtsrelevanz innewohnt.58 So schützt auch Art. 14 GG lediglich das bereits erworbene Eigentum und nicht den Erwerb.59 Ebenso gewährleistet Art. 12 GG (sowie Art. 2 Abs. 1 GG) grundsätzlich keinen Konkurrentenschutz gegenüber der Gemeinde, weil sich durch die Tätigkeit des Staates lediglich die einer Marktwirtschaft immanente Konkurrenzsituation verschärfe.60 Ein Abwehranspruch unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich nach heute überwiegender Auffassung erst dann, wenn die

55 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 48, Rn. 70. 56 BVerwGE 39, 329 (336 f.); BVerwG NJW 1995, 2938 (2939); Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 470 f., Rn. 1011 f.; ablehnend etwa Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1861 f., 1863 f. m. w. N., der die Zulässigkeit staatlicher Wirtschaftstätigkeit nach „konventionellen grundrechtlichen Maßstäben“ beurteilt und gemeindliche Konkurrenz „nicht von vornherein aus dem Kreis der abwehrfähigen staatlichen Freiheitsverkürzungen“ ausschließt. 57 Insbesondere BVerwGE 39, 329 (336 f.); BVerwGE 71, 183 (193); BVerwG NJW 1995, 2938 (2939); VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.03.2000 – VGH N 12/98 – juris, Rn. 23. 58 Dies gelte im Hinblick auf Art. 12 GG jedenfalls dann, wenn eine private Konkurrenz nicht gänzlich unmöglich gemacht werde, BVerwGE 39, 329 (336 f.); BVerwG NJW 1995, 2938 (2939); vgl. Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 48, Rn. 71; a. A. mit Bezug auf Art. 12 GG etwa Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1862; Mann, in: Sachs GG Kommentar, Art. 12, Rn. 95. 59 BVerwG NJW 1995, 2938 (2939); Hofman, in: Schmidt-Bleibtreu / ders. / Henneke, Art.  14 GG, Rn. 14. 60 BVerwGE 39, 329 (336 f.); BVerwGE 71, 183 (193); Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 470 f., Rn. 1012; Brüning, NVwZ 2012, 671 (672); a. A. Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1862, mit Hinweis darauf, dass es sich bei der staatlichen Konkurrenz nicht um eine „systemimmanente Verschärfung des marktwirtschaftlichen Konkurrenzdrucks, sondern um eine systemfremde Ingerenz in das grundrechtliche System einer privaten Wettbewerbswirtschaft“ handle.

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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Kommune sich ein faktisches Dienstleistungsmonopol aufgebaut und sich in diesem Segment ein „Verdrängungswettbewerb“61 etabliert hat.62 Erst wenn ein solches Marktverhalten festgestellt werden kann, ist auch die Eingriffsschwelle staatlicher Wirtschaftsbetätigung zu bejahen. Hiernach ist eine Einzelfallbetrachtung dahingehend anzustellen, ob ein „Verdrängungswettbewerb“ besteht, der weit über eine bloße wettbewerbstypische Lästigkeit hinausreicht.63 Hält sich das gemeindliche Wirtschaftshandeln unterhalb dieser Schwelle, liegt eine Grundrechtsverletzung nicht vor und es ergibt sich aus den Grundrechtspositionen privater Konkurrenten kein über die Vorschriften der GO NRW hinausgehender oder diesen Regelungen vorzugswürdiger Abwehranspruch. 4. Wettbewerbsrechtliche Grenzen Während nunmehr die Frage danach, ob sich Kommunen am Wirtschaftsverkehr beteiligen dürfen, beantwortet werden konnte, soll der Vollständigkeit halber und in der gebotenen Kürze auch auf die Notwendigkeit marktkonformen Verhaltens hingewiesen werden. Die Gemeinde darf sich nämlich im Rahmen ihrer Wirtschaftstätigkeit nicht wettbewerbsverzerrend und unlauter verhalten. Hierbei steht es privaten Konkurrenten kommunaler Unternehmen frei, unter Berufung auf §§ 1 und 3 ff. des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Rechtschutz vor den Zivilgerichten zu suchen. Angesprochen sind vor allem Fälle, in denen die Kommune unter Ausnutzung ihrer besonderen Stellung (etwa amtliche Autorität; Vertrauensvorsprung in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung; amtlich erhaltene Informationen und Beziehungen) ihre Marktstärke missbraucht. Diese und auch weitere Geschehnisse, in denen die Gemeinde betriebswirtschaftlich irrationale Preise anbietet, ihre hoheitlichen Zulassungsmöglichkeiten mit Verkaufstätigkeiten verbindet und öffentliche Ausschreibungen nicht oder nicht vergaberechtskonform durchführt, rechtfertigen es, privaten Konkurrenten und

61 VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.03.2000 – VGH N 12/98 – juris, Rn. 23. 62 Sonder, LKV 2013, 202 (203); Katz weist hierbei richtigerweise auf unterschiedliche Szenarien mit Grundrechtsrelevanz hin. So nennt er „die erdrosselnde Wirkung“, welche die Freiheit der Privaten „in unerträglichem Maße“ einschränke ebenso, wie die Fälle der „Auszehrung der Konkurrenz“ und „Begründung einer Monopolstellung“, Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 48, Rn. 71 m. w. N.; Hellermann, in: Dietlein / ders., § 2, Rn. 334; insgesamt ablehnend Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1861 ff., 1864 m. w. N. der sich zur Bestimmung eines Grundrechtseingriffs von solchen Schlagwörtern entfernt und stattdessen die allgemeine Eingriffsdogmatik heranzieht. Zwar sei zur Qualifizierung einer konkreten wirtschaftlichen Betätigung des Staates auf die Belastungsintensität der Maßnahme abzustellen. Die Annahme eines Eingriffs ab der Schwelle zur „Marktverdrängung“ stelle indes eine allzu restriktive Grundrechtsauslegung dar und sei deshalb abzulehnen; ablehnend auch Ruffert, in: BeckOK GG, Art. 12, Rn. 66, der in der staatlichen Wirtschaftsbetätigung einen (durch die Einhaltung der kommunalrechtlichen Schrankentrias) zu rechtfertigenden Eingriff erkennt. 63 So auch G. Manssen, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 12, Rn. 83 f.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Marktgenossen einen Unterlassungsanspruch gegen die Kommune aus § 3 Abs. 1 UWG zuzugestehen.64 5. Zwischenergebnis Obwohl sich das Grundgesetz äußerst zurückhaltend zur staatlichen Wirtschaftstätigkeit verhält, spricht insbesondere die traditionell weite Auslegung des Kompetenztitels des Rechts der Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für die Zulässigkeit einer solchen Betätigung. Von dieser Vorschrift wird die Wirtschaftsteilnahme von Kommunen als Teil der Exekutive allerdings nicht umfasst. Legitimationsgrundlage für die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ist ausschließlich die Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 LV NRW. Das zulässige Maß wirtschaftlicher Betätigung wird wiederum durch die Vorschriften der GO NRW festgelegt, wobei das OVG Münster § 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW eine Drittschützende Wirkung zugesteht und privaten Unternehmen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz gegen die kommunale Wirtschaftsbetätigung einräumt. Verfolgt die Gemeinde mit ihrer Marktteilnahme einen öffentlichen Zweck, dient die Wirtschaftsbetätigung mithin den Bedürfnissen und Interessen der Menschen in der politischen Gemeinde, ist die Betätigung der Gemeinde mit § 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW vereinbar.65 In diesem Fall gewähren grundsätzlich auch die Wirtschaftsgrundrechte privater Unternehmen keinen darüber hinausgehenden Schutz gegen die gemeindliche Wirtschaftsbetätigung. Diese können allerdings dann fruchtbar gemacht werden, wenn sich das kommunale Marktverhalten als Auszehrungs- und Verdrängungswettbewerb darstellt. Die Unzulässigkeit wettbewerbsverzerrender Wirtschaftsbetätigung wird einfachgesetzlich insbesondere durch § 3 Abs. 1 UWG gewährleistet.

II. Öffentlich-rechtliche Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben Durch die obigen Ausführungen konnte allerdings nur geklärt werden, dass und unter welchen Voraussetzungen es den Gemeinden gestattet ist, sich überhaupt wirtschaftlich zu betätigen. Bislang ungeklärt ist hingegen die Frage, welcher Organisationsformen sie sich hierbei bedienen dürfen. Konkret stellt sich die Frage, ob Gemeinden auch privatrechtlich organisierte Unternehmen gründen oder sich an solchen beteiligen dürfen. Bestehen nämlich hinreichende Möglichkeiten zur öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben, ist fraglich, weshalb der Gemeinde hierfür auch privatrechtliche Organisationsformen zur Verfügung stehen sollten. Wenn feststeht, dass es der öffentlichen Hand gestattet ist, sich 64 BGH NJW 2003, 752 (754); BGH NJW 1987, 60 (61 f.); Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 50 f. Rn. 74 f. mit Beispielen und Fallgruppen, die der Gesetzgeber in §§ 4 ff. UWG umgesetzt hat. 65 OVG Münster NVwZ 2008, 1031 (1033).

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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neben den öffentlich-rechtlichen auch privatrechtlicher Organisationsformen zu bedienen, stellt sich die Anschlussfrage nach den Kriterien für die Wahl der passenden Rechtsform sowie danach, ob die Gemeinden in der Wahl einer bestimmten Rechtsform etwaigen Beschränkungen ausgesetzt sind. Daher sollen im Folgenden Möglichkeiten und Grenzen der öffentlichen Hand, die Daseinsvorsorge in unterschiedlichen Organisationsformen zu sichern, dargestellt und in Verhältnis zueinander gesetzt werden.66 Zunächst gilt es herauszufinden, welche öffentlich-rechtlichen Organisationsformen der Gemeinde zur Verfügung stehen. Sodann sollen die Vor- und Nachteile der einzelnen Organisationsformen dargestellt und gegeneinander abgewogen werden. 1. Regiebetrieb Als „Archetyp gemeindeeigener Unternehmen“67 ist zunächst der Regiebetrieb zu nennen.68 Er hat keine eigenständige Rechts- und Organisationsform, ist weder rechtlich, noch leistungs- oder haushaltsrechtlich verselbstständigt, sondern stellt vielmehr eine unselbstständige Abteilung innerhalb der Kommunalverwaltung dar.69 Hierbei bedarf die Gründung eines Regiebetriebs keiner besonderen Form, sondern ist Ausdruck einer verwaltungsinternen Entscheidung, die als genuin organisatorische Maßnahme der zuständigen Organe der Gebietskörperschaft einzuordnen ist.70 Bildlich gesprochen ist es mangels Rechtspersönlichkeit in die administrative Hierarchie eingegliedert.71 Daher werden ihre Handlungen dem jeweiligen Verwaltungsträger zugerechnet und ihre Einnahmen und Ausgaben im Haushalt desselben ausgewiesen. Die wirtschaftliche Betätigung verbleibt mithin innerhalb der Gemeinde und untersteht daher ihrer umfassenden Einwirkungsmöglichkeit.72 Setzte man den Grad einer unternehmerischen Autonomie als Maßstab an, so stünde der Regiebetrieb von allen denkbaren Organisationsformen auf der untersten Stufe.73 66 Bei der Darstellung der nachfolgenden öffentlich-rechtlichen sowie privatrechtlichen Organisationsformen und Organisationsstrukturen sollen lediglich diejenigen Aspekte betont werden, die für die Wahl der Organisationsform von entscheidender Bedeutung sind. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Gründungsstadien und der rechtlichen Ausgestaltung des organisatorischen Gefüges erfolgt daher zweckorientiert und bloß vereinzelt. Hierfür darf insbesondere auf die Darstellung von Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 227–262 verwiesen werden. 67 Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 67. 68 Insbesondere im Bereich der Kulturverwaltung, Heinrichs, Kulturmanagement, S. 94 f. 69 Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 48; Häuselmann, VBlBW 1983, 230 (231). 70 Kurz, Theaterrecht, S. 45; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 238. 71 Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 236. 72 Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 12, Rn. 10; Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 55, Rn. 81. 73 Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 236 m. w. N. der auf das Theaterwesen als Frühform des Regiebetriebs hinweist.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

2. Eigenbetrieb Die Rechtsform des Eigenbetriebs74 bildet seit der Einführung des Eigenbetriebs durch § 74 DGO 1935 und die Eigenbetriebsverordnung vom 21.11.193875 (EigVO)76 den Regelfall klassischer Unternehmensorganisation.77 Der Eigenbetrieb hat keine eigene Rechtspersönlichkeit.78 Insoweit werden seine Handlungen ebenso wie beim Regiebetrieb der Trägergemeinde zugerechnet. Haushaltsmäßig und organisatorisch ist er gegenüber der Trägerkörperschaft jedoch verselbstständigtes Sondervermögen mit „eigener Kassen- und Kreditwirtschaft, eigener Buchund Finanzführung sowie eigener Wirtschafts-, Erfolgs-, Stellen-, Vermögens- und Finanzplanung“79.80 Er wird durch Beschluss der Gemeindevertretung errichtet. Hierbei wird angeordnet, dass bestimmte Teile des Gemeindevermögens in einem Eigenbetrieb organisatorisch verselbstständigt werden. Hierbei ist eine Ausstattung mit adäquatem Stammkapital obligatorisch. Dieses haftet nämlich auch für Verbindlichkeiten der Trägergemeinde.81 Ihrer Rechtsnatur nach sind Eigenbetriebe unselbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts und können sowohl wirtschaftliche Unternehmen i. S. d. § 107 Abs. 1 GO NRW als auch nichtwirtschaftliche Einrichtungen i. S. d. § 107 Abs. 2 GO NRW sein.82 Diese Rechtsform sei mit der 74 Sie wird oftmals auch als „Nettobetrieb“ bezeichnet, weil in den kommunalen Haushalten die Einnahmen und Ausgaben nicht aufgezählt werden, sondern lediglich das Ergebnis des Wirtschaftens (Gewinne und Verluste) eingeführt wird, siehe hierzu Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 241 f. 75 Abgedruckt in RGBl. I 1938, S. 1650, abrufbar unter: http://alex.onb.ac.at/cgi-content/ alex?aid=dra­&datum=1938&page=1828&size=45, (zuletzt abgerufen am 03.02.2020); Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 49. 76 Nach § 114 Abs. 1 GO NRW werden gemeindliche wirtschaftliche Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit (Eigenbetriebe)  nach den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung (EigVO) und der Betriebssatzung, welche vom Rat mit Hinweisen zum Namen des Eigen­ betriebs, der Zusammensetzung des Betriebsausschusses und der Festsetzung des Stamm­ kapitals zu erlassen ist, geführt. Durch die EigVO hat der Eigenbetrieb eine ausgeprägte verfassungs- und vermögensrechtliche Sonderstellung erhalten. Hierdurch wird ein flexibleres und stärker wirtschaftlich ausgerichtetes Handeln ermöglicht, vgl. Söbbecke, in Articus / Schneider, § 114, S. 521. 77 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 101, der in der Fn. 23 darauf hinweist, dass bereits § 74 DGO 1935 den Eigenbetrieb als fakultative „Organisationsform ohne Rechtspersönlichkeit“ eingeführt hat und die Aufstellung einer Betriebssatzung, die Errichtung eines Beirats (im Gegensatz zu Aufsichtsrat ohne Überwachungsfunktion, unstreitig siehe nur Hommelhoff, in: Lutter / ders., § 52 GmbHG, Rn. 4, 109) und grundsätzliche Leitlinien für eine Verselbständigung der Haushaltsführung, Vermögensverwaltung und Rechnungslegung vorschrieb. Die detaillierte rechtliche Ausgestaltung des Eigenbetriebs erfolgte erst durch die erwähnte Eigenbetriebsverordnung von 1938. 78 Heinrichs, Kulturmanagement, S. 95. 79 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 56, Rn. 83. 80 Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 12, Rn. 11. 81 Vgl. insgesamt Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 242. 82 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 114, S. 4; Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 481 f., Rn. 1034; a. A.  Kotzea / Held, in: Held / Winkel, § 114 GO NRW,

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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Intention entwickelt worden, insbesondere kommunalen Versorgungs- und Verkehrsbetrieben eine Organisationsform zur Hand zu geben, durch welche eine wirtschaftliche Betriebsführung unter gleichzeitiger Gewährleistung notwendiger Kontrolle und etwaiger Einflussnahme ermöglicht werden kann.83 Somit werde die Verbindung kommunalpolitischer Steuerungsbedürfnisse mit einem Höchstmaß an ökonomischer Flexibilität durch eine organisatorische, finanz- und haushaltswirtschaftliche Entkoppelung des Eigenbetriebs von der Kommune einerseits und der Bewahrung seiner rechtlichen Unabhängigkeit andererseits herbeigeführt.84 Hierdurch sei es der Gemeinde möglich, eine „optimale Unternehmensführung zwischen den Polen Wirtschaftlichkeit und öffentlichem Kommunalinteresse zu ermöglichen.“85 Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Hauptverwaltungsbeamte der jeweiligen Gebietskörperschaft weitgehende Weisungs- und Aufsichtsrechte behält und Dienstherr des Personals bleibt.86 Jenseits dieser Kontrolle zeichnet sich der Eigenbetrieb aber gerade durch eine organisatorische Selbstständigkeit aus, welche es der Gemeinde ermöglicht, die Einrichtung mit eigenen Organen, insbesondere mit einer Betriebsleitung und einem Betriebsausschuss, auszustatten. Durch die rechnungsmäßige Verselbständigung sei es möglich, die Finanzvorgänge aus der Verwaltung herauszulösen und hierdurch die wirtschaftliche Betätigung transparenter, vergleichbarer und letztlich auch wettbewerbsfähiger zu gestalten.87 3. Rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts Den Gemeinden steht nach § 114a GO NRW die Rechtsfähige Anstalt des öffent­ lichen Rechts88 (Kommunalunternehmen) als weitere Organisationsform öffentlicher Unternehmen zur Verfügung. Sie ist eine von einem Hoheitsträger getraS. 558, die ausdrücklich darauf hinweisen, dass die in § 107 Abs. 2 Satz 1 GO NRW genannten Einrichtungen auch dann keine Eigenbetriebe würden, wenn sie nach § 107 Abs. 2 Satz 3 GO NRW nach den für Eigenbetriebe geltenden Vorschriften geführt werden. Hierfür etablieren Kotzea / Held den Begriff der „eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen“. 83 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 56, Rn. 84. 84 Katz, ebda. 85 Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 483, Rn. 1037 mit Verweis auf Häuselmann, VBlBW 1983, 230 (231). 86 Küppers / Konietzka, Betriebsformen für die kommunale Kulturarbeit, S. 33; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 243 f., der aber unter Verweis auf Püttner, Mitbestimmung in kommunalen Unternehmen, S. 13 betont, dass grundsätzliche Entscheidungen in die Zuständigkeit der Gemeindevertretung fallen. Püttner untersucht in diesem Zusammenhang welchen Organen des Eigenbetriebs eine Entscheidungsbefugnis neben der Gemeindevertretung eingeräumt ist (S. 13 f.). 87 Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 9; Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 483, Rn. 1037. 88 Neben den nichtrechtsfähigen (Bundes-)Anstalten (so etwa die Bundeszentrale für politische Bildung), die zwar organisatorisch selbstständig, aber nicht rechtlich eigenständig sind, weil sie eingegliederter Teil ihres Trägers sind, können auch teilrechtsfähige Anstalten erwähnt werden (etwa der Deutsche Wetterdienst oder die Frankfurter Wertpapierbörse). Sie sind zwar in

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

gene, kraft öffentlichen Rechts gegründete, mit eigenem Personal und Sachmitteln versehene, nicht mitgliedschaftlich strukturierte Organisation, die der Erfüllung sachlich zusammenhängender öffentlicher Zwecke dient.89 Ihre Rechtsverhältnisse basieren auf Landesrecht und werden im Einzelnen durch eine von der Gemeinde erlassene Anstaltssatzung geregelt, in welcher Anstaltszweck, Unternehmensgegenstand und die zur Erledigung übertragenen Aufgaben festgelegt werden.90 Sie ist mit eigenem Stammkapital sowie mit eigenen Personal- und Sachmitteln ausgestattet und im Gegensatz zum Regie- und Eigenbetrieb Träger von eigenen Rechten und Pflichten, kann Eigentum und andere dingliche Rechte erwerben und ist im Prozess parteifähig. Je nach Umfang der Aufgabenerfüllung kann die Anstalt des öffentlichen Rechts selbst Aufgabenträger sein, Satzungen und Verwaltungsakte erlassen sowie Gebühren erheben.91 Hierbei wird die Anstalt von einem Vorstand in eigener Verantwortung geführt und die Geschäftsführung desselben von einem Verwaltungsrat überwacht. Dem Anstaltsträger obliegt die Pflicht, die Anstalt dergestalt finanziell auszustatten, dass sie ihre Aufgaben zweckmäßig erfüllen kann (Anstaltslast).92 Schließlich sei betont, dass eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts nur von einer Kommune, nicht aber von einem Kommunalunternehmen getragen werden kann. Das Kommunalunternehmen kann daher keine Anstalt gründen und verwalten. Insoweit ist sie nicht mit einer Holding-Struktur vergleichbar. Der Gemeinde bleibt aber der Weg frei, mehrere Anstalten zu gründen und sie kraft Unternehmenssatzung hierarchisch ins Verhältnis zu setzen.93

die Staatsverwaltung eingegliedert. Ihre Teilrechtfähigkeit ist jedoch in der jeweiligen Rechtsgrundlage verankert (etwa § 1 Abs.1 Gesetz über den Deutschen Wetterdienst). Hierdurch können sie Dritten gegenüber selbständig auftreten wobei sie von der Geschäftsführung gerichtlich und außergerichtlich vertreten werden, Beck, in: Schwark / Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsG, Rn. 35 ff. 89 Gern / Brüning, Deutsches Kommunalrecht, S. 486, Rn. 1049; als verwaltungsrechtliches Institut wurde sie von Otto Meyer bereits definiert, vgl. hierzu Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 23 Rn. 53. 90 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 60, Rn. 90. 91 Vgl. zum Ganzen Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 10; Schraml, in: Mann / ​ Püttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 45, Rn. 5. 92 Hierauf und die grundsätzlich bestehende Gewährträgerhaftung der Kommune für die Verbindlichkeiten der Anstalt (Vgl. § 114a Abs. 5 Satz 1 GO NRW) weisen Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 41 f., Rn. 14 und Lux, NWVBl. 2000, 7 (12) hin, freilich unter Betonung der Ausnahme für Sparkassen als in den Landessparkassengesetzen vorgesehenen Hauptanwendungsfall der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts. Ebenso wie bei Landesbanken begründeten Anstaltslast und Gewähr­ trägerhaftung eine „Insolvenzfestigkeit“, die eine europarechtswidrige Wettbewerbsverzerrung im Kreditgewerbe darstellten, Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 42, Rn. 14. 93 Zum Ganzen zutreffend Schraml, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 45, Rn. 8.

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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4. Rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts Als weitere Organisationsform für öffentliche Unternehmen und Einrichtungen kommt die rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts in Betracht.94 Sie ist rechtlich verselbstständigt und wird durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes errichtet, dient der dauerhaften Erfüllung eines bestimmten öffentlichen Zwecks, hat hoheitliche Befugnisse und unterliegt staatlicher Aufsicht.95 Die Stiftungen des öffentlichen Rechts erfüllen öffentliche Aufgaben als Teil des öffentlich-rechtlichen Verwaltungssystems der mittelbaren, staatlichen oder kommunalen Verwaltung.96 Daher sind ihre Rechtsverhältnisse im Landesorganisationsgesetz NRW (§§ 18–21 LOG NRW) geregelt. Die Errichtung der öffentlich-rechtlichen Stiftung erfolgt durch eine rechtgeschäftliche Vermögenswidmung des Stifters, der sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person des öffentlichen oder des privaten Rechts sein kann.97 Bezeichnend für die Stiftung des öffentlichen Rechts ist, „dass es sich jeweils um eine zweckgebundene Vermögensmasse handelt, die dauerhaft existiert, sich gewissermaßen „selbst gehört“ und mit den Vermögenserträgen den gesetzten Zweck verfolgt. Damit ist es Wesensmerkmal einer Stiftung, dass das in ihr gebundene Vermögen nach seiner Übertragung dauerhaft dem Zugriff des Stifters entzogen ist.“98

Letzteres hat erheblichen Einfluss auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen kommunales Vermögen dauerhaft in einer Stiftung gebunden werden darf.99 Allerdings darf die Möglichkeit der Stiftung des öffentlichen Rechts als eine weitere Organisationsform für kommunale Wirtschaftsunternehmen nicht überschätzt werden. Denn gemäß §§ 21, 18 LOG NRW können sie nur durch oder auf Grund eines Gesetzes errichtet werden. Solche Ermächtigungsgrundlagen sind jedoch sehr selten, wodurch Stiftungen des öffentlichen Rechts in der Wirtschaftslandschaft insgesamt seltener vorzufinden sind. Zwar kann auf Bundesebene sicherlich die Stiftung preußischer Kulturbesitz, die zu 75 Prozent von der Bundesrepublik und zu 25 Prozent durch alle Bundesländer getragen wird, genannt werden.100 Be 94 Gemeint ist die rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts in Abgrenzung zur nicht rechtsfähigen (fiduziarischen) Stiftung, die von einem Treuhänder verwaltet wird sowie zur Stiftung des bürgerlichen Rechts, §§ 80 ff. BGB. Die in § 100 GO NRW normierten örtlichen Stiftungen sind entweder rechtsfähige oder rechtlich unselbstständige Stiftungen des privaten Rechts, zum Begriff der Stiftung Thiel, in BeckOK Kommunalrecht NRW, § 100, Rn. 1–5; Schlüter / Krüger, DVBl. 2003, 830 (832 f.); Geiger, in: Articus / Schneider, S. 456, § 100; Klieve, in: Held / Winkel, § 100 GO NRW, S. 432. Daneben sind auch Stiftungen des kirchlichen Rechts zu erwähnen. Hierauf wird indes nicht eingegangen. 95 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 43, Rn.15; Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 23 Rn. 62. 96 Schlüter / Krüger, DVBl. 2003, 830 (832). 97 Vgl. von Campenhausen / Stumpf, in: Richter, Stiftungsrecht, § 13, Rn. 40 f.; Schlüter / Krüger, DVBl. 2003, 830 (832). 98 Ch. A. Geiger, in: Articus / Schneider, § 100, S. 455. 99 Ch. A. Geiger, in: Articus / Schneider, § 100, S. 455. 100 Als Beispiel einer Stiftung des öffentlichen-Rechts auf Landesebene ist die Berliner Philharmonie zu nennen, die unter der Trägerschaft des Landes Berlin organisiert ist.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

trachtet man indes die öffentlich-rechtliche Stiftungslandschaft in NRW, so wird die geringe Bedeutung augenscheinlich. Denn insoweit existieren im Ressort­ bereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales lediglich fünf Stiftungen des öffentlichen Rechts.101 5. Zweckverbände Der Zweckverband102 als „kommunaltypische öffentlich-rechtliche Organisationsform für die interkommunale Zusammenarbeit“103 ist eine organisatorisch und rechtlich verselbständigte Körperschaft des öffentlichen Rechts, die der gemeinsamen Wahrnehmung einzelner, bestimmter kommunaler Aufgaben dient.104 Es handelt sich somit um keine eigenständige Rechtsform, sondern um einen Zusammenschluss von Rechtsträgern zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks.105 Er ist eine Form der gemeinsamen Zusammenarbeit mehrerer Gebiets­körperschaften als Träger und damit eine spezielle Trägerrechtsform.106 Der Zweckverband nimmt all jene Aufgaben wahr, die ursprünglich von den jeweiligen Kommunen selbst ausgeführt wurden. Durch die Übertragung dieser Aufgaben auf den Zweckverband verlagert die Kommune nicht nur die Pflicht zur Erfüllung auf den Zweckverband, sondern entäußerst sich der gesamten Aufgabe.107 Gemeinden und Gemeindeverbände können sich zunächst freiwillig durch Vereinbarung einer Verbandssatzung mittels öffentlich-rechtlichen Vertrags (§§ 54 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz NRW) zu einem Zweckverband zusammenschließen und einen sog. Freiverband 101 Dies ergab eine schriftliche Anfrage bei der Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) – Geschäftsbereich Statistik vom 13.12.2018. Die Angaben umfassen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen in öffentlich-rechtlicher sowie privatrechtlicher Organisationsform. Eine Unterscheidung in Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erfolgt hingegen nicht. 102 Rechtsgrundlage für die Gründung, Ausgestaltung und Aufgabenwahrnehmung ist das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit NRW (GkG NRW). In der Praxis wird der Zweckverband häufig für größere Kommunalprojekte, etwa der Abfallentsorgung, Fern­ wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, den öffentlichen Nahverkehr, Kulturbereich sowie der Krankenversorgung gewählt, vgl. Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 11. 103 So ausdrücklich Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 168. Zu beachten ist aber, dass die Mitgliedschaft im Zweckverband auch juristischen Personen des Privatrechts sowie natürlichen Personen offensteht, §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 15 Abs. 1 Satz 5 GkG NRW. 104 Häuselmann, VBlBW 1983, 230 (231); Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 11; Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 168. 105 Vgl. Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 259, der zugleich darauf aufmerksam macht, dass der Zweckverband zwar eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit sei, es sich bei ihr jedoch nicht um eine Gebietskörperschaft handele. Insoweit fehle ihr nämlich die notwendige Gebietshoheit. 106 Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 236, der zwischen den (kulturellen) Einrichtungen selbst und den Trägern, welche dieselben betreiben und an welchen die öffentliche Hand beteiligt ist, unterscheidet. 107 Scheytt, Rechtsgrundlagen der kommunalen Kulturarbeit, S. 51; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 259.

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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begründen. Nach §§ 4 Abs. 1 Hs. 2, 13 Abs. 1, 2 GkG NRW können sie zur Erfüllung von Pflichtaufgaben108 nach Ablauf einer Frist zur Gründung eines Freiverbandes, auch zwangsweise durch aufsichtsbehördliche Verfügung zu einem Pflichtverband zusammengeschlossen werden. Die Verfassung und Verwaltung des Zweckverbandes richten sich gemäß §§ 9, 10 Abs. 1 GkG NRW nach der von dem Zweckverband zu erlassenden Zweckverbandssatzung, die von der Aufsichtsbehörde  – der Bezirksregierung bzw. der Landrätin oder dem Landrat gemäß § 29 Abs. 2, 3 GkG NRW – zu genehmigen ist. Soweit der Zweckverband unternehmerisch tätig ist, gelten die Bestimmungen des jeweiligen Kommunalwirtschaftsrechts kraft ausdrücklicher Regelung oder Verweisung entsprechend.109 Wie die einzelne Kommune ohne den Zusammenschluss, kann auch der Zweckverband ein Unternehmen in öffentlich-rechtlicher (Regie- oder Eigenbetreib) oder privatrechtlicher Form gründen oder sich an einer Gesellschaft beteiligen.110 Bemerkenswert ist auch, dass es auch sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht verwehrt ist, Mitglied im Verband zu werden. So könnten der Bund, die Länder sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen Mitglieder des Zweckverbands werden. Selbst natürliche oder juristische Personen des Privatrechts könnten Mitglieder werden, soweit die Erfüllung der Verbandsaufgaben effektuiert würde und Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstünden.111 Vor dem Hintergrund einer etwaigen öffentlich-rechtlichen Zusammenarbeit dürfte diese Feststellung für die Wahl der Rechtsform von einer nicht unwesentlichen Bedeutung sein.

III. Zwischenergebnis: Vergleich der öffentlich-rechtlichen Organisationsformen Jede der oben dargestellten Organisationsformen zeichnet sich durch formimmanente Stärken und Schwächen aus. So ermöglicht die enge Verflechtung des Regiebetriebs mit der öffentlichen Verwaltung einerseits eine unvergleichliche Einwirkungsmöglichkeit der öffentlichen Hand auf diesen. Insoweit führt die Eingliederung des Regiebetriebs in den Verwaltungsapparat dazu, „dass man eher von einem modifizierten Verwalten denn einem unternehmerischen Wirtschaften 108 Durch das Gesetz zur Stärkung der regionalen und interkommunalen Zusammenarbeit der Städte, Gemeinden und Kreise in NRW vom 03.02.2004 ist nunmehr eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Städten untereinander oder einer kreisfreien Stadt und einem Nachbarkreis auch in Bereichen der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung möglich, wenn zuvor eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung nach §§ 23 ff. GkG NRW getroffen wurde und keine anderweitige Regelung diese Zusammenarbeit oder die Übertragung für unzulässig erklärt, § 3 Abs. 5, 6 GO NRW, vgl. Wansleben, in: Held / Winkel, § 3 GO NRW, S. 99 f., der auch auf die Rechtslage vor der Gesetzesänderung hinweist. 109 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 58, Rn. 46. 110 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 58, Rn. 46; Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 11. 111 Instruktiv zum Ganzen Scheytt, Rechtsgrundlagen der kommunalen Kulturarbeit, S. 51; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 259 f.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

sprechen kann“112. Andererseits führt dies jedoch zum Fehlen einer betrieblichen Entscheidungs- und Finanzautonomie sowie zu erheblich langen, der Verwaltung eigenen Entscheidungswegen. Daher ist der Regiebetrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung nur von geringer Bedeutung.113 Demgegenüber weist der Eigenbetrieb trotz seiner rechtlichen Unselbstständigkeit aufgrund organisatorischer sowie finanz- und haushaltswirtschaftlicher Autonomie eine unvergleichlich größere Flexibilität bezüglich Finanzierung, Investition und Personalausstattung auf.114 Auch die kürzeren und wirtschaftsorientierten Entscheidungswege durch eigene Organe und die Übertragung der laufenden Betriebsführung auf die Betriebsleitung und die Ausgestaltung eines effektiven kaufmännischen Rechnungswesens115 begründen den hohen Stellenwert des Eigenbetriebs und erklären, weshalb noch vor wenigen Jahren diverse Gemeindeordnungen dieser Organisationsform einen gesetzlich normierten Vorrang für kommunale wirtschaftliche Unternehmen gegenüber privatrechtlichen Unternehmen einräumten.116 Die Möglichkeit einer modernen, betriebswirtschaftlich konkurrenzfähigen Unternehmensführung in Verbindung mit einer weitreichenden Kontrolle und Einflussnahme durch die demokratisch legitimierten Gemeindeorgane verleihen dem Eigenbetrieb daher noch immer einen besonderen Rang bei der Wahl einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform. Zu Recht spricht Fabry der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts einen besonderen Charme zu.117 Die Rechtsfähigkeit der Anstalt verleiht ihr im Verhältnis zum Eigenbetrieb nämlich eine größere wirtschaftliche Autonomie, eine erweiterte organisatorische Gestaltungsfreiheit bei fortbestehender kommunaler 112 Insgesamt instruktiv Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 28, 29. 113 Janson, Rechtformen öffentlicher Unternehmen, S. 152; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 99; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 29. 114 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 40, Rn. 12. 115 Durch § 106 GO NRW werden die Gemeinden zu einer Jahresabschlussprüfung der Eigenbetriebe verpflichtet, welche nach § 106 Abs. 2 Satz 1 GO NRW der Gemeindeprüfungsanstalt obliegt und sich nach der Eigenbetriebsverordnung, der Verordnung zur Durchführung der Jahresabschlussprüfung bei Eigenbetrieben und prüfungspflichtigen Einrichtungen sowie nach den einschlägigen Fachgutachten, Stellungnahmen und Prüfungsstandards des Instituts der Wirtschaftsprüfer richtet, vgl. Kotzea / Held, in: Held / Winkel, § 106 GO NRW, S. 445; Knirsch, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 106, S. 2, 3. 116 Zum Ganzen Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 46 f., Rn. 25 mit Hinweisen auf die Kommunalverfassungen von Mecklenburg-Vorpommern § 69 Abs. 1 Nr. 1 KV M-V (gültig bis 5.9.2011); Gemeindeordnung Schleswig-Holstein § 102 Abs. 1 Nr. 1 GO S-H (gültig bis 12.04.2012); Thüringer Kommunalordnung § 73 Abs. 1 Nr. 2 ThürKO (gültig bis 30.07.2013); Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 229, der insbesondere auf die Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt § 117 Abs. 1 Nr. 1 GO LSA (außer Kraft seit 01.07.2014) verweist. Das traditionell starke Vorrangverständnis von Eingetrieben in Bayern, relativierte sich mit der Reform des kommunalen Wirtschaftsrechts 1995 zugunsten der Anstalt des öffentlichen Rechts als „fakultative Rechtsformalternative“, Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 43. In NRW war ein solcher Vorrang hingegen auch damals schon fremd. Vielmehr wurde den Gemeinden für die Wahl der Unternehmensform seit jeher ein weites Ermessen eingeräumt, vgl. OVG Münster NVwZ 1995, 1238 (1240). 117 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 42, Rn. 14.

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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Einflussmöglichkeit (Gewährung von Zustimmungs­vorbehalten, Weisungen- und Informationsrechten) und vor allem eine höhere Flexibilität bei einer nicht geringeren demokratischen Legitimation.118 Die oben dargestellten Vor- und Nachteile des Eigenbetriebs gelten insoweit auch für den Zweckverband, als das die Verbandssatzung bestimmt, dass die Regelungen über die Wirtschaftsführung sowie das Rechnungswesen, welche für den Eigenbetrieb gelten, auch hinsichtlich des Zweckverbands Anwendung finden.119 Für wirtschaftliche Unternehmungen des öffentlichen Rechts gänzlich ungeeignet und daher zu vernachlässigen sind hingegen rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie gemäß §§ 21, 18 LOG NRW nur durch oder aufgrund eines Gesetzes errichtet werden können, solche Ermächtigungsgrundlagen in der Praxis indes oftmals fehlen und die Gemeinden zum Erlass von Gesetzen nicht berechtigt sind.120 Welche Organisationsform die öffentliche Hand für ihre wirtschaftliche Unternehmung favorisiert, lässt sich nicht allgemein bestimmen. Im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung wird sie zu entscheiden haben, welches Maß an wirtschaftlicher und organisatorischer Unabhängigkeit sie ihren Unternehmen und Einrichtungen einräumen und in welchem Maße sie sich Kontroll- und Weisungsbefugnisse sichern möchte. Freilich wird sich die Kommune bei ihrer betriebswirtschaftlichen Aufstellung gemeinwohlorientiert zeigen (müssen) und sich mit ähnlichen Fragen wie bei der noch zu diskutierenden Entscheidung für und wider eine privatrechtliche Unternehmensform auseinandersetzen.

IV. Die privatrechtliche Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben Die Befugnis der Gemeinden darüber zu entscheiden, ob sie ihre Unternehmen (§ 107 Abs. 1 GO NRW) und Einrichtungen (§ 107 Abs. 2 GO NRW) in privater Rechtsform betreiben, folgt u. a. aus der bereits aufgezeigten objektiven Rechtsinstitutionsgarantie als eine der drei Ausprägungen der kompetenzbestimmenden kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG.121 Die Wahl der Rechtsform ist ein essentieller Bestandteil der organisatorischen Grundentscheidung für ein öffentliches Unternehmen. „Denn diese Grundentscheidung betrifft die wesentliche Kompetenzverteilung zwischen Unternehmen und Träger.“122 118 Fabry, ebda.; Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 58, Rn. 89, 91, der insbesondere die Dienstherrenfähigkeit, die Ausübung hoheitlicher Befugnisse bei marktwirtschaftlich orientiertem Rechnungswesen mit gesonderter doppelter Buchführung sowie der Rechtsaufsicht und Rechnungsprüfung betont. 119 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 62, Rn. 94 (z. B.: § 18 Abs. 3 GkG NRW). 120 So im Ergebnis auch Schlüter / Krüger, DVBl. 2003, 830 (832). 121 VerfGH NRW NJW 1979, 1201 (1201). 122 Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen, S. 207.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Gleichwohl soll nachfolgend untersucht werden, ob die Wahl der Rechtform etwai­ gen verfassungsrechtlichen, einfachgesetzlichen sowie spezifisch kommunalrechtlichen Beschränkungen unterliegt. Dies hätte zur Folge, dass die grundsätzlich bestehende Organisationsfreiheit eingeschränkt würde und in einigen Fällen lediglich die öffentlich-rechtlichen Organisationsformen zulässig wären. 1. Verfassungsrechtliche Begrenzung der organisatorischen Wahlfreiheit Nachdem nunmehr geklärt werden konnte, dass sich die öffentliche Hand wirtschaftlich betätigen und hierfür auf ein breites Tableau öffentlich-rechtlicher Organisationsformen zurückgreifen darf, stellt sich die Frage, ob sich aus der Verfassung selbst Regelungen ergeben, welche hoheitliche Tätigkeiten in privatrechtlicher Organisationsform einschränken.123 In diesem Zusammenhang ist Erbguth und Stollmann124 eine treffende Standortbestimmung der ökonomischen Verwaltungstätigkeit im Verfassungsgefüge gelungen. So stellen sie fest: „Die Verwaltung als staatliches Organisations- und Handlungswesen [vgl. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG] wird durch das Grundgesetz bzw. die Landesverfassungen konstituiert. Daher darf jede Verwaltungstätigkeit und damit auch das organisatorische Eindringen der Verwaltung in den Privatrechtssektor nicht der verfassungsmäßigen Ordnung widersprechen.“

Dies vorweggenommen, steht das Grundgesetz – vorbehaltlich der Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung – privatrechtlich organisierter Hoheitstätigkeit an keiner Stelle feindlich gegenüber. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG, der Hoheitsträger lediglich „in der Regel“ dazu verpflichtet hoheitsrechtliche Befugnisse Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen. Im Umkehrschluss stehen der öffentlichen Hand in wirtschaftspolitisch sinnvollen Gegebenheiten also auch privatrechtliche Instrumente zur Verfügung. Dass hoheitliche Aufgaben ausschließlich der öffentlich-rechtlichen Organisationsform vorbehalten sind, ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem Merkmal „Organe“ in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG. So beurteilt bereits Ossenbühl125: „Daß die „vollziehende Gewalt“ durch „besondere Organe“ ausgeübt wird, ist ein Verfassungserfordernis, welches den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gewaltenteilung mit dem Gebot demokratischer Legitimation verknüpft, aber die Organisationsstruktur, soweit sie nicht durch das Grundgesetz selbst weiter ausgeprägt wird, offen lässt. Jedenfalls kann dem Demokratiegebot nicht entnommen werden, dass eine GmbH oder eine Privatperson als „besondere Organe der vollziehenden Gewalt“ a limine auszuscheiden hätten.“ 123 Nach Ehlers besteht ein Vorrang des öffentlichen Rechts, wenn die öffentlich-rechtliche Organisationsform genauso gut wie die privatrechtliche geeignet ist, Ehlers, DVBl. 1998, 497 (505); ders., DVBl. 1997, 137 (141). 124 Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (799) mit Verweis auf BGH NJW 1985, 197 (200) „ein solches Unternehmen [Anm.: privatrechtlich verfasstes Rechtssubjekt] stellt nur eine besondere Erscheinungsform dar, in der öffentliche Verwaltung ausgeübt wird“. 125 Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (159 f.).

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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Eine restriktive Auslegung des Merkmals „Organe“ dahingehend, dass damit lediglich öffentlich-rechtliche Organe gemeint sein sollen, ist daher nicht geboten. Insoweit trifft die Verfassungsvorschrift nämlich keine Aussage über die Organisationsstruktur und Rechtsform der besonderen Organe.126 Schließlich dürften die Ausführungen des BVerfG im „Rastede-Beschluss“ so zu verstehen sein, dass Gemeinden sich nicht nur allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ohne besonderen Kompetenztitel widmen, sondern sich auch nach ihrem Ermessen organisieren dürfen.127 Es gilt nämlich insoweit „das Prinzip der organisatorischen Wahlfreiheit“128, bei dem die Gemeinde grundsätzlich nach ihrem sachgerechten eigenen Ermessen über die Rechts- und Organisationsform eines ihrer Unternehmen entscheidet“129. Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Kommune von Verfassung wegen nicht gehalten ist, sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen zu beschränken. Vielmehr darf sie sich für diejenige Rechtsform entscheiden, die sie zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung der mannigfaltigen Gemeindetätigkeiten als zweckmäßig erachtet. 2. Einfachgesetzliche Beschränkungen der organisatorischen Wahlfreiheit jenseits der Gemeindeordnung Allerdings bestehen jenseits dieser verfassungsrechtlich verbürgten „Wirtschaftsorganisationsfreiheiten“ einfachgesetzliche Schranken, die zwingende Vorgaben an die einzuhaltende Rechtsform bei der jeweiligen Verwaltungstätigkeit erteilen. In Einzelfällen besteht nämlich die Pflicht diese hoheitlichen Aufgaben allein durch öffentlich-rechtliche Träger zu erfüllen. Die Wahrnehmung derselben in privatrechtlicher Organisationsform wird in diesen Fällen entweder ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen. Wann dies der Fall ist, bestimmt das jeweilige Fachrecht gesondert. Allerdings kommen hier nur wenige nennenswerte Beispiele in Betracht. In Nordrhein-Westfalen ist das Sparkassengesetz NRW (SpkG NRW) als ein solches organisationswahlbeschränkendes Gesetz zu nennen.130 126 Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (159 f.); Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (800); etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der ausdrücklichen Erwähnung der „Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts“ in Art. 87 Abs. 3 GG, weil sich der Vorschrift eine Beschränkung der Verwaltung auf diese Organisationsformen nicht entnehmen lässt. 127 BVerfGE 79, 127 (143); Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 514 f. 128 BVerfGE 27, 364 (374); BVerwGE 94, 229 (231 f.); kritisch Ehlers, DVBl. 1997, 137 (141); ablehnend Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, S. 166 ff. 129 So ausdrücklich Pitschas / Schoppa, DÖV 2009, 469 (471); auf die freie Wahl, die Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich auszugestalten, weist Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1316) hin. 130 Als ein weiteres Beispiel ist das NRW.Bank-Gesetz (NRW.BankG) zu nennen, das in § 1 NRW.BankG bestimmt, dass die NRW Bank ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts ist.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Dort ist in § 1 Abs. 1 SpkG NRW ausdrücklich angeordnet, dass Gemeinden oder Gemeindeverbände mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Sparkassen als ihre Wirtschaftsunternehmen lediglich in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts errichten dürfen.131 Auf Bundesebene ist etwa das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erwähnenswert. Dort wird in § 40 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BAföG festgelegt, dass ein Studentenwerk nur dann ein Amt für Ausbildungsförderung sein kann, wenn es eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist.132 Weiterhin sieht auch das Mess- und Eichgesetz (MessEG) eine einfachgesetzliche Schranke für die Wahl der Rechtsform vor. In § 40 Abs. 1 Satz 1 MessEG ist nämlich festgelegt, dass die Eichung von den nach Landesrecht zuständigen Behörden vorgenommen wird. Der Vollzug des MessEG obliegt somit den Bundesländern. Diese haben durch Landeszuständigkeitsverordnungen festzulegen, welche Behörden für den Vollzug zuständig sind.133 Insoweit ist die Durchführung des Eichwesens durch eine andere Organisationsform als einen Landesbetrieb nicht möglich.134 Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Eichwesen durch §§ 52 Abs. 1, 48 Abs. 1 MessEG den Marktüberwachungsbehörden (Landesbetrieb Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen) Betretungsrechte, Mitwirkungs- und Duldungspflichten zur Überwachung, mithin genuin hoheitliche, eingriffsverwaltende Rechte einräumt.135

131 Gänzlich anders gestaltet sich die Rechtslage bei den freien Sparkassen, die nicht der jeweiligen Gebietskörperschaft unterstehen und derzeit ausschließlich in der Privatrechtsform der Aktiengesellschaft geführt werden (Bordesholmer Sparkassen AG; die Sparkassen Bremen AG; Sparkasse zu Lübeck AG; Hamburger Sparkassen AG; Sparkasse Mittelholstein AG). Zum Motiv des Zuganges zum freien Kapitalmarkt vgl. Jellinghaus, NVwZ 2013, 407 (407, 408). 132 Dies trifft nach § 1 Abs. 1, 3 Studentenwerksgesetz NRW auf die Studentenwerke an den Universitäten und Hochschulen des Landes NRW zu. 133 Nach § 1 Eichzuständigkeitsverordnung NRW (EichZustVO) ist in NRW der Landes­ betrieb Mess- und Eichwesen NRW für die Durchführung des MessEG zuständig. Dieser ist dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen unterstellt. 134 Zwar betätigen sich im Mess- und Eichwesen auch Wirtschaftsakteure. Diese staatlich anerkannten Prüfstellen für Versorgungsmessgeräte werden jedoch auch nach ihrer Anerkennung fortwährend vom Landesbetrieb Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen beaufsichtigt. Zudem müssen diese Prüfstellen unabhängig vom jeweiligen Versorgungsunternehmen sein. 135 Zum (noch immer) geltenden Verbot die öffentlich-rechtlich geregelte Eingriffsverwaltung privatrechtlich auszugestalten, vgl. Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 23, Rn. 68, mit Hinweis auf die Leistungsverwaltung als genuines Aufgabenfeld; offener formuliert es Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 122, 123 „[…] Muß der Begriff der hoheitlichen Befugnisse demnach extensiv interpretiert werden, bedeutet dies zugleich, daß der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG nicht beliebig durch die Übertragung von Verwaltungskompetenzen auf publizistische oder gemischt publizistische Privatrechtsvereinigungen mit eigenem Anstellungsrecht unterlaufen werden darf […].“

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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3. Schrankenregelungen der Gemeindeordnung NRW Gemeinden unterliegen bei der Ausübung ihres Organisationsermessens rechtlichen Grenzen, so dass die „Wahlfreiheit insoweit rechtlich begrenzt, faktisch eingeschränkt und rechtlich überlagert“136 wird. Vorbehaltlich etwaiger Regelungen mit einer „Kernbereichsrelevanz“, steht es dem Gesetzgeber nämlich frei, das „Ob“ und „Wie“ gemeindlicher Organisationsentscheidungen auszugestalten.137 Hierdurch solle die Gemeinde bei der Ausübung ihres grundsätzlich freien Organisationsermessens vor etwaigen Gefahren138, die mit einer privatrechtlichen Organisationsform im Rahmen einer formellen sowie funktionalen Privatisierung139 einhergehen, geschützt, die kommunale Aufgabenerfüllung gesichert und die Entscheidungshoheit der demokratisch legitimierten Kommunalorgane erreicht werden.140 Angesprochen sind hier neben den bereits erwähnten Schranken, die Vorgaben nach § 107 Abs. 1 Nr. 1–3 GO NRW hinsichtlich des „Ob“ der wirtschaftlichen Betätigung sowie die nunmehr zu untersuchenden Voraussetzungen, nach 136 So ausdrücklich Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 63, Rn. 96. 137 Insoweit verbieten sich jegliche Regelungen, welche die organisatorische Gestaltungsmöglichkeit der Gemeinde gänzlich aushebeln, vgl. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 43; allgemein zum unantastbaren „Kernbereich“ kommunaler Selbstverwaltung in Abgrenzung zum gesetzlich regulierbaren „Randbereich“, Dietlein, in: ders. / Hellermann, § 1, Rn. 186. Allerdings weist Dietlein zugleich darauf hin, dass innerhalb der unterschiedlichen Gewährleistungsebenen die Unterscheidung beider Bereiche ihre Relevanz verloren habe. Denn auch der Gesetzgeber unterliege den uneingeschränkten Bindungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Eine unverhältnismäßige Regulierung könne deshalb nicht lediglich den „Randbereich“ kommunaler Selbstverwaltung tangieren, vgl. Dietlein, in: BeckOK Kommunalrecht Bayern, Systematische Einführung zum Kommunalrecht Deutschlands, C. II. 3. Rn. 39. 138 Gemeint ist insbesondere der drohende Kontrollverlust, der eintreten kann, wenn sich die Kommune der (unkontrollierten) Dynamik des freien Marktes hingibt. Insbesondere im Rahmen der Daseinsvorsorge stieße eine allzu wirtschaftsorientierte Entkopplung vom Ziel nachhaltiger Gemeinwohlsicherung an die Grenzen des erforderlichen demokratischen und sozialstaatlichen Legitimationsniveaus. 139 Unter einer formellen Privatisierung (unechte oder auch Organisationsprivatisierung) versteht man die Übertragung der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe auf eine vollständig von der öffentlichen Hand getragenen Gesellschaft in privater Rechtsform, sog. Eigengesellschaft. Von einer materiellen Privatisierung spricht man hingegen dann, wenn sich der Staat dauerhaft von seinen Aufgaben unter Übertragung der Verantwortung für die Leistungserbringung sowie der Leistungserstellung auf einen Privaten zurückzieht. Die funktionale Privatisierung meint hingegen die Einbeziehung eines jedenfalls teilweise von der öffentlichen Hand unabhängigen Privaten in die Erledigung öffentlicher Aufgaben. Hierbei bleibt die Grundrechtsbindung sowie das Gebot demokratischer Legitimation unberührt, vgl. Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 3, 5; BVerfG, NJW 2011, 1201 (1202). Inwieweit eine funktionale Privatisierung eine Grundrechtsberechtigung schafft, ist nicht abschließend geklärt, vgl. nur Gundel, in: Grabenwarter (Hrsg.), Europäischer Grundrechtsschutz (EnzEuR Bd. 2), § 2, Rn. 25, 31; allerdings hat das BVerwG, Urteil vom 12.12.2019 – 8 C 8.19 entschieden, dass sich ein mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragener Arbeitgeberverband nicht auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) berufen kann. 140 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 63, Rn. 96; vgl. auch Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 45, Rn. 22.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

denen die Gemeinde Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts gründen oder sich daran beteiligen141 darf (§§ 108 ff. GO NRW).142 Wie oben bereits angedeutet, gilt die Organisationsfreiheit nämlich nicht vorbehaltlos. Abhängig von der Art der angestrebten Betätigung werden vielmehr unterschiedlich hohe Hürden für eine privatrechtliche Rechtsformenwahl gestellt. Während nach § 108 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW bei Unternehmen die Rechtsform des Privatrechts erst dann zulässig ist, wenn die Voraussetzungen (Schrankentrias) des § 107 Abs. 1 S. 1 GO NRW143 erfüllt sind, schreibt § 108 Abs. 1 Nr. 2 GO NRW vor, dass Gemeinden Unternehmen oder Einrichtungen in Privatrechtsform gründen oder sich an einer solchen beteiligen dürfen, soweit es ihnen gelingt, ein „wichtiges Interesse“ nachzuweisen.144 a) Das Merkmal „wichtiges Interesse“ Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG Münster)145 handele es sich bei dem Merkmal „wichtiges Interesse“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff, hinsichtlich dessen Ausfüllung der Gemeinde eine hinreichende Einschätzungsprärogative zugebilligt werden müsse. Hierbei betont das Gericht, dass sich ein solches Interesse aus einer Vielzahl von Gesichtspunkten ergeben könne, wobei ein wirtschaftliches Interesse an einer kostengünstigen Aufgabenerfüllung gleichberechtigt neben dem Wunsch nach einer möglichst autonomen und privatwirtschaftlich orientierten gemeindlichen Aufgabenerfüllung stehen 141 Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 lit. b) GO NRW müssen neben der Gründung (lit. a) auch Beteiligungen an einer Gesellschaft der Aufsichtsbehörde angezeigt werden. 142 Auf § 65 Landeshaushaltsordnung NRW soll nicht näher eingegangen werden, weil die Voraussetzungen zur Gründung eines Unternehmens in der Rechtsform des privaten Rechts oder die Beteiligung an einem solchen Unternehmen im Wesentlichen mit den Voraussetzungen der §§ 107, 108 GO NRW übereinstimmen. Hintergrund ist nämlich, dass nach der Ratio dieser Vorschriften ein „ungehindertes und fiskalisch unvernünftiges Ausweichen der Verwaltung in privatrechtliche Gestaltungsformen“ verhindert werden soll, Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (800), mit Verweis auf die „sachlichen Voraussetzungen für Beteiligungen“ in Giesen / Fricke, LHO NRW, § 65 Rn. 3. 143 Auf § 107a GO NRW, der die Voraussetzungen für eine energiewirtschaftliche Betätigung regelt, soll mangels praktischer Relevanz für die vorliegende Arbeit nicht eingegangen werden. 144 Bis zum 28.12.2010 verwies § 108 Abs. 1 Nr. 2 GO NRW auch auf die Voraussetzungen des § 8 GO NRW. Dies hatte zur Folge, dass Einrichtungen, die zur Deckung des Eigenbedarfs der Gemeinde dienten, nicht in der Rechtsform des Privatrechts betrieben werden durften. Denn insoweit verlangt § 8 GO NRW, dass Gemeinden im Rahmen der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen Einrichtungen schaffen dürfen. Bereits vor dem Gesetz zur Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts vom 21.12.2010 (GV.NRW. S. 688) hatte das OVG Münster judiziert, dass es für ein solchermaßen enges Verständnis des Begriffs „Einrichtungen“ keinen Bedarf sehe und hierunter auch solche i. S. d. § 107 Abs. 2 GO NRW gezählt werden können, OVG Münster, KommJur 2011, 11 (12). 145 OVG Münster, OVGE 44, 211 (213, 214).

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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könne.146 Letztlich liege ein „wichtiges Interesse“ dann vor, wenn mit der beabsichtigten Gesellschaft bzw. mit der Beteiligung daran die gemeindliche Aufgabenerfüllung nachhaltig erleichtert oder verbessert werde.147 Maßgeblich ist somit eine Verwaltung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wie es bereits § 107 Abs. 2 Satz 2 GO NRW verlangt. Führt man sich vor Augen, dass die Vorschriften zur wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde eine einfachgesetzliche Ausgestaltung des verfassungsrechtlich verbürgten Selbstverwaltungsrechts sind,148 liegt es nahe, den oben dargestellten Effizienzgedanken als einen Verfassungsauftrag zu verstehen. Denn insoweit muss die Unternehmenstätigkeit eben in wirtschaftlicher und effizienter Weise Angelegenheiten umfassen, die den Bedürfnissen und Interessen der Menschen in der politischen Gemeinde dienen. b) „Wichtiges Interesse“ als Rechtfertigungsgrund? Unweigerlich stellt sich die Frage nach der Funktion dieses Merkmals. Dies nicht zuletzt deshalb, weil überwiegend behauptet wird, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Wahl der Privatrechtsform gegenüber den öffentlich-rechtlichen Organisationsformen rechtfertigungsbedürftig und das Organisationsermessen der Gemeinde jedenfalls bezogen auf kommunale Einrichtungen nicht gänzlich frei sei.149 Dies wird man in dieser Allgemeinheit heute aus mehreren Gründen nicht mehr bejahen können. Insoweit ist Wellmann150 zuzustimmen, wenn er behauptet, dass bereits der amtlichen Begründung zum 2. Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung vom 6. April 1976 eine Einschränkung der Wahlfreiheit bezogen auf eine Privatrechtsform nicht zu entnehmen sei, weil der Gesetzgeber auch damals schon beabsichtigte, die Wahl der Rechtsform dem gemeindlichen Ermessen anheim zu stellen.151 Auch das Änderungsgesetz vom 17. Mai 1994 habe die gemeindliche Wahlfreiheit der Rechtsform unberührt gelassen. Jegliche Bestrebung der damaligen Landesregierung, den öffentlich-rechtlichen Betriebsformen einen gesetzlich normierten Vorrang einzuräumen, sei am parlamentarischen Widerstand gescheitert.152 Die Entscheidung des Gesetzgebers zur Gewährung einer organisatorischen Wahlfreiheit sei auch nicht durch das 1. Modernisierungsgesetz vom 146 Das Gericht nennt etwa das wirtschaftliche Einsparpotential durch Einschaltung von Privatrechtssubjekten und empfiehlt aus Gründen der Effektuierung, eine Abkoppelung von öffentlich-rechtlichen Bindungen im Hinblick auf das Dienst-, Organisations- und Haushaltsrecht sowie die Einbeziehung von technischem und wirtschaftlichem „Know-how“ privater Dritter, OVGE 44, 211 (213, 214). 147 So ausdrücklich Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 108, S. 502. 148 Vgl. etwa Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 107, Rn. 1, 6. 149 Eine Subsidiarität der privatrechtlichen Organisationsformen versucht Kotzea, in: Held / ​ Becker / Decker et al., § 108 GO NRW, 4.3, S. 11 f. mit dem Hinweis auf die erforderlichen Sicherungsrechte zu begründen; Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 108, S. 502. 150 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 20. 151 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 20. 152 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 7.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

15. Juni 1999 relativiert worden. Vielmehr habe das Gesetz der Gemeinde, respektive dem Gemeinderat als „zentrales und demokratisch legitimiertes Willensbildungsorgan der Gemeinde“153 Steuerungsmöglichkeiten und Sicherungsrechte eingeräumt, die insbesondere in der Regelung zur Subsidiarität der Rechtsform einer Aktiengesellschaft für kommunale Unternehmen sowie den besonderen Bestimmungen zur einfluss- und kontrollsichernden Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags bei der Rechtsform der GmbH zum Ausdruck kommen.154 Weiterhin sprechen auch die Novellierungen im Gesetz zur Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts gegen eine pauschale Favorisierung öffentlich-rechtlicher Organisationsformen. Denn die Entscheidung des Gesetzgebers, den vormals in § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GO NRW angeordneten Verweis auf § 8 GO NRW aufzuheben, erweiterte die kommunale Organisationsfreiheit im Allgemeinen und die Möglichkeit wirtschaftlicher Betätigung im Speziellen. Hierdurch entschied der Gesetzgeber selbst über die Gleichrangigkeit öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Rechtsformen. Auch der Umstand, dass sich der nordrhein-westfälische Gesetzgeber zu jeder Zeit gegen eine – vielen Gemeindeordnungen lange bekannte – Vorrangregelung zugunsten des Eigenbetriebs gestellt hat, betont nochmals den Willen zur Aufrechterhaltung einer „uneingeschränkten Wahlfreiheit“155. Der Gesetzgeber war vielmehr bemüht, mit der Organisationsform des Kommunalunternehmens nach § 114a GO NRW den Gemeinden eine starke Alternative zu den privatrechtlichen Organisationsformen zur Verfügung zu stellen.156 Nach wie vor lässt sich hieraus jedoch kein Vorrang öffentlich-rechtlicher Organisationsformen herleiten. Vielmehr erkennt der Gesetzgeber an, dass es Gründe geben kann, die „ein Gebrauchmachen von der Privatrechtsform rechtfertigen“157 können. Insbesondere greift das Argument, dass der Gesetzgeber durch die vollzogene Regelung zugleich eine Organisationsentscheidung zugunsten der öffentlich-rechtlichen Form getroffen habe, zu kurz. Denn der Hinweis darauf, dass bei gleichzeitiger Beibehaltung von Steuerungsmöglichkeiten des öffentlichen Rechts die Organisationsvorteile der privaten Rechtsform fruchtbar gemacht werden könnten, vernachlässigt die Intention des Gesetzgebers, mit der rechtsfähigen Anstalt 153 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 7. 154 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 8. 155 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 20, 21, der auch auf die Harmonisierungsbestrebungen zwischen dem Gemeindehaushalt und dem Landeshaushalt hinweist und betont, dass letzterer die Wahlfreiheit in § 65 Abs. 1 Nr. 1 Landeshaushaltsordnung NRW (LHO NRW) bereits dann zulässt, wenn die wahrzunehmenden Aufgaben in öffentlicher oder privatrechtlicher Form gleich gute Ergebnisse erwarten lassen. 156 LT-Drs. 12/3730, S. 109, wonach Kommunalunternehmen flexibler als Eigenbetriebe beziehungsweise eigenbetriebsähnliche Einrichtungen ausgestaltet werden können. Darüber hinaus beabsichtigte der Gesetzgeber, der öffentlichen Hand eine Organisationsform zur Verfügung zu stellen, die sich den gesellschaftsrechtlichen Bindungen entzog und eine weitreichende Steuerung und Kontrolle der öffentlichen Hand ermöglichte; vgl. auch Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 114a, Rn. 2. 157 Vgl. zur Intention des Gesetzgebers LT-Drs. 14/3979, S. 152.

B. Organisationsformen gemeindewirtschaftlicher Betätigung

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des öffentlichen Rechts und der ihm nach § 114a Abs. 4 GO NRW zustehenden Möglichkeiten zur Gründung von Tochterunternehmen in Privatrechtrechtsform, lediglich eine starke Alternative zu den ungehemmten kommunalen Privatisierungsbestrebungen schaffen zu wollen.158 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Steuerungsmechanismen des öffentlichen Rechts den Organisationsformen des privaten Rechts grundsätzlich fremd sind. Dies gilt trotz der Tatsache, dass dieser Befund zu einer Einengung des Organisationsermessens führt, weil hierdurch demokratisch-legitimatorische Lücken bei der Kontrolle privatrechtlich organisierter Unternehmen entstehen können. Insoweit weist Söbbecke159 auch zu Recht darauf hin, dass diese Ein­bußen auf das Erfordernis der „personellen und sachlichen Legitimation“160 allen kommunal-hoheitlichen Handelns zurückzuführen seien und sich unmittelbar aus dem Demokratieprinzip ergäben. Diese Legitimation sei insoweit allein den öffentlichrechtlichen Organisationsformen immanent, weil der Gesetzgeber sie eigens zur Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung gestellt habe. Auch nach Ehlers könnten privatrechtliche Organisationsformen diesen legitimatorischen Ansprüchen nicht genügen. Bezüglich dieser seien nämlich keine Instrumentarien vorhanden, die auf eine „effektive Erfassung, Begleitung und Beherrschung der Verwaltungstätigkeit zugeschnitten sind“161. Deshalb und weil das Gesellschaftsrecht Einfluss- und Kontrollrechte der Gemeinde im Hinblick auf ihre Gesellschaften limitiere, sei eine besonders gründliche Abwägung dahingehend erforderlich, ob ein „wichtiges Interesse“ diese demokratischen und daher legitimatorischen Einbußen rechtfertige.162 Mittlerweile hat der Gesetzgeber in den § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3–9 GO NRW jedoch Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten geregelt, durch die der Gemeinderat „in ausreichender und dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Verwaltung Rechnung tragender Weise auch auf privatrechtlich organisierte Unternehmen und Einrichtungen einwirken kann“163. Im Wesentlichen wird dort festgelegt, dass die Gemeinde eine Rechtsform zu wählen hat, welche – Einzahlungspflichten und die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt (Nr. 3 und 4);

158 Der Gesetzgeber beabsichtigte ausweislich der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf LT-Drs. 12/3730, S. 109 lediglich eine Erweiterung des Rechtsformtableaus, das den Gemeinden künftig zur Verfügung stehen sollte. 159 Vgl. Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 108, S. 502; zur demokratischen Legitimation bei der Tätigkeit kommunaler Unternehmen vgl. Erichsen, Kommunalrecht NRW, S. 293, § 11 G). 160 Zum Erfordernis der institutionellen, funktionellen, organisatorisch-personellen und sachlich-inhaltlichen Legitimation staatlichen Handelns, vgl. statt aller BVerfGE 107, 59 (87, 88). 161 So Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 251–253, der ausdrücklich ergänzende öffentlich-rechtliche Regelungen einfordert. 162 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 12 ff.; Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 108, S. 502. 163 Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 108, S. 502.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

– die Gemeinde verpflichtet, einen angemessenen Einfluss in einem Überwachungsorgan sicherzustellen und diesen durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder in anderer Weise zu gewährleisten (Nr. 6); – die Gemeinde verpflichtet, den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung dergestalt zu verfassen, dass das Unternehmen oder die Einrichtung auf den öffentlichen Zweck verpflichtet wird (Nr. 7); – es erlaubt, den Jahresabschluss und den Lagebericht des Unternehmens entsprechend den für große Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches aufzustellen und zu prüfen (Nr. 8). In der Praxis von kaum zu überschätzender Bedeutung ist auch die Regelung in § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW, der vorschreibt, dass die Gemeinde eine GmbH lediglich dann gründen oder sich an ihr beteiligen darf, wenn im Gesellschaftsvertrag ein Weisungsrecht an die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats zugunsten der Kommune verankert wird. Insgesamt ist vor allem den Vorschriften §§ 108, 109, 112, 113 GO NRW zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber bestrebt war zwischen einer betriebswirtschaftlich dynamischen Unternehmensbetätigung und der Einwirkungs- und Kontrollinstrumente zur Sicherstellung des öffentlichen Zwecks einen Ausgleich herzustellen. Gleichwohl darf bereits an dieser Stelle verraten werden, dass die dargestellten Regulierungen zugunsten der Sicherung „kommunaler Aufgabenerfüllung“ und des „Entscheidungsprimat[s] der demokratisch legitimierten Kommunalorgane“164 zwar zweckmäßig sind. Allerdings sind sie ebenso konfliktgeladen und führen in Fällen, in denen sie auf entgegenstehende Normen des Gesellschaftsrechts stoßen, zu erheblichen Spannungen.

V. Zwischenergebnis: Grundsätzliche Zulässigkeit privatrechtlicher Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben Wie zu Beginn der Fragestellung bereits festgehalten, stellt die Wahl der Rechtsform einen essenziellen Bestandteil der organisatorischen Grundentscheidung für ein öffentliches Unternehmen dar. Dem Prinzip der organisatorischen Wahlfreiheit folgend, steht es der Gemeinde frei, grundsätzlich nach ihrem sachgerechten eigenen Ermessen über die Rechts- und Organisationsform eines ihrer Unternehmen entscheiden zu dürfen.165 Ihre Entscheidungshoheit hierüber wird indes teilweise einfachgesetzlich eingeschränkt und im Übrigen von zwingenden kommunalrechtlichen Voraussetzungen abhängig gemacht. Während nämlich

164 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 63, Rn. 96. 165 Unverständlich ist daher, weshalb Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 91 von einem Vorrang öffentlich-rechtlicher Organisationsformen ausgeht; zustimmungswürdig Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 61.

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben in Privatrechtsform in seltenen Fällen und meist bei Sachverhalten mit einem genuin hoheitlichen oder gar eingriffsverwaltenden Einschlag durch oder aufgrund eines Gesetzes ausgeschlossen wird, hängt die Zulässigkeit privatrechtsorientierter Betätigung stets davon ab, ob die gemeinderechtlich angeordneten Vorgaben erfüllt werden. Dies dient dem Schutz der Gemeinde, weil sie hierdurch gezwungen wird, ihr Organisationsermessen im Rahmen der Privatisierung unter Berücksichtigung einer effektiven und sicheren Aufgabenerfüllung auszuüben und stets daraufhin zu prüfen, ob ein (wichtiges) Interesse hierfür besteht. Durch diese Maßgaben wird die Zulässigkeit einer privatrechtlichen Ausgestaltung öffentlicher Aufgaben jedoch nicht über Gebühr relativiert, sondern vielmehr sichergestellt, dass kommunale Privatisierungsbestrebungen wohl überlegt und auf eine größtmögliche demokratische Legitimation rückführbar sind. Insoweit ist die Gemeinde dazu verpflichtet, Bestrebungen der Gesellschaftsgründung bzw. Beteiligung daran zu messen, ob hierdurch die gemeindliche Aufgabenwahrnehmung nachhaltig effektuiert wird. Die grundsätzlich aber bestehende Möglichkeit zur Gründung von oder Beteiligung an privatrechtlich organisierten Unternehmen führt zu der Frage, welche Vorteile die kommunale Aufgabenerfüllung in Privatrechtsform bietet und welche Parameter hierfür aufgestellt und in Verhältnis zueinander gesetzt werden müssen.

C. Uneingeschränkte Vorteilekommunaler Aufgabenerfüllung in Privatrechtsform? Die vielfältigen Zusammenhänge und Verbindungen zwischen dem kommunalen Wirtschaftsrecht und Gesellschaftsrecht werden über das „Ob“ und „Wie“ der kommunalen Aufgabenerfüllung augenscheinlich.166 Entschließt sich die Gemeinde nämlich zur wirtschaftlichen Betätigung, so stellt sich umgehend die Frage nach der zweckmäßigen Ausgestaltung, mithin danach, ob die mannigfaltigen Verwaltungsaufgaben167 im Rahmen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsformen erreicht werden sollen. Wie bereits dargelegt, steht es kommunalen Körperschaften mit Ausnahme der rein öffentlich-rechtlich geregelten Eingriffsverwaltung – welche jedenfalls bislang nicht in der Form des Privatrechts erledigt werden darf168 und maßgeblich durch das Instrumentarium einseitiger Ge- und Verbote sowie belastender Rechtsgestaltungen und Verwaltungsvollstre-

166 Vgl. Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., vor § 107 ff., 2.2, S. 4. 167 Zur „Vielgestaltigkeit der Verwaltung“ vgl. Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 1, Rn. 13 ff. 168 Hierunter fällt wegen des Gewaltmonopols des Staates insbesondere das auf Zwangsmittel angewiesene Polizei- und Ordnungsrecht, Knof, in: Münch. Hdb. GesR Bd. V § 49, Rn. 12; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 110, 111 der betont, dass sich die Verwaltung durch die Wahl der Privatrechtsform ausdrücklich auf seine hoheitlichen Vorrechte verzichten und sich „prinzipiell der für jedermann geltenden Rechtsordnung unterwerfen will“.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

ckungsakte gekennzeichnet ist –169 grundsätzlich frei, ihre Aufgaben in öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Form wahrzunehmen.170 Um nämlich den jeweiligen sachlichen Notwendigkeiten und gemeindlichen Besonderheiten Rechnung tragen zu können, bedarf es eines „differenzierten Angebots unterschiedlicher Handlungs- und Organisationsformen“171. Die GO NRW eröffnet Gemeinden deshalb neben den genuin öffentlich-rechtlichen Organisationsformen die Möglichkeit der Errichtung, des Erwerbs und der Beteiligung an wirtschaftlichen Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts.172 Hierdurch wird letztlich auch eine wohlverstandene, sich ergänzende Dichotomie beider Organisationsformen etabliert wobei die grundsätzliche Gleichrangigkeit der Unternehmensformen dazu führt, dass die Kommunen gemeindliche Aufgabe der Leistungsverwaltung zunehmend in privatrechtlicher Organisationsform wahrnehmen.173 Hierbei sind die von der Verwaltung übernommenen Aufgaben ebenso vielfältig wie ihre wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten selbst. Doch welche Beweggründe verleiten die Kommune dazu, sich zur wirtschaftlichen Unternehmung verstärkt privatrechtlicher Werkzeuge zu bedienen?

I. Motive für die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen Die Rechtsformwahl174 ist ebenso wie im Privatrecht ein Teil der Unternehmensplanung, dem ein Prozess der Abwägung von Vor- und Nachteilen unter Berücksichtigung mannigfaltiger Aspekte der jeweiligen Rechtsform vorausgeht.175 Im Rahmen der Diskussion um das Merkmal des „wichtigen Interesses“ konnten bereits einige Vorzüge der privatrechtlichen Organisationsform gegenüber der öffentlich-rechtlichen aufgezeigt werden.176 Im Wesentlichen werden privatrechtlichen Organisationen eine höhere Flexibilität177 und eine daraus folgende er 169 Papier / Shirvani, in: MüKomm BGB, § 839, Rn. 149; Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 1, Rn. 22, § 3, Rn. 25. 170 Schon BVerwG NJW 1986, 2387 (2387); Knof, in: Münch. Hdb. GesR, Bd. V, § 49, Rn. 12. Dass auch das öffentliche Sparkassenwesen allein in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet und geführt werden kann wurde bereits ausgeführt. 171 Ausdrücklich und insgesamt Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 327, Rn. 1. 172 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 327, Rn. 1. 173 Vgl. hierzu die Angaben des IT.NRW in der Einleitung zu dieser Arbeit. 174 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 125 ff. der umfassend die Vorteile einer privatrechtlichen Organisationsform herausarbeitet. 175 Grziwotz, Münch. Hdb. GesR III, § 2, Rn. 1; Pitschas / Schoppa, DÖV 2009, 469 (469); so sind die Größe und Infrastruktur der jeweiligen Gemeinde ebenso zu beachten, wie eine gesonderte Analyse des Unternehmensziels, des Marktumfelds sowie der vorherrschende und erwartbare Wettbewerb, vgl. auch Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 113. 176 Siehe hierzu die obigen Ausführungen des OVG Münster, Teilurteil vom 15.12.1994 – 9 A 2251/93 – juris, Rn. 13. 177 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 126, der die größere Flexibilität im Zusammenhang mit der Gründung und Auflösung, des Dienst- und Besoldungsrechts sowie der „Haushaltsgebarung“ betont.

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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folgreichere Integration in den wettbewerbsorientierten Markt sowie eine höhere Wirtschaftlichkeit zugesprochen.178 Dies sei den erheblich größeren Spielräumen bei der Unternehmensausgestaltung, respektive der Vertragsfreiheit und der Entkoppelung vom öffentlichen Haushalt geschuldet. Erst dieser Umstand führe nämlich zu einer Befreiung von öffentlich-rechtlichen Kreditrestriktionen und vom starren Entlohnungssystem des öffentlichen Rechts, das als ungeeignet empfunden wird, um individuelle Leistungen zeitnah und gebührend zu würdigen.179 Schließlich sind mögliche steuerrechtliche Vorteile der Privatrechtsform ebenso zu nennen wie vergaberechtliche180 Entkoppelungsmöglichkeiten.181 Doch welche Aspekte führen dazu, dass die Verwaltung privatrechtliche Organisationsformen so deutlich favorisiert?182 Was ist unter der vielbeschworenen Flexibilität des Privatrechts zu verstehen und in welchen Bereichen innerhalb und außerhalb des Unternehmens zeigen sich die größten Auswirkungen des vermeintlich entfesselten Verwaltungshandelns? Denn für die Wahl der Privatrechtsform werden neben der Möglichkeit der Einführung der Unternehmensmitbestimmung im Bereich öffentlicher Wirtschaftsbetätigung vor allem betriebswirtschaftliche Argumente angeführt. So wird hier neben den bereits erwähnten Motiven auch auf die wenig brauchbaren Formen der Zusammenarbeit staatlicher Unternehmen untereinander und mit Privaten verwiesen.183 178 Allerdings weist Janson darauf hin, dass Ausprägung und Umfang der flexibilitätsfeindlichen Bürokratisierung nicht von der Rechtsform, sondern vielmehr von der Größe der Betriebseinheit abhänge. Darüber hinaus könne über den Grad der Autonomie, welcher der Unternehmensleitung einzuräumen ist, unternehmensintern disponiert werden, Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen, S. 201, 202. 179 Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen, S. 197. 180 Gemeint ist insbesondere die Möglichkeit der sog. „In-House-Vergabe“. Die Frage, welche vergaberechtlichen Aspekte für die Entscheidung für und wider eine privatrechtliche Organisationsform zu berücksichtigen sind, soll nicht vertieft werden. Maßgeblich ist nämlich eine Einzelfallbetrachtung unter besonderer Berücksichtigung der vormals richterrechtlich anerkannten, später durch die europäische Vergaberichtlinie vorgegebenen und nunmehr durch § 108 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) umgesetzten Kriterien. Unabhängig davon, ob es sich um öffentlich-rechtliche Organisationsformen, Eigengesellschaften oder gemischtwirtschaftliche Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand handelt, ist für eine vergaberechtsfreie „In-House-Vergabe“ erforderlich, dass die Voraussetzungen des § 108 Abs. 1 GWB kumulativ vorliegen. Die Voraussetzungen der ausschreibungsfreien „InHouse-Vergabe“ wurden vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in mehreren, wegweisenden Entscheidungen entwickelt, Hoffmann / Schulz / Gottberg, KommJur 2017, 245 (245) mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 18.11.1999, Rs. C-107/98 – Teckal; EuGH, Urteil vom 11.01.2005, Rs. C 26/03 – Stadt Halle; EuGH, Urteil vom 13.10.2005, Rs. C-458/03 – Parking Brixen. 181 Hellermann, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 7, Rn. 96; Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 82. 182 Nach Informationen des IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik werden 2018 in NRW 1.965 Unternehmen in privatrechtlicher Organisationsform und lediglich 751 in öffentlich-rechtlicher Organisationsform geführt. Vergleiche hierzu im Einzelnen die Darstellung in der Einführung in die Problematik. 183 Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen, S. 198; Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (801).

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Organisationsform ist allerdings erst nach gehöriger Abwägung der zuvor aufgestellten „gemeindeindividuellen Bewertungskriterien zur aufgabenadäquaten Ausgestaltung der Organisationsstruktur“184 möglich. Vor dem Hintergrund angespannter Kommunalhaushalte ist den Gemeinden hierbei aufzuerlegen, sich im Rahmen einer modifizierten Selbstverwaltungsphilosophie einem unternehmerischen Geist hinzugeben.185 Unter diesen Vorzeichen lassen sich die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte in „Kriterien bei der Unternehmensgründung und Liquidation“ und „Kriterien bei der Unternehmstätigkeit“ unterscheiden.186 Keine Auseinandersetzung folgt an dieser Stelle hingegen mit der Frage, welchen Einfluss die Organisationsform auf die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten hat. Auch auf die wichtigen Haftungsfragen, die für jede Unternehmensform gesondert zu untersuchen sind, soll erst dann eingegangen werden, wenn sich herausstellt, dass die Motivation der öffentlichen Hand – sich privatrechtlicher Organisationsformen zu bedienen – grundsätzlich berechtigt ist und sich daher bloß Fragen nach der zweckmäßigen Unternehmensform sowie der Unternehmensorganisation stellen. Dabei orientiert sich die nachfolgende Untersuchung an zwei unterschiedlichen Motivationsquellen, die sich in den Kategorien privatrechtlicher Unternehmensgründung und der Unternehmenstätigkeit ausprägen. Im Rahmen dieser beiden Säulen werden sodann einzelne, für eine wirtschaftsorientierte Organisationsentscheidung maßgebende, Kriterien untersucht und in Verhältnis zueinander gesetzt. 1. Unternehmensgründung und Liquidation Ist die Gemeinde gewillt, innerhalb kürzester Zeit ein Unternehmen zu gründen,187 so gestaltet sich die Errichtung von Privatrechtssubjekten als die unkompliziertere und dynamischere Variante.188 Dies ist dem Umstand geschuldet, dass das Privatrecht „einen geschlossenen Kreis von Organisationstypen, die in den verschiedenen Privatrechtsgesetzen ihre modellhafte Ausformung erhalten haben 184 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 113, der für eine „optimale und transparente Rechtsformentscheidung“ auf die individuellen örtlichen Gegebenheiten, die Ziele und Zwecke des Unternehmensgegenstandes und die Vor- und Nachteile des wirtschaftlichen Handels abstellt. 185 Eben dies kritisierend, Knemeyer, BayVBl. 1999, 1 (1). 186 Diese Unterscheidung geht zurück auf Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, die zusätzlich „weiche Kriterien“ anführen und hierunter Aspekte der Daseinsvorsorge beleuchten, die durch privat organisierte Unternehmen möglichweise gefährdet wären. 187 Ziel ist es nicht, eine detaillierte Darstellung der diversen Gründungsphasen vorzunehmen, sondern einen Überblick über die privatrechtlichen Instrumentarien zur Unternehmensgründung zu geben und ein Gespür dafür zu vermitteln, wie unvergleichlich dynamischer diese Regelungen im Verhältnis zum öffentlichen Recht sind. 188 Leisner, BayVBl. 1967, 329 (331).

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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und die Grundlage für die Errichtung privatrechtlicher Vereinigung bilden“189, kennt. Die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), des Gesetzes betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sowie des Aktiengesetzes (AktG) stellen längst erprobte und bewährte entstehungsdienliche Werkzeuge zur Verfügung. So benennt § 705 BGB den Inhalt des Gesellschaftsvertrages einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und bestimmt, dass sie durch Vertrag der sich zusammenschließenden Gesellschafter entsteht.190 Die Gründung einer GmbH vollzieht sich durch Abschluss eines notariell beurkundeten (§ 2 Abs. 1 GmbHG) Gesellschaftsvertrages durch eine oder mehrere Personen. Die Gründer übernehmen die Geschäftsanteile, deren Nennbeträge zusammen den Betrag des Stammkapitals ausmachen, § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG. Hierdurch entsteht die Pflicht aller Gesellschafter, die versprochene Einlage zu leisten. Sodann ist die Gesellschaft von sämtlichen Geschäftsführern unter Offenlegung der Vertretungsbefugnisse beim Handelsregister anzumelden, §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 4 GmbHG. Ergibt die Prüfung des Gerichts, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet ist, so wird die GmbH ins Handelsregister eingetragen und erlangt hierdurch rechtliche Existenz, §§ 9c Abs. 1, 11 Abs. 1 GmbHG.191 Nach § 2 des AktG erfolgt die Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) durch die Feststellung der Satzung durch den oder die Gründer.192 Mit Übernahme der Aktien errichten sie nach § 29 AktG die AG. Nachdem die Gründer den Aufsichtsrat und den Abschlussprüfer bestellt und dieser sodann einen Vorstand gewählt hat (§ 30 Abs. 1, 4 AktG) wird die AG von allen Gründern, Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet, § 36 Abs. 1 AktG. Sobald das Gericht eine ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung feststellt, wird die AG ins Handelsregister eingetragen.193 Das öffentliche Recht kennt mit der Körperschaft, der Anstalt und der Stiftung194 hingegen nur einen beschränkten Kreis von Organisationsformen. Strebt die Kommune nach einer Rechtsform, die nicht an starre Organisationsgefüge gebunden ist, so dürften öffentlich-rechtliche Unternehmen nicht zu empfehlen sein. So stellte bereits Ehlers195 fest, dass einer schnellen und praktikablen Bildung von juristi 189 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 293. 190 Vgl. etwa Grunewald, Gesellschaftsrecht, § 1, Rn. 1. 191 Vgl. Grunewald, Gesellschaftsrecht, § 13, Rn. 6. 192 Auf die Gründung einer AG durch Formwechsel nach §§ 190 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) soll nicht eingegangen werden, weil hier nur die grundsätzlichen, rechtlichen Möglichkeiten einer privatautonomen Organisationswahl von Interesse sind. 193 Statt vieler Grunewald, Gesellschaftsrecht, § 10, Rn. 8. 194 Vgl. zur rechtsfähigen öffentlichen Stiftung Häuselmann, VBlBW 1983, 230 (232 f.). 195 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 295 f. Zusätzlich macht Ehlers darauf aufmerksam, dass der Verbleib der Entscheidungshoheit des Verwaltungsträgers, aus dem die Organisationseinheit ausgegliedert werden soll, notwenige Bedingung solcher Überlegungen sei (Fn. 24).

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

schen Personen und teilrechtsfähigen Vereinigungen im Bereich des öffentlichen Rechts, im allgemeinen lediglich dann keine Hindernisse im Wege stünden, wenn typusbildende Modellgesetze existierten, die es der Verwaltung gestatteten, juristische Personen vor allem durch Verwaltungsakte196 ins Leben zu rufen. Allerdings sind solche Gesetze im öffentlichen Recht noch immer die Ausnahme und weniger die Regel.197 Dies führe dazu, dass die angesprochenen Organisationsgesetze zunächst erarbeitet und sodann verabschiedet werden müssten, was mit einem langwierigen Gesetzgebungsverfahren und höchster Inflexibilität einherginge.198 Neben den Instrumentarien der Unternehmensgründung bietet das Privatrecht im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Gestaltungstableau auch effektivere Möglichkeiten der Unternehmensauflösung. Ist ein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts durch ein Sondergesetz errichtet worden und trifft das Errichtungsgesetz keine anderweitigen Bestimmungen, hängt die Auflösung der Rechtsperson ebenfalls vom Tätigwerden des Gesetzgebers ab.199 Damit ist die Gefahr verbunden, dass die Verwaltung auf marktrelevante, soziokulturelle oder politische Veränderungen nicht hinreichend zeitnah reagieren kann. Ein Nachteil zeigt sich auch dort, wo befristete oder probeweise durchgeführte Projekte eine vereinfachte Auflösung wünschenswert erscheinen lassen.200 2. Unternehmenstätigkeit Die Wahl der Rechtsform als Teil unternehmerischer Planung hängt in hohem Maße davon ab, welche Hürden sich im Rahmen der unternehmerischen Betätigung stellen und in welcher Rechtsform sie mit dem voraussichtlich geringsten Aufwand übersprungen werden können. Hierbei lassen sich freilich nicht alle Herausforderungen abbilden, denen sich ein kommunales Unternehmen unter Um 196 Nach § 1 Abs. 1 SpkG NRW erhalten Sparkassen den Status einer Anstalt des öffentlichen Rechts erst mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 197 Zu nennen ist etwa Art. 2 Abs. 3 Verwaltungsgemeinschaftsordnung für den Freistaat Bayern (VGemO). Hiernach erfolgt die Gründung bzw. Erweiterung von Verwaltungsgemeinschaften (Zusammenschluss benachbarter kreisangehöriger Gemeinden) durch ein Gesetz. Auch in NRW können Gemeinden und Gemeindeverbände freiwillige oder pflichtige Aufgaben nach einem Zusammenschluss gemeinsam wahrnehmen. Den Rechtsrahmen bildet das GkG NRW. Neben einer „konstituierenden Verbandssatzung“ bedarf es freilich auch für diese Körperschaft des öffentlichen Rechts einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung. 198 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 295 f.; Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 24. 199 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 297; Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (802). 200 So auch Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 26, die ganz allgemein auf die Korrelation zwischen der Flexibilität bei der Unternehmensgründung und Auflösung verweisen und darüber hinaus die diesbezüglichen Instrumentarien des Zivilrechts aufzeigen (§ 41 BGB, § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Hinzuzufügen sind neben den allgemeinen Grundsätzen zur Beendigung von Schuldverhältnissen – etwa Zeitablauf oder Auflösungsvertrag – die verschiedenen Auflösungsgründe für eine GbR nach §§ 723–728 BGB.

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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ständen stellen muss. Gleichwohl lässt sich ein Bündel von Motiven und absehbaren unternehmerischen Fragestellungen abzeichnen, deren Beantwortung zur Wahl der zweckmäßigen Organisationsform führen kann. a) Personalpolitik und Mitbestimmungsrecht Ein maßgeblicher Vorteil des Gesellschaftsrechts gegenüber öffentlich-rechtlichen Unternehmensformen liegt in der Möglichkeit das sperrige öffentliche Dienstrecht zu umgehen. Denn obwohl auch privatrechtlich organisierte Unternehmen meist Arbeitgeberverbänden angehören, die über eine Mitgliedschaft in der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände das Dienstrecht auch für ihre Arbeitnehmer anwendbar werden lassen, so bleiben privatrechtlich organisierte Unternehmen in ihrer Personalpolitik flexibler.201 So wird insbesondere vorgebracht, dass der öffentliche Dienst mit einem starren und unzeitgemäß hohen Personalbestand arbeite, die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und der damit einhergehende großzügige Kündigungsschutz des öffentlichen Dienstrechts eine motivationslose Apathie des Personals fördere und das Besoldungs- und Entlohnungssystem nicht hinreichend leistungsorientiert sei.202 Neben dem Aspekt der Flexibilität lässt insbesondere die Diskrepanz der Gehaltspolitik im Rahmen der Suche und Einstellung fachlich exzellenter Mitarbeiter das Pendel in Richtung freie Wirtschaft schlagen. Dass der öffentliche Dienst seit jeher im „Wettbewerb um die klügsten Köpfe“ hinterherhinkt,203 ist nämlich zumindest auch dem Höchstsatzsystem beamtenrechtlicher Besoldung geschuldet. Während in der freien Wirtschaft Jahresgehälter von Berufseinsteigern von über 130.000,00 Euro keine Seltenheit mehr sind204, ist die beamtenrechtliche Besoldung sowohl „nach unten als auch nach oben hin“ noch immer streng fixiert.205 Mithin wäre es durch die Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform möglich, den haushaltsrechtlich vorgegebenen Personalkosten zu entfliehen und sich durch eine flexible Gehaltspolitik der Wirtschaftswirklichkeit anzupassen.206

201 Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 16 Rn. 52; Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 49. 202 Vgl. Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (803); Stober, NJW 1984, 449 (452). 203 Hierauf weisen bereits Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 254; Ossenbühl, DÖV 1971, 513 (519) hin. 204 Vgl. auch Anmerkungen von Huber, in: Schliesky, Gespräche über den Staat, S. 144; vgl. den Gehaltsanstieg bei Rechtsassessoren im ersten Berufsjahr, abrufbar unter: www.azuronline.de/geld/gehaelter-associates, Stand: 01.04.2019 (zuletzt abgerufen am 02.02.2020). 205 Vgl. die Besoldungstabelle in NRW 2018, gültig bis zum 31. Dezember 2020, abrufbar unter: www.beamtenbesoldung.org/images/pdf/2020/Besoldungstabelle_NRW_2020.pdf, Stand: 01. Januar 2020 (zuletzt abgerufen am 04.02.2020). 206 Angesichts der exorbitanten Einstiegsgehälter in den meisten Unternehmen wird sich die – jedenfalls in dieser pauschalen Form – vorgebrachte These, dass aufgrund der höheren Gehälter im öffentlichen Sektor die Wahl einer privaten Rechtsform zu Einsparungen an Per-

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

Schließlich sei erwähnt, dass jedenfalls die unternehmerischen Mitbestimmungsrechte207 der Arbeitnehmerschaft bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen trotz einer gewissen Öffnungstendenz noch immer eingeschränkt sind.208 So ist eine unternehmerische Mitbestimmung bei Regiebetrieben und Anstalten des öffentlichen Rechts nicht geregelt. Obwohl bei Eigenbetrieben durch § 114 Abs. 3 Satz 1 GO NRW eine Drittelparität im Werksausschuss vorgesehen ist,209 werden Mitwirkungsmöglichkeiten in mehrheitlich öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen überwiegend restriktiv gehandhabt.210 Dies sei auf eine fehlende demokratische Legitimation von nichtgewählten Entscheidungsträgern zurückführen. Denn die Tätigkeit öffentlicher Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform sei als Ausübung von Staatsgewalt zu verstehen.211 Daher resümiert Mann212 zu Recht, dass „[…] die Mitglieder in den Leitungs- und Aufsichtsorganen dieser Unternehmen einer vom Volk ausgehenden Legitimation in Gestalt einer ununterbrochenen Legitimationskette bedürfen. Eine Wahl durch die Beschäftigtenvertretung oder eine Bestellung durch den Personalrat bzw. eine Gewerkschaft können die solchermaßen erforderliche Legitimation nicht vermitteln, da sie diese nicht vom Staatsvolk, sondern allein von den Beschäftigten ableiten.“

Diese Aussage trifft jedoch nicht uneingeschränkt auf jegliche unternehmerische Betätigung zu. Um den zulässigen Rahmen für die Beteiligung der Personalvertretung differenzierend bestimmen zu können, hat das BVerfG ein Drei-Stufen-Modell213 sonalkosten mit sich bringen würde, nicht halten. So aber Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 48; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 305. 207 Das Mitbestimmungsrecht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bezüglich betrieblicher Angelegenheiten, die sie unmittelbar an ihrem Arbeitsplatz betreffen (personelle Angelegenheit), regelt bei privatrechtlich organisierten Unternehmen das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) sowie die Personalvertretungsgesetze der einzelnen Bundesländer (etwa Personalvertretungsgesetz NRW). Hingegen drückt die direktive Mitbestimmung die Möglichkeit unternehmerischer Einflussnahme aus. So garantiert etwa das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) die Partizipationsmöglichkeit von Personalvertretern im obligatorischen Aufsichtsrat. Die Zulassung der Mitbestimmung von Entscheidungsträgern in öffentlich-rechtlichen Unternehmen, die nicht vom Wahlvolk legitimiert sind, führt zu den noch darzustellenden Herausforderungen. 208 Insbesondere unterliegt auch die Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 114a GO NRW unabhängig von ihrer Größe nicht der Mitbestimmung. Vor diesem Hintergrund legen es Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1230) der Gemeinde nahe, anstelle der Aktiengesellschaft oder einer mitbestimmten GmbH die Anstalt des öffentlichen Rechts zur Unternehmensbetätigung zu wählen. 209 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 114, Rn. 29. 210 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 139. 211 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 139. 212 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 139. 213 Vgl. diese Formulierung bei Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1227 f.) sprechen ebenfalls zutreffen von einem Drei-EbenenModell.

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ausgearbeitet.214 Beteiligungen in Angelegenheiten, die schwerpunktmäßig die Beschäftigten in ihrem Beschäftigungsverhältnis betreffen, typischerweise aber nur unwesentlich die Wahrnehmung von Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger berühren, ordnet das Gericht auf der ersten Stufe ein. Maßnahmen, die zwar dem betriebsinternen Binnenbereich des Beschäftigungsverhältnisses zuzuordnen sind, zugleich aber auch wesentliche Bereiche der öffentlichen Auftragswahrnehmung des Unternehmens umfassen, sind auf der zweiten Stufe zu verorten. Schließlich siedelt das BVerfG auf der dritten Stufe Maßnahmen an, die schwerpunktmäßig Unternehmensentscheidungen zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags betreffen, unvermeidlich aber auch die Interessen der Beschäftigten berühren.215 Bei der Regelung von Angelegenheiten auf der ersten Stufe gestatte das Demokratieprinzip eine weitreichende Mitwirkung der Beschäftigten. So führt das BVerfG aus, dass der Gesetzgeber vorsehen könne, dass Beteiligungen auf der ersten Stufe an die Mitbestimmung der Personalvertretung gebunden sind und, „sofern Dienststelle und Personalvertretung nicht zu einer Einigung gelangen“, eine weisungsunabhängige Einigungsstelle entscheiden könne.216 Um hierbei eine hinreichende demokratische Legitimation217 sicherzustellen, hat das BVerfG das Kriterium der „doppelten Mehrheit“ entwickelt.218 Hiernach muss „die Mehrheit [der Mitglieder] der Einigungsstelle uneingeschränkt personell demokratisch legitimiert“ sein und die Entscheidung darüber hinaus von einer Mehrheit der so legitimierten Mitglieder getragen“219 werden.220 Dieses Modell ist auch für die unternehmerische Mitbestimmung in privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen heranzuziehen.221 Allerdings wird 214 BVerfGE 93, 37 (70 f.). 215 BVerfGE 93, 37 (70 f.); Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1227 f.). 216 BVerfGE 93, 37 (71). 217 Vgl. zum Verstoß gegen das Demokratieprinzip bei der Zulassung von Arbeitnehmervertretern in die Verwaltungsräte von Sparkassen VerfGH NRW NVwZ 1987, 211 (212). 218 Instruktiv Pütz, Unternehmensmitbestimmung, S. 237 ff.; Adenauer, NZG 2019, 85 (87 f.). 219 BVerfGE 93, 37 (66, 72); auf diese Entscheidung in Fn. 174 hinweisend, Pitschas  / ​ Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 51; Spannowsky, ZGR 1996, 400 (412 f.). 220 Im Ergebnis muss hiernach den demokratisch legitimierten Vertretern das Letztentscheidungsrecht zustehen, Pütz, Unternehmensmitbestimmung, S. 237 f.; dies ist etwa dann problematisch, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende eines mitbestimmten Unternehmens nicht von der Kommune, sondern – was § 27 Abs. 1 MitbestG erlaubt – von der Arbeitnehmerseite gestellt wird. Die Kommune als Anteilseignerin hätte dann keine Möglichkeit mehr, elementare Entscheidungen gegen den Willen der privaten Gesellschafter bzw. Anteilseigner zu treffen. Denn sowohl die Personalkompetenz nach § 31 MitbestG (etwa Bestellung des Geschäftsführers) als auch die Zustimmungs- und Kontrollreche stehen dem Aufsichtsrat zu. Vgl. zum Ganzen, Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228, 1229 f.) sowie die Ausführungen im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit. Letztlich gilt es nämlich zu entscheiden, wie die Kollision zwischen dem MitbestG / GesellR und den Einflussnahmeanforderungen des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW, Art. 28 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 2 GG, Art. 2 Abs. 1 LV NRW zu lösen ist. 221 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260; zur Frage, ob eine Eigentümeroder Miteigentümerstellung der öffentlichen Hand dazu führt, dass die Unternehmensmitbestimmung in diesen Unternehmen nicht oder nur eingeschränkt zulässig ist, vgl. Nagel,

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der vom BVerfG entwickelte legitimatorische Hebel der „doppelten Mehrheit“ bei direktiven Entscheidungen in privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen für nicht zielführend erachtet.222 Eine direktive Mitbestimmung der Arbeitnehmer, mithin ihre Teilhabe an den für die Erfüllung des öffentlichen Auftrags maßgeblichen Unternehmensentscheidungen,223 überschreite sowohl den im Wesentlichen internen, die Arbeitssituation der Beschäftigten betreffenden Bereich auf der ersten Stufe als auch den Bereich der öffentlichen Auftragswahrnehmung auf der zweite Stufe deutlich.224 Ein Rückgriff auf das Kriterium der „doppelten Mehrheit“ sei daher nicht möglich.225 Deshalb bedürften Entscheidungen, welche die Wahrnehmung des Amtsauftrags – der Verfolgung öffentlicher Zwecke – nicht nur unerheblich berühren, einer darüberhinausgehenden demokratischen Legitimation im Sinne eines Letztentscheidungsrechts einer in parlamentarischer Verantwortung stehenden Stelle.226 Unbeschadet dieser Ausführungen vollziehe sich in der Praxis die Teilhabe an den für die Erfüllung des öffentlichen Auftrags maßgeblichen Unternehmensentscheidungen dennoch „im gleichen Umfang und nach den gleichen Vorschriften, wie in rein privaten Unternehmen in der Rechtsform der AG oder GmbH, für welche das Erfordernis organisatorischpersoneller Legitimation keine Geltung beasprucht“227.

Hierin wird teilweise ein unüberbrückbareres Legitimationsdefizit angenommen.228 Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass das BVerfG die Sicherung des demokratischen Legitimationsniveaus nicht schematisch versteht, sondern eine hinreichend effektive Legitimationsausgestaltung für ausreichend erklärt.229 Jenseits der unmittelbaren Staatsverwaltung und der gemeindlichen (gebietsbezogenen) Selbstverwaltung sei das Demokratieprinzip offen für alternative, vom Erfordernis lückenloser personeller demokratischer Legitimation abweichender Organisation der Staatsgewalt.230 Obwohl sich die Aussagen des BVerfG allein Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, S. 5, abrufbar unter: https://www.boeckler.de/ pdf/p_edition_hbs_70.pdf, Stand: 2002 (zuletzt abgerufen am 04.02.2020). 222 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260 f. 223 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260. 224 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260. 225 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260, der darauf hinweist, dass das BVerfG auf dieses Kriterium zur Rechtfertigung betrieblicher Mitbestimmungsentscheidungen auf der dritten Stufe nicht zurückgegriffen hat. 226 BVerfGE 93, 37 (72); Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228); Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260 f. 227 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 261. 228 Vgl. Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 52; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 261. 229 „Aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidend ist nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau“, BVerfGE 93, 37 (67); BVerfG NVwZ 2003, 974 (975); Spannowsky, ZGR 1996, 400 (413). 230 Vgl. BVerfG NVwZ 2003, 974 (976) in der sogenannten „Lippeverband-Entscheidung“ vom 05.12.2002. Hierbei hat das Gericht seine Ausführungen zu einer Erweiterung der Mit-

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auf den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung beziehen, ist dem Beschluss die Artikulation eines „deutlich veränderten Demokratieverständnis“231 zu entnehmen.232 So hebt Hanebeck233 hervor, dass „in der Entscheidung bereits eine Möglichkeit zu Veränderungen auch im Bereich der hier noch ausgeklammerten unmittelbaren Staatsverwaltung und kommunalen Selbstverwaltung angelegt ist“.

Im Rahmen der Interpretation des Demokratieprinzips sei seine Entwicklungsoffenheit zu berücksichtigen.234 Dieses offenere Demokratieverständnis ermögliche nämlich auch, „neue Ansätze bezüglich der Herstellung demokratischer Legitimation in den Blick zu nehmen“235. Deshalb könne etwa der demokratische Substanzverlust im Aufsichtsrat auch auf andere Weise annähernd ausgeglichen werden.236 Für legitimatorische Feinabstimmungen durch Ausgestaltung von demokratischen Rückkoppelungen zeigt sich das Grundgesetz jedenfalls solange und soweit offen, wie Instrumentarien bestehen, die ausreichende Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten237 auf die Unternehmensführung sicherstellen.238 Wie eine wirkungsbefugnisse von Beschäftigten auf die funktionelle Selbstverwaltung (z. B. Hochschulen, Ärzte- und Rechtsanwaltskammern, Handelskammer) beschränkt. „Diese zeichnen sich dadurch aus, dass in institutionell verselbstständigten, typischerweise mitgliedschaftlich verfassten und zumindest teilrechtsfähigen Verwaltungseinheiten die – nach Maßgabe der jeweils zugewiesenen Aufgabe – primär Betroffenen eigenverantwortlich, d. h. lediglich unter Rechtsaufsicht, Staatsgewalt ausüben“, Jestaed, JuS 2004, 649 (649). Anders als die kommunale Selbstverwaltung ist sie aufgaben- und nicht gebietsbezogen. Hierzu und zum Ganzen vgl. Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228). 231 Hanebeck, DÖV 2004, 901 (908). 232 Pütz, Unternehmensmitbestimmung, S. 239; Sommermann, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 20, Rn. 194. 233 Hanebeck, DÖV 2004, 901 (908). 234 BVerfG NVwZ 2003, 974 (976); Jestaed, JuS 2004, 649 (653); Sommermann, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  20, Rn.  194. 235 Hanebeck, DÖV 2004, 901 (908). 236 Ehlers, JZ 1987, 218 (226); Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 261; ob die Argumente des BVerfG, NVwZ 2003, 974 ff. zur Lockerung der Anforderung des Demokratieprinzips auch auf kommunale Unternehmen übertragen werden können, ist nicht unumstritten. So weist Becker, in: Mann / P üttner, Kommunalen Wissenschaft, § 50, Bd. 2, Rn. 60 darauf hin, dass solche Unternehmen nicht der staatlichen Rechtsaufsicht unterlägen und die Aufgaben nicht detailliert gesetzlich geregelt seien. 237 Deutlich differenzierend Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 121 passim, S. 365 ff. Er verwendet „Steuerung“ als Oberbegriff für eine bewusste Einflussnahme auf Organisationen. „Einwirkung“ meint die vom Träger vorgenommene Einflussnahme auf sein öffentliches Unternehmen. Sie erfolge in „der Absicht dieses Unternehmen ex ante in die gewünschte Zielrichtung oder Verhaltensweise zu steuern“. „Kontrolle soll demgegenüber die nachträgliche Überprüfung der Unternehmenstätigkeit auf Übereinstimmung mit den maßgeblichen Zielvorstellungen“ bezeichnen. Die Einwirkungsmöglichkeit macht er richtigerweise von der Ausgestaltung der Kompetenzabgrenzung zwischen den Organen der öffentlich-rechtlichen Gesellschaft abhängig. Den Begriff der Kontrolle teilt er in Finanz- und Wirtschaftlichkeitskontrolle sowie Aufgabenerfüllungskontrolle auf. 238 So im Ergebnis wohl auch Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228).

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

solche Ausgestaltung im Konkreten erfolgen könnte, ist eine Frage des Einzelfalls und hängt maßgeblich von den noch vertieft und schwerpunktmäßig zu erörternden Möglichkeiten und Grenzen hoheitlicher Einflussnahme und Kontrollausübung ab. An dieser Stelle genügt es allerdings festzuhalten, dass sowohl die innerbetriebliche Mitbestimmung als auch die Teilhabe an den maßgeblichen Unternehmensentscheidungen durch die Arbeitnehmerschaft in beiden Unternehmensformen möglich und zulässig ist. Vor dem Hintergrund eines hinreichenden demokratischen Legitimationserfordernisses sind jedoch erhebliche Ausgestaltungsanstrengungen erforderlich, um die Mitbestimmung in privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen zu rechtfertigen. Ob sich diese zusätzlichen Legitimationsanstrengungen allerdings auszahlen werden, kann erst nach Untersuchung der nachfolgenden Kriterien abschließend beantwortet werden.239 b) Haushaltsrechtliche Gründe Die Fesselung an das Haushaltsrecht erschwert das Wirtschaften nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen zusätzlich. Denn insoweit unterliegen die unternehmensrelevanten Tätigkeiten öffentlich-rechtlicher Unternehmen einer haushaltsrechtlichen Ordnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §§ 48 Abs. 1, 2, 42 Abs. 1 des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (HGrG). Bei privatrechtlich ausgestalteten öffentlichen Unternehmen beschränkt sich die Prüfung durch die Rechnungsprüfungsbehörde hingegen auf die sog. Betätigungsprüfung nach § 44 Abs. 1 HGrG,240 die unter Zugrundelegung kaufmännischer Grundsätze vorgenommen wird.241

239 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 147, der betont, dass das erforderliche demokratische Legitimationsniveau jedenfalls dann gewahrt ist, wenn die öffentliche Hand für eine mehrheitliche Besetzung des mitbestimmen Aufsichtsrats „mit ihren Leuten“ sorgt. 240 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 235, der hervorhebt, dass bei dieser Betätigungsprüfung „die Betätigung“ der jeweiligen Gebietskörperschaft als Gesellschafterin in dem jeweiligen Unternehmen überprüft wird; anders als die Abschlussprüfung (Jahresabschluss und Lagebericht), die dem Unternehmen gelte, beziehe sich die Betätigungsprüfung auf die Betätigung der öffentlichen Hand und ihrer Repräsentanten in den Unternehmen, insb. den Organen der Unternehmen. Im Vordergrund stehe somit das unternehmerische Handeln selbst, Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (10 f.). 241 Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 58–62. Es soll an dieser Stelle lediglich die unterschiedliche haushaltsrechtliche Behandlung der privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Unternehmen aufgezeigt werden, um die Motive der öffentlichen Hand zur Gründung bzw. Beteiligung privatrechtlicher Unternehmen nachvollziehen zu können. Auf eine detaillierte und differenzierte Darstellung des Haushalts-, Rechnungsund Prüfungswesens im Hinblick auf die Besonderheiten bei Eigenbetrieben, Regiebetrieben und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie gemischtwirtschaftlichen Unternehmen wird insoweit verzichtet. Ausführliche Darstellung bei Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 16, Rn. 23 ff.

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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c) Kreditvergabe und Kreditwürdigkeit Im Zuge der Finanzkrise hat sich die Frage nach der Kreditwürdigkeit juristischer Personen des Privatrechts neu gestellt.242 Der Umstand, dass in Krisenzeiten reflexhaft nach sicheren, wenn auch weniger dynamischen Häfen gesucht wird, hat dazu geführt, dass sich die bisherigen Vertrauensverhältnisse verschoben haben und ein wirtschaftliches Umdenken bei den maßgeblichen Wirtschaftsakteuren eingesetzt hat.243 Ist man vormals unter Hinweis auf eine vermeintlich unzureichende Kapitalausstattung vieler Rechtsträger des öffentlichen Rechts und eines generellen Vertrauensvorschusses aufgrund der bekannten Binnenorganisation von einer größeren Kapitalwürdigkeit juristischer Personen des Privatrechts ausgegangen,244 haben sich die Finanzierungsmöglichkeiten mittlerweile deutlich verbessert. Denn in politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten ist die Kreditvergabe an Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform wesentlich risikoärmer. Zurückzuführen ist dies darauf, dass Kommunen für Eigen- und Regiebetriebe uneingeschränkt haften und bei Kommunalunternehmen als Anstaltsträger jedenfalls subsidiär in Haftung genommen werden können.245 Nachteilig ist jedoch auch hierbei das starre, an Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde gebundene formalistische Kreditaufnahmeverfahren. Denn in Situationen eines finanziellen Haushaltsnotstandes, vor allem in Zeiten der Haushaltssicherung oder der einstweiligen Haushaltsführung, ist die insoweit deutlich zeitverzögernde Genehmigungserteilung geeignet, die finanzielle Situation nicht unerheblich zu verschärfen.246 Vor diesem Hintergrund bieten privatrechtliche Organisationsformen mangels langwieriger, der Verwaltung immanenter Genehmigungsvorbehalte erhebliche zeitliche Vorteile.

242 Bereits mehrere Jahre vor der Wirtschaftskrise hat Thiel der Ansicht widersprochen, dass Eigenbetriebe zwangsläufig kreditwürdiger seien als Eigengesellschaften und auf die günstigeren Konditionen der kommunalen Kreditaufnahme hingewiesen, Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 262; a. A. etwa Ehlers, DÖV 1986, 897 (900). 243 Von einem „Bedeutungsschub“ der Staatsbeteiligungen durch die Wirtschaftskrise ab 2007 spricht Leisner, GewArch 2009, 337 (338). 244 Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung, S. 30; Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (803). 245 Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 16, Rn. 75 unter Hinweis auf die Insolvenzfestigkeit der Kommunen gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung (InsO). 246 Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 16 Rn. 76.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

d) Steuerbegünstigung und Steuerlast Eine nicht zu unterschätzende Frage für die Wahl der „richtigen“ Unternehmens­ form ist diejenige nach den steuerlichen Auswirkungen. Denn das „Gebot der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts“247 verlangt, dass grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Organisationsformen besteuert werden, wenn sie wie eine Privatperson wirtschaftlich tätig werden und wie eine solche am gewerblichen Wettbewerb teilnehmen.248 Das Steuerrecht darf nämlich nicht dazu führen, dass für Unternehmen, die auf dem Markt in Konkurrenz zueinander stehen, unterschiedliche Regeln gelten.249 Daher richtet sich die Besteuerung von öffentlichrechtlichen Unternehmen sowohl nach der Organisationsform als auch nach der Art der Tätigkeit. Es gilt somit eine zweigliedrige Betrachtung anzustellen.250 Die organisationsformorientierte Antwort auf die Frage nach der Steuerpflichtigkeit von Unternehmen gibt § 1 Abs. 1 Nr. 1 Körperschaftssteuergesetz (KStG). Hiernach sind Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) qua Rechtsform unbeschränkt körperschaftssteuerpflichtig, soweit sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben.251 Ein hinreichend hohes Maß an steuerrechtlich differenzierter Einzelfallbetrachtung ist indes notwendig, wenn die Gemeinde in einer Organisationsform des öffentlichen Rechts handelt. Dann nämlich kann die Frage der Steuerlast nicht anhand der Rechtsform bestimmt werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob es sich um einen sogenannten Betrieb gewerblicher Art (BgA) i. S. des § 4 Abs. 1–5 KStG handelt.252 Denn in diesem Fall bestimmt § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, dass dieser ebenfalls vollumfänglich der Steuerpflicht unterfällt. Dabei ist BgA ein rein körperschaftssteuerlicher Begriff und beschreibt jede Einrichtung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dient, die über den Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung hinausgeht, die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts wirtschaftlich heraushebt und die nicht überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dient, § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 KStG.253 Beachtenswert ist, dass die Absicht, Gewinne zu erzielen und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr hierbei nicht erforderlich sind, § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG. Folglich zählen zu den 247 BVerfGE 43, 58 (70), „ein steuerlicher Eingriff in die Wettbewerbsgleichheit ist vor Art. 3 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn dafür ein hinreichender sachlicher Grund vorliegt“. 248 Augsten, in: Fabry / dies., Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 5, S. 321 f., Rn. 45; Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 133, Rn. 180. 249 Vgl. zum Gebot gleichförmiger Bilanzierung nur Winnefeld, in: ders., Bilanzhandbuch, VI, Rn. 103. 250 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 133, Rn. 180. 251 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 133 f., Rn. 180. 252 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 134, Rn. 181. 253 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 134, Rn. 181.

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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BgA auch Betriebe, die der Daseinsvorsorge dienen.254 Dass die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der wirtschaftlichen Tätigkeit ebenso eine öffentliche Aufgabe erfüllt oder dem Allgemeininteresse dient, ist somit körperschaftssteuerrechtlich grundsätzlich unerheblich. Anders ist es nur dann, wenn die Gemeinde Leistungen erbringt, die ihr „eigentümlich und vorbehalten“255 sind. Das ist dann der Fall, wenn die Erfüllung spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist.256 Allein in diesem Fall findet eine steuerliche Begünstigung statt, die sich in diesem tradierten Verständnis darüber hinaus nur auf die Körperschaftssteuer beschränken lässt.257 Ob diese Vorteile genügen, um die oben aufgezeigten Vorzüge privatrechtlicher Organisationsformen zu überwiegen, dürfte maßgeblich davon abhängen, welchen Zweck die gemeindliche Betätigung verfolgt. Denn jedenfalls bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben sind öffentlich-rechtliche Organisationsformen von der Körperschafts-, Umsatz-258 und Gewerbesteuerlast259 befreit und daher zu bevorzugen. Aufgrund des Gebots der steuerlichen Wettbewerbsneutralität und der damit verfolgten grundsätzlichen Gleichbehandlung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Organisationsformen kann einer Aussage nach steuerlichen Vorteilen zugunsten einer bestimmten Organisationsform ohne eine sorgfältige Prüfung des einzelnen Unternehmens eine allenfalls oberflächliche Aussagekraft zugesprochen werden.260

254 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 134, Rn. 181, der Betriebe, welche die Wasser- und Energieversorgung sowie den ÖPNV sicherstellen, zu den BgAs zählt. 255 Ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), vgl. nur BFHE 57, 222 (223). In diesem Zusammenhang wird auch von „Hoheitsbetrieb“ gesprochen, vgl. Augsten, in: Fabry / ​ dies., Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 5, S. 311, Rn. 3; als hoheitliche Tätigkeit seien etwa die Abfall- und Abwasserwirtschaft (Entsorgung mit Benutzungszwang) einzustufen, Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 134, Rn. 181. 256 Ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. nur BFHE 223, 232 (233). Ein vielzitiertes Beispiel aus der Rechtsprechung ist die Entscheidung des BFH zur Hausmüllentsorgung, vgl. BFH DStR 1997, 19 (20). 257 Für die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand gilt nämlich seit 01.01.2017 mit Einführung des § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) ein autonomer umsatzsteuerlicher Begriff, der sich von der bisherigen Anknüpfung an den Begriff des BgA löst. Hiernach wird die juristische Person des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer tätig, wenn sie Tätigkeiten im Bereich der öffentlichen Gewalt ausübt, die sich nicht wettbewerbsverzerrend auswirken. Hierbei wird angenommen, dass eine Wettbewerbsverzerrung dann nicht vorliegt, wenn der erzielte Umsatz 17.500,00 Euro nicht überschreitet, vgl. Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 134 f., Rn. 181a. 258 Jedenfalls im Rahmen des § 2b UStG. 259 Für die Frage, ob ein steuerpflichtiger Gewerbebetrieb vorliegt, wird darauf abgestellt, ob das Unternehmen der öffentlichen Hand mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnimmt, Güroff, in: Glanegger / ders., GewStG, § 2, Rn. 387. 260 Zutreffend bereits Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 105, 106.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

e) Kooperationsfähigkeit und kooperative Grenzen In vielen kommunalen Tätigkeitsgebieten besteht ein großes Bedürfnis nach einer Kooperation sowohl mit anderen kommunalen als auch mit privaten Unternehmen. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die fortschreitende Liberalisierung und Deregulierung ureigener kommunaler Aufgabenfelder261 wie der Energieversorgung und der Abfallwirtschaft. Dem hierdurch entstandenen, mitunter scharf ausgetragenen Wettbewerb,262 sehen sich kommunale Unternehmen zunehmend durch die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen bzw. kommunalen Unternehmen gewappnet.263 Die Kooperationsmöglichkeiten öffentlich-rechtlich ausgestalteter Unternehmen sind jedoch noch immer begrenzt.264 Häufig können sie sich mangels Rechtspersönlichkeit nicht an anderen – öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisierten – Unternehmen beteiligen und eine wirtschaftsorientierte Zusammenarbeit begründen. Angesprochen sind hier insbesondere Eigen- oder Regiebetriebe, die sich in Ermangelung der erwähnten Rechtspersönlichkeit von vornherein nicht an solchen Unternehmen beteiligen können.265 Für eine erhebliche Zeit waren diese jedoch nicht die einzigen kooperationsfeindlichen Organisationsformen des öffentlichen Rechts. Auch die Kooperationsmöglichkeiten von Anstalten des öffentlichen Rechts waren stark limitiert, weil Trägerin des Kommunalunternehmens allein die Gemeinde selbst oder eine andere kommunale Körperschaft sein konnte.266 Eine (anteilige) Mehrträgerschaft war somit ausgeschlossen, weil das Anstaltsrecht eine anstaltseigene, monistische Trägerstruktur aufwies und keine gemeinsame Verwaltung des Kommunalunternehmens zuließ.267 Daher wurde schon früh dafür geworben, eine gesetzliche Veränderung des Anstaltsrechts vorzunehmen.268 Dem ist der Gesetzgeber im Rahmen des Ge 261 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 127. 262 So etwa bezogen auf den Wettbewerb in der Abfallwirtschaft: „Wie sich zeigt, haben Kommunen vor allem in Großstädten bzw. in Städten mit über 100.000 Einwohnern die Restmüllsammlung übernommen. Insgesamt wird in allen erfassten Gemeinden und Städten zwar für lediglich knapp 34 Prozent der Gebiete die Erfassung durch kommunale Unternehmen vorgenommen, gewichtet man die jeweiligen Gebiete jedoch mit der Einwohnerzahl entfällt jedoch knapp 62 Prozent der Restmüllerfassung auf kommunale Entsorgungsunternehmen“; Böckers, Hardorp, Haucap et al., Wettbewerb in der Restmüllerfassung, S. 3, abrufbar unter: www.dice.hhu.de/fileadmin/­redaktion/Fakultaeten/ ­Wirtschafts­wissenschaftliche_Fakultaet/­ DICE/Ordnungspolitische_Perspektiven/­85_OP_­Boeckers­_ Hardorp_­Haucap_Heimeshoff_ Goesser_Thorwarth.pdf (abgerufen am 04.02.2020). 263 Vgl. Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 34. 264 Dies gestehen auch Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 35 ein und betonen, dass Kooperationsmöglichkeiten bei öffentlich-rechtlich ausgestalteten Unternehmen „in der Tat reglementiert“ seien. 265 Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 35. 266 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 111. 267 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 111. 268 Instruktiv Ehlers, in: Henneke, Kommunale Aufgabenerfüllung in Anstaltsform, S. 47 (53), der insbesondere die erschwerte Möglichkeit zur Privatisierung und die begrenzte Eig-

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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setzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung – GO-Reformgesetz vom 9. Oktober 2007 nachgekommen. Er hat durch Artikel V das GkG NRW dahingehend geändert, dass er das gemeinsame Kommunalunternehmen mehrerer Gemeinden und Kreise als kollektives Betätigungsprojekt §§ 27 ff. GkG NRW eingeführt hat. Charakteristisch für das gemeinsame Kommunalunternehmen ist, dass es von mehreren kommunalen Gebietskörperschaften getragen wird und eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweist.269 Kommunen können einem bereits bestehenden gemeinsamen Kommunalunternehmen beitreten oder bestehende Eigen- oder Regiebetriebe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in ein solches ausgliedern (§ 27 Abs. 2 Satz 3 GkG NRW).270 Es tritt sodann als alleiniger Aufgabenträger im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben an Stelle der beteiligten Gemeinden auf und übt in dem Umfang seiner Ermächtigung auch Hoheitsbefugnisse271 aus.272 Der Effektivitätsgewinn durch einen Zusammenschluss zur Verfolgung eines gemeinsamen Zieles liegt hierbei auf der Hand und erinnert nicht zuletzt aufgrund der zu leistenden Stammeinlage qua Unternehmenssatzung273 stark an die Rechtsform der GmbH. Unbenommen ist es den Kommunen auch, ihre Eigen- und Regiebetriebe im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit ihrem Vereinbarungspartner zur Verfügung zu stellen oder insgesamt Regelungen über die Aufgabenverteilung vorzunehmen.274 Konkret erfolgt dies dadurch, dass eine Kommune ein Kommunalunternehmen für mehrere Kommunen gründet und sie sich durch eine öffentlich-rechtliche Zweckvereinbarung dazu verpflichten, alle notwendigen Kompetenzen, die zur zweckentsprechenden Bewirtschaftung des Unternehmens notwendig sind, auf eine Kommune zu übertragen.275 Die Regeln, nach denen eine solche Kollaboration erfolgen kann, legt wiederum das GkG NRW fest.276 Eine weitere Möglichkeit der Kooperation zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann durch ihre mittelbare Beteiligung an einer Anstalt des öffentlichen Rechts durch Etablierung einer Holdingstruktur herbeigeführt wernung der Anstaltsträger (Gemeinde bzw. sonstige kommunale Körperschaft) kritisiert; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 111, der dem Gesetzgeber die Zulassung eines Mehrträger-Kommunalunternehmens anrät. 269 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 76, Rn. 112c. 270 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 76, Rn. 112c. 271 Etwa den Erlass von Satzungen, § 28 Abs. 1 Nr. 4 GkG NRW i. V. m. § 114a Abs. 3 GO NRW. 272 Kronawitter, KommJur 2008, 401 (403 f.); Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 76, Rn. 112c; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 111 f. 273 So ausdrücklich § 28 Abs. 1 Nr. 3 GkG NRW. 274 Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 35. 275 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 112. 276 So bestimmt § 23 Abs. 1 GkG NRW, dass Gemeinden und Gemeindeverbände vereinbaren können, dass einer der Beteiligten einzelne Aufgaben der übrigen Beteiligten in seine Zuständigkeit übernimmt oder sich verpflichtet, solche Aufgaben für die übrigen Beteiligten durchzuführen.

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den.277 Nach § 114a Abs. 4 GO NRW ist es dem Kommunalunternehmen nämlich gestattet, nach Maßgabe der Satzung andere Unternehmen oder Einrichtungen zu gründen und sich an solchen zu beteiligen oder eine bestehende Beteiligung zu erhöhen, wenn das dem Anstaltszweck dient. Hierbei müssen im Falle der Betätigung in einer Rechtsform des Privatrechts insbesondere die Voraussetzungen der §§ 108–113 GO NRW beachtet werden und ein besonders wichtiges Interesse hierfür bestehen. An solchermaßen gegründeten Tochtergesellschaften dürfen sich sodann Gebietskörperschaften, Kommunalunternehmen, aber auch Zweckverbände beteiligen. Nach Gaß278 entstehe dann eine kommunale Beteiligungsgesellschaft, die der Erfüllung der dem Kommunalunternehmen übertragenen Aufgaben dient. Letztlich gibt es also auch mittelbare Wege zu einer wirtschaftsorientierten öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit. Wie oben ausgeführt steht es dem Kommunalunternehmen frei, Tochterunternehmen in Privatrechtsform279 zu gründen oder sich an ihnen zu beteiligen, § 114a Abs. 4 GO NRW. Allerdings steht dies gemäß Satz 3 dieser Vorschrift unter dem Vorbehalt eines besonders wichtigen Interesses. Ob hierfür die Bündelung gemeinsamen Know-hows, die Eröffnung weiterer Möglichkeiten der Projektteilahme und der Umsatzsteigerung280 ausreichen oder erst die Möglichkeit der Erschließung hochspezialisierter Märkte durch ebensolche Kollaborationen, eine Beteiligung oder Gründung rechtfertigen, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Fest steht allerdings, dass nach dem Willen des Landesgesetzgebers ein besonders wichtiges Interesse nicht allzu großzügig zugesprochen werden sollte. Durch die Verschärfung der Privatisierungsbestrebungen beabsichtigt der Gesetzgeber nämlich eine vornehmlich öffentlich-rechtliche Organisationsform zu etablieren und versucht mit der Schaffung der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, eine starke öffentlich-rechtliche Alternative zu Privatrechtsformen, etwa der GmbH zu schaffen.281 Auch wenn hierdurch kein öffentlich-rechtlicher Vorrang begründet wird, so ist eine Gleichstellungstendenz nicht zu übersehen. Dieses Ziel vor Augen, würde eine allzu lockere Handhabung dieses Merkmals dazu führen, dass sich das Kommunalunternehmen überwiegend der Privatrechtsform bedienen und sich konträr zum gesteckten Ziel – sich auf ihre eigenen Qualitäten zu verlassen – verhalten

277 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 114. 278 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 115, der insgesamt auf eine Landkreis-Holding in Würzburg verweist. Hierbei ist der Landkreis als Gewährträger mittelbar an den Tochtergesellschaften seines Kommunalunternehmens beteiligt. 279 Freilich darf die Gründung eines Tochterunternehmens durch das Kommunalunternehmen nicht in der Rechtsform der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts erfolgen, weil diese – wie bereits ausgeführt – nur von einer Gemeinde errichtet werden kann, Söbbecke, in Articus / Schneider, § 114a, S.  526 f. 280 Vgl. hierzu Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 16, Rn. 77. 281 Vgl. Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 114a, S. 5; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 114a, Rn. 3; Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 114a GO NRW, S. 1413.

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würde.282 Letztlich unterfällt die Entscheidung der Einschätzungsprärogative der Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) und hat stets unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung öffentlicher Zweckbindungen zu erfolgen. Dieser Recht­fertigungs­ anforderung unterfällt jedoch das kommunale Wirtschaftsstreben – gänzlich unabhängig von ihrer Organisationsform – insgesamt.283 Daher führt diese Zweckbindung nicht dazu, dass die im Vergleich zu rein privatrechtlich organisierten Unternehmen gedämpfte, weil gebundene Dynamik nachteilig berücksichtigt werden kann. Denn die Verhinderung einer ungehemmten, sachlich nicht mehr gerechtfertigten, wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde ist jeglichem kommunalen Wirtschaften immanent. Insoweit kann ein Mehr an Risikobereitschaft – als Kernelement wirtschaftlicher Betätigung schlechthin – nicht dadurch herbeigeführt werden, dass sich die Gemeinde privatrechtlich organisiert. Ob dies für die Gemeinde zweckdienlich ist, kann demnach nicht davon abhängen, ob öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform geringeren Bindungen unterliegen. Daher müssen weitere Gründe hinzutreten, die ein besonders wichtiges Interesse rechtfertigen. Als ein solches Interesse ist vor allem die finanzielle Partizipationsmöglichkeit Privater zu nennen. Denn vor dem Hintergrund, dass nach aktueller Rechtslage eine unmittelbare Beteiligung Privater an einem Kommunalunternehmen nicht möglich ist, erhält diese Variante im Hinblick auf eine finanzielle Beteiligung privatrechtlicher Unternehmen an den Töchterunternehmen der AöR eine erhebliche Bedeutung.284 Vor allem in Bereichen, in denen eine Zusammenarbeit mit einem privaten Partner sinnvoll und zweckdienlich erscheint, wird hierdurch jedenfalls eine mittelbare Zusammenarbeit mit ihnen eröffnet und somit der wirtschaftliche Betätigungsradius deutlich erweitert.285 Schließlich gestattet § 1 Abs. 3 GkG NRW ausdrücklich die Nutzung der Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts zur gemeinsamen Wahrnehmung der vereinbarten Aufgaben. Hierdurch wird die Tür zur Gründung einer kommunalen Beteiligungsgesellschaft geöffnet, deren Zulässigkeit sich nach den allgemeinen kommunalrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit kommunaler Unterneh-

282 Vergleiche zur den Intentionen und Motiven des Gesetzgebers LT-Drs. 14/3979 S. 152; Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 114a, S. 527. Allerdings weist Kotzea, in: Held / Winkel, § 114a GO NRW, S. 569 zu Recht auf den Widerspruch hin, dass bei gleichbleibendem Sachverhalt keinerlei Einschränkungen für die Gründung privatrechtlicher Unternehmen durch die Gemeinde selbst gelten würden. Insoweit wäre aufgrund der vergleichbaren Intention eine Anpassung beider Regelungen wünschenswert. 283 Söbbecke, in: Articus / Schneider, § 114a, S. 527. 284 Daher schlägt Gaß vor, die unmittelbare Beteiligung Privater durch Gründung einer stillen Gesellschaft i. S. d. § 230 Abs. 1 HGB zu ermöglichen. Notwendig sei, dass das Kommunalunternehmen ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB betreibe oder Kaufmann Kraft Eintragung sei. Dabei handele es sich um eine reine Innengesellschaft, wobei die Kommune Trägerin des Kommunalunternehmens bleibe und sich der Private lediglich mit seiner Einlage am Unternehmen beteilige. Als Gegenleistung sei sodann eine Gewinnbeteiligung vorgesehen, Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 118. 285 So auch Schraml, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 45, Rn. 22.

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men in Privatrechtsform richtet, §§ 107, 108 GO NRW.286 Ermöglicht wird somit zum einen die Kooperation zwischen Kommunen und Kommunalunternehmen und zum anderen eine unmittelbare Zusammenarbeit mit privaten Rechtssubjekten.287 Weiterhin bietet das Rechtsregime der kommunalen Gemeinschaftsarbeit mit der Kooperationsform des kommunalen Zweckverbandes auf den ersten Blick einen großen Spielraum unternehmerischer Kooperationsmöglichkeiten. Hierbei handelt es sich insoweit um die „kommunaltypische öffentlich-rechtliche Organisationsform für die interkommunale Zusammenarbeit“288. Denn soweit ein Zweckverband unternehmerisch tätig ist, kann er einen Regie- oder Eigenbetrieb bilden oder eine privatrechtliche Eigengesellschaft errichten bzw. sich an einer Gesellschaft beteiligen.289 Trotzdem wird die Geeignetheit des Zweckverbandes für eine Kooperation von Kommunen mit Privaten insbesondere im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung angezweifelt. Begründet wird dies damit, dass der Zweckverband seiner Organisationsstruktur nach auf die Zusammenarbeit öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und nicht auf eine Mitgliedschaft Privater zugeschnitten sei.290 Der Zweckverband sei primär auf eine hoheitlich-verwaltende Tätigkeit ausgerichtet. Daher solle die Beteiligung Privater nur ausnahmsweise in Betracht kommen.291 Für unternehmerische Zwecke sei diese Kooperationsform insbesondere zu schwerfällig, weil sie sich nicht an der Kapitalbeteiligung oder Investition orientiere, sondern allein an der Mitgliedschaft und dem Umlageverfahren.292 Auch das Nebeneinander von Verbandssatzung und Betriebs- oder Unternehmenssatzung führten zu unternehmerischen Flexibilitätsbeeinträchtigungen.293 Besonders problematisch erweist sich die Frage danach, ob sich private Unternehmen an einem kommunalen Zweckverband beteiligen können. Eine private Beteiligung an öffentlich-rechtlichen Organisationen wird zwar nicht generell in Abrede gestellt,294 ist bei einem kommunalen Zweckverband indes unzulässig und scheidet 286 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 115. 287 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 115 f. 288 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 168. 289 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 103, Rn. 46. 290 Schink, VerwArch. 85 (1994), 251 (275 f.); vgl. auch Büchner, Gestaltung kommunaler öffentlicher Unternehmen, S. 188 f. 291 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 116 f.; Janson, Rechtformen öffentlicher Unternehmen, S. 316; dies legt auch die restriktive und unter der Bedingung der Förderlichkeit verfasste Formulierung in § 4 Abs. 2 Satz 2 GkG NRW nahe: „Ebenso können natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts Mitglieder eines Zweckverbandes sein, wenn die Wahrnehmung der Verbandsaufgaben dadurch gefördert wird und Gründe des öffentlichen Wohles nicht entgegenstehen.“ 292 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 342. Allerdings weist Gaß zurecht darauf hin, dass durch die Zuweisung von Stimmrechten an einzelne Mitglieder und der aufwandsorientierten Umlagefestsetzung der Verbandmitglieder, eine den Kapitalgesellschaften ähnliche Struktur hergestellt werden kann, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 110. 293 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 117. 294 So Britz, VerwArch. 91 (2000), 418 (434) „Soweit die Befugnisse einer öffentlich-rechtlichen Organisation punktuell bleiben und deren Tätigkeit staatlich beaufsichtigt wird, ist – allerdings stets durch Gesetz zu regelnde – Beteiligung Privater an deren Tätigkeit demnach

C. Uneingeschränkte Vorteile?

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daher gänzlich aus. Denn die Beteiligung Privater an öffentlich-rechtlichen Organisationsformen verbietet sich dort, wo Privaten nicht lediglich konkret festgelegte und enumerativ aufgelistete Kompetenzen verliehen, sondern – charakteristisch für kommunale Zweckverbände – „umfassende Zuständigkeiten für ganze Aufgabenkomplexe übertragen werden“295. Kooperationen mit privatrechtlichen Unternehmen sind hiernach lediglich beschränkt möglich und die Begründung von Beteiligungsverhältnissen nur einseitig durch öffentlich-rechtliche Organisationen an privaten Unternehmen zulässig. Eine weitere Kooperationsmöglichkeit stellt die Zusammenarbeit296 im Rahmen einer Public Private Partnership297/Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) dar, bei der sich ein privater Dritter an einem öffentlichen Unternehmen beteiligt.298 im Hinblick auf Art. 20 Abs. 2 GG zulässig. Die trotz der Erfüllung der drei Kriterien [gesetzliche Ermächtigung der Beteiligung der Privaten im Organisationsgesetz; einzelne, enumerativ eingeräumte Zuständigkeiten; die Beteiligung muss einer Rechtsaufsicht unterliegen] verbleibende Abweichung vom üblichen Legitimationsmodell ist mit Blick auf die Sachdienlichkeit der Einschaltung Privater hinzunehmen“. 295 Britz, VerwArch. 91 (2000), 418 (433). 296 Die Formen der Zusammenarbeit im Rahmen eines Public-Private-Partnership (PPP) sind vielfältig und umfassen etwa Betriebsführungsmodelle, Betreibermodelle, Kooperationsmodelle oder Konzessionsmodelle, vgl. hierzu Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 271 f., Rn. 2. 297 Der Begriff wurde in den 1940er Jahren in den USA und England entwickelt, nachdem diese Staaten sich aufgrund der Kriegsfolgen zur Erreichung gemeinsamer, teilweise auch unterschiedlicher Ziele gezwungen sahen, auch mit privaten Unternehmen zusammenarbeiteten, vgl. Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 54 VwVfG, Rn. 43. 298 Die Darstellung beschränkt sich auf die Organisationsbezogene PPP / ÖPP. Hierbei wird die Organisation von einem öffentlichen Auftraggeber in eine Handlungs- oder Organisationsform des Privatrechts gewandelt. So erfüllt die öffentliche Hand weiterhin die öffentliche Aufgabe, greift hierbei jedoch auf privatrechtliche Organisationsformen zurück. Obwohl eine trennscharfe Typeneinteilung der jeweiligen Modelle nicht existiert, wird die Differenzierung anhand der maßgeblichen Finanzierung und „Intensität“ der Zusammenarbeit vorgenommen. Bei Organisationsmodellen wird gerade nicht nur das Kapital genutzt, sondern vielmehr ein „Wissens-Transfer“ vorgenommen. Während bei austauschvertraglichen Kooperationen lediglich eine schuldrechtliche Beziehung zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Leistungserbringern entsteht, beteiligt sich erstere beim Organisationsmodell an der Betreibergesellschaft und begründet eine gesellschaftsrechtliche Beziehung, vgl. zum Ganzen, Kühling / Schreiner, ZJS 2/2011, 112 (113 f.), abrufbar unter: www.zjs-online.com/ dat/artikel/2011_2_431.pdf (abgerufen am 04.02.2020). Aufgrund dieses gesellschaftsrechtlichen Einschlags beschränkt sich die Frage des Kooperationsvorteils allein auf dieses Kooperationsmodell. Neben dem dargestellten Organisationsmodell / Institutionalisierte PPP, kommt das projektbezogene Vertragsmodell in Betracht. Hierunter sind zeitlich begrenzte Projekte auf vertraglicher Grundlage zu verstehen, die immer dann zweckmäßig erscheinen, wenn bei Vertragsabschluss, die von den Vertragspartnern zu erbringenden Leistungen und die Kosten sowie die zu tragenden Risiken nicht klar definiert werden können. Zu den Aufgaben, die vertraglich übertragen werden, gehören insbesondere Konzeption, Finanzierung, Ausführung, Renovierung oder Nutzung eines Bauwerks oder die Bereitstellung einer Dienstleistung, vgl. das Grünbuch zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen vom 30.04.2004, KOM (2004) 327, S. 9; Reit-Born / Weiner, in: Huster / Kaltenborn, Krankenhausrecht, § 17, Rn. 53.

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Hierbei handelt es sich um eine meist langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Unternehmen zur Erfüllung (bislang) öffentlicher Aufgaben, wobei innerhalb eines ganzheitlichen Ansatzes die öffentliche Hand die Aufgabenverantwortung behält und die private Seite verstärkt in den Erfüllungsprozess eingebunden wird.299 Diese Modelle sind nicht leicht umzusetzen und umfassen umfangreiche Vertragskonstruktionen mit komplexem Inhalt zur Laufzeitenregelung sowie Investitions-, Instandhaltungsund auch Personal­übernahme­verpflichtungen.300 Eine mögliche Ausgestaltung von PPP ist die Gründung von gemischt­wirtschaftlichen Unternehmen, die hauptsächlich Dienstleistungen erbringen.301 Hierbei gründen der Träger öffentlicher Verwaltung und ein privates Unternehmen eine Gesellschaft, an der neben privaten Gesellschaftern oder Anteilseignern die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist.302 Hiermit ist die Hoffnung verbunden, dass trotz überwiegender Staatlichkeit den tatsächlichen Marktverhältnissen durch mehr Wettbewerb und weniger staatlicher Regulierung entsprochen werden kann.303 Daneben soll durch das Outsourcing von Gemeindeaufgaben die Verwaltung verschlankt und effektuiert werden.304 Typisch für das Kooperationsmodell ist jedoch das Motiv, sich jenseits einer Kreditaufnahme Finanzkapital verschaffen zu können und gleichzeitig die Fertigkeiten und das Wissen der eingegliederten Privaten zu Nutze zu machen.305 All diese Gründe 299 Europarechtlich determiniert, wird es überwiegend als PPP bezeichnet. Eine gesetzliche Definition des Begriffs PPP findet sich indes weder auf nationaler noch auf unionaler Ebene. Im Grünbuch zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen vom 30.04.2004, KOM (2004) 327, S. 3 beschreibt die Kommission ÖPP als Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und Privatunternehmen zwecks Finanzierung, Bau, Renovierung, Betrieb oder Unterhalt einer Infrastruktur oder die Bereitstellung einer Dienstleistung. In Deutschland begann die erste ÖPP Entwicklung Anfang der 1990er Jahre neben dem Konzept des New Public Manage­ ment, vgl. Schliesky, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 47, Rn. 4. 300 Zu den Formen der Zusammenarbeit soll nicht im Einzelnen ausgeführt werden. Die Ausführungen beschränken sich auf das Gesellschafts- bzw. Kooperationsmodell (Organisationsmodell). Daneben haben sich das Erwerbermodell, Leasingmodell, Vermietungsmodell, Inhabermodell, Contractingmodell und das Konzessionsmodell herausgebildet, vgl. im Einzelnen die kurze Darstellung bei Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 7. 301 Grünewald, in: Danner / Theobald, Energierecht, Gemeinden und Energiewirtschaft, VII., Rn. 53 f.; Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, § 16, Rn. 77. 302 Gemischtwirtschaftliche Unternehmungen als neue Gesellschaftsform des frühen 20. Jahrhunderts, F. Freund, DJZ 1911 Nr. 18, 1111 ff.; gelungene Abgrenzung zu öffentlichen Eigenunternehmen, bei denen die öffentliche Hand alleiniger Träger des öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisierten Unternehmens ist sowie gemischt-öffentliche Unternehmen, die durch mehrere Hoheitsträger (z. B. Kommunen) betrieben werden, stellt Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 10 f. 303 Vgl. zu den Motiven Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 271, Rn. 1. 304 Outsourcing von Gebäudebewirtschaftungsleistungen durch Kommunen, Kruhl, NZBau 2005, 121 ff.; Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 271, Rn. 1. 305 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 271, Rn. 1.

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lassen freilich nicht die bestehende Rechenschaftspflicht staatlicher Kollaboration gegenüber dem Demokratie- sowie Rechtsstaatsprinzip entfallen. Denn unabhängig von der Art der Ausgestaltung der konkreten Zusammenarbeit, ist die Mitwirkung eines Privaten bei der Ausübung von Staatsgewalt rechtfertigungsbedürftig und steigt in seiner Anforderung mit dem Grad der tatsächlichen Ausübung.306 Ist die öffentliche Hand nicht in der Lage, einen entscheidenden Einfluss sicherzustellen oder ist sie lediglich minderheitsbeteiligt, so „schließt die fehlende demokratische Legitimation auch die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe aus“307. Hierbei muss der öffentliche Aufgabenträger den privaten Partner während der gesamten Zusammenarbeit dazu anhalten, öffentlich-rechtliche Vorschriften, die im Zusammenhang mit dem Projektgegenstand stehen, sicherzustellen.308 Hat sich die öffentliche Hand nach Abwägung der Vor- und Nachteile309 für eine Kooperation mit einem Privaten entschieden, so erfolgt seine Beteiligung an einem zwingend privatrechtlich organisierten Unternehmen der öffentlichen Hand.310 Hierbei wird die Gemeinde zu einem Gesellschafter im neugegründeten privatrechtlich organisierten Unternehmen.311 Will sie daher im Rahmen eines Organisationsmodells mit einem Privaten zusammenarbeiten, so kann sie dies nicht in öffentlich-rechtlicher Organisationsform.312 Insoweit geht durch die Wandlung in eine gemeinsame Handlungs- oder Organisationsform des Privatrechts die öffentlich-rechtliche Organisationsform verloren.313 Darüber hinaus beschränken sich auch die Einwirkungs- und Kontrollbefugnisse auf das Maß der Beteiligungsverhältnisse.314

II. Zwischenergebnis Dass Gemeinden im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung privatrechtliche Organisationsformen für die kommunale Aufgabenerfüllung favorisieren, ist angesichts der aufgezeigten öffentlich-rechtlichen Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung zwar nicht selbstverständlich, jedoch nachvollziehbar. Denn bereits bei der Gründung von privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen sind 306 Instruktiv Schliesky, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 47, Rn. 16. 307 Schliesky, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 47, Rn. 16. 308 Schliesky, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 47, Rn. 18. 309 Die Kostenexplosionen aufgrund ungenauer Planung oder jedenfalls Ausblendung etwaiger unvorhersehbarerer Ereignisse (etwa die weltweite Finanzkrise beginnend im Jahre 2008) verschaffen – im Zuge der Insolvenz privater Partner – den Kritikern von ÖPP neuen Aufwind, Balser, abrufbar unter: www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verkehrspolitik-autobahnprivatisierung-erleidet-herben-rueckschlag-1.3636110 (abgerufen am: 05.02.2020). 310 So ist die Formulierung bei Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 272, Rn. 3 zu verstehen. 311 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 272, Rn. 3. 312 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 272, Rn. 3. 313 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 276, Rn. 13. 314 Vgl. Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 4, S. 272, Rn. 5, wobei diese im Rahmen der Mehrheitsbeteiligung jedoch sicherzustellen sind.

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keine einzelfallgeprägten „typusbildenden Modellgesetze“315 notwendig, um sich unternehmerisch zu organisieren und wirtschaftlich zu betätigen. Ebenso wenig setzt eine etwaige Auflösung eines solchen Unternehmens ein öffentlich-rechtliches Sondergesetz voraus, sondern kann durch die Gesellschafter selbst in Gang gesetzt und abgeschlossen werden. Auch die vielbeschworene Flexibilität erweist sich tatsächlich als ein entscheidendes Kriterium zugunsten privatrechtlicher Organisationsformen und durchzieht sich über die Personalpolitik hin bis zur Gehälterausgestaltung. Zwar darf nicht verkannt werden, dass der Umstand, dass jedwede Ausübung von Staatsgewalt auf das legitimationsstiftende Wahlvolk rückführbar sein muss und eine unternehmerische Mitbestimmung daher nur unter einer größtmöglichen organisatorischen Kraftanstrengung zugelassen werden kann. Allerdings ist auch dies nicht unzumutbar, sondern eine Frage der konkreteren Ausgestaltung betriebsspezifisch partizipativer Elemente. Maßgeblich hierbei ist, ob die Mitbestimmung in öffentlichrechtlich oder privatrechtlich ausgestalteten Unternehmen erfolgen soll. Letztlich liegt der Unterschied darin, dass das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Kriterium der doppelten Mehrheit in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen einer schematischen Handhabung zugänglich ist. Die Mitbestimmung in privatrechtlich ausgestalteten Unternehmen verlangt hingegen eine einzelfallorientierte Feinabstimmung. Nicht immer gelingt es, auf diese Weise etwaig anfallenden Legitimationsdysbalancen zu begegnen. Während die Frage der unternehmerischen Mitbestimmung etwa einer Nachjustierung zugänglich ist, stehen haushaltsrechtliche Vorschriften zur Ordnungs- und Wirtschaftlich­keitsprüfung unter einer unüberbrückbaren, die Wirtschaftsdynamik hemmenden Aufsicht der Rechnungshöfe. In welche Richtung das Pendel bei der Frage der Kreditaufnahme schlägt, ist hingegen weniger leicht zu beantworten, weil dem unbestritten starren Aufnahmeverfahren die Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand in wirtschaftlich turbulenten Zeiten entgegengehalten werden kann. Auch konnte dargelegt werden, dass die nicht zu unterschätzende Bedeutung der steuerlichen Belastung für die Frage der Rechtsformenwahl nichts daran ändert, dass unter steuerlichen Gesichtspunkten eine pauschale Beurteilung zugunsten öffentlich-rechtlich organisierter Unternehmen oder privatrechtlich organisierter öffentlicher Unternehmen nicht möglich ist. Vielmehr bedarf es einer einzelfallorientierten Bewertung der Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung der jeweiligen Gestaltungsmöglichkeiten.316 Noch komplexer wird die Entscheidung für eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Unternehmensform, wenn aufgrund des Wettbewerbs am Markt auch

315 316

Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 295 f. Vgl. auch Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 150 f.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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für die Gemeinde ein Bedürfnis für eine flexible Kooperationsmöglichkeit sowohl mit Unternehmen des öffentlichen als auch des privaten Rechts entsteht. Denn wie gezeigt werden konnte, sind rein öffentlich-rechtliche Organisationsformen nur begrenzt kooperationsfähig und bieten im Wesentlichen nur in Gestalt des (gemeinsamen) Kommunalunternehmens eine ernstzunehmende Alternative zu privatrechtlich organisierten Unternehmen. Im Übrigen sind die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinde bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Rechtsform lediglich im Einzelfall zu berücksichtigen. Die obige Darstellung und Abwägung der einzelnen Kriterien hat nämlich deutlich gemacht, dass es – von einigen wenigen Spezialgesetzen einmal abge­ sehen – keinen kategorischen Vorrang einer bestimmten Rechtsform gibt. Richtig aber ist, dass „sich das Schwergewicht in dem konkret zu bewertenden Fall durchaus in die eine oder andere Richtung verlagern“317 kann. Für die Entscheidung leitend ist hierbei das Ziel der Gemeinde, durch eine möglichst wirtschaftliche Ausgestaltung des Unternehmens die öffentliche Aufgabenerfüllung zu optimieren und in diesem Zusammenhang auch den Gemeindehaushalt zu schonen. Hierfür eignet sich – jedenfalls noch – eher das privatrechtliche Instrumentarium. Denn nicht zuletzt die Dynamik des Gesellschaftsrechts führt zu einem höheren Maß an Wettbewerbsfähigkeit, das die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde effektuiert und somit jedenfalls mittelbar auch den Haushalt positiv beeinflusst.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  Bislang konnte aufgezeigt werden, dass der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde grundsätzlich keine Bedenken entgegengebracht werden können und es ihnen nicht verwehrt ist, sich bei ihrer Unternehmung auch genuin privatrechtlicher Werkzeuge zu bedienen. Dass hierfür nachvollziehbare Motive bestehen, konnte soeben dargestellt werden. Doch welche privatrechtlichen Organisationsformen318 eignen sich hierfür und welche sind bereits aus rechtlichen oder rein tatsächlichen Gründen nicht in Betracht zu ziehen? Hierauf soll nachfolgend im Rahmen einer Gegenüberstellung der privatrechtlichen Organisationsformen eingegangen werden, wobei die jeweilige Organisationsstruktur nur insoweit beleuchtet wird, wie es für die aufgezeigte Fragestellung von Bedeutung ist.

317 Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, 798 (809). 318 Obgleich in der kommunalen Wirtschaftspraxis nicht allen der sogleich genannten Organisationsformen eine vergleichbar hohe Relevanz zukommt, werden unter dem Gesichtspunkt einer umfassenden Darstellung und vor dem Hintergrund der jedenfalls theoretischen Möglichkeit sämtliche privatrechtliche Gesellschaften vorgestellt und auf ihre kommunalwirtschaftliche Eignung hin untersucht.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

I. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) Die GbR319 ist eine auf Gesellschaftsvertrag beruhende Personenvereinigung mit eingeschränkter Rechtsfähigkeit320, bei der sich die Gesellschafter gegenseitig verpflichten, die Errichtung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten, § 705 BGB.321 Richtig ist, dass die GbR mit öffentlicher Beteiligung zwar nicht unzulässig, so doch vergleichsweise selten im Wirtschaftsverkehr vorzufinden ist.322 Dies wird verständlich, wenn man sich die haftungsrechtliche Struktur einer GbR, die nach ihrem Gesellschaftszweck auf die Teilnahme am Rechtsverkehr gerichtet ist (Außen-GbR), vor Augen führt. Hierbei wird deutlich, dass die Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden grundsätzlich nicht nur mit dem Gesellschafts­vermögen, sondern unmittelbar und unbeschränkt entsprechend § 128 HGB und somit akzessorisch für die Verbindlichkeiten der GbR haften. Dies aber steht im Widerspruch zu der gemeinderechtlichen Anordnung, eine Rechtsform zu wählen, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt, § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW. Allerdings ergibt sich hieraus kein absolutes Verbot, was durch die vorsichtige Formulierung „darf“ untermauert wird. Auch bestimmt § 113 Abs. 1 GO NRW, dass die Gemeinde durch bestimmte Vertreter in Personenvereinigungen vertreten werden darf.323 Dies aber setzt freilich die Möglichkeit einer wie auch immer ausgestalteten Beteiligung voraus. Schließlich gestattet § 108 Abs. 1 Satz 2 GO NRW der Aufsichtsbehörde, in begründeten Fällen Ausnahmen von der Haftungsbegrenzungspflicht zuzulassen. Die hierin verbürgte Ratio der Vorschrift steht in der Tradition der Deutschen Gemeindeordnung. Denn bereits §§ 67, 69 Abs. 1 Satz 1 DGO 1935 verfolgten das Ziel, das finanzielle Risiko der Gemeinde im Voraus auf einen bestimmten, den Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit nicht übersteigenden Betrag zu begrenzen.324 319 Die Ausführungen beziehen sich auf die Außen-GbR, weil Innengesellschaften von vornherein nicht in den Bereich der wirtschaftlichen Betätigung fallen, denn insoweit sind sie keine Unternehmensträger und kennen keine Gesellschafter(außen)haftung, so ausdrücklich Forst / Traut, DÖV 2010, 210 (211). 320 Nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 29.01.2001, BGHZ 146, 341 ff. – ARGE Weißes Roß besitzt die (Außen-)GbR Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. 321 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 48, Rn. 29; „Diese Definition verdeutlicht die drei zentralen Kriterien, die den Regelungsgegenstand des Gesellschaftsrechts von anderen Formen gemeinschaftlichen Handelns abgrenzen: den vertraglichen Zusammenschluss, den gemeinsamen Zweck und die Förderpflicht der Gesellschafter“, Koch, Gesellschaftsrecht, § 1, Rn. 2. 322 So gab das IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik an, dass in der Personalstandstatistik zum 30.06.2018 lediglich zwei Kommunale Unternehmen in der Rechtsform der GbR verzeichnet waren. Daher überzeigt es auch nicht, wenn Forst / Traut, DÖV 2010, 210 (211) der GbR mit kommunaler Beteiligung eine besondere Bedeutung beimessen. 323 Hier und zum Vorherigen vgl. auch Forst / Traut, DÖV 2010, 210 (211). 324 Kerrl / Weidemann, Kommentar zur DGO 1935, S. 339; Forst / Traut, DÖV 2010, 210 (211). Letztlich dürfen die Vorschriften zur wirtschaftlichen Betätigung nicht isoliert betrachtet wer-

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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Für die Möglichkeit der gemeindlichen Beteiligung an einer GbR bedeutet dies, dass diesem Vorhaben jedenfalls dann keine Bedenken entgegengehalten werden können, wenn ausreichende Sicherungsmaßnahmen getroffen und Haftungsrisiken vermieden werden. Dies lässt sich etwa durch eine ausgeprägte gemeindliche Kontrolle sowie eine verstärkte Kommunalaufsicht herbeiführen. Weiterhin dürfte es möglich sein, im Gesellschaftsvertrag den „gemeinsamen Zweck“ auf solche Geschäfte zu beschränken, denen ein geringes Haftungsrisiko immanent ist. Ist sowohl die Kontrolle sichergestellt als auch das Haftungsrisiko beschränkt, gibt es mit Forst und Traut325 „keinen Grund, die Befreiung [nach § 108 Abs. 1 Satz 2 GO NRW] zu verweigern“.326

II. Offene Handelsgesellschaft (OHG) Nach dem Wortlaut des § 105 Abs. 1 HGB ist die OHG eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes327 unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist. Nach der zentralen Haftungsvorschrift § 128 HGB haften für die Gesellschaftsschulden nicht nur alle Gesellschafter gemeinsam mit dem Gesellschaftsvermögen, sondern zugleich jeder Gesellschafter unbeschränkt mit seinem Privatvermögen. Allerdings dürfte bei entsprechender Ausgestaltung von Kontroll- und Aufsichtsbefugnissen das bereits zur Außen-GbR Gesagte, auch für die kommunale Wirtschaftsbetätigung in der Organisationsform der OHG gelten.328 Gleichwohl hat das IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik angegeben, dass in der Personalstandstatistik zum 30.06.2018 nicht eine einzige kommunal beherrschte OHG verzeichnet werden konnte. den, sondern müssen immer ins Verhältnis zur den Anforderungen der haushaltswirtschaftlichen Bestimmungen gesetzt werden, §§ 75 ff. GO NRW. 325 So die überzeugenden Vorschläge von Forst / Traut, DÖV 2010, 210 (212), die hier etwa die mittelbare Vermietung einer Immobilie durch die Gemeinde über eine Vermögensverwaltungs-GbR nennen. Hier beschränken sich die Haftungsrisiken tatsächlich auf Ansprüche der Mieter aus § 535 f. BGB sowie etwaige Ansprüche Dritter aus §§ 823 f., 836 BGB. 326 I. E. auch Püttner, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 5, § 95, S. 119 (124) der die Beteiligung an einer GbR jedenfalls zur „gemeinsame[n] Wahrnehmung einzelner Unternehmensfunktionen für geeignet hält; a. A. Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 21 f.; Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 152. 327 Juristische Personen des öffentlichen Rechts werden ebenso wie juristische Personen des Privatrechts und natürliche Personen durch Betrieb eines Handelsgewerbes oder qua Eintragung Kaufleute i. S. d. §§ 1–5 HGB. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass die öffentliche Hand auch ein Handelsgewerbe betreibt. Dies ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, Hopt, in: Baumbach / ders., HGB, § 1, Rn. 27. 328 Widersprüchlich und i. E. anderer Auffassung Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 32, Rn. 32, die das haftungsrechtliche Argument auch bei der GbR einerseits für ungeeignet und andererseits nicht für ausgeschlossen erklärt; konsequent hingegen Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 74, Rn. 111, der in dieser Organisationsform keinen Verstoß gegen zentrale Zulässigkeitsvoraussetzungen des Kommunalrechts sieht.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

III. Kommanditgesellschaft (KG) und GmbH & Co. KG Aus § 161 HGB folgt, dass die KG eine auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtete Gesellschaft ist, bei der zumindest ein Gesellschafter den Gemeinschaftsgläubigern unbeschränkt haftet, während bei zumindest einem anderen Gesellschafter diese Haftung auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist. Es wird also deutlich, dass die KG eine Sonderform der OHG ist, von der sie sich lediglich dadurch unterscheidet, dass für einen Teil der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Haftungssumme beschränkt ist (Kommanditist), während bei dem übrigen Teil der Gesellschafter keine Haftungsbeschränkung erfolgt (Komplementär).329 Diese Unternehmensstruktur entspricht somit den Anforderungen, die § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW an die Unternehmensgründung oder Beteiligung stellt, soweit sich die Gemeinde als Kommanditistin an ihr beteiligt. Zu Recht weist Fabry allerdings darauf hin, dass aufgrund des Umstands, dass die Rechtsform der KG zwingend mindestens einen persönlich haftenden Gesellschafter erfordert, der eine natürliche Person ist, sich diese Rechtsform für öffentliche Unternehmen in der Praxis nicht anbietet.330 Daher ist die GmbH & Co. KG als „Mischform zwischen Personenund Kapitalgesellschaft“331 häufiger in der kommunalen Wirtschaftslandschaft vorzufinden.332 Hierbei ist eine GmbH als einziger persönlich haftender Gesellschafter beteiligt, wobei sie lediglich mit dem Mindeststammkapital i. H. v. derzeit 25.000,00 Euro ausgestattet wird ohne zugleich am Gesellschaftsvermögen beteiligt oder mit einem Stimmrecht beteiligt zu sein.333 Hierdurch beschränkt sich das Haftungsrisiko – vergleichbar mit einer isolierten GmbH – allein auf das Gesellschaftsvermögen.334

IV. Nichtrechtsfähiger Verein und rechtsfähiger Verein Der Verein (§§ 21 ff. BGB) ist ein auf Dauer angelegter freiwilliger Zusammenschluss von mindestens sieben Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes, wobei der Zweck vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängig ist. Ein späteres Absinken der Vereinsmitglieder lässt den Bestand des Vereins ebenso unberührt wie ein bloßer Wechsel seiner Mitglieder.335 Daher ist der Verein ins 329 Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, § 8, S. 100. 330 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 34. 331 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 22. 332 So gab das IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik an, dass in der Personalstandstatistik zum 30.06.2018 bereits 169 Kommunale Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG verzeichnet waren. 333 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 34. 334 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 22; Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 34. 335 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 35.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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besondere zur Verfolgung von Zielen geeignet, die unabhängig vom aktuellen Mitgliederbestand realisiert werden sollen.336 Die Mitgliedschaftsrechte an einem Verein sind vorbehaltlich entgegenstehender Ausgestaltung nicht vermögensrechtlich ausgeprägt und auch nicht übertragbar. Auch ist ein Mindestvermögen nicht notwendig. Der (rechtsfähige) Verein ist die Grundform aller Körperschaften, was bedeutet, dass für ihn eine auf Satzung beruhende Ordnung mit eigenen Organen (Mitgliederversammlung, Vorstand) charakteristisch ist.337 Das BGB unterscheidet in §§ 22 ff. BGB zwischen rechtsfähigen, d. h. im Vereinsregister eingetragenen Vereinen und nichtrechtsfähigen Vereinen. Für die Frage der Haftung bzw. der Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung bei nichtrechtsfähigen Vereinen ist die Vorschrift des § 54 Satz 1 BGB entscheidend. Denn auf diese finden §§ 705 ff. BGB, mithin die Vorschriften einer GbR Anwendung.338 Beachtenswert ist allerdings, dass die Mitglieder des nichtrechtsfähigen Vereins – anders als die Gesellschafter der GbR – keiner akzessorischen für die Verbindlichkeiten des Vereins einzustehenden Haftung (§ 128 HGB analog) unterliegen und die Vertretungsmacht des Vorstands darauf beschränkt ist, die Vereinsmitglieder nur hinsichtlich ihres Anteils am Vereinsvermögen zu verpflichten.339 Dass sich der nichtrechtsfähige Verein für nichtwirtschaftliche kommunale Unternehmen in der Praxis als nicht sonderlich attraktiv etabliert hat, ist jedenfalls nicht auf seine haftungsrechtliche Organisationsstruktur zurückzuführen.340 Diese wäre nämlich durchaus mit den Vorgaben des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW vereinbar. Bei rechtsfähigen Vereinen wird zwischen dem auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) und dem Idealverein unterschieden. Letzterer zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Zweck341 gerichtet sein darf und daher keiner staatlichen Verleihung

336 Vgl. Heinrichs, Kulturmanagement, S. 95; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 252. 337 Hierzu und auch zum Vorstehenden vgl. Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 35. 338 Dass auf nichtrechtsfähige Vereine die Regelungen über die Gesellschaft Anwendung finden, widerspricht der körperschaftlichen Struktur der Vereine, welche gerade unabhängig von bestimmten Mitgliedern ist und selbst von einem Mitgliederwechsel nicht beeinflusst wird. Der historische Gesetzgeber hat diesen Strukturunterschied indes bewusst ignoriert, um insbesondere politische Parteien, Gewerkschaften und religiöse und soziale Vereinigungen zur Eintragung zu bewegen und sie hierdurch einer staatlichen Kontrolle nach §§ 61 II, 43 III BGB a. F. zu unterstellen. Darüber hinaus zielte die Unterstellung des nichtrechtsfähigen Vereins unter das (schwerfällige) Gesellschaftsrechts darauf, sie von dem Erwerb großen (Vereins-) Vermögens fernzuhalten und ihre gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten zu schmälern, BGHZ 50, 325 (328); Köhler, BGB AT, § 21, Rn. 38. 339 BGH NJW-RR 2003, 1265 (1265); Ellenberger, in: Palandt, § 54, Rn. 12. 340 Hierauf weisen die Beteiligungsberichte diverser Gemeinden hin; i. E. auch Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 156. 341 „Maßgeblich für die Abgrenzung ist der vom Verein beabsichtigte Zweck, wobei insoweit in erster Linie die Vereinssatzung heranzuziehen ist“, Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 157.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

bedarf.342 Seine Rechtsfähigkeit erlangt er mit Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht.343 Hingegen erlangt der wirtschaftliche Verein seine Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung ohne gesonderte Eintragung.344 Zuständig hierfür ist in NRW grundsätzlich das Innenministerium, wobei es die Genehmigungs- und Verleihungsfragen faktisch an die Regierungspräsidenten der Bezirksregierungen Arnsberg, Düsseldorf, Köln, Detmold und Münster delegiert hat.345 Der eingetragene Verein ist gegenüber der Kommune als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit rechtlich und organisatorisch verselbstständigt, wobei die Haftung auf das Vereinsvermögen beschränkt ist und folglich eine persönliche Haftung der Vereinsmitglieder nicht in Betracht kommt.346 Aufgrund des nichtwirtschaftlichen Tätigkeitsschwerpunktes, ist der Idealverein in kommunaler Trägerschaft oder unter kommunaler Beteiligung in der Praxis besonders im sozialen oder kulturellen Bereich anzutreffen.347 Allerdings schreibt Cronauge den Formvorschriften beim Eintragungsverfahren ins Vereinsregister eine Mitschuld daran zu, dass der Idealverein keine allzu große Rolle im kommunalen Bereich spielt.348 Mit Blick auf die notwendige Haftungsbeschränkung steht die Organisationsstruktur des eingetragenen Vereins einer größeren kommunalen Partizipation jedenfalls nicht entgegen. Der wirtschaftliche Verein hat hingegen deshalb keine besondere Bedeutung erlangt, weil das Verleihungsverfahren durch das Innenministerium sehr schwerfällig sowie unflexibel ist und die Antragsteller auf die Subsidiarität des wirtschaftlichen Vereins gegenüber den gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen verwiesen werden.349 Nach alledem bleibt festzuhalten, dass sowohl die Organisationsstruktur eines rechtsfähigen als auch eines nichtrechtfähigen Vereins einer kommunalen Betätigung (i. S. von Gründung und Beteiligung) in dieser Rechtsform nicht entgegenstehen. Will die Gemeinde den Verein zur Erfüllung öffentlicher Zwecke nutzen, so muss sie gleichzeitig auch ihren Einflussnahme- und Kontrollpflichten gerecht 342 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 51, Rn. 37, die unter Hinweis auf die Intention des Gesetzgebers betont, dass bei Personenvereinigungen mit wirtschaftlicher Zielsetzung der „Schutz des Rechtsverkehrs insbesondere mit Blick auf Haftungsfragen“ die staatliche Verleihung erforderlich macht. 343 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 51, Rn. 37. 344 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 157. 345 Vgl. Bösche, in: Grumbach / ders., Wirtschaftliche Vereine, S. 40. 346 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 157. 347 So zählt Fabry Musikschulen, Museen, Alten- und Krankenbetreuung sowie etwa eine kommunale Schülernachhilfe e. V. auf und weist zugleich auf die in §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) geregelten Steuervergünstigung aufgrund der satzungsmäßig verfolgten gemeinnützigen Zwecke und die Spendenanreize hin, Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 51, Rn. 37. 348 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 157. 349 Eben dies kritisiert Bösche, in: Grumbach / ders., Wirtschaftliche Vereine, S. 41, der dem Subsidiaritätseinwand damit begegnet, dass die grundlegenden Gesellschaftsrechtsformen bereits bei Erlass des BGB in Kraft waren und der Gesetzgeber keinen Verleihungsvorbehalt eingeführt hat; a. A. Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 157.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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werden. Dem kommt sie in der Regel durch den Abschluss eines Vertrages mit dem Verein nach.350 Dies ist deshalb notwendig, weil zur Gründung eines Vereins eine Trägerschaft von mindestens sieben Mitgliedern erforderlich ist.351 Wird hierbei privaten Institutionen eine Mitgliedschaft eingeräumt, so hängt vor dem Hintergrund des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW die Zulässigkeit der Betätigung von der Einräumung hinreichender Kontrolle ab. Hierbei sei es etwa denkbar, die Stimmanteile in den Beschlussgremien von der finanziellen Belastung abhängig zu machen.352 Darüber hinaus wird vorgeschlagen, die Zuschusserteilung von der Einhaltung etwaiger Auflagen abhängig zu machen oder der öffentlichen Hand ein Sonderrecht i. S. d. § 35 BGB in der Satzung einzuräumen.353 Die praktische Bedeutung des eingetragenen Vereins ist jedenfalls gering. Derzeit ist in ganz NRW ein eingetragener Verein verzeichnet.354

V. Eingetragene Genossenschaft (eG) Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) werden die eingetragenen Genossenschaften (eG) als Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs bezwecken, definiert. Der Zweck der Genossenschaft muss unmittelbar und in der Hauptsache darauf gerichtet sein, die Mitglieder (Genossen) der Genossenschaft entweder hinsichtlich ihres Erwerbs oder ihrer Wirtschaft oder hinsichtlich ihrer sozialen oder ihrer kulturellen Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern.355 Zwar steht es der Genossenschaft frei, auch Gewinne zu erzielen. Dies darf indes nur mit der Maßgabe erfolgen, dass sie unmittelbar dem Förderzweck dient, weil es sich bei dem genossenschaftlichen Förderzweck um das charakteristische Merkmal dieser Rechtsform schlechthin handelt.356 Nach § 2 GenG haftet den Gläubigern für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nur das Vermögen der Genossenschaft.357 Insoweit bestehen hinsichtlich 350 Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 253. 351 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 35. 352 Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 253; Scheytt, Rechtsgrundlagen der kommunalen Kulturarbeit, S. 40. 353 Püttner, JA 1980, 218 (221), der allerdings darauf hinweist, dass etwa ein Mehrfachstimmrecht vor dem Hintergrund demokratischer Mehrheitsentscheidungen (§ 32 BGB) in der Mitgliederversammlung unzulässig wäre. 354 Insoweit wird erneut auf die schriftliche Anfrage vom 13.12.2018 bei der Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) – Geschäftsbereich Statistik mit Personalstandstatistik zum 30.06.2018 verwiesen. 355 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 51 f., Rn. 38. 356 BT-Drs. 16/1025, S. 81; Geibel, in: Henssler / Strohn, § 1 GenG, Rn. 3. 357 Höchst ausnahmsweise kann es auch zu einer unmittelbaren Haftung (Durchgriffshaftung) der einzelnen Genossen kommen, wenn es sich um eine rechtmissbräuchliche Verwendung der Rechtsform eG handelt (Rechtsformmissbrauch) oder wegen eines existenzvernich-

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

ihrer Eignung als Rechtsform eines Kommunalen Unternehmens keinerlei Bedenken. Daher verwundert es auch nicht, dass sich Gemeinden zur Sicherung und Förderung der kommunalen Daseinsvorsorge oder der ländlichen Nahversorgung, zunehmend in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft organisieren.358

VI. Rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts Rechtsgrundlagen der rechtsfähigen359 Stiftung des privaten Rechts360 finden sich in den Gemeindeordnungen (etwa § 100 GO NRW), den jeweiligen Stiftungsgesetzen der Länder (etwa Stiftungsgesetz NRW) sowie den Normen über die privatrechtliche Stiftung nach §§ 80 ff. BGB. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich bei einer rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts nach den §§ 80 ff. BGB um eine mit einem bestimmten Vermögen ausgestattete, rechtfähige, nicht verbandsmäßig organisierte Institution, die zu einem bestimmten Zweck geschaffen und diesem dauerhaft gewidmet ist.361 Sie ist eine mitgliederlose verselbstständigte Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ihren vom Stifter gegebenen Zweck durch Nutzung eines dazu gewidmeten Vermögens dauerhaft erfüllen soll.362 Demnach wird sie anders als eine Körperschaft nicht von dem Willen ihrer Mitglieder, sondern von der Zweckbestimmung ihres Stifters getragen.363 Daher unterliegt die wirtschaftliche Verwendung des Gemeindetenden Eingriffs in das Genossenschaftsvermögen schließlich, wenn ein Genosse die Grenze zwischen seinem Eigenvermögen und dem Genossenschaftsvermögen bewusst verschleiert, Geibel, in: Henssler / Strohn, § 2 GenG, Rn. 5–8. 358 Dennoch ist die Bedeutung nicht zu überschätzen. Derzeit verzeichnet das IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik vier Genossenschaften. 359 Abzugrenzen von der nichtrechtsfähigen Stiftung des Privatrechts, welcher keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Sie bedarf keiner Genehmigung, sondern benötigt lediglich einen Träger, der dem Stiftungszeck zu dienen bereit ist. Auch § 80 ff. BGB sind bloß beschränkt anwendbar, weil der Vertrag, durch welchen diese Stiftung begründet wird, als Schenkung unter Auflage einzuordnen sei, Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 257. Das von ihr verwendete Vermögen ist einer anderen Person zuzuordnen. „Sie ist eine Zuwendung von Vermögenswerten durch einen Stifter an eine natürliche oder juristische Person mit der Maßgabe, die übertragenen Werte dauerhaft zur Verfolgung des vom Stifter festgelegten Zweckes zu nutzen“, Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 257; Godron, in: Richter, Stiftungsrecht, § 17, Rn. 1 ff. 360 Stiftungen des öffentlichen Rechts sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, jedoch anerkannt. Die rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts wird durch einen Stiftungsakt und einen staatlichen Hoheitsakt (sog. Genehmigung) gegründet. Sie darf aufgrund ihrer Ausklammerung von der übrigen Verwaltung als eigenständiger Verwaltungsträger eingeordnet werden, welche die Verwaltungsfunktionen durch eigenes Verwaltungshandeln wahrnimmt. Nichtrechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts sind keine selbstständigen Verwaltungsträger, sondern organisatorisch eingegliedert in die Struktur eines anderen Gemeinwesens, zum Ganzen Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 257 m. w. N. 361 BVerwG NJW 1998, 2545 (2546). 362 Backert, in: BeckOK BGB, § 80, Rn. 3. 363 BayObLG NJW 1973, 249 (249), wonach sich ein privater Verein, der nicht „Verwalter eines gestifteten Vermögens und Vollstrecker eines entsprechenden Willens“ ist, sich nicht als „Stiftung“ bezeichnen darf; Backert, in: BeckOK BGB, § 80, Rn. 3.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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vermögens insoweit einer dreifachen Beschränkung. Denn neben der erwähnten Unterwerfung unter den ausschließlichen Willen des Stifters darf das Gemeindevermögen zum einen allein im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung und zum anderen nur dann ins Stiftungsvermögen eingebracht werden, wenn der mit der örtlichen Stiftung verfolgte Zweck364 auf andere Weise nicht erreicht werden kann, § 100 Abs. 3 GO NRW und das Stiftungsvermögen den Einwohnern und Bürgern zugutekommt.365 Aufgrund dieser einseitig zweckorientierten, mithin wirtschaftsfeindlichen Hemmnisse, resümiert Cronauge zu Recht, dass die Stiftung als öffentliche Einrichtung oder gar als wirtschaftliches Unternehmen einer Kommune nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden kann.366 Vielmehr gewinnt die rechtsfähige Stiftung des Privatrechts in der kommunalen Praxis zunehmend in Gestalt der sogenannten Bürgerstiftung an Bedeutung. Hierdurch sollen Mittel über testamentarische Zuwendungen vermögender, meist ortsansässiger Bürger erschlossen werden, um den Kommunen dabei zu helfen, jedenfalls ein Mindestmaß an kulturellem und sozialem Angebot in wirtschaftlich angespannten Zeiten sicherzustellen.367

VII. Gesellschaft mit beschränkter Haftung Die GmbH ist eine aus einem oder mehreren Gesellschaftern bestehende Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ein in Stammeinlagen zerlegtes Stammkapital besitzt und bei der die Gesellschafter nur mit ihrem Geschäftsanteil haften, §§ 1, 5, 13 GmbHG. Sie ist nicht auf einen bestimmten Zweck festgelegt und darf folglich für sämtliche Zwecke gegründet werden. In dieser universellen Einsetzbarkeit der GmbH liegt aus gesellschaftsrechtlicher Sicht eine unvergleichliche Dynamik. Darüber hinaus gesteht die überaus große Satzungsautonomie den einzelnen Gesellschaftern eine weitgehende Gestaltungsfreiheit des Gesellschaftsvertrags zu, §§ 45 ff. GmbHG. So bestimmt § 45 Abs. 1 GmbHG, dass sich die Rechte der Gesellschafter in Bezug auf Führung und Ausübung der gesellschaftsdeterminierten Geschäfte nach der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags richten. Daher stellt Katz368 richtigerweise fest, dass typusbestimmend für die GmbH 364 „Überwiegend örtlichen Zwecken dient eine Stiftung jedenfalls dann, wenn der Stiftungszweck dem Aufgabenbereich der Gemeinde zuzuordnen ist“, Thiel, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 100, Rn. 4. Die Stiftungsleistungen müssen hiernach die Einwohner erreichen und oder anderweitig den sozialen, kulturellen oder sonstigen Belangen der Kommune dienen, vgl. Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 258. 365 So jedenfalls die zusätzliche Forderung für örtliche Stiftungen, Thiel, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 100, Rn. 5. 366 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 161. 367 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 52, Rn. 40. So etwa die Bürgerstiftung Düsseldorf, deren Ziel es ist mittels des gestifteten Vermögens „die Förderung von gemeinnützigen Zwecken auf eine breite Basis“ zu stellen, abrufbar unter: www. buergerstiftung-duesseldorf.de/die-stiftung/satzung (abgerufen am 05.02.2020). 368 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 66, Rn. 101.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

die Elastizität des GmbH-Rechts, die starke Stellung der Kapitaleigner (Gesellschafter, Eigentümer als oberstes Organ), die grundsätzliche Allzuständigkeit der Gesellschafterversammlung, die Weisungsabhängigkeit der Geschäftsführung und die Möglichkeit, Gesellschaftszweck, Zuständigkeiten usw. weitgehend frei gestaltend und gemeindespezifisch im Gesellschaftsvertrag zu regeln sei. Zusätzlich zur Flexibilität und der noch im Detail zu beleuchtenden Möglichkeit (und Pflicht) gesellschaftsvertraglicher Ausgestaltung gemeindlicher Einflussnahme- und Sicherungspflichten nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW, bestehen mit Blick auf die Beschränkung der Haftung gegenüber Gläubigern auf das Gesellschaftsvermögen der GmbH, auch im Hinblick auf die Forderung nach einer haftungsbegrenzten Rechtsform nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW keinerlei Bedenken.369 Nicht häufig genug kann die im GmbHG herrschende Privatautonomie betont werden. Denn anders als im Aktienrecht herrscht hier nicht das Prinzip der formellen Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) weshalb eine gemeindeindividuelle Gesellschaftsvertragsausgestaltung in den Grenzen gesetzlicher Verbote und der guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) möglich ist. Der Umstand, dass im Gegensatz zur AG die formellen und materiellen Anforderungen sowie der Publikumsschutz deutlich zurückgenommen sind, gestaltet sich in der kommunalen Wirtschaftswirklichkeit als ein faktisch lässliches Defizit.370 Ohne weiter auf die mannigfaltigen Organisationscharakteristika der GmbH bereits an dieser Stelle eingehen zu wollen, darf ausgehend von der hier zu beantwortenden Fragestellung festgehalten werden, dass sich die GmbH als Organisationsform kommunaler Wirtschaftsbetätigung nicht nur eignet, sondern mit 1.762 Einheiten in NRW geradezu ein Schwergewicht in der gemeindewirtschaftlichen Unternehmenslandschaft darstellt.

VIII. Aktiengesellschaft Die AG ist ebenso wie die GmbH eine juristische Person des Privatrechts, die ein in Aktien zerlegtes Grundkapital von mindestens 50.000,00 Euro (§ 7 AktG) aufweist und als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AktG) gegenüber der Gemeinde rechtlich und organisatorisch verselbstständigt ist. Hierdurch kommt es zu einer haushaltmäßigen und vermögensmäßigen Tren 369 Dies gilt jedenfalls dann, wenn in der Gründungsvereinbarung ausdrücklich festgehalten wird, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit erst zum Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister aufnehmen darf, da sowohl im Stadium der Vorgründungsgesellschaft in jedem Fall deren Gesellschafter unbeschränkt und unbeschränkbar persönlich als Gesamtschuldner haften, vgl. Wehrstedt, MittRhNotK 2000, 269 (273). Auch im Falle der Vor-GmbH als Rechtsform sui generis (h. M.) haften die Gesellschafter jedenfalls der Gesellschaft gegenüber unbegrenzt nach dem sog. Konzept der anteiligen unbegrenzten Innenhaftung (Verlustdeckungshaftung), vgl. BGHZ 134, 333 (337 f.). 370 Zum Ganzen Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 66, Rn. 101, der zusätzlich darauf hinweist, dass die entsprechend anzuwendenden Vorschriften aus dem AktG dispositiv sind und daher durch den Gesellschaftsvertrag abgeändert werden können.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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nung des Gemeinde- und Gesellschaftsvermögens und damit zugleich auch von der Haushalts- und Betriebswirtschaft. Daher stellt die Aktiengesellschaft den Kommunen ein Werkzeug zur Verfügung, mit welchem sie sich allein betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unterwerfen und sich – befreit von politischen und haushaltsrechtlich-bürokratischen Fesseln – von einer gewinnorientierten Unternehmensführung nach dem Prinzip kaufmännischer Buchführung leiten lassen können.371 Gesetzlich vorgeschriebene, zwingend notwendige Organe der AG sind der Vorstand, §§ 76 ff. AktG, der Aufsichtsrat, §§ 95 ff. AktG, und die Hauptversammlung, §§ 118 ff. AktG, wobei die bereits erwähnte Satzungsstrenge dazu führt, dass die gesetzliche Kompetenzverteilung nicht geändert werden darf.372 Der Vorstand leitet die AG in eigener Verantwortung, ihm obliegen die Geschäftsführung und die Vertretung (§§ 76 Abs. 1, 77, 78 AktG). Hierbei ist der Vorstand weder Weisungen des Aufsichtsrats, noch Weisungen der Hauptversammlung oder einzelner Anteilseigner unterworfen.373 Dies führt dazu, dass die Möglichkeiten der Einflussnahme durch die Aktionäre auf das Tagesgeschäft der AG sehr beschränkt sind und sich unweigerlich die Frage stellt, ob es der Gemeinde gelingen kann, einen am Maßstab von § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW hinreichenden Einfluss auf die Gesellschaft zu sichern.374 Sollte dies nicht der Fall sein, so dürfte die AG trotz der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen nicht als kommunales Unternehmen des privaten Rechts herangezogen werden. Die in § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW erwähnte Pflicht zur Sicherung eines angemessenen gemeindlichen Einflusses375 auf das Unternehmen wird als Ingerenzpflicht376 bezeichnet, wobei die Bestimmung dessen, wann der Einfluss als angemessen angesehen werden kann, sich nach der Größenordnung und dem Umfang der gemeindlichen Beteiligung richtet.377 Hiernach sind die konkreten gesellschaftsrechtlichen Anteilsverhältnisse dergestalt zu berücksichtigen, dass sich kommunale Mehrheitsbeteiligungen regelmäßig in der Besetzung des Über 371 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 269; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 50. 372 Vgl. statt vieler die Zusammenfassung bei Koch, Gesellschaftsrecht, § 30, Rn. 45. 373 Paschke, in: Schwerdtfeger, § 76 AktG, Rn. 13; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 321. 374 So schon Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 270. 375 Diese Pflicht ist freilich gemeinsam mit entsprechenden Anordnungen der Haushaltsordnungen zu lesen, § 65 Abs. 1 Nr. 3 der Bundes- sowie Landeshaushaltsordnung NRW (BHO / LHO NRW). Darüber hinaus bestimmt § 65 Abs. 6 BHO / LHO NRW, dass das zustände Ministerium darauf hinwirken soll, dass die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Mitglieder der Aufsichtsorgane der betroffenen Unternehmen bei ihrer Tätigkeit die besonderen Interessen der Gebietskörperschaft berücksichtigen. 376 Zur Etymologie des Begriffs der Ingerenz und seiner politischen und sozialen Dimension siehe noch ausführlich im dritten Teil dieser Arbeit. An dieser Stelle soll auf etwaige Weisungsreche, Pflichtenbindungen und die Interessenkollision zwischen der mitgliedschaftlichen Stellung des Gemeindevertreters im Aufsichtsrat und der kommunalen Verantwortung nicht eingegangen werden. 377 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 23.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

wachungsorgans niederschlagen. Allerdings darf nicht unterschätzt werden, dass sich die Kommune ihrer Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung auch dann nicht entledigen darf, wenn sämtliche Anteile der Gesellschaft bei ihr liegen. Denn insoweit liegt zwischen ihr als einem verselbstständigten Rechtssubjekt und dem „kommunalen Zentrum Rat“ eine nicht unerhebliche Distanz.378 Wie bereits dargestellt, zeichnet sich die AG durch eine unflexible, dem Prinzip der Satzungsstrenge unterworfene Organisationsstruktur und eine äußerst weisungsfeindliche Stellung des Vorstandes aus. Daher sind die Werkzeuge zur gemeindlichen Einflussnahme auf eine bloße mittelbare Beschränkung der umfassenden Befugnisse des Vorstandes und damit auf das Innenverhältnis begrenzt.379 Konkret lässt sich die Gemeinde in der Satzung der Gesellschaft oder durch Beschlussfassung des Aufsichtsrates ausdrücklich versichern, dass bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates vorgenommen werden dürfen, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Hierdurch begleitet der Aufsichtsrat die Unternehmensleitung des Vorstandes im Sinne einer präventiven Kontrolle.380 Die Bedeutung dieser – wenn auch schwachen – Möglichkeit der Einflussnahme wird dadurch aufgewertet, dass auch in der Satzung der AG die Entsendung eines Ratsmitglieds in den Vorstand nicht festgelegt werden darf.381 Insoweit ist die Bestellung der Vorstandmitglieder einer AG exklusiv dem Aufsichtsrat vorbehalten, § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG.382 Daher sollte die Gemeinde die ihr verbleibenden Möglichkeiten ausschöpfen und die Mitglieder des Aufsichtsrates, die Ratsmitglieder, Vertreter der Verwaltung oder sonstige vom Rat bestellte Dritte,383 sorgsam und pragmatisch auswählen. Hierfür stehen der Gemeinde Bestellungs- und Entsenderechte nach § 101 Abs. 1 und 2 AktG zur Verfügung.384 Besonders wichtig dürfte hierbei die konkrete Ausgestaltung der Satzung und der darin benannten Möglichkeit sein, Ratsmitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, § 113 Abs. 3 GO NRW. Festzuhalten bleibt demnach, dass sich auch die AG als Unternehmensform für die wirtschaftliche Betätigung eignet. Denn es bestehen weder im Hinblick auf die Notwendigkeit der Wahl einer haftungsbegrenzten Rechtsform noch der Pflicht zur Sicherstellung einer angemessenen Kontrolle über das Unternehmen, durchgreifende Bedenken. Allerdings bleibt die erheblich geschwächte Einfluss- und Kontrollverpflichtung aufgrund der aktienrechtlichen Organisationsstruktur nicht unberücksichtigt. So ist in § 108 Abs. 4 GO NRW eine formelle Subsidiarität der AG gegenüber anderen Gesellschaftsformen angeordnet, um der geringeren politischen Steuerbarkeit gerecht zu werden. Der 378 So ausdrücklich Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 300. 379 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 272. 380 BGH NJW 1997, 1926 (1926); Henssler, in: ders. / Strohn, § 111 AktG, Rn. 5; Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 272. 381 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 272. 382 Ebda. 383 Cronauge, Kommunale Unternehmen, Rn. 281. 384 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 142, der betont, dass das Entsendungsrecht „unter demokratischen Legitimationsgesichtspunkten ein wichtiges Steuerungs- und Kontrollinstrument für die öffentliche Hand als Aktionärin“ darstellt.

D. Maßgebliche privatrechtliche Organisationsformen  

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Landesgesetzgeber hat bereits in seiner Begründung zum ersten Modernisierungsgesetz NRW festgestellt, dass das „sich ergebende Steuerungs- und Kontrolldefizit […] im Widerspruch […] zu der von der sich Gemeindeordnung geforderten Einflussnahme“ stehe.385 Daher darf die Rechtsform der Aktiengesellschaft nur dann gewählt werden, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erreicht werden kann.386 Vor diesem Hintergrund verwundert es dann auch nicht allzu sehr, dass das IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik zum 30.06.2018 lediglich 46 AGs verzeichnen konnte.

IX. Zwischenergebnis Dass sich die Verwaltung privatrechtlicher Organisationsformen bedienen darf, verrät nichts über diejenigen Rechtsformen, die aus rechtlichen oder rein tatsächlichen Gründen nicht oder nur eingeschränkt in den Dienst kommunaler Wirtschaftsbetätigung genommen werden können. So zeigt sich die GbR aufgrund der unmittelbaren, unbeschränkten und persönlichen Gesellschafterhaftung als grundsätzlich nicht mit der gemeinderechtlichen Anordnung vereinbar, eine Rechtsform zu wählen, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt, § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW. Allerdings darf hierbei der rechtshistorische Kontext dieser Regelung nicht unberücksichtigt bleiben. Denn vor dem Hintergrund der §§ 69, 67 DGO 1935 ist weniger die Rechtsform maßgebend, als vielmehr entscheidend, ob hinreichende Sicherungsmaßnahmen zur Minimierung der Haftungsrisiken entwickelt werden können.387 Neben einer stetigen gemeindlichen Kontrolle und der Kommunalaufsicht, eignet sich hierfür die anfängliche Beschränkung unternehmerischer Betätigung auf risikoarme Geschäfte durch vertragliche Vereinbarungen in der Gesellschaftssatzung. Hierbei bestehen keinerlei Bedenken, diese Sicherungswerkzeuge auch bei der OHG heranzuziehen. Ähnliches wird man auch der KG als Sonderform der OHG attestieren. Denn soweit sich die Gemeinde lediglich als Kommanditistin beteiligt, haftet sie nur in der Höhe ihrer geleisteten Einlage. Eine weitergehende Differenzierung verlangt die Rechtsform des Vereins. Denn trotz organisatorischer Vereinbarkeit des nichtrechtsfähigen Vereins mit den Anforderungen der Gemeindeordnung hat sie bislang keinerlei nennenswerte Entfaltung in der Kommunalwirtschaft erfahren. Zwar gilt dies nicht zugleich auch für den rechtsfähigen Verein. Doch führt die Subsidiarität der Verleihung der Rechtsfähigkeit dazu, dass die Kommune gehalten ist, zunächst auf die zur Ver-

385 Erstes Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 1999 (1. ModernG NRW), LT-Drs. 12/3730, S. 109. 386 So ist es ausdrücklich in § 108 Abs. 4 GO NRW verankert. 387 Deshalb sind Gesellschaftsformen, deren innere Organisation keine Haftungsbeschränkung zulässt, von vornherein ungeeignet.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

fügung stehenden gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen zurückzugreifen. Zudem ist seine geringe kommunalwirtschaftliche Bedeutung dem langwierigen Verleihungsverfahren geschuldet. Ähnlich verhält es sich auch mit dem nicht wirtschaftlich orientierten Idealverein, weil sich dieser zum einen lediglich im gemeindekulturellen Bereich engagiert und zum anderen einem nicht unerheblichen Eintragungsverfahren ausgesetzt sieht. All dies wird man der eG nicht vorwerfen können. Dies erklärt auch ihre zunehmende Verbreitung in der kommunalen Wirtschaftslandschaft, insbesondere in der ländlichen Daseinsversorgung.388 Will die Kommune ihrer Verantwortung gegenüber ihren Einwohnern bzw. Bürgern nachkommen, so bietet sich unter Umständen auch die Gründung und Verwaltung von Stiftungen als öffentliche Einrichtung oder gar als wirtschaftliches Unternehmen an. Allerdings bestehen hiergegen einige wirtschaftliche Bedenken. Denn zum einen hat sich die Gemeinde der Zweckbestimmung ihres Stifters zu unterwerfen und zum anderen darf das Gemeindevermögen nur im Rahmen gemeindlicher Aufgabenerfüllung und nur insoweit verwendet werden, als der Stiftungszweck anders nicht erreicht werden kann. Diese Hemmnisse stehen einer eigenverantwortlichen und wirtschaftsorientierten Betätigung der Gemeinde geradezu diametral gegenüber. Gänzlich anders verhält es sich freilich mit der Rechtsform der GmbH. Sie ist universell einsetzbar und an keinen Zweck, jenseits der grundsätzlichen öffentlichen Zweckbindung, gebunden. Sie kombiniert die Freiheit der flexiblen Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Gesellschafter und bietet zugleich eine haftungsbeschränkte und beeinflussbare Rechtsform. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb die Rechtsform der GmbH im kommunalen Wirtschaftsfeld deutlich häufiger als jede andere Form – etwa auch die AG – gewählt wird. Dass die Organisationsform der AG nach § 108 Abs. 4 GO NRW für formell subsidiär erklärt wird, ist auf ihre sperrige Organisationsstruktur sowie die bloß eingeschränkten Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeit zurückzuführen. Während sich die Satzungsstrenge nicht ändern lässt, ist es der Gemeinde immerhin möglich, sich in der Satzung das Recht vorzubehalten, bestimmte Geschäfte von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig zu machen. Hierbei machen sich die entsandten Vertreter für die Interessen der Gemeinde stark und sichern hierdurch eine jedenfalls mittelbare Einflussnahme. In einem sinnvollen Verhältnis stehen sich Aufwand und Ertrag einer AG aber ohnehin nur dann gegenüber, wenn die Gemeinde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Gemeinwohlaufgaben einen Großbetrieb mit erheblichem Kapitalbedarf als wirtschaftliches Unternehmen gründen und betreiben möchte. Denn neben den aufgezeigten Kontrollerfordernissen bestehen zusätzliche Mitbestimmungserfordernisse, die 388 Den Angaben der IT.NRW zur Personalstandsstatistik zum 30.06.2018 ist zu entnehmen, dass bislang gleichwohl nur vier Genossenschaften registriert sind.

E. Ergebnis  

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auch nicht durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und Deregulierung des Aktienrechts von 1994 relativiert worden sind.389 Schließlich sei nochmals daran erinnert, dass die KG in der kommunalen Wirtschaftswirklichkeit deshalb nicht vorzufinden ist, weil ihre Organisationsstruktur mindestens eine natürliche Person als persönlich haftenden Komplementär verlangt. Daher ist in der kommunalen Wirtschaftslandschaft die Rechtsform der GmbH & Co. KG deutlich häufiger vertreten. Gleich hinter der Rechtsform der GmbH überlagert sie insoweit die Anzahl gemeindlich beherrschter AGs um das Dreifache.390 Hierbei ist eine Komplementär-GmbH als einziger persönlich haftender Gesellschafter mit einem Mindeststammkapital von 25.000,00 Euro beteiligt, ohne aber am Gesellschaftsvermögen teilzuhaben. Der Vorteil einer GmbH & Co. KG gegenüber einer isolierten GmbH oder AG liegt darin, dass sich trotz des kapitalgesellschaftsrechtlichen Einschlags, die rechtlich-organisatorische Ausgestaltung nach dem weniger formstrengen HGB richtet und der Gesellschaftsvertrag nicht notariell beurkundet werden muss. Aufgrund des höheren Aufwands bei der Gestaltung des Vertrages einer solchen „Hybridgesellschaft“ dürften die Vorteile der GmbH & Co. KG jedenfalls gegenüber der GmbH letztlich wohl nicht überwiegen.391

E. Ergebnis Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Gemeinde nicht darauf beschränkt ist, sich bei ihrer wirtschaftlichen Unternehmung allein öffentlich-rechtlichen Organisationsformen zu bedienen. Vielmehr bestehen durchaus Gründe dafür, sich auch des privatrechtlichen Instrumentariums zu bedienen, wobei der Möglichkeit der privaten (finanziellen) Beteiligungsmöglichkeit und der hiermit einhergehenden Kapitalzufuhr eine große Bedeutung zuzusprechen ist.392 Auch der Einwand, dass der Kommune in privatrechtlichen Einrichtungen und Unternehmen eine lediglich beschränkte Einflussnahmemöglichkeit zukäme, überzeugt nicht. Denn 389 Vgl. hierzu Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 73, Rn. 109, der insbesondere auf die Regeln zur paritätischen Besetzung des Aufsichtsrates bei Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten bzw. Drittelparität bei Unternehmen mit mehr als 500 bis 2.000 Mitarbeitern hinweist und betont, dass die bloß formalen Vorzüge der kleinen AG für die Kommune letztlich keine Bedeutung haben. 390 Wie oben bereits ausgeführt, gab das IT.NRW – Geschäftsbereich Statistik an, dass in der Personalstandstatistik zum 30.06.2018 bereits 169 Kommunale Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG verzeichnet waren. 391 Vgl. hierzu Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 1, S. 50, Rn. 34, die jedoch keine abschließende Bewertung vornimmt, sondern darauf hinweist, dass sich die GmbH & Co. KG jedenfalls dann für die Kommune anbiete, wenn mit der Wahl einer Personenhandelsgesellschaft steuerrechtliche Vorzüge verbunden sind oder eine Fondsfinanzierung realisiert werden soll. 392 So auch Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 262.

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2. Teil: Wirtschaftliche Betätigung der Kommune

insoweit überwiegt die Aussicht auf eine effiziente und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien ausgerichtete Führungsmöglichkeit die im Vergleich zu rein öffentlich-rechtlichen Organisationsformen erhöhten Kontrolldefizite. Allerdings wird zu Recht vorgebracht, dass auch eine Organisierung nach privatrechtlichen Vorgaben nicht gänzlich vor politischen Restriktionen schütze. Daher sei nicht allein die Rechtsform, sondern der Wille in der politischen Gemeinde entscheidend, dem Unternehmen eine größtmögliche Autonomie und wirtschaftliche Flexibilität393 bei gleichzeitiger Wahrung der erforderlichen Einwirkungsmöglichkeiten und Kontrolle zuzugestehen.394 Vor diesem Hintergrund eignen sich nicht sämtliche privatrechtliche Unternehmensformen gleich gut, weil sie die gemeinderechtlichen Voraussetzungen an die Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung – vor allem aber der Einwirkung und Kontrolle – in unterschiedlichem Maße erfüllen. Wie intensiv die Kommune sich wirtschaftlich betätigen darf, hängt somit unweigerlich mit der Wahl der Rechtsform zusammen, wobei in der kommunalen Wirtschaftspraxis gemeindliche Unternehmen in der Rechtsform der GmbH und der AG dominieren.395 Hierbei beteiligt sich die Gebietskörperschaft an gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen396 oder lässt solche Beteiligungen an zuvor gegründeten Eigengesellschaften397 zu. Dies feststellend, darf bereits an dieser Stelle vorgreifend verraten werden, dass die nachfolgend aufzuzeigenden Konflikte, welche sich im Wesentlichen um die Maximierung wirtschaftlicher Freiheiten und größtmöglicher kommunaler Kontrolle drehen, von der jeweils gewählten Organisationsform abhängen. Denn die Reichweite dieser beiden Parameter richtet sich maßgeblich nach der Organisationsstruktur der Gesellschaft.398

393 Auch im Hinblick auf die gesteigerte „Flexibilität bei Personalakquisition und -verwendung, der Haushaltsgestaltung, der Strukturierung der inneren Aufbau- und Ablauforganisation und der Assoziation zwischen verschiedenen Hoheitsträgern“, streitet M. Mann, AG 2018, 57 (58) für einen gewissen „Kontrollverlust der Gebietskörperschaft“. 394 Vgl. Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 261 f., der freilich auf den Kulturbetrieb rekurriert und darauf hinweist, dass die privatrechtliche Organisationsform lediglich dann öffentlichrechtlichen Betriebsformen überlegen sei, soweit sich die Gemeinde außerkünstlerischen Beeinflussungen enthalte und dem Kulturbetrieb eine finanzielle und organisatorische Selbstständigkeit zuerkenne. 395 Vgl. hierzu bereits die Angaben in der Einleitung; dass sich die Wahl für eine bestimmte Rechtsform an der Steuerbarkeit einer Organisationseinheit durch die Steuerungsinstanzen in Staat und Gesellschaft orientieren müsse betont, Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 231. 396 Für die nachfolgende Untersuchung ist nur eine Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand, mithin eine Beteiligung jenseits 50 Prozent, maßgebend, da sich andernfalls Fragen der Pflichtenbindung zugunsten der öffentlichen Hand nicht stellen. 397 Eigengesellschaften sollen in dieser Arbeit nicht behandelt werden. Nur soweit es für die Darstellung bestimmter Verhältnisse der gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erforderlich sein sollte, wird hierauf eingegangen. 398 Dies wird im Spannungsfeld zwischen den Einflussnahmepflichten der Gemeinde auf die Gesellschaft und der Bindung ihrer Vertreter besonders deutlich, weil erstere in ihrem Umfang und Intensität von der konkreten Organisationsform abhängen.

3. Teil

Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen Das Recht der Kommune, sich auch in privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen wirtschaftlich zu betätigen, verpflichtet sie zugleich dazu, Vorkehrungen zur Absicherung hinreichender Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten zu treffen. Doch weshalb ist dies erforderlich und woraus lässt sich diese Pflicht herleiten? Sind diese Fragen beantwortet, wird die Rechtsstellung des Gemeindevertreters als Mitglied des Rates sowie als gemeindlicher Vertreter im jeweiligen Organ des kommunal beherrschten Unternehmens beleuchtet. Hierbei wird insbesondere untersucht, in welchem Umfang die entsandten oder auf Vorschlag der Gemeinde von einer Hauptversammlung gewählten gemeindlichen Vertreter an Ratsbeschlüsse gebunden sind. Sodann wird überprüft, wie in den jeweiligen Organen zu verfahren ist, wenn kein Ratsbeschluss vorliegt. Schließlich wird dargestellt, welche Reibungsflächen durch die kommunalrechtliche Vertretungsausgestaltung mit gesellschaftsrechtlichen Regelungen entstehen.

A. Die kontrollierte Betätigung kommunaler Unternehmen Um die Pflichtenbindungen der Gemeindevertreter hinreichend nachvollziehen zu können, ist es in einem ersten Schritt erforderlich, zunächst die kommunale Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung1 zu beleuchten. Sodann soll die Pflichtenbindung der Gemeindevertreter im Rahmen ihrer Vertretung des Rates in Kontrollorganen privatrechtlicher Gesellschaften2 als Pendant dieses Sicherungsverlangens dargestellt und als das eigentlich exekutive Element gemeindlicher Kontrolle gekennzeichnet werden. Hierbei werden die damit einhergehenden aber auch darüber hinausgehenden Verflechtungen beider Rechtsregime im Rahmen einer „Typologie der Konfliktsituationen“3 bei kommunaler Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH und AG offenzulegen sein. Um die Vertretungsverpflichtung als Konfliktquelle im Kontext kommunaler Einflusssicherung aufzuzeigen, wird die 1 Zu beachten ist, dass der Begriff der Kontrolle den repressiven Einfluss des Gemein­ wesens auf das (gemischtwirtschaftliche) Unternehmen umschreibt. Es handelt sich mithin um eine nachträgliche Überprüfung dahingehend, ob alle Anforderungen und Vorgaben beachtet worden sind, Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 99. 2 Gemeint sind gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit kommunaler Mehrheitsbetei­ ligung. 3 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Diskussion zugleich in die historische Entwicklung der Vertretungs- und Verantwortungssicherung eingebettet. Hierdurch soll auch ihre Bedeutung verdeutlicht werden. Die Ermittlung des Sinn und Zwecks der Pflichtenbindungen und deren Herleitung stellt daher einen Schwerpunkt der nachfolgenden Ausführung dar. Doch zunächst soll die Entwicklung gemeindlicher Ingerenz, die Ratio der Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung sowie deren Herleitung besprochen werden, um sodann ihre Charakteristik im Zusammenhang mit der entsprechenden Pflicht zur Umsetzung dieser Kontrollgewalt seitens der Gemeindevertreter hinreichend beleuchten zu können.

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungsund Kontrollpflichten Der organisatorische Einsatz von Kapitalgesellschaften als Vehikel der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden führt zwangsläufig zu der Frage nach dem Verhältnis zwischen den Regelungen des Gesellschaftsrechts und den Vorschriften des Kommunalrechts. Hierbei gäben die kommunalwirtschaftlichen Vorschriften der Gemeindeordnung die „Leitplanken“ vor, innerhalb derer sich Gemeinden als Wirtschaftsakteure betätigen dürften, und die für eine Beteiligung an einer Gesellschaft privater Rechtsformen eingehalten werden müssten.4 Hierbei ist insbesondere § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW zu beachten, der verlangt, dass die Gemeinde einen angemessenen Einfluss – insbesondere in einem Überwachungsorgan – erhält und dieser Einfluss hinreichend gesichert wird.5 Aus der sich hieraus ergebenden Einwirkungs- und Kontrollpflicht folge zugleich die Aufgabe der öffentlichen Hand, für die Einhaltung der kommunalpolitischen Ziele, der Allgemeinwohlorientierung und der Rechtsstaatlichkeit Sorge zu tragen.6 Weil sich die nachfolgende Diskussion schwerpunktmäßig mit den vielgestaltigen Fragen wirksamer Einflusssicherung und ihrer Kompatibilität mit gesellschaftsrechtlichen Vorgaben beschäftigt, soll zunächst der Begriff der Ingerenzpflicht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr.  6 GO NRW definiert, sodann von verwandten Begriffen abgegrenzt und ihr Zweck dargestellt werden. Im Anschluss hieran soll untersucht werden, woher sich die Ingerenzpflicht herleiten lässt.

4 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 242 unter Betonung der „Leitplanken“. 5 Freilich sind hierfür ausreichende Informationen notwendig, so dass eine gesetzgeberische Verzahnung zwischen der allgemeinen Einflussnahme- und Kontrollnorm gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW, der Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter nach § 113 Abs. 5 Satz 2 GO NRW sowie der Bindung an Ratsbeschlüsse nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW deutlich wird. 6 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 243.

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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I. Der Begriff der Ingerenz im Kontext kommunaler Wirtschaftstätigkeit Nunmehr soll auf den Begriff der Ingerenz und seine Funktion im kommunalverwaltungsrechtlichen Sinne eingegangen werden. Sodann wird im Rahmen einer Negativabgrenzung dargestellt, welche Termini trotz ihrer Ähnlichkeit im alltäglichen Sprachgebrauch, nicht unter den Begriff der Einwirkung7 im hier verstandenen Sinne subsumiert werden können. Zu nennen wären insbesondere die Fachbegriffe der „Aufsicht“ sowie der „Wirtschaftsaufsicht“. 1. Kommunalverwaltungsrechtliche Ingerenz Bei der Untersuchung des Begriffs der Ingerenz im kommunalverwaltungsrechtlichen Sinne bietet sich eine Annäherung zu diesem schillernden Begriff über das Verständnis seiner nüchternen Funktion an. Hierzu ist es erforderlich, sich die Bedeutung der öffentlichen Zwecksetzung sowie deren Absicherung vor Augen zu führen. Wenn die Verwaltung nämlich zur Inanspruchnahme der privatrechtlichen Organisationsformen stets einer Rechtfertigung durch die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks bedürfe, sei sie auch gehalten, die Konkretisierung und Einhaltung der Zwecksetzung sicherzustellen.8 Dies gelte insbesondere deshalb, weil die öffentliche Hand nur insoweit aus ihren öffentlich-rechtlichen Pflichten entlassen sei, wie dies für die Erfüllung des öffentlichen Zwecks unerheblich sei. Hieraus folge für die öffentliche Hand, dass sie auf die von ihr geschaffenen Rechtssubjekte dahingehend einwirken müsse, dass diese ihrerseits die Ziele staatlicher Politik, die Orientierung am Allgemeinwohl und das Gebot der Rechtsstaatlichkeit einhielten.9 Diese Kontroll- sowie Einwirkungs- bzw. Einflussnamepflichten finden sich in dem Begriff der Ingerenz zusammengefasst und werden daher im gleichen Sinne verwendet.10 Insoweit beschreiben beide Begriffe die Verpflichtung der Gemeinde, 7 Andererseits stellt Becker zu Recht fest, dass die Begriffe der Einwirkung überwiegend deckungsgleich mit dem Begriff der Steuerung, mithin der Beeinflussung von Institutionen mit dem Ziel, diese in eine bestimmte Richtung zu lenken seien, Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, 97 ff. mit Verweis auf Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 353 f., der die Steuerung von „rechtsförmigen Organisationen“ auf vier Ebenen, sog. „Ingerenzschienen“ unterscheidet. Diese sind die Steuerung durch Normsetzung, Personal, Organisation und Verfahren sowie durch das Haushaltsrecht und die Haushaltskontrolle. 8 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 124 ff., der zunächst die Frage aufstellt, wer zur Einhaltung und Konkretisierung der Zwecksetzung verantwortlich ist. Insoweit wäre sowohl eine Selbstkontrolle der privatrechtlichen Organisationen als auch die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Träger denkbar. Dass letztlich die Verwaltung hierfür zuständig sei, ergäbe sich bereits aus dem demokratischen Prinzip des Grundgesetzes. 9 Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unterneh­ men, 95 f.; Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 248 f. m. w. N. 10 So weist bereits Püttner, DVBl. 1975, 353 (354) darauf hin, dass der Terminus der Ingerenzpflicht mit der Einwirkungspflicht gleichbedeutend und lediglich eine Frage des Vorzugs

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

auf eine in einer privatrechtlichen Organisationsform betriebene öffentliche Einrichtung mit geeigneten Mitteln dergestalt einzuwirken, dass die Einhaltung der durch das öffentliche Recht bestimmten besonderen rechtlichen Bindungen jederzeit sichergestellt sei. 11 Gerade die Sorge vor einer „Flucht ins Privatrecht“ im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Gesellschaften, veranlasste die Rechtsprechung dazu, die Notwendigkeit „der Übertragung öffentlich-rechtlicher Bindungen auf die in Formen des Privatrechts wahrgenommene kommunale Leistungsverwaltung“12 hervorzuheben.13 Dies sei insbesondere auf die fehlende Privatautonomie der öffentlichen Verwaltung zurückzuführen. Diese Feststellung entbehrt indes nicht die Frage danach, ob und inwieweit eine einfachgesetzliche Sicherung hoheitlicher Einflussnahme- und Kontrollmechanismen gegenüber Eigen- und Beteiligungsgesellschaften verfassungsrechtlich determiniert ist. Fest steht lediglich, dass die öffentliche Hand seit jeher versucht, sich im Falle ihrer Beteiligung „Vorzugsrechte“ einräumen zu lassen, um das gemeinwohlorientierte Interesse in den Unternehmen zur Geltung zu bringen und der Verpflichtung schonender und nachhaltiger Verwaltung des öffentlichen Vermögens im erforderlichen Umfang nachzukommen.14 Nach alledem lässt sich die Ingerenzpflicht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW als „die in Rechtsprechung und Wissenschaft festgestellte Verpflichtung der Gemeinden, sich Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten auf ihre Unternehmen und Einrichtungen zu erhalten“

definieren.15 Diese Definition der Ingerenz wird der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt. sei. Mit Verweis auf Ossenbühl, Erweiterte Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, S. 55 ff., der betont, dass die Ingerenzpflicht als Einflusssicherung lediglich ein Organisationsziel impliziere, jedoch keine Aussage über einen konkreten Organisationsmodus treffe. Daher fehlten auch konkrete Aussagen zur erforderlichen Zusammensetzung von Aufsichtsräten kommunaler Eigengesellschaften. 11 Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 96. 12 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (224); andernfalls könnte sich der Staat seine öffentlichrechtlichen Bindung dadurch abstreifen, indem er sich für eine Rechtsform entscheide, in der ihm die Erfüllung dieser Pflichten nicht mehr möglich sei, Koch, ZHR 183 (2019), 7 (14); BVerwG NVwZ 2016, 1553 (1555); BGH NJW 2017, 1353 (1355); OVG Koblenz, Urteil vom 10.06.2016 – 10 A 10878 – juris, Rn. 34. 13 BVerfG NJW 2016, 3153 (3154 f.); BVerwG NVwZ 1991, 59 (59); BGHZ 91, 84 (96 f.). 14 Vgl. etwa § 48 Abs. 2 S. 2 Reichshaushaltordnung (RHO) vom 31.12.1922, RGBl. II S.17, der bestimmt, dass bei der Beteiligung des Reiches an einer Gesellschaft, diese satzungsmäßig verpflichtet werden sollte, das Unternehmen von einer durch den Aufsichtsrat der Gesellschaft beauftragten, dem zuständigen Reichsminister genehmen Treuhandgesellschaft prüfen zu lassen. Ähnlich heute für Bund, Land und Gemeinden vorbehaltlos geltenden §§ 53, 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), welche durch §§ 394, 395 AktG ergänzt werden, zum Ganzen Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 69 unter Berücksichtigung Fn. 302. 15 Begründung zum Regierungsentwurf § 89 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW (a. F.), der mit § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW identisch ist, LT-Drs. 11/4983, 25.

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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2. Abgrenzung der Ingerenz zum Begriff der „Aufsicht“ und „Wirtschaftsaufsicht“ Im Gemeinderecht wird im Allgemeinen der Begriff der „Aufsicht“16 zur „Bestimmung der Einfluß- und Determinationsmöglichkeiten über andere eigenverantwortliche Träger“17 gebraucht. Hierbei ist der Begriff der Aufsicht jedoch staatsaufsichtsrechtlich zu verstehen und als „notwendiges Korrelat der Dezen­ tralisierung […] im Grundsatz demokratisch-rechtsstaatlich zwingend.“18 Dies steht nicht etwa im Widerspruch zur gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie, welche in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgt ist, sondern ist dieser immanent. Dürfen Gemeinden nämlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung regeln, so ist es notwendig, dass „die Überwachung und gegebenenfalls Korrektur (z. B. durch Anweisungen) der Verwaltungstätigkeit kommunaler Instanzen bei unzutreffenden Entscheidungen durch eine übergeordnete Staatsbehörde“19, mithin die Kommunalaufsicht, gewährleistet wird. Daher hat das OVG Münster bereits frühzeitig betont, dass „Selbstverwaltung nach ihrem inneren Sinn und der historischen Entwicklung in Deutschland eine Beteiligung des Staates im Wege der Kommunalaufsicht […] in sich“ begreift.20 Diese Aufsichtsmaßnahmen zielen darauf ab, „das Wohl der Gemeinde durch „verständige“ Mittel in Einklang mit dem bonum communae zu halten.“21 Daneben finden sich staatliche Regulierungstendenzen auch im Bereich der „Wirtschaftsaufsicht“. Hierunter ist diejenige staatliche Tätigkeit zu verstehen, welche die selbstverantwortliche Teilnahme am privatwirtschaftlichen Wirtschaftsverkehr mit den dafür geschaffenen Rechtsregeln in Einklang zu bringen versucht.22

16 Ganz allgemein wird unter Aufsicht „im öffentlichen Recht üblicherweise die Kontrolle einer höheren Instanz des Staates über eine untergeordnete Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts“ verstanden, Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (207,211), Püttner, DVBl. 1975, 353 (355). 17 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 20. 18 Burgi, Kommunalrecht, § 8, Rn. 27. 19 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 20 20 So bestimmt auch Art. 78 Abs. 4 LV NRW, dass das Land die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinden zu überwachen hat und sich bei Pflichtaufgaben ein Weisungs- und Aufsichtsrecht nach näherer gesetzlicher Vorschrift vorbehalten darf; die allgemeine sowie Sonderaufsicht findet sich sodann in § 119 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GO NRW legal definiert. Im Rahmen der Aufsicht hat die Aufsichtsbehörde die Gemeinde anzuhalten, ihren „beherrschenden Einfluß auf die öffentliche Unternehmung in einem bestimmten Sinne auszuüben“, Forsthoff, Verwaltungsrecht AT, S. 520; daneben findet sich in § 13 Landesorganisationsgesetz (LOG) die Fachaufsicht über nachgeordnete Landesbehörden definiert, welche der Dienst- und Fach­ aufsicht, § 11 LOG unterliegen, vgl. Winkel, in: Held / Becker / Decker et al., § 119, 1–4.1, S. 1–4. 21 So ausdrücklich OVGE NRW 9, 74 (83); darüber hinaus auch BVerfGE 78, 331 (341); Burgi, Kommunalrecht, § 8, Rn. 27. 22 Bereits Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 ff.; Hecker, Marktoptimierende Wirtschaftsaufsicht, S. 9; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht AT, § 7, S. 340 ff.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesen Formen staatlicher Wacht braucht indes schon deshalb nicht zu erfolgen, weil der Begriff der Ingerenz im oben definierten Sinne qualitativ intensiver ist und daher in seinen Wirkungsfolgen Aufsichtsmaßnahmen überragt.23 Sie zeichnet sich nämlich gerade dadurch aus, dass sie staatliche Steuerung und erforderlichenfalls auch Interventionen auf wirtschaftliche Prozesse der Eigen- oder Beteiligungsgesellschaft gestattet und mit Blick auf § 108 Abs. 1 Satz. 1 Nr. 6 GO NRW geradezu verlangt.24 Charakteristisch für die Ingerenzpflicht ist somit die Durchsetzung und Fixierung des gemeindlichen Interesses entweder direkt gegenüber der Geschäftsleitung oder durch die Exekution des Gemeindewillens durch die insoweit umsetzungsverpflichteten Gemeindevertreter.

II. Herleitung der Ingerenzverpflichtung Bislang konnte dargestellt werden, dass sich der Begriff der Ingerenz nicht isoliert betrachten lässt, sondern notwendigerweise im Kontext der öffentlichen Zwecksicherung im Rahmen kommunaler Wirtschaftsbetätigung erfasst werden muss. Bekannt ist, dass durch die Ingerenzpflicht die in Rechtsprechung25 und Wissenschaft festgestellte Verpflichtung der Gemeinden, sich Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten auf ihre Unternehmen und Einrichtungen zu erhalten, durch § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW gesetzlich abgesichert werden.26 Hierbei bewerte sich der sicherzustellende „angemessene Einfluss“ in erster Linie nach Größenordnung und Umfang der gemeindlichen Beteiligung.27 Doch woher rührt diese Ingerenzpflicht? Lässt sich ein konkreter Anknüpfungspunkt ausmachen oder ergibt sie sich aus der Zusammenschau verfassungsrechtlicher Prinzipien? Ist zur Begründung der gemeindlichen Ingerenz ein Rückgriff auf das Institut der Garantenpflicht erforderlich? Dies soll Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung sein.

23 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 21. 24 Zur Einwirkung als staatliche Einflussnahme auf ökonomische Prozesse vgl. Jarass, Der Staat 1978, 507 (508) abrufbar unter: www.jstor.org/stable/pdf/43641142.pdf (abgerufen am 05.02.2020). 25 Etwa VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8 A 2043/10 – juris, Rn. 75. 26 LT-Drs. 11/4983, S. 25 freilich mit Bezug auf § 89 GO NRW a. F. 27 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 23, der darauf hinweist, dass „angemessen“ bedeute, dass eine Minderheitsbeteiligung nicht zu einer übermäßigen „kommunalen Dominanz“ führen könne und die Interessen der übrigen Gesellschafter insoweit auch eine Grenze kommunaler Einflussnahmemöglichkeiten darstellten.

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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1. Erforderlichkeit des Rückgriffs auf das Institut der Garantenpflicht? Die Annahme einer rechtlich angeordneten Ingerenzpflicht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW erinnert zunächst an das im Strafrecht gebräuchliche Institut zur Begründung einer Garantenpflicht28. Charakteristisch für eine Garantenpflicht ist eine rechtliche Handlungspflicht, die durch eine Garantenstellung erst begründet wird.29 Eine solche kann sich insbesondere aus vorausgehendem gefährdendem Vorverhalten, der sog. Ingerenz ergeben, und den Adressaten dazu verpflichten, dafür einzustehen, dass ein bestimmter Erfolg nicht eintritt.30 Die Konstruktion einer Garantenpflicht aufgrund gefahrbegründender Beteiligung an einem privatrechtlich organisierten Unternehmen oder die Gründung einer solchen Einrichtung ist indes von vornherein abzulehnen. Juristisch umschreiben beide Begrifflichkeiten unterschiedliche Sachverhalte. Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde begründet keine Schadensabwendungspflicht gegenüber ihren Unternehmen beziehungsweise gegenüber ihren Bürgern. Vielmehr wird die kommunale Marktteilnahme überhaupt erst zugelassen, wenn die Kommune proaktiv mit Beginn ihrer wirtschaftlichen Betätigung die Erfüllung des öffentlichen Zwecks sicherstellt und sich hierfür ein ausreichendes Instrumentarium an Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten vorbehält. Somit ist das strafrechtliche Institut der Ingerenz zur Begründung einer Garantenstellung der Gemeinde nicht geeignet und deshalb zurückzuweisen. Im Ergebnis ist die Konstruktion einer Garantenpflicht im technischen Sinne insgesamt abzulehnen. Während der Garant etwa aufgrund einer gesetzlichen Pflicht dafür einzustehen hat, dass ein Erfolg i. S. d. Strafrechts nicht eintritt, verpflichtet die Ingerenzpflicht die Kommune nach § 108  Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW dazu, sich im Falle wirtschaftlicher Betätigung einen angemessenen Einfluss gegenüber privatrechtlich organisierten Eigen- oder Beteiligungsgesellschaften zu sichern. Auf diese Weise wird nicht etwa eine Handlungspflicht zur Abwendung eines Schadens begründet, sondern bereits die Gründung eines Unternehmens oder die Beteiligung hieran von der Sicherstellung hinreichender Kontrollmöglichkeiten abhängig gemacht. Zugleich wird durch die gesetzliche Verankerung eine umfassende Pflicht statuiert, die über einzelne Regelungen von Modi größtmöglicher Einflussnahme hinausgeht.31

28 Bereits Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 21 ff. untersuchte, ob die Einflussnahmeverpflichtung als Garantenpflicht zu bewerten ist. 29 Heuchemer, in: BeckOK StGB, § 13, Rn. 33. 30 Instruktiv zur Garantenpflicht Paradissis, Unterlassungsstrafbarkeit, S. 60 ff. und passim; Fischer, StGB, § 13, Rn. 11–15; Heuchemer, in: BeckOK StGB, § 13, Rn. 33 ff. 31 Gerade die bloße Anordnung etwaiger Einflussnahmeregelungen (etwa Vertretungsregelungen der Gemeinde in Beteiligungsgesellschaften, Weisungsbindungen, Beschlussbindungen) lässt Kraft zu Recht nicht genügen, um eine Einflussnahmepflicht zu statuieren, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 21 f.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Zu beachten ist allerdings, dass die in Rechtsprechung und Literatur anerkannte Notwendigkeit zur politischen Steuerung der Unternehmen erstmalig mit der Reform der Kommunalverfassung im Jahre 1994 gesetzlich verankert wurde.32 So lässt sich erklären, dass Kraft 1982 die kommunale Einflussnahmepflicht noch aus einer Garantenpflicht heraus zu entwickeln suchte.33 So begründete er dieses Vorhaben wie folgt:34 „Eine Rechtspflicht ist unproblematisch, wenn sie sich aus Normen oder Rechtssätzen unmittelbar ergibt. Dies ist hier nicht der Fall: weder das Privatrecht (Gesellschaftsrecht) noch das öffentliche Recht (z. B. Kommunalrecht) enthalten eine, die Einflussnahmepflicht unmittelbar regelnde Vorschrift.“

Mit Aufnahme hinreichender Einflussnahme- und Kontrollmöglichketen zugunsten der Gemeinde nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW kann ein Regelungsdefizit nicht länger angenommen werden.35 Vielmehr folgt die Rechtspflicht zur Sicherstellung hinreichender Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeit aus der Vorschrift selbst.36 Deshalb ist – wie oben schon dargestellt – die Herleitung kommunaler Ingerenzpflichten aus einer Garantenstellung weder zulässig noch erforderlich. Dennoch ist es unschädlich, dem § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW die Verbriefung einer – nicht strafrechtlich zu verstehenden – Garantenstellung „aus Gesetz“ zuzugestehen.37 Denn letztlich wird hierdurch die besondere Verpflichtung der Kommune gegenüber dem Gemeindevolk ausgedrückt. Ist nämlich nicht die „privatautonome Willensherrschaft und Entschließungsfreiheit“38, sondern

32 Die konkrete Verpflichtung der Gemeinde ist der obigen Definition des Regierungsentwurfs zur Reform der Kommunalverfassung im Jahre 1994 zu entnehmen, LT-Drs. 11/4983, S. 25; Held / Wilmbusse, Kommunalverfassungsrecht NRW, S. 92, Nr. 5. Das Maß des Einflusses lasse sich grundsätzlich an dem Umfang der gemeindlichen Beteiligung bemessen, Kotzea, in: Held / Winkel § 108 GO NRW, S. 518. 33 So beschreibt er deutlich, dass Einflussnahme nichts anderes bedeutet, als „die Verpflichtung der Kommune, dafür Sorge zu tragen, dass die ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen Bindungen auch durch die Eigengesellschaft beachtet werden, sofern diese nicht aus anderen Rechtsgründen unmittelbar diesen Bindungen unterworfen ist“, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 23. 34 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 21. 35 Vgl. aber bereits den Gesetzesentwurf zur Reform der Kommunalverfassung im Jahre 1994, LT-Drs. 11/4983, S. 25. 36 Hier unterliegt die Gemeinde „ohnehin dem nach Art. 20 Abs. 3 GG festgelegten Grundsatz der Bindung staatlicher Gewalt an Gesetz und Recht“. Dass sich in diesem Fall ein Rückgriff auf die Rechtsfigur der Garantenstellung erübrigt, betont auch Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 22. 37 In diesem eher allgemeinen, nicht strafrechtlich determinierten Sinne ist auch von Danwitz zu verstehen, wenn er der „Kommune eine Garantenstellung für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe“ zuweist, von Danwitz, AöR 120 (1995), S. 595 (605); ähnlich Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225) „[…] angesichts der spezifischen, im öffentlichen Recht fußenden Aufgabenverantwortung und der daraus resultierenden Garantenstellung der Gemeinde für die Aufgabenerfüllung […]“. 38 von Danwitz, AöR 120 (1995), S. 595 (604).

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die Verfolgung und Sicherstellung öffentlicher Gemeinwohlziele dem gesamten Verwaltungshandeln inhärent, so tritt die Gemeinde insoweit als Garant zur Erreichung dieser Absichten auf. Auch wenn die Verpflichtung zur Sicherstellung hinreichender Einflussnahmeund Kontrollmöglichkeit aus § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW selbst folgt, ist eine isolierte Betrachtung, die normative Determinanten außen vor lässt, nicht geboten. Daher gilt es im weiteren Verlauf dieser Arbeit mit der Formulierung Brenners39 herauszufinden, „ob und inwieweit eine Einflussnahme von Kommunen auf die von ihnen ganz oder mehrheitlich beherrschten Unternehmen des privaten Rechts verfassungsrechtlich geboten ist, ob und inwieweit mit anderen Worten den Kommunen Einwirkungs- bzw. Ingerenzpflichten obliegen und welches Maß an Einfluss auf die Aufgabenwahrnehmung durch die Gesellschaften des privaten Rechts gesichert sein muss, damit die nach öffentlichem Recht bestellten und legitimierten Verantwortungs- und Entscheidungsträger durch die privatrechtliche Organisationsform nicht faktisch ihrer Rechtsstellung enthoben werden.“

2. Kommunale Ingerenzverpflichtung und verfassungsrechtliche Vorgaben Zunächst darf vorwegnehmend festgehalten werden, dass sich Einwirkungsund Kontrollpflichten bereits aus der verfassungsmäßigen Organisationsstruktur, mithin aufgrund der „über die Rechtsaufsicht vermittelten Rückbindung der Kommunalverwaltung an den Staatsapparat“40 ergeben. Zur Begründung wird auf das Verhältnis zwischen der – auf die gesamte Selbstverwaltungstätigkeit der Gemeinde erstreckende – Rechtsaufsicht (allgemeine Aufsicht)41 und der kommunalen Gebietskörperschaft als Teil der Exekutive verwiesen.42 Stellt die jeweils zuständige43 Rechtsaufsicht fest, dass die Kommune bei der Erledigung ihrer Aufgaben von ihrer Ingerenzpflicht in einer den Anforderungen des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW nicht genügenden Weise Gebrauch gemacht und damit unrecht­ mäßig gehandelt hat, richtet sich die Aufsichtsbehörde unmittelbar an die Ge 39 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (224). 40 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 128. 41 Zur allgemeinen Aufsicht insgesamt Hellermann, in: Öffentliches Recht in NRW, Dietlein / ​ders., § 2 Rn. 77 ff., 80, der zugleich anmerkt, dass allgemeine Aufsicht ihrem Maßstab nach Rechtsaufsicht sei. 42 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 128 m. w. N. 43 Die Zuständigkeit für die allgemeine Aufsicht hängt davon ab, ob es sich um kreisangehörige Gemeinden oder kreisfreie Städte handelt. Während im ersten Fall gemäß §§ 120 Abs. 1 GO NRW, 59 Abs. 1 GO NRW der Landrat im Wege der Organleihe als untere staatliche Verwaltungsbehörde die Aufsicht führt, ist die Bezirksregierung Aufsichtsbehörde der kreisfreien Städte, § 120 Abs. 2 GO NRW. Als obere beziehungsweise oberste Aufsichtsbehörde handelt das Innenministerium, § 120 Abs. 2 und 3 GO NRW, siehe zum Ganzen die Ausführungen Hellermann, in: Öffentliches Recht in NRW, Dietlein / ders., § 2 Rn. 79.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

meinde.44 Um die aufsichtsbehördlichen Hinweise umsetzen zu können, muss der Kommune auch ein hinreichendes Instrumentarium zur Herstellung rechtmäßiger Kommunalverwaltung zugesprochen werden.45 Dieser Gedanke stellt keine abstrakte Verpflichtung in einem kommunalen Pflichtenkatalog dar. Vielmehr lässt er sich auf die Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG zurückführen.46 Denn „das Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung impliziert auch ein Moment der Pflichtigkeit,47 in dessen Konsequenz auf kommunale Ingerenzrechte zur Wahrung der Einheit der Gemeindeverwaltung und zur Sicherung ihrer bürgerschaftlichen Kontrolle nicht verzichtet werden darf“48. Daher haben Gemeindeorgane – erforderlichenfalls auf Hinweis der Aufsichtsbehörde – für die gesamte Tätigkeit der wirtschaftlichen Kommunalunternehmen dafür Sorge zu tragen, dass „angemessene und effektive Informations- und Einflussrechte“ festgelegt werden und eine hinreichende „Steuerung und Kontrolle“ sichergestellt wird.49 Um aber hoheitliche Kontrollrechte legitimieren und ihre Reichweite bestimmen zu können, ist es erforderlich, zuvor die Bedeutung der Einwirkungspflicht oder anders ausgedrückt Ingerenzpflicht50 herauszuarbeiten. Allgemein liegt dieser Pflicht nach Püttner51 „der Gedanke zugrunde, dass sich der Staat und Gemeinden der Verantwortung für das Handeln ihrer Werkzeuge, Gehilfen, Tochtergesellschaften und sonstigen am Verwaltungsvollzug beteiligten Institutionen nicht entziehen dürfen, sondern das rechtlich richtige Handeln aller dieser Hilfseinrichtungen durch entsprechende Einwirkungen zu sichern haben.“

Zwar findet sich in der Begründung des Regierungsentwurfs zum § 89 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW a. F., dem Vorgänger des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW eine Definition der gemeindlichen Ingerenzpflicht. Verwunderlich bei aller Klarheit und Plausibilität ist jedoch, dass sich eine solche Einwirkungspflicht weder aus

44 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 128 m. w. N. 45 Vgl. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 90. 46 „[…] Auch in Ansehung der Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG ist mithin zu fordern, daß sich die öffentliche Hand Einwirkungsmöglichkeiten auf ihre Unternehmen verschafft […], Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 90. 47 So ausdrücklich Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 88; Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 52 f. 48 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 90, der die Ingerenzpflicht als „Ausfluß von Einheitlichkeit der Verwaltung und Verantwortlichkeit der Gemeindevertretung“ begreift, ebda. S. 89. Hierbei betont Mann, dass soweit die Gemeindevertretung durch die Wahl das Mandat erhält, in Verantwortung gegenüber dem Volk in der Gemeinde alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gemeinwohlbezogen zu erledigen, ihren Gemeindeorganen aber auch die Möglichkeit zustehen muss, dirigierenden Einfluss auf die Aufgabenerledigung zu nehmen, ebda. S. 90; so auch Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 52 f.; Ehlers, DVBl. 1997, 137 (143); Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (174) Fn. 166. 49 So ausdrücklich Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 40 Rn. 59. 50 Zu Recht weist Püttner darauf hin, dass beide Begriffe inhaltlich identisch sind, Püttner, DVBl. 1975, 353 (354). 51 Püttner, DVBl. 1975, 353 (354).

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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der Verfassung noch aus sonstigen Gesetzen ausdrücklich ergibt.52 Zwar wurde bereits festgestellt, dass die Ingerenzpflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW nicht isoliert, sondern nur in der Zusammenschau mit normativen Determinanten bewertet werden kann. Es gilt allerdings noch zu klären, aus welchen verfassungsrechtlichen und sonstigen Prinzipien sich diese Pflicht herleiten lässt. Ableitungszusammenhänge, die letztlich zur positiven Normierung des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW geführt haben, könnten sich zunächst aus der spezifischen Pflichtenstellung der öffentlichen Verwaltung und der hiermit einhergehenden Aufgabenverantwortung ergeben.53 In diesem Zusammenhang führt bereits von Danwitz aus, dass die Existenz hoheitlicher Ingerenzpflichten auf den spezifischen Grundlagen der öffentlich-rechtlichen Natur des Verwaltungs­ handelns selbst basiere.54 Hiernach folge die kommunale Ingerenzpflicht bereits aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben selbst. Diese These wird nachfolgend in der gebotenen Kürze untersucht. Sodann wird erörtert, ob neben dieser handlungsorientierten Betrachtung, gemeindliche Sicherungsrechte und Kontrollpflichten nicht „vorrangig mit Verfassungsprinzipien“55 zu begründen sind. Dies hätte zur Folge, dass sämtliche Vorschriften des kommunalen Wirtschaftsrechts als Konkretisierung und positiv-rechtliche Verbürgung verfassungsrechtlicher Prinzipien verstanden werden müssen. a) Kommunale Aufgabenerfüllung als Ingerenzgrundlage Hoheitliche Ingerenzen lassen sich zunächst durch die Ratio des Verwaltungshandeln selbst begründen.56 Insoweit überrascht auch der Versuch, das Bestehen hoheitlicher Ingerenzen „unmittelbar aus der Pflicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben abzuleiten“57, nicht sonderlich. Das Abstellen auf die „Aufgabenerfüllung als Ingerenzgrundlage“58 gebietet zugleich, dass im Falle der „[…] öffentlich-rechtlichen Indienstnahme handelsrechtlicher Gesellschaften für Verwaltungsaufgaben, […] der Staat in Ergänzung und Überhöhung der ihm aus der bloßen Kapitalbeteiligung schon zivilrechtlich zukommenden Ein- und Mitwirkungsbefugnisse bestimmte zulängliche Aufsichtsbefugnisse öffentlichen Rechts innehat kraft deren die öffentliche Aufgabe, die in der angemessenen privatrechtlichen Unternehmensform durchgeführt werden soll, verwaltungsmäßig sichergestellt wird.“59 52 Verwundert zeigt sich auch Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225). 53 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225). 54 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (604). 55 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225). 56 von Danwitz, AöR 120 (1995), S. 595 (604). 57 von Danwitz, AöR 120 (1995), S. 595 (604). 58 von Danwitz, AöR 120 (1995), S. 595 (604). 59 Ipsen, JZ 1955, 593 (598), der die Verpflichtung auf diese plastische Formel runterbricht. Allerdings stammt die Frage nach der verwaltungsmäßigen Sicherstellung der öffentlichen Aufgabe in der angemessenen privatrechtlichen Unternehmensform von L. Schürmann, ZSR

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Daher lässt sich § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW als gesetzlich normierte Einstandspflicht der Gemeinde begreifen, die aus dem Bedürfnis hervorgegangen ist, die gemeinwohlorientierte Zweckverfolgung kommunaler Unternehmen sicherzustellen.60 In diesem Sinne darf die Norm zum einen als ein Alarmsignal verstanden werden, das immer dann ertönt, „wenn die öffentliche Aufgaben- und Pflichtenbindung in Vergessenheit zu geraten droht“61. Darüber hinaus verpflichtet sie bereits zum Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens bzw. der Beteiligung am Unternehmen zur Wahrung eines hinreichenden Einflusses. Hierdurch wird vorbeugend die Sicherung des Gemeinwohls zur notwendigen Bedingung jedweden Verwaltungshandelns erklärt. Daher lässt sich festhalten, dass der Verwaltung durch diese besondere Pflichtenbindung die Rolle eines unternehmerisch organisierten Gemeinwohlmittlers zukommt. b) Kommunale Aufgabenverantwortung als Verfassungsauftrag Die Pflicht zur Einflussnahme lässt sich neben der soeben dargestellten aufgabenbezogenen Verantwortung für das Gemeindewohl auch durch – nachfolgend im Einzelnen zu beleuchtende – verfassungsrechtliche Prinzipien begründen.62 Dies ist bereits deshalb nicht ungewöhnlich, weil „Ansatzpunkt für die Herausarbeitung der Einwirkungspflicht […] insbesondere die parlamentarische Kontrolle aller Staatsgewalt und Staatstätigkeit sowie das Rechtsstaatsprinzip (ist)“63. Wenn nämlich die liberale wirtschaftliche Betätigung in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat ganz selbstverständlich privaten Wirtschaftsteilnehmern zukommt, so bedarf der Staat Sicherungsmittel, um einer allzu entfesselten Marktbeteiligung seiner selbst entgegenzuwirken.64 Daher ist mit Püttner65 die Exekutive insoweit als „arbeitende Staatsidee“ zu bezeichnen, als sie tatsächlich eingreifen muss, 72 (1953), 65a, 168a (2.). Er stellt die Frage danach, welche Rechtsform geeignet ist, den öffentlichen Zeck, dem die „öffentliche privatrechtliche Unternehmung dient“ sicherzustellen und nimmt hierfür auch eine verwaltungsrechtliche Betrachtung vor; vgl. hierzu auch Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 270. 60 Es darf freilich nicht übersehen werden, dass diese Vorschrift den Allgemeingrundsatz der gemeindlichen Verantwortung normiert. So beschreibt § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 GO NRW bereits die öffentliche Zweck­ausrichtung auf das Gemeinwohl und somit bereits die Art und Weise der Sicherung der Verbürgung der Nummer 6. Auch § 113 GO NRW beschreibt die Modi der Ingerenz und begründet hierdurch eine spezielle Ausformung des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW. 61 von Danwitz, AöR 120 (1995), S. 595 (605) unter Verweis auf Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 137 f. der betont, dass die wirkliche Grenze der Privatisierung „in der Unveräußerlichkeit der Hoheitsgewalt und der damit verbundenen Grenze der Übertragung der Eingriffsverwaltung sowie im Verbot ministerialfreier Räume, das zu einer gewissen Einordnung der Unternehmen in die Verwaltung zwingt“ liege. 62 Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 121 ff.; Hamdorf / Moradi Karkaj, DVBl. 2018, 823 (828 f.). 63 Püttner, DVBl. 1975, 353 (355). 64 Vgl. hierzu Püttner, DVBl. 1975, 353 (355). 65 Püttner, DVBl. 1975, 353 (355).

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„wenn irgendwo in der Verwaltung, und sei es in verwaltungsabhängigen Gesellschaften, das Recht verletzt wird“ oder eben verletzt zu werden droht. Diese Einstandsverpflichtung ist insbesondere nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt der wirtschaftlichen Unternehmung begrenzt, sondern zeichnet sich durch eine perpetuierende Permanenz aus. Dass diese Einwirkungspflicht der Exekutive auch im Hinblick auf privatrechtliche Gesellschaften gelten muss, hat das BVerfG66 bereits in seinem Fernsehurteil aufgezeigt. Dessen ungeachtet soll untersucht werden, ob sich die festgestellte Ingerenzverpflichtung nicht weitaus feinteiliger aus den mannigfaltigen Prinzipien der Verfassung selbst entnehmen lässt. aa) Rechtsstaatsprinzip Das Rechtsstaatsprinzip als eines der fundamentalsten Säulen des Grundgesetzes, hat gleich an mehreren Stellen innerhalb der Verfassung eine konkrete Ausgestaltung erfahren.67 So findet sich eine besondere Verankerung dieses allgemeinen Verfassungsgrundsatzes68 in Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 1 Abs. 3 sowie Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Wichtige, freilich nicht abschließende Gehalte dieses Prinzips sind die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, das Gebot des fairen Verfahrens sowie das Willkürverbot.69 Sie richten sich an die Kommunen als Teil der vollziehenden Gewalt und binden sie an diese Grundsätze unabhängig von der gewählten Handlungsform.70 Denn die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns beschränken sich nicht nur auf die genuin öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, sondern beanspruchen auch dann vorbehaltlose Geltung, wenn sich die Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Formen des Privatrechts bedient.71 Dies bedeutet in concreto, dass auch dann, wenn Gemeinden ihre gemeinwohldienlichen Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform betreiben, sie gleichwohl nicht auf die nahezu unbeschränkten Privilegien der Privatautonomie zugreifen dürfen.72 Daher resümiert Brenner zu Recht, dass vor diesem Hintergrund die Gemeinden bei der Einschaltung von Eigengesellschaften gehalten sind, „diese in ein Kontrollsystem mit Aufsichts- und Einwirkungsrechten einzubinden, um die Einhaltung rechtsstaatlicher Bindungen gewährleisten zu können“.  73 Festzuhalten bleibt, dass Gemeinden aufgrund ihrer organisationsformunabhängigen Bindung an das Rechts 66 BVerfGE 12, 205 (262). 67 Das BVerfGE 20, 323 (331) spricht vom Rechtsstaatsprinzip als „eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes“. 68 Bereits BVerfGE 7, 89 (92 f.). 69 Hierzu zählt freilich auch die Ausgestaltung einer effektiven, zügigen und willkürfreien Verwaltung; insgesamt Schulze-Fielitz, in: Dreier GG Kommentar, Art. 20, Rn. 66 ff. 70 Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 124 f. 71 Siehe Schulze-Fielitz, in: Dreier GG Kommentar, Art. 20, Rn. 205; Mayen, DÖV 2001, 110 (113); Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225). 72 Vgl. Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225 f.). 73 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (225), wobei diese Anforderungen freilich auch für gemischtwirtschaftliche Unternehmen gelten.

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staatsprinzip gehalten sind, ihre Ingerenzmöglichkeiten derart auszugestalten, dass eine rechtsstaatliche Aufgabenerfüllung sichergestellt ist.74 Es lässt sich daher mit Kraft festhalten, dass die rechtsstaatlich notwendige Einflussnahme der Kommune gegenüber ihren Unternehmen, den eigenen Bindungen, mithin dem Rechtsstaatsprinzip selbst entspricht.75 bb) Sozialstaatsprinzip Mit beeindruckender Deutlichkeit betonen Huster und Rux, dass der Sozialstaat nicht aus einem gesellschaftlichen Urbedürfnis heraus entstanden sei, sondern im Zusammenhang mit der akut gewordenen „sozialen Frage“ des 19. Jahrhunderts betrachtet werden müsse.76 Mit Blick auf eine zunehmende Erosion traditioneller Lebens- und Sicherungsformen durch Industrialisierung und die bürgerliche Gesellschaft sei die staatliche Ordnung verpflichtet gewesen, dieses entstandene Gerechtigkeitsvakuum durch die Übernahme von Verantwortung für die soziale Sicherheit der Bürger und die Daseinsvorsorge zu übernehmen und sich in diese Sinne über den bürgerlichen Rechtsstaat fortzuentwickeln.77 Das BVerfG hat bereits in seinen ersten Entscheidungen festgestellt, dass die in Art. 20 Abs. 1 GG (Art. 28 Abs. 1 GG) erfolgte Verbürgung eines „sozialen Bundesstaates“ ein Bekenntnis zum Sozialstaat darstellt, bei welchem die inhaltliche Ausgestaltung desselben dem Gesetzgeber obliege.78 Allerdings weist Brenner zu Recht darauf hin, dass das Sozialstaatsprinzip als Staatszielbestimmung keine institutionelle Garantie bestimmter Leistungen enthält und dem Bürger auch nicht unmittelbar ein subjektiv-öffentliches Recht gewährt.79 Vielmehr lässt sich dieses Prinzip mit Stern als „soziale Infrastruktur“ bezeichnen, welche eine angemessene persönliche und wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit des Individuums garantiert.80 Führt man sich in diesem Zusammenhang wiederholt vor Augen, dass die wirtschaftliche Betätigung des Staates kein Selbstzweck ist, sondern der Erhaltung, Fortentwicklung und Optimierung der Daseinsvorsorge dient, so verwundert es 74 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (226), der insoweit auf eine rechtsstaatlich begründete „Garantenstellung“ verweist. 75 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 69. 76 Huster / Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 206. 77 Vgl. Huster / Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 206 f., die darauf hinweisen, dass in der deutschen Entwicklung die Bismarck’sche Sozialgesetzgebung, welche maßgeblich auf Erwägungen politischer Stabilität beruhte, den wichtigsten Entwicklungsschritt darstelle. Auf die „spezifisch verfassungsrechtliche Tradition des Sozialstaates“ als Idee des sozialen Ausgleichs und der sozialen Gerechtigkeit bereits ab dem aufgeklärten Absolutismus weisen Zippelius / Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, § 1, Rn. 26 f. ebenso hin, wie auf die austarierten Regelungen zur Armenfürsorge im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794. Hierbei dürften sie sich auf den 19. Teil „von Armenanstalten und anderen milden Stiftungen“ beziehen. 78 BVerfGE 1, 97 (105). 79 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (228), der auf die bloße Verpflichtung des Staates hinweist, ein Mindestmaß an Leistungs- und Daseinsvorsorge zu garantieren. 80 Stern, in: Staatsrecht I, S. 409.

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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nicht, dass beständige sozialstaatliche Bindungen sicherstellen sollen, dass Eigenoder Beteiligungsgesellschaften eine gemeinwohlorientierte Wirtschaftsbetätigung verfolgen. Die Sozialpflichtigkeit jedweder Leistungserbringung dürfte nämlich inzwischen unstreitig sein.81 Insbesondere genügt die Gründung und das Betreiben gemeinwohldienlicher wirtschaftlicher Unternehmen den Anforderungen des Sozialstaatsprinzips nicht. Erforderlich ist vielmehr, die Sicherung dauerhafter Daseinsvorsorge des Gemeindevolkes.82 Diese Pflicht wird durch § 8 Abs. 1 GO NRW, der die Gemeinden dazu anhält, für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner Einrichtungen im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zu errichten und unterhalten, verstärkt.83 Dies gilt freilich unabhängig davon, ob die Einrichtungen privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert sind. Nimmt sich die Kommune der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Eigen- oder Beteiligungsgesellschafen an, „sind im Hinblick auf kommunalrechtliche Benutzungsansprüche und letztlich zur sozialstaatlichen Pflichterfüllung weitgehende Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechte84 der Kommunen gefordert“85. Erst diese Verpflichtung gewährleistet eine dauerhafte Daseinsvorsorge, eingedenk der Einrichtungsausgestaltung und Benutzungsregelung, in einer dem Sozialstaatsprinzip gerecht werdenden Weise. Demnach sind den Gemeinden von Verfassung wegen Ingerenzpflichten aufzuerlegen.86 cc) Demokratieprinzip Zur Ausgestaltung möglichst effektiver Einflussnahmeinstrumentarien ist die Bestimmung der Reichweite des gemeindlichen Kontroll- und Sicherungsauftrags von grundlegender Bedeutung. Hierbei trifft das Demokratieprinzip, Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, die maßgeblichen Vorgaben für das Maß hoheitlicher Ingerenzen.87 Unabhängig davon in welcher Organisationsform und zu welchem Zweck sich die Kommune betätigt, ist eine ununterbrochene Legitimations­vermittlung des 81 Anders noch Fischerhof, der auf das Wettbewerbsprinzip hinweist, ohne zugleich eine Sozialpflichtigkeit anzuerkennen, Fischerhof, DÖV 1957, 305 (312); ders., DÖV 1960, 41 (43 f.), der betont, dass „das Gebot der Sozialstaatlichkeit […] in unserer Rechtsordnung nicht zuletzt durch Gewährleistung des Wettbewerbs erfüllt [wird]“. 82 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 80. 83 Vgl. Brenner, AöR 127 (2002), 222 (228). 84 Zu beachten ist, dass Weisungen konkrete Einzelfälle betreffen, die auf Beschlüssen beruhen, die vom Rat gefasst werden, § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Die vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse hinsichtlich Weisungen entfalten erst mit dem Vollzug durch den Bürgermeister Außenwirkung, vgl. hierzu und der Rechtslage in Rhl-Pf. Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 505 (Fn. 2908). 85 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (228). 86 Ebenso Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 125, die betont, dass die öffentliche Hand die grundlegenden sozialen Bedürfnisse gewährleisten können muss. 87 Dass die Sicherstellung eines angemessenen Einflusses gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 GO NRW Ausfluss des verfassungsrechtlichen Demokratieprinzips ist, stellen auch Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1225 f.) fest.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Gemeindevolkes notwendig.88 Hierbei wird insbesondere zwischen der personelldemokratischen und der sachlich-inhaltlichen Legitimation unterschieden.89 Erstere bezieht sich auf die Bestellung und den Berufungsakt des einzelnen Amtswalters, wobei eine mittelbare Rückführbarkeit auf das (Gemeinde)Volk als Träger der Staatsgewalt genügt.90 Die Legitimationskette ist hierbei ununterbrochen, wenn der jeweilige Amtswalter durch demokratisch legitimierte Stellen gewählt oder ernannt wird.91 Die sachlich-inhaltliche Legitimation meint hingegen, dass das Gemeindevolk hinreichenden Einfluss auf die hoheitliche Tätigkeit der Gemeindeverwaltung (Staatsgewalt) haben muss.92 Hierdurch werden die wesentlichen unternehmerischen – insbesondere die nach außen gerichteten – und unternehmerisch-personellen Entscheidungen der wirtschaftlich agierenden Kommune auf das Gemeindevolk rückführbar und erst auf diese Weise überhaupt legitimiert.93 Auch dann, wenn die Kommune durch Organisationsprivatisierung die Wahr­nehmung des gemeinwohlorientierten Kommunalauftrags auf ein Wirtschaftsunternehmen überträgt, darf sie sich nämlich einer demokratischen Legitimationskette nicht entziehen.94 Demokratische Kontrolle bedeutet insoweit, dass eine durch das Gemeindevolk legitimierte Verwaltung dauerhaft sicherstellen muss, dass die wirtschaftliche Betätigung den Interessen des Gemeindevolkes entspricht. Diese „Rückkoppelung des Inhalts staatlichen Handelns an den Willen des Volkes“95 wird durch die Bindung an die von der Volksvertretung erlassenen Gesetze „einschließlich der dazugehörenden Kontrolle für die Wahrnehmung der zugewiese 88 So hat das OVG Münster, OVGE 39, 292, (294) unter Hinweis auf BVerfGE 38, 258 (272) festgestellt, dass nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG auch Gemeinden und Gemeindeverbände nach dem demokratischen Prinzip organisiert sein müssen. Darüber hinaus hat es geurteilt, dass auch die in den Rechtsformen des Privatrechts ausgeübte Tätigkeit zum Funktionsbereich öffentlicher Verwaltung zähle, wenn sie durch öffentlich-rechtlich organisierte Rechtsträger des Staates oder der ihm angegliederten Institutionen in Erfüllung unmittelbar oder mittelbar vorgegebener öffentlicher Aufgaben wahrgenommen werde. Hierbei können allenfalls „unwichtige Aufgaben“ auszunehmen sein, OVG Münster, OVGE 39, 292, (294) unter Hinweis auf BVerfGE 47, 253 (274). Hierauf weist auch Brenner, AöR 127 (2002), 222 (227) hin; jüngst Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1225 f. und passim). 89 Bisweilen wird daneben auch eine institutionelle und funktionale Legitimation erwähnt. Diese bezieht sich aber nicht auf die ununterbrochene Rückführbarkeit zum Volk, sondern „betrifft Fragen der Gewaltenteilung und der abstrakten Funktionengliederung“, Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20 GG, Rn. 121 mit Hinweis auf Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 278 f. 90 Siehe etwa BVerfGE 38, 258 (271); Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20, Rn. 121; ­Brenner, AöR 127 (2002), 222 (226). 91 Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 181, wonach „[…] die Legitimationskette durchbrochen [ist], wenn nicht demokratisch legitimierte Einheiten die Auswahlentscheidung [des Amtswalters] verbindlich mitgestalten können […]“; Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20 GG, Rn. 121; zum demokratischen Legitimationsproblem der Arbeitnehmermitbestimmung in Schlüsselpositionen eines kommunalen Unternehmens, vgl. Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226 ff.). 92 Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20 GG, Rn. 122. 93 Vgl. Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126. 94 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126. 95 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1227).

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nen Aufgaben“96 realisiert. Die Pflicht dies zu gewährleisten berechtigt, begründet und begrenzt zugleich das Recht kommunaler Einflussnahme gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW schlechthin. dd) Pflicht zur Einflussnahme aus dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG Gemäß Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. In diesem Funktionsvorbehalt wird die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums deutlich.97 So konstatiert Kraft98 zu Recht, dass hiernach die Ausübung bestimmter staatlicher Funktionen von Verfassung wegen einer Gruppe von Staatsdienern übertragen werde, die „in spezifischen Sonderverbindungen“ zum Staat stünden.99 Daher stellt sich die Frage, ob diesem Vorbehalt eine Delegationsgrenze, die eine Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform ausschließen würde, zu entnehmen ist. Dem hat das BVerfG im Zusammenhang mit der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im hessischen Maßregelvollzug durch private Pflege ausdrücklich widersprochen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG gewährleisten soll, dass „die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe regelmäßig den von Art. 33 Abs. 5 GG institutionell garantierten besonderen Sicherungen qualifizierter, loyaler und gesetzestreuer Aufgabenerfüllung unterliegt“100. Würden hoheitliche Aufgabenwahrnehmungen dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG dadurch entzogen werden können, dass sie privaten Trägern überantwortet werden, würden diese Regelungsintentionen verfehlt.101 Daher unterliegen bestimmte staatliche Aufgaben auch dann noch dem Funktionsvorbehalt, wenn sie in privatrechtlicher Organisationsform erbracht werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um die „Ausübung hoheitlicher Befugnisse“102 handelt. Hierdurch wird allerdings nicht die Frage danach beantwortet, wie der Begriff der „hoheitlichen Befugnisse“ zu verstehen ist. Hiervon umfasst sind unstreitig sämtliche Funktionen der Exekutive soweit es sich hierbei um solche der Eingriffsverwaltung handelt.103 Wie weit der Begriff der hoheitlichen Befugnisse über diesen 96 Ebda. 97 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 33, Rn. 55. 98 Ob sich aus dem Funktionsvorbehalt eine Pflicht zur Einflussnahme ergibt, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 105. 99 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 105. 100 BVerfG NJW 2012, 1563 (1564). 101 BVerfG NJW 2012, 1563 (1564). 102 BVerfG NJW 2012, 1563 (1564). 103 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 33, Rn. 56; M.  Jachmann-Michel / A. -B.  Kaiser, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  33, Rn.  31.

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engen Bedeutungsgehalt hinausgeht, ist nicht abschließend geklärt.104 Allerdings erinnert Badura105 daran, dass die Reichweite hoheitlicher Befugnisse durch die Ratio des Funktionsvorbehaltes geprägt werde: „Entscheidungen und Regelungen, die für die grundrechtliche Gewährleistung der Freiheit, die sozialstaatliche Teilhabe und den rechtsstaatlichen Vollzug der Gesetze wesentlich sind, bedürfen der spezifischen personellen Garantie, die durch den Funktionsvorbehalt angestrebt wird.“

Zugleich macht er aber deutlich, dass aufgrund des Merkmals „Befugnisse“ nicht der gesamte Bereich der Aufgaben öffentlicher Verwaltung dem Vorbehalt unterliegen soll.106 Ob aber auch die Leistungsverwaltung, der auch die (konkurrenz-)wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden zuzuordnen ist,107 dem Beamtenvorbehalt unterfällt, wird unterschiedlich beurteilt. Hierbei ist die Meinungslandschaft überaus zersplittert. Insoweit wird vertreten, dass die Leistungsverwaltung generell vom Vorbehalt ausgeklammert oder aber generell einbezogen sein soll.108 Des Weiteren werden zur Bestimmung unterschiedliche Kriterien herangezogen. So wird teilweise auf die Rechtsform des Verwaltungshandelns, das Bestehen eines Subordinationsverhältnisses, die Bedeutung der jeweils wahrzunehmenden Aufgabe oder deren Grundrechtsrelevanz abgestellt.109 Traditionell wird der Begriff „hoheitsrechtlich“ aufgrund der „Wandlung von Struktur und Funktion öffentlicher Verwaltung seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes jedoch extensiv interpretiert“110. Hiernach ist unter „Ausübung hoheitliche Befugnisse“ die „obrigkeitliche Tätigkeit zuzüglich aller Funktionen öffentlicher Verwaltung, einschließlich der Leistungsverwaltung, ausgenommen die reine Fiskalverwaltung, die privatrechtlichen Beschaffungsgeschäfte der öffentlichen Verwaltung, die erwerbswirtschaftliche Betätigung111 der öffentlichen Hand sowie rein mechanische Hilfsgeschäfte“112 104 Vgl. Battis, in: Sachs GG Kommentar, Art. 33, Rn. 55. 105 Badura, Staatsrecht, D. 102, S. 452. 106 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 33, Rn. 56. 107 Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20, Rn. 119; Huber, Konkurrentenschutz im Verwaltungsrecht, S. 313; Badura, ZHR 146 (1982), 448 (449). 108 Systematisch darstellend Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 25. 109 Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 24–28; M.  Jachmann-Michel /  A.-B. Kaiser, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 33, Rn. 31, jeweils m. w. N. 110 Battis, in: Sachs GG Kommentar, Art. 33, Rn. 55 mit Verweis u. a. auf BVerwGE 34, 125 (126). 111 Gemeint ist die Verwendung privatrechtlicher Handlungs- und Organisationsformen primär zur Gewinnerzielung. Wirtschaftliche Betätigungen der Gemeinden, die keinen öffentlichen Zweck verfolgen, sind mit Blick auf § 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW unzulässig, OVG Münster, NZV 2005, 218 (218); OLG Hamm NJW 1998, 3504 (3504 f.). Nur dann, wenn es sich um eine Gewinnmitnahme durch Randnutzungen oder Hilfsbetriebe zur Deckung des Eigenbedarfs (§ 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 GO NRW) handelt, wird aus haushaltsrechtlichen Gründen (Ausschöpfung bestehender Verwaltungsressourcen) bereits das Vorliegen wirtschaftlicher Betätigung verneint, Stober, in: Wolff / Bachof / Stober / K luth, Verwaltungsrecht Bd.  1, § 23, Rn.  23. 112 So ausdrücklich Battis, in: Sachs GG Kommentar, Art. 33, Rn. 55; Hense, in: BeckOK GG, Art. 33, Rn. 28 jeweils m. w. N.

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zu verstehen. Dies zugrunde gelegt, wäre auch das Verwaltungsprivatrecht, mithin die unmittelbare Erfüllung öffentlicher Verwaltungsaufgaben in der Rechtsform des Privatrechts113, vom Funktionsvorbehalt erfasst. Dies jedenfalls dann, wenn mit dem Verwaltungshandeln ein – der Leistungsverwaltung insoweit regelmäßig immanenter – öffentlicher Zweck erfüllt würde.114 Im Ergebnis sprechen für die Einbeziehung der gesamten Leistungsverwaltung – unabhängig von der Rechtsform, in welcher die Verwaltung handelt – die besseren Argumente115: Die pauschale Herausnahme der gesamten Leistungsverwaltung aus dem Funktionsvorbehalt ist bereits deshalb abzulehnen, weil es „je nach Standort und Betrachtungsweise“116 nicht immer möglich sein wird, Eingriffs- und Leitungsverwaltung scharf voneinander zu trennen. So kann auch die Leistungsverwaltung nicht völlig auf Mittel des Zwangs verzichten. Daher eigne sich diese „eher soziologische Unterscheidung von Leistungs- und Eingriffsverwaltung“117 nicht zur Einordnung der Handlungen der Verwaltung. Die formale Differenzierung nach der Rechtsform des Verwaltungshandelns ist ebenso unsicher wie unzweckmäßig.118 So verweist auch Lecheler zu Recht darauf, dass bereits die prozessuale Frage nach dem Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit bei § 40 VwGO bzw. § 13 GVG nur beschränkt anhand der Rechtsform beantwortet werden kann. Dies gelte auch für das Staatshaftungsrecht, wo auf den Verwaltungszweck und nicht auf die gewählte Rechtsform bei der „Ausübung des öffentlichen Amtes“ abgestellt werde.119 Es ist zu bedauern, dass das BVerfG die Frage nach der Reichweite hoheitlicher Befugnisse nicht abschließend geklärt hat.120 Allerdings hat es bereits in einer frühen Entscheidung sein extensives Verständnis vom Begriff „hoheitsrechtlich“ betont und diesen Begriff mit dem allgemein gebräuchlichen Begriff „hoheitlich“ gleichgesetzt. Daher darf angenommen werden, dass auch das BVerfG von einem 113 Mauerer bezeichnet es als „das öffentlich-rechtlich überlagerte und gebundene Privatrecht, das der Verwaltung bei der Wahrnehmung ihrer Verwaltungsaufgaben zur Verfügung steht“, Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 3, Rn. 26 mit Verweis auf den grundlegenden Beitrag von Wolff, Verwaltungsrecht I, 2. Auflage 1958, § 23 I b); vgl. auch Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 24. 114 So Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 28, der darauf hinweist, dass der Beamtenvorbehalt insoweit entfällt, wenn und soweit mit dem Verwaltungshandeln kein öffentlicher Zweck erfüllt wird. Dies dürfte bei der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde jedoch nicht denkbar sein, weil das Wirtschaften wie bereits dargestellt kein Selbstzeck ist. 115 So auch BVerwGE 41, 195 (196): „Auch die privatrechtliche Betätigung des Staates ist jedenfalls dann als Daseinsvorsorge der öffentlichen Verwaltung, also der vollziehenden Gewalt […] zuzurechnen, wenn sie vorwiegend dem verfassungsrechtlichen Ziel der Sozialstaatlichkeit dient und in öffentlich-rechtlicher Organisation durchgeführt wird.“ 116 Hense, in: BeckOK GG, Art. 33, Rn. 28. 117 Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 26. 118 BVerwGE 41, 195 (196). 119 Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 27. 120 BVerfG NJW 2012, 1563 (1565).

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extensiven Begriffsverständnis ausgehend auch die Leistungsverwaltung, somit auch die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde,121 dem Funktionsvorbehalt unterstellt. Auch das BVerwG hat bereits in einer frühen Entscheidung zwischen der „schlichten“ Verwaltung einerseits und der Eingriffsverwaltung sowie der Daseinsvorsorge als Teilbereich der Leistungsverwaltung andererseits unterschieden.122 Hierbei bezeichnet das Gericht die nichthoheitliche Tätigkeit des Staates als „schlichte“ Verwaltung. Eingriffsverwaltung und Daseinsvorsorge stellen hingegen eine dem Beamtenvorbehalt unterfallende hoheitliche Verwaltung dar.123 Insbesondere ist die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand jedenfalls dann der Leistungsverwaltung zuzuordnen, wenn – neben etwaiger Gewinnerzielungsabsicht – die Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe den Unternehmenszweck darstellt.124 Der Begriff des Hoheitsrechtlichen umfasst daher über die Eingriffsverwaltung hinaus auch die „daseinsvorsorgende Leistungsverwaltung“125, mithin auch die kommunale Wirtschafts­betätigung zur Erfüllung eines bestimmten öffentlichen Zwecks. Ob die Leistungsverwaltung in öffentlich-rechtlicher Organisationsform erfolgt, ist dabei nicht von Bedeutung. Dies gilt jedenfalls für all jene Aufgabenbereiche, denen eine besondere Grundrechtsrelevanz des staatlichen Handelns zugesprochen werden kann.126 In diesem Fall ist es aufgrund des belastenden Charakters erforderlich und geboten, dass die Aufgaben durch Beamte unabhängig von der Organisationsform erledigt werden. Bedient sich daher die Gemeinde im Rahmen der formellen Privatisierung den Formen des Zivilrechts, verlangt der Funktionsvorbehalt, dass in diesem Aufgabenkreis ein bestimmender Einfluss der Gemeinde sichergestellt ist. Dies ist jedenfalls dann gewährleistet, wenn wesentliche Entscheidungen durch Beamte getroffen werden.127 Allerdings kann dies kein Mindestmaßstab sein. Denn Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse können bereits durch die reine Anteilsmehrheit der öffentlichen Hand erreicht werden.128 Maßgeblich ist somit nicht, ob die konkrete Entscheidung durch einen Beamten getroffen wird, sondern ob im Rahmen der gesamten kommunalen Aufgabenwahr 121 Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20, Rn. 119; Badura, ZHR 146 (1982), 448 (449, 451 f.); Huber, Konkurrentenschutz im Verwaltungsrecht, S. 311. 122 Zur Daseinsvorsorge als Teilbereich der Leistungsverwaltung, Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 1, Rn. 17. 123 BVerwGE 34, 123 (126); 37, 192 (196); Lecheler, in: Handbuch des Staatsrechts V, § 110, Rn. 29. 124 Vgl. bereits Badura, ZHR 146 (1982), 448 (452), der erwerbswirtschaftliches Handeln dann der Leistungsverwaltung zuordnet, wenn das Unternehmen neben einer Gewinnerzielungsabsicht zwingend die Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe als Unternehmens- oder Anstaltszweck verankert hat. 125 Battis, in: Sachs GG Kommentar, Art. 33, Rn. 57. 126 So i. E. auch BVerfG NJW 2012, 1563 (1566); für diese Einschränkung auch Hense, in: BeckOK GG, Art. 33, Rn. 28; Jarass / Pieroth, in: dies., Art. 33 GG, Rn. 41; Hippeli, DVBl. 2014, 1281 (1284). 127 Vgl. M. Jachmann-Michel / A. -B. Kaiser, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 33, Rn. 38. 128 VerfGH Berlin DVBl. 2000, 51 (52).

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nehmung in Privatrechtsform das besondere beamtenspezifische Niveau gewahrt und die Funktionsfähigkeit sowie die rechtliche Integrität der öffentlichen Hand einschließlich der Kontinuität der Erfüllung öffentlicher Aufgaben sichergestellt ist.129 Es handelt sich nämlich um eine Zielvorgabe, welche die Art und Weise der Kontrolleinrichtung den Kommunen anheimstellt. Die Gemeinde trifft aus Art. 33 Abs. 4 GG mithin die Pflicht, auf ihre Eigen- sowie Beteiligungsgesellschaften einzuwirken, soweit die konkrete wirtschaftliche Betätigung des kommunalen Unternehmens von der Ratio des Funktionsvorbehaltes abweicht oder abzuweichen droht.130 Daher ergibt sich aus dem Vorbehalt weder das Verbot öffentliche Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform zu erledigen131 noch ist es erforderlich, dass im Rahmen der organisatorischen Entscheidungsfindung allein Beamte beteiligt sind. Im Rahmen eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses lässt die Verfassung vielmehr eine Leistungserbringung durch Nichtbeamte zu, soweit sachliche Gründe dies rechtfertigen.132 Dies ist bereits dann der Fall, wenn Nichtbeamte für die konkrete Aufgabe fachlich besser geeignet sind und aufgrund ihres häufig spezialisierten Wissens auch bei rechtlich, wirtschaftlich oder technisch komplexen Sachverhalten, eine weitaus effizientere Leistung erbringen. Neben diesem persönlichen Qualitätsargument hat das BVerfG auch die Vorzüge von im Verbund gefassten Maßregelvollzugseinrichtungen in der Rechtsform der gemeinnützigen GmbH betont und hierbei ausdrücklich auf die „Synergieeffekte sowie verbesserte Personalgewinnungs-, Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten hingewiesen, [die] gerade der Qualität des Maßregelvollzuges zugute kommen“.133 Darüber hinaus wurde bereits dargestellt, dass die umfangreichen Aufgaben der kommunalen Unternehmen durch juristische Personen des Privatrechts dynamischer, wirtschaftlicher und zeitgemäßer erfüllt werden. Hier sei insbesondere an die höhere wirtschaftliche Flexibilität und insbesondere der freieren, leistungs 129 Hierin sieht Brosius-Gersdorf den Sinn des Beamtenvorbehaltes schlechthin, BrosiusGersdorf, in: Dreier GG Kommentar, Art. 33, Rn. 154. 130 Dieses Verständnis von einer einzelfallabhängigen Kontrolle zur Sicherung etwa der Funktionsfähigkeit und rechtlichen Integrität des Staates, legt auch Brosius-Gersdorf,  in: Dreier GG Kommentar, Art. 33, Rn. 154 zugrunde. 131 Dass dem – vorbehaltlich des Funktionsvorbehalts – keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegengehalten werden können, sieht das BVerfG als selbstverständlich an, NJW 2012, 1563 (1564). Zur Begründung der Statthaftigkeit der formellen Privatisierung kann indes der bis 2009 häufig bemühte Verweis auf Art. 87d Abs.1 Satz 2 GG nicht (mehr) vorgebracht werden, vgl. noch Scholz, NJW 1997, 14 (15); M. Jachmann-Michel / A. -B. Kaiser, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 33, Rn. 38. m. w. N. Denn die anfänglichen Bestrebungen mit der Grundgesetzänderung vom 17.07.1992 eine formelle Privatisierung verfassungsrechtlich zu ermöglichen, endeten in der Neufassung des Art. 87d GG (Gesetz vom 29.07.2009, BGBl. I S. 2247), wobei die organisatorische Wahlfreiheit in Abs. 1 Satz 2 gestrichen wurde. Vgl. zur historischen Entwicklung und den einfachgesetzlichen (Luftverkehrsgesetz) Verstrickungen, die zur Ausfertigungsverweigerung der Bundespräsidenten von Weizäcker und Köhler geführt haben, Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, Art.  87d, Rn.  1. 132 BVerfG NJW 2012, 1563 (1566); hierauf weist bereits Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 117 hin. 133 BVerfG NJW 2012, 1563 (1566).

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orientierten Personalpolitik verwiesen.134 Diese Argumente rechtfertigen mithin die leistungsverwaltende Tätigkeit durch Nichtbeamte. Nach alledem lassen sich aus Art. 33 Abs. 4 GG im Hinblick auf die Ingerenzverpflichtung der Gemeinde zwei wesentliche Vorgaben entnehmen. Zum Ersten hat die Kommune darauf hinzuwirken und gewährleisten, dass die Ratio des Funktionsvorbehaltes erhalten bleibt. Dies gelingt ihr dadurch, dass sie bei ihrer Aufgabenwahrnehmung dem besonderen beamtenspezifischen Niveau gebührend Rechnung trägt und die Funktionsfähigkeit sowie die rechtliche Integrität der öffentlichen Hand hinreichend beachtet.135 Dies gilt insbesondere für Aufgaben mit besonderer Grundrechtsrelevanz. Zum Zweiten hat sie eine ständige Kontrolle der sachlichen Rechtfertigungsgründe sicherzustellen. Bezogen auf die kommunale Wirtschaftsbetätigung im Rahmen der „daseinsvorsorgenden Leistungsverwaltung“136 bedeutet dies insbesondere die Sicherstellung der Kontinuität öffentlicher Aufgabenerfüllung. ee) Ingerenzverpflichtung aus etwaiger Pflicht gemeindlicher Selbstverwaltung? Bereits mehrfach und in jeweils unterschiedlichem Gewand ist auf die Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen nach Art. 28 Abs. 2 GG eingegangen worden. So gemeindewirtschaftsspezifisch das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen auch dargestellt worden ist, so wenig Aufmerksamkeit ist der Frage nach einer hieraus korrespondierenden Selbstverwaltungspflicht gewidmet worden. Richtig ist zunächst, dass es sich um die Aufrechterhaltung einer bereits erfolgten Aufgabenerfüllung oder die Sicherung eines Mindeststandards kommunaler Gemeinwohlbetätigung handeln muss.137 Denn unabhängig davon inwieweit dem Selbstverwaltungsrecht eine Dimension der Pflichtigkeit zugesprochen werden kann, darf sie keineswegs als ein subjektives Recht der kommunalen Bürgerschaft verstanden werden, um die Kommune zum Gebrauch ihres Selbstverwaltungsrechtes anzuhalten.138 Daher ist es erforderlich, dass die Gemeinwohlbetätigung der Kommune bereits akut ist. Dies vorweggenommen, weist Katz darauf hin, dass Art. 28 Abs. 2 GG auch eine staatstragende Organisations- und Kompetenzvorschrift sei, welche als zuständigkeitsleitende Verfassungsnorm strukturelle und organisatorische Rechte und Verantwortlichkeiten festlege, derer sich Kommunen als Teil des Staatganzen nicht durch Verzicht entledigen könnten.139 Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen. So hat auch das BVerwG in seiner vielbeachteten „Offenbacher Weih-

134 Hierauf weist auch Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 119 hin; vgl. hierzu die dargestellten Motive im zweiten Teil unter B. 135 Vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier GG Kommentar, Art. 33, Rn. 154. 136 Battis, in: Sachs GG Kommentar, Art. 33, Rn. 57. 137 Mehde, in: Maunz / Dürig, Art. 28, Rn. 55. 138 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 28, Rn. 62. 139 Katz, NVwZ 2010, 405 (406).

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nachtsmarkt-Entscheidung“140 geurteilt, dass sich aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1  GG auch eine Pflicht der Gemeinde zur grundsätzlichen Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes ergebe, welcher zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises gehöre. Hierbei sieht das BVerwG in dem Begriff der Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft keinen „inhaltslosen, disponiblen Begriff“, sondern interpretiert ihn vom Sinn der grundgesetzlichen Selbstverwaltungsgarantie her. Dabei betont das Gericht, dass hierdurch die jeweilige Gemeinde nicht allein vor Eingriffen durch den Bund und die Länder in dem Kernbestand ihres Aufgabenbereichs geschützt werde, sondern sich auch eine „verfassungsunmittelbare Aufgabenwahrnehmungspflicht“141 hinsichtlich der Aufrechterhaltung ihres universellen Aufgabenbestandes vorhalten lassen müsse.142 Darüber hinaus hat es auch betont, dass die Bindung der Gemeinde in Bezug auf die Aufrechterhaltung eines universellen Aufgabenbestandes jedenfalls dann strikte Geltung beanspruche, wenn die konkrete Angelegenheit in der örtlichen Gemeinschaft wurzle. Dies sei in jedem Fall bei einem Betrieb öffentlicher Einrichtungen mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund anzunehmen. Dass das BVerwG die alleinige wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde von dieser Bindung ausnimmt,143 steht dem Befund einer Ingerenzverpflichtung aus der Selbstverwaltungsgarantie nicht entgegen. Denn zum einen entledigt sich die Gemeinde bei der formellen Privatisierung ihrer ureigenen Aufgaben nicht, sondern bedient sich eines Privatrechtsubjekts, dessen Anteile sie ganz oder überwiegend besitzt. Und zum anderen sollte jenseits der konkret behandelten Frage nach den Grenzen (materieller) Privatisierung die Entscheidung des BVerwG in ihrer generellen Bedeutung für kommunale 140 BVerwG, Urteil vom 27.05.2009, NVwZ 2009, 1305. Das Gericht hat sich hierbei jedoch mit der eingriffsintensiveren materiellen Privatisierung (Weihnachtmarktausführung durch Private) auseinandergesetzt und hierin einen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG gesehen, weil die „Entledigung von Aufgaben wie traditionsreichen, kulturellen und sozialen Weihnachtsmärkten, die zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises“ gehörten, „inhaltlich zu einer unzulässigen Selbstbeschränkung der kommunalen Selbstverwaltung“ führe, BVerwG NVwZ 2009, 1305 (1307). 141 So Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 28, Rn. 62, der das Urteil des BVerwG jedoch kritisiert und darauf hinweist, dass Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein Selbstverwaltungsrecht, aber keine verfassungsunmittelbare Aufgabenwahrnehmungspflicht enthalte. Auch Winkler attestiert dem BVerwG ein „eigentümlich folkloristisches“ Urteil, das bzgl. seiner Begründung hinter „den Regeln der juristischen Kunst“ bleibt und anlasslos in seiner Tragweite über das Ziel hinausschieße. Allerdings gesteht auch er ein, dass die Selbstverwaltungsgarantie nicht nur als Recht, sondern zugleich als Pflicht der Kommunen zur Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ausgestaltet ist, Winkler JZ 2009, 1169 (1170). 142 BVerwG NVwZ 2009, 1305 (1306); Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 52; a. A. Ehlers, DVBl. 2009, 1456 (1456), der auf das Recht der Gemeinde hinweist, frei und selbstbestimmt seinen Selbstbestimmungsanspruch zu definieren. Hierbei zieht Ehlers paralle­ len zur verfassungsrechtlichen Rechtsfigur des Untermaßverbots, Ehlers, DVBl. 2009, 1456 (1456) m. w. N.; Meßmann, DÖV 2010, 726 (730), der sich im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG mit der Funktion eines Abwehrrechts der Gemeinden begnügt. 143 BVerwG NVwZ 2009, 1305 (1307).

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Aufgabenwahrnehmung in Privatrechtsform gewürdigt werden.144 Auch vor dem Hintergrund der „Renaissance des starken Staates“, der mehr Wert auf „citizenvalue“, denn „shareholder-value“145 legt und dem Bedürfnis nach Beständigkeit in einer an Schnelllebigkeit kaum zu überbietenden Wirtschaftsdynamik, ist das Bedürfnis nach weniger Markt im Staat gewachsen.146 Im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform ist die Gemeinde daher zur Gewährleistung einer funktionsfähigen Selbstverwaltung verpflichtet. Hierbei gilt es im Einzelfall noch zu ermitteln, welche Einwirkungs- und Kontrollrechte zur Sicherung der kommunalen Aufgaben bereitgestellt werden können bzw. müssen. Dabei richtet sich die Ausgestaltung der adäquaten Sicherungs- und Steuerungsmöglichkeiten danach, in welchem Maß die Gemeinwohlbelange der Gemeindeeinwohner betroffen sind. Je weiter sich die wirtschaftliche Organisation der Gemeinde an eine privatrechtlich wirtschaftsdominierte Daseinsvorsorge angleicht, desto strenger sind auch die Steuerungs-, Einfluss- und Überwachungsrechte und -pflichten auszugestalten. Beachtenswert im Zusammenhang mit der Entscheidung des BVerwG ist auch, dass es sich inhaltlich um die Ausrichtung eines Weihnachtsmarktes, mithin einer freiwilligen Gemeinwohlaufgabe widmete. Ist es aber bereits nicht zulässig sich dieser zu entledigen, so muss dem Element der Pflichtigkeit im grundrechtsrelevanten Daseinsvorsorgebetrieb eine besonders gewichtige Stellung eingeräumt werden. Zusammenfasend lässt sich resümieren, dass der Einrichtungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG neben dem Selbstverwaltungsrecht auch eine Selbstverwaltungspflicht zu entnehmen ist.147 Gemeinden sind verpflichtet den Aufgabenbestand, der zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises gehört, zu sichern und aufrechtzuerhalten. Dies gilt auch dann, 144 Hierfür plädiert auch Katz, NVwZ 2010, 405 (405); dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Daseinsvorsorge überwiegend in privatrechtlicher Organisationsform ausgestaltet ist. Die Sicherung einer funktionsfähigen Selbstverwaltung zum Schutz des örtlichen Gemeinwesens beansprucht aber in jedem Fall ein ebenso hohes Schutzniveau wie eine Tätigkeit ohne wirtschaftlichen Einschlag. Im Übrigen schließt das BVerwG lediglich die alleinige wirtschaftliche Tätigkeit von der Selbstverwaltungspflicht aus, soweit es „von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt“, BVerwG NVwZ 2009, 1305 (1307). Diese Gefahr besteht bei der Daseinsvorsorge – unabhängig von der Organisationsform – nicht. 145 Citizen Value meint hierbei Gemeinwohlorientierung, Daseinsvorsorge und nachhaltige Entwicklung der kommunalen Wirtschaft insgesamt, vgl. etwa den Citizen Value Report zur Abfallwirtschaft des Rhein-Sieg-Kreises abrufbar unter: https://www.rsag.de/fileadmin/ downloads/Nachhaltigkeit/citizen_value_report_2009_2010.pdf (abgerufen am: 20.10.2019). Hingegen bedeutet das Shareholder Value-Konzept, dass den Interessen der Aktionäre Vorrang gegenüber den Interessen sonstiger Beteiligter einzuräumen ist, um den Ertragswert des Unternehmens zu steigern, Spindler, in: MüKomm AktG, § 76, Rn. 75; Katz, NVwZ 2010, 405 (406); von einem „zentralen Experimentierfeld unterschiedlichster Experimentiermodelle“ spricht Stein, DVBl. 2010, 563 (563). 146 Katz, NVwZ 2010, 405 (406); so auch Stein, DVBl. 2010, 563 (563), die in aller Deutlichkeit betont, dass im Zuge der globalen Kapitalmarkt- bzw. Bankenkrise das „Zauberwort Privatisierung an Magie verloren“ habe. 147 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (229).

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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wenn die Kommune diese Angelegenheiten in privatrechtlicher Organisationsform erfüllt. Um dieser Verpflichtung nachkommen und eine funktionsfähige Selbstverwaltung gewährleisten zu können,148 sind den Gemeinden hinreichende Instrumente zur gehörigen Einflussnahme und adäquater Steuerung bereitzustellen.149 Hierbei richtet sich das Maß der erforderlichen Ingerenz nach der Bedeutung der konkret zu erhaltenden Selbstverwaltungsaufgabe für die Gemeinwohlbelange der Einwohner und Bürger.150 ff) Ingerenzverpflichtung aus den Grundrechten Erledigt die Verwaltung ihr obliegende öffentliche Aufgaben in den Handlungsformen des Privatrechts (Verwaltungsprivatrecht), übt sie zugleich öffentliche Gewalt aus.151 Hierdurch wird ihr gesamtes Handeln an die Grundrechte sowie insbesondere an das Willkürverbot, das Gleichheitsgebot sowie insbesondere an einfachgesetzliche Regelungen gebunden.152 In dem sensiblen Bereich der Daseins­ vorsorge führt dies dazu, dass jenseits der abwehrrechtlichen Dimension der Grundrechte, die staatlichen Schutzpflichten zur Gewährleistung der Grundrechte im Sinne eines Untermaßverbotes aktiviert werden.153 Denn gerade die Garan­tie eines angemessenen Mindeststandards des Schutzes von Rechtspositionen des Bürgers gegenüber dem Staat zeichnet den Kern dieses verfassungsrechtlichen Gebotes aus.154 Hieraus folgt, dass die Kommune dafür Sorge zu tragen hat, dass jedwede grundrechtsverletzende Betriebsführung unterbleibt.155 Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf die Grundrechte sonstiger Marktteilnehmer. Denn ihnen gegenüber folgt aus der staatlichen „Verantwortung für die Freiheitsgewährleistung 148 Dies ist dann hinreichend gesichert, wenn wesentliche Entscheidungen bei der Kommunalverwaltung verbleiben und die Kommune von materiellen Privatisierungen absieht, Winkler JZ 2009, 1169 (1171), der im Rahmen seiner Kritik, dass das BVerwG in der konkreten Entscheidung trotz der Befristung der Weihnachtsmarktausrichtung von einer materiellen Privatisierung ausgegangen ist, darauf hinweist, dass etwa eine Befristung kein hinreichendes Instrument für eine – seiner Meinung nach vorliegende – funktionale Privatisierung darstelle; Brenner, AöR 127 (2002), 222 (229); Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 126 f., der dies feststellend, erstaunlicherweise dennoch resümiert, dass aus dem Selbstverwaltungs­ prinzip keine Pflicht zur Einflussnahme gewonnen werden könne. 149 Deutlich Brenner, AöR 127 (2002), 222 (229). 150 Vgl. Brenner, AöR 127 (2002), 222 (229), der notfalls auch eine Rekommunalisierung der jeweiligen Aufgabe für geboten hält. 151 Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 1 VwVfG, Rn. 116. 152 Möstl, Grundrechtsbindung öffentlicher Wirtschaftstätigkeit, S. 73; Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 1 VwVfG, Rn.  116. 153 Ausführlich Kund, Nachwirkende Pflichten der Gemeinde, S. 165 ff., 176 f., der betont, dass die Gemeinde im Rahmen einer formellen Privatisierung verpflichtet bleibt „Grundrechtsdefizite auszugleichen“; Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 128. 154 Zum Begriff Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20, Rn. 126 mit Verweis auf BVerfGE 88, 203 (254 f., 262, 304); BVerfGE 96, 409 (412). 155 So auch Spannowsky, ZGR 1996, 400 (413).

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

eine Pflicht zur Selbstbeschränkung“156. Unzureichend ist sie jedenfalls dann, wenn die Kommune sich ein faktisches Dienstleistungsmonopol aufgebaut und in diesem Segment ein „Verdrängungswettbewerb“157 etabliert hat.158 Ein solcher Grundrechteingriff lässt sich auch nicht mehr damit rechtfertigen, dass private Unternehmen keinen generellen Schutz vor öffentlicher Wirtschaftskonkurrenz genießen.159 Vielmehr steht ihnen in diesem Fall ein Abwehranspruch gegenüber der Gemeinde unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG zu. D ­ arüber hinaus ist die Gemeinde jedoch verpflichtet, durch einzelfallorientierte Ausübung ihrer Einwirkungsrechte sicherzustellen, dass ihre vom öffentlichen Zweck geleitete Wirtschaftsbetätigung, die Rechtsgüter ihrer Gemeindeangehörigen gebührend gewährleistet. Denn vor allem dann, wenn die Grundrechte auf Leben und Gesundheit beeinträchtigt werden könnten, wird die Gemeinde zur Ingerenzausübung gegenüber den von ihr beherrschten Unternehmen in Privatrechtsform verpflichtet.160 Hierzu zählen insbesondere die Versorgung mit Trinkwasser, die Einhaltung eines ausreichenden Gesundheitsschutzes bei der Abfallentsorgung sowie bei der Energiegewinnung.161 Diese Schutzpflicht stellt – wie bereits ausgeführt – die Kehrseite der Grundrechtsgewährleistung dar. Daher trifft es zu, dass der „verfassungsrechtliche Rechtsbestand der Bürger […] auch bei der Betrauung von Eigen- oder Beteiligungsgesellschaften mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch schutzpflichtbegründende Einwirkungspflichten der Kommune gewahrt“162 werde. Ohne die Zuweisung von Ingerenzpflichten würde die Gemeinde den er 156 Spannowsky, DVBl. 1992, 1072 (1073), der die Selbstbeschränkung allerdings dergestalt verstanden wissen möchte, dass die Verwaltung in privatrechtlicher Organisationsform von zu viel Staatlichkeit absehen sollte, um die privatrechtstypischen Freiheiten nicht zu gefährden. 157 VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.03.2000 – VGH N 12/98 – juris, Rn. 23; a. A. Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1861 ff., 1864 m. w. N. der solche Schlagwörter zur Bestimmung eines Grundrechtseingriffs ablehnt und stattdessen die allgemeine Eingriffsdogmatik heranzieht. Die Annahme einer Eingriffsschwelle ab einer zu verzeichnenden „Marktverdrängung“ stelle eine allzu restriktive Grundrechtsauslegung dar und sei deshalb abzulehnen. 158 Sonder, LKV 2013, 202 (203); Katz weist hierbei richtigerweise auf unterschiedliche Szenarien mit Grundrechtsrelevanz hin. So nennt er „die erdrosselnde Wirkung“, welche die Freiheit der Privaten „in unerträglichem Maße“ einschränke ebenso, wie die Fälle der „Auszehrung der Konkurrenz“ und „Begründung einer Monopolstellung“, Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 48, Rn. 71 m. w. N.; Hellermann, in: Dietlein / ders., § 2, Rn. 334; insgesamt ablehnend Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1861 ff., 1864 m. w. N. der sich zur Bestimmung eines Grundrechtseingriffs von solchen Schlagwörtern entfernt und stattdessen die allgemeine Eingriffsdogmatik heranzieht. Zwar sei zur Qualifizierung einer konkreten wirtschaftlichen Betätigung des Staates auf die Belastungsintensität der Maßnahme abzustellen. Die Annahme eines Eingriffs ab der Schwelle zur „Marktverdrängung“ stelle indes eine allzu restriktive Grundrechtsauslegung dar und sei deshalb abzulehnen. 159 Vgl. hierzu bereits oben zweiter Teil, B. I. 3. 160 Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 128. 161 Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 128; vgl. auch die Ausführungen bezogen auf „Grundrechtsbezogene Schutzpflichten, Einwirkungspflichten und Einwirkungsbefugnisse [der Gemeinden]“, Brüggemeier / Damm, Kommunale Einwirkung auf gemischtwirtschaftliche Energieversorgungsunternehmen, S. 49 ff. 162 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (231).

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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forderlichen Grundrechtsschutz weder gegenüber ihren Einwohnern und Bürgern noch den privaten Unternehmen, die sich im gleichen Marktsegment wirtschaftlich betätigen, hinreichend gewährleisten können. Hierdurch wird deutlich, dass erst die angemessene Ausstattung der Gemeinde mit Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten gegenüber ihren oder den von ihnen beherrschten privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen eine wirtschaftliche Marktteilnahme ermöglicht. gg) Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme Schließlich könnte das Erfordernis kommunaler Ingerenz aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme hergeleitet werden.163 Dies ist insbesondere in Fällen denkbar, in denen kommunale Unternehmen einer Gemeinde in Konkurrenz zu der wirtschaftlichen Betätigung eines anderen Hoheitsträgers treten und hierbei die Wahrnehmung seiner öffentlichen Aufgabe behindern.164 Gerade dies soll durch die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Hoheitsträgern verhindert werden.165 Allerdings ist fraglich, woraus eine solche Rücksichtnahmeverpflichtung im Verhältnis der Hoheitsträger untereinander hergeleitet werden kann. Vielversprechend erscheint der Rückgriff auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens (Bundestreue). Die Bundestreue ist hierbei weit mehr als ein Schlagwort. Sie prägt nämlich „die Beziehungen der in einem bundesstaatlichen Kompetenzgefüge stehenden Hoheitsträger“166 und darf daher als Konkretisierung des Bundesstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG verstanden werden.167 Hiernach sind sowohl der Bund als auch jedes Land zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zum Zusammenwirken verpflichtet. Dabei sind nicht nur die Länder gegenüber dem Bund, sondern „auch umgekehrt der Bund gegenüber den Ländern und die Länder untereinander“ zur Kooperation, Abstimmung und einem rücksichtsvollen Verhalten verpflichtet.168 Hierbei begründet und begrenzt die Bundestreue die Rechte und Pflichten innerhalb eines bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen den Hoheitsträgern169 und könnte deshalb auch zur Definition der Rechtsbeziehung zwischen Gemeinden und anderen Hoheitsträgern herangezogen werden. Allerdings ist umstritten, ob der Grundsatz der Bundestreue auf Gemeinden anwendbar ist. Zum Teil wird die Anwendung des Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Gemeinden nicht unmittelbar am 163 So Brenner, AöR 127 (2002), 222 (231). 164 Kompetenzen begrenzten die Zulässigkeit unternehmerischer Betätigung der Gemeinden auch territorial, vgl. Dietlein auf der 15. Rheinischen Gesellschaftsrechtskonferenz am 14.05.2019 in Düsseldorf, Berichterstattung durch Albers, AG 2019, R183 (R184). 165 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (231). 166 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (231). 167 Huster / Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 36. 168 Vgl. BVerwG NJW 1990, 266 (266 f.); Huster / Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 36. 169 Auf das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Länder hinweisend, Grzeszick, in: Maunz / ​ Dürig, Art. 20 GG, Rn. 122 mit Verweis auf BVerfGE 13, 54 LS 3, 75 f.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Bundesstaatsrechtsverhältnis beteiligt sind.170 Das BVerwG hat diese Rechtsfrage indes anders bewertet. Nach Auffassung des Gerichts ist jeder Träger öffentlicher Verwaltung an den im Bundesstaatsprinzip verankerten Grundsatz der Bundestreue und die daraus folgende Pflicht staatlicher Organe zu gemeinschaftsfreundlichem Verhalten gebunden.171 Unter dieser Bindung versteht das BVerwG172 die Verpflichtung des Hoheitsträgers „im Interesse einer funktionierenden gesamtstaatlichen Ordnung nicht nur die Tätigkeit anderer Verwaltungseinrichtungen nicht zu behindern, sondern mit diesen zusammenzuarbeiten, soweit es die Erfüllung der eigenen Aufgaben zulässt.“

Diese Auffassung überzeugt. Denn der Einwand, das Prinzip der Bundestreue gelte ausschließlich für das Bund-Länder-Verhältnis übersieht, dass das Grundgesetz die Gemeinden durchweg als Teile der Länder behandelt und das BVerfG die Kommunen „ausschließlich dem Verfassungsbereich der Länder zugeordnet“ hat.173 Zu Recht wird im Wege einer systematischen Auslegung vorgebracht, dass es kein Zufall sei, dass die Selbstverwaltungsgarantie im Verfassungsabschnitt „Der Bund und die Länder“ verankert und „im unmittelbaren Regelungszusammenhang mit der verfassungsmäßigen Ordnung in den Ländern (Art. 28 Abs. 1 GG) geregelt worden ist.174 Darüber hinaus gehört das Kommunalrecht zur inneren Ordnung der Länder und unterliegt somit der Landegesetzgebung.175 Diese Verzahnung verdeutlicht in besonderer Weise, dass Gemeinden Teile der Landesstaatsgewalt sind und deshalb primär in die Verfassungs- und Rechtsordnung der Länder zu verorten sind.176 Dass der Grundsatz der Bundestreue lediglich im unmittelbaren Bundesstaatsrechtsverhältnis Anwendung finde, überzeugt deshalb nicht. Somit sind Hoheitsträger, mithin auch Gemeinden im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung gehalten, sich mit der nachteilig beeinträchtigten Gemeinde abzustimmen, ihre Maßnahme zu koordinieren und nötigenfalls auf das von ihr beherrschte Gemeindeunternehmen „zügelnd einzuwirken“.177 Diese Ingerenzpflicht gilt unabhängig davon, ob sich die Gemeinde in öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Organisationsformen betätigt.178

170 Bauer, in: Dreier GG Kommentar, Art. 20, Rn. 47; allerdings ohne Begründung Pieroth, in: Jarass / ders., Art. 20 GG, Rn. 27. 171 BVerwG NJW 1990, 266 (266). 172 BVerwG NJW 1990, 266 (266). 173 BVerfGE 39, 96 (109); Meßerschmidt, Die Verwaltung 23 (1990), S. 425 (438). 174 Meßerschmidt, Die Verwaltung 23 (1990), S. 425 (438 f.). 175 Meßerschmidt, Die Verwaltung 23 (1990), S. 425 (439). 176 Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28 GG, Rn. 21 auch unter Hinweis auf die Finanzverfassung des Grundgesetzes. 177 Vgl. Spannowsky, DVBl. 1992, 1072 (1075), mit Verweis u. a. auf OVG Münster, dass die Gemeinden im Falle nachteiliger Planung zu einer „Lastenkommunikation“ verpflichtet OVG Münster NVwZ-RR 1988, 11 (12). 178 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (231).

B. Die Entwicklung gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten  

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c) Zusammenfassung Obgleich es den Kommunen gestattet ist, sich wirtschaftlich zu betätigen und hierzu die Organisationsform grundsätzlich frei zu wählen, geben die Vorschriften der GO NRW den Rahmen zulässiger Unternehmensaktivität vor. Hiervon kann nur dann gesprochen werden, wenn den Gemeinden insbesondere in Ansehung des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW ein hinreichender Einfluss auf die von ihnen gegründeten oder mehrheitlich gehaltenen juristischen Personen des privaten Rechts zugesprochen werden kann, um hierdurch den Gemeinwohlbezug ihres wirtschaftlichen Handelns abzusichern und darüber hinaus zu fördern. Diese Verpflichtung wird vom Begriff der Ingerenz erfasst, der nicht mit den Begriffen der „Aufsicht“ oder „Wirtschaftsaufsicht“ verwechselt werden darf. Während „Aufsicht“ die Kontrolle einer höheren Instanz des Staates über eine untergeordnete Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts meint,179 handelt es sich bei der „Wirtschaftsaufsicht“ um eine staatliche Tätigkeit, welche die selbstverantwortliche Teilnahme am privatwirtschaftlichen Verkehr mit den dafür vorgesehenen Rechtsregeln in Einklang zu bringen sucht.180 Ingerenz umschreibt hingegen die Verpflichtung, dergestalt auf gemeindliche Unternehmen und Einrichtungen einzuwirken, dass die wirtschaftliche Betätigung gerechtfertigt erscheint. Weil dies aber nur dann angenommen werden kann, wenn hierdurch ein öffentlicher Zweck verfolgt wird, lässt sich Ingerenz als Sicherstellung dieses Ziels im Rahmen kommunalwirtschaftlicher Unternehmung begreifen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Garantenpflicht im engeren (strafrechtlichen) Sinne, weil sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW bereits ausdrücklich eine Rechtspflicht ergibt und es einer rechtsdogmatischen Herleitung nicht bedarf. Dennoch ist es unschädlich von einer Garantenpflicht zu sprechen, soweit es sich lediglich um die Umschreibung der bereits normierten Rechtsplicht, mithin um eine Garantenpflicht im weiteren Sinne handelt. Ein Moment der Pflichtigkeit entspringt auch der gemeindlichen Selbstverwaltung schlechthin. Mit dem Gebrauch von privatrechtlichen Hilfs­ instrumenten zur Erfüllung von Aufgaben in ihrem örtlichen Wirkungskreis ist zugleich die Pflicht zur Steuerung und Kontrolle verbunden. In diesem Zusammenhang lassen sich hoheitliche Ingerenzen auch aus der öffentlich-rechtlichen Natur des Verwaltungshandelns abschöpfen, weil sich die Einflussnahmeverpflichtung als unmittelbare Folge der Indienstnahme privatrechtlicher Organisationsformen darstellt und sich die Exekutive tatsächlich als „arbeitende Staatsidee“181 zur Wahrung des Rechts etabliert bzw. etablieren muss. Schließlich ergeben sich Steuerungs- und Kontrollpflichten gleich vielfach aus Verfassungsprinzipien sowie aus den Grundrechten. Letztere entfalten ihren Schutzschirm zunächst in Gestalt des Übermaßverbotes zu Lasten etwaiger Marktteilnehmer. Allerdings werden die Grundrechte auch in ihrer Dimension des Untermaßverbotes aktiviert, weil die

179

Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (207, 211); Püttner, DVBl. 1975, 353 (355). Hecker, Marktoptimierende Wirtschaftsaufsicht, S. 9. 181 Püttner, DVBl. 1975, 353 (355). 180

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Verwaltung sicherzustellen hat, dass trotz ihrer wirtschaftlichen Betätigung der Schutz der Rechtsgüter ihrer Gemeindeangehörigen und etwaigen privaten Unternehmen gebührend gewährleistet werden. Werden Grundrechte gewährt, müssen sie nämlich auch angemessen geschützt werden. Darüber hinaus ergibt sich nach vorzugswürdiger Auffassung auch aus dem Recht zur Selbstverwaltung eine Pflicht zur selbigen. Hierzu muss sich die Gemeindeverwaltung ingerenzangemessene Instrumente beschaffen, um sich trotz genuin marktwirtschaftlicher Reize, auf die öffentlichen Daseinsvorsorge als Kernelement kommunalen Wirkungskreises ausrichten zu können. Sodann ergibt sich eine Ingerenzverpflichtung zur Sicherung der gegenseitigen Rücksichtnahme der Gemeinden untereinander, weil „die Beziehungen der in einem bundesstaatlichen Kompetenzgefüge stehenden Hoheitsträger“182 hierdurch geprägt werden und den Kommunen steuernde Elemente zur Verfügung stehen müssen, um ein allzu aggressives, die gemeindlichen Interessen beeinträchtigendes Verhalten mäßigen zu können. Schließlich sind Ingerenzpflichten auch dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG abzuleiten, weil die Kommune sicherzustellen hat, dass die Ratio des Funktionsvorbehaltes trotz Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform erhalten bleibt.

C. Pflichtenbindung gemeindlicher Vertreter Nachdem die Ingerenzpflicht der Gemeinde gegenüber ihren Einrichtungen und mehrheitlich gehaltenen Unternehmen dargestellt werden konnte, soll nachfolgend die Pflichtenbindung der Gemeindevertreter in den Organen privatrechtlicher Organisationen als Kehrseite der kommunalen Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung näher untersucht werden. Hierbei soll die Frage geklärt werden, woraus sich, im Kontext gemeindlicher Wirtschaftsbetätigung, verhaltenssteuernde Bindungen der Gemeindevertreter ableiten lassen und wie dies – vor dem Hintergrund des auch zugunsten des Ratsvertreters geltenden Grundsatzes des freien Mandats183 – gerechtfertigt werden kann. Erlaubt sei an dieser Stelle die These, dass die Reichweite ihrer Pflichtenbindungen nur differenziert unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung des Ratsmitglieds im Gemeinderat und seinem Status als gemeindlicher Vertreter in den jeweiligen Organen des privatrechtlich organisierten kommunalen Unternehmens beantwortet werden kann.



182 183

Brenner, AöR 127 (2002), 222 (231). Sie nur Frenzen, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 43, Rn. 5.

C. Pflichtenbindung gemeindlicher Vertreter  

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I. Beschränkbarkeit des freien Mandats der Gemeindevertreter Ratsmitglieder184 sind gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW verpflichtet, in ihrer Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung zu handeln, wobei sie an Aufträge nicht gebunden sind. Hierbei übten sie weder eine ehrenamtliche Tätigkeit noch ein Ehrenamt gemäß § 28 GO NRW aus, sondern wirkten vielmehr als politische Repräsentanten der Bürgerschaft im Gemeinderat mit.185 Dies ergibt sich bereits daraus, dass gemäß § 43 Abs. 2 GO NRW die Pflichtenregelungen zur ehren­ amtlichen Tätigkeit oder dem Ehrenamt gemäß §§ 30–32 GO NRW lediglich entsprechend und zugleich unter bestimmten Maßgaben anwendbar sind.186 Einigkeit besteht auch insoweit als diese gesetzlich gewährte Entscheidungsfreiheit, weder durch vertragliche Abmachungen noch durch Einflussnahme der politischen Parteien eingeengt werden darf. Die Wehrhaftigkeit des freien Mandats zeige sich auch gegenüber den politischen Parteien oder den Wählergruppen, welche die Ratsmitglieder ebenso wenig wie die Fraktionen zum sog. Fraktionszwang verpflichten könnten. Vielmehr sei es ihnen gestattet allein nach ihrer freien Überzeugung, welche sich ausschließlich nach dem öffentlichen Wohl richten darf, zu handeln.187 So richtig diese Aussagen sind, so sehr beschränken sie sich auf die rechtliche Stellung der Ratsmitglieder im innerorganisatorischen Geschehen des Gemeinderats, in welchen sie infolge allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den Gemeindebürgern gewählt worden sind, §§ 21 Abs. 2, 42 Abs. 1 GO NRW. Allerdings wird dieses freie Mandat, das als Kernelement effektiver Gemeindevertretung bezeichnet werden darf, dann eingeschränkt, wenn Ratsmitglieder nicht als Vertreter des Gemeindevolkes, sondern gemäß § 113 Abs. 1 GO NRW als Vertreter des Gemeinderates etwa in Gesellschafterversammlungen, Aufsichtsräten oder entsprechenden Organen von juristischen Personen oder Personenvereinigungen an denen die Gemeinde beteiligt ist, bestellt werden.188 In diesem Fall ist der Gemeinderatsvertreter verpflichtet, die Interessen der Gemeinde, die sich im (Weisungs-)Beschluss des Rates und seiner Ausschüsse manifestieren, in pflichtbewusstem Gehorsam umzusetzen. Insoweit kann der Rat jederzeit und

184 Durch das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vom 09.10.2007 wurde der Begriff „Mitglied des Rates“ durch „Ratsmitglied“ ersetzt. Dies ist auf die Gesetzesänderung in § 40 Abs. 2 Satz 2 GO NRW zurückzuführen, wonach der Bürgermeister „Mitglied des Rates“ ist, sich § 43 GO NRW jedoch ausschließlich auf „Ratsmitglieder“ bezieht, vgl. Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 43, S. 2. 185 Zustimmungswürdig Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 43, S. 5, 7.  186 Vgl. Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 43, S. 7. 187 Wansleben, in: Held / Winkel, § 43 GO NRW, S. 225; Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 43, S. 3. 188 Zur Vertretung des Gemeinderates vgl. noch ausführlich unter D: Die Pflicht zur Vertretung der Gemeinde – Kontrollbegehren und Konfliktquelle.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

umfassend das Abstimmungsverhalten der Vertreter bestimmen.189 Dies gilt auch dann, wenn zwei oder mehr Vertreter im Wege der Verhältniswahl gewählt worden sind. Die Weisungen des Rates oder der Ausschüsse, die in der Regel durch Beschluss gemäß § 50 Abs. 1 GO NRW festgelegt werden,190 binden auch diejenigen gemeindlichen Vertreter, die der überstimmten Minderheit angehören.191 Nachdem über einen Antrag oder Beschlussvorschlag abgestimmt worden ist, sind mit Stimmenmehrheit gefasste Beschlüsse nämlich für die gesamte Gemeindevertretung, mithin auch für die unterlegene Opposition verbindlich. Diesen Ratsbeschluss darf der gemeindliche Vertreter nicht hinterfragen. Insoweit kann der Rat das Abstimmungsverhalten des Gemeindevertreters auch dann bestimmen, wenn die Weisung nicht mit der Überzeugung des gemeindlichen Vertreters übereinstimmt.192 Daher stellt das VG Köln193 im Hinblick auf das Innenverhältnis194 zwischen Gemeindeorgan und seinem Vertreter fest: „Die Ratsmitglieder werden als Vertreter der Gemeinde in den Aufsichtsrat entsandt und repräsentieren die Gemeinde im Aufsichtsrat. Sie haben kein eigenes freies Mandat, sondern werden vom Rat entsandt, um die Interessen der Gemeinde zu verfolgen. Ihr Interesse und ihren Willen bildet die Gemeinde durch den Rat als Gesamtorgan. Diesen Willen hat das entsandte Ratsmitglied auszuführen; eine eigenständige Entscheidungskompetenz kommt ihm dabei nicht zu.“

Diese Ausführungen machen deutlich, dass das freie Mandat gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW nur im Verhältnis zwischen Ratsmitglied und dem Gemeindevolk besteht. Soweit die Gemeinderatsmitglieder darüber hinaus das Gemeindeorgan Rat vertreten, steht ihnen diese Unabhängigkeit nicht zu. Doch ist es zulässig, das grundsätzlich bestehende freie Mandat, mit Entsendung oder Wahl in ein Organ

189 Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113, Rn. 8.1, S. 11; Kaster, in: BeckOK Kommunal­ recht NRW, § 113, Rn. 11. 190 Unter „Beschlüsse“ nach Absatz 1 sei jede abschließende Willenserklärung des Rates zu verstehen, und zwar unabhängig von der durch den Sachgegenstand bestimmten Verfahrensart, Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 50, S. 3, der zugleich darauf hinweist, dass durch Beschlüsse im engeren Sinne Sachentscheidungen, die mit „ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, entschieden wird. Hingegen wird bei Wahlen nach Absatz 2 eine personale Wahlentscheidung getroffen wird, a. a. O., S. 2, 4. In der Praxis sei es zwar oftmals nicht leicht zu entscheiden, ob eine Entscheidung nunmehr durch Beschluss oder Wahl zu treffen sei. Indes spiele die Unterscheidung keine Rolle, weil sich das Verfahren in der Regel nicht unterscheide, a. a. O. S. 4. 191 Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113, Rn. 8.1, S. 11; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 11. 192 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 11 f. 193 VG Köln, BeckRS 2015, 43415. 194 Vom Innenverhältnis umfasst ist die Begründung der Vertretung, die inhaltliche Reichweite (Beschluss des Rates) sowie die Beendigung, § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW. Das Außenverhältnis meint hingegen die Ausübung der Rechte, die dem gemeindlichen Vertreter im jeweiligen Organ der privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen zur Ausübung seiner gesellschaftsrechtlichen Aufgabe zugewiesen sind, OVG Münster NVwZ 2003, 494 (494 f.).

C. Pflichtenbindung gemeindlicher Vertreter  

139

der juristischen Person, zugunsten des Rates einzuschränken? Was soll hierdurch bezweckt werden? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden.

II. Begründung für die Notwendigkeit der Bindung an den Ratsbeschluss Die Beschränkung des freien Mandats in den Fällen, in denen das Ratsmitglied nicht nur als Vertreter des Gemeindevolkes tätig wird, sondern auch als Vertreter des Rates in die Organe der juristischen Person des privaten Rechts bestellt wird, lässt sich im Wesentlichen mit all jenen Argumenten begründen, welche für die gemeindliche Ingerenz insgesamt streiten. Hierfür spricht insbesondere, dass das Ratsmitglied sich nicht von Steuerungsmaßnahmen befreien kann, die ihrerseits Ausfluss der gemeindlichen Bindung an gesetzliche oder gerichtliche Vorgaben sind.195 Dies wird auch durch § 43 Abs. 1 GO NRW, der die Geltung des freien Mandats für den Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung betont,196 hervorgehoben. Denn ausweislich seines Wortlauts verpflichtet diese Vorschrift die Ratsmitglieder insbesondere dazu, ausschließlich nach dem Gesetz zu handeln. Hierzu zählt insbesondere § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW, der die gemeindlichen Vertreter in den Organen juristischer Personen oder Personenvereinigungen an die Beschlüsse des Rates bindet. Auf diese Weise werden sie an die Interessen der Gemeinde – etwa an eine nachhaltige und wirtschaftliche Erfüllung des öffentlichen Zwecks gemäß § 109 GO NRW– gekoppelt.197 Zu den Interessen der Gemeinde, derer sie sich bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung nicht entledigen kann, zählen insgesamt die Vorgaben an die Sicherung eines angemessenen Einflusses, vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7, Abs. 5 GO NRW. Daher darf in diesem Zusammenhang auf die obigen Ausführungen zum Begriff und der Herleitung der Ingerenz verwiesen werden. Ohne die uneingeschränkte Gefolgstreue der Gemeindevertreter würde die Ingerenzpflicht zu einer lediglich abstrakten Rechtspflicht, mithin zu einem stumpfen Schwert des Rates verkommen. Die Ingerenzpflichten der Gemeinde schlagen deshalb auf ihre Vertreter durch, weil andernfalls die erforderliche Einflussnahme und Kontrolle gegenüber privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen nicht umgesetzt werden könnte.198 Hierdurch würde insbesondere die Verfolgung des öffentlichen Zwecks bei der kommunalen Wirtschaftsbetätigung gefährdet. Als „verlängerter Arm“ des Gemeinderates in den jeweiligen Organen der privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen stellen die gemeindlichen Vertreter 195 Wansleben, in: Held / Winkel, § 43 GO NRW, S. 225; insbesondere mit Blick auf gesetzliche Vorgaben nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7, Abs. 5, 109, 112, 113 GO NRW uneingeschränkt zustimmungswürdig. 196 Frenzen, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 43, Rn. 5. 197 Kotzea, in: Held / Winkel, § 113, S. 550. 198 So stellt Flüshöh zu Recht fest, dass die in § 108 GO NRW gesetzten Anforderungen gleichermaßen für die von der Gemeinde bestellten oder auf ihren Vorschlag gewählten Mitglieder im jeweiligen Organ gelten, Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

deshalb sicher, dass die Kommune ihre gesetzlichen Pflichten dauerhaft erfüllen kann. Führt man sich vor Augen, dass die oben bereits dargestellte Bedeutung der öffentlichen Zwecksetzung sowie deren Absicherung notwendige Bedingung und rechtfertigendes Element jedweder Inanspruchnahme privatrechtlicher Organisationsformen durch die öffentliche Hand darstellt, so dürfte es nicht verwundern, dass die Gemeindevertreter in den Organen dieser Gesellschaften als das exekutive Element zur Sicherstellung öffentlicher Zweckverfolgung anzuerkennen sind. Allein durch ihre Verpflichtung, die steuernden Entscheidungen des Rates fraglos umzusetzen, kann der Duktus gemeinwohlorientierter Wirtschaftstätigkeit insgesamt abgesichert werden. Diese Kontrolle wäre indes nicht hinreichend abgesichert, wenn die vom Rat beschlossenen, steuernden Maßnahmen zur Einhaltung und Förderung des öffentlichen Zwecks, von Gemeindevertretern hinterfragt und ggf. sogar außer Vollzug gesetzt werden dürften. Erst durch ihre vorbehaltlose Bindung an den jeweiligen Ratsbeschlusses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW, wird das kommunale Interesse an einer gesetzmäßigen wirtschaftlichen Betätigung in ihrer praktischen Dimension verwirklicht. Insgesamt kann nicht hinreichend genug betont werden, dass die Möglichkeit der Einflussnahme und Kontrolle nur so viel wert ist, wie ihre Umsetzung gesichert werden kann. Denn letztlich übt die Kommune ihren Einfluss auf das Unternehmen über ihre Vertreter aus, die den zuvor gefassten Entschluss gehorsam umzusetzen haben. Rat und Vertreter stehen daher in einem Abhängigkeits- und Bedingungsverhältnis, weil die Einhaltung der öffentlichen rechtlichen Bindungen bei der wirtschaftlichen Betätigung privatrechtlicher Gesellschaften jederzeit sichergestellt sein muss. Weiterhin kann die Pflichtenbindung der Gemeindevertreter nur durch die nochmalige Befassung mit den Motiven des Landesgesetzgebers gebührend erfasst werden. Es sei nämlich daran erinnert, dass durch den „Gesetzesentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer Kommunalverfassungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen“, die „in Rechtsprechung und Wissenschaft festgestellte Verpflichtung der Gemeinden, sich Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten auf ihre Unternehmen und Einrichtungen zu erhalten (sog. Ingerenzpflicht)“ möglichst effektiv umgesetzt werden sollte.199 Würde den Gemeindevertretern unter Verweis auf ihr freies Mandat im Hinblick auf den Beschluss des Rates ein Umsetzungsverweigerungsrecht eingeräumt werden, führte dies zum faktischen Ende landesgesetzgeberisch intendierter Ingerenzförderung. Nicht überzeugend ist hingegen die in der Literatur vereinzelt vertretene Auffassung, eine Gehorsamspflicht der Ratsmitglieder folge bereits aus ihrer allgemeinen Treuepflicht gegenüber der Gemeinde nach §§ 43 Abs. 2, 32 GO NRW.200 Nach der allgemeinen Treuepflicht sind Ratsmitglieder verpflichtet, alles zu unterlassen, was dem Wohl der Gemeinde und ihrer Einwohnerschaft zuwiderlaufen könnte.



199 200

LT-Drs. 11/4983, S. 25. Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 4.

C. Pflichtenbindung gemeindlicher Vertreter  

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Darüber hinaus verpflichtet die Vorschrift die Ratsmitglieder in ihrer positiven Dimension dazu, „alles in ihrer Macht stehende zu tun, um – nicht nur finanziellen – Schaden von der Gemeinde abzuhalten und das Wohl der Einwohnerschaft zu fördern“201. Aus dieser Verpflichtung kann allerdings nicht gefolgert werden, dass gerade deshalb die gemeindlichen Vertreter „an die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden und damit de facto einem Weisungsrecht unterworfen [werden]“202. Eine solche Verzahnung impliziert nämlich, dass die Gemeinwohlförderung des Ratsbeschlusses nicht in Zweifel gezogen werden kann. Zur Sicherung und Förderung des Gemeinwohls kann es aus der Sicht des Mandatsträgers indes erforderlich sein, sich gerade über den gefassten Ratsbeschluss hinwegzusetzen, um etwa einen von ihm befürchteten Schaden abzuwenden oder einen durch ihn bestimmten Gemeinwohlzeck zu fördern. Hat der Gemeinderat etwa beschlossen, die Kosten der Entsorgungsdienstleistungen einer kommunal beherrschten Abfallentsorgungs-GmbH zu vergünstigen und den gemeindlichen Vertreter zur entsprechenden Abstimmung im Rahmen der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung nach § 48 GmbHG angewiesen, könnte sich der gemeindliche Vertreter über den Beschluss hinwegsetzen, weil er eine Einsparung auf Kosten der Gesundheit der Gemeindebevölkerung und / oder der Belegschaft des Unternehmens befürchtet. Zwar wäre sein Abstimmungsverhalten –  die Abstimmung gegen eine Kostenvergünstigung – im Verhältnis zur Gesellschaft wirksam.203 Allerdings bleibt der gemeindliche Vertreter im Innenverhältnis zur Gemeinde für sein Verhalten verantwortlich und müsste aufgrund seiner Weisungsuntreue mit seiner Abberufung rechnen, § 113 Abs. 1 Satz 3 GO.204 Denn zur eigenverantwortlichen Bewertung einer im Rat beschlossenen Angelegenheit ist der gemeindliche Vertreter in den jeweiligen Organen des privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmens – wie oben bereits dargestellt – nicht berechtigt. Dies aber folgt nicht aus einer Treuepflicht gegenüber der Gemeinde, sondern ergibt sich bereits aus seiner Stellung als Vertreter des Rates. Hat der Gemeinderat durch eine „Mehrheitsentscheidung einen einheitlichen, beschlussfähigen Willen“205 entwickelt, mithin die Interessen der Gemeinde konkretisiert, steht es dem Vertreter nicht zu, diese Mehrheitsentscheidung „seines Herren“206 zu hinterfragen. Bei Entscheidungen in den Organen, in denen die Mitgliedschaftsrechte der Gemeinde ausgeübt werden, sind die entsandten oder auf Vorschlag der Gemeinde von einer Hauptversamm-

201 OVG Münster, BeckRS 2015, 54638; Thiel, BeckOK Kommunalrecht NRW, § 32 Rn. 5 m. w. N. 202 So aber Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 4, der wohl die Treuepflicht zur Gemeinde mit der Gefolgstreue gegenüber dem Rat gleichsetzt. 203 Vgl. statt vieler Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382. 204 VG Köln, BeckRS 2015, 43415. 205 Frenzen, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 40, Rn. 8. 206 Angelehnt an Towfigh, DVBl. 2015, 1016 ff., der die Stellung gemeindlicher Vertreter zwischen kommunalrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Anforderungen als „Diener zweier Herren“ umschreibt.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

lung gewählten207 Vertreter an die Vorgaben des Rates gebunden.208 Denn die Gemeinde bildet ihr Interesse und ihren Willen durch den Rat als Gesamtorgan ab. Diesen Willen hat das entsandte Ratsmitglied zu respektieren und auszuführen; eine eigenständige Entscheidungskompetenz kommt ihm dabei nicht zu.209 Dies wird durch das Abberufungsrecht der Gemeinde gemäß § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW sichergestellt.

III. Zusammenfassung Der Gemeinderat kann trotz seiner parlamentsähnlichen Strukturen nicht als Parlament im technischen Sinne angesehen werden. Er ist vielmehr als Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft zu qualifizieren. Innerhalb dieses Organs kommt Ratsmitgliedern in der politischen Gemeinde eine besondere Stellung zu. Sie handeln gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW allein nach dem Gesetz und ihrer freien, durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. Hierbei sind sie an Aufträge nicht gebunden. Hierdurch macht der Landesgesetzgeber deutlich, dass der Grundsatz des freien Mandats auch im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung gelte.210 Von diesem Grundsatz darf das Ratsmitglied allerdings dann keinen Gebrauch machen, wenn er nicht als Vertreter der Gemeindebürger, sondern als Vertreter des Rates in Organe privatrechtlicher Organisationseinheiten bestellt wird. Insoweit ist er verpflichtet, fraglos und gehorsam die Beschlüsse des Rates in den jeweiligen Organen umzusetzen. Diese Verpflichtung ergibt sich weder aus etwaigen vertraglichen Bindungen noch aus parteipolitischen Fraktionszwängen. Vielmehr lassen sich die Pflichtenbindungen der Gemeindevertreter als Kehrseite gemeindlicher Einwirkungs- und Kontrollverpflichtungen verstehen. Diese können nämlich nur dann wirksam und effektiv verwirklicht werden, wenn unternehmenssteuernde Maßnahmen des Rates durch seine Vertreter gefolgstreu umgesetzt werden. Die Weisungsbindung der gemeindlichen Vertreter in den Organen der privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen folgt indes nicht bereits aus 207 OVG Münster, BeckRS 2009, 33745; dies hat zur Folge, dass „die Bindungen des § 113 GO NRW auch für Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und Mitglieder von sonstigen Organen und ähnlichen Gremien der Gesellschaft, die von der Gemeinde oder auf ihre Veranlassung oder ihren Vorschlag in das Organ oder Gremium entsandt oder gewählt worden sind [gelten]“, Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382. 208 Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382. 209 VG Köln, BeckRS 2015, 43415. 210 BVerwG NVwZ 1993, 375 (375), das darauf hinweist, dass die Rechtsstellung des Gemeindevertreters durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG vorgeprägt sei. Insoweit übertrage diese Bestimmung die Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und Demokratie, die in Art. 20 Abs. 1, 2 GG manifestiert sind, auf die Ebene der Gemeinden; zum Ganzen Frenzen, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 43 Rn. 5, der auch auf die Parallele der für Bundestags- bzw. Landtagsabgeordnete geltenden Vorschriften der Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG, 30 Abs. 2 LV NRW verweist.

D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde  

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ihrer allgemeinen Treuepflicht zur Gemeinde nach §§ 43 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 GO  NRW.211 Die Verpflichtung gemeindlicher Vertreter, Schäden von der Gemeinde fernzuhalten und das Wohl der Einwohnerschaft zu fördern, könnte aus Sicht des Mandatsträgers dadurch gefördert werden, dass er sich über den Beschluss hinwegsetzt. Eine eigenständige Bewertung des Sachverhalts steht ihm indes nicht zu. Denn der Wille der Gemeinde spiegelt sich im Rat als Gesamtorgan wider. Diesen Willen hat der Vertreter auch dann umzusetzen, wenn er seinen eigenen Überzeugungen und Vorstellungen zur Förderung des Gemeinwohls, widerspricht. Eine eigene Entscheidungskompetenz kommt ihm hierbei nicht zu.212 Nach alledem darf die Treuepflicht des Ratsmitglieds gegenüber der Gemeinde gemäß §§ 43 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW nicht mit der Pflicht zur Gefolgstreue gegenüber dem im Rat abgebildeten und sich im Beschluss verwirklichten Willen der Gemeinde verwechselt werden. Diese besondere Stellung der Ratsmitglieder, welche sich bildlich als Einflussnahme- und Kontrollwerkzeuge beschreiben lassen, führt dazu, dass in die Organe der jeweiligen Unternehmen all jene Konflikte hineingetragen werden, die den Interessen der Kommunen nach öffentlicher Zweckverfolgung und der wirtschaftlichen Ungebundenheit privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner immanent sind. Daher soll nachfolgend begründet werden, weshalb die pflichtgebundene Vertretungsregelung als Quelle des Konflikts bezeichnet werden darf und welche weitergehenden Spannungen hierdurch erzeugt werden.

D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde – Kontrollbegehren und Konfliktquelle Der Diskussion über das Verhältnis der Steuerungsvorgaben des Gesellschaftsrechts einerseits sowie des kommunalen Unternehmensrechts andererseits hat zwingend die Untersuchung vorauszugehen, was die Ursache dieser Rechtsregimedivergenzen ist. Soweit es hierbei zu Spannungen zwischen den unterschiedlichen Regelungen kommt, könnte dies auf die weisungsabhängige Interessenvertretung der gemeindlichen Vertreter213 in den jeweiligen Organen privatrechtlich orga-

211 Instruktiv zur Treuepflicht der Ratsmitglieder, Thiel, BeckOK Kommunalrecht NRW, § 32 Rn. 1 ff. 212 BeckRS 2015, 43415; Kotzea, in: Held / Winkel, § 113, S. 554. 213 Nach zivilrechtlichen Grundsätzen ist zwischen Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis zu unterscheiden. Ganz allgemein ist unter Vertretung die Rechtsmacht des Vertreters zu verstehen, im Namen des Vertretenen eine eigene Willenserklärung abzugeben, die für und gegen den Vertretenen wirkt. Die Vertretungsmacht kann rechtsgeschäftlich (Vollmacht) erteilt werden, § 166 Abs. 2 BGB oder sich aus dem Gesetz ergeben, (etwa § 26 Abs. 2 Satz 1 BGB; §§ 76 ff AktG; § 35 ff. GmbHG). Geschäftsführungsbefugnis meint hingegen nicht die Vertretungsmacht nach außen, sondern den räumlich-sachlichen Zuständigkeitsradius, der etwa einem Gesellschafter innerhalb der juristischen Person verliehen worden ist.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

nisierter öffentlicher Unternehmen zurückzuführen sein. Auch Art und Ausmaß der Reichweite der Pflichtenbindung lässt sich nicht isoliert, sondern allein im Zusammenhang mit der konkreten Vertretungsausgestaltung im jeweiligen Organ des Unternehmens bzw. Einrichtung beantworten. Denn hierdurch eröffnen sich weitere Reibungsflächen, etwa bei der Ausgestaltung der Unternehmensorganisation214 oder der Sicherung und Wahrnehmung der jeweils spezifischen Interessen. Daher soll im Folgenden ein Überblick über die historische Entwicklung der kommunalrechtlichen Vertretungsregelungen, die von Beginn an auf eine verpflichtende Präsenz der Gemeinderatsmitglieder gerichtet waren, gewährt werden. Dies wiederum kann als Urquelle zur Herstellung und Sicherung einer hinreichenden Einflussnahme der Gemeinde auf kommunale Unternehmen angesehen werden.215

I. Maßgebliche Vertretungsregelungen der DGO Bereits die Deutsche Gemeindeordnung sah vor, dass die Kommune sich im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Unternehmung hinreichende Vertretungsregelungen sicherte. So wurde nach § 70 Abs. 1 Satz 1 DGO die Gemeinde in der Gesellschafterversammlung oder in einem diesem gleichgestellten Organ eines Unternehmens, an welchem die Gemeinde beteiligt war, durch den Bürgermeister – dem nach § 36 Abs. 1 DGO für die Außenvertretung zuständigen Organ – vertreten. Der Bürgermeister konnte nach § 70 Abs. 1 Satz 2 DGO auch Beamte oder Angestellte als Vertreter bestellen, die dann an seine Weisungen in den jeweiligen Organen gebunden waren. Nach Abs. 2 der Vorschrift galt dies entsprechend auch dann, wenn der Gemeinde das Recht eingeräumt wurde, Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder eines ähnlichen Organs von Unternehmen zu bestellen. Die detaillierten Regelungen der DGO verloren auch im Laufe der gemeinderechtlichen Entwicklungen nicht an Einfluss, sondern stellten vielmehr die Weichen für sämtliche kommunale Vertretungsregelungen.

214 Dies insbesondere dann, wenn es sich um eine gemischtwirtschaftliche Unternehmung handelt. 215 In der nachfolgenden Untersuchung soll lediglich die Vertretungspflicht der Gemeinde als Quelle direkter Konfrontation unterschiedlicher Rechtsregime im Rahmen der Unternehmensausgestaltung und -führung dargestellt werden. Welche Modelle sich eignen, um durch Entsendung von Repräsentanten der Gemeinde in den Gremien der Gesellschaft möglichst hohen Einfluss herzustellen, ist keine Frage der grundsätzlichen Vertretungspflicht, sondern eine (öffentlich-rechtliche) Möglichkeit zur Herstellung gemeindlicher Kontrolle, vgl. hierzu Erle / Becker, NZG 1999, 58 ff.

D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde  

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II. Gemeindliche Vertretungsregelungen im Kontext der Nachkriegspolitik Die Entwicklung des nordrhein-westfälischen Kommunalrechts lässt sich ohne seine Einbettung in den Kontext herrschender Nachkriegspolitik nicht nachvollziehbar darstellen. Durch die Verordnung Nr. 21 der britischen Militärregierung wurde mit Wirkung vom 1. April 1946 das Ziel verkündet, „das Naziwesen auszutilgen, die politischen Ziele und Lehren der nationalsozialistischen Partei aus dem deutschen Recht auszumerzen, ordnungsgemäße Regierungsmethoden einzuführen und der deutschen Bevölkerung das Recht und die Verantwortung zur Führung ihrer eigenen Angelegenheiten zu geben.[…] Die Deutsche Gemeindeordnung ist daher dergestalt abgeändert, dass das Führerprinzip durch das Prinzip gemeinschaftlicher Verantwortung ersetzt ist.“216 In der Absicht die Verantwortung weitestgehend dezentral zu verteilen, sah die Verordnung Nr. 21 in § 70 Abs. 1 Revidierte (rev.) DGO insbesondere vor, dass nicht zwingend der Bürgermeister oder ein von ihm bestellter Beamter / Angestellter mit der Vertretung der Gemeinde in den entscheidenden Organen wirtschaftlicher Unternehmen beauftragt wird, sondern vielmehr der Gemeinderat entscheidet, ob die Gemeinde hierbei durch den Bürgermeister oder eine andere Person vertreten wird. Mit der Abkehr von diesem stark personenbezogenen Regelungsrahmen, betonte die Verordnung auch auf gemeindlicher Ebene die Entsagung eines seinerzeit durchaus üblichen autokratischen Vertretungsverständnisses.217 Daher stärkte auch § 70 Abs. 1 Satz 2 rev. DGO die Stellung des Rates, indem es die Vertreter der Gemeinde an die Weisungen des Rates band.

III. Vertretungsmechanismen im Geltungsbereich der GO NRW Die am 21. Oktober 1952 in Kraft getretene Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ordnete in § 117 lit. a)  GO NRW an, dass die Revidierte Deutsche Gemeindeordnung in der Fassung der Anlage zu der Verordnung Nr. 21 der Britischen Militärregierung vom 1. April 1946 und der dazu ergangenen Änderungs- und Ergänzungsgesetze außer Kraft trat. Gleichzeitig ordnete § 72 Abs. 1 GO NRW eine weitergehende Stärkung des Rates an und legte fest, dass die Ver 216 Vorspruch zum Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, 1946, Verordnung Nr. 21, Abänderung der Deutschen Gemeindeordnung S. 127, abrufbar unter: www.lwl.org/westfaelische-geschichte/que/normal/que1313.pdf (abgerufen am 06.02.2020). 217 „Im ersten Stadium ist das Führerprinzip in allen Sphären der örtlichen Verwaltung auszumerzen; die Befugnisse der öffentlichen Verwaltung, die bisher in einer Person vereinigt waren, sind auf Personengruppen zu übertragen, die die verschiedenartigen Interessen der Bevölkerung vertreten“, Vorspruch zum Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, 1946, Verordnung Nr. 21, Abänderung der Deutschen Gemeindeordnung S. 127, abrufbar unter: www.lwl.org/westfaelische-geschichte/que/normal/que1313.pdf (abgerufen am 06.02.2020).

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

treter sowohl an die Beschlüsse des Rates als auch seiner Ausschüsse gebunden waren und ihr Amt nach § 71 Abs. 1 Satz 3 GO NRW jederzeit auf Beschluss des Rates niederzulegen hatten.218 Nach einigen in vertretungsrechtlicher Hinsicht unwesentlichen Änderungen der GO 1972 und 1974219 kam es erst im Jahr 1979 durch das zweite Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 15. Mai 1979 zu einer Zusammenfassung sämtlicher gemeindlicher Vertretungsregelungen in § 55 Abs. 2 GO NRW. Hierdurch wurden dem Rat weitergehende Zuständigkeiten und Kontrollrechte eingeräumt. Jenseits des Bestellungsrechts für Vertreter der Gemeinde in wirtschaftlichen Unternehmen, kam dem Rat nunmehr nämlich auch das Recht zu, Vertreter in alle juristische Personen und Personenvereinigungen – zunächst mit Ausnahme der kommunalen Spitzenverbände sowie Fachverbände und ähnliche Organisationen220 – zu bestellen.221 Hierdurch sollte einer Entwicklung Rechnung getragen werden, die dadurch gekennzeichnet war, dass sich in „jüngster Zeit die Gemeinden zunehmend auch zur Erfüllung nichtwirtschaftlicher Aufgaben privat-rechtlicher Formen bedienen“222. Insgesamt regelte § 55 GO NRW a. F. die Vertretung der Gemeinden in Organen wirtschaftlicher Unternehmen umfassend und unabhängig davon, ob es sich um Gesellschaften im öffentlichen oder privaten Bereich sowie mit oder ohne wirtschaftlichen Zweck handelte.223 1. Vertretungsregelungen im Zeichen gesellschaftsrechtlicher Verknüpfungen Mit der Reform der Kommunalverfassung im Jahre 1994 wurde § 113 GO NRW als Nachfolgeform des § 55 GO a. F. insoweit verändert, als die Gemeinden nunmehr auch verpflichtet wurden bei der Ausgestaltung von Gesellschaftsverträgen auf die Einräumung von Entsendungsrechten hinzuwirken.224 Insoweit handelt es sich um eine spezielle Ausformung der in § 108 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW geregelten 218 Abrufbar auf der Seite des Ministeriums des Inneren für das Land NRW unter: recht.nrw. de/lmi/owa/br_vbl_archiv_liste?anw_nr=6&jahr=1952&sg=1&val=&ver=0&menu=1; Nr. 57, Seiten 283–296 (abgerufen am 06.02.2020). 219 Gemeint ist das Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.07.1972 sowie die Bekanntmachung der Neufassung der Gemeindeordnung für das Land NRW vom 19.12.1974. Die Änderung von 1972 führte dazu, dass die Regelung § 72 GO NRW nunmehr zum wortgleichen § 91 GO NRW wurde. 220 Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29.05.1984, GVBl. NW 1984, S. 314 (316). 221 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 5. 222 Zu den Motiven des Landesgesetzgebers LT-Drs. NRW 8/3152, S. 56 bezogen auf § 90 GO NRW a. F.; ausdrücklich Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 5. 223 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 3. 224 Von einem Sonderfall der Vertretungsregelungen spricht Dietl, KommJur 2019, 45 (47).

D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde  

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Pflicht zur Sicherstellung einer gehörigen Einflussnahme.225 Insgesamt hat der Landesgesetzgeber mit der speziellen Vertretungsregelung die Absicht verfolgt, das Know-How und die Expertise von Kommunalpolitikern und Verwaltungsangehörigen in den Organen kommunaler Gesellschaften nutzbar zu machen und zugleich das Informationsbedürfnis der Verwaltung über die Interna der Gesellschaft zu befriedigen.226 Gleichzeitig habe der Gesetzgeber in NRW im Sinne der Einheitlichkeit der Verwaltung227 auf die Verzahnung zwischen Gemeinden und ihren verselbständigten Unternehmen und Einrichtungen hinwirken wollen. Eine erhebliche Erweiterung hat die Vorschrift schließlich durch das GO-Reformgesetz vom 9. Oktober 2007 erfahren. Nunmehr findet sie nämlich auch auf mittelbare Beteiligungen Anwendung, wobei die Bestellung oder Entsendung228 der Gemeindevertreter vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts des § 113 Abs. 2 Satz 3 GO NRW zu einem fakultativen Sicherungsmechanismus abgestuft wird.229 Denn insoweit genügen nunmehr auch „ähnlich wirksame Vorkehrungen zur Sicherung hinreichender gemeindlicher Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten“. Bevor § 113 GO NRW als zentrale Vertretungsnorm charakterisiert wird, soll in der gebotenen Kürze auch die Frage aufgeworfen werden, „welchen Wert“ der Stimme eines Gemeindevertreters bei Abstimmungen beigemessen werden kann. Denkbar ist nämlich, dass sie entsprechend den Beteiligungsverhältnissen aufgewertet werden. So könnte einem Gemeindevertreter abhängig von den konkreten Beteiligungsverhältnissen und der Sitzverteilung im Gesellschaftsvertrag bzw. der 225 So auch Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 547, der auch darauf hinweist, dass mit § 113 Abs. 5 GO NRW erstmals auch eine Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter implementiert wurde. 226 Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung zu § 89a a. F. LT-Drs. 11/4983 S. 26; Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 2. 227 Hiernach werden nach der bundesrepublikanischen Staatsgliederung die öffentlichen Verwaltungsaufgaben nicht von gesondert aufgebauten Fachbehörden, sondern gebündelt von der allgemeinen Verwaltung erledigt, vgl., Püttner, Verwaltungslehre, § 7, Rn. 57 f.; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 1 unter Hinweis aus LT-Drs. 11/4983, S. 26 und der Begründung zur Vorgängernorm § 89a GO NRW a. F. 228 Die Bestellung und Entsendung i. S. d. § 113 Abs. 3 und 4 GO NRW meint nicht die Vertretung der Gemeinde, sondern die tatsächliche Besetzung der Organstellung, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 207 „Mit den Begriffen Entsendung und Bestellung bauen die Gemeindeordnungen auf dem Gesellschaftsrecht auf: gemeint ist lediglich die unmittelbare Verschaffung der Organstellung“; Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 34; Lange, Kommunalrecht, Kapitel 14, Rn. 248. 229 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 16, der zugleich anmerkt, dass bei der mittelbaren Beteiligung eine differenzierte, dem Spannungsverhältnis zwischen dem bunderechtlich geregelten Gesellschaftsrecht und landesrechtlich geregelten Kommunalrecht gerecht werdende Betrachtung anzustellen sei. Hiernach unterliege die gegründete Mutter­ gesellschaft den Gesetzmäßigkeiten des Gesellschaftsrechts. Dies führe dazu, dass die Frage, ob Tochtergesellschaften gegründet und wie sie geführt werden, nicht die Gemeinde, sondern die Muttergesellschaft entscheide. Daher sei die Tochtergesellschaft in der Regel von den Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde nicht umfasst. Dies berücksichtigend, lasse auch die GO im 11. Teil nur ausnahmsweise mittelbare Beteiligungen zu.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

Satzung ein Stimmgewicht verliehen werden, welches den durch die Kommune zu besetzenden Sitzen entspricht. Stehen der Gemeinde nach dem Gesellschaftsvertrag etwa sechs von insgesamt 10 zu vergebenden Sitzen im jeweiligen Gesellschaftsorgan zu, könnte dem gemeindlichen Vertreter nach dieser Überlegung ein sechsfaches Stimmgewicht zugesprochen werden. Dies wäre vor allem dann zweckmäßig, wenn die Gemeindevertreter ohnehin verpflichtet wären einheitlich abzustimmen. In diesem Fall könnte nämlich gleich ein einzelner Vertreter für einige der zu besetzenden Sitze seine Stimme abgeben. So stellte bereits Püttner mahnend fest, dass eine Weisungsgebundenheit dazu führe, dass im Zweifel nur homogene Vertreter bestellt werden dürften, weil andersdenkende ihre Vertretung u. U. gegen ihre Auffassung ausüben müssten.230 Daher gilt es zum Ersten die Zulässigkeit der Verleihung eines mehrfachen Stimmgewichts zu klären und zum Zweiten die Frage zu beantworten, ob und in welchem Umfang die Vertreter zur einheitlichen Stimmabgabe verpflichtet sind. Zunächst ist festzuhalten, dass die Aufwertung der Stimme im Rahmen von Abstimmungen in den Organen der Beteiligungsunternehmen grundsätzlich nicht zulässig ist. Hiergegen spricht bereits die Tatsache, dass § 113 Abs. 2 und 3 GO NRW ein strukturiertes System des gemeindlichen Vertretungsmechanismus vorsieht, das zum einen zwischen unmittelbarer und mittelbarer Beteiligung differenziert und zum anderen danach unterscheidet, ob zahlenmäßig ein einzelner die Gemeinde vertritt oder ob aufgrund der Beteiligungsmehrheit weitere Vertreter zu benennen sind. Insoweit sieht der Wortlaut eindeutig eine – nach dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag zu konkretisierende231  – physische Repräsentanz vor, welche die Beteiligungsverhältnisse nachvollziehbar abbildet232 und sich folglich in der Stimmausübung bemerkbar machen muss. So bestimmt auch § 50 Abs. 4 GO NRW, dass soweit der Rat zwei oder mehr Vertreter oder Mitglieder i. S. d. §§ 63 Abs. 2, 113 GO NRW zu bestellen oder vorzuschlagen hat, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl (Proporzwahl) gemäß § 50 Abs. 3 GO NRW zu verfahren ist. Dabei ist der Sitz des Bürgermeisters nicht auf die Liste einer Partei anzurechnen, 230 Püttner, DVBl. 1986, 748 (750). 231 Hält eine Gemeinde etwa 55 Prozent an einem privatrechtlich organisierten Energieversorger, so bestimmt der Gesellschaftsvertrag wie viele Sitze der Gemeinde in der Gesellschafterversammlung zufallen. Insoweit bestimmt sich die Größe des Organs nach dem Gesellschaftsvertrag. 232 Hierbei darf die benannte Abbildung nicht im Sinne des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes, wonach Ausschüsse als „verkleinertes Abbild des Plenums“ gedeutet werden, verlangt werden, so auch Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 37. Dieser Grundsatz sei nämlich nur dann zwingend anzuwenden, wenn und soweit es um die Wahl bzw. die Bildung des Rates und seiner Ausschüsse und Unterausschüsse geht. Die Repräsentation in den Organen der Unternehmen unterfällt dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz hingegen nicht, weil sich in den Gremien kommunaler Kapitalgesellschaften die Entscheidungsbildung außerhalb politischer Sachzwänge und nicht innerhalb von ratsinternen Entscheidungsabläufen vollziehe, BVerwG NvwZ-RR 2010, 818 (820); OVG Münster, Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 15 A 693/11-, juris, Rn. 6–8; VG Münster, Urteil vom 06.05.2011, 1 K 508/10-, juris, Rn. 54; Rohde, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 50, Rn. 33.

D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde  

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weil er kraft Gesetzes zur Interessenwahrnehmung verpflichtet ist.233 Hiernach wird deutlich, dass die gänzliche Vereinigung mehrerer Stimmen auf einen einzelnen Vertreter des Rates vom Landesgesetzgeber nicht gewollt, jedenfalls aber nicht niedergeschrieben worden ist und eine hiervon abweichende Handhabe, dem austarierten Zusammenspiel zwischen Vertretungspflicht und Verfahrensausgestaltung im Lichte der Vertreteranzahl zuwiderlaufen würde. Allerdings steht es den Gesellschaftern frei, im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, dass auf einige Mitglieder mehr Stimmen entfallen sollen als auf andere. Hält die Gemeinde etwa 60 Prozent der Anteile eines kommunalen Unternehmens, so kann sie vertraglich vereinbaren, dass etwa 6 von insgesamt 10 der auf die Gemeinde entfallenden Stimmen durch den Bürgermeister ausgeübt werden.234 Dies ändert indes nichts an der Tatsache, dass – jedenfalls im Falle einer Mehrheitsbeteiligung – die Gemeinde in Ansehung der Struktur des §§ 113 Abs. 2, 50 Abs. 4, 3 GO NRW nicht einen einzelnen Vertreter benennen und ihn mit der gesamten Stimmenmacht ausstatten darf. Dies würde zum einen der gesetzlichen Vertretungsstruktur und zum anderen dem gemeindlichen Meinungskampf um das günstigste Abstimmungsverhalten zuwiderlaufen, weil eine Abwägung immer unterschiedliche Positionen zum Gegenstand haben muss.235 Hierbei sind sodann auch Positionen von Minderheitsgruppen im Rat, die im Wege der Verhältniswahl nach § 50 Abs. 4, 3 GO NRW in die Organe bestellt wurden, zu berücksichtigen.236 Insoweit wird deutlich, dass die vertragliche Ausgestaltung konkreter Rechte innerhalb des Organs zwar gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Allerdings sind kommunalverfassungsrechtliche Vorgaben an eine gehörige Vertretung, die letztlich Grundpfeiler kommunaler Ingerenz schlechthin sind, hinreichend zu beachten.237 Konkret bedeutet dies, dass die Gemeinde im Gesellschaftsvertrag vereinbaren darf, dass einige Mitgleider mehrere Stimmen auf sich vereinigen dürfen. Das Gesellschaftsrecht steht dem nicht entgegen. Vor dem Hintergrund der gemeinderechtlichen Vorgaben der §§ 113 Abs. 2, 50 Abs. 4, 3 GO NRW hat die Kommune 233 So ausdrücklich Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1391, der zugleich das Beispiel anführt, dass in dem Fall in dem etwa im Aufsichtsrat einer GmbH 12 Sitze durch die Gemeinde (nach dem Gesellschaftsvertrag) zu besetzen sind, 11 dieser Sitze durch den Rat nach dem Hare / Niemeyer Verfahren zu besetzen sind. Der 12. Sitz steht ohnehin dem Bürgermeister als „hauptberuflich tätigen“ zu. 234 Beispiel angelehnt an eine Entscheidung des LG Leipzig, NJOZ 2010, 1112 (113) betreffend eine Eigengesellschaft und dem Hinweis im Gesellschaftsvertrag, dass „das Stimmrecht in Bezug auf die hiernach der Gemeinde M. zustehenden Stimmen bei sechs Stimmen durch den Bürgermeister der Gemeinde ausgeübt [wird], die weiteren Vertreter werden durch den Gemeinderat widerruflich bestellt“. 235 Auch der Wortlaut des § 113 Abs. 3, 4 GO NRW, der ausdrücklich von „Mitgliedern“ spricht, zeigt auf, dass der Gemeinde an einer zahlenmäßig möglichst umfangreichen Repräsentanz in den jeweiligen Organen gelegen sein muss. 236 OVG Münster, NWVBl. 1989, 402 (404); Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 37. 237 Zivilrechtlich steht der in das jeweilige Organ gewählte oder entsandte Gemeindevertreter zur Kommune in einem Auftragsverhältnis nach § 662 BGB, Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 37.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

jedoch eine hinreichende „Vertretungskultur“ in den jeweiligen Unternehmensorganen sicherzustellen. Hierdurch ist zugleich die Frage aufgeworfen, ob die solchermaßen gewählten Vertreter zur einheitlichen Stimmenabgabe verpflichtet sind oder, ob es ihnen gestattet ist, ihre Stimme nach eigenem Ermessen abzugeben.238 Denn es liegt auf der Hand, dass eine zahlenmäßige Vertretung der Gemeinde wenig Sinn ergeben würde, wenn die in die Organe bestellten oder gewählten Personen keinen eigenen Willen im jeweiligen Unternehmensorgan bilden dürften.239 Entscheidend ist hierbei, ob eine verbindliche Weisung im Wege eines Ratsbeschlusses gegenüber den Gemeindevertretern ergangen ist.240 Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW sind in NRW die Vertreter (im Innenverhältnis) an die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse bereits deshalb gebunden, weil sie allein den Interessen der Gemeinde und hiermit dem Rat als dem Entscheidungsorgan für die öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft verpflichtet sind.241 Dieser kann das Abstimmungsverhalten der Vertreter nach seinen Vorstellungen bestimmen und diese im Beschlusswege gegenüber den Vertretern artikulieren. In diesem Fall sind sämtliche, auch anders votierende, Gemeindevertreter zur einheitlichen Umsetzung des Ratsbeschlusses verpflichtet.242 Denn die Weisungsbeschlüsse des Rates, binden auch diejenigen Gemeindevertreter, die der überstimmten Minderheit angehören.243 Daher sind im Interesse effektiver und einheitlicher Interessenwahrnehmung zugunsten der Gemeinde, auch heterogene Vertreter244 gehalten, gegen ihre Überzeugung abzustimmen, soweit ein entsprechender Ratsbeschluss vorliegt.245 Insoweit stellt Nesselmüller246 zurecht fest, dass „Beschlüsse […] im Rat genau wie in anderen parlamentarischen Gremien unseres demokratischen Staates mit Stimmenmehrheit gefasst [werden]. Die überstimmte Minderheit hat sich dann, dem Wesen einer Demokratie entsprechend, dem Entscheid der Mehrheit zu beugen.“ 238 Dieser Frage geht auch Dietl, KommJur 2019, 45 (46 f.) nach und bejaht im Ergebnis die Erforderlichkeit einer einheitlichen Stimmangabe in Gesellschafterversammlungen kommunaler Unternehmen. 239 Ähnlich Dietl, KommJur 2019, 45 (48). 240 Hiernach differenziert auch Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 120. 241 Frankenberger, RNotZ 2018, 649 (666); Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 58; so auch Erle / Becker, NZG 1999, 58 (61). 242 Zur Erforderlichkeit einer einheitlichen Stimmabgabe in Gesellschafterversammlungen kommunaler Unternehmen, Dietl, KommJur 2019, 45 (47). 243 Denn Ratsbeschlüsse werden grundsätzlich mit Stimmenmehrheit gefasst, § 50 Abs. 1 Satz 1 GO NRW. Die überstimmte Minderheit hat dies zu respektieren; ausführlich Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 11. 244 Im Sinne von Püttner, DVBl. 1986, 748 (750); hieran vermag auch die Bestellung der Vertreter im Rahmen der Verhältniswahl nach § 50 Abs. 4, 3 GO NRW nichts zu ändern. 245 Dietl, KommJur 2019, 45 (47) mit dem Hinweis darauf, dass die Minderheit die Mehrheitsentscheidung zu akzeptieren hat. 246 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigen­ gesellschaften, S. 58.

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Allerdings halten diese Weisungsbindungen lediglich im Innenverhältnis zwischen dem Gemeinderat und seinem Vertreter im Unternehmensorgan ihr Versprechen. Denn im Außenverhältnis „hat ein Handeln [der Vertreter] entgegen den Beschlüssen oder Weisungen des Rates keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit der Beschlüsse des betreffenden Unternehmensorgans“247. Insoweit muss sich die Gemeinde das Verhalten ihres Vertreters zurechnen und das Abstimmungsergebnis gegen sich gelten lassen. Ihr bleibt allein die Möglichkeit den weisungsuntreuen Vertreter nach § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW abzuberufen oder abzuwählen.248 Weitere Sanktionen stehen ihr nicht zu. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Rat im Hinblick auf das Abstimmungsverhalten ein „Ersetzungsrecht“ zusteht, wenn die Vertreter entgegen seiner Beschlüsse abstimmten. Die einheitliche Stimmabgabe ist daher als ein Gebot des Innenverhältnisses zu begreifen, das im Außenverhältnis keine unmittelbaren Folgen zeitigt. Anders verhält es sich hingegen, wenn ein verbindlicher Weisungsbeschluss des Rates fehlt.249 Klärungsbedürftig ist dann, auf welchem Weg die Gemeindevertreter zu einem Abstimmungsergebnis in der Anteilseignerversammlung gelangen und ob die Stimmabgabe einheitlich zu erfolgen hat. Zunächst ist zu konstatieren, dass im kommunalen Wirtschaftsrecht eine dem Art. 51 Abs. 3 Satz 2 GG vergleichbare Aussage, dass die Stimmen der Gemeinde in der Gesellschafterversammlung nur einheitlich ausgeübt werden dürfen, fehlt.250 In diesem Lichte betrachtet, erscheint die Regelung des § 88 Abs. 2 Satz 1 GO Rheinland-Pfalz (RP) auffällig und aufschlussreich.251 Nach dieser Vorschrift sind die Stimmen der Gemeinde einheitlich abzugeben. Um dies sicherzustellen, sieht § 88 Abs. 2 Satz 2 GO RP ein „Entscheidungsverfahren“252 vor. Soweit nämlich keine Zustimmung des Gemeinderates einzuholen ist, entscheidet über die Stimmabgabe die Gesamtheit der Vertreter mit einfacher Mehrheit, wenn mehr als zwei Vertreter im Organ entscheidungsbefugt sind. Hierdurch wird die kommunale Unternehmensrealität betont. Denn es entspricht nicht der gemeindlichen Praxis, bei jeder unternehmensorientierten Frage einen zuvor gefassten, verbindlichen Ratsbeschluss einzuholen. Vielmehr sollen die entsandten beziehungsweise gewählten Ratsmitglieder im jeweiligen Organ in der Regel253 eigenverantwortlich und selbstbestimmt nach der kommunalfreund 247 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 8. 248 Auf Beschluss des Rates haben die Gemeindevertreter ihr Amt nach § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW ohnehin niederzulegen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Rat und Vertreter entfallen ist, Frankenberger, RNotZ 2018, 649 (665). 249 Missverständlich Dietl, KommJur 2019, 45 (48), der von einer Unzuständigkeit des Rates spricht. Entscheidend ist aber nicht die Zuständigkeit, sondern, ob ein Beschluss vorliegt. Im kommunalen Unternehmensalltag wird nämlich nicht hinsichtlich jeder Fragestellung ein Ratsbeschluss eingeholt und aus praktikabilitätsgründen wohl auch nicht einzuholen sein. 250 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 200. 251 Dies erkennt auch Dietl, KommJur 2019, 45 (48). 252 Dietl, KommJur 2019, 45 (48). 253 Entscheidungen mit einer erheblichen Tragweite für die Kommune und ihre Bürger sind freilich ausgenommen und werden grundsätzlich zuvor im Rat diskutiert.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

lichsten Lösung suchen. Bei Kommunalvertretern handelt es sich meist um ausgewiesene Experten, die gerade ihre Expertise in den Dienst der Gemeinde stellen, um in ihrem Namen mit privaten Gesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern oder anderen Beteiligten auf Augenhöhe diskutieren zu können. Hierbei sollen sie sich untereinander in einen Kampf der Argumente und des Meinungsaustauschs begeben, um gegenüber den Minderheitsbeteiligten die entscheidenden Aspekte in souveräner Selbstbehauptung vertreten zu können. Der ratspolitische Alltag der gemeindlichen Vertreter in kommunalen Unternehmen wird daher im Grundsatz durch die Diskussion untereinander und nicht durch Ratsbeschlüsse bestimmt. Fehlt ein verbindlicher Weisungsbeschluss, werden durch Abwägung unterschiedlicher Argumente aus den verschiedenen Lagern die erforderlichen Mehrheiten im Unternehmensorgan gefunden und sodann artikuliert. Diese können sicher – trotz mitunter hitzigen Debatten – einheitlich ausfallen. Obgleich nämlich eine Regelung wie § 88 Abs. 2 Satz 2 GO RP in der GO NRW fehlt, gibt sie doch die gelebte Abstimmungspraxis in NRW wieder. Gleichwohl steht das Gesellschaftsrecht – und mangels entsprechender Regelung – auch das Kommunalrecht einer uneinheitlichen Stimmabgabe nicht zwingend entgegen.254 Entscheidend ist vielmehr, ob die Gemeinde als Gesellschafterin einen Gesellschaftsanteil oder mehrere Gesellschaftsanteile hält.255 Hält die Kommune bei der Beteiligung an einer GmbH oder AG einen Gesellschaftsanteil, kann sie für diesen nach überwiegender Meinung nur eine einheitliche Stimme abgeben. Folglich müssen sich die gewählten oder entsandten Gemeindevertreter einvernehmlich einigen.256 Gleiches gilt nach h. M. auch dann, wenn die Gemeinde als GmbH-Mehrheitsgesellschafterin mehrerer Geschäftsanteile hält.257 Anders verhält es sich hingegen bei einer kommunal beherrschten AG. Hier können die kommunalen Vertreter in der Hauptversammlung auch uneinheitlich abstimmen, so dass sie sich aktienrechtlich nicht auf eine gemeinsame Stimme zu 254 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 120; Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 45, 49, mit Bezug die kommunalen Eigengesellschaften. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 200 weist jedoch darauf hin, dass hierdurch gerade in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen bedeutsame Konsequenzen zu befürchten wären. Denn es sei denkbar, dass sich die Mehrheitsauffassung im Gemeinderat angesichts einer anders gelagerten Stimmkonstellation in der Haupts- oder Gesellschafterversammlung möglichweise nicht durchsetzen lässt; ähnlich Dietl, KommJur 2019, 45 (49). 255 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 45; Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 120. 256 BGHZ 104, 66 (74); Schindler, in: BeckOK GmbHG, § 47, Rn. 48; Mann, Die öffentlichrechtliche Gesellschaft, S. 201; Hinweise bei Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 45 f. (Fn. 293). 257 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 47 f., die dies mit der personalisierten Struktur und der Binnenorganisation der GmbH (Eigengesellschaft) begründet. Insoweit stehe die Person des Gesellschafters und nicht der Gesellschaftsanteil im Vordergrund, Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 201 f.; a. A. Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 53, der eine Parallele zum Aktienrecht zieht und darlegt, dass die eigenständigen Rechte und Pflichten auch zu einer uneinheitlichen Stimmrechtausübung führen könnten.

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einigen brauchen. Insoweit sind nicht die Einheitlichkeit der Stimmabgabe, sondern die konkreten Mehrheitsverhältnisse entscheidend.258 Bei der AG gilt zudem die Besonderheit, dass hier tatsächlich der Gesellschaftsanteil und nicht etwa die Person des Anteilseigners im Vordergrund steht.259 Schließlich spricht für die Zulässigkeit einer uneinheitlichen Stimmabgabe der gemeindlichen Vertreter der besonders hohe Grad an Unabhängigkeit im jeweiligen Organ. Denn soweit eine Weisung des Gemeinderates fehlt, dürfen sie ihre Rechte in souveräner Eigenständigkeit ausüben.260 Gleichwohl weist Lange261 zu Recht darauf hin, dass wegen der rechtlichen Einheitlichkeit der vertretenen Gemeinde davon ausgegangen werden müsste, dass nicht jeder von mehreren Vertretern einer Gemeinde getrennt von den anderen jeweils in völlig unabhängiger Weise einen Bruchteil des gemeindlichen Stimmrechts ausüben solle, sondern dass mehrere Vertreter einen gemeinsamen Willen über die Ausübung des Stimmrechts insgesamt bilden sollten. Darüber hinaus gilt es Folgendes zu beachten. Obwohl eine Stimmenspaltung aktienrechtlich zulässig ist,262 spricht die Abschwächung der Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde auf die Hauptversammlung der AG gegen eine uneinheitliche Stimmabgabe. Das aktienrechtlich zulässige Verhalten würde nämlich mit der verfassungsrechtlich geforderten Einhaltung der Ingerenzpflicht kollidieren.263 Eine wirksame Steuerung der als AG verfassten Unternehmen wäre nicht zu gewährleisten, wenn der Wille des öffentlichen Trägers nicht klar zum Ausdruck käme und nicht durchsetzungsfähig wäre.264 Daher konstatiert Mann265 zu Recht: „Aus öffentlich-rechtlicher Perspektive ist es der öffentlichen Hand mithin untersagt, ihr Stimmrecht in der Haupt- oder Gesellschafterversammlung einer Kapitalgesellschaft uneinheitlich auszuüben.“

Obwohl eine Regelung wie § 88 Abs. 2 GO RP in der GO NRW fehlt, sprechen die besseren Gründe dafür, insgesamt eine einheitliche Stimmrechtsausübung in den jeweiligen Organen – auch in der Hauptversammlung – kommunal beherrschter Unternehmen zu verlangen. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass es sich bei Kommunalvertretern meist um ausgewiesene Experten handelt, die gerade ihre Expertise in den Dienst der Gemeinde stellen. Fehlt nämlich ein konkreter Ratsbeschluss, bilden die gemeindlichen Vertreter einen einheitlichen Willen, wobei sie weiterhin an die in § 108 GO NRW gesetzten Anforderungen – insbesondere auf die Ausrichtung auf den öffentlichen Zweck, § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 GO 258 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 48 bezogen auf die Rechtslage in einer kommunalen AG; a. A. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 203. 259 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 47 f.; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesell­ schaft, S. 202 f. 260 Vgl. Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 53, der allerdings auch bei einer GmbH zu diesem Ergebnis gelangt. 261 Lange, Kommunalrecht, Kapitel 14, Rn. 241. 262 Ausdrücklich Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 203 m. w. N. 263 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 203. 264 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 203. 265 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 203.

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NRW – gebunden sind.266 Abstimmungen zu konkreten Unternehmensentscheidungen werden somit nicht am Allgemeinwohl vorbei getroffen, sondern durch die eingangs festgestellte besondere Fachkenntnis der gemeindlichen Vertreter und ihren Meinungsaustausch untereinander gefördert. Führt man sich vor Augen, dass der Einheitlichkeit der Stimmabgabe regelmäßig eine hitzige Diskussion um die besseren Argumente vorausgehen dürfte,267 wird deutlich, dass sich letztlich das für die öffentliche Zweckverfolgung überzeugendste, mithin kommunalfreundlichste Argument durchsetzen wird. 2. Charakterisierung der zentralen Vertretungsnorm Unabhängig davon, ob Unternehmen und Einrichtungen in der Rechtsform des öffentlichen oder privaten Rechts organisiert sind, legt § 113 GO NRW die Rechtsstellung des Vertreters der Gemeinde in ihrem Organisationsgefüge fest.268 Im Rahmen der Wahrnehmung seiner Funktionen bleibt der Vertreter269 – wie eben dargestellt – an die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden und ist hierdurch zugleich ihren Weisungen270 unterworfen, § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Als Kehrseits dieser Weisungsunterworfenheit folgt die Pflicht des Vertreters auf Beschluss des Rates jederzeit sein Amt niederzulegen, § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW.271 Überhaupt herrscht eine kaum zu unterschätzende Bindung zwischen Rat und dem beziehungsweise den Vertreter(n), was als Hauptursache der so vielgestaltigen Konfliktfelder zwischen beiden Rechtsgebieten angesehen werden darf.272 Die vorweggenommene und im Laufe der Arbeit noch näher zu untersuchende Feststellung verlangt daher an dieser Stelle eine strukturierte Darlegung der kommunalen Vertretungsausgestaltung. Dies erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Verständnisses einer adäquaten Sicherungs- und Kontroll 266 Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382. 267 Ähnlich Lange, Kommunalrecht, Kapitel 14, S. 241. 268 Aufgrund des uneingeschränkten Wortlauts der Vorschrift, bezieht sie sich sowohl auf juristische Personen und Personenvereinigungen des öffentlichen Rechts als auch auf privatrechtliche Organisationsformen in überwiegend staatlicher Beherrschung. 269 Frankenberger, RNotZ 2018, 649 (661) nennt sie „besondere Vertreter“. 270 Art und Umfang des Weisungsrechts wird im vierten Teil dieser Arbeit besprochen. 271 Allerdings gilt hierbei das allgemeine Missbrauchs- und Willkürverbot sowie die Pflicht widerstreitende Interessen unter umfassender Berücksichtigung sämtlicher kommunalrechtlicher Bestimmungen im Sinne einer praktischen Konkordanz in Einklang zu bringen, bereits OVG Münster NVwZ 1990, 791 (791); VG Köln, BeckRS 2015, 43415; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 3, 12. 272 Eine Bindung der Gemeindevertreter an die Vorgaben des Rates besteht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW allerdings nur dann, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Neben dem noch zu behandelnden Verhältnis zum Gesellschaftsrechts, können gemeindliche Vertreter auch in einigen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen weisungsfrei agieren. Hierzu zählen etwa § 15 Abs. 1 Landschaftsverbandsordnung NRW, § 11 Abs. 1 Landesplanungsgesetz NRW, § 15 Abs. 6 Satz 2 Sparkassengesetz NRW; Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1383.

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verpflichtung der Gemeinde geboten.273 Hierbei bezieht sich die Darstellung auf unmittelbare Mehrheitsbeteiligungen der Gemeinde an einem Unternehmen in privatrechtlicher Organisationform. Wie bereits erwähnt hat die zentrale Vertretungsvorschrift § 113 GO NRW seit dem GO-Reformgesetz vom 9. Oktober 2007 eine bemerkenswerte Abstufung gemeindlicher Einfluss- und Sicherungsmöglichkeiten erfahren. Während die Gemeinde bei unmittelbaren Beteiligungen gemäß § 113 Abs. 2 Sätze 1, 2, Abs. 3 GO NRW274 darauf bestehen muss, dass ihr ein Entsenderecht für Vertreter der Gemeinde in Gremien (z. B. Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Beirat) des Unternehmens beziehungsweise der Einrichtung eingeräumt wird, reicht es bei mittelbaren Beteiligungen nach Absatz 2 Satz 3 der Vorschrift aus, dass „ähnlich wirksame Vorkehrungen zur Sicherung hinreichender gemeindlicher Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten getroffen werden“. Hiernach ist statt der Entsendung von Vertretern der Gemeinde in Gesellschaftsgremien der mittelbaren Beteiligung denkbar, Entscheidungsbefugnisse der Gremien einer mittelbaren Gesellschaft an einen Zustimmungsvorbehalt von Gremien der unmittelbaren Muttergesellschaft zu binden, wenn letzterem von der Gemeinde entsandte Vertreter angehören.275 Hierdurch wird der Gemeinde ein größerer Spielraum eingeräumt, weil die Entsendung von Vertretern nicht länger zur Beteiligungs- und Gründungsvoraussetzung gemacht wird, sondern als bloß fakultative Möglichkeit gehöriger Ingerenzausgestaltung herangezogen werden kann.276 Obwohl also die Entsendung von Gemeindevertretern auch bei mittelbaren Beteiligungen als Mittel zur Kontrollsicherung herangezogen werden dürfte, stellt sich zunächst die Vertretungspflicht bei unmittelbaren Beteiligungen als unweigerliche Spannungsquelle dar, die sich – gesetzlich vorgegeben  – nicht allein bei Gelegenheit277 entladen kann. Erwähnt werden 273 Wichtig ist insbesondere das terminologische Verständnis der Repräsentanz. Gewählte Vertreter sind jene, die nicht unmittelbar durch einen Ratsbeschluss, sondern durch das gesellschaftsrechtliche Gremium auf Vorschlag oder Veranlassung der Gemeinde gewählt werden. Bestellte oder entsandte Vertreter werden unmittelbar durch Ratsbeschluss in das jeweilige Organ entsandt, Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, 85; die Begriffe „bestellt“ und „entsandt“ sind gleichzusetzen, Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 36. 274 Zu Recht wird es als problematisch empfunden, wenn § 113 Abs. 1 und Abs. 2 GO NRW von „bestellten“ Vertretern spricht, Abs. 3 den Begriff der „Entsendung“ von Aufsichtsratsmitgliedern wählt und § 108 Abs. 6 Satz 3 GO NRW von „entsandten“ oder „gewählten“ ausgeht vgl. Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 33. 275 Vgl. Kotzea, in: Held / Winkel § 113 GO NRW, S. 548 f.; Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 16; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 22 jeweils mit Verweis auf LT-Drs. 14/3979, 151. 276 Kotzea, in: Held / Winkel § 113 GO NRW, S. 548 mit Verweis auf § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW, wo ebenfalls nicht die Entsendung im Vordergrund stehe, sondern die Einflusssicherung. Allerdings wird bereits durch das Spezialitätsverhältnis zwischen § 113 und § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW deutlich, dass die Vertretung der Gemeinde jedenfalls für unmittelbare Beteiligungen eine spezielle Ausformung der denkbaren Sicherungsmöglichkeiten schlechthin darstellt, Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113, 1.1, S. 2. 277 So aber bei mittelbaren Beteiligungen, weil hier das Entsenderecht ein bloß fakultatives Sicherungswerkzeug ist, § 113 Abs. 2 Satz 3 GO NRW „[…] sofern nicht ähnlich wirksame

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

soll bei dieser Gelegenheit auch, dass weder § 108 GO NRW noch § 113 GO NRW eine einheitliche und abschließende Definition dafür liefern, wer als gemeindlicher Vertreter in den einzelnen Organen der kommunalen Unternehmen gemeint ist.278 Diese Feststellung rechtfertigt es, eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Vertretungsregelungen auf unmittelbare Beteiligungen zu beschränken. Zunächst bestimmt § 113 Abs. 2 Satz 1 GO NRW, dass der Rat für die Vertretung der Gemeinde in den maßgeblichen Organen von juristischen Personen sowie Personenvereinigungen den Vertreter bestellt279.280 Bei der Bestellung, Entsendung oder dem Vorschlag handelt es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit des Rates, § 113 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 GO NRW. Beachtenswert ist, dass es sich hierbei um Sonderregelungen handelt, die sich allein in der Gesamtschau der kommunalrechtlichen Vertretungsnomenklatur nachvollziehen lassen. Hierauf ist daher vertieft einzugehen. Die Ausgestaltung der Vertretung bestimmt sich ganz allgemein nach § 40 Abs. 2 GO NRW. Hiernach wird die Bürgerschaft durch den Rat und den Bürgermeister vertreten. Aus praktischen Gründen bestimmt § 40 Abs. 2 Satz 3 GO NRW allerdings, dass die Vertretung des Rates dem Bürgermeister obliegt.281 Nach § 63 GO NRW ist der Bürgermeister der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften. Diese Bestimmungen sind indes als allgemeine Regelungen zu verstehen. Denn insoweit erklärt sich § 63 Abs. 2 GO NRW für den Bereich gemeindlicher Vertretung in juristischen Personen oder Personenvereinigungen für formell subsidiär, weil durch den Verweis auf § 113 Abs. 2 GO NRW die Organkompetenz des Bürgermeisters im Falle der Außenvertretung durch die ausschließliche Zuständigkeit besonderer Vertreter begrenzt werde.282 Somit ermächtigt die Vorschrift den Rat dazu, zu entscheiden, wer die Gemeinde in den Vorkehrungen zur Sicherung hinreichender gemeindlicher Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten getroffen werden“. Kollisionen im Zusammenhang mit der Ausgestaltung wirksamer Vertretung in den Kontrollgremien des Unternehmens stellen sich somit auch nur insoweit, als vom Entsenderecht Gebrauch gemacht wird. 278 Vgl. Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 33 f., die betont, dass § 108 Abs. 6 Satz 1 GO NRW und § 113 GO NRW von unterschiedlichen Vertreter-Begriffen ausgehen, weil § 108 Abs. 6 Satz 1 GO NRW auch Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder erfasst. 279 Abzugrenzen und nicht zu verwechseln ist dies mit den Mitgliedern der Gemeinde, die nach § 113 Abs. 3 Satz 1 GO NRW in den Aufsichtsrat entsandt werden. Denn das Bestellungsverfahren bestimmt sich nicht nach dem Gesellschaftsvertrag, sondern nach förmlichem Bestellungsverfahren, §§ 113 Abs. 4, 50 Abs. 4 GO NRW. Hiernach sind neben dem Bürgermeister oder einem von ihm vorgeschlagenen Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung weitere Vertreter nach dem Verfahren der Höchstzahl zu bestimmen. Hierdurch solle erreicht werden, dass sich die Bestellung der Vertreter des Rates möglichst nach der politischen Zusammensetzung des Rates richtet, Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 553. 280 Zu den Rechten des Gemeindevertreters auch gegenüber den anderen Funktionsträgern der Gemeinden OVG Münster, Beschluss vom 12.02.1990 – 15 B 35/90 – juris, Rn.8 ff. 281 Insgesamt zum Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde, Smith, in: Kleerbaum / Palmen, § 40 GO NRW, S. 519 f. 282 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 16.

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Organen von gemeindlichen Beteiligungen vertritt.283 Hierbei stehe es ihm grundsätzlich frei Ratsmitglieder, den Bürgermeister284, Bedienstete der Gemeinde sowie sonstige Dritte, die auch Gemeindebeamte sein können, als Vertreter in die gemeindlichen Unternehmen und Einrichtungen zu entsenden.285 Sofern die Gemeinde hierbei nur einen Vertreter zu bestellen hat, entscheidet der Rat durch einfachen Mehrheitsbeschluss, § 113 Abs. 2 GO NRW. Er entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei eine Wahl nicht vorgesehen ist. Vielmehr genügt die Bestellung.286 Anders ist es dann, wenn die Gemeinde zwei oder mehr Vertreter zu benennen hat.287 Insoweit bestimmt § 113 Abs. 2 Satz 2 GO NRW nämlich, dass der Bürgermeister selbst oder der von ihm vorgeschlagene Bedienstete der Gemeinde zum Kreis der Vertreter zählen müssen, wobei sich das Wahlverfahren nach § 50 Abs. 4, 3 GO NRW richtet.288 In diesem Fall sind die Teilnahmerechte des Bürgermeisters oder des benannten Bediensteten nicht einschränkbar.289 Vielmehr ist der Rat verpflichtet, den Bürgermeister oder den

283 Die Gemeindeordnung will durch diese Regelung zugleich unterscheiden zwischen den kommunalen (ehrenamtlichen) Politikern und der Fachverwaltung. Steht der Gemeinde lediglich ein Sitz zur Verfügung, so steht es dem Rat zu darüber zu befinden, wer diese Rolle besetzen darf. Hierbei kann es sich entweder um einen Politiker oder aber eine Verwaltungskraft handeln. Ab zwei oder mehr Sitzen muss der Bürgermeister als Hauptverwaltungsbeamter im Gremium einen Sitz haben. Dies wird bei einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, das mehrheitlich von der Gemeinde beherrscht wird, angenommen werden können. 284 Gemeint ist ausschließlich der Hauptverwaltungsbeamte. 285 Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1388 f., der zugleich auf die Einschränkung dieses Ermessens nach den Sondervorschriften § 15 Abs. 2 GkG zur Zusammensetzung der Verbandsversammlung sowie die Bildung der Verbandsversammlung nach § 10 Abs. 1 Gesetz über den Regionalverband Ruhr (RVRG). Ähnliche Regelungen enthalten etwa § 7a Landschaftsverbandsordnung NRW (LVerbO), § 9 Abs. 1 Kommunalverband Ruhrgebiet Gesetz (KVR-Gesetz); § 5 Abs. 4 Landesplanungsgesetz NRW (LPlG), vgl. Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 551. 286 Klare Darstellung durch die Gemeinde Grefrath, abrufbar unter: www.grefrath.de/ C125759F003A24AA/­files/h006_v.pdf/$file/h006_v.pdf (zuletzt abgerufen am 06.02.2020). 287 Die Frage wonach sich die Anzahl der Vertreter richtet, wird vom Gesetzgeber nicht explizit aufgegriffen. So könnte man auf die Beteiligungsverhältnisse oder aber allein auf die Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung abstellen. Im Regelfall richtet sich die „Sitzverteilung“ indes nach der Binnenorganisation des jeweiligen Gremiums. So orientiert sich die Anzahl der Entsandten tatsächlich an dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung, deren Ausgestaltung freilich von den konkreten Beteiligungsverhältnissen beziehungsweise Machtverhältnissen abhängt. Häufig wird die Verteilung der Sitze aber auch in sog. Konsortial­ verträgen geregelt, Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 518. 288 Allerdings steht es dem Rat frei, nach § 50 Abs. 3 GO NRW seine Bestellung- und Vorschlagsrechte durch einheitlichen Wahlvorschlag oder Verhältniswahl auszuüben, vgl. insgesamt die Darstellung durch die Gemeinde Grefrath, abrufbar unter: www.grefrath.de/ C125759F003A24AA/files/h006_v.pdf/$file/h006_v.pdf?OpenElement (zuletzt abgerufen am 06.02.2020). 289 Zu beachten ist auch, dass dem Bürgermeister unabhängig davon, ob ein oder mehrere Vertreter zu bestellen sind, ein Stimmrecht zusteht, vgl. LT-Drs. 14/3979, S. 138; Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1392.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

von ihm vorgeschlagenen Bediensteten zu benennen.290 Darüber hinaus können Partizipationsrechte des Bürgermeisters nicht durch Ratsbeschluss herbeigeführt werden.291 Insbesondere ist es dem Rat verwehrt in Gesellschaftsverträgen kommunaler Unternehmen die Rechte des Bürgermeisters auf eine beratende Stimme ohne ein vollwertiges Stimmrecht zu beschränken.292 Wie bereits angemerkt steht es dem Bürgermeister frei denjenigen Bediensteten vorzuschlagen, der ihn in den in Absatz 1 genannten Gremien vertreten soll, soweit zwei oder mehr Vertreter im Einzelfall zu entsenden sind. Doch wer ist konkret gemeint? Der Begriff des Bediensteten ist im Kontext der GO-Reform 2007 zu verstehen. Hierbei ersetzte die Begrifflichkeit des Bediensteten den Terminus „Beamte und Angestellte der Gemeinde“. Hierdurch sollte eine Anpassung an das Tarifrecht erfolgen, nachdem dort der Begriff des Angestellten entfallen war.293 Allerdings müsse der Bürgermeister – wie auch zuvor – bei seinem Personalvorschlag die Qualifikation der vorgeschlagenen Bediensteten berücksichtigen.294 Überhaupt ist die Frage nach der erforderlichen Qualifikation der Gemeindevertreter nicht zu unterschätzen.295 Zwar legt die Gemeindeordnung für die Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied keine besonderen persönlichen oder fachlichen Anforderungen fest. Allerdings sind hierbei die besonderen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zu beachten. So hat auch der BGH diesbezüglich geurteilt, dass für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat „Mindestkenntnisse allgemeiner, wirtschaftlicher, organisatorischer und rechtlicher Art“ zu fordern seien, „um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können“.296 Die zunehmenden Anforderungen an die Unternehmensaufsicht erfordere nämlich eine immer höhere Qualifikation der entsandten Mit­ glieder.297 Hier seien insbesondere die Kenntnisse über gesetzliche und satzungsmäßige Aufgaben, über Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder, die Beurteilung interner Berichte sowie insbesondere die selbstständige Prüfung und 290 Die Gemeinde ist nach § 113 Abs. 3 Satz 3 GO NRW verpflichtet darauf zu achten, dass bei mehreren Aufsichtsratsmitgliedern auf jeden Fall auch der Bürgermeister oder der von ihm vorgeschlagenen Bedienstete der Gemeinde zu den entsandten zählt. In der Praxis wird deshalb bereits im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der jeweilige Bürgermeister dem Aufsichtsrat als sog. „geborenes Mitglied“ angehört, Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 553. Weil der Bürgermeister somit ohnehin gesetzt ist, wären etwa in einem Aufsichtsrat einer GmbH, in der 12 Sitze durch Gemeinde zu besetzen sind, lediglich 11 im Wege des Hare / Niemeyer Verfahrens zu wählen, zum Ganzen Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1391, 1393. 291 VG Münster, Urteil vom 6.5.2011, 1 K 508/10-juris, Rn. 27, 29. 292 VG Münster, Urteil vom 6.5.2011, 1 K 508/10-juris, Rn. 27 ff. 293 LT-Drs. 14/3979, S. 151, worin ausgeführt wird, dass hierdurch formal der Anwendungsbereich der Vorschrift auf die bisher den Arbeitern zugerechneten Arbeitnehmer erweitert werde; Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 14. 294 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 14. 295 Vgl. hierzu Schodder, NdsVBl. 2012, 121 (125 f.). 296 BGHZ 85, 293, 295 f.; Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 549. 297 Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 549 f., der betont, dass für größere Kommunen mit mehreren Unternehmen entsprechende Fortbildungsmaßnahmen unumgänglich seien.

D. Pflicht zur Vertretung der Gemeinde  

159

Beurteilung des Vorgehens der Unternehmensführung im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen zu nennen.298 Ihrer Pflicht als Kontrollhebel der Kommune können sie nämlich nur bei entsprechendem Know-How nachkommen. Hierbei dürfte ein Zusammenhang zwischen der fachlichen Eignung der Vertreter und der Konfliktintensität und Konfliktanfälligkeit der Unternehmensführung bestehen. Denn je besser die kommunalen Kontrolleure ausgebildet sind, desto eher werden sie die Führung am Maßstab nachhaltiger Wirtschaftsführung zur Erreichung des öffentlichen Zwecks (§ 109 GO NRW) messen und auf etwaige unwirtschaftliche, unvernünftige oder gar unrechtmäßige Unternehmensentscheidungen aufmerksam machen können. Der Pflicht zur Vertretung kommt nämlich kein Selbstzweck zu, sondern dient der Sicherung und Förderung der Daseinsvorsorge. Daher überrascht es nicht, dass insbesondere die grundsätzlich verpflichtende Bindung der Vertreter an Beschlüsse des Rates, ihrer Informations- und Berichtserteilungspflicht sowie nicht zuletzt die Gemeinwohlverbürgung ihres Handelns schlechthin, eine Konfliktquelle der wirtschaftlichen Betätigung in Privatrechtsform begründen. Nachfolgend sollen daher diejenigen Bereiche kommunalen Vertreterhandelns beleuchtet werden, die besonders spannungsgeladen sind. 3. Vertretungspflicht als Konfliktgrundlage Unabhängig davon, ob es sich um entsandte, vorgeschlagene oder bestellte Vertreter handelt, führt die grundsätzliche Bindung299 an kommunale Interessen dazu, dass es häufig zu Kollisionen mit den Interessen des Unternehmens kommt. Ursächlich hierfür können sowohl wirtschaftliche Interessen als auch die angesprochene Bindung an die Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens sein.300 Eine Gegenüberstellung mit der gesellschaftsrechtlichen Pflicht, die Belange des Unternehmens unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu berücksichtigen §§ 93, 116 AktG (i. V. m. § 52 GmbHG), verdeutlicht das Problem im Ansatz. Denn wesentliche Verpflichtungen der Vertreter in der Hauptversammlung der AG, der Gesellschafterversammlung der GmbH sowie in den fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsräten dieser Kapitalgesellschaften stehen unter dem Vorbehalt anderweitiger gesetzlicher Regelungen, § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW. Angesprochen sind hier das Weisungsrecht der Gemeinde gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW sowie die maßvolle Unterrichtungsverpflichtung und Berichterstattung gegenüber der Kommune über Interna der Unternehmensführung nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW, die sich gegenüber anderen Bestimmungen, insbesondere gesellschaftsrechtlichen Regelungen, zu 298 Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 550. 299 Vorbehaltlich der Vertreter in den Organen bestimmter Einrichtungen und Unternehmen, § 15 Abs. 1 LVerbO NRW, § 11 Abs. 1 LPlG NRW, § 15 Abs. 6 Satz 2 SpkG NRW. 300 Vgl. Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 550.

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3. Teil: Kontrollpflichten und Pflichtenbindungen

behaupten haben.301 Dies dürfte regelmäßig dann akut werden, wenn die Vertreter Entscheidungen zum Wohle des Gemeindevolkes nur auf Kosten der Gesellschaft und umgekehrt treffen können. In dieser Lage finden sie sich als „Diener zweier Herren“302 wieder und müssen zum einen vor der Abberufung durch den Rat303 als Korrelat zum Weisungsrecht und sich zum anderen vor Schadenersatzansprüchen seitens der Gesellschaft nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG (i. V. m. § 52 GmbHG) fürchten,304 weil ihnen der Vorwurf eines gesellschaftsrechtlich sorgfaltswidrigen Verhaltens angelastet werden könnte.305 Dies betrifft zunächst die Gefahr, entsprechend oder entgegen der Weisung zu handeln. Allerdings stellt auch die Verpflichtung zur Unterrichtung des Rates ein Minenfeld kommunalwirtschaftlicher Vertretertätigkeit dar. Es stehe nämlich im Widerspruch zu dem unternehmerischen Interesse, sich mit größter Anstrengung um die Wahrung der Vertraulichkeit ihrer Geschäftsbeziehungen zu bemühen.306 Eben dieses Spannungsverhältnis finde sich in den Sondervorschriften §§ 394, 395 AktG wieder und sei im Zusammenhang mit der Verpflichtung zu verstehen, „über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, die ihnen durch ihre Tätigkeit [im Aufsichtsrat, § 116 AktG] (…) bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren“.307 Bei diesen Komplementärinteressen liegt es auf der Hand, dass sich gemeindliche Vertreter nicht gleichermaßen und wohl kaum risikobefreit sowohl gemeindlichen Interessen auf der einen Seite als auch unternehmerischen Pflichten auf der anderen Seite widmen können. Daher wird zu klären sein, zu welchem Preis gemeindliche Ingerenzpflichten verwirklicht werden können. Im Verlauf der Arbeit wird die Vertretungspflicht und die durch sie begründete Vielgestaltigkeit der Konfliktsituationen deshalb ebenso darzustellen sein, wie die Auswirkungen, die sich hieraus auf die Gründung von und Beteiligung an einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft sowie deren Führung ergeben.308 Dies alles soll im Rahmen der Bestimmung des grundsätz-

301 Wie diese und ggf. weitere Interessenkonflikte im Einzelfall gelöst werden können, soll an dieser Stelle nicht beantwortet werden, weil die Diskussion über das Verhältnis zwischen landesrechtlichem Kommunalrecht und bundesrechtlichem Gesellschaftsrecht den Schwerpunkt der Kollisionsdogmatik und Vorranglehren darstellt. Hierzu eingehend im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit. 302 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 ff. 303 Oder aber eine Abwahl, soweit sie von der Gesellschafterversammlung in den Aufsichtsrat ernannt worden sind, § 103 Abs. 1 AktG. 304 Etwa dann, wenn sie das Wohl der Gemeinde über dasjenige des Unternehmens stellen. Allerdings kann es im Einzelfall vom unternehmerischen Ermessen des gemeindlichen Aufsichtsratsmitglieds gedeckt sein, Geschäften zuzustimmen, die für die Gesellschaft wirtschaftlich nachteilig sind, BGH, Urteil vom 10.07.2018 – II ZR 24/17 – juris, Rn. 54. Dies betonen auch Mutter und Kerth, 15. Rheinischen Gesellschaftsrechtskonferenz am 14.05.2019 in Düsseldorf, Berichterstattung durch Albers, AG 2019, R183 (R184). 305 Instruktiv Towfigh, DVBl. 2015, 1016 ff. 306 Vgl. Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 555 m. w. N. 307 Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 555. 308 Auf die Vertretungsproblematik im Rahmen der Arbeitnehmermitbestimmung, § 108a, b GO NRW wird allerdings nicht eingegangen.

E. Ergebnis  

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lichen Verhältnisses zwischen beiden Rechtsregimen dargelegt werden. Hierbei sollen zunächst die Verflechtungen und sodann die gewissermaßen systembedingten Kollisionen in den maßgeblichen Unternehmensstadien aufgezeigt werden.

E. Ergebnis Das kommunale Streben nach einer effektiven Vertretung ihrer Interessen ist kein Selbstzweck, sondern Ausdruck gemeindlicher Verantwortung gegenüber ihren Einwohnern. Die Intensität dieser Verantwortungswahrnehmung hängt allerdings nicht zuletzt von der konkreten Organisationsform und ihrer organisatorischen Ausgestaltung ab. Als dessen Kehrseite hängen auch Art und Ausmaß der Pflichtenbindung der Gemeindevertreter von der konkreten Vertretungsaus­ gestaltung im jeweiligen Organ ab. Dass die Gemeinden hierzu verpflichtet sind, ist weder ein neues Phänomen noch ist dies mit der zunehmenden Entkommuna­ lisierung309 zu erklären. Vielmehr sah bereits die DGO verpflichtende Vertretungsregelungen vor, die sich in ihrer Flexibilität auch an die Verantwortungsverteilungsströmungen der Nachkriegszeit anpassten. So lässt sich erklären, dass sich auch nach Inkrafttreten der GO NRW am 21. Oktober 1952 die Frage nach dem „Ob“ gemeindlicher Vertretung nicht stellte. Hinsichtlich der Ausgestaltung indes, zeigte sich die GO NRW stets offen für marktwirtschaftliche Veränderungen und kann hierzu auf eine turbulente Entwicklung kommunalwirtschaftlicher Normenwerke verweisen. Den Wandlungen standhaft geblieben ist jedoch der Kontrollmechanismus der Bestellung oder Entsendung von gemeindlichen Vertretern zur Sicherung gemeindlichen Einflusses und Förderung kommunaler Interessen. Hierbei ist es besonders wichtig auch die Qualifikation der Entsandten hinreichend zu über­prüfen und jedenfalls hierbei einen gesellschaftsrechtlichen Maßstab anzulegen. Zu verlangen ist nämlich, dass nur solche Vertreter in Gremien des Unternehmens entsandt werden, welche die Unternehmenstätigkeit in ihrer rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Dimension hinreichend erfassen und sachgerecht bewerten können. Hiermit geht zwar ein höheres, indes wünschenswertes Konfliktrisiko einher. Denn ein fähiger Vertreter wird Ungereimtheiten zwischen gemeinwohldienlichem und gewinnorientiertem kommunalem Wirtschaften erkennen und sich etwa im Abstimmungsverhalten310 auf die Nachhaltigkeitsgrundsätze gemeind­lichen Wirtschaftens besinnen.

309 Zur Privatisierungsdiskussion und zum Vorwurf des „Ausverkauf des Staates“ vgl. Stober, NJW 2008, 2301 ff. 310 Dies gilt für den Fall, dass ein verbindlicher Ratsbeschluss, dem eine Bewertung und Abstimmung bereits vorausgegangen ist, fehlt.

4. Teil

Regimekollisionen Nachdem bereits speziell vertretungsbedingte Reibungsflächen zwischen der Gemeinde und dem Gesellschaftsinteresse in der gebotenen Kürze dargestellt wurden, soll nunmehr unter Einschluss dieses Ergebnisses eine umfassende Untersuchung der ingerenzbedingten Spannungen zwischen der kommunalen Körperschaft und ihren privatrechtlich organisierten Unternehmen erfolgen. Hierbei wird die Reichweite und Intensität kommunaler Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten dargestellt und in Verhältnis zur jeweils gewählten Rechtsform und der organisatorischen Ausgestaltung des Unternehmens gesetzt.

A. Ingerenzbedingte Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht Durch die dargestellte Repräsentation der Gemeinde in den Gremien ihrer Unternehmen wird es der Kommune nicht nur ermöglicht, die Kontrolle zu sichern und zu effektuieren, sondern auch Entwicklungen innerhalb der Organisation frühzeitig zu erkennen und hierauf entsprechend zu reagieren. Hier sind insbesondere die zunehmenden organisatorischen und rechtlichen Autonomiebestrebungen im Verhältnis zur Gemeinde zu nennen.1 Darüber hinaus ist eine fortschreitende Angleichung der kommunalen Unternehmenspraxis an rein wirtschaftlich agierenden Unternehmen zu beobachten.2 Gerade in diesen Fällen stellt sich zunehmend die Frage nach dem Verhältnis von Kommunalrecht und Gesellschaftsrecht.3 Denn neben den genuin gründungsbezogenen Fragen werden vor allem im Augenblick der Vertretungsumsetzung die Verflechtungen beider Rechtsregime offenbart. Hierbei beschränkt sich die Diskussion nicht allein auf die Klärung rechtlicher Vorgaben für die Vertretung der Kommune in privatrechtlich organisierten juristischen Personen. Vielmehr lässt sich eine „Typologie der Konfliktsituationen“4 heraus­k ristallisieren. So können Konflikte zwischen Gemeinde und Gesellschaft

1 Etwa im Rahmen der Gründung / Beteiligung sowie der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte, vgl. Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13. 2 Dies ist nicht zuletzt auf die im zweiten Teil dargestellte Dynamik privatrechtlicher Organisationsformen schlechthin zurückzuführen. 3 Vgl. Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 2 f. 4 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13.

B. Kommunale Körperschaft und privatrechtlich organisierte Gesellschaften 

163

sowohl bei der Gründung bzw. Beteiligung als auch im Rahmen der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte akut werden. Im Stadium der Gründung dreht sich das Konfliktkarussell überwiegend zwischen den folgenden Ebenen. Zum einen umkreist es Fragen nach einer effizienten Gestaltung und Ausübung maßvoller Einwirkungs-5 und Kontrollmöglichkeiten zugunsten der Kommune. Zum anderen dreht es sich um die sich hieraus ergebenden, spiegelbildlichen Pflichten der Gemeindevertreter, die Interessen der vertretenen Gemeinde auch praktisch auszuführen. Woher diese Pflichten stammen, weshalb sie verpflichtend sind und wie diese gesichert werden können, bedarf einer gesonderten Untersuchung, weil sie gerade nicht auf einer Ebene mit den gemeindlichen Sicherungs- und Kontrollinteressen stehen. Es handelt sich gewissermaßen um die praktische, exekutive Dimension kommunaler Einflussnahme. Eingebettet in die Diskussion des grundlegend problematischen Verhältnisses der kommunalen Körperschaften gegenüber ihren privatrechtlich organisierten Gesellschaften, soll zunächst der möglicherweise systembedingte Auslöser des Konfliktes dargestellt werden, um sodann eine systematische Einteilung des Widerstreits vorzunehmen. Hiernach gilt es zu untersuchen, was die Ursachen dieser Spannungen sind, die als „Regimekollisionen“6 bezeichnet werden können und welche innerorganisatorischen Besonderheiten der Gesellschaften hierfür ursächlich sind. Schließlich soll dargestellt werden, welche Konflikte im Stadium der Gründung und der Unternehmensführung akut oder jedenfalls erwartbar sind und welche Rolle hierbei die Verfolgung des öffentlichen Zwecks spielt.

B. Grundlegend problematisches Verhältnis der kommunalen Körperschaft gegenüber ihren privatrechtlich organisierten Gesellschaften Mehrfach wurde bereits betont, dass die kommunale Wirtschaftsunternehmung von öffentlichen Gemeinwohlmotiven geleitet sein muss. Denn insbesondere die Ausgestaltung und Struktur eines Steuerstaates stünde einem allgemeinwohlentfesselten Gewinnstreben der Gemeinde entgegen.7 Betätigt sich die Kommune in diesem gesetzten Rahmen wirtschaftlich, so wird ihrem Unternehmen lediglich die Aufgabe zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Belange übertragen. Die Aufgabenverantwortung und -trägerschaft unter Beachtung der Recht- und Zweckmäßigkeit sowie der Wirtschaftlichkeit der Betätigung hat zwingend bei der Ge 5 Zur Einwirkungspflicht, Püttner, DVBl. 1975, 353 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 124 ff.; Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 90 ff. 6 Treffend formuliert es Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1016 f.). 7 Hierbei sorge das Haushaltsrecht von Kommunen dafür, dass es sich bei der primären Ausrichtung auf das öffentliche Interesse nicht bloß um eine „inhaltsleere Deklamation“ handle, Huber / Fröhlich, in: FS Coester-Waltjen, S. 1127 (1127).

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4. Teil: Regimekollisionen

meinde selbst zu verbleiben.8 Hierdurch soll nämlich gewährleistet werden, dass die Kommune sich ihrer „demokratisch legitimierten Letztverantwortung nicht entziehen kann“9. Dies gilt vor allem dann nicht, wenn sie sich auf das Parkett der wirtschaftlich agierenden Organisationsformen begibt. Insoweit sind gemeindliche Unternehmen in Privatrechtsform nämlich besonders anfällig dafür, der gemeindlichen Kontrolle zu entgleiten.10 Begründen lässt sich dies vor allem mit der ihr eigenen, nicht selten schier entfesselten Wirtschaftsdynamik, die in den gesellschaftsrechtlichen Organisationsmöglichkeiten angelegt ist. Hier müsse den demokratisch legitimierten Gremien die Möglichkeit gegeben werden, in angemessener Weise auf die Geschäftsführung Einfluss und Kontrolle auszuüben und zu gewährleisten, dass der „von einem örtlich radizierten Gemeinwohlzeck beherrschte“11 kommunale Auftrag umgesetzt werde. Diese Einflussnahmeverpflichtung erschöpft sich indes nicht in dieser Funktion. Denn neben der Verfolgung des öffentlichen Auftrags durch das Kommunalunternehmen sollen zugleich die Partizipationsmöglichkeiten der Einwohner und Bürger an den unternehmerischen Entscheidungen der Kommune sichergestellt werden. Letzteres wird vor allem mittelbar durch die Beteiligung an den Kommunalwahlen ermöglicht.12 Denn insoweit gilt es zu beachten, dass kommunale Entscheidungen bereits aufgrund des in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG verankerten Demokratieprinzips jedenfalls mittelbar auf das Wahlvolk rückführbar sein müssen.13 Schließlich sei dies dem Umstand geschuldet, dass die Aufgabenverantwortung trotz Organisationsprivatisierung bei der Gemeinde verbleibe und „die Kommune sich der Letztverantwortung in einer demokratischen Legitimationskette nicht entziehen“ könne.14 So richtig diese Feststellung auch ist, so wenig berücksichtigt sie die Eigenart des Gesellschaftsrechts, seine viel 8 Dies gelte vorbehaltlos für kommunale Pflichtaufgaben, deren Durchführung die Kommune nunmehr einem privatrechtlichen Unternehmen übertragen möchte. Bei sonstigen Aufgaben dürfe die Kommune die gesamte Aufgabe (nicht bloß die Durchführung) indirekt durch ein kommunales Unternehmen erfüllen, so Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 332 bezogen auf Kommunale GmbH; BGHZ 114, 127 ff. 9 Katz, GemHH 2016, 73 (74); gerade hier entfaltet das auf Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, § 19, S. 326 zurückgehenden Schlagwort „Keine Flucht von Staat und Gemeinde in das Privatrecht (…)“ seine ursprünglichste Warnfunktion. Denn die wesentliche Aussage dieses „plakativen Slogans“ ist, dass sich der Staat durch die Wahl der Handlungsform nicht entgegen Art. 20 Abs. 2 und 3 GG sowie Art. 1 Abs. 3 GG öffentlich-rechtlichen Bindungen entziehen kann, Kirchhof, in: Maunz / Dürig, Art. 83, Rn. 103. 10 Von einem möglichen Dilemma zwischen „Autonomie der Unternehmensleitung mit einer wirksamen, auch die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe überwachenden Kontrolle“ sprechen bereits Scholz / Pitschas, in: Püttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 5, § 95, S. 128 (133). 11 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126. 12 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 30. 13 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1225 f. und passim); Schulz, BayVBl. 1996, 97 (101); Thode / Peres, BayVBl. 1999, 6 (9); Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 30. 14 Einschließlich des Zitats Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126, der auf die Gewährleistungs- und Sicherstellungspflichten im Rahmen von überwiegend gesetzlichen Pflichtaufgaben der Gemeinde, etwa Abfallentsorgung, Trinkwasser, ÖPNV, Krankenhäuser abstellt.

B. Kommunale Körperschaft und privatrechtlich organisierte Gesellschaften 

165

gestaltigen Einflüsse auf das Gemeinderecht sowie die gesellschaftsspezifischen Gesetzesvorgaben. Nachfolgend sollen daher die unterschiedlichen Positionen des Gesellschaftsrechts einerseits und des Kommunalrechts andererseits aufgezeigt werden. Hierbei sollen abstrakte Ausführungen vermieden und stattdessen systembedingte Konfliktsituationen gesondert aufgezeigt werden. Dies geschieht allerdings erst, nachdem die grundsätzliche Problemlage vertieft beleuchtet worden ist.

I. Systembedingte Konfliktimmanenz Dass sich die öffentliche Hand vielfältiger privatrechtlicher Organisationsformen bedienen kann, wurde bereits dargestellt.15 Obwohl hiernach mehrere Organisationsformen denkbar sind, die den haushaltsrechtlichen sowie gemeinderechtlichen Vorgaben entsprechen, entscheidet sich die Praxis regelmäßig für den Betrieb öffentlicher Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder AG.16 Die unternehmensorganisatorischen Besonderheiten, welche verantwortlich für den Systemkonflikt sind, sollen sich daher auf diese beiden Organisationsformen und ihre unternehmensgestalterischen Varianten beschränken. Unabhängig von der Wahl der konkreten Organisationsform stünden Unternehmen in privatrechtlichen Rechtsformen jedoch „in dem Ruf, regelmäßig mit strukturellen Defiziten für die verfassungsrechtlich gebotene demokratische Legitimation und die Ingerenzmöglichkeiten der öffentlichen Hand verbunden zu sein.“17 Neben den gesellschaftsimmanenten Organisationsstrukturen und der zum Teil ausgeprägten Autonomie und Unbeeinflussbarkeit ihrer Organe, liege dies vor allem daran, dass sowohl Eigengesellschaften als auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen immer stärker in betriebswirtschaftlichen Denkmustern agierten. Dies begünstige jedenfalls eine „ausschließlich gewinnorientierte Unternehmensführung“18, die es zu vermeiden gelte. Denn wie bereits dargestellt werden konnte sind gemeindliche Unternehmen gerade kein Selbstzweck. Ausgangspunkt allen – auch wirtschaftlichen – Handelns der öffentlichen Hand ist vielmehr die Wahrnehmung von Kompetenzen.19 Hierbei haben sie gemeinwohlsichernde und -fördernde (Pflicht)Aufgaben zu erfüllen, wobei sämtliche Unternehmensentscheidungen jedenfalls mittelbar auf das kommunale Wahlvolk rückführbar sein müssen. Gerade diese Notwendigkeit einer transparenten Rückkoppelung an das Gemeindewahlvolk zwingt die Kommune dazu, ihren Organen – Gemeinderat und Bürgermeister – hierfür hinreichende Informations-, Sicherungs-, und Kontrollrechte zur Verfügung zu stellen. Doch kann dies erfolgen, ohne sich auf Konfrontationskurs mit dem auf Gewinnerzielung ausgerichteten Gesellschaftsrecht und seinen unternehmensspezifischen „Spielregeln“ 15 Siehe oben zweiter Teil unter C. 16 Vgl. hierzu die Angaben in der Einleitung zu dieser Arbeit. 17 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 182; zum Begriff der Ingerenz vergleich die Ausführungen im dritten Teil dieser Arbeit. 18 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 183; Schoch, DÖV 1993, 377 (382). 19 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1018).

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4. Teil: Regimekollisionen

zu begeben? So stellt auch Brenner20 zu Recht die Frage danach, auf welche Weise bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Gesellschaften gewährleistet werden kann, dass das spezifisch öffentlich-rechtliche Anforderungsprofil an die demokratische Legitimation aber auch die rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Bindungen sowie die im Kommunalrecht ausgestaltete Funktionenordnung eingehalten werden. Die Besonderheit dieser Fragestellung dürfte kaum zu übersehen sein. Sie impliziert nämlich, dass es trotz zu erwartender Kollisionen möglich sein muss, beide Regelungsregime in einen harmonischen Ausgleich zu bringen. Freilich kann diese Prognose zum sicheren Umgang etwaiger Systemspannungen nicht genügen. Daher ist es erforderlich, die einzelnen Konfliktfelder im Verlauf der Arbeit darzustellen, um sodann im Rahmen dogmatischer Schlichtungsversuche auf diese Feststellung zurückzukommen.21

II. „Regimekollision“ zwischen Freiheit und Pflicht In die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen privatrechtlich organisierten Unternehmen und der mehrheitsbeteiligten Kommune sind sowohl Gesichtspunkte des GmbH-Rechts als auch des Kommunalrechts einzubeziehen.22 Einzugehen ist somit auf das Verhältnis der hoheitlichen Pflichtenbindungen und dem Gesellschaftsrecht in Fällen, in denen das am Gemeinwohl und der sozialpolitisch determinierten Daseinsvorsorge ausgerichtete öffentliche Recht Anforderungen aufstellt, die im diametralen Widerspruch zu den Bestimmungen des auf die erwerbswirtschaftliche Betätigung ausgerichteten Gesellschaftsrechts stehen.23 Hierbei ist die Konfrontation beider Rechtsgebiete unausweichlich, weil durch die Entscheidung, öffentliche Aufgaben durch juristische Personen des Privatrechts wahrzunehmen, sowohl das öffentlich-rechtliche als auch das privatrechtliche Rechtsregime aktiviert wird.24 Denn bei der formellen Organisationsprivatisierung von Verwaltungsaufgaben stellen sich neben Fragen der Gründung von beziehungsweise Beteiligung an privatrechtlich organisierten Unternehmen, zwangsläufig auch Fragen öffentlich-rechtlicher Einwirkungs- und Kontrollpflichten und die damit einhergehende Klärungsbedürftigkeit der Vorherrschaft des leitenden Rechtsgebiets. Dies wird insbesondere in Bezug auf gemischt-wirtschaftliche Unternehmen, bei welchen die Divergenz zwischen dem auf Durchsetzung der öffentlichen Aufgabe gerichteten Interesse der öffentlichen Hand und dem auf 20 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (223). 21 Hierzu sechster und siebter Teil dieser Arbeit. 22 Vgl. Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 247. 23 Dieses Kernproblem formuliert Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (463); Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 12. 24 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (463); Erichsen spricht von einem doppelten Rechtsregime, das durch die Auslagerung von Aufgaben kommunaler Leistungsverwaltung auf Eigengesellschaften und die Beteiligung an privatrechtlich organisierten juristischen Personen begründet werde, Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 12.

B. Kommunale Körperschaft und privatrechtlich organisierte Gesellschaften 

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Gewinnmaximierung gerichteten Interesse des privaten Gesellschafters bereits wesensimmanent ist, virulent.25 Daher trifft Towfigh insgesamt mit der Formulierung einer „Regimekollision“ zwischen den Regimen des öffentlichen Unternehmensrechts und des Gesellschaftsrechts den Kern des Problems.26 Zu Recht verweist er nämlich auf den unterschiedlichen Regelungszweck und die gänzlich unterschiedlichen Wertungen beider Rechtsgebiete. Während das Gemeindewirtschaftsrecht auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gerichtet ist, zielt das Gesellschaftsrecht auf die Gewährleistung von wirtschaftlicher Freiheit und liberalem Wettbewerb ab.27 Gerade diese unterschiedlichen, sich divergierend entgegen­ stehenden Motive führen dazu, dass Gemeinden Einflussnahmemöglichkeiten zugesprochen werden müssen28, die zur effektiven Sicherung und Durchsetzung gemeinwohlorientierter Ziele geeignet sind. In diesem Zusammenhang gilt es herauszufinden, in welchem Verhältnis kommunalrechtliche Vorgaben zu den Bestimmungen des Gesellschaftsrechts, insbesondere in den Stadien der Gründung bzw. dem Entschluss zur Beteiligung sowie im Laufe der Betriebsführung, stehen. Erschwert wird die Diskussion etwa durch die Möglichkeit Beteiligungsverhältnisse unterschiedlich auszugestalten und soweit die Anzahl der Beschäftigten dies nicht ohnehin veranlasst, ein zusätzliches Gesellschaftsorgan zu etablieren.29 Es wird zu klären sein, in welchen Fällen gemeindewirtschaftlicher Betätigung es zu Normen- und Wertungskollision kommt und welcher Einflussnahme- und Einwirkungsgrad Kommunen vor diesem Hintergrund zugesprochen werden kann.30 25 Mann, JZ 2002, 819 (822). 26 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1016 f.), der insbesondere die Wahrung von Betriebsgeheimnissen im Zusammenhang mit öffentlichen Ratssitzungen, die Auskunftspflichten von im Wettbewerb stehenden öffentlichen Unternehmen nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die Zulässigkeit von Sponsoring seitens öffentlicher Unternehmen, die Weisungsgebundenheit von Gemeindevertretern in Aufsichtsgremien oder die Einwirkung auf Enkelunternehmen der öffentlichen Hand als Kollisionsfelder dieser beiden Rechtsgebiete benennt. 27 Diese nahezu unbegrenzte Freiheit zeichnet sich besonders in § 1 GmbHG aus. Hiernach darf die GmbH zu jedem gesetzlichen – etwa auch gemeinnützigen – Zweck gegründet werden. So auch Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1019) der neben der bereits bestehenden gemeinnützigen GmbH (gGmbH) auch darauf hinwiest, dass öffentliche Zwecke theoretisch durch eine öffentliche GmbH (öGmbH) verfolgt werden könnten. 28 Insoweit stellt sich die Frage danach, ob Rechtsregeln erforderlich sind, welche die Kommune zur Einflussnahme verpflichten insbesondere vor dem Hintergrund des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW nicht. Anders noch, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 3, der ausdrücklich die Frage aufwirft, ob solche notwendig sind. 29 Angesprochen ist hier die Möglichkeit in die innere Ordnung einer GmbH einen Aufsichtsrat zu implementieren, § 52 Abs. 1 GmbHG (fakultativer Aufsichtsrat), obwohl dieser weder durch das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) noch das Drittelbestimmungsgesetz (DrittelbG) angeordnet ist (obligatorischer Aufsichtsrat). 30 In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass einer effizienten Wirtschaftsbetätigung eine gewisse autonome Unternehmensführung zugesprochen werden muss, Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (443); Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 94 f. Diesen Kontrollverlust preisen öffentliche Unternehmen jedoch bereits bei der Gründung des Unternehmens ein, weil er „dem öffentlichen Interesse zuträglich ist“, M. Mann, AG 2018, 57 (58).

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4. Teil: Regimekollisionen

Denn in diesem Umfang besteht auch eine Pflichtenbindung ihrer Vertreter. Ziel soll es sein, konkrete Fallgruppen des Konflikts aufzuzeigen, ohne jedoch die notwendige Einzelfalluntersuchung zu vernachlässigen.

III. Normative Relationsbestimmung der Rechtsmaterien – eine Gegenüberstellung Um die vielfältigen Konfliktsituationen jenseits ihrer abstrakt-theoretischen Dimension nachvollziehen zu können, bedarf es einer konkret normativen Relationsbestimmung. Denn der bloße Hinweis darauf, dass in beiden Rechtsmaterien Regelungen bestehen, die Umfang und Reichweite der Beteiligtenrechte festlegen, ist wenig überraschend und noch weniger ergiebig. Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben soll daher das Verhältnis beider Rechtsmaterien zunächst im Allgemeinen, im Verlauf der Arbeit im Speziellen dargestellt werden. Andernfalls ist die Sprengkraft der gemeindlichen Einwirkungsrechte und spiegelbildlich hierzu die Pflicht der Gemeindevertreter, diesen Anordnungen Folge zu leisten, nicht vollumfänglich nachzuvollziehen. Das Recht der Wirtschaft unterfällt nach Art. 74 Nr. 11 GG der konkurrierenden Gesetzgebung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG gehören hierzu all jene Normen, die das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regeln.31 Neben Regelungen zur Gesamtsteuerung der Wirtschaft insgesamt darf der Bund auch Regelungen über deren Organisation, etwa solche über die Gestaltung der Unternehmensform treffen.32 Beachtenswert ist, dass das in die konkurrierende Gesetzgebung unterfallende Recht der Wirtschaft sowohl privatrechtliche wie auch öffentlich-rechtliche Formen wirtschaftlicher Betätigung der Kommune erfassen kann.33 Anders verhält es sich bei den zum Kommunalverfassungsrecht zugehörigen Regelungen der Gemeindeordnung. Denn nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungskompetenz verleiht. In Ermangelung einer ausdrücklichen Zuweisung des Kommunalverfassungsrechts zur ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 73, 74 GG) unterfällt das Recht der Gemeinden e contrario der Landesgesetzgebungskompetenz.34 Hiervon umfasst ist auch die „Errichtung und organisatorische Ausgestaltung der Kommunen als Träger öffentlicher Verwaltung“35. Somit ist zunächst festzuhalten, dass das Grundgesetz die Gemeinden durchweg als Teile der Länder behandelt und das 31 Bereits BVerfGE 8, 143 (148 f.); BVerfGE 55, 274 (308). 32 Maunz, in: ders. / Dürig, Art.  74, Rn.  133. 33 Maunz, in: ders. / Dürig, Art. 74, Rn. 135, 154. 34 BVerwG NVwZ 2015, 1613 (1614), das zugleich klarstellt, dass der Ausschluss eines Ratsmitglieds aus der Ratssitzung nach § 31 Abs. 1 GO NRW keinen strafrechtlichen Charakter besitze und der Ausschließungsbeschluss daher auch nicht Art. 72, 74 Nr. 1 GG verletzte. 35 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 15 f.

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BVerfG die Kommunen „ausschließlich dem Verfassungsbereich der Länder zugeordnet“ hat.36 Diese „Standortfestlegung“ ist notwendig, um die Reichweite des Regelungsgehaltes der jeweiligen Norm festlegen zu können. Sie ist aber auch verlockend. Dies ist es insbesondere dann, wenn es im selben Regelungszusammenhang – auf den noch einzugehen sein wird – zu einer Regimekollision kommt und es gelegentlich opportun erscheint, Ungereimtheiten mit dem bloßen Hinweis auf die Gesetzeshierarchie auszuräumen oder jedenfalls als Auslegungsmaßstab für eine Vorrangbestimmung im Einzelfall heranzuziehen.37 Ganz allgemein werde dies nach Erichsen38 in den Fällen akut, in denen beide Rechtsmaterien Regelungen aufstellen, die das Verhalten der organschaftlichen Vertreter der Kommunen in den Organen der Gesellschaft regeln. Denn hierbei handle es sich sowohl um organschaftliches Handeln der Kommune als auch um die Ausübung von Rechten im Gesellschaftsorgan. Von entscheidender Bedeutung ist somit die Frage, welche unmittelbaren und mittelbaren Mechanismen den Kommunen im Hinblick auf die verhaltensgesteuerte Betätigung ihrer Eigen- oder Beteiligungsgesellschaft in den Organisationsformen der AG oder GmbH zur Verfügung stehen. An dieser Stelle sollen zunächst jedoch die internen Organisationsbesonderheiten dargestellt werden, weil sie ursächlich für die Dysbalance zwischen kommunalrechtlichem Anspruch und gesellschaftsrechtlicher Möglichkeit sind. Bezüglich der Organisationsform der AG ist bei der Beantwortung dieser Frage das ausbalancierte Zusammenspiel zwischen dem Vertretungsorgan der Eigentümer (Hauptversammlung, §§ 118 ff. AktG), dem Überwachungsorgan (Aufsichtsrat, § 95 ff. AktG) und dem Leitungsorgan (Vorstand, §§ 76 ff. AktG) angesprochen. Diese Konzeption einer „trialistischen Organverfassung“ lasse sich auf die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers von 1937 zurückführen.39 Die aufeinander abgestimmten Strukturen von „checks and balances“40, die im Laufe der Unter 36 BVerfGE 39, 96 (109); Meßerschmidt, Die Verwaltung 23 (1990), S. 425 (438); siehe bereits oben zum Problemkreis „Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme“, dritter Teil B. II. 2. b) gg). 37 Der Überzeugung eines bundesgesetzlichen Vorrangs in Kollisionsfällen entspringt auch der Gedanke, „dass sich Gemeinden den jeweiligen Organisationsformen so zu bedienen haben, wie sie das Zivil- und Gesellschaftsrecht in ihren Grundstrukturen zur Verfügung stellt“, Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 64 f., Rn. 98. Zu den einzelnen rechtlichen Positionen im Falle des Kollisionseintritts und der Bedeutung der Kollisionsregel des Art. 31 GG vgl. die Ausfüh­ rungen im sechsten Teil dieser Arbeit. 38 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 16. 39 Weckerling-Wilhelm / Mirtsching, NZG 2011, 327 (328) einschließlich des Zitats. 40 Freilich im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung, geht dieser Begriff zunächst auf John Locke (1632–1704) zurück, der in seinem Werk Two treaties of Government, 1690 jedoch lediglich eine Trennung zwischen Judikative und Exekutive vorsah. Erst Charles de Secondat, Baron de la Brède et de Montesquieu (1689–1755) erweiterte in seinem Werk De l’esprit des lois das theoretische Modell der Zweiteilung um die Gewalt der Rechtsprechung und begründete die berühmte Trias. Allerdings hat bereits Aristoteles (384–322 v. Chr.) in seiner Politica und später Henry St. John Bolingbroke das System der „checks and balances of powers“ in seinem Werk Remarks on the History of England, 1730/31 ausführlich beschrieben, vgl. zum Ganzen Schlosser, Neuere Europäische Rechtsgeschichte, S. 185 f.

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4. Teil: Regimekollisionen

suchung noch näher beleuchtet werden sollen, lassen die Schwierigkeiten einer einseitig gemeindlichen Einflussnahme und Kontrolle bereits erahnen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Unzulässigkeit eines direkten Einflusses auf die Entscheidungsfindung des Vorstandes41 sowie des allgemeinen aktienrechtrechtlichen Grundsatzes der Weisungsunabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern.42 Diese Einflussresistenz wird durch die konsequente Geltung des Prinzips der formellen Satzungsstrenge, wonach von den Regelungen des Aktienrechts nur dann abgewichen werden darf, wenn dies im Aktienrecht ausdrücklich zugelassen ist,43 verschärft. Vor diesem Hintergrund wirkt die in § 108 Abs. 4 GO NRW angeordnete formelle Subsidiarität der Aktiengesellschaft gegenüber anderen Rechtsformen allzu verständlich und konsequent.44 So heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs auch, dass dieses Steuerungs- und Kontrolldefizit im Widerspruch zu der von der Gemeindeordnung geforderten aktiven Einflussnahme stünde.45 In diesem Zusammenhang helfen auch strategisch geschickte Besetzungsentscheidungen im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft nicht wesentlich weiter.46 Hierdurch kann die Gebietskörperschaft zwar sicherstellen, dass der Vorstand durch kommunaltreue Aufsichtsratsmitglieder bestellt wird, § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG. Allerdings darf auch dieses Werkzeug nicht überschätzt werden. Denn obgleich es jedenfalls mittelbar eine gemeinwohlorientierte Aufgabenwahrnehmung ermöglicht, schützt es weder vor den angesprochenen Regimekollisionen noch löst es diese auf. Weil aber in der Organisationsform der GmbH ebenfalls gemeinwohlspezifische Verhaltensanforderungen an die Vertreter der Kommune in den Gesellschaftsorganen gestellt werden, kommt es auch im Rahmen dieser Organisationsform zu Kollisionen, wenn und soweit das Kommunalrecht Anforderungen an das Vertreterhandeln stellt, die den Rechten der Gesellschaftsorgane zuwiderlaufen. Dies betrifft Gesellschaften mit einem obligatorischen oder fakultativen Aufsichtsrat sicher in einem besonderen Maße. Eine Kollision ist aber auch bei einer allzu einseitigen Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags oder einer disproportionalen Vertretung der Gemeinde in der Gesellschafterversammlung nicht auszuschließen. Denn das GmbHG stellt weitgehend dispositives Recht dar, „sodass vor allem über den Gesellschaftsvertrag Einwirkungsrechte zur Gewährleistung der 41 Dies ergibt sich aus dem Begriff der Eigenverantwortlichkeit i. S. v. § 76 Abs.1 AktG, Dauner-Lieb, in: Henssler / Strohn, § 76 AktG, Rn. 8. 42 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen seiner persönlichen Amtsführung allein dem Unternehmensinteresse verpflichtet ist, § 111 Abs. 6 AktG (mit Wirkung vom 01.05.2015. Ehemals § 111 Abs. 5 AktG); BVerwG NJW 2011, 3735 (3736); Koch, in: Hüffer / ders., § 111 AktG, Rn. 60. 43 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 108, Rn. 147. 44 Zurückzuführen ist dies auf das Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung – 1. Modernisierungsgesetz NRW vom 15.6.1999, GV. NRW. S.386. 45 Zu den Motiven des Landegesetzgers vgl. LT-Drs. 12/3730, S. 109. 46 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 569 ff.

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einflusssichernden Steuerungs- und Überwachungsfunktion (etwa §§ 108 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6, 7, Abs. 5, 113 GO NRW) durch entsprechende Kompetenzzuordnungen usw. festgelegt und auf die Kommunen übertragen werden können“.47 Hierdurch wäre sichergestellt, dass essentiell gemeindestrategische Fragen durch den Gemeinderat oder den Bürgermeister48 behandelt werden und Gemeindevertreter in der Gesellschafterversammlung bei essentiellen Angelegenheiten der Gemeinde an den vorherigen Beschluss dieser Gemeindeorgane gebunden bleiben.49 Diese Kontrollbestrebungen führen jedoch aufgrund der aufgezeigten systembedingten Konfliktimmanenz zu erheblichen Interessenkollisionen und Rollenkonflikten.50 Dies ist damit zu begründen, dass die Wahrnehmung von kommunalen Einflussnahme- und Sicherungsrechten sämtliche Ebenen der Unternehmensorganisation betrifft. Hierbei lassen sich Spannungen sowohl während der Gründungsphase des Kommunalunternehmens als auch im Verlauf der Unternehmensführung und -ausrichtung feststellen. So unterschiedlich die einzelnen Konfliktfelder auch sein mögen, so eindeutig ist hingegen ihr Ursprung. Mit Blick auf die maßgeblichen Normen der Gemeindeordnung, die insbesondere eine hinreichende Einflussnahme, öffentliche Zweckausrichtung und -erreichung sowie effektive Informations- und Kontrollrechte fordern (§§ 108, 109, 112, 113 GO NRW), scheinen mannigfaltige Kollisionen mit dem nach wirtschaftlicher Freiheit strebenden Gesellschaftsrecht vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden zu sein. Nachfolgend soll der Versuch unternommen werden, die entstehenden Spannungen und Konflikte sowohl während der Gründung als auch im Verlauf der Unternehmensführung anhand einer Konflikttypologie51 zu beleuchten und die vielfältigen Schwierigkeiten im Rahmen der Wahrnehmung von kommunalen Einflussnahmeund Kontrollrechten darzustellen. Eingebettet ist die Untersuchung in die bereits getroffenen Feststellungen zum Sinn und Zweck der Begründung, Sicherstellung und des Vorbehalts hinreichender Einflussnahmerechte auf kommunale Gesellschaften, mithin der gemeindlichen Ingerenz schlechthin.

47 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 89, Rn. 131, der zu Recht auf die gestalterischen „Öffnungsklauseln“ §§ 45 ff., 51a und 52 GmbHG; § 394 AktG hinweist. 48 Nach § 41 Abs. 3 GO NRW „gelten Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Rates als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat (im Wege sog. Rückhol- und Vorbehaltsrechte) sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält“, Frenzen, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 41, Rn. 37. 49 VG Köln, BeckRS 2015, 43415; Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113, Rn. 8.1, S. 11; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 11. 50 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 89 f., Rn. 131. 51 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13.

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4. Teil: Regimekollisionen

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ Nachfolgend sollen die Konflikte, welche im Stadium der Gründung52 einer GmbH oder AG auftreten, dargestellt werden. Hierbei gilt es aufzuzeigen, dass die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags und der Satzung unmittelbar auf das Verhalten der Gemeindevertreter durchschlägt, ihr Verhalten determiniert und ihnen zugleich Orientierung dort bietet, wo ihr Handeln entweder gegen die Interessen der Gemeinde oder der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner verstoßen würde. Was im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung vereinbart worden ist, lässt sich nämlich auch an den hierdurch verpflichtenden unternehmerischen Entscheidungen der gemeindlichen Vertreter erkennen. In diesem Sinne wird der Inhalt der Vereinbarung durch das Verhalten der Vertreter in den Organen des Unternehmens publiziert und erfahrbar gemacht, weil sie gerade durch Vereinbarung abgesichert werden.

I. Ingerenzbedingte Konflikte im Gründungsstadium Zunächst sind Spannungen zwischen der Gemeinde und den von ihr jedenfalls mehrheitlich gehaltenen Unternehmen in privatrechtlicher Organisationsform in der (frühen) Phase der Gründung- bzw. Beteiligungsvereinbarung denkbar. Diese Feststellung ist in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen. Denn wie bereits dar­ gelegt wurde, determinieren gemeindliche Sicherungsmöglichkeiten auch Maß und Umfang der Vertreterpflichten und der mit ihr einhergehenden Bindungen. Nichts anderes gilt bezüglich der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung, weil es sich letztlich um die Konkretisierung des einvernehmlich erarbeiteten Pflichtenkatalogs der Gesellschafter handelt.53 Wie noch aufzuzeigen sein wird, kommt der Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrags „als Organisationsvertrag bei rechtsgeschäftlichem Geltungsgrund“54 mit objektiven, die Verfassung ausgestaltenden Bestimmungen eine besondere 52 Gemeint ist die Gründung einer kommunalen Eigengesellschaft oder die Gründung eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens, an der die Kommune mehrheitlich beteiligt ist. 53 Bei infrastrukturellen Grundversorgungsaufgaben im Rahmen von PPP-Projekten wird der gesellschaftsvertraglich beziehungsweise satzungsmäßig verankerte öffentliche Zweck häufig durch eine „Gewährleistungsvereinbarung“ zwischen Kommune und kommunalem Unternehmen abgeschlossen, um Einzelheiten, wie Umfang der Leistungserbringung, Qualität der Dienstleitung sowie Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten zu verankern, Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, in: Gutachten zu 67. Deutschen Juristentag (2008), S. 109, 114 ff., der auch die Bezeichnung geprägt hat; Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 120 f. Bei der Ausgestaltung dieser ergänzenden Verträge dürften die nachfolgenden Konflikte und Konfliktvermeidungsstrategien entsprechend gelten. 54 Schäfer, in: Henssler / Strohn, § 2 GmbHG, Rn. 4, der auch auf die Doppelnatur des Gesellschaftsvertrags, nämlich als Schuldverhältnis zwischen den Gesellschaftern einerseits und der Grundlage der künftigen juristischen Person andererseits hinweist.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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Bedeutung zu.55 Abstrakt betrachtet, ist dies immer dann zu befürchten, wenn das geplante Vorhaben aus gemeindepolitischer Sicht nicht mit den Vorgaben des Kommunalrechts zu vereinbaren ist oder umgekehrt die kommunalen Ausgestaltungspläne mit dem auf wirtschaftliche Freiheit ausgerichteten Gesellschaftsrecht als nicht miteinander vereinbar angesehen werden.56 Angesprochen sind hierbei Situationen, in denen bereits die Wahl einer opportunen Rechtsform etwa im Hinblick auf größtmögliche Haftungs- und Risikominimierung einerseits und höchstmöglicher Wirtschaftlichkeit andererseits, zu Kontroversen zwischen den Beteiligten führt.57 Ganz grundsätzlich geht es um die Frage, ob sich das Kommunalrecht und damit auch sämtliche unternehmerische Ausgestaltungspläne der Gemeinde dem gesellschaftsrechtlichen Regelungsregime anzupassen hat. In der Konsequenz hätten sich Kommunen im Rahmen ihrer Organisationsgewalt bereits im Stadium der Gründung den Möglichkeiten und Grenzen des Gesellschaftsrechts zu unterwerfen. Unabhängig von etwaigen bereits bestehenden Grundsatzbestimmungen in den Hauptsatzungen der Gemeinden, beträfe dies die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung in besonderem Maße.58 Wie bereits erwähnt, schlagen diese Vereinbarungen unmittelbar auf die Verhaltensanforderungen der Gemeindevertreter durch. Daher soll kurz der Mindest- und der fakultative Inhalt des Gesellschaftsvertrags der kommunalen GmbH dargestellt werden, um zu verdeutlichen, welche Punkte indisponibel sind und welche vertraglichen Freiräume den eigentlichen Konfliktherd befeuern. Hieran anschließend sollen sodann jene Aspekte beleuchtet werden, welche für die entstehenden Interessendysbalancen im Gründungsstadium einer kommunalen AG verantwortlich sind. 1. Konfliktquellen im Gründungsstadium einer (mehrheitlich) kommunalen GmbH Zunächst ergeben sich die Mindestanforderungen des Gesellschaftsvertrags einer GmbH aus § 3 Abs. 1 GmbHG.59 Hiernach muss dieser neben der Firma und dem Sitz der Gesellschaft auch den Unternehmensgegenstand, den Betrag des Stammkapitals sowie die übernommene Stammeinlage enthalten. Allerdings machen die Gemeindeordnungen weitergehende, spezifisch auf die Interessen der 55 Heinze, in: MüKomm GmbHG, § 2, Rn. 4. 56 Vgl. Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13. 57 Letztlich handelt es sich um die bereits im zweiten Teil dieser Arbeit unter B. I. aufgezeigten Motive, die bei der Wahl der Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform berücksichtigt, abgewogen und zu den Vorteilen einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform in Verhältnis gesetzt werden müssen. 58 Ob diese Konsequenz anerkannt wird und der Kommunalgesetzgeber das Gesellschaftsrecht modifikationsfrei respektieren muss, soll im Zusammenhang der Konfliktlösungen unter Teil sechs und sieben dieser Arbeit aufgezeigt werden. 59 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 110 ff., der die Gesellschaftssatzung zu Recht als wesentliches Steuerungsinstrument anerkennt und sie folgerichtig als „zentrale Schaltstelle“ bezeichnet.

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4. Teil: Regimekollisionen

Kommune ausgerichtete, Vorgaben für die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags kommunaler Gesellschaften.60 So muss der Unternehmensgegenstand der kommunalen GmbH, mithin der konkret vereinbarte Tätigkeitsrahmen, innerhalb dessen das gemeinsame Engagement stattfinden soll,61 sicherstellen, dass der öffentliche Zweck nachhaltig erfüllt wird, §§ 107 Abs. 1 Nr. 1, 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 109 Abs. 1 GO NRW. Zwar wird vereinzelt vorgebracht, dass die Ausrichtung auf den öffentlichen Zweck jedenfalls dann nicht erforderlich sei, wenn sich die gemeinwohlbezogene Tätigkeit bereits aus dem Unternehmensgegenstand ergäbe.62 Allerdings verdeutlicht selbst eine bloß deklaratorische Aufnahme des Zwecks in den Gesellschaftsvertrag, die Steuerungsvorgabe der Kommune gegenüber ihren privaten Unternehmen bzw. Beteiligungsunternehmen und ist daher ratsam.63 Neben den genannten Punkten, die sich unmittelbar aus § 3 Abs. 1 GmbHG ergeben, besteht indes eine weitgehende Satzungsautonomie, so dass bei der GmbH jede nicht ausdrücklich verbotene Regelung zum Vertragsinhalt werden könnte.64 Weil aber die Gemeindeordnung eine kommunale Beteiligung an einer bzw. die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts schlechthin davon abhängig macht, ob die Steuerung und Führung des Unternehmens dergestalt sichergestellt ist, dass eine nachhaltige Erfüllung des öffentlichen Zwecks gewährleistet werden kann (etwa §§ 108 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6, 7, Abs. 5 und e contrario § 108 Abs. 4 GO NRW), begründet diese Freiheit zugleich auch erhebliche Spannungen zwischen den Interessen aller Beteiligten. Führt man sich nämlich die überragende Bedeutung der Satzungsfreiheit für die Möglichkeit, der Festlegung der Reichweite von Rechten und Pflichten sowie Aufgaben und Zuständigkeiten der Gesellschaftsorgane und der hiermit einhergehenden Möglichkeit Unstimmigkeiten vorbeugend beseitigen zu können, vor Augen, überrascht es nicht, dass die Diskussion darüber, ob die „gewählte Fassung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung kommunalrechtlichen Anforderungen genügt“65, besonders kontrovers geführt wird.66 60 Vgl. Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 311. 61 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 98, Rn. 138, der darauf hinweist, dass durch die explizite Aufnahme des öffentlichen Zwecks in den Gesellschaftsvertrag als Unternehmensgegenstand das kommunale Gemeinwohlinteresse unzweideutig zum Eigeninteresse des Kommunalunternehmens werde, an dem sich alle Gesellschaftsorgane auszurichten hätten. Hierbei rät er dazu, die Gleichstellung des Kommunalinteresses mit dem Unternehmensinteresse explizit in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. 62 Im Sinne einer deklaratorischen Bedeutung siehe Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 100 ff., der im Ergebnis auch für eine Aufnahme des öffentlichen Zwecks in den Gesellschaftsvertrag bzw. Satzung plädiert. 63 Vgl. Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 318 m. w. N. 64 Nochmals auf den insoweit beachtenswerten Unterschied zur AG hinweisend, Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 328. 65 Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13. 66 Für die Aktiengesellschaft ist das in § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG verbürgte Gebot der Satzungsstrenge zu beachten. Danach kann die Satzung von den aktienrechtlichen Regelungen nur dann abweichen, wenn es ausdrücklich zugelassen ist.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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Im Falle von gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen sind hierbei insbesondere die Differenzen zwischen der Gemeinde und den Gesellschaftern angesprochen. Denn durch das gesetzlich vorgegebene Interesse der Kommune, eine ungehemmte Wirtschaftsausübung zugunsten gemeinwohlorientierter Steuerung einzuschränken, kommt es dazu, dass sich zwei unterschiedlich intendierte Systeme gegenüberstehen.67 Dies zeigt sich nicht nur in der angesprochenen Pflicht zur Implementierung verbindlicher Steuerungsmöglichkeiten, sondern eben auch bei der weitergehenden gemeinwohlorientierten Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags selbst, § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 GO NRW.68 Zu nennen wäre etwa der Versuch, Abstimmungsmehrheiten vertraglich zu vereinbaren. Hierdurch wäre die Möglichkeit des Überstimmtwerdens der Gemeinde in der Gesellschafterversammlung von vornherein ausgeschlossen.69 a) Permanenter Beirat / fakultativer Aufsichtsrat Zu Unstimmigkeit zwischen den Interessen privater Gesellschafter und denen der Kommunen könnte es aber auch dann kommen, wenn Gemeinden danach streben, einen permanenten Beirat als ständiges Aufsichtsorgan70 zu etablieren, um hierdurch einerseits die (müßige) Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu vermeiden und andererseits ihren Einfluss dauerhaft und effektiv auszuüben.71 Steht hierbei nicht die unterstützende Beratung, sondern tatsächlich die Aufsicht über die Geschäftsführung im Vordergrund, so handelt es sich bei dem Beirat um einen fakultativen Aufsichtsrat i. S. d. § 52 Abs. 1 GmbHG.72 Zu ihren Aufgaben 67 So legt bereits § 109 Abs. 1 Satz 2 GO NRW als „nachhaltiger Wirtschaftsgrundsatz“ (VG Münster, Urteil vom 6.5.2011 – 1K 508/10 – juris, Rn. 49) fest, dass die Ertragserzielungsabsicht der Gemeinde nur so lange bestehen bleiben darf, als die Erreichung des öffentlichen Zwecks hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Treffend spricht Keßler von einem Zusammenstoß der politischen Zielprojektionen der [der Gemeinde] mit den harten Normen des Gesellschaftsrechts, Keßler, GmbHR 2000, 71 (71). 68 Beachtlich ist, dass der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Gesellschaftszeck nicht gewinnorientiert sein muss, sondern durchaus rein gemeinwohlorientiert sein kann, Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1020). 69 Wehrstedt, MittRhNotK 2000, 269 (275), der auf diese Einflussmöglichkeit auch bei einer GmbH mit einem (fakultativen) Aufsichtsrat hinweist. 70 Etwa zur Überwachung des Managements bei mittelständischen GmbHs, Spindler, in: MüKomm GmbHG, § 52, Rn. 718. 71 Vgl. Spindler, in: MüKomm GmbHG, § 52, Rn. 714, der den Beirat als Gesellschafterausschuss für die Zeit zwischen den Gesellschafterversammlungen zur Förderung des Gesellschafterinteresses für zweckmäßig hält. 72 Für die Voraussetzungen eines nach der Gründung beschlossenen Aufsichtsrats, KG Berlin, Urteil vom 23.07.2015, Az. 23 U 18/15; ohne etwaige Differenzierung setzt Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 130 (Fn. 16) den Beirat mit einem fakultativen Aufsichtsrat gleich. Allerdings kann von einem Aufsichtsrat nur dann gesprochen werden, wenn dem Organ ein Mindestmaß an unentziehbaren Kontrollrechten verliehen wird, Spindler, in: MüKomm GmbHG, § 52, Rn. 725.

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4. Teil: Regimekollisionen

gehört mithin die Überwachung der Geschäftsführung, die Einberufung der Gesellschafterversammlung, die Entgegennahme des Geschäftsführerberichts, die Prüfung des Jahresabschlusses sowie die Vertretung der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer.73 Diese umfassenden Aufgaben verdeutlichen, dass sich die Etablierung eines solchen Aufsichtsrats anbietet, obschon es sich um eine freiwillige Einrichtung handelt.74 Werden nämlich die von der Gesellschafterversammlung vorgegebenen Ziele durch sie selbst kontrolliert, liege es auf der Hand, dass nicht dasselbe Maß an Objektivität und Kontrolle gewährleistet werden kann. Aus der Sicht der Kommune dürfte eine permanente Kontrolleinrichtung wesentlich effektiver dazu beitragen, das Unternehmen so zu führen, zu steuern und zu kontrollieren, dass der öffentliche Zweck nachhaltig erfüllt wird. Dass dies wiederum – wie jedwede Kontrolle – der wirtschaftlichen Dynamik der Unternehmung abträglich wäre und von privaten Gesellschaftern nicht gerade freudig unterstützt werden dürfte, überrascht sicher nur wenig.75 b) Zielvereinbarungen In diesem Zusammenhang sind auch Zielvereinbarungen zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung einer GmbH einzuordnen. Die Gemeinde­ ordnung erhebt die Verfolgung des öffentlichen Zwecks zur konstituierenden Bedingung für jedes kommunale Unternehmen. Die Kommune fungiere daher stets in einer „Doppelfunktion“76 als Eigentümerin und als Verantwortliche für die Wahrnehmung einer auf das Unternehmen übertragenen öffentlichen Aufgabe.77 Einerseits sei die Gemeinde als Mehrheitseigentümerin an Werterhalt bzw. Wertsteigerung und Wirtschaftlichkeit interessiert und andererseits obliegt ihr als Aufgabenverantwortliche die wirkungsvolle Umsetzung der übertragenen Gemeinwohlaufgabe im Interesse der Kommune und seiner Einwohner und Bürger.78 Um diese Ziele zu erreichen, sei es erforderlich im Rahmen des Gesellschaftszwecks kommunalpolitische Vorgaben sowohl zu Finanzzielen als auch zu Fachzielen 73 Diese prägnante Aufzählung findet sich wieder bei Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 344, 354, der auch auf die weitgehende Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis hinweist. 74 So auch Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 335; Wehrstedt, MittRhNotK 2000, 269 (275); Erle / Becker, NZG 1999, 58 (62). 75 Obwohl der Landesgesetzgeber die Einflusssicherung und die Ausrichtung der Unternehmung auf den öffentlichen Zweck erkannte, § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 GO NRW, bleibt das Maß zulässiger Kontrolle in einem joint venture konfliktbehaftet. 76 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516. 77 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516. 78 Vgl. Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516; gute Unternehmenssteuerung, Strategien und Handlungsempfehlungen für die Steuerung städtischer Beteiligungen, Deutscher Städtetag, S. 8, abrufbar unter: www.staedtetag.de/ imperia/md/content/dst/veroeffentlichungen/mat/strategien_handlungsempfehlungen_gute_ unternehmenssteuerung.pdf (abgerufen am 07.02.2020).

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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vorzugeben.79 Nur so lässt sich nämlich eine Beteiligungssteuerung (Beteiligungs­ management)80 sicherstellen, welche durch eine gehörige Unternehmens- und Wirtschaftsplanung hinreichende Kontrollinstrumente für die öffentliche Zweckverfolgung bereithält. Daher wird etwa vorgeschlagen, Mitgliedern des Beteiligungsmanagements einen Gaststatus in den Aufsichtsgremien (Aufsichtsrat / ​ Beirat) städtischer Gesellschaften einzuräumen und dies im Gesellschaftsvertrag festzuhalten.81 Hierbei weist Dietlmeier82 zu Recht darauf hin, dass es von der Rechtsform des Unternehmens abhänge, ob deren Umsetzung in Unternehmenskonzepte durch Zielvereinbarungen mit der Unternehmensleitung zulässig ist. Bei der mitbestimmungsfreien GmbH bestehen hiergegen keinerlei Bedenken, weil die Geschäftsführung mit den Vertretern der Kommune in der Gesellschafterversammlung Zielvereinbarungen über das jährliche Arbeitsprogramm und den dafür zur Verfügung stehenden Finanzrahmen des Wirtschaftsplans treffen könne. Hierbei könnten auch Vereinbarungen zu einheitlichen Benchmarking Konzepten im Hinblick auf Marktanalyse und Marktvergleich zur gesamtunternehmerischen Leistungsverbesserung getroffen werden. Weil aber das Beteiligungsmanagement ein wesentlicher Teil der Beteiligungssteuerung schlechthin ist, sollten Mitarbeiter des Beteiligungsmanagements bei der Vereinbarung der Ziele unbedingt mitwirken. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Aufsichtsorgan etabliert wird und sie dort ggf. einen Gaststatus erhalten. Denn in jedem Fall zählt die spätere Zielkontrolle zu ihren Aufgaben. Hierdurch wird deutlich, dass der Grad der Konfliktanfälligkeit auch davon abhängt, wie streng kommunalpolitische Vorgaben zur Sicherung des öffentlichen Zwecks auch erwerbswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigen. Ein Konflikt mit privaten Minderheitsgesellschaftern dürfte jedenfalls dann vorhersehbar sein, wenn der Wirtschaftsplan zwar die Finanzierung der städtischen Zielvorgaben berücksichtigt,83 ein reales Renditekonzept jedoch vermissen lässt.

79 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516. 80 Ausführlich zum Beteiligungsmanagement als Maßnahme guter Unternehmensführung vgl. die zitierte Quelle des Deutschen Städtetags; in Bezug auf das finanzielle Krisen­ management kommunaler Eigengesellschaften durch effektives Beteiligungsmanagement, Flöther / Gundlach, NVwZ 2016, 881 ff. 81 Gute Unternehmenssteuerung, Strategien und Handlungsempfehlungen für die Steuerung städtischer Beteiligungen, Deutscher Städtetag, S. 8, 9, passim, abrufbar unter: www.staedtetag. de/imperia/md/content/dst/veroeffentlichungen/mat/strategien_handlungsempfehlungen_gute_ unternehmenssteuerung.pdf (zuletzt abgerufen am 07.02.2020). 82 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516 f. 83 Hierzu die Abb. 1 Gute Unternehmenssteuerung, Strategien und Handlungsempfehlungen für die Steuerung städtischer Beteiligungen, Deutscher Städtetag, S. 9, abrufbar unter: www.staedtetag.de/imperia/md/content/dst/veroeffentlichungen/mat/strategien_handlungs​ empfehlungen_gute_unternehmenssteuerung.pdf (abgerufen am 07.02.2020).

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4. Teil: Regimekollisionen

c) Gemeindliche Unterbeteiligung Die Etablierung von Einrichtungen zur gehörigen Sicherung des Gemeinwohlzwecks ist indes nicht die einzige Quelle systembedingten Zusammenstoßes. Denn auch Pläne einer gemeindlichen Unterbeteiligung (Gründung; Beteiligung; Erhöhung der Beteiligung) i. S. d. § 108 Abs. 6 Satz 1 lit. a) GO NRW sind nicht gänzlich vom Risiko eines Regimekonflikts freizusprechen. Denn es wurde bereits verdeutlicht, dass der Landesgesetzgeber in Absatz 6 Satz 5 der Vorschrift einen Anwendungsvorrang zugunsten des Gesellschaftsrechts festgeschrieben hat, der freilich nicht notwendig wäre, wenn ein Konflikt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar erschiene. Dies ist insoweit nachvollziehbar, als die Gemeindevertreter auch bei einer Unterbeteiligung der Kommune vor Erteilung ihrer Zustimmung zum geplanten wirtschaftlichen Vorhaben an die vorherige Entscheidung des Rates hierüber gebunden sind.84 Im Rahmen seiner Entscheidungsfindung ist der Rat gehalten zu prüfen, ob die grundlegenden Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 (und den nachdrücklichen Verweisen insbesondere auf § 107 Abs. 1 GO NRW) der Vorschrift zu bejahen sind. Gleichwohl dürfte in der Praxis das Konfliktpotential als eher gering einzustufen sein. Denn zum einen macht die Vorschrift deutlich, dass selbst dann, wenn die Gemeinde die Mindestbeteiligung von 25 Prozent überschreitet, nicht alle Fälle der Unterbeteiligung erfasst werden können.85 Zum anderen kommt ihr lediglich dann eine entscheidende Bedeutung zu, wenn „Unterbeteiligungen an eine Zustimmung des Aufsichtsgremiums mit einer qualifizierten Mehrheit von mindestens 75 % gebunden werden. Reicht nach den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Regelungen bereits eine einfache Mehrheit aus, so wird die Einholung der Genehmigung des Rates zu einem eher formalen Rechtsakt, wenn feststeht, dass die anderen Gesellschafter der Unterbeteiligung zustimmen“86.

Insoweit dürfte das Konfliktrisiko im Rahmen des Gründungs- bzw. Beteiligungsstadiums zwar nicht auszuschließen, jedoch überschaubar sein. d) Ausgestaltung der Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat Gründungskonflikte können sich auch durch das Maß der gesellschaftsvertraglichen (§ 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW) Ausgestaltung der Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat nach § 113 Abs. 3 GO NRW ergeben, wobei hier insbesondere die

84 Allgemein zur strengen Bindung an den Ratsbeschluss etwa VG Köln, BeckRS 2015, 43415; Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113, Rn. 8.1.; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 11. 85 So wird bei der GmbH zwischen der typischen und atypischen sowie zwischen der offenen und verdeckten Unterbeteiligung unterschieden, Reichert / Weller, MüKomm GmbHG, § 15, Rn. 245 f. 86 Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 521.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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quantitative Grenze des § 101 Abs. 2 Satz 4 AktG i. V. m. § 52 GmbHG87 für Spannungen mit der gemeindlichen Einflussnahmeverpflichtung im Überwachungsorgan nach § 108 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW sorgen dürfte.88 Denn insoweit können die Entsendungsrechte höchstens für ein Drittel der sich aus dem Gesetz oder der Satzung ergebenden Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter eingeräumt werden. Besondere Brisanz dürfte diese Entsendungsregelung dann erfahren, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wird, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats getätigt werden dürfen, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG i.V.m § 52 Abs. 1 GmbHG. Denn gerade in diesem Fall dürfte sich deutlich zeigen, wer „am längeren Hebel“ sitzt. e) Gesellschaftsvertragliche Bindung der Geschäftsführung an Weisungen sowie Geschäftsordnung Mit Blick auf die Möglichkeit, den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft gemäß §§ 37 Abs. 1, 38 Abs. 1, 45 Abs. 1 GmbHG auszugestalten und hierdurch gegenüber der Geschäftsleitung den Gesellschafterwillen durchzusetzen, wird auch die nahezu unbeschränkte Option zur konkreten Einflussnahme auf die Geschäftsführung insbesondere durch die Erteilung von Einzelweisungen deutlich.89 Hierbei ist jenseits von singulären Gesellschafterbeschlüssen im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, dass die Geschäftsführung an konkrete Weisungen der Gesellschafterversammlung oder eines anderen Organs (etwa Aufsichtsrat; Beirat) gebunden sein soll.90 Es gilt nämlich zu beachten, dass gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat unmittelbare Weisungen der Kommune ausschließlich durch eine entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags (§ 52 87 § 52 GmbHG verweist in das Regelungsregime des Aktienrechts. Ein Aufsichtsrat ist in dem System des GmbH-Rechts hingegen deshalb nicht zwingend erforderlich, „weil die GmbH konzeptionell auf eine überschaubare Gesellschafteranzahl ausgerichtet ist, die diese Aufgabe noch selbst erledigen kann“, Dietl / Bacher, KommJur 2018, 45 (46). Insbesondere könne die Kommune aus ihrer Ingerenzpflicht heraus nicht zur Gründung eines Aufsichtsrats verpflichtet werden (47). 88 Kotzea, in: Held / Winkel, § 113 GO NRW, S. 553, der darauf hinweist, dass die Gemeinde dazu verpflichtet ist, sich durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung Entsendungsrechte einräumen zu lassen. 89 Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 117. 90 Wehrstedt, MittRhNotK 2000, 269 (280); Oetker, in: Henssler / Strohn, § 37 GmbHG, Rn. 1 f.,9 der betont, dass es bei aller Gestaltungsfreiheit ausgeschlossen ist, die Durchführung von Geschäftsführungsmaßnahmen auf andere Gremien zu übertragen. Darüber hinaus ist es nicht zulässig, dem Geschäftsführer diejenigen Aufgaben zu entziehen, die das Gesetz den Geschäftsführern vorbehält. „Hierzu zählen neben der Vertretung der Gesellschaft nach außen alle Kompetenzen, die sie zur Wahrung ihrer Pflichten im Hinblick auf die Erhaltung des Stammkaptals benötigen, sowie diejenigen zur Erfüllung der Pflichten bzgl. Handelsregisters und solchen gegenüber der Öffentlichkeit (z. B. Buchführungspflicht, Insolvenzantragspflicht)“.

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4. Teil: Regimekollisionen

Abs. 1 GmbHG) und nur über Weisungen an kommunale Vertreter in der Gesellschafterversammlung zulässig sind.91 Eine direkte Weisungserteilung des Rates gegenüber der Geschäftsführung ist insoweit ausgeschlossen.92 Daneben sei auch der Erlass einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung zur Einflusssicherung denkbar.93 Sollte hierbei der Geschäftsführer zu einer „Vertretungsmarionette“94 oder zum „Knecht der Gesellschafter“95 der kommunalen Interessendurchsetzung herabgestuft werden, so dürfte der Widerstand der privaten Gesellschafter jedenfalls nicht zu unterschätzen sein. Ob es einen Kernbereich autonomer Geschäftsführungskompetenz geben muss,96 wonach bestimmte Aufgaben ingerenzimmun beim Geschäftsführer zu verbleiben haben, wenn sie gesetzlich vorgegeben sind,97 betrifft gerade die Kernfrage des Verhältnisses beider Rechtsregime. Ein Konflikt kann jedenfalls nur dann entstehen, wenn die gesetzlichen Anordnungen des GmbHG nicht zwingend sind, weil sie nur dann im Sinne der Gemeinde ausgestaltet werden könnten.

91 Engellandt, DÖV 1996, 71 (73 f.); Brenner, AöR 127 (2002), 222 (246); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 512 f. 92 Die Bindung von Unternehmensorganen etwa an Weisungen, die auf Regelungen des Gesellschaftsvertrags bzw. Unternehmenssatzung beruhen, findet ihre Grundlage bereits in der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Organwalter gegenüber den Gesellschaftern bzw. dem Unternehmen (AG) untereinander, BGHZ 103, 184 (194); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 505. 93 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 429. 94 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck 21, § 37 GmbH, Rn. 18; es ist umstritten, ob eine Satzungsgestaltung, die eine eigenständige Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer vollständig beseitigt und sie zu einem Exekutivorgan degradiert, zulässig ist, vgl. Oetker, in: Henssler / Strohn, § 37 GmbHG, Rn. 10. Vor dem Hintergrund einer maximalen Organisationsautonomie im Rahmen unantastbarer Mindestbefugnisse, wird jedoch mehrheitlich eine entsprechende Ausgestaltung für zulässig erachtet, OLG Nürnberg, NZG 2000, 154 (155); Oetker, in: Henssler / Strohn, § 37 GmbHG, Rn. 10 m. w. N. Auch insoweit könnte eine entsprechende Regelung für Konflikte sorgen, weil Privatbeteiligte großzügig auf einen kompetenziellen Kernbereich verweisen dürften. 95 Fleck, ZGR 1990, 31 (35), der in GmbHR 1993, 550 (554) Bedenken gegen eine umfassende Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers artikuliert. 96 Jedenfalls dann, wenn der Gesellschaftsvertrag keine erschöpfenden Kompetenzregelungen des Geschäftsführers trifft. Nach Engellandt sind gesetzlich normierte Aufgaben des Geschäftsführers für diesen zwingend. Ingerenzmaßnahmen in diesem Bereich würden in seine Pflichtenstellung eingreifen und wären unzulässig, Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 64 m. w. N. 97 Etwa Einhaltung der Kapitalsicherungsvorschriften, § 43 Abs. 3 i. V. mit §§ 30 ff. GmbHG, die Vertretung der GmbH, § 35 GmbHG, die Durchführung einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Buchführung und Bilanzierung, §§ 41, 42 GmbHG, die Einberufung der Gesellschafterversammlung, § 49 GmbHG, die Pflicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Antrag auf Erörterung des Konkurs beziehungsweise Vergleichsverfahrens zu stellen, § 64 GmbHG, Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapital­ gesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 64.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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f) Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder in fakultativen Aufsichtsräten In einem höchst spannungsgeladenen Licht dürfte auch die Weisungsregelung des § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW zu betrachten sein. Eine Beteiligung an einer GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat wird hiernach davon abhängig gemacht, dass der Rat den von der Gemeinde bestellten oder auf Vorschlag der Gemeinde gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats Weisungen erteilen kann.98 Beispielhaft seien etwa Anweisung an Organvertreter zur Abstimmung für „Sozialtarife“ oder gegen eine aggressive Preispolitik sowie Steuermodelle, welche die Abgabenlast verringern genannt.99 Da entsprechende Regelungen zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden sollten, um die Vorgaben der §§ 107 ff. GO NRW möglichst rechtssicher umsetzen zu können, sind jedenfalls bei der Frage nach der konkreten Ausgestaltung des Weisungsvorbehalts bereits im Gründungsstadium Konflikte denkbar. Angesprochen ist hierbei das rechte Maß der Weisungserteilung. Dabei stellt sich die Frage, ob sich aus der Freiwilligkeit der Einrichtung eines Aufsichtsrats zugleich ergibt, dass auch die Regelung über die Art und Weise der Amtsführung allein dem Willen der Gesellschafter unterworfen ist. Dies hätte zur Folge, dass im Gesellschaftsvertrag bereits im Stadium der Gründung beliebig Weisungsrechte zugunsten der Gemeinde festgeschrieben werden können, weil § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW dies vorschreibt. Hierdurch würde das Aufsichtsratsmitglied jedoch Gefahr laufen, zum bloßen Repräsentanten des Gesellschafters degradiert zu werden.100 Dass eine dergestalt weitreichende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags mit dem aus § 111 Abs. 6 AktG i. V. m. §§ 116, 93 AktG hergeleiteten Grundsatz, dass Aufsichtsratsmitglieder allein dem Unternehmensinteresse verpflichtet sind und im Rahmen der ihnen persönlich obliegenden Amtsführung keinen Weisungen unterliegen,101 nicht reibungslos nebeneinander stehen kann, überrascht wenig. So wird vertreten, dass sich aus dem freiwilligen Errichtungsakt kein ausgestalterischer Freifahrtschein ergäbe. Insoweit werde nämlich verkannt, dass die Gründung eines Aufsichtsrats das ihm eigene Regelwerk aktiviere.102 Gerade die Stellung als unabhängige Kontrollinstanz, die jedes Aufsichtsratsmitglied in persönlicher Verantwortung zu prüfen habe, dass die Unternehmensinteressen verfolgt werden, stehe einer ausgestalterischen Beliebigkeit entgegen.103 Vielmehr 98 Zu Weisungsrechten beim fakultativen Aufsichtsrat insgesamt Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrates, S. 224 ff. 99 Beispiele bei Leisner, GewArch 2009, 337 (341). 100 BVerwG Urteil vom 31.08.2011– 8 C 16.10  – juris, Rn. 21; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130; Wehrstedt, MittRhNotK 2000, 269 (281). 101 Unbestritten ist, dass § 111 Abs. 6 AktG, welcher die persönliche Wahrnehmung des Mandats festlegt, abbedungen werden kann. Ob es hierdurch jedoch zulässig ist, anderweitig festgelegte Entscheidungen umzusetzen, ist ein noch immer in Diskussion befindliche Frage. Dagegen etwa, Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130. 102 Diese Überlegungen stellt Spindler, ZIP 2011, 689 (690, 694 f.) an. 103 Trotz der aktienrechtlich geduldeten Interessenvielfalt, wie sie sich aus § 100 Abs. 2 AktG ergebe, sei oberste Leitlinie des Aufsichtsratsmitglieds stets das Wohl der Gesellschaft,

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4. Teil: Regimekollisionen

wird beim Rechtsverkehr mit der Errichtung eines Aufsichtsrats (unabhängig ob fakultativ oder obligatorisch)104 die Erwartung eines besonderen Beratungs- und Überwachungsgremiums, das zusätzlich zur Gesellschafterversammlung bestehe, geschürt.105 Dem Unternehmen werde somit im Geschäftsverkehr gerade deshalb ein besonderes Maß an Vertrauen entgegengebracht, weil es ein selbstverantwortliches, weisungsfreies Überwachungsorgan etabliert hat.106 „Wo Aufsichtsrat drauf stehe, müsse daher auch Aufsichtsrat drin sein.“107 Ein Gremium, das nicht überwache oder nur aus Gefolgsleuten gebildet sei, verdiene diesen Namen nicht.108 Diese Bedenken teilte das BVerwG allerdings nicht, sondern verwies darauf, dass der Rechtsverkehr bereits deshalb kein Vertrauen in die Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder bilden könne, weil die Befugnisse eines fakultativen Aufsichtsrates von der Ausgestaltung des jeweiligen Gesellschaftsvertrags abhängig seien. Ohne konkrete positive Kenntnis dieses Vertrages könne der Rechtsverkehr auch kein Vertrauen in bestimmte Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates haben.109 Aber auch ohne diese häufig bemühte Entscheidung des BVerwG über Gebühr zu strapazieren, genügt bereits eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den Motiven des Landesgesetzgebers, um die Zulässigkeit der Weisungsbindung von Aufsichtsratsmitgliedern in fakultativen Aufsichtsräten nachzuvollziehen. Hiernach umfasse die Freiheit zur Errichtung eines Aufsichtsrats eben auch die Freiheit zur Gestaltung des Gesellschaftsvertrages in der Gründungsphase.110 Hiernach sind Aufsichtsratsmitglieder in der Ausübung ihres Stimmrechts an die Weisungen des Gemeinderats gebunden, soweit „im Gesellschaftsvertrag für den Aufsichtsrat die Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmungen abbedungen und gesellschaftsvertraglich ein Weisungsrecht nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist“111. Spindler, ZIP 2011, 689 (690). In diesem Zusammenhang betont er auch, dass alle Aufsichtsratsmitglieder, gleich, ob sie gewählt oder entsandt wurden, gleichbehandelt werden und sich eine Aufspaltung des Aufsichtsrats in verschiedene Fraktionen oder „Bänke“ verbiete, Spindler, ebda. mit Verweis auf BGH NJW 1975, 1412 (1412). 104 Denn mit der Gründung eines Aufsichtsrats verschmelzen die unterschiede im Hinblick auf zentrale Rechte und Pflichten. In diesem Zusammenhang Keiluweit, BB 2011, 1795 (1797); vgl. auch Vetter, GmbHR 2011, 449 (452, 458). 105 Vetter, GmbHR 2011, 449 (452, 457); ders., GmbHR 2012, 181 (184 f.); Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130. 106 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 36. 107 Ausdrücklich Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130; in diesem Sinne Vetter, GmbHR 2012, 181 (184); Spindler, ZIP 2011, 689 (695). 108 Sehr harsch insoweit Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130, die immerhin eine Ausnahme für die Einpersonengesellschaft zulassen m. w. N. 109 BVerwG Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16.10– juris, Rn. 22; dann sei jedoch zu verlangen, dass etwaige Abweichungen vom gesetzlichen Erscheinungsbild eines Aufsichtsrates ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag festgehalten werden, Bormann, GmbHR 2013, 35 (36), Anm. zu OVG Bautzen, Beschluss vom 03.07.2012, Az.: 4 B 211/12 (im selben Heft). 110 Vgl. die Motive des Gesetzgebers zum damaligen § 108 Abs. 4 Nr. 2 LT-Drs. 12/3730, S. 109. 111 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 108, S. 37 mit Verweis auf OVG Münster, Urteil vom 24.04.2009, Az.: 15 A 2592/07– juris, Rn. 52 f. und bestätigend BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16.10– juris, Rn. 23.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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Daher lässt sich festhalten, dass die erschöpfende Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder im Gesellschaftsvertrag nicht nur zulässig, sondern geradezu notwendig ist, um zum Ersten den Anforderungen des § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW nachzukommen und zum Zweiten einen späteren Konflikt in der Phase „Unternehmensführung“ zu vermeiden.112 Dass noch immer keine eindeutige Position in der Literatur ersichtlich ist,113 verdeutlicht aber insgesamt das Konfliktpotential im Gründungsstadium einer kommunalen GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat besonders deutlich.114 g) Aspekte des Landesgleichstellungsgesetzes und Verschriftlichung des Unternehmenszwecks Daneben dürften die verbindlich gewordenen Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG)115 und insbesondere die geschlechtsparitätischen Regelungen für die Errichtung und / oder Beteiligung der Kommunen an Unternehmen in privatrechtlicher Rechtsform (§§ 2, 12 LGG),116 beispielhaft für die Gegensätzlichkeit der zu berücksichtigenden Gründungsaspekte sein.117 Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 2 LGG haben Gemeinden bei der Gründung von oder Beteiligung an Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass die Anwendung dieses Gesetzes zum Zwecke der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Gesellschaftsvertrag beziehungsweise der Satzung verankert wird. Darüber hinaus sollen nach § 12 Abs. 1, 2 LGG in wesentlichen Gremien – etwa im Aufsichtsrat – Frauen mit einem Anteil von 40 Prozent vertreten sein. Allerdings dürften sich während des Gründungsstadiums kommunal beherrschter Unternehmungen keine (Regime-)

112 In diesem Fall wird vorgebracht, dass durch die Aufnahme des Weisungsrechts in den Gesellschaftsvertrag, diese zwar legitimiert werde. Dann aber handle es sich nicht mehr um einen echten Aufsichtsrat, sondern lediglich um „eine rechtlich folgenlose Fehlbezeichnung“, Lutter / Krieger / Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, § 20, Rn. 1429; Altmeppen, in: FS U. H. Schneider, S. 9. 113 Denkbar sind etwa gemischtwirtschaftlich organisierte Messehallen, die unliebsame (politische)  Gruppierungen der Gemeinde zur Abhaltung einer Zusammenkunft anmieten möchten. 114 Für eine Weisungsgebundenheit indes die h. M. um Bormann, GmbHR 2013, 35 (36), Anm. zu OVG Bautzen, Beschluss vom 03.07.2012, Az.: 4 B 211/12 (im selben Heft); Alt­ meppen, NJW 2003, 2561 (2563 ff.); ders., in: Festschrift für U. H. Schneider, 1 ff.; Kiethe, NZG 2006, 45 (49); Schmidt, ZGR 1996, 345 (354). 115 Zu beachten ist, dass ähnlich § 108 Abs. 1 und Abs. 2 GO NRW zwischen der originären Organisationspflicht (§ 2 Abs. 3 Satz 1 LGG) bei Neugründungen und Neubeteiligungen von bzw. an Unternehmen und der Hinwirkungspflicht (§ 2 Abs. 3 Satz 2 LGG) bzgl. bereits bestehender kommunaler Gesellschaften unterschieden wird. 116 Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 512 f., der auch insoweit auf das Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung –1. Modernisierungsgesetz vom 15.06.1999, GV. NRW. S. 386 verweist. 117 Zum Ganzen Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 522 f.

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4. Teil: Regimekollisionen

Konflikte mit dem Gesellschaftsrecht stellen. Denn insoweit ist die Einhaltung geschlechtsparitätischer Regelungen verpflichtend und von privaten Minderheitsgesellschaftern hinzunehmen. 2. Zwischenergebnis Ganz abstrakt und ohne den Blick auf den jeweiligen Einzelfall zu richten, lässt sich für das Gründungsstadium festhalten, dass immer dann, wenn der Unternehmensgegenstand und der Gesellschaftszweck, mithin die konkreten Gemeinwohlziele nicht präzise im Gesellschaftsvertrag bzw. Satzung definiert werden, der Unternehmensgegenstand zur Erkenntnisquelle für den Gesellschaftszweck herangezogen wird. „Insoweit indiziert der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens, dass der Gesellschaftszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist.“118 Da jedwede Wahrnehmung von Organfunktionen und Mitgliedschaftsrechten mit einem solchermaßen festgelegten Gesellschaftszeck zu erfolgen hat, sind alle nachfolgenden119 gesellschafterischen Handlungen der öffentlichen Hand nach dem Gesellschaftsrecht nur dann legitimiert, wenn die Ausrichtung auf den öffentlichen Zweck im Gesellschaftsvertrag bzw. Satzung verbürgt ist, § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 GO NRW. Denn „nur bei Aufnahme des öffentlichen Zwecks in die Satzung wird das öffentliche Interesse zu einem Eigeninteresse der Gesellschaft“120. Dies gilt freilich nur im organisatorischen Innenverhältnis der Gesellschaft. Denn es ist zu beachten, dass wegen der unbeschränkbaren Vertretungsmacht der Geschäftsleitung (§ 82 Abs. 1 AktG; § 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) selbst eine besonders detaillierte Festlegung, keine Bedeutung für den Rechtsverkehr mit Dritten hätte.121 Dennoch kommt der Aufnahme des öffentlichen Zwecks in dem Gesellschaftsvertrag beziehungsweise in der Satzung im Rahmen der Innenbindung der Unternehmensführung, mithin der Geschäftsführungsbefugnis (§ 82 Abs. 2 AktG; § 37 Abs. 1 GmbHG) eine besondere Bedeutung zu, weil die Geschäftsführer an die hierin verbürgten Möglichkeiten und Beschränkungen im Innenverhältnis gebunden sind. Es bedarf daher keiner allzu großen Phantasie, um sich vorzustellen, dass bereits bei der essentiellen Gründungsphase der Gesellschaft, nämlich bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags beziehungsweise der Satzung, beteiligte private Gesellschafter oder Anteilseigner auf die notwendige, aber eher allgemein gehaltene Benennung des Unternehmensgegenstandes hinwirken werden, wohingegen die öffentliche Hand die Ausarbeitung einer möglichst präzisen Definition

118 So ausdrücklich Mann, JZ 2002, 819 (821) mit Verweis auf RGZ 164, 129 (140 f.); Schön, ZGR 1996, 429 (440). 119 Gemeint sind alle der Gründung nachfolgenden und in Absicht der öffentlichen Zweckverfolgung vorgenommenen Organhandlungen, Gesellschafterbeschlüsse sowie insbesondere Einfluss- und Kontrollausübungen der öffentlichen Hand. 120 Mann, JZ 2002, 819 (822). 121 Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (380).

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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des verfolgten öffentlichen Zwecks einfordern dürfte.122 Dieses Bestreben der Gemeinde hat bereits Tradition und lässt sich in das sog. Konzept der „Dominanz des Sachzieles“123 einordnen. Hiernach werden den öffentlichen Unternehmen ihre Aufgaben durch die Gemeinde verbindlich vorgeschrieben, um sich bereits hierdurch von den gewinnorientierten Formalzielen der Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner abzugrenzen und durch Sachzielvorgaben die öffentliche Aufgabenwahrnehmung zu sichern.124 Diese Praxis führt auch dazu, dass sich Gemeindevertreter auf eine klare Linie besinnen können und ihrem Verhalten ein definiertes, gemeinsam ausgearbeitetes und festgeschriebenes Ziel zugrunde legen dürfen. Dies legitimiert nicht nur ihr Handeln, sondern schafft zugleich Planungssicherheit auf Seiten der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner. Um ein allgemeinwohlentfesseltes Gewinnstreben zu vermeiden, ist die poli­tische Gemeinde gehalten, eine Letztverantwortung gegenüber den von ihr beherrschten Unternehmen einzufordern und zu sichern. Gerade die unterschied­lichen Interessen der am Unternehmen Beteiligten zwingen zu einer demokratischen Rückkoppelung jedweden unternehmerischen Handelns. Die hierzu erforderlichen Einwirkungs- und Kontrollmechanismen im Stadium der Unternehmensgründung sind durchaus mannigfaltig und hängen von der konkreten Organisationsform ab. Hierbei determinieren die jeweiligen Sicherungsmöglichkeiten und -grenzen auch den Umfang der verpflichtenden Bindungen der Gemeindevertreter an Beschlüsse des Rates, wodurch letztlich auch die an sie gestellten Verhaltensanforderungen von der jeweiligen Organisationsform abhängen. Jedenfalls im Rahmen der Gründung eines gemischt­wirtschaftlichen Kommunalunternehmens in der Organisationsform der GmbH treten bereits bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags Konflikte zutage, weil beide Rechtsregime unterschiedliche Verhaltensanforderungen an die Gesellschafter stellen und spiegelbildlich hierzu auch ein abweichendes Ingerenzniveau zulassen. Insoweit schlagen nämlich die ausgearbeiteten Pflichten im Gesellschaftsvertrag unmittelbar auf die Verhaltensanforderungen der Gemeindevertreter durch und machen den Konflikt im Gründungsstadium erfahrbar. Gerade in diesem Unternehmensstadium, in welchem der öffentliche Zweck verschriftlicht wird, treten divergierende Interessen der Gesellschafter zutage. Dennoch ist es ratsam, sich diesen Argumenten nicht zu verschließen, sondern den Zweck gemeinsam zu definieren und zu konkretisieren. So können weitergehende Unklarheiten jenseits der Ausgestaltungsphase weitestgehend vermieden werden. 122 Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (380), der darauf hinweist, dass nur eine allgemeine Regelung des Unternehmensgegenstandes bewirkt, dass eine Beteiligung durch Private überhaupt attraktiv bleibt. 123 Thiemeyer, Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe, S. 29 ff., der das Sachziel als Leistungskonzeption vom Formalziel als Finanzierungskonzeption des öffentlichen Unternehmens abgrenzt; unter Hinweis auf die „Dichotomie zwischen Autonomie und Eihaltung einer öffentlichen Zwecksetzung“ Budäus, in: ders. / T hieme, Steuerung von Eigenbetrieben, S. 28; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 230 f. 124 Budäus, in: ders. / T hieme, Steuerung von Eigenbetrieben, S. 28; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 230 f.

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4. Teil: Regimekollisionen

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ohne feste Verbürgung auf den öffentlichen Zweck der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens indiziert, dass der Gesellschaftszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Hierdurch dürften nicht nur weitergehende Konflikte zwischen den Gesellschaftern angefacht werden, sondern auch die Unsicherheit bei den Gemeindevertretern steigen. Denn ohne ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Zweck im Gesellschaftsvertrag, fehlt ihnen die Orientierung wonach sie ihr (Abstimmungs-)Verhalten ausrichten sollen. Schließlich sollte auch das Spannungspotential von Zielvereinbarungen ohne Berücksichtigung der Kapitalinteressen der Gesellschafter und ein einseitig ausgerichtetes Beteiligungsmanagement nicht unterschätzt werden.

II. Konfliktquellen im Gründungsstadium einer (mehrheitlich) kommunalen AG Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Satzung darf zunächst einmal festgehalten werden, dass die Kommune auch als Mehrheitsaktionärin einer AG verpflichtet bleibt, ihre Rechtsbeziehungen zur gemeindlichen Kapitalgesellschaft dergestalt zu regeln, dass ihre Kontrolle und Steuerung bereits im Gründungs­ stadium sichergestellt ist.125 Wie bereits bei der GmbH dargestellt werden konnte, indiziert die Möglichkeit größtmöglicher kommunaler Ingerenz bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen auch immer eine gewisse Konfliktanfälligkeit mit den Interessen der privaten Anteilseigner. 1. Satzungsverbürgte Entsenderechte Es ist beachtlich, dass insbesondere die Entwicklung des aktienrechtlichen Entsendungsrechts126 nach § 101 Abs. 2 AktG127 gezeigt hat, dass eine diesbezüg­liche Privilegierung der öffentlichen Hand von Beginn an dem gesetzgeberischen Willen entsprach. So hätten die Verfasser der Aktiengesetzentwürfe der Weimarer Republik, der Gesetzgeber des AktG 1937 sowie schließlich auch der Gesetz­geber 125 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 416. 126 Bei der Entsendung nach § 101 Abs. 2 AktG handelt es sich um eine von insgesamt fünf Bestellungsformen für Aufsichtsratsmitglieder. Daneben gibt es die Bestellung durch Wahlbeschluss nach Abs. 1, die Bestellung des ersten Aufsichtsrats durch die Gründer nach § 30 Abs. 1 Satz 1 AktG, die Wahl durch Arbeitnehmer nach den entsprechenden Mitbestimmungsgesetzen sowie schließlich die gerichtliche Bestellung nach § 104 AktG, vgl. Koch, in: Hüffer / ​ ders., § 101 AktG, Rn. 1, 3.  127 Hierbei ist der Begriff der Entsendung weder in § 101 AktG noch anderer Stelle definiert. Sie könne nach Maßgabe des § 101 Abs. 2 AktG allerdings umschrieben werden als autonome Auswahlentscheidung eines oder mehrerer Aktionäre über die Besetzung eines Aufsichtsratspostens, die bei Annahme durch den Benannten korporationsrechtlich unmittelbar zu dessen Bestellung als Aufsichtsratsmitglied führe, Klausmann, Entsendungsrechte in der Aktiengesellschaft, S. 30 m. w. N.

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des AktG 1965 mit der Anerkennung des Entsendungsrechts insbesondere die Privilegierung öffentlich-rechtlicher Körperschaften in gemein- oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen bezweckt.128 Hierbei stünde es dem staatlichen Anteilseigner frei, sein Entsendungsrecht in der Satzung der Gesellschaft abzusichern, um hierdurch einen nachhaltigen Einfluss auf die Geschäftsführung zu erhalten.129 Diese verpflichtende satzungsmäßige Verankerung130 kommunaler Aktionärsrechte birgt freilich Konfliktpotential in sich und dürfte erwartungsgemäß dort ausbrechen, wo das Ziel der Sicherstellung einer intakten Daseinsvorsorge auf Bestrebungen freiheitlich wirtschaftlicher Gewinnmaximierung beteiligter Anteilseigner trifft. Diese Konfliktquelle hat seit dem „Volkswagen“-Urteil des EuGH131 nicht an Bedeutung verloren. Vielmehr finden sich Kritiker dieser einseitigen Bevorzugung staatlicher Interessen in ihrer grundlegenden Systemkritik bestätigt.132 Indem das Gericht nämlich gesellschaftsorganisatorische Entsenderechte des Bundes und des Landes Niedersachsen in den Aufsichtsrat als mit dem freien Kapitalverkehr für unvereinbar erklärt hat,133 bezweifeln einige die Berechtigung staatlicher Bevorzugung zum Zwecke sorgsamer Gemeinwohlsicherung. So wird insbesondere vorgebracht, dass die Fortentwicklung des Europäischen Rechts und insbesondere der Europäischen Grundfreiheiten „die überkommene Zielrichtung der staatlichen Privilegierung“ überholt habe.134 In jedem Fall dürfte nicht von der Hand zu weisen 128 Klausmann, Entsendungsrechte in der Aktiengesellschaft, S. 93. 129 Klausmann, Entsendungsrechte in der Aktiengesellschaft, S. 94. 130 Dies insbesondere deshalb, weil die Satzung das Entsendungsrecht explizit vorsehen muss, Koch, in: Hüffer / ders., AktG, § 101, Rn. 9. 131 EuGH, Urteil vom 23.10.2007, Rs. C 112/05 (Volkswagen). 132 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 21. 133 In seinem Urteil vom 23.10.2007, Rs. C 112/05 (Volkswagen) orientierte sich der EuGH an seiner langjährigen „Golden-Share“ Rechtsprechung (zuletzt EuGH, Urteil vom 08.11.2012, Rs. C 244/11 Kommission ./. Griechenland). Allerdings ging dieses Urteil insoweit darüber hinaus, als es nicht nur die Einräumung staatlicher Sonderrechte losgelöst vom Anteilsbesitz mit den europäischen Grundfreiheiten (insbes. freien Kapitalverkehr und Niederlassungsfreiheit) für unvereinbar erklärte. Vielmehr bestimmte es, dass jede innerorganisatorische Maßnahme (Stimmrechtskappung auf 20 Prozent des Grundkapitals, Verschärfung der Satzungsgestaltung, Entsenderechte des Bundes und des Landes Niedersachsen), die geeignet ist, die Attraktivität einer Investition oder den Anteilskauf zu hemmen und hierdurch zu erschweren, mit den genannten Grundfreiheiten unvereinbar ist; Pießkalla, Anm. des Urteils des EuGH vom 23.10.2007, in: EuZW 2007, 697 (702). 134 Zum Ganzen Klausmann, Entsendungsrechte in der Aktiengesellschaft, S. 95, 208 ff.; weil hier lediglich das Konfliktpotential während des Gründungsstadiums aufgezeigt werden soll, ist eine Entscheidung für oder wider dieser kritischen Meinung entbehrlich. Gleichwohl sind die mahnenden Stimmen ernst zu nehmen und im Rahmen der Konfliktlösung im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit erneut aufzugreifen. In jedem Fall ist zu beachten, dass der EuGH mit der „Golden-Share“ Rechtsprechung eine gewisse Rechtsprechungstradition zum Schutz des freien Kapitalverkehrs begründet hat. Vom konkreten Umfang des Aktienbesitzes losgelöste Entsendungsrechte des Staates in den Aufsichtsrat des Unternehmens, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs europarechtswidrig. Zur mangelnden Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls aufgrund unverhältnismäßiger, insbesondere unbestimmter Satzungsregelung, EuGH EuZW 2007, 697 (724).

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sein, dass ein satzungsmäßig verankertes Entsendungsrecht das Anteilseigentum der übrigen Aktionäre in einer grundrechtsrelevanten Weise tangiert.135 2. Ausgestaltung der Satzung Konfliktbehaftet ist – nunmehr weniger überraschend – auch die weitere Ausgestaltung der Satzung. Neben den gesellschaftsrechtlich angeordneten Pflichtangaben gemäß § 23 Abs. 2–4 AktG136, drängen etwa §§ 108, 109, 112, 113 GO NRW darauf, dass auch kommunale Interessen bei der Ausgestaltung der Satzung bzw. Gesellschaftsvertrags in gehöriger Weise berücksichtigt werden.137 So sind bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen bereits Spannungen in der Verankerung des öffentlichen Zwecks denkbar, weil andernfalls zugunsten privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner vermutet werden könnte, dass das Unternehmensziel im Zweifel auf Gewinnerzielung ausgerichtet sei.138 Aus nachvollziehbaren Gründen dürfte die Beibehaltung dieser Vermutung zwar im ureigenen Interesse privater Anteilseigner liegen. Indes ordnet § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 GO NRW an, dass das Unternehmen in der Satzung auf den öffentlichen Zweck auszurichten ist.139 Der expliziten Aufnahme gemeindlicher Zweckvorgaben steht auch nicht entgegen, dass nach § 23 Abs. 5 Satz 2 AktG ergänzende Regelungen in der Satzung nur zulässig sind, wenn das Aktiengesetz keine abschließende Regelung enthält. Denn insoweit handelt es sich bei der Verschriftlichung des Unternehmenszwecks um die Zusammenfassung der Interessen sämtlicher Anteilseigner. Ist daher die Gründung einer gemischtwirtschaftlich organisierten AG rechtlich unbedenklich, 135 Ob hierdurch tatsächlich eine Verletzung der Eigentumsgarantie gemäß Art 14 GG oder des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG erfolgt, soll hier nicht näher untersucht werden, weil lediglich die Konfliktquelle deutlich gemacht werden soll. Allgemein zu dieser Frage und aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive Klausmann, Entsendungsrechte in der Aktiengesellschaft, S. 237 ff. 136 Insbesondere nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG muss die Satzung der Aktiengesellschaft den Gegenstand ihres Unternehmens beschreiben. Durch diese statuarische Verankerung würde im Innenverhältnis der Tätigkeitsrahmen festgeschrieben, innerhalb dessen Vorstand oder Geschäftsführer agieren dürften, Schön, ZGR 1996, 429 (441). 137 Vgl. Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 480. 138 So auch Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 112, der für eine Aufnahme des Beteiligungszwecks der öffentlichen Hand plädiert, um ein „versickern“ in wirtschaftliche Struktururen zu vermeiden mit Verweis auf Engellandt, Die Einflussnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 28 ff., 32 ff.; Mann, in: GS Tettinger, S. 295 (297 f.), der zugleich die Instrumentalisierung von öffentlichen Unternehmen zur Erfüllung und Sicherstellung des öffentlichen Zwecks (sog. Instrumentalthese) verweist. 139 Hierdurch sollen etwaige Konfliktmöglichkeiten und Unklarheiten im Hinblick auf den klaren Zweck des unternehmerischen Tätigwerdens vermieden werden; dafür auch Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 484 f. m. w. N.; Spannowsky, ZGR 1996, 400 (425) bzgl. Eigengesellschaften.

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so ist neben dem renditeorientierten Wirtschaften auch die satzungsmäßige Verankerung der öffentlichen Aufgabenerfüllung nicht zu beanstanden.140 Hierauf müssen sich private Anteilseigner verweisen lassen. 3. Aufsichtsrechtliche Zustimmungsvorbehalte Eine weitere Quelle von inhaltlichen Auseinandersetzungen im Gründungsstadium könnte die Vereinbarung von Zustimmungsrechten des Aufsichtsrates für bestimmte Arten von Geschäften der Geschäftsführung sein, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Zwar dürfen dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsführung nach geltendem Recht nicht übertragen werden. Allerdings kann in der Satzung bestimmt werden, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrats getätigt werden dürfen.141 Hierbei muss es sich um Geschäfte von erheblicher unternehmensstrategischer Bedeutung handeln, die der Aufsichtsrat und damit auch die von der Gemeinde in dieses Organ entsandten Mitglieder einzelfallorientiert und nach pflichtgemäßem Ermessen zu konkretisieren haben.142 Hierbei prüfen sie zugleich, „ob die sachgerechte Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe die Fortschreibung des Katalogs erfordert“143. Dies stellt nicht etwa eine bloße Obliegenheit dar, sondern ist originäre Pflicht des Aufsichtsrats.144 Dabei ordnet der Bundesgesetzgeber an, dass die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten Entscheidungen oder Maßnahmen, die nach den Planungen oder Erwartungen des Vorstands die Ertragsaussichten der Gesellschaft grundlegend verändern würden und damit von existenzieller Bedeutung für das künftige Schicksal der Gesellschaft seien, vom Votum beider Organe getragen werden müssten.145 Andernfalls könne der Aufsichtsrat seiner ureigenen Kontrollaufgabe nicht nachkommen.146 Hierbei dürfte das Maß der im Zustimmungskatalog zusammengetragenen Geschäfte147 für die Intensität der Spannungen zwischen den entsandten Aufsichtsratsmitgliedern und der Geschäftsführung entscheidend sein.148 Dies gilt 140 Vgl. Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 115. 141 Vgl. BT-Drs. 14/8769, S. 17. 142 BT-Drs. 14/8769, S. 17; Koch, in: Hüffer / ders., AktG, § 111, Rn. 36; gleichwohl steht dem Aufsichtsrat ein Weisungsrecht aufgrund des klaren Wortlauts des § 76 Abs. 1 AktG nicht zu und darf daher nicht missverstanden werden. Zu den Hintergründen vgl. Schön, ZGR 1996, 429 (436 ff.). 143 Koch, in: Hüffer / ders., AktG, § 111, Rn. 36. 144 Vgl. Koch, in: Hüffer / ders., AktG, § 111, Rn. 36. 145 BT-Drs. 14/8769, S. 17. 146 BT-Drs. 14/8769, S. 17 147 Hierbei hat sich der Bundesgesetzgeber explizit gegen eine Auflistung der möglichen zustimmungspflichtigen Maßnahmen im AktG entschieden, BT-Drs. 14/8769, S. 17. 148 Dies dürfte jedenfalls dann gelten, wenn die jeweiligen Vorstandsmitglieder zugleich Aktionäre der Gesellschaft wären und insoweit kein Fall der zulässigen Fremdorganschaft vorläge. In diesem Fall dürfte das Interesse daran auch risikobehaftete Geschäfte frei von jedweder Aufsicht vornehmen zu können, unzweifelhaft sein.

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insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Bundesgesetzgeber explizit betont hat, dass sich die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten nicht auf einen abschließend geregelten, gesetzgeberisch angeordneten Zustimmungskatalog beschränken könne. Gegen einen Mindestkatalog zustimmungspflichtiger Geschäfte sprächen nämlich bereits die jedem Unternehmen eigenen Spezifika, wie etwa Größe, innere Organisationsstruktur und sonstige Verhältnisse. Daneben ergäbe sich ein extremes Streitpotential dann, wenn die Satzungsbestimmungen hinter den gesetzlichen Vorgaben zurückblieben. Denn in diesem Fall müssten diese Vorgaben von der Rechtsprechung als nichtig angesehen werden.149 Die Konsequenz wäre eine permanente Unsicherheit und Unklarheit über die Befugnisse des Aufsichtsrates. So kämen zur Konfliktanfälligkeit solcher Mindestvorgaben auch wirtschaftshemmende, weil entscheidungsdrosselnde, Auswirkungen hinzu. 4. Zwischenergebnis Aufgrund der formalen Satzungsstrenge des Aktienrechts, § 23 Abs. 5 AktG, welche zum Schutz von Gläubigern und künftigen Aktionären die unternehmerische Satzungsautonomie stark einschränkt,150 sowie der Unzulässigkeit unverhältnismäßiger Einwirkung der Aktionäre auf den Vorstand,151 stellen sich im Ergebnis die satzungsimmanenten Gründungskonflikte als überschaubar dar. Infolge dieser aktienrechtlichen Binnenorganisation können auch gemeindliche Ingerenzmöglichkeiten nur beschränkt ausgestaltet werden. Daher ist zu untersuchen, ob die Rechtsform der AG der Gemeinde auch andere Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um bereits während der Gründungsphase ihre Einflussnahmepflichten nachhaltig zu verankern.

149 Hierzu insgesamt BT-Drs. 14/8769, S. 17. 150 Zwar dürfe die Satzung dem Vorstand auch eine Geschäftsordnung geben und Vorlagepflichten an den Aufsichtsrat anordnen. Allerdings dürfe auch sie keine inhaltlichen Vorgaben an die Geschäftspolitik des Vorstands enthalten, Schön, ZGR 1996, 429 (442 f.) m. w. N. 151 Die Möglichkeit der Festsetzung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung dürfe nämlich nicht dazu benutzt werden, die Geschäftsführungskompetenz des Vorstandes bis hin zu einer kaum mehr relevanten Restgröße auszuhöhlen, weil dem Vorstand jedenfalls Teilbereiche eigenen unternehmerischen Entscheidungsermessens verbleiben müssten, Engellandt, Die Einflussnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 139 mit Hinweis auf Martens, in: FS Kellermann, S. 271 (275); Koch, in: Hüffer / ders., AktG, § 23, Rn. 34; Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 110.

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III. Weitere ingerenzbedingte Konfliktfelder Fest steht, dass jedwede Ingerenzausgestaltung im Gründungsstadium Konflikte mit sich bringen könnte. Denn insoweit würden die Interessen um Gemeinwohlabsicherung und Gewinnmaximierung152 aufgrund eingeschränkter Satzungs­ autonomie lediglich in einem anderen Rahmen verhandelt werden. Als ein solches gesellschaftsrechtliches Verhandlungsforum könnten sich sowohl die Konsortialvereinbarung153 als auch der Beherrschungsvertrags dienlich erweisen. 1. Konsortialabsprachen Zunächst darf festgehalten werden, dass Gründungskonflikte auch bei Konsortialabsprachen denkbar sind.154 Hierbei handelt es sich um Abreden, die neben der eigentlichen Satzung zwischen der Gemeinde und den privaten Anteilseignern getroffen werden und durch welche das gesamte Geschehen in der Gesellschaft gesteuert werden soll.155 Dies gilt insbesondere für all jene Punkte, deren Festlegung in der Satzung unzulässig wäre.156 Hierzu gehört etwa die Vereinbarung über die Besetzung des Aufsichtsrats sowie die Festlegung eines Zustimmungskatalogs in dessen Geschäftsordnung.157 Dies gilt freilich dann, wenn deren Aufnahme nicht schon deshalb berechtigt ist, weil es sich um Geschäfte von erheblicher unternehmensstrategischer Bedeutung handelt, § 111 Abs. 4 AktG. Darüber hinaus könnten auch Schwerpunkte und Grenzen der Geschäftstätigkeit und der Geschäftspolitik der Gesellschaft, Regelungen zu den Förderpflichten der Anteilseigner sowie etwa die Leistungsbeziehung zwischen ihnen und der Gesellschaft vereinbart werden.158 152 Insoweit wohne dem gesamten Gesellschaftsrecht nämlich ein „spezifisch privatrechtlich-unternehmerisches Moment“ inne, Ballerstedt, DÖV 1951, 449 (451). 153 Hierzu Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442 ff., der die Konsortialabsprachen als schuldrechtliche „Nebenabreden“ der Gesellschafter im Verhältnis zur Satzung als Grundverein­ barung darstellt. 154 Solche sind bei gemischtwirtschaftlichen GmbHs nicht notwendig, weil sie die „legale Herrschaft über die Geschäftsführung“ ermöglichen, Lutter / Timm, NJW 1982, 409 (409). Eine „Umgehung“ der Satzungsstrenge ist daher nicht erforderlich. 155 Zu Konsortialabsprachen als „legitimationsvermittelndes Bindeglied“ zur Sicherstellung der Gemeindeinteressen im Rahmen gemischt-öffentlicher Unternehmen, Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 198 ff. 156 Vgl. Paschke, in: Schwerdtfeger, Einl. AktG, Rn. 27. 157 Paschke, in: Schwerdtfeger, Einl. AktG, Rn. 27; Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 116, der darauf hinweist, dass Regelungen zur Besetzung des Vorstandes zum einen deshalb sinnvoll seien, weil sie zum Ersten zur gemeindlichen Einflusssicherung geeignet seien und sich zum Zweiten auch deshalb etabliert hätten, weil eine Verankerung in der eigentlichen Satzung aufgrund eines Eingriffs in die Entscheidungsfreiheit des Gesamtaufsichtsrates unzulässig wäre (§§ 84 Abs. 1, 107 Abs. 3 AktG), weil es eine vorweggenommene Fremdbindung des Aufsichtsrates darstellte. 158 So Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442 (444) für Konsortialvereinbarungen in Kapitalgesellschaften mit rein privater Beteiligung.

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Unabhängig von etwaigen Sicherungsrechten sind auch diese Punkte interessengeleitet und daher im Gründungsstadium ebenso konfliktanfällig159 wie sonstige Bestrebungen kommunaler Einflussnahme.160 2. Beherrschungsvertrag Fraglich ist allerding, ob dieses Ergebnis auch für Verhandlungen im Rahmen der Ausgestaltung eines Beherrschungsvertrags im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG zu überzeugen vermag.161 Hierunter versteht man einen Vertrag durch welchen die Leitung einer AG (Untergesellschaft) einer anderen Gesellschaft (Obergesellschaft) unterstellt wird.162 Hierdurch wird ein Unter- und Überordnungsverhältnis begründet, das insbesondere in einem Weisungsrecht der Obergesellschaft gegenüber dem Vorstand der Untergesellschaft Ausdruck findet, § 308 Abs. 1 AktG.163 Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags wird insbesondere dann empfohlen, wenn die Gemeinde eine Gesellschaft in der Rechtsform einer AG betreibt, weil § 76 AktG sonst keinen Raum zur direkten Einflussnahme auf den Vorstand der Gesellschaft zulässt.164 Dass die Kommune Unternehmerin i. S. d. §§ 15, 291 AktG sein kann, ist zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt und durch die juristische Literatur gewürdigt worden.165 Allerdings führe der Abschluss von Beherrschungsverträgen für Kommunen durch die Einbindung in einen Konzernverbund nicht nur zu Steuerungsvorteilen, sondern angesichts der in § 302 Abs. 1 AktG geregelten Verpflichtung zum Ausgleich von Jahresfehlbeträgen auch zu Nachteilen aufgrund 159 Gerade hierbei dürfte es sich um „Konflikte handeln, die von Überlegungen der Zweckmäßigkeit oder auch Wirtschaftlichkeit der gewählten Organisationsform“ getragen sind, Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13. 160 Zu beachten ist allerdings, dass die Verpflichtungen aus der Konsortialvereinbarung die Aufsichtsratsmitglieder nicht binden. Entsprechen sie den Wünschen der Gemeinde als Aktionärin und Vertragspartner der Gesellschaft nicht, so können sie auch ohne wichtigen Grund abberufen werden, vgl. Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, S. 116. 161 Ebenso wie für die AG stellt sich auch für die Rechtsform der GmbH die Frage danach, ob sie als abhängige Gesellschaft Vertragspartner eines Beherrschungsvertrags sein kann. Weil aber das Steuerungsbedürfnis aufgrund des einflussnahmefeindlichen § 76 AktG für die AG besonders akut ist, wird diese Frage an dieser Stelle diskutiert. Die gefundenen Ergebnisse gelten allerdings entsprechend auch für die GmbH. 162 Der BGH hat bereits in den 1970er Jahren diese Konstruktion anerkannt. Hierbei weist das Gericht auch auf die Wechselwirkung zwischen der Wirtschaftsbetätigung der öffentlichen Hand und der hiermit einhergehenden Gemeinwohlbindung hin und begründet die Zulässigkeit des Konzernrechts mit staatlicher Beteiligung gerade damit, dass sich die wirtschaftliche Betätigung auf das im öffentlichen Interesse liegende Maß zu beschränken habe, BGH NJW 1978, 104 (105) – Veba-Gelsenberg. 163 Paschos, in: Henssler / Strohn, § 291 AktG, Rn. 8 ff. freilich unter Einbeziehung der KGaA. 164 Vgl. etwa die Zusammenfassung bei Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 414. 165 St. Rspr seit BGH NJW 1978, 104 (105); Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 183 ff.

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von Haftungsrisiken.166 Anlässlich dieser zwingenden Regelung zur Verlustübernahme nach § 302 AktG ist umstritten, ob ein kommunal beherrschter Vertragskonzern zulässig ist. Dies wäre dann der Fall, wenn die Begrenzung der Haftung auf einen bestimmten Betrag durch teleologische Reduktion auf das Konzernrecht zulässig wäre. a) Zulässigkeit des Vertragskonzerns Eine stark vertretene Auffassung hält die Begrenzung der Haftung auf einen bestimmten Betrag durch teleologische Reduktion auf das Konzernrecht nicht anwendbar. Denn die Gemeinde könne aufgrund ihrer Weisungsbefugnisse selbst über Ausmaß und Umfang der wirtschaftlichen Risikobetätigung bestimmen. Hierdurch könne sie auch die Haftungsrisiken beherrschen und letztlich einen Kontrollverlust vermeiden.167 b) Unzulässigkeit des Vertragskonzerns Nach anderer Auffassung entzieht sich das kommunalverfassungsrechtliche Postulat des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4, 5 GO NRW einer solchermaßen vorgenommenen teleologischen Reduktion.168 Es soll nämlich gerade zur Vermeidung weiterer Haftungsrisiken bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in Privatrechtsform eine Rechtsform gewählt werden, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt (Nr. 3), die Haftung auf einen Betrag beschränkt, der entsprechend der gemeindlichen Leistungsfähigkeit angemessen erscheint (Nr.4) sowie schließlich keine Übernahme in unbestimmter oder unangemessener Höhe seitens der Kommune erfolgt. Zu diesen zwingenden Gründungs- und Beteiligungsvorgaben steht die in § 302 AktG verankerte uneingeschränkte Einstands 166 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 463. 167 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 464; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 408 f. der feststellt, „vielmehr ist der Haftungsbegrenzungstatbestand seiner Ratio nach schon nicht einschlägig“. 168 Insbesondere kann nicht auf die vielzitierte Entscheidung BGH NJW 1978, 104 ff. – VebaGelsenberg verwiesen werden. Denn der BGH hat zwar diese Konstruktion für die öffentliche Hand anerkannt. Allerdings hat er sich zur Verlustübernahmepflicht überhaupt nicht verhalten. Vielmehr hat er betont, dass die Frage danach, ob die öffentliche Hand ein abhängiges Unternehmen gegen Gewährung eines Ausgleichs benachteiligen dürfe, nicht generell verneint werden dürfe, weil es das aktienrechtliche Privileg eines jeden Großaktionärs sei, im Wege der faktischen Konzernbildung durch Bereitstellung großer finanzieller Mittel ihre Machtstellung auszuweiten. Dass sich der Staat einen hinreichenden Einfluss gewissermaßen erkaufe, um seine Ziele besser durchzusetzen, sei zunächst nicht zu beanstanden. Allerdings betont das Gericht zugleich, dass die Betätigung als Großaktionär nur in dem durch das öffentliche Recht (etwa § 108 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3, 5 GO NRW) vorgegebenen Rahmen gestattet ist, BGH NJW 1978, 104 (105) – Veba-Gelsenberg. Hiernach ist es der Gemeinde aber nicht gestattet Verluste in unbestimmter und unbegrenzter Höhe zu übernehmen.

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pflicht der Kommune für Verluste aus ihrer wirtschaftlichen Marktteilnahme diametral entgegen.169 Diese Anordnung verpflichtet die Gemeinde als herrschendes Unternehmen zur Haftung während der gesamten Vertragsdauer und begründet durch die Übernahme des Geschäftsrisikos eine stets präsente Haftungsgefahr.170 Dies gelte selbst in Fällen, in denen die Gemeinde von ihrem Weisungsrecht keinen Gebrauch mache bzw. aufgrund des Verbots nachteiliger Weisungen machen dürfe. Schließlich könne sie im Rahmen der Verlustausgleichsverpflichtung auch dann haftbar gemacht werden, wenn der Verlust völlig unverschuldet etwa durch höhere Gewalt eintrete.171 c) Streitentscheidung Mit Blick auf die deutlichen Anforderungen der Gemeindeordnung erscheint es vorzugswürdig, gemeindlichen Beherrschungsverträgen insgesamt die Zulässigkeit abzusprechen. Aufgrund der unüberschaubaren Haftungsrisiken und der permanenten Gefährdung von Haushaltsmitteln, ist der Gemeinde die Begründung eines Beherrschungsvertrags zu Einflusssicherung gegenüber der AG172 verwehrt.173 Daher darf mit Noack174 darin übereingestimmt werden, dass jedenfalls dann, wenn Einwirkungsbefugnisse nur um den Preis der Verlustübernahme zu haben seien, hiervon eben Abstand genommen werden müsste. Insoweit können hierbei konsequenterweise auch bei der Ausgestaltung des Vertrags keinerlei Konflikte auftreten.175

169 Vgl. Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 575; Mann, in: ders. / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 46, S. 232 f. 170 Von einem „abstrakten Gefährdungstatbestand“ spricht daher Koppensteiner, in: Köllner Kommentar AktG, § 302, Rn. 6. 171 Koppensteiner, in: Kölner Kommentar AktG, § 302, Rn. 6; Becker, in: Wurzel / Schraml / ​ ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 576. 172 Selbiges gilt wie zu Beginn der Erörterung angekündigt auch für die GmbH. 173 Spannowsky, ZGR 1996, 400 (423); Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 577, der allerdings zugleich betont, dass im Falle einer zwischengeschalteten GmbH als Holding keinerlei Haftungsbedenken bestünden, weil der Beherrschungsvertrag und damit auch die Verlustübernahmepflicht allein die GmbH träfen, Rn. 579; i. E. wohl auch Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 188 f.; a. A. etwa Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 166 f., der die Weisungserteilung der Gemeinde als herrschendes Unternehmen an den Vorstand als Einflussrecht bedenkenlos anerkennt m. w. N. 174 Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (383) mit Verweis auf Emmerich, AG 1976, 225 (227). 175 Zu beachten ist, dass die weiteren von Spannowsky, ZGR 1996, 400 (425) genannten vertraglichen Gestaltungsformen (Gewinnabführungs-, Stimmbindungs-, Einwirkungs-, sowie Konzessionsverträge) keine spezifisch gründungsbezogenen Konflikte, sondern die Ingerenzmöglichkeiten schlechthin betreffen.

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3. Faktische Konzernverhältnisse Der Vollständigkeit halber soll noch darauf hingewiesen werden, dass auch durch die Annahme eines faktischen Konzernverhältnisses (§§ 311–318 AktG) zwischen der Kommune und einer abhängigen Gesellschaft gemäß § 17 Abs. 2 AktG176 Konflikte weder bei der Mehrheitsbeteiligung an einer AG noch an einer GmbH akut werden. Allerdings ist dies nicht auf die unkalkulierbaren Haftungsrisiken nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3, 4, 5 GO NRW zurückzuführen. Zwar besteht beim faktischen Konzern ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem herrschenden und dem beherrschten Unternehmen. Doch fehlt es an einem Beherrschungsvertrag. Daher stellt sich hier nicht das Problem der allgemeinen Verlustausgleichspflicht nach § 302 AktG. Im faktischen Konzernverhältnis haftet die Gemeinde nämlich lediglich für (einzel-)handlungsbezogene Risiken.177 Weil aber diese Risiken vorhersehbar und kalkulierbar sind, ist ein Konflikt mit der kommunalrechtlichen Haftungsbegrenzungspflicht von vornhinein nicht gegeben.178 Darüber hinaus kommt es deshalb nicht zu einer Regimekollision, weil dem herrschenden Unternehmen, mithin der Gemeinde, keine zusätzliche Möglichkeit zugesprochen wird, auf Vorstand oder Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft einzuwirken.179 Die Möglichkeiten der Kommune beschränkten sich vielmehr auf die durch das allgemeine Gesellschaftsrecht180 zur Verfügung gestellten Instrumentarien (insb. Regelungen im Gesellschaftsvertrag), so dass eine faktische Konzernierung unter dem Gesichtspunkt der Ingerenz weder in der Gründungsphase noch – soviel darf vorweggenommen werden – im Rahmen der Unternehmensführung zu Konflikten zwischen dem Kommunal- und Gesellschaftsrecht führt.181 176 Bei Eigengesellschaften und bei in Mehrheitsbesitz der Gemeinden stehenden Beteiligungsgesellschaften wird nach § 17 Abs. 2 AktG die Abhängigkeit vermutet, so dass Gemeinden mit diesen Gesellschaften faktische Konzerne bilden, Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 143; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 415. 177 Koch, in: Hüffer / ders., § 311 AktG, Rn. 2, der zugleich auf die Verantwortlichkeitsregelung im Zuge nachteiliger Veranlassung gemäß § 317 AktG verweist. 178 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 415 f. m. w. N. 179 Allerdings kann das herrschende Unternehmen nach § 311 Abs. 1 AktG seinen Einfluss dazu benutzen, eine abhängige AG zu veranlassen eine für sie nachteilige Maßnahme zu treffen (etwa Anweisung an den Vorstand Auskünfte über Unternehmensinterna zu erteilen). Selbst wenn der Vorstand diesem Begehren nachkommen sollte, worauf kein Anspruch besteht, steht ihm dieses Recht allerdings nur dann zu, wenn der hiermit eventuell einhergehende Nachteil für die abhängige Gesellschaft ausgleichsfähig ist und nach den §§ 311 ff. auch ausgeglichen wird, Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 62; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 417. Es handelt sich mithin um kein pauschal zulässiges Recht zur Ingerenzausübung schlechthin, sondern verlangt stets eine Abwägung im Einzelfall. 180 Dieses Ergebnis kann sicherlich noch weiter dadurch verstärkt werden, dass auch die kommunalrechtlichen Bestimmungen offen für konkrete Ingerenzmaßnahmen sind. In diesem Sinne ist auch der weitgefasste Wortlaut des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW zu verstehen, der gerade keine konkreten Vorgaben an die angemessene Einflusssicherung macht. 181 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 418, der vor diesem Hintergrund feststellt, dass „faktische Konzerne unter dem Gesichtspunkt der Einflussnahme für die Gemeinden keine Rolle spielen“.

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4. Teil: Regimekollisionen

4. Zielvereinbarungen Des Weiteren soll auch die Zulässigkeit und Konfliktanfälligkeit von Zielvereinbarungen untersucht werden. Während Vereinbarungen zwischen Geschäftsführung und Vertretern der Gemeinde in der Gesellschafterversammlung bei der Organisationsform der GmbH zulässig sind, bleiben Zielvereinbarungen zwischen Hauptversammlung und Vorstand ausgeschlossen.182 Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine solche Vereinbarung hinsichtlich der einzelnen Vorstandsmitglieder rechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags zu werten ist, der gemäß § 84 AktG mit der Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat abgeschlossen wird.183 Den Aufsichtsrat um seine gesetzlich übertragene Aufgabe zu bringen, ist unzulässig. Vielmehr lässt sich diese Binnenstruktur mit Blick auf § 23 Abs. 5 AktG vertraglich nicht modifizieren und ist daher hinzunehmen.184 Dies gilt auch für Überlegungen, Verträge mit dem Aufsichtsrat zu schließen. Denn auch sie können Rechte und Pflichten gegenüber der Gesellschaft nicht durch Vereinbarungen mit dem Gemeindeaktionär begründen, weil sie in einem besonderen Verhältnis zum Unternehmen stehen.185 Diese Feststellungen gelten letztlich auch für Zielvereinbarungen zwischen Gebietskörperschaft und einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat.186 5. Konzessionsverträge Durch einen Konzessionsvertrag ist es möglich, ein Unternehmen schuldrechtlich zur Übernahme gemeindlicher Pflichtaufgaben zu verpflichten.187 Sie regeln die grundlegende Voraussetzung für die Einrichtung und den Betrieb der leitungsgebundenen Versorgung und benötigen hierfür die rechtliche Zulassung der Inanspruchnahme von fremden Grund und Boden, insbesondere des öffentlichen Verkehrsraumes.188 Allerdings umfasst das Recht zur Wegenutzung innerhalb der Gemeinde nicht zugleich das Recht auch auf die innere Struktur des konzessionierten Unternehmens einzuwirken.189 Denn die vertraglich vereinbarten Kontrollbefugnisse können Informationsrechte, Einspruchsbefugnisse und Genehmigungsvor 182 Vgl. etwa Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 517. 183 Raiser, ZIP 2011, 353 (354); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 517. 184 Vgl. Raiser, ZIP 2011, 353 (354). 185 Raiser, ZIP 2011, 353 (354), der dieses Verhältnis als Geschäftsbesorgungsverhältnis charakterisiert. 186 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 517. 187 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 518. 188 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 219 f. 189 Schäfer, Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, S. 131 (Fn. 522), der die Einbußen an Ingerenzmöglichkeiten in mitbestimmten Aufsichtsräten betont; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 455.

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behalte bis hin zu unmittelbaren Einzelanordnungen und allgemeinen Richtlinien festlegen.190 Einer solch gravierenden Unterwerfung der Unternehmensführung unter die Leitungsmacht der Gemeinde steht allerdings bei einer kommunalen AG sowie einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat die strikt zu beachtende unternehmerische Binnenstruktur entgegen.191 Die eigenverantwortliche Leitung des Unternehmens obliegt allein dem Vorstand, § 76 AktG. Weil aber Weisungsrechte und sonstige ingerenzgeleitete Maßnahmen grundsätzlich nur nach konzernrechtlichen Regelungen eingeräumt werden können, ein Beherrschungsvertrag nach der hier vertretenen Auffassung indes aufgrund der unüberschaubaren Haftungsrisiken und der permanenten Gefährdung von Haushaltsmitteln auch nicht im Gewand eines Konzessionsvertrags zulässig ist, darf sich die Kommune nicht durch einen solchen Vertrag eine administrative Kontrolle mit betriebsrechtlichen Kompetenzen in dem Unternehmen verschaffen.192 6. Zwischenergebnis Auch bei der Gründung einer kommunalen AG kommt es zu Konflikten zwischen der Gemeinde und privaten Anteilseignern. Erstaunlich ist hierbei, dass durch das aktienrechtliche Entsendungsrecht nach § 101 Abs. 2 AktG eine Privilegierung der öffentlichen Hand durchaus dem gesetzgeberischen Willen entspricht. Gleichwohl werden bei der Ausgestaltung der Satzung ähnliche Konflikte wie bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH akut. Dessen ungeachtet ist aufgrund der formalen Satzungsstrenge und der hiermit einhergehenden limitierten Ausgestaltbarkeit auch das Konfliktniveau geringer. Allerdings führen Versuche, diese Strenge zu umgehen, gewissermaßen zur Verlagerung des Konflikts. Hierzu zählen etwaige Vereinbarungen über Zustimmungsvorbehalte, wonach die Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat den jeweiligen Geschäften nur dann zustimmen dürfen, wenn der Rat es vorher ausdrücklich erlaubt. Diese Vorbehalte führen freilich auch bei jenen mittelbaren Beteiligungen zu Konflikten, bei denen die Entscheidungsbefugnisse der Gremien der mittelbaren Gesellschaft an einen Zustimmungsvorbehalt von Gremien der unmittelbaren Muttergesellschaft gebunden werden. Es erklärt sich im Übrigen von selbst, dass das Maß des 190 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 224. 191 Zwar erlaubt § 311 AktG dem Vorstand auch nachteiligen Weisungen im Einzelfall nachzukommen ohne die Haftungsfolge des § 93 AktG fürchten zu müssen. Allerdings besteht bereits kein Anspruch auf Befolgung der Weisung. 192 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 421 f.; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 519; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 224, der einen Beherrschungsvertrag zwar für zulässig erachtet und es insoweit nicht an der Regelung des § 302 AktG scheitern lässt. Allerdings spricht er der Gemeinde die Unternehmensqualität ab. Dies ist deshalb erstaunlich, weil der BGH bereits mit Urteil vom 13.10.1977 – II ZR 123/76 – juris, Rn. 13 entschieden hatte, dass auch Gebietskörperschaften und damit auch Kommunen Unternehmen im Sinne des Konzernrechts sein können.

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Konfliktpotenzials vom Umfang des Zustimmungskatalogs des Rates abhängt. Eine weitere Möglichkeit die Satzungsstrenge zu umgehen, bietet der Abschluss von „Konsortialvereinbarungen als Dauerabrede mit privaten Minderheitsgesellschaftern“193 neben der eigentlichen Satzung. In diesem Rahmen können sodann all jene Punkte aufgenommen werden, die auch im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden könnten. Hierbei treten jedoch mit dem Gesellschaftsvertrag identische Konflikte zutage. Allerdings kann die Satzungsstrenge nicht etwa durch einen Beherrschungsvertrag zwischen Unter- und Obergesellschaft i. S. des § 291 AktG umgangen werden, weil der Abschluss eines solchen Vertrages für die Kommune nicht zulässig wäre. Dies ist auf die zwingend uneingeschränkte Verlustübernahmehaftung der Kommune für Verluste aus ihrer wirtschaftlichen Marktteilnahme zurückzuführen, was diametral zu ihrer Pflicht steht, die Haushaltsmittel vor unabsehbaren Risiken zu schützen. Dies zugrunde gelegt, ist auch ein Konzessionsvertrag, der die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regelt, unzulässig.

IV. Ingerenzbedingte Konflikte im Stadium der Unternehmensführung Wie bereits festgestellt, folgt aus der Ingerenzpflicht der Kommune die Verpflichtung der öffentlichen Hand, auf ihre Einrichtungen und Unternehmen dahin gehend einzuwirken, dass diese ihrerseits die Ziele kommunaler Politik, die Orientierung am Allgemeinwohl und das Gebot der Rechtsstaatlichkeit einhalten.194 Hierbei versuchen Gemeinden dieser Pflicht zunächst dadurch nachzukommen, dass sie sich im Rahmen inhaltlich-gestalterischer Auseinandersetzungen mit den privaten Minderheitsgesellschaftern und Anteilseignern einen hinreichenden Einfluss auf ihren mehrheitlich gehaltenen Rechtssubjekten im Rahmen des Gründungsprozesses einräumen lassen. Daneben ergeben sich im Anschluss an die Gründungsphase, mithin während der Unternehmensführung, Spannungen, die ebenso auf die gegensätzlichen Intentionen unternehmerischer Betätigung zurückzuführen sind.195 Um einer ungehemmten wirtschaftlichen Betätigung nach dem Vorbild gemeinwohlentfesselter Konzerne entgegen zu wirken, stellten nach Katz die Verfassungsordnung und das Landeskommunalrecht drei zentrale Grundanforderungen zur Einflusssicherung für kommunales Handeln in Privatrechtsform mit hinreichenden Mechanismen und Instrumenten auf, an welche die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen und die Organisationsgestaltung ihrer

193 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 517. 194 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 243 mit Verweis auf Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 249. 195 „Dem Gemeinderat obliegen daher Ingerenzpflichten, deren Ziel es ist, eine vollständige Abkoppelung der Eigen- und Beteiligungsgesellschaften von der Gemeindeverwaltung im formellen Sinne zu verhindern“, Strobel, DVBl. 2005, 77 (78).

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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Unternehmen grundsätzlich gebunden sei.196 Zusammenfassend lässt sich folgende Aufzählung treffen:197 1. Unternehmen müssen der Erfüllung öffentlicher, gemeinwohldienlicher überwiegend gesetzlicher Pflichtaufgaben, etwa Entsorgung, Trinkwasser, öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Krankenhäuser etc. im Rahmen der örtlichen Angelegenheiten dienen. 2. Die wesentlichen Unternehmensentscheidungen müssen von demokratisch legitimierten Entscheidungsträgern der kommunalen Selbstverwaltung, den Organen Gemeinderat und Bürgermeister, getroffen werden. 3. Um die Anforderungen der oben genannten Punkte 1. und 2. gewährleisten zu können, müssen den Kommunen für diese Organe ausreichende Informations-, Ingerenz- und Kontrollrechte zur Verfügung stehen. Konkret sehen die LHO NRW sowie die GO NRW vor, dass sich die Gemeinde genügend Ingerenzrechte vorbehält, um einem „Versickern des öffentlichen Kommunalauftrags vorbeugen zu können“198, §§ 108, 109, 112, 113 GO NRW; 65 LHO NRW. Diese Ingerenzpflicht sei als Konkretisierung sachlich-inhaltlich demokratischer Legitimation zu verstehen, welche die Bindung an inhaltliche Vorgaben der vom Volk direkt oder durch seine Repräsentanten getroffenen Willensentscheidungen vermittelt. In der kommunalen Verwaltung erfolge diese Rückbindung zum einen an das parlamentarische Gesetz, an das auch Selbstverwaltungsträger gebunden sind, und zum anderen an die Vorgaben der gemeindlichen Volksvertretungen im Rahmen der den kommunalen Körperschaften eingeräumten Selbstverwaltungsangelegenheiten und deren eigenen Legitimationsquellen.199 Hierdurch solle insbesondere bei privatrechtlich organisierten kommunalen Unternehmen sichergestellt werden, dass die Ausübung der Staatsgewalt ihrem Inhalt nach vom Volk hergeleitet wird, um mit den Instrumenten der Gesetzesbindung, der Weisungsabhängigkeit200 und der demokratischen Verantwortlichkeit der Exekutive den Legitimationszusammenhang im Sinne des Volkswillens herzustellen.201 Hierbei hängt die Angemessenheit des Einflusses insbesondere vom Umfang der 196 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 85, Rn. 126 m. w. N. 197 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84 f., Rn. 126 198 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 86, Rn. 127, der auf kommunale Informations-, Steuerungs-, Einwirkungs- und Überwachungsrechte und -pflichten hinweist. 199 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 485 f.; ausführlich zur demokratischen Selbstverwaltung, Janssen, Über die Grenzen des legislativen Zugriffsrechts, S. 128 ff. 200 Hierdurch sollen „Tendenzen begegnet werden, dass sich die wirtschaftlichen Unternehmen von den demokratisch legitimierten Willensbildungsorganen der Gemeinde verselbstän­ digen. Die Vorschrift dient somit einer demokratischen Kontrolle der öffentlichen Unternehmen der Gemeinde“, Mecklenburg-Vorpommern, LT-Drs. 1/3645, Begründung zu § 71, S. 134; Strobel, DVBl. 2005, 77 (78). 201 Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (509); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 486.

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4. Teil: Regimekollisionen

Beteiligung und der Zielsetzung der öffentlichen Hand ab.202 Betrachtet man die hierzu zur Verfügung stehenden Werkzeuge abstrakt, so wird deutlich, dass Kollisionen mit Interessen privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner den kommunalen Informations-, Steuerungs-, Einwirkungs- und Überwachungsrechten und -pflichten immanent sind. Insoweit eröffnet nämlich jede Maßnahme zur Sicherstellung der öffentlichen Zweckverfolgung unweigerlich ein tatsächliches und rechtliches Kollisionsfeld zwischen wirtschaftsgeleitetem Gesellschaftsrecht und gemeinwohlverpflichtetem Kommunalrecht. Unweigerlich ist diese Spannung deshalb, weil staatliches Handeln, unabhängig von einem wirtschaftsorientierten Einschlag, bereits dann demokratisch rückzukoppeln ist, wenn das amtliche Handeln Entscheidungscharakter besitzt.203 Im Falle der wirtschaftlichen Betätigung erfolgt dies eben über eine wirksame kommunale Kontrolle und Verantwortung für die auf den „öffentlichen Zweck“ eingeschworene mehrheitlich öffentliche Gesellschaft. Weil aber letztlich die jeweiligen Gemeindevertreter verpflichtet sind, diesen Einfluss umzusetzen, wird nachfolgend zu klären sein, in welchem Umfang das Handeln von Organwaltern der inhaltlichen Steuerung und Kontrolle unterliegen muss und welche ihrer konkreten Verpflichtungen zu Spannungen während der Unternehmensbetätigung führen.204 In diesem Sinne sind Gemeindevertreter nämlich Personen, die im Namen der öffentlichen Hand tätig sind und originäre Hoheitsrechte ausüben.205 Hierdurch wird die gemeinwohlorientierte Staatstätigkeit zur treuhänderischen Wahrnehmung206 auf eine natürliche Person übertragen und die Staatsgewalt personalisiert. Hierbei sind konfliktverursachende Verpflichtungen sowohl privatrechtlichen als auch öffentlich-rechtlichen Ingerenzinstrumentarien geschuldet, wobei die Organisationsform und -spezifika der jeweiligen juristischen Person hinreichend zu berücksichtigen sind.207 Der Umstand, dass sich Interessenkollisionen im Rahmen der Unternehmensführung vornehmlich dort ergeben, wo gemeinwohlgebundene Vertreter der Kommune privatwirtschaftlich orientierten Gesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern gegenübertreten, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass gemeindliche Ingerenzen mitunter auch im innerkommunalen Bereich, mithin bei öffentlichrechtlich ausgestalteter und organisierter Unternehmensführung zu Spannungen führen können.208 Daher ist die Frage danach, ob und unter welchen Voraussetzungen kommunale Ingerenzen gegenüber Unternehmensorganen zulässig sind, nicht 202 Schön, ZGR 1996, 429 (446) m. w. N. 203 BVerfGE 47, 253 (273); 83, 60 (73); Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, 58; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 486. 204 Ohne die verpflichtende Dimension der Einwirkungspflicht zu erwähnen, Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 486; Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 213. 205 J. Isensee, in: Handbuch des Staatsrechts IV, § 71 Rn. 1, 132. 206 Ebenda. 207 So auch Brenner, AöR 127 (2002), 222 (233). 208 Instruktiv Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 489–496.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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pauschal zu beantworten. Vielmehr ist hierfür eine vielschichtige Unterteilung vorzunehmen, wobei landesrechtliche Regelungen ebenso zu beachten sind wie die Unterschiede zwischen privatrechtlich und öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen. 1. Gemeindliche Ingerenzausübung gegenüber kommunaler GmbH und konfliktverursachende Verpflichtungen ihrer Vertreter Um sämtliche Situationen, in denen es zu Spannungen zwischen unterschiedlich motivierten Gesellschaftern kommen kann, hinreichend darstellen zu können, ist ein kurzer Verweis auf die speziellen Organisationsausgestaltungen einer gemischtwirtschaftlichen GmbH erforderlich. Von der jeweiligen unternehmerischen Organisationsstruktur hängt nämlich nicht nur das Maß notwendiger Ingerenzausübung, sondern auch die Art derselben ab.209 Unbestritten ist nämlich, dass etwa die grundsätzlich öffentlichen Verhandlungen des Gemeinderates aufgrund ansteigender Organisationsprivatisierungen210 unter Beteiligung Privater zunehmend in interne Gremien der Gesellschaft verlagert werden.211 Dass hieraus im Interesse wirtschaftlicher Effizienz erhebliche Einbußen an Publizität und Transparenz einhergehen, verschärft die Notwendigkeit zur Schaffung, Ausgestaltung und Erhaltung von Informations- und Einflussmöglichkeiten der Gemeinde.212 Hierbei sind freilich Mechanismen notwendig, welche die Gemeindevertreter zur Sicherung und Umsetzung dieser Ingerenzmöglichkeiten verpflichten und die Umsetzung bindend sicherstellen.213 Es wurde bereits dargestellt, dass die GmbH als juristische Person nicht selbst handeln kann, sondern hierzu auf bestimmte Organe zurückgreifen muss. Hierzu gehört bei der GmbH zunächst die Gesellschafterversammlung sowie der Geschäftsführer, welcher von den Gesellschaftern im Wege der Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit bestellt (abberufen sowie entlassen) wird (§§ 46 Nr. 5, 47 Abs. 1 GmbHG). Wichtig ist, dass der Rat und die Gesellschafterversammlung zwar personenidentisch sein können, allerdings ist es erforderlich, dass die Vertreter der Gesellschafterversammlung ausdrücklich gemäß § 50 Abs. 4 GO NRW gewählt werden.214 Zwischen den Vertretern und dem Rat darf somit keine Identität bestehen. Dies hängt damit zusammen, dass der Rat selbst kein Gremium der Gesellschaft ist (dies sind grundsätzlich nur die Gesellschafterversammlung 209 Ähnlich Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 61 ff., 75 ff. 210 Vgl. hierzu die Angaben des IT.NRW in der Einführung in diese Arbeit. 211 Erle / Becker, NZG 1999, 58 (59), die jedoch nicht erwähnen, dass durch die Geschäftsordnung festgelegt werden kann, dass für Angelegenheiten einer bestimmten Art die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann, § 48 Abs. 2 Satz 2 GO NRW. 212 Vgl. Erle / Becker, NZG 1999, 58 (59). 213 Hierauf wird im sechsten und siebten Teil ausführlich eingegangen. 214 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 8.

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4. Teil: Regimekollisionen

und der Geschäftsführer).215 Eine Identität ist indes nur bei Eigengesellschaften, welche aus dieser Arbeit ausgeklammert sind, zu erwarten. Andernfalls würden private Gesellschafter für eine heterogene Sitzverteilung sorgen. Als Herrscher über die Satzung216 vermögen die Gesellschafter den Kurs der Gesellschaft zu bestimmen, ihre Interessen zu artikulieren und auch unmittelbaren Einfluss auf den Geschäftsführer auszuüben. Zu diesem Zweck bestellt die Gesellschafterin Kommune einen mit einer Vollmacht ausgestatteten Vertreter in die Gesellschafterversammlung, § 113 Abs. 2 GO NRW.217 Daneben besteht jedoch – wie bereits vielfach erwähnt – die Möglichkeit der Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats218, um sicherzustellen, dass der Fortschritt des durch die Gesellschafter festgelegten Unternehmenskurses219 nicht durch sie in Personalunion überprüft wird. Hierzu entsendet der Gemeinderat wiederum Vertreter in den Aufsichtsrat, in welchem die Kommune proportional zu ihren Beteiligungsverhältnissen Sitz- und Stimmrechte erhält. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass die Aufsichtsratsmitglieder in der Gesellschafterversammlung auf Vorschlag des Rates gewählt werden, § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW. Dieses Korsett zwingender oder möglicher Unternehmerorganisation zugrunde gelegt, können nunmehr sämtliche Konfliktfelder besprochen werden. Man ist geradezu verführt festzustellen, dass Spannungen von vornherein dort nicht entstehen können, wo Pflichten gesetzlich determiniert, mithin zwingend sind. Das lässt sich in dieser Allgemeinheit jedoch nicht annehmen. Der Umstand, dass es Aufgaben gibt, die zum Kernbereich des Pflichtenkatalogs des Leitungsorgans gehören, vermag hieran nichts zu ändern, zumal diese meist öffentlichrechtlich vorgegeben sind. So gehört zu den Pflichten des Geschäftsführers, der für alle Aufgaben zuständig ist, die nicht in dem enumerativ aufgelisteten Zu­ ständigkeitskatalog der Gesellschafter nach § 46 GmbHG erwähnt sind, auch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten der kommunalen GmbH.220 Hierzu zählt vor allem die Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nach 215 OLG Karlsruhe, BeckRS 1995, 9548, Rn. 6; Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 8. 216 Die Gesellschafterversammlung einer Eigengesellschaft als „Herr der Satzung“ Erle / Becker, NZG 1999, 58 (59). 217 Der Gemeindevertreter wird im Wege der Verhältniswahl in das Organ gewählt und ist im Hinblick auf eine etwaige Abberufung gegen Mehrheitsveränderungen im Rat immun, Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 5. 218 Die verpflichtende, obligatorische Bildung eines Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) sowie Drittbeteiligungsgesetz (DrittelbG) der Arbeitnehmer folgt gesonderten Verfahrensregelungen, §§ 7 ff. MitbestG bzw. 4 ff. DrittelbG. 219 Die unternehmensstrategische Ausrichtung wird durch die Gesellschafterversammlung vorgegeben. Entscheidungen über die künftige Unternehmenspolitik stehen dem Geschäftsführer nur dann zu, wenn die Gesellschafter ihnen diese Aufgabe durch Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung oder Gesellschafterbeschluss zugewiesen haben, Wisskirchen / Kuhn, in: BeckOK GmbHG, § 37, Rn. 13. 220 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 342.

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§ 266a StGB. Diese Pflichten können auch nicht etwa durch anderweitige Weisungen seitens der Gesellschafter vernachlässigt werden, arg. ex § 43 Abs. 3 Satz 3 GmbHG.221 Insoweit kann ein Konflikt zwar tatsächlich dort nicht entstehen, wo rechtliche Pflichten des Geschäftsführers öffentlich-rechtlich, insbesondere strafrechtlich zwingend sind. Dies aber bedeutet nicht, dass sonstige gesetzlich determinierte Pflichten in Fragen der Unternehmensführung frei von Kollisionen wären. Es ist nämlich gerade die noch zu beantwortende Frage,222 ob das Gesellschaftsrecht mit seinen disponiblen wie zwingenden Vorschriften zur unantastbaren Rechtsordnung hypostasiert und den öffentlich-rechtlichen Bindungen entzogen werden kann.223 Dies vorweggenommen, kann festgehalten werden, dass Konflikte gerade dort virulent werden, wo es um Fragen interessenentsprechender Unternehmensführung geht. Wie bereits erwähnt, wird die unternehmensstrategische Ausrichtung durch die Gesellschafterversammlung vorgegeben. Weil aber in einer gemischtwirtschaftlichen GmbH neben mehrheitlich kommunalen Gesellschaftern auch Private vertreten sind, zeichnen sich Konflikte dort ab, wo der von der Gemeinde determinierte Kurs nicht mit den Interessen der Gesellschafter zu vereinbaren ist. So können sich Spannungen zwischen beiden Lagern bereits dort ergeben, wo die Gemeinde versucht ist, sich mit „flankierenden vertraglichen Regelungen“224 notwendige Steuerungsinstrumente vorzubehalten. Konsequenterweise ist hierauf bereits in der Gründungsphase eingegangen worden. Besonders deutlich wird der Konflikt jedoch in den vielgestaltigen förmlichen Weisungen an Vertreter in den unterschiedlichen Unternehmensorganen. Dies betrifft nicht nur Weisungen, deren Absender der Rat ist, sondern spielt sich auch zwischen den Organen der GmbH ab. Die Konflikte, die sich aufgrund der Einflussnahme zwischen den jeweiligen Organen ergeben können, sollen daher in der gebotenen Kürze dargestellt werden. Erst im Anschluss hieran soll auf die Konflikte eingegangen werden, welche sich aus der Einflussnahme und Kontrolle des Rates ergeben.

221 Insoweit zuzustimmen Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 342 (Fn.70). 222 Hierauf wird in sechsten und siebten Teil im Rahmen der Diskussion um die Begründung eines Verwaltungsgesellschaftsrechts sowie eines Kollisionskonzepts erschöpfend eingegangen. 223 Bezogen auf den verfassungsrechtlichen Bindungsentzug, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 253. 224 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 515, der insbesondere Stimmbindungsverträge, Konsortialvereinbarungen oder Konzessionsverträge hierzu zählt; Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 184 f. ist der Auffassung, dass Stimmbindungsverträge das Gesellschaftsrecht nicht abbedingen können, § 125 Abs. 1 Satz 4 HS.2 HGO. Hierdurch verweist er auf eine der Kernfragen, nämlich darauf, ob das Kommunalrecht gegenüber dem Gesellschaftsrecht formell subsidiär sein kann. Vgl. hierzu Teil sechs dieser Arbeit.

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a) Organkonflikte zwischen Gesellschafterversammlung und (fakultativem) Aufsichtsrat Soweit ein obligatorischer Aufsichtsrat zu errichten ist oder ein fakultativer Aufsichtsrat gesellschaftsvertraglich vereinbart wird, bringt es die Organisationsverfassung der GmbH mit sich, dass sowohl Gesellschafterversammlung als auch der Aufsichtsrat zuständig für die Überwachung der Geschäftsführung sind. Hierbei bezieht sich die Überwachung auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsgemäßheit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung.225 Wo aber mehrere Beteiligte einer gemeinsamen Aufgabe nachgehen, kommt es regelmäßig zu Zuständigkeitskonflikten und Meinungsstreitigkeiten.226 Verweigert der (fakultative) Aufsichtsrat entgegen den Vorstellungen der Gesellschaftermehrheit die Zustimmung zu einem bestimmten Geschäft oder genehmigt er ein Geschäft, obwohl dies nicht dem Willen des Mehrheitsgesellschafters entspricht, so stellt sich die Frage, wie diese Divergenz aufgelöst wird und welches Organ sich hierbei durchsetzt.227 Wie bereits dargestellt können wesentliche Kompetenzen, Zuständigkeiten und Vorrangregelungen bereits während der Gründungsphase in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden.228 Obwohl dies mittlerweile der Regelfall sein dürfte, lohnt sich dennoch die Überlegung anzustellen, was geschieht, wenn der Gesellschaftsvertrag zu all diesen Fragen schweigt. Im Wege einer hierarchischen Betrachtung ist festzustellen, dass die Gesellschafterversammlung trotz Bestehens eines Aufsichtsrats oberstes Gesellschaftsorgan bleibt.229 Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob es sich um einen fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsrat handelt. Sie kann der Geschäftsführung daher  – unabhängig von etwaigen Verankerungen im Gesellschaftsvertrag  – in allen Geschäftsführungsbereichen Weisungen erteilen.230 Verweigert der Aufsichtsrat die Erteilung der Zustimmung zu einem bestimmten Geschäft, so kann die Geschäftsführung dem zwar Folgeleisten und vom Geschäft absehen. Zum Organstreit kommt es allerdings dann, wenn die Gesellschafterversammlung die 225 Zur Rechtmäßigkeit zählen insbesondere die Einhaltung wirtschaftsrechtlicher, steuerrechtlicher und arbeitsrechtlicher Vorschriften. Zur Ordnungsgemäßheit zählt insbesondere die Einhaltung betriebswirtschaftlicher Regeln und zur Wirtschaftlichkeit die Sicherung der Liquidität und Steigerung der Ertragskraft. Zur Überwachung gehört insbesondere die Prüfung der Rechnungslegung, des Rechnungslegungsprozesses und der Abschlussprüfung, C. Jaeger, in: BeckOK GmbHG, § 52, Rn. 28 f.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 100. 226 Vgl. Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 70. 227 Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 71. 228 Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 70. 229 BGH NJW 1997, 1985 (1986), der die Gesellschafterversammlung als das „zentrale Entscheidungsorgan der GmbH“ bezeichnet; C. Jaeger, in: BeckOK GmbHG, § 52, Rn. 33. 230 BGH NJW 1997, 1985 (1987); C. Jaeger, in: BeckOK GmbHG, § 52, Rn. 33.

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Geschäftsführung entgegen des Aufsichtsratsvotums zur Vornahme des Geschäfts anweist.231 Denn die Geschäftsführer sind verpflichtet diese Weisung umzusetzen, ohne dass es auf eine Aufsichtsratskontrolle ankäme. Angewiesene Geschäftsführungsmaßnahmen sind somit „zustimmungsvorbehaltsresistent“.232 Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass es in der kommunalen Wirtschaftspraxis Fälle geben kann, in denen eine Anhörung des Aufsichtsrats vor Weisungserteilung an die Geschäftsführung ratsam sein dürfte.233 Will die Geschäftsführung hingegen das zustimmungsbedürftige Geschäft vornehmen, ohne dass der Aufsichtsrat seine Zustimmung erteilt hätte, so sieht § 111 Abs. 4 Satz 3, 4 AktG i. V. mit § 52 Abs. 1 GmbHG vor, dass sie den Vorgang der Gesellschafterversammlung vorlegt und verlangt, dass sie hierüber beschließt. Zwar verlangt das AktG, dass der Beschluss mit einer Dreiviertelmehrheit abgegeben wird. Diese qualifizierte Voraussetzung überzeugt weder für die mitbestimmte noch für die mitbestimmungsfreie, mit einem fakultativen Aufsichtsrat ausgestattete GmbH.234 Denn die Struktur der GmbH erlaubt ein anderes GmbH-spezifisches Vorgehen. Da Gesellschafter in Geschäftsführungsangelegenheiten mit einfacher Mehrheit Beschlüsse fassen können, muss dies jedenfalls bei der mitbestimmungsfreien GmbH hinreichend berücksichtigt werden.235 Hiernach genügt auch bei einer GmbH mit einem (fakultativen) Aufsichtsrat eine mit einfacher Stimmenmehrheit herbeigeführte Weisung. Denn die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats bewirkt keine Schwächung der Gesellschafterversammlung, sondern dient allein der 231 Nicht zu verwechseln ist dieses Problem mit der Frage, ob der (fakultative) Aufsichtsrat berechtigt ist, unternehmerische Entscheidungen zu treffen und Weisungen an die Geschäftsführung zu erteilen. Dies ist in Ermangelung entsprechender Kompetenz zu verneinen, so dass die Geschäftsführung eine solche Anweisung ignorieren könnte, ggf. sogar müsste, Lutter, Anmerkung zum Urteil des VG Arnsberg v. 13.07.2007, Az.: 12 K 3965/06, in: ZIP 2007, 1988 (1992). 232 Zwar umstritten, so aber überwiegende Ansicht, U. H. Schneider, in: Scholz, § 52 GmbHG, Rn. 133 m.w.N, der jedoch zugleich darauf hinweist, dass jedenfalls für fakultativen Aufsichtsrat der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmen kann. Daher ist auch insoweit das Konfliktpotential von der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags abhängig. Auch für eine GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat bedeutet es, dass die „übergreifende Entscheidungskompetenz der Gesellschafter in Geschäftsführungsangelegenheiten und die Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer, § 37 Abs. 1 GmbHG, erhalten bleibt“, Altmeppen, in: Roth / ders., § 52 GmbHG, Rn. 73. 233 U. H. Schneider, in: Scholz, § 52 GmbHG, Rn. 133. 234 Altmeppen, in: Roth / ders., § 52 GmbHG, Rn. 74, 24 m. w. N. zur umstrittenen Rechtslage. 235 Umstritten ist, ob die einfache Mehrheit auch für eine mitbestimmte GmbH genügt. Nach wohl h. M. ist dies der Fall, weil die Mitbestimmungsgesetze zu keiner Änderung der GmbHspezifischen Entscheidungshierarchie führen, U. H. Schneider, in: Scholz, § 52 GmbHG, Rn. 133; Altmeppen, in: Roth / ders., § 52, Rn. 75; a. A. mit dem Hinweis auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 111 Abs. 4, Satz 4 AktG Ballerstedt, ZGR 1977, 133 (153), Mertens, ZGR 1977, 270 (288). Vermittelnde Auffassung etwa P. W. Heermann, in: Ulmer / Habersack / Löbbe, § 52, Rn. 243, der eine qualifizierte Beschlussfassung dann verlangt, wenn die Geschäftsführer nach der Satzung nur mit qualifizierter Mehrheit oder aus wichtigem Grund abberufen werden könnten. Denn es wäre widersinnig für Weisungen eine qualifizierte Mehrheit zu verlangen, wenn stattdessen unter einfacheren Voraussetzungen die Abberufung erfolgen könne.

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4. Teil: Regimekollisionen

verstärkten Überwachung der Geschäftsführung. Eine Zurückdrängung der Gesellschafterrechte findet gerade nicht statt.236 Daher brauchen die Gesellschafter auch nicht darauf zu warten, dass die Geschäftsführer ihnen die Angelegenheit zur Entscheidung vorlegen. Sie können den Vorgang vielmehr an sich ziehen und – vorbehaltlich anderslautenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag – auch schon vor Befassung des Aufsichtsrats eine verbindliche Entscheidung treffen.237 Daher ist der Feststellung Engellandts238, dass „im Falle eines Organkonflikts mit dem Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung im Ergebnis regelmäßig obsiegen“ wird, vorbehaltlos zuzustimmen. Dass hierdurch das Konfliktpotential im Rahmen der Unternehmensführung steigen dürfte, lässt sich allerdings ebenso wenig leugnen. b) Konfliktpotential von Weisungen an Vertreter in kommunaler GmbH Im Gegensatz zu den Anteilseignern der AG ist es den Gesellschaftern als „Herren der GmbH“239 möglich, durch Weisungen gegenüber ihren Vertretern in der Gesellschafterversammlung unmittelbar auf die Geschäftsführung einzuwirken und hierdurch eine Legitimationskette zu diesen Unternehmensorganen aufrechtzuerhalten.240 Die gemeindlichen Weisungen, die als öffentlich-rechtliches Werkzeug241 zur Sicherung kommunaler Ingerenz bezeichnet werden können, hängen bezogen auf ihre Reichweite und Rechtsnatur entscheidend davon ab, auf welches Organmitglied die Gemeinde Einfluss ausübt.242 Im Schmelztiegel der jeweiligen Binnenorganisation werden die unterschiedlichen Interessen, Wertungen und Regelungsintentionen nämlich augenscheinlich. Daher soll in einem ersten Schritt untersucht werden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Weisungen durch den kommunalen Gesellschafter an Vertreter in den Organen einer durch sie beherrschten GmbH zulässig sind, um sodann in einem zweiten Schritt darzustellen, inwieweit kommunale Vertreter hierdurch zur Weisungsbefolgung verpflichtet werden können. Erst hiernach können nämlich die Konflikte, die hieraus entstehen, ge 236 P. W. Heermann, in: Ulmer / Habersack / Löbbe, § 52, Rn.  112; Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 75. 237 P. W. Heermann, in: Ulmer / Habersack / Löbbe, § 52, Rn.  112. 238 Engellandt, Die Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 75. 239 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 179. 240 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 500 m. w. N. 241 Keese, Regierungsmitglieder als Vertreter, S. 59 sieht das Weisungsrecht richtigerweise als „rechtstechnischen Ersatz“ für eine eigene Mitgliedschaft der juristischen Person Gemeinde in den Organen ihrer Unternehmen an; Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 72. 242 Differenzierend zwischen Hauptversammlung und Aufsichtsrat, Schmidt, ZGR 1996, 345 (353); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 507.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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sondert aufgezeigt werden.243 Diesem Dreischritt folgend, sollen weitere Einflusssicherungsinstrumente aufgezeigt werden, die zu Interessenkonflikten mit privaten Gesellschaftern führen können. Diese differenzierte Betrachtung ist insbesondere deshalb geboten, weil die Frage nach der Weisungsgebundenheit der gemeindlichen Vertreter zu Recht als eines der bedeutendsten Probleme (gemischt)wirtschaftlicher Betätigung der Gemeinde schlechthin verstanden wird.244 Zu beachten ist allerdings, dass in diesem Abschnitt lediglich ingerenzbedingte Konflikte untersucht werden. Die Lösung der Frage, ob die konkrete Maßnahme der Einwirkung und Kontrolle nicht nur möglich, sondern auch zulässig ist, bleibt dem sechsten und siebten Teil dieser Arbeit vorbehalten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Konflikt nur dann entstehen kann, wenn die konkrete Ingerenzmaßnahme – etwa eine Weisung an ein Mitglied des Aufsichtsrats – überhaupt möglich ist. c) Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer GmbH Zunächst darf festgehalten werden, dass die Erteilung von Weisungen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW als Ausdruck der Wahrnehmung gemeindlicher Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschafterversammlung unter keinem erdenklichen Punkt bedenklich erscheint.245 Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass der Rat und die Gesellschafterversammlung u. U. personenidentisch sein können.246 Weitaus problematischer ist hingegen die Frage nach der Zulässigkeit von Weisungserteilungen an gemeindliche Aufsichtsratsmitglieder.247 Bekanntlich ist der Aufsichtsrat einer AG vom Gesetzgeber als selbständiges und selbstverantwortliches Kontrollorgan gegenüber dem Vorstand ausgestaltet worden. Hierbei haben die Aufsichtsratsmitglieder unter Berücksichtigung der Sorgfalt eines ordentlichen

243 Vgl. Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 489 ff. der die Rechtsnatur von Weisungen in Abhängigkeit vom jeweiligen Organ, in dem die Vertreter sitzen, behandelt. 244 So bereits Sudhoff, Vertretung der Gemeinde, S. 90: „Die Forderung, dass die Weisungen an die Vertreter von dem Willen getragen sein müssen, das gemeindliche Wirtschaftsleben in den Dienst des gemeinen Wohls zu stellen, bietet den Ausgangspunkt für die Erörterung eines der wichtigsten Probleme der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung in Form der […] Beteiligung an Privatgesellschaften überhaupt, nämlich der Frage: Vorrang der Weisung oder Vorrang der Gesellschaftsinteressen, falls die Weisung diesen zuwiderläuft“; Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 72. 245 Anders ist es freilich dort, wo besondere gesetzliche Bestimmungen dies ausdrücklich bestimmen. So sind etwa Mitglieder der Landschaftsversammlung nach § 15 Abs. 2 LVerbO, Mitglieder des Verwaltungsrates der Sparkasse, § 15 Abs. 6 SpkG weisungsfrei. Dies gilt indes nicht für Vertreter der Gemeinde in der Zweckverbandsversammlung, § 15 Nr. 2 GkG und die Mitglieder der Verbandsversammlung des Kommunalverbandes Ruhr, § 9 KVR-Gesetz sowie Beamtinnen und Beamte nach § 35 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). 246 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 8. 247 So zückt etwa Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (380) die rote Karte, soweit Aufsichtsratsmitglieder an Weisungen des Rates gebunden werden sollen.

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4. Teil: Regimekollisionen

und gewissenhaften Geschäftsleiters nach § 111 Abs. 6248 AktG und §§ 93,  116 AktG in gehöriger Unabhängigkeit ausschließlich die Belange des Unternehmens wahrzunehmen. Daher ist seit jeher umstritten, ob mit dieser besonderen Pflichtenstellung ein Weisungsrecht nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zu vereinbaren ist.249 Grundlage des Konflikts ist die zweifelhafte Vorstellung, dass die entsandten oder gewählten Aufsichtsräte in keinem Fall Interessenvertreter der Gesellschafterkommune, sondern selbstbestimmte und eigenverantwortliche Mitglieder eines Unternehmensorgans seien. Insoweit bestehe innerhalb des Gremiums kein Unterscheid zwischen den Mitgliedern,250 weil der Gemeinde als wirtschaftliche Unternehmerin keine Sonderstellung zukomme.251 Ebenso wie beim Aufsichtsrat einer AG besteht auch bei einem bloß fakultativ eingerichteten Aufsichtsrat die Frage nach der Weisungsbindung der Aufsichtsräte fort.252 Weisungsbedingte Konflikte im Rahmen der Unternehmensführung können sich also deshalb ergeben, weil die Frage danach, ob die von der Gemeinde entsandten oder gewählten Aufsichtsratsmitglieder zur Befolgung der Weisung verpflichtet sind, ungeklärt ist. Dabei wurde sie bereits im Zusammenhang mit §§ 67, 70 DGO 1935 erörtert.253 aa) Weisungsfreiheit der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrates einer GmbH Bereits das RG war der Ansicht, dass eine Satzung keine Regelung enthalten durfte, wonach „das Abstimmungsergebnis unter dem zwingenden Einfluss einer fremden Willenslenkung stünde und für die Betätigung einer eigenen Entschließung des Gesellschafters kein Raum bliebe“.254 Dieser Ansicht schloss sich auch der BGH255 in seiner Grundsatzentscheidung vom 29. Januar 1962 an, in welcher er zugleich die noch eingehend zu behandelnde Lehre vom Vorrang des Gesellschaftsrechts256 entwickelte. Hierin führte er aus: 248 Bis zum 01.05.2015 § 111 Abs. 5 AktG. 249 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 8. 250 BGH NJW 1962, 864 (866); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 508. 251 Strobel, DVBl. 2005, 77 (79). 252 Die Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder einer AG sowie einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat mag unter Hinwies auf ihre unabhängigen Überwachungsfunktionen mehrheitlich anerkannt sein, vgl. nur VGH Kassel AG 2013, 35 (36); Strobel, DVBl. 2005, 77 (79 f.); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 508. Dies ersetzt indes keine vertiefte Prüfung danach, ob dies auch vor dem Hintergrund der durchaus im Wandel begriffenen Ingerenzverpflichtung der Gemeinde berechtigt ist. 253 BGH NJW 1962, 864 (866). 254 RGZ 165, 68 (78 f.). 255 BGH NJW 1962, 864 (866). 256 Hierauf wird im sechsten Teil dieser Arbeit insbesondere im Zusammenhang mit der Lehre vom Verwaltungsgesellschaftsrecht einzugehen sein.

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„Als Angehörige eines Gesellschaftsorgans haben sie den Belangen der Gesellschaft den Vorzug vor denen des Entsendungsberechtigten zu geben und die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, ohne an Weisungen des Entsendungsberechtigten gebunden zu sein. […] Nun ist es allerdings denkbar, dass der Entsendungsberechtigte gleichwohl Weisungen erteilt und der Entsandte den Weisungen nachkommt, obwohl er das nicht darf.“

Auch Schwintowski257 ist der Ansicht, dass der BGH durch den Verweis auf die Schutzregeln des Konzernrechts seine Rechtsprechung bestätigt habe, weil er betont habe, dass diese Regeln (§§ 291 ff. AktG) gerade deshalb entwickelt worden seien, weil das Gesellschaftsinteresse mit dem Aktionärsinteresse nicht in jedem Fall deckungsgleich, aber schutzwürdig sei. Wie bereits oben dargestellt kommt aufgrund der zwingend nachteiligen Rechtsfolge des § 302 AktG ein Beherrschungsvertrag zwischen Kommune und Unternehmen nicht in Betracht. Daher lässt sich eine Weisungsfreiheit nicht damit begründen, dass andernfalls die Vorschriften des Konzernrechts sinnentleert würden.258 Richtig ist allerdings, dass das Aktiengesetz nach wie vor keine explizite Regelung darüber enthält, ob Aufsichtsratsmitglieder weisungsgebunden sind und folglich einem imperativen Mandat unterliegen. Allerdings ergäbe sich aus § 111 Abs. 6 AktG nicht nur die Pflicht zur persönlichen Amtsausübung,259 sondern auch das Recht zur freien, weisungsentfesselten Willensbildung.260 Konstituieren die Gesellschafter der GmbH nun einen Aufsichtsrat, so verweist § 52 Abs. 1 GmbHG bekanntlich auf einzelne Vorschriften des AktG, darunter eben auch §§ 111 Abs. 1, 6, 116, 93 Abs. 1 AktG. Hieraus wird von einer beachtlichen Anzahl an Stimmen in der Literatur abgeleitet, dass auch Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH ihre Überwachungsaufgaben ihrem freien Mandat entsprechend eigenverantwortlich und frei von Weisungsbindungen zu erfüllen hätten.261 Durch den Verweis würden nämlich all jene Vorschriften des AktG aktiviert, die den Aufsichtsrat einer AG als Überwacher der Geschäftsführung charakterisieren und zugleich die eigenverantwortliche Rechtsstellung der Aufsichtsratsmitglieder betonten.262 Daher wird die Auffassung vertreten, dass auch gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern einer GmbH aus den genannten Erwägungen heraus keinerlei Weisungsbefugnisse zustehen. Nach dieser Ansicht erfordert die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrates die vollständige Unabhängigkeit von externer Einwirkung bei der Ausübung des höchstpersönlichen Amtes. Insbesondere spiele hierbei keinerlei Rolle, ob es sich 257 Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1318) mit Verweis auf BGH NJW 1978, 104 (105 f.). 258 So aber Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1318). 259 Insbesondere hierauf stellt Vetter ab, wenn er die noch dazustellende Entscheidung des BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 ff. kritisiert, Vetter, GmbHR 2011, 449 (457), freilich bezogen auf § 111 Abs. 5 AktG a. F. 260 Koch, in: Hüffer / ders., § 111 AktG, Rn. 60 m. w. N. 261 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 155; Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 39. 262 Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger et al., § 52 GmbHG, Rn. 174a; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130; Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 39.

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4. Teil: Regimekollisionen

um einen obligatorischen oder fakultativen Aufsichtsrat handele. Denn mit dessen besonderen Stellung wäre die fremdnützige Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Pflichten (imperatives Mandat) nicht zu vereinbaren.263 Die Verfechter dieser Maximalposition für die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder beantworten die Frage nach einer etwaigen Weisungsbindung in eben diese Richtung selbst dann, wenn sie explizit in den Gesellschaftsvertrag264 aufgenommen wurde. Um sich vom Vorwurf des eindeutigen und entgegenstehenden Wortlauts zu lösen, schlägt Lieschke265 etwa eine teleologische Reduktion des § 52 Abs. 1 GmbHG vor, um unter Hervorhebung der oben genannten und darüber hinaus „typisierenden Funktion des Aufsichtsrats“266 von vornhinein den §§ 111 Abs. 1, 6, 116, 93 Abs. 1 AktG zuwiderlaufende Regelungen im Gesellschaftsvertrag auszuschließen. Zöller / Noack267 sehen die Unabhängigkeit des Organs Aufsichtsrat insoweit gefährdet, als bei gesellschaftsvertraglich vereinbartem Weisungsrecht das einzelne Aufsichtsratsmitglied zum bloßen Repräsentanten des kommunalen Gesellschafters würde und seine selbstbestimmte und eigenverantwortliche Mitgliedschaft verlöre. Dass dem Interesse des Rechtsverkehrs und damit auch der Gesellschaftsgläubiger an einer funktionsgerechten Kontrolle der Geschäftsführung durch einen Aufsichtsrat Vorrang vor dem Weisungsrecht der Kommune eingeräumt werden müsse, zeige auch § 52 Abs. 2 GmbHG, der die Bekanntmachung der Aufsichtsratsmitglieder deshalb dringend vorschreibe, weil hierdurch dem Rechtsverkehr die „Gewaltenteilung der Gesellschaft zur Kenntnis gegeben“268 werde. Darüber hinaus verstieße nach Giedinghagen269 ein Gesell 263 „Der Aufsichtsrat einer GmbH, unabhängig davon, ob obligatorisch oder fakultativ, ist hingegen organisatorisch unabhängig“, Meier / Wieseler, GemHH 1993, 174 (177); Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 9. 264 Die umstrittene Frage, ob eine Weisungsbindung überhaupt in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden darf, konnte bereits beantwortet werden. Während das öffentlichrechtliche Schrifttum insbesondere unter Verweis auf den Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG „[…] soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist“ die Gestaltungsfreiheit des Gesellschaftsvertrags bejaht, etwa H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 206, der richtigerweise eine Weisungsbindung bis zur Grenze der „Geschäftsschädlichkeit“ für geboten hält; Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 48 f.; hingegen beharrt das überwiegend zivilrechtliche Schrifttum auf der absoluten Weisungsfreiheit, etwa Zöller / Noack, in: Baumbach / ​ Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130 m. w. N. 265 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 41 ff. 266 Zöller / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 27, 130 m. w. N. wiederum auf den Vertrauensschutz des Rechtsverkehrs verweisend. Dieser Verweis wurde allerdings bereits auf S. 166 mit Hinweis auf BVerwG Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16.10-juris, Rn. 22 entkräftet. 267 Zöller / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130. 268 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 46. 269 Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger et al., § 52 GmbHG, Rn. 174a, der darauf hinweist, dass zwar eine analoge Anwendung der Schadenersatznorm § 117 AktG mangels einer planmäßigen Regelungslücke ins Leere ginge. Indes betont er, dass eine Haftung aus §§ 823 ff.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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schafter gegen seine gesellschaftsrechtliche (Treue-)Pflicht, die Funktionsfähigkeit eines Organs nicht zu beeinträchtigen. Eine mögliche Haftung der Gesellschafter­ kommune wäre hiernach die Konsequenz. Spindler270 verweist darauf, dass eine Weisungsabhängigkeit dem Bild des Aufsichtsrats und seiner Aufgabe zur unabhängigen Überwachung dergestalt widersprechen würde, dass von einem Kontrollorgan nicht länger gesprochen werden könne. Insoweit führe eine entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags zu einem Verstoß gegen § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. mit §§ 111 Abs. 1, 6, 116, 93 Abs. 1 AktG. Lutter271 rät Verwaltungsgerichten gänzlich dazu, als Schuster bei ihren Leisten zu bleiben oder eben den Eigenarten der Leiste gerecht zu werden. Dass es sich bei den Leisten um das Gesellschaftsrecht handelt, wird im Kontext der Urteilsanmerkung deutlich. Daher schlägt Lieschke272 vor, im Gesellschaftsvertrag einen „Aufsichtsrat“ einzurichten, dessen Mitglieder auch im Rahmen ihrer Überwachungsaufgaben weisungsgebunden sind. Eine derartige Regelung wäre jedoch nur dann rechtlich zulässig, wenn sich durch Auslegung ergäbe, dass in „Wirklichkeit ein „Beirat“ oder „Gesellschafterausschuss“ gewollt ist“273. Dem schließt sich auch Spindler274 an und betont, dass es den Gesellschaftern freistehe einen „Beirat oder ein sonst wie bezeichnetes Überwachungsorgan“ zu schaffen. Wenn sie solche Gebilde schaffen könnten, bestehe auch nicht die Notwendigkeit für die Verwendung des Begriffs „Aufsichtsrat“. Bei wertender Betrachtung wird hierdurch einem gesellschaftsvertraglich verankerten Aufsichtsrat die Berechtigung zur Führung dieses Titels abgesprochen. bb) Eingeschränkte Weisungsfreiheit der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrates einer GmbH Bereits vor 1945 wurde im öffentlich-rechtlichen Schrifttum vertreten, dass die von einer Gemeinde in den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft entsandten Vertreter an gemeindliche Weisungen der Kommune gebunden seien.275 Begründet BGB in Frage käme, wenn die (wohl jedenfalls Mehrheits-)Gesellschafter ihren Einfluss dahingehend ausübten, dass eine nachteilige Entscheidung herbeigeführt würde. 270 Spindler, MüKomm GmbHG, § 52, Rn. 220; zustimmend Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger et al., § 52 GmbHG, Rn. 174. 271 Lutter, Anmerkung zum Urteil des VG Arnsberg v. 13.07.2007, Az.: 12 K 3965/06, in: ZIP 2007, 1988 (1991) allerdings bezogen auf eine GmbH ohne ausdrückliche weisungsbindende Regelung im Gesellschafsvertrag m. w. N. zum Streitstand. 272 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 47. 273 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 47; so auch Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger et al., § 52 GmbHG, Rn. 174. 274 Spindler, ZIP 2011, 689 (694 f)., der betont, dass eine vollständige Entziehung von Überwachungsaufgaben und die Reduktion auf eine Beratung nicht mehr dem Organ „Aufsichtsrat“ entspreche. 275 Daneben verankerte auch das preußische Gemeindefinanzierungsgesetz in §§ 100, 101 Weisungsrechte der Gemeinde.

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wurde dies meist mit dem Verweis auf § 70 DGO 1935 und dem Hinweis, dass ihr Vorrang vor der Ungebundenheit von Vorstand und Aufsichtsrat zukomme und ihr ein das allgemeine Gesellschaftsrecht durchbrechendes Prinzip immanent sei.276 Aber auch in der Zeit nach 1945 vertraten sämtliche landesgesetzliche Gemeindeordnungen – die sich allesamt am § 70 DGO 1935 orientierten – diesen Standpunkt.277 Dies sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass es laut amt­ licher Begründung die Ratio des § 70 DGO 1935 gewesen sei, die bis dahin in der Rechtsprechung streitige Frage zu klären, ob die von einer Gemeinde entsandten Aufsichtsratsmitglieder an Weisungen der Gemeinde gebunden seien. Dies erkennt auch der BGH278 an und betont, dass der Reichsgesetzgeber in § 70 DGO 1935 eine Weisungsgebundenheit der gemeindlichen Vertreter verankern wollte. Umso bemerkenswerter ist es, dass etwa Ballerstedt279 ein Weisungsrecht des „Gemeindeparlaments“ mit dem Hinweis auf einen „tiefen Einbruch in die Organisationsprinzipien des Aktienrechts“ dennoch ablehnt.280 Die Besonderheit dieser Annahme wird noch weiter dadurch verstärkt, dass die Regelungen der DGO 1935 seinerzeit Bundesrecht waren und der Hinweis auf eine etwaige Normenhierarchie bereits im Ansatz nicht weiterführen konnte.281 Daher beschreibt Ipsen282 das Problem im Kern, wenn er betont, dass: „Der ständig wiederholte Satz: wenn der Staat sich an einer Gesellschaft des Privatrechts beteiligt, so unterstehe die Gesellschaft gleichwohl in ihrer gesamten Betätigung dem allgemeinen Zivilrecht, ist falsch […]. Es genügt an dieser Stelle, lediglich auf die dem aktienrechtlichen Schrifttum nahezu völlig unbekannt gebliebenen §§ 70 ff. DGO hinzuweisen, die in den neuen Landesgemeindeordnungen wiederholt worden sind.“

Hiernach seien die Gemeindevertreter kommunaler Unternehmen in Ansehung des § 70 Abs. 1, 2 DGO 1935 den Weisungen der Gemeinde unterworfen. Dies gelte selbst für die Beteiligung an einer AG, bei welcher eine Diskussion um die Etablierung eines Aufsichtsrats bekanntlich weder zielführend noch zulässig ist. Hier erweise sich auf einem Teilgebiet ganz eindeutig, dass das allgemeine Aktienrecht 276 Loschelder, in: Surén / ders., § 70 DGO 1935, S. 119 (122 f.); insgesamt Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrates, S. 94 ff. 277 BGH NJW 1962, 864 (866); Ballerstedt, DÖV 1951, 449 (452). 278 So ausdrücklich BGH NJW 1962, 864 (866). 279 Ballerstedt, DÖV 1951, 449 (452). 280 So im Ergebnis auch Treder, GemHH 1986, 145 (146). 281 Auf die Problematik der Normenhierarchie wir im Zusammenhang der Lösungsmöglichkeiten des Regimekonflikts im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit eingegangen. 282 Ipsen, JZ 1955, 593 (597), der sich erschüttert darüber zeigt, dass sich dieser Satz nicht nur im zivilrechtlichen, sondern auch im verwaltungsrechtlichen Schrifttum finde „[…] wo im übrigen hinreichend klar für eine öffentlich-rechtliche Gestaltung der notwendigen Verbindung zwischen der öffentlichen Körperschaft und ihren privatrechtlich organisierten Unternehmen optiert wird“. Hierbei verweist Ipsen auf Köttgen, Die erwerbswirtschaftliche Betätigung, S. 30, der anmerkt, „im Bereich der öffentlichen Wirtschaft sind im Gegensatz zu der öffentlichen Verwaltung ausschließlich die Normen des Privatrechts zu verwenden. Letzteres gilt insbesondere in Ansehung des inneren Ausbaues der Organisation der öffentlichen Wirtschaft. […]“.

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für Gesellschaften mit Gemeindebeteiligung durchbrochen werde und „jener Satz von der uneingeschränkten Anwendbarkeit des allgemeinen Gesellschaftsrechts insoweit keine Geltung beanspruchen kann“.283 Fest steht, dass diese Diskussion mit Einführung der einzelnen Gemeindeordnungen durch die Länder anders, vor allem differenzierter, geführt werden muss. Der Verlust des bundesrechtlichen Status der gemeinderechtlichen Regelungen führt nämlich möglicherweise dazu, dass die unterschiedlichen Lager nicht länger auf Augenhöhe diskutieren und sich Positionen nach einer maximalen gemeindlichen Ingerenz anderen Argumentationssträngen zuwenden müssen. Allerdings dürfte jedenfalls die Frage danach, ob unter bestimmten Voraussetzungen gemeindliche Vertreter in einem fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH verpflichtet werden können, sich an Weisungen des Rates zu halten, gesondert untersucht werden und schließlich zugunsten der Befürworter dieser Position ausgehen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Weisungsbindung der gewählten bzw. entsandten Mitglieder ausdrücklich festlegt, weil bereits der Wortlaut des § 52 GmbHG eine solche Möglichkeit nahelege.284 Wenn die Gemeinde nicht verpflichtet ist einen Aufsichtsrat zu gründen, sie sich hierzu dennoch entschließt, könne ihr der Vorwurf „Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass“ jedenfalls dann nicht entgegengehalten werden, wenn sie den Gesellschaftsvertrag mit entsprechenden Weisungsbindungen ausgestattet hat.285 Ob man dann noch von einem Aufsichtsrat im aktienrechtlichen Sinn sprechen könne, wird zwar mitunter angezweifelt.286 Allerdings haben bereits Weiblen und May287 festgestellt, dass die rechtliche Struktur von AG und GmbH gänzlich unterschiedlich und nicht miteinander vergleichbar ist. Weil die Gesellschafterversammlung zum Ersten allzuständig und zum Zweiten zur Errichtung eines Aufsichtsrats – wie erwähnt – nicht verpflichtet ist, müsse es ihr gerade deshalb möglich sein, die rechtliche Ausgestaltung eines freiwillig gebildeten Aufsichtsrats nach ihren Vorstellungen vorzunehmen. Berücksichtige man darüber hinaus, dass die Gesellschafter die dem Aufsichtsrat eingeräumten Befugnisse durch eine Änderung des GmbH-Statuts auch wieder beschneiden können, sei nicht einzusehen, warum es der Gesellschafterversammlung verwehrt sein sollte, für sich oder für einzelne ihrer Mitglieder ein Weisungsrecht zu statuieren.288 Denn im Gegensatz zur AG oder einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat komme dem Weisungsrecht kein Eingriffscharakter in originäre Rechte des Aufsichtsorgans und seiner Mitglieder 283 Ipsen, JZ 1955, 593 (597 f.), der ganz insbesondere bezüglich haushaltsrechtlicher Prüfungsvorschriften von einem Vorrang des öffentlichen Rechts vor dem Privatrecht ausgeht. 284 K. Hommelhoff, in: FS P. Hommelhoff, S. 447 (460 f.). 285 Lutter, Anmerkung zum Urteil des VG Arnsberg v. 13.07.2007, Az.: 12 K 3965/06, in: ZIP 2007, 1988 (1992). 286 Strobel, DVBl. 2005, 77 (81); Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 47. 287 Weiblen / May, GemHH 1987, 169 (171) mit ausdrücklicher Kritik an der undifferenzierten Argumentation von Treder, GemHH 1986, 145 (146). 288 Weiblen / May, GemHH 1987, 169 (171).

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zu. Insbesondere müsse jedoch beachtet werden, dass die Gesellschafterversammlung freiwillig darüber entscheidet, ob sie ihre Rechte durch die Installation eines Aufsichtsrats einschränkt. Dann aber sei es geboten, ihr das Recht zu überlassen, selbst darüber zu entscheiden, wie weit sie hierbei gehen will.289 Diese Argumentation wird durch das vielbeachtete Urteil des BVerwG vom 31. August 2011 gestützt. Diesem Urteil lag insoweit ein außergewöhnlicher Sachverhalt zugrunde, als es die Verzahnung des GmbHG und des AktG und der unterschiedlichen Interessenlage besonders deutlich aufzeigte. Dreh- und Angelpunkt dieser Judikatur war die Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG, denn hiernach sind auf den durch Gesellschaftsvertrag eingerichteten, mithin fakultativen Aufsichtsrat bestimmte aktienrechtliche Vorschriften (§§ 110 bis 114, 116 AktG i. V. mit § 93 Abs.1, 2 Satz 1 und 2 AktG) entsprechend anzuwenden, soweit nichts Gegenteiliges im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist. Ist demnach nichts Gegenteiliges bestimmt, so gilt aufgrund des Verweises insbesondere auf die §§ 111 Abs. 5290, 116 AktG der Grundsatz der Weisungsfreiheit von Aufsichtsratsmitgliedern.291 Wie aber ist der Fall zu beurteilen, wenn der Gesellschaftsvertrag zwar die aktienrechtlichen Vorschriften abbedingt, eine Regelung zu Weisungsrechten indes nicht aufnimmt? Es geht also nicht allein um die schon für sich genommen problematische Frage der Weisungsbindung kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat, sondern darüber hinaus auch um den Umgang mit Weisungen, soweit eine verpflichtende Bindung im Gesellschaftsvertrag – bei gleichzeitigem Dispens des Aktienrechts – fehlt. Hintergrund292 des verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits sind die im Jahr 2006 vom Rat der Stadt Siegen erteilten Weisungen an die auf seinen Vorschlag gewählten Aufsichtsratsmitglieder im fakultativen Aufsichtsrat der Siegener Versorgungsbetriebe GmbH (nachfolgend: SVB). Seit 1984 sind zwei private Gesellschafter mit gemeinsam knapp über 25 Prozent des Stammkapitals beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag schreibt die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats vor, wobei mitbestimmungsrechtliche Vorschriften nicht gelten. Von den insgesamt 17 Aufsichtsratsmitgliedern werden 14 auf Vorschlag des Rates durch die Gesellschafterversammlung gewählt. Nach § 7 des SVB-Gesellschaftsvertrags finden die Bestimmungen des Aktiengesetzes auf den Aufsichtsrat keine Anwendung. Beachtenswert ist, dass sich weitere Regelungen zur inneren Ordnung des Aufsichtsrates, insbesondere ob Weisungen des Rates an Vertreter erteilt werden können, im Gesellschaftsvertrag nicht finden. Als der Gemeinderat 2006 seine Vertreter beauftragte, einer Erhöhung der Gaspreise nicht zuzustimmen, kam es zu Span 289 Vgl. OVG Münster ZIP 2009, 1718 (1721); Weiblen / May, GemHH 1987, 169 (171). 290 Dass sich aus dem ehemaligen § 111 Abs. 5 AktG (mit Wirkung von 01.05.2015 § 111 Abs. 6 AktG) eine Weisungsfreiheit der Aufsichtsräte entnehmen lasse, verneint hingegen, Altmeppen, Anmerkung zum Urteil des BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 (3737). 291 Weckerling-Wilhelm / Mirtsching, NZG 2011, 327 (329). 292 Für die hier dargestellte Zusammenfassung des Sachverhalts vgl. Heidel, NZG 2012, 48 (49 f.); Weckerling-Wilhelm / Mirtsching, NZG 2011, 327 (327 f.).

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nungen, weil der Aufsichtsrat, entgegen dem Ratsbeschluss, der Preiserhöhung zustimmte, obgleich diese nach dem Gesellschaftsvertrag nur mit seiner Zustimmung veranlasst werden konnte. Hiernach beauftragte der Rat seine städtischen Vertreter, im Aufsichtsrat für die Rücknahme der Preiserhöhung einzutreten. Diese halten die Weisungen allerdings für rechtswidrig, weil die Annahme eines nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern allein in einer kommunalrechtlichen Vorschrift, § 113 Abs. 1 GO NRW, verankerten Weisungsrecht, mit dem gesellschaftsrechtlichen und daher bundesrechtlichen Grundsatz der Weisungsungebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder nicht zu vereinbaren sei. Der beklagte Rat, das VG Arnsberg293 sowie das OVG Münster294 vertraten die Auffassung, dass der allgemeine gesellschaftsrechtliche Grundsatz der Weisungsfreiheit und die Unterworfenheit unter die alleinigen Belange und Interessen der Gesellschaft295 jedenfalls nicht für eine kommunale GmbH mit einem lediglich fakultativen Aufsichtsrat bestehe.296 Letztlich stellte jedoch erst das BVerwG klar, dass sich ein Weisungsrecht zwar nicht bereits deshalb ergäbe, weil im Gesellschaftsvertrag die Bestimmungen des Aktienrechts abbedungen worden sind. Insoweit reiche dies nicht aus, um die Anwendbarkeit des § 52 GmbHG und mit ihm den Verweis ins weisungsfeindliche AktG zu verneinen.297 Allerdings ließe sich nach Auffassung des BVerwG ein Weisungsrecht aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags (§§ 133, 157 BGB) unter hinreichender Berücksichtigung einfachgesetzlicher und verfassungsrechtlicher Vorschriften herleiten.298 Hiernach sei im geschilderten Fall der Gesellschaftsvertrag der SVB dahin auszulegen, dass anstelle der abbedungenen aktienrechtlichen Vorschriften ein Weisungsrecht des Rates gegenüber den von ihm vorgeschlagenen Mitgliedern des Aufsichtsrates vereinbart ist. Dies ergäbe sich aus § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW, wonach die 293 Das Gericht betont, dass den Vertretern der Gemeinde im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 GO NRW kein wehrfähiges subjektives Organrecht auf eine von Weisungen des Rates freie Ausübung ihrer ihnen als Aufsichtsratsmitglieder zustehenden Befugnisse zustehe, VG Arnsberg, Beschluss vom 11.12.2006, Az.: 12 L 1146/06 – juris; Rn., 10, 16 f. 294 OVG Münster, NVwZ 2007, 609 (609), das den Aufsichtsratsmitgliedern einen Schutz vor gesellschaftsrechtlich unzulässigen Einwirkungen zuspricht. Der Rat kann somit nur dort bindende Weisungen erteilen, wo das Gesellschaftsrecht Raum für unterschiedliche Entscheidungen zulässt. Fordert das Wohl der Gesellschaft eine bestimmte Entscheidung und erteilt der Rat den Vertretern eine andere Weisung, so entfällt die Bindungswirkung, Wolff, JA 2008, 239 (240). 295 Die Leitentscheidung des BGH zu den Rechten einer Gemeinde als Aktionärin zugrunde gelegt, haben Aufsichtsratsmitglieder „als Angehörige eines Gesellschaftsorgans (…) den Belangen der Gesellschaft den Vorzug vor denen des Entsendungsberechtigten zu geben und die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, ohne an Weisungen (…) gebunden zu sein“, BGHZ 36, 296 (306). 296 Wilhelm / Mirtsching, NZG 2011, 327 (328). 297 Vgl. BVerwG, NJW 2011, 3735 (3735). 298 Durch die vorgenommene Auslegung des Gesellschaftsvertrags konnte auch die vormals durch Spindler angeführte Kritik am Urteil des OVG Münster, es hätte einer Auslegung vor jeder Anwendung kommunalrechtlicher Weisungsrechte bedurft, nicht aufrechterhalten werden, Spindler, ZIP 2011, 689 (696).

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4. Teil: Regimekollisionen

Möglichkeit der Weisungserteilung an Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats konstitutiv für die Beteiligungsmöglichkeit der Kommune an einer GmbH sei.299 Das BVerwG berücksichtigte bei der Auslegung der Gesellschaftervereinbarung somit auch den rechtlichen Kontext, in welchem sie geschlossen wurde und stellte fest, dass bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags dessen „normatives Umfeld in Rechnung zu stellen“ sei.300 Demnach lässt sich festhalten, dass im Falle gesellschaftsvertraglich abbedungenen Aktienrechts, bei gleichzeitig fehlender Regelung zur Weisungsgebundenheit der Gemeindevertreter, die Auslegung des Vertrags ergeben kann, dass auch eine landesrechtliche Vorschrift eine Weisungsgebundenheit der auf Vorschlag der Kommune gewählten Aufsichtsratsmitglieder begründen kann.301 Dies ergibt sich zum einen aus der gemeindlichen Ingerenzpflicht schlechthin und zum anderen aus § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW, der bei fehlender vertraglicher Regelung den Gesellschaftsvertag um die kommunalrechtlichen Wertungen ergänzt und ihre Bindungen durchsetzt. Gerade aufgrund dieses „Kunstgriffs“ ist dem Judikat des BVerwG ein revolutionäres Element beizumessen, weil zur Reichweitenbestimmung des bundesrechtlichen Aktienrechts die kommunalwirtschaftlichen Anforderungen zur Einflusssicherung herangezogen und im „normativen Umfeld“ ausgelegt wurden. Allerdings attestiert etwa Altmeppen302 dem BVerwG, dass die Begründung am „methodischen Fehler der petitio principii“ leide. Hierbei betont er, dass die herrschende zivilrechtliche Literatur davon ausgeht, dass Gemeindeordnungsregelungen, die gegen bundesrechtliches Gesellschaftsrecht verstoßen, unbeachtlich seien. Die Annahme, dass verfassungsrechtliche Prinzipien und das Kommunalrecht hieran etwas ändern könnten, dürfe gerade nicht als gegeben vorausgesetzt werden, sondern gelte es zu beweisen.303 Dieser Kritik ist insbesondere deshalb nichts entgegenzusetzen, weil die wertende Betrachtung des Gerichts eine erschöpfende Auseinandersetzung mit dem Verhältnis der Rechtsregime nicht ersetzen kann.304 Es wird Aufgabe dieser Arbeit sein, an geeigneter Stelle305 die Frage zu klären, ob sich bundesrechtliches Gesellschaftsrecht tatsächlich und in jedem Fall gegenüber dem Landesrecht durchzusetzen vermag. An dieser Stelle soll es jedoch genügen festzuhalten, dass Weisungen der Gemeinde an ihre Organwalter im Rahmen der Unternehmensführung dort zu Konflikten führen, wo wirtschaftlich bedeutsame strategische Entscheidungen (etwa 299 BVerwG, NJW 2011, 3735 (3736 f.). 300 BVerwG, NJW 2011, 3735 (3736). 301 BVerwG, NJW 2011, 3735 (3736 f.). 302 Altmeppen, Anmerkung zum Urteil des BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 (3737). 303 Ebda. 304 So auch Heidel, NZG 2012, 48 (50 f.), der Zweifel daran hegt, ob die vom BVerwG angenommene Lücke tatsächlich vorlag und seine Lückenfüllung in der Sache nachvollziehbar ist. 305 Vgl. hierzu Teil sechs und sieben dieser Arbeit.

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Preiserhöhungen; Nutzung der Gemeindefläche etc.) zwar den privaten Gesellschaftern genehm und vorteilhaft sind, den Interessen der Gemeinde an schonender Belastung ihrer Angehörigen indes zuwiderlaufen. Das Konfliktpotential wird insbesondere dadurch zugespitzt, dass jedenfalls nach der bundesverwaltungsgerichtlichen Judikatur Weisungen, die an kommunale Mitglieder in fakultativen Aufsichtsräten erteilt werden, diese auch dann verpflichten, wenn das Aktienrecht im Gesellschaftsvertrag zwar abbedungen, ein Weisungsrecht allerdings nicht verschriftlicht worden ist.306 cc) Stellungnahme Tatsächlich lässt sich die Diskussion um die Zulässigkeit von Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern bereits auf den Zeitpunkt der Gründung dieser Gremien zurückführen.307 Zu Recht stellt Heidel308 fest, dass der maßgebliche Grund für den Meinungsstreit das Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen sei. So richtig diese Aussage auch ist, so sehr lässt sich ein Großteil der praktischen Handhabungsunsicherheit durch strikte Beachtung der spezifischen Binnenorganisation in den Griff bekommen. Zwar wurde ursprünglich die Auffassung vertreten, dass Kommunen gegenüber „ihren“ Aufsichtsratsmitgliedern keinerlei Weisungsbefugnisse zustanden. Auch ist nicht abzustreiten, dass es für die Verfechter dieser Position keinerlei Rolle spielte, ob es sich um einen obligatorischen oder fakultativen Aufsichtsrat handelte, weil mit der besonderen Stellung eines Aufsichtsratsmitglieds (§ 111 Abs. 6 AktG) eine fremdnützige Ausübung gesellschaftsrechtlicher Pflichten (imperatives Mandat) nicht zu vereinbaren sei.309 Allerdings darf nicht verkannt werden, dass die GO NRW eine lebhafte Fortentwicklung erfahren hat. Dies konnte bereits an unterschiedlichen Stellen dargestellt werden. In diese Tradition lässt sich auch die Frage nach der Zulässigkeit der Weisungserteilung an kommunale Vertreter in Organen ihres Unternehmens einordnen. Denn während vormals kommunale Weisungen unabhängig von der konkreten organisatorischen Ausgestaltung als unzulässig erachtet wurden, verpflichtet das 1. Modernisierungsgesetz vom 15. Juni 1999 zu einer differenzierten Bewertung der Zulässigkeit der Weisungserteilungen. Während nämlich die genannten Argumente bei einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat unverändert gegen ein bedingungsloses Weisungsrecht sprechen,310 ist die Gemeinde aufgrund des § 108 Abs. 5 306 So auch Schiffer / Wurzel, KommJur 2012, 52 (54). 307 Heidel, NZG 2012, 48 (51) mit Verweis auf den historischen Überblick bei R. Fischer, AG 1982, 85 (87 ff.). 308 Heidel, NZG 2012, 48 (51). 309 Meier / Wieseler, GemHH 1993, 174 (177); Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 9. 310 Wie noch aufzuzeigen sein wird, sind Weisungen auch gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer AG zulässig, solange und soweit die Gesellschaft hierdurch nicht geschädigt wird. Dies ergibt sich bereits aus einer älteren Entscheidung des BVerfG, indem das Gericht unter

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Nr. 2 GO NRW seither verpflichtet sicherzustellen, dass der Gemeinderat den von der Gemeinde bestellten oder auf Vorschlag der Gemeinde (von der Gesellschafterversammlung) gewählten Mitgliedern eines fakultativen Aufsichtsrats Weisungen erteilen kann. Der Landesgesetzgeber hat sich jedoch nicht mit einer bloßen Gewährung zufriedengegeben, sondern eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Verankerung als Zulassungsvoraussetzung für die Wahl der GmbH normiert.311 Hierdurch hat er sich für einen Mittelweg mit einem Hang zur kommunalen Ingerenzsicherung entschieden, indem er § 113 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 GO NRW einerseits nicht über Gebühr einschränkte und zugleich klare Verhältnisse bezüglich der Erwartungshaltung sämtlicher Gesellschafter schaffte. Dies vorweggenommen, dürfte jede Argumentation, die ein Weisungsrecht auch ohne Abbedingung des AktG bei gleichzeitiger Verankerung im Gesellschaftsvertrag einer mitbestimmungsfreien GmbH für zulässig erachtet, zu verwerfen sein.312 Vor dem Hintergrund dieser klaren Regelung ist der Rechtsprechung des BVerwG nicht zuzustimmen und die hiergegen vielfach vorgebrachte Kritik allzu verständlich.313 Eine Auslegung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung dessen „normativen Umfelds“314 widerspricht der strengen Anforderung des § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW, der eine entsprechende Regelung gerade nicht der Kommune anheimstellt, sondern die Gründung von oder Beteiligung an einer GmbH von einer ausdrücklichen Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags abhängig macht. Insoweit ist Weckerling-Wilhelm und Mirtsching315 vorbehaltlos zuzustimmen, wenn sie betonen, dass eine bloße Abbedingung der Bestimmungen des Aktiengesetzes im Gesellschaftsvertrag nicht für die Begründung des Sonderrechts „Weisungsrecht“ ausreicht. Allerdings kann dieser Befund nicht mit dem Narrativ des Vertrauensschutzes des Rechtsverkehrs, der mit der Einrichtung eines Aufsichtsrats ein besonderes Beratungs- und Überwachungsgremium erwarte, begründet werden.316 Denn insoweit hat das BVerwG klargestellt, dass der Rechtsverkehr Beachtung der Grundrechte (Art. 4 GG) entgegenstehende (dispositive) vereinsrechtliche Vorschriften des BGB öffentlich-rechtlichen Zweckbindungen anpasste, BVerfGE 83, 341 (361); Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1020 f.), der nicht nur grundrechtliche, sondern auch sonstige öffentlich-rechtliche Bindungen zur öffentlichrechtsfreundlichen Auslegung von zivilrechtlichen Normen befürwortet. Hierauf und auf die Konsequenzen zur Durchsetzung von Ingerenzmaßnahmen insgesamt wird im Rahmen der Entwicklung einer Kollisionsdogmatik unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidung des BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 –, NVwZ 2018, 51 ff. im sechsten und siebten Teil eingegangen. 311 Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 522 und § 113 GO NRW, S. 554. 312 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 10. 313 Weckerling-Wilhelm / Mirtsching, NZG 2011, 327 (330); Söbbeke, in: Articus / Schneider, § 108, S. 505. 314 BVerwG NJW 2011, 3735 (3736). 315 Weckerling-Wilhelm / Mirtsching, NZG 2011, 327 (330) mit Verweis auf U. Schmidt, in: Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages Brandenburg, S. 11 f., abrufbar unter: https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/ parladoku/w5/gu/26.pdf (zuletzt abgerufen am 12.05.2019). 316 So aber Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 130; Vetter, GmbHR 2012, 181 (184 f.); Spindler, ZIP 2011, 689 (695).

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bereits deshalb kein Vertrauen in die Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder bilden könne, weil die Befugnisse eines fakultativen Aufsichtsrates von der Ausgestaltung des jeweiligen Gesellschaftsvertrags abhängig seien. Ohne konkrete positive Kenntnis dieses Vertrages könne der Rechtsverkehr auch kein Vertrauen in bestimmte Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates haben.317 Diese Auffassung überzeugt insbesondere deshalb, weil Vertrauen nur dort entstehen kann, wo Einsicht in die Binnenstruktur zumindest hypothetisch möglich ist. Nichtsdestoweniger verlangt nicht nur der eindeutige Wortlaut des § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW eine klare Ausgestaltung des Vertrags, sondern auch die Bindung an das Unternehmensinteresse. Dass das Spannungspotential innerhalb der Gesellschaft mit steigender Transparenz und Klarheit des Gesellschaftsvertrags abnehmen dürfte, erscheint erwartbar. Denn für private Minderheitsgesellschafter dürfte die Entscheidung für und gegen eine Kooperation mit der öffentlichen Hand ganz entscheidend davon abhängen, in welchem Maße sich die gemeindlichen Vertreter in den Gremien der jeweiligen juristischen Person dem Unternehmenswohl verpflichtet fühlen. Gerade bei geplanten Preiserhöhungen in bestimmten Bereichen der Daseinsvorsorge sollten sich Gesellschafter im Klaren darüber sein, dass Vertreter der Gesellschafterkommune nicht weisungsfrei abstimmen können und von vornherein nur wenig empfänglich für strategisch wirtschaftliche Argumente sind. Allerdings darf die kommunale Ingerenzausübung nicht so weit reichen, dass das Wohl der Gesellschaft keinerlei Beachtung mehr findet. Obgleich gemeindliche Vertreter gehalten sind die Beschlüsse des Rates zu exekutieren, sind zugleich die Eigeninteressen der Gesellschaft zu berücksichtigen.318 In welchem Maße dies notwendig ist, lässt sich sicher nicht pauschal beantworten. Allerdings hat bereits das RG319 hierzu ausgeführt, dass mit der Möglichkeit einen Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden, nicht zugleich gesagt ist, dass „eine Ausübung dieses Rechts uneingeschränkt und ohne Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft statthaft wäre. Es liefe der dem Gesellschafter obliegenden Treupflicht gegenüber der Gesellschaft zuwider, wenn er von seiner Befugnis in einer Weise Gebrauch machen wollte, durch welche diese der Gefahr ausgesetzt wäre, einen ihr nicht zumutbaren Nachteil zu erleiden“.

Auch der BGH hat in seiner bereits mehrfach genannten Entscheidung betont, dass der Entsendungsberechtigte „nicht gut von einem von ihm entsandten Aufsichtsratsmitglied ein gesellschaftswidriges Verhalten verlangen“ kann.320 Dieser zivilrechtlichen Rechtsprechungstradition schließt sich auch das OVG Münster321 an: 317 BVerwG NJW 2011, 3735 (3736); dann ist jedoch zu verlangen, dass etwaige Abweichungen vom gesetzlichen Erscheinungsbild eines Aufsichtsrates ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag festgehalten werden, Bormann, GmbHR 2013, 35 (36), Anm. zu OVG Bautzen, Beschluss vom 03.07.2012, Az.: 4 B 211/12 (im selben Heft). 318 Spindler, ZIP 2011, 689 (696) m. w. N. 319 RGZ 165, 68 (69). 320 BGH NJW 1962, 864 (867). 321 OVG Münster, NVwZ 2007, 609 (609).

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„Streitentscheidend ist vielmehr allein, ob die konkret in Rede stehenden Weisungen die vorstehend aufgezeigte Grenze überschreiten würden, indem sie der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung der Vertreter der Gemeinde auf das Wohl der Gesellschaft zuwiderlaufen würden.“

d) Zwischenergebnis Nach alledem darf festgehalten werden, dass ein Weisungsrecht, welches den Interessengleichlauf zwischen Gemeinde und Gesellschaft sicherstellt, jedenfalls dann zulässig ist, wenn es sich bei dem Kommunalunternehmen um eine GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat handelt, wobei die Anwendung des Aktienrechts im Gesellschaftsvertrag abbedungen und das Weisungsrecht ausdrücklich verankert sein muss. Daher sollte nicht etwa von einer organisationsgestalterischen Weisungsoffenheit ausgegangen, sondern vielmehr das kommunale Weisungsrecht in den Gesellschaftsvertrag mit einem fakultativen Aufsichtsrat gesondert verbürgt werden.322 Doch selbst wenn all dies erfolgt sein sollte, findet das Weisungsrecht dort seine Grenze, wo das Wohl der Gesellschaft durch Befolgung der Weisung bewusst und konkret gefährdet würde.323 Bezogen auf die Pflichtenbindungen gemeindlicher Vertreter ist somit festzuhalten, dass in dem Maße, in dem die Gemeinde zur Weisungserteilung berechtigt ist, spiegelbildlich eine Verpflichtung zur bedingungslosen Befolgung derselben begründet wird. Dass dies zu Konflikten mit den Interessen privater Minderheitsgesellschaftern führen wird, dürfte nunmehr wenig überraschen. Wie diese weisungsbedingten Konflikte zu lösen sind, soll jedoch – wie bereits angekündigt – an späterer Stelle untersucht werden. 2. Gemeindliche Ingerenzausübung gegenüber kommunaler AG und konfliktverursachende Verpflichtungen ihrer Vertreter Für die Frage gemeindlicher Ingerenzausübung kann mit Noack324 zwar darin übereingestimmt werden, dass sich bei der AG alles anders verhält. Was im Hinblick auf die Weisungsausübung tatsächlich anders ist, bedarf allerdings einer Untersuchung, die den historischen Kontext dieser Fragestellung ebenso berücksich­tigt wie die binnenorganisatorische Struktur der AG. Nachfolgend wird 322 OVG Bautzen, Beschluss vom 03.07.2012 – 4 B 211/12, BeckRS 2012, 58602, das betont, dass allein die inhaltliche Gestaltung von Gesellschaftsverträgen als taugliches Instrument zur Wahrung gemeindlicher Ingerenzen herangezogen werden kann. Daher ist die Annahme Giedinghagens, dass auch das OVG Bautzen der Weisungsfreiheit den Vorzug vor einem gemeindlichen Weisungsrecht gewährt, schlicht irreführend, Giedinghagen, in: Michalski / Heidin­ger et al.; § 52 GmbHG, Rn. 174; dagegen verdient Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 10 Zustimmung. 323 Vgl. OVG Münster, NVwZ 2007, 609 (609); Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (380); Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1319). 324 Vgl. Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (380).

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daher die Zulässigkeit gemeindlicher Weisungen an kommunale Vertreter in den jeweiligen Organen der AG untersucht und dargestellt, wann es – unter Berücksichtigung der binnenstrukturellen Eigenarten der AG – zu Konflikten zwischen Anteilseignern und der Gebietskörperschaft kommen kann. a) Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer AG Zu der Frage, ob Aufsichtsratsmitglieder weisungsgebunden sind und damit einem imperativen Mandat unterliegen, verhält sich das AktG nicht. Dies ist der Grund dafür, dass die Frage nach der Zulässigkeit von Weisungen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern so alt ist wie das Gremium selbst.325 Bereits Bergmann326 fragte danach, ob die öffentliche Körperschaft ihren Einfluss auf den Aufsichtsrat der gemischtwirtschaftlichen Unternehmung rechtlich sichern könne. So stellt R. Fischer327 zu Recht fest: „[…] Das Recht zur Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern in einer Aktiengesellschaft und die Befugnis, diesen bei ihrer Amtsführung verbindliche Weisungen zu erteilen, haben in den letzten 100 Jahren eine wechselvolle Entwicklung genommen, die in mancher Hinsicht widersprüchlich zu sein scheint. […] Betont öffentlich-rechtliche und betont aktienrechtliche Auffassungen haben dabei vor allem den hier bestehenden Meinungsstand bestimmt, der bei der Beurteilung der Frage, ob insoweit dem öffentlichen Recht oder dem Aktienrecht der Vorrang zu geben sei, zudem nicht immer gewissen emotionalen Erwägungen frei geblieben ist.“

Um den anhaltenden Konflikt im Rahmen der Unternehmensführung im Zusammenhang mit der Weisungserteilung an kommunale Vertreter umfassend nachvollziehen zu können, soll dieser Themenkomplex in den historischen Kontext eingeordnet und seine Entwicklung aufgezeigt werden. Die Entwicklung des Weisungsrechts lässt sich hierbei in Entwicklungsstadien einordnen.328 aa) Weisungsrecht im historischen Kontext des Handelsgesetzbuches (HGB) Das Recht der Aktiengesellschaften war zunächst in den Vorschriften §§ 178 bis 319 als Teil des HGB geregelt. Es bestand bis zur Ausfertigung des AktG am 30. Januar 1937 kein gesondertes Recht der Aktiengesellschaften. Die Befreiung 325 Heidel, NZG 2012, 48 (51). 326 Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 2, unter Hinweis darauf, dass sich in der Praxis der Aufsichtsrat entgegen dem Willen der Gesetzgeber „– wenngleich Ausnahmen zugestanden werden sollen – insbesondere auch bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen zu dem eigentlichen verwaltenden Organ entwickelt“ habe. 327 R. Fischer, AG 1982, 85 (85). 328 Die nachfolgende Darstellung orientiert sich an den Ausführungen von R. Fischer, AG 1982, 85 ff.

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von der einstigen „Unselbstständigkeit“ ist geradezu bezeichnend für die dynamischen Wandlungen, die das AktG und die Organisationsform der AG erfahren hat. Denn die Lösung aus dem HGB heraus schien aufgrund der erheblichen Vermehrung der Vorschriften und der technischen Handhabung geboten.329 In diesen Kontext lassen sich auch die rechtlichen Herausforderungen zur Einräumung kommunaler Weisungsrechte gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einordnen.330 Denn im Zusammenhang mit der rechtspolitischen Diskussion um die aktienrechtliche Zulässigkeit der Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern zugunsten einzelner Aktionäre, namentlich zugunsten öffentlicher Körperschaften, entwickelte sich auch die Frage nach der Zulässigkeit von Weisungen des Entsendungsberechtigten gegenüber den entsandten Aufsichtsratsmitgliedern.331 Insoweit ist das Streben nach Verankerung eines Weisungsrechts gegenüber Gemeindevertretern untrennbar mit den aufkeimenden Fragen um die aktienrechtliche Akzeptanz eines kommunalen Entsendungsrechts verknüpft. Dass die Möglichkeit zur Weisungserteilung der langjährigen Diskussion um die Zulässigkeit eines Entsendungsrechts zugunsten einzelner Aktionäre immanent ist, stellte auch Köttgen332 fest. Denn für die Verfechter eines Entsendungsrechts zugunsten von Gebietskörperschaften können öffentliche Interessen während der Betätigung im Aufsichtsrat nur durch ein bestehendes Weisungsrecht gesichert und gefördert werden. So klar und verständlich sich diese Forderung auch lesen mag, darf nicht verkannt werden, dass der Frage nach einem Weisungsrecht im Rahmen der damaligen Reformdiskussion um die gesetzliche Anerkennung eines Entsendungsrechts kaum Beachtung geschenkt wurde.333 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Fragen des Reichsjustizministeriums anlässlich der Beratungen über die Aktienrechtsreform zum Thema „Aktiengesellschaft und öffentliche Hand“, die Bergmann334 im Anschluss und anhand der gefundenen Ergebnisse im Rahmen seiner Arbeit beantwortet hat. Obwohl das Reichsjustizministerium in seinem Fragenkatalog ausdrücklich die Möglichkeiten der Sicherstellung des Einflusses der öffentlichen Hand und Wahrung des öffentlichen Interesses bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen erfragte, wurde die Zulässigkeit des naheliegenden

329 Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 25, Rn. 29. 330 Ausführlich hierzu Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 69 ff. 331 Zur Entwicklung des Entsendungsrechts beginnend mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsrecht über die Aktienrechtsnovelle 1884 hin zur Regelung in § 243 Abs. 1 Handelsgesetzbuch, vgl. R. Fischer, AG 1982, 85 (85 f.) m. w. N. 332 Insoweit führt er aus, dass die innere Konsequenz eines solchen Weisungsrechts unbestreitbar sei, weil nur auf diese Weise der um der Zweckbindung willen erforderliche Einfluss der Gemeinde „als Muttergemeinwesen“ auf ihre privatrechtlich organisierten Unternehmungen sichergesellt werden kann, Köttgen, in: FS Deutscher Juristentag 1960, Bd. 1, S. 577 (610); R. Fischer, AG 1982, 85 (86). 333 R. Fischer, AG 1982, 85 (86). 334 Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 137 ff.

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Instruments der Weisungserteilung nicht hinterfragt.335 Auffällig ist zudem, dass auch während der parlamentarischen Diskussionen um die Reform des Aktienrechts eine Auseinandersetzung mit der Zusicherung eines Weisungsrechts nicht stattfand. Besonders deutlich wird dies durch den Bericht des zuständigen Refe­ renten im Reichsjustizministerium, Landgerichtsrat Schmölder336, dargestellt. Hierbei kommt er nämlich auch auf die Neuregelung (§ 74 statt § 243 AktG) der auf den Aufsichtsrat bezogenen Vorschriften des Aktienrechts zu sprechen und stellt fest, dass: „Diese Änderungen stellen das Ergebnis langwieriger Überlegungen der beteiligten Dienststellen dar, die sich auf das grundsätzliche Problem der Einflussnahme öffentlicher Körperschaften auf den AR. [Aufsichtsrat] bezogen haben.“

Auffällig ist hierbei, dass Schmölder337 aufzeigt, dass der Entwurf sich sehr detailliert den Fragen nach der Entsendung von Aktionärsvertretern in den Aufsichtsrat widmet und betont, dass auf die Einflussnahmeinteressen der öffentlichen Körperschaft keine Rücksicht genommen werden soll. Darüber hinaus geht er auf Fragen der Abberufung und Ersetzung ein, die nach wie vor Kontrollinstrumente der Aktionäre sind. Schließlich stellt er ausdrücklich fest, dass die Rechte des entsandten Vertreters die eines gewöhnlichen Aufsichtsrates seien und resümiert: „Daraus folgt, dass er bei der Stimmrechtsausübung auch die Interessen der Gesellschaft zu berücksichtigen habe. Daß [sic!] dies – vor allem bei Behördenvertretern – zu Interessenkonflikten führen kann, muß [sic!] in Kauf genommen werden.“

Obwohl also der Entwurf im engsten Sachzusammenhang zur Entsendung, mithin der Sicherung der Einflussnahmemöglichkeit gegenüber dem oder den Entsandten steht, ist nichts über die Möglichkeit zur Erteilung von Weisungen ihnen gegenüber zu lesen. Daher kommt R. Fischer zu Recht zu dem Schluss, dass der Entwurf bewusst einer klaren Entscheidung ausweicht und die Frage nach der Zusicherung eines Weisungsrechts offen lässt.338 Immerhin wurde der Grundsatz, dass eine vorsätzliche Handlung zum Nachteil des Gesellschaft nicht zulässig ist, positiv verankert und hierdurch klargestellt, dass die Entsendungskörperschaft jedenfalls nicht zu einer solchen Handlung anweisen darf.339 Dass auch dies dafür 335 So werden Maßnahmen der Einflusssicherung bei schwindendem Kapitalverlust in der Generalversammlung ebenso hinterfragt, wie solche zur Einflusssicherung im Aufsichtsrat, Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 139 f. 336 Schmölder, JW 1930, 2623 (2627) mit Verweis auf Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 137 ff. 337 Schmölder, JW 1930, 2623 (2627). 338 R. Fischer, AG 1982, 85 (86). 339 „Stehen also die Interessen der Kapitalbeteiligten mit den öffentlichen Interessen im Widerspruch, – man denke an eine Tariferhöhung, die ein gemischtwirtschaftliches Monopolunternehmen zur Erzielung einer Dividende vornehmen muss, oder umgekehrt an die Bewilligung besonders niedriger Preise für die öffentliche Körperschaft – so kann das Aufsichtsratsmitglied bei der Abstimmung die notwendigen Tariferhöhungen nicht ohne Verletzung § 312 (HGB) ablehnen“, Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 60 f., 63, 68.

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4. Teil: Regimekollisionen

spricht, dass zwar an die Möglichkeit der Weisungserteilung gedacht, sie indes unausgesprochen blieb und nicht verschriftlicht wurde, dürfte nicht länger angezwei­ felt werden können. Trotz Anerkennung eines Entsendungsrechts im Zuge der Reformdiskussion und der Distanzierung von diesbezüglichen Bedenken, die noch in der Aktien­novelle vom 8. Juli 1884 vorgebracht wurden, blieb also die Abwehrhaltung gegen die Zulassung eines Weisungsrechts gegenüber entsandten Aufsichtsratsmitgliedern bestehen. Das aktienrechtliche Schrifttum vertrat weiterhin und unabhängig von etwaigen Entsendungsrechten die Auffassung, dass der Aufsichtsrat ein weisungsfreies Organ der Gesellschaft sei und dass jedes Aufsichtsratsmitglied diese Aufgabe im Dienst der Gesellschaft bei seiner Amtsführung zu beachten habe. Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts herrschte somit die Auffassung vor, dass an der Weisungsfreiheit weder Stimmbindungsverträge noch eine offizielle Berufung ins Amt etwas ändern könnten. Denn auch seinerzeit wurde betont, dass der Entsandte hierdurch selbstverantwortliches Mitglied eines Organs der Gesellschaft und nicht etwa zum unselbstständigen Beauftragten des entsendungsberechtigten Aktionärs werde. Hieran ändere auch die Zulässigkeit der Entsendung nichts.340 So stellte Friedländer341 fest, dass auch die Aufsichtsratsmitglieder in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen die gleichen Rechte und Pflichten hätten und bei Abstimmungen und sonstigen Handlungen und Maßnahmen das Interesse der Gesellschaft vorzugehen habe. Allerdings sei die Berücksichtigung öffentlicher Interessen insoweit gestattet, als sie nicht in offensichtlichem Widerspruch zum Interesse der Gesellschaft stünden. Daher ist R. Fischer zuzustimmen, wenn er feststellt, dass die Bemühungen um eine Reform des Aktienrechts in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre und zu Beginn der 1930er Jahre einen „eigenartigen Schwebezustand hinterließen“.342 Denn insoweit erkannte das Gesetz bei gleichzeitiger Bestätigung der starken Position des Aufsichtsrats zwar nunmehr ein Entsendungsrecht an. Indes verhielt es sich zu einem etwaigen Weisungsrecht trotz des engen sachlichen Zusammenhangs nicht.343

340 R. Fischer, AG 1982, 85 (87); gegen eine solch weitgehende Möglichkeit der Kooptation, des satzungsmäßigen Entsendungsrechts eines Dritten noch Friedländer, Aktienrecht 1931, § 243, Anm. 1, 4, der ein Entsendungsrecht lediglich Minderheitsaktionären sowie bestimmten Aktionären zuspricht; Brodmann, Aktienrecht 1928, § 243 Anm. 2a spricht sich ebenfalls gegen ein generelles Weisungsrecht aus und begründet dies mit der Gefahr, dass andernfalls die Interessen des Staates auf Kosten der Gesellschaft durchgesetzt würden. 341 Friedländer, Aktienrecht 1931, § 243, Anm. 1, 4. 342 R. Fischer, AG 1982, 85 (87), der dies damit begründet, dass es aufgrund der schwierigen parlamentarischen Verhältnisse am Ende der Weimarer Zeit nur zu einer kleinen Aktienrechtsreform des Jahres 1931 gekommen sei. Als die große Aktienrechtsreform wird heute diejenige von 1965 gezählt, vgl. etwa Fleischer, NJW 2004, 2335 (2338). 343 Vgl. R. Fischer, AG 1982, 85 (87).

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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bb) Das Weisungsrecht im Lichte der Deutschen Gemeindeordnung 1935 und des Aktiengesetzes 1937 Im Lichte des erwähnten Schwebezustandes ergingen in den 1930er Jahren zwei wichtige Reichsgesetze, die an die bisherigen Reformbemühungen anknüpften und zugleich das Entsendungsrecht und das Weisungsrecht bei der Bestellung und bei der Amtsführung des Aufsichtsrats neu regelten.344 Gemeint sind die Deutsche Gemeindeordnung 1935 (DGO 1935) und das Aktiengesetz, das am 30. Januar 1937 ausgefertigt wurde. Entscheidend für die nachfolgende Diskussion ist zunächst der Hinweis, dass beide Gesetze normenhierarchisch auf derselben Stufe standen, weil beiden der Rang eines Reichsgesetzes zuzusprechen war. Allerdings gewährte die DGO 1935 bereits zwei Jahre vor dem AktG 1937 ein Entsendungsrecht des Bürgermeisters bei der Bildung des Aufsichtsrates. Zudem verbürgte sie daran anschließend auch das Weisungsrecht des Bürgermeisters, der aufgrund eines der Gemeinde zustehenden Rechts Beamte oder Angestellte in den Aufsichtsrat entsandt hat, § 70 Abs. 2, 1 DGO 1935. Besonders spannend war daher die Reaktion des AktG 1937 und das Zusammenspiel beider gleichwertiger Gesetze zu beobachten. Denn während § 70 Abs. 2, 1 DGO 1935 keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des Entsendungsrechts vorsah, bestimmte § 88 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AktG 1937345, dass ein Entsendungsrecht lediglich für ein Drittel aller Aufsichtsratsmitglieder und nur für Inhaber von vinkulierten Namensaktien zulässig sei.346 Während aber das AktG 1937 die Möglichkeit der Entsendung grundsätzlich anerkannte und lediglich die Reichweite des Anwendungsbereichs der DGO 1935 einschränkte, ist hinsichtlich des positiv normierten Weisungsrechts der Gemeinden gegenüber den von ihnen entsandten Aufsichtsratsmitgliedern nicht der geringste Kompromiss zwischen beiden Rechtsregimen ersichtlich. Denn das aktienrechtliche Verständnis von einem Aufsichtsratsmitglied, das Teil eines unabhängigen und allein auf das Unternehmensinteresse bezogenen Gesellschaftsorgans ist, blieb auch unter der Geltung des AktG 1937 unverändert. Hierbei drängt sich die Frage auf, weshalb der Reichs­ 344 Darüber hinaus ist auch das Gesetz über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gemeinden und Gemeindeverbände (Gemeindefinanzgesetz) vom 15.12.1933 zu nennen, der in § 101 anordnete, dass gemeindliche Aufsichtsratsmitglieder ihre Stimme im Aufsichtsrat ungeachtet ihrer gesellschaftsrechtlichen Bindungen nach den Weisungen des Leiters der Gemeinde abzugeben hätten: „[…] eine bindende Instruktion des Leiters der Gemeinde entgegennehmen müssen“. Bis zum Inkrafttreten der DGO 1935 schien hierdurch die Frage nach den Pflichtenbindungen der Gemeindevertreter geklärt, vgl. Reinert / Emrich, GemVerfG und GemFinG für Preußen, 15.12.1933, § 101, S. 98; Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 71 m.w.N, der aber zugleich auf die in diesem Rahmen entstandenen Kompetenzstreitigkeiten hinweist. 345 Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, Reichsgesetzblatt Teil 1, Jahrgang 1937, abrufbar unter: alex.onb.ac.at/cgicontent/alex?aid=dra&datum= 1937&page=229&size=45 (zuletzt abgerufen am 06.09.2018). 346 Quack, DVBl. 1965, 345 (348).

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4. Teil: Regimekollisionen

gesetzgeber das Weisungsrecht in der DGO 1935 zugelassen hat, ohne sich auch im Aktienrecht hierzu zu bekennen.347 Fest steht, dass dieser Widerspruch zu einem Konflikt geführt hat, der die Lager des öffentlichen Rechts und des Aktienrechts spaltete und nach wie vor spaltet.348 Während die einen nämlich die Notwendigkeit der Weisung mit den öffentlichrechtlichen Ingerenzverpflichtungen begründeten, wiesen diejenigen, die dem Aktienrecht den Vorrang einräumten, darauf hin, dass die öffentliche Hand sich demjenigen Rechtsregime anpassen müsse, dem das von ihr beherrschte Unternehmen zuzuordnen ist.349 So ist Ballerstedt350  – als Verfechter des öffentlichrechtlichen Standpunkts – der Auffassung, dass sich die Durchbrechung der aktienrechtlichen Grundsätze des Unternehmensaufbaus durch die öffentliche Widmung und Indienstnahme des Unternehmens rechtfertigen lasse. Lediglich willkürliche, nicht in der öffentlich-rechtlichen Pflichtenstellung des Unternehmens begründete Weisungen, welche nicht zur Förderung des Gemeinwohls ergehen, seien unzulässig und daher von Vertreten der Gebietskörperschaften nicht zu beachten. Ipsen351 geht einen Schritt weiter und sieht in der positiven Normierung eines Weisungsrechts zugunsten der Vertreter von Gebietskörperschaften ein eindeutiges Indiz dafür, dass das allgemeine Aktienrecht für Gesellschaften mit Gemeindebeteiligung durchbrochen werde. Dies begründet er insbesondere damit, dass sich im Gegensatz zur DGO 1935 das Aktienrecht nicht zu einem Weisungsrecht verhält. Diesem öffentlich-rechtlichen Einschnitt in das Aktienrecht stellte sich Flume352 entgegen. Konkret ging es um die Frage danach, ob Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Aktiengesellschaften, die der öffentlichen Hand gehören oder von ihr beherrscht werden, rechtlich wirksam prüfen können. Hierbei stellte er fest, dass aktienrechtliche Regelungen auch dann nicht zu „öffentlich-rechtlichen Vorschriften erhoben“ würden, wenn die Abschlussprüfung einer gemischt­wirtschaftlichen AG durch eine Prüfungsgesellschaft der öffentlichen Hand ausgeführt werde, § 137 AktG 1937. Dadurch sprach er den Regeln des Aktienrechts trotz staatlicher Beteiligung einen unbeeinflusst autonomen Schutzbereich zu. Der Umstand, dass der Staat einen maßgeblichen Einfluss auf die ihr gehörenden Prüfungsgesellschaften erhalte, schließe sie zwar mangels Unabhängigkeit von der Jahresabschlussprüfung aus. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Einfluss aktienrechtlicher Natur bleibe.353 347 R. Fischer, AG 1982, 85 (87 f.), der diese widersprüchliche Entwicklung betont und auf die Konsequenzen hinweist. 348 Zum Konflikt vgl. Teil sechs dieser Arbeit. 349 R. Fischer, AG 1982, 85 (88). 350 Ballerstedt, DÖV 1951, 449 (452). 351 Ipsen, JZ 1955, 593, (597). 352 Flume, NJW 1952, 484 (484); ders., NJW 1953, 90 (90 ff.). 353 Diese Position ist auf Kritik gestoßen. Düring, NJW 1952, 844 (845 f.) sieht bereits das Vorliegen eines „maßgeblichen Einflusses“ i. S. des § 137 Abs. 2 AktG als nicht erfüllt an und verweist auf eine einschränkende Auslegung. Allerdings verteidigt Flume, NJW 1953, 90 (90 ff.) seine Position.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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Einige Jahre später äußerte sich auch Hengeler354 zu der Frage nach dem Einflusspotential der öffentlichen Hand und der gemeinderechtlichen Determination aktienrechtlicher Kontrollausübung. Hierbei vertrat er die Ansicht, dass die Entsendungskörperschaft keineswegs in jeder Lage dem Entsandten ihren Willen aufzwingen könne. Mit Blick auf das AktG 1937 stelle sich bereits die Frage, ob es gegenüber § 70 Abs. 2 DGO 1935, der zwischenzeitlich nahezu unverändert Einklang in die Gemeindeordnungen der Länder gefunden habe, nicht als lex posterior355 anzusehen sei. Käme diese Regel zur Anwendung, so würde die neuere Regelung, welche keine Angaben zu einem etwaigen Weisungsrecht enthält, dem zwei Jahre älteren Gesetz vorgehen.356 Allerdings überschnitten sich diese Normen und die aktienrechtlichen Grundsätze ohnehin nicht, weil sie nebeneinander und zwar für unterschiedliche Rechtbeziehungen stünden. Insoweit müsse nämlich danach unterschieden werden, ob es sich um die Rechtsstellung der entsandten Aufsichtsratsmitglieder innerhalb und gegenüber der AG handele oder vielmehr das Innenverhältnis357 zwischen der Gebietskörperschaft und ihrem Entsandten betroffen sei. Im ersten Fall unterwerfe das Aktienrecht sowohl die Gemeinde als auch ihre Vertreter ihrem weisungsfreien Regelungsregime. Sie werde dadurch abgesichert, dass der weisungspflichtig handelnde Gemeindevertreter zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Gesellschaft aufgrund der Befolgung der Weisung entstanden ist. Durch den Haftungsübergang auf die Gemeinde werde deutlich, dass die gesetzlichen Bindungen und Wertungen des Aktienrechts nicht nur gegenüber dem einzelnen Vertreter, sondern auch gegenüber der Gebiets­körperschaft erhalten blieben.358 Die Argumentationstradition um die gemeindliche Einflussnahme im Allgemeinen und die Weisungsregelungen im Besonderen lässt sich nunmehr gebührend nachvollziehen. Wie konfliktbehaftet die Verflechtung beider Regime und 354 Hengeler, AG 1962, 87 (89 f.), der auch die Auffassung des BGH, welcher sich wohl dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum anschloss, hinweist, BGH NJW 1962, 864 (866). 355 Der Grundsatz lex posterior derogat legi priori berechtigt unter Hinweis auf das neue Gesetz, das alte Gesetz nicht mehr anzuwenden, vgl. nur Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 101. 356 Diese Ansicht ist deshalb interessant, weil sie den Umstand, dass sich das AktG 1937 zu einem Weisungsrecht nicht verhält, gerade nicht als Beleg für die Weitergeltung des Weisungsrechts ansieht. Insoweit steht die in direktem Kontrast zu der von Ipsen vertretenen Auffassung. 357 Hierbei weist auch Hengeler darauf hin, dass eine Bindung im Innenverhältnis bestehe und § 70 Abs. 2 DGO 1935 allein in dem Rechtsverhältnis zwischen Entsandtem und der Gemeinde bestehe, Hengeler, AG 1962, 87 (89). 358 Diese Argumentation überzeugt nicht vollends, weil mögliche Schadenersatzverpflichtungen der Gemeinde zunächst einmal nichts darüber aussagen, ob Weisungen überhaupt zulässig und die Vertreter im Aufsichtsrat zur Befolgung verpflichtet sind. Zu verlangen ist, dass beide Aspekte konkret ins Verhältnis zueinander gesetzt werden. Allerdings konkretisiert Hengeler diesen Ansatz und fügt hinzu, dass „das Weisungsrecht der Gemeinde im Falle einer AG seine natürliche Grenze am Gesellschaftsinteresse findet, d. h. dort, wo die Weisung auf das Verlangen eines pflichtwidrigen Handelns gegen die AG hinausliefe“, Hengeler, AG 1962, 87 (90). Im Ergebnis erkennt er wohl ein Weisungsrecht bis zur Grenze der schadenersatzauslösenden Verletzung von Aktionärspflichten an. Das Unternehmenswohl als Grenze gemeindepolitischen Engagements betont auch das OLG Hamburg NJW-RR, 1990, 673 (674).

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4. Teil: Regimekollisionen

erwartbar die Spannung zwischen ihnen allerdings von Beginn an war, lässt bereits der Fragenkatalog des Reichsjustizministeriums im Zuge der Aktienrechtsreform der 1920er Jahre erkennen. Denn dieser warf ausdrücklich die Frage auf, ob für gemischt­wirtschaftliche Unternehmen neben der AG ein Sondertypus mit besonderen Einwirkungsrechten geschaffen werden sollte. Konkret lautete die Frage im Abschnitt B. „Form der gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen“359: „Liegt ein Bedürfnis vor, für Unternehmungen, an denen neben privatem Kapital öffent­ liches Kapital dauernd beteiligt ist, (gemischtwirtschaftliche Unternehmungen), eine besondere Gesellschaftsform zu schaffen?“

Durch diese Fragestellung wird deutlich, dass Interessendivergenzen bereits vorhergesehen wurden und dennoch ungelöst blieben. Aus aktienrechtlicher Sicht sei nämlich durch die Tatsache, dass diese Frage vom Gesetzgeber selbst verneint worden ist bewiesen, dass ein legitimes Bedürfnis „für eine Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Besonderheiten“360 nicht bestehe und daher auch kein Raum für eine staatliche Sonderbehandlung verbleibe.361 Hierfür spreche auch der Umstand, dass im Zuge der Reformen bereits erkannt worden ist, dass Gemeindevertreter sowohl gegenüber Weisungen ihrer Gemeinden als auch gegenüber der Gesellschaft verpflichtet werden und im Fall der Zuwiderhandlung entweder eine Abberufung oder Schadenersatz (§ 70 Abs. 3 DGO 1935) befürchten müssten. So stellen Kiefer und Schmid362 zunächst fest, dass die Mitglieder der Gemeinde in Organen des Unternehmens eine Doppelstellung hätten. Hierbei hätten sie einerseits die Sorgfaltspflicht gegenüber dem Unternehmen wahrzunehmen, andererseits seien sie an die Weisungen des Bürgermeisters gebunden. Allerdings habe die Bindung an die Weisungen keinen Einfluss auf die Haftung der Gemeindevertreter gegenüber dem Unternehmen. Entsteht der Schaden nämlich in Ausführung der Weisung, so hat die Gemeinde den aus der Befolgung der Weisung entstehen Schaden zu ersetzen. Aus dieser Ersatzpflicht der Gemeinde gegenüber ihren Beauftragten sei zu schließen, dass diese auch bei drohender Haftung nach den Weisungen des Bürgermeisters handeln müssten.363 Kiefer und Schmid legen somit offen, dass die vielfältigen Interessenwidersprüche und Interessenkollisionen bewusst in Kauf genommen und der Regimekonflikt in die gegenwärtige Rechtspraxis getragen worden ist.364 Daher darf festgehalten werden, dass die Diskussion 359 Abgedruckt in Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 138. Hierbei hat Bergmann die Frage dahingehend beantwortet, dass selbst eine völlige Neuregelung der gemischtwirtschaftlichen Unternehmung, selbst bei vollständiger Aufgabe der Prinzipien des Gesellschaftsrechts, kaum zu einer hinreichenden Sicherung der öffentlichen Interessen führen wird. 360 R. Fischer, AG 1982, 85 (88). 361 Vgl. R. Fischer, AG 1982, 85 (88). 362 Kiefer / Schmid, DGO 1935, § 70, Nr. 2 S. 433 f. 363 Kiefer / Schmid, DGO 1935, § 70, Nr. 2 S. 434. 364 Schmölder, JW 1930, 2623 (2627), der in diesem Zusammenhang ausdrücklich darlegt „dass dies – vor allem bei Behördenvertretern – zu Interessenkonflikten führen kann, muss in Kauf genommen werden“; R. Fischer, AG 1982, 85 (89).

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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um die Frage der Weisungsbindung der Gemeindevertreter im Aufsichtsrat einer AG ebenso alt ist wie dieses Gremium selbst. Wie bedauerlich es ist, dass bis zum heutigen Tage eine klare Regelung fehlt, die – ähnlich dem Entsendungsrecht – das Verhältnis zwischen beiden Rechtsregimen austariert, zeigt sich auch daran, dass das Meinungsspektrum zur Frage der Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder nicht geringer geworden ist. Auf eben dieses Meinungsspektrum soll nachfolgend vertieft eingegangen werden. cc) Weisungsfreiheit von kommunalen Aufsichtsrastmitgliedern – Meinungsstand Trotz der Jahrzehnte lang andauernden Diskussionen in Rechtsprechung und Lehre konnte sich bis zum heutigen Tag keine klare Position zur Frage der Zulässigkeit einer Weisungsgebundenheit von kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern herausbilden. Dies ist letztlich dem Umstand geschuldet, dass sich nach der Regierungsbegründung365 zum Aktiengesetz 1965 der damalige § 108 Abs. 5 AktG (heute § 111 Abs. 6 AktG), bei bloß sprachlicher Verbesserung, eng an die Vorgängerregelungen des § 95 Abs. 6 AktG 1937366 sowie des § 246 Abs. 4 HGB367 orientieren sollte.368 Hierdurch wurde die Gelegenheit verpasst, über den tradierten Tellerrand des Aktienrechts hinauszuschauen und sich der kommunalen „Weisungsfrage“ erschöpfend und abschließend zu widmen. Die Auswirkungen dieser Untätigkeit halten bis zum heutigen Tage an. Denn aufgrund der fehlenden ausdrücklichen Regelung im AktG (und GmbHG) wundert es nicht, dass „die Zulässigkeit einer Weisungsgebundenheit zumal von Vertretern der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat unterschiedlich beurteilt wird“369. (1) Weisungsfreiheit kommunaler Aufsichtsratsmitglieder Nach der wohl herrschenden Meinung sind Aufsichtsratsmitglieder allein dem Unternehmenswohl verpflichtet und unterstehen daher keinen Weisungen.370 Bereits Bergmann371 war der Ansicht, dass Aufsichtsratsvertreter privater Gruppen 365 So heißt in der BT-Drs. 4/171, 143 f. „Entwurf eines Aktienrechts“ Begründung zum § 108 [AktG] „Die Vorschrift schließt sich eng an das geltende Recht an. Abgesehen von sprach­ lichen Verbesserungen enthalten nur die Absätze 3 und 4 Änderungen des geltenden Rechts“. 366 § 95 Abs. 6 AktG 1937 sah vor „Aufsichtsratsmitglieder können ihre Obliegenheiten nicht durch andere ausüben lassen“. 367 § 246 Abs. 4 HGB sah vor „Die Mitglieder des Aufsichtsrats können die Ausübung ihrer Obliegenheiten nicht durch andere ausüben lassen“. 368 Vgl. Heidel, NZG 2012, 48 (52). 369 Heidel, NZG 2012, 48 (52). 370 BGHZ 169, 98 (106); 90, 381 (398); 36 296 (306 ff.); Pfeifer, Möglichkeiten und Grenzen, S. 101 f.; Schodder, NdsVBl. 2012, 121 (124); Habersack, in: FS Ulmer, S. 151 (161 ff.). 371 Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 63 f.

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regelmäßig den Weisungen ihrer Auftraggeber folgen, jedoch bei öffentlichen Körperschaften zu befürchten sei, dass ihr Einfluss im Ernstfall nicht genügend gesichert sei. Mit kritischem Blick weist er auf das vorherrschende Verständnis einer großen Zahl öffentlicher Körperschaften hin, wonach Aufsichtsratsmitglieder Beauftragte der öffentlichen Körperschaften seien, mit deren Stimme sie gewählt wurden und daher den Wünschen der öffentlichen Körperschaft Folge zu leisten hätten. Sie hätten die Interessen der Gesellschaft und zugleich die des Staates zu vertreten. Dabei sei ihre Stellung in erster Linie eine öffentlich-rechtliche, welche durch das Auftragsverhältnis zu der Entsendungskörperschaft bestimmt werde, die sie vertreten und deren Weisung sie binde.372 Dem widerspricht Bergmann in aller Deutlichkeit und betont, dass diese Auffassung mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbaren sei. Der Aufsichtsrat solle nach dem Willen des Gesetzes die Interessen der Gesamtheit der Aktionäre wahrnehmen. Dies ergäbe sich bereits aus den Strafvorschriften §§ 312 ff. HGB [a. F.], die Gefängnis und Geldstrafe im Falle des Handelns gegen die Interessen der Gesellschaft androhen.373 Andere Stimmen verweisen darauf, dass sich das Gebot der weisungsfreien Amtsausübung im Aufsichtsrat auch aus dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit der Wahrnehmung eben jenes Amtes ergebe.374 Hiernach könne sich das Aufsichtsratsmitglied weder in eine bestimmte Richtung verpflichten, noch sei es ihm gestattet nach anderen als seinen persönlichen Überzeugungen bei der Entscheidungsfindung zu handeln. Der Ausrichtung am Unternehmensinteresse müsse mithin stets eine eigenverantwortliche Abwägung des Für und Wider der konkreten Entscheidung vorausgehen. Die konkrete Entscheidung müsse somit das Ergebnis einer subjektiven Einschätzung sein. Der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit stehe auch mittelbaren Bindungen entgegen, die in ihrer Wirkung den gemeindlichen Weisungen zum Durchbruch verhelfen sollen. Eine Vereinbarung etwa, durch die sich Aufsichtsratsmitglieder bei Nichtbefolgung von Anweisungen oder Wünschen der Gemeinde zur Amtsniederlegung verpflichten, sei beispielsweise unzulässig.375 Insoweit setzt Habersack376 den Maßstab eng an und verweist darauf, dass die Ausrichtung am Unternehmensinteresse nur dann gelingen könne, wenn sich das Aufsichtsratsmitglied nicht an die von ihm repräsentierten Interessen gebunden fühlt.

372 Behr, AöR (38) 1918, 288 (305). 373 Darüber hinaus erteilt er auch Überlegungen, Weisungsbindungen vertraglich zu vereinbaren, um so öffentliche Interessen in jedem Fall wahrzunehmen, eine Absage. Dasselbe gilt auch für die Überlegung die öffentliche Körperschaft selbst in den Aufsichtsrat zu wählen, Bergmann, Die Einflußnahme öffentlicher Körperschaften auf den Aufsichtsrat, S. 67 f.; 69, 71. 374 BGHZ 169, 98 (106); 90, 381 (398); 36 296 (306); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 136; Habersack, in: MüKomm AktG, § 111, Rn. 160. 375 Vgl. Westermann, in: FS P. Hommelhoff, S. 1319 (1325); Habersack, in: MüKomm AktG, § 111, Rn. 161. 376 Habersack, in: MüKomm AktG, § 111, Rn. 160, 162, der zugleich betont, dass faktische Einflussnahmen im Rahmen der Eigenverantwortlichkeit zulässig sind.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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Neben dem Verweis auf das Unternehmensinteresse und die Höchstpersönlichkeit der Amtswahrnehmung ziehen die Verfechter377 einer unbedingten Weisungsunabhängigkeit den Regelungsrahmen des Mitbestimmungsrechts heran, um die Verflechtung beider Rechtsgebiete zu lösen und ihre Beziehung zueinander zu ordnen. Diese Stimmen, die eine uneingeschränkte Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder annehmen, stützen ihre Ansicht nicht nur auf aktienrechtliche Vorschriften (etwa § 111 Abs. 6 AktG), sondern auch auf die langjährige Entwicklung im Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer. So ordnet § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Montan-Mitbestimmungsgesetz) beispielsweise an, dass alle Aufsichtsratsmitglieder die gleichen Rechte und Pflichten haben und sie an Aufträge und Weisungen nicht gebunden sind“.378 Auch der Referentenentwurf zum Gesetz zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz) vom 28. Januar 1974 sah eine vergleichbare Regelung vor.379 Der kurz darauf verfasste Gesetzesentwurf vom 29. April 1974 verzichtete hingegen auf eine entsprechende Aussage.380 Der Grund für diese Kehrtwende liegt im Verständnis der aktienrechtlichen Binnenorganisation selbst. Die Regelung wurde aus dem Referentenentwurf gestrichen, weil ihr Inhalt als unbestrittener, unbeschriebener Grundsatz des Aktienrechts angesehen wurde, welcher keiner ausdrücklichen Verankerung im Mitbestimmungsgesetz bedurfte.381 So sieht insbesondere Lieschke hierin eine allgemeine Bestimmung für sämtliche Aufsichtsratsmitglieder. Insoweit beschränke sich diese Regelung nicht auf mitbestimmte Aufsichtsräte nach dem Montanmitbestimmungsgesetz vom 21. Mai 1951. Es handele sich nämlich um keine konstitutive, sondern rein deklaratorische Bestimmung, wonach auch ohne eine explizite Normierung die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder Gültigkeit besäße.382 Zu Recht fragt allerdings Kropff383, was unter dieser Formel der Ungebundenheit zu verstehen sei. Es wird vorgebracht,384 dass mit der Stellung als Aufsichtsratsmitglied eine Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit einhergeht, die mit einer Bindung an Aufträge und Weisungen nicht zu vereinbaren sei. Insoweit wird 377 Vgl. hierzu auch die obigen Ausführungen zu der Weisungsfreiheit der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats. 378 So auch § 5 Abs. 4 Mitbestimmungsergänzungsgesetz. 379 So der Hinweis von Säcker, DB 1977, 1791 (1793); Heidel, NZG 2012, 48 (51 f.). 380 Abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/07/021/0702172.pdf (zuletzt abgerufen am 10.02.2020). 381 Säcker, in: FS Rebmann, S. 781 (784) mit Verweis auf § 22 des Referentenentwurfs; ders., DB 1977, 1791 (1793); Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (841). 382 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten der kommunalen Unternehmen, S. 26; so auch Habersack, in: MüKomm AktG, § 111, Rn. 160; Säcker, in: FS Rebmann, 781 (784), der die Beibehaltung allgemeiner Grundwertungen und Grundprinzipen des Mitbestimmungsrechts betont. 383 Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (841). 384 Vgl. nur Habersack, in: MüKomm AktG, § 111, Rn. 160 ff.

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ihnen ein freies Mandat zugesprochen. Der Gesetzgeber habe den Aufsichtsrat nämlich als selbstständiges und selbstverantwortliches (§§ 116, 93 AktG) Kontrollorgan gegenüber Vorstand oder Geschäftsführung geschaffen, wobei eine solche Kontroll- und Überwachungsfunktion (§ 111 Abs. 1 AktG) keine Einflussnahme von außen vertrage.385 Denn ein Aufsichtsrat, der bei der Kontrolle der Geschäftsführung zugleich gesellschaftsfremde Interessen mitberücksichtigen müsste, könne seine Kontrollfunktion gerade nicht mehr ausüben.386 Die eigenverantwortliche und ausschließlich unternehmensgeleitete Tätigkeit werde zusätzlich durch die persönliche Verantwortung eines jeden Aufsichtsratsmitglieds sichergestellt, weil eine schuldhafte Verletzung des Unternehmensinteresses zum Schadenersatz verpflichte (§§ 116, 93 Abs. 2, 117 Abs. 2 Satz 1 AktG). Denn Verantwortung könne nur derjenige tragen, der eigenverantwortlich, mithin nach eigenem Ermessen unternehmerische Entscheidungen treffe und hierbei nicht an die Willensentscheidungen eines anderen gebunden sei.387 Schließlich verpflichte auch § 111 Abs. 6 AktG nicht nur zur persönlichen Amtsführung, sondern auch zur unbeeinflussten und freien Willensbildung im Vorfeld einer jeden Entscheidungsfindung.388 Weil das freie Mandat zwar ein ungeschriebener, gleichwohl zwingender Grundsatz des Aktienrechts sei, könne auch in einer Satzung keine Ausnahme hiervon verankert werden, §§ 23 Abs. 5, 111 Abs. 5, 116, 93 Abs. 1 AktG.389 Dieser dem Aktienrecht immanenten Binnenorganisation ist es geschuldet, dass eine explizite Bestimmung der Weisungsfreiheit von Aufsichtsratsmitgliedern nach dem Vorbild des MontanMitbestimmungsgesetz nicht notwendig erschien. Einen anderen Ansatz zur Begründung der Weisungsfreiheit wählt hingegen Mann.390 Er weist darauf hin, dass sich dem Grundgesetz zwar Ingerenzpflichten, nicht jedoch Ingerenzbefugnisse entnehmen ließen. Insbesondere seien den Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes keine hinreichend konkreten Vorgaben zu entnehmen, „auf welche Weise die notwendige Einwirkung auf die verselbstständigte Einheit zu erfolgen hat“. Insoweit fehle es an einer gesetzgeberischen Konkretisierung. Insbesondere betont er jedoch, dass auch der Hinweis nicht überzeugen könne, dass das Weisungsrecht „seit jeher zum Instrumentarium administrativer Leitung“ gehöre und daher „als reguläres Mittel zur Herstellung sachlicher Legiti-

385 Schodder, NdsVBl. 2012, 121 (122). 386 BGH NJW 1962, 864 (866); Raiser, ZGR 1978, 391 (394); Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten der kommunalen Unternehmen, S. 25; Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1318). 387 BVerfGE 9, 268 (281 f.); Schneider, ZGR 1977, 335 (339), der darauf hinweist, dass die besondere Sachkunde der Aufsichtsratsmitglieder und das ihnen eingeräumte Ermessen nur im Falle der Möglichkeit einer vollständig unabhängigen Entscheidungsfindung zur Geltung kommen kann. 388 Koch, in: Hüffer / ders., § 111 AktG, Rn. 60 m. w. N. 389 Raiser, ZGR 1978, 391 (400); Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten der kommunalen Unternehmen, S. 27. 390 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 292 f.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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mation im nachgeordneten Bereich […] auch keiner besonderen Rechtfertigung“391 bedürfe. Seiner Auffassung nach würde dabei zwischen hierarchischer Verwaltung und der Verwaltung eines mehrheitlich kommunal beherrschten Unternehmens nicht genügend differenziert. Schließlich ließen sich nach Lieschke392 Weisungsbindungen aus dem Beamten-393 und Haushaltsrecht394 ebenso wenig herleiten, wie aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen. Zurückzuführen sei dies freilich auf die speziellen und abschließenden Regelungen des Aktiengesetzes in Bezug auf die Rechtsstellung der Aufsichtsratsmitglieder.395 Entgegenstehende Ansätze sind hiernach von vornherein unbrauchbar, weil sämtlichen möglichen Argumentationsquellen die Vorgaben und Wertungen des Aktiengesetzes vorgehalten werden. Dieser Befund rechtfertigt es, im anschließenden Abschnitt ganz allgemein das Aktiengesetz darauf zu überprüfen, ob ihm diese abschließende Wirkung tatsächlich zukommt. Dem soll allerdings noch ein letzter Einwand Lieschkes vorgezogen werden, weil es insbesondere hierauf im letzten Teil dieser Arbeit ankommen wird. Lieschke eruiert, ob das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG zwingend eine Weisungsgebundenheit der Gemeindevertreter im Aufsichtsrat fordere oder aber das gebotene Legitimationsniveau auch auf andere Art und Weise gewahrt werden könne.396 Im Ergebnis lehnt er dies jedoch mit dem Argument ab, dass kein Zusammenhang zwischen der Wahrung des geforderten Legitimationsniveaus und der Weisungsbindungen der Gemeindevertreter im Aufsichtsrat bestehe. „Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns entscheidend, sondern deren Effektivität“397. Das Demokratieprinzip erfordere keine Weisungsbindungen der Gemeindevertreter im Aufsichtsrat gegenüber der zuständigen Kommunalinstanz, eine hinreichende Legitimation werde bereits durch ihre Bindung an gesetzliche Bestimmungen und den Unternehmensgegenstand gesichert.398 391 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (627). 392 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 96 ff. 393 Ebda. S. 106 f. Insoweit treffe sie bereits keine Gehorsamspflicht; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 89 ff. 394 Ebda. S. 110 f., 112, mit dem erwartbaren Hinweis, dass sich aus § 65 BHO weder Angaben zur Interessenwahrnehmung noch Weisungsbindung fänden und §§ 53, 54 HGrG ebenso wie §§ 394, 395 AktG vom Bundesgesetzgeber akzeptierte und deshalb von ihm begründete Sondervorschriften seien, denen man keine allgemeine Bedeutung entnehmen könne. 395 Ebda. S. 112. 396 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 154 f. 397 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 155. 398 Aufgrund dessen seien Modifizierungen des Gesellschaftsrechts zu einem – im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit näher zu behandelnden – „Verwaltungsgesellschaftsrecht“ abzulehnen, Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeinde­vertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 156 f., 170.

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(2) Bedingungslose Weisungsbindung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder Gewissermaßen konsequent wird im öffentlich-rechtlichen Schrifttum399 der Vorrang der Weisungsbindung selbst dann vertreten, wenn sich die angewiesene Maßnahme insbesondere wirtschaftlich nachteilig auf die Gesellschaft auswirken sollte. Dies sei dem Umstand geschuldet, dass die Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat nicht nur die Interessen der Gesellschaft, sondern zugleich auch die des Staates zu vertreten hätten. Sollte es allerdings zum Schwur kommen, so müsse beachtet werden, dass ihre Stellung in „erster Linie eine öffentlich-rechtliche“ sei, welche durch das Auftragsverhältnis zu der öffentlich-rechtlichen Körperschaft bestimmt werde, die sie vertreten und deren Weisung sie binde.400 Hierbei verpflichtet das öffentliche Haushaltsrecht als treuhänderische Daueraufgabe zum sorgsamen Umgang mit Steuergeldern. In diesem Zusammenhang stellte bereits Ipsen401 fest, dass § 70 DGO 1935 keine allgemeine Ermächtigung zur Weisungsbefugnis verankere, sondern lediglich die Möglichkeit böte, im konkreten Einzelfall öffentliche gegenüber privatwirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Hierbei sei auch nicht ausgeschlossen, dass durch öffentliche Interessenwahrnehmung und Sicherung das allgemeine Aktienrecht verdrängt oder überwunden werde. Bei genauer Betrachtung hinterfragte Ipsen daher nie das „Ob“, sondern allein die Dosis der Weisungsbefugnis. Dem nährt sich auch Stober402 an und betont, dass auch die privatrechtlich organisierte Verwaltung ein Teil der öffentlichen Hand bleibe, wobei sie ihre demokratische, rechtsstaatliche und finanzwirtschaftliche Verantwortung auch gegenüber ihren (Tochter)Gesellschaften durchsetzen können müsse, „weil hier nicht Privat- sondern Gemeinwohlinteressen verfolgt und nicht Privat- sondern Steuergelder verwaltet werden“. Daher müsse der Wille der demokratisch legitimierten Gemeindevertretung durch ihre Interessenvertreter auch im Gesellschaftsrecht durchgesetzt werden können.403 Einen anderen Ansatz zur Begründung einer Weisungsbindung wählt U. W. Schneider404. Er weist zunächst darauf hin, dass bereits die Haushaltsordnungen der Länder und des Bundes zugunsten der Gebietskörperschaften eine „Hinwirkungspflicht“405 zur größtmöglichen Berücksichtigung von öffentlichen Interessen gegenüber entsandten Personen in Aufsichtsgremien ihrer Unternehmensbeteiligungen begründen, § 65 Abs. 6 BHO / LHO NRW.406 399 Aber auch die zivilrechtliche Rechtsprechung hat ein entsprechendes Weisungsrecht zur Sicherung des Gemeinwohls anerkannt, LG Bremen, Beschluss vom 19.09.1975 – 17 T 7/75 – juris, Rn. 16, 18; jedenfalls nicht angegriffen in der Beschwerdeentscheidung durch OLG Bremen, Beschluss 22.03.1977 – 2 W 102/75 – juris. 400 Behr, AöR (38) 1918, 288 (305); Heidel, NZG 2012, 48 (52). 401 Ipsen, JZ 1955, 593 (599). 402 Stober, NJW 1984, 449 (455). 403 Stober, NJW 1984, 449 (455); Ipsen, JZ 1955, 593 (599). 404 Schneider, ZGR 1977, 335 (339 f., 341). 405 Schneider, ZGR 1977, 335 (340). 406 Zur Ausgestaltung der Hinwirkungspflicht, von Lewinski / Burbat, BHO, § 65, Rn. 18, 15; a. A. Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 108 f.

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Die Freistellung von der persönlichen Haftung zeige allerdings, dass Weisungen lediglich die internen Beziehungen zwischen Gemeinden und Vertretern tangieren, so dass deren Zulässigkeit nicht nach den Anforderungen des Aktienrechts zu messen sei.407 (3) Vermittelnde Lösung Vermittelnde Stimmen stehen Weisungen nicht per se ablehnend gegenüber, sondern stellen sie unter gewisse Bedingungen. Allen voran betont Kropff408, dass Weisungen zunächst einmal soweit zulässig seien, wie sie mit dem Unternehmensinteresse im Einklang ständen. Was tatsächlich dem Unternehmenswohl diene sei hierbei von jedem Aufsichtsratsmitglied eigenverantwortlich zu prüfen und allein im Interesse des Unternehmens zu entscheiden. Gelange das Aufsichtsratsmitglied hierbei zu dem Schluss, dass eine Weisung geeignet ist, dem Unternehmenswohl zu schädigen, dürfe es sie nicht befolgen. Hiernach wird dem Aufsichtsratsmitglied ein dergestalt weiter Ermessensspielraum eingeräumt, dass von einer „vorgeschalteten Rechtmäßigkeitskontrolle“409 gesprochen werden kann.410 Zwar stelle sich dabei unweigerlich die Frage, ob hierdurch die gemeindliche Position nicht zu stark entwertet und in Abhängigkeit des Abwägungsergebnisses des Vertreters gestellt werde. Allerdings seien diese Bedenken unbegründet, weil sie die Verbindlichkeit der kommunalen Weisung nicht relativierten, sondern bloß um eine erneute Abwägung ihrer Vertreter erweiterten.411 Infolge des Abberufungsrechts nach § 103 Abs. 2 Satz 1 AktG werde die Gemeinde nämlich vor einer allzu subjektiven, unternehmensfreundlichen Bewertung ihres Vertreters geschützt.412 Das dargestellte Verständnis einer „flexiblen“ Weisungsbefolgungspflicht lässt sich 407 Schneider, ZGR 1977, 335 (341), der darauf hinweist, dass die Weisung als internes Kommunikationsinstrument zwischen Gemeinde und seinen Vertretern das AktG überhaupt nicht berühre. 408 Vgl. zu den „wohlmeinenden Weisungen“ Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (848 ff.). 409 Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (849). 410 Andererseits wird gerade hierdurch auch dem Gebot der höchstpersönlichen Amtsführung nach § 111 Abs. 6 AktG Rechnung getragen. 411 Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (849), der betont, dass das selbstständige Abwägungsrecht nichts am Charakter der Weisung verändere und sie nicht zu einem Rat oder einer Empfehlung herabstufe. 412 Vgl. Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (849). So dürfte auch die HEW-Entscheidung des OLG Hamburg NJW-RR, 1990, 673 ff. zu verstehen sein. Das Gericht hatte hierbei über die Zulässigkeit der Abberufung des Landesenergieministers als Aufsichtsratsmitglied eines kommunalen Energieversorgungsunternehmens zu entscheiden. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass das Unternehmen die Energie mehrheitlich aus Kernkraftanlagen erzeugte und der in den Aufsichtsrat entsandte Minister ein überzeugter und engagierter Kernkraftwerkgegner war. Daher beantragten die Aktionäre nach § 103 Abs. 3 Satz 3 AktG die Abberufung des Ministers aus wichtigem Grund. Das Gericht urteilte, dass ein wichtiger Grund zwar nicht aufgrund des Engagements gegen die Kernenergie anerkannt werden könne. Allerdings berechtige der Umstand, dass der Landesenergieminister gezielt dem Unternehmen die Geschäftsgrundlage

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bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen. Bereits Kiefer und Schmid betonen, dass Gemeindevertreter in den jeweiligen Unternehmensorganen zur Weisungsbefolgung verpflichtet sind.413 Allerdings weisen sie zugleich darauf hin, dass die Verpflichtung sie nicht von der allgemeinen Dienstpflicht befreie, Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Hiernach müssten sich Gemeindevertreter im Falle einer unklaren Sachlage (und wohl auch Rechtsalge) um eine erneute Weisung des Bürgermeisters bemühen. Sollten sie eine Neubewertung der Sach­ lage durch den Bürgermeister trotz bestehender Unklarheiten nicht einholen, begründeten sie hierdurch ihre persönliche Einstandspflicht. Insoweit könnte ihnen nämlich ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden, § 70 Abs. 3 Satz 1 DGO 1935.414 Durch dieses System der Haftungsregelungen erkannte die DGO 1935 die duale Pflichtenbindung der Gemeindevertreter an und akzeptierte sie als gleichstufige Verpflichtung. Zutreffend stellt daher R. Fischer415 fest, dass „die Schadensfreistellungspflicht […] gewissermaßen der Preis [ist], den die Gemeinde für das Weisungsrecht zu zahlen hat, und sie gewährt aus der Sicht der Gesellschaft, namentlich aus der Sicht der Minderheitsaktionäre und Gläubiger, den notwendigen Ausgleich, um für diesen das Weisungsrecht erträglich erscheinen zu lassen.“

Im Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass die Vertreter einer vermittelnden Lösung auf ein tradiertes Verständnis der Weisung als unbedingte Handlungsaufforderung zurückblicken können, die ihre natürliche Grenze dort findet, wo eine (erneute) Prüfung seitens des Rates, des Bürgermeisters oder des einzelnen Gemeinderatsvertreters im Aufsichtsrats ergibt, dass ihre Befolgung dem Unternehmen Schaden zufügen würde. (4) Stellungnahme Weder die weisungsfeindliche Maximalposition der überwiegend zivilrecht­ lichen Vertreter noch die öffentlich-rechtliche Position zum bedingungslosen Vorrang der Weisungsbindung können in ihrer Absolutheit überzeugen. Ein Blick in die Haftungs- und Regressbestimmung des § 113 Abs. 6 GO NRW genügt, um die grundsätzliche Zulässigkeit der Weisungen anzuerkennen. § 113 Abs. 6 Satz 2 GO NRW bestimmt etwa, dass die Gemeinde auch bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln ihrer Vertreter in den jeweiligen Organen des Unternehmens zur Haftung entziehen wolle, zu einer Abberufung aus wichtigem Grund, OLG Hamburg NJW-RR, 1990, 673 (673 f.). 413 Kiefer / Schmid, DGO 1935, § 70, Nr. 2, S. 434. 414 Kiefer / Schmid, DGO 1935, § 70, Nr. 2, S. 434; wobei nach § 70 Abs. 3 Satz 2 DGO 1935 die Haftung auf die Gemeinde überging, wenn die Vertreter zwar vorsätzlich oder grob fahrlässig die Unternehmensinteressen verletzten, hierbei jedoch auf Anweisung der Gemeinde handelten. 415 R. Fischer, AG 1982, 85 (89).

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verpflichtet bleibt, wenn ihre Vertreter nach Weisung des Rates oder eines Ausschusses gehandelt haben. Hierbei unterscheidet die Norm auch nicht zwischen den jeweiligen Organisationsformen. Folglich lässt sich daraus ableiten, dass eine Weisungserteilung nach Landesrecht jedenfalls unter bestimmten Umständen zulässig sein muss. Andernfalls wäre die Haftungs- und Regeressbestimmung bei Befolgung der Weisung sinnwidrig. Diese Erkenntnis vorausgesetzt, kann es lediglich darum gehen, die Reichweite der Weisungsbindung zu bestimmen. Nicht das „Ob“, sondern allein die Reichweite der gemeindlichen Weisung dürfte auch das VG Arnsberg vor Augen gehabt haben, als es urteilte, dass Weisungen durchaus auch im Einklang mit den Interessen der privaten Anteilseigner zu bringen und daher nicht per se unzulässig seien.416 Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass entsandte Aufsichtsratsmitglieder an Weisungen gebunden sind, soweit und solange das Gesellschaftsinteresse des zu kontrollierenden Unternehmens nicht berührt ist.417 Hierbei ist vom jeweiligen Aufsichtsratsmitglied in eigener Verantwortung zu überprüfen und zu entscheiden, ob eine Weisung dem Unternehmensinteresse entspricht. Weisungen, welche diesen Rahmen überschreiten und auf einen blinden Gehorsam der Vertreter setzen, überschreiten das zulässige und mit dem Aufsichtsratsmandat vereinbare Maß an äußerer Kontrolle. Tatsächlich verspricht der Organisationstypus der AG Minderheitsaktionären eine Binnenorganisation, die äußeren Einflüssen weniger zugänglich ist als etwa der GmbH.418 Bei allen legitimen Ingerenzbestrebungen muss daher darauf geachtet werden, dass dieses Versprechen – das letztlich in § 108 Abs. 4 GO NRW normativ verankert ist – nicht gebrochen wird. Diese Einschränkungen sind auch nicht etwa neueren aktienrechtlichen Bestrebungen geschuldet, sondern wurden schon durch die Deutsche Gemeindeordnung 1935 anerkannt. Weil nämlich die Schadenersatzpflicht der Gemeinde gegenüber dem wirtschaftlich geschädigten Unternehmen die Konsequenz der ingerenzmotivierten Weisung sei, folge nach Kiefer und Schmid bereits aus dem Schadenabwendungsgebot, dass nach § 70 Abs. 3 DGO 1935 keine Weisungen erteilt werden dürften, die voraussehbar eine Haftung der Kommune begründen.419 Bereits der nahezu identische Wortlaut des § 113 Abs. 6 GO NRW in der aktuellen Fassung lässt erkennen, dass sich zwar Zeiten und Umstände geändert haben. Die gemeinderechtliche Wertung, dass jedwede Weisung auf der einen Seite am Unternehmenswohl und auf der anderen Seite an der Schadenabwendungspflicht zu messen seien, hat indes nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.

416 VG Arnsberg, ZIP 2007, 1988 (1990). 417 Zu Recht hält Kropff, in: FS U. Huber, S. 841 (853 f.) fest, dass Einflussnahmen, die auf ein für das Unternehmenswohl nachteiliges Handeln des Vertreters der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat zielen, nicht zu befolgen sind. 418 Vgl. Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1319), der insbesondere betont, dass andernfalls die Kapitalgesellschaft als Organisationstypus nicht funktionsfähig wäre und der Schutz außenstehender Gläubiger, die im Vertrauen auf die rechtsformimmanenten Bindungen kontrahieren, nicht gewährleistet wäre. 419 Kiefer / Schmid, DGO 1935, § 70, Nr. 2, S. 434.

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An der grundsätzlichen Zulässigkeit der Weisungserteilung ändern auch die Vorschriften über die Zusammensetzung und die Vergütung des Aufsichtsrats nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex420 nichts. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Verständnis von der Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds (Ziff. 5.4.2). Zwar soll nach Satz 1 dieser Vorschrift dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören. Allerdings bestimmt die EU-Empfehlung „zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren oder Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs- und Aufsichtsrats“, dass ein Aufsichtsratsmitglied bereits dann unabhängig sei, wenn es insbesondere in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft, ihrem Mehrheitsaktionär oder deren Geschäftsführung steht, die einen Interessenkonflikt begründet.421 Doch soll es an der Unabhängigkeit fehlen, wenn ein Interessenkonflikt etwa durch eine Beziehung zu einem kontrollierenden Aktionär begründet werden kann. Hierbei genüge schon eine abstrakt-latente Gefahr eines potentiellen Interessenkonflikts, welche im Hinblick auf die Beziehung zum kontrollierenden Aktionär problematisch ist.422 Gleichwohl können diese Überlegungen über eine gute Unternehmensführung nicht unkritisch auf die Frage der Weisungsbindung kommunaler Vertreter in Unternehmen der Gebietskörperschaft übertragen werden, § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Gemeindevertreter im Aufsichtsrat stehen von vornhinein in einer untrennbaren Beziehung zum Mehrheitsaktionär, mithin der Gemeinde selbst. Ihnen steht weder ein freies Mandat noch – wie zuvor dargelegt – eine unbedingte Weisungsungebundenheit zu. Die Kontrolle, der sie ausgesetzt sind, ist ihrer gesamten Tätigkeit immanent, weil sie Ausfluss der Begründung und Sicherung von kommunaler Ingerenz ist. Die Unabhängigkeitsregeln des Kodex haben darüber hinaus auch eine andere Zielrichtung. Sie können dazu beitragen, dass der Aufsichtsrat ohne Beeinträchtigung durch mögliche Loyalitäts- oder Rollenkonflikte, die aus Abhängigkeit von bestimmten Aktionären herrühren können, seine Kontrolltätigkeit vernachlässigt.423 Im Vordergrund stehen hierbei persönliche oder geschäftliche Beziehungen zum kontrollierenden Aktionär, welche zu Interessenkonflikten führen könnten.424 Daher stellen auch die Corporate Governance Kodizes der Gemeinden darauf ab, ob wirtschaftliche, faktische oder sonstige Verflechtungen zwischen Aufsichtsratsmitglied und der Aktionärsgemeinde 420 Der Kodex richtet sich vornehmlich an börsennotierte Unternehmen. Ausweislich der Präambel wird seine Beachtung allerdings auch nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften empfohlen. 421 2005/162/EG vom 15.02.2005, Ziff. 13.1. 422 Heldt, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktecht, Deutscher Corporate GovernanceKodex, Rn. 63, S. 2057; Rubner / Fischer, NJW-Spezial 2012, 399 (399), die unter Hinweis auf Peltzer, NZG 2012, 368 (379) betonen, dass ein solch weites Verständnis mit der historischen Funktion des Aufsichtsrates als Aktionärsausschuss nur schwer vereinbar wäre; a. A. offensichtlich Heidel, NZG 2012, 48 (52), der davon ausgeht, dass der Kodex nicht die Unabhängigkeit von Aktionären vorschreibe. 423 Vgl. Kremer, in: Kremer, et al.; Deutscher Corporate Governance-Kodex, Rn. 1369. 424 Kremer, in: Kremer, et al.; Deutscher Corporate Governance-Kodex, Rn. 1377.

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Interessenkonflikte begründen könnten. Steht dem Aufsichtsratsmitglied ein Entscheidungsspielraum zu, so darf er bei Entscheidungen weder persönliche Interessen verfolgen noch Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.425 Unabhängigkeit ist daher nicht so zu verstehen, als seien die Aufsichtsratsmitglieder nicht gehalten die Weisungen der Kommune zu befolgen. Vielmehr setzen sie im Falle der Weisung den Beschluss des Gemeinderates um. Hierbei sind die Gemeindevertreter lediglich gehalten zu überprüfen, ob das Unternehmensinteresse426 durch die Ausführung der Weisung verletzt wird. Dass sich an der grundsätzlichen Weisungsbindung der Gemeindevertreter auch durch den Kodex nichts ändert, ergibt sich bereits durch seine Stellung in der Normenhierarchie. Beim Kodex handelt es sich um ein privates Regelwerk („soft law“). Er ist weder zwingendes noch dispositives Recht oder Handelsbrauch und wird ausschließlich bei der Auslegung bestehender Normen herangezogen.427 dd) Zwischenergebnis Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die – wenn auch eingeschränkte – Zulässigkeit der Erteilungen von Weisungen an Mitglieder des Aufsichtsrates für großes Konfliktpotential zwischen den privaten Anteilseignern der Aktionärsgemeinde führen kann. Gerade weil Weisungen nicht so weit gehen dürfen, dass sie einer AG Schaden zufügen, dürften Spannungen immer dann entstehen, wenn die potenziellen Folgen der Weisungsbefolgung nicht einer gesicherten Erwartung entsprechen, sondern nur möglicherweise eintreten werden. Der Landesgesetzgeber hat vor dieser beschränkten Einflussnahmemöglichkeit nicht die Augen verschlossen, sondern in § 108 Abs. 4 GO NRW eine Subsidiarität der AG gegenüber anderen Gesellschaftsformen angeordnet. Anderen Gesellschaftsformen ist der Vorzug einzuräumen, da sie den Einfluss der Gemeinde effektiver sicherstellen können.428 Nichtsdestoweniger können bei der Wahl der Organisationsform einer AG die aufgezeigten Spannungen eintreten. Hierdurch wird zugleich die Notwendigkeit begründet, Lösungen im Fall von Interessenkollisionen sämtlicher Beteiligter zu finden.429 Das gefundene Ergebnis zur grundsätzlichen Weisungsgebundenheit sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder hat auch Konsequenzen für die Frage nach der 425 So etwa die Regelung zu Interessenkonflikten 2.8 des Public Corporate Governance Kodex für die Beteiligungen der Landeshauptstadt Düsseldorf, abrufbar unter: www.duesseldorf. de/fileadmin/Amt20/finanzen/­kodex/Duesseldorfer_Kodex_2015_09_10.pdf, (zuletzt abgerufen am: 10.02.2020). 426 Hierzu verpflichtet im Übrigen auch etwa Ziff. 2.8.1 des Public Corporate Governance Kodex für die Beteiligungen der Landeshauptstadt Düsseldorf, abrufbar unter: www. duesseldorf.de/fileadmin/Amt20/finanzen/kodex/Duesseldorfer_Kodex_2015_09_10.pdf (zuletzt abgerufen am 10.02.2020). 427 Heldt, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktecht, Deutscher Corporate GovernanceKodex, Rn. 3, S. 2034. 428 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 108, Rn. 22. 429 Vergleiche hierzu den sechsten Teil dieser Arbeit.

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Haftungsfreistellung, die nicht zuletzt für die Begründung eines Weisungsrechts herangezogen wird. Während die Haftungsfreistellung für sämtliche vom Rat nach § 113 Abs. 2 und 3 GO NRW bestellten Personen anerkannt ist, kommt den Vertretern der Gemeinde, die nach § 113 Abs. 4 GO NRW auf Vorschlag der Kommune in die Unternehmensorgane bestellt worden sind,430 ein Freistellungsanspruch nur dann zu, wenn sie – wie hier im Grundsatz befürwortet – den Weisungen der Gebietskörperschaft unterliegen. b) Weisungen gegenüber dem Vorstand einer AG Anders als bei der GmbH sind bei der AG die Einwirkungsmöglichkeiten des kommunalen Anteileigners auf die Geschäftsführung sehr limitiert. Mit der exklusiven Zuweisung des Rechts und der Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft an den Vorstand in § 76 Abs. 1 AktG wird zugleich eine Kompetenzabgrenzung gegenüber dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung, als den beiden anderen Gesellschaftsorganen vorgenommen und die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands von Beschlussfassungen des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung, in der die Aktionäre ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft ausüben, bestimmt.431 Anders ist es nur dann, wenn der Vorstand von der Hauptversammlung ausdrücklich eine Entscheidung über Fragen verlangt, welche die Geschäftsführung betreffen, § 119 Abs. 2 AktG. Die Einflussmöglichkeiten des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand sind ebenfalls beschränkt. Obwohl der Aufsichtsrat den Vorstand nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG (auf höchstens fünf Jahre) bestellt,432 steht ihm ein Weisungsrecht nicht zu. Insbesondere ist es nicht gestattet, dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsführung zu übertragen.433 Dies beruhe nach Katz434 darauf, dass das Aktienrecht von einer strengen Trennung von den Kapitaleignern einerseits und dem Management (Vorstand und Aufsichtsrat) andererseits geprägt sei und die strenge Funktionstrennung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand sowie die konsequente Geltung des Prinzips der formellen Satzungsstrenge charakteristisch für das AktG sei. Aufgrund der eigenverantwortlichen Leitung sowie der or 430 Statt aller Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1396. 431 Pfeifer, Möglichkeiten und Grenzen, S. 107 f.; Weber, in: Hölters, Aktiengesetz, § 76, Rn. 1. 432 Denkbar ist es natürlich, dass die Kommune im Rahmen des Bestellungsverfahrens die Aufsichtsratsmitglieder anweist, entsprechend ihren Vorgaben zu verfahren. Ob dies zulässig ist, ist aber eine Frage der Weisungsmöglichkeit der Gemeinde an entsandte Mitglieder im Aufsichtsrat. 433 Handelt es sich jedoch um zustimmungspflichtige Geschäfte gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, kann der Aufsichtsrat das Geschäft verhindern, indem er seine Zustimmung verweigert. Im Rahmen der Frage nach Konflikten der Unternehmensgründung wurde daraufhin hingewiesen, dass gerade deshalb die Festlegung der „bestimmter Arten von Geschäften“ höchst spannungsgeladen ist, weil die AG hierdurch an „kommunale Ketten“ gelegt werden könne, Noack, Städte- und Gemeinderat, 379 (380). 434 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 108.

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ganisatorischen Struktur der AG, ist eine Beeinflussung jenseits der vorgegebenen Wege nicht gestattet.435 Insoweit ist ein Regimekonflikt aufgrund von kommunalen Ingerenzbestrebungen gegenüber dem Vorstand nicht denkbar. Daher überzeugt es auch nicht, wenn Kraft436 ein Weisungsrecht mit dem Argument annimmt, dass sich die verfassungsrechtlichen Ingerenzrechte bereits gegenüber dem Vorstand durchsetzen ließen und es hierfür keiner „Verwendung der Organe wie Hauptversammlung oder Aufsichtsrat“ bedürfe, weil sich die Einflussnahme bereits durch die Beziehung der Kommunalinstanz und dem gesellschaftlich-geschäftsführenden Organ charakterisiere. Hieran ändert auch sein Befund nichts, dass die Privatrechtsordnung durch einen stetig verstärkenden Gemeinwohlbezug geprägt sei und die Generalklauseln der §§ 138 Abs. 1, 826 BGB hinreichende Möglichkeiten böten, um die Gemeinwohlbindung im Privatrecht zu etablieren.437 Denn der Vorstand ist organisationsrechtlich allein der Leitung verpflichtet und wird anders als Aufsichtsratsmitglieder gerade nicht durch die Gemeinde entsandt oder gewählt, sondern vom Aufsichtsrat bestellt. Bildlich gesprochen besteht überhaupt kein unmittelbares Band zur Gemeinde, weil der Vorstand keine direkte Repräsentanz des Gemeinderates darstellt, sondern sich erst mittelbar über den Aufsichtsrat legitimiert. Daher bleibt der Gemeinde nichts Anderes übrig, als ihren Einfluss für spätere Interventionen durch eine taktische Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder zu sichern. Denn durch eine gezielte Weisungserteilung in den oben dargestellten Grenzen kann die Kommune jedenfalls sicherstellen, dass die Wahl der Geschäftsführung (möglichst) durch die von ihr angewiesenen Aufsichtsratsmitglieder in ihrem Interesse erfolgt. Jenseits dieser mittelbaren Einflussmöglichkeit besteht jedenfalls kein Einwirkungsmechanismus. c) Weisungen gegenüber der Hauptversammlung der AG Die Hauptversammlung ist neben dem Vorstand und dem Aufsichtsrat das dritte Organ der Aktiengesellschaft.438 Weil die Aktionäre gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 AktG ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft über die Hauptversammlung ausüben, stellt sie ihr maßgebliches Sprachrohr dar. Die Gemeinde als juristische Person des öffentlichen Rechts kann als Aktionärin ihre Rechte nicht selbstständig in 435 Hierzu gehört freilich auch das Recht des Aufsichtsrates den Vorstand bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuberufen, § 84 Abs. 3 AktG. 436 Die Position Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 254 verwundert besonders deshalb, weil auch er an anderer Stelle (S. 256) den „Binnenraum der Gesellschaft in seiner Aufbau- und Ablauforganisation“ aus dem kommunalen Einwirkungsbereich ausschließt. 437 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 258 f.; Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (471). 438 Kubis, in: MüKomm AktG, § 118, Rn. 8, 10, der zugleich darauf hinweist, dass es sich bei Aufsichtsrat, Vorstand und Hauptversammlung um ein hierarchiefreies Kompetenzgefüge handelt; a. A. Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 540, der von der Hauptversammlung als dem obersten Organ der AG spricht.

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4. Teil: Regimekollisionen

der Hauptversammlung ausüben, sie bedient sich daher ihrer vom Rat bestellten Vertreter, § 113 Abs. 2 GO NRW. Haben aber diese Vertreter die Interessen der Aktionärin wahr­zunehmen, so muss es der Gemeinde auch möglich sein, sich durch Weisungen eine Stimme in der Hauptversammlung zu verschaffen.439 Die Gemeindevertreter wirken hierbei als Zunge der Kommune, ohne sich durch einen selbstverantwortlichen Geist auszuzeichnen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der beschränkten Kompetenzen der Hauptversammlung unbedenklich. Obwohl sie zwar über Fragen der wirtschaftlichen Grundlagen und Geschäftsziele sowie die Bestellung und Entlastung des Aufsichtsrats entscheidet, darf sie keinen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. Lediglich dann, wenn es der Vorstand verlangt, können gemäß § 119 Abs. 2 AktG einzelne Fragen der Geschäftsführung auch durch die Hauptversammlung entschieden werden.440 Hierdurch wird offengelegt, dass der Einfluss der Kommune trotz der Weisungsbindung ihrer Vertreter nicht ausreicht, um der Ingerenzverpflichtung nachzukommen.441 Andererseits entstehen hierdurch auch keinerlei Konflikte mit privaten Anteilseignern, so dass in diesem Zusammenhang keine Konfliktlösung gefunden werden muss. d) Zwischenergebnis Festzuhalten bleibt, dass Weisungen gegenüber der Geschäftsführung der Aktiengesellschaft sehr limitiert sind, weil sich das Aktienrecht durch eine strenge Trennung zwischen Kapitaleignern, dem Aufsichtsrat sowie dem Vorstand auszeichnet.442 Aufgrund dieser funktionalen Trennung ist eine direkte Beeinflussung nicht möglich und ein Konflikt aufgrund einer etwaigen Einflussnahme der Gemeinde gegenüber dem Vorstand ausgeschlossen. Weil aber der Vorstand durch den Aufsichtsrat bestellt wird, steht es der Gemeinde frei, sich durch eine geschickte Auswahl der zu entsendenden beziehungsweise zu wählenden Mitglieder einen mittelbaren Einfluss vorzubehalten. Konflikte mit den privaten Anteilseignern entstehen hierbei ebenso wenig, wie bei Weisungen gegenüber gemeindlichen Vertretern in der Hauptversammlung. Insoweit bleibt die Einflussnahme nämlich im Rahmen des aktienrechtlich Zulässigen.

439 Strobel, DVBl. 2005, 77 (79); Brenner, AöR 127 (2002), 222 (240); Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 53. 440 Brenner, AöR 127 (2002), 222 (241). 441 Allerdings weist Brenner, AöR 127 (2002), 222 (241) zu Recht darauf hin, dass der Hauptversammlung nur insoweit ein gewisser Einfluss zukommt, als ihr die Möglichkeit zusteht, die von ihr gewählten Aufsichtsratsmitglieder nach § 103 Abs. 1 AktG jederzeit abzuberufen. Zwar können hierdurch ebenfalls Spannungen entstehen. Allerdings handelt es sich um Spannungen, die dem Aktienrecht immanent sind und nicht auf unterschiedliche Regimewertungen zurückzuführen sind, für die im siebten Teil dieser Arbeit noch eine Lösung gefunden werden soll. 442 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 108, Rn. 147.

C. „Typologie der Konfliktsituationen“ 

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3. Weisungsrecht aus dem Haushaltsrecht Weiterhin stellt sich die Frage, ob sich Weisungsrechte der Gemeinde gegenüber den von ihr gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitgliedern aus dem Haushaltsrecht herleiten lassen.443 Um die Reichweite des § 65 LHO NRW bestimmen zu können, dürfte es hilfreich sein den Regelungsgehalt des § 65 Abs. 6 Bundeshaushaltsordnung (BHO)  – der entsprechenden „Muttervorschrift“  – zu würdigen.444 Im Hinblick auf öffentliche Unternehmen des Bundes regelt § 65 Abs. 6 BHO, dass der zuständige Bundesminister darauf hinwirken soll, dass die auf Veranlassung des Bundes gewählten oder entsandten Mitglieder der Aufsichtsorgane der Unternehmen bei ihrer Tätigkeit die besonderen Interessen des Bundes berücksichtigen. Es wird mehrheitlich vertreten, dass dieser Regelung kein Weisungsrecht zu entnehmen sei, weil es sich hierbei um eine reine „Soll-Vorschrift“ handele und eine Verpflichtung lediglich für den zuständigen Bundesminister begründet werde.445 Aufgrund des identischen Wortlauts wird dies auch für die Regelung des § 65 Abs. 6 LHO NRW vorgebracht und neben dem Hinweis auf den Charakter einer „Soll-Vorschrift“ betont, dass es sich lediglich um Innenrecht der Verwaltung handle, welches gegenüber dem Gesellschaftsrecht als Außenrecht keinen Vorrang beanspruchen könne.446 Schließlich wird vorgetragen, dass der Wortlaut der Vorschrift für ein verbindliches Weisungsrecht zu unbestimmt sei.447 Die Regelung erschöpfe sich in einer Aufforderung, die bestehenden gesetzlichen und tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten zu nutzen, ohne jedoch selbst besondere Rechte zu begründen.448 Sodann wird abermals vorgetragen, dass Aufsichtsratsmitglieder insbesondere an keine Weisungen gebunden seien und449 dass die LHO NRW als Landesrecht dem bundesrechtlichen Aktienrecht ohnehin unterstehe.450 443 Gemeint ist freilich das Landeshaushaltsrecht nach der LHO NRW, das auf das kommunale Haushaltsrecht keine Anwendung findet, Gröpl, in: ders.: BHO / LHO, Einl., Rn. 37. Sollte sich aus der BHO beziehungsweise LHO NRW ein Weisungsrecht herleiten lassen, so wird zu überlegen sein, ob für eine gemeindeverfassungsrechtliche Verweisungsnorm de lege ferenda gestritten werden sollte. 444 So auch Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 180. 445 Klein, Die Betätigung der öffentlichen Hand als Aktionärin, S. 68; Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1013); Zeichner, AG 1985, 61 (69); Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 180. 446 Klein, Die Betätigung der öffentlichen Hand als Aktionärin, S. 68; Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 158. 447 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 158. 448 Wernsmann, in: Gröpl, BHO / LHO, § 65, Rn. 21. 449 Wernsmann, in: Gröpl, BHO / LHO, § 65, Rn. 21; Kautzsch, in: Heuer / Scheller, § 65 BHO, Rn. 44 f. 450 So etwa Zeichner, AG 1985, 61 (69). Allerdings lässt sich die Kollisionsnorm Art. 31 GG bereits deshalb nicht pauschal als Argument heranziehen, weil sich „die Interessen des Landes“ i. S. d. § 65 LHO NRW als Konkretisierungen des verfassungsrechtlichen Daseinsvorsorgeauftrags darstellen.

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4. Teil: Regimekollisionen

Dass auch Aufsichtsratsmitglieder Weisungen der Gebietskörperschaft unterliegen können, wurde bereits ausführlich dargestellt.451 Die angestellten Überle­ gungen und vorgebrachten Argumente können deshalb auch hier fruchtbar gemacht werden.452 Daher ist mit Gießen / Fricke453 festzuhalten, dass „nach Lage des Falles […] es zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nötig sein [wird], daß der zuständige Minister dem auf Veranlassung des Landes gewählten oder entsandten Mitglied des Aufsichtsorgans Weisungen erteilt […]“.

Gegen ein Weisungsrecht aus dem Haushaltsrecht spricht jedoch die mangelnde Bestimmtheit der Regelung.454 Während nämlich § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW die Gemeindevertreter in den jeweiligen Organen der kommunal beherrschten Unternehmen verpflichtet die ingerenzbedingten Beschlüsse  – hierbei insbesondere Weisungen – unwidersprochen umzusetzen, begründet § 65 Abs. 6 LHO NRW lediglich eine „Hinwirkungspflicht“ des Finanzministeriums. Ein weitergehendes Einflussrecht wird hierdurch tatsächlich nicht begründet.455 Dies ist indes nicht auf eine Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder zurückzuführen,456 sondern allein der Unbestimmtheit der haushaltsrechtlichen Vorschrift geschuldet.457 Insoweit ist der Wortlaut tatsächlich zu unbestimmt, um eine Rechtsgrundlage für ein verbindliches Weisungsrecht sein zu können.458 Bei einer „Hinwirkungspflicht“ kann es sich nämlich um eine bloße Anregung des zuständigen Finanzministers an den 451 Umso mehr erstaunt es, dass Kautzsch, in: Heuer / Scheller, § 65 BHO, Rn. 44 Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats auch dann von Weisungen freistellen will, wenn eine solche Bindung in der Satzung verankert worden ist. 452 In diesem Zusammenhang wird nicht hinreichend beachtet, dass die „Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen“ vom 24.09.2001 sich nunmehr in dem „Bundesregierungsbeschluss über Grundätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung im Bereich des Bundes“ wiederfinden. Während vormals in Rn. 112 angeordnet wurde, dass entsandte oder gewählte Beamte des Bundes den Weisungen ihrer Behörde grundsätzlich Folge zu leisten haben, sieht dies nunmehr Rn. 5.5 UA 3 des Bundesregierungsbeschlusses vor. Dass dem Bund beziehungsweise dem jeweiligen Ministerium Weisungen (sowie vertraglich vereinbarte Berichtspflichten bereits vor § 394 Satz 3 AktG, Rn 116) zur Unternehmensführung im Grundsatz zustanden und nach wie vor grundsätzlich zustehen, kann nicht bezweifelt werden; vgl. zu den erwähnten Hinweisen des Finanzministeriums von 2001, Wilting, DÖV 2002, 1013 ff. 453 Giesen / Fricke, LHO NRW, § 65, Rn. 7, die betonen, dass „in Anbetracht der klaren Aussage des Gesetzes in § 65 Abs. 6 […] aber den Zweifeln an der Zulässigkeit ministerieller Weisungen, die sich ersichtlich an den Interessen des Landes orientieren, die Grundlage entzogen [ist]. 454 Daher überzeugt es letztlich nicht, wenn Giesen / Fricke, LHO NRW, § 65, Rn. 7 in der „Pflicht darauf hinzuwirken“ sogleich ein Weisungsrecht erkennen; wie hier Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 108 f. 455 Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 181; Wernsmann, in: Gröpl, BHO / LHO, § 65, Rn. 21; a. A. Giesen / Fricke, LHO NRW, § 65, Rn. 7. 456 So aber Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 181 aus. 457 Insoweit ist Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 158 zuzustimmen. 458 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 158.

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jeweiligen Gemeindevertreter oder aber bereits um eine konkrete Handlungsanweisung handeln. Es fehlt daher eine Klarstellung, ob § 65 Abs. 6 LHO NRW das Finanzministerium zur Erteilung von Weisungen ermächtigt oder sich eine etwaige „Einwirkung“ lediglich in einer Darstellung der Interessen der Gebietskörperschaft an ihre Vertreter erschöpft.459 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV zur LHO NRW). Hier bestimmt Rn. 3 zu § 65 LHO NRW lediglich, dass sich die Vertreter des Landes in den Aufsichtsorganen vor wichtigen Entscheidungen des Aufsichtsrats mit dem zuständigen Ministerium grundsätzlich über eine einheitliche Auffassung verständigen sollen.460 Ein darüberhinausgehendes Weisungsrecht lässt sich auch – dem ohnehin nur als soft Law zu charakterisierenden – Public Corporate Governance Kodex NRW461 nicht entnehmen. Anders als in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW fehlt es der haushaltsrechtlichen Vorschrift darüber hinaus an einer mit der „Hinwirkungspflicht“ korrespondierenden Umsetzungspflicht der Gemeindevertreter. Eine Vergleichbarkeit mit § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW scheitert daher bereits daran, dass sich die Reichweite der Vorschrift nicht bestimmen lässt. Weil sich aus der LHO NRW im Ergebnis kein Weisungsrecht zugunsten der Kommunen gegenüber den von ihr gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder herleiten lässt, käme es auch dann zu keinem Konflikt mit den weisungsfeindlichen Vorschriften des Gesellschaftsrechts, wenn die haushaltsrechtlichen Regelungen  – etwa durch eine gemeindeverfassungsrechtliche Verweisungsnorm de lege ferenda – auch auf das Verhältnis der Gemeinde zu ihren entsandten oder gewählten Vertretern im Aufsichtsorgan Anwendung fänden. 4. Exkurs: Beamtenrechtliche Weisungsbindungen? Klärungsbedürftig ist schließlich die Frage, ob sich möglichweise aus dem Beamtenstatus einiger Gemeindevertreter Weisungsbindungen herleiten lassen.462 Diese Fragestellung mag insofern verwundern, als dass Gemeinderäten nicht schon Kraft ihrer Stellung eine Beamteneigenschaft zuzusprechen ist. Sie stehen nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde und werden aus 459 Zum Verständnis der Hinwirkung als Pflicht der Aufsichtsorgane, sich über grundsätzliche Fragen einheitlich zu verständigen, vgl. Müskens / Winands / Donath, Haushaltsrecht NRW,27 S. 109; auf die Mitteilung bzw. entsprechende Einwirkung weist Kautzsch, in: Heuer / Scheller, § 65 BHO, Rn. 44 hin. 460 Vgl. hierzu auch den identischen Wortlaut des Rn. 3 VV-BHO-zu § 65. 461 Abrufbar unter: www.finanzverwaltung.nrw.de/sites/default/files/asset/document/corporategovernance_kodex.pdf (zuletzt abgerufen am 10.02.2020). 462 Diese Frage stellt ausdrücklich Hüffer, in: FS Hopt Bd. 1, S. 901 (908 f.); Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 43; ausführlich zur – allerdings bundesbeamtenrechtlichen – Weisungsbefugnis, Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 89 ff.

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4. Teil: Regimekollisionen

diesem Grunde auch nicht in ein Beamtenverhältnis berufen.463 Dieser Befund – so richtig er auch ist – wird dem Umfang der Vertretungsausgestaltung des § 113 Abs. 2, 3 GO NRW nicht gerecht. Zunächst bestimmt § 113 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 3, 50 Abs. 3, 4 GO NRW, dass insbesondere der Bürgermeister zu den Vertretern der Gemeinde in den jeweiligen Organen der juristischen Person gehören muss, sobald mehr als ein Vertreter zu benennen, beziehungsweise zu ernennen ist. Dies dürfte – wie bereits dargelegt  – bei einer kommunal beherrschten gemischtwirtschaftlichen Unternehmung zweifellos der Fall sein. Auf den Bürgermeister finden grundsätzlich alle allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften Anwendung. Er steht in einem Beamtenverhältnis, auch wenn sein Amt durch die Wahlen zeitlich befristet ist, § 6 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten der Länder (BeamtStG), § 118 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NRW).464 Gleichwohl ist zu beachten, dass der Bürgermeister aufgrund seiner kommunalverfassungsrechtlichen Position als Leiter der Verwaltung (§ 62 Abs. 1 GO NRW) keinen Dienstvorgesetzten hat. Dies hat zur Folge, dass er niemandem gegenüber nach § 35 BeamtStG weisungsabhängig ist. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt allein in der vorbereitenden und ausführenden Begleitung der Ratsarbeit.465 Demzufolge definiert der Rat durch konkrete Beschlüsse die Tätigkeit des Bürgermeisters und stellt seine Amtsführung gemäß § 55 GO NRW unter seine Kontrolle. Nach § 62 Abs. 2 Satz 2 GO NRW führt der Bürgermeister die Beschlüsse des Rates unter seiner Kontrolle und in Verantwortung ihm gegenüber durch. Allerdings ist die Ausführungsverpflichtung nicht mit der Weisungsabhängigkeit eines Beamten vergleichbar.466 Ein solches Verständnis würde der besonderen Stellung des Bürgermeisters im demokratischen Gefüge nicht gerecht werden. Denn „welche konkreten Aufgaben mit kommunalem Bezug er in seiner Amtszeit übernimmt und damit zum Teil seines Hauptamtes macht“467, kann er innerhalb der durch das Kommunalverfassungsrecht gezogenen Grenzen selbst zu entscheiden. Das Recht hierzu verleiht ihm sein Status.468 Aus der Kontrollfunktion des Rates lässt sich daher keine Weisungsunterworfenheit des Bürgermeisters nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG herleiten. Dies gilt freilich nicht, wenn er die Gemeinde im jeweiligen Organ eines kommunal beherrschten Unternehmens ver 463 Sehr gelungene Darstellung im Kommunalbrevier Rheinland Pfalz, abrufbar unter http:// www.kommunalbrevier.de/kommunalbrevier/Kommunalpolitik-A-Z/ratsmitglied-rechtepflichten/Allgemeines/Kommunales-Ratsmandat/ (zuletzt abgerufen am 10.02.2020). 464 Heinisch, in: BeckOK Kommunalrecht, § 62, Rn. 1; allerdings bedarf es zur Begründung des Beamtenverhältnisses keiner Ernennung. Nach § 119 Abs. 2 LBG NRW wird das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes begründet, Erlenkämper, in: Articus / Schneider, § 62 GO NRW, S. 310. 465 Erlenkämper, in: Articus / Schneider, § 62 GO NRW, S. 313 f. 466 Zum vorstehenden Heinisch, in: BeckOK Kommunalrecht, § 62, Rn. 6. 467 BVerwG, NJW-RR 2011, 739 (741). 468 Heinisch, in: BeckOK Kommunalrecht, § 62, Rn. 6.

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tritt. Insoweit unterliegt er gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 GO NRW den gleichen Bindungen an die ergangenen Ratsbeschlüsse wie auch die übrigen Gemeindevertreter. Daneben sind auch Fälle denkbar, in denen Vertreter in das jeweilige Organ der juristischen Person bestellt werden, die keine Ratsmitglieder sind.469 Gerade weil sie nicht dem Gemeinderat angehören, kann es sich bei diesen Personen um Gemeindebeamte handeln, § 13 Abs. 1 Satz 1 lit. a) KWahlG NRW.470 Problematisch ist hierbei die Vertretung in Aufsichtsräten – auch im fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH ohne nähere Festlegung hinsichtlich der Weisungsgebundenheit. Für Gemeindebeamte legt § 2 Abs. 2 Nr. 2 LBG NRW fest, dass die Dienstvorgesetzte Stelle durch das Kommunalverfassungsrecht bestimmt wird. Nach § 3 Abs. 5 LBG NRW ist Vorgesetzter, wer einem Beamten für seine dienstlichen Tätigkeiten Anordnungen erteilen kann. Gemäß § 73 Abs. 2 GO NRW ist der Bürgermeister Dienstvorgesetzter für Kommunalbeamte, so dass ihm das Anordnungsrecht zukommt. Daneben haben sie auch nach §§ 1, 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG – insbesondere mangels übergeordneter gesellschaftsrechtlicher Vorschrift, § 35 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG471  – seine dienstlichen Anordnungen grundsätzlich zu befolgen.472 Für die Reichweite der Weisungsbefolgung für Gemeindebeamte gilt nämlich die bereits oben ermittelte Grenze der Unternehmensschädigung und darüber hinaus auch das Verbot strafbarer Handlungen.473 Richtig verstanden steht die eigenverantwortliche Aufsichtsratstätigkeit – nicht zuletzt aufgrund der Gleichrangigkeit zwischen BeamtStG und Gesellschaftsrecht474  – der Weisungsbefolgungspflicht

469 Nicht genau differenzierend Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 156 ff. 470 Nach dieser Vorschrift dürfen Gemeindebeamte der Vertretung nicht angehören. Treten sie bei Kommunalwahlen an und werden sie in den Gemeinderat gewählt, können sie gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 KWahlG die Annahme der Wahl erst dann erklären, wenn sie zuvor die Beendigung des Dienstverhältnisses nachweisen. 471 So schon Schmidt, ZGR 1996, 345 (354). 472 A. A. Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 102 f., der betont, dass sich aus dem freien Aufsichtsratsmandat des Aktienrechts nach §§ 116, 93 Abs. 1, 111 Abs. 6 AktG ein Befolgungsdispens nach § 35 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG ergebe. „Denn entscheidend für eine Freistellung der Beamten von ihrer Gehorsamspflicht ist die Unvereinbarkeit von Weisungsbindungen mit ihrer durch Gesetz bestimmten wahrzunehmenden Tätigkeit und die ihr korrespondierenden Bindung an das Gesetz“; ähnlich Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 47. Vor dem Hintergrund der bundesrechtlichen – und damit gleichrangigen – Stellung des BeamtStG ist jedoch unverständlich, weshalb er beim Meinungsstand (Rn. 45) zugunsten des zivilrechtlichen Schrifttums auf den Vorrang des Gesellschaftsrechts beziehungsweise auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG verweist. Diesen Vorwurf muss sich auch Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 157 gefallen lassen, der im Übrigen die Anwendung des BeamtStG auf Landesbeamte unterschlägt. 473 Vgl. Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 44. 474 Dies ist freilich ein Argument aus dem Bereich der Konfliktlösung.

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4. Teil: Regimekollisionen

des Gemeindebeamten somit nicht entgegen.475 Etwas anderes ergibt sich weder aus der HEW-Entscheidung des OLG Hamburg476 noch des BGH477, weil sich die Gerichte trotz kommunalrechtlichem Einschlag nicht zur beamtenrechtlichen Weisungsbindung verhalten haben.478 Gleichwohl stellt sich hier die Frage nach der praktischen Relevanz. Wie bereits dargestellt, steht die Tätigkeit des Bürgermeisters gemäß § 55 GO NRW unter der Kontrolle des Rates.479 Daher dürfen Beschlüsse des Gemeinderates, welche die Vertreter der Gemeinde in den Organen der Unternehmen umzusetzen haben, vom Bürgermeister nicht in Frage gestellt werden, §§ 62 Abs. 2 Satz 2, 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Dies gilt auch im Verhältnis des Bürgermeisters in seiner Stellung als Dienstvorgesetzter gegenüber den Gemeindebeamten, welche die Kommune in den Unternehmensorganen vertreten. Hierfür spricht auch der Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 1, 2 GO NRW, der sämtliche – auch im Beamtenverhältnis480 stehende – Vertreter an die Beschlüsse des Rates bindet. Es ist daher rechtwidrig, wenn er ihnen Weisungen erteilt, die sich gegen den Ratsbeschluss richten.481 Bei Vorliegen einer klaren Beschlusslage sind vielmehr sämtliche Vertreter der Gemeinde an Weisungen des Rates gebunden. Insoweit dürften verbeamtete Bedienstete tatsächlich bemüht sein, bei ihrer Tätigkeit als Aufsichtsrat den Wünschen der Gemeinde nachzukommen.482 Denkbar wäre vielmehr  – jedenfalls hypothetisch  – der gegensätzliche Fall. Weigern sich Gemeindevertreter, einen Ratsbeschluss zu befolgen, ist 475 A. A. Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 106. Er überträgt seinen Befund, dass Bundesbeamte aufgrund der besonderen Reglungen des Aktiengesetzes nicht an Weisungen gebunden sind, auch auf Landes- und Gemeindebeamte. Insoweit seien sie im Rahmen der dienstlich veranlassten Aufsichtsratstätigkeit allein den Regelungen des AktG unterworfen. 476 OLG Hamburg NJW-RR 1990, 673 ff. 477 BGHZ 36, 296 ff. 478 Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 98 f. 479 Heinisch, in: BeckOK Kommunalrecht, § 62, Rn. 6. 480 Hierunter fallen insbesondere auch Dritte, Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht, § 113, Rn. 18a. Denkbar wäre es, dass es sich bei ihnen um Landesbeamte handelt. Hier sind sie dann aber im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW an die Beschlüsse des Rates gebunden, weil die Vorschrift Dritte als Gemeindevertreter zwar zulässt, sie aber den Beschlüssen des Rates unterwirft. 481 Die Frage dürfte daher nur dann akut werden, wenn der Bürgermeister nicht als Vertreter in die Unternehmensorgane bestellt wird und gewissermaßen von außen Weisungen als Dienstvorgesetzter erteilt. Weil dieser Fall in einem kommunal beherrschten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen nicht denkbar sein dürfte, soll hierauf nicht vertieft eingegangen werden. 482 Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 181, der darauf hinweist, dass die Problematik sich allein darauf konzentriert, ob sich an der Weisungsbindung des Beamten etwas ändert, wenn er zugleich Organmitglied ist. Brisant ist insbesondere die Frage der Weisungsbindung, wenn die Befolgung einen Verstoß gegen das Beamtenrecht nach sich zöge.

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der Bürgermeister durch § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 2 Abs. 2 Nr. 2, 3 Abs. 5 LBG NRW ermächtigt, abtrünnige Beamte jenseits des Hinweises auf § 113 Abs. 1 Satz 2, 3 GO NRW an ihre dienstliche Treue zu erinnern und sie anzuhalten, den Beschluss auszuführen. Besondere Bedeutung dürfte dem Weisungsrecht aus beamtenrechtlichen Vorschriften gegenüber Gemeindebeamten darüber hinaus dann zukommen, wenn es an einem konkreten Ratsbeschluss fehlt und die Mehrheiten erst im Rahmen des Abstimmungsverfahrens im jeweiligen Organ geschaffen werden müssen. Durch das Weisungsrecht des Bürgermeisters gegenüber den Gemeindebeamten ist jedenfalls im Innenverhältnis eine dienstliche Gefolgschaft sichergestellt. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Frage, ob sich aus dem Beamtenverhältnis (weitergehende) Weisungsrechte ergeben nur dann stellt, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung ein Weisungsrecht gegenüber und eine Weisungsbindung von Aufsichtsratsmitgliedern Kraft ihrer autonomen Stellung verneint.483 Nur in diesem Fall bedarf es der Klärung, ob sich aufgrund der beamtenrechtlichen Weisungsgebundenheit etwas anderes ergibt.484

V. Ergebnis bezüglich Rechtsnatur und Konfliktpotential von Weisungen an Vertreter in kommunaler Aktiengesellschaft Es konnte aufgezeigt werden, dass die Frage danach, ob Weisungen an kommunale Vertreter in den Organen einer gemischtwirtschaftlichen AG möglich sind, nicht einheitlich beantwortet werden kann. Insbesondere die Spannungen, die um Weisungen an gemeindliche Vertreter im Aufsichtsrat einer mehrheitlich kommunal beherrschten AG kreisen, sind so alt wie das Gremium selbst und lassen sich auf die Entstehung des Entsendungsrechtes zurückführen. Während das Entsendungsrecht spätestens mit dem Inkrafttreten des AktG 1937 anerkannt wurde, räumte das Aktienrechtsregime der öffentlichen Hand, entgegen der Normierung in der DGO 1935, kein Weisungsrecht ein. Der Umstand, dass der Reichsgesetzgeber die Gelegenheit ungenutzt ließ, einen Gleichlauf von Aktien- und Gemeinderecht im Lichte der Entsendungs- und Wei 483 „Hinsichtlich dieser umstrittenen Frage ist zu beachten, dass kommunale Beamte zwar hinsichtlich ihres Amtes, angesichts der bundesrechtlich in §§ 116, 93 AktG normierten Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder aber nicht im Hinblick auf die Wahrnehmung ihres Aufsichtsratsmandates einer Weisungsbindung unterliegen können“, Will, VerwArch. 93 (2003), 248 (262). 484 Dies verneint Will, VerwArch. 93 (2003), 248 (262); Schmidt, ZGR 1996, 345 (354) „eine Ausnahme von der Weisungsfreiheit kann schließlich auch nicht für beamtete Aufsichtsratsmitglieder gemacht werden“; Dreher, JZ 1990, 896 (897) „eine eventuelle beamtenrechtliche Weisungsgebundenheit wird daher durch die Organstellung und die damit verbundenen Pflichten überlagert“; Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 183.

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4. Teil: Regimekollisionen

sungsregelungen herzustellen, lässt sich als Urkonflikt beider Rechtsregime begreifen, dessen Folgen noch heute spürbar sind. Während Maximalpositionen für und gegen eine Weisungsbindung nicht zielführend sind, lässt sich die Ingerenzverpflichtung der Gemeinde durch eine grundsätzliche Weisungsbindung, die ihre Grenze im Unternehmenswohl findet, sicherstellen. Hierbei liegt es allerdings auf der Hand, dass gerade die Frage, wann die Grenze zur Schädigung des Unternehmens erreicht ist, von den Kommunen und den Anteilseignern nur selten einheitlich beantwortetet werden dürfte. An einer eingeschränkten Weisungsgebundenheit vermag im Übrigen auch das Unabhängigkeitsverständnis eines Aufsichtsratsmitglieds nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex nichts zu ändern, weil für Gebietskörperschaften die Frage einer guten Unternehmensführung untrennbar mit dem Maß gemeindlicher Ingerenz verbunden ist. Für die Zulässigkeit der Erteilung der Einzelweisung gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied lässt sich schließlich anbringen, dass ihr eine geringere Eingriffswirkung zukommt als eine jederzeit mögliche Abberufung, § 103 Abs. 2 Satz 1 AktG.485 Keine Konflikte können sich indes bei den Weisungen an die Mitglieder in der Hauptversammlung und im Vorstand ergeben. Denn während die Gemeinde sich in der Hauptversammlung als Organ der Interessenausübung gegenüber der Gesellschaft gewissermaßen selbst vertritt, ist der Vorstand aufgrund des Rechts und der Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft an keinerlei Weisungen durch Mitglieder der übrigen Organe gebunden. Während sich nämlich Weisungen der Gemeinde an ihre Vertreter in der Hauptversammlung als eine zulässige „Anordnung an sich“ selbst darstellen, verbietet die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes eine Einflussnahme durch andere Organe. Aus § 65 Abs. 6 LHO NRW lässt sich ein Weisungsrecht gegenüber den gewählten oder entsandten Gemeindevertretern in den jeweiligen Organen des kommunal beherrschten Unternehmens nicht herleiten. Diese Vorschrift begründet lediglich eine „Hinwirkungspflicht“ des Finanzministeriums. Ein weitergehendes Einflussrecht wird hierdurch nicht begründet.486 Der Vollständigkeit halber wurde auch untersucht, ob sich eine Weisungs­ bindung des Bürgermeisters nicht bereits aus seiner Stellung als kommunaler 485 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (472) unter Hinweis auf das argumentum a maiore ad minus bei Aufsichtsratsmitgliedern einer Eigengesellschaft. Allerdings lehnt er diese Möglichkeit an späterer Stelle deshalb ab, weil zwischen der Befugnis Aufsichtsratsmitglieder abzuberufen, und der Rechtsmacht, diesen Mitgliedern Einzelweisungen zu erteilen, Wesensunterschiede bestehen, die es unstatthaft erscheinen lassen, die Weisungsbefugnis mit einem argumentum a maiore ad minus zu begründen. Insoweit versteht er das Abberufungsrecht als Korrelat des Wahl- bzw. Entsendungsrechts und das Weisungsrecht als präventives Gestaltungsmittel, (487 f.); ders., Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 293 f. 486 Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 181.

D. Weisungsbindung als Konfliktquelle 

251

Wahlbeamter nach § 62 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ergeben könnte. Dies ist allerdings bereits deshalb zu verneinen, weil § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG einen weisungsbedingten Dienstvorgesetzten voraussetzt und ein solcher im Verhältnis zum Bürgermeister nicht vorgesehen ist. Denn unbeschadet einer kontrollierenden Stellung des Gemeinderates nach § 55 GO NRW, folgt hieraus noch keine Folgepflicht des Bürgermeisters. Seine Weisungsbindung ergibt sich – wie die der übrigen Vertreter der Gemeinde in den jeweiligen Unternehmensorganen – allein aus § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Soweit es sich bei den Gemeindevertretern in den Unternehmensorganen um Gemeindebeamte handelt, wird ebenso wie bei sonstigen Vertretern diskutiert, ob sie an Weisungen aus dem Beamtenverhältnis gebunden sind.487 Zunächst werden hierbei im Wesentlichen dieselben Argumente – insbesondere die Bedeutung des freien Mandats des Aufsichtsrats – wie bei den übrigen Ratsvertretern vorgebracht. Darüber hinaus wird dem Umstand, dass es bei dem weisungsberechtigten Dienstvorgesetzten nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG um den Bürgermeister handelt keine hinreichende Bedeutung beigemessen. Er wird keine Weisung entgegen dem Ratsbeschluss erteilen, da er selbst der Kontrolle des Rates unterliegt und seinerseits Beschlüsse des Rates umzusetzen hat. Sollten sich die Gemeindebeamten hingegen weigern, den Ratsbeschluss umzusetzen, könnte der Bürgermeister sie zusätzlich aus ihrer beamtenrechtlichen Stellung zur Befolgung anhalten. Dies dürfte auch dann gelten, wenn es für die bevorstehende Abstimmung keinen Ratsbeschluss gibt.

D. Weisungsbindung als Konfliktquelle Bislang wurde lediglich dargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Erteilung von Weisungen der Gebietskörperschaft an ihre Vertreter überhaupt möglich ist, mithin den Vorgaben der §§ 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 5 Nr. 2, 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW entspricht. Auch wurde der Umfang der konkreten Weisungsbefolgungsplicht geklärt.488 Hiernach steht fest, dass – auch dann, wenn das Weisungsrecht als zulässig erachtet wird  – durch dieses Sicherungsinstrument eine Pflichtenbindung der Gemeindevertreter lediglich im Innenverhältnis zur Vertretungskörperschaft begründet wird.489 So ist sichergestellt, dass sie gegenüber dem Rat für ihr Verhalten im jeweiligen Organ verantwortlich bleiben.490 Wie bereits dargestellt, ist ein gegenläufiges Abstimmungsverhalten im jeweiligen Unternehmensorgan aber nicht eo ipso unwirksam. Insoweit sind das Innen- und 487 Zum Meinungsstand etwa Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 44 f.; Hüffer, in: FS Hopt Bd. 1, S. 901 (909 f.). 488 Vgl. bereits die Argumentation zur Absicherung einer Weisungsbefolgungspflicht im Innenverhältnis oben dritter Teil, C. II. 489 VG Köln, Urteil vom 10.12.2014, 4 K 948/14- juris, Rn. 50. 490 Vgl. nur Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 10.

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4. Teil: Regimekollisionen

das Außenverhältnis streng voneinander zu trennen. Daher bleiben im Außenverhältnis Beschlüsse der Organe, Beiräte und Ausschüsse, in denen sie als Vertreter des Gemeinderates mitwirken auch dann wirksam, wenn sie in den jeweiligen Organen gegen die erteilte Weisung verstoßen.491 Je nach Einzelfall könnte sich der Rat veranlasst sehen, den abtrünnigen Vertreter gemäß § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW abzuberufen oder abzuwählen. Nachfolgend wird untersucht, welche Spannungen hierdurch entstehen. Um die Sprengkraft der Abberufungsentscheidung durch den Rat nachvollziehen zu können, ist es hilfreich sich erneut vor Augen zu führen, dass es sich bei gemeindlichen Vertretern häufig um ausgewiesene Experten – nicht selten auf dem Feld der Finanzwirtschaft – handelt. Private Beteiligte haben dann regelmäßig ein Interesse daran, dass ein Gemeindevertreter, der etwa durch sein Abstimmungsverhalten im entsprechenden Organ der Gesellschaft sein wirtschaftsorientiertes Denken zur Schau gestellt hat, sein Amt nicht niederlegt, abberufen oder abgewählt wird. Dies trifft insbesondere auf fachkundige Vertreter zu, die im Rahmen von Abstimmungen wirtschaftliches Augenmaß haben erkennen lassen und sich als verlässliche Partner bei Fragen der Unternehmenssteuerung, den Argumenten der privaten Gesellschafter oder Anteilseigner nicht von vornherein versperrt haben. Der Konflikt nimmt dann an Bedeutung zu, wenn die Zusammenarbeit mit dem abtrünnigen Vertreter sich als dergestalt wertvoll erweist, dass das mangelnde Interesse der Gesellschaft daran, einen Konflikt zwischen Gemeinde und ihren Vertretern weiter zu perpetuieren, in der Abwägung unterliegt.492 Dies dürfte dann der Fall sein, wenn der Beschluss des Rates nicht nachvollziehbar erscheint, weil die Gesellschafter, beziehungsweise Anteilseigner keinen sachlichen Grund für den „Niederlegungsbeschluss“ erkennen können.493 Durch den Hinweis hierauf seitens der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner würden die Spannungen zwar nicht schwinden. Allerdings könnte sich der Rat selbst korrigieren oder sich das betroffene Ratsmitglied um gerichtlichen Rechtsschutz bemühen.

E. Ergebnis Festzuhalten bleibt, dass sich die vielgestaltigen Spannungen zwischen dem gemeinwohlorientierten Gemeinderecht- und dem betriebswirtschaftlich renditeorientierten Gesellschaftsrecht aus der Pflicht der Kommune zur Sicherstellung 491 Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113, 8.2, S. 11. 492 In diesem Sinne Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (381). 493 Wenn etwa der Gemeindevertreter für eine Preiserhöhung abstimmt, weil es zum Zwecke eines kostendeckenden Wirtschaftens unumgänglich ist, dürfte die Frage danach, ob die Abberufung eines sachlichen Grundes entbehrt, besonders akut werden, Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379 (381). Sollte ein sachlicher Grund nicht nachzuweisen sein, wäre der Beschluss des Rates aber bereits unzulässig, VG Düsseldorf, Beschluss vom 27.05.1981, Az.: 1 L 274/81 zitiert in OVG Münster NVwZ 1990, 791 (792).

E. Ergebnis 

253

„demokratisch legitimierter Letztverantwortung“494 ergeben. Hierbei folgen beide Rechtsgebiete divergierenden Sachzielen und sind daher unterschiedlich motiviert. Die hieraus entstehenden ingerenzbedingten Regimekollisionen sind deshalb sowohl im Gründungsstadium als auch während der Unternehmensführung denkbar. Bei der Organisationsform der GmbH kann die Gemeinde im Gründungsstadium das Maß öffentlicher Aufgabenerfüllung auf Kosten wirtschaftlicher Gewinnbestrebungen verbindlich im Gesellschaftsvertrag festlegen. Dies empfiehlt sich bereist deshalb, weil sie im Fall von Interessenwidersprüchen mit privaten Minderheitsgesellschaftern auf die vertragliche Vereinbarung verweisen und hierdurch weitergehende Konflikte während der Unternehmensführung vermeiden kann. Gänzlich anders verhält sich die Einflussnahme- und Kontrollsicherung bei der kommunal beherrschten AG. Die Unternehmenssatzung darf nur in äußert engem Maße individuell ausgestaltet werden und ist für eine interessengerechte Festlegung des Unternehmenskurses nur wenig empfänglich. Daher verwundert es nicht, dass sich die Gemeindeaktionärin um Zustimmungsvorbehalte gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zugunsten des Gemeinderates gegenüber ihren Vertretern im Aufsichtsrat bemüht. Daneben steht es der Aktionärsgemeinde frei, sämtliche Ziele der gemeindlich beherrschten Unternehmensführung in „Konsortialvereinbarungen als Dauerabrede mit privaten Minderheitsgesellschaftern“495 zu verankern. Unzulässig ist hingegen der Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 292 AktG zwischen der Kommune und der kommunalen Aktiengesellschaft. Vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW nur dann ein Unternehmen gründen oder sich hieran zu beteiligen darf, wenn dessen Rechtsform eine begrenzte Haftung der Gemeinde erlaubt, ist eine solche Vereinbarung mit Blick auf die unbeschränkte Gefährdungshaftung nach § 302 AktG unzulässig. Die weitere Untersuchung ergab, dass im Rahmen der Unternehmensführung das Maß zulässiger Ingerenzausübung von der Organisationsstruktur der jeweiligen Gesellschaft abhängt. Erforderlich ist daher eine strikte Unterscheidung zwischen einer GmbH ohne Aufsichtsrat, einer GmbH mit einem freiwillig eingerichteten Aufsichtsrat sowie einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat. Darüber hinaus ist der besonderen Binnenorganisation der AG hinreichend Rechnung zu tragen. Hiernach ist die Erteilung von Weisungen an gemeindliche Vertreter in fakultativ eingerichteten Aufsichtsräten nur dann ohne weiteres möglich, wenn das Weisungsrecht im Gesellschaftsvertrag unter Abbedingung des Aktienrechts verankert worden ist. Das Weisungsrecht findet allerdings dort seine Grenze, wo das Unternehmenswohl bewusst und konkret gefährdet würde. Bei einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat ist eine Weisungserteilung gegenüber gemeindlichen Aufsichtsratsmitgliedern zulässig, wenn sie auch an gemeindliche Aufsichtsratsmitglieder einer AG zulässig wäre. Entgegen vielfach geäußerter Bedenken, darf hiervon ausgegangen werden. Die Zulässigkeit der Weisungs

494 495

Katz, GemHH 2016, 73 (74). Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 517.

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4. Teil: Regimekollisionen

erteilung gegenüber gemeindlichen Aufsichtsratsmitgliedern ergibt sich nämlich bereits daraus, dass die Haftungs- und Regressbestimmung nach § 113 Abs. 6 GO NRW nicht nach den jeweiligen Organisationsformen unterscheidet, sondern ganz allgemein bestimmt, dass die Gemeinde für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln ihrer Vertreter haftet, soweit sie nach Weisung des Rates oder Ausschusses gehandelt haben. Hingegen sind sämtliche Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber dem Vorstand einer AG ausgeschlossen und Regimekollisionen daher von vorneherein nicht denkbar. Untersucht wurde auch, ob sich Weisungsrechte auch aus den Regelungen der LHO NRW begründen lassen. Dies wurde deshalb verneint, weil § 65 Abs. 6 LHO NRW lediglich eine „Hinwirkungspflicht“ des Finanzministeriums begründet. Insoweit ist der Wortlaut zu unbestimmt, um eine Rechtsgrundlage für ein verbindliches Weisungsrecht sein zu können.496 Schließlich wurde im Rahmen eines Exkurses untersucht, ob sich aus dem Beamtenstatus einiger Gemeindevertreter Weisungsbindungen herleiten lassen. Hierbei wurde aufgezeigt, dass der Bürgermeister – in Ermangelung eines Dienstvorgesetzten – nicht schon nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG weisungsgebunden ist. Vielmehr ist er in den jeweiligen Organen des Unternehmens – ebenso wie die gemeindlichen, auch verbeamteten Vertreter insgesamt – den Weisungen und der Kontrolle des Gemeinderates unterworfen. Die übrigen Gemeindebeamten sind darüber hinaus aber auch an die Weisungen des Bürgermeisters nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 3 Abs. 5 LBG NRW gebunden. Liegt ein Beschluss des Rates in einer bestimmten Abstimmungsangelegenheit nicht vor – und nur dann dürfte es hierauf ankommen –, kann der Bürgermeister den Gemeindebeamten im jeweiligen Unternehmensorgan zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten anweisen. Die Ausführungen in diesem Teil stellen das Ingerenzinstrument der Weisung in den Mittelpunkt der Untersuchung. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit gilt es allerding zu klären, welche weiteren Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten der Gemeinde zur dauerhaften Sicherung der öffentlichen Zweckverfolgung zur Verfügung stehen und welche zusätzlichen Konfliktquellen hierdurch entstehen.



496

Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 158.

5. Teil

Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen Neben der Darstellung weiterer Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeiten stellt die Untersuchung der Reichweite von Auskunftsansprüchen des Gemeinde­ rates, einzelner Ratsmitglieder sowie Fraktionen und Ausschüssen den Schwerpunkt der nachfolgenden Untersuchung dar. Daneben werden auch allgemein bürgerliche oder speziell medien- und presserechtliche Auskunftsbegehren gegenüber dem Kommunalunternehmen zu würdigen sein. Hierbei trifft das Begehren der Anspruchsteller nicht selten auf Geheimhaltungsinteressen der Behörde und von der Auskunft betroffener Dritter. Wie weit das Auskunftsbegehren reicht, kann häufig nur im Einzelfall unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Behörde auf der einen und den Minderheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionäre auf der anderen Seite beantwortet werden. Wie dieser Konflikt zu lösen ist, wird daher ebenso zu beantworten sein, wie die Frage danach, ob sich ingerenzbedingte Konflikte auch im Rahmen einer Rückumwandlung in öffentlich-rechtliche Organisationsformen oder Auflösung und Liquidation der Gesellschaft ergeben können.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte Nachdem im vorangegangenen Teil vornehmlich das Ingerenzinstrument der Weisung gegenüber gemeindlichen Vertretern in den jeweiligen Organen der maßgeblichen privatrechtlichen Organisationsformen dargestellt wurde, soll nachfolgend untersucht werden, welche weiteren Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten der Gemeinde zur dauerhaften Sicherung der öffentlichen Zweckverfolgung zur Verfügung stehen. Daneben wird auch untersucht, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Maße Auskunftsansprüche Dritter gegen die Gemeinde oder gar das kommunale Unternehmen bestehen. Diese Auskunftsansprüche sind deshalb kollisionsträchtig, weil sich Minderheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionäre nicht über Gebühr an gemeindliche Pflichten binden lassen wollen. Konkret soll es der Gemeinde verwehrt sein, ihre Auskunftsrechte und Berichtspflichten auf Kosten von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durchzusetzen. Ob dieses Spannungsverhältnis interessengerecht aufgelöst und der „Betriebsfriede“ gewahrt beziehungsweise hergestellt werden kann, bildet den Schwerpunkt der nachfolgenden Untersuchung.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

I. Stimmbindung von Aufsichtsratsmitgliedern Wie dargestellt, stellen sich Fragen nach effektiver administrativer Leitung zur Einhaltung öffentlicher Aufgabenwahrnehmung vor allem gegenüber kommunalen Vertretern im Aufsichtsrat gemeindlich beherrschter Unternehmen. Bereits von Danwitz1 warf in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob die aus der allgemeinen Ingerenzpflicht folgende Notwendigkeit der hoheitlichen Einflusssicherung nicht auch vertragliche Vereinbarungen zulasse. Hierdurch würden entsandte Mitglieder von Aufsichtsräten nämlich schuldrechtlich verpflichtet werden, ihr Mandat in einer bestimmten Weise auszuüben und vor allem im Sinne des Entsendungsberechtigten abzustimmen. Betrachtet man die weite Verbreitung dieser Verträge in der Praxis des Gesellschaftsrechts2, so liegt es tatsächlich nahe, ihre Indienstnahme auch zur Erreichung öffentlicher Zwecke zu untersuchen.3 Dass Stimmbindungsverträge4 gesellschaftsrechtlich zulässig sind, ergibt sich für die GmbH bereits aus dem Grundsatz der Vertragsautonomie und für die Aktiengesellschaft aus dem Umkehrschluss zu § 136 Abs. 2 AktG.5 Nach Dietl­ meier6 seien Stimmbindungsverträge, mit denen entsandte Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet werden, ihr Mandat in einer bestimmten Weise auszuüben und vor allem im Sinne des Entsendungsberechtigten zur Erreichung öffentlicher Zwecke abzustimmen, weit verbreitet. Die schuldrechtliche Verpflichtung sichere der Gebietskörperschaft das Recht zu, die entsandten Aufsichtsratsmitglieder während der gesamten Dauer des Aufsichtsratsmandats ihren Weisungen zu unterwerfen. Hierbei werden allerdings die dargestellten Konflikte zwischen weisungsbedingter Befolgungspflicht und eigenverantwortlicher Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds erneut akut.7 Daher fragt von Danwitz zu Recht, ob unter dem Gesichts 1 von Danwitz, AöR (120) 1995, 595 (627) allerdings bezogen auf Eigengesellschaften. 2 Ausführlich hierzu Baumann / Reiss, ZGR 1989, 157 (183 ff.). 3 Vgl. von Danwitz, AöR (120) 1995, 595 (627). 4 Obwohl es sich bei Stimmbindungsverträgen grundsätzlich um eine mögliche Konfliktquelle im Gründungsstadium der Gesellschaft handelt, soll dieses (mögliche) Sicherungsinstrument aufgrund der nachfolgend darzustellenden Nähe und in Abgrenzung zu der einzelfallorientierten Weisungserteilung erst an dieser Stelle behandelt werden. Darüber hinaus ist es auch denkbar, dass entsandte Aufsichtsratsmitglieder erst im Nachhinein vertraglich verpflichtet werden sollen. 5 § 136 Abs. 2 AktG ist es der Gemeindeaktionärin nicht gestattet ihr Stimmrecht direkt oder indirekt von Weisungen der AG oder ihrer Organe abhängig zu machen. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Verwaltung der Gesellschaft ihr genehme Hauptverwaltungsbeschlüsse herbeiführt und unangenehme Beschlüsse verhindert, Hirschmann, in: Hölters, Aktiengesetz, § 136, Rn. 39; nichtig sind also nur Verträge, „durch die ein Aktionär sich verpflichtet, sein Stimmrecht nach Weisung der Gesellschaft bzw. ihrer Organe auszuüben“, Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516. 6 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516; a. A. etwa Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger et al.; § 52 GmbHG, Rn. 174a. 7 U. H. Schneider, in: Scholz, § 52 GmbHG, Rn. 329, der darauf hinweist, dass nach h. M. Stimmbindungsverträge abzulehnen seien, weil hierdurch die Weisungsfreiheit des Aufsichts-

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

257

punkt der Herstellung praktischer Konkordanz8 zwischen dem Gesellschafts- und Verwaltungsrecht Stimmbindungsverträge überhaupt notwendig seien, wenn man bereits Weisungsbefugnisse anerkenne.9 Denn insoweit dürfen die Verpflichtungen nach dem Stimmbindungsvertrag ohnehin nicht weiter gehen, als auch Weisungen der Gemeinde zulässig wären.10 Hierbei gilt es nämlich zu beachten, dass auch während der Ingerenzausübung das Gebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein muss. Vor diesem Hintergrund wiegen „punktuelle Weisungen“11 weniger schwer, als die fortwährende Verpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder für ihre gesamte Amtsdauer. Die Befugnis zur Weisungserteilung laste zwar auch während der Dauer des gesamten Mandats auf dem Status kommunal entsandter Aufsichtsratsmitglieder. Allerdings werden sie während dieser Zeit nur punktuell in Anspruch genommen.12 Neben dem vorstehend ermittelten Maß an zulässiger Weisungsbindung von Aufsichtsratsmitgliedern schlechthin, besteht daher aus Gründen der Verhältnismäßigkeit keine Notwendigkeit, die aktienrechtlich gewährten Freiräume kommunaler Aufsichtsratsmitglieder ohne Not einzuschränken. Stimmbindungsverträge zur Wahrung einer Ingerenzdisziplin sind daher trotz ihrer grundsätzlichen Eignung zur Sicherstellung von gemeindlicher Kontrolle und Einflussnahme weitaus einschneidender als punktuelle Weisungen und daher unabhängig von ihrem Konfliktpotential abzulehnen.

II. Staatlicher Informationshaushalt im Spannungsfeld zwischen Auskunfts-, Berichts- und Verschwiegenheitspflichten Ingerenzkonflikte können zunächst einmal dann auftreten, wenn Ratsmitglieder Auskunft über Interna kommunaler Unternehmen erhalten wollen.13 Zwar ist es wenig überraschend, dass dieser Anspruch mitunter mit gegenläufigen Unternehmensinteressen kollidiert. Hierauf ist das Spannungsfeld indes nicht begrenzt. Insbesondere dort, wo allgemein bürgerliches oder speziell medien- und presseratsmitglieds unterlaufen würde. In dieser Allgemeinheit ist dieser Standpunkt jedoch abzulehnen. Ablehnend auch U. H. Schneider, ebda. 8 Die von Konrad Hesse entwickelte Lehre der praktischen Konkordanz besagt, dass das Ziel der Abwägung verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter nicht ist, ein Rechtsgut auf Kosten eines anderen zu realisieren („entweder – oder“), sondern beiden Gütern Grenzen zu ziehen, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können („sowohl – als auch“), Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, S. 28, Rn. 72; Neureither, NVwZ 2015, 493 (497). 9 von Danwitz, AöR (120) 1995, 595 (628). 10 Sowohl bei Aufsichtsratsmitgliedern einer GmbH als auch im Fall einer AG sind nämlich auch Bindungen an Unternehmensschädigende „Dauerweisungen“ nicht zulässig und gleichsam Grenze schuldrechtlicher Verpflichtung. 11 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 516. 12 von Danwitz, AöR (120) 1995, 595 (628). 13 Vgl. hierzu Schoch, DÖV 2006, 1 (1 ff.), der die Informationszugangsfreiheit im öffentlichen Sektor behandelt und hierbei vom Staat als „Informationsbesitzer“ spricht.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

rechtliches Auskunftsbegehren auf Geheimhaltungsinteressen der Gebietskörperschaft selbst oder ihrer privaten Partner im Rahmen ihrer gemischtwirtschaftlich kommunalen Unternehmung trifft, treten widerstreitende Interessen besonders deutlich zutage. Hierbei kann nicht von einem singulär einheitlichen Anspruchsgrund, der sämtlichen Interessengruppen zur Durchsetzung ihrer Informationsinteressen zur Seite steht, ausgegangen werden. Vielmehr ist eine strikte Unterscheidung zwischen den jeweiligen informationsinteressierten Anspruchsstellern bereits für die Frage der einschlägigen Anspruchsgrundlage notwendig. Darüber hinaus ist für die Frage der begehrten Information im Einzelnen und den Informationsfluss im Allgemeinen die Rechtsform des kommunalen Unternehmens sowie die Auswahl des konkreten Anspruchsadressaten entscheidend. Denn hiervon hängen nicht zuletzt die Grenzen eines etwaig bestehenden Auskunftsanspruchs ab. Schließlich wird auch zu berücksichtigen sein, dass Gemeindevertreter gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW verpflichtet sind, den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten, so dass sich in diesem Zusammenhang der Grundsatz der Öffentlichkeit der Ratssitzungen als problematisch erweisen könnte. Bei all den möglichen und erwartbaren Spannungsfeldern darf indes nicht außer Acht gelassen werden, dass lediglich Regimekonflikte von Interesse sind, die sich zwischen gemeindlicher Ingerenz und gesellschaftsrechtlicher Wirtschaftsmaximierung aufladen. 1. Rechtsquellen für Auskunftsbegehren Auf welche Rechtsgrundlage der Auskunftsanspruch gestützt werden kann, hängt von der Stellung des Anspruchstellers ab. So können einem Konkurrenten der Gemeinde bereits aus den Wirtschaftsgrundrechten, einem Pressevertreter aus dem Landespressegesetz NRW (LPresseG NRW) Auskunftsansprüche zustehen. Demgegenüber stellt das Informationsfreiheitsgesetz NRW (IFG NRW) ein Auskunftsrecht für Jedermann dar und wird durch die allgemeinen Transparenzpflichten der Kommune ergänzt. Begehrt das Ratsmitglied bestimmte Unternehmensinterna nicht als Privatperson, sondern als gemeindlicher Vertreter zur effektiven Ausübung seines Mandats, stehen ihm Auskunfts- und Unterrichtungsansprüche nach der Gemeindeordnung zur Seite. Auf diese unterschiedlichen Rechtsquellen, ihren verpflichtenden Charakter für Ratsmitglieder und die Kollisionsgefahr mit dem bundesrechtlichen Gesellschaftsrecht wird nachfolgend näher eingegangen. a) Auskunftsrechte hergeleitet aus Grundrechten Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde wird von privaten Anbietern im jeweiligen Markt mitunter auch dann als Wettbewerb wahrgenommen, wenn sie der Kommune primär zur Realisierung öffentlicher Zwecke dient. Nicht selten stellt sich dann die Frage, ob die Unternehmenspraxis noch den Voraussetzungen

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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entspricht, unter denen sie sich am Markt betätigen darf, §§ 107 ff. GO NRW. Um dies in Erfahrung zu bringen und Chancen wie Risiken hinsichtlich einer möglichen Klage ausloten zu können, sind sie bisweilen auf Informationen über die Betriebsführung angewiesen. Dabei stellt sich die Frage, ob Ihnen bereits aus den Grundrechten ein entsprechender Auskunftsanspruch zukommt. Hierbei gilt es zunächst festzuhalten, dass sich aus Art. 5 Abs. 1 GG kein Informationszugangsrecht für Jedermann ergibt, weil vom Schutzbereich des Grundrechts lediglich allgemein zugängliche Informationsquellen umfasst sind.14 Allerdings könnte sich für Konkurrenten ein Auskunftsbegehren gegen Kommunalunternehmen15 aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit, Art. 12 GG sowie dem Prozessgrundrecht, Art. 19 Abs. 4 GG ergeben. Jenseits des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse16 ist ein solcher Anspruch bereits im Vorfeld eines Verwaltungsverfahrens nach § 29 VwVfG anerkannt worden. Hierdurch hat das BVerwG17 die Leistungsdimension der Grundrechte auf den immateriellen Bereich der Informationen erweitert, um dem Berechtigten eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu gewähren. Allerdings kann diese Überlegung nicht ohne weiteres auf die Konkurrentensituation im kommunalen Wirtschaftsrecht übertragen werden, weil Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht vor staatlicher Konkurrenz schützt und daher auch Informationen zu ihrer Abwehr nicht hergeleitet werden können.18 Nichtsdestoweniger weisen Sydow und Gebhardt19 zu Recht darauf hin, dass es im Lichte des Art 19 Abs. 4 GG den Konkurrenten nicht zugemutet werden kann, aufs Geratewohl Klage zu erheben. Vielmehr müsse es ihnen zu-

14 BVerfGE 103, 44 (60); Bethge, in: Sachs GG Kommentar, Art. 5 GG, Rn. 55; Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (989). 15 Zur Frage nach dem Auskunftspflichtigen vgl. Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (990), die jedenfalls bei kommunal beherrschten Unternehmen einen direkten Anspruch neben dem allgemein bestehenden Anspruch gegen die Gemeinde zulassen. 16 BVerwG NVwZ 2018, 902 (903) zum verfassungsunmittelbaren Anspruch eines Presseangehörigen gegen Bundesbehörden aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG im Fall eines Anspruchs gegen den BND. 17 BVerwG NJW 2003, 2696 ff.; Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (989). 18 BVerwGE 39, 329 (336 f.); BVerwG, Beschluss vom 21.03.1995  – 1 B 211/94  – juris, Rn. 11 f. wobei die Grenze jedenfalls dort zu ziehen sei, wo privatwirtschaftliche Betätigung in unerträglichem Maße eingeschränkt werde, eine Auszehrung der privaten Konkurrenz vorliege oder eine Monopolisierung der öffentlichen Hand entstehe; a. A. Dietlein, in: Stern, Staatsrecht IV/1, S. 1861 ff.,1864 der im Bereich des Art. 12 GG die allgemeine Eingriffsdogmatik zugrunde legt und insoweit auf die Belastungsintensität abstellt, um im Einzelfall beantworten zu können, ob staatlicher Wirtschaftstätigkeit Eingriffsqualität zukommt. Hiernach seien die erwähnten Kriterien in jedem Fall zu hoch angesetzt; so auch Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Art. 12 GG, Rn. 122, der mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen bereits dann Eingriffsqualität zuspricht, sobald „eine merkliche Beeinträchtigung als Folge staatlicher Konkurrenz“, mithin eine „fühlbare Marktverengung“ festgestellt werden kann. 19 Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (989).

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

nächst möglich sein, sich diejenigen Informationen zu besorgen, die „maßgeblich für die Begründetheit der Klage sind“.20 Dies zugrunde gelegt, sind Informationsansprüche von Konkurrenten im sachlich wie örtlich identischen Betätigungsfeld gegen das gemischtwirtschaftliche Unternehmen durchaus denkbar. Allerdings führen sie nicht zu einer rechtsregimebedingten Kollision zwischen kommunalrechtlichen Verpflichtungen der Gemeinde und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen zum Schutz privater Interessen. Selbst wenn sich die Anteileigner daher nicht einig sein sollten, in welchem Umfang sie dem Auskunftsbegehren zu entsprechen haben, ist dies nicht etwa auf unterschiedliche Zielrichtungen der in Rede stehenden Rechtsordnungen zurückzuführen, sondern ein für gemischtwirtschaftliche Unternehmungen geradezu charakteristisches Szenario. Diese internen Spannungen, die nicht auf unterschiedliche Rechtsverpflichtung – hier Kommunalrecht und dort das Gesellschaftsrecht – zurückzuführen sind, sollen daher nicht weiter untersucht werden. b) Anspruch aus allgemeinen Transparenzpflichten Die interessierte Bürgerschaft der Gemeinde kann sich zunächst auf Transparenzpflichten berufen, denen die kommunale Wirtschaftstätigkeit unterliegt. Zwar richtet sich dieser Anspruch in der Regel nicht unmittelbar gegen das kommunale Unternehmen. Allerdings können sämtliche Interessierte darauf vertrauen, dass sie auf öffentlich zugängliche Informationsquellen allgemein gehaltener Unternehmensinterna auch tatsächlich zugreifen dürfen.21 Dies gilt insbesondere für die umfassenden, jährlich fortzuschreibenden Beteiligungsberichte der Gemeinden nach § 117 GO NRW i. V. mit § 52 Gemeindehaushaltsverordnung NRW (GemHVO NRW).22 Diese Berichte sind Ausfluss des sog. „Neuen Kommunalen Finanzmanagements“ und geben Auskunft über „die Lage jeder einzelnen Beteiligung“23. Hierdurch sollen die Beteiligungsverhältnisse, die Zusammensetzung der Organe und die Zwecksetzung der Kommunalunternehmen beobachtet, kontrolliert und einem jährlichen Vergleich unterzogen werden. Ziel ist es, einerseits 20 Ansprüche in denen der Kläger die Auskunft benötig, um überhaupt erst einen zulässigen Antrag stellen zu können, sind im Rahmen der Stufenklage gemäß § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 254 der Zivilprozessordnung (ZPO) geltend zu machen. Beispielsweise kann der Kläger zunächst Auskunft darüber verlangen, welchem öffentlichen Zweck die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde dient. Sodann kann er aufgrund der erhaltenen Auskünfte seinen Unterlassungsanspruch – etwa mit der Behauptung, die Tätigkeit sei rein erwerbsorientiert – substantiiert darlegen, vgl. zur (unzulässigen) Stufenklage etwa VG Köln, Urteil vom 14.03.2013 – 1 K 2822/12 – juris, Rn. 89; Ehlers, in: ders. / Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, § 21 Rn. 18; Saenger, in: ders., ZPO, § 254 ZPO, Rn. 1. 21 Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (988). 22 Vgl. hierzu etwa den Beteiligungsbericht der Landeshauptstadt Düsseldorf aus dem Jahre 2014, https://www.duesseldorf.de/fileadmin/Amt20/finanzen/beteiligungsberichte/2014/ beteiligungsbericht_2014_gesamt_neu.pdf (zuletzt abgerufen am 08.09.2018). 23 Klein, in: Articus / Schneider, § 117, S. 536; LT-Drs. 13/5567, 203.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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eine größere Transparenz kommunaler Beteiligungen an den Unternehmen und Einrichtungen zu ermöglichen und andererseits die Steuerung und Kontrolle der verselbstständigten Organisationseinheiten zu verbessern.24 Hierzu ist dem Rat und den Einwohnern der Bericht zur Kenntnis zu bringen. Dabei hat die Gemeinde auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme hinzuweisen und eine solche zu ermöglichen.25 In diesem Umfang steht es der Bürgerschaft zu, von der Gemeinde umfassende Informationen hinsichtlich Art und Umfang ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu erhalten. Konflikte mit gesellschaftsrechtlichen Publizitätspflichten nach §§ 325 ff. HGB sind allerdings schon deshalb nicht zu erwarten, weil etwa die Offenlegung von Zielen der Beteiligung sowie der finanziellen und leistungsbezogenen Verhältnisse im Beteiligungsbericht in seiner technischen Dichte die innerunternehmerischen Publizitätsangaben des Gesellschaftsrechts, die gegenüber dem Bundesanzeiger erfolgen müssen, nicht übersteigt. Insbesondere werden Jahresabschlüsse sowohl kommunalrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich preisgegeben, so dass auch bei der Offenbarung der Gewinn- und Verlustrechnung eine in ihrer Intensität vergleichbare Verpflichtung besteht. Schließlich sind dies Pflichten, die das Unternehmen in seiner Gesamtheit treffen, so dass hierdurch Interessen der Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner aufgrund gemeindlicher Verpflichtungen nicht beeinträchtigt werden. Vielmehr ist das Streben nach mehr kommunaler Transparenz hinzunehmen und der gemeindlichen Unternehmung immanent. c) Anspruch aus dem Landespressegesetz NRW (LPresseG NRW) Eine mögliche Anspruchsgrundlage für eine Auskunft gegenüber privatrechtlich organisierten kommunalen Unternehmen könnte aus § 4 Abs. 1 LPresseG NRW hergeleitet werden. Hiernach sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse, die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Dieser Informationsanspruch solle der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dadurch ermöglichen, dass sie umfassend und wahrheitsgetreu Informationen von öffentlichem Interesse erhält, um die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten.26 Allerdings ist klärungsbedürftig, wie der presserechtliche Behördenbegriff zu verstehen ist. Insbesondere muss geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen auch juristische Personen des Privatrechts als Behörden i. S. des § 4 Abs. 1 LPresseG NRW verstanden werden können.27 24 Kaster, in: BeckOK KommR, § 117, Rn. 2; Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (988). 25 Kaster, in: BeckOK KommR, § 117, Rn. 4 f. 26 BGH, Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 13/16 – juris, Rn. 14. 27 Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 (2287), die das Urteil des BGH vom 16.03.2017 – I ZR 13/16 zurecht so verstehen, dass sich der Auskunftsanspruch nicht auf Wasser- und Energieversorger beschränke, sondern ganz allgemein auf zivilrechtlich organisierte kommunale Unternehmen übertragen werden könne.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Einer jüngeren Entscheidung des BGH28 ist zu entnehmen, dass der presserechtliche Anspruch auch dann besteht, wenn er sich gegen juristische Personen des Privatrechts richtet. Insbesondere stehe dem der eigenständige Behördenbegriff des Presserechts nicht entgegen.29 Dies gilt jedenfalls insoweit, als sich die öffentliche Hand des privatrechtlich organisierten Unternehmens zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bedient. Hierbei legt das Gericht den presserechtlichen Behördenbegriff nicht organisatorisch-verwaltungstechnisch, sondern funktionell-teleologisch aus. Bei dieser Betrachtung kommt es allein darauf an, dass der Handelnde eine staatliche Aufgabe ausübt und unter staatlicher Kontrolle steht.30 Dies ist aber geradezu das Wesensmerkmal eines gemischtwirtschaftlichen Kommunalunternehmens mit mehrheitlich öffentlicher Beteiligung. Hiernach ist auch ein gemeindlich beherrschtes Unternehmen in der Rechtsform des Privatrechts tauglicher Adressat des presserechtlichen Auskunftsanspruchs. Allerdings gilt es zu beachten, dass auch der persönliche Anwendungsbereich zugunsten des Anspruchstellers erfüllt sein muss. Hiernach ist es erforderlich, dass der Auskunftssuchende einem Presseunternehmen zugeordnet werden kann, das die Gewähr für die publizistische Verbreitung an die Öffentlichkeit bietet und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt.31 Ist dies zu bejahen, besteht ein direkter Anspruch gegen das Kommunalunternehmen auf Erteilung einer bestimmten Auskunft, soweit diesem Begehren nicht das presserechtliche Auskunftsverweigerungsrecht nach der Geheimhaltungsvorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 2 LPresseG NRW entgegensteht. Gleichwohl ist fraglich, ob hierbei Kollisionen mit gesellschaftsrechtlichen Vertraulichkeitsvorschriften denkbar sind. Denn obwohl Kollisionen mit den Bestimmungen §§ 93 Abs. 1 Satz 3, 116 Satz 1, 131 Abs. 3 AktG sowie § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG vorstellbar sind, stellen sie „keine dem presserechtlichen Auskunftsanspruch entgegenstehenden Geheimhaltungsvorschriften dar“32. Denn „die darin geregelten Pflichten von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern zum Stillschweigen über Geschäftsgeheimnisse der Aktiengesellschaft betreffen bereits keine öffentlichen Geheimnisse und treffen zudem nicht die zur Auskunft verpflichtete Gesellschaft selbst“33. Unabhängig von gesellschaftsrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften besteht aber bereits nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG NRW kein Auskunftsanspruch gegen 28 BGH, Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 13/16 – juris, Rn. 17 f. 29 BGH, Urteil vom 10.02.2005 – III ZR 294/04 – juris, Rn. 11; OLG Hamm, Urteil vom 16.12.2015 – I-11U 5/14 – juris, Rn. 21. 30 OVG Münster, Beschluss vom 28.10.2008 –  5 B 1183/08 –  juris, Rn. 4; Dünchheim, KommJur 2016, 441 (443). 31 VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.11.2015 – 11 B 1/15 – juris, Rn. 28; nicht ausreichend ist es insoweit, wenn der Schwerpunkt des Auskunftsbegehrens nicht publizistischen, sondern kommerziellen Zwecken, etwa der Vermarktung von Daten dient, VG Köln, Urteil vom 25.02.2015 – 6 K 5245/13 – juris, Rn. 23; vgl. auch Dünchheim, KommJur 2016, 441 (443). 32 BGH, Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 13/16 – juris, Rn. 49. 33 BGH, Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 13/16 – juris, Rn. 49.

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das Kommunalunternehmen, wenn hierdurch ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Hierbei ist es erforderlich, dass durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Informationsrecht der Öffentlichkeit gegen das Geheimhaltungsinteresse der Behörde und von der Auskunft betroffenen Dritten im Einzelfall umfassend gegeneinander abgewogen und in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.34 Im Rahmen der Abwägung kann es Unternehmensintern allerdings zu Interessenkollisionen kommen. Denn über die Reichweite der Verpflichtung dürften Behörde und Minderheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionäre unterschiedlicher Auffassung sein. Gelangt die Behörde im Rahmen der Abwägung zu dem Ergebnis, dass dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ein größeres Interesse zukomme als den Geheimhaltungsinteressen des Kommunalunternehmens,35 haben die privaten Minderheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionäre dies hinzunehmen. Eine ungerechtfertigte Einbuße erfahren sie hierdurch nicht. Denn sie haben sich bewusst und in Kenntnis der unmittelbaren Grundrechtsbindung des kommunal beherrschten Unternehmens an ihr beteiligt.36 Dann aber haben sie „an den Chancen und Risiken, die sich aus den Handlungsbedingungen der öffentlichen Hand ergeben, gleichermaßen teil“37. Ein solches Verständnis liegt auch dem Kriterium der Beherrschung zugrunde. Dieses drückt sich nämlich in der Gesamtverantwortung für das Unternehmen aus. d) Der Informationszugangsanspruch der Öffentlichkeit Ein umfassendes Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Informationen aus dem Organisations- und Geschäftsbereich des kommunalen Unternehmens könnte sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz NRW (IFG NRW) ergeben.38 Dieser Anspruch wird als eigenständiger Bürgerrechtsanspruch aufgefasst, der insbesondere der Kontrolle staatlichen Handelns schlechthin dient.39 Denn durch die Öffnung des Informationsflusses soll dem Grundsatz der Transparenz Rechnung getragen und dem Einzelnen eine verlässliche Grundlage zur Bewertung der Geschehnisse 34 BGH, Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 13/16 – juris, Rn. 52. 35 Hierbei sind Geschäftsgeheimnisse, die Teil der Berufsfreiheit privatrechtlich organisierter öffentlicher Unternehmen sein können (Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) gegen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit abzuwägen, BGH, Urteil vom 16.03.2017  – I ZR 13/16 – juris, Rn. 52. 36 Instruktiv BVerfG NJW 2011, 1201 (1203). 37 BVerfG NJW 2011, 1201 (1203). 38 Weil es sich bei diesem Anspruch um ein Jedermannsrecht handelt, kann natürlich auch ein Ratsmitglied hiervon Gebrauch machen. Allerdings darf der Auskunftsanspruch aus dem IFG NRW nicht in Konkurrenz zu den Auskunftsansprüchen des Ratsmitglieds aus seinem Mandat (insb. § 55 GO NRW) treten, Faber, in: Held / Winkel, § 55 GO NRW, S. 281; umfassend zur Transparenzgesetzgebung Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165 ff. 39 LT-Drs. 13/1311, S. 9; Ansprüche nach dem IFG NRW sind nicht grundrechtlich fundiert, sondern setzen die rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers um, BVerwG NVwZ 2016, 1820 (1820).

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innerhalb der Verwaltung vermittelt werden. Dies soll nicht zuletzt die Akzeptanz der Bürgerschaft für politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen steigern.40 Insbesondere im Rahmen der privatrechtlich organisierten Energieversorgungsunternehmen der Kommune ist diese Frage sowohl in der Praxis41 als auch in der Wissenschaft42 akut geworden. Denn Anspruchsverpflichtete sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 IFG NRW insbesondere Behörden, mithin jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Allerdings bestimmt § 2 Abs. 4 IFG NRW, dass auch juristische Personen des privaten Rechts als Behörde gelten, sofern sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen. Hiernach sind auch privatrechtlich organisierte Kommunalunternehmen taugliche Anspruchsgegner und daher ebenfalls auskunftsverpflichtet. Dennoch ist nicht ganz unumstritten, welche Aufgaben als öffentlich-rechtlich anzuerkennen sind. Hierbei lassen sich drei Auffassungen herauskristallisieren.43 Teilweise wird in der Literatur zwischen öffentlich-rechtlichen44 und öffentlichen Aufgaben unterschieden. Letztere umfassen sämtliche Aufgaben, die im öffentlichen Interesse liegen und sowohl vom Staat als auch von Privaten erbracht werden können.45 Nach anderer Auffassung sei aufgrund der gesetzgeberischen Betonung des Begriffs „rechtlich“ eine besondere Staatsnähe zu verlangen. Hiernach liege eine öffentlich-rechtliche Aufgabe nur vor, wenn die öffentliche Hand unter Verwendung der Mittel und Handlungsformen des öffentlichen Rechts tätig werde, etwa durch öffentlich-rechtlichen Vertrag oder Verwaltungsakt.46 Wieder andere fragen danach, ob der Staat durch Rechtsnorm zur Wahrnehmung der Aufgabe verpflichtet ist.47 Denn erst durch die zwingende Aufgabenzuweisung entstehe eine dergestalt große Staatsnähe, welche die Anwendung der Auskunftspflichten nach den Informationsfreiheitsgesetzen rechtfertigen könne.48 Darüber hinaus liege eine öffentlich-rechtliche Aufgabe auch dann vor, wenn sich die konkret ausgeübte Tätigkeit als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe darstellte.49 Dies wird man bei gemischt 40 Schwartmann, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 IFG NRW, Rn. 2, 4, 6 der zugleich darauf hinweist, dass der Gedanke des freien Informationszugangs keinesfalls selbstverständlich ist, weil bis zum Erlass der Informationsfreiheitsgesetze der Länder und des Bundes das gesamte behördliche Handeln vom Grundsatz des Amtsgeheimnisses geprägt war. 41 BGH, Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 13/16; OVG Koblenz, Urteil vom 10.06.2016 – 10 A 10878/15. 42 Vgl. etwa Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 ff.; Dünchheim, KommJur 2016, 441 ff. 43 Zum Meinungsstreit vgl. Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 (2285 f.). 44 Dünchheim, KommJur 2016, 441 (442) der darauf hinweist, dass es jedenfalls über das Verständnis einer „öffentliche Aufgabe“ hinausgehen müsse, weil die bewusste Betonung des Zusatzes „rechtlich“ nicht bedeutungslos sein könne. 45 Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 (2285) mit Verweis auf Korioth, in: Maunz / Dürig, Art. 30 GG, Rn. 14; Schumacher, LKV 1995, 135 (136). 46 Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 (2285); Dünchheim, KommJur 2016, 441 (442) m. w. N. 47 Dünchheim, KommJur 2016, 441 (443). 48 Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 (2285); Dünchheim, KommJur 2016, 441 (442). 49 OVG Münster, Beschluss vom 19.06.2002  – 21 B 589/02  – juris, Rn. 12; Dünchheim, KommJur 2016, 441 (442) m. w. N. sieht diese Verwurzelung allerdings erst dann gegeben,

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wirtschaftlichen Kommunalunternehmen, die zur klassischen Daseinsvorsorge50 zählen, allerdings unabhängig davon annehmen dürfen, ob ihnen konkrete Aufgaben kraft Rechtsnorm übertragen worden sind. Denn bereits Forsthoff hat die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben als verpflichtend für Staat und Gemeinden angesehen und ihnen aufgetragen, der „sozialen Bedürftigkeit“ des Einzelnen, welche unabhängig von seinem Vermögen besteht, zur Hilfe zu eilen.51 So hat auch das OVG Koblenz52 den aufgezählten Auffassungen eine Absage erteilt und darauf hingewiesen, dass sich eine Unterscheidung in öffentliche und öffentlich-rechtliche Aufgaben nicht gebiete. Vielmehr sei von einem weiten Verständnis auszugehen und darauf abzustellen, ob „(…) sich die Tätigkeit (nach Maßgabe des materiellen Verwaltungsbegriffs) als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe  – im Gegensatz zur Rechtsprechung und Rechtssetzung – darstellt. Weitere Einschränkungen enthält die Regelung nicht. Weder bedarf es eines hoheitlichen Handelns noch muss die Behörde aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm zum Handeln verpflichtet sein. (…)“

Die Entbehrlichkeit einer Rechtsnorm, die bestimmte Aufgaben ausdrücklich dem Staat zuweist, ergibt sich im Bereich der Daseinsvorsorge daher insbesondere daraus, dass sich die Sicherstellung eines Mindestmaßes sozialer und nicht zuletzt gesundheitlicher Sicherheit bereits aus dem Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1, 2 GG herleiten lässt.53 Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Verwurzelungsargument“ des OVG Münster.54 Denn die Forderung nach einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe als eine im öffentlichen Recht wurzelnde Verwaltungsaufgabe zwingt nicht dazu, dieselbe kraft Rechtnorm dem Staat zu übertragen.

wenn die konkrete Aufgabe dem Staat und seinen Untergliederungen Kraft Rechtsnorm übertragen wurde. Dies sei etwa im Energiesektor nicht der Fall, so dass Stadtwerke im Energiesektor nicht gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW Anspruchsverpflichtet seien. Dies überzeugt indes nicht, weil nach dem IFG NRW für eine gehörige Verwurzelung insoweit bereits die gesellschaftsrechtliche Anteilsmehrheit genügen könne, Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, IFG Bund, § 1, Rn. 144. 50 Hierzu zählen trotz der Abhängigkeit vom Zeitgeist nach wie vor die örtliche Energieversorgung, die öffentliche Abfallentsorgung und Wasserversorgung sowie Theater und Bibliotheken, Papier, DVBl. 2003, 686 (687 f.); Gödeke / Jördening, ZIP 2017, 2284 (2285); Keller / Hellstern, NZBau 2018, 323 (324). 51 Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 5 f.; Keller / Hellstern, NZBau 2018, 323 (324). 52 OVG Koblenz, Urteil vom 10.06.2016 – 10 A 10878/15 – juris, Rn. 31 mit Verweis auf die Motive des rheinland-pfälzischen Gesetzgebers LT-Drs. 16/5173, S. 33. 53 Aus diesem Grund überzeugt es nicht, wenn Dünchheim, KommJur 2016, 441 (442 f.) die Energieerzeugungsunternehmen als Anspruchsverpflichtete freistellt, weil „Planung, Errichtung, Erwerb und Betrieb von Kraftwerken sowie die Beschaffung und Vermarktung von Energie […] nicht durch Rechtnorm übertragen wurden.“ Dass die Sicherstellung der Energieversorgung zum Bereich der Daseinsvorsorge gehört, kann jedenfalls nicht bezweifelt werden, vgl. etwa BVerfGE 66, 248 (258). 54 OVG Münster, Beschluss vom 19.06.2002 – 21 B 589/02 – juris, Rn. 12.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Anspruchsberechtigt ist jede natürliche Person, § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW. Der Anspruch beschränkt sich allerdings auf vorhandene amtliche Informationen, wodurch klargestellt wird, dass sich der Auskunftsanspruch nur auf greifbare Unterlagen bezieht, die zudem in dienstlichem Zusammenhang in die Akte gelangt sein müssen.55 Allerdings ist dieser Anspruch nicht schrankenlos, §§ 6 ff. IFG NRW.56 Hiernach bestehen zahlreiche Möglichkeiten, die Information mit Blick auf entgegenstehende Interessen des Auskunftspflichtigen, der Öffentlichkeit und Dritter zu verweigern. Zu diesen geschützten Interessen zählen auch die gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten.57 Besonders bedeutsam dürfte die Schranke aufgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sein, § 8 IFG NRW.58 Diese Bestimmung versucht einen Ausgleich zwischen öffentlichem Informationsanspruch für Jedermann und schützenswertem wirtschaftlichem Interesse der durch die Informationsweitergabe Betroffenen herzustellen.59 Konflikte mit den Interessen der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner dürften hierbei zwar bei der Frage danach auftreten, welche Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen bzw. müssen. Denn insoweit sei im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung der Gemeinden nach §§ 107 ff. GO NRW ein restriktiver Umgang mit informatorischen Geheimhaltungsvorschriften geboten. Hierbei rechtfertigt selbst die Verwaltung des Gemeindevermögens als Teil der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung nicht den Hinweis auf Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse.60 Allerdings handelt es sich dabei um eine interne Bewertung der Schutzvorschriften nach §§ 6 ff. IFG NRW bei einer im Übrigen bestehenden Auskunftsverpflichtung des kommunalen Unternehmens, soweit die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. An dieser Informationsgewährungsverpflichtung vermögen auch die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen zur Geheimhaltung nach §§ 93 Abs. 1 Satz 3, 116 Satz 1, 131 Abs. 3 AktG sowie § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG und § 51a Abs. 2 GmbHG nichts zu ändern. Denn insoweit wurde bereits dargestellt, dass die darin geregelten 55 Schwartmann, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 4 IFG NRW, Rn. 11, 11a. 56 Andererseits ist bemerkenswert, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 IFG NRW Beamte von ihrer Verschwiegenheitspflicht nach § 37 Abs. 1 BeamtStG befreit. 57 OVG Berlin-Brandenburg, ZIP 2015, 877 (878 f.); Bracht, NVwZ 2016, 108 (108). 58 Hierbei hat das OVG Koblenz, EnWZ 2015, 284 (284 f.) angenommen, dass das berechtigte Interesse der Gemeinde am Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Gemeindewerke einem Auskunftsanspruch über die Nahwärmepreiskalkulation entgegensteht. Denn aus den Unterlagen zur Wärmepreiskalkulation könne der einheitliche Gaseinkaufspreis entnommen werden und hieraus in Verbindung mit den allgemein zugänglichen weiteren Kostenpositionen die Gewinnmarge der Gemeindewerke ermittelt werden. Hierdurch könne ihr ein Wettbewerbsnachteil entstehen, BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 – 7 B 21.15 – juris, Rn. 1 in seiner Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das vorgenannte Urteil des OVG Koblenz. 59 Pabst, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Einl. § 8 IFG NRW. 60 Pabst, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 8 IFG NRW, Rn. 26, der zur restriktiven Anwendung des § 8 IFG NRW im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung nach §§ 107 ff. mahnt.

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Pflichten von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern zum Stillschweigen über Geschäftsgeheimnisse der AG bereits keine öffentlichen Geheimnisse betreffen. Darüber hinaus ist die Informationsverweigerung nach § 51a Abs. 2 GmbH nicht auf das Außenverhältnis zwischen Privaten und Gesellschaft gerichtet. Insoweit wirkt der Auskunftsanspruch nach dem IFG in erster Linie im Außenverhältnis zum kommunalen Unternehmen und nicht in der Binnenorganisation des kommunalen Wirtschaftsgefüges selbst. Demnach führt der Informationsanspruch der Bürgerschaft nicht zu Regimekollisionen zwischen Kommunal- und Gesellschaftsrecht.61 In der Diskussion um den Anspruch auf Informationserhalt, der als Jedermannsrecht ausgestaltet ist, wird häufig der Hinweis vernachlässigt, dass sich auch das Ratsmitglied auf diesen Anspruch berufen kann. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass ihm im Wege des IFG NRW lediglich Auskünfte zustehen, welche nicht im Zusammenhang mit seiner Mandatstätigkeit stehen.62 Denn insoweit wird sein Auskunftsbegehren über Vorgänge im Kommunalunternehmen, die er zur ordnungsgemäßen Mandatswahrnehmung benötigt, über das Informationsrecht nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW gestillt. e) Auskunfts- und Unterrichtungsansprüche nach der Gemeindeordnung Bereits mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass sich die Gemeinde bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung hinreichende Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten vorbehalten muss, um ein Absickern in rein marktwirtschaftliche Strukturen nach dem Dogma der Gewinnmaximierung zu vermeiden. Um dem möglichst effektiv nachkommen zu können, ist die Kenntnis von Unternehmensinterna erforderlich.63 Hierbei stellt Bracht64 zu Recht die Frage, wie sich zu diesem Zweck der Informationsfluss vom kommunalen Unternehmen hin zur Kommune vollzieht. Dabei ist zu beachten, dass eine hinreichende Kenntnis von den Vorgängen und Abläufen im Kommunalunternehmen die Grundlage für eine effektive und erfolgreiche Kontrolle der Gemeinde ist. Sie ist der konkreten Maßnahme vorgelagert und schlechterdings unverzichtbar, um eine einzelfallgerechte Ingerenzausübung sicherzustellen. Dabei kommt den Regelungen der §§ 55,  62  Abs.  4,  113 Abs. 5 GO NRW eine zentrale Bedeutung zu. Insbesondere das Verständnis der Struktur des § 55 GO NRW ist für die Bestimmung des informatorischen Quellenursprungs und der Flussrichtung der bedeutungsschwangeren Auskünfte essenziell. Diesen Auskünften sind mithin jedwede Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen nachgelagert.

61 Weil die Gesamtverantwortung für das Unternehmen beim öffentlichen Mehrheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionär liegt, dürften unternehmensinterne Konflikte zulasten privater Minderheitsgesellschafter beziehungswiese -aktionäre ausgehen. 62 Faber, in: Held / Winkel, § 55 GO NRW, S. 281. 63 Mann, in: GS Tettinger, S. 295 (314). 64 Bracht, NVwZ 2016, 108 ff.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Ganz allgemein bestimmt § 55 Abs. 1 Satz 1 GO NRW zunächst, dass der Rat durch den Bürgermeister über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zu unterrichten ist. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 GO NRW regelt der Rat in seiner Geschäftsordnung Inhalt und Umfang des Fragerechts der Ratsmitglieder. Dabei betont das OVG Münster, dass das Fragerecht der Ratsmitglieder in ihrem in § 43 GO NRW begründeten Status wurzele.65 Hierbei gilt es zwischen dem Auskunftsrecht, dem Recht auf Stellungnahme sowie dem Akteneinsichtsrecht im Lichte anlassabhängiger und -unabhängiger Auskünfte zu unterscheiden. Denn die Vorschrift verbürgt drei verschiedene Arten von Kontrollrechten gegenüber dem Bürgermeister im Hinblick auf „Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung“, die im Verantwortungsbereich des Bürgermeisters für die Erledigung der Gemeindeaufgaben liegen und auf die er tatsächlich auch Zugriff hat.66 Jedem Ratsmitglied steht nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GO NRW ein anlassunabhängiges Auskunftsrecht gegenüber dem Bürgermeister für Angelegenheiten der Gemeinde, mithin seiner wirtschaftlichen Betätigung zu.67 Hierbei geht dieses Recht über die Informationspflicht des Bürgermeisters nach § 55 Abs. 1 Satz 1 GO NRW hinaus, weil seine Auskunftspflicht auf wichtige Angelegenheiten68 beschränkt ist. Das Ratsmitglied soll vielmehr selbst entscheiden, welche Informationen es für die eigenverantwortliche, dem Gemeinwohl verpflichtete Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.69 Für Bezirksvertretungsmitglieder gilt gegenüber dem Bürgermeister nach § 55 Abs. 1 Satz 3 GO NRW entsprechendes in Angelegenheiten der Bezirksvertretung. Ein anlassunabhängiges Auskunftsrecht gegenüber dem Bürgermeister nach § 55 Abs. 2 GO NRW steht Bezirksvorstehern und Ausschussmitgliedern in ihrem Wirkungskreis zu. Die Rechte des Ratsmitglieds sollen im Folgenden noch weiter aufgefächert werden. Ganz allgemein lassen sich die Reche in drei Kategorien einteilen: Zunächst steht dem Ratsmitglied ein allgemeiner Informationsanspruch aus Anlass der Beratung eines Tagesordnungspunktes zu. Dieses Informationsrecht 65 OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 15 A 69/09 – juris, Rn. 3; Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (85). 66 Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 55, S. 4; Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 3, S. 5, die drauf hinweisen, dass § 55 Abs. 1 Satz 1 GO NRW eine Pflicht des Bürgermeisters normiert, den Rat in allen wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zu unterrichten; Bracht, NVwZ 2016, 108 (109). 67 Hierbei handelt es sich um eine „Eigenpflicht“ des Ratsmitglieds sich angemessen wie ein kommunalpolitisch interessierter zu informieren und sich nicht bloß damit zu begnügen durch den BM / OB / Verwaltung informieren zu lassen. Eine passive Ratsmitgliedsstellung wird insoweit nicht geduldet, Katz, NVwZ 2018, 1091 (1095). 68 Dies richtet sich nach der Größe der Gemeinde und dem Umfang der Zuständigkeiten, die sich der Rat selbst vorbehalten hat. Die Frage, ob die Angelegenheit wichtig ist, entscheidet der Bürgermeister nach pflichtgemäßem Ermessen. Im Lichte der Bedeutung von Informationen für eine wirkungsvolle Ratsarbeit wird er jedoch regelmäßig zu Unterrichtung des Rates tendieren, Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 3, S. 6. 69 OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 15 A 69/09 – juris, Rn. 4; Paal, in: Rehn / Cron­ auge et al., GO NRW, § 55, S. 4.

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regelt die Kommunalverfassung nicht ausdrücklich, sondern setzt es als mit dem Mitgliedsstatus des Ratsmitglieds gegeben voraus.70 Hiervon zu unterscheiden ist der in § 55 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 GO NRW geregelte Auskunftsanspruch des Ratsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister. Anders als vom Informationsanspruch sind Fragen zur Tagesordnung vom Regelungsbereich der Vorschrift nicht erfasst. Der Auskunftsanspruch wird bereits in der Geschäftsordnungsregel des § 47 Abs. 2 Satz 2 GO NRW als Fragerecht71 vorausgesetzt und wurde im Zuge des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vom 09.10.200772 positiv in der GO NRW verankert. Hierdurch wurde Ratsmitgliedern erstmals ein eigenständiges materielles Auskunftsrecht gewährt, das unabhängig von der Aufnahme einer Angelegenheit in die Tagesordnung einer Ratssitzung geltende gemacht werden kann. Der Anspruch umfasst alle „Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung“ und betrifft daher auch Geschäfte der laufenden Verwaltung. Es ist mithin nicht notwendig, dass es sich um wichtige Angelegenheiten handelt.73 Neben dem Auskunftsanspruch steht dem Ratsmitglied nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GO NRW74 ein anlassbezogenes Recht auf Stellungnahme, mithin einer subjektiven politischen Wertung durch den Bürgermeister zu einem Tagesordnungspunkt zu.75 Dieses Recht wird nicht bereits vom Fragerecht, das ebenfalls der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung dient,76 konsumiert, sondern geht darüber hinaus. Denn es gewährt nicht nur eine Sachinformation, sondern eine wertende Stellungnahme durch den Bürgermeister (inhaltsgleich § 69 Abs. 1 Satz 2 70 Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 4.2.1, S. 6 und 4.2.3, S. 8. 71 Es kann bzgl. solcher Sachverhalte geltend gemacht werden, die nicht Gegenstand eines Tagesordnungspunktes des Rates sind, weil sich andernfalls bereits aus dem ungeschriebenen Informationsanspruch ein Auskunftsrecht ergibt, Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 4.2.3, S. 8. 72 GV. NRW. S. 380. 73 Zum Ganzen Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 4.2.3, S. 8 f., die auch darauf hinweisen, dass der Umfang des Auskunftsverlangens durch die Geschäftsordnung (§ 47 Abs. 2 Satz 2 GO NRW) geregelt werden kann. 74 Die Vorschrift wurde durch das GO-Reformgesetz vom 17.10.2007 in die GO NRW eingeführt. Bereits vor ihrer positiven Normierung hatte das OVG Münster jedoch darauf hingewiesen, dass Ratsmitglieder ihrem Beratungsrecht über die zur Abstimmung stehenden Gegenstände nur dann gerecht werden können, wenn die über den Beratungsgegenstand zur notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Insoweit stand ihnen auch schon vor der Positivierung des Auskunftsanspruchs aus den allgemeinen Organrechten die „Möglichkeit zur umfassenden Information über die Entscheidungsgrundlage“ zu, OVG Münster, Urteil vom 05.02.2002 – 15 A 2604/99 – juris, Rn. 31. 75 Ebenso zugunsten von Mitgliedern der Bezirksvertretung nach § 55 Abs. 1 Satz 3 GO NRW in Angelegenheiten der Bezirksvertretung, zum Ganzen Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 3, S. 5. 76 Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (85), mit dem Hinweis darauf, dass das Ratsmitglied in die Lage versetzt werden soll, sein Mandat nach freier, nur durch Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmter Überzeugung auszuüben, m. w. N.

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GO NRW) während der Beratung des Tagesordnungspunktes im Rat.77 Schließlich steht dem Rat, der Bezirksvertretung, dem Bezirksvorsteher und Ausschussmitglied sowie dem einzelnen Ratsmitglied oder Mitglied der Bezirksvertretung ein Akteneinsichtsrecht zu, § 55 Abs. 3–5 GO NRW. Für Letztere ergibt sich ein individuelles anlassbezogenes Akteneinsichtsrecht aus § 55 Abs. 5 GO NRW zur Vorbereitung oder Kontrolle von Beschlüssen sowie deren Durchführung, nicht jedoch zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen.78 Diese knappe Erläuterung einer der zentralen Kontrollvorschriften vorweggenommen, soll der konkrete Umfang des Auskunftsanspruchs der Ratsmitglieder dargestellt werden. Wie noch aufzuzeigen sein wird, lässt sich diese Untersuchung nicht ohne das Verständnis der Berichtspflicht der Gemeindevertreter in den Organen von juristischen Personen nach § 113 Abs. 5 GO NRW vornehmen. Der Zusammenhang rührt daher, dass sämtliche Einwände, die gegen eine Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter gegenüber dem Rat auch bei der Frage des Auskunftsanspruchs des einzelnen Ratsmitglieds gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied vorgebracht werden. Diese wären zum Ersten die fehlende Eigenschaft des Rates als Gebietskörperschaft sowie zum Zweiten die mangelnde Gewährleistung79 und Organisation für die Sicherung der Verschwiegenheit, §§ 394, 395 AktG. Daher lassen sich Ansprüche und Pflichten insoweit nicht isoliert betrachten. Bei den aufgezählten Rechten ist auffällig, dass ein direkter Auskunftsanspruch gegen ein kommunales Unternehmen nicht gewährt wird. Dies ist besonders bedeutsam, weil einem Ratsmitglied auch als natürliche Person, und nicht als Mitglied des Kollektivorgans, keine wirkungsvollen Auskunftsansprüche gegen das gemischtwirtschaftliche Unternehmen zustehen. Darüber hinaus darf der abschließende Charakter des § 55 GO NRW nicht unterschätzt werden. So hat das VG Köln80 erst jüngst betont, dass die Möglichkeit der Ratsmitglieder, die Verwaltung zu kontrollieren, nur in den enumerativ aufgeführten Fällen zulässig sei und weitergehende Ansprüche auf Informationserlangung über Vorgänge in der 77 Die Forderung zur Stellungnahme und die Stellungnahme selbst müssen sich auf einen Tagesordnungspunkt beziehen und sich im Rahmen des gesetzlichen Wirkungskreises der Gemeinde bewegen, sich insbesondere nicht auf allgemeinpolitische Fragen beziehen, Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 4.3, S.11. 78 Hierbei gilt es zu beachten, dass der Rat nach § 55 Abs. 3 Satz 1 GO NRW anlassbezogen mit einem bloßen Mehrheitsbeschluss zur Überwachung der Durchführung der Beschlüsse Akteneinsicht verlangen darf, wobei für anlassunabhängige Akteneinsicht Abs. 4 Satz 1 gilt (Mehrheitsbeschluss, auf Verlangen ein Fünftel der Ratsmitglieder oder einer Fraktion). Für die Bezirksvertretung und Ausschüsse ergibt sich aus Abs. 4 Satz 2 der Bestimmung ein anlassunabhängiges Akteneinsichtsrecht für Angelegenheiten des Aufgabenbereichs des jeweiligen Gremiums. Dem Bezirksvorsteher und Ausschussvorsitzenden kommt ein eigenes Anlassunabhängiges Recht auf Akteneinsicht aus Abs. 2 zu (mit Mehrheitsbeschluss), zum Ganzen Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et al., § 55 GO NRW, 3., S. 5. 79 Eine Gewährleistung im rechtlichen Sinne kann es indes ohnehin nicht geben, M. Mann, AG 2018 57 (62). 80 VG Köln, Urteil vom 07.07.2016 – 4 K 6700/15 – juris, Rn. 20.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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Verwaltung, etwa eine Augenscheinnahme durch Besichtigung einer Flüchtlingsunterkunft, nicht anzuerkennen sei.81 Aufgrund dieser Einschränkungen82 ist es für das Ratsmitglied von größter Bedeutung, in Erfahrung zu bringen, in welchem Umfang er von seinem Auskunftsanspruch aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW, wonach der Bürgermeister ihm gegenüber zur Auskunftserteilung83 verpflichtet ist, Gebrauch machen kann. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich lediglich entnehmen, dass es sich um einen indirekten Informationsanspruch handelt. Welche Informationen über kommunale Unternehmen und aus welchen Quellen ein Bürgermeister im Rahmen des Anspruchs nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zur Weitergabe verpflichtet wird, ist indes nicht abschließend geklärt.84 Klar ist hingegen, dass sich der Anspruch auf Informationen richten muss, die sich auf die Gemeindeverwaltung beziehen, also solche, auf die der Bürgermeister tatsächlich Zugriff hat.85 Der Informationszweck ist darüber hinaus kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die Ratsaufgabe zu erleichtern und die Tätigkeit des Bürgermeisters zu kontrollieren. Daher kann sich die Information von vorhinein nur auf Bereiche erstrecken, für die der Rat beziehungsweise der zu kontrollierende Bürgermeister verantwortlich ist.86 Hierbei ist auch zu beachten, dass der Bürgermeister die Gemeindevertretung insgesamt über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten zu unterrichten hat, § 62 Abs. 4 GO.87 Für die Reichweite des Anspruchs können die Kontrollzusammenhänge der GO NRW nämlich nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich steht fest, dass mit dem Fortschreiten des Organisationsprivatisierungsbestreben der Gemeinden88 sich auch die Fälle mehren, in denen Ratsmitglieder versucht sind, Auskünfte über Geschäftsabläufe von kommunalen Unternehmen aufgrund ihrer kommunalverfassungsrechtlichen Pflichtenstellung 81 Ein solches Recht auf Inaugenscheinnahme ergebe sich angesichts des abschließenden Charakters des § 55 GO NRW auch nicht etwa aus der demokratischen Wahl und des daraus resultierenden freien Mandats, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, § 43 Abs. 1 GO NRW, VG Köln, Urteil vom 07.07.2016 – 4 K 6700/15 – juris, Rn. 22, 28; Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 4.2.4, S. 10. 82 Allerdings sind Ratsmitglieder nicht verpflichtet, ihre Fragen zu rechtfertigen oder der Erforderlichkeit zu begründen. Insbesondere bedürfe es keinen speziellen Anlass für das Auskunftsbegehren, weil andernfalls die Kontrolle der Verwaltung zu stark eingeschränkt würde, Beckmann, NWVBl., 2015, 85 (85) mit Verweis auf VG Braunschweig, Urteil vom 25.04.2013 – 1 A 28/13 – juris, Rn. 20. 83 Hier wäre es durchaus zulässig den Bürgermeister als Auskunftsmittler zu bezeichnen. 84 So explizit Bracht, NVwZ 2016, 108 (109). 85 Bracht, NVwZ 2016, 108 (109). 86 VG Köln, Urteil vom 07.07.2016 – 4 K 6700/15 – juris, Rn. 31. 87 Hierbei ist häufig umstritten, was unter „wichtige Angelegenheit“ zu verstehen ist. „Da die frühzeitige und regelmäßige Unterrichtung des Rates die Grundlage für die ordnungsgemäße Abwicklung der dem Rat obliegenden Aufgaben bildet, verbietet sich auf Seiten des Bürgermeisters [aber] eine zu enge Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ‚wichtige Angelegenheiten‘, Lübken, in: Kleerbaum / Palmen, § 62 GO NRW, S. 937. 88 Vgl. hierzu die Datenerhebung in der Einführung zu dieser Arbeit.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

einzufordern.89 Hierbei wird der Problemkreis noch dadurch verschärft, dass der Umfang der Auskunft untrennbar mit der maßgeblichen Organisationsform des kommunalen Unternehmens zusammenhängt, so dass zwingend zwischen einer mehrheitlich kommunal beherrschten GmbH90 und einer AG zu unterscheiden sein wird. aa) Auskunftsbegehren im Zusammenhang mit Geschäftsabläufen einer GmbH Werden von einem Ratsmitglied Auskünfte über kommunale Unternehmen in der Rechtsform der GmbH angefordert und verfügt der Bürgermeister nicht über diesbezügliche Informationen, so verschafft ihm § 51a Abs. 1 GmbHG eine Möglichkeit, sich diese zu beschaffen und diese sodann an die Ratsmitglieder weiterzugeben.91 Nach dieser Vorschrift steht jedem Gesellschafter unter anderem das Recht zu, vom Geschäftsführer unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaften zu erhalten. Der Anspruch richtet sich allerdings nicht gegen den Geschäftsführer, sondern gegen die Gesellschaft selbst. Insoweit ist der Wortlaut durchaus missverständlich.92 Der gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch wird lediglich vom Geschäftsführer erfüllt. Hierbei gilt es das jeweilige Rechtsverhältnis streng zu beachten. Dem Ratsmitglied steht ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Bürgermeister aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zu. Jedem Gesellschafter steht wiederum ein Anspruch auf Auskunftserteilung aus § 51a Abs. 1 GmbHG gegen die Gesellschaft zu. Dabei stellt sich bereits die Frage, wer Gesellschafter ist und wer ihn konkret gegenüber der Gesellschaft vertritt. Die Klärung dieser Frage ist deshalb so wichtig, weil hiervon abhängt, wem der Informationsanspruch gegenüber dem Geschäftsführer zusteht. In Betracht kommen zunächst die Mitglieder der Gesellschafterversammlung als dem obersten Organ der GmbH. Dann gewährte man aber den Mitgliedern und somit auch den Gemeindevertretern93 die Einholung von Auskünften, die nach dem ausdrück­ 89 Dünchheim, KommJur 2016, 441 (444) bezogen und beschränkt auf Stadtwerke. 90 Hier wird wiederum zwischen einer GmbH mit einem fakultativen und einem obligatorischen Aufsichtsrat unterscheiden. 91 Zwar ist der Auskunftsanspruch des Ratsmitglieds aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW auf Informationen beschränkt, die für den Bürgermeister verfügbar sind. Allerdings sind hiervon auch Informationen umfasst, die sich der Bürgermeister mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann, OVG Münster, NVwZ-RR 2010, 650 (651); Bracht, NVwZ 2016, 108 (110). 92 Hillmann, in: MüKomm GmbHG, § 51a GmbHG, Rn. 24; Wicke, in: Wicke GmbHG, § 51a GmbHG, Rn. 6. 93 Hierbei dürften bei einer mehrheitlich kommunal beherrschten GmbH regelmäßig mehrere Vertreter unter Einbeziehung des Bürgermeisters (§ 113 Abs. 2 Satz 2 GO NRW) in den Organen der Gesellschaft repräsentiert sein. Denn die Dominanz einer kommunalen Beherrschung zeigt sich nicht nur auf dem Papier, sondern vor allem an der Anzahl der gemeindlichen Vertreter, die nach dem jeweiligen Beteiligungsverhältnis im jeweiligen Organ einen Sitz erhalten.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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lichen Wortlaut des § 51a GmbHG lediglich dem Gesellschafter zustehen. Daher ist strikt zwischen der Vertretung der Kommune in der Gesellschafterversammlung oder einem entsprechenden Organ der Gesellschaft (§ 113 Abs. 1 GO NRW) und der Vertretung der Gesellschaft selbst differenzieren. Im ersten Fall ist lediglich die Vertretung der Gemeinde in den Gesellschaftsorganen geregelt und festgelegt, wer die Tätigkeit etwa in der Gesellschafterversammlung aus dem Gemeinderat übernimmt. Die bloße Mitgliedschaft in der Gesellschafterversammlung begründet jedoch keine Gesellschafterstellung, wie sie von § 51a GmbHG verlangt wird.94 Auch eine Vertretung der Gesellschafterin wird durch diesen Status nicht begründet. Denn das Gemeinderatsmitglied, das auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses zur Stimmausübung in der Gesellschaft bestellt wurde, vertritt nicht die kommunale GmbH, sondern die Kommune bzw. den Gemeinderat selbst. Das Recht, die Kommune als Gesellschafterin zu vertreten, verbleibt somit allein beim Bürgermeister.95 Hiernach ist allein er berechtigt als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaftergemeinde nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ihren Auskunftsanspruch gemäß § 51a Abs. 1 GmbHG gegenüber der Geschäftsführung geltend zu machen.96 Bei der Reichweite dieses Anspruchs gilt es zu beachten, dass er sämtliche rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse innerhalb der GmbH und auch gegenüber Dritten umfasst.97 Allerdings stehe das Informationsrecht unter der immanenten Schranke funktionsgerechter Ausübung, wobei ein hinreichendes Informationsbedürfnis zur zweckentsprechenden Wahrnehmung der Gesellschaftertätigkeit vorhanden sein müsse. Hintergrund dessen sei, dass sich die Gesellschafter aufgrund ihres Einsichtsrechts nicht zu jederzeitigen oder allgegenwärtigen Prüfern der Gesellschaft erheben, sondern die Kompetenzverteilung zwischen den Organen berücksichtigen sollten.98 94 Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung vertreten lassen können, vgl. etwa Römermann, in: Michalski / Heidinger / et al., § 48 GmbHG, Rn. 44 ff. 95 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 51a GmbHG, Rn. 8; Passarge / Kölln, NVwZ 2014, 982 (984); LG Leipzig, NJOZ 2010, 1112 (1113), wobei das Gericht betont, dass es auch auf die Tätigkeit innerhalb der Gesellschafterversammlung nicht ankomme, weil der Auskunftsanspruch des Gesellschafters nach § 51a GmbHG jederzeit auch unabhängig von Sitzungen der Gesellschafterversammlung durch einzelne Gesellschafter geltend gemacht werden könne. 96 Bei § 51a GmbHG handelt es sich nicht um ein Organrecht, das der sachgerechten Ausübung des Stimmrechts innerhalb der Gesellschafterversammlung dient, sondern um ein vom „kollektiven Informationsrecht der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 6 GmbHG zu unterscheidendes eigennütziges Mitgliedschaftsrecht“. Es ist allerdings kein höchstpersönliches Recht wodurch im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden kann, dass auch Dritte, mithin auch Ratsmitglieder die Gesellschaft vertreten können, Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 448; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 51a GmbHG, Rn. 5. 97 Passarge / Kölln, NVwZ 2014, 982 (982 f.), die darauf hinweisen, dass hierzu sämtliche die Unternehmensführung und -kontrolle betreffenden und für die Gewinnermittlung und -verwendung wesentlichen Tatsachen und Daten zählen. 98 Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (87); Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 51a GmbHG, Rn. 27 f.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Neben der immanenten Schranke funktionsgerechter Ausübung bestimmt § 51a Abs. 2 GmbHG, unter welchen Voraussetzungen die durch den Bürgermeister erbetene Auskunft vom Geschäftsführer verweigert werden darf. Dies ist allein unter höchst restriktiven Voraussetzungen zulässig. Ein Auskunftsverweigerungsrecht erfordert einen Gesellschafterbeschluss99 und besteht nur, wenn zu besorgen ist, dass die Gesellschaftergemeinde die Auskunft zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden will und dadurch der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Die Besorgnis müsse sich dabei sowohl auf das Tatbestandsmerkmal der gesellschaftsfremden Verwendung, wie auch der Nachteilszufügung sowie auf die Kausalität zwischen beiden beziehen, wobei der Nachweis objektiver Wahrscheinlichkeit genüge.100 Dies dürfte in der Regel jedoch nicht zu erwarten sein. Insbesondere handelt es sich bei der Verwendung von Informationen über ein kommunales Unternehmen zur Erfüllung eines kommunalrechtlichen Auskunftsanspruchs eines Ratsmitglieds bereits um keinen gesellschaftsfremden Zweck.101 Das Ratsmitglied wäre andernfalls nicht in der Lage, sein Mandat ordnungsgemäß auszuüben, weil ihm die hierfür notwendigen Informationen fehlten. Im Übrigen liege es gerade in der Natur eines kommunalen Unternehmens, dass seine Gesellschafter kommunalrechtlichen Bindungen unterliegen.102 Demnach darf das Auskunftsverlangen des Bürgermeisters gegenüber der Gesellschaft (Geschäftsführer) nicht generell unter Hinweis auf § 51a Abs. 2 GmbHG abgelehnt werden. Für private Mitgesellschafter verbietet sich daher der Vortrag, dass die Auskunftsweitergabe an den kommunalen Gesellschafter bereits deshalb unzulässig sei, weil der Bürgermeister beabsichtige, der Anfrage eines Ratsmitglieds nachzukommen, § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Dieses Verbot wird verständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass das Verhältnis zwischen Ratsmitglied und Bürgermeister nicht vom Gesellschaftsrecht umfasst ist und folglich auch nicht seinen Restriktionen unterliegt. Vielmehr obliegt es dem Bürgermeister nach Erhalt der Auskunft zu bewerten, ob er die Auskunft an das Ratsmitglied weitergeben darf oder ob hiergegen deshalb Bedenken bestehen, weil das Auskunftsverlangen rechtsmissbräuchlich ist oder mit Geheimhaltungsinteressen Dritter kollidiert.103 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich 99 Es sei denn, die Geschäftsführer sind der Auffassung, dass der Auskunftsanspruch berechtigt ist. Dann benötigen sie keinen Ratsbeschluss, tragen aber insoweit auch das Risiko, dass Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet werden, Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (88). 100 Passarge / Kölln, NVwZ 2014, 982 (983). 101 Zum Auskunftsanspruch eines Ratsmitglieds über Geschäftsführergehälter eines Kommunalunternehmens, den das Gericht allerdings aufgrund der abstrakt gestellten Frage ohne konkreten Bezug zu einer bestimmen Angelegenheit verneinte und hiermit „Ausforschungsfragen“ eine Absage erteilte, OVG Bautzen, LKV 2016, 36 (37) sowie Richter, Anmerkung zum Urteil OVG Bautzen vom 07.07.015, Az. 4A 12/14, in: LKV 2016, 36 (38); wesentlich offener in dieser Frage hingegen OVG Weimar, Urteil vom 14.11.2013 – 3 KO 900/11 – juris, Rn. 58. 102 Bracht, NVwZ 2016, 108 (110); Dünchheim, KommJur 2016, 441 (445). 103 Bracht, NVwZ 2016, 108 (110).

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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zur Treue gegenüber der Gesellschaft verpflichtet ist.104 Denn diese Treue kann nicht weiterreichen als die kommunalrechtliche Anordnung zur mandatssichernden Informationsweitergabe aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW.105 Hieran ändert auch der Vortrag nichts, dass das Ratsmitglied durch seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Bürgermeister in eine gesellschaftergleiche Stellung rückt.106 Bedenken privater Gesellschafter wären aber auch deshalb unbegründet, weil die Ratsmitglieder selbst gemäß §§ 30 Abs. 1, 6, 29 Abs. 3, 43 Abs. 2 Satz  1 GO NRW sanktionsbedroht zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Daher überzeugt es nicht, wenn verlangt wird, dass der Anspruch des Ratsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister am gesellschaftsrechtlichen Maßstab des § 51a Abs. 2 GmbHG, welcher im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Geschäftsführung gilt, gemessen wird. Dies würde nicht nur die Rechtsbeziehungen untereinander außer Acht lassen, sondern auch die Intention des Landesgesetzgebers, die Kontrollmöglichkeiten einzelner Ratsmitglieder zu stärken,107 zuwiderlaufen.108 Vielmehr darf festgehalten werden, dass der Bürgermeister gegenüber dem Geschäftsführer einen unbeschränkten Auskunftsanspruch hat und er mit Blick auf die Verankerung des Fragerechts bei der Weitergabe an einzelne Ratsmitglieder jenseits seiner eigenen Einschätzungsprärogative keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegt.109 Hierbei müsse die Ablehnung, eine Frage in der Sache überhaupt zu beantworten, die Ausnahme bleiben.110 Allerdings besteht dieser Auskunftsanspruch der Ratsmitglieder nicht unein­ geschränkt, sondern unterliegt bestimmten Grenzen, die nicht von vornherein für

104 Zu beachten ist, dass sich die Treuepflichten der politischen Mandatsträger nicht auf die Geschehnisse im Rat oder dem Kommunalunternehmen beschränken, sondern auch im Falle des Tätigwerdens außerhalb der Gesellschaft eine stark relativierte, im Wesentlichen auf ein Verbot der Willkür und der eigensüchtigen Ausnutzung von Kenntnissen aus dem Aufsichtsratsamt eingeschränkte, Loyalitäts- und Treuepflicht beziehen, Ulmer, NJW 1980, 1603 (1606); Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (128). 105 Zur „Treupflicht-Grenze“ bei gesetzlichen Auskunftspflichten Selbach, Geheimhaltungspflichten von Gesellschaftern, S. 145 f. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ihre Grenze dort findet, wo das Gesetz – hier § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW – entgegensteht; Bracht, NVwZ 2016, 108 (110); Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (129). 106 Passarge / Kölln, NVwZ 2014, 982 (986). 107 Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 55, S. 3 f. 108 So aber Passarge / Kölln, NVwZ 2014, 982 (986), die jedoch das Verhältnis Ratsmitglied zum Bürgermeister und das Verhältnis Bürgermeister gegenüber Gesellschaft bzw. Geschäftsführer ohne Not verwischen. 109 Vergleichbar hiermit VerfGH NRW, Urteil vom 04.10.1993 – 15/92 – juris. Rn. 104 ff., wonach Auskunfts- und Fragerechte der Abgeordneten und die Antwortpflicht der Landesregierung davon abhängen, ob durch die Beantwortung der Anfrage die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Regierung gefährdet würde. Insoweit bestehe eine Einschätzungsprärogative; Faber, in: Held / Winkel, § 55 GO NRW, S. 281 f., Bracht, NVwZ 2016, 108 (110) m. w. N. 110 So bereits OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 15 A 69/09 – juris, Rn. 9; Faber, in: Held / Winkel, § 55 GO NRW, S. 281.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

alle in Betracht kommenden Fälle im Voraus bestimmt werden können.111 Vielmehr hat der Bürgermeister zu prüfen, ob dem grundsätzlich bestehenden Anspruch immanente Schranken entgegengehalten werden können beziehungsweise müssen. Eine erste Beschränkung des Fragerechts ergibt sich zunächst aus dessen Funktion. So muss der Bürgermeister nur Fragen beantworten, für die er verantwortlich ist und die in den Aufgabenbereich des Rates oder seiner Ausschüsse fallen.112 So hat er bei der Weitergabe von Informationen etwa personenbezogene Daten zu beachten zu schützen und zu überprüfen, ob deren Weitergabe zur sachgerechten Wahrnehmung der Rechte des Ratsmitglieds erforderlich ist.113 Eine wesentliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs ergibt sich darüber hinaus aus der Funktion des Fragerechts als Mittel sachlicher Aufgabenerfüllung. Die Fragen müssen mit der Mandatsarbeit zusammenhängen und dürfen nicht privaten Interessen oder parteipolitischen Zwecken dienen.114 Daher hat es sich im Rahmen des Auf­ gabenbereichs des Rates zu halten. Demgemäß könne sich die Antwortpflicht des Bürgermeisters nur auf solche Bereiche erstrecken, für die er unmittelbar oder mittelbar verantwortlich sei und die den Zuständigkeitsbereich des Rates und seiner Ausschüsse berühre.115 Darüber hinaus müsse der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme hinreichend berücksichtigt werden. Hierdurch wird nämlich die Auskunftspflicht des Bürgermeisters auf solche Informationen begrenzt, die ihm vorliegen oder in zumutbarer Weise durch ihn beschafft werden können.116 Die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme gebietet ferner die Respektierung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung, wodurch auch die Art der Antwort – etwa in mündlicher oder schriftlicher Form – der Einschätzungsprärogative des Bürgermeisters unterfällt.117 Zu Konflikten mit Minderheitsgesellschaftern kann es insbesondere dann kommen, wenn sie annehmen, dass das Ratsmitglied seinen Auskunftsanspruch zur Ausforschung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen einsetzt.118 Insoweit ist zu befürchten, dass sie zum einen für die Anwendung der nachteilsschützenden Vorschrift § 51a Abs. 2 GmbHG auch im Verhältnis des Ratsmitglieds zum Bürgermeister streiten und zum anderen für eine extensive Auslegung der nachteiligen, gesellschaftsfremden Nutzung der Auskunft plädieren. Dies aber ist bereits deshalb abzulehnen, weil die gesetzliche Wertung des § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW grundsätzlich für eine Erteilung der Auskunft streitet und bloße Vermutungen 111 Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (85). 112 OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010  – 15 A 69/09  – juris, Rn. 13; Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (86). 113 Faber, in: Held / Winkel, § 55 GO NRW, S. 281. 114 Bracht, NVwZ 2016, 108 (112). 115 OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 15 A 69/09 – juris, Rn. 13 116 OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 15 A 69/09 – juris, Rn. 19. 117 Zum Ganzen OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 15 A 69/09 – juris, Rn. 13, 19.  118 Allgemein zur Herleitung des Geheimnisschutzes im administrativen Bereich, Pfeifer, Möglichkeiten und Grenzen, S. 72 ff.

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hierfür nicht genügen.119 Vielmehr sind konkrete Verdachtsmomente seitens des Bürgermeisters vorzutragen. Hiermit im Zusammenhang steht die im Einzelfall besonders hohe Schranke der entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen Dritter. Denn die Pflicht des Bürgermeisters zur Beantwortung von Anfragen durch Ratsmitglieder werde schließlich auch dadurch begrenzt, dass sie als Ausübung öffentlicher Gewalt die grundrechtlich geschützten Positionen privater Dritter zu beachten habe.120 Als Dritte kommen auch Geschäftspartner, mithin private Minderheitsgesellschafter in Betracht. Insoweit stellen ihre grundrechtlich geschützten Rechtspositionen eine verfassungsrechtliche Schranke für die Weitergabe von Information dar, an deren Geheimhaltung sie ein erhebliches Interesse haben.121 Letztlich hat der Bürgermeister eine Abwägung zwischen dem Informationsanspruch der Ratsmitglieder und dem widerstreitenden Geheimhaltungsinteresse der Gesellschafter vorzunehmen.122 Hierbei hat er auch die Grundrechte Dritter hinreichend zu würdigen. So seien Angaben über Gehälter der Geschäftsführungen durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt, so dass eine Offenlegung von Bezügen eines Geschäftsführers ein Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht darstelle.123 Darüber hinaus ist auch innerhalb der Gemeinde das Datenschutzrecht nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 verstärkt zu beachten. Aufgrund dieser EU-Verordnung sind Gemeinden auch nach der Neufassung des Datenschutzgesetzes NRW vom 25. Mai 2018 gehalten, im Rahmen des Auskunftsbegehrens eine Erforderlichkeitsprüfung der Datenerhebung beziehungsweise -verarbeitung zum Zwecke der Ingerenz durchzu­führen.124 119 Bracht, NVwZ 2016, 108 (112); darüber hinaus ist – wie bereits dargestellt – das jeweilige Rechtsverhältnis zu beachten. 120 OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 69/09 – juris, Rn. 16; Bracht, NVwZ 2016, 108 (112). 121 Bracht, NVwZ 2016, 108 (112 f.), der als typische Beispiele für entgegenstehende Interessen etwa laufende Verhandlungen wichtiger Verträge mit Geschäftspartnern, die Neubesetzung und Verhandlung von Vorstands- und Geschäftsführerposten, die Verhandlung von Übernahmen und Unternehmenstransaktionen oder Umstrukturierungen der Beteiligung am kommunalen Unternehmen unter Einbeziehung von Mitgesellschaftern nennt. Allen diesen Fällen sei gemeinsam, dass das öffentliche Bekanntwerden von Verhandlungsdetails einen erfolgreichen Abschluss gefährden könnte. 122 Eine Abwägung der Informationsinteressen des Fragestellers und der Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens schlägt auch Pfeifer, Möglichkeiten und Grenzen, S. 74 zur Verwirklichung des Geheimnisschutzes vor. 123 Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (89), der unter Verweis auf VG Meiningen, Urteil vom 20.09.2011 – 2 K 140/11 – juris, Rn. 41 darlegt, dass das berufliche Einkommen die Privatsphäre betrifft. Insoweit bedürfe es einer Abwägung widerstreitender Interessen in jedem Einzelfall, wobei zugunsten des Informationsanspruchs insbesondere die gesetzliche Veröffentlichungspflicht von Bezügen nach § 108 Abs. 1 Nr. 9 GO NRW berücksichtigt werden müsse. 124 Vgl. zum Schutz personenbezogener Daten Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et al., § 48 GO NRW, 11.1 ff., S. 26, 27 f. mit einem Beispiel zur Erforderlichkeit der Datenweitergabe auf S. 29; Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (85); OVG Münster, Beschluss vom 12.04.2010 – 69/09 – juris, Rn. 16, 18.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Die Abwägungsentscheidung muss eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Einzelfall erkennen lassen und darf sich hierbei nicht auf Allgemeinplätze und pauschale Unterstellungen, etwa einer generellen Tendenz zur Weitergabe der Infor­ mationen an außerhalb des Rates stehende Dritte begnügen. Vielmehr sind auch unter Berücksichtigung des Verhaltens des Ratsmitglieds in der Vergangenheit konkrete Verdachtsmomente in die Abwägung mit einzubeziehen und unter Würdigung der Zielrichtung der verlangten Information zu würdigen.125 Dass dies alles in der Regel aber nicht ohne innergesellschaftliche Konflikte erfolgen wird, dürfte außer Frage stehen.126 Allerdings darf hier festgehalten werden, dass eine kommunal beherrschte GmbH von diesen Spannungen verschont bleiben dürfte. Denn insoweit verlangt § 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG, dass die Auskunftsverweigerung einen Beschluss der Gesellschafter voraussetzt. Dass die gemeindlichen Mehrheitsgesellschafter in diesem Sinne abstimmen werden, dürfte zu erwarten sein.127 (1) Auskunftsanspruch bei GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat Der gesellschaftsvertraglich zulässigen Ausgestaltbarkeit der innerorganisatorischen Binnenstruktur einer kommunal dominierten GmbH entsprechend, soll nachfolgend untersucht werden, wie es sich mit dem Umfang des Informationsflusses verhält, wenn die Gemeinde nach § 52 GmbHG im Gesellschaftsvertrag beschließt, einen Aufsichtsrat128 zu bestellen. Problematisch erscheint der Umstand, dass der Wortlaut des § 51a GmbHG dem Gesellschafter allein einen Anspruch gegen den Geschäftsführer, nicht aber gegenüber Mitgliedern des Aufsichtsrats, gewährt. Doch ist die Möglichkeit der Kommune, alle erforderlichen Informationen zu erhalten, die es zur Kontrolle und Steuerung der von ihr mehrheitlich gehaltenen 125 Im Rahmen der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass das Ratsmitglied aus politischen Gründen geneigt sein könnte, gegen seine Verschwiegenheitspflicht (§ 30 GO NRW) zu verstoßen, was insbesondere nicht strafrechtlich sanktioniert ist, sondern lediglich mit einem Ordnungsgeld geahndet werden kann (§ 30 Abs. 6 Satz 2 GO NRW, zum Ganzen Bracht, NVwZ 2016, 108 (113) unter Hinweis auf OVG Münster, Beschluss vom 22.05.2013 – 15 B 556/13 – juris, Rn. 11. 126 Insbesondere darf bereits an dieser Stelle betont werden, dass die genannten Abwägungsprozesse auch dann gelten, wenn – wie im Regelfall üblich – der Bürgermeister selbst Mitglied des Aufsichtsrats ist und sich die Ansprüche gegen ihn als solches richten. 127 Für den rechtlichen Umgang mit der Normenkollision im Falle einer gleichberechtigten Beteiligung wird auf die Lösungsvorschläge im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit verwiesen. 128 Hierbei gilt es zu beachten, dass bei einer entsprechenden Besetzung des Aufsichtsrats nach dem Kräfteverhältnis im Rat das Auskunftsrecht zu einem Minderheitenrecht ausgebaut werden kann. Allerdings entscheidet letztlich der Gesellschaftsvertrag über die Abbildung nachvollziehbarer Beteiligungsverhältnisse, weil insoweit das Spiegelbildlichkeitskriterium auf die Besetzung der Organe keine Anwendung findet, BVerwG NvwZ-RR 2010, 818 (820); OVG Münster, Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 15 A 693/11-, juris, Rn. 6–8; VG Münster, Urteil vom 06.05.2011, 1 K 508/10-, juris, Rn. 54; Rohde, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 50, Rn. 33.

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Gesellschaft in Bezug auf die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben beziehungsweise der Erreichung öffentlicher Ziele benötigt, nicht hierauf begrenzt. Insoweit kann der Gesellschaftsvertrag dahingehend gestaltet werden, dass dem Bürgermeister129 ein Informationsrecht auch gegenüber dem Aufsichtsrat zukommen soll.130 Macht der Bürgermeister einen Anspruch gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied auf Informationserhalt geltend, stellt sich daher die Frage, ob dieser dem Anspruchsteller sein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 52 GmbHG i. V. m. §§ 116 Satz 1, 2 AktG131, 93 Abs. 1 Satz 3 AktG i. V. m. § 51a Abs. 2 GmbHG entgegenhalten kann, beziehungsweise muss.132 Die Antwort hierauf kann nicht ohne einen genauen Blick in den Gesellschaftsvertrag erteilt werden. Denn § 52 Abs. 1 GmbHG eröffnet für fakultative Aufsichtsräte kommunaler Gesellschaften die Möglichkeit, vorbehaltlich des Kernbereichs gesellschaftlicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse,133 den Umfang der Verschwiegenheit der Aufsichtsratsmitglieder näher festzulegen, zu erweitern oder einzuschränken. Insoweit handelt es sich bei dieser Norm um dispositives Recht.134 Sind daher die kommunalen Aufsichtsratsmitglieder im Gesellschaftsvertrag von der grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht befreit, steht dem Anspruch des Bürgermeisters aus § 51a GmbHG nichts entgegen.135 Insoweit kann 129 Bei entsprechender Gestaltung auch gegenüber einem Dritten, da es sich bei dem Auskunftsrecht um ein mitgliedschaftliches, indes nicht um ein höchstpersönliches Recht handelt, Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 51a GmbHG, Rn. 5; daher ist die Ansicht von Dünchheim, KommJur 2016, 441 (445), der Anspruch müsse durch den Bürgermeister geltend gemacht werden, zu eng. 130 Landesrechnungshof Schleswig-Holstein, Kommunale Einflusssicherung in Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 122 (128), abrufbar unter: http://www.landesrechnungshof-sh. de/file/komu2005-tz14.pdf (zuletzt abgerufen 11.02.2020); ohne entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG ist nur der Geschäftsführer zur Auskunft gegenüber dem Bürgermeister verpflichtet und nicht auch das Aufsichtsratsmitglied. So betont Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50 zu Recht, dass „in Bezug auf den Aufsichtsrat […] lediglich Protokolle eingesehen werden [können]“ und, dass „ein Recht auf Auskunft oder Berichterstattung durch Mitglieder des Aufsichtsrates […] nicht [besteht]“, Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113 GO NRW, 9.1, S. 13; bezüglich fehlenden Anspruchs von Fraktionen auf Aushändigung der Aufsichtsratsunterlagen, Meier, GemHH 1994, 248 (249 f.). 131 Nach § 116 Satz 2 AktG sind Aufsichtsratsmitglieder zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und Beratungen verpflichtet. Hierdurch wird ein Teilbereich des Gesetzes zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität vom 19.07.2002, BGBl. S. 2682 (TransPuG) verankert, Ristelhuber, NWVBl. 2016, 359 (360); M. Mann, AG 2018, 57 (58) weist darauf hin, dass sie Verschwiegenheitspflicht auch im Verhältnis zu den Aktionären Wirkung entfaltet. 132 So werden nach Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91) im Aufsichtsrat regelmäßig die Geschäftsführergehälter festgelegt, deren Offenlegung zu Spannungen führen könnte. 133 Altmeppen, in: Roth / ders., § 52 GmbHG, Rn. 30. 134 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, 52 GmbHG, Rn. 24; Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 12. 135 Im Fall einer solchen Regelung ist jedoch eine Abwägung zwischen Informationsbedürfnis des Rates auf der einen Seite und Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Daten von

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

im Gesellschaftsvertrag – wie dargelegt – der Auskunftsanspruch auch gegen den Aufsichtsrat festgelegt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob es einer vertraglichen Ausgestaltung der Verschwiegenheitspflichten136 und ihrer Lockerungen überhaupt bedarf. Die Frage ist darauf zurückzuführen, dass § 52 Abs. 1 GmbHG neben den §§ 116 Satz 1, 2 AktG i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG ausdrücklich auch auf die Dispensregelung und Dispensgrenze nach §§ 394, 395 AktG, welche die Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern öffentlicher Unternehmen regeln und sich damit an der Schnittstelle des privaten und des öffentlichen Rechts befinden,137 verweist. Wichtig ist zunächst das Verständnis, dass die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder das „notwendige Korrelat der Informationsrechte des Aufsichtsrats, die ihrerseits für die effektive Wahrnehmung seiner Überwachungs- und Beratungspflichten unerlässlich sind“138 ist. Hierbei scheint ein Blick auf die Entwicklung dieser Vorschriften nützlich zu sein. Denn so selbstverständlich sich dieser Verweis heute auch lesen mag, so sehr gilt es zu betonen, dass vormals die §§ 394, 395 AktG in der Verweisungsnorm für den gesellschaftsvertraglich begründeten fakultativen Aufsichtsrat nicht ausdrücklich aufgeführt waren.139 Dies änderte sich erst mit Art. 5 der Aktienrechtsnovelle 2016 vom 22.12.2015.140 Seither verweist § 52 GmbHG auch auf die §§ 394, 395 AktG Geschäftspartnern sowie dem Wohl der Allgemeinheit auf der anderen Seite vorzunehmen, Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 12 mit Verweis auf BayVGH, Urteil vom 08.05.2006 – 4 BV 05.756 – juris, Rn. 22, 25.  136 Neben dem Schutz der Gesellschaft vor den mit der Preisgabe vertraulicher und geheimer Vorgänge verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen, ermöglicht sie im Zuge um die Diskussion einer vertrauensvollen „Corporate Governance“ eine Sphäre der offenen und vertrauensvollen Diskussion zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, welche die Grundlage der effizienten Wahrnehmung der Überwachungs- und Beratungsaufgabe durch den Aufsichtsrat ist, Ristelhuber, NWVBl. 2016, 359 (360). 137 M. Mann, AG 2018, 57 (57), der darauf hinweist, dass die Vorschriften einerseits die demokratische Kontrolle öffentlicher Unternehmen ermöglicht und andererseits die Funktionsfähigkeit der Aktiengesellschaft, die Interessen der Gläubiger, privater Mitgesellschafter sowie Arbeitnehmer wahren wollen. 138 M. Mann, AG 2018, 57 (58), der die Bedeutung der Verschwiegenheit gerade im Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat unterstreicht. 139 Dies hatte insbesondere zur Folge, dass die kommunalen Aufsichtsratsmitglieder einer AG aufgrund der Anwendbarkeit der §§ 394, 395 AktG weniger strengen Verschwiegenheitspflichten unterlagen als die Mitglieder der GmbH. Daher wurde von einigen Autoren vorgeschlagen die §§ 394, 395 AktG – jedenfalls bei der mitbestimmten GmbH – analog auch auf die GmbH anzuwenden. Andere wendeten wiederum ein, dass es hierfür bereits an der Regelungslücke fehle, weil der Gesetzgeber sich bis zur Aktienrechtsnovelle 2016 (Gesetz vom 22.12.2015) in mehreren Reformvorschlägen gegen eine Öffnung der Verschwiegenheitspflicht ausgesprochen hatte, vgl. nur Dünchheim, KommJur 2016, 441 (445); Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 4–6; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 452 ff. 140 BGBl. Jahrgang 2015, Teil I Nr. 55, S. 2565 ff., abrufbar unter: www.bgbl.de/xaver/ bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl115s2565.pdf%27%5D#__ bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl115s2565.pdf%27%5D__1552754641769, (zu­ letzt abgerufen am 11.02.2020); siehe hierzu auch Belcke / Mehrhoff, GmbHR 2016, 576 ff.

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und eröffnet der Kommune den Zugang zu mehr Information und Kontrolle.141 Die Regelungen sind im Zusammenhang mit sonstigen Informations- und Prüfungsvorschriften in Bezug auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit mehrheitlich staatlicher Beteiligung zu sehen.142 Hier seien insbesondere §§ 65–69 BHO und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften der LHO NRW sowie §§ 53, 54 HGrG genannt.143 Zugleich wollte der Bundesgesetzgeber auch das Aufsichtsratsmitglied vor einer strafrechtlichen Verfolgung nach § 85 GmbHG für die Verletzung von Geheimhaltungspflichten schützen.144 Dennoch befinden sich Aufsichtsratsmitglieder aufgrund der weit reichenden Verschwiegenheitspflicht in einer unangenehmen Lage. Ihnen droht bei einer Verletzung ihrer Pflichten nämlich nicht nur die Abberufung nach § 103 AktG i. V. mit § 52 GmbHG, sondern auch eine zivilrechtliche Schadenersatzhaftung gegenüber der Gesellschaft, im Extremfall nach § 826 BGB sogar gegenüber Dritten.145 Auch deshalb macht der Verweis die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder nicht überflüssig, weil hierdurch insbesondere die Grenzen des Verschwiegenheitsdispenses einvernehmlich und unter Beachtung des Einzelfalls verankert werden können. Fehlt eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag aber, sind die §§ 394, 395 AktG als Grundregel zu verstehen.146 In diesem Fall bleibt die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, die sich als Ausprägung ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gegenüber der Aktiengesellschaft versteht,147 nach § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. §§ 116, 93 Abs. 3 AktG bestehen.148 Zu beachten ist, dass im Fall einer mehrheitlich kommunal beherrschten GmbH auch der Bürgermeister zum Aufsichtsrat zählen muss (§ 113 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 GO NRW). Hierbei ist die Verschwiegenheitspflicht des § 116 Satz 2 AktG im Gegensatz zur Verschwiegenheitspflicht des § 51a Abs. 2 GmbHG als Regel zu verstehen, die lediglich in gesetzlich normierten Fällen durchbrochen

141 Belcke / Mehrhoff, GmbHR 2016, 576 (577). 142 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9); vgl. auch Koch, in Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 42; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 177 f., S. 90 f. 143 Hierauf und auf das Interesse der öffentlichen Hand an aktiver Einflussnahme auf die von ihr gehaltenen Unternehmen und umfassender Kontrolle weisen zu Recht Schmidt-­Aßmann / ​ Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (6) hin. 144 BT-Drs. 18/4349, S. 34; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 10. Diese Straf­ vorschrift ist zwar als Sonderdelikt ausgestaltet, das sich an Geschäftsführer, Liquidatoren oder Mitglieder des Aufsichtsrates richtet. Allerdings können sich andere Personen nach § 203 StGB bei der Verletzung von Privatgeheimnissen strafbar machen, Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91). 145 Ristelhuber, NWVBl. 2016, 359 (361). 146 BGH NJW 1997, 1985 (1986); Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 100, S. 51 f.; Engelstätter, NordÖR 2003, 98 (100). 147 M. Mann, AG 2018, 57 (57). 148 C. Jäger, BeckOK GmbHG, § 52, Rn. 74.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

werden darf.149 Dann aber kommt es maßgeblich darauf an, ob eine gesetzliche Ermächtigung besteht, die es erlaubt, den Mantel des Schweigens abzulegen. Als solche kommt § 394 AktG in Betracht, wenn eine Berichtspflicht gegenüber der Gebietskörperschaft besteht, auf deren Veranlassung das Aufsichtsratsmitglied in das Organ gewählt wurde. Zu klären ist somit, wie es sich auf den Informationsfluss auswirkt, wenn der Bürgermeister als Vertreter der Gesellschafterkommune gegenüber dem Aufsichtsrat einen Auskunftsanspruch geltend gemacht, um seinerseits dem Begehren des Ratsmitglieds aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW nachkommen zu können. Hierbei gilt es danach zu differenzieren, ob der Bürgermeister selbst Aufsichtsratsmitglied150 ist oder nicht. Ist er kein Aufsichtsratsmitglied, steht ihm gegen die Mitglieder dieses Organs kein Auskunftsanspruch aus § 51a Abs. 1 GmbH zu. Denn als Vertreter der Gesellschafterin Kommune steht ihm dieser Anspruch allein gegen die Geschäftsführung zu. Gegenüber Mitgliedern des Aufsichtsrats können in Ermangelung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung lediglich Protokolle eingesehen werden. Ein Recht auf Auskunft oder Berichterstattung durch Mitglieder des Aufsichtsrats besteht hingegen nicht. Gerade diese Lücke wird durch die §§ 394, 395 AktG geschlossen.151 Hiernach ist es dem Bürgermeister möglich, die von der Kommune in den Aufsichtsrat entsandten Vertreter zur Auskunft oder zum Bericht zu verpflichten, § 394 Satz 1, 3 AktG i. V. m. § 113 Abs. 5 GO NRW.152 Hierbei stellt sich allerdings die Frage, ob der Bürgermeister als tauglicher Adressat für die Information in Frage kommt. Denn im Kern beschränkten sich §§ 394, 395 AktG darauf, für Unternehmen der öffentlichen Hand den mit Unternehmensinterna befassten Personenkreis auf die bei der Gebietskörperschaft zuständigen Personen auszudehnen und diese entsprechenden Geheimhaltungspflichten zu unterwerfen.153 Ohne zu sehr in die sogleich noch vorzunehmende Diskussion um die Reichweite der Be 149 Spindler, in: ders. / Stilz, § 116 AktG, Rn. 104; Dünchheim, KommJur 2016 441 (445). 150 Dies dürfte bei einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen mit mehrheitlich kommunaler Beteiligung der Regelfall sein, weil die Gemeinde insoweit verpflichtet ist, neben einem sonstigen Vertreter auch den Bürgermeister oder den von ihm vorgeschlagenen Bediensteten in den Aufsichtsrat zu bestellen, § 113 Abs. 2 Satz 1 GO NRW. Die nachfolgenden Überlegungen finden ihre Berechtigung daher allein in Vollständigkeitsgesichtspunkten. 151 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50; zur gesellschaftsvertraglichen Regelung nach § 52 GmbHG, Landesrechnungshof Schleswig-Holstein, Kommunale Einflusssicherung in Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 122 (128), abrufbar unter: www.landesrechnungshof-sh.de/file/komu2005-tz14.pdf (zuletzt abgerufen am 23.10.2018). 152 Bracht, NVwZ 2016, 108 (110), der jenseits der verpflichtenden Dimension des § 113 Abs. 5 GO NRW spiegelbildlich das Recht betont, von gemeindlichen Vertretern im Aufsichtsrat aktiv Informationen verlangen zu können. Auch dies sei von der Pflicht der zumutbaren Informationsbeschaffung umfasst. Dem wird man bereits aus der umfassenden Treuepflicht der Ratsmitglieder nach §§ 43 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW zustimmen müssen. 153 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (6); Kropff, in: FS Hefermehl, S. 327 (342), der die Wechselbeziehung zwischen Einschränkung des Geheimnisschutzes nach § 394 S. 1 AktG und der Ausdehnung der Verschwiegenheitspflicht durch § 395 Abs. 1 AktG hinweist.

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richtspflichten nach § 113 Abs. 5 GO NRW vorzudringen, kann hier festgehalten werden, dass der Bürgermeister als Vorsitzender des Rates (§ 40 Abs. 2 Satz 3, 4 GO NRW) und Vertreter der Gemeinde (§ 63 GO NRW) aus gesellschaftsrechtlicher Sicht bereits deshalb als Berichtsadressat in Betracht zu ziehen ist, weil er über § 395 Abs. 1 AktG in den Kreis der Schweigepflichtigen einbezogen ist.154 Erhält der Bürgermeister die gewünschte Information, ist er im Grundsatz verpflichtet, sie in Erfüllung des Anspruchs auf Informationsweitergabe aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW dem Ratsmitglied zu übermitteln. Hierfür spricht insbesondere, dass der Bürgermeister bereits gegenüber dem Rat zur „ausgedünnten“155 Weitergabe der erhaltenen Informationen unter Berücksichtigung der Vertraulichkeit von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen verpflichtet ist.156 Dann ist aber nicht ersichtlich, weshalb er die Auskunft einem einzelnen Ratsmitglied gegenüber vorenthalten können sollte. Hierbei ist vor allem die überragende und oben bereits aufgezeigte Bedeutung des Auskunftsanspruchs für eine wirksame Kontrolle der Verwaltung zu beachten. Doch wie verhält es sich mit dem Auskunftsanspruch, wenn der Bürgermeister – wie im Regelfall üblich – selbst Aufsichtsratsmitglied ist. Hier könnte er aufgrund der ihn in diesem Status treffenden Verschwiegenheitspflichten gehindert sein, die ihm zur Verfügung stehenden Informationen an einzelne Rats- und Kreistagsmitglieder weiterzugeben. Denn die gebotene Vertraulichkeit der Sitzung des Aufsichtsrats könnte nicht nur dagegen sprechen, Ratsmitgliedern ein allgemeines Recht auf Teilnahme als Zuhörer an den Sitzungen des (fakultativen) Aufsichtsrats einzuräumen,157 sondern auch dagegen, Auskunftsbegehren einzelner Ratsmitglieder nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW uneingeschränkt und ungeprüft auf sämtliche Gegenstände der Beratungen in den Aufsichtsräten zu erstrecken.158 Dieser Einwand könnte tatsächlich berechtigt sein. Denn auf den ersten Blick kann es für die Unzulässigkeit der Informationsweitergabe keinen Unterschied machen, ob das Ratsmitglied unberechtigterweise an der Ratssitzung teilnimmt oder aber Beratungsgegenstände an ihn herangetragen werden. In dem hier zu prüfenden Fall, dass die Gesellschafter sich zwar auf die Gründung eines Aufsichtsrats geeinigt, Regelungen zum Umfang der Verschwiegenheit 154 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 11; Dünchheim, KommJur 2016, 441 (447). 155 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 11. 156 Vgl. Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 11 f., der ausdrücklich auf die Adressatenstellung des Bürgermeisters gegenüber dem Auskunftsersuchen des einzelnen Ratsmitglieds hinweist. 157 So OVG Münster, NWVBl. 1997, 67 (68), das betont, dass ein Recht auf Teilnahme in den Sitzungen des Aufsichtsrats, ohne Berücksichtigung der Stellung und der Aufgabe des Organs als Kontrolleinrichtung, gegen gesellschaftsrechtliche Vorgaben verstieße; hierzu auch Müller, GemHH 1999, 51 ff. 158 Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91); zum vergleichbaren Konflikt über Reichweite der Verschwiegenheit der Tagesordnungspunkte in Aufsichtsratssitzungen, VGH München, NVwZRR 2007, 622 ff.

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seiner Mitglieder indes nicht getroffen haben,159 ist die Diskussion vergleichbar mit etwaigen Auskunftsansprüchen eines Ratsmitglieds gegenüber einem im Aufsichtsrat einer kommunalen AG vertretenen Bürgermeister. Denn dem Aktienrecht mangelt es im Gegensatz zum GmbH-Recht an einem umfassenden Informationsanspruch des Aktionärs. Anders als bei § 51a GmbHG besteht ein Auskunftsanspruch lediglich im Rahmen der Hauptversammlung, § 131 Abs. 1 AktG. Allerdings kann der Bürgermeister als Vertreter der Aktionärin Kommune in diesem Organ lediglich Informationen erhalten, die er für die Ausübung seiner Reche, insbesondere der sachgemäßen Beurteilung von Tagesordnungspunkten, etwa im Hinblick auf Beschlussfassungen, der Einleitung einer Sonderprüfung oder sonstiger unmittelbarer oder mittelbarer Angelegenheiten der Gesellschaft benötigt.160 Daher ist es verständlich, dass das Ratsmitglied primär nicht an den Informationen interessiert sein dürfte, die der Bürgermeister als Vertreter der Gesellschafterkommune erhalten hat. Vielmehr dürfte ihm an solchen Informationen gelegen sein, die dem Bürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsrat zur Verfügung stehen beziehungsweise über die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat verfügbar sind.161 Dann aber ist es angebracht, bei der Frage nach dem Verhältnis von Verschwiegenheitspflicht und kommunalem Auskunftsanspruch nicht danach zu unterscheiden, ob der Bürgermeister die Gemeinde im Aufsichtsrat einer AG oder im Aufsichtsrat einer GmbH, in der keinerlei Ausgestaltungen des Gesellschaftsvertrags im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht vorgenommen worden sind, vertritt. In seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied unterliegt der Bürgermeister der Verschwiegenheitspflicht, § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 116 Satz 2 AktG. Maßgeblich ist daher, ob § 394 Satz 1 AktG die Verschwiegenheitspflicht entfallen lässt. Dies wäre der Fall, wenn das Aufsichtsratsmitglied hinsichtlich konkreter Berichte verpflichtet wäre, sie gegenüber „seiner“ Gebietskörperschaft zu erstatten. Diese Verpflichtung kann nach § 394 Satz 3 AktG insbesondere gesetzlich angeordnet sein.162 In diesem Zusammenhang stellt sich die bislang kaum diskutierte Frage, ob § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW eine hinreichende Berichtspflicht i. S. des § 394 Satz 1 AktG begründet.163 Hier dürfte vor dem Hintergrund der Aktienrechtsnovelle 2016 ein weites Verständnis geboten sein. Dafür spricht vor allem die Möglichkeit, Berichtspflichten nunmehr sogar rechtsgeschäftlich zu vereinbaren. Diese Öffnung zugunsten der Gebietskörperschaften sollte nach der Gesetzesbegründung alle „denkbaren Varianten abdecken“164. In diesem Lichte betrachtet, umfasst das Merk 159 Andernfalls ergibt sich das Maß der Verschwiegenheitspflicht bereits aus dem Gesellschaftsvertrag. 160 Drinhausen, in: Hölters, Aktiengesetz, § 131, Rn. 1,8,10. 161 So ausdrücklich Bracht, NVwZ 2016, 108 (111); ähnlich Dünchheim, KommJur 2016, 441 (445). 162 Vgl. Bracht, NVwZ 2016, 108 (111), der jedoch noch davon ausgeht, dass eine rechtgeschäftlich begründete Berichtspflicht nicht ausreichen würde. Dies hat sich mit der Einführung des § 394 Satz 3 AktG im Zuge der Aktienrechtsnovelle indes geändert. 163 Bracht, NVwZ 2016, 108 (111). 164 BT-Drs. 18/4349, S. 33; Müller-Michaels, in: Hölters, Aktiengesetz, § 393, Rn. 25.

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mal „Gesetz“ a minori ad maius gerade auch landesgesetzliche Pflichten, welche eine Berichterstattung rechtfertigen. Insoweit würde § 55 Abs. 2 Satz 1 GO NRW i. V. m. § 394 AktG als hinreichende Anspruchsgrundlage zum Erhalt von Informationen gegenüber dem Bürgermeister als Aufsichtsratsmitglied genügen.165 Hiergegen werden allerdings erhebliche Bedenken vorgebracht. So ist Koch166 der Auffassung, dass Ratsfraktionen, einzelne Gemeinderatsmitglieder, Arbeitskreise und ähnliche Einrichtungen keine Berichtsempfänger sein könnten, weil dies bereits nach dem kommunalen Organisationsrecht der Gemeinden erkennbar nicht gewollt sei. Daher wäre eine Berichterstattung gegenüber diesen Adressaten „ohne weiteres rechtwidrig“. In der Tat könnte man dem aus zwei Gründen zustimmen.167 Zunächst spricht der Wortlaut des § 394 Satz 1 AktG gegen einen Auskunftsanspruch des einzelnen Ratsmitglieds, einer Ratsfraktion, eines Arbeitskreises oder einer ähnlichen Gruppierung innerhalb der Organs Gemeinderat. Denn § 394 Satz 1 AktG dispensiert von der Verschwiegenheitsverpflichtung nur bei Berichtspflichten gegenüber „der Gebietskörperschaft“. Dass es sich bei diesen Einheiten um keine Gebietskörperschaft handelt ist eindeutig. Daher wird vereinzelt angenommen, dass der Landesgesetzgeber die Exekutive als zwingenden Berichtsadressaten festgelegt habe, weil sie die Eigentümerfunktion für die Gebietskörperschaft im Außenverhältnis wahrnehme.168 Dieses enge Adressatenverständnis überzeugt indes nicht.169 Denn es besteht kein Grund, zu Lasten der Gemeinden die Ausgestaltung kommunaler Organisationsgesetze ohne Not einzuschränken. Insoweit steht es nämlich im Ermessen der Gebietskörperschaft festzulegen welches Organ oder Organmitglied der Gemeinde Adressat der Berichtspflicht sein soll.170 Indes darf nicht missachtet werden, dass der privilegierte Berichtsadressatenkreis in § 394 AktG auslegungsbedürftig ist. Dies hat zur Folge, dass es zwar zulässig ist, den Adressatenkreis organisationsgesetzlich festzulegen. Allerdings sind hierbei die Schranken, die „dem aktienrechtlichen Gefüge zu entnehmen sind“171 unter Beachtung des systematischen Zusammenhangs zwischen § 394 AktG und § 395 AktG zu berücksichtigen.172 Insoweit führt diese Feststellung möglicher 165 Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1317), der darauf hinweist, dass Fraktionen und Ratsmitglieder unter Berufung auf § 394 AktG regelmäßig Ansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder geltend machten; zur Stellung der Fraktion im Rat vgl. Heusch, NWVBl. 2015, 401 ff. 166 Koch, in: Hüffer / ders., § 394, Rn. 42. 167 So ausdrücklich Bracht, NVwZ 2016, 108 (111), an dessen Beitrag die nachfolgende Unterteilung angelehnt ist. 168 Wilting, AG 2012, 529 (533). 169 So aber Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (148). 170 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 36; Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14; Bracht, NVwZ 2016, 108 (111); Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 179, S. 91. 171 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 36. 172 Land / Hallermayer, AG 2011, 114 (118); Oetker, in: Schmidt / Lutter, § 394 AktG, Rn. 26.

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weise dazu, dass ein weiterer Grund gegen einen Auskunftsanspruch nach § 55 Abs. 2 Satz 1 GO NRW i.V.m § 394 Satz 3 AktG des Ratsmitglieds oder sonstiger oben genannter Einheiten gegenüber dem Bürgermeister als Aufsichtsratsmitglied vorgebracht werden kann. Hierbei handelt es sich um denselben Einwand, der auch in Bezug auf die Berichtspflicht von kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber dem Rat gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW vorgebracht wird.173 Dies nicht zuletzt deshalb, weil sich unschwer eine normenhierarchisch gleichstufige Spiegelbildlichkeit zwischen dem Anspruch nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW und der Pflicht nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW erkennen lässt. Um weitreichende Synergien zu schaffen und die Argumentationszusammenhänge in ihrer Gesamtheit zu betrachten, sollen nachfolgend die Reichweite der gefundenen Ergebnisse zur Berichtspflicht auf den Auskunftsanspruch und umgekehrt übertragen werden. Maßgeblich ist somit, ob die kommunalrechtliche Vorschrift des § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW als hinreichende Berichtspflichtermächtigung gegenüber dem Rat und folglich a maiore ad minus gegenüber dem Ratsmitglied angesehen werden kann, um die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht zu suspendieren.174 Seinem Telos nach soll die Unterrichtungspflicht nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW die Anbindung der Unternehmen (und Einrichtungen) an die Gemeinde gewährleisten.175 Was unter „Angelegenheit von besonderer Bedeutung“ zu verstehen ist, erläutert die Vorschrift hingegen nicht.176 Anerkannt ist allerdings, dass dieser unbestimmte Rechtbegriff einer Konkretisierung im Einzelfall bedarf. Hierbei liefert „die Gemeindeordnung mit dem Kanon exklusiver Entscheidungskompetenzen des Rates in § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW“177 fruchtbare Anhaltspunkte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass es bei der Ausfüllung des Rechtsbegriffs auf die Sichtweise der Gemeinde und nicht auf die Bewertung der Gesellschaft ankommt, nur allzu konsequent.178 Während es Gemeinden freisteht hinsichtlich solcher Angelegenheiten im Gesellschaftsvertrag bei einer GmbH ohne Aufsichtsrat sowie im Falle eines vereinbarten Aufsichtsrats nach § 52  GmbHG  i. V. m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 3 AktG den Umfang und die Grenzen der Schweigepflicht näher festzulegen und zu erweitern, richtet sich im Falle einer fehlenden Regelung die Möglichkeit einer Dispensierung von Geheimhaltungspflichten nach dem Ver 173 Bracht, NVwZ 2016, 108 (111); die Adressatenproblematik wird im Rahmen der Berichtspflicht noch ausführlich behandelt. Allerdings gebietet es der enge Sachzusammenhang die mit dem Auskunftsanspruch parallel gelagerten Fragen bereits an dieser Stelle abzuhandeln. 174 So auch Bracht, NVwZ 2016, 108 (111). 175 LT-Drs. 11/4983, 26 freilich noch auf § 89a GO NRW a. F. bezogen. 176 Vgl. auch den unbestimmten Rechtsbegriff der „wichtigen Angelegenheiten“ nach § 62 Abs. 4 GO NRW, der aufgrund seiner Konturlosigkeit häufige Konfliktquelle in der Praxis ist, Lübken, in: Kleerbaum / Palmen, § 62 GO NRW, S. 937. 177 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 25. 178 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 20, der hierbei die notwendige Einzelfallbetrachtung betont.

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weis des § 52 GmbHG auf §§ 394, 395 AktG. Bei dieser Diskussion haben sich zwei Positionen verfestigt. (a) Unzulässigkeit von Auskunftserteilungen und Berichten Vornehmlich im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum179 wird vorgetragen, dass Empfänger der Berichtspflicht nur sein könne, wer zur Gewährleistung der auf ihn erstreckten Verschwiegenheitspflicht tatsächlich imstande sei. Von grundlegender Bedeutung ist daher die Einsicht, dass § 394 AktG die grundsätzlich bestehende Verschwiegenheitspflicht nach Maßgabe der §§ 116, 93 Abs. 1 AktG nicht aufhebt, sondern die Berichterstattung lediglich gegenüber Berichtsempfängern gestattet, die Gewähr dafür bieten, dass die auf sie erstrecke Verschwiegenheitspflicht des § 395 AktG erfüllt wird. Insoweit wird der Kreis der Geheimnisträger erweitert, ohne das Geheimnis einem gänzlich unbestimmten Personenkreis offenzulegen.180 Eine Norm, welche die grundsätzlich bestehende Verschwiegenheitspflicht suspendiere, müsse vor dem Hintergrund der systematischen Verbundenheit zwischen § 394 AktG und § 395 AktG diesen Anforderungen genügen. Hierbei handele es sich bei § 395 AktG um eine spezial-gesetzlich angeordnete Verschwiegenheitspflicht für Personen, die mit der Beteiligungsverwaltung und dem Beteiligungscontrolling einer Gebietskörperschaft oder mit der Prüfung der Tätigkeit der von der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder betraut sind.181 Mit Rücksicht auf die Gewährleistung des aktienrechtlichen Geheimnisschutzes dürfe die Berichterstattung nämlich nicht auf eine faktische Veröffentlichung von Unternehmensinterna hinauslaufen.182 Aus diesem Grund stünde weder einem Ratsmitglied noch einer Fraktion ein Anspruch auf Aushändigung von Aufsichtsratsunterlagen von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen zu.183 Insoweit eröffne § 394 AktG keinen Informationsweg zu Parlamenten oder nach Zusammensetzung und Transparenz vergleichbaren Organen der Gebietskörperschaft. Vielmehr bleibe der gesellschaftsrechtliche Geheimnisschutz als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift bestehen.184 Denn im kommunalen Bereich sei die erforderliche Geheimhaltung aufgrund der großen Zahl185 und der oft engen Beziehungen zwischen Mitgliedern des Gemeinderats, Bürgern und Unternehmen 179 Grundlegend Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 ff. 180 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9); Koch, in Hüffer / ders., § 394, Rn. 42; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 177, S. 90. 181 Battke / Voigt, SächsVBl. 2006, 273 (275). 182 Unter Hinweis auf § 395 Abs. 2 AktG sei eine Mitteilung von vertraulichen Angaben an den Rat faktisch als eine Veröffentlichung zu werten, Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (130). 183 In Bezug auf Fraktionen Meier, GemHH 1994, 248 (249 f.). 184 Will, VerwArch. 93 (2003), 248 (263); Grams, LKV 1997, 397 (401); Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (129); Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91). 185 Nach § 3 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz NRW beträgt die Anzahl der zu wählenden Vertreter für Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl von über 700.000 90 Vertreter und 45 Wahlbezirke.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

besonders problematisch.186 Daher könnten potentielle Berichtsadressaten nur Bedienstete der Beteiligungsverwaltung sowie der Rechnungsämter sein.187 Auch aus der Anerkennung fehlender Geheimhaltungspflichten der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern ergebe sich kein Dispens. Denn ein solches Verständnis führte zu einer unzulässigen Gleichsetzung zwischen Gemeinderat und der Gemeinde als Gesellschafterin. Insoweit ist der Rat zwar als Entscheidungs- und Kontrollorgan anzuerkennen. Doch lässt sich hieraus keine Organstellung ableiten, die es rechtfertigen würde, den Gemeinderat in die gesellschaftsrechtliche Struktur einzubeziehen.188 Soweit vereinzelt auf eine Entscheidung des BGH189 hingewiesen wird, in der das Gericht Landesverbänden gegenüber ihrem Dachverband einen Informationsanspruch aus § 51a GmbHG zugesprochen hat, könne auch hieraus keine Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht gegenüber Gemeinderatsmitgliedern und Fraktionen abgeleitet werden. Denn insoweit handele es sich um einen Sonderfall im Spannungsverhältnis gesellschaftsrechtlicher Verschwiegenheitspflichten und vereinsrechtlicher Informationsrechte.190 Das Gericht hat den Landesverbänden deshalb einen Informationsanspruch gewährt, weil sie aufgrund der engen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen (Vereinsmitglieder) nicht als Dritte gegenüber dem Dachverband angesehen werden könnten. Dass aber Gemeinderatsmitglieder gegenüber der Gesellschaft keine Dritte seien, habe das Gericht weder festgestellt noch sei Gegenteiliges zutreffend.191 Ein Auskunftsrecht stehe den Ratsmitgliedern aber auch aus einer anderen Überlegung nicht zu. Soweit sie nämlich keine Aufsichtsratsmitglieder sind, stehe ihnen kein Recht zur Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen, die nach § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. mit § 109 Abs. 1 Satz 1 AktG in nicht öffentlichen Sitzungen durchgeführt werden zu. Daher seien Überlegungen der Gemeinde dahingehend, zum Zwecke der Stärkung der Steuerungsfähigkeit des Rates sowie der demokratischen Legitimation schlechthin die persönliche Teilnahme der Ratsmitglieder als Zuhörer an den Beratungen der Aufsichtsräte anzuordnen, nach Ansicht des OVG Münster nicht überzeugend, weil hierdurch die dem Aufsichtsrat obliegenden Überwachungsaufgaben, wie auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Geschäftsführung erschwert, gegebenenfalls sogar unmöglich gemacht würde.192 Wenn sie aber nicht hieran teilnehmen dürften, so sei ihnen – ebenso wie dem Rat selbst – die Auskunft 186 So ausdrücklich Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 42; Land / Hallermayer, AG 2011, 114 (120). 187 Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (131). 188 Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (147); Lutter / Krieger / Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, § 20, S. 549, Rn. 1433. 189 BGH DStR 2003, 847 (848). 190 Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (147 f.); Meiski, BayVBl. 2006, 300 (303). 191 Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (148); a. A. Meiski, BayVBl. 2006, 300 (303 f.), der auf die Ingerenzpflicht des Ratsmitglieds hinweist und betont, dass es dieser Aufgabe nur nachkommen kann, wenn das Ratsmitglied vollständig informiert ist. 192 Insoweit wäre es auch unzulässig Ratsmitgliedern durch die Satzung das Recht einzuräumen, als Zuhörer an den Aufsichtsratssitzungen teilzunehmen, OVG Münster, NWVBl. 1997, 67 (68).

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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über Interna der Sitzung zu verwehren.193 In diesem Zusammenhang betont Beckmann194 den Wortlaut des § 113 Abs. 5 GO NRW, wonach die Berichtspflicht davon abhängt, ob es sich um „Angelegenheiten von besonderer Bedeutung“ handelt. Hiernach bestünde aufgrund der engen sachlichen Verbundenheit zum § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW gerade dort kein Auskunftsanspruch, wo es sich um unbedeutende Angelegenheiten handele. Schließlich wird vorgebracht, dass sich auch aus der Allzuständigkeit des Rates und seiner besonderen Funktion als oberstes Kontrollorgan der Verwaltung195 nichts anderes herleiten lasse, weil er nur die Interna der Gemeindeverwaltung und nicht auch die „ausgelagerte“ Wirtschaftsbetätigung überwache.196 Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass das Informationsinteresse des Rates durch den jährlich fortzuschreibenden Beteiligungsbericht (§ 117 GO NRW) hinreichend gestillt werde und Gemeinden darüber hinaus nach §§ 53 f. HGrG bei Bestehen von Mehrheitsbeteiligungen vom Abschlussprüfer eine Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens veranlassen könnten.197 Im Wesentlichen wird somit argumentiert, dass der Gemeinderat in seiner Gesamtheit nicht als tauglicher Berichtsadressat in Betracht komme, weil er insbesondere die Verschwiegenheitspflicht nach § 395 AktG nicht gewährleisten könne. Könne dieser Verpflichtung aber vom Gemeinderat angesichts der vielen Mitglieder unterschiedlicher politischer Provenienz und der starken Transparenz198 nicht nachgekommen werden, sei das gehörige Maß an Verschwiegenheit, mangels organisatorischer Sicherung zum Schutz der Vertraulichkeit, erst recht nicht vom einzelnen Ratsmitglied zu erwarten.199 Daher wird von einigen Verfechtern dieser Position argumentiert, dass Vorschriften des Kommunalrechts, welche den Gemeinderat, einzelne Fraktionen, Arbeitsgruppen oder Ratsmitglieder als Adressaten der Berichtspflicht benennen, vor dem Hintergrund der Kollision mit der bundesrechtlich angeordneten Verschwiegenheitsverpflichtung des Aktienrechts nichtig seien, Art. 31 GG.200 193 Vgl. Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (148). 194 Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91). 195 Frenzen, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 40, Rn. 8. 196 Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (149). 197 Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (149); van Kann / Keiluweit, DB 2009, 2251 (2253); Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (130), die betont, dass sich aus dem Prüfungsrecht, das nur im Falle von Mehrheitsbeteiligungen bestehe, ableiten lasse, dass der Gesetzgeber nur im Ausnahmefall einer Mehrheitsbeteiligung ein besonderes Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft anerkenne. 198 Hierzu Burgi, NVwZ 2014, 609 ff. 199 Will, VerwArch. (93) 2003, 248 (263); Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (148 f.); Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 11. Oetker, in: Schmidt / Lutter, § 394 AktG, Rn. 27; Koch, in: Hüffer / ders., § 394, Rn. 42 f.; Dünchheim, KommJur 2016, 441 (446). 200 „Das ist eine bundesrechtliche Vorgabe, an denen kommunalrechtliche Pflichtentatbestände nicht vorbeikommen“, Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (18); Land / Hallermayer, AG 2011, 114 (120); Koch, in: Hüffer / ders., § 394, Rn. 43; Oetker, in: Schmidt / Lutter, § 394 AktG, Rn. 27; ob dieser Hinweis auf die Normenhierarchie bei dieser Kollision und anderen Spannungsfeldern zutrifft, wird noch eingehend im sechsten Teil dieser Arbeit untersucht.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Hieran ändere auch die Möglichkeit, bestimmte Angelegenheiten im Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung nach § 48 Abs. 2 Satz 2–5 GO NRW zu behandeln, nichts.201 Dies sei dem Umstand geschuldet, dass selbst an solchen Sitzungen Mitglieder der Bezirksvertretung und der Ausschüsse teilnehmen können (§ 48 Abs. 4 Satz 1 GO NRW) und im Hinblick auf weitere Anwesende „nach allen Erfahrungen die Verbindlichkeit von Geheimhaltungsvorschriften desto schwächer empfunden wird, je geringer die Bindung des Geheimnisträgers an das Gremium oder Amt ist, das die Geheimhaltung verlangt“.202 Ähnliches gelte auch für Fraktionen, „da ein Berichtsrecht, wenn man es einer Fraktion einräumte, allen Fraktionen zugestanden werden müsse“203. Bedenken werden auch hinsichtlich der Berichterstattung gegenüber Ratsausschüssen204 erhoben, weil selbst bei nichtöffentlicher Sitzung sämtliche Ratsmitglieder hieran teilnahmen können, § 58 Abs. 1 Satz 4 GO NRW und hierdurch die benannten Verschwiegenheitslücken bestünden.205 Wenn bei all diesen Adressaten keine Mechanismen für eine gehörige Sicherung der erhaltenen Informationen vorhanden sind, dann kann konsequenterweise gegenüber dem einzelnen Ratsmitglied erst recht keine Auskunft erteilt oder Bericht erstattet werden.206 Unabhängig davon, ob der Hinweis auf die Normenhierarchie bei dieser Kollision zutrifft und welche Argumente die Verfechter der Position für die Möglichkeit der Berichterstattung an den Rat, die Fraktionen, Ausschüsse und insbesondere das einzelne Ratsmitglied vorbringen, soll zunächst untersucht werden, ob und ggf. in welchen Fällen die notwendige Vertraulichkeit bei Berichten an das Plenum eines Gemeinderates tatsächlich nicht sichergestellt werden kann. Im Anschluss hieran folgt eine Untersuchung, ob nicht Regelungen bzw. Ausgestaltungsmöglichkeiten vorhanden sind, die eine Berichterstattung an das kollektive Plenum und somit an 201 Will, VerwArch. 2003 (94), 248 (263), weist darauf hin, dass dann auch Berichtspflichten gegenüber dem Rat nur insoweit zulässig seien, als Geheimnisse und vertrauliche Angaben lediglich gegenüber dem Vertreter des Rates erfüllt würden. Dieser müsse jedoch seinerseits dem Geheimnisschutz gerecht werden, was folglich zu einer „gefilterten Weitergabe“ der Informationen führe. 202 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (22) freilich bezogen auf § 33 GO a. F. und dem Hinweis, dass währende die Verschwiegenheitsverpflichtung von beamteten Amtsträgern der Verwaltung- und Rechnungsprüfungsbehörden als bindend angesehen werde, sie von ehrenamtlich tätigen Ratsmitgliedern bereits weniger und von sachkundigen Einwohnern und Bürgern schon kaum noch als Verpflichtung empfunden werde. 203 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (22) und dem Hinweis, dass ähnlich wie beim Gemeinderat selbst, sich aus der Bestimmung der Aufsichtsratsmitglieder noch kein Berichtsrecht ergäbe. 204 Diese Ausschüsse sind indes nicht mit den freiwilligen Ausschüssen nach § 57 Abs. 1 GO NRW als Konkretisierung der kommunalen Organisationshoheit, § 28 Abs. 2 GG, Art. 78 Abs. 1, 2 Landesverfassung NRW zu verwechseln. Denn nach § 57 Abs. 1, 4 Satz 1 GO NRW kann der Rat Ausschüsse bilden und für die Arbeit in den Ausschüssen Richtlinien festlegen, Kallerhoff, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 57, Rn. 12, 32. 205 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (22) bezogen auf § 42 Abs.1 Satz 3 GO NRW a. F. 206 Vgl. Bracht, NVwZ 2016, 108 (111).

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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das einzelne Ratsmitglied erlauben. Hierauf wird insbesondere bei der Darstellung der Positionen der Anhänger einer umfassenden Berichtspflicht eingegangen. (b) Öffentlichkeit von Ratssitzungen – Berichtsverbot wegen Vertraulichkeitsdefizits? Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW sind die Sitzungen des Rates „öffentlich“.207 Das Prinzip der Sitzungsöffentlichkeit diene größtmöglicher Transparenz des Entscheidungsfindungsprozesses und der endgültigen Entscheidung selbst. Sie ist erforderliches Element der „Vorbereitung der Wahlentscheidung der Gemeindebürger“, weil sie hierfür Kenntnis von den politischen Verhältnissen im Gemeinderat benötigen.208 Allerdings ist es möglich, die Öffentlichkeit durch Geschäftsordnung beziehungsweise Antrag des Bürgermeisters oder eines Ratsmitglieds für bestimmte Angelegenheiten auszuschließen. Doch gilt es hierbei zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des VerfGH NRW im Grundsatz der Öffentlichkeit von Sitzungen kommunaler Gremien ein Kernelement des Kommunalrechts schlechthin wurzelt, wobei das BVerfG hierin einen Ausfluss des Demokratieund Rechtsstaatsprinzips erkennt.209 Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Verfassungsgrundsätze lassen sich die Transparenzfunktion, die Kontrollfunktion und die Willensbildungsfunktion als die drei zentralen Funktionen hinter dem Grundsatz der Öffentlichkeit von Ratssitzungen ableiten. Der gesamte Willensbildungsprozess der Gemeinde müsse für den Bürger durchschaubar sein und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen werden.210 Hierbei bedeute Öffentlichkeit im Sinne der kommunalrechtlichen Vorschriften, dass jedermann Zutritt zu den jeweiligen Sitzungen des Rates verlangen kann.211 Dann aber würden Themen an die Öffentlichkeit und somit ggf. auch an Mitbewerber und Vertragspartner der Kommune treten, deren Geheimhaltung erforderlich ist, um die politischen Sach- und wirtschaftlichen Gewinnerzielungsziele zu erreichen.212 Vor 207 Das BVerfG spricht vom „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“, wodurch erst effektive Kontrolle der Vertreter hergestellt werde, BVerfG, NJW 1986, 907 (909). Denn „Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich“, BVerfG NJW 1975, 2331 (2335); Müller, VR 2011, 161 (161), der zugleich auch auf die legitimationsstiftende Funktion des Öffentlichkeitsprinzips hinweist. 208 Müller, VR 2011, 161 (161). 209 BVerfG NJW 1976, 2331 (2335); VerfGH NRW NJW 1976, 1931 (1931). 210 Faber, in: Held / Becker / Decker et al., § 48 GO NRW, 9.1, S. 13 f.; Burgi, NVwZ 2014, 609 (609). Hier spielt nicht zuletzt der Umstand eine Rolle, dass die Gemeinde letztlich mit den Steuergeldern ihrer Angehörigen wirtschaftet und verpflichtet ist, dieses Geld treuhänderisch zu verwalten. Dieser Umstand ist auch bei der Frage nach dem Umfang der Verschwiegenheitspflicht zu berücksichtigen. 211 Burgi, NVwZ 2014, 609 (609), der zugleich darauf hinweist, dass die Saalöffentlichkeit häufig schon dadurch überstiegen würde, dass Sitzungsvorlagen vorab ins Internet eingestellt würden. 212 Vgl. Burgi, NVwZ 2014, 609 (610).

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass nach § 48 Abs. 2 Satz 2 GO NRW die Öffentlichkeit generell für Angelegenheiten einer bestimmten Art durch die Geschäftsordnung ausgeschlossen werden oder nach Satz 3 der Vorschrift für einzelne Angelegenheiten durch Beschluss des Rates auf Antrag des Bürgermeisters oder eines Ratsmitglieds der Zutritt verweigert werden kann. Flankiert wird der hiermit intendierte Schutz gemeindepolitischer und -wirtschaftlicher Geheimhaltungsinteressen durch die Verschwiegenheitspflicht der Ratsmitglieder nach § 30 GO NRW i. V. m. § 43 Abs. 2 GO NRW213, weil immer dann, wenn nach diesen Regelungen das Rastmitglied zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, über die betroffenen Angelegenheiten auch nicht in öffentlicher Sitzung verhandelt werden kann. Gemeint sind insbesondere Angelegenheiten, die ihnen bei ihrer oder bei Gelegenheit214 ihrer Ratstätigkeit bekanntgeworden sind, deren Geheimhaltung ihnen auferlegt ist oder die Geheimhaltung Kraft Natur der Angelegenheit215 erforderlich ist.216 Andersherum bestehe dann, wenn der Rat einen Beschluss217 in nicht öffentlicher Sitzung gefasst hat, eine Pflicht zur Verschwiegenheit der einzelnen hieran beteiligten Ratsmitglieder.218 Wie sind jedoch in diesem Zusammenhang Ratssitzungen auszugestalten, in denen Angelegenheiten des kommunalen Unternehmens behandelt werden? Klar ist, dass über sie nur dann in aller Öffentlichkeit beraten werden kann, wenn dies dem Bürgermeister und den kommunalen Vertretern gestattet ist. So stellt Burgi219 213 Insgesamt findet die Verschwiegenheitspflicht des Ratsmitglieds seine Grundlage in dem besonderen Treueverhältnis, in dem es zu seiner Körperschaft steht. Die Mitgliedschaft im obersten Verwaltungsorgan der Gemeinde ziehe die Verpflichtung nach sich, vorrangig das Interesse der Gemeinde zu vertreten. Dies ergebe sich bereits aus dem in § 32 GO NRW enthaltenen Vertretungsverbot. Hieraus sei neben dem Mitwirkungsverbot auch die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit abzuleiten, Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 32, S. 2; Müller, VR 2011, 161 (162). 214 VG Arnsberg, Urteil vom 26.09.2003 – 12 K 5195/02– juris, Rn. 33; Müller, VR 2011, 161 (162). 215 „Ihrer Natur nach sind solche Angelegenheiten geheim zu halten, deren Mitteilung an andere dem Gemeinwohl zuwiderlaufen würde. Damit sind Interessen und Anliegen gemeint, die über die Interessen einzelner hinausgehen und die Interessen der örtlichen oder überörtlichen Gemeinschaft betreffen“, Müller, VR 2011, 161 (162). 216 Vgl. Müller, VR 2011, 161 (162), der dem Prinzip der Öffentlichkeit das Prinzip der vertraulichen Behandlung bestimmter Angelegenheiten gegenüberstellt. 217 In der Praxis erfolgt nur selten ein Beschluss. Vielmehr wird die Geheimhaltung einer Angelegenheit dadurch sichergestellt, dass der Tagesordnungspunkt in den nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung eingeordnet wird, Müller, VR 2011, 161 (162). 218 VG Minden, Urteil vom 16.04.2015 – 2 K 1051/08 – juris, Rn. 26; Burgi, NVwZ 2014, 609 (611). Dass sich aufgrund des Ausschlusses der Sitzungsöffentlichkeit das Organrecht des Ratsmitglieds auf freie Mandatsausübung verenge, stellte jüngst das VG Bremen, Urteil vom 21.03.2018 – 1 K 3698/16 – juris, Rn. 22 fest. Denn die hiermit einhergehende Pflicht zur Verschwiegenheit führe dazu, dass das Ratsmitglied keine Überzeugungsbildung außerhalb des Ratsgremien betreiben könne, Heusch / Dickten, NVwZ 2018, 1353 (1354). Diese Rechtsprechung stellt den Zusammenhang zwischen dem Ausschluss der Sitzungsöffentlichkeit und der Verschwiegenheitspflicht besonders deutlich dar. 219 Burgi, NVwZ 2014, 609 (611).

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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zutreffend fest, dass jedenfalls dann, wenn die Interpretation der jeweils einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben ergebe, dass sie insoweit einer Verschwiegenheitspflicht unterworfen seien, von einer „besonders vorgeschriebenen Geheimhaltung“ i. S. v. § 30 Abs. 1 Satz 1 GO NRW auszugehen sei. Dies hätte zur Folge, dass die betreffenden Angelegenheiten nicht im öffentlichen Teil der Ratssitzung behandelt werden dürften. Diese Feststellungen haben für gemischtwirtschaftliche Kommunalunternehmen in der Organisationsform einer AG220 nicht unerhebliche Folgen. Denn nach § 395 Abs. 1 AktG sind Personen, die damit betraut sind, die Beteiligungen einer Gebietskörperschaft zu verwalten von der Verschwiegenheitspflicht umfasst. Dies hat zur Folge, dass die Verletzung dieser Pflicht gemäß §§ 116, 93 Abs. 2 AktG Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann und gemäß § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG sogar strafrechtlich sanktioniert ist.221 Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG schließt „Geheimnisse und vertrauliche Angaben der Gesellschaft“222 ein. Wichtig ist, dass nicht etwa die Gesellschaftsorgane festlegen, welche Tatsachen hierunter subsumiert werden können, sondern eine objektive Betrachtung und Bewertung maßgeblich ist.223 Darüber hinaus zählt der BGH224 auch Meinungsäußerungen und Stimmabgaben in Sitzungen, Verhandlungen und Beschlussfassungen des Aufsichtsrats (oder seiner Ausschüsse) zu vertraulichen Angaben. Hierbei können Informationen auch von Dritten stammen oder im Rahmen von Beratungen im Aufsichtsrat erlangt worden sein.225 Im Vordergrund steht immer die Frage, ob die Weitergabe der Information für die Gesellschaft und ihr Unternehmen nachteilig sein kann.226 Inhaltlich zählen insbesondere Finanz-, Investitions-, Produktions- und Absatzpläne, wesentliche Personalentscheidungen, 220 Erwägungen betreffen auch eine GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat oder einem fakultativen Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG, soweit keine anderweitigen Regelungen getroffen werden. 221 Burgi, NVwZ 2014, 609 (611) m. w. N.; darüber hinaus kann der Verstoß auch kommunalrechtlich geahndet werden. So verweist § 30 Abs. 6 GO NRW auf § 29 Abs. 3 GO NRW, der die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ermöglicht. 222 Unter „Geheimnis“ sind Tatsachen zu verstehen, deren Weitergabe zu einem Schaden der Gesellschaft führen würde. Sie sind nicht offenkundig und sollen entweder nach dem geäußerten Willen oder nach dem aus dem Gesellschaftsinteresse ableitbaren mutmaßlichen Willen nicht offenkundig werden. „Vertrauliche Angaben“ sind Umstände, deren Bekanntwerden sich für die Gesellschaft nachteilig auswirken kann, auch wenn es sich bei diesen Angaben nicht (mehr) um ein Geheimnis handelt, Ristelhuber, NWVBl. 2016, 259 (261); van Kann / Keiluweit, DB 2009, 2251 (2251). 223 „Maßgebend ist nicht, ob die Gesellschaft oder der Aufsichtsrat eine bestimmte Tatsache zum Geheimnis erklärt, sondern, dass objektive Merkmale erfüllt sind, die es rechtfertigen, eine Tatsche als Geheimnis einzustufen“, Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1010); BGHZ 64, 325, (329); Burgi, NVwZ 2014, 609 (611). 224 BGHZ 64, 325 (329 f.). 225 Vogel, Städte- und Gemeinderat 1996, 252 (253). 226 BGHZ 64, 325 (331) weist darauf hin, dass es kein generelles Verbot zur Offenbarung von „Gegenstand, Verlauf und Ergebnis“ von Aufsichtsratssitzungen geben darf. Entscheidend sei vielmehr der Einzelfall; Vogel, Städte- und Gemeinderat 1996, 252 (253).

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Herstellungsverfahren, Forschungsaktivitäten, Produktionsmethoden sowie der unternehmerische Kundenstamm zu diesen gesetzlichen Merkmalen.227 Diese Unternehmensinterna dürfen jedenfalls unter keinen Umständen einer Sitzungsöffentlichkeit, wie sie § 48 Abs. 2 GO NRW vorsieht, offenbart werden. Darüber hinaus ist die Vertraulichkeit tatsächlich auch dann nicht sichergestellt, wenn bei nicht öffentlichen Sitzungen nicht dem Rat angehörenden Personen, etwa Mitgliedern der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse Zutritt gewährt wird. Besonders deutlich wird die mangelnde Gewährleistung der Vertraulichkeit aber dann, wenn auch berücksichtigt wird, dass im Gemeinderat einschließlich seiner Ausschüsse durchaus auch Mitbewerber vertreten sein können.228 Richtig verstanden lässt sich die aktienrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung nur mit dieser weiten, einer unzulässigen „allgemein-politischen Öffentlichkeitsarbeit“229 ähnelnden, Berichterstattung durch kommunale Aufsichtsratsmitglieder nicht vereinbaren. Nachfolgend soll jedoch – wie bereits angekündigt – untersucht werden, ob jenseits dieses weiten Verständnisses der Transparenz des Gemeinderates nicht doch Möglichkeiten bestehen, die Pflichten dieser unterschiedlichen Regime in Einklang zu bringen. (c) Zulässigkeit von Auskunftserteilungen und Berichten Entgegen der oben dargestellten Auffassung wird vorgebracht, dass Auskunftsansprüche nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW spiegelbildlich230 zu den Pflichten nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW den Vorgaben der §§ 394, 395 AktG genügen und daher geeignet sind, die Verschwiegenheitspflicht zu durchbrechen. Fest steht, dass die Existenz des § 394 AktG tatsächlich noch nichts darüber aussagt, ob die Verschwiegenheitspflicht im Maße des § 394 Satz 2 AktG auch für die in den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH entsandten Gemeindevertreter durchbrochen wird.231 Gleichwohl führte die pauschale Ablehnung des Gemeinderats als Berichtsadressaten ohne Not zu einem faktischen Vorrang des Gesellschaftsrechts. Denn die Ausblendung sämtlicher Gemeindeinteressen würde eine mögliche Lösung des Konflikts vorwegnehmen und andere Lösungsvorschläge, die etwa im 227 Koch, in: Hüffer / ders., § 93 AktG, Rn. 30; Burgi, NVwZ 2014, 609 (611). 228 Zum Ganzen Land / Hallermayer, AG 2011, 114 (120); Burgi, NVwZ 2014, 609 (611). 229 Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1010); Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14. 230 Der Zusammenhang rührt daher, dass sämtliche Einwände, die gegen eine Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter gegenüber dem Rat vorgebracht werden, im Wesentlichen auch bei der Frage des Auskunftsrechts des einzelnen Ratsmitglieds gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied akut werden. Diese wären zum Ersten die fehlende Eigenschaft als Gebietskörperschaft sowie zum Zweiten die mangelnde Gewähr / Organisation für die Sicherung der Verschwiegenheit. 231 Vogel, Städte- und Gemeinderat 1996, 252 (253 f.), der auch darauf hinweist, dass kommunale Aufsichtsratsmitglieder nicht bloß allgemein politische Ziele, sondern auch die Beteiligungsinteressen der Gemeinde repräsentierten.

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Wege einer praktischen Konkordanz auch öffentlich-rechtliche Ingerenzinteressen232 berücksichtigen und im Rahmen einer Abwägung beiden Positionen zur bestmöglichen Durchsetzung verhelfen wollen, gar nicht erst berücksichtigen.233 Insbesondere genügt der alleinige Hinweis auf die Mitgliedstärke des Organs nicht, um einen Vorrangautomatismus zu begründen. Denn auch bei mitgliedstarken Aufsichtsräten herrsche eine „notorische Undichte“234, die geduldet werde. Im Übrigen ist eine gewisse Risikoerhöhung hinzunehmen, weil „Die Möglichkeit einer Befassung von Parlamenten und Gemeinderäten […] zum realtypischen Hintergrund der §§ 394 f. [gehört]“235.236 Jedenfalls würden keine Forderungen zur Einschränkung des Informationsflusses erhoben.237 Vielmehr könnten die bestehenden Möglichkeiten zur Herstellung von Vertraulichkeit – etwa durch den Ausschluss der Öffentlichkeit – hinreichend ausgeschöpft werden.238 Darüber hinaus würde der Schutz der Vertraulichkeit des im Aufsichtsrat gesprochenen Wortes durch die Sanktionen für Verschwiegenheitspflichtverletzungen nach § 404 Abs. 1 und 2 AktG flankiert.239 Auch müsse beachtet werden, dass die Hemmung des Informationsflusses hin zur Gemeinde erhebliche Einbußen im Hinblick auf eine effektive Kontrollausübung nach sich zöge.240 So könnten Gemeinden bestrebt sein, sich durch bloße Organisationsprivatisierung und entsprechende Veranlassung öffentlich-rechtlichen Auskunftsansprüchen zu entziehen.241 Dies würde dazu führen, dass einzelnen Ratsmitgliedern unter Hinweis auf schutzwürdige Interessen die Entscheidungsgrundlage für die Ausübung ihrer Kontrollrechte und -pflichten entzogen würde. Daher sei es dem Bürgermeister als Mitglied des Aufsichtsrats einer mehrheitlich kommunalen GmbH auch nicht gestattet, Auskünfte mit dem Hinweis abzulehnen, die Aufgabenerfüllung vollziehe sich formell im organisationsinternen Rahmen einer eigenständigen juristischen Person des Privatrechts und sei deshalb keine Angelegenheit der Gemeinde.

232 Diese Kontrolle, die insbesondere auf § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW zurückzuführen ist, wird im Wesentlichen durch Weisungsrechte und Berichtspflichten gewährleistet, siehe nur Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (129). 233 Vgl. Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14; zu den Lösungsmöglichkeiten sämtlicher ingerenzbedingter Regimekollisionen siehe unter Teil sechs und sieben dieser Arbeit. 234 Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14. 235 Rachlitz, in: Grigoleit, §§ 394, 395 AktG, Rn. 24. 236 M. Mann, AG 2018, 57 (61). 237 Dies erkennt auch Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (129) (Fn. 24) an, die sich damit begnügt, dass sich jedenfalls mit der Reduzierung der Gremienzusammensetzung auch die Wahrscheinlichkeit reduziere, dass Informationen an Unberechtigte gelangen. 238 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 61. 239 Zum Ganzen Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14. 240 Dies würde dem Verständnis der Gemeinde als eine treuhänderische Verwalterin kommunaler Steuergelder zuwiderlaufen. 241 „So bleibt der Eindruck, man müsse nur die richtige Rechtsform wählen und sei die ‚leidige Öffentlichkeit‘ los“, Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113 GO NRW, 9.1, S. 14; im Zusammenhang mit dem innerkommunalen Informationsfluss VG Oldenburg, KommJur 2008, 214 (215); Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Ein Ausschluss des Anspruchs des Gemeinderats bzw. eines einzelnen Gemeinderatsmitglieds überzeuge auch vor dem Hintergrund der hierarchischen Stellung des Gemeinderats als oberstem Organ der Gemeinde nicht. So stellt Altmeppen242 fest, dass es kein einziges Organ in der Gemeinde gäbe, das dem obersten Organ die Auskunft verweigern dürfe. Hierbei weist Vogel243 darauf hin, dass der Konflikt zwischen der öffentlich-rechtlichen Berichtspflicht und dem aktienrechtlichen Geheimnisschutz nicht etwa in der Weise zu lösen sei, dass die Gewährleistung der Geheimhaltung bei der Gebietskörperschaft als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 394 Satz 1 AktG behandelt werde, von dessen Vorliegen das Eingreifen des Informationsprivilegs abhänge.244 Denn eine solche Handhabe führte dazu, dass sich die Berichtspflicht auf solche Angelegenheiten beschränkte, die nicht der Geheimhaltung unterliegen. Ein solches Verständnis vom Umfang der Berichtspflicht würde jedoch außer Acht lassen, dass § 43 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 2 GO NRW245 die Ratsmitglieder zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten verpflichtet, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich, besonders vorgeschrieben oder vom Rat beschlossen ist. Es bestehe aber jedenfalls dann kein sachlicher Grund pauschal an der Geheimhaltungsfähigkeit des Rates zu zweifeln, wenn der Informationstransfer im Rahmen einer nicht öffentlichen Sitzung erfolge oder anderweitig gesichert sei.246 Sollte aber das Aufsichtsratsmitglied im Einzelfall berechtigte Zweifel daran haben,247 ob es gegenüber dem Rat die Betriebsinterna im Rahmen der Berichtspflicht oder auf Verlangen eines Ratsmitglieds preisgeben darf, so ist es denkbar, dass anstelle des Rates jedenfalls gegenüber der verantwortlichen Beteiligungsverwaltung248 Aus 242 Altmeppen, NJW 2003, 2561 (2566) im Zusammenhang mit der Ausgestaltung von Auskunftsrechten einer kommunalen Eigengesellschaft mbH. 243 Vogel, Städte- und Gemeinderat 1996, 252 (255). 244 So aber Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9), der darauf hinweist, dass eine entgegengesetzte Handhabe zum Schaden der Gesellschaft – hier der AG – führen würde. Dies wäre unvereinbar mit dem aktienrechtlichen Geheimnisschutz, §§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 AktG, der durch §§ 394, 395 AktG nicht eingeschränkt oder beseitigt, sondern auf die bei der Gebietskörperschaft mit den Berichten befassten Personen oder Organen erstreckt werde. 245 A. A. Ristelhuber, NWVBl. 2016, 359 (363); zum Zusammenspiel zwischen § 30 Abs. 1 Satz 2 GO NRW und § 43 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW insbesondere hinsichtlich der Frage nach der Kompetenz des Bürgermeisters die Verschwiegenheit anzuordnen vgl. Thiel, BeckOK Kommunalrecht, § 30, Rn. 7. 246 Vgl. Vogel, Städte- und Gemeinderat 1996, 252 (255); a. A. Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (130), die eine praxisferne und daher anzulehnende Zweifelsfreiheit bzgl. der Geheimhaltung verlangt (siehe Stellungnahme). 247 „Im Übrigen muss der stellungnahmepflichtige Direktor prüfen, inwieweit die Vertraulichkeit der Behandlung gleichwohl nicht gesichert werden kann, weil nach Erfahrung, Erklärung oder konkreter Vermutung einzelne Mitglieder die entsprechenden Regeln nicht einzuhalten gewillt sind oder sonst zu einer unzulässigen Publizierung gem. § 394 AktG beitragen kann“, Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (18). 248 Überhaupt ist die Rolle der Beteiligungsverwaltung als Bindeglied zwischen Kommunalunternehmen und Gemeinderat nicht zu überschätzen. Hierfür legt der Gemeinderat seine Ziele und Vorstellungen hinsichtlich der gemischtwirtschaftlichen Unternehmung in einer Richtlinie

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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kunft erteilt wird.249 Maßgeblich ist, ob die Vertraulichkeit rechtlich gewährleistet und ihre Einhaltung nach Mitgliederzahl, Zusammensetzung und sonstigen Umständen tatsächlich zu erwarten ist.250 Dies gelte auch für den Auskunftsanspruch eines einzelnen Ratsmitglieds, wobei verstärkt geprüft werden müsse, ob die Kenntnis der verlangten Information für die Zwecke der Berichte von Bedeutung sei.251 Dies wäre etwa dann der Fall, wenn ihm wesentliche Informationen für seine Mandatsausübung, vor allem jedoch für eine effektive Kontrolle der Verwaltung, fehlten.252 Ganz allgemein gesprochen ist ein Berichtszweck vor allem aus haushaltsrechtlichen Gründen zu verlangen. Die Informationen sollen insbesondere der Rechnungsprüfung und der (haushaltsrechtlichen) Kontrolle dienen, darüber hinaus die Gemeinderatsmitglieder aber auch in die Lage versetzen, steuernd auf die Verwirklichung der Unternehmensziele einzuwirken.253 Vor allem erforderten verfassungsrechtliche Gesichtspunkte wie die ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen der Verwaltung254 (Art. 20 Abs. 1 GG) sowie die Pflicht der Kommune zur Überwachung der Erfüllung des öffentlichen Zwecks der jeweiligen Unternehmen, dass den Kommunen bei einer Privatisierung Informationsund Kontrollrechte erhalten bleiben.255 Diese verfassungsrechtlichen Grundsätze fest. Sie ist Grundlage für die Aufgabenerledigung der Gemeindeverwaltung. Vor dem Hintergrund, dass sie auch die Gemeindevertreter in den Aufsichtsräten beraten und fachlich unterstützen, ist der stetige Austausch essentiell für eine gehörige kommunale Interessensicherung, vgl. Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg – Mittelung 5/2009, S. 5 abrufbar unter: www.gpabw.de/fileadmin/user_upload/pdf/GPA_Mitteilungen/2009/mit052009.pdf (zuletzt abgerufen am 11.02.2020); zur Beteiligungsverwaltung insgesamt Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 17 f. 249 Für die Zulässigkeit der Informationsweitergabe an die Beteiligungsverwaltung, Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 62. 250 Battke / Voigt, SächsVBl. 2006, 273 (276), die zur Schaffung der Vertraulichkeit den für die Beteiligungsprüfung gebildeten Ausschuss oder eine sonstige Stelle als Adressat empfehlen; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 42. 251 Gasteyer, in: Semler / v. Schenk, § 394, Rn. 26, der betont, dass die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf § 394 Satz 2 AktG nur zulässig ist, wenn die Kenntnis der Berichte für die Zwecke derselben von Bedeutung ist; a. A. Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 69, die betont, dass Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Ratsmitgliedern nicht zur Berichterstattung berechtigt sind, weil hiergegen der Wortlaut des § 113 Abs. 5 GO NRW sowie seine Ratio spreche. Insoweit diene die Norm der gleichmäßigen Unterrichtung aller Ratsmitglieder, die gemeinsam in gewissen Angelegenheiten der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung entscheiden müssten. 252 Hierzu zählen insbesondere Auskünfte über Person und Eignung, Honorarempfänger, Umfang der Honorare sowie der Anlass Gewährung, vgl. VG Oldenburg, KommJur 2008, 214 ff. 253 Vgl. Gasteyer, in: Semler / v. Schenk, § 394, Rn. 26; Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9); Martens, AG 1984, 29 (31, 34). 254 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226 f. und passim). 255 Zieglmeier, LKV 2005, 338 (340); a. A. etwa VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8A 2043/10 – juris, Rn. 81; Lutter / Krieger / Verse, in: Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, § 20, S. 548, Rn. 1432.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

führten dazu, dass selbst dann, wenn kommunale Auskunfts- und Berichtspflichten unter dem Vorbehalt gewährt werden, dass gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 GO NRW), unter diese Regelungen jedenfalls nicht die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über die Verschwiegenheitspflicht subsumiert werden könnten.256 (d) Stellungnahme Betrachtet man die Argumente für und wider die Zulässigkeit von Berichten der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Gemeinderat, den Fraktionen, Ratsausschüssen oder dem einzelnen Ratsmitglied, so wird deutlich, dass die Abneigung eines solchen Informationsflusses auf eine Furcht vor einer allzu großen Per­meabilität des Gesellschaftsorgans zurückzuführen ist.257 Dabei wird zwischen den einzelnen Adressaten nur wenig unterschieden, weil im Ergebnis – so die Befürchtung – die Auskünfte an den durchlässigen Rat gelangen würden.258 Würde man nämlich einer Fraktion Auskünfte gewähren, müsste man es auch den anderen Fraktionen gestatten. Auch Auskünfte gegenüber Ratsausschüssen könnten Bedenken nicht entkräften, weil selbst bei nicht öffentlicher Sitzung sämtliche Ratsmitglieder hieran teilnehmen könnten (§ 58 Abs. 1 Satz 4 GO NRW) und hierdurch die benannten Verschwiegenheitslücken bestünden.259 Erst Recht genüge daher die Auskunft eines Aufsichtsratsmitglieds gegenüber einem einzelnen Ratsmitglied nicht den Geheimhaltungserfordernissen. Allerdings streiten vor dem Hintergrund einer effektiven kommunalen Ingerenz260 die besseren Augmente für die grundsätzliche Zulässigkeit von Berichten gegenüber dem Rat aus § 113 Abs. 5 Satz 1 256 Dies ergäbe sich aus der verfassungsrechtlichen Überlegung zum Erhalt des Demokratieprinzips, Zieglmeier, LKV 2005, 338 (340). A. A. Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (130), die darauf hinweist, dass der Entschluss der Gemeinde, sich privatrechtlich zu organisieren dazu führe, dass sie sich „zumindest teilweise von den Rahmenbedingungen des öffentlichen Rechts löst und damit das Gesellschaftsinteresse vorrangig ist“; Grams, LKV 1997, 397 (400); allerdings greift diese Feststellung die Diskussion, um die Notwendigkeit eines Verwaltungsgesell­ schaftsrecht vorweg, so dass hierauf vertieft erst in Teil sechs und sieben eingegangen wird. 257 Obgleich die Vorteile einer Lockerung der Verschwiegenheitspflicht zugunsten der Steigerung einer demokratischen Kontrolle nicht verkannt werden, M. Mann, AG 2018, 57 (58). 258 Erstaunlich hingegen Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 62, die Informationen gegenüber dem Rat für zulässig erachtet, Ausschüsse und Fraktionen hingegen nicht als taugliche Berichtsadressaten anerkennt, weil der Wortlaut des § 113 Abs. 5 GO NRW ausdrücklich den Rat als Berichtsadressaten normiere. Weshalb bei hinreichenden Vorkehrungen zum Schutz der Informationen Berichte a maiore ad minus nicht auch gegenüber Fraktionen und Ausschüssen zulässig sein sollten, begründet sie hingegen nicht. Zudem ist auch die Beteiligungsverwaltung nicht in § 113 Abs. 5 GO NRW erwähnt. Ihr gegenüber seien Berichte nach Ansicht von Rödel gleichwohl zulässig. 259 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (22) bezogen auf § 42 Abs.1 Satz 3 GO NRW a. F. 260 Dass hierdurch nicht allein der öffentliche Zweck gesichert, sondern auch wirtschaftliche Grundsätze verfolgt und eingehalten werden sollen, vermag hieran nichts zu ändern.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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GO NRW und a maiore ad minus gegenüber Fraktionen, Ausschüsse sowie einzelnen Ratsmitgliedern.261 Bietet die Gemeinde nämlich hinreichende Gewähr dafür, dass die Adressaten der erteilten Auskünfte und Berichte sämtliche Informationen geheim behandeln und die Interessen des Unternehmens, der Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner achten, ist das Informationsmanagement zwischen der Gemeinde und dem durch sie beherrschten Unternehmen zugunsten einer möglichst wirkungsvollen kommunalen Einflussnahme- und Kontrolle auszugestalten. Konsequenterweise steht dann auch dem einzelnen Ratsmitglied ein Auskunftsanspruch gegenüber den gemeindlichen Aufsichtsratsmitgliedern, zu denen in der Regel auch der Bürgermeister gehören dürfte, vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW i. V. m. § 394 Satz 1, 3 AktG, zu. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Kommunen nicht dazu verführt werden dürfen, sich privatrechtlich zu organisieren und Aufsichtsräte einzurichten, bloß um sich der stetigen Rückkoppelung an den Willen und das Wohl des Gemeindevolkes zu entziehen, ist der generelle Ausschluss von Auskünften gegenüber Gemeinderatsmitgliedern nicht zu akzeptieren. Dass die Verschwiegenheitspflicht des Adressaten notwendige Bedingung der Auskunftserteilung ist, vermag an dem grundsätzlich bestehenden Anspruch nichts zu ändern. Es darf nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwischen der Verschwiegenheitspflicht des Ratsmitglieds und der nicht öffentlichen Ratssitzung ein nicht zu unterschätzender Zusammenhang besteht. Denn immer dann, wenn das Ratsmitglieder nach § 30 GO NRW i. V. m. § 43 Abs. 2 GO NRW zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, darf auch die betroffene Angelegenheit nicht in öffentlicher Sitzung verhandelt werden. Sollte hingegen der Rat einen Beschluss in nicht öffentlicher Sitzung gefasst haben, so besteht für jedes Ratsmitglied eine Pflicht, Schweigen über die besprochenen und ggf. zur Abstimmung gestellten Inhalte zu bewahren.262 Zu Recht empfiehlt Katz263 daher, dass diese Problemstellungen in der Geschäftsordnung des Gemeinderates geregelt und „heikle“ Informationen / Fragen in nicht öffentlich tagenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten Gremien behandelt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Kriterium des „Dritten“, weil das Gemeinderatsmitglied im Verhältnis zum Aufsichtsratsmitglied gerade kein Außenstehender, gewissermaßen Unbeteiligter ist. Dies ist auf die kaum voneinander zu trennende Verflechtung zwischen Gemeinde- und Gesellschaftsrecht zurückzuführen, weil die Rechtsregime aufgrund der öffentlich-rechtlichen Aufgabenwahrnehmung in Privatrechtsform eng miteinander verwoben sind. Der Ge-

261 So auch Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113 GO NRW, 9.1. S. 13; jedenfalls gegenüber der Beteiligungsverwaltung sollten Berichte zum Zwecke eines effektiven Beteiligungsmanagements zulässig sein. Dies wird bisweilen kaum angesprochen. Anders soweit ersichtlich nur Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 62. 262 Diesen Zusammenhang erläuternd, Burgi, NVwZ 2014, 609 (611). 263 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096).

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

meinderat entscheidet hierbei als Hauptorgan über alle wichtigen Angelegenheiten der Kommune. Als Mitglied des Gemeinderates hat das einzelne Gemeinderatsmitglied daher über alle wesentlichen Angelegenheiten der Gesellschaft mitzuentscheiden. Dieser Funktion könne das Gemeinderatsmitglied nur gerecht werden, wenn es über die Angelegenheit der Gesellschaft vollständig informiert sei.264 Darüber hinaus treffe es die öffentliche Pflicht, die Gesellschaft im Rahmen seines Mandats zu steuern und zu überwachen, wobei das Gemeinderatsmitglied die Erfüllung der Aufgaben, welche der Gesellschaft übertragenen worden sind, mit zu verantworten habe. Insoweit überzeugt es nicht, wenn vorgebracht wird, dass der Rat nur die Interna der Gemeindeverwaltung, nicht aber die „ausgelagerten“ Unternehmen überwache.265 Deshalb resümiert Meiski266 zu Recht, dass die Steuerungs- und Überwachungsaufgaben, aus denen eine besondere Verantwortung des Ratsmitglieds für die Gesellschaft erwächst, dieses Ratsmitglied von gesellschaftsfremden Dritten unterscheiden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie an den Sitzungen des Aufsichtsrats nicht teilnehmen dürfen. Denn es macht einen Unterscheid, ob konkrete und bestimmte Auskünfte von Gemeindevertretern im Einzelfall verlangt werden dürfen oder ob ein genereller Zugang zu den Sitzungen gewährt werden soll. Während nämlich die oben aufgezeigte Verantwortung und gesellschaftsrechtliche Verflechtung hinreichend substantiierte Auskünfte erforderlich macht, ist die „geschlossene Gesellschaft“ i. S. d. § 109 AktG gerade auch im Interesse privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner hinzunehmen. Auch der Einwand, dass das Interesse des Rates durch den jährlich zu erstellenden Beteiligungsbericht nach § 117 GO NRW zu Genüge gestillt werde, vermag nicht zu überzeugen. Zwar ist es richtig, dass der Beteiligungsbericht eine größere Transparenz kommunaler Beteiligung an Unternehmen und Einrichtungen herstellen soll. Richtig ist aber auch, dass die Steuerung und Kontrolle der verselbstständigten Organisationseinheiten verbessert werden soll.267 Allerdings ersetzt ein solchermaßen fertiggestellter Bericht nicht das Recht des Ratsmitglieds, über bestimmte Vorgänge innerhalb der Gesellschaft Auskunft zu erhalten. Denn eine stetige, dynamische Kontrolle und Durchsetzung kommunalen Einflusses setzt voraus, dass bei Bedarf jederzeit ingerenzgeleitete Maßnahmen durchgeführt werden können. Daher soll die Unterrichtung des Rates so rechtzeitig erfolgen, dass eine Willensbildung im Rat und eine diesbezügliche Einflussnahme noch möglich sind.268 Dass die hierfür benötigten Informationen häufiger als im Jahresturnus abrufbar sein müssen, dürfte nachvollziehbar sein.269

264 Meiski, BayVBl. 2006, 300 (303). 265 So aber Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (149). 266 Zum Ganzen Meiski, BayVBl. 2006, 300 (303). 267 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 117, Rn. 2 f. 268 Wellmann, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 113, S. 19. 269 A. A. Ganzer / Tremml, GewArch 2010, 141 (149); van Kann / Keiluweit, DB 2009, 2251 (2253); Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 (130).

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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Es ist unbestritten, dass der Adressat der Information zur Verschwiegenheit verpflichtet sein muss. Dies hat die Gemeinde sicherzustellen.270 Unerklärlich ist allerdings, weshalb sich die vornehmlich gesellschaftsrechtliche Literatur so schwer damit tut, auch die Möglichkeit zuzulassen, eine Sphäre der Verschwiegen­ heit bei Bedarf erst einzurichten.271 Dies ist auch auf Bundesebene nicht neu und ein bewährtes Instrument zur Herstellung eines Ausgleichs zwischen exekutivem Geheimhaltungsinteresse und parlamentarischem Informationsinteresse.272 Auf kommunaler Ebene kann dies  – wie dargestellt  – etwa durch nicht öffent­liche Sitzungen des Rates gesichert werden, wodurch auch Ratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.273 Freilich wird hiergegen vorgebracht, dass hierdurch kein hinreichender Geheimnisschutz gewährleistet werden könne, weil auch an solchen Sitzungen Mitglieder der Bezirksvertretung und der Ausschüsse teilnehmen könnten, § 48 Abs. 4 Satz 1 GO NRW.274 Allerdings überzeugt diese Befürchtung nicht. Denn ein solches Recht kann nur durch eine entsprechende Regelung in der Geschäftsordnung begründet werden. Hierbei steht es dem Gemeinderat frei, eine entsprechende Regelung in der Geschäftsordnung zu treffen und das Teilnahmerecht auf bestimmte Tagesordnungspunkte zu beschränken. So kann etwa festgelegt werden, dass Mitglieder von Bezirksvertretungen oder von Ausschüssen nur insoweit zugelassen werden können, als es sich um Beratungsgegenstände handelt, die zuvor in der Bezirksvertretung oder im Ausschuss beraten worden sind.275 Dass der Rat aufgrund seiner Größe und unterschiedlichen Zusammensetzung zwangsläufig informationspermeabel sei, überzeugt vor dem Hintergrund der Ausgestaltbarkeit des Öffentlichkeitszugangs folglich nicht. Dies gilt auch für die im Rat vertretenen Fraktionen, weil sie freilich von diesen Ausgestaltungen betroffen sind.

270 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (527), der betont, dass die Gemeinde und nicht das Aufsichtsratsmitglied abwägen müsse, ob die Vertraulichkeitsinteressen der Minderheitsgesellschafter eine nicht öffentliche Behandlung erforderten. 271 Auch Will, VerwArch. 2003 (94), 248 (266) spricht sich dafür aus, Auskünfte jedenfalls dann zuzulassen, wenn die Geheimhaltung hinreichend gesichert ist; ebenso streite M. Mann, AG 2018, 57 (62) jedenfalls dann für eine Informationsweitergabe, wenn der Kreis der Adressaten in Anlehnung an § 95 AktG auf höchstens 21 Mitglieder begrenzt wird. 272 BVerfG, Urteil vom 07.12.201  – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 207 mit Verweis auf die Geheimschutzordnung des BT als Anlage 3 zur Geschäftsordnung des BT. 273 Hierbei darf natürlich nicht außer Acht gelassen werden, dass es Fälle geben kann, in denen die Öffentlichkeit zu Unrecht ausgeschlossen wurde. Dies ist dann der Fall, wenn die Geheimhaltung mit Blick auf das Gemeinwohl oder die berechtigten Interessen einzelner nicht erforderlich erschien. Weil durch die Anordnung jedoch eine Verschwiegenheitspflicht des Ratsmitglieds begründet wird, gewährt ihm das OVG Münster Rechtsschutz, weil ein zu Unrecht erfolgter Ausschluss der Öffentlichkeit, das Mitgliedschaftsrecht des Ratsmitglieds verletze, OVG Münster, Beschluss vom 23.12.2009 – 15A 2126/09 – juris, Rn. 17. 274 Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (22). 275 Paal, in: Rehn / Cronauge et al., GO NRW, § 48, S. 15.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Ebenso wenig überzeugen die Vorbehalte gegen die Verschwiegenheitsausgestal­ tung eines freiwilligen Ausschusses276 nach § 57 Abs. 1 GO NRW, dessen Mitglieder als Adressaten der Informationen bestimmt werden können. Wie mit diesen Auskünften zu verfahren ist, kann der Rat durch allgemeine Richtlinien nach § 57 Abs. 1 Satz 1 GO NRW bestimmen, wobei hierfür ein einfacher Ratsbeschluss ausreichend ist. Mitglieder des Ausschusses sind gewählte Ratsmitglieder und der Bürgermeister, der im Regelfall selbst Aufsichtsratsmitglied ist.277 Der Bürgermeister könnte im Ausschuss diejenigen Gründe darlegen, welche die Wahrung einer besonderen Verschwiegenheit rechtfertigten. Hierbei wäre der Ausschuss weder unübersichtlich groß, noch bestünde ein Generalverdacht dahingehend, dass der Ausschuss „notorisch undicht“278 sei.279 Dies gilt umso mehr, als eine Verschwiegenheitsgarantie in keinem Zusammenschluss, auch nicht in einem Aufsichtsrat, herzustellen ist. Daher ändert die rein abstrakte Möglichkeit einer Informationsweitergabe nichts daran, dass auch die Gründung eines kompakten und übersichtlichen Ausschusses zur Annahme und „Vorbehandlung“ von Informationen eine taugliche Möglichkeit der Herstellung einer Verschwiegenheit darstellt. Ob dem auskunftsbegehrenden Ratsmitglied, das nicht Mitglied des Ausschusses ist, die Information weitergegeben werden darf, kann sodann der Ausschuss im Einzelfall selbst entscheiden oder die Richtlinie generell vorschreiben. Dem einzelnen Ratsmitglied käme dann ein Auskunftsanspruch gegen den Bürgermeister aus § 55 Abs. 2 Satz 1 GO NRW, wenn er nicht zugleich Aufsichtsratsmitglied sein sollte, andernfalls i. V. m. § 394 AktG zu. Der Bürgermeister könnte in beiden Fällen über die Weitergabe in Diskurs mit den gewählten Ausschussmitgliedern treten und nach gehöriger Abwägung widerstreitender Interessen entscheiden. Dieses Vorgehen wäre mit einer Vereinbarung im Aufsichtsrat selbst vergleichbar. Denn bereits an der Informationsquelle kann vereinbart werden, welche Informationen an den Rat weitergetragen werden dürfen. Auch diesen Vereinbarungen geht eine unzweifelhaft kontroverse Verhandlung sämtlicher Mitglieder voraus. In jedem Fall genügte eine solche Praxis den Verschwiegenheitsanforderungen des § 395 AktG, und selbst das Geheimhaltungserfordernis als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 394 Satz 1 AktG wäre erfüllt.280 Denn insoweit handelt es 276 Hierbei regelt die Zuständigkeitsordnung die Anzahl der Ausschüsse, deren Aufgabe, die Zuständigkeiten sowie die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen, Kallerhoff, in: BeckOK Kommunalrecht, § 57, Rn. 34. 277 Kallerhoff, in: BeckOK Kommunalrecht, § 57, Rn. 32 f. 278 Schall, in: Spindler / Stilz, Aktiengesetz, § 394, Rn. 14 bezogen auf den Aufsichtsrat. 279 Nach Ansicht von M. Mann, AG 2018, 57 (62) dürfte mit Blick auf § 95 AktG bis zu einer Anzahl von 21 Aufsichtsratsmitgliedern eine hinreichende Vertraulichkeit gewährleistet sein. 280 Ebenso Schockenhoff, NZG 2018, 521 (527), der das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass eine Weitergabe vertraulicher Informationen durch die Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand nur statthaft ist, wenn hinreichende Gewähr für die Wahrung der Vertraulichkeit besteht, aus § 395 Abs. 2 AktG herleitet. Hiernach dürfen vertrauliche Angaben in den Berichten der Aufsichtsratsmitglieder an die Dienststellen nicht veröffentlicht werden; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 37 leitet das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal aus dem Gesamtzusammenhang der §§ 394, 395 AktG ab; Koch, ZHR 183 (2019), 7 (23) m.w.N zur herrschenden Meinung.

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sich hierbei bereits um Angelegenheiten, deren Mitteilung an andere dem berechtigten Interesse der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Kommune zuwiderlaufen würde. Weil aber auch die Gemeinde selbst hieran ein Interesse hat, dürfte es für das Ratsmitglied erkennbar sein, dass es nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW zur Verschwiegenheit über diese  – bereits ihrer Natur nach geheimhaltungsbedürftigen – Angelegenheiten verpflichtet ist. Dass hierzu besonders sensible Interna aus dem Eigenleben des Unternehmens zählen, dürfte jedem Ratsmitglied klar sein. Darüber hinaus lässt sich die Berichtspflicht der Gemeindevertreter im Aufsichtsrat gegenüber dem Gemeinderat und hiermit einhergehend auch der Auskunfts­ erteilungsanspruch des Ratsmitglieds gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern aus folgender Überlegung herleiten: Die Berichtspflicht der Gemeindevertreter nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW ist im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht des Rates nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zu betrachten. Zu Recht stellt Beckmann281 daher fest, dass der Rat sein Weisungsrecht nur dann effektiv ausüben kann, wenn er über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig informiert werde. Daher ist die Frage danach, ob Berichtspflichten gegenüber dem Rat bestehen, nicht losgelöst vom zulässigen Umfang der Weisungserteilung unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Organisationsform und Unternehmensstruktur zu beantworten. Gesteht man dem Gemeinderat richtigerweise ein Weisungsrecht gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen AG zu, so können die Bedenken gegen eine Mitteilung gegenüber dem Rat nicht vorgebracht und aufrechterhalten werden. Besteht nämlich ein Weisungsrecht, so sind die Anforderungen an die Berichtspflicht höher, ist das Weisungsrecht hingegen ausgeschlossen, ist die Berichtspflicht der Gemeindevertreter geringer.282 Nach der hier vertretenen Auffassung sind Weisungen selbst bei einer AG und somit auch im Fall einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat sowie einer GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat, bei dem der Gesellschaftsvertrags nicht näher ausgestaltet worden ist, grundsätzlich zulässig.283 Demnach ist auch ein erhöhter Informationsfluss zum Gemeinderat hin zu gewähren, soweit die Verschwiegenheit sichergestellt ist, §  43 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW. Ist aber der Bericht gegenüber dem Rat zulässig und vor dem Hintergrund zu wahrender Ingerenz geradezu notwendig, so steht spiegelbildlich zu dieser Pflicht dem Ratsmitglied auch ein Auskunftserteilungsanspruch gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern zu. Hierbei muss das Ratsmitglied freilich der ausgestalteten Einrichtung angehören, so dass die Verschwiegenheitspflicht des Kollektivs zugleich auch das Ratsmitglied verpflichtet. Im Übrigen ist das Ratsmitglied ohnehin – wie bereits mehrfach erwähnt – zur Verschwiegenheit über jene Unternehmensgegenstände verpflichtet,

281

Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91). Beckmann, NWVBl. 2015, 85 (91). 283 Vgl. die Ausführungen im vierten Teil dieser Arbeit. 282

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

die bereits ihrer Natur nach eine vertrauliche Behandlung erfordern, vgl. §§ 43 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW, 30 Abs. 1 GO NRW. Schließlich wird auch die Entwicklung des § 394 Satz 3 AktG von den Gegnern des Informationsflusses nicht hinreichend gewürdigt. Liegt nämlich eine Ermäch­ tigungsgrundlage284 zur Erteilung von Berichten und Auskünften vor, eröffnet § 394 Satz 1 AktG die Möglichkeit, dies gegenüber der Gebietskörperschaft und somit erst recht gegenüber dem Rat vorzunehmen. Richtig ist, dass es lange Zeit umstritten war, auf welcher Grundlage eine Pflicht zur Berichtserstattung beruhen muss.285 Doch gerade deshalb, weil der Bundesgesetzgeber im Zuge der Aktienrechtsnovelle 2016 durch Satz 3 der Vorschrift klargestellt hat, dass die Berichtspflicht nach Satz 1 „auf Gesetz, auf Satzung oder auf dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteiltem Rechtsgeschäft“ beruhen kann, hat er seinen Willen dahingehend verschriftlicht, dass gemeindliche Ingerenzinteressen verstärkt berücksichtigungsfähig sind.286 Wenn nämlich Informations­pflichten bereits vertraglich zwischen Gebietskörperschaft und Aufsichtsratsmitglied vereinbart werden können, zeigt dies, dass der Gesetzgeber das notwendige Band zwischen Gemeinderat und Aufsichtsrat zur ausreichenden Kontrolle anerkennt und eine „grundsätzliche Entscheidung für den Informationsfluss getroffen“287 hat. Dass die Vertragsparteien Umfang und Zweck der Berichtspflichten jenseits einer Norm eigenständig festlegen können, entspricht gerade dem Willen des Gesetzgebers und ist daher hinzunehmen.288 So stellt auch Schürnbrand289 überzeugend fest, dass ein durch Einzelweisung gesteuerter und daher präzise dosierbarer Informationsfluss die Belange der Gesellschaft sogar weniger als eine starre Berichtspflicht auf gesetzlicher Grundlage beeinträchtige. Vor diesem Hintergrund überzeugt es dann auch nicht, wenn argumentiert wird, dass Vorschriften des Kommunalrechts, welche den Gemeinderat, einzelne Fraktionen, Ausschüsse oder Ratsmitglieder als Adressaten der Berichtspflicht benennen, aufgrund einer Kollision mit der bundesrechtlich angeordneten Verschwiegenheitsverpflichtung des Aktienrechts nichtig

284 Insoweit stellt § 394 Satz 1AktG keine Ermächtigungsgrundlage zur Berichtserteilung dar, sondern setzt vielmehr eine solche voraus, BT-Drs. 18/4349, S. 33; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 123, S. 65; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 19. 285 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 124, S. 65 f. 286 So stellt Bracht, NVwZ 2011, 108 (111) fest, dass „Grundsätzlich […] der Regierungsentwurf, der ersichtlich vom Willen zu einer Ausweitung der Informationsweitergabe von der AG zur Kommune getragen ist, allerdings für ein eher weites Verständnis der Berichtspflichten [spricht]“. 287 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 20, der zugleich darauf hinweist, dass § 394 auch schon vor dem klarstellenden Satz 3 eine Verpflichtung zur Berichterstattung vorsah. Eben dieses Verständnis von der Ratio der §§ 394, 395 AktG kritisiert Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 134, S. 71 im aufgezeigten Zitat. 288 A. A. Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 134, S. 71, der hierin einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter, mithin der Gesellschaft und der übrigen Aktionäre erkennt. 289 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 21.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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seien, Art. 31 GG.290 Diese Position wird auch nicht etwa durch die Wertung des § 113 Abs. 5 Satz 2 GO NRW gestützt. Vielmehr bleibt die Unterrichtungspflicht und somit spiegelbildlich auch der Auskunftsanspruch bestehen, weil durch Gesetz nichts anderes bestimmt wird. Denn die mehrfach genannten verfassungsrechtlichen Grundsätze führen dazu, dass selbst dann, wenn kommunale Auskunfts- und Berichtspflichten unter dem Vorbehalt stehen, dass gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 GO NRW), unter diese Regelungen jedenfalls nicht die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über die Verschwiegenheitspflicht subsumiert werden könnten.291 Doch selbst wenn gesellschaftsrechtliche Normen hierzu gehörten, so begrün­ deten sie keine Regimekollision. Denn es wurde ausreichend dargestellt, dass §§ 394, 395 AktG Berichtspflichten gegenüber dem Gemeinderat, einzelnen Fraktionen, Ausschüssen oder Ratsmitgliedern nicht entgegenstehen, sondern bei entsprechender Sicherstellung der Verschwiegenheit des Adressaten durchaus die Interessen der Gemeinde im Blick haben. So stellt auch Kotzea292 fest, dass soweit § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW eine Berichtspflicht gegenüber dem Rat vorsieht, sie angesichts des dem Landesrecht vorrangigen Gesellschaftsrecht so zu verstehen sei, dass sie an einen Ratsausschuss beziehungsweise den Bürgermeister gerichtet werden müsse. Dass bei hinreichender Garantie einer Verschwiegenheit des Adressaten, der genannte Kreis auch ausgedehnt werden kann, wurde bereits dargelegt und soll nicht wiederholt werden. Wesentlich ist an dieser Stelle vielmehr, dass es auf eine Diskussion zum Vorrang des bundesrechtlichen Gesellschaftsrechts vor dem landesrechtlichen Kommunalrecht – entgegen vielfach angenommener Meinung293 – überhaupt nicht ankommt.294 Es wird nämlich durch § 113 Abs. 5 GO NRW kein „kommunales Ausnahmerecht“ geschaffen, sondern den Möglichkeiten der §§ 394, 395 AktG entsprochen und lediglich die zur Verfügung gestellten Mittel ausgeschöpft. Dass die Verschwiegenheitsgarantie durch den Gemeinderat erst noch hergestellt, abgesichert beziehungsweise eingehalten werden muss, steht diesem harmonischen Nebeneinander nicht entgegen. Insoweit 290 „Das ist eine bundesrechtliche Vorgabe, an der kommunalrechtliche Pflichtentat­bestände nicht vorbeikommen“, Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (18); Land / ​ Hallermayer, AG 2011, 114 (120); Koch, in: Hüffer / ders., § 394, Rn. 43; Oetker, in: Schmidt / ​ Lutter, § 394 AktG, Rn. 27. 291 Dies ergäbe sich aus der verfassungsrechtlichen Überlegung zum Erhalt des Demokratieprinzips, Zieglmeier, LKV 2005, 338 (340); diese Auffassung hat kürzlich auch das BVerfGE 147, 50 ff. vertreten. Auf diese Entscheidung und seine Übertragbarkeit auf den kommunalen Bereich ist im sechsten und siebten Teil dieser Arbeit einzugehen. 292 Kotzea, in: Held / Becker / Decker et al., § 113 GO NRW, 9.1, S.13. 293 So auch Huffmann, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, § 51, Bd. 2, Rn. 42. 294 So resümiert auch Burgi, dass aufgrund der Möglichkeit der Tagung in nicht öffentlicher Sitzung und der hiermit einhergehenden Pflicht zur Verschwiegenheit der Ratsmitglieder nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 2 Satz 1 GO NRW „ein Konflikt zwischen dem bundesrechtlich geregelten Gesellschaftsrecht und dem Kommunalrecht“ nicht besteht, Burgi, NVwZ 2014, 609, (613). Insbesondere überzeugt die Betonung, dass durch §§ 394, 395 AktG die Geheimhaltung „besonders vorgeschrieben“ i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 GO NRW ist.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

kommt es in diesem Themenkomplex auch nicht auf einen etwaigen „Vorrang des Gesellschaftsrechts“, der im Zuge der noch zu erarbeitenden Kollisionsdogmatik aufgezeigt werden soll, an. (2) Auskunftsanspruch bei GmbH mit obligatorischem Aufsichtsrat Während im Zuge der Aktienrechtsnovelle 2016295 für den fakultativen Aufsichtsrat gemäß § 52 Abs. 1 GmbH ein Verweis auf die §§ 394, 395 AktG vorgenommen worden ist, gilt dies nicht zugleich auch für den obligatorischen Aufsichtsrat. Hier verzichten die § 25 Abs. 1 Satz 1 MitbestG und § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG auf eine Verweisung auf die §§ 394, 395 AktG. Allerdings verweist für den obligatorischen Aufsichtsrat nach dem Montanmitbestimmungsgesetz § 3 Abs. 2 MontanmitbestG generell auf die Vorschriften des Aktienrechts und damit auch auf die §§ 394, 395 AktG.296 Es stellt sich daher die Frage nach der analogen Anwendung der §§ 394, 395 AktG in den Fällen des § 25 Abs. 1 Satz 1 MitbestG und § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG. So bemerkt Kersting297 zu Recht, dass im Hinblick auf die notwendige Regelungslücke die Aktienrechtsnovelle 2016 nicht erkennen lässt, ob sich der Gesetzgeber dessen bewusst war, dass zwar bei dem Großteil der Fälle auf die §§ 394, 395 AktG verwiesen wird, in zwei Fällen allerdings nicht. Vielmehr habe er versehentlich den expliziten Verweis unterlassen.298 Folglich liege auch die Annahme einer Regelungslücke nahe.299 Insbesondere sei auch die Interessenlage bei einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat mit dem einer AG vergleichbar, wodurch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendbarkeit der §§ 394, 395 AktG insgesamt gegeben seien.300 Insbesondere bestehe kein sachlicher Grund, weshalb in der mitbestimmten GmbH eine uneingeschränkte Verschwiegenheitspflicht der auf Veranlassung der öffentlichen Hand bestellten Aufsichtsratsmitglieder gelten sollte. Vielmehr sei dem Umstand hinreichend Rechnung zu tragen, dass die Mitbestimmungsgesetze auf die aktienrechtlichen Grundsätze über die Verschwiegenheit und damit inzident auch auf die §§ 394, 395 AktG Bezug nähmen.301 Zwar wird hiergegen noch immer vorgebracht, dass für die Anwendung der 295 Art. 5 Aktienrechtsnovelle 2016 vom 22.12.2015, BGBl. I 2565. 296 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50. 297 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50. 298 So ausdrücklich Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 11; a. A. Dünchheim, KommJur 2016, 441 (445). 299 So findet sich auch im Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2014 vom 18.03.2015, BT-Drucks. 18/4349, S. 34 kein Hinweis auf den Umgang mit diesen beiden Fällen. 300 Geerlings, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, § 52, Bd. 2, Rn. 54; Oetker, in: Schmidt / Lutter, AktG, § 394, Rn. 3 a. E. 301 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, § 394, Rn. 11; Oetker, in: Schmidt / Lutter, AktG, § 394, Rn. 7; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 99, S. 51, der darauf hinweist, dass der generelle Verweis auf das Aktienrecht nach dem MontanmitbestG und die fehlende Differenzierung im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht in den anderen beiden Fällen eine Gleichbehandlung gebiete.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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§§ 394, 395 AktG kein Bedarf bestehe, weil die Gesellschafter ohnehin Zugriff auf alle Informationen hätten und eine Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsrats­ mitglieder sinnlos wäre.302 Begründet wird dies damit, dass bereits § 51a GmbHG dem Gesellschafter Einsicht in die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen verleihe.303 Hat die Gesellschafterkommune aber ein Recht auf umfassenden Informationserhalt, so sei die Diskussion um eine weitere Öffnung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder nach den benannten aktienrechtlichen Normen nicht erforderlich.304 Unabhängig davon, ob die Gesellschaftergemeinde, vertreten durch ihren Bürgermeister nach § 51a Abs. 1 GmbHG mit der h. M. auch Einsicht in die Protokolle der Aufsichtsratsberatungen verlangen darf, stellt § 51a Abs. 1 GmbHG allerdings keinen vollständigen Ersatz für die §§ 394, 395 AktG dar.305 Denn § 51a GmbHG verpflichteten lediglich den Geschäftsführer zu Auskünften, nicht aber die Aufsichtsratsmitglieder. Ein Recht auf Auskunft oder Berichterstattung durch Mitglieder des Aufsichtsrats bestehe gerade nicht.306 So stellt Kersting307 zu Recht fest, dass in Bezug auf den Aufsichtsrat lediglich Protokolle eingesehen werden könnten. Darüber hinaus erlaube § 51a Abs. 2 GmbHG die Verweigerung der Information während dies in §§ 394, 395 AktG nicht vorgesehen ist. Schließlich lasse sich aus dem Bestehen eines Auskunftsrechts gegenüber den Geschäftsführern und eines Einsichtsrecht in die Bücher nicht das Entfallen der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder ableiten. Daher resümiert Kersting308 richtigerweise, dass aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der Normen vieles dafür spreche, die Frage einer (analogen)309 Anwendung der §§ 394, 395 AktG unabhängig von der Reichweite des Informationsrechts aus § 51a GmbHG zu beantworten. Dem ist nichts entgegenzuhalten. Sind aber nach vorzugswürdiger Ansicht die Regelungen der §§ 394, 395 AktG auch bei einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat anzuwenden, so ergeben sich im Hinblick auf die Zulässigkeit von Auskünften und Berichten dieselben Fragestellungen wie bei der bereits behandelten GmbH mit einem ge-

302 Ausdrücklich Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 74; Müller, VR 2015, 231 (234); Dünchheim, KommJur 2016, 441 (445); Will, VerwArch. (93) 2003, 248 (265). 303 So die h. M. BGH NJW 1997, 1985 (1986); OVG Berlin-Brandenburg, NVwZ 2015, 1929 (1930); Roth, in: ders. / Altmeppen, § 51a GmbHG, Rn. 6; a. A. Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 51a GmbHG, Rn. 22; für mitbestimmten Aufsichtsrat Stimpel / Ulmer, in: FS Zöller, Bd. 1, S. 589 (602 ff., 605), die Einsicht in die Protokolle nur aus wichtigen Gründen, etwa wenn Anlass zur Aufklärung eines pflichtwidrigen Verhaltens eines Organmitglieds der Gesellschaft besteht, gestatten. 304 Instruktiv hierzu Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50. 305 Ebda. 306 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50; a. A. Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 72 f., die § 51a GmbHG als taugliche Anspruchsgrundlage für Auskünfte der GmbH-Gesellschafter heranzieht. 307 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50. 308 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 98, S. 50 f. 309 In Fällen, in denen es qua Gesetz einen obligatorischen Aufsichtsrat geben muss.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

sellschaftsvertraglich vereinbarten Aufsichtsrat, bei dem diesbezüglich keinerlei Regelungen vorgenommen sind und sich der Geheimhaltungsdispens daher nach §§ 394, 395 AktG richtet. Insoweit darf deshalb auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. bb) Auskunftsanspruch bei mehrheitlich kommunaler AG Weil das oben gefundene Ergebnis erst Recht auf gemischtwirtschaftliche Kommunalunternehmen in der Organisationsform der AG zutrifft, können die gefundenen Ergebnisse auch auf die Frage nach Auskunftsansprüchen gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied einer mehrheitlich kommunalen AG übertragen werden.310 Eine strafrechtlich sanktionierte Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG311 kann hiernach nur dann angenommen werden, wenn Informationen aus den Organen der Gesellschaft an die (Rats-)Öffentlichkeit herausgetragen werden, ohne zuvor nach Mitgliederzahl, Zusammensetzung, einem entsprechenden Ratsbeschluss und sonstiger Umstände für eine hinreichende Verschwiegenheit zu sorgen.312 Nicht erforderlich, aber jedenfalls aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit zustimmungswürdig ist daher der Vorschlag von M. Mann313, in § 394 Satz 1 AktG de lege ferenda den Adressatenkreis gesetzlich festzulegen und zu konkretisieren, gegenüber welchem Organ innerhalb der Gebietskörperschaft Informationen aus dem Aufsichtsrat erteilt werden dürfen. Besonders lobenswert ist hierbei sein Vorschlag, § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG neu zu fassen und Mitteilungen an den Berichtsempfänger zuzulassen, wenn „keine Vertraulichkeitsverletzung naheliegt oder die Weitergabe verfassungsrechtlich geboten ist“. Noch nicht beantwortet ist indes die Frage, ob der Vorstand gegenüber der Hauptversammlung oder dem Aufsichtsrat zu Erteilung von Auskünften verpflichtet

310 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 58 untersucht die Informationserteilung mittels Weisungsbeschluss und lehnt eine solche unter Hinweis auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG sowie § 113 Abs. 5 Satz 2 GO NRW ab. Dass diese pauschale Unterwerfung vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Ingerenzverpflichtung keinen Bestand haben kann wird im sechsten Teil dieser Arbeit dargestellt. Daher sind auch Informationserteilungen nach vorangegangener Weisung grundsätzlich möglich. 311 Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 96 auf die Schutzgesetzqualität des § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB hin. 312 Hierdurch wird im Übrigen auch das Vertrauen der Allgemeinheit in die organisationsrechtlichen Mindeststandards der Rechtsform AG gesichert und ihre Funktionsfähigkeit gestärkt. Entgegensetzte Bedenken hegt hingegen M. Mann, AG 2018, 57 (59), der zugleich auf nachteilige Folgen für etwaige Mitgesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer, mithin Steakholder hinweist. 313 M. Mann, AG 2018, 57 (63) mit einem Vorschlag zur Neufassung der §§ 394, 395 AktG, der einer Informationsweitergabe an das Parlament ein Gremium vorschalten und erst über dieses Gremium, folglich nur mittelbar die Informationen an die Legislative weitergeben möchte.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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ist.314 Dies ist aber deshalb besonders interessant, weil die Informationspflicht des Vorstands gegenüber der Hauptversammlung anders zu bewerten ist als die gegenüber dem Aufsichtsrat. Der Vorstand könnte nämlich dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für Indiskretionen bestehen, Auskünfte gegenüber der Hauptversammlung verweigern, soweit die Voraussetzungen des § 131 Abs. 3 AktG, insbesondere eine Unternehmensschädigungsgefahr nach Nr. 1 erfüllt wären.315 Dies hätte zur Folge, dass die Gemeinde Auskünfte von ihren Vertretern in der Hauptversammlung nicht zu erwarten hätte. Anders verhält es sich hingegen mit Auskunftsansprüchen des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand. Hier kennt das Gesetz keine Auskunftsverweigerungsrechte des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat, sondern verpflichtet ihn vielmehr zur „unbedingten Offenheit“ gegenüber dem Kontrollgremium. Macht der Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand seinen Berichtsanspruch nach § 90 AktG geltend, dürfe letzterer die Auskunft gegenüber dem Aufsichtsrat nicht davon abhängig machen, ob „nach seiner Einschätzung die Vertraulichkeit durch den Aufsichtsrat oder einzelne seiner Mitglieder gewährleistet ist“.316 Daher kann die Gemeinde nach dem oben erzielten Ergebnis darauf vertrauen, dass der Vorstand ihn in seinem Auskunftsbegehren nicht abbremst.317 Allerdings müssen auch in diesem Fall die Fragen im Zusammenhang mit der Erfüllung des öffentlichen Zwecks, der regelmäßig in der Satzung festgehalten worden sein dürfte, stehen.318 Darüber hinaus wird im aktienrechtlichen Schrifttum seit langem diskutiert, ob dem herrschenden Unternehmen im faktischen Konzern gemäß §§ 311–318 AktG319 ein Informationsrecht gegenüber dem Vorstand der abhängigen AG zur Verfügung steht oder sich dieses Recht auf das in § 131 AktG geregelte allgemeine Auskunftsrecht der Mitaktionäre in der Haupt­ver­sammlung beschränkt.320 In einem solchen Konzern lägen die Modalitäten dieser Herrschaftsmacht etwa in der 314 Diese Frage wirft Schockenhoff, NZG 2018, 521 (524) im Zusammenhang mit der noch weiter unten zu besprechenden Entscheidung des BVerfG zum Informationsanspruch des Parlaments gegenüber der Regierung im Zusammenhang mit Mehrheitsbeteiligung der öffent­ lichen Hand auf, BVerfGE 147, 50 ff. 315 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (524 f.). 316 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (524 f.), der betont, dass der Vorstand allenfalls auf die Bedeutung der Wahrung der Vertraulichkeit hinweisen und den Aufsichtsrat bitten kann, ausreichende Vorsorge zu treffen. 317 Kritisch Koch, ZHR 183 (2019), 7 (27 f.), der dem Vorstand die Verfügungsgewalt über die Geschäftsgeheimnisse zuspricht. Hiernach stehe es ihm Kraft seiner Stellung als „letzte[r] Schutzwall des Unternehmensinteresses“ frei, dem Aufsichtsrat die Weitergabe von Unternehmensinterna ohne seine ausdrückliche Ermächtigung zu versagen. 318 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (525). 319 Bei einem solchen Konzernverhältnis fehlt zwar ein Beherrschungsvertrag. Die Gesellschaft bleibt jedoch von der Gemeinde als herrschendem Unternehmen abhängig i. S. des § 17 AktG. Bei Beteiligungsgesellschaften im Mehrheitsbesitz der Gemeinde wird eine solche Abhängigkeit vermutet, § 17 Abs. 2 AktG, Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 143. 320 Kropff, DB 1967, 2204 (2205); Kort, ZGR 1987, 46 (59 f.); Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 61 f.; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 417.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

personellen Verflechtung des abhängigen mit dem beherrschenden Unternehmen oder zeigten sich etwa in der freiwilligen Befolgung von Hinweisen, Empfehlungen oder gar Weisungen begründet.321 Die Befürworter eines solchen „Sonderrechts“ weisen darauf hin, dass dem herrschenden Unternehmen eine besondere Rechte- und Pflichtenstellung im Verhältnis zur abhängigen Gesellschaft zukomme und ihm daher auch weitreichende Informationen zum Zwecke der Ausübung seiner Leitungsbefugnis zugesprochen werden müssten.322 Andere Autoren widersprechen dem und tragen vor, dass dem herrschenden Unternehmen besondere Informationsrechte deshalb nicht zugestanden werden könnten, weil seine Leitungsmacht nicht rechtlich begründet, sondern durch seine bloße Beteiligung an der Gesellschaft vermittelt worden sei. Dieser Umstand müsse bei der Frage nach dem Grad der Einflussnahmemöglichkeit hinreichend gewürdigt werden und die sich aus der bloßen Beteiligung begründeten Ingerenzmöglichkeiten beschränkt bleiben.323 Diese Auffassung überzeugt. Denn der bloß faktische Umstand einer Mehrheitsbeteiligung verschafft für sich genommen noch kein Sonderrecht. Insoweit ist es erforderlich, rein tatsächliche Positionen von Rechtsansprüchen auseinanderzuhalten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Einflussrechten des § 311 Abs. 1 AktG.324 Zwar ist es richtig, dass nach dieser Vorschrift das herrschende Unternehmen seinen Einfluss dazu benutzen kann, eine abhängige AG zu veranlassen eine für sie nachteilige Maßnahme – etwa die Herausgabe von unternehmenssensiblen Informationen – zu treffen. Allerdings besteht keine Pflicht des Vorstands diesem Begehren nachzukommen.325 Zum anderen steht dem herrschenden Unternehmen dieses Recht nur dann zu, wenn der hiermit einhergehende Nachteil für die abhängige Gesellschaft ausgleichsfähig ist und nach den §§ 311 ff. auch ausgeglichen wird.326 Selbst wenn der Vorstand dem Begehren daher nachzukommen bereit ist, hat die Gemeinde in jedem Einzelfall zu prüfen, ob sie sich durch ihre Einfluss 321 Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit einer Aktiengesellschaft S. 152 ff., 196.; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 169. 322 Decher, in: Großkommentar AktG, § 131, Rn. 384, der die Sonderstellung des herrschenden Unternehmens im Rahmen der speziellen Sonderbeziehung unterstreicht und hierdurch eine Gleichstellung mit Situationen der Informationsgewinnung außerhalb der Hauptversammlung nach § 131 Abs. 4 AktG für nicht erforderlich erklärt; Kort, ZGR 1987, 46 (59); Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 417. 323 Kort, ZGR 1987, 46 (59 f.); Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 417. 324 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 169 f. erklärt § 311 Abs. 1 AktG gegenüber § 76 AktG für lex specialis wodurch dem Vorstand gestattet werde, eine, auch nachteilige Einflussname seitens der herrschenden Unternehmen zu befolgen ohne die Haftungsfolgen des § 93 AktG befürchten zu müssen, sofern er für den Nachteilsausgleich Sorge trage. 325 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 62: „Darüber hinaus wird man aus § 311 Abs. 1 AktG ein Rederecht, nicht aber eine Redepflicht annehmen können“; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 417. 326 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 62; Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 417, der dem herrschenden Unternehmen erstaunlicherweise dennoch kein besonderes Informationsrecht zuspricht.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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ausübung möglicherweise nachteilsausgleichspflichtig macht.327 Es handelt sich bei diesem „erkauften Ingerenzrecht“ somit um eine wohldosierte und kalkulierte Maßnahme im Einzelfall und kein pauschal zulässiges Ingerenzausübungsrecht. Demnach steht der Gemeinde zwar ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Aufsichtsrat zu. Auskunftsansprüche über Unternehmensinterna gegenüber dem Vorstand kann sie indes nicht pauschal, sondern nur im Einzelfall geltend machen. Ein Anspruch darauf, dass der Vorstand dem nachkommt, steht dem herrschenden Unternehmen jedoch nicht zu. Denn die faktische Abhängigkeit führt nicht zu einem Anspruch auf Gefolgschaft.328 Vor diesem Hintergrund erlangt der festgestellte Auskunftsanspruch gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrats eine herausragende Bedeutung, weil andernfalls belastbare Informationen aus dem Innenleben der Gesellschaft nicht, jedenfalls nicht außerhalb der Hauptversammlung nach § 131 AktG, beschafft werden könnten.329 Nur am Rande sei noch erwähnt, dass auch der Bezirksvorsteher und der Ausschussvorsitzende nach § 55 Abs. 2 GO NRW Auskunftsansprüche gegenüber dem Bürgermeister geltend machen können. Allerdings beschränkt sich dieses Recht auf Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit ihrer Bezirksvertretung bzw. ihrem Ausschusses stehen.330 In diesem funktional-sachlichen Rahmen stellen sich indes dieselben Fragen, die sich auch für Ratsmitglieder im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen stellen. Insbesondere ist ebenfalls zu beachten, ob der Bürgermeister als Aufsichtsratsmitglied oder als Auskunftsverpflichteter nach § 55 Abs. 1 Satz 1 GO NRW in Anspruch genommen wird. 2. Informationsrechte im Rahmen der Abschlussprüfung Informationsansprüche der Gemeinde ergeben sich schließlich auch aus den §§ 53, 54 HGrG. Um es Gemeinden zu ermöglichen, ihren Kontroll- und Einwirkungspflichten nachzukommen, hat der Bundesgesetzgeber neben den bereits besprochenen §§ 394, 395 AktG auch diese haushaltrechtlichen Regelungen als ebensolche Sondervorschriften zur Verfügung gestellt.331 Nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 HGrG kann eine Gemeinde, die über eine Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen 327 Koch, in: Hüffer / ders., § 311 AktG, Rn. 2. 328 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 62. 329 Daneben wird der beschränkte Regelungsbereich des § 131 AktG für kommunale Anteilseigner aufgrund der besonderen Rechte nach §§ 53, 54 HGrG aufgewogen. Denn die Kontrolle infolge der Kenntnisnahme des erweiterten Prüfungsberichts sowie die Lektüre eines Prüfungsberichts eines Sonderprüfers nach § 145 VI AktG ergänzen das Auskunftsrecht im Rahmen der Wahrnehmung der Einwirkungspflicht, vgl. Engellandt, Die Einflussnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 160 f. 330 Plückhahn / Faber, in: Held / Becker / Decker et.al., § 55 GO NRW, 5.1, S. 11; Dünchheim, KommJur 2016, 441 (446). 331 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 17 f., S. 18.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

in privater Rechtsform verfügt, verlangen, dass das Unternehmen im Rahmen der Abschlussprüfung auch die Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung prüfen lässt.332 Obgleich der Gemeinde nach dieser Vorschrift Ermessen zur Ausübung ihrer Rechte und Pflichten eingeräumt wird, sind hierbei die kommunalrechtlichen Informations- und Prüfungsrechten nach § 112 Abs. 1 GO NRW zu beachten. Diese gemeinderechtliche Vorschrift verweist hierbei auf das bundeseinheitliche Recht nach §§ 53, 54 HGrG und ordnet an, dass die Rechte hiernach nicht nur verlangt werden können, sondern ausgeübt werden „sollen“. Die Regelungen für die Haushalte von Bund und Ländern werden somit im kommunalen Bereich dahingehend verschärft, dass die Gemeinde nur dann ihre Rechte nicht ausüben muss, wenn zwingende Gründe ein solches Abweichen rechtfertigen.333 Nach alledem bleibt festzuhalten, dass es im Zuge der Geltendmachung von Information- und Prüfungsrechte nach § 112 GO NRW zu keinerlei Spannungen mit Vorgaben des Gesellschaftsrechts kommt.334 Vielmehr ist das Gemeinderecht mit den Vorgaben der bundesrechtlichen §§ 53, 54 HGrG harmonisch verwoben.335 Dies wird vor allem dadurch bezeugt, dass es dem Landesgesetzgeber freigestellt wird, die Kommunen zu verpflichten, ihre Ingerenzverpflichtungen strenger wahrzunehmen.

III. Ergebnis Es konnte dargestellt werden, dass sich das Ingerenzinstrumentarium zur Einwirkung der Kommune auf Unternehmensorgane nicht auf das Mittel der Weisung beschränkt. Gleichwohl sind Auskunftsrechte und Berichtspflichten eng mit ihr verbunden, weil allein eine hinreichende Information und Kenntnis interner Vorgänge im jeweiligen Organ der Gesellschaft zu punktueller Einflussnahme seitens der Kommune befähigt. Die Herstellung und Sicherung von Gemeinwohl ist eben keine statisch zu vollbringende, sondern eine dynamische Aufgabe der Gemeindevertretung. Hierfür benötigt sie jedoch aktuellste Informationen über Gescheh 332 Söbbeke, in: Articus / Schneider, § 112 GemO NRW, S. 516. 333 „Das Gesetz verknüpft dann eine Rechtsfolge mit einem Tatbestand zwar für alle typischen Fälle, gestattet aber dem Verwaltungsorgan in atypischen Fällen, also aus angebbaren, besonderen, überwiegenden Gründen von der Verwirklichung der gesetzlichen Rechtsfolge abzusehen (sog. Dispensermessen)“, Kluth, in: Wolff / Bachof / Stober / ders., Verwaltungsrecht Bd. 1, § 31, Rn. 41. 334 Daher überzeugt es, wenn Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 17 f., S. 16 darstellt, dass die §§ 53, 54 HGrG den verfassungsrechtlich determinierten Ingerenzpflichten der Gemeinde genügten und es einer Diskussion um die Notwendigkeit eines Verwaltungsgesellschaftsrechts insoweit nicht bedürfe. 335 Allerdings weist Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 122 ff. zu Recht darauf hin, dass nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 HGrG zwar neben dem Vorstand auch Aufsichtsräte die erhaltenen Berichte an ihre Entsendungskörperschaft weiterleiten dürften. Jedoch werde hierdurch keine eigenständige und umfassende Berichtspflicht von Aufsichtsräten i. S. d. § 394 AktG begründet. Das öffentliche Haushaltsrecht bleibt somit hinter der Berichtspflicht nach § 394 AktG zurück.

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

313

nisse, politische Tendenzen und Stimmungen, um im Einzelfall korrigierend eingreifen zu können, sobald ein allzu gewinnorientiertes Abstimmungsverhalten den öffentlichen Zweck der Unternehmung in den Hintergrund zu schieben droht. Ganz allgemein lässt sich festhalten, dass hinreichende Informationen je nach Interessengruppe eine andere Bedeutung haben. So benötigen Private ein gewisses Maß an Informationen, um etwaige Missstände im kommunalen Unternehmen aufzuklären. Private Konkurrenten benötigen sie, um sich nach dem Maß der zulässigen staatlichen Wirtschaftsausübung zu informieren und Ratsmitglieder, um die gemeindliche Kontrolle über das gemischtwirtschaftliche Unternehmen zu sichern. Im Hinblick auf Gemeindevertreter wurde schon früh über Stimmbindungsverträge als schuldrechtliche Verpflichtung des Mandatsträgers, sein Mandat in bestimmter Weise auszuüben, nachgedacht. Solche Bindungen sind indes unverhältnismäßig, weil durch die Anerkennung des punktuellen Weisungsrechts auch gegenüber Mitgliedern des Aufsichtsrats eine schonendere Möglichkeit zur punktuellen und einzelfallgerechten Einflussnahme besteht. Insgesamt hängt auch die Grenze des Auskunftsanspruchs von der Stellung des Anspruchstellers und der des Anspruchsgegners in der jeweiligen Organisationsform des Unternehmens ab. Darüber hinaus ist auch die konkrete Ausgestaltung der Binnenorganisation der Gesellschaft entscheidend. So steht es privaten Mitbewerbern im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG frei, gegenüber dem Kommunalunternehmen Informationsansprüche über bestimmte Vorgänge geltend zu machen, um Chancen und Risiken einer etwaigen Konkurrentenklage besser ausloten zu können. Hierdurch kommt es indes zu keiner Regimekollision. Denn die entstehenden Spannungen sind der vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Minderheitsbeteiligten immanent und keine Folge der Bindung der Gemeindevertreter an das Kommunalverfassungsrecht einerseits und den Regelungen des Gesellschaftsrechts für die jeweilige Organisationsform andererseits. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den weitreichenden Transparenzpflichten der Gemeinde als Ausfluss des „Neuen Kommunalen Finanzmanagement[s]“, weil die Beteiligungsberichte nach § 117 GO NRW den Umfang der zulässigen Auskunft über einzelne gemeindliche Beteiligungen festlegen. Auch hierbei sind Konflikte mit gesellschaftsrechtlichen Publizitätspflichten nach §§ 325 ff. HGB nicht zu erwarten, weil sie unterhalb der im Gesellschaftsrecht vorgesehenen Publizitätsdichte bleiben. Pressevertreter müssen sich bei einem Anspruch nach dem LPresseG NRW daran messen lassen, ob ihrem Auskunftsinteresse ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegengehalten werden kann. Auch in diesem Fall kommt es zu keiner Regimekollision. Die Antwort auf die Frage, ob ein solch überwiegendes öffentliches Interesse besteht, bedarf nämlich einer gesamtunternehmerischen Abwägung. Zwar sind hierbei durchaus Konflikte in der Bewertung zu erwarten. Doch beschränken sie sich auf einen internen Abwägungsprozess, der sich nicht auf gemeindliche und gesellschaftsrechtliche Normdivergenz zurückführen lässt. Dessen ungeachtet haben private Minderheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionäre eine Abwägungsentscheidung zugunsten des Informationsinte-

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

resses der Öffentlichkeit hinzunehmen. Dies folgt sowohl aus der unmittelbaren Grundrechtsbindung des kommunal beherrschten Unternehmens als auch daraus, dass die Gesamtverantwortung für das Unternehmen beim öffentlichen Mehrheitsgesellschafter beziehungsweise -aktionär verbleibt.336 Ansprüche einer interessierten Bürgerschaft sowie von Ratsmitgliedern jenseits ihrer Mandatstätigkeit nach dem IFG NRW sind ebenfalls im Wege einer gesamtunternehmerischen Abwägung zu bewerten. Konflikte im Rahmen des internen Abwägungsprozesses zwischen der öffentlichen Hand und privaten Minderheitsgesellschaftern beziehungswiese -aktionären dürften jedoch bereits aufgrund der Gesamtverantwortung des öffentlichen Mehrheitsgesellschafters beziehungsweise -aktionärs für das Unternehmen zulasten der privaten Geschäftspartner gehen. Allerdings gilt auch hier, dass es zu keiner gemeinderechtlichen und gesellschaftsrechtliche Normdivergenz kommt. Es zeigt sich somit, dass selbst dann, wenn landesrechtliche Ansprüche gegen ein kommunal beherrschtes Unternehmen bestehen, dies nicht notwendigerweise zur Kollision zwischen kommunal- und bundesrechtlichem Gesellschaftsrecht führt. Problematisch und konfliktbehaftet ist allerdings wiederum das Verhältnis zwischen Auskunftsansprüchen und Berichtspflichten nach der GO NRW und den Vorgaben nach dem Gesellschaftsrecht. Hierbei ist zu beachten, dass eine hinreichende Information der Ratsmitglieder für eine effektive Kontrolle der Verwaltung schlichtweg unentbehrlich ist und sich seine Reichweite nicht isoliert von der Berichtspflicht der Gemeinderatsvertreter bewerten lässt. Dabei ist stets das Verhältnis der Ratsmitglieder zum Bürgermeister und dessen Verhältnis wiederum zur Gesellschaft zu beachten und streng zu trennen. Darüber hinaus ist zu unterscheiden, ob ein Aufsichtsrat eingerichtet wurde und der Bürgermeister selbst Mitglied dieses Kontrollorgans ist oder sich der Auskunftsanspruch des Ratsmitglieds gegen ihn als Bürgermeister richtet. In jedem Fall muss der Bürgermeister bei der Weitergabe der Informationen die Schranke der funktionsgerechten Nutzung beachten und überprüfen, ob er mit der Weitergabe der Informationen der Unternehmensorganisation hinreichend Rechnung trägt. Daneben ist zu beachten, dass dem Bürgermeister eine weitere Filterfunktion bei der Weitergabe zukommt. Weil ihm nach § 51a Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der Regel die Auskünfte durch den Geschäftsführer übermittelt werden, hat er bei der Weitergabe an das Ratsmitglied nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW erneut zu überprüfen, ob die Informationen rechtsmissbräuchlich verwendet werden könnten oder schützenswerte Geheimhaltungsinteressen Dritter eine Weitergabe untersagen. Hierbei sind in der Praxis ernstzunehmende Konflikte denkbar. Spannungen sind etwa dann zu erwarten, wenn die privaten Minderheitsgesellschafter befürchten, dass Auskünfte seitens der Ratsmitglieder lediglich zum Zwecke der Ausforschung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verlangt werden und

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BVerfG NJW 2011, 1201 (1203).

A. Weitere Einwirkungsinstrumente und Regimekonflikte 

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daher vom Geschäftsführer eine extensive Auslegung der nachteilig gesellschaftsfremden Nutzung i. S. d. § 51a Abs. 2 GmbHG begehren. Gleichwohl kommt es hier mehr zu einem tatsächlichen, denn einem Rechtsregimekonflikt. Weil nämlich die Verweigerung des Geschäftsführers eines Beschlusses der Gesellschafter gemäß § 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG bedarf, dürften sich in einer mehrheitlich öffentlichrechtlich beherrschten GmbH die kommunalen Interessen letztlich durchsetzen. Am tatsächlichen, wenn auch nicht normativen, Konfliktpotential in Folge der Informationsweitergabe ändert sich freilich nichts. Haben sich die Geschäftspartner einer GmbH im Gesellschaftsvertrag darauf geeinigt, dass ein Aufsichtsrat eingerichtet werden soll, so können sie auch den Umfang des Auskunftsrechts ihrer Mitglieder bestimmen.337 Ein Konflikt – soweit er überhaupt eintreten würde – wäre der eigentlichen Ausübung des Auskunftsrechts somit vorgelagert und bezöge sich auf den Zeitraum der Unternehmensgründung. Fehlt eine Regelung indes, sind aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten nach §§ 116 Satz 1, 2 AktG i. V. m. § 93 Abs. 1 AktG über die Brückennorm des § 52 Abs. 1 GmbHG ebenso wie bei einer Aktiengesellschaft selbst zu beachten. Insoweit richtet sich die Zulässigkeit eines Verschwiegenheitsdispenses ebenso wie bei einer AG danach, ob die Voraussetzungen der §§ 394, 395 AktG gegeben sind.338 Ist der Bürgermeister kein Aufsichtsratsmitglied339, steht ihm in Erfüllung des Anspruchs eines Ratsmitglieds nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW gegen Mitglieder dieses Organs ein Auskunftsrecht nach § 394 Satz 1 AktG i. V. mit § 113 Abs. 5 GO NRW zu. Ist er allerdings – wozu er nach § 113 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 GO NRW bei einem mehrheitlich kommunal beherrschten Unternehmen verpflichtet ist – selbst Mitglied des Aufsichtsrats der kommunal beherrschten GmbH, betrifft ihn die Dispensregelung des § 394 Satz 1 AktG i. V. m. §§ 113 Abs. 5, 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW unmittelbar. Nach umstrittener, jedoch vorzugswürdiger Ansicht ist hierbei die Auskunftserteilung gegenüber dem Rat, einer Fraktion, einem Ausschuss und erst Recht gegenüber einem einzelnen Ratsmitglied jedenfalls dann zulässig, wenn eine gehörige Verschwiegenheit hergestellt werden und ihre Einhaltung nach Mitgliederzahl, Zusammensetzung und sonstiger Umstände rechtlich gewährleistet werden kann.340 Der Hintergrund dieser weitreichenden Auskunftsund Berichterstattungspflicht liegt auf der Hand. Eine wirkungsvolle kommunale 337 Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 227. 338 Ebenso Faber, Gesellschafsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 225. 339 Dies dürfte nur ausnahmsweise und nur dann akut werden, wenn die Gemeinde Minderheitsgesellschafterin beziehungsweise Minderheitsaktionärin ist. Die Ausführungen wurden vorgenommen, um zum einen ein ganzheitliches Bild des Problemkreises zeichnen zu können und zum anderen, um den Kontrast zu den Verhältnissen im – hier maßgeblichen – Fall einer kommunalen Mehrheitsbeteiligung stärker hervorzuheben. 340 Ähnliches gilt im Übrigen auch für die Unterrichtungspflicht des Bürgermeisters gegenüber der Gemeindevertretung zum Zwecke gehöriger Ausübung ihrer Kontrollrechte, § 62 Abs. 4 GO NRW, vgl. Lübken, Kleerbaum / Palmen, § 62 GO NRW, S. 937.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Ingerenz bedarf eines aktuellen, zeitnahen und unverfälschten Informationsflusses von den Organen der Gesellschaft hin zu den Repräsentanten der Gemeinschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der Gebrauch sämtlicher Instrumente zur Herstellung gehörigen Informationsschutzes erforderlich. Weil aber §§ 394, 395 AktG – etwa durch den Ausschluss der Öffentlichkeit oder der Betonung der Geheimhaltungspflicht bereits aufgrund der Natur der Angelegenheit – Auskünfte und Berichte zulassen, wird durch §§ 113 Abs. 5, 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW kein kommunales Ausnahmerecht geschaffen. Da sich diese Rechte und Pflichten mit §§ 394, 395 AktG vereinbaren lassen, kommt es insoweit – entgegen der vielfach getätigten Annahme – zu keiner Rechtsregimekollision, welche durch etwaige Vorrangdiskussionen gelöst werden müsste.341 Dieses Ergebnis steht im Übrigen im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG342. Das Gericht hat nämlich ausdrücklich betont, dass im Einzelfall Formen der Informationsvermittlung zu suchen sind, die geeignet sind, das Informationsinteresse der Volksvertretung unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung zu befriedigen. Sind aber bestimmte Formen interessengerechten Informationsflusses denkbar, dürften Spannungen durch eine gezielte Herstellung eines hinreichenden Geheimnisschutzes vermeidbar sein. Dies gilt auch bezüglich einer GmbH mit einem mitbestimmten Aufsichtsrat. Denn es spricht vieles dafür, dass der Gesetzgeber versehentlich einen umfassenden Verweis auf §§ 394, 395 AktG unterlassen hat. Als vorteilhaftes Recht zugunsten der öffentlichen Hand führen Informationsrechte im Rahmen der Abschlussprüfung nach §§ 53, 54 HGrG zu keinen Rechtsregimespannungen mit landesrechtlichen Informations- und Prüfungsrechten nach § 112 GO NRW. Diese Pflicht wird vom Gesellschaftsrecht gleichsam den Bestimmungen in §§ 394, 395 AktG als Sonderrecht anerkannt.

B. Rückumwandlung in öffentlich-rechtliche Organisationsformen oder Auflösung und Liquidation der Gesellschaft Nachdem sämtliche Regimekollisionen im Stadium der Unternehmensgründung und Unternehmensführung aufgezeigt werden konnten, ist abschließend zu überlegen, ob sich Spannungen auch dann ergeben, wenn die Kommune beschließt, zur öffentlich-rechtlichen Organisationsform zurückzukehren oder das gemischtwirtschaftliche Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren. Hierdurch soll zugleich der Kreislauf etwaiger Rechtsregimekollisionen sein Ende finden. Haben sich die Hoffnungen der Gemeinde, die sie mit einer Organisationspriva­ tisierung hegte, nicht realisiert, stellt sich die Frage, ob sie ganz oder teilweise be 341 Zu den einzelnen Positionen und dem erarbeiteten Lösungsvorschlag bei Rechtsregimekollisionen siehe unter Teil sechs und sieben dieser Arbeit. 342 BVerfGE 147, 50 (128).

B. Rückumwandlung in öffentlich-rechtliche Organisationsformen 

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züglich einzelner Betriebsteile wieder rückgängig gemacht und das Unternehmen „rekommunalisiert“ werden kann.343 Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass der „Weg von einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform in eine privatrechtliche Rechtsform […] für öffentliche Unternehmen keine Einbahnstraße [ist]“344.

Dieser Ansatz ist auch dann heranzuziehen, wenn ein Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Organisationsform gar nicht erst bestand, sondern sogleich die privatrechtliche Organisationsform gewählt wurde. Entscheidend für die Frage danach, ob das Unternehmen beibehalten und nur die Organisationsform geändert werden soll, ist eine rein fiskalische Betrachtung. Hat die Gesellschaft noch Vermögen, das auf den öffentlichen Anteilseigner zurückübertragen werden kann, eröffnet das Umwandlungsgesetz (UmwG) die Möglichkeit zur Übertragung des Vermögens oder von Vermögensteilen einer Kapitalgesellschaft auf die öffentliche Hand nach den Vorschriften der Verschmelzung und Spaltung von Unternehmen, §§ 174 f., 176 ff. UmwG.345 Andernfalls kann die Gesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen aufgelöst und liquidiert werden. Spiegelbildlich zur Gründung privatrechtlicher Organisationsformen ist auch die Auflösung und Liquidation streng formalisiert (§§ 60 ff. GmbHG bzw. §§ 262 ff. AktG) und richtet sich allein nach gesellschaftsrechtlichen, mithin nach ihren „Gründungsvorschriften“. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Insolvenz einer Beteiligungsgesellschaft jedenfalls dann nicht in Frage kommen kann, wenn sie mit der Durchführung gemeind­licher Pflichtaufgaben vertraut ist.346 In diesem Fall trifft die Gemeinde eine Pflicht zur Abwendung des Konkurses.347 Ein Konflikt zwischen dem öffentlichen Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner und den privaten Gesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern der Gesellschaft darüber, ob weiteres Kapital zugeschossen werden soll, kann somit nur dort entstehen, wo Gemeinden die übernommenen Aufgaben freiwillig wahrnehmen.348 Dieser Konflikt wäre allerdings nicht auf die jeweiligen Verpflichtungen unter­schiedlicher Rechtsregime zurückzuführen, sondern würde unternehmensintern um die Frage der Rentabilität der 343 Münch, DB 1995, 550 (550); Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 276; Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 3, S. 202, Rn. 73, die auch Fälle der Zweckerreichung und des Zweckfortfalls eines kommunal beherrschten Unternehmens als Motivationsgrundlage für das Streben nach „Rekommunalisierung“ aufführt. 344 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 3, S. 202, Rn. 73. 345 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 3, S. 202, Rn. 73, 75, die erläutert, dass das Umwandlungsrecht einen solchen Rechtsformenwechsel zwar nicht kenne, es jedoch als Pendant zur Ausgliederung von Unternehmen aus dem Vermögen von Gebietskörperschaften erlaube. 346 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 278. 347 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, S. 278 m. w. N. 348 Freiwillige Aufgaben sind zahlreiche Einrichtungen der Daseinsvorsorge etwa Sportplätze, Badeanstalten, Museen, Theater sowie Sparkassen. Zu den pflichtigen Aufgaben gehören hingegen die Errichtung von Grund- und Hauptschulen, die Erschließung von Bauland und der Bau von Gemeindestraßen, Hellermann, in: Öffentliches Recht in NRW, Dietlein / ders., § 2 Rn. 63.

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5. Teil: Informationshaushalt und weitere Konfliktquellen

Unternehmensfortführung geführt werden.349 Ist kein Vermögen vorhanden und wird auch kein Kapital „nachgeschossen“, wird das Unternehmen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Insolvenzgerichts nach § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG beziehungsweise § 60 Abs. 1 Nr. 4 HS. 1 GmbHG aufgelöst und das Liquidationsverfahren betrieben. Unabhängig davon, ob noch Vermögen vorhanden ist und es auf die öffentliche Hand nach den Vorschriften der Verschmelzung und Spaltung von Unternehmen §§ 174 f., 176 ff. UmwG übertragen oder das gemischtwirtschaftliche Unternehmen wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst werden soll, sind Konflikte zwischen landesrechtlichen Vorschriften und bundesrechtlichen Vorgaben nicht ersichtlich, weil entgegenstehende Vorschriften nicht vorhanden sind und ihre Anwendung im Fall der Vermögensübertragung bei der Rückkehr zur öffentlich-rechtlichen Organisationsform durch § 176 Abs. 4 UmwG sogar ausdrücklich angeordnet wird. Hiernach richtet sich die Beteiligung des übernehmenden Rechtsträgers an der Vermögensübertragung nach den für ihn geltenden Vorschriften. Somit verweist das Umwandlungsrecht für die Frage, „ob und wie die Organe auf Seiten der öffentlichen Hand als übernehmender Rechtsträger über die Vermögensübertragung zu berichten haben, ob eine Prüfung erforderlich ist und, ob Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalte übergeordneter Behörden zu beachten sind“350, ausdrücklich auf das einschlägige öffentliche Recht. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung der Kommune, zurück zur öffentlich-rechtlichen Organisationsform zurückzukehren oder das gemischtwirtschaftliche Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren, zu keiner Regimekollision führt. Zwar sind Spannungen zwischen dem öffentlichen Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner und den privaten Gesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern der Gesellschaft bei Fragen des Kapitalzuschusses für die mit freiwilligen Aufgaben betraute, konkursgefährdete Beteiligungsgesellschaft denkbar. Die Entscheidung, ob weiteres Kapital zugeschossen werden soll, trifft im Ergebnis aber die Gemeinde. Dies folgt – wie bereits im Zusammenhang mit kommunalen Auskunftspflichten besprochen – bereits aus der beherrschenden Stellung der Kommune, mithin ihrer Gesamtverantwortung für das Unternehmen.351

349 Daher ist es zu empfehlen, bereits während der Unternehmensgründung in der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag festzulegen, wann mit einer kommunalen bzw. privaten „Finanzspritze“ (nicht) gerechnet werden kann. 350 Fabry, in: dies. / Augsten, Unternehmen in öffentlicher Hand, Teil 3, S. 203, Rn. 76. 351 Vgl. BVerfG NJW 2011, 1201 (1203).

6. Teil

Lösungsansätze Ausgehend von der Feststellung, dass die kommunale Wirtschaftsunternehmung von öffentlichen Gemeinwohlmotiven geleitet sein muss, wurde verdeutlicht, dass der Gemeinde hinreichende Einflussnahme- und Kontrollmechanismen zugestanden werden müssen, um ihr die Umsetzung des „von einem örtlich radizierten Gemeinwohlzweck beherrschten“1 Auftrags zu ermöglichen. Dabei steht die dauerhafte Ausrichtung der kommunalen Wirtschaftsbetätigung auf die sozialpolitisch determinierte Daseinsvorsorge im diametralen Widerspruch zu den erwerbswirtschaftlich orientierten Bestimmungen des Gesellschaftsrechts. Die hieraus entstehenden Regimekollisionen wurden sowohl während der Phase der Unternehmensgründung als auch im Rahmen der Unternehmensführung dargestellt. Aus der Untersuchung ausgeklammert wurde bislang die Frage, wie die aufgezeigten Spannungen aufgelöst werden können. Dieser Frage widmet sich ­nunmehr der sechste Teil dieser Arbeit.

A. Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen Neben der rein öffentlich-rechtlich geregelten Eingriffsverwaltung, welche jedenfalls bislang nicht in der Form des Privatrechts erledigt werden darf 2 und maßgeblich durch das Instrumentarium einseitiger Gebote und Verbote sowie belastender Rechtsgestaltungen und Verwaltungsvollstreckungsakte gekennzeichnet ist,3 steht es Gemeinden frei Aufgaben der Leistungsverwaltung in privatrechtlicher Organisationsform durchzuführen.4 Dies wurde bereits zu Beginn der Arbeit festgestellt und soll auch nachfolgend nicht relativiert werden. Allerdings ist bislang nicht hinreichend geklärt, wie mit den sich aus dieser Freiheit ergebenden Konflikten, die im Einzelnen bereits im vorangegangenen Teil dargestellt worden sind, rechtlich umzugehen ist. Denn unabhängig davon, für welche Organisationsform

1 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126. 2 Hierunter fällt wegen des Gewaltmonopols des Staates insbesondere das auf Zwangsmittel angewiesene Polizei- und Ordnungsrecht, Knof, in: Münch. Hdb. GesR Bd. V § 49, Rn. 12; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S.113 ff. 3 Papier / Shirvani, in: MüKomm BGB, § 839, Rn. 149; Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 1, Rn. 20, § 3, Rn. 25. 4 Schon BVerwG NJW 1986, 2387 (2387); Knof, in: Münch. Hdb. GesR Bd. V § 49, Rn. 12; vgl. hierzu auch die Datenerhebung in der Einführung zu dieser Arbeit.

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6. Teil: Lösungsansätze

sich Kommunen entscheiden,5 werden sowohl die vielgestaltigen Rechtsbeziehungen zu Einwohnern und Bürgern der Gemeinde6 als auch die Strukturierung und Organisation privatrechtsförmiger Gesellschaften als Handlungsform durch die Regelungen des Privatrechts determiniert. Kommunale Unternehmen, die in der Rechtsform des Kapitalgesellschaftsrechts organisiert sind, unterliegen nämlich sowohl dem Kommunal- und Haushaltsrecht als auch dem Gesellschaftsrecht.7 Nachfolgend soll daher die Reichweite dieser Determination für die aufgezeigten Kollisionsfelder beleuchtet und das Rang- und Kräfteverhältnis der Rechtsregime im Spannungsfall aufgezeigt werden. Es soll mithin die Frage beantwortet werden, ob die kommunalrechtliche Ausgestaltung der Ingerenzpflicht ihre Grenze an den entgegenstehenden Vorgaben des Gesellschaftsrechts findet. Hierbei stellt die Diskussion über diesen Problemkreis kein Phänomen der jüngeren Literatur und Rechtsprechung dar, sondern wurde bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts ausgiebig geführt. Daher sollen Vorschläge um die rechtliche Auflösung auftretender Regimekollisionen zunächst in den historischen Kontext eingebettet und erst im Anschluss hieran die aktuellen Lösungsversuche dargestellt werden.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen – die Entwicklung der Vorrangdiskussion Kollisionen aufgrund unterschiedlicher Anforderungen des öffentlichen und privaten Rechts an die von Kommunen geführten Gesellschaften ließen sich etwa dadurch lösen, dass man entweder strikt den öffentlich-rechtlichen Rechtsregeln oder aber dem Gesellschaftsrecht den Vorrang einräumte.8 Bedeutende Argumente können Verfechtern beider Lager zugesprochen werden. Hierbei bildet dieser „generalistische Ansatz“ eine erste Stufe der nachfolgenden Diskussion um die Auflösung ingerenzbedingter Regimekollisionen. Eingebettet in den historischen Kontext, sollen traditionelle Positionen der Rechtsprechung und der juristischen Wissenschaft beleuchtet und die Frage nach einem etwaig bestehenden Vorrangautomatismus zugunsten zivilrechtlicher sowie öffentlich-rechtlicher Maximalpositionen bewertet werden. An dieser Stellte darf bereits vorweggenommen werden, dass sich generelle Vorranglösungen nicht durchsetzen können. Dennoch ist dieser Schritt erforderlich, um zu belegen, dass Verfahrensregelungen erforderlich sind, um dem aufgeworfenen Konflikt dogmatisch zu begegnen und ihn einzelfallorientiert zu lösen. Im Folgenden sollen daher zunächst diejenigen Argumente besprochen werden, die etwaige Kollisionen zugunsten der öffentlich-rechtlichen 5 Soweit es nach den §§ 107 ff. GO NRW überhaupt zur Disposition der Gemeinde steht. 6 Etwa im Rahmen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse. 7 Mann, in: GS Tettinger, S. 295 (300), der in diesem Zusammenhang danach fragt, inwieweit das gesellschaftsrechtliche Organisationsstatut einer Kapitalgesellschaft eine Verwirk­ lichung dieser verfassungsrechtlichen Steuerungsanforderungen zulässt (301). 8 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 231.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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Ordnung auflösen. Hieran anschließend werden zivilrechtliche Argumente zur Konfliktlösung vorgestellt.9

I. Streng öffentlich-rechtliche Konfliktlösung Kommunalen Gesellschaften wird als Teil der Gebietskörperschaft aufgrund ihrer Bindung an das Gemeinwohl eine Sonderstellung zugesprochen.10 Sie werde jedoch nicht beliebig gewährt, sondern nur im Rahmen rechtlicher Vorgaben und der konkret zu verfolgenden „öffentlichen Zwecke“ begründet.11 Dies ist darauf zurückzuführen, dass der demokratisch legitimierte Gemeinderat auch bei privatrechtlicher Organisationsform eines mehrheitlich kommunal beherrschten Unternehmens sicherstellen muss, dass die von den Kommunen wahrzunehmenden sozialstaatlich verbürgten Daseinsvorsorgeaufgaben umfassend erfüllt werden.12 Bereits 1951 vertrat Ballerstedt13 die Auffassung, dass die öffentliche Widmung und Indienstnahme des Unternehmens für die Erfüllung öffentlicher Zecke eine Durchbrechung aktienrechtlicher Grundsätze des Unternehmensaufbaus rechtfertige. Insoweit dürfe die Einheit der Gemeindeverwaltung nicht durch die Wahl einer privatrechtlichen Rechtsform gefährdet werden. Aus der Eingliederung des privatrechtlichen Unternehmens in den kommunalen Funktionsbereichs, solle das der kommunalen Einflusssicherung widersprechende Privatrecht überwunden werden können.14 Ähnlich argumentierte auch Ipsen15 und rechtfertigte den Rechtsgrund für den Vorrang des öffentlichen Rechts damit, dass durch die „[…] öffentlich-rechtliche Indienstnahme handelsrechtlicher Gesellschaften für Verwaltungsaufgaben, […] der Staat in Ergänzung und Überhöhung der ihm aus der bloßen Kapitalbeteiligung schon zivilrechtlich zukommenden Ein- und Mitwirkungsbefugnisse 9 Zu beachten ist, dass ein Großteil der (aktuellen) Diskussion um den Vorrang im Falle einer Kollision unterschiedlicher Vorgaben der Rechtsordnungen im Rahmen der Weisungsund Auskunftsrechte sowie Berichtspflichten vorgenommen wird; ganz allgemein untersucht auch Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 128 ff. die Einwirkungsmöglichkeiten von Gemeinden auf ihre Kapitalgesellschaften. 10 Zu den Anfängen einer streng öffentlich-rechtlichen Konfliktlösung vgl. auch die ausführliche Darstellung im Rahmen der Diskussion um die Weisungsgebundenheit gemeindlicher Vertreter in Organen juristischer Personen des privaten Rechts, „eingeschränkte Weisungsfreiheit der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrates einer GmbH“. 11 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 90 f., Rn. 131a. 12 Vgl. Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 91 f., Rn. 131a m. w. N.; relativierend Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 95 f., der die Ansicht vertritt, dass sich aus dem demokratischen Legitimationserfordernis jedenfalls keine umfassende, bis in Detail ermöglichende Ingerenzpflicht zugunsten der öffentlichen Hand ergebe. Ausreichend seien vielmehr „punktuelle Einflussmöglichkeiten des Unternehmensträgers“; ähnlich Schulze-Fielitz, in: Henneke, Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (256), der die Möglichkeit einer „Globalsteuerung“ ausreichen lässt; mit Verweis auf Ehlers, DVBl. 1997, 137 (145). 13 Ballerstedt, DÖV 1951, 449 (452). 14 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 231. 15 Ipsen, JZ 1955, 593 (598).

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6. Teil: Lösungsansätze

bestimmte zulängliche Aufsichtsbefugnisse öffentlichen Rechts innehat, kraft deren die ‚öffentliche Aufgabe, die in der angemessenen privatrechtlichen Unternehmensform durchgeführt werden soll, verwaltungsmäßig sichergestellt wird‘ […]“16

Hiernach wandle sich das privatrechtliche Unternehmen durch die öffentliche Indienstnahme zu einer staatlichen Institution und sei deshalb vorrangig nach öffentlichem Recht zu beurteilen. Daher sei im Lichte öffentlich-rechtlicher Wertungen eine analoge Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften zu empfehlen.17 Hiernach seien zivilrechtliche Rechtssätze als „öffentlich-rechtliche Normen, d. h. unter öffentlichen Gesichtspunkten zur Geltung zu bringen“18. Nach Ansicht anderer Autoren sei das Privatrecht lediglich ein Instrument der öffentlichen Verwaltung. Hiernach äußere sich das öffentliche Interesse, dem die öffentliche Verwaltung insgesamt diene, durch eine modifizierende Wirkung in den Privatrechtsverhältnissen. Denn die Formen des Privatrechts blieben durch die Förderung öffentlicher Zwecke nicht unberührt. Hiernach haben sich privatrechtliche Vorschriften öffentlich-rechtlichen (Ingerenz-)Bedürfnissen anzupassen.19 Besonders deutlich wird Baptist20, der dem Landesgesetzgeber das Recht zugesteht, „gesellschaftsrechtliche Grundsätze um der öffentlichen Zweckbindung willen zu durchbrechen“. Im Ergebnis sei es den Gemeindeordnungen gestattet, das Bundesrecht partiell abzuändern.21 Dies rechtfertigt er mit der Einheit der Verwaltung, die durch privatrechtliche Organisationsformen nicht gefährdet werden dürfe.22 Auffällig bei der gesamten Diskussion ist, dass wesentliche Argumente um die Lösung erheblicher Kollisionen bei Fragen im Zusammenhang mit etwaigen Weisungsbefugnissen der Kommune gegenüber ihren Vertretern in Aufsichtsräten vorgebracht werden. So hat auch das LG Bremen23 bereits 1975 Weisungsrechte der Kommune gegenüber ihren Vertretern im Aufsichtsrat aus Gründen der Gemeinwohlsicherung zugesprochen. Die Bindung des Aufsichtsratsvorsitzenden an die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung wurde auch durch die Beschwerdeentscheidung des 16 Allerdings stammt die Frage nach der verwaltungsmäßigen Sicherstellung der öffent­lichen Aufgabe in der angemessenen privatrechtlichen Unternehmensform von L. Schürmann, ZSR 72 (1953), 65a, 168a (2.). 17 Heusser, Die Flucht des Gemeinwesens, S. 109 f.; a. A. Baptist, Möglichkeiten staatlichen Einwirkens, S. 91. 18 Heusser, Die Flucht des Gemeinwesens, S. 109. 19 Siebert, in: FS Niedermeyer, S. 215 (222), der betont, dass das öffentliche Interesse, dem die öffentliche Verwaltung diene, in den Privatrechtsverhältnissen eine modifizierende Wirkung äußere. 20 Baptist, Möglichkeiten staatlichen Einwirkens, S. 91, der die Frage aufstellt, ob durch die eindeutige Kennzeichnung der wirtschaftlichen Betätigung als Verwaltungshandeln, dem Landesgesetzgeber die Befugnis zugesteht, Vorschriften des Gesellschaftsrechts im Rahmen der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung zu modifizieren. 21 Auch Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 92. 22 Baptist, Möglichkeiten staatlichen Einwirkens, S. 92; hierauf sowie auf die übrigen Autoren weist auch Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 232 hin. 23 LG Bremen, Beschluss vom 19.09.1975 – 17 T 7/75 – juris, Rn. 16, 18. 

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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OLG Bremen24 1977 nicht angegriffen. Hierin werde nach Püttner25 die für ihn (in Grenzen) sachgerechte „Tendenz erkennbar, Sonderrecht für öffentlich beherrschte Gesellschaften zuzulassen“. Auch andere Autoren befürworten einen Vorrang öffentlich-rechtlicher Regelungen im Kollisionsfall und begründen dies damit, dass das privatrechtliche Gesellschaftsrecht nicht in der Lage sei, öffentliche Einflüsse aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht zu verhindern.26 Insoweit könne die Privatrechtsordnung dem öffentliche Aufgaben erfüllenden Staat keine abschließenden Erkenntnisse vermitteln.27 Besonders deutlich formulierte ­Haverkate28 den Vorrang öffentlich-rechtlicher Bindungen und merkt an, dass „alles privatrechtsförmige […] Staatshandeln unter der fortwirkenden Maßgabe des öffentlichen Rechts“29 stehe und für jedwedes Handeln der öffentlichen Hand die Verfolgung des öffentlichen Zwecks entscheidend sei. Er betont hierbei, dass kommunale Unternehmen in privatrechtlicher Organisationsform letztlich der Erreichung des öffentlichen Zwecks dienten. Denn „ihm verdankt sie ihre Entstehung, an ihn ist sie gebunden“30. Mit der strikten Verfolgung dieses Zwecks sind entgegenstehende, verselbstständigte (Gewinn)Interessen von privaten Gesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern nicht zu vereinbaren. In diesem Zusammenhang verweist er auch auf die Entscheidung des BVerfG31, in der das Gericht im Rahmen von Fragen zur Enteignung zugunsten eines privatrechtlich organisierten Energieversorgungsunternehmens urteilte, dass es für die rechtliche Bewertung, ob eine Enteignung zulässig sei, allein darauf ankomme, ob dies zugunsten der Verfolgung eines öffentlichen Zwecks geschehe. Hieraus schließt Haverkate, dass die Entscheidung allgemein gelte und die Privatrechtsform dort in den Hintergrund trete, „wo immer es der öffentliche Zweck erheischt“32.

24 OLG Bremen, Beschluss vom 22.03.1977 – 2 W 102/75 – juris, Rn. 17 ff. 25 Püttner, Anmerkung zum Beschluss des OLG Bremen vom 22.03.1977, in: DÖV 1977, 901 (901), der in weiser Voraussicht darauf aufmerksam machte, dass ein solches Sonderrecht „bei Zivilrechtlern mit einiger Sicherheit auf harte Kritik stoßen wird, insbesondere bei solchen, die immer wieder die These von der Notwendigkeit der Gleichbehandlung öffentlicher und privater Unternehmen verfechten“. Dass auch er zu diesen Kritikern zählt, wird weiter unten dargestellt. 26 Alfuß, Staatliche Haftungsbeschränkungen, S. 17, der betont, dass der öffentliche Zweck auch dann im Vordergrund zu stehen habe, wenn die öffentliche Hand im Privatrechtsbereich handle. Dies führe dazu, dass zivilrechtliche Regelungen durch öffentlich-rechtliche Normen, Institute und Prinzipien verdrängt werden können. Im Ergebnis bestehe eine Vorrangstellung des öffentlichen Rechts. 27 Alfuß, Staatliche Haftungsbeschränkungen, S. 17. 28 Haverkate, VVDStRL (46) 1988, 217 (226, 228). 29 Haverkate, VVDStRL (46) 1988, 217 (228). 30 Haverkate, VVDStRL (46) 1988, 217 (228). 31 BVerfGE 66, 248 (257) „Der staatliche Zugriff dient der Erledigung einer dem Staat oder den Gemeinden obliegenden Angelegenheit. Die besondere Zielrichtung des Unternehmens ‚überlagert‘ dessen privatrechtliche Struktur sowie den auf die Erzielung von Gewinn gerichteten Zweck (…)“. 32 Haverkate, VVDStRL (46) 1988, 217 (228).

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6. Teil: Lösungsansätze

Im Zusammenhang mit der Suche nach einer rechtlichen Legitimation für die gemeinderechtliche Weisungsgebundenheit im Speziellen wurde weiter nach Wegen gesucht, um den Vorrang der gemeindewirtschaftlichen Bestimmungen vor dem Aktienrecht herzuleiten.33 Hierbei weist Nesselmüller zunächst darauf hin, dass in der Literatur versucht wurde, die wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden, welche in Privatrechtsform geführt wurden, als zur Gemeindeverwaltung gehörig zu betrachten. Mit Verweis auf Maunz34 bewertet auch er die Rechtsfolgen, die sich aus einer Zugehörigkeit der privatrechtlichen Wirtschaftsunternehmen der Gemeinde zur Gemeindeverwaltung ergeben, als erheblich. Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Organe einer Gemeinde gleichzeitig Organe der (Eigen)Gesellschaft wären. Folgerichtig käme es insoweit nicht mehr zu Kollisionen, weil sich im Ergebnis stets die gemeindlichen Ingerenzinteressen durchsetzen würden.35 Daher untersucht Nesselmüller tatsächliche und rechtliche Argumente, um eine Zugehörigkeit der Unternehmen zur Verwaltung zu begründen. Unter Hinweis auf den 6. Teil der DGO 1935, der nicht nur die wirtschaftliche Betätigung, sondern auch die Verwaltung des Gemeindehaushalts im weiteren Sinne umfasste, schließt er, dass Verwaltung und wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde grundsätzlich nicht voneinander getrennt werden müssten.36 Wertet man seine Aussage rechtlich, so kommt er im Wege einer systematischen Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen in einem engen Beziehungszusammenhang stünden und daher „Verwaltung“ nicht isoliert von „wirtschaftlicher Betätigung“ betrachtet werden könne. Darüber hinaus geht er der Frage nach, ob sich die Zugehörigkeit der Verwaltung möglichweise aus der Daseinsvorsorge selbst sowie aus dem öffentlichen Zweck, dem jedwede gemeindliche Unternehmung dienen muss, herleiten lasse. Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Gesellschaften zum öffentlichen Recht lasse sich auch aus einer anderen Überlegung heraus begründen.37 Hierzu sei es erforderlich, den Begriff der Daseinsvorsorge mit Forsthoff 38 als Rechts 33 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 76 ff. dessen Herleitungen sich freilich nicht auf die Beziehung zum Aktienrecht beschränken, sondern auf das gesamte Gesellschaftsrecht übertragen werden können. 34 Maunz, VerwArch. 50 (1959), 315 ff.; 320 ff., der u. a. die Frage danach stellt, inwieweit der Staat in privatrechtsförmige Gesellschaften der Daseinsvorsorge eingreifen können soll, um eine gehörige Daseinsvorsorge gewährleisten zu können. Hierbei spricht er dem Staat lediglich die Rolle eines „Ordnungsgaranten“ zu, der im Übrigen die privatrechtliche Rechtsstellung des Unternehmens zu respektieren habe. 35 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigen­ gesellschaften, S. 76 mit Blick auf die Weisungsproblematik gegenüber Gemeindevertretern im Aufsichtsrat einer Eigengesellschaft. 36 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigen­ gesellschaften, S. 80 f.; a. A. Maunz, VerwArch. 50 (1959), 315 (328), der Energieversorgungsunternehmen nicht als „öffentliche Verwaltung“ charakterisiert und sie auch nicht öffentlichrechtlichen Normen unterstellt. 37 Vgl. insbesondere Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 81 ff. 38 Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 11, der den Begriff der Daseinsvorsorge zunächst der leistenden Verwaltung zuordnet und sie hierdurch zugleich dem öffentlichen Recht unterstellt.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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begriff39 zu begreifen.40 Dies habe zur Folge, dass die von der Gemeinde durchgeführte Daseinsvorsorge Verwaltung darstelle und, dass diese Tätigkeit in einem jeweils zu ermittelnden Umfang dem öffentlichen Recht zugeordnet werden müsse. Dann aber sei es nur konsequent auch privatrechtlich organisierte Gesellschaften, die Daseinsvorsorge betreiben, der Gemeindeverwaltung zu unterwerfen.41 Einige Autoren vertreten gar die Auffassung, dass Unternehmen, die typische Aufgaben der Daseinsvorsorge betreiben, der Leistungsverwaltung angehörten.42

II. Streng zivilrechtliche Konfliktlösung Wie bereits erwähnt, wurden und werden nach wie vor die meisten dogmatischen Schlachten um die Deutungshoheit bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen im Rahmen der Zulässigkeit und Reichweite der Weisungserteilung gegenüber kommunalen Vertretern in den Unternehmensorganen ausgetragen. So urteilte schon das RG 1941, dass eine Satzung keine Regelung enthalten dürfe, wonach „das Abstimmungsergebnis unter dem zwingenden Einfluss einer fremden Willenslenkung stünde und für die Betätigung einer eigenen Entschließung des Gesellschafters kein Raum bliebe“.43 Hintergrund dessen war und ist die Sorge, dass (kommunale) Gesellschafter von ihren (Weisungs-)Befugnissen in einer treuepflichtverletzen 39 Strikt ablehnend Ossenbühl, DÖV 1971, 513 (517) m. w. N., der betont, dass „der Begriff der Daseinsvorsorge […] ein soziologischer Terminus [ist], der die Verwaltungsrechtsdogmatik anregen sollte und auch angeregt hat. […], aber auf keinen Fall kann er als Rechtsbegriff im technischen Sinn angesehen werden, aus dem sich irgendwelche Rechtsfolgen ableiten ließen.“ 40 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigen­ gesellschaften, S. 81 f. 41 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 82 mit Hinweis auf Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 11. Allerdings lehnt er beide Argumente für die Zugehörigkeit der Unternehmen zur Verwaltung ab. Denn weder sei der Begriff des öffentlichen Zwecks positiv definiert noch könne allein aufgrund der Verpflichtung zur Verfolgung dieses Zwecks in den Gemeindeordnungen eine unkritische Überführung der öffentlichen Unternehmen zur Gemeindeverwaltung begründet werden, Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 83, S. 84 ff.; 89 f. Ähnliches gilt für die Daseinsvorsorge, weil nicht hinreichend begründet werde, weshalb ihr diese weitreichende Rechtsfolge zukommen solle, S. 93 f. 42 Dies ist bereits deshalb konsequent, weil die Daseinsvorsorge einen Teilbereich der Leistungsverwaltung darstellt, Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 1, Rn. 17 und die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand jedenfalls dann der Leistungsverwaltung zuzuordnen ist, wenn – neben etwaiger Gewinnerzielungsabsicht – die Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe den Unternehmenszweck darstellt, Badura, ZHR 146 (1982), 448 (452); ders., Das Verwaltungsmonopol, S. 187 f. der das Verwalten und Wirtschaften jedenfalls dann nicht als Gegensätze begreift, wenn Wirtschaftsunternehmen der Verwirklichung der Daseinsvorsorge dienen. Wenn aber wirtschaftendes Verhalten in nur fiskalischer Absicht erfolge, sei es keine Verwaltung mehr; Torz, DÖV 1958, 205 (207). 43 RGZ 165, 68 (78 f.).

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6. Teil: Lösungsansätze

den Weise Gebrauch machen und hierdurch der Gesellschaft einen unzumutbaren Nachteil zufügen könnten.44 Hierzu heißt es: „Wie sich der Berechtigte selbst des Eintritts in den Aufsichtsrat zu enthalten hätte, wenn er damit bezweckte, der Gesellschaft abträgliche Ziele zu verfolgen, so wäre ihm ebenso das Recht zur Entsendung eines anderen zu versagen, wenn dies in der gleichen Absicht geschähe oder sonstige Gründe vorlägen, welche den Eintritt des Ernannten in den Aufsichtsrat oder seinen Verbleib darin als für die Gesellschaft untragbar erscheinen lassen müssten.“

Hierdurch hat sich das RG zugunsten der Gesellschaftsinteressen positioniert ohne danach zu unterscheiden, ob es sich bei dem Gesellschafter um die öffentliche Hand handelt und möglicherweise genuin öffentlich-rechtliche Interessen einen Vorrang gegenüber dem Gesellschaftsinteresse begründen könnten. Die Aussagen des RG sind daher so zu verstehen, dass die öffentlich-rechtliche Gemeinwohl- und Ingerenzverpflichtung und das „unternehmerische Rentabilitätsinteresse“45 dergestalt nebeneinanderstünden, dass ingerenzsichernde Normen jedenfalls dann ihre Wirkungskraft verlören, wenn sie mit ökonomischen Nachteilen für die Gesellschaft einhergingen.46 Eine Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Interessen findet hiernach nicht statt.47 Vielmehr legt das RG den Grundstein für eine schematische Vorrangregelung, dessen Auslöser die aus wirtschaftlicher Sicht nachteilig empfundene Sicherungs- und Kontrollmaßnahme selbst ist. In dieser Tradition steht auch das Urteil des BGH48 vom 29. Januar 1962. ­Hierin führt das Gericht aus: „Entsandte Aufsichtsratsmitglieder haben dieselben Pflichten wie die gewählten Aufsichtsratsmitglieder. Als Angehörige eines Gesellschaftsorgans haben sie den Belangen der Gesellschaft den Vorzug vor denen der Entsendungsberechtigten zu geben und die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, ohne an Weisungen des Entsendungsberechtigten gebunden zu sein.“49

Dieser Rechtsprechung, in welcher das Gericht zugleich die sogenannte Lehre vom „Vorrang des Gesellschaftsrechts“50 entwickelte, blieb es auch in seiner 44 RGZ 165, 68 (79). 45 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (611). 46 Ganz allgemein gesprochen werden die Einflussnahmemöglichkeiten der Kommune durch den Vorrang des Privatrechts gehemmt, Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 93. 47 Dies gelte jedenfalls dann, wenn Satzung oder Gesellschaftsvertrag keine ideellen oder sozialwirtschaftlichen Zwecke bestimmen, Rachlitz, in: Grigoleit, Aktiengesetz, § 395, Rn. 9; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 66, S. 36. 48 BGHZ 36, 296 ff. 49 BGHZ 36, 296 (306). 50 Statt vieler VGH Kassel, NVwZ-RR 2012, 566 (569); Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1013); Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 97 ff. m. w. N.; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228 f.) behandeln diese Lehre im Zusammenhang mit dem Konflikt der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Demokratieprinzips mit den Vorgaben des MitbestG. Denn durch die paritätische Mitbestimmung von Personen, die nicht unmittelbar durch das Gemeindevolk legitimiert sind, droht ein Einflussverlust der Kommune, obgleich sie nach

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berühmten VEBA / Gelsenberg Entscheidung von 13. Oktober 1977 treu. Hierin urteilte der BGH51, dass auch Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts von den Regeln des Gesellschaftsrechts, namentlich vom Konzernrecht erfasst werden können: „Dem läßt sich nicht entgegenhalten, die öffentliche Hand nehme, auch soweit sie sich privatwirtschaftlich betätige, wegen ihrer Bindungen an das Allgemeinwohl eine Sonderstellung ein, […]. Vielmehr begründet gerade umgekehrt die Tatsache, daß sich die öffentliche Hand auf das Gebiet der Privatwirtschaft begibt, um dort ihre unter Umständen sehr vielfältigen Interessen zu verfolgen, erst recht die Notwendigkeit, es bei der Anwendung der Vorschriften zum Schutz abhängiger Unternehmen zu belassen.“

Nach überzeugender Auffassung von Schwintowski52 hat das Gericht hiermit betont, dass die Schutzregeln des Konzernrechts gerade und nur deshalb entwickelt worden seien, weil das Gesellschaftsinteresse mit dem Aktionärsinteresse nicht in jedem Fall deckungsgleich, aber schützenswert sei. Hierbei stellt das Gericht ausdrücklich fest, dass Gebietskörperschaften bei der Anwendung dieser gesellschaftsrechtlichen Vorschriften keine Vorzugsstellung einzuräumen sei. Dies gelte auch unter Berücksichtigung ihrer Gemeinwohlbindung.53 In diesem Zusammenhang stellen Huber und Fröhlich54 fest, dass es der These nicht darum gehe, privatrechtliche Organisationsformen vor einer „Überwindung“ durch das öffentliche Recht55 zu schützen oder eine Freistellung des (Gesellschafts-)Rechts von öffentlich-rechtlichen Bindungen56 zu ermöglichen. Vielmehr versuche die These vom Vorrang des Gesellschaftsrechts ein „Rosinenpicken“ zu verhindern, das es dem öffentlichen Anteilseigner erlaube, seine gesellschaftsrechtlichen Bindungen unter Hinweis auf die Verfassung opportunistisch abzustreifen. Demzufolge dürfe sich die Verwaltung des Privatrechts und ihrer Organisationsformen allein in dem vom Gesetzgeber angebotenen Umfang bedienen.57 Im Ergebnis schlössen sich § 108 Abs. 1 Satz1 Nr. 6 GO NRW i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 2 GG, Art. 2 LV NRW zur hinreichenden Ingerenz verpflichtet ist. Folgt man der Lehre vom Vorrang des Gesellschaftsrechts, so gehen die Vorschriften des Gesellschafts- und Mitbestimmungsrechts der kommunalrechtlichen Regelung zur Einwirkungs- und Kontrollpflicht bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch privatrechtlich organisierte öffentlich-rechtliche Unternehmen vor. 51 BGHZ 69, 334 (338 f.; 340). 52 Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1013). 53 BGHZ 69, 334 (340). 54 Huber / Fröhlich, in: FS Coester-Waltjen, S. 1127 (1131), die hierbei die Sicherung der Gleichbehandlung sämtlicher Gesellschafter als eines der zentralen Grundsätze des Gesellschaftsrechts betonen; Habersack, ZGR 1996, 544 (555 f.). 55 Diese Befürchtung hegt Schwintowski, NJW 1990, 1009 (1015); Huber / Fröhlich, in: FS Coester-Waltjen, S. 1127 (1131). 56 Altmeppen, Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 31.08.2011 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 (3737); Huber / Fröhlich, in: FS Coester-Waltjen, S. 1127 (1131). 57 Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (511); VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8 A 2043/10 – juris, Rn. 74, wobei das Gericht betont, dass sich die Gemeinde dem Privatrecht zu unterwerfen habe; Püttner, DVBl. 1984, 165 (166); Ehlers, JZ 1987, 218 (225); a. A. Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (511).

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beide Rechtsgebiete zwar nicht aus.58 Nach dem eben Gesagten, vermag sich im Anwendungsbereich des Gesellschaftsrechts das gemeinwohlsichernde Ingerenzinteresse der Kommune im Fall einer Rechtsregimekollision indes nicht durchzusetzen. So stellt auch Püttner59 fest: „Rechte und Pflichten der Gesellschaftsorgane und ihrer Mitglieder bestimmen sich ausschließlich nach Gesellschaftsrecht, und der für das Kommunalrecht zuständige Gesetzgeber kann in diesen Bereich nicht eindringen.“

Diesem Verständnis liegt zunächst ein rein formales, geradezu technisches Argument zugrunde. Den bundesrechtlichen Regelungen des Aktien- und GmbHRechts komme gemäß Art. 31 GG der unbedingte Vorrang vor landes- oder kommunalrechtlichen Vorschriften zu.60 Demnach finden die Vorschriften des Gesellschaftsrechts auch dann Anwendung, wenn die öffentlich-rechtlichen Kollisionsnormen der gemeinwohlsichernden Interessenwahrung zu dienen bestimmt sind. Insoweit seien letztere bereits aus Kompetenzgründen ungeeignet, in das bundesrechtlich abschließend geregelte Gesellschaftsrecht einzugreifen (vgl. Art. 74 Abs. 1, 31  GG).61 Im Falle einer Kollision dürfe das Gemeinderecht aufgrund seiner hierarchischen Unterordnung „nicht in das bindende Gesellschaftsrecht des Bundes eingreifen“62, sondern müsse sich den Spielregeln des Gesellschaftsrechts fügen. Zu Recht weist bereits von Danwitz63 darauf hin, dass es sich bei genauer Betrachtung der aufgeführten Positionen nicht um eine bloße Verortung des Rangverhältnisses zwischen Gesellschafts- und Kommunalrecht handle. Vielmehr werde die umfassende und modifikationslose Geltung der Vorschriften des Gesellschaftsrechts, vor allem des Aktienrechts, postuliert, die seit der Aktienrechtsreform von 1965 als geschlossene Regelung zu verstehen seien.64 Dieser Gedanke des Vorrangs des Gesellschaftsrechts werde zudem durch die Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Unternehmensverfassung gestützt.65 Zur Frage des konflikt­ 58 BGHZ 69, 334 (339), wobei das Gericht betont, dass sich beide Rechtsregime durchaus decken und überschneiden können. 59 Püttner, DVBl. 1986, 748 (751). 60 Jüngst Frankenberger, RNotZ 2018, 649 (650). 61 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (610); Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 62, S. 33; Koch, in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2a; Püttner, DVBl. 1986, 748 (751); Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 75 f., 93; Spannowsky, DVBl. 1992, 1072 (1074), der den abschließenden Charakter des Gesellschaftsrechts betont. 62 Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 93. 63 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (610). 64 So auch die Autoren, die sich im Rahmen der Weisungsfreiheit entsandter bzw. gewählter Aufsichtsratsmitglieder für die Beachtung der aktienrechtlichen Besonderheiten einsetzen, R. Fischer, AG 1982, 85 (90); Schmidt-Aßmann / Ulmer, BB Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (15). 65 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (610) unter Hinweis auf die oben angesprochene organschaftliche Treuepflicht entsandter Aufsichtsratsmitglieder sowie dem Verbot der Benachteiligung außenstehender Aktionäre in einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen,

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bedingten Vorrangs komme man indes nicht allein deshalb, weil dem öffentlichen Gemeinwohlinteresse und unternehmerischen Rentabilitätsinteresse eine grundsätzliche Divergenz zu eigen sei. Insoweit könnten sich unternehmerische und öffentliche Belange durchaus decken und überschneiden. Allerdings ist hierdurch deshalb nichts gewonnen, weil dies gerade nicht für den – hier interessierenden – Bereich der Daseinsvorsorge gilt.66 Auch deshalb wird im Rahmen der Leistungsverwaltung der vom BGH entwickelten Lehre vom Vorrang des Gesellschaftsrechts noch immer größte Bedeutung beigemessen.67 Hierbei begnügen sich ihre Verfechter allerdings nicht mit dem formalen Hinweis auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG. Vielmehr tragen sie vor, dass der erwähnte Vorrang auch dadurch begründet werde, dass sich Gemeinden mit der Wahl zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform zugleich dem für sie geltenden Privatrecht unterwerfen.68 Autoren, die eine solche hierarchische Ordnung annehmen, vertreten die Ansicht, dass die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen leges speciales gegenüber den gemeinderechtlichen Bestimmungen seien.69 Einen Hinweis auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG halten sie daher bereist für entbehrlich. Hierfür werden auch die Regelungen des § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW angeführt, die sowohl in Bezug auf die Beschlussbefolgungspflicht als auch der Unterrichtungspflicht bestimmen, dass sie nur insoweit gelten, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.70 Des Weiteren sei ein Vorrang des Gesellschaftsrechts auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten erforderlich. Denn die Verfolgung von öffentlichen Zwecken widerspräche den Interessen der privaten Minderheitsbeteiligten. Eine Benachteiligung der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner sei jedoch auch dann nicht zulässig, wenn sie sich als Folge von gemeinwohlgeleiteten Ingerenzmaßnahmen darstellte. Denn andernBGHZ 36, 296 (306); von einem absoluten Vorrang des Gesellschaftsrechts mangels unklarer gesetzlicher Grundlage spricht Leisner, GewArch 2009, 337 (343). 66 „Für die hier interessierende Daseinsvorsorge zugunsten der Bürger liegen die Dinge aber prinzipiell anders. Die möglichst umfassende und gleichmäßige Erfüllung öffentlicher Aufgaben sowie die Beachtung der rechtlichen Vorgaben in jedem Einzelfall bestimmen die Leistungsverwaltung so eindeutig, daß eine rein unternehmerische Betriebsführung schon im Grundsatz mit ihrem öffentlichen Mandat kollidiert […]“, von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (611 f.); in diesem Lichte ist auch die im siebten Teil erfolgende Suche nach einem Kompromiss beider Lager zu lesen. 67 Zusammenfassend Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 31. 68 Püttner, DVBl. 1986, 748 (751); i. E. auch Spannowsky, DVBl. 1992, 1072 (1074 f.); von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (616); dass sich private Investoren indes freiwillig mit der Verfolgung des öffentlichen Zwecks einverstanden erklären, betonen diese Autoren, anders als etwa Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 177, bezeichnenderweise nicht. Er erklärt ausdrücklich: „wer sich an solch einem Unternehmen als Gesellschafter beteiligt, weiß, daß es nicht nur Erwerbszwecke verfolgt, und muss darum mit einer Gewinneinbuße rechnen.“ 69 Wicher, Geeignete Unternehmensform, S. 90; Püttner, DÖV 1970, 322 (322); Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 93. 70 Etwa Koch, ZHR 183 (2019), 7 (42); ders., in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2a; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 62, S. 33.

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falls – so die Befürchtung – käme es zu einer „verfassungsrechtlich fragwürdigen Diskriminierung privater Aktionäre, die es hinnehmen müssten, dass auf ihre Kosten öffentliche Interessen verfolgt werden“71. Schließlich würde auch der Vertrauensschutz des Rechtsverkehrs eine vollständige Annahme und Akzeptanz des gesellschaftsrechtlichen Anwendungsvorrangs verlangen.72

III. Kompromissmöglichkeiten und -grenzen beider Rechtsregime Kompromisse sind bekanntlich immer dann notwendig, wenn sich keine der widerstreitenden Meinungen vollständig und unter gänzlicher Verdrängung der gegenläufigen Auffassung durchzusetzen vermag. Ein solcher Kompromiss wäre somit dann nicht erforderlich, wenn sich eine der klassischen Positionen ohne Berücksichtigung des jeweils gegenläufigen Meinungsstandes durchsetzen könnte. Nachfolgend soll daher in einem ersten Schritt untersucht werden, inwieweit die klassischen zivilrechtlichen Argumente überzeugen. Im Anschluss daran wird die Konsequenz für die Verfechter der öffentlich-rechtlichen Position unter Darlegung der Auswirkungen auf den zivilrechtliche Standpunkt dargelegt. Ziel dieser Untersuchung ist die Beantwortung der Frage danach, ob die aufgezeigten Vorrangregeln zur Auflösung der widerstreitenden Anforderungen, die von Normen beider Rechtsregime gestellt werden,73 fruchtbar gemacht werden oder ob anderweitige Kollisionsregeln gefunden werden müssen. 1. Kein zivilrechtlicher Vorrangautomatismus Ausgangspunkt der Überlegung muss sein, dass sich private Aktionäre oder Gesellschafter freiwillig an einem mehrheitlich durch die öffentliche Hand beherrschten Unternehmen beteiligen oder die kommunale Beteiligung im Nachgang zur Gründung akzeptieren. Dem Moment der Freiwilligkeit liegt somit auch eine Komponente der Billigung und Hinnahme zugrunde.74 Diese bezieht sich aber nicht nur auf den faktischen Umstand, dass der öffentlichen Hand eine Anteilsmehrheit zusteht. Vielmehr wird von dieser Akzeptanz auch das formale Argument des unbedingten Vorrangs des Gesellschaftsrechts qua hierarchischer Vorrangstellung des Bundesrechts (Art. 31 GG) erfasst. Es ist geradezu bezeichnend, dass von den Verfechtern der zivilrechtlichen Konfliktlösung zwar eine Unterwerfung unter das Gesellschaftsrecht aufgrund freiwilliger Indienstnahme der Organisationsform verlangt wird,75 sie sich jedoch die essentialia der wirtschaftlichen Betätigung der 71 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 34. 72 Etwa Zöller / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 52 GmbHG, Rn. 27, 130 m. w. N. 73 Diese Fragen stellt auch von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (620). 74 So bereits ausdrücklich Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 177. 75 Oetker, in: K. Schmidt / Lutter, Vor §§ 394, 395 Rn. 10; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 63, S. 34, der darauf hinweist, dass die öffentliche Hand nicht zu einer

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öffentlichen Hand, insbesondere die Verfolgung öffentlicher Zwecke, nicht vorhalten lassen wollen. Dies aber ist in höchstem Maße geboten. Verfolgt die Gemeinde nämlich öffentliche Zwecke in der Organisationsform einer GmbH oder AG, steht es ihr zwar frei hiermit auch wirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Allerdings wurde bereits zu Beginn dieser Arbeit festgestellt, dass sich jede wirtschaftliche Betätigung der Kommune durch Gemeinwohlbelange rechtfertigen können muss, weil ansonsten die rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates zu Finanzierungszwecken mit der „Teleologie des Steuerstaates konfligiert“76. Weil der Markt aber die Verfolgung von Gemeinwohlzwecken nicht fördert, geht die Hinnahme staatlicher Beteiligung mit der Akzeptanz staatlicher Ingerenzverpflichtungen einher. Diese Vorgabe gilt für das gesamte Unternehmen und aller seiner Anteilseigner in gleichem Umfang. Zu einer Ungleichbehandlung kommt es daher auch dann nicht, wenn man zwischen öffentlichen und privaten Anteilseignern unterscheidet. Soweit vorgetragen wird, dass öffentliche Interessen nicht auf dem Rücken privater Aktionäre und Gesellschafter verfolgt werden dürfen,77 überzeugt dieser Standpunkt jedenfalls bei gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden und Aufgaben der Leistungsverwaltung wahrzunehmen und sicherzustellen haben, nicht.78 Dies hat im Ergebnis bereits der BGH79 in seiner berühmten VEBA / Gelsenberg Entscheidung festgestellt. Das Gericht hat besondere Befugnisse der öffentlichen Hand aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung aller Aktionäre nur in Bezug auf eine Minderheitsbeteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der VEBA i.H.v. 43,7 Prozent abgelehnt. Dass sich aus dem Gleichbehandlungsgebot zugleich ergebe, dass Maßnahmen zur Sicherstellung der öffentlichen Zweckverfolgung bei einer beherrschenden Stellung der öffentlichen Hand nicht zulässig sein sollten, ergibt sich aus dieser Entscheidung gerade nicht. In diesem Zusammenhang überzeugt auch das Argument, dass das Vertrauen des Rechtsverkehrs schützenswert sei, nicht. Denn die Spannweite der Befugnisse der Gemeinde hängt überwiegend von der Ausgestaltung der jeweiligen Satzung bzw. des jeweiligen Gesellschaftsvertrags ab. Ohne konkrete positive Kenntnis dieser Vereinbarungen und der unternehmerischen Binnenstruktur kann indes kein Vertrauen auf konkrete Verhältnisse begründet werden.80 Dies gilt umso mehr, als Beteiligung an privatrechtlich organisierten Unternehmen gezwungen ist, sondern stattdessen auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen zurückgreifen kann. 76 Mann, in: GS für Peter J. Tettinger, S. 295 (297); ebenso S. Polenz, DÖV 2010, 350 (353). 77 Koch, in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2b; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 34. 78 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (615), der darauf hinweist, dass der BGH (BGHZ 69, 334 (341)) vom Regelfall der „Gesellschaft mit ausschließlich Privater Beteiligung“ ausgeht. 79 BGHZ 69, 334 (341). 80 Im Zusammenhang mit der Problematik der Weisungsfreiheit von Mitgliedern eines fakultativen Aufsichtsrats siehe BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16.10-juris, Rn. 22; Bormann, GmbHR 2013, 35 (36), Anm. zu OVG Bautzen, Beschluss vom 03.07.2012, Az.: 4 B 211/12 (im selben Heft).

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6. Teil: Lösungsansätze

gänzlich gemeinwohlorientierte Zwecke zum Gegenstand der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags gemacht werden könnten.81 Sollte dies nicht bereits an der Firmierung erkennbar sein, etwa bei einer gGmbH, ist nicht ersichtlich, woraus sich das Vertrauen auf einen renditeorientierten Unternehmenskurs speisen können sollte.82 Im Übrigen ist auch nicht erklärlich, weshalb der Rechtsverkehr darauf vertrauen sollte, dass die unternehmensbeherrschende Gemeinde im Konflikt- und Kollisionsfall von etwaigen Ingerenzmaßnahmen Abstand nehmen sollte. Gerade im sensiblen Bereich der Strom-, Wasser- und Energieversorgung sowie etwa der Abfallentsorgung liegt es nahe, dass der Rechtsverkehr eher darauf vertrauen dürfte, dass der Staat im Falle einer Interessen- und hiermit einhergehend einer Regelungskollision der öffentlichen Zweckverfolgung den Vorrang vor etwaigen gesellschaftsrechtlich geschützten Renditeinteressen der Mitgesellschafter einräumt.83 Vielmehr dürfte nämlich darauf vertraut werden, dass die Gesetze zur Verwirklichung des öffentlichen Zwecks auch bei einem Interessenwiderstreit angewandt werden. Andernfalls wäre für den Rechtsverkehr weder Nutzen noch Wirkung einer öffentlich-rechtlichen Anteilsdominanz nachzuvollziehen. Mit Blick auf die treuhänderisch zu verwaltenden Steuereinnahmen geriete die Kommune gegenüber ihren Gemeindeeinwohnern und -bürgern in Erklärungsnot. Diesem Umstand müssen sich sämtliche Beteiligte bewusst sein. Insoweit müssen sich private Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner gut überlegen, ob sie eine Allianz mit der pflichtengebundenen öffentlichen Hand eingehen wollen. Gehen sie diese Verbindung aber ein, gilt auch im öffentlichen Wirtschaftsrecht, dass mit jeder Bindung auch Pflichten, mit jeder Beziehung auch Verbindlichkeiten einhergehen. Insoweit ist für die Verfassung eines öffentlichen Unternehmens in privater Rechtsform die Öffnung beider Rechtsregime erforderlich. Zwar sei es richtig, dass sich das Kommunalrecht in § 108 GO NRW dem Numerus Clausus der Gesellschaftsformen und ihrer konkreten Ausgestaltung unterwerfe. Allerdings habe der Bundesgesetzgeber trotz bestehender Möglichkeit84 die

81 So ist durchaus eine „öGmbH“ denkbar, wenn öffentliche Zwecke zum Unternehmensgegenstand gemacht werden, Towfigh, DVBl. 1016 (1019). Soweit das Unternehmen überwiegend gemeinnützige Zwecke verfolgt, sollte aber bei der bereits etablierten Firmierung der „gGmbH“ verblieben werden. 82 In Anbetracht des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 GO NRW, entspräche eine vollständige gesellschaftsvertragliche beziehungsweise satzungsmäßige Ausrichtung des Kommunalunternehmens auf den öffentlichen Zweck, jedenfalls dem landesgesetzgeberischen Willen. 83 In diese Richtung auch Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1021), der zu Recht auch darauf hinweist, dass der Rechtsverkehr bereits deshalb nicht durch gemeindliche Ingerenzmaßnahmen gefährdet werde (hier Weisungen), weil auch bei privaten Unternehmen hingenommen werden müsse, wenn nicht die im Sinne der Gewinnmaximierung (und damit für die Haftungsbasis) günstigste Entscheidung getroffen werde. 84 Towfigh weist hierbei darauf hin, dass im Rahmen der Prüfungspflicht der Anmeldung zur Eintragung durch das Registergericht eine rechtswirksame Errichtung eines öffentlichen Unternehmens in privatrechtlicher Form jedenfalls theoretisch unterbunden werden könnte, Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022) (Fn. 58).

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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Ausgestaltung dieser Unternehmen nicht auf private Zwecke begrenzt. Wenn aber die Unternehmensgründung zu jedem, mithin auch zur Verfolgung eines (rein) öffent­lichen Zwecks zulässig ist, müsse der Bundesgesetzgeber im Fall eines mehrheitlich öffentlich beherrschten Unternehmens auch die hiermit einhergehenden öffentlich-rechtlichen Bindungen akzeptieren. Andernfalls hätte der Bundesgesetzgeber die Indienstnahme privatrechtlicher Gesellschaften auf die wirtschaftsgeleitete Nutzung beschränken müssen.85 Insoweit stellt Towfigh86 zu Recht fest, dass sich daher nicht argumentieren lasse, dass die Landesgesetzgeber den öffentlichen Unternehmen die Nutzung privatrechtlicher Rechtsformen „einseitig“ eröffneten und sich daraus eine unbedingte Geltung der gesellschaftsrechtlichen Wertungen ergebe. Vielmehr würden beide Rechtsregime „zu Komplizen, wenn sie der öffentlichen Hand die Flucht aus den öffentlich-rechtlichen Bindungen gemeinsam ermöglichen“.87 Wo immer Konflikte zwischen Bundesrecht und Landesrecht entstehen, sind sie zunächst nach dem abgestuften System der bundesstaatlichen Kompetenzordnung zu lösen.88 Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, dem auch das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Nr. 11 GG zuzuordnen ist, sind die Länder nur Regelungsbefugt, soweit der Bund von seiner Gesetzgebung keinen Gebrauch gemacht hat.89 Durch die abschließende Kompetenzverteilung werden Zuständigkeitskonflikte systematisch gelöst.90 In Ermangelung einer ausdrücklichen Zuweisung des Kommunalverfassungsrechts zur ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 73, 74 GG) unterfällt das Recht der Gemeinden e contrario der Landesgesetzgebungskompetenz.91 Ein Kompetenzkonflikt liegt mithin nicht vor. Demnach ist die Spannung der Rechtsregime nicht bereits durch eine Systematische Zuordnung beider Rechtsgebiete zu lösen. Greifen die Vorgaben der bundesstaatlichen Kompetenzordnung – wie hier – aber nicht, kommt die Regelung des Art. 31 GG zur Lösung des Kollision zum Tragen.92 Gleichwohl lässt sich die Ansicht, dass sich Gemeinden im Falle privatrechtlicher Organisation dem zivilrechtlichen Regelungsregime zu unterwerfen hätten, nicht mit dem Hinweis auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG, auf den die These des Vorrangs des Gesellschaftsrechts verweist, begründen.93 Denn Art. 31 GG ordnet als Kollisionsregel den Vorrang von gültigem Bundesrecht vor ansonsten gültigem Landesrecht an,

85 Vgl. Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1021 f.). 86 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022). 87 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022). 88 Jarass, AöR (126) 2001, 588 (594). 89 Jarass, AöR (126) 2001, 588 (594). 90 Beachte aber die Besonderheit bei (grundsätzlich unzulässigen) Doppelzuständigkeiten, Pieroth, in: Jarass / ders., Art. 30 GG, Rn. 7 m. w. N. 91 BVerwG NVwZ 2015, 1613 (1614). 92 Vgl. zu dieser Stufenfolge, Jarass, AöR (126) 2001, 588 (594). 93 Adenauer, NZG 2019, 85 (89); von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (616).

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6. Teil: Lösungsansätze

wenn die kollidierenden Normen auf denselben Sachverhalt anwendbar sind und dabei unterschiedliche Rechtsfolgen anordnen.94 Hierzu stellt das BVerfG95 fest: „Voraussetzung für die Anwendung einer Kollisionsnorm ist, daß zwei Normen miteinander kollidieren; das heißt aber, die Kollisionsnorm hinweggedacht, müssen beide Normen auf einen Sachverhalt anwendbar sein und bei ihrer Anwendung zu verschiedenen Ergebnisses führen können“.

Erforderlich ist daher für die Anwendbarkeit des Art. 31 GG, dass eine inhaltliche Normenkollision besteht.96 Die Normen des Bundes- und des Landesrechts müssen mithin einen „identischen Regelungsgegenstand und einen miteinander unvereinbaren Normbefehl beinhalten“97. Zutreffend stellt Korioth98 fest, dass bei gebietenden Normen „die eine Norm fordert, was die andere untersagt“, so dass sie in ihrer Verschränkung „Gehorsam und Ungehorsam“ zugleich fordern. Dabei lässt sich diese Kollision nicht bereits durch die Grundsätze „lex posterior derogat legi generali“ und „lex posterior derogat legi priori“ auflösen,99 weil es „in diesen beiden Fällen um Recht aus derselben gleichwertigen Rechtsquelle [geht]“100. Demnach ist für das Verhältnis des Gesellschafts- und des Verwaltungsrechts der Verweis auf Art. 31 GG aber bereits thematisch unergiebig. Insoweit weist von Danwitz101 zu Recht darauf hin, dass es an einem zumindest teilidentischen Sachverhalt fehle, weil die Rechtsregime in unterschiedlichem Regelungszusammenhang und unvergleichbarer Tradition stünden. Dem ist zuzustimmen. Während nämlich das Gesellschaftsrecht der Handlungslogik maximaler Freiheitsausübung folgt, liegt die Handlungslogik des Kommunalrechts in der Erfüllung von Aufgaben begründet.102 Auch in Fällen, in denen sich die Kommune wirtschaftlich betätigt, bleibt sie nämlich unverändert dem Gemeinwohl verpflichtet. Eine Marktteilnahme mit dem Ziel der größtmöglichen Gewinnerwirtschaftung, ist ihr verwehrt. Kommunalrechtliche Vorschriften, die eine dauerhafte Erfüllung gemeindlicher Aufgaben sicherstellen, haben im Vergleich zu den renditeorientierten Regelungen 94 Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 31 GG, Rn. 1, 13 f.; Korioth, in: Maunz / Dürig, Art. 31 GG, Rn. 8; auf die Notwendigkeit des identischen Sachverhalts weist von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (616) hin. 95 BVerfGE 36, 342 (363); ähnlich BVerfGE 96, 345 (364); BVerfGE 121, 317 (348). 96 Leisner, in: Sodan Grundgesetz, Art. 31, Rn. 5. 97 Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 31 GG, Rn. 13; Pietzcker geht von einem zumindest teilidentischen Regelungsgegenstand aus, Pietzcker, in: Handbuch des Staatsrechts VI, § 134, Rn. 55. 98 Korioth, in: Maunz / Dürig, Art. 31 GG, Rn. 13. 99 Pietzcker, in: Handbuch des Staatsrechts VI, § 134, Rn. 54; Dreier, in: ders., GG Kommentar, Art. 31, Rn. 37. 100 Stern, in: Staatsrecht I, S. 720. 101 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (616); a. A. Steiner, in: FS Hufen, S. 561 (564 f.), der eine Abhängigkeit der kommunalrechtlichen Vorschriften von der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit betont; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 62, S. 33. 102 Towfigh, DVBl. 1016 (1018 f.), der die Sicherung der Aufgabenerfüllung und Drittschutz einerseits und die gesellschaftsrechtliche Ermöglichung der Freiheitsausübung und Drittschutz zum jeweiligen Regelungszweck erklärt.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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des Gesellschaftsrechts eine unterschiedliche Intention, eine andere Zielrichtung und betreffen insoweit auch unterschiedliche Sachverhalte. Darüber hinaus spreche der Umstand, dass es sich primär nicht um eine Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht, sondern verfassungsspezifische Wertungswidersprüche handle, gegen die Anwendbarkeit des Art. 31 GG.103 So stellt von Danwitz104 fest: „Die Wertungswidersprüche resultieren vielmehr aus den spezifisch verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Legitimation und Kontrolle der Ausübung von Staatsgewalt und an die rechtsstaatlichen Bindungen der Verwaltung. Normative Grundlage und zugleich rangbestimmender Sitz der hoheitlichen Ingerenzen sind die Grundsätze in Art. 20 Abs. 2 und 3 GG, so daß die Auflösung vorliegender Normwidersprüche als Unterfall verfassungskonformer Auslegung der Normen des einfachen Gesellschaftsrechts erscheint.“

Die Kollisionsnorm kann hiernach nur dort greifen, „wo eine öffentlich-rechtliche Bindung ausnahmsweise allein auf Landesrecht beruht und nicht auf fundamentalen Prinzipien des Grundgesetzes“105. Dies trifft auf die einflussnahme- und kontrollsichernden Vorschriften der Kommunalverfassung nicht zu. Bereits im Zusammenhang mit der Frage nach der Herleitung kommunaler Ingerenzpflichten106 konnte ihr verfassungsrechtlicher Hintergrund aufgezeigt und begründet werden. Daher lässt sich entgegen der Ansicht von Kersting eben doch festhalten, „dass die verfassungsrechtliche Verankerung des Ingerenzprinzips eine Öffnung des Gesellschaftsrechts für solche – auch landesrechtliche – Vorschriften des öffentlichen Rechts verlange“107. Andernfalls würden kommunale Ingerenzinteressen, die sich als konkretisierter Verfassungsauftrag in der Gemeindeordnung darstellen lassen, nicht hinreichend berücksichtigt.108 Soweit vorgetragen wird, dass (jedenfalls) dem Aktienrecht ein im Hinblick auf Informationen, Kontrolle und Einflussnahme des Gesellschafters abschließender Charakter zuzusprechen ist,109 der weitere Sonderrechte zugunsten öffent 103 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (616 f.); Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (512 f.); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (466); ähnlich schon Stober, NJW 1984, 449 (455). 104 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (616 f.). 105 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022). 106 Siehe oben dritter Teil, B. II. 107 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 63, S. 33; die Diskussion um die verfassungsrechtliche Berücksichtigung des Gesellschaftsrechts ist eine genuin verwaltungsgesellschaftsrechtliche Fragestellung und soll daher auch erst an späterer Stelle ausführlich behandelt werden. 108 Darüber hinaus ist zu beachten, dass es „an Widersprüchlichkeit nicht zu überbieten [ist], wenn man einerseits den Kommunen die Pflicht auferlegt, ihre Beteiligungsgesellschaften dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip entsprechend zu organisieren, andererseits aber meint, die das Demokratieprinzip mit Leben füllenden §§ 108 und 113 GO NRW würden im Wege des Art. 31 GG durch das bundesrechtliche Gesellschaftsrecht verdrängt“, Adenauer, NZG 2019, 85 (89). 109 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 101 f.,103, 106; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 159 f., 161 ff. im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Verwaltungsgesellschaftsrechts.

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6. Teil: Lösungsansätze

lich-rechtlichen Gebietskörperschaften jenseits der §§ 394, 395 AktG verbietet, soll beispielhaft und wertend für die gesamte Beziehung beider Rechtsregime die historische Entwicklung der genannten Vorschriften entgegengehalten werden. Mit Verweis auf die Reform des Aktienrechts von 1965 wird vorgebracht, dass den Vorschriften des Aktienrechts ein ausschließlicher Charakter eigen sei und landesrechtliche Ausnahmeregelungen zugunsten von Aktionärsgemeinden nicht zulässig seien.110 Hierbei wird insbesondere auf die Beratungen des Wirtschaftsund des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 25. Februar 1965 beziehungsweise vom 2. April 1965 verwiesen.111 Zwar ist den damaligen Beratungen des Wirtschaftsausschusses zu entnehmen, „dass die öffentliche Hand […] nicht wirtschaften [solle] und – falls sie es tue – sie sich anderer Rechtsformen bedienen [müsse], wenn die aktienrechtlichen Vorschriften für ihre Zwecke nicht ausreichten“112. Hieraus lasse sich jedoch nichts für die Erfüllung von Aufgaben der Landesverwaltung durch mehrheitlich kommunal beherrschte privatrechtsförmige Unternehmen ableiten. Denn die ablehnende Haltung des Aktienrechts im Hinblick auf die Einräumung von Sonderrechten zugunsten von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften orientiere sich am Leitbild einer mehrheitlich privaten Beteiligung. In diesem Fall mag es richtig sein, in den §§ 394, 395 AktG (ebenso §§ 53, 54 HGrG) eine abschließende aktienrechtliche Regelung zu erblicken, die nicht empfänglich für weitergehende kommunale Interessen ist.113 Gleichwohl kann das Argument mangelnder systematischer Eignung des Aktien­ rechts zur Berücksichtigung gemeinwohlorientierter Interessen nur dann vorgebracht werden, wenn die öffentliche Hand die Aktionärsminderheit in der überwiegend erwerbswirtschaftlich Orientierten Unternehmung darstelle.114 So betont auch der damalige Vertreter des BMJ, Geßler115: 110 Keese, Regierungsmitglieder als Vertreter, S. 69 ff., der betont, dass „mit dem Aktiengesetz 1965 das bestehende Aktiengesetz […] aufgehoben und das gesamte Gesellschaftsrecht erschöpfend und abschließend neu geregelt [wurde]. Die Unabhängigkeit aller Aufsichtsratsmitglieder wurde in diesem Gesetz ausdrücklich festgelegt“; Nesselmüller, Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 75 f.; R. Fischer, AG 1982, 85 (90). 111 Protokoll der 121. Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 25.02.1965 sowie Protokoll der 127. Sitzung des Rechtsausschusses vom 02.04.1965; R. Fischer, AG 1982, 85 (90). 112 Vgl. Abgeordneter Dr. Wilhelmi, Kurzprotokoll 121. Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 25.02.1965 1965, S. 14, der sich gegen den Antrag der SPD Fraktion, vertreten durch den Abgeordneter Junghans richtete, der öffentlichen Hand besondere Prüfungsrechte zu verleihen, weil sie auch über ihre Beteiligung Einfluss auf die Wirtschaftspolitik nehmen könnten; vgl. auch von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (618). 113 Vgl. R. Fischer, AG 1982, 85 (90). 114 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (618) unter Bezugnahme auf die Äußerungen des MinDir. Prof. Dr. Geßler (BMJ), Kurzprotokoll der 127. Sitzung des Rechtsausschusses vom 02.04.1965, S. 15, der die Gewährung von Sonderrechten zugunsten der öffentlichen Hand lediglich bei staatlicher Aktionärsminderheit ablehnt. 115 MinDir. Prof. Dr. Geßler (BMJ), Kurzprotokoll der 127. Sitzung des Rechtsausschusses vom 02.04.1965, S. 15.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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„Es lasse sich vielleicht vertreten, solche Sonderrechte der öffentlichen Hand bei Gesellschaften vorzusehen, bei denen der öffentlichen Hand eine Mehrheitsbeteiligung zustehe. Im Falle einer Minderheitsbeteiligung frage sich aber, ob die Prüfungsrechte nach der Reichshaushaltsordnung noch erforderlich seien.“

Demnach sollten durch das Aktiengesetz von 1965 gerade keine Regelungen in Bezug auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen in mehrheitlich kommunaler Hand festgelegt werden.116 Vielmehr wird durch die Anmerkung „vielleicht vertreten“ deutlich, dass im Rahmen der Beratungen überhaupt nicht oder allenfalls nur am Rande an eine beherrschende Stellung der öffentlichen Hand gedacht wurde. Eine explizite gesetzliche Klarstellung fehlt jedenfalls bis zum heutigen Tag. Betrachtet man jedoch die Entwicklung der §§ 394, 395 AktG, so wird deutlich, dass vom Referentenentwurf zur Aktienrechtsnovelle 2011 über den Regierungsentwurf 2012 bis hin zur Aktienrechtsnovelle 2016 eine stetige Erweiterung der Berichtspflichten zur Informationsversorgung der ingerenzverpflichteten Gemeindevertretung erfolgte.117 Mittlerweile kann die Berichtspflicht bekanntlich sogar auf einem Rechtgeschäft beruhen, das dem Aufsichtsrat lediglich mitgeteilt werden muss, § 394 Satz 3 AktG. Dieser weitgehenden Öffnung für die Interessen der Gemeinden liegt eine Wertung zugrunde, die sowohl das Aktien- als auch das GmbH-Recht umfasst und gerade im Hinblick auf gemischt-wirtschaftliche Unternehmen mit mehrheitlich kommunaler Anteilsmehrheit seine volle Wirkung entfalten kann.118 Schließlich belegt die Überschrift zu §§ 394, 395 AktG, dass der Gesetzgeber die Aktiengesellschaft bewusst zu einem Werkzeug des Verwaltungshandelns bestimmt hat und diese Regelungen als „Sondervorschriften“ eine effektiven Beteiligungsverwaltung verbürgen sollen.119 Von einem abschließenden Charakter der Regelungen des Aktienrechts kann bei kommunaler Anteilsdominanz daher jedenfalls nicht ausgegangen werden. Besonders problematisch sind jedoch die Vorgaben des Gemeinderechts im Hinblick auf die Möglichkeiten zur Einflussnahme der Gemeindevertretung sowie zur Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter nach § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW. Hiernach endet die Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeit der Gemeinde dort, wo durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Es fragt sich allerdings zunächst, welche Gesetze der Landesgesetzgeber überhaupt gemeint hat. Klar ist zunächst nur, dass spezialgesetzliche Regelungen des Landesrechts den Adressaten von der grundsätzlich bestehenden Weisungsbefolgungspflicht 116 Resümierend von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (618); dass aber den Beratungen eine herausragende Bedeutung für die Endfassung des Gesetzes zukam, betont R. Fischer, AG 1982, 85 (90). 117 Instruktiv Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 10 f., S. 12 f. 118 Vgl. Katz, NVwZ 2018, 1091 (1093 f.). 119 Daher ist es überzeugend, wenn Huber / Fröhlich, in: FS Coester-Waltjen, S.1127 (1130 f.) feststellen, dass die Annahme eines hermetisch abgeschotteten Systems wie eine „petitio principii“ wirke, deren vorrangiges Ziel es ist „die fach(bruderschaft)liche Integrität des Gesellschaftsrechts so weit wie möglich vor Irritationen zu schützen“.

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6. Teil: Lösungsansätze

freistellen können. Hier sind etwa die Mitglieder des Verwaltungsrates der Sparkassen zu nennen, die nach § 15 Abs. 6 Satz 2 SpkG NRW an keine Weisungen gebunden sind.120 Nun wird aber vorgetragen, dass § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW darüber hinaus die bestehende Kollision zwischen Gesellschaftsrecht und Kommunalrecht aufgreife und diesen Konflikt als „salvatorische Klausel“121 zugunsten des Gesellschaftsrechts normativ verankere.122 Voraussetzung hierfür ist freilich, dass unter „Gesetz“ auch das Gesellschaftsrecht fällt. Auffällig ist jedenfalls, dass das Gesetz an anderer Stelle eine Vorrangregelung zugunsten des Gesellschaftsrechts ausdrücklich anordnet, § 108 Abs. 6 Satz 5 GO NRW.123 Allein hieraus zu schließen, dass das Gesellschaftsrecht unter keinen Umständen unter das Merkmal „Gesetz“ i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW subsumiert werden könnte, wäre sicherlich nicht überzeugend.124 Allerdings ist hierdurch noch nicht gesagt, dass sich aus dieser Regelung eine formelle Subsidiarität des Kommunalrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht ergibt.125 Dies hätte nämlich zur Folge, dass kommunale Ingerenzinteressen, die sich als konkretisierter Verfassungsauftrag in der Gemeindeordnung wiederfinden, gänzlich unberücksichtigt blieben und abwägungslos übergangen würden. Ein solches Verständnis würde aber letztlich diejenigen Bedenken hervorrufen, welche bereits gegen die „NormenhierarchieLösung“ unter Berufung auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG vorgebracht wurden und weiter unten nochmals vertieft behandelt werden. Denn insoweit ist „der vierte Satz des ersten Absatzes“ tatsächlich „Ausdruck des […] konfligierenden Regelungsgehalts des bundesrechtlichen Gesellschaftsrechts […] und des landesrechtlichen Kommunalrechts“126. Auch hier würde außen vor gelassen, dass die landesrechtliche Rangstellung kommunaler Verpflichtungen nichts daran ändert, 120 Des Weiteren nennt Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 15a die Mitglieder der Landschaftsversammlung, die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 LVerbO NRW nicht an Aufträge gebunden sind. Darüber hinaus auch die Mitglieder der Regionalräte, die nach § 11 Abs. 1 HS 2 LPlG NRW nicht an Aufträge gebunden sind. 121 Söbbeke, in: Articus / Schneider, § 113 GO NRW, S. 518 f. 122 Etwa OVG Münster, Beschluss vom 12.12.2006 – 15 B 2625/06 – juris, Rn. 8; Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, 1384 f.; Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 15a, b, 4. 123 Vgl. auch die ausdrückliche Regelung in § 125 Abs. 1 Satz 4 GO NRW, der explizit auf das Gesellschaftsrecht hinweist. 124 Zwar genügt hierfür allein der Verweis auf § 108 Abs. 6 Satz 5 GO NRW nicht. Allerdings könnte dem Urteil des BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 zu entnehmen sein, dass es sich bei „Gesetzen“ i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW nicht um solche des Gesellschaftsrechts handelt, weil ein solches Verständnis das Kollisionskonzept des BVerfG in Frage stellen würde. Hierauf wird weiter unten im siebten Teil, B. 2) b) eingegangen. 125 Im Übrigen konnte im fünften Teil dieser Arbeit bereits festgestellt werden, dass im Hinblick auf die Berichtspflichten der Gemeindevertreter bei entsprechender und gebotener Sicherstellung der Verschwiegenheit des Adressaten eine Kollision bereits nicht festgestellt werden kann. 126 Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 4, 15b, der im Zusammenhang mit der Subsidiaritätsdiskussion die Kollisionsnorm des Art. 31 GG zur Konfliktlösung anbringt und die Paralleldiskussion entfacht; ebenso geht auch Flüshöh, in: Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, 1384 f. vor.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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dass es sich bei diesen um die Umsetzung elementarer grundgesetzlicher Vorgaben für jegliche staatliche Tätigkeit handelt.127 Dem Gesellschaftsrecht steht insoweit „verfassungsrechtlich aufgeladenes Landesrecht“ gegenüber, das sich gerade deshalb nicht pauschal für subsidiär erklären darf. Daher kann den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften allein aufgrund der kommunalrechtlichen Subsidiaritätsbestimmung kein allgemeingültiger Vorrang ohne Beachtung des Einzelfalls und ohne die Vornahme einer Abwägung der widerstreitenden Normen zugestanden werden.128 Insoweit wäre ein solches Verständnis vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund der Norm unzulässig.129 Im Ergebnis darf deshalb mit Towfigh130 resümiert werden: „Dadurch, dass sowohl öffentliches Unternehmensrecht wie Gesellschaftsrecht es öffentlichen Unternehmen gleichermaßen erlauben, sich privatrechtlich zu organisieren, kann es keinen „strengen“ Vorrang, keine Sperrwirkung eines der beiden Regime geben.“

Nach alledem wird man festhalten müssen, dass eine pauschale Vorrangregel für die Auflösung der (verbleibenden) widerstreitenden Anforderungen, die von Normen beider Rechtsregime gestellt werden, ungeeignet ist und daher andere Lösungen gefunden werden müssen, um bestehende Regimekollisionen und -konflikte aufzulösen. 2. Konfliktlösung durch Entwicklung einer Kollisionsdogmatik Eine denknotwendige Bedingung für die Entwicklung einer Kollisionsdogmatik ist die grundsätzliche Vereinbarkeit eines Nebeneinanders beider Rechtsgebiete dergestalt, dass unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen und in gegenseitiger Rücksichtnahme, sich die widerstreitenden Regime im Einzelfall ergänzen und im Bedarfsfall einen Vorrang aus übergeordneten Interessen zulassen. Während im vorgehenden Abschnitt untersucht wurde, ob eines der Rechtsgebiete einseitig bevorzugt werden kann, hat die nachfolgende Darstellung eine andere Zielrichtung. Unter Einschluss des zuvor gefundenen Ergebnisses soll aufgezeigt werden, dass sich beide Regelungen gegenseitig überschneiden und befruchten und gerade diese enge Verzahnung eine schonende Durchsetzung eines der Rechtsregime im Einzelfall erlaubt. Nachdem die Überschneidungen und Verflechtungen beider Regime dargestellt wurden, soll im Anschluss hieran eine Kollisionsdogmatik entwickelt 127 Vgl. Katz, GemHH 2016, 73 (76); Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (466). 128 „Dies ergibt sich bereits aus der […] verfassungsrechtlichen Überlegung zum Erhalt des Demokratieprinzips“, Zieglmeier, LKV 2005, 338 (349) bezogen auf die Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter. 129 Wie stattdessen mit widerstreitenden Normen umzugehen und wie § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW zu verstehen ist, wird allerdings erst im siebten Teil dieser Arbeit abschließend behandelt. 130 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022).

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6. Teil: Lösungsansätze

werden, die das Gesellschaftsrecht mit kommunalen Ingerenzpflichten in Einklang zu bringen versucht. a) Verflechtungen und Überschneidungen Der Wille nach einem Kompromiss zwischen widerstreitenden Anforderungen der Rechtsordnungen ist weder revolutionär noch entspringt er neueren Harmonisierungsbestrebungen im Lichte gleichberechtigter Koexistenz beider Rechts­ regime. Denn neben den oben erwähnten streng öffentlich-rechtlichen beziehungsweise zivilrechtlichen Stimmen, die sich aktuell insbesondere in der Diskussion um die Weisungsbindung von Gemeindevertretern in Aufsichtsräten juristischer Personen des Privatrechts wiederfinden, fanden bereits in den frühen 1980er Jahren vereinzelt auch differenzierende Vorschläge Beachtung. Führende Autoren lösten sich von den vormals vertretenen Maximalpositionen und suchten nach Möglichkeiten, das Gesellschaftsrecht mit kommunalen Ingerenzpflichten in Einklang zu bringen.131 Besonders deutlich formulierte es Kraft. Seiner Auffassung nach sei es nicht erlaubt, „die Vorrangfrage grundsätzlich zugunsten des öffentlichen oder privaten Rechts zu lösen“.132 Vielmehr sei eine polarisierende Sicht nicht geeignet die Probleme, die sich aus dem Verhältnis der beiden Rechtsbereiche ergeben, befriedigend zu beantworten. Insoweit bestünde nämlich stets die Gefahr, wichtige und unverzichtbare Struktur- und Ordnungsprinzipen zu überdecken und damit die diesem Rechtsbereich wesensimmanenten Bedingungen außer Kraft zu setzen. Insbesondere schlössen sich öffentliches Recht und privates Recht nicht aus, sondern wirkten eher ergänzend als modifizierend.133 Grundlage hierfür ist somit das Verständnis, dass es sich verbietet einer Rechtsordnung den bedingungslosen Vorrang auf Kosten der anderen Rechtsordnung zuzugestehen. Dass sich im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung der Gemeinde öffentlich-rechtliche Rechtsnormen und gesellschaftsrechtliche Vorschriften besonders häufig überschneiden, ist nicht überraschend. Denn während das Gemeinderecht schwerpunktmäßig die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Unternehmung schlechthin bestimmt, legt das Zivilrecht die Regeln über die Art und Weise der Betätigung fest. Hierbei hat bereits Haas134 im Zusammenhang mit „Sondernormen für eine privatrechtliche Tätigkeit der öffentlichen Hand“ folgende Fragestellung aufgestellt: „Muß die Privatrechtsordnung, sofern die öffentliche Hand auf ihrem Boden tätig wird, abgewandelt werden, um sachgerechte Ergebnisse zu zeitigen? Oder anders formuliert: Warum zweifelt man heute, daß das Privatrecht nicht oder nicht unverändert zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben geeignet ist?“ 131 Vgl. die Nachweise bei Schürnbrand, in: MüKomm AktG, Vor. §§ 394, 395, Rn. 18, der sogleich die verfassungskonforme Auslegung des Gesellschaftsrechts im Lichte der Ingerenzpflicht betont. 132 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 234. 133 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 234 f. 134 Haas, DVBl. 1960, 303 (305); Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 235.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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Hierzu führt er aus, dass das Ausmaß und der Gegenstand der öffentlichen Betätigung die öffentliche Hand auf das „privatrechtliche Gleis“ verfallen ließen. Weil etwa die Schaffung neuer Normen zu zeitraubend wäre und meist schon an der Kompetenzfrage scheitere, müsse sich die Verwaltung auf das Verhandeln (gleichrangig mit Privaten) verlegen und sei damit „psychologisch bereits im zivilrechtlichen Denken“ verankert.135 Hierdurch verdeutlicht auch er, dass das öffentliche Recht das Zivilrecht nicht etwa überhöht136, sondern ihm ergänzend zur Seite springt, wenn die Verwaltung nach dynamischen Wegen der wirtschaftlichen, marktorientierten Verständigung sucht. Dass beide Rechtsordnungen in einer engen Beziehung zueinander stehen, hat auch Mestmäcker137 in seiner Untersuchung zur Abgrenzung beider Regelungsregime im Wettbewerbsrecht festgestellt. Hierbei setzte er die rechtlichen Funktionen des Wettbewerbs und die Eigengesetzlichkeit hoheitlichen Handelns zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zueinander in Beziehung und suchte nach Wegen, um die hierbei entstehende Kollision zugunsten einer Vorrangreglung aufzulösen.138 Zweifel daran, dass sich beide Regelungsregime überschneiden und befruchten, lässt auch er nicht aufkommen. Besonders umfangreich stellt Bullinger139 die Engmaschigkeit der Verflechtung beider Rechtsregime dar, die im Einzelfall eine i. Ü. verdrängungsfeindliche Ergänzung erlauben. Hierbei fordert er dazu auf, die Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht „wieder als sachgebundene, partielle Entgegensetzung wechselnder Bedeutung zu verstehen, begrifflich auf diese begrenzten und unterschiedlichen Sinngehalte und Funktionen zurückzuführen und nach Möglichkeit durch sachnäher typisierende Differenzierungen zu ersetzen, um nicht der Vorstellung von einer Zweiteilung neue Nahrung zu geben“140. Das Recht und sämtliche Rechtsverhältnisse seien hiernach nicht so zu verstehen, dass sie entweder einem öffentlichen oder einem Privatrecht zuzuordnen seien. Vielmehr müssten die Gemeinsamkeiten sichtbar gemacht und als sogenanntes „Gemeinrecht“ anerkannt werden.141 Dass aber einem solchen „Gemeinrecht“ schematische Vorrangregeln fremd sind, versteht sich von selbst. Auch Pestalozza142 kam in seiner Untersuchung zu kollisionsrechtlichen Aspekten der Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht unter anderem zu dem Ergebnis, dass unsere Rechtsordnung an mehreren Stellen mit dem Dualismus arbeite und dahin gehe, diesen durch „öffentlich-recht­ liche Parallelinstitute als Analogien zum Privatrecht die Entdeckung allgemeiner 135 Haas, DVBl. 1960, 303 (306). 136 So aber Ipsen, JZ 1955, 593 (598). 137 Mestmäcker, NJW 1969, 1 ff. 138 Mestmäcker, NJW 1969, 1 (3) „Auch bei einem so abgegrenzten Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts sind Konflikte mit den öffentlich-rechtlich geordneten Funktionen der öffentlichen Hand nicht ausgeschlossen. Das Wettbewerbsrecht muss alsdann so weit zurücktreten, wie seine Anwendung mit dem Vollzug der öffentlich-rechtlich geordneten Aufgaben unvereinbar sein würde.“ 139 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 80 ff. 140 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 80 f. 141 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 81. 142 Pestalozza, DÖV 1974, 188 (190 f.); Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 235.

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6. Teil: Lösungsansätze

Rechtsgedanken, welche beiden Gebieten gemeinsam sein sollen“, zu verwischen. Sodann wies auch Burmeister143 im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Zivil- vom Verwaltungsrechtswegs darauf hin, dass die „zunehmende Verflechtung der staatlichen und bürgerlichen Funktionsbereiche permanent neuen Konfliktstoff ans Licht fördert und damit zugleich die fortdauernde Aktualität dieser Thematik für die weitere Zukunft bewirkt“. Allen diesen Meinungen ist gemeinsam, dass sie grundsätzliche Aussagen über die Verknüpfung beider Rechtsregime treffen und etwaige Ergänzungen in beide Richtungen zulassen. Ihre Wertungen gelten nämlich allgemein und sind daher auch im Falle von Kollisionen im Verhältnis zwischen landesrechtlichem Gemeinderecht und bundesrechtlichem Gesellschaftsrecht zu beachten. Dem wird im Verlauf der Arbeit noch eine erhebliche Bedeutung zukommen. In seinem vielbeachteten Aufsatz wies nämlich bereits Stober144 darauf hin, dass bei der Lösung der Konflikte in jedem Fall beachtet werden müsse, dass sich die öffentliche Hand wie eine Privatperson grundsätzlich an die Vorschriften des Gesellschaftsrechts halten müsse und insbesondere der Kommunalgesetzgeber die bundesrechtlichen Vorschriften des Gesellschaftsrechts nicht abändern könne. Vielmehr müsse die Gemeinde bereits bei der Organisationsprivatisierung145 darauf achten, dass bei der Ausgestaltung der Satzung- beziehungsweise des Gesellschaftsvertrags Konflikte möglichst dadurch vermieden werden, dass der öffentliche Zweck eindeutig, klar und abschließend verankert wird. Im Hinblick auf dennoch auftretende Kollisionen komme es allerdings nicht auf die einfachgesetzliche Lage, sondern auf die verfassungsrechtliche Ausgangsposition an. Hiernach bliebe auch die privatrechtlich organisierte Verwaltung Teil der öffentlichen Hand, die ihre demokratische, rechtsstaatliche und finanzwirtschaftliche Verantwortung auch gegenüber den durch sie beherrschten Unternehmen realisieren können müsse, „weil hier nicht Privat- sondern Gemeinwohlinteressen verfolgt und nicht Privat- sondern Steuergelder verwaltet werden“146. Daher müsse sich bei einer verfassungsrechtlichen Interpretation der Regimedivergenz „der durch Mehrheitsentscheidung der unmittelbar demokratisch legitimierten kommunalen Vertretungskörperschaft zustande gekommene […] Wille im Gesellschaftsrecht durchsetzbar sein“147.

Hierbei macht Stober148 deutlich, dass die vertretenen Interessen beider Rechtsgebiete in einen Ausgleich zu bringen sind und Argumente für einen absoluten Vorrang – in der Tradition der oben genannten Autoren – nicht überzeugen können. 143 Burmeister, DÖV 1975, 695 (695). 144 Stober, NJW 1984, 449 (455). 145 Gelungene Darstellung der Privatisierung und öffentlichen Kooperationsformen bei Geis / Madeja, JA 2013, 248 (254). 146 Stober, NJW 1984, 449 (455). 147 Stober, NJW 1984, 449 (455). 148 Stober, ebda.

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Dies gilt umso mehr, „als öffentliches Unternehmensrecht und Gesellschaftsrecht einander durchaus im Blick haben“149 und die Vorstellung einer „Dichotomie von Gemeinwohlverpflichtung und Gewinnmaximierung“ zu kurz greife.150 Nach alledem bestehen zwischen beiden Rechtsgebieten vielfältige Verflechtungen und Überschneidungen, die eine isolierte Betrachtung und einseitige Bevorzugung verbieten. Das kommunale Wirtschaftsrecht ist nicht blind für die vielfältigen gesellschaftsrechtlichen Interessen. Ebenso wenig verkennt das Gesellschaftsrecht, dass hinter der privatrechtlichen Organisationsform des kommunal beherrschten Unternehmens ein verfassungsrechtlicher Auftrag steht. Es wird daher zu klären sein, in welchen Fällen sich das Gesellschaftsrecht durchsetzt und wann dieses wiederum durch das öffentliche Recht überhöht wird. Hierbei wird es vor allem darauf ankommen, wie weit die grundsätzlich bestehende Kompromissbereitschaft im Bereich der Daseinsvorsorge tatsächlich reicht, weil eine rein unternehmerische Betriebsführung schon im Grundsatz mit den Grundpfeilern öffentlicher Aufgabenerfüllung kollidieren und „die Gemeinwohlbindungen öffentlicher Verwaltung die Aufgabenerfüllung sowie ihre Modalitäten in so nachhaltiger Weise prägen, daß eine Konfliktlage unausweichlich scheint“151. b) Entwicklung einer Kollisionsdogmatik Zum Umgang mit etwaigen Normenkollisionen haben sich vielfältige Lösungsansätze herausgebildet, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Dabei lassen sich im Wesentlichen zwei Lager herauskristallisieren. Im ersten Fall stellt sich die Frage, ob dispositives Gesellschaftsrecht durch zwingendes öffentliches Recht überlagert werden kann. Im zweiten Fall wiederum ist zu klären, wie die Kollision zu lösen ist, wenn zwingende Normen beider Regime aufeinandertreffen.152

149 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1019). 150 Huber / Fröhlich, in: FS Coester-Waltjen, S. 1127 (1128), wobei dies trotz der Tatsache gelte, dass angesichts des Nebeneinanders von öffentlichem Interesse und Gewinnmaximierung sowie der vorrangigen Verpflichtung der Unternehmensleitung auf die Förderung des Unternehmensinteresses Konflikte tatsächlich vorprogrammiert zu sein scheinen. 151 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (612), der auf das öffentliche Mandat sowie den Umstand hinweist, dass „selbst Maßnahmen der Rationalisierung und Effektivierung öffentlicher Verwaltung nur aus der dauerhaften Sicherung der Aufgabenerfüllung gerechtfertigt werden können“ mit Verweis auf Isensee, Die typisierende Verwaltung, 155 ff., der zur Steigerung der Verwaltungseffektivität von Finanzämtern eine Typisierung der Tätigkeit einführen und den einzelnen Sachbearbeiter innerhalb von der Einzelfallprüfung entlassen möchte (158). 152 Diese fruchtbare Differenzierung geht zurück auf Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1020 f.).

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6. Teil: Lösungsansätze

aa) Vorrang zwingenden öffentlichen Rechts vor dispositiven Normen des Gesellschaftsrechts Die Überlegung, dispositive Normen des Zivilrechts durch zwingend öffentlich-rechtliche Normen zu überlagern, findet sich bereits in der berühmten Baha’iEntscheidung153 des BVerfG. Hierbei entschied das Gericht, dass vereinsrechtliche Vorschriften des BGB, welche die innere Organisation des Vereins regeln, im Lichte der Verfassung ausgelegt und verfassungskonform angewandt werden müssen.154 Hiernach dürfen zivilrechtliche Vorschriften keine Regelungen enthalten, die Grundrechten zuwiderlaufen oder sie nicht hinreichend berücksichtigen. Es spricht nichts dagegen, diese Überlegungen auch auf dispositive Normen des Gesellschaftsrechts zu übertragen, weil es für die verfassungsrechtliche Wertung keinen Unterschied machen kann, ob allgemein zivilrechtliche oder speziell gesellschaftsrechtliche Normen mit ihr konform sein müssen. Bei diesem Verständnis würden Vorschriften des Gesellschaftsrechts zugunsten kommunaler Ingerenzbestrebungen155, welche letztlich verfassungsrechtliche Prinzipien sichern und realisieren, überlagert werden. Steht somit dispositives Gesellschaftsrecht den zwingenden Regelungen kommunaler Unternehmenskontrolle entgegen, werden die Regelungen des Gesellschaftsrechts verfassungskonform überlagert, um Prinzipien von Verfassungsrang bestmöglich zur Geltung zu verhelfen. Für Spannungen mit dispositiven Normen des Aktien- und GmbH-Rechts könnte daher bereits die Entscheidung des BVerfG156 zum Zwecke der Konfliktlösung zugunsten der öffentlich-rechtlichen Interessensicherung fruchtbar gemacht werden. bb) Aufeinandertreffen zwingender Normen beider Rechtsregime Wesentlich komplexer ist hingegen die Frage zu beantworten, wie Spannungen zu lösen sind, die durch das Aufeinandertreffen zwingender Normen beider Rechtsregime entstehen.157 Wegen des Grundsatzes der formalen Satzungsstrenge nach

153 BVerfGE 83, 341 ff. 154 BVerfGE 83, 341 (357 f.), das zugleich betont, dass hierdurch der Rechtverkehr, mithin potenzielle Grundrechte Dritter nicht berührt werden; Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1021), der aufgrund zwingender öffentlich-rechtlicher Bindungen auch Weisungen an Mitglieder obligatorischer Aufsichtsräte zulässt, weil der Grundsatz der Weisungsfreiheit einer richterrechtlichen Auslegung des § 111 Abs. 5 (nunmehr Abs. 6) AktG entspringe und § 23 Abs. 5 AktG zwingenden öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht entgegenstehe. 155 Vgl. erneut § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW, der zwingend verlangt, dass die Gemeinde ihren Einfluss im fakultativen Aufsichtsrat durch Weisungen ausüben kann. 156 Die jüngste Entscheidung des BVerfG zur demokratischen Legitimationsbedürftigkeit der Kommunalunternehmen und seine Auswirkungen auf den Konflikt, BVerfGE 147, 50 ff. ist erst im Zuge der Kollision zwingender Vorschriften beider Rechtsregime zu beleuchten, weil es sich nicht auf dispositives Gesellschaftsrecht beschränkt. 157 Vgl. Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1021).

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§ 23  Abs.  5  Satz  1 AktG kann die Satzung einer Aktiengesellschaft nur dann von Vorschriften des AktG abweichen, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Sämt­liche Vorschriften des Aktiengesetzes sind somit grundsätzlich zwingendes Recht.158 Dies gilt freilich auch für eine GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat, bei dem keine anderslautenden Regelungen getroffen worden sind, sowie einem obligatorischen159 Aufsichtsrat einer GmbH. Wie aber kann es gelingen diese Spannungen aufzulösen? Klar ist lediglich, dass Kollisionen auch im Bereich zwingender Normen nicht durch einen simplen Vorrang-Automatismus gelöst werden können. Eventuell ist es jedoch möglich, beiden Rechtspositionen und der durch sie geschützten Rechtsgüter im Wege praktischer Konkordanz bestmöglich und unter Einräumung beidseitiger Zugeständnisse zum Durchbruch zu verhelfen. Zwar ist die Gemeinde zur Erreichung des öffentliche Zwecks, mithin zur gemeinwohlorientierten Aufgabenerfüllung angehalten und kann daher nicht in jedem Fall das gesellschaftsrechtlich gewünschte Maß an wirtschaftlicher Freiheit gewährleisten.160 Allerdings ist zu untersuchen, ob in denjenigen Fällen, in denen es zu Kollisionen zwischen zwingenden Vorschriften beider Rechtsregime kommt, etwaige Vorrangregelungen im Wege eines Kompromisses im Einzelfall erarbeitet werden können. Die hierfür erforderliche Anerkennung der weitreichenden Verflechtungen beider Rechtsordnungen, konnte oben jedenfalls bereits festgestellt werden. Ob sich hieraus zugleich die Notwendigkeit eines schonenden Ausgleichs der geschützten Rechtsgüter im Einzelfall ergibt, soll nachfolgend untersucht werden. cc) Kollisionskonzept im Sinne einer praktische Konkordanz Das Institut der praktischen Konkordanz161 besagt, dass das Ziel der Abwägung verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter nicht ist, ein Rechtsgut auf Kosten eines anderen zu realisieren („entweder – oder“), sondern beiden Gütern Grenzen 158 Limmer, in: Spindler / Stilz, § 23 AktG, Rn. 28, 28a, der zugleich darauf hinweist, dass auch Ergänzungen nur dann zulässig sind, wenn es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt. 159 Allerdings ergibt sich die Satzungsstrenge in mitbestimmten Aufsichtsräten aus dem Mitbestimmungsgesetz, §§ 27–29, 31 f. MitbestG selbst. Ein Rückgriff auf § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG ist mithin nicht notwendig, Limmer, in: Spindler / Stilz, § 23 AktG, Rn. 28a. 160 Vgl. hierzu Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1018 f.), der die Handlungslogik des öffentlichen Rechts in der Erfüllung von Aufgaben und die des Gesellschaftsrechts in der Ausübung von Freiheit erkennt. 161 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, S. 28, Rn. 72; historisch sei der Versuch zur Herstellung einer praktischen Konkordanz auf das „Auslaufen“ der Wirkungen der „Fiskustheorie“ zurückzuführen, Leisner, GewArch 2009, 337 (337 Fn. 11). Sie ging davon aus, dass der privatrechtlich tätig werdenden Verwaltung nicht versagt werden dürfe, was den sonstigen Privatrechtssubjekten erlaubt sei und sich hierdurch eine Gleichsetzung von Verwaltung und Privaten rechtfertige, Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 75 ff., 78 mit Verweis auf die Ausführungen O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I., S. 49, 121 zum Fiskus als „gesonderte juristische Person neben dem eigentlichen Staate […]“.

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6. Teil: Lösungsansätze

zu ziehen, damit sie zu optimaler Wirksamkeit gelangen können („sowohl – als auch“).162 Für den gleichberechtigten Kampf der Rechtsgüter ist es daher erforderlich, dass sie sich auf Augenhöhe begegnen. Übertragen auf die hier in Rede stehenden Handlungslogiken  – Gemeinwohlverwirklichung auf der einen und Renditemaximierung auf der anderen Seite –163 bedeutet dies, dass auch sie im Ausgangspunkt ebenbürtig sein müssen. Angesichts der bereits aufgezeigten164 verfassungsrechtlichen Fundierung hoheitlicher Ingerenzpflichten zur Legitimation, Kontrolle und Einhaltung der öffentlichen Aufgaben komme der bloßen Rangfrage nach Auffassung von von Danwitz165 richtigerweise keine primäre Bedeutung zu. Denn die Kollisionsregel des Art. 31 GG166 vermag lediglich dort zu greifen, wo eine öffentlich-rechtliche Bindung allein auf Landesrecht und nicht auf die dahinter stehenden „fundamentalen Prinzipien des Grundgesetzes“ beruht.167 Eine solche Bindung liegt bei den in Frage stehenden kommunalrechtlichen Vorschriften zur Einflusssicherung jedoch gerade vor, weil sie nicht isoliert betrachtet werden können, sondern als Hebel zur Konkretisierung und Ergänzung zentraler Staatsstrukturprinzipien (Art. 20, 28 GG) anerkannt werden müssen.168 Denn die landesrecht-

162 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, S. 28, Rn. 72; Neureither, NVwZ 2015, 493 (497). 163 Verfassungsrechtlich lässt sich die Gemeinwohlvorsorge und -förderung an das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG, mithin an das Bekenntnis der Bundesrepublik zu einem „sozialen Bundesstaat“ anknüpfen (Daseinsvorsorge), BVerfGE  1,  97  (105); Huster / Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 206. Die hierbei in Ansatz gebrachten kommunalrechtlichen Vorschriften konkretisieren zugleich die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG. Gegenüber der Kommune als öffentliche Mehrheitsgesellschafterin beziehungsweise -aktionärin stehen den privaten Gesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern insbesondere ihre Wirtschaftsgrundrechte aus Art. 14 und 12 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG zur Seite. Hieran ändert auch die Grundrechtsbindung des Gesamtunternehmens gegenüber Dritten nichts, vgl. BVerfG NJW 2011, 1201 (1203). 164 Vgl. die Ausführungen unter B. III. 1.  165 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (620). 166 Richtigerweise weist Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022) darauf hin, dass der Verweis auf Art. 31 GG auch deshalb nicht verfängt, weil die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des (kommunalen) Verwaltungshandelns bei den Ländern liegt und es hierbei zu einer „föderal geprägten Regimekollision“ komme. Dass die „Kollisionsvermeidungsnormen“ der Art. 72 ff. GG nicht greifen würden, betont auch Katz, GemHH 2016, 73 (76); darüber hinaus könne aber auch schon eine Kollision im Sinne des Art. 31 GG mit dem Argument verneint werden, dass Gesellschaftsrecht und Kommunalrecht nicht denselben Gegenstand regeln und es deshalb von vornherein nur um eine harmonisierende Auslegung gehen könne, Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13. 167 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022); dies aber verkennen die Autoren, die eine Einwirkung des öffentlichen auf das Gesellschaftsecht bereits aus Kompetenzgründen (Art. 74 Abs. 1, Art. 31 GG) nicht zulassen wollen, Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 62 f., S. 33 m. w. N. 168 Katz, GemHH 2016, 73 (76), der darauf hinweist, dass die Ausgestaltung und Präzisierung des Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 78 f LV NRW „mindestens begrenzt auf das GmbH-Recht einwirken und dort zu berücksichtigen sind“. Im Übrigen erlaube die hieraus herzuleitende organisatorische Wahlfreiheit der Kommune eine AG und / oder GmbH zu gründen, ohne sich

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liche Rangstellung kommunaler Verpflichtungen allein ändert nichts daran, dass es sich um die Umsetzung elementarer grundgesetzlicher Vorgaben für jegliche staatliche Tätigkeit handle, die insoweit auch vom bundesrechtlichen Regelungsregime beachtet werden müsse.169 Bei den kommunalrechtlichen Normen handle es sich um „Ausgestaltungen und Präzisierungen des Art. 28 Abs. 2 GG […], die mindestens begrenzt auch auf das GmbH-Recht einwirken und dort zu berücksichtigen sind“.170 Insoweit überzeuge es auch nicht, wenn teilweise angenommen wird, dass Gemeinden nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln zu spielen haben, sobald und soweit sie sich auf ihr Parkett begeben.171 Richtigerweise bemerkt Katz172, dass das Gesellschaftsrecht nicht außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung stehe, weil ein Kommunalunternehmen sich mit dem Betreten der Privatrechtsordnung nicht einfach von den Bindungen des Art. 20, 28 GG verabschieden könne. Insoweit müsse dem verfassungsrechtlich und demokratisch legitimierten Gemeinderat jedenfalls in wichtigen strategischen Fragen hinreichende Informations-, Einflussund Kontrollrechte etc. zukommen. Daher führt er aus:173 „Bei diesem Grundsatzstreit kann eine ausgleichende, alle Rechtsnormen, Grundwerte, Rechtsgüter und Interessen einbeziehende ‚harmonisierende Interpretation‘, eine Art praktische Konkordanz i. S. eines ausgewogenen Ausgleichs, einer angemessenen Abwägung kollidierender Rechtsnormen zur Gewährleistung der Einheit der Rechtsordnung weiterhel­ fen (‚Kollisionskonzept‘). Dazu müssen Verfassungs- und Kommunalrecht (Art. 20, 28 GG, LV [Art. 78 LV NRW], GO [NRW], Gesellschaftsrecht und bei mitbestimmten Gesellschaften auch das ‚Mitbestimmungstelos‘ einbezogen und berücksichtigt werden.“

Ein solches Verständnis der Gleichrangigkeit rechtsgebietsimmanenter Handlungslogiken liegt ganz auf der Linie mit dem von Hoffmann-Riem entwickelten Begriff der „wechselseitig nutzbaren Auffangordnung“174. Hiermit betont er den Aufgabenbezug beider Teilregime und öffnet den Blick dafür, dass durch Rückgriff

bedingungslos unterwerfen zu müssen. A. A. Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 34; Oetker, in: K. Schmidt / Lutter, vor §§ 394, 395 AktG, Rn. 10. 169 Vgl. Schockenhoff, NZG 2018, 521 (521) mit Bezug auf die einfachgesetzlich geschützten geheimhaltungsinteressen des Staates sowie Informationsinteressen und Kontrollbefugnissen der Öffentlichkeit und des Parlaments; Katz, GemHH 2016, 73 (76); Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (466), mit dem Hinweis, dass es sich nur vordergründig um eine Kollision des Gesellschaftsrechts und Kommunalrechts handle und sich die legitimatorischen Anforderungen bereits aus der Verfassung ergäben. 170 Katz, GemHH 2016, 73 (76), der auch auf die eigenständigen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Landesverfassungen hinweist. Maßgeblich ist insoweit der Gewährleistungsgehalt des Art. 78 LV NRW, Dietlein, in: ders. / Hellermann, Öffentliches Recht in NRW, § 1, Rn. 172 ff. 171 Vgl. Pauly / Schüler, DÖV 2012, 339 (345) „[…] rechtlich mögliche Einflussnahme […]“; Altmeppen, Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 31.08.2011 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 (3737). 172 Katz, GemHH 2016, 73 (76). 173 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 93, Rn. 131d; ders., GemHH 2016, 73 (76 f.). 174 Hoffmann-Riem, DVBl. 1994, 1381 (1386 f.).

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auf die unterschiedlichen Gestaltungselemente der Regime wechselseitig Defizite überspielt und Vorzüge zur Geltung gebracht werden können.175 Letztlich geht es also darum, „eine funktionsgerechte, effektive Gesamtgüterabwägung, ein[en] „schonende[n] Ausgleich aller betroffenen Faktoren durchzuführen, um im Einzelfall sachgerechte, möglichst auf objektiven Kriterien basierende Ergebnisse zu erzielen.“176

Bei dieser Abwägung ist die Tragweite und der Wertegehalt sämtlicher wider­ streitender Rechtsnormen zu berücksichtigen und verfassungskonform sowie kommunalangemessen, mithin „kommunalverfassungs- und funktionsgerecht“ zu würdigen.177 Allerdings bleibt ein Kernbereich i. S. eines „Wesensgehalts“ zentral kommunaler Aufsichtskompetenzen unberührt und ist nicht disponibel.178 Gleichwohl darf ein solches Verständnis auf der anderen Seite nicht dazu führen, dass die gewählte privatrechtliche Organisationsform zu einer „Scheinorganisation ohne jegliche elementare Kompetenzen, ohne einen Kernbereich typusprägender und -bestimmender Funktion“ degradiert.179 Im Rahmen der Unternehmensgründung kann dem durch eine ebenbürtige und den Wertgehalt der Rechtsnormen berücksichtigende Satzungsausgestaltung vorgebeugt werden.180 Insgesamt berücksichtigt das Kollisionskonzept die Interessen beider Regime umfassend und beachtet hierbei auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil im „Vergleich zu anderen Regelungsmöglichkeiten – etwa der Auflösung der Gesellschaft, dem unbedingten Vorrang eines der Regime oder ebenfalls vorstellbar, den Rechtsverkehr belastende Nichtigkeitsanordnungen für einzelne Beschlüsse – als mildestes Mittel erscheint.“181

Hierin liegt die Stärke des Kollisionskonzepts i. S. einer praktischen Konkordanz begründet. Eine schonende Gesamtgüterabwägung schafft nämlich erst die erstrebte Einzelfallgerechtigkeit. Die Zulassung von Informations-, Weisungs- und Kontrollrechten zur Gemeinwohlsicherung und -förderung zugunsten des Gemeinderates gegenüber seinen Vertretern in den jeweiligen Unternehmensorganen soll gerade nicht generell zulässig sein, sondern nur dann, wenn eine Abwägung ergibt, dass diese Interessen gegenüber den renditeorientierten marktwirtschaftlichen Interessen der privaten Gesellschafter und Anteilseigner überwiegen. Durch diesen prozedural-verfahrensregelnden Ansatz wird es sämtlichen Beteiligten er 175 So ausdrücklich Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts I, § 18, Rn. 34, 36; in diesem Sinne auch Fehling, JZ 2016, 540 (543). 176 Katz, GemHH 2016, 73 (76 f.). 177 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 94, Rn. 131d; ders., GemHH 2016, 73 (77). 178 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 94, Rn. 131d; ders., GemHH 2016, 73 (77). 179 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 85, Rn. 126 und S. 94, Rn. 131d; ders., GemHH 2016, 73 (77). 180 Katz, GemHH 2016, 73 (77), der daneben auch die Rechtsauficht, aber auch der Notare und Registergerichte zur effektiven Ausübung des Kollisionskonzepts in die Pflicht nehmen möchte. Zur Verpflichtung des Registergerichts vgl. bereits Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1022) (Fn. 58). 181 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1023).

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möglicht, erneut zueinander in Kontakt zu treten, ihre Bedenken zu äußern und den streitigen Punkt gegebenenfalls nochmals im Gemeinderat zu besprechen. Hierdurch können Detailfragen, etwa zur Erforderlichkeit der Herausgabe von betriebssensiblen Auskünften, etwaiger Preiserhöhungen, der Anschaffung von nachhaltigen, aber kostenintensiven öffentlichen Verkehrsmitteln besprochen und die Argumente gegeneinander abgewogen werden. So können sämtliche Interessen berücksichtig und in einen schonenden Ausgleich gebracht werden. Letztlich dürfte der öffentliche Mehrheitsgesellschafter nur selten Beratungs- und Kompromissresistent sein. Sollten ihn die Argumente der privaten Beteiligten überzeugen, dürfte er auch den gemeindlichen Vertreter im Hinblick auf sein Abstimmungsverhalten entsprechend anweisen. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass diesem prozeduralen Ansatz ein Element der Unsicherheit immanent ist, weil der Ausgang der Abwägung nicht vorhergesagt werden kann. Hier besteht die Gefahr, dass die Interessen der Gemeinde gegenüber denen der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner unterliegen und daher gemeinwohlsichernde Weisungen an sowie Auskünfte und Berichte von Gemeinderatsvertretern nicht erteilt werden. Diese Sorge verfängt im Ergebnis indes nicht. Denn Unsicherheiten im Rahmen funktionaler Abwägungen im Einzelfall sind rechtsstaatlich gesicherten Entscheidungsmechanismen nicht fremd, sondern dem gesamten demokratischen Gestaltungsprozess immanent. Dass mit der Gerechtigkeitsfindung im Einzelfall ein gewisser „Überraschungsfaktor“ einhergeht, ist mit Blick auf die dargestellten Vorteile des Instruments der praktischen Konkordanz hinzunehmen. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Unsicherheiten temporär sein dürften, weil sich im Rahmen von Abwägungsentscheidungen stets gewisse Muster zur passenden Anwendung etablieren. Dies gilt insbesondere in den oben dargestellten Spannungsfällen im Rahmen der Unternehmensgründung und -führung, weil die Anzahl der Kollisionen überschaubar und die Grundsätze einer billigen Abwägung unschwer zu vermitteln sind. Hiernach bleibt festzuhalten, dass kommunale Sicherungs- und Kontrollbestrebungen gleichrangig neben marktorientierten Zielen des Gesellschaftsrechts stehen und sich eine praktische Konkordanz im Sinne eines ausgewogenen Ausgleichs als sachgerechte Lösung zur schonenden Schlichtung erweist. c) Zwischenergebnis In Ermangelung eines zivilrechtlichen Vorrang-Automatismus erscheint die Bereitschaft beider Rechtsregime zur Kompromissfindung nicht nur überzeugend, sondern alternativlos.182 Dies überzeugt auch deshalb, weil zwischen beiden Rechtsgebieten vielfältige Verflechtungen und Überschneidungen bestehen, 182 Hierfür streitet auch Schuppert, ZGR 1992, 454 (467); hieran ändert auch das ebenfalls zu untersuchende Verwaltungsgesellschaftsrecht nichts, weil es letztlich auch auf einem Kompromiss, nämlich der gesellschaftsrechtlichen Akzeptanz öffentlich-rechtlicher Überlagerung im Konfliktfall bei einem ansonsten bestehenden Nebeneinander beruht.

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6. Teil: Lösungsansätze

die eine isolierte Betrachtung und einseitige Bevorzugung verbieten. Durch eine Kollisionsdogmatik im Wege der praktischen Konkordanz, welche zwischen dispositivem Gesellschaftsrecht und zwingenden Normen beider Rechtsregime unterscheidet, ist es möglich eine einzelfallgerechte Abwägung vorzunehmen, die einen schonenden Ausgleich zwischen den jeweils vertretenen Interessen herstellt und die Interessen sämtlicher Beteiligter berücksichtigt.183 Dass hierbei Unsicherheiten entstehen können, weil der Ausgang solcher Einzelfallentscheidungen stets unsicher ist, erscheint vor dem Hintergrund des Gerechtigkeitsvorsprungs gegenüber etwaigen Vorrangautomatismen gerechtfertigt. 3. Verwaltungsgesellschaftsrecht Eine weitere Möglichkeit zur Lösung der Kollision beider Rechtsregime bietet das Rechtsinstitut des Verwaltungsgesellschaftsrechts.184 Doch was ist unter diesem schillernden Begriff zu verstehen, auf welchen Rechtsgedanken lässt es sich stützen und in welchen historischen Kontext ist es einzuordnen? Nachfolgend sollen diese Fragen unter Vorstellung der dogmatischen Konzeption beantwortet werden. Hieran anschließend werden prominente Positionen gegen das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts vorgebracht und einer abschließenden Bewertung zugeführt.185 a) Dogmatische Konzeption und historischer Kontext Betrachtet man zunächst die Idee des Verwaltungsgesellschaftsrechts als Schmelzpunkt zweier Rechtsregime und den Versuch verbindliche Regeln zur Konflikt- und Kollisionslösung aufzustellen, überrascht es nur wenig, dass die Wegbereiter dieser noch immer fortdauernden Diskussion führende Repräsentanten beider Rechtsgebiete waren. So warf Flume186 Anfang der 1950er Jahre die prinzipielle Frage auf, ob der Staat, im Hinblick auf Aktiengesellschaften an denen er beteiligt ist, schlechthin dem allgemeinen Aktienrecht unterliege oder, ob aufgrund der staatlichen Beteiligung aktienrechtliche Regelungen zu „öffentlich-rechtlichen Vorschriften erhoben worden seien“.187 Bildlich gesprochen stellte sich für ihn die 183 So auch Schuppert, ZGR 1992, 454 (467). 184 Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit, S. 25 f.; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229); Pütz, Unternehmensmitbestimmung, S. 111, 112 f. 185 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 99 f. 186 Flume, NJW 1952, 484 (484) verneint insoweit eine „öffentlich-rechtliche Erhebung“ des allgemeinen Aktienrechts. 187 Dieser Ansicht ist Hefermehl, JW 1937, 503 (508 f.), der betont, dass die Pflichtübung keine innere Angelegenheit der Gesellschaft darstelle, sondern „im nationalsozialistischen Staat sich immer mehr und mehr die Ansicht [durchsetzte], dass die Auffassung von der rein privaten Natur der Pflichtprüfung dem Wesen und der Bedeutung dieser Einrichtung nicht ge-

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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Frage, ob es aufgrund der staatlichen Beteiligung zu einer „öffentlich-rechtlichen Infektion“ kommt, dessen Auswirkungen sich auf den gesamten Binnenorganismus des Unternehmens erstrecken.188 Durch den Verweis auf die Idee einer öffentlichrechtlichen Erhebung189 entfachte Flume eine hitzige Diskussion über die Frage, ob die nach § 137 Abs. 2 AktG190 vorausgesetzte Wahrung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers auch dann gewahrt ist, wenn eine Prüfungsgesellschaft, an der sich die öffentliche Hand beteiligt, Unternehmen prüft, an denen der Staat ebenfalls Anteile hält. Um im dargestellten Bild zu bleiben, könnte durch die Infektion staatlicher Beteiligung eine Nähe zur öffentlichen Hand geschaffen worden sein, die eine objektive und sachliche Bewertung von vornhinein vermissen ließe. Aufgrund der Infizierung würde der Staat nämlich zum Prüfer über seine eigenen Angelegenheiten. Den Autoren dürfte bereits seinerzeit die Bedeutung der Fragestellung jenseits der konkreten Fallkonstellation bewusst gewesen sein. Und so formulierte Ipsen191 in den Wirren dieses wissenschaftlichen Disputs die Grundidee des Verwaltungsgesellschaftsrechts, indem er zunächst „den ständig wiederholten Satz“, dass im Falle einer staatlichen Beteiligung an einer Gesellschaft des Privatrechts, diese in ihrer gesamten Betätigung dem allgemeinen Zivilrecht unterstehe, schlicht für falsch erklärte.192 Unter Hinweis auf den Wortlaut des § 70 Deutsche Gemeindeordnung (DGO) warf er dem aktienrechtlichen Schrifttum vor, sich in Unkenntnis dieser gesetzlichen Bestimmung über ihre Regelungsanordnung hinwegzusetzen und stellte fest, dass nach dem normenhierarchisch gleichrangigen § 70 Abs. 1, 2 DGO die von der Gemeinde bestellten Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrates von Aktiengesellschaften mit Gemeindebeteiligungen den Weisungen der Gemeinde unterworfen seien und folgerte hieraus eine insoweit erfolgende Durchrecht wurde[…]. Das AktG hat dieser Entwicklung aufgegriffen und die Prüfungsvorschriften durch den grundlegenden Satz, dass ein ohne vorherige Prüfung festgestellter Jahresabschluss nichtig ist (§ 135 Abs. 1 AktG a. F.), zu zwingend öffentlich-rechtlichen Vorschriften erhoben“; a. A. Flume, NJW 1952, 484 (484). 188 So stellen Schlegelberger / Quassowski, KommAkt 1937, § 137, Rn. 3, 6 f. ausführlich die Ungeeignetheit von öffentlich bestellten Abschlussprüfern dar, wenn eine allzu enge Verbindung mit der staatlichen Gesellschaft besteht. 189 Hefermehl, JW 1937, 503 (509). 190 In der Fassung 30.01.1937, Rechtsgesetzblatt I, S. 107, lautete § 137 Abs. 2 AktG „Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats sowie angestellte der Gesellschaft dürfen als Prüfer weder gewählt noch bestellt werden; gleiches gilt für Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates sowie Angestellte einer anderen Gesellschaft, die von der zu prüfenden Gesellschaft abhängig ist oder sie beherrscht, sowie für Personen, auf deren Geschäftsführung eine dieser Gesellschaften maßgeblichen Einfluss hat“, vgl. Nachweis bei Österreichische Nationalbibliothek, ALEX Historische Rechts- und Gesetzestexte Online, http://alex.onb.ac.at/cgicontent/ alex?​aid=dra&datum=1937&page=242&size=45. 191 Ipsen, JZ 1955, 593 (597); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (464). 192 Für die Wandlung privatrechtlicher Unternehmen zu einer staatlichen Organisation durch die öffentlich-rechtliche Indienstnahme schon Ballerstedt, DÖV 1951, 449 (452) und später auch Quack, DVBl. 1965, 345, (347 f.).

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6. Teil: Lösungsansätze

brechung und „Überhöhung“193 des allgemeinen Aktienrechts. Letztlich gebiete dies nämlich bereits die Verfolgung des öffentlichen Zwecks, weil die Kommune auch in Privatrechtsform „ein Stück Verwaltungstätigkeit“ verwirkliche.194 Nachdem Ipsen die Grundidee formulierte, war es im Wesentlichen Kraft195, der 1982 mit seiner Schrift „Das Verwaltungsgesellschaftsrecht“ diese Überlegun­ gen zu einem eigenständigen dogmatischen Konzept weiterentwickelte.196 Hierbei meine Verwaltungs­gesellschaftsrecht jedoch nicht etwa eine neue Rechts- und Organisationsform im Sinne einer eigenen Rechtsform öffentlicher Unternehmen,197 sondern vielmehr ein Instrument zur Behebung von Inkongruenzen zwischen öffentlich-rechtlichen Anforderungen und ihren gesellschaftsrechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten.198 Anknüpfungspunkt dieses Instituts ist dabei der von Wolff199 entwickelte Begriff des Verwaltungsprivatrechts.200 Es handelt sich hierbei um das private Recht, welches die öffentliche Hand seit jeher für die Erfüllung (schlicht-)hoheitlicher Funktionen verwendet und bei welchem die Ergänzung, Überlagerung und Modifikation des Privatrechts durch Bindungen an das öffentliche Recht anerkannt ist.201 Ist aber eine solche Abwandlung im Bereich des Privatrechts anerkannt, ist nicht ersichtlich, weshalb diese funktions­ adäquate Lösung nicht auch für den Bereich des Gesellschaftsrechts, das sich lediglich als eine besondere Ausprägung, mithin eine Teildisziplin des Verwal-

193 Insgesamt Ipsen, JZ 1955, 593 (598); das Verständnis einer Überhöhung legitimiert die Bezeichnung des Verwaltungsgesellschaftsrechts als (Hebe-)Instrument zur Kollisionsauf­ lösung. 194 Schürmann, ZSR 72 (1953), S. 65a (168a), der betont, dass dem Verwaltungsrecht die Sicherung der öffentlichen Zwecke als allgemeines Problem aufgetragen ist. 195 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht – Zur Verpflichtung kommunaler Körperschaften, auf ihre Privatrechtsgesellschaften einzuwirken, 1982. 196 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (464). 197 H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 259 „Öffentliches Recht und Gesellschaftsrecht sollen zu einem modifizierten Privatrecht verschmelzen, einem Sonderprivatrecht für Hoheitsträger, kurzum: zu einem ‚Verwaltungsgesellschaftsrecht‘“. 198 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (463); Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 237. 199 „Geht ein Subjekt öffentlicher Verwaltung Privatrechtsverhältnisse auf Grund hoheit­ licher Entscheidung in Rechtssatz (z. B. § 18 DGO, WoBauG) oder Verwaltungsakt ein, um in privatrechtlichen Formen nicht-erwerbswirtschaftlich tätig zu werden, sondern unmittelbar öffentliche Verwaltungs- (Leistungs- und Lenkungs-)Zwecke zu verfolgen, so gilt ein Verwaltungsprivatrecht, dessen Besonderheit u. a. darin besteht, daß die Träger der Verwaltung hier nicht im Vollgenuß der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie sind, sondern etlichen öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegen“, Wolff, Verwaltungsrecht I, 2. Auflage 1958, § 23 I b). 200 Vgl. hierzu nur BVerfG NVwZ 2016, 1553 (1555); BGH NVwZ 2010, 531 (535); Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 1 VwVfG, Rn.  116; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212 ff.; Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 3, Rn. 26 m. w. N.; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 237; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor. § 394, Rn. 18. 201 BGHZ 91, 84 (96 f.); H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 259; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 237; von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (620 f.).

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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tungsprivatrechts darstelle,202 fruchtbar gemacht werden sollte.203 Hierdurch soll in Konfliktfällen durch öffentlich-rechtliche Überlagerungen und Modifikationen korrigierend in das Gesellschaftsrecht eingegriffen werden können.204 Daher stellt Kraft205 zutreffend fest, dass es sich beim Verwaltungsgesellschaftsrecht um das öffentlich-rechtlich modifizierte Gesellschaftsrecht handle, das an die gesellschaftsrecht­lichen Tatbestände anknüpfe und diese im Sinne zwingender öffentlich-rechtlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Ordnungsprinzipien beeinflusse.206 Insoweit geht dieses Instrument im Ergebnis weiter als die Kollisionsdogmatik im Sinne der praktischen Konkordanz, weil sie anknüpfend an den vorhandenen Normbestand „den aus der Verfassung abgeleiteten öffentlichen Zweckbindungen und Ingerenzpflichten Rechnung tragen [möchte], indem sie in Konfliktfällen für eine öffentlich-rechtliche Überlagerung und Modifikation des Gesellschaftsrechts eintritt.“207

Zwar kommt es im Falle einer Regimekollision auch aus dem Selbstverständnis dieses Instruments zu einer schonenden Abwägung der widerstreitenden Interessen. Dabei sind die Wertungen des Gesellschaftsrechts im Wege der praktischen Konkordanz soweit wie möglich zur Geltung zu bringen.208 Allerdings folgert das Verwaltungsgesellschaftsrecht in Konsequenz der verfassungsrechtlichen Ver­ ortung der Ingerenzpflicht, dass die Normwidersprüche im Wege „verfassungskonformer Auslegung der Normen des einfachen Gesellschaftsrechts“209 erfolgen müssen.210 Der Unterschied zur Kollisionsdogmatik wird hierdurch klar. Während es bei ihr richtig verstanden auch zu einem Vorrang des Gesellschaftsrechts kommen könnte,211 ist das Konzept des Verwaltungsgesellschaftsrechts weitaus strenger und versteht die Berücksichtigung entgegenstehender Interessen lediglich als einen 202 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (620 f.); Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor. § 394, Rn. 18; vgl. auch H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 259. 203 So explizit Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (518); kritisch hingegen Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (469), der die Möglichkeit einer vorbehaltlosen Parallelisierung anzweifelt. Während das Verwaltungsprivatrecht den Grundzustand eines durch das öffentliche Recht modifizierte Gesellschaftsrecht darstellt, handele es sich beim Verwaltungsgesellschaftsrecht um einen Ausnahmefall. 204 Kritisch erläuternd Kersting, in: Kölner Kommentar AktG §§ 394,395, Rn. 59, S. 31 f.; nicht ganz so offensiv Krebs, Die Verwaltung 29 (1996), 309 (320); ähnlich Stober, NJW 1984, 449 (455); sehr deutlich Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (226, 228); Mann, in: ders. / P ütt­ ner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 46, Rn. 5; ders., Die Verwaltung 35 (2002), 463 (463). 205 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 237. 206 Durch dieses Verständnis lässt sich auch das Verhältnis der Gesellschaft zum Mutter­ gemeinwesen klären, das sich vormals den Vorwurf der Inkonsequenz gefallen lassen musste, Burmeister, DÖV 1975, 695 (703); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (468). 207 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (463). 208 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 18. 209 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (617). 210 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (466); Stober, NJW 1984, 449 (455). 211 Andernfalls wären die vorgetragenen Risiken, die mit dem ergebnisoffenen Ausgang der Abwägung einhergehen, bloße „Scheingefahren“.

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6. Teil: Lösungsansätze

verpflichtenden Auftrag. Am verfassungsrechtlich gebotenen Ergebnis der Abwägung vermag es indes nichts zu ändern. Denn im Falle punktueller Spannungen der Rechtsordnungen kommt es in jedem Fall zu einer ingerenzbegründeten Überhöhung des Gesellschaftsrechts durch die jeweils kollidierenden Vorschriften des Kommunalrechts. Dies ist bereits der Pflicht zur verfassungskonformen Auslegung entgegenstehender gesellschaftsrechtlicher Normen geschuldet.212 Daher stellt Mann213 richtigerweise fest, „dass auf diese Weise umgestaltete modifizierte Privatrecht somit gleichsam zu einem Sonderprivatrecht214 der Hoheitsträger [wird]“. Allerdings gilt es zu beachten, dass sich das Verwaltungsgesellschaftsrecht lediglich durch Modifikation215 und nicht durch eine völlige Umgestaltung und Auflösung des Gesellschaftsrechts auszeichnet und allein der maßvollen Anpassung zur Durchsetzung der verfassungsrechtlich angeordneten Ingerenzverpflichtungen dient. In keinem Fall darf eine Umgestaltung des Gesellschaftsrechts erfolgen, weil dies zu einem unzulässigen Formenmissbrauch im Sinne eines Modifikationsmissbrauchs führe.216 Umfang und Reichweite der Normenüberlagerung im Einzelfall hängen daher davon ab, inwieweit die öffentlich-rechtlichen Bindungen bereits mit den Instrumenten des Gesellschaftsrechts verwirklicht werden können. Hierin zeigt sich der Unterschied zum Verwaltungsprivatrecht, weil das Gesellschaftsrecht nicht generell, sondern lediglich im Bedarfsfall, mithin dann, wenn das Gesellschaftsrecht ein demokratisch legitimatorisches Durchsetzungsdefizit aufweist, überlagert wird.217 Insoweit stellt Schuppert218 zu Recht fest,

212 „Kernthese der Vertreter des Verwaltungsgesellschaftsrechts ist die Annahme, aus der Verfassung selbst könnten unmittelbar einzelne Einwirkungsinstrumente abgeleitet werden, die im Wege einer verfassungskonformen Auslegung in das Gesellschaftsrecht zu integrieren seien“, Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 152; H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 259; Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, in: Gutachten zu 67. Deutschen Juristentag (2008), S. 113 f. 213 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (467), der zugleich die strukturelle Koppelung an das Verwaltungsprivatrecht betont, wonach die öffentliche Hand nur auf ein durch öffentlichrechtliche Bindungen überlagertes privatrechtliches Handlungsrecht zurückgreifen darf. 214 Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (513). 215 Hierbei beschränken sich die Modifikationen, die Kraft vornimmt nicht allein auf die Realisierung der Einflussnahmeverpflichtung. Vielmehr betont er, dass Modifikationen bei der hoheitlichen Verwendung von Rechtsformen des privaten Gesellschaftsrechts bereits vorhanden seien. Eine solche Modifikation sieht er bereits in der fehlenden oder eingeschränkten Grundrechtssubjektivität der Gemeinden, die sich auch in der Rechtsposition der Gesellschaft fortsetze. Auch die Inkompatibilitätsregelung (§ 13 KWahlG NRW) sei Ausfluss der modifizierten privatrechtlichen Gesellschaft, Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 238, 243, 244 ff., 251. 216 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 255, 258, der sich zugleich von dem Formenmissbrauchsbegriff von Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, S. 61 ff. distanziert und daher den Begriff des Modifikationsmissbrauchs vorschlägt. 217 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (621); Schuppert, ZGR 1992, 454 (468); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (469). 218 Schuppert, ZGR 1992, 454 (467).

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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„dass sich das „federführende Rechtsregime – hier: das Gesellschaftsrecht – solche Modifikationen und Akzentverschiebungen „gefallen lassen“ [muss], die im Interesse des anderen Rechtsregimes unverzichtbar erscheinen.“219

Ist die öffentliche Hand mit der bloß einzelfallorientierten Überlagerung des Gesellschaftsrechts nicht einverstanden oder ist ihr die vorrangig zu beachtende „Formentypik“ dieses Rechtsregimes zur Durchsetzung ihrer Ingerenzpflichten zu lästig, „muß der kommunale Träger eine zur öffentlichen Zweckverwirklichung besser geeignete Organisationsform anwenden“220. Insoweit lässt sich durchaus ein Stufenmechanismus identifizieren, bei dem mit von Danwitz221 gegenläufige Interessen zunächst im Lichte der praktischen Konkordanz zu verwirklichen sind. Erst dann, wenn „die verfassungs- und verwaltungskonforme Auslegung und Anwendung des Gesellschaftsrechts an ihre Grenzen stoßen,222 können auch seine Ergänzung und Modifizierung erforderlich werden“. Dass die Überlagerung darüber hinaus „streng an die Verwirklichung der öffentlichen Zwecksetzung (z. B. der Versorgungsaufgabe eines Unternehmens) gekoppelt bleiben“223, ist hierbei selbstredend, weil ansonsten die Legitimation zur öffentlich-rechtlichen Intervention schlechthin abhandenkäme.224 Dies ist deshalb so wichtig, weil sich jedwede Einflussnahme „justiziable Grenzen“225 vorhalten lassen muss. So wäre die Erteilung von Weisungen zur Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Interessen ebenso unzulässig wie der Durchgriff in den Innenbereich, mithin den „Binnen­ raum der Gesellschaft in seiner Aufbau- und Ablauforganisation“226. Es muss somit 219 A. A. H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 263, der sich besorgt über einen drohenden „Umbau zu gesellschaftsrechtlichen Organisationsstrukturen“ zeigt. 220 Insgesamt von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (621); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (469); dieser Verweis ist aufgrund der „wirtschaftsfreundlichen Ausgestaltung“ der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, § 114a GO NRW durchaus berechtigt. 221 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (622). 222 Hier ist etwa das aktienrechtliche Abberufungsrecht nach § 103 Abs. 2 Satz 1 AktG zu nennen, Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (470). 223 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (469). 224 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 255, der betont, dass Rechte zwischen Information und Weisung lediglich das Ziel einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Aufgabenerfüllung vor Augen haben dürften. 225 Vorstellbar ist dies insbesondere in Situationen, in denen gemeindliche Vertreter bei der Beschlussfassung allein den Vorgaben des Rates folgen. So können etwa Gesellschafterbeschlüsse innerhalb einer GmbH, die möglicherweise Gesetzes- und / oder Satzungsverstöße begründen nach h. M. durch die (ggf. benachteiligten) Gesellschafter entsprechend den Vorschriften §§ 243, 246 AktG (ggf. in Verbindung mit positiver Beschlussfeststellungsklage) angefochten werden. Daneben kann die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses entsprechend § 249 Abs. 1 AktG gerichtlich festgestellt werden (Nichtigkeitsfeststellungsklage), Lutz, Der Gesellschafterstreit, 4. Teil, Rn. 643 ff.; 654 ff.; Mehrbrey, in: ders., Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten,2 § 19, Rn. 57 ff., 122 ff; 145 ff.; ergänzend kommt auch eine Schadenersatzverpflichtung bei unrechtmäßiger Weisungserteilung entweder nach §§ 823 ff. BGB im Fall GmbH ohne einen Aufsichtsrat oder aber § 117 AktG für die AG, bzw. i. V. m. mit § 52 GmbHG im Fall eines fakultativ bestellten Aufsichtsrates, vgl. Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger et al.; § 52 GmbHG, Rn. 174a. 226 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 256.

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6. Teil: Lösungsansätze

stets ein Zusammenhang gegeben sein zwischen der Erzielung des öffentlichen Gemeinwohlzwecks und dem Einsatz des Sicherungsinstruments. Als Kontrollüberlegung eignet sich die Frage, ob die Maßnahme lediglich im allgemeinen öffentlichen Interesse liegt oder, ob es der Verfolgung objektiv verfassungsrechtlicher Verpflichtungen, mithin der gemeindlich radizierten Daseinsvorsorge dient.227 Diese Überlegung zugrunde gelegt, ist jede Maßnahme, die nicht unmittelbar der Daseinsvorsorge, sondern dem allgemeinen Interesse, wie etwa dem Umweltschutz dient, aus der Sicht der privaten Minderheitsgesellschafter „ultra vires“ und nicht zu dulden.228 Modifikationen des Gesellschaftsrechts müssen somit ingerenzbedingt sein, weil eine Abweichung von der gesellschaftsrechtlichen Binnenstruktur allein vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund der Einfluss- und Kontrollmechanismen hinzunehmen und die aufgezeigte Überhöhung zu begrüßen ist. Für die inhaltliche Ausgestaltung der konkreten Einflussnahme wird eine Anlehnung an die Kommunalaufsicht (§§ 119 ff. GO NRW) vorgeschlagen und ein abgestuftes Ingerenzkonzept in den dargestellten Kollisionsfällen empfohlen. So rät Kraft229 dazu, zunächst zu informieren, sodann ggf. zu beanstanden, etwaig getroffene Beschlüsse aufzuheben und erst im äußersten Fall vom Weisungsrecht Gebrauch zu machen. „Ein rechts- und sachwidriges Verhalten der Gesellschaft kann beanstandet, eine rechtund zweckmäßige Maßnahme kann initiiert werden; durch die unmittelbare Möglichkeit der Kontrolle sind die Kommunalorgane zudem in der Lage, ihren Bürgern und Aufsichts­ behörden gegenüber obliegende Verantwortung gerecht zu werden.“230

Ob ein solch abgestuftes Sicherungskonzept in jedem Fall verfolgt werden kann, hängt allerdings vom konkreten Einzelfall und insbesondere davon ab, in welchem Unternehmensstadium (Gründung / Führung / Liquidation) die unterschiedlichen Interessen aufeinandertreffen und welcher Regelungsbereich vom konkreten Normenwiderspruch betroffen ist. b) Ablehnung des Instruments Verwaltungsgesellschaftsrecht Es wurde bereits dargestellt, dass auftretende Normenwidersprüche im Wege der praktischen Konkordanz in eine schonende Abwägung gebracht werden können. Grundvoraussetzung ist bereits hier, dass sich die Kollision beider Rechtsregime 227 Vgl. Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 256 f. 228 Ähnlich Leisner, GewArch 2009, 337 (342), der die Belastung der gesellschaftlichen Binnenstruktur durch Erteilung von Weisungen auch dann für unzulässig erachtet, wenn es der „öffentlichen Hand um eine Verschärfung des Schutzes allgemein gesicherter Belange (Umweltschutz, Wettbewerbsrecht) geht. 229 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 254, freilich bezogen auf kommunale Eigengesellschaft, so dass im Falle gemischtwirtschaftlicher Unternehmen die Adressatenfrage vor dem Hintergrund unterschiedlicher „Ingerenzfreundlichkeit“ der jeweiligen Unternehmensorgane besonders zu beachten ist. 230 Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 254.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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nicht schon durch den bloßen Hinweis auf die Kollisionsregel des Art. 31 GG231 lösen lässt. Allerdings werden sowohl hiergegen232 als auch gegen die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung des Gesellschaftsrechts sowie gegen das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts in Anlehnung an das Verwaltungsprivatrecht Bedenken vorgebracht,233 die hier aufgrund des Sachzusammenhangs einheitlich dargestellt werden sollen. Zunächst soll bereits die verfassungskonforme Auslegung des Gesellschaftsrechts nicht zulässig sein.234 Denn zum einen ergebe sich die Notwendigkeit hierfür nicht aus den verfassungsrechtlich determinierten Bindungen der Kommunen und zum anderen folge auch aus der freien Rechtsformenwahl nichts anderes. Denn die Wahl müsse von vorn herein auf solche privatrechtliche Organisationsformen beschränkt werden, die den maßgeblichen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügten.235 Diese vorgeschaltete Selektion sei „conditio sine qua non“ für die eigentliche Rechtsformenwahl.236 Lässt hierbei das einfachrechtliche Organisationsstatut das verfassungsrechtlich gebotene Maß an Ingerenz nicht zu, müsse die „Abstandnahme von der Wahl eben dieser privatrechtlichen Rechtsform“ als der verfassungskonformen Auslegung gleichwertige Alternative in Betracht gezogen werden.237 231 Dies bereits deshalb, weil die maßgeblichen Normen des Kommunalrechts lediglich Konkretisierungen des verfassungsrechtlich gebotenen Ingerenzgebots verbriefen. Es handelt sich nämlich nicht um die Kollision von Bundes- und Landesrechts „(im Sinne einer unterschiedlichen Regelung desselben Sachverhalts)“, sondern um Wertungswidersprüche aufgrund verfassungsrechtlicher Ingerenzen, Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 89; darüber hinaus könnte aber auch schon der Anwendungsbereich des Art. 31 GG verneint werden, Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 13; so ausdrücklich Grams, LKV 1997, 397 (400). 232 Etwa Leisner, GewArch 2009, 337 (339, 341). 233 Pauschal ablehnend Schodder, NdsVbl. 2012, 121 (122). 234 H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 260 f.; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 163 ff., der hierin eine unzulässige gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung erkennt, S. 166 f. 235 „Auch aus Art. 28 Abs. 2 GG ergibt sich kein gemeindlicher Anspruch für jeden Zweck eine geeignete privatrechtliche Rechtsform zur Verfügung zu haben, und auch nicht darauf, dass das Gesellschaftsrecht auf dem Wege einer harmonisierenden Auslegung entsprechend zurecht geformt wird“, VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8 A 2043/10 – juris, Rn. 74. 236 Pitschas / Schoppa, in: Mann / P üttner, Kommunale Wissenschaft, Bd. 2, § 43, Rn. 89; Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (474); Mann, in: GS Tettinger, S. 295 (301). 237 Ähnlich Tietje, Die Neuordnung des Rechts, S. 133 f.; H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld, S. 262, 266; ausdrücklich Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, in: Gutachten zu 67. Deutschen Juristentag (2008), S. 112.; Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (474); grundsätzlich auch BVerfGE 147, 50 (137); VGH Kassel, AG 2013, 35 (37 f.); Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 63, S. 34; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 19; Erichsen, Die Vertretung der Kommunen, S. 25; Koch, in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2b, der ganz plastisch von einer „der Gesellschaftsbeteiligung vorgeschalteten Eingangskontrolle“ spricht; ähnlich Koch, ZHR 183 (2019), 7  (16); Leisner, GewArch 2009, 337 (341), der bereits die Ingerenzgrundlage nicht in der Verfassung verankert sieht.

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6. Teil: Lösungsansätze

Darüber hinaus wird gegen die verfassungskonforme Auslegung des Gesellschaftsrechts vorgebracht, dass hierdurch ein Primat des Rechtsanwenders gegenüber dem Gesetzgeber statuiert werde.238 Hat sich der Bundesgesetzgeber in Ausübung seines Parlamentsvorbehalts gegen eine weiterreichende Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeit durch die öffentliche Hand entschieden, sei dies hinzunehmen und nicht einseitig zu modifizieren. Denn Regimekollisionen seien  – wie auch oben bereits dargestellt – kein neues Phänomen, sondern seit jeher bekannt. Hat der Gesetzgeber aber darauf verzichtet ein allgemein öffentlich-rechtliches Gesellschaftsrecht zu schaffen, würde durch dogmatische Erwägungen die bewusst zurückhaltende Entscheidung des Gesetzgebers konterkariert.239 Diese Rechtsfolge lasse sich auch nicht aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsgebot herleiten, weil es sich bei dem Ingerenzgebot lediglich um einen Gestaltungsauftrag handle, dessen Ergebnisse verfassungsrechtlich nicht im Einzelnen vorgezeichnet seien.240 Die Berechtigung zur Kontrolle und Einflussnahme lässt sich daher zwar auf den Ingerenzauftrag aus der Verfassung selbst zurückführen. Die rechtliche Zulässigkeit der intendierten Maßnahme richte sich jedoch allein nach den Möglichkeiten des Gesellschaftsrechts.241 Insbesondere sei den Verfassungsaussagen lediglich zu entnehmen, dass es gewisse Ingerenzbefugnisse geben müsse. Es bliebe jedoch unklar, wie sie konkret auszugestalten seien.242 Eine derartige „Konkretisierbarkeit wäre aber erforderlich, um die dogmatische Figur des Verwaltungsgesellschaftsrecht mit Blick auf den Einzelfall konturieren zu können“.243 Ebenso unfruchtbar sei die Anlehnung an das Verwaltungsprivatrecht, weil es dort um das Außenverhältnis zu den Grundrechtsträgern und nicht um die Binnenorganisation der privaten Rechtsperson gehe.244 Den Verwaltungseinheiten privaten Rechts werde zusätzlich zu dem im Außenbezug geltenden Verwaltungsprivatrecht noch weiteres „dogmatisches Marschgepäck für den Innenbereich 238 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 103; Brenner, AöR 127 (2002), 222 (235); Spannowsky, ZGR 1996, 400 (422); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (474). 239 Schön, ZGR 1996, 429 (432 Fn. 15); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (475). 240 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 287; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 19. 241 Leisner, GewArch 2009, 337 (339), der betont, dass Ausnahmen nur dann bestehen, wenn dies einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich vorgegeben ist und nennt hierfür etwa Post und Bahn (Fn. 21). Im Übrigen ergebe sich schon aus Art. 9 Abs. 1 GG, dass die Gesellschaftsstatuten für sämtliche Gesellschafter in gleichem Umfang gelten würden; Mann, in: GS Tettinger, S. 295 (301). 242 Kannen, Möglichkeiten der Einflussnahme auf Aufsichtsräte, S. 13. 243 Insgesamt Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (480 f.), der eine Rechtsfolgenklarheit verlangt. 244 VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8A 2043/10 – juris, Rn. 79; Mann, Die öffentlichrechtliche Gesellschaft, S. 284; ders., Die Verwaltung 35 (2002), 463 (478), der betont, dass das Verwaltungsprivatrecht rechtformunabhängig allein an die privatrechtliche Handlungsform anknüpft, wodurch die Außenrechtsbeziehung zwischen Verwaltung und Bürger begründet wird; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 19.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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aufgesattelt“, während es bei der Verwaltung in öffentlich-rechtlicher Rechtsform allein beim Außenbezug verbleibe. Vor diesem Hintergrund sei vor einer „vorschnellen Parallelisierung der Konstruktionen“ zu warnen.245 Dies insbesondere deshalb, weil ein solches Verständnis vom Verwaltungsgesellschaftsrecht als modifiziertes Verwaltungsprivatrecht zu einer unberechtigten Benachteiligung privater Minderheitsaktionäre beziehungsweise Gesellschafter führe, die auf ihre wirtschaftlichen Kosten eine Verfolgung öffentlicher Zwecke dulden müssten.246 Diese nachteilige Beeinträchtigung durch Modifikationen der Binnenordnung der Gesellschaft sei insbesondere Grundrechtsrelevant.247 Vor dem Hintergrund mangelnder gesetzgeberischer Gestaltung, könne der Eingriff indes nicht gerechtfertigt werden.248 Schließlich verbiete sich ein Vergleich aber deshalb, weil das von Rechtsprechung und Lehre entwickelte Verwaltungsprivatrecht nicht so weit gehe, eine den Willen des Gesetzgebers negierende Fortbildung des BGB vorzunehmen.249 Ferner wird das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts auch mit Blick auf eine prozedurale Kollisionsdogmatik abgelehnt. Bemängelt wird hierbei, dass sich der Versuch öffentlich-rechtliche Bindungen allein mit dem gesellschaftsrechtlichen Instrumentarium verwirklichen zu wollen, als „Farce“ erweisen würde, wenn im Falle der Ausschöpfung dieser Möglichkeiten, das Gesellschaftsrecht in einem zweiten Schritt ohnehin durch das öffentliche Recht überlagert würde. Insoweit bliebe im Unklaren, worin der verwaltungsgesellschaftsrechtliche Beitrag „zur Harmonisierung der gegenläufigen Normvorgaben im Wege praktischer Konkordanz liegen soll“.250 Aufgrund des letztlich zwingenden Vorranges des öffentlichen Rechts sei es insoweit nicht erforderlich eine Abwägung widerstreitender Interessen anzustrengen. Denn im Konfliktfall stelle sich die angebliche praktische Konkordanz als schlichte Durchbrechung des Gesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht dar, ohne die hierbei entgegenstehenden Interessen zu beachten.251 245 Vgl. sämtliche kritische Anmerkungen Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (478 f.); gerade diese Trennungsperspektive wirft Burgi dem Verwaltungsprivatrecht insgesamt vor, Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts I, § 18, Rn. 66. 246 BGHZ 69, 334 (341); Habersack, ZGR 1996, 544 (547 ff.); Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 34; Koch, in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2b; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 19. 247 Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 171 ff. 248 Vgl. Spannowsky, ZGR 1996, 400 (422); Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (482), der vorschlägt, die fehlenden Ingerenzrechte in der lex lata hinzunehmen, auf eine kreative Ergänzung und Überlagerung zu verzichten und stattdessen der öffentlichen Hand den Rückgriff auf diese Rechtsform zu versagen. 249 Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 169. 250 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (483). 251 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (483); Püttner, DVBl. 1986, 748 (751); ablehnend ohne Bezug zu einer praktischen Konkordanz widerstreitender Interessen, Ehlers, DVBl. 1997, S. 137 (139); ebenso und auf Ehlers verweisend Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 (234 Fn. 119), so auch Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen, S. 159 f.

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6. Teil: Lösungsansätze

Jenseits dieser rein nationalen Erwägungen wird schließlich vorgetragen, dass eine „massive öffentlich-rechtliche Überformung des gesellschaftsrechtlichen Organisations­ statuts auch unter dem Gesichtspunkt der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), wie sie in der Golden-Shares252-Rechtsprechung des EuGH ausgeformt wurde, problematisch“253

sei. Besondere Ingerenzrechte der Kommune, die ihr unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung „eine weitreichende Ausrichtung der Gesellschaftstätigkeit am öffentlichen Interesse ermöglichen“, würden auf private Aktionäre abschreckend wirken, weil „ihnen eine ihrer Kapitalbeteiligung entsprechende effektive Übernahme der tatsächlichen Verwaltung der Gesellschaft substantiell erschwert würde“.254 Daher wird angezweifelt ob Sonderrechte (Sonderaktien) der öffentlich Hand, wie sie auch in §§ 394, 395 AktG und §§ 53, 54 HGrG erblickt werden, mit dem Europarecht vereinbar sind.255 Soweit die Ingerenzpflicht des Staates zur Überhöhung und Modifikation des Gesellschaftsrechts führt, sei sie mit einem solchen Sonderrecht vergleichbar256 und ihre Vereinbarkeit mit den europäischen Grundfreiheiten daher insgesamt problematisch.257 c) Stellungnahme Die Argumente, welche gegen das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts angeführt werden, sind beachtlich und deshalb kritisch zu würdigen. Erst im Anschluss an die Auseinandersetzung mit den ablehnenden Stimmen soll im siebten Teil dieser Untersuchung ein Vorschlag zur abschließenden Lösung der aufgezeigten Regimekollisionen präsentiert werden. Soweit vorgetragen wird, dass eine verfassungskonforme Auslegung bereits deshalb nicht geboten sei, weil sich die Wahl der Organisationsform auf privatrecht 252 Hierunter sind staatliche Sonderrechte in privatisierten Aktiengesellschaften zu verstehen, EuGH EuZW 2006, 722 ff.; Pießkalla, Anm. Urteil des Urteils des EuGH vom 23.10.2007, in: EuZW 2007, 697 (702). 253 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 35; hierbei hat die Golden Share-Rechtsprechung die Diskussion um die Frage angefacht, ob Sonderrechte gemäß §§ 394, 395 AktG sowie §§ 53, 54 HGrG zugunsten der öffentlichen Hand mit dem Europarecht zu vereinbaren sind, Schall, in: Spindler / Stilz, § 394 AktG, Rn. 16. 254 Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 21. 255 Schall, in: Spindler / Stilz, § 394 AktG, Rn. 16; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 101 ff., S. 35. 256 §§ 394, 395 AktG stehen mithin stellvertretend für sämtliche Modifikationen des Gesellschaftsrechts zugunsten der öffentlichen Hand. Daher verortet Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 35 die Diskussion um die Europarechtskonformität zu Recht in die Diskussion um den Verschwiegenheitsdispens. 257 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (527 f.); Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 21; Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64., S. 52 ff.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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liche Gesellschaftsformen zu beschränken habe, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge, ist dem freilich nicht zu folgen. Zunächst einmal lässt diese Ansicht unberücksichtigt, dass es der Gemeinde freisteht dem Prinzip der organisatorischen Wahlfreiheit258 zu folgen und sich nach ihrem sachgerechten eigenen Ermessen über die Rechts- und Organisationsform eines ihrer Unternehmen entscheiden zu dürfen. Wenn aber die Verfassung in Art. 28 Abs. 2 GG Gemeinden das Recht einräumt, selbst zu entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre öffentlichen Aufgaben in Ausübung der ihr zugestandenen Selbstverwaltung wahrnehmen, müssen ihr auch Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden, um die demokratische Legitimation und Verantwortung im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung sicherstellen zu können.259 Dies wäre nicht möglich, wenn die Kommune sich im Konfliktfall den Regelungen des Gesellschaftsrechts unterwerfen müsste, ohne die widersprechenden Normen verfassungskonform auslegen zu dürfen. Wie sonst sollte sie die demokratische Legitimation bei wirtschaftlichem Handeln der öffentlichen Hand sicherstellen, ohne Zugleich ihre organisatorische Wahlfreiheit einseitig zugunsten öffentlich-rechtlicher Rechtsformen auszuüben?260 Bei genauem Hinsehen verlangen die Verfechter dieser Theorie sich entweder den Spielregeln des Gesellschaftsrechts zu unterwerfen oder aber von ihr Abstand zu nehmen.261 Hierbei verkennen sie jedoch, dass das Gesellschaftsrecht nicht außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung steht,262 sondern sich ihr ebenfalls anzupassen, ja sogar zu unterwerfen hat. Dies muss jedenfalls dann erfolgen, wenn die öffentliche Hand sich ihrer in einer beherrschenden Anteilseignerstellung annimmt, um den öffentlichen Zweck als vornehmliches Unternehmensziel zu verfolgen. Insoweit steht nicht das Gewinnstreben, sondern die Sicherstellung des Gemeinwohls im Vordergrund. Hieran ändert sich bekanntermaßen auch dann nichts, wenn die Gemeinde in privatrechtlicher Organisationsform agiert. Dies gilt insbesondere deshalb, weil wesentliche Unternehmensentscheidungen auch in privatrechtlicher Unternehmensform vom Gemeinderat zu treffen sind und er sich der Pflicht zur Wahrung und Förderung der Gemeinwohlziele nicht entziehen kann. Hierfür müssen den Ratsmitglieder allerdings hinreichende Informations-, Einwirkungs-, Weisungs- und Kontrollrechte zur Verfügung stehen, weil andernfalls die „demokratische Legitimation und Verantwortlichkeit“263 nicht gewährleistet werden kann.264 Weil aber das Gesellschaftsrecht nicht außerhalb der verfassungs 258 BVerfGE 27, 364 (374); BVerwGE 94, 229 (231 f.); BVerfGE 79, 127 (143); Kotzea, in: Held / Winkel, § 108 GO NRW, S. 514. 259 Vgl. Katz, NVwZ 2018, 1091 (1094). 260 Zur Erforderlichkeit einer „öffentlich-rechtlichen Gesellschaft“ de lege ferenda sogleich im siebten Teil dieser Arbeit. 261 Die Vorteile privatrechtlichen Organisationsrechts können nicht ohne die entsprechenden privatrechtlichen Pflichtenbindungen „genossen“ werden, Säcker, in: FS Rebmann, S. 781 (791); Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 164 f. 262 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096). 263 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096). 264 Dies aber verlangt das BVerfGE 147, 50 (134 ff.).

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6. Teil: Lösungsansätze

mäßigen Ordnung steht, muss es im Spannungsfall der Regelungsregime einer verfassungs­konformen Auslegung zugänglich sein. Deshalb übergeht der Rechtsanwender auch nicht die bundesgesetzgeberische Entscheidung gegen eine weiterreichende Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeit durch die öffentliche Hand oder gar die Gründung einer genuin öffentlich-rechtlichen Gesellschaft. Denn durch die verfassungskonforme Auslegung widerstreitender Normen des Gesellschaftsrechts bringt er diese erst in Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung und wird hierdurch zu ihrem Diener. Schließlich überzeugt es auch nicht, wenn gegen die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung widerstreitender Normen vorgebracht wird, dass es sich bei dem Ingerenzgebot lediglich um einen Gestaltungsauftrag handle, dessen Ergebnisse verfassungsrechtlich nicht im Einzelnen vorgezeichnet seien und sich aufgrund fehlender „Konkretisierbarkeit“265 auch keine vorgegebene Handlungsanweisung herleiten lasse.266 Ein solches Verständnis verlangte von der Verfassung jedoch einen konkreten Aktionsplan zu Sicherstellung mannigfaltiger Gemeinwohlziele. Indes muss der Wunsch nach konkreten Handlungsvorgaben ein bloßes Desiderat bleiben. Denn an keiner Stelle gibt die Verfassung konkrete Handlungsdirektiven im Einzelfall vor, sondern beschränkt sich ganz allgemein darauf, die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung zur Voraussetzung und zum Maßstab jedweder staatlichen Tätigkeit zu erheben. Diese allgemeingültigen Koordinaten geben gleichsam den wirtschaftlichen Aktionsradius des Staates vor und knüpfen den Grad seiner ökonomischen Entfaltung an Bedingungen, die sich letztlich in eben jenen verfassungsrechtlichen Ingerenzmaßnahmen erschöpfen. Ob die konkret vorgenommene Handlung den Verfassungsprinzipien genügt, kann (und soll) jedoch allein im Einzelfall überprüft werden. Ein vorgegebener Maßnahmenkatalog zum „ingerenzkonformen Verhalten bei Regimekollisionen“ ist der Verfassung fremd und dürfte bereits mit der Vielgestaltigkeit denkbarer Kollisionssachverhalte und der Dynamik des Wirtschaftsverkehrs nicht zu vereinbaren sein. Nicht zu überzeugen vermag auch der Vorwurf, dass ein Verständnis des Verwaltungsgesellschaftsrechts als modifiziertes Verwaltungsprivatrecht eine vorschnelle und daher unzulässige Gleichbehandlung bedeute.267 Der Hinweis darauf, dass das Verwaltungsprivatrecht lediglich das nach außen gerichtete Verhältnis zu Grundrechtsträgern, nicht aber die Binnenorganisation des Unternehmens defi­niere, erscheint fragwürdig. Es ist nämlich unbestritten, dass das Privatrecht, welches die öffentliche Hand seit jeher für die Erfüllung hoheitlicher Funktionen verwendet, aufgrund der verfassungsrechtlichen Bindungen ergänzt, überlagert und modifiziert werden kann, gegebenenfalls sogar muss. So stellte der BGH268 bereits 1984 fest, dass 265 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (480 f.), der eine Rechtsfolgenklarheit verlangt. 266 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 287; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 19. 267 Vgl. Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (478 f.). 268 BGHZ 91, 84 (97 f.).

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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„die typischen öffentlich-rechtlichen Bindungen vielmehr auch dann anwendbar [sind], wenn die Verwaltung nicht selbst oder durch einen Eigenbetrieb in privatrechtlicher Form handelt, sondern in Gestalt eines von der Verwaltung beherrschten, privatrechtlich verfassten Rechtssubjekts – etwa einer Gesellschaft des Handelsrechts – dem Bürger gegenübertritt. Ein Betrieb, der einer öffentlichen Aufgabe gewidmet ist, übt Verwaltung im funktionellen Sinne269 aus. Ein solches Unternehmen stellt nur eine besondere Erscheinungsform dar, in der öffentliche Verwaltung ausgeübt wird. Es ist daher nicht nur in der Frage der Grundrechtsfähigkeit, sondern auch in den Fragen der Grundrechtsbindung und der weite­ ren Folgen der Anwendbarkeit des Verwaltungsprivatrechts wie der Verwaltungsträger selbst zu behandeln.“

Hieraus ergibt sich zunächst, dass öffentlich-rechtliche Bindungen eine umfassende Geltung beanspruchen und daher auch dann zu beachten sind, wenn Kommunen ihre öffentlichen Zwecke in Gestalt einer Gesellschaft des Handelsrechts erfüllen. Darüber hinaus stellt das Gericht jedoch klar, dass auch ein solches Unternehmen weiterhin öffentliche Verwaltung ausübt. Eine Trennung zwischen der Verwaltung innerhalb der unternehmerischen Binnenorganisation und der nach außen gerichteten faktischen Tätigkeit erfolgt herbei gerade nicht. Vielmehr ist das kommunal beherrschte Unternehmen sowohl in seinem internen Wirkungskreis als auch in seiner Außenwirkung insgesamt als Verwaltungsträger zu erfassen. Daher umfasst die erforderliche Akzeptanz einer Ergänzung, Überlagerung und Modifizierung zur Sicherstellung legitimer Verwaltungstätigkeit nicht nur das Verhältnis zu Grundrechtsträgern, die außerhalb der Verwaltung stehen, sondern auch ihre Binnenstruktur selbst. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil nur eine intern ausreichend disziplinierte Verwaltung in Privatrechtsform auch im Außenverhältnis zu Dritten die Wahrung der Gemeinwohlziele nicht außer Acht lassen dürfte. Nun wird aber vorgebracht, dass ein solches Verständnis vom Verwaltungs­ gesellschaftsrechts als modifiziertes Verwaltungsprivatrecht zu einer unberechtigten Benachteiligung privater Minderheitsaktionäre bzw. Gesellschafter führe.270 Dem lässt sich indes Folgendes entgegenhalten: Die öffentliche Hand kann unabhängig von ihrer Organisationsform die ungehemmte Kapitalmaximierung nicht zum Primärzweck ihres Handelns deklarieren. Sie tritt als bloßer Sekundärzweck stets hinter die Verfolgung und Sicherung der Gemeinwohlziele. Im Rahmen der Darstellung der Konfliktquellen im Gründungsstadium wurde auf die überragende Bedeutung einer präzisen, umfassenden und interessengerechten Satzungsaus­ gestaltung hingewiesen. Unter der Überschrift der „Dominanz des Sachzieles“271 werden den öffentlichen Unternehmen ihre Aufgaben durch Gemeinden verbindlich vorgeschrieben, um sich bereits hierdurch von den gewinnorientierten Formal 269 Hierunter ist die „gesamte von den Verwaltungsbehörden ausgeübte Tätigkeit […]“ zu verstehen, vgl. statt aller Maurer / Waldhoff, Allgemeines VerwR, § 1, Rn. 2. 270 BGHZ 69, 334 (341); Habersack, ZGR 1996, 544 (547 ff.); Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 64, S. 34; Koch, in: Hüffer / ders., § 394 AktG, Rn. 2b; Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 19. 271 Thiemeyer, Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe, S. 29 ff.; Budäus, in: ders. / T hieme, Steuerung von Eigenbetrieben, S. 28; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 230 f.

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6. Teil: Lösungsansätze

zielen der Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner abzugrenzen und durch Sachzielvorgaben die öffentliche Aufgabenwahrnehmung zu sichern.272 Wenn aber die Satzung beziehungsweise der Gesellschaftsvertrag die Erfüllung öffentlicher Zwecke besonders hervorhebt, erscheint es nur konsequent, privatrechtliche Minderheitsaktionäre ebenfalls hierauf zu verpflichten. Denn sie lassen sich freiwillig und in Kenntnis öffentlich-rechtlicher Zwänge auf diese Beziehung ein, obgleich ihnen bewusst ist, dass ihre Renditeinteressen zu keinem Zeitpunkt im Mittelpunkt dieser Partnerschaft stehen werden.273 Dies ist – wie Schockenhoff 274 zutreffend feststellt – selbst dann nicht unbillig, wenn hiermit ein reduzierter Grundrechtsschutz einhergeht: „Wenn die Satzung auch öffentliche Zwecke enthält, erscheint es hingegen denkbar, den Grundrechtsschutz abzusenken, denn in diesem Fall haben sich die privatrechtlichen Minderheitsaktionäre von vornherein auf ein Unternehmen mit öffentlicher Zweckbindung eingelassen.“275

Dass die öffentliche Hand hierdurch nicht übervorteilt wird, sei am Gegen­ beispiel verdeutlicht. Hält sie nämlich am Unternehmen nur eine Minderheitsbeteiligung, ist es ihr nicht möglich entgegen den Interessen der Mehrheitsgesellschafter und -aktionäre die ihr obliegenden öffentlichen Zwecke zu verfolgen, weil sie maßgeblich das unternehmerische Risiko tragen und sich insoweit auf ihre Grundrechte als Abwehrrechte berufen können.276 Wie aber ist nun mit dem Vorwurf umzugehen, dass sich die vorgelagerte Abwä­gung widerstreitender Interessen als eine bloße Formalie erweise, weil eine Kollisionsdogmatik im Sinne einer praktischen Konkordanz letztlich stets zugunsten des öffentlichen Rechts ausgehe? Leistet das hierfür verantwortliche Verwaltungsgesellschaftsrecht tatsächlich keinen Beitrag „zur Harmonisierung der gegenläufigen Normvorgaben“277? Zunächst ist festzuhalten, dass durch eine „harmonisierende Rechtsgüterabwägung“ im Wege praktischer Konkordanz ein einheitsstiftender Ausgleich kollidierender Rechtsnormen erzielt werden kann.278 272 Budäus, in: ders. / T hieme, Steuerung von Eigenbetrieben, S. 28; Thiel, Die verwaltete Kunst, S. 230 f. 273 Dieser Motivation wird häufig nicht hinreichend Gewicht beigemessen. So plädieren sowohl Dietlein als auch Kersting für die Interessen der Minderheitsgesellschafter, ohne zu berücksichtigen, dass sie sich freiwillig an der kommunalen Unternehmung beteiligen, vgl. hierzu die Berichterstattung durch Albers, AG 2019, R183 (R184). 274 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (523). 275 Hierbei ist auch die Fraport-Entscheidung des BVerfG zu beachten, wonach die Rechte der privaten Anteilseigner durch die beherrschende Stellung der öffentlichen Hand, keine ungerechtfertigten Nachteile erlangen. „Ob diese sich an einem öffentlich beherrschten Unternehmen beteiligen oder nicht, liegt in ihrer freien Entscheidung […]“, BVerfG, Urteil vom 22.02.2011 – 1 BvR 699/06 –, juris, Rn. 54 f.; Dreier, in: ders., GG Kommentar, Art. 1 Abs. 3, Rn. 72. 276 Schockenhoff, NZG 2018, 521 (524), der in diesem Fall den Rückgriff auf öffentlichrechtliche Rechtsformen oder die Gründung von Eigengesellschaften empfiehlt. 277 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (483). 278 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096); a. A. VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8 A 2043/10 – juris, Rn. 74.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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Einer Einzelfallabwägung sind etwa Fälle zuzuführen, in denen unklar ist, ob die von der Kommune entsandten Mitglieder des Aufsichtsrats nur den Interessen der Gesellschaft verpflichtet sind oder aber weisungsgebunden handeln müssen. Auf diese Weise ist auch die Frage danach zu beantworten, ob der verfassungsrecht­ liche Informationsanspruch der Ratsmitglieder im Verhältnis zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Gesellschaft überwiegt. Bei der schonenden Abwägung im Wege der praktischen Konkordanz handelt es sich auch nicht um eine reine Formalie. Denn häufig werden sich die Spannungen im Einzelfall durch das bessere Argument beheben lassen. So kann es vorkommen, dass ein weisungsgebundener Vertreter im Aufsichtsrat davon überzeugt wird,279 dass konkrete Preiserhöhungen für die Dienstleistung des Unternehmens unumgänglich sind und er daraufhin nochmals eine Debatte im Rat oder zwischen den Ratsvertretern anregt, die in einem Beschluss oder Abstimmungsergebnis280 zugunsten der unternehmerischen Fiskalinteressen endet. Andererseits können Informationsansprüche der Ratsmitglieder, die zunächst unter Hinweis auf ein mangelndes Geheimhaltungsniveau zurückgehalten wurden, durch Herstellung des erforderlichen Schutzes unter Abwägung, wann ein solcher erreicht ist, befriedigt werden. In diesen Fällen kommt es zwar zur Kollision unterschiedlicher Anforderungen der Regelungsregime. Allerdings werden zunächst sämtliche Möglichkeiten zur Herstellung eines weitreichenden Interessenausgleichs ausgeschöpft. Dass dies gelingen kann, zeigt die Untersuchung zu den Auskunftsansprüchen gegen und Berichtspflichten von Aufsichtsratsmitgliedern. Erst dann, – und das verkennen die Kritiker eines vorgeschalteten Harmonisierungsversuchs – wenn sich auch durch Abwägung sämtlicher widerstreitender Interessen keine Eintracht zwischen den Beteiligten281 erzielen lässt, muss sich in Kollisionsfällen, in denen die Einflussnahmemöglichkeiten hinter den erforderlichen Informations- und Weisungsrechten zurückzubleiben droht, das öffentliche Regelungsregime durchsetzen, die Vorschriften des Gesellschaftsrecht überlagern und diese modifizieren.282 Gerade die Notwendigkeit eines solchen abgestuften Systems wird bislang nicht hinreichend beachtet und soll daher im siebten Teil unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG systematisiert und als modifiziertes Konfliktlösungsinstrument dargestellt werden. Schließlich wird dem Verwaltungsgesellschaftsrecht eine unionsrechtswidrige Überformung des gesellschaftsrechtlichen Organisationsstatuts vorgehalten. Dass auch diese Bedenken letztlich nicht überzeugen können, soll nachfolgend begründet werden. 279 Siehe hierzu nochmals oben B. III. 2. b). cc). 280 Im unternehmerischen Alltagsgeschäft fehlt es meist an einer Beschlusslage. Ratsbeschlüsse sind in der Praxis Angelegenheiten von besonderer Bedeutung vorbehalten, siehe bereits im dritten Teil dieser Arbeit unter D. III. 1). 281 Hinter den abstrakten Normvorgaben des Kommunal- und Gesellschaftsrechts stehen freilich konkrete Interessen der Beteiligten. Im Rahmen der Unternehmensführung nehmen sie auf die jeweiligen Vorgaben Bezug und bringen sie hierdurch gegeneinander in Stellung. 282 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096) unter Hinweis auf BVerfGE 147, 50 (133, 135 ff., 160).

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6. Teil: Lösungsansätze

Im Zuge der Privatisierung staatlicher Unternehmen haben sich Mitgliedsstaaten „besondere, vom allgemeinen Gesellschaftsrecht abweichende Rechte, sogenannte goldene Aktien, vorbehalten, die ihnen auch nach der Privatisierung einen Einfluss auf den Kreis der Anteilseigner, die Struktur der Gesellschaft oder der Tätigkeit sichern oder jedenfalls den Einfluss anderer Anteilseigner begrenzen.“283

Weil dies der Kommission nicht verborgen geblieben ist, hatte der EuGH zahlreiche Gelegenheiten diese goldenen Aktien am Maßstab der Grundfreiheiten, meist der Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen.284 Hierbei erblickt der Gerichtshof in jeder Abweichung vom allgemeinen Gesellschaftsrecht, die allein den Staat (auf Kosten privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner) begünstigt, eine Beschränkung der genannten Grundfreiheit.285 So hat der EuGH in seiner Entscheidung zum VW-Gesetz286 für die Annahme eines Eingriffs bereits ausreichen lassen, dass „das Interesse [potentieller Anleger] am Erwerb einer Kapitalbeteiligung […]“287 verringert werde.288 Die Kapitalverkehrsfreiheit sei nämlich dann verletzt, wenn die staatlich gehaltenen Sonderaktien der öffentlichen Hand einen Einfluss auf die Unternehmensverwaltung verschaffen, „der durch den Umfang seiner Investition nicht gerechtfertigt und viel größer ist, als er ihm auf Grund seiner gewöhnlichen Beteiligung an dieser Gesellschaft normalerweise zustünde“ und „den anderen Aktionären nach dem Umfang ihrer Beteiligung an dem Unternehmen eigentlich zustehenden Einfluss einschränken“.289 Hiernach begründen „goldene Aktien“ ein Sonderrecht, welches das Gewicht zwischen Unternehmensbeteiligung und anteilsentsprechender Unternehmenskontrolle unzulässig zugunsten des Minderheitsaktionärs verschiebt.290 Bezüglich des VW-Gesetzes hat der EuGH ausgeführt, dass auch Regelungen hinsichtlich des Entsendungsrechts (§ 4 Abs. 1 VW-Gesetz a. F.) in Aufsichtsratsorgane eines Unternehmens nicht mit 283 Lübke, in: Müller-Graff (Hrsg.), Europäisches Wirtschaftsordnungsrecht (EnzEuR Bd. 4), § 5, Rn. 93. 284 Vgl. nur EuGH, Urteil vom 04.06.2002, Rs. C-367/98, Rn. 36 ff.; EuGH, Urteil vom 23.10.2007, Rs. C 112/05, Rn. 54, 66; EuGH, Urteil vom 17.07.2008, Rs. C-207/07, Tenor abrufbar in Eur-Lex; EuGH, Urteil vom 10.11.2011, Rs. C-212/09, Rn. 81 ff.; Lübke, in: MüllerGraff (Hrsg.), Europäisches Wirtschaftsordnungsrecht (EnzEuR Bd. 4), § 5, Rn. 94. 285 So hatte sich Portugal trotz Anteilsminorität das Recht zur Bestimmung des Verwaltungsvorsitzenden und ein Vetorecht bei bestimmten wichtigen Entscheidungen eingeräumt ohne diese Rechte auch anderen Anteileignern zuzugestehen, EuGH, Urteil vom 10.11.2011, Rs. C-212/09, Rn. 57, 59; Lübke, in: Müller-Graff (Hrsg.), Europäisches Wirtschaftsordnungsrecht (EnzEuR Bd. 4), § 5, Rn. 94. 286 Vereinfacht für „Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in privater Hand“. 287 EuGH, Urteil vom 23.10.2007, Rs. C-112/05, Rn. 54, 66. 288 Haratsch / Koenig / Pechstein, Europarecht, S. 543, Rn. 1085. 289 Ress / Ukrow, in: Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV, Rn. 222. 290 Gerade dies aber verkennt Schockenhoff, NZG 2018, 521 (527 f.), wenn er die Europarechtswidrigkeit der §§ 394, 395 AktG damit begründen will, dass Minderheitsaktionäre durch die Sonderrechte der unternehmensbeherrschenden öffentlichen Hand, mithin das nochmals durch das BVerfGE 147, 50 ff. gestärkte Informationsprivileg des Parlaments von einer etwaigen Beteiligung abgehalten werden könnten.

B. Kollision regimespezifischer Anforderungen 

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der Garantie der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren seien, wenn das nationale Gesetz dergestalt vom allgemeinen Gesellschaftsrecht abweicht, dass die öffent­ liche Hand im Aufsichtsrat mehr Rechte bekäme, als ihr Aktionärsstatus ihr ohne die „goldene Aktie“ verleihe und der Einfluss der anderen Aktionäre hinter ihren eigenen Investitionen zurückbliebe.291 Entgegen einiger Stimmen in der gesellschaftsrechtlichen Literatur292 lässt sich aus dieser Rechtsprechung allerdings nicht herleiten, dass die Lehre vom Verwaltungsgesellschaftsrecht – gewissermaßen ebenfalls als staatliches Sonderrecht – für gemischtwirtschaftliche Unternehmen in mehrheitlich staatlicher Hand abzulehnen ist. Denn insoweit besteht bereits kein vergleichbarer Sachverhalt. Die Golden-Share-Judikatur des Gerichtshofs bezieht sich nämlich auf Fälle, in denen sich der Staat bei der Privatisierung von Staatsunternehmen Einflussmöglichkeiten vorbehält, die über seine Kapitalbeteiligung hinausgehen und daher besonderer Rechtfertigungsgründe bedürfen.293 Hierunter fallen insbesondere Einflussnahme- und Kontrollrechte der öffentlichen Hand, die außer Verhältnis zu ihrem Unternehmensanteil stehen und allein durch die „goldene Aktie“ legitimiert werden. Ausgestattet mit vergoldeten Sonderrechten, verfolgt die öffentliche Hand trotz (erheblich) geringerer Anteile294 Ingerenzinteressen, die ihrer tatsächlichen Beteiligungshöhe nicht entsprechen. Die Verfolgung des öffentlichen Zwecks erfolgt insoweit – und hierauf kommt es maßgeblich an – unabhängig vom Umfang des Aktienbesitzes auf dem Rücken der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner, weil sie ihre Interessen nicht entsprechend ihrer Anteilsmehrheit verfolgen können. Gerade diese staatlichen Sonderrechte, die der öffentlichen Hand abweichend vom Gesellschaftsrecht über ihre Kapitalbeteiligung hinausreichende Mitverwaltungsrechte einräumen, hat der EuGH in seinem Urteilskanon beanstandet.295 Daher führt Müller-Michaels296 richtigerweise an, dass die Recht­ 291 Ress / Ukrow, in: Das Recht der EU, Bd. 1, Art. 63 AEUV, Rn. 223; denn § 4 Abs. 1 VWGesetz a. F. sprach der öffentlichen Hand ein Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat zu obwohl nach § 101 Abs. 2 AktG Entsenderechte nur durch die Satzung festgelegt werden dürfen und auf ein Drittel der von den Aktionären bestimmten Aufsichtsratsmitgliedern beschränkt sind. 292 Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 101 ff., S. 52 ff.; vorsichtiger Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 15 f., 21; Schall, in: Spindler / Stilz, § 394 AktG, Rn. 16. 293 So ausdrücklich Müller-Michaels, in: Hölters, Aktiengesetz, § 394, Rn. 8. 294 Im Fall des VW Konzerns hält das Land Niedersachsen bei einer Stimmrechtsvertei­ lung von 20 Prozent insgesamt bloß 11,8 Prozent der Aktienanteile, vgl. die Aktionärsstruktur der VW-AG mit Stand vom 31.12.2018, abrufbar unter: www.volkswagenag.com/de/ InvestorRelations/shares/shareholder-structure.html, (zuletzt abgerufen am 13.02.2020). 295 Diese Eingrenzung auf die Abkoppelung der Rechte nach dem allgemeinen Gesellschaftsrecht von den konkreten Anteilsverhältnissen verkennt auch Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 15 nicht. 296 Müller-Michaels, in: Hölters, Aktiengesetz, § 394, Rn. 9, der zugleich bemerkt, dass die genannten Vorschriften auch nicht im Kontext der Privatisierung stehen; a. A. Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 101 ff., 105., S. 52 ff., 56, der §§ 394, 395 AktG für europarechtswidrig hält, weil sie gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstießen.

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6. Teil: Lösungsansätze

sprechung des Gerichtshofs sich nicht für eine Parallelisierung eigne, weil weder §§ 394, 395 AktG noch §§ 53, 54 HGrG – soweit man sie tatsächlich als Sonderrecht des Staates begreift – der öffentlichen Hand eine über ihre Kapitalbeteiligung hinausgehende Einflussmöglichkeit einräumten. Erblickt man in der verfassungsrechtlichen Verortung der Ingerenzpflicht das (Sonder-)Recht des Staates etwaige Normwidersprüche im Wege „verfassungskonformer Auslegung der Normen des einfachen Gesellschaftsrechts“297 zu lösen,298 ist eine Anlehnung an die Rechtsprechung zu den „goldenen Aktien“ jedoch ebenfalls unfruchtbar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn gemischtwirtschaftliche Unternehmen mehrheitlich durch die öffentliche Hand beherrscht werden. Denn auch insoweit wird der öffentlichen Hand keine über ihre Kapitalbeteiligung hinausgehende Einflussmöglichkeit gewährt. Darüber hinaus gilt es in diesem – hier maßgeblichen Fall – zu beachten, dass die Kommunen nicht etwa durch „goldene Aktien“ zur Ausübung hinreichender Einfluss- und Kontrollrechte legitimiert werden, sondern bereits durch die Verfassung hierzu verpflichtet sind. Des Weiteren dürfte bei mehrheitlich staatlicher Beteiligung die Erwartungshaltung privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner auch eine andere sein. Hält nämlich die Kommune mehr als die Hälfte der Anteile der Gesellschaft in ihrer Hand, dürften Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner Direktinvestitionen299, welche ihnen die Möglichkeit bieten, sich an der Verwaltung und Kontrolle der Gesellschaft zu beteiligen, nicht in der Absicht tätigen, einen Einfluss zu erhalten, der über den der Gemeinde reicht.300 Vielmehr vertrauen sie lediglich darauf, entsprechend ihrer Anteile behandelt zu werden.301 Weisungs- und Informationsrechte des Staates sind unter diesen Anteilsverteilungen nicht geeignet den Erwerb von Unternehmensaktien zu hemmen, zu beschränken oder Investoren aus den Mitgliedstaaten von einer Beteiligung abzuhalten, weil sich private Direkt- oder Portfolioinvestoren aufgrund der tatsächlichen Anteilverhältnisse hierauf einstellen und sich in realistischer Erfahrungshaltung an diesem kommunal beherrschten Joint-Venture beteiligen. Insoweit kann festgehalten werden, dass kommunale Ingerenzmaßnahmen jedenfalls dann keine staatlichen Beschränkungen i. S. der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen und daher nicht zu beanstanden sind, wenn die gesetzlich oder satzungsmäßig verankerte Einflussnahmemöglichkeit auf die Unternehmensorgane mit einer entsprechenden Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand korrespondiert, mithin eine „Symmetrie von Kapitalmacht und korrespondierender Stimmrechtsmacht“302 gewahrt ist. In 297 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (617). 298 Mann, Die Verwaltung 35 (2002), 463 (466); Stober, NJW 1984, 449 (455). 299 Ebenso sind auch Portfolioinvestitionen umfasst, die allein in der Absicht einer Geld­ anlage getätigt werden, EuGH NZG 2011, 1339 (1342). 300 A. A. Kersting, in: Kölner Kommentar AktG, §§ 394, 395, Rn. 101 ff., S. 52 ff. 301 Gerade das gesellschaftsrechtliche Prinzip der Proportionalität zwischen Anteilsbesitz und Stimmrecht („one share, one vote“) wurde durch die Golden Shares zugunsten des staatlichen (Minderheits)Anteilseigner aufgehoben, Pießkalla, Anm. Urteil des EuGH vom 23.10.2007, in: EuZW 2007, 697 (702). 302 Sander, EuZW 2008, 33 (33).

C. Ergebnis 

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diesem Fall lasse sich nämlich bereits „schwerlich von einem staatlichen Sonderrecht sprechen“303.

C. Ergebnis In diesem Teil wurde nach Antworten auf die Frage gesucht, wie mit Regimekollisionen umzugehen ist, die sich daraus ergeben, dass sich Kommunen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlich organisieren und die Beteiligung privater Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner zwar zulassen, sich hierbei allerdings eine beherrschende Stellung sichern. Es konnte dargestellt werden, dass sich diese Konflikte aufgrund weitreichender Verflechtungen der Rechtsgebiete weder durch einen pauschalen Vorrang gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen noch öffentlich-rechtlicher, mithin kommunaler Regelungen bewältigen lassen. Vielmehr ist nach Wegen zu suchen, gegenläufige Interessen zunächst in Einklang zu bringen. Dies hat durch eine möglichst ausgewogene und die gegenläufigen Interessen bis zum Äußersten berücksichtigende Abwägung im Sinne einer praktischen Konkordanz zu erfolgen. Sollte hierdurch kein Ergebnis erzielt werden können, dass mit kommunalen Ingerenzpflichten in Einklang zu bringen ist, sind allerdings klare Regelungen vonnöten, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen und Rechtssicherheit zugunsten sämtlicher Beteiligter an der gemischtwirtschaftlichen Unternehmung herstellen. Hierzu eignet sich ein Rückgriff auf das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts als dem öffentlich-rechtlich modifizierten Gesellschaftsrecht. Allerdings soll dem tradierten Verständnis dieses Instruments ein „Moment gestufter Systematik“ hinzugefügt und als modifiziertes Verwaltungsgesellschaftsrecht zur Lösung festgefahrener Regimekollisionen etabliert werden. Daher widmet sich der siebte Teil dieser Arbeit der Frage danach, weshalb es geboten ist, im Einzelfall auch über die dargestellte Interessenabwägung hinaus­ zugehen und den Zusammenprall widerstreitender Normen im Wege eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts zu lösen. Es ermöglicht der Verwaltung, verfassungsrechtliche Ordnungsprinzipien zu befolgen und auftretende Normwidersprüche im Wege „verfassungskonformer Auslegung der Normen des ein-

303 Lieder, ZHR 172 (2008), 306 (313 f.); daher überzeugt es nicht, wenn Schockenhoff, NZG 2018, 521 (527 f.) die Europarechtskonformität der §§ 394, 395 AktG deshalb in Frage stellt, weil Minderheitsaktionäre – insbesondere nach der jüngsten Entscheidung des BVerfGE 147, 50 ff. – durch die Sonderrechte der öffentlichen Hand von etwaigen Investitionen abgehalten werden könnten. Denn hierbei entspricht die Einflussnahmemöglichkeit auf die Unternehmensleitung der Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand. Zustimmend Schürnbrand, in: MüKomm AktG, vor § 394, Rn. 59, 95, der im Zusammenhang mit §§ 53, 54 HGrG betont, dass bei der Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft die unternehmerische Kontrolle überhaupt nicht in Frage gestellt wird. Dies muss dann aber auch bei der nicht tatbestand­lichen, sondern faktischen Mehrheitsbeteiligung gelten.

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6. Teil: Lösungsansätze

fachen Gesellschaftsrechts“304 zugunsten der verfassungsrechtlich verorteten Ingerenzpflicht zu bewältigen. Dies ist letztlich auf die Erkenntnis zurückzuführen, dass das Gesellschaftsrecht nicht außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung steht,305 sondern sich ihr ebenfalls anzupassen, ja sogar zu unterwerfen hat. Wie noch aufzuzeigen sein wird, sollte auch hier das Verständnis von einem VorrangAutomatismus vermieden und stattdessen von einem Stufenverhältnis zwischen Harmonisierungsbestreben und dem anschließenden Vorrang ingerenzgeleiteter kommunalrechtlicher Vorschriften ausgegangen werden. Auf diese Weise werden widerstreitende Vorgaben unterschiedlicher Rechtsregime zunächst einem schonenden Ausgleich zugeführt und erst dann, wenn der Gemeinde kein Spielraum zur Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Vorgaben im Einzelfall zusteht, verfassungskonform überhöht, überlagert und modifiziert. Dies ist bereits deshalb erforderlich, weil „mit der Bindung von Vertretern oder Repräsentanten der Kommune in den Organen ihrer Unternehmen und Beteiligungen an Weisungen […] der Gemeindevertretung […] die sachlich-inhaltliche Legitimation der Unternehmensentscheidung gesichert und die Erfüllung des öffentlichen Zwecks durch eine ununterbrochene Legitimationskette zwischen den Wahlbürgern und den Unternehmen gewährleistet werden [soll]“.306

Selbstverständlich ist diese Aussage auf die Ingerenzverpflichtung schlechthin zu übertragen und insbesondere die Unterrichtungspflicht der Gemeindevertreter zum Zwecke hinreichender Kontrolle des Rates einzubeziehen.307 Aufgrund dessen soll das dargestellte „gestufte Verfahren“ unter Berücksichtigung der jüngsten bundesverfassungsrechtlichen Rechtsprechung308 im Wege eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts als verpflichtender Anwendungsmechanismus zur Bewältigung von ingerenzbedingten Regimekollisionen etabliert werden.

304 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (617). 305 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096). 306 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 505. 307 Wobei Konflikte durch Gewährleistung hinreichender Geheimhaltungsmechanismen – wie im fünften Teil dargelegt – vermieden werden können. 308 BVerfGE 147, 50 ff.

7. Teil

Lösungsvorschlag A. Abschließender Vorschlag zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen Wie oben bereits angekündigt, soll im Folgenden eine abschließende Lösung der aufgezeigten Regimekollisionen präsentiert werden. Ausgangspunkt und Kern des Entwurfs ist hierbei das Urteil des BVerfG vom 7. November 2017. Nachdem sowohl abstrakte als auch verfahrensausgestaltende Lösungen vorgestellt wurden, soll im Folgenden der vorzugswürdige prozedurale Ansatz aufgegriffen, zu einer praxistauglichen Dogmatik fortentwickelt und im Anschluss hieran seine Funktionsmechanismen anhand eines Beispiels veranschaulicht werden.

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts Bereits in Anlehnung an die Baha’i-Entscheidung1 des BVerfG wurde vorgeschlagen, „vereinsrechtliche Vorschriften in Ansehung von Grundrechten zu modifizieren“ und verfassungskonform auszulegen.2 Richtigerweise wurde in dessen Folge angenommen, dass diese Überlegungen auch auf Normen des Gesellschaftsrechts übertragen werden können, weil es für die verfassungsrecht­liche Wertung keinen Unterschied machen kann, ob allgemein zivilrechtliche oder speziell gesellschaftsrechtliche Normen mit ihr konform sein müssen. Allerdings beschränkte sich die anschließende Diskussion zumeist auf die Möglichkeit einer öffentlichrechtlichen Überlagerung auf  – dem Urteil entsprechend  – dispositive Normen des Privatrechts. Ein jüngeres Urteil in Richtung einer möglichst weitgehenden Bewahrung kommunaler Verantwortlichkeiten geht aus der Weihnachtsmarktentscheidung des BVerwG3 hervor. Hiernach dürfe sich eine Gemeinde im Hinblick auf die bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung im Interesse einer wirkungsvollen und effektiven Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume nicht durch eine sog. materielle Privatisierung eines kulturell, sozial und 1 BVerfGE 83, 341 ff. 2 Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1020 f.). 3 BVerwG, Urteil vom 27.05.2009 – 8 C 10/08 – juris, Rn. 29 f., 37; sowie BVerwG, Urteil vom 31.08.2011 – 8 C 16/10 – juris, Rn. 29, das die Ingerenzpflicht als Ausfluss des Demokratieprinzips betont.

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7. Teil: Lösungsvorschlag

traditionsmäßig bedeutsamen Weihnachtsmarktes entziehen. Vielmehr habe sie den ihr obliegenden Aufgabenbereich zu sichern und zu bewahren.4 Aussagen zur Art der Sicherstellung und der hierfür notwendigen Instrumente trifft das BVerwG indes nicht. Im Übrigen ging das Gericht auch nicht auf die hier einschlägige Organisationsprivatisierung ein. Für die Konkretisierung des gemeindlichen Pflichtenkatalogs und der hiermit einhergehenden Durchsetzung dieser Aufgaben könnte die jüngste Rechtsprechung des BVerfG5 als Erkenntnisquelle von besonderer Bedeutung herangezogen werden. Mit seinem Urteil vom 7. November 2017 hat das Gericht nämlich wertvolle Hinweise zur Reichweite und zum Umfang parlamentarischer Informationsansprüche erteilt, ohne dabei zwischen dispositiven und zwingenden Privatrechtsregelungen zu unterscheiden. Aufgrund der überragenden Bedeutung dieser Leitsätze sollen im Folgenden zunächst die Kernaussagen des Urteils dargestellt werden, um in einer sich anschließenden Untersuchung zu klären, ob sich diese auch auf Rechtsverhältnisse im Rat als „Kommunalparlament“6 übertragen lassen. Sollte dies zulässig sein, bleibt in einem weiteren Schritt zu überprüfen, ob den bedeutenden Leitsätzen des Gerichts umfassende Handlungsdirektiven im Hinblick auf gemeindliche Ingerenzpflichten insgesamt zugesprochen werden können und woraus diese hergeleitet werden könnten. Abschließend soll der Versuch unternommen werden, unter Berücksichtigung der Aussagen des BVerfG das Verwaltungsgesellschaftsrecht neu zu beleben und in einer modifizierten Form als Instrument zur Lösung von Regimekollisionen vorzustellen. Hierdurch wird zugleich die Frage nach der Reichweite der Pflichtenbindungen gemeindlicher Vertreter beantwortet. Insoweit spiegeln sie nämlich den Umfang und die Reichweite gemeindlicher Ingerenzpflichten wieder.

I. Die wesentlichen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts In seinem vielbeachteten Urteil hatte der zweite Senat des BVerfG über mehrere Anträge von Abgeordneten sowie einer Fraktion des Deutschen Bundestages im Organstreitverfahren mit der Bundesregierung zu entscheiden.7 Gegenstand des Antrags waren parlamentarische Anfragen8 bezüglich Geschäftsvorfällen bei der Deutschen Bahn AG. Ebenfalls von der Anfrage umfasst waren Auskünfte über Maßnahmen der staatlichen Finanzmarktaufsicht in Bezug auf sog. 4 VGH Kassel, Urteil vom 09.02.2012 – 8 A 2043/10 – juris, Rn. 77. 5 BVerfGE 147, 50 ff. 6 Vgl. BVerwG NVwZ-RR 1991, 157 (158); Frenzen, BeckOK Kommunalrecht NRW, § 40, Rn. 6. 7 Instruktiv Koch, ZHR 183 (2019), 7 ff.; ders., in: FS Schmidt-Preuß, S. 367 (378 ff.). 8 Vgl. die Antragsschrift, S. 50 ff., abrufbar unter: https://www.gruene-bundestag.de/ filemin/​media/gruenebundestag_de/fraktion/Fraktion_aktuell/Antrag_Organstreitverfahren_ Bahn__Ban­ken.pdf (zuletzt abgerufen am 09.02.2019).

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

373

Systemrelevante Banken9.10 Nach Ansicht der Antragssteller beantwortete die Bundesregierung die Fragen nur unzureichend, weil sie unter Vorhalt von Staatswohlerwägungen sowie Grundrechten Dritter die angefragten Informationen überhaupt nicht beziehungsweise nur unter Anwendung der Geheimschutzordnung herausgeben wollte.11 Insgesamt kann das Ausmaß der Ausführungen des BVerfG zur gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht kaum überschätzt werden, weil es in einer seltenen Ausführlichkeit „das Spannungsverhältnis zwischen dem öffentlichen Recht, insbesondere dem Verfassungsrecht, und dem Gesellschaftsrecht“12 behandelt.13 Hierauf und auf die Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf gemeindliche Ingerenzpflichten insgesamt soll nachfolgend eingegangen werden. 1. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Bedeutung Die Bundesregierung vertrat die Auffassung, dass die Antwort auf bestimmte parlamentarische Fragen aufgrund der Verschwiegenheitspflicht nach §§ 116, 395 AktG verweigert werden könnte.14 Bereits an dieser Stelle darf vorweggenommen werden, dass das BVerfG die demokratisch legitimierten Informationsrechte erheblich gestärkt und ausgebaut hat.15 Informationsbegrenzungen ließ das Gericht nur insoweit zu, als diese „ihren Grund im Verfassungsrecht“16 haben sowie substantiiert und konkret begründet werden.17 Hierzu sei die Regierung bereits aufgrund ihrer aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit gegenüber dem 9 Eine Bank gilt als systemrelevant, wenn durch bei ihr auftretende Schwierigkeiten das Funktionieren des globalen Finanzsystems und der Realwirtschaft gravierend beeinträchtigt würde, vgl. hierzu das Glossar der Bundebank, abrufbar unter: www.bundesbank.de/dynamic/ action/de/startseite/glossar/723820/glossar?firstLetter=G&contentId=652392#anchor-652392 (abgerufen am 13.02.2020). 10 Vgl. Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (71). 11 Hillgruber, JA 2018, 238 (239). 12 Kersting, WPg 2018, 391 (391 f.). 13 Instruktiv Koch, ZHR 183 (2019), 7 ff. 14 Kersting, WPg 2018, 391 (391 f.) mit Hinweis darauf, dass es um die Frage nach der tabellarischen Auflis­tung von Gewinnerwartungen verschiedener Tochtergesellschaften der DB AG für die Jahre 2011–2014 so­wie um Kosten für Bedarfsprojekte, etwaige Finanzierungsvereinbarungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen zum Projekt „Stuttgart 21“ ging. 15 Von einem partiellen obiter dictum spricht Möstl, in: Maunz / Dürig, Art. 87e, Rn. 198, weil das BVerfG weitreichende Aussagen getroffen hat, welche die Entscheidung nicht tragen; zum Art. 87. GG. 16 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 212 ff., 231, 246 ff., 255; hierzu zählen insbesondere die Grenzen aus dem Zuständigkeitsbereich, die Respektierung des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung und die Achtung des Staatswohls. 17 Das BVerfG, Urteil vom 07.11.2017  – 2 BvE 2/11  – juris, Rn. 251 f.; 253 f. betont die „Pflicht zur fragestellerfreundlichen Auslegung“ und „Pflicht zur Begründung der Antwortverweigerung“; Burgi, NVwZ 2018, 601 (603); Katz, NVwZ 2018, 1091 (1092) „Keine Verantwortung ohne Information“; Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72).

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7. Teil: Lösungsvorschlag

Parlament verpflichtet, weshalb eine pauschale und vorschnelle Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unzulässig sei.18 Von besonderer Bedeutung ist die Aussage, dass der Informationsanspruch zwar Grenzen unterliege, diese ihren Grund jedoch im Verfassungsrecht haben müssten, wodurch vertragliche oder einfachgesetzliche  – insbesondere gesellschaftsrechtliche  – Verschwiegenheitsregelungen zur Anspruchsbeschränkung von vornherein ungeeignet seien.19 Das Gericht stellt dabei ausdrücklich fest, dass der demokratische Legitimationszusammenhang,20 „der insbesondere in Aufsichts- und Weisungsrechten zum Ausdruck komm[e]“21, nicht nur eine Zurechnung zum Kernbereich der Regierungsverantwortung verlange, sondern ihr auch die Tätigkeit von mehrheitlich (oder vollständig) in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform unterstelle, was sich aus der Legitimationsbedürftigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand ergebe. Denn unabhängig von ihrer Zielrichtung bedarf jede staatliche Tätigkeit demokratischer Legitimation.22 Auffällig ist, dass der Senat „einem neuen Trend in seiner Entscheidungspraxis“23 folgt und den parlamentarischen Informationsanspruch nicht nur aus den Statusrechten der Abgeordneten (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG), sondern dem Demokratieprinzip selbst herleitet.24 Weiterhin betont das Gericht, dass eine effiziente Wahrnehmung der Legislativ- und Kontrollfunktionen durch die Volksvertretungen einen öffentlichen, rechtlichen und umfangreich abgesicherten Informationszugang mit hohem Gewicht verlange.25 Auch sei es eine besondere Pflicht der öffentlichen Hand, sich hinreichende Kontroll- und Sicherungsrechte gegenüber den von ihnen beherrschten Unternehmen vorzubehalten.26 Beeindruckend ist hierbei, dass das BVerfG unterstreicht, dass auch unzureichende Legitimationsketten die Verantwortlichkeit der öffentlichen Hand für das Handeln der von ihr kontrollierten Unternehmen unberührt lasse und Einfluss- und Steuerungsdefizite, welche sich auf die Wahl der Privatrechtsform zurückführen ließen, die Antwort- und Informationspflicht nicht einschränkten. Sie blieben vielmehr bestehen und seien auch bei entgegenstehen 18 Vgl. Koch, ZHR 183 (2019), 7 (10); Kerst, GWR 2017, 474 (474); Katz, NVwZ 2018, 1091 (1093), der darauf hinweist, dass sich Unternehmen nunmehr eingeschränkt auf ihre „Heilige Kuh“ berufen können. 19 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 212 f.; 296. 20 Den Zusammenhang zwischen der öffentlichen Unternehmung in Privatrechtsform und ihrer demokratischen Legitimation stellt jüngst Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 41 ff. dar, ohne aber die jüngste Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen. 21 Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72). 22 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 216 ff. 23 Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (71). 24 Hierzu Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (71); Burgi, NVwZ 2018, 601 (602); Hillgruber, JA 2018, 238 (239). 25 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 200 f.; Katz, NVwZ 2018, 1091 (1092). 26 Hamdorf / Moradi Karkaj, DVBl. 2018, 823 (828).

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

375

den vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften voll zu erfüllen.27 So betont das BVerfG: „Wo – wie im Bereich funktionaler Selbstverwaltung, aber auch mit Blick auf öffentliche Unternehmen – die Möglichkeiten der Einflussnahme hinter dem fachaufsichtlichen Instrumentarium aus umfassenden Informations- und unbeschränkten Weisungsrechten zurückbleiben, kann sich die Regierung nicht ihrer Verantwortung begeben. Auf die Frage, ob der Legitimationszusammenhang dann den Anforderungen des Demokratieprinzips genügt, kommt es nicht an. Denn eine parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung und damit eine Antwortpflicht bleibt […] auch bei defizitären Legitimationsketten bestehen“28

Insoweit resümiert Katz folgerichtig, dass „damit [zusammen]hängt, dass in Konfliktfällen im Nebeneinander von öffentlichem Recht und Gesellschaftsrecht sich grundsätzlich das öffentliche Recht, insbesondere das Verfassungsrecht, durchsetzt.“29

Dieser Schlussfolgerung verschließt sich auch Kersting30 nicht, wenn er bemerkt, dass „gesellschaftsrechtliche Vorgaben […] damit im Ergebnis vollständig verdrängt und vom Verfassungsrecht überlagert [zu] werden [scheinen] und „in einem solchen Konfliktfall […] sich also letztlich das öffentliche Recht [durchsetzt].“ Zurückzuführen ist dies auf die Notwendigkeit der Sicherstellung einer effektiven demokratischen Legitimation31, welche die Einhaltung eines lückenlosen Legitimationsniveaus im Rahmen staatlicher Wirtschaftsbetätigung erfordert.32 Zwar bemerkt Poschmann33 nicht ohne Kritik, dass dieser Topos schon immer „Gradmesser für die Viskosität des demokratischen Öls“ war, mit dem auch 27 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 219, 225 f.; Katz, NVwZ 2018, 1091 (1092 f.); Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72); Hamdorf / Moradi Karkaj, DVBl. 2018, 823 (828); Möstl, in: Maunz / Dürig, Art.  87e, Rn.  198. 28 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225 f. 29 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1092); sehr kritisch Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72), der annimmt, dass die fortbestehende Verantwortlichkeit der Exekutive Privatisierungen obsolet mache. 30 Kersting, WPg 2018, 391 (392 f.), der allerdings sogleich betont: „Dennoch täuscht der Eindruck, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesellschaftsrecht als durch das Verfassungsrecht überlagert und modifiziert ansieht“. Dem ist insoweit zuzustimmen, als sich das BVerfG tatsächlich nicht für eine Kollisionslösung im Wege des Verwaltungsgesellschaftsrechts ausgesprochen hat. 31 Umfasst ist sowohl die personelle und sachliche-inhaltliche Legitimation. Während erstere gegeben ist, wenn diejenige Person, die Staatsgewalt ausübt, ihre Bestellung zur und ihren eigenständigen Beitrag bei der Ausübung von Staatsgewalt auf das Volk als Legitimationssubjekt zurückführen kann, ist die sachlich-inhaltliche Legitimation, wenn das Volk auf den Inhalt der Ausübung der Staatsgewalt hinreichenden Einfluss hat, Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20, Rn. 121 f. 32 BVerfGE 83, 60 (72); 137, 185 (233), Rn. 131; 139, 194 (224 f.), Rn. 107; BVerwG NVwZRR 2015, 732 (734); Hillgruber, JA 2018, 238 (240); Hamdorf / Moradi Karkaj, DVBl. 2018, 823 (829); Sachs, in: ders., GG Kommentar, Art. 20, Rn. 35. 33 Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72) unter Hinweis auf Sachs, in: ders., Sachs GG Kommentar, Art. 20, Rn. 35.

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7. Teil: Lösungsvorschlag

„fernliegende Emanationen der Staatsgewalt ihre Salbung erfahren konnten“. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass das BVerfG nicht gewillt ist, Defizite im demokratischen Legitimationsniveau durch Privatisierungen zuzulassen und die öffentliche Hand verstärkt dazu verpflichtet,34 die Verantwortung für „alle Vorgänge einschließlich des unternehmerischen Handelns“35 zu übernehmen und sich auch bei der Aufgabenwahrnehmung in privatrechtlicher Organisationsform die gemeinwohlorientierten Einwirkungsrechte zur Vermeidung von Kontroll-, Steuerungs- und Legitimationsdefiziten einzuräumen.36 Die hierbei entstehenden Spannungen von einfachgesetzlich geschützten Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft37 mit auf verfassungsrechtlicher Grundlage beruhenden Informationsinteressen sowie Kontrollbefugnissen der öffentlichen Hand wurden ausführlich dargestellt. Diese sind nach dem BVerfG „im Wege einer auf praktische Konkordanz und schonenden Ausgleich abzielenden Abwägung“38 zu lösen.39 In diesem Zusammenhang wurde im vorangegangenen Teil dargestellt, dass einer solchen Abwägung die Offenheit des Ausgangs immanent ist und sich daher im Einzelfall gemeinwohlsichernde Belange ebenso durchsetzen können wie unternehmerische Interessen. Ob sich aus dieser Entscheidung auch Lehren für die kommunale Wirtschaftspraxis gewinnen und sich die Aussagen hinsichtlich des parlamentarischen Informationsanspruchs auf gemeindliche Ingerenzbestrebungen schlechthin übertragen lassen, soll im folgenden Teil erörtert werden. 2. Übertragbarkeit der Kernaussagen des Bundesverfassungsgerichts auf „Kommunalparlamente“ Im Gefolge des Urteils des BVerfG stellt sich unweigerlich die Frage, ob seine bedeutsamen Aussagen auch auf die Rechtsverhältnisse im Gemeinderat übertragen werden können. Vor dem Hintergrund der erheblichen Anzahl kommunal be 34 „[…] ist erkennbar von dem Bemühen getragen, keine Defizite in der parlamentarischen Kontrolle durch Privatisierungen zuzulassen“, Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72). 35 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 263. 36 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 216 f., 221 und passim; Katz, NVwZ 2018, 1091 (1093). 37 Welche aber selbst von einigem Gewicht sein müssen, um die Voraussetzungen der verfassungsrechtlichen Interessen erfüllen zu können. Zu verlangen ist ein fiskalisches Kommunalinteresse, das bei allzu großzügiger Offenlegung das Gemeindewohl gefährden könnte. Bezogen auf das Staatswohl, Hillgruber, JA 2018, 238 (240). 38 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 231, 333. 39 Daher resümiert Koch, ZHR 183 (2019), 7 (16 f.) zu Recht, dass soweit eine vorgeschaltete Ingerenzkontrolle seitens der Körperschaft nicht stattgefunden habe und sich die öffentliche Hand nicht in der Lage sehe, den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen, „[…]das Gericht die Regierung in der Pflicht [sieht], die Folgen einer möglicherweise unzureichenden Eingangskontrolle selbst zu beseitigen, dabei aber die öffentlich-rechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Pflichtenpole zu beachten“.

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

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herrschter Unternehmen40 könnten die hierin aufgestellten Grundsätze wesentlich zu einer Klärung der ingerenzbedingten Regimekollisionen beitragen. Es ist daher in der gebotenen kürze darauf einzugehen, inwieweit die Gemeindevertretung „in Ausübung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben und ihren wesentlichen Funktionen als Parlament angesehen werden kann“41. Diese Untersuchung rechtfertigt sich vor allem deshalb, weil die Parlamentseigenschaft der Gemeindevertretung ganz überwiegend abgelehnt wird.42 Hierzu stellt Dolderer bei ihrer Fragestellung „Wie viel Parlament ist der Gemeinderat?“ zusammenfassend fest: „Im Wesentlichen wird dies damit begründet, dass die Gemeindevertretung im Rahmen der von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Selbstverwaltungsaufgaben keine gleichwertige Staatsgewalt ausübe, ihr keine Rechtssetzungsbefugnis zukomme, sie wie die Verwaltung dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt unterliege und auf Gemeindeebene das Gewaltenteilungsprinzip nicht verwirklicht sei“.43

Nachfolgend sollen diese Aussagen nicht in Frage gestellt, sondern untersucht werden, ob dem Gemeinderat zumindest parlamentsähnliche Funktionen und Strukturen zugesprochen werden können. Ist dies anzunehmen, darf in dem Umfang, in dem eine Gleichsetzung zulässig ist, auch die Rechtsprechung des BVerfG auf die Volksvertretung der Gemeinden übertragen werden. Zunächst betont Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dass das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muss, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Hiernach wird die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Volkssouveränität und die Demokratie auf die Ebenen der Gemeinden übertragen.44 Daraus folge nach dem BVerwG45, dass auch die Gemeindevertretung ihre Gemeindebürgerschaft repräsentiere, von ihnen legitimiert sei und ihnen gegenüber Verantwortung trage. Dies gelte trotz der Tatsache, dass der Gemeinderat kein Parlament im technischen Sinne, sondern Selbstverwaltungsorgan sei. Er sei unmittelbar vom Legitimationssubjekt – durch eine ununterbrochene Legitimationskette – demokratisch gewählt und unterliege daher ebenso wie seine Gemeindevertreter dem Prinzip der demokratischen Legitimation.46 Hierbei sei

40 Vgl. hierzu die Datenerhebung in der Einführung zu dieser Arbeit. 41 So Dolderer, DÖV 2009, 146 (147). 42 Zur h. M. siehe nur Smith, in: Kleerbaum / Palmen, § 40 GO NRW, S. 517, der betont, dass die Bezeichnung des Rates als „Gemeindeparlament“ „politische Rhetorik sei, die rechtlich nicht haltbar ist“; Wansleben, in: Held / Winkel, § 40, S. 216; Pahlke, BayVBl. 2011, 686 (691 f.) m. w. N. 43 Dolderer, DÖV 2009, 146 (147); besonders deutlich Smith, in: Kleerbaum / Palmen, § 40 GO NRW, S. 517. 44 BVerfGE 47, 253 (272); 83, 37 (53); BVerwG, NVwZ-RR 2010, 818 (819); Katz, NVwZ 2018, 1091 (1093 f.). 45 BVerwG, NVwZ-RR 2010, 818 (819). 46 BVerwG, NVwZ-RR 2010, 818 (819); BVerfGE 77, 2 (49); BVerfGE 107, 59 (87); Dolderer, DÖV 2009, 146 (147); zur Notwendigkeit von Einwirkungs- und Kontrollrechten im

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7. Teil: Lösungsvorschlag

dem hoheitlichen Handeln der Gemeinden in Form von öffentlicher Gewalt eigenständige, nicht allein vom Land abgeleitete Hoheitsgewalt zuzusprechen. Diese Staatsgewalt werde durch das Selbstverwaltungsrecht in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgt und sei deshalb unabhängig von der Hoheitsgewalt des Landes zu bewerten.47 Zugleich werde hierdurch auch die Rechtsetzungsbefugnis in Gestalt der Satzungsgewalt für alle örtlichen Angelegenheiten garantiert.48 Diese Befugnis rechtfertige es, das Handeln des Rates nicht allein als Verwaltungshandeln anzusehen, sondern zu berücksichtigen, dass die „Satzungsgebung […] sich qualitativ deutlich vom Verwaltungshandeln unterschiedet“.49 So sei der Satzungsgeber im Gegensatz zur Verwaltung unmittelbar demokratisch legitimiert und nicht den Anforderungen des Art. 80 GG unterworfen. Zudem sei die Satzungsgebung in „demokratischer, grundrechtlicher und rechtsstaatlicher Hinsicht den Gesetzgebungsverfahren weitgehend gleichgestellt“.50 Daher sei es gerechtfertigt der Gemeindevertretung die Wahrnehmung legislativer Funktionen zuzugestehen.51 Der Parlamentscharakter von Gemeinderäten wird insbesondere auch durch die Rolle der Fraktionen innerhalb der Binnenorganisation des Rates verdeutlicht. Denn auch wenn Gemeinderäte keine Parlamente sind, dienten kommunale Fraktionen ähnlich wie Parlamentsfraktionen der Organisation und Effizienz der Gemeindearbeit, indem sie Mehrheiten organisieren, koordinieren, Vorberatungen ermöglichen und somit die „Vorbereitung der kommunalpolitischen Willensbildung betreiben“.52 Vor allem der „Sinn und Zweck der Fraktionsbildung, nämlich die Effektivierung der Entscheidungsprozesse im Gemeinderat respektive im Parlament“ rechtfertige die Annahme eines Parlamentscharakters von Gemeinden. Bestünden zwischen Gemeinderat und Parlament nämlich keine Gemeinsamkeiten, wäre eine Vergleichbarkeit der Fraktionsfunktion und -arbeit nicht möglich.53 Des Weiteren wird für Lichte des Demokratieprinzips vgl. bereits BVerwG NJW 2011, 3735 (3737); Katz, GemHH 2016, 73 (74). 47 Vgl. Ott, Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 157; Dolderer, DÖV 2009, 146 (148); a. A. bereits Badura, DÖV 1963, 561 (561), der betont, dass „die Aussage, daß die Herrschaftsgewalt des Staates originär, die der Gemeinden aber vom Staat abgeleitet ist, […] bedeutet, daß […] die Gemeinden jedoch diese Fähigkeiten [der Rechtssetzung] nur Kraft eines staatlichen Rechtsaktes besitzen; so auch Smith, in: Kleerbaum / Palmen, § 40 GO NRW, S. 517. 48 Schollbach, SächsVBl. 2009, 129 (130). 49 Ott, Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 158 f., die darauf hinweist, dass nicht der Staat – etwa durch Delegation – zur Rechtssetzung ermächtigt, sondern die Verfassung selbst; Dolderer, DÖV 2009, 146 (148). 50 Dolderer, DÖV 2009, 146 (148), die auf das förmliche Verfahren, die Vorhersehbarkeit und Bestimmbarkeit, die Aufgabentrennung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister im Sinne einer horizontalen Gewaltenteilung hinweist. 51 BVerfGE 32, 346 (361); BVerfGE 65, 283 (289); Dolderer, DÖV 2009, 146 (148). 52 Ausdrücklich Waldhoff, JuS 2019, 286 (287); so auch Schollbach, SächsVBl. 2009, 129 (132 f.). 53 „Gemeinderäte ähneln in Zusammensetzung, Arbeitsweise und Aufgaben den Parlamenten in Bund und Land“, von Ungern-Sternberg, Jura 2007, 256 (256), die aufgrund der Zugehörigkeit zur Exekutive von einer Übertragung der parlamentarischen Grundsätze auf Kommunalvertretungen absieht.

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

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eine „Verwandtschaft“ von Gemeinderat und Parlament angeführt, dass auch die Vorgaben der Art. 20 GG und Art. 34 GG über das in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Homogenitätsgebot auf die Ebene der kommunalen Gebietskörperschaft übertragen würden.54 Jenseits dieser dogmatischen Argumente ist innerhalb der Kommunalverwaltungspraxis eine steigende Vielfalt und Komplexität gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sachverhalte zu verzeichnen, denen sich auch die Ratsarbeit nicht verschließen kann.55 Denn die Bedürfnisse der Gemeindeeinwohner verlangen auch nach einer dynamischen, modernen und dem Zeitgeist entsprechenden, nachhaltigen wirtschaftlichen Betätigung. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist allerdings eine ähnlich tiefgründige, stets auf den Willen des „Gemeindesouveränes“ rückführbare Debatte notwendig, die in ihrer Spannung und thematischen Technizität nicht hinter den vielgestaltigen Diskussionen und Abstimmungen in Landes- oder Bundesparlamenten zurückbleiben dürften. Hierbei zeugt die Weisungsbindung sowie die Unterrichtungspflicht der Mandatsträger von der praktischen Dimension dieser Anforderungen an die Ratsarbeit. So hat das OVG Lüneburg56 die Rechte und Pflichten von Ratsmitgliedern anhand der Rechtsstellung von Landtagsabgeordneten bestimmt und hierbei einen Gleichlauf von Gemeinderat und Landtag hergestellt. Hierbei hat es betont, dass dem Ratsmitglied ebenso wie dem Abgeordneten im Landtag aufgrund seines Mandats das Recht und die Pflicht zukomme, eigenverantwortlich an den Aufgaben mitzuwirken, die der Rat- bzw. das Parlament zu erfüllen hat. Diese Gleichstellung sei insbesondere vor dem Hintergrund der vergleichbaren Komplexität der Sachverhalte in Rat und Parlament gerechtfertigt.57 Daher stellt Katz58 zu Recht fest, dass sich in der Praxis die Rechte und Pflichten der kommunalen Mandatsträger mit denen der Parlamentarier besonders in größeren Städten zunehmend angeglichen hätten: „Die Ratsarbeit ist wie im Parlament durch Geschäftsordnung, in Fraktionen und Ausschüssen organisiert […]. Zunehmend haben sich auch die bestehenden Pflichtenstellungen der Abgeordneten und der Ratsmitglieder angenähert. Das Ratsmandat ist als ‚parlaments­ ähnlich‘ einzuordnen. […] Das kommunale Mandat ist mindestens in Teilbereichen dem Parlamentsmandat vergleichbar und entsprechend zu behandeln. […] Bestimmte Man-

54 Zum Ganzen Katz, NVwZ 2018, 1091 (1093 f.); BVerwG, NVwZ-RR 2010, 818 (819). 55 Es sei eine „Parlamentisierung und Politisierung der Gemeinderäte zu beobachten“, die es rechtfertige, die allgemeinen Regeln des Parlamentsrechts bedingt auf die Volksvertretung in den Gemeinden zu übertragen, Schollbach, SächsVBl. 2009, 129 (140). 56 OVG Lüneburg, Urteil vom 03.06.2009 – 10 LC217/17 – juris, Rn. 61. 57 OVG Lüneburg, Urteil vom 03.06.2009  – 10 LC217/17  – juris, Rn. 61; so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.07.2009 – 4 O 127/09 – juris, Rn. 24; auch der Bayerische VGH hat für die Frage des Informationsanspruchs von Kreisräten die Rechtsprechung des BayVerfGH zum parlamentarischen Informationsrecht (BayVerfGH – Vf. 56-IVa-00 – juris) bemüht, Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.08.2008 – 4 ZB 07.1148 – juris, Rn. 12; ablehnend Pahlke, BayVBl. 2011, 686 (691, 692 f.). 58 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1094).

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7. Teil: Lösungsvorschlag

datselemente wie die Überwachung / Kontrolle sowie besonders die für jede und auch die kommunale Mandatsausübung unabdingbare Informiertheit erfordern einen Rückgriff auf diese Prinzipien“.

Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die „parlamentarische Demokratie weitgehend auch auf Gemeindeebene verwirklicht“ ist und der Gemeindevertretung wesentliche Aufgaben und Funktionen des Parlaments zukommen.59 Deshalb erscheint es gerechtfertigt, „das Hauptorgan Gemeinderat als parlamentsähnlich zu charakterisieren“60 und infolge dessen sämtliche Grundsätze der bundesverfassungsrechtlichen Judikatur auch auf die Gemeinderatswirklichkeit zu übertragen. Hiervon umfasst sind nicht nur die Aussagen des BVerfG61 dahingehend, dass sich die öffentliche Hand hinreichende Einwirkungsrechte (Informations-, Weisungs- und Kontrollrechte) aufgrund demokratischer Legitimationserfordernisse vorzubehalten hat, sondern auch und gerade sein Bekenntnis dazu, gegenläufige Interessen im Wege der praktischen Konkordanz in einen schonenden Ausgleich bringen zu wollen. In diesem Lichte ist auch die Frage von Lieschke62, ob das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG zwingend eine Weisungsgebundenheit der Gemeindevertreter im Aufsichtsrat fordere oder aber das gebotene Legitimationsniveau auch auf andere Art und Weise gewahrt werden könne, zu beantworten. Soweit die Gemeinde nach gebotener Abwägung von ihrer Weisungserteilungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, sind die Gemeindevertreter in den Organen der juristischen Person des Privatrechts verpflichtet. Hat nämlich die öffentliche Hand gegenläufige Unternehmensinteressen berücksichtigt und sie in praktische Konkordanz mit den öffentlichen Belangen gebracht, sich aber gleichwohl dazu entschieden die Gemeindevertreter entsprechend dem Ratsbeschluss anzuweisen, steht es diesen nicht zu, die „Anordnung“ unter Vorhalt gesellschaftsrechtlicher Unabhängigkeitsregelungen zu hinterfragen.63 Bei der Übertragung der Argumente des BVerfG auf die kommunale Ebene gilt es zu beachten, dass kommunal beherrschte Unternehmen sogar in einem höheren Maße dem Gemeinwohl unterstehen als etwa die bundeseigene Deutsche Bahn AG. Dies deshalb, weil sie durch ein kommunal radizierten öffentlichen Gemeinwohlweck legitimiert sein müssen, bei dem fiskalisches Renditestreben eine nachrangige Bedeutung erfährt.64 Hierfür haben Kommunen zwar unstreitig diejenigen Unternehmensformen zu wählen, die sich am ehesten in den Hafen gemeinwohl 59 Dolderer, DÖV 2009, 146 (149). 60 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1094); Merkmale eines Parlaments erkennt auch Smith, in: Kleerbaum / Palmen, § 40 GO NRW, S. 517 an. 61 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 216 f., 221 und passim, 231, 333. 62 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 154 f. 63 Gleichwohl sind die Gemeindevertreter lediglich im Innenverhältnis zum Rat gebunden und bei Zuwiderhandeln lediglich einer Abberufung oder Abwahl ausgesetzt, § 113 Abs. 1 Satz 3 GO NRW. 64 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1094 f.).

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orientierter Wirtschaftsbetätigung steuern lassen.65 Und insoweit ist Kersting66 zuzustimmen, wenn er unterstreicht, dass das BVerfG67 betont habe, dass bei etwaigen Ingerenzdefiziten das Gesellschaftsrecht nicht an „die Steuerungsbedürfnisse des Staates als Anteilseigner anzupassen ist, sondern dass dieser selbst die Rechtsform für die ihm obliegende Aufgabenwahrnehmung zu wählen hat, die die erforderlichen Einwirkungsmöglichkeiten gewährleistet“.

Allerdings – und dieses revolutionäre Element darf nicht verkannt werden – bestimmt das BVerfG, dass selbst dann, wenn der öffentlichen Hand keine hinreichenden Einwirkungsmöglichkeiten zur Sicherstellung ihrer parlamentarischen Verantwortlichkeit zur Verfügung stehe, ihre Verantwortlichkeit für das Handeln der Unternehmen unberührt bleibe, weil sich die öffentliche Hand „nicht ihrer Verantwortung begeben“68 dürfe.69 Diese Aussage entfaltet im Kontext der Klarstellung, dass es hierbei nicht auf die Reichweite gesetzlich eingeräumter Einwirkungsund Kontrollrechte ankomme, besondere Bedeutung. Entgegen der Ansicht einiger Landesverfassungsgerichte genüge für die Einhaltung einer hinreichenden demokratischen Legitimationskette laut dem BVerfG nämlich bereits eine organisatorisch- personelle oder sachlich-inhaltliche Legitimation.70 Letztlich komme es somit darauf an, ob rein faktisch hinreichende Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeit bestünden. Aus diesem Grund dürfte die Feststellung Kerstings71, das BVerfG sei nicht gewillt „dem Staat als Mehrheitseigentümer eines öffentlichen Unternehmens in einer Rechtsform des Privatrechts […] Sonderrechte ein[zu]räumen“, nicht den Kern der Aussage treffen. Bei genauerer Betrachtung geht es dem Gericht nämlich darum, dass sämtliche Unternehmungen der öffentlichen Hand das erforder­liche Legitimationsniveau durch hinreichende Ingerenzmechanismen auch dann tatsächlich sicherstellen müssen, wenn sie weder durch eine normative Verankerung noch einflussfreundliche Organisationsform bedingt werden. Bezogen auf Auskunftsansprüche der Ratsmitglieder können diese deshalb nicht durch Vorschriften des Aktienrechts unterminiert werden, sondern in Übertragung der Aussagen des BVerfG allein im Hinblick auf den Schutz des kommunal- bzw. Gemeinwohls oder dem Grundsatz der „Zumutbarkeit“ beziehungsweise Verhältnismäßigkeit 65 Vgl. etwa Sachs, JuS 2018, 308 (309). 66 Kersting, WPg 2018, 391 (393). 67 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225. 68 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225 f. 69 Sachs, JuS 2018, 308 (309); Poschmann, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, in: NVwZ 2018, 51 (72), der daher prognostiziert, dass aufgrund der fortbestehenden Verantwortlichkeit der Exekutive trotz Einfluss- und Steuerungsdefizite aufgrund der Wahl der Privatrechtsform, Privatisierungen obsolet würden. 70 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017  – 2 BvE 2/11  – juris, Rn. 220–222, mit Verweis auf LV Sachsen-Anhalt, NVwZ 2000, 671 (672); mit Verweis auf ein Fragerecht nach § 71 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag Bayerischer VerfGH, Entscheidung Vom 26.07.2006 – Vf. 11-Iva-05 – juris, Rn. 420 f.; mit Blick auf Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Verfassung des Freistaates Sachsen Sächs. VerfGH, Beschluss vom 05.11.2009 – 133-I-08 – juris, Rn. 107 ff. 71 Kersting, WPg 2018, 391 (393).

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7. Teil: Lösungsvorschlag

eingeschränkt werden.72 Soweit dem Geschäftsgeheimnisse entgegengehalten werden, sind diese jedenfalls dann unbeachtlich, wenn wirksame Vorkehrungen zur Verschwiegenheitspflicht in Kommunalangelegenheiten bestehen. Wie bereits weiter oben dargestellt, sind „Informationen und Vorberatung in nichtöffentlichen Rats-, Ausschuss- und auch Fraktionssitzungen“ zulässig. Dies gilt selbst dann, wenn ein absoluter Geheimhaltungsschutz nicht zu gewährleisten ist.73 a) Keine Beschränkung auf Informationsansprüche Dass sich die vom BVerfG betonten Einwirkungs- und Kontrollrechte nicht auf Auskunftsansprüche des Rates beschränken, wurde mehrfach betont. Daher überrascht es auch nicht, dass das Bestreben danach, durch praktische Konkordanz „einen einheitsstiftenden Ausgleich kollidierender Rechtsnormen“74 erzielen zu wollen, für sämtliche ingerenzbedingte Spannungen fruchtbar gemacht werden kann. Es wurde ausführlich dargestellt, dass sich die Mehrheit in Literatur und Rechtsprechung für die Weisungsfreiheit sämtlicher Mitglieder des Aufsichtsrats ohne Ansehung ihres Auftraggebers aussprechen. Dass es hierdurch zu Kontroll-, Steuerungs- und Legitimationsdefiziten der Gemeinde kommt, verkennen die Verfechter dieser Position zwar nicht. Doch empfehlen sie zur Lösung dieser Problematik sich entweder in Akzeptanz zu üben oder von privatrechtlichen Organisationsformen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben Abstand zu nehmen.75 Dass diese Position nicht dem Umstand gerecht wird, dass kommunale Unternehmen einerseits von Gemeinwohlzwecken und -zielen geprägt sind und daher nur öffentliche Zwecke zum Unternehmensgegenstand erklären können und andererseits die demokratische Legitimation und Verantwortlichkeit wahren müssen76, hat nunmehr auch das BVerfG77 entschieden. Denn es hat – wie bereits dargestellt – betont, dass auch in Spannungsfällen, in denen die Möglichkeiten der Einflussnahme in Gestalt umfassender Informations- und unbeschränkter Weisungsrechte hinter dem erforderlichen (Ingerenz-)Maß zurückbleiben, die Verwaltung sich nicht ihrer Verantwortung begeben kann. Sie hat sich vielmehr in souveräner Selbstbehauptung ihrer Verpflichtung zu stellen, um der demokratischen Legitimation gerecht

72 Freilich bezogen auf das Staatswohl BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 246 ff., 249 ff. 73 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1095 f.). 74 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096). 75 Dies dürfte insbesondere unter Hinweis auf die interessengerechte Unternehmensform der rechtsfähigen AöR nach § 114a GO NRW erfolgen, da diese Rechtsform schon früh als angemessene Organisationsform angesehen wurde, Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 166. Im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit der Schaffung neuer Rechtsformen für öffentliche Unternehmen. 76 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096). 77 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225.

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zu werden. Dieser selbstbewusste Ausdruck spiegelt sich nicht bloß im Informationsanspruch wider, sondern ist der umfassenden Ingerenzausübung immanent. b) Keine kommunalrechtliche Subsidiarität gegenüber dem Gesellschaftsrecht Daher überzeugt es auch nicht, wenn § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW eine formelle Subsidiarität gegenüber den Vorschriften des Gesellschaftsrechts zugeschrieben wird. Dies wurde bereits oben ausführlich dargestellt, muss hier aber in der gebotenen Kürze nochmals betont werden. Ein solches Verständnis würde nämlich gerade dazu führen, dass sich die demokratisch legitimierten Entscheidungsträger der kommunalen Selbstverwaltung, mithin Gemeinderat und Bürgermeister, ihrer Verantwortung zur Wahrung demokratischer Legitimation im Ergebnis doch wieder entziehen könnten. Denn bei wertender Betrachtung würden sie bereits durch den schlichten Hinweis auf die Normenhierarchie und den solchermaßen begründeten Vorrang gesellschaftsrechtlicher Vorschriften gerechtfertigt. Dass eine solche „Normenhierarchie-Lösung“ unter Berufung auf die Kollisionsnorm des Art. 31 GG nicht zu überzeugen vermag, wurde bereits festgestellt. Wäre der landesrechtlichen Vorschrift eine solche Unterwerfung zu entnehmen, dürfte sie den ausdrücklichen Vorgaben der Rechtsprechung des BVerfG zuwiderlaufen, weil die Gemeinden ihrer Verpflichtung zur hinreichenden Einwirkung- und Kontrolle im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung nicht nachkämen, sondern sich gehorsam dem Gesellschaftsrecht fügen würden.78 Bei richtiger Lesart handelt es sich bei „Gesetzen“ i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW daher nicht um solche des Gesellschaftsrechts, weil diese Annahme die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung widerstreitender Normen obsolet machen würde.79 Denn das BVerfG hat das Kollisionskonzept im Sinne einer praktischen Konkordanz ja gerade als hinreichend scharfes Schwert für den ausgewogenen Kampf der Regelungsregime anerkannt und verlangt seine effektive Verwendung.80 Dies führt im Ergebnis dazu, dass das Gesellschaftsrecht zwar nicht generell, so doch im Einzelfall durch das Verfassungsrecht und das dieses konkretisierende Kommunalrecht überlagert werden kann.81 78 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 219 f.; ähnlich bereits Zieglmeier, LKV 2005, 338 (340). 79 Ein solches Verständnis würde die Regelung auch nicht sinnentleeren, weil ihr Subsidiaritätsbefehl etwa in den Fällen des § 15 Abs. 6 Satz 2 SpKG NRW sowie § 15 LVerbO NRW, welche die Weisungsfreiheit gemeindlicher Verwaltungsratsmitglieder anordnen, volle Geltung behielte, ebenso Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, § 113, Rn. 15a. 80 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 231, 333. 81 Vgl. Katz, NVwZ 2018, 1091 (1093), der allerdings ein wenig unpräzise argumentiert. Zwar erkennt er die Abwägung im Wege der praktischen Konkordanz im Einzelfall an. Erstaunlicherweise geht er aber davon, dass sich im Ergebnis das Kommunalrecht durchsetzt. So verstanden bräuchte es einer Abwägung dann aber nicht. Denn es liegt gerade in der Natur einer solchen, dass ihr Ausgang offen ist.

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7. Teil: Lösungsvorschlag

3. Mechanismus eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts Dem gefundenen Ergebnis ist die Achtung beider Rechtsregime, die sich in der schonenden Abwägung ausdrückt, zugutezuhalten. Wie oben bereits dargestellt,82 liegt es allerdings in der Natur der Abwägung, dass diese in ihrem Ausgang offen ist und daher sowohl zugunsten des Gesellschafts- als auch des Kommunalrechts ausgehen kann. Dieser Befund des unsicheren Ausgangs der Abwägung steht indes der verfassungsrechtlich verbürgten Forderung nach einer dauerhaften Gewährleistung eines hinreichenden „Legitimationsniveaus“83 entgegen. Daher sind prozedurale Mechanismen erforderlich, die sich durch zwei Eigenschaften auszeichnen müssen. Zum einen sollen Gemeinden den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichende demokratische Legitimation nachkommen können. Und zum anderen haben sie Rechtssicherheit zugunsten sämtlicher Beteiligter an der gemischtwirtschaftlichen Unternehmung herzustellen. Zur Erfüllung dieser Vorgaben, erscheint die Annäherung über das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts als dem öffentlich-rechtlich modifizierten Gesellschaftsrecht zweckmäßig zu sein. Denn es ermöglicht der Verwaltung im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung verfassungsrechtliche Ordnungsprinzipien zu befolgen und hierbei auftretende Normwidersprüche im Wege „verfassungskonformer Auslegung der Normen des einfachen Gesellschaftsrechts“84 zugunsten der verfassungsrechtlich verorteten Ingerenzpflicht der Gemeinde zu lösen. Dies ist letztlich auf die Erkenntnis zurückzuführen, dass das Gesellschaftsrecht nicht außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung steht,85 sondern sich ihr ebenfalls anzupassen, ja sogar zu unterwerfen hat. Dieses „klassische“ Verständnis des Verwaltungsgesellschaftsrechts ist indes in ein Ordnungsschema einzubetten, mithin zu modifizieren. Bei dem hier vorzustellenden modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrecht handelt es sich um eine Verfahrensausgestaltung, die bei Normen- und Interessenwidersprüchen das entgegenstehende Gesellschaftsrecht86 nicht sogleich überlagert, sondern zunächst nach einem Interessenausgleich sucht. Es sprechen erhebliche Gründe dafür, eine solche Systematik in die gemeindliche Pflichtenbindung zu etablieren. Auf diese Weise wird nämlich ein „blinder Vorrangautomatismus“ zugunsten ingerenzsichernder Vorschriften des Kommunalrechts bereits im Ansatz vermieden. Zudem werden gesellschaftsrechtliche Normen nicht vorschnell verfassungskonform ausgelegt. Stattdessen erlaubt dieser prozedurale Ansatz, widerstreitende Vorgaben unterschiedlicher Rechtsregime zunächst einem schonenden Ausgleich zuzu 82 Sechster Teil, B. III. 2) b) cc). 83 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 222. 84 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (617). 85 Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096). 86 Weiter unten wird auch zu untersuchen sein, ob durch eine solche Verfahrensausgestaltung Kollisionen zwischen Kommunalrecht und entgegenstehendem Bundesrecht jenseits des Gesellschaftsrecht aufgelöst werden können.

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führen. Bleibt der Gemeinde im Einzelfall kein Spielraum zur Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher oder sonstiger rechtlicher Vorgaben, werden entgegenstehende Rechtsvorschriften in einem zweiten Schritt verfassungskonform überhöht, überlagert und modifiziert. Eine solche zweistufige Verfahrensausgestaltung wahrt nicht nur den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sondern entspricht auch den Vorgaben des BVerfG. Ohne sich ausdrücklich gegen das Institut des Verwaltungsgesellschaftsrechts zu stellen, hat es jedenfalls die Erforderlichkeit der Herstellung einer praktischen Konkordanz betont.87 Stehen sich Informations-, Weisungs- und Kontrollrechte der Gemeinde und gesellschaftsrechtliche Vorschriften, die etwa die Weisungsfreiheit von Aufsichtsratsmitgliedern verbürgen oder den Informationshaushalt der Gemeinde ins Verhältnis zu den Wirtschafts- und Betriebsinteressen des Unternehmens setzen, ist demnach eine präzise Abwägung widerstreitender Interessen erforderlich. Dem sollte die Gemeinde zunächst auf einer ersten Verfahrensstufe nachkommen. Weil aber Legitimationsdefizite auch nach einer solchen Abwägung nicht entstehen dürfen, ist das gefundene Ergebnis auf etwaige Kontroll- und Steuerungslücken der Gemeinde zu überprüfen. Dieses Verfahren zur Schließung etwaiger Legitimationsdefizite zeichnet die zweite Stufe des modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts aus. Führt hiernach die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen zu einem Ingerenzdefizit der Gemeinde, ist in einem zweiten Schritt die aufgefundene Legitimationslücke durch verfassungskonforme Überhöhung, Überlagerung und Modifizierung des entgegenstehenden Gesellschaftsrechts zu schließen. Gerade in dieser „Stufenregelung“ liegt die Stärke eines prozeduralen Ansatzes, weil es ein Verfahren zur Herstellung einer ausbalancierten Interessengerechtigkeit bietet. Dies soll durch das nachfolgende Beispiel belegt werden. Beschließt der Finanzausschuss des Gemeinderates die gemeindlichen Vertreter im Aufsichtsrat einer kommunal beherrschten Abfallentsorgung AG anzuweisen, einer Erhöhung der Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abfallentsorgung nicht zuzustimmen, dürften private Minderheitsgesellschafter zur Wahrung ihrer Interessen an einer wirtschaftlichen Unternehmensführung vorbringen, dass Aufsichtsratsmitglieder allein dem Unternehmens­interesse verpflichtet sind und im Rahmen der ihnen persönlich obliegenden Amtsführung keinen Weisungen unterliegen (§§ 23 Abs. 5, 111 Abs. 6, 116, 93 Abs. 1 AktG). Nun könnte der Gemeinderat darauf hinweisen, dass die Weisung jedenfalls im Grundsatz zulässig88 und vor dem Hintergrund der gemeinwohlorientierten Zweckerfüllung durch eine 87 Vgl. Kersting, WPg 2018, 391 (393); allerdings hat es sich auch nicht ausdrücklich hiergegen ausgesprochen. Vor dem Hintergrund, dass ihm die Diskussion um dieses Instrument in diesem Kontext bekannt gewesen sein dürfte, ist die Annahme, dass sich das Gericht im Einzelfall mit dem Gedanken eines Verwaltungsgesellschaftsrechts arrangieren könnte, sicher nicht völlig abwegig. 88 Nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich dies aus der Haftungs- und Regressbestimmung nach § 113 Abs. 6 GO NRW. Hiernach haftet die Gemeinde selbst für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln ihrer Vertreter, soweit sie nach Weisung des Rates oder Ausschusses gehandelt haben. Weil die Vorschrift keine Unterscheidung zwischen den möglichen

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ununterbrochene Legitimationskette zwischen den Wahlbürgern und den Unternehmen verfassungsrechtlich geboten ist. Ein solches Vorgehen würde jedoch zu dem hier abgelehnten Vorrangautomatismus der kommunalrechtlichen Vorschriften führen, ohne hinreichend die Interessen privater Anteilseigner zu berücksichtigen. Dabei könnten Interessenwidersprüche gegebenenfalls bereits durch eine schonende Abwägung sämtlicher Argumente aufgelöst werden. Tragen private Anteilseigner gewichtige Argumente für die unternehmerische Entscheidung  – hier der Anhebung der Abfallentsorgungsgebühren – vor, so könnte die Gemeinde möglicherweise von ihrer Weisung Abstand nehmen. Denkbar ist etwa die Vorlage von Unterlagen, aus denen (eindeutig) hervorgeht, dass die Gebührenanhebung erforderlich ist, um das Kommunalunternehmen überhaupt kostendeckend betreiben zu können. In diesem Fall dürfte es dem Rat bereits verwehrt sein, seine Vertreter zur Abstimmung gegen die Erhöhung anzuweisen. Eine Regimekollision könnte hierdurch bereits im Ansatz vermieden werden. Dies ergibt sich daraus, dass Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder einer kommunal beherrschten AG nur insoweit zulässig sind, wie der Gemeinderat geprüft und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Unternehmenswohl nicht geschädigt wird. Dies folgt daraus, dass sie sich bei einer bewusst unternehmensschädigenden Weisungserteilung schadenersatzpflichtig machen und hierdurch gegen ihre Pflicht, (finanziellen) Schaden von der Gemeinde fernzuhalten, verstoßen würde.89 Dies verdeutlich, dass ein intensiver Austausch über das Für und Wider der unternehmerischen Entscheidung auf der ersten Stufe nicht nur sinnvoll ist, um eine dauerhaft fruchtbare Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Anteilseignern zu ermöglichen, sondern bereits für die Frage entscheidend ist, ob die konkrete Weisung im Einzelfall tatsächlich erfolgen darf. Wenn aber auch der Austausch der Argumente und die Abwägung der widerstreitenden Interessen ergibt, dass eine gemeinwohlorientierte, den Interessen der Einwohner- und Bürger entsprechende Entscheidungsfindung durchaus auch mit einer wirtschaftlichen Unternehmensbetätigung vereinbar ist, hat die Gemeinde sicherzustellen, dass das Gemeindevolk auf den Inhalt der Entscheidung einen hinreichenden Einfluss erhält (sachlich-inhaltliche Legitimation). Hierzu hat sie als gewählte Vertretung der Gemeinde eine Entscheidung zu treffen und ihre Vertreter im Aufsichtsrat zur Umsetzung des Weisungsbeschlusses aufzufordern. Kollidieren hierbei die Vorschriften des Kommunal- und Gesellschaftsrechts, werden letztere ganz nach den Grundsätzen des oben dargestellten „klassischen Verwaltungsgesellschaftsrecht“ verfassungskonform und somit im Ergebnis zugunsten des Gemeinderechts ausgelegt. Während der erste Schritt also erforderlich ist, um Interessenwidersprüche90, die sich in der kommunalen Wirtschaftspraxis stellen, einzelfallgerecht unter Berücksichtigung sämtlicher Argumente aufzu­lösen, schafft Organisationsformen trifft, muss die Erteilung von Weisungen jedenfalls unter bestimmten Umständen zulässig sein, vgl. hierzu oben vierter Teil, C. IV. 2. a) cc) (4). 89 Vgl. hierzu oben vierter Teil, C. IV. 2. a) cc) (4). 90 Zum Umgang mit „reinen“ Normenwidersprüchen sogleich im zweiten Beispiel.

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das Bekenntnis zu einem öffentlich-rechtlichen Letztentscheidungsprimat vor allem Rechtssicherheit aus praktischer und das notwendige Legitimationsniveau aus verfassungsrechtlicher Sicht. Letzteres ergibt sich nämlich bereits daraus, dass „mit der Bindung von Vertretern oder Repräsentanten der Kommune in den Organen ihrer Unternehmen und Beteiligungen an Weisungen […] der Gemeindevertretung […] die sachlich-inhaltliche Legitimation der Unternehmensentscheidung gesichert und die Erfüllung des öffentlichen Zwecks durch eine ununterbrochene Legitimationskette zwischen den Wahlbürgern und den Unternehmen gewährleistet werden [soll]“.91

Diese Aussage ist ebenso wie das Urteil selbst auf sämtliche Instrumentarien zur Einhaltung ausreichender Ingerenzverpflichtungen zu beziehen. Denn insoweit spricht auch das Gericht ganz allgemein vom Verbot eines Kontroll-, Steuerungsund Legitimationsdefizits der Vertreter der Gebietskörperschaft in den Organen der juristischen Person des Privatrechts.92 Dann aber darf sich das BVerfG – und hierin liegt der wesentliche Unterschied zum modifizieren Ansatz des Verwaltungsgesellschaftsrechts – nicht mit der bloßen Abwägung zufrieden geben, sondern sollte die hier vorgestellten Mechanismen anerkennen, die seine Forderungen nach einem hinreichenden Legitimationsniveau sicherstellen. Gerade dies wird nämlich durch das Verfahren auf der zweiten Stufe gewährleistet. Aufgrund dessen soll das dargestellte „gestufte Verfahren“ unter Berücksichtigung der jüngsten verfassungsrechtlichen Rechtsprechung im Wege eines „modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts“ als verpflichtender Anwendungsmechanismus zur Bewältigung von ingerenzbedingten Regimekollisionen etabliert werden.93 Der vorangestellte Austausch zwischen den Beteiligten, dürfte die Motive bereits vor der Abstimmung im jeweiligen Unternehmensorgan verdeutlichen und die Beteiligten dazu bewegen, wirtschaftliche Betätigung auf der einen und die öffentliche Zweckerreichung auf der anderen Seite hinreichend zu berücksichtigen. Denn hierdurch werden sämtlich Beteiligte zunächst zur gleichberechtigten, umfassenden Befassung mit dem jeweils zur Abstimmung gestellten Tagesordnungspunkt sowie zur Kompromissfindung angehalten. Hierbei darf nicht unterschätzt werden, dass weder die öffentliche Hand noch private Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner ein Interesse an einem permanenten Konfrontationskurs haben werden, sondern vielmehr an einem finanziell gedeihlichen „Joint-Venture“ interessiert sein dürften. Auch die Gemeinde kann letztlich ihren Daseinsvorsorgeverpflichtungen nur dann hinreichend nachkommen, wenn sie sich nicht allein als spendabler Wohltäter geriert, sondern sich auch betriebswirtschaftlichen Erwägungen, Anreizen und Geschäftsmodellen, die meist durch private Beteiligte 91 Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 505. 92 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225 passim. 93 Obgleich Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 289, dieses gestufte Verfahren als „Ausdruck methodischer Notwendigkeit“ erachtet, berechtigt eine solche Herangehensweise dazu, von einer Modifikation zu sprechen. Denn insoweit wird durch das gestufte Verfahren ein klares Bekenntnis zum Vorrang der praktischen Konkordanz abverlangt.

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vorgestellt werden dürften,94 nicht verschließt. Sollten all diesen Vorschlägen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen, bietet das Verwaltungsgesellschaftsrecht in seiner modifizierten Form eine rechtssichere Möglichkeit, den nunmehr verfassungsgerichtlich bestätigten Bindungen zum Vorrang zu verhelfen95 und den Konflikt zugunsten des öffentlichen Rechts zu lösen. Der verfassungsrechtliche Hintergrund kommunaler Ingerenzpflichten gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW tritt auch in Konstellationen (voll)paritätischer Mitbestimmung in mehrheitlich kommunal beherrschten Unternehmen zutage. So erzielte die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke Köln, einer kommunal beherrschten GmbH mit einem fakultativen und mitbestimmten Aufsichtsrat,96 eine besonders hohe Aufmerksamkeit.97 Hier wählte der Aufsichtsrat nicht wie zuvor im Stadtrat beschlossen, die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, sondern einen Vertreter der Arbeitnehmerschaft zum Aufsichtsratsvorsitzenden. Dies gelang wohl deshalb, weil die Ratsopposition mit Arbeitnehmervertretern zusammenarbeitete und hierdurch eine Mehrheit erzielen konnte.98 Bei einer kommunalen GmbH mit einem nach Gesellschaftsvertrag zu bildenden fakultativen Aufsichtsrat richtet sich das Maß des zulässigen Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmer allein nach § 108a GO NRW (Drittelparität) und § 108b GO NRW (Vollparität).99 Hierdurch stehen der Gemeinde hinreichende Einwirkung- und Kontrollrechte zu. So bestimmt § 108a Abs. 3 GO NRW, dass die von den Arbeitnehmern entsandten Vertreter durch den Rat bestätigt werden müssen, wodurch zugleich die erforderliche personelle demokratische Legitimation vermittelt wird. Sodann sieht § 108a Abs. 4 Satz 1 GO NRW i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW vor, dass auch die bestätigten Arbeitnehmervertreter den Weisungen des Rates unterliegen.100 Schließlich wird die gemeindliche Ingerenzpflicht dadurch gewahrt, dass dem Aufsichtsratsvorsitzenden, sollte er der Arbeitnehmervertretung 94 Siehe bereits oben zweiter Teil, C. I. 2. a). 95 Die Rechtsfigur des modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts erkennt nämlich die Rechtsprechung des BVerfG an und entwickelt sie über das gestufte Verfahren fort. 96 Die Stadtwerke Köln GmbH ist die Holding des Stadtwerke Köln Konzerns und zählt etwa 160 Mitarbeiter. Daher ist weder nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG noch gemäß § 1 Abs. 1 MitbestG die Gründung eines obligatorischen Aufsichtsrats erforderlich. Weshalb das Mitbestimmungsrecht unter Hinweis auf §§ 5 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG und § 18 Abs. 1 AktG hier dennoch Anwendung findet, wird weiter unten begründet. 97 Ausführlich hierzu Adenauer, NZG 2019, 85 (85); Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 ff. 98 Der Sachverhalt zur sogenannten „Börschel-Affäre“ ist abrufbar unter: www.faz.net/ aktuell/politik/inland/koelner-kluengel-martin-boerschels-aufstieg-gestoppt-15568657.html; www.zfk.de/unternehmen/nachrichten/artikel/arbeitnehmervertreter-kapern-stadtwerke-​ koeln-2018-07-09/ (zuletzt abgerufen am 13.11.2019); Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1225). 99 „§ 108a Abs. 1 GO NRW eröffnet kommunalen Unternehmen oder Einrichtungen die Möglichkeit, nicht die Pflicht, dass einem nach Gesellschaftsvertrag zu bildenden fakulta­ tiven Aufsichtsrat Arbeitnehmervertreter angehören können“, Bender, in: Kleerbaum / Palmen, § 108a GO NRW, S. 1352. 100 Vgl. Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229).

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angehören, kein Zweitstimmrecht zukommt.101 Hervorzuheben ist zudem, dass § 108b Abs. 4 Satz 2 und 3 GO NRW vorsehen, dass im Falle eines (ausnahmsweise) vollparitätisch besetzten fakultativen Aufsichtsrats der Aufsichtsratsvorsitzende nicht zum Kreis der Arbeitnehmervertreter gehören darf. Darüber hinaus muss der Gesellschaftsvertrag sicherstellen, dass dem Aufsichtsratsvorsitzenden ein Zweitstimmrecht zukommt und noch in derselben Sitzung des Aufsichtsrats eine erneute Abstimmung über denselben Gegenstand herbeigeführt wird, soweit die durchgeführte Abstimmung eine Stimmengleichheit ergibt. Durch diese Mechanismen wird das letztentscheidungsrecht der Kommune gewahrt und ihre gemeinwohlorientierten Einflussnahme- und Kontrollrechte sichergestellt. Daher konstatieren Dünchheim und Gräler102 zutreffend, dass „bei fakultativen, paritätischen Aufsichtsräten […] der Aufsichtsratsvorsitzende also zwingend zur kommunalen Seite gehören und über ein Doppelstimmrecht verfügen [muss]“.

In dem aufgeführten Beispiel besteht jedoch die Besonderheit, dass die Stadtwerke Köln GmbH die Holding des Stadtwerke Köln Konzerns ist, die wiederrum mehrere Konzernunternehmen zusammenfasst (§ 18 Abs. 1 Satz 1 AktG).103 In diesem Fall ist zwingend § 5 Abs. 1 MitbestG zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist Arbeitnehmern bei der Zusammenfassung von Unternehmen zu einem Konzern die Mitbestimmung auch im Aufsichtsrat desjenigen Unternehmens einzuräumen, das die Konzernunternehmen unter seine wirtschaftliche Leitung zusammenfasst.104 Sind im gesamten Konzern mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist das Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat der GmbH-Holding auch dann anwendbar, wenn bei ihr weniger als die benannten Arbeitnehmer angestellt sind.105 So liegt der Fall auch hier: Zwar zählt die Stadtwerke Köln GmbH – die Holding des Stadtwerke Köln Konzerns – etwa 160 Mitarbeiter. Insofern steht es den Gesellschaftern frei, sich im Gesellschaftsvertrag auf die Gründung eines (mitbestimmten) Aufsichtsrats zu einigen, ohne, dass sie hierzu verpflichtet wären. Weil aber der Konzernverbund der Stadtwerke, dem auch die Stadtwerke Köln GmbH angehört,106 mehr als 12.000 Mitarbeiter beschäftigt, findet das MitbestG auch im Aufsichtsrat der Stadtwerke Köln GmbH Anwendung.

101 Jenseits des § 29 MitbestG sieht das AktG keine Regelungen zu Mehrheitserfordernissen in Aufsichtsratssitzungen vor. Sie können aber in der Satzung verankert werden. 102 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229). 103 Die Konzernstruktur der Stadtwerke Köln ist abrufbar unter: www.stadtwerkekoeln.de/ ueber-den-konzern/stadtwerke-koeln-konzern/ (zuletzt abgerufen am 14.02.2020). 104 Die Stadtwerke Köln GmbH übernimmt für ihre konsolidierten Konzernunternehmen insbesondere das Konzerncontrolling, die Finanz- und Steuerprüfung, das Beteiligungsmanagement und weitere zentrale Aufgaben, abrufbar unter: www.stadtwerkekoeln.de/stadtwerkekoeln-gmbh/stadtwerke-koeln-gmbh/ (zuletzt abgerufen am 14.02.2020). 105 Knapp und instruktiv www.ifb.de/arbeitnehmervertreter-im-aufsichtsrat/wissensspeichernewsletter/der-mitbestimmte-aufsichtsrat-im-konzern (zuletzt abgerufen am 15.11.2019). 106 Abrufbar unter: www.stadtwerkekoeln.de/ueber-den-konzern/stadtwerke-koeln-konzern/ (zuletzt abgerufen am 14.02.2020).

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Infolgedessen kann auch die Regelung des § 27 Abs. 1 MitbestG in Ansatz gebracht werden. Dies hat weitreichende Folgen. Nach seinem Wortlaut wird kein Aufsichtsratsmitglied von der Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden ausgeschlossen. Hiernach ist auch die Wahl eines Arbeitnehmervertreters zum Vorsitzenden denkbar. Ergibt eine Abstimmung im Aufsichtsrat eine Stimmengleichheit, erhält der Aufsichtsratsvorsitzende gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG im Fall einer erneuten Abstimmung über denselben Gegenstand eine Doppelstimme. Nach dieser Vorschrift liegt die Entscheidungsgewalt im Zweifel beim Aufsichtsratsvorsitzenden. Wird dieser von der Arbeitnehmerseite gestellt, verliert die Gemeinde ihre Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten, weil die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat keine Mehrheit haben. Der alleinigen Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen wären hierdurch „Tür und Tor geöffnet“. Mit Blick auf die Pflicht zur öffentlichen Zweckverfolgung und der hierauf ausgerichteten Einflussnahmeund Kontrollrechte ist dies indes problematisch, weil gerade im Aufsichtsrat wesentliche Unternehmensentscheidungen getroffen werden. Zu nennen ist etwa die Überwachung der Geschäftsführung gemäß § 111 Abs. 1 AktG, die Erteilung der Zustimmung für bestimmte, bereits während der Gründung im Gesellschaftsvertrag nach § 111 Abs. 4 AktG verankerte Geschäfte sowie die Personalkompetenz gemäß § 31 Abs. 1 und Abs. 4 Hs. 1 MitbestG.107 Vor dem Hintergrund, dass die Herstellung und Sicherung eines hinreichenden Ingerenzniveaus nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW notwendige Bedingung für die Gründung von und Beteiligung der Gemeinde an Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts ist, stellt sich die Frage, ob die Wahl eines Arbeitnehmervertreters zum Aufsichtsratsvorsitzenden einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat oder einer kommunalen AG diesen Vorgaben genügt. Wie bereits dargestellt folgt aus dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG das Erfordernis der Legitimation sämtlichen staatlichen Handelns.108 Insbesondere Entscheidungen in mitbestimmten öffentlichen Unternehmen, welche die Wahrnehmung des kommunalen Amtsauftrags – Verfolgung öffentlicher Zwecke – nicht nur unerheblich berühren, bedürfen eines Letztentscheidungsrechts einer in parlamentarischer Verantwortung stehenden Stelle.109 Dass ein solches Legitimationsniveau gerade bei mitbestimmten öffentlichen Unternehmen hergestellt werden muss, um eine Mitwirkung der Arbeitnehmer in privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen jenseits des reinen „Binnenbereichs des Beschäftigtenverhältnisses“110 rechtfertigen zu können, wurde bereits zu Beginn dieser Arbeit 107 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226, 1228 f.), die auch darauf hinweisen, dass die kommunalen Anteilseigner etwa im Falle einer mitbestimmten GmbH nicht in der Lage wären, einen Geschäftsführer nach § 31 MitbestG zu bestellen. 108 Dies gilt auch für öffentliche Unternehmen, die privatrechtsförmig organisiert sind, BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 216 ff.; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226). 109 BVerfGE 93, 37 (72); Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228); Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 260 f. 110 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1228).

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festgestellt und soll hier nochmals betont werden.111 Denn das erforder­liche demokratische Niveau ist nur dann gewährleistet, wenn die Legitimationskette zwischen dem Gemeindevolk und den durch sie gewählten Entscheidungsträgern nicht durch „ein Dazwischentreten eines nicht hinreichend demokratisch legitimierten Organs durchbrochen wird“112. Problematisch ist hierbei, dass Arbeitnehmer keine „demo­ kratische Legitimation vermitteln können“113. Deshalb ist die Wahl eines Aufsichtsratsvorsitzenden aus dem Kreis der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eines kommunalen Unternehmens nicht hinreichend demokratisch legitimiert.114 In dessen Folge ist auch jede Entscheidung des Aufsichtsratsvorsitzenden nicht auf das Wahlvolk rückführbar und somit seinerseits nicht hinreichend organisatorisch-personell legitimiert. An diesen Maßstäben gemessen, ist die Wahl eines Arbeitnehmervertreters zum Aufsichtsratsvorsitzenden der SWK Köln GmbH verfassungswidrig.115 Dessen ungeachtet sieht § 27 Abs. 1 MitbestG jedoch vor, dass der Aufsichtsrat mit einer Mehrheit von zwei Drittel aus der Mitte seiner Mitglieder einen Aufsichtsratsvorsitzenden wählt. Nach dem eindeutigen Wortlaut kann jedes Aufsichtsratsmitglied, ganz unabhängig davon, ob er zur kommunalen Anteilseignerin oder zur Arbeitnehmerschaft gehört, zum Vorsitzenden gewählt werden.116 Wird hiernach aus der Mitte der Arbeitnehmerschaft ein Aufsichtsratsvorsitzender gewählt, fällt einem nicht hinreichend demokratisch legitimierten Vorsitzenden das unternehmerische Letztentscheidungsrecht im Aufsichtsrat zu. Die Gemeinde müsste sich den Entscheidungen der Arbeitnehmer beziehungsweise des von ihnen gewählten Aufsichtsratsvorsitzenden unterwerfen, obwohl ihr eine beherrschende Stellung aufgrund ihrer Anteilsmehrheit zukommt. Im oben angeführten Beispiel würde die Stadtwerke Köln GmbH in der Tat von der Arbeitnehmerseite 111 Vgl. zu den unternehmerischen Mitbestimmungsrechten und -grenzen der Arbeitnehmerschaft unter Berücksichtigung des „Drei-Stufen-Modells“ des BVerfG bereits oben zweiter Teil, C. I. 2. a). 112 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1227) bezogen auf die organisatorisch-personelle Komponente demokratischer Legitimation; vgl. hierzu bereits VerfGH NRW NVwZ 1987, 211 (212). 113 VerfGH NRW NVwZ 1987, 211 (212). 114 Nach dem „Prinzip der Doppelten Mehrheit“ ist „in Fällen, in denen ein Amtsträger von einem Gremium bestellt werden soll, dessen Mitglieder nur zum Teil personell legitimiert sind, […] für eine volle demokratische Legitimation erforderlich, dass die die Entscheidung tragende Mehrheit aus einer Mehrheit unbeschränkt demokratisch legitimierter Mitglieder des Organs besteht“, Adenauer, NZG 2019, 85 (87 f.); BVerfGE 93, 37 (66, 72). 115 Dies bereits deshalb, weil die entsandten Mitglieder im (mitbestimmten) Aufsichtsrat über kein freies Mandat verfügen, sondern sich dem Willen der Ratsmehrheit zu beugen haben, vgl. zum freien Mandat zweiter Teil, C. Indem sich die Ratsopposition mit den Arbeitnehmern zusammenschloss, sich dem Ratsbeschluss widersetzte und einen eigenen Kandidaten wählte, durchtrennte es die demokratische Legitimationskette zum Wahlvolk und verstieß (mittelbar) gegen das Demokratiegebot, Adenauer, NZG 2019, 85 (88 f.). 116 Vgl. OLG Köln NZG 2019, 866 (866); Annuß, in: MüKomm AktG, § 27 MitbestG, Rn. 3; Habersack, in: ders. / Henssler, § 27 MitbestG, Rn. 3; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226); a. A. Seibt, in: Henssler / Willemsen / Kalb, § 27 MitbestG, Rn. 3.

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„gekapert“.117 Ein erhebliches Ingerenzdefizit wäre die Folge. Versucht die Gemeinde in dieser Situation gleichwohl ihre Einflussnahme- und Kontrollrechte gegenüber den gemeindlichen Vertretern im Aufsichtsrat auszuüben, kommt es zur Normenkollision zwischen den Vorgaben der bundesgesetzlichen Regelungen gemäß §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG und der kommunalverfassungsrechtlichen Vorschrift § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW. Nachfolgend soll aufgezeigt werden, dass auch dieser Konflikt mithilfe des modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts aufgelöst werden kann. Einleitend wurde bereits ausgeführt, dass es sich beim modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrecht um eine Verfahrensausgestaltung handelt, die sich durch eine strenge Stufenfolge auszeichnet.118 So ist auf der ersten Stufe zwingend nach einem Interessenausgleich zwischen widerstreitenden Normen und Interessen zu suchen. Eine hinreichend demokratische Legitimation gemeindlicher Unternehmenstätigkeit soll nicht durch einen schlichten „Vorrangautomatismus“ ingerenzsichernder und damit die verfassungsrechtlichen Anforderungen konkretisierender Vorschriften des Kommunalrechts erreicht werden.119 Dem Wesensmerkmal der praktischen Konkordanz folgend, ist in einem ersten Schritt vielmehr zu untersuchen, ob die Ingerenzvorgaben des § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW in einen schonenden Ausgleich mit den Vorgaben der §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG gebracht werden können. Bei dieser Abwägung ist die Tragweite und der Wertegehalt der widerstreitenden Rechtsnormen zu berücksichtigen und verfassungskonform sowie kommunalangemessen zu würdigen.120 Nach der Grundidee des 1976 verabschiedeten MitbestG sollten Arbeitnehmer nicht nur ein ernstzunehmendes Gegengewicht zur Macht der Großunternehmen erhalten, sondern insbesondere auch an einer sozialen Unternehmenspolitik durch institutionelle Teilhabe an grundlegenden Unternehmensentscheidungen mitwirken können.121 Um dies zu gewährleisten sehen die §§ 6, 7 MitbestG zum einen die Gründung eines Aufsichtsrats und zum anderen die paritätische Besetzung desselben vor.122 Unbeschadet dieser weitreichenden Partizipationsmöglichkeiten, verbleibt nach der Konzeption der §§ 27 Abs. 2, 29 Abs. 2 MitbestG dem Anteilseigner 117 So ausdrücklich Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226) unter Verweis auf www.zfk.de/unternehmen/nachrichten/artikel/arbeitnehmervertreter-kapern-stadtwerkekoeln-2018-07-09/ (zuletzt abgerufen am 14.02.2020). 118 Adenauer, NZG 2019, 1174 (1175), der unter Hinweis auf die obige Rechtsprechung des BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 betont, dass die Körperschaft gehalten sei, auf der ersten Stufe zunächst sämtliche, ihr zumutbare Anstrengungen zu unternehmen, um ihrer verfassungsrechtlichen Verantwortung gerecht zu werden. Richtigerweise sollte auf der ersten Stufe jedoch zunächst eine Güterabwägung im Sinne der praktischen Konkordanz erfolgen. Dies hat – das scheint Adenauer zu übersehen – auch das BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 231, 333 angenommen. 119 So auch Adenauer, NZG 2019, 85 (88) m. w. N. 120 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 94, Rn. 131d; ders., GemHH 2016, 73 (77). 121 Statt vieler Habersack, in: ders. / Henssler, Einleitung MitbestG, Rn. 3 f. 122 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226).

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üblicherweise „das Übergewicht bei den Entscheidungen des Aufsichtsrats“.123 Dieses „Alleinbestimmungsrecht“ des Anteilseigners sei letztlich Ausfluss der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG.124 Nach diesem Verständnis führte die Wahl eines Arbeitnehmervertreters zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu einer Verschiebung des Gleichgewichts und somit zu einem Verstoß gegen das „Verbot der Überparität“.125 Daher konstatiert Adenauer126 zu Recht: „Daraus folgt, dass die Bestimmung über die Besetzung des Aufsichtsratsvorsitzes der Anteilseignerseite vorbehalten ist. Ebenso folgt daraus, dass es der Arbeitnehmerseite nicht gestattet ist, bei einem geteilten Anteilseignerlager mit der Minderheit zu stimmen und sich so dem Willen der Mehrheit auf der Anteilseignerseite zu widersetzen. Ein solches Vorgehen widerspricht sowohl dem im MitbestG angelegten Zweck, das Mandat der Vorsitzenden und das seines Stellvertreters auf eine breite Basis zu stellen wie auch dem Grundsatz itio in partes127.“

Daneben gilt es zu beachten, dass i. S. eines „Wesensgehalts“ die Beachtung eines engen Kernbereichs zentraler „Mindestaufsichtsratskompetenzen und das kommunale Entscheidungsprimat in zentralen, besonders bedeutsamen Angelegenheiten unantastbar“ ist.128 Dieser Ansicht hat sich das OLG Köln129 in dem oben geschilderten Fall jedoch nicht angeschlossen, sondern ausgeführt, dass „den verfassungsrechtlichen Erfordernissen […] hinreichend dadurch Genüge getan [wird], dass die Anteilseignervertreter aufgrund der Regelungen der §§ 27 Abs. 2 Satz 2, 29 Abs. 2 MitbestG die Möglichkeit haben, sich bei Abstimmungen gegen die Arbeitnehmerverterer durchzusetzen“.

123 BVerfGE 50, 290 (324); instruktiv Adenauer, NZG 2019, 85 (86 f.); Seibt, in: Henssler / Willemsen / Kalb, § 27 MitbestG, Rn.  3; Annuß, in: MüKomm AktG, § 29 MitbestG, Rn. 1; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226). 124 Seibt, in: Henssler / Willemsen / Kalb, § 29 MitbestG, Rn. 1; Adenauer, NZG 2019, 85 (87). 125 Seibt, in: Henssler / Willemsen / Kalb, § 27 MitbestG, Rn. 3, der zu Recht verfassungsrechtliche Bedenken äußert. 126 Adenauer, NZG 2019, 85 (87). 127 Sind die Anteilseignervertreter zerstritten, hätten sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach dem im §§ 27 und 29 MitbestG angelegten Grundsatz itio in partes an einem ersten Wahlgang zu enthalten und die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden im zweiten Wahlgang der zerstrittenen Anteilseignerbank zu überlassen. Dies sei zur Sicherung des Übergewichts der Anteilseignerseite (§ 29 Abs. 2 MitbestG) erforderlich, Adenauer, NZG 2019, 85 (86 f.). 128 Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 94, Rn. 131d; ders., GemHH 2016, 73 (77). 129 OLG Köln NZG 2019, 866 (866), zum oben aufgeführten Beispiel der Stadtwerke Köln GmbH; ähnlich auch schon das BVerfGE 50, 290 (324), wenn es betont, dass „dieses Übergewicht ist [gemeint ist das Zweitstimmrecht nach § 29 Abs. 2 MitbestG] auf Grund des in § 27 MitbestG vorgeschriebenen Verfahrens über die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden den Anteilseignern eingeräumt, sofern deren Aufsichtsratsmitglieder von den ihnen gesetzlich zustehenden Möglichkeiten zur Durchsetzung ihres Willens Gebrauch machen“. Zur Verfas­ sungsmäßigkeit der Wahl eines Arbeitnehmers zum Aufsichtsratsvorsitzenden eines kommunal beherrschten Unternehmens hat sich das BVerfG indes nicht geäußert.

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Allerdings lässt die Entscheidung des OLG Köln die gebotene Güterabwägung vermissen. Dies erstaunt vor allem deshalb, weil das Gericht die Besonderheit des Falles grundsätzlich anerkennt und feststellt, dass es sich bei dem Anteilseigner um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, deren Gesellschaft Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge wahrnimmt.130 Dass die Gemeinde hierzu allerdings nur dann in der Lage ist, wenn sie gemäß § 108 Abs. 1 Satz Nr. 6 GO NRW hinreichende Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeiten in einem Überwachungsorgan erhält und sicherstellt, dass sich der im Mehrheitsbeschluss des Rates festgelegte Wille auch durchsetzt,131 hat das Gericht nicht gewürdigt. Ebenso wenig hat es sich zu den verfassungsrechtlichen Implikationen der Ingerenzpflicht verhalten.132 Zwar hat das OLG Köln das Erfordernis des demokratischen Legitimationszusammenhangs erkannt. Es hat jedoch nicht begründet, wie Gemeinden eine dauerhafte Daseinsvorsorgetätigkeit sicherstellen sollen, wenn die Letztentscheidungsgewalt bei einem nicht demokratisch legitimierten Aufsichtsratsvorsitzenden liegt. Dieses Interesse bedarf jedoch einer besonderen Berücksichtigung. Hierdurch kann nämlich die Tragweite und der Wertegehalt der Ingerenzverpflichtung ermittelt und in eine schonende Abwägung mit den dargestellten Teilhabeinteressen der Arbeitnehmerschaft gebracht werden. Hätte das Gericht sämtliche Interessen berücksichtigt und sie gegeneinander in Ansatz gebracht, hätte es erkannt, dass durch § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GO NRW die Pflicht der Gemeinde abgesichert wird, den Gemeinwohlbezug ihres wirtschaftlichen Handelns zu wahren und darüber hinaus zu fördern. Diese Vorschrift statuiert Steuerungs- und Kontrollpflichten, die sich gleich vielfach aus Verfassungsprinzipien sowie aus den Grundrechten ergeben. Der Verlust der Letztentscheidungsgewalt über die gemeinwohlorientierte Ausrichtung des Unternehmens an nicht demokratisch legitimierte Stellen, ist verfassungswidrig und hätte letztlich das Verbot wirtschaftlicher Betätigung der Gemeinde zufolge. Demokratische Kontrolle bedeutet nämlich, dass eine durch das Gemeindevolk legitimierte Verwaltung dauerhaft sicherstellen muss, dass die wirtschaftliche Betätigung den Interessen des Gemeindevolkes entspricht. Deshalb ist die strenge Wahrung der Vorgaben des § 108 Abs. 1 Satz 1 GO NRW durch die Gemeinde – wie schon mehrfach betont – notwendige Bedingung kommunal­wirt­ schaftlicher Betätigung schlechthin. Dieser Befund führt zu dem Ergebnis, dass eine Abwägungsentscheidung zugunsten des Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmerschaft, mithin des mehrheitssichernden Doppelstimmrechts des Aufsichtsratsvorsitzenden der verfassungsrechtlich verbürgten Forderung nach einer dauerhaften Gewährleistung eines hinreichenden „Legitimationsniveaus“133 entgegen steht. Denn eine Mitbestimmung, die mit dem Demokratieprinzip zu vereinbaren

130 OLG Köln NZG 2019, 866 (866). 131 Ingerenzpflicht meint nämlich nichts anderes, „als dass die Gemeinde jederzeit in der Lage sein muss, ihren Willen in den jeweiligen Organen durchsetzen zu können“, Adenauer, NZG 2019, 85 (88). 132 Vgl. hierzu oben dritter Teil, B. II. 133 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 222.

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

395

ist, kann nur dann angenommen werden, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen.134 Zum einen muss stets eine Mehrheit der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat bestehen und zum anderen muss sichergestellt sein, dass das Letztentscheidungsrecht im Zweifel der Gemeinde zusteht.135 Anders als das OLG Köln „direkt, schlicht und inhaltsleer“136 annimmt, führt dies jedoch nicht dazu, dass die Gemeinde von der Aufgabenerfüllung in Privatrechtsform Abstand nehmen müsste.137 Dies wurde bereits ausführlich begründet.138 Nach alledem bleibt festzuhalten, dass auf der ersten Stufe kein Abwägungsergebnis erzielt werden kann, das den verfassungsrechtlichen Vorgaben an eine dauerhafte Gewährleistung eines hinreichenden „Legitimationsniveaus“139 gerecht würde. In Ermangelung eines ausgewogenen Ausgleichs zwischen den kolli­ dierenden Rechtsnormen des Mitbestimmungsrechts auf der einen und dem Kommunalrecht auf der anderen Seite, bleibt der Gemeinde kein verfassungsrechtlich hinnehmbarer Spielraum zur Berücksichtigung mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften (§§ 27 Abs. 2, 29 Abs. 2 MitbestG). Der Verfahrensausgestaltung des modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts folgend, gilt es nunmehr das im Rahmen kommunaler Wirtschaftsbetätigung entstandene demokratische Legitimationsdefizit zu beseitigen. Dies erfolgt dadurch, dass entgegenstehende mitbestimmungsrechtliche Vorschriften verfassungskonform überhöht, überlagert und modifiziert werden. Die verfassungskonforme Auslegung der §§ 27, 29  MitbestG erfolgt dabei vor dem Hintergrund, dass die in §§ 108 und 113 GO NRW geregelten Einflussnahme- und Kontrollrechte Aus 134 Instruktiv Ehlers, JZ 1987, 218 (226), der das Letztentscheidungsrecht unter Beachtung des „demokratischen Substanzverlust[s] im Aufsichtsrat etwa gegenüber dem geschäftsführenden Leitungsorgan durchsetzen möchte“. 135 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229), die anmerken, dass auch eine – zwischen der „Lehre vom Vorrang des Privatrechts und dem (klassischen) „Verwaltungsgesellschaftsrecht“ – vermittelnde Auffassung zu diesem Ergebnis gelangt; Ehlers, JZ 1987, 218 (226 f.), der zusammenfassend festhält, dass den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner ein Übergewicht zukommen müsse und sämtliche Aufsichtsratsmitglieder an das Gemeinwohl gebunden seien. Ferner müsse das Letztentscheidungsrecht in wichtigen Angelegenheiten den öffent­lichen Anteilseignern verbleiben. 136 Adenauer, NZG 2019, 1174 (1175). 137 OLG Köln NZG 2019, 866 (867). 138 Siehe zur Begründung sechster Teil, B. III. 3. c); wenn die Gemeinde nach dem Prinzip der organisatorischen Wahlfreiheit nach ihrem eigenen Ermessen über die Rechts- und Organisationsform des Unternehmens entscheiden darf, müssen ihr Instrumente zur Verfügung gestellt werden, um die demokratische Legitimation und Verantwortung im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung sicherstellen zu können. Wäre sie gehalten eine andere Rechtsform zu wählen, würde das ihr nach Art. 28 Abs. 2 GG gewährte Recht, selbst zu entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre öffentlichen Aufgaben in Ausübung der ihr zugestandenen Selbstverwaltung wahrnimmt, relativiert. Eine Wahlfreiheit besteht nur dann, wenn die getroffene Wahl auch verteidigt werden kann. 139 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 222, in der das Gericht „[…] zum wiederholten Male und in aller Breite ausgeführt [hatte], dass die Notwendigkeit der personellen Legitimationskette außer Frage steht“, Adenauer, NZG 2019, 1174 (1175).

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7. Teil: Lösungsvorschlag

fluss des verfassungsrechtlichen Demokratieprinzips Art. 28 Abs. 1, 20 Abs. 2 GG, Art. 2 LV NRW sind und diese „mit Leben füllen“140. Diesen Vorgaben müssen sämtliche Entscheidungen eines mehrheitlich kommunal beherrschten Unternehmens gerecht werden. Hiervon sind auch Beschlüsse des Aufsichtsrats nach § 27 Abs. 1 MitbestG umfasst. Infolgedessen ist auch die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden auf ihre Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlichen Demokratieprinzip zu untersuchen und gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen. Angesichts der dargestellten Legitimationsdefizite, die mit dem Verlust eines gemeindlichen Letztentscheidungsrechts im zentralen Aufsichtsorgan des durch die Kommune beherrschten Unternehmens einhergehen, ist die genannte Vorschrift dahingehend auszulegen, dass „der Aufsichtsrat seinen Vorsitzenden mit Blick auf das Demokratieprinzip nicht mehr aus der Gesamtheit seiner Mitglieder, sondern nur aus der Seite der Anteilseigner wählen dürfte“141.

Insbesondere steht einer solchen Auslegung der Wortlaut dieser Vorschrift nicht entgegen, weil der Vorsitzende bei einer solchen Wahl noch immer aus „der Mitte“ des Aufsichtsrats gewählt würde.142 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG.143 Anders als das OLG Köln144 meint, hat sich das BVerfG nicht gegen eine verfassungskonforme Auslegung des Gesellschafsrechts gestellt, sondern lediglich ihrer (mechanischen) Anpassung an die Steuerungsbedürfnisse des Staates eine Absage erteilt.145 Zwischen „anpassen“ und „auslegen“ besteht jedoch in der Tat ein „entscheidender Unterschied“.146 Denn das Verwaltungsgesellschaftsrecht zeichnet sich nicht durch eine völlige Umgestaltung und Auflösung des Gesellschaftsrechts aus. Es dient vielmehr seiner „partiellen Anpassung“ zur Durchsetzung der verfassungsrechtlich angeordneten Ingerenzverpflichtungen. Hierbei hängen Umfang und Reichweite der Normenüberlagerung im Einzelfall davon ab, inwieweit die öffentlich-rechtlichen Bindungen bereits mit den Instrumenten der entgegenstehenden Rechtsvorschriften verwirklicht werden können. Oben konnte bereits festgehalten werden, dass im Falle einer uneingeschränkten Anwendung des § 27 Abs. 1 MitbestG die Gemeinde Köln „ihrer verfassungsrechtlichen Verantwortung“147 unter keinen Umständen nachkommen kann. Dem Mitbestimmungsrecht fehlen Instrumente zur durchgehenden Wahrung demokrati-

140 Adenauer, NZG 2019, 85 (89). 141 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229). 142 Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229 f.), die zugleich darauf hinweisen, dass hierdurch auch einer Überparität Vorschub geleistet würde. 143 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225. 144 OLG Köln NZG 2019, 866 (867). 145 BVerfG, Urteil vom 07.11.2017 – 2 BvE 2/11 – juris, Rn. 225, 296; Koch, in: FS SchmidtPreuß, S. 367 (381), der anerkennt, dass das BVerfG den auftretenden Konflikt trotz einer „Rechtsformverfehlung“ der Gemeinde doch „zu Lasten der Gesellschaft“ auflöst. 146 So ausdrücklich Adenauer, NZG 2019, 1174 (1176). 147 Adenauer, NZG 2019, 1174 (1175).

B. Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

397

scher Legitimation.148 Nachdem somit auf der ersten Stufe kein interessengerechter Ausgleich gefunden werden konnte, ist die Vorschrift verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zum Aufsichtsratsvorsitzenden nur gemeindliche Vertreter gewählt werden dürfen.149 Schließlich sei noch angemerkt, dass diese Lösung auch dem Verhältnismäßigkeitsgebot entspricht. Denn die Alternative zur verfassungskonformen Auslegung des Mitbestimmungsrechts, ist die Wahl eines kommunalen Unternehmens, das eine Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft bereits im Ansatz ausschließt. Als ein solches Unternehmen kommt insbesondere die Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 114a GO NRW in Betracht.150 Hierdurch wäre jedoch weder der Gemeinde noch den Arbeitnehmern gedient. Kommunen wären nämlich in ihrer verfassungsrechtlich verbürgten organisatorischen Wahlfreiheit nach Art. 28 Abs. 2 GG ohne Not eingeschränkt, obwohl zahlreiche Gründe dafürsprechen, den öffentlichen Auftrag in privatrechtlicher Organisationsform zu erfüllen.151 Den Arbeitnehmern wäre die Mitbestimmung insgesamt versperrt, obwohl sie hieran auch dann ein berechtigtes Interesse haben dürften, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende nicht aus ihren Reihen stammt.152 Hiernach gilt es festzuhalten, dass der Verstoß gegen das Demokratieprinzip zwar in jedem Fall beseitigt werden muss. Der Verweis auf die Wahl einer Anstalt des öffent­ lichen Rechts gemäß § 114a GO NRW angesichts der schonenden Verfahrensausgestaltung des modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts hierzu aber nicht erforderlich ist.153

II. Ergebnis Es konnte festgestellt werden, dass dem Urteil des BVerfG spezifische Handlungsdirektiven im Hinblick auf gemeindliche Ingerenzpflichten zugesprochen werden dürfen, welche, spiegelbildlich betrachtet, Art und Ausmaß der Pflichten­ bindung ihrer Vertreter in den Organen der juristischen Person des privaten Rechts 148 Deshalb konstatiert Ossenbühl, dass die mitbestimmte, mehrheitlich kommunal beherrschte Gesellschaft mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar und deshalb verfassungswidrig sei. Das Mitbestimmungsrecht sei für solche (verdrängende)  Modifikationen offen, wie § 1 Abs. 4 MitbestG (Tendenzunternehmen) zeige, Ossenbühl, ZGR 1996, 504 (516 f.); Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229). 149 Dies sollte zweckmäßigerweise im Gesellschaftsvertrag festgehalten werden, Adenauer, NZG 2019, 1174 (1175). 150 Durch das Kommunalunternehmen als Anstalt des öffentlichen Rechts sollte Kommunen eine Organisationsform vorgestellt werden, die sich durch zwei wesentliche Eigenschaften auszeichnet. Zum einen ist sie im Hinblick auf Flexibilität und Stringenz mit privatrechtlichen Organisationsformen vergleichbar. Zum anderen ermöglicht sie Gemeinden ihren Ingerenzverpflichtungen nachzukommen, vgl. etwa Kotzea, in: Held / Winkel, § 114a, S. 639. 151 Vgl. bereits oben zweiter Teil, C. 152 Dies zeigt sich bereits daran, dass der geschilderte Fall ein gesellschaftsorganisatorisches Novum ist und sich bislang nur in Köln abgespielt hat, Adenauer, NZG 2019, 85 (85). 153 So aber wohl Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1230).

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7. Teil: Lösungsvorschlag

definieren.154 Hierbei lassen selbst unzureichende Legitimationsketten155 die Verantwortlichkeit der öffentlichen Hand nicht entfallen. Vielmehr bleiben sie bestehen und sind vom entgegenstehenden Gesellschaftsrecht vollumfänglich zu erfüllen. In Erfüllung dieser Pflichtenbindung setzt sich letztlich das öffentliche Recht durch, weil andernfalls das erforderliche Maß demokratischer Legitimation gefährdet würde. Es gilt nämlich zu beachten, dass auch bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen keine Ingerenzdefizite verzeichnet werden dürfen. Hierbei betont das Gericht, dass entgegenstehende Spannungen im Wege der praktischen Konkordanz zu lösen sind. Besonders hervorzuheben ist, dass sich diese Grundsätze auch auf die Gemeindeebene übertragen lassen, weil nicht nur die Grundentscheidung der Verfassung für Volkssouveränität und Demokratie durch Art. 28 Abs. 1 Satz GG auf die Ebenen der Gemeinden übertragen wird, sondern auch der Umstand, dass sich die Ratsarbeit zunehmend „parlamentarisiert“, hinreichend gewürdigt werden muss. Wichtig ist ferner, dass sich die Aussagen des Gerichts nicht allein auf Informationsansprüche beschränken, sondern für die Frage der Ingerenzpflicht insgesamt Bedeutung gewinnen. Bedeutsam ist ebenso die Erkenntnis, dass sich aus § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW keine formelle Subsidiarität herleiten lässt. Ein solches Verständnis würde die Anforderungen des BVerfG an Sicherstellung und Wahrung eines hinreichenden Legitimationsniveaus untergraben, weil sich die Kommune andernfalls in blindem Gehorsam einfachrechtlicher Bestimmungen ihrer verfassungsrechtlichen Verantwortung begeben würde. Schließlich ist festzuhalten, dass sich das BVerfG letztlich zum Kollisions­ konzept im Wege der praktischen Konkordanz bekennt. Dies ist einschränkungslos zu begrüßen. Allerdings ist es erforderlich, noch einen Schritt weiter zu gehen und sich nicht bereits mit diesem Abwägungsbefehl zufriedenzugeben. Denn jedem Abwägungsvorgang ist ein Moment der Unsicherheit immanent, weil sein Ausgang nicht vorhergesagt werden kann. Sollten die kommunalen Ingerenzinteressen in der Abwägung mit den Interessen der Minderheitsgesellschafter beziehungsweise der Minderheitsaktionäre unterliegen, wäre die Forderung des BVerfG nach einem hinreichenden demokratischen Legitimationsniveau verspielt. Diesem Umstand ist mit dem Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts zu begegnen. Sollten auch die Abwägung der widerstreitenden Interessen auf Augenhöhe und eine etwaige Neubefassung des Rates mit dem streitgegenständlichen Anliegen zu keinem Durchbruch führen, so darf sich die Gemeinde ihrer Verantwortung nicht entziehen, sondern bleibt auch weiterhin zur Verwirklichung des demokratischen 154 Insoweit stellen die Ratsmitglieder das praktische Element dieser – zunächst einmal – theoretischen Verpflichtung dar. Abgesichert wird die Pflicht zur Umsetzung beschlossener Maßnahmen insbesondere durch das Recht des entsendungsberechtigten Rates, das entsandte Aufsichtsratsmitglied nach § 103 Abs. 2 Satz 1 AktG (i. V. m. § 52 GmbHG) abzuberufen. Die von der Hauptversammlung (ohne Bindung an einen Wahlvorschlag) gewählten Vertreter können hingegen mit einer ¾ Mehrheit abberufen werden, § 103 Abs. 1 AktG (i. V. m. § 52 GmbHG), vgl. Simons, in: Hölters, § 103 AktG, Rn. 5, 20 f. 155 Zum Inhalt und zur Ausgestaltung des demokratischen Legitimationsniveaus, Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1226 f.).

C. Erforderlichkeit weiterer Lösungsansätze? 

399

Legitimationsniveaus verpflichtet. Dies erfolgt durch verfassungskonforme Auslegung der widerstreitenden Normen und führt im Ergebnis zur öffentlich-rechtlichen Überhöhung des Gesellschaftsrechts sowie des Mitbestimmungsrechts.156 Weil aber die dargestellte Stufenfolge verpflichtend zu beachten ist, wird für diesen Vorgang die Kurzbezeichnung des modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts empfohlen. Hierdurch soll verdeutlicht werden, dass die Abwägung nicht bloße Formalie, sondern verfassungsrechtlicher Auftrag ist. Die Überlagerung der gesellschaftsrechtlichen Vorschrift ist dabei die ultima ratio und nur vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Sicherung der demokratischen Legitimation gerechtfertigt. Angesichts dieses schonenden Aufbaus überzeugt es nicht, wenn vorgebracht wird, dass es sich letztlich um die schlichte Durchbrechung des Gesellschaftsrechts zugunsten des öffentlichen Rechts handle.157 Vielmehr eignet sich die empfohlene Systematik dazu, die verfassungsrechtliche Rechtsprechung um einen Moment öffentlich-rechtlicher Letztverantwortung zu bereichern.

C. Erforderlichkeit weiterer Lösungsansätze? Das gefundene Ergebnis provoziert die Frage, ob neben dem Vorschlag eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts weitere Instrumente zur Lösung systembedingter Kollisionen erforderlich sind. Hierbei soll das oben gefundene Ergebnis in Kontrast zu bereits etablierten Lösungsvorschlägen158 gesetzt und in der gebotenen Kürze dargestellt werden, weshalb das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht diesen Lösungsvorschlägen vorzuziehen ist.

I. Erforderlichkeit einer „öffentlich-rechtlichen Gesellschaft“ de lege ferenda? Auch um dem ständig bemühten Argument eines prinzipiellen Vorrangs des Gesellschaftsrechts den Wind aus den Segeln zu nehmen, wurde die Schaffung eines „Sondergesellschaftsrechts“ gerade für den kommunalwirtschaftlichen Bereich159 156 Nochmals erwähnt seien hier insbesondere die Vorschriften über die Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder, die im Falle eines Abwägungsausfalls verfassungskonform auszulegen sind. 157 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 289. 158 Neuerdings werde erwogen, die Ausübung der Kontrolle bei öffentlichen Beteiligungen nach dem Vorbild des Stiftungsrechts an eine eigenständige Behörde auszulagern und die AG aufgrund ihrer effizienteren Absicherung der Organhaftung gegenüber der Organisationsform der GmbH zu bevorzugen, Kersting, 15. Rheinischen Gesellschaftsrechtskonferenz am 14.05.2019 in Düsseldorf, Berichterstattung durch Albers, AG 2019, R183 (R184). 159 Büchner, Gestaltung kommunaler öffentlicher Unternehmen, S. 268, der den wirtschaftlichen Aktionsradius der Kommunalunternehmen auf den gemeindlichen Bereich beschränken und neben den bestehenden Rechtsformen anbieten will.

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7. Teil: Lösungsvorschlag

vorgeschlagen.160 Notwendig hierzu sei die Änderung des Gesellschaftsrechts de lege ferenda,161 um den Erfordernissen öffentlicher Unternehmen hinreichend Rechnung zu tragen.162 Hervorzuheben sind hier die Untersuchungen Manns163, in denen er sich der Frage widmet, ob eine Rechtsform geschaffen werden sollte, die öffentlich-rechtliche Bindungen ebenso verwirklicht wie sie hinreichende wirtschaftliche Beweglichkeit ermöglicht. Hierdurch – so die Annahme – würde zugleich der Verzicht auf eine „privatrechtliche Gewandung der öffentlichen Unternehmen“ erleichtert.164 Die gestellte Frage beantwortend, schlägt er vor, diese Rechtsform als „Öffentlich-rechtliche Gesellschaft“ zu bezeichnen. Ohne vertieft auf diese Überlegungen einzugehen, darf bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass das gefundene Ergebnis zum modifizierten Gesellschaftsrecht es rechtfertigt, Überlegungen zu einer Rechtsformausgestaltung de lege ferenda, „die dem von der Praxis geäußerten Wunsch nach wirtschaftlicher Flexibilität ebenso Rechnung trägt, wie den aus der Verfassung entnommenen Struktur- und Organisationsdirektiven für öffentliche Unternehmen, namentlich der Bindung dieser Unternehmen an eine Erfüllung öffentlicher Zwecke, der Notwendigkeit einer Steuerung dieser Unternehmen durch die öffentliche Hand und der Forderung nach demokratischer Legitimation“165

nicht erneut zu reaktivieren. Zwar ist ein Bundesgesetz über die „öffentlich-rechtliche Gesellschaft“, das als „fakultatives Organisationsvorbild“ ausgestaltet werden und auch den Bundesländern und Gemeinden zur Verfügung stehen soll166, in der Tat weiterhin wünschenswert. Nicht zuletzt, weil hierdurch legislatorisch auf die steigende Anzahl öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform reagiert werden würde. Mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des BVerfG und der Übertragbarkeit seiner ingerenzstärkenden Leitsätze auf die Kommunalebene dürften ge 160 Lieschke, Die Weisungsbindungen der Gemeindevertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen, S. 152 weist darauf hin, dass unter dem Oberbegriff „Verwaltungsgesellschaftsrecht“ zwar auch Bemühungen um neue Rechtsformen für öffentliche Unternehmen erfasst werden. Sie seien jedoch hiervon abzugrenzen. So spricht etwa Büchner, Gestaltung kommunaler öffentlicher Unternehmen, S. 268 zutreffend von einer „Kommunalgesellschaft“ und Wicher, Die geeignete Unternehmensform für wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden und Gemeindeverbände, S. 137 von „öffentliche[n] Unternehmen“ „damit jeder weiß, daß es sich um ein Unternehmen einer oder mehrerer Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt“; umfassend hierzu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 377 ff., 383 ff. und Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen, S. 325 ff., 336 ff. mit einem konkreten Gesetzes­ entwurf. 161 Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Frage würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher soll rein abstrakt untersucht werden, ob ein „modifiziertes Gesellschaftsrecht“ dazu beitragen kann, auftretende Regimekonflikte auch ohne die Begründung eines „Sondergesellschaftsrechts“ für öffentlich-rechtliche Gesellschaften zu lösen. 162 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 297 ff. 163 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 358. 164 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 267. 165 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 357 f. 166 Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 3 f.

C. Erforderlichkeit weiterer Lösungsansätze? 

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meindliche Einwirkungs- und Kontrollbefugnisse allerdings auch bei Gewährung einer betriebswirtschaftlich flexiblen Unternehmensführung hinreichend gesichert sein. Denn gerade das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht dient als Garant dafür, dass die aus der Verfassung entnommenen Struktur- und Organisationsdirektiven für öffentliche Unternehmen fest in der kommunalen Wirtschaftspraxis verankert werden.167

II. Konfliktlösung durch Ausgestaltung einer zwischengeschalteten Holding-GmbH? Das gefundene Ergebnis zum modifizierten, verpflichtend gestuften, Verwaltungsgesellschaftsrecht rechtfertigt es auch, nicht weiter auf die Möglichkeit einzugehen, ingerenzbedingte Konflikte im Rahmen der Führung einer gemischtwirtschaftlichen AG durch die Zwischenschaltung einer GmbH als Holding zu lösen. Es sei daran erinnert, dass bisweilen vorgeschlagen wird, bei kommunalen Aktiengesellschaften zur Sicherung der Einflussmöglichkeiten einen Beherrschungsvertrag nach § 291 AktG zu schließen, um die Ingerenzpflichten auf eine vertragliche Grundlage zu stellen.168 Weil aber die unbeschränkte Verlustübernahmeverpflichtung nach § 302 AktG der Verpflichtung zur haftungsbeschränkten Rechtsformenwahl nach § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 3–5 GO NRW zuwiderläuft, ist ein direkter Beherrschungsvertrag zwischen Kommune und Aktiengesellschaft nicht zulässig. Zwar spricht nichts dagegen eine GmbH als Holding zwischenzuschalten und einen ingerenzsichernden Beherrschungsvertrag zwischen ihr und der AG zu erarbeiten. Insoweit würde die Haftung der Gemeinde auf das Vermögen der GmbH beschränkt. Allerdings ist dies nicht erforderlich. Zum einen können bereits aus „einem faktischen Abhängigkeitsverhältnis Kontroll- und Prüfungsmechanismen implementiert werden“169. Zum anderen können auftretende Regimekollisionen im Wege des dargestellten modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts interessengerecht gelöst werden. Im Fall einer GmbH dürften aufgrund der Möglichkeit, den Gesellschaftsvertrag detailliert, interessengerecht und – zugunsten der öffentlichen Hand  – auch pflichtwahrend auszugestalten, Normen- und Interessenwidersprüche bei einem Joint-Venture ohnehin kaum vorkommen.170 167 Können aber hierdurch auftretenden Regimekollisionen gelöst werden, so ist ein Rückgriff auf ein „de lege ferenda-Organisationsmodell“ nicht erforderlich, so auch Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 297, der das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts freilich zuvor abgelehnt hat, S. 279 ff. 168 von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (622); Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 254; Nachweise bei Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Rn. 573 (Fn. 240). 169 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Rn. 578 f. 170 Es ist insbesondere möglich den Gesellschaftszweck dergestalt auf die öffentliche Aufgabenerfüllung auszurichten, dass man von einer öGmbH sprechen könnte, ohne sie im Rechtsverkehr kenntlich zu machen, vgl. Towfigh, DVBl. 2015, 1016 (1019).

402

7. Teil: Lösungsvorschlag

Sollte aber der Gesellschaftsvertrag unzureichend ausgestaltet oder ein fakultativer Aufsichtsrat vereinbart worden sein, ohne die Verhältnisse abschließend zu regeln, steht auch dieser Organisationsform mit dem modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrecht ein ausreichendes Konfliktlösungsinstrument zur Seite. Dies gilt freilich auch im Fall einer mitbestimmten kommunalen GmbH sowie der gemeindlich beherrschten AG.

III. Statuarische Verankerung eines Rangverhältnisses Wie bereits im Zusammenhang mit der GmbH dargestellt, ist es auch bei einer AG möglich, die öffentliche Zwecksetzung (Aufgabe der Daseinsvorsorge) als Ziel der Gesellschaft in die Satzung einer AG festzuschreiben und hierdurch staatliche Einwirkungs- und Kontrollinteressen zu verankern.171 Denn der Gesellschaftszweck bildet die oberste Maxime, nach welcher der Vorstand seine Entscheidungen auszurichten hat. Weil hiernach alle Organe der Gesellschaft – auch der Aufsichtsrat – auf den verankerten öffentlichen Zweck verpflichtet wären, käme es zu keinem ingerenzbedingten Konflikt zwischen den Regelungsregimen.172 Diese Überlegung dürfte im Fall gemischtwirtschaftlicher Unternehmen indes praxisfern sein, weil es für private Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner keinen Anreiz geben dürfte, an einer Unternehmung zu partizipieren, die keine Rendite bringt, sondern das Gemeinwohl maximiert. Hier wird nun vorgeschlagen, in der Satzung zu verankern, dass vorrangig die öffentliche Aufgabe zu erfüllen und die Gewinnerzielung nur nachrangiger Gesellschaftszweck sei. Insbesondere bestünden gegen die Verfolgung von Mehrfachzwecken aus gesellschaftsrechtlicher Sicht jedenfalls dann keine Bedenken, wenn und soweit sich diese einander nicht ausschlössen.173 Im Falle eines Konfliktes – mithin immer dann, wenn sich private Minderheitsaktionäre in ihrem wirtschaftlichen Interesse beeinträchtigt sehen – könnten jene unter Verweis auf das Rangverhältnis an die Freiwilligkeit ihrer Beteiligung erinnert werden. Ein solches Rangverhältnis fordert bereits § 109 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Hieraus ergibt sich nämlich, dass Unternehmen der öffentlichen Hand zunächst einmal den öffentlichen Zweck zu erfüllen haben und nur dann einen Ertrag für den

171 Ausführlich zur Möglichkeit der Einwirkung durch ausdrückliche statuarische Gestaltungen des Gesellschaftszwecks, Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 185 ff. 172 Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 185 f., 187 f. m. w. N. 173 Holzborn, in: Spindler / Stilz, § 179 AktG, Rn. 58, der darauf hinweist, dass die Zwecke – anders als der Unternehmensgegenstand  – nicht einmal in der Satzung verankert werden müssen; Schön, ZGR 1996, 429 (441); Habersack, ZGR 1996, 544 (553 f.); Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 189; Ehlers, JZ 1990, 1089 (1091).

C. Erforderlichkeit weiterer Lösungsansätze? 

403

Haushalt der Gemeinde abwerfen sollen, wenn der öffentliche Zweck nicht verletzt wird.174 So richtig und zielführend diese Forderung auch ist, so wenig vermag sie das gefundene Ergebnis zu ersetzen. Ist nämlich der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung bereits dergestalt qualifiziert erarbeitet, dass selbst Konfliktvorsorgeregelungen bedacht wurden, liegt hierin bereits ein veritables Konfliktlösungsinstrument. Das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht kommt hingegen erst dann zur Anwendung, wenn weder umfassende statuarische Regelungen die Spannungen lösen können noch eine Abwägung im Sinne der praktischen Konkordanz zu einem Ergebnis führt, das für sämtliche Beteiligte akzeptabel erscheint. Richtig verstanden stellen sich die oben aufgeworfenen Fragen daher nicht im Rahmen der Regimekollisionen, sondern bereits bei der Unternehmensgründung, mithin bei der Ausgestaltung der Satzung beziehungswiese des Gesellschaftsvertrags.175 Daher bleibt das Instrument des modifizierten Gesellschaftsrechts jedenfalls dann erforderlich, wenn keine Vereinbarung über Konfliktlösungsmechanismen getroffen wurde.

IV. Ergebnis Nach alledem bleibt festzuhalten, dass sich das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht als sachgerechtes Instrument zur Auflösung ingerenzbedingter Regimekollisionen eignet. Die prozedurale Ausgestaltung eines gestuften Verfahrens erlaubt es nämlich, verfassungsrechtliche Organisations- und Strukturprinzipien zu verwirklichen und hierbei sämtliche Beteiligteninteressen gebührend zu berücksichtigen. Gerade die vorgeschaltete Suche nach einem schonenden Ausgleich zwischen kommunalen Ingerenzverpflichtungen und den berechtigten (Wirtschaft-)Interessen privater Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner zeichnet das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht aus. Denn aufgrund der deutlichen Absage an einen „direkt[en], schlicht[en] und inhaltsleer[en]“176 Vorrangautomatismus zugunsten ingerenzverwirklichender Normen und Interessen erweist sich das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht als ein sachgerechtes Mittel zur Durchsetzung gemeindlicher Einflussnahme und Kontrolle, wobei entgegenstehende Belange privater Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner einzelfallgerecht und flexibel berücksichtigt werden können.

174 So bereits Schön, ZGR 1996, 429 (441); Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft, S. 189. 175 Dies wurde ebenso diskutiert wie die Möglichkeit bestimmte Arten von Geschäften der Geschäftsführer nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrats zuzulassen, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 52 Abs.1 GmbHG. 176 Adenauer, NZG 2019, 1174 (1175).

8. Teil

Zusammenfassung A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Abschließend sollen die wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und die Kernaussagen der jeweiligen Abschnitte noch einmal dargestellt werden.

B. Zur Zulässigkeit und Motivation der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde 1. Dem Grundgesetz ist die wirtschaftliche Betätigung als Form staatlichen Handelns weder fremd noch unliebsam. Dies gilt allerdings nur insoweit, als sämtliche erwerbswirtschaftlich-fiskalische Tätigkeiten der öffentlichen Hand „von einem örtlich radizierten Gemeinwohlzweck beherrscht“1 sind. Ist dies gewährleistet, stehen ihr zur Aufrechterhaltung und Fortbildung des Wohls der örtlichen Gemeinschaft sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Organisationsformen gleichberechtigt zur Verfügung. 2. Entschließt sich die Gebietskörperschaft dazu, ihren gemeindlichen Verpflichtungen in privatrechtlicher Organisationsform nachzukommen, ist dies nur allzu verständlich. Aspekte der Flexibilität und Marktdynamik rechtfertigen die Wahl privatrechtlicher Gesellschaftsformen insbesondere auch deshalb, weil durch erfolgreiches Wirtschaften der gemeindliche Haushalt positiv beeinflusst wird. Gleichwohl scheiden Rechtsformen, die den kommunalverfassungsrechtlichen Anforderungen im Allgemeinen und dem gemeindlichen Sicherungs-, Kontroll- und Haftungsbegrenzungsbegehren im Besonderen nicht genügen, von vornherein aus. 3. An diesen Maßstäben gemessen eignen sich insbesondere die Rechtsformen der GmbH sowie der GmbH & Co. KG zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks, weil ihr Gesellschaftsvertrag frei gestaltet, die Haftung beschränkt und die Verankerung von Gemeinwohlzielen gesichert werden kann. Im Falle eines erheb­ lichen Kapitalaufkommens und einer großen Anzahl an Anteilseignern steht den Gebietskörperschaften allerdings auch die AG zur Verfügung. Diese ist jedoch auf Grund ihrer Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) weniger flexibel und daher nachrangig gegenüber der öffentlichen Zweckerfüllung in einer anderen Rechts

1

Katz, Kommunale Wirtschaft, S. 84, Rn. 126.

C. Zur Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung der Gemeinde  

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form. Letztlich wird sich die Gemeinde für diejenige Rechtsform entscheiden, die ihr bei Gewährung größtmöglicher Einflussnahme und Kontrolle eine möglichst weitreichende Wirtschaftsfreiheit im Einklang mit der kommunalen Wirtschaftsverfassung erlaubt.

C. Zur Einflussnahme- und Kontrollverpflichtung der Gemeinde 1. Die Pflicht der Gemeinde darauf hinzuwirken, dass die Verfolgung des öffentlichen Gemeinwohlzwecks im Rahmen der kommunalwirtschaftlichen Unternehmung sichergestellt ist, wird als kommunale Ingerenzpflicht bezeichnet. Hierbei ist der Begriff der Ingerenz von den Termini der „Aufsicht“ und „Wirtschafts­ aufsicht“ zu unterscheiden. Hergeleitet wird sie aus verfassungsrechtlichen Prinzipien, aus den Grundrechten der Gemeindeeinwohner, aus der Pflicht zur Rücksichtnahme auf angrenzende Gemeinden und schließlich auch aus der gemeindlichen Aufgabenerfüllung in Privatrechtsform schlechthin. Insoweit müssen mit dessen Anerkennung auch Instrumente zur Sicherung des Gemeinwohlauftrags bestehen. 2. Im Gemeinderat als Selbstverwaltungskörperschaft kann sich das Ratsmitglied als Vertreter der Gemeindebürger auf den Grundsatz des freien Mandats berufen. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Ratsmitglied nicht als Vertreter der Bürgerschaft, sondern als Vertreter des Rates in die jeweiligen Organe der juristischen Person des Privatrechts entsandt oder gewählt wird. In diesem Fall ist er als Interessenvertreter des Gemeinderates dessen ausführendes Organ. Diese Stellung verpflichtet ihn dazu, Ratsbeschlüsse 1 zu 1 umzusetzen, ohne sie zu hinterfragen. Diese Bindung wird dabei nicht etwa durch Fraktionszwang oder Vertrag begründet, sondern erweist sich vielmehr als Kehrseite der gemeindlichen Ingerenzpflicht. Denn die gemeindliche Vertretung in den Organen der kommunal beherrschten Unternehmen ist kein Selbstzweck, sondern gerade der Ausdruck umfassender gemeindlicher Verantwortung gegenüber ihren Einwohnern. 3. Die Regelungen nach §§ 113 Abs. 2, 50 Abs. 4, 3 GO NRW gehen von einem differenzierten Vertretungssystem aus. Hiernach ist eine Vereinigung sämtlicher der Gemeinde zustehender Stimmen auf einen einzigen Vertreter unzulässig. Hat die Gemeinde mehrere Vertreter in die jeweiligen Organe gewählt oder entsandt, sind sie nicht zur einheitlichen Stimmabgabe verpflichtet. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Kommune mehrere Gesellschaftsanteile hält. Trifft letzteres zu, sind die Gemeindevertreter in der Hauptversammlung einer AG  – anders als in der Gesellschafterversammlung einer GmbH – nicht zur einheitlichen Stimmabgabe verpflichtet. Allerdings spricht insbesondere die verfassungsrechtliche Pflicht zur effektiven Ingerenzsicherung sowie der im Wege der Argumentation und Abwägung gefundene einheitliche, auf den öffentlichen Zweck ausgerichtete Wille der

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8. Teil: Zusammenfassung

sach- und fachkundigen Kommunalvertreter für eine einheitliche Stimmrechtsausübung in der Haupt- oder Gesellschafterversammlung einer Kapitalgesellschaft.2

D. Zur ingerenzbedingten Kollision von Gesellschaftsund Kommunalrecht 1. Die Pflicht der Kommune zur Sicherstellung „demokratisch legitimierter Letztverantwortung“3 darf als Quelle vielgestaltiger Spannungen zwischen dem gemeinwohlorientierten Gemeinderecht- und dem betriebswirtschaftlich renditeorientierten Gesellschaftsrecht bezeichnet werden. Weil beide Rechtsgebiete divergierenden Sachzielen folgen und daher unterschiedlich motiviert sind, sind ingerenzbedingte Regimekollisionen sowohl im Gründungsstadium als auch während der Unternehmensführung denkbar. 2. Bei der Organisationsform der GmbH können sich Konflikte zunächst im Rahmen der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags ergeben. Denn hierdurch ist es der Gemeinde möglich, das Maß öffentlicher Aufgabenerfüllung auf Kosten wirtschaftlicher Gewinnbestrebungen verbindlich auszuhandeln. Darüber hinaus können sich Spannungen aber auch gerade dadurch ergeben, dass konkrete Gemeinwohlziele nicht im Gesellschaftsvertrag verankert worden sind, weil das Fehlen eines klaren Bekenntnisses zur öffentlichen Daseinsvorsorge den Betrieb eines auf Gewinnerzielung gerichteten wirtschaftlichen Unternehmens indiziert. Damit Konflikte zwischen der gemeindlichen Mehrheitsgesellschafterin und den Minderheitsgesellschaftern während der Unternehmensführung vermieden werden können, ist es unabkömmlich, den Kurs der gemischtwirtschaftlichen GmbH im Gesellschaftsvertrag festzulegen, um im Falle auftretender Interessenwidersprüche hierauf verweisen zu können. 3. Aufgrund der formalen Satzungsstrenge und der hiermit einhergehenden limitierten Ausgestaltbarkeit ihres Inhalts, ist das Konfliktpotential im Stadium der Gründung einer AG nur auf den ersten Blick geringer. Bei genauer Betrachtung wird der Konflikt zwischen der Gemeindeaktionärin und den privaten Anteilseignern lediglich zugunsten anderer Vereinbarungsformen verschoben. Weil die Satzung wenig empfänglich für eine interessengerechte Ausgestaltung des Unternehmenskurses ist, streiten sämtliche Beteiligte um das Ausmaß der dem Rat gewährten Zustimmungsvorbehalte. Es handelt sich mithin um eine Dauerabrede mit dem Inhalt, dass Gemeinderatsvertreter im Aufsichtsrat bestimmten Arten von Geschäften nur mit Genehmigung des Gemeinderates zustimmen dürfen, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. 2 Denn insoweit gelten die in § 108 GO NRW gesetzten Anforderungen gleichermaßen für die von der Gemeinde bestellten oder auf deren Vorschlag gewählten Mitglieder des jeweiligen Unternehmensorgans, Flüshöh, Kleerbaum / Palmen, § 113 GO NRW, S. 1382. 3 Katz, GemHH 2016, 73 (74).

D. Ingerenzbedingte Kollision von Gesellschafts- und Kommunalrecht  

407

4. Eine weitere Möglichkeit der Beteiligten, ihre Interessen bereits im Gründungsstadium verbindlich zu verankern bieten Konsortialabsprachen. Hierdurch steht es der Aktionärsgemeinde frei, mit privaten Anteilseignern sämtliche Ziele der gemeindlich beherrschten Unternehmensführung neben der Satzung zu vereinbaren. 5. Unzulässig ist hingegen der Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 292  AktG zwischen der Kommune und der kommunalen Aktiengesellschaft, weil eine solche Vereinbarung zu einer unbeschränkten Gefährdungshaftung nach § 302 AktG für die Fehlbeträge des beherrschten Unternehmens führte. Hierdurch verstieße die Gemeinde gegen die kommunalverfassungsrechtlich zwingende Pflicht, nur dann ein Unternehmen zu gründen oder sich hieran zu beteiligen, wenn dessen Rechtsform eine begrenzte Haftung der Gemeinde sicherstellt. 6. Auch im Rahmen der Unternehmensführung können Maßnahmen zur Sicherstellung der öffentlichen Zweckverfolgung zu Spannungen zwischen Gemeinde und den Minderheitsgesellschaftern beziehungsweise Minderheitsaktionären führen. Hierbei hängt das Maß zulässiger Ingerenzausübung von der Organisationsstruktur der jeweiligen Gesellschaft ab. Erforderlich ist daher eine strikte Unterscheidung zwischen einer GmbH ohne Aufsichtsrat, einer GmbH mit einem freiwillig eingerichteten Aufsichtsrat sowie einer GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat. Darüber hinaus ist der besonderen Binnenorganisation der AG hinreichend Rechnung zu tragen. 7. Die Erteilung von Weisungen an gemeindliche Vertreter in der Gesellschafterversammlung ist unproblematisch. Diese können sodann den Kurs der Gesellschaft bestimmen und hierzu Einfluss auf den Geschäftsführer ausüben. Die Erteilung von Weisungen an gemeindliche Vertreter im fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH ist zulässig, soweit das Weisungsrecht im Gesellschaftsvertrag unter Abbedingung des Aktienrechts verankert worden ist. Das Weisungsrecht findet allerdings dort seine Grenze, wo das Unternehmenswohl bewusst und konkret gefährdet würde. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Gründung des Aufsichts- und Kontrollorgans bestimmen sich die Möglichkeiten und Grenzen der Weisungserteilung an gemeindliche Mitglieder eines obligatorischen Aufsichtsrats einer GmbH danach, ob sie bei gemeindlichen Aufsichtsratsmitgliedern einer AG zulässig wären. 8. Auch gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern einer AG sind Weisungen zulässig. Dies ergibt sich bereits aus der Haftungs- und Regressbestimmung nach § 113 Abs. 6 GO NRW. Hiernach haftet die Gemeinde selbst für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln ihrer Vertreter, soweit sie nach Weisung des Rates oder Ausschusses gehandelt haben. Weil die Vorschrift keine Unterscheidung zwischen den möglichen Organisationsformen trifft, muss die Erteilung von Weisungen jedenfalls unter bestimmten Umständen zulässig sein. Allerdings hat der Gemeinderat vor jeder Weisungserteilung zu prüfen, ob hierdurch das Unternehmenswohl geschädigt werden könnte. Dies folgt daraus, dass sie sich bei einer bewusst unternehmensschädigenden Weisungserteilung schadenersatzpflichtig machen würde

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8. Teil: Zusammenfassung

und hierdurch gegen ihre Pflicht, (finanziellen) Schaden von der Gemeinde fernzuhalten, verstoßen würde. 9. Hingegen sind sämtliche Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber dem Vorstand einer AG ausgeschlossen und Regimekollisionen daher von vornherein nicht denkbar. Die Gemeinde kann ihren Einfluss auf den Vorstand daher lediglich mittelbar durch eine taktisch kluge Besetzung des Aufsichtsrats – der wiederum den Vorstand bestellt und überwacht – sichern. 10. Gemeindevertreter werden im Hinblick auf die Pflicht zur Umsetzung der Ratsbeschlüsse lediglich im Innenverhältnis zur Vertretungskörperschaft gebunden. Ein Verhalten entgegen der Weisung ist nicht eo ipso unwirksam, sondern entfaltet Wirkung im Außenverhältnis. Handelt der Gemeindevertreter entgegen der erteilten Weisung, muss sich die Gemeinde sein Verhalten zurechnen lassen. Der Gebietskörperschaft verbleibt zur Disziplinierung nur die Möglichkeit, den illoyalen Gemeindevertreter abzuberufen oder abzuwählen. Dies ist im Übrigen die einzige Möglichkeit der Kommune, den Vertreter des Rates an seine gemeindlichen Pflichten zu erinnern und ihn zur Einhaltung dieser anzuhalten. Zu bedenken gilt schließlich, dass die Abberufung eines abtrünnigen Ratsmitglieds wiederrum zu Spannungen mit Minderheitsgesellschaftern beziehungsweise Anteilseignern führen könnte. Hat sich das widerspenstige Ratsmitglied durch sein weisungsfremdes Abstimmungsverhalten als renditeorientiert und wirtschaftsfreundlich erwiesen, könnten private Beteiligte ein Interesse daran haben, dass gerade dieses Ratsmitglied dem jeweiligen Organ erhalten bleibt. Dies aber ist freilich kein regimebedingter, sondern ein rein unternehmensinterner Konflikt, der stark vom Einzelfall abhängt. 11. Ein Weisungsrecht lässt sich aus den Regelungen der LHO NRW nicht herleiten. Insbesondere begründet § 65 Abs. 6 LHO NRW lediglich eine „Hinwirkungspflicht“ des Finanzministeriums. Insoweit ist der Wortlaut zu unbestimmt, um eine Rechtsgrundlage für ein verbindliches Weisungsrecht sein zu können.4 12. Der Bürgermeister als kommunaler Wahlbeamter unterliegt in seiner Funktion als Gemeindevertreter in den jeweiligen Organen des Unternehmens keinen beamtenrechtlichen Weisungsbindungen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Insoweit fehlt es ihm gegenüber bereits an einem Dienstvorgesetzten. 13. Dienstvorgesetzter der Gemeindebeamten ist der Bürgermeister, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LBG NRW, § 73 Abs. 2 GO NRW. Sie haben seine Weisungen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 3 Abs. 5 LBG NRW zu befolgen. Weil der Bürgermeister jedoch selbst den Weisungen und der Kontrolle des Gemeinderates unterliegt, sind Weisungen entgegen dem Ratsbeschluss nicht zu erwarten. Die beamtenrechtliche Folgepflicht dürfte daher nur dann akut werden, wenn ein Ratsbeschluss in einer bestimmten Abstimmungsangelegenheit fehlt und der Bürger

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Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 158.

E. Zu den ingerenzbedingten Regimekollisionen jenseits von Weisungen  

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meister den Gemeindebeamten im jeweiligen Unternehmensorgan zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten anhalten will. Insgesamt kommt der Diskussion um eine beamtenrechtliche Weisungsbindung nur bei strikter Ablehnung einer Weisungsgebundenheit von Aufsichtsratsmitgliedern zu. Hier wird die Frage nach dem Verhältnis zwischen Beamtenstellung und Organmitgliedschaft akut, weil zu klären ist, ob eine eventuelle beamtenrechtliche Weisungsgebundenheit durch die Organstellung und die damit verbundenen Pflichten tatsächlich überlagert wird.5

E. Zu den ingerenzbedingten Regimekollisionen jenseits von Weisungen 1. Die Ingerenzverpflichtung der Kommune erlaubt es ihr die entsandten Mitglieder des Rates schuldrechtlich zu verpflichten, ihr Mandat im Interesse der entsendungsberechtigten Gemeinde auszuüben. Zwar ergibt sich die Zulässigkeit solcher Stimmbindungsverträge für die GmbH aus der Vertragsautonomie und für die AG aus § 136 Abs. 2 AktG e contrario. Allerdings sind solchermaßen geschlossene Stimmbindungsverträge unverhältnismäßig und daher abzulehnen. Denn eine Weisungserteilungsmöglichkeit im Einzelfall erlaubt eine punktuelle Einflussnahme und Kontrolle der Gemeinde auch ohne die Autonomie der Gemeindevertreter allzu sehr einzuschränken. 2. Zur gezielten Einflussname ist die Gemeinde nur dann befähigt, wenn sie sämtliche hierfür notwendigen Informationen und Auskünfte einfordern kann. Ein effektiver Informationshaushalt ist der konkreten Anordnung somit vorgelagert. Die Reichweite des Auskunftsanspruchs hängt von der Stellung des Anspruchstellers innerhalb des Gemeinde­rates und der des Anspruchsgegners innerhalb des jeweiligen Unternehmens und seiner Binnenorganisation sowie davon ab, wem gegenüber der Anspruch geltend gemacht wird. Spiegelbildlich zum Auskunftsanspruch des Ratsmitglieds steht die Berichtspflicht des Gemeindevertreters, der in die jeweiligen Unternehmensorgane entsandt oder gewählt wurde. 3. Bei Auskunftsansprüchen im Zusammenhang mit den Geschäftsabläufen einer GmbH steht dem Ratsmitglied ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Bürgermeister aus § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zu. Jedem Gesellschafter steht wiederum ein Anspruch auf Auskunftserteilung aus § 51a Abs. 1 GmbHG gegen die Gesellschaft zu. Als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaftergemeinde ist der Bürgermeister gehalten, ihren Auskunftsanspruch gemäß § 51a Abs. 1 GmbHG gegenüber der Geschäftsführung geltend zu machen. Bei der Weitergabe der erhaltenen Informationen hat er jedoch stets zu überprüfen, ob die Weitergabe der Informationen rechtsmissbräuchlich sein könnte. Konflikte mit Minderheitsgesellschaftern sind dann zu erwarten, wenn sie gegenüber der Geschäftsführung vor

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So etwa Dreher, JZ 1990, 896 (897).

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8. Teil: Zusammenfassung

tragen, dass das Auskunftsverlangen lediglich der Ausforschung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen diene. Insoweit werden sie gegenüber der Geschäftsführung darauf drängen, eine nachteilig gesellschaftsfremde Nutzung der Informationen nach § 51a Abs. 2 GmbHG anzuerkennen. Allerdings bedarf die Auskunftsverweigerung eines Gesellschafterbeschlusses, welche wiederum zugunsten des kommunalen Mehrheitsgesellschafters ausgehen dürfte. 4. Haben sich die Geschäftspartner während der Gründung auf die Einrichtung eines Aufsichtsrats geeinigt, dürfen sie auch den Umfang der Auskunftspflicht ihrer Mitglieder regeln. Weil der Bürgermeister bei einem kommunal beherrschten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen dem Aufsichtsrat angehören wird, § 113 Abs. 2 Satz 2 GO NRW, kann der Umfang seiner Auskunftsverpflichtung bereits in der Gründungsphase festgelegt werden. Fehlt allerdings eine solche Regelung, sind die Verschwiegenheitspflichten nach §§ 116 Satz 1, 2 AktG i.V.m § 93  Abs.  1  AktG über die Brückennorm des § 52  Abs.  1  GmbHG ebenso wie bei einer Aktiengesellschaft zu beachten. Dies gilt erst recht für den Informationshaushalt einer GmbH mit einem obligatorischen (mitbestimmten) Aufsichtsrat. Der zulässige Verschwiegenheitsdispens richtet sich in diesen Fällen nach §§ 394, 395 AktG. 5. Macht das Ratsmitglied einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Bürgermeister – der zugleich Aufsichtsratsmitglied ist – nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW geltend, betrifft ihn die Dispensregelung des § 394 Satz 1 AktG i.V.m §§ 113 Abs. 5, 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW unmittelbar. Im Lichte des Gebots einer effektiven und umfassenden Ingerenzausübung darf der Bürgermeister die Auskunft gegenüber dem Rat, einer Fraktion, einem Ausschuss und erst recht gegenüber einem einzelnen Ratsmitglied jedenfalls dann erteilen, wenn eine gehörige Verschwiegenheit gewährleistet ist. Dies gilt auch für die GmbH mit einem obligatorischen Aufsichtsrat, weil vieles dafür spricht, dass der Gesetzgeber einen Verweis auf die §§ 394, 395 AktG im Mitbestimmungsrecht planwidrig unterlassen hat. 6. Ist ein hinreichendes Maß an Geheimnisschutz hergestellt, gilt spiegelbildlich zum Umfang des Auskunftsanspruchs selbiges auch für die Berichtspflicht des Gemeindevertreters gegenüber dem Rat nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW. 7. Ist der Bürgermeister allerdings kein Aufsichtsratsmitglied, steht ihm in Erfüllung des Anspruchs eines Ratsmitglieds nach § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW gegen Mitglieder dieses Organs ein Auskunftsrecht nach § 394 Satz 1 AktG i.V.m § 113 Abs. 5 GO NRW zu. Auch in diesem Fall ist ihm die begehrte Auskunft zu erteilen, soweit das erforderliche Maß an Verschwiegenheit gewährleistet ist. 8. Weil §§ 394, 395 AktG bei der Einhaltung der erforderlichen Geheimhaltung Auskünfte und Berichte an den Gemeinderat, die Ratsfraktion sowie an Ausschüsse und erst recht an das einzelne Ratsmitglied zulassen, kommt es zwischen §§ 113 Abs. 5, 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW und den Verschwiegenheitsvorschriften des Aktienrechts nach §§ 116 Satz 1, 2 AktG i. V. mit § 93 Abs. 1 AktG zu keiner

F. Zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen 

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Kollision, die durch eine Vorrangregelung gelöst werden müsste. Bietet die Gemeinde hinreichende Gewähr dafür, dass die Adressaten der erteilten Auskünfte und Berichte sämtliche Informationen geheim behandeln und die Interessen des Unternehmens, der Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner achten, ist das Informationsmanagement zwischen der Gemeinde und dem durch sie beherrschten Unternehmen zugunsten einer möglichst wirkungsvollen kommunalen Ingerenz auszugestalten. Dies gebietet bereits das Erfordernis der uneingeschränkten demokratischen Legitimation jedweden, insbesondere wirtschaftlichen Handelns der öffentlichen Hand. 9. Haben sich die Hoffnungen der öffentlichen Hand, die mit der Organisationsprivatisierung einhergingen, nicht erfüllt, kann sie nach den Vorschriften der Verschmelzung und Spaltung von Unternehmen, §§ 174 f., 176 ff. UmwG, das übrige Kapital auf die öffentliche Hand übertragen. Ist kein Kapital mehr vorhanden, kann die Gesellschaft aufgelöst und liquidiert werden. Allerdings sind in der Phase der Rückumwandlung und Liquidation Regimekollisionen – anders als in der Phase der Unternehmensgründung und -führung – nicht denkbar. Insoweit steht dem Umwandlungsrecht bereits kein spezifisches Landesrecht entgegen.

F. Zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen 1. Die zulässige Ausgestaltung und Umsetzung der Ingerenzpflicht findet ihre Grenze nicht an den entgegenstehenden Vorgaben des Gesellschaftsrechts. Im Falle einer Normenkollision kommt es zu keinem Vorrangautomatismus zugunsten eines der Rechtsgebiete. Insbesondere ist die Lehre vom Vorrang des Gesellschafsrechts abzulehnen. Die Kollisionsnorm des Art. 31 GG eignet sich nicht zur Lösung des Konflikts. Entgegenstehende kommunale Ingerenzpflichten wie § 113 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 GO NRW sind Konkretisierungen der verfassungsrechtlich gebotenen Steuerungs- und Kontrollpflicht und werden daher nicht hierarchisch überhöht. 2. Aufgrund der vielfältigen Verflechtungen und Überschneidungen beider Regelungsregime ist es möglich, das Gesellschaftsrecht mit kommunalen Ingerenzpflichten in Einklang zu bringen. Zu diesem Zweck ist eine Kollisionsdogmatik im Wege der praktischen Konkordanz zu entwickeln. Dies hat auch das BVerfG6 entschieden und hierdurch der umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall Vorrang vor einer schematischen Lösung zugunsten eines der Rechtsgebiete eingeräumt. 3. Die Kernaussagen des BVerfG dürfen auf den Gemeinderat übertragen werden, weil es parlamentsähnliche Strukturen aufweist. So ist auch im „Gemeinde­ parlament“ die Ratsarbeit durch die Geschäftsordnung vorgegeben und wird

6

BVerfGE 147, 50 ff.

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8. Teil: Zusammenfassung

durch Fraktionen und Ausschüsse kanalisiert. Daher sind auch im kommunalen Bereich Informations-, Weisungs- und Kontrollrechte des Gemeinderates in praktische Konkordanz mit widerstreitendem Gesellschaftsrecht zu bringen. Aus diesem Grund begründet auch die Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 GO NRW keine formelle Subsidiarität des Kommunalrechts gegenüber entgegen­stehenden Vorschriften des Gesellschaftsrechts. Weil nämlich im Kollisionsfall zwischen den Vorgaben beider Regelungsregime sämtliche Interessen in Abwägung zu bringen sind, verbietet sich der Hinweis auf einen schlichten Vorrangautomatismus. 4. Können im Wege der praktischen Konkordanz allerdings keine Ergebnisse erzielt werden, die im Einklang mit kommunalen Ingerenzpflichten stehen, sind klare Vorgaben erforderlich, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein hinreichendes Legitimationsniveau Rechnung tragen und zugleich Rechtssicherheit zugunsten sämtlicher Beteiligter herstellen. Gerade hier offenbart das Urteil des BVerfG allerdings eine erhebliche Schwäche. Zwar führt eine umfassende Abwägung widerstreitender Interessen des Rates und der Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner zu einer einzelfallorientierten Entscheidung. Der Herstellung praktischen Konkordanz ist allerdings die Unsicherheit des Abwägungsergebnisses immanent. Hier besteht die Gefahr, dass die Interessen der Gemeinde gegenüber denen der privaten Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner unterliegen und daher Weisungen an sowie Auskünfte und Berichte von Gemeinderatsvertretern nicht erteilt werden dürften. Dies führte allerdings zu erheblichen Einbußen des demokratischen Legitimationsniveaus. Aus diesem Grund ist die praktische Konkordanz lediglich als erster Schritt im Rahmen der Lösung ingerenzbedingter Normenkollisionen zu verstehen. 5. Als zweiter Schritt eignet sich das Instrument des Verwaltungsgesellschaftsrechts. Es ermöglicht der Verwaltung verfassungsrechtliche Ordnungsprinzipien zu befolgen und auftretende Normenwidersprüche im Wege verfassungskonformer Auslegung zugunsten einer umfassenden Ingerenzsicherung zu lösen. Denn auch das Gesellschaftsrecht steht nicht außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung. Daher müssen sämtliche Normen zurückstehen, die der Durchsetzung des staatlichen Gemeinwohlauftrags entgegenstehen. Auf diese Weise wird die gebotene demokratische Legitimation der Unternehmensentscheidung gesichert.

G. Zum Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 1. Weil sich das BVerfG zur Lösung ingerenzbedingter Regimekollisionen auf eine Abwägung im Wege der praktischen Konkordanz beschränkt, zugleich jedoch ein hinreichend demokratisches Legitimationsniveau bei sämtlicher (wirtschaftlicher) Tätigkeit der öffentlichen Hand verlangt, dürfte es zulässig sein, das Ab-

G. Zum Entwurf eines modifizierten Verwaltungsgesellschaftsrechts 

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wägungserfordernis und das klassische Verwaltungsgesellschaftsrecht zueinander in Verhältnis zu setzen und in ein fest verankertes Ordnungsschema einzubetten. Dies soll dadurch erfolgen, dass auf der ersten Stufe sämtliche Interessen berücksichtigt und entsprechend harmonisiert werden. Hier sollen sämtliche Beteiligte zueinander in Kontakt treten, ihre Bedenken äußern und den streitigen Punkt erforderlichenfalls erneut im Gemeinderat beraten. Ergibt sich hierbei, dass etwa eine Preiserhöhung für eine nachhaltige Daseinsvorsorge tatsächlich unumgänglich ist oder die erfragten Auskünfte so brisant sind, dass der Schaden im Falle eines Herausdringens an die Öffentlichkeit irreversibel wäre, könnte die Gemeinde von einer steuernden Einwirkung auf das Unternehmen absehen und den Interessen der Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigner Vorrang einräumen. 2. Ergibt die Abwägung auf der ersten Stufe hingegen, dass der Gemeinwohlzweck entgegen den Interessen der Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Anteilseigner durchgesetzt werden muss, kommt dem öffentlichen Recht durch eine verfassungskonforme Auslegung des entgegenstehenden Gesellschaftsrechts ein Letztentscheidungsprimat auf der zweiten Stufe zu. Diese verpflichtende Stufenfolge wird als modifiziertes Verwaltungsgesellschaftsrecht bezeichnet, wobei gerade die erste Stufe sicherstellt, dass die Abwägung keine bloße Formalie, sondern ein verfassungsrechtlicher Auftrag ist. Durch die zweite Stufe wiederum wird Rechtssicherheit aus praktischer und ein erforderliches demokratisches Legitimationsniveau aus verfassungsrechtlicher Sicht verbürgt. 3. Durch ein solchermaßen begründetes modifiziertes Verwaltungsgesellschaftsrecht bedarf es auch de lege ferenda keiner öffentlich-rechtlichen Gesellschaft im Sinne eines Sondergesellschaftsrechts für den kommunalen Bereich. Ebenso wenig ist die Ausgestaltung einer zwischengeschalteten Holdingsstruktur erforderlich. Dies bereits deshalb, weil aus „einem faktischen Abhängigkeitsverhältnis Kontroll- und Prüfungsmechanismen implementiert werden können“.7 Schließlich können auch statuarische Verankerungen des Rangverhältnisses das vorgestellte modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht nicht ersetzen. Denn insoweit betreffen sie unterschiedliche Bereiche. Das modifizierte Verwaltungsgesellschaftsrecht als Konfliktlösungsinstrument wird nämlich erst dann virulent, wenn das Rangverhältnis der Rechtsregime nicht im Statut des kommunal beherrschten Unternehmens verankert ist.

7 Becker, in: Wurzel / Schraml / ders., Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, D., Rn. 578 f.

Literaturverzeichnis Adenauer, Konrad: Gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats bei verfassungswidriger Besetzung. Zur Reichweite des § 104 AktG. Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (NZG) 2019, 85–90. Zit.: Adenauer, NZG 2019, 85 Adenauer, Konrad: Gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats bei verfassungswidriger Besetzung, Teil II. Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (NZG) 2019, 1174–1176. Zit.: Adenauer, NZG 2019, 1174 Albers, Gregor: Grund- und Einzelfragen des öffentlichen Unternehmens. 15. Rheinische Gesellschaftsrechtskonferenz am 14.5.2019 in Düsseldorf. Kapitalmarkt-Report. Die Aktiengesellschaft (AG) 2019, R183-R185. Zit.: Albers, AG 2019, R183 Albrecht-Baba, Alexandra: Die Treuepflicht der politischen Mandatsträger als Aufsichtsratsmitglieder in einem Unternehmen. Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2011, 127–132. Zit.: Albrecht-Baba, NWVBl. 2011, 127 Alfuß, Werner E.: Staatliche Haftungsbeschränkung durch Inanspruchnahme privatrechtlicher Organisationsformen. Zugl.: Köln, Univ. Diss., 1976. Zit.: Alfuß, Staatliche Haftungsbeschränkungen, S. Altmeppen, Holger: Die Einflussrechte der Gemeindeorgane in einer kommunalen GmbH. Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2003, 2561–2567. Zit.: Altmeppen, NJW 2003, 2561 Altmeppen, Holger: Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Kommentar. 9. Auflage. München, 2019. Zit.: Bearbeiter, in: Roth / Altmeppen, § GmbHG, Rn. Altmeppen, Holger: Weisungen an kommunale Aufsichtsratsmitglieder. Anmerkung zum Urteil des BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16/10. Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2011, 3737–3738. Zit.: Altmeppen, Anmerkung zum Urteil des BVerwG, Urteil vom 31.08.2011, Az.: 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 Altmeppen, Holger: Zur Rechtsstellung der Aufsichtsratsmitglieder einer kommunalen GmbH, in: Burgard, Ulrich/Hadding, Walther/Mülbert, Peter O. et al.: Festschrift für Uwe H. Schneider, S. 1–14. Köln, 2011. Zit.: Altmeppen, in: FS U. H. Schneider, S. Articus, Stephan / Schneider, Bernd Jürgen (Hrsg.): Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen. Kommentar. 5. Auflage. Stuttgart, 2016. Zit.: Bearbeiter, in: Articus / Schneider, §, S. Badura, Peter: Das Verwaltungsmonopol. Zugl.: Erlangen, Univ. Habil., 1963. Berlin, 1963. Zit.: Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. Badura, Peter: Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: von Münch, Ingo: Festschrift für HansJürgen Schlochauer, S. 1–23. Berlin, New York 1981. Zit.: Badura, in: FS Schlochauer, S. Badura, Peter: Staatsrecht. Systematische Erläuterung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. 7. Auflage. München, 2018. Zit.: Badura, Staatsrecht, Abschnitt, S.

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