Niketas Choniates: Erläuterungen Zu Den Reden Und Briefen Nebst Einer Biographie [Reprint 2012 ed.] 3110022907, 9783110022902

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Niketas Choniates: Erläuterungen Zu Den Reden Und Briefen Nebst Einer Biographie [Reprint 2012 ed.]
 3110022907, 9783110022902

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Vorbemerkung über die häufiger angeführten Werke
1. Biographie
2. Die Reden
3. Die Briefe
Register
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Addendum

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N I K E T A S CHONIATES

W DE G

SUPPLEMENTA

ΒΥΖΑΝΤΙΝΑ

BAND 2

WALTER DE GRUYTER . BERLIN · NEW Y O R K 1971

NIKETAS CHONIATES ERLÄUTERUNGEN ZU DEN REDEN UND BRIEFEN NEBST EINER BIOGRAPHIE

VON

JAN-LOUIS VAN DIETEN

WALTER DE GRUYTER · BERLIN . NEW Y O R K 1971

ISBN 3 11 002290 7

© 1971 by Walter de Gruyter Sc Co., vormals G. J. Göschen'sehe Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischea Wiedergabe, der Ubersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten Satz und Druck: Druckhaus Sellier O H G Freising vormals Dr. F. P. P. Datterer & Cie. — Printed in Germany

Vorwort „Der Schriftsteller, der den Gegenstand dieser Arbeit darstellt, ist wenig bekannt, sowohl in der russischen als auch in der ausländischen Literatur. Man beschäftigt sich nicht gerne mit der byzantinischen Geschichte; keine einzige Literaturgeschichte erwähnt eine Monographie über Niketas." Diese Worte schrieb Feodor Uspenskij im Vorwort seines Buches: Der byzantinische Schriftsteller Niketas aus Chonai (russisch), Sankt Petersburg 1874, S. V. Seit dem Erscheinen dieses Buches hat die Forschung auf dem Gebiet der Byzantinistik große Fortschritte gemacht, die Arbeit Uspenskijs aber ist bis jetzt die einzige Monographie über Niketas geblieben, und die Probleme im Zusammenhang mit Niketas' Geschichtswerk, auf die er hingewiesen hat, haben noch keine Lösung gefunden, eine Tatsache, die nicht zuletzt auf das Fehlen einer kritischen Ausgabe zurückzuführen ist. Vorstudien für eine kritische Ausgabe des Geschichtswerkes wurden von Hugo Leicht gemacht, der seine Voruntersuchungen 1921 als Dissertation bei A. Heisenberg einreichte. Ob Leicht je die Absicht hatte, die Ausgabe selbst in Angriff zu nehmen, scheint mir aufgrund seiner hinterlassenen Papiere mehr als fraglich. Jedenfalls hat er die Byzantinistik bald aufgegeben (vgl. Chalikes, Festgabe XI. Byzantinistenkongress München, 15.—20. September 1958, S. 152/3); die Herausgabe der Arbeit Leichts wurde zwar angekündigt (vgl. F. Dölger, Beiträge zur byz. Finanzverwaltung, Lpz.-Berlin 1927, S. 30, Anm. 2; BZ 32, 1932, S. 411 u. 37, 1937, S. 502), kam aber nicht zustande. Ich erhielt den Anstoß zu dieser Arbeit im November 1953 von meinem verehrten Lehrer Professor Dr. F. J. de Waele, der mich dadurch für die Byzantinistik gewann. Sein Anliegen war eine kritische Edition des Geschichtswerkes; als Parergon jener Hauptaufgabe entstand die Ausgabe der kleineren Werke des Niketas. Sie erscheint jetzt zuerst; das Hauptwerk ist jedoch auch bereits abgeschlossen und wird in kurzem folgen. Die Arbeit besteht aus einem Textband und aus dem vorliegenden Subsidienband. Dieser enthält die Skizze einer Biographie des Niketas Choniates sowie Einführungen zu den einzelnen Reden und Briefen.

VI

Vorwort

Den Einführungen folgen jeweils historische Anmerkungen; dabei geben die Zahlen Seite und Zeile des Textbandes an. Es war nicht unsere Absicht, einen erschöpfenden Kommentar zu bieten, sondern nur das, was zum Verständnis des Textes unentbehrlich schien. Vieles fehlt, was zu einer vollgültigen Würdigung dieser Schriften gehört, ζ. B. eine Behandlung der Sprache, die Erörterung des Prosarhythmus usw. Bei dem Fehlen umfassender Vorarbeiten über die byzantinische Rhetorik und Epistolographie wäre dazu jedoch noch so viel Nebenarbeit erforderlich gewesen, daß diese die Erfüllung unserer eigentlichen Aufgabe ad Kalendas Graecas verschoben hätte. Unsere Ausgabe möge anderen Anlaß bieten, auf dem Gebiet der byzantinischen Rhetorik weiter vorzustoßen. Diese Arbeit ist nicht ohne Hilfe und Unterstützung zustande gekommen. Dr. Jean Darrouzès, Paris, der auch schon Pläne hatte, die Reden und Briefe des Niketas zu veröffentlichen, machte mir, sobald er von meinem Vorhaben erfuhr, das Angebot, den griechischen Text anhand seines Mikrofilms zu überprüfen, ein Angebot, das ich dankbar und zum Vorteil meiner Arbeit angenommen habe. Von größtem Nutzen war mir auch die Zusammenarbeit mit Dr. Franz Grabler, Wiener Neustadt, dessen Übersetzung dieser Reden und Briefe ich als wichtigstes Hilfsmittel zu diesen nicht immer leichten Texten empfehlen möchte (Kaisertaten und Menschenschicksale im Spiegel der schönen Rede, Byzantinische Geschichtsschreiber Bd. XI, Graz 1966). U. a. verdanke ich seinem Scharfsinn einige Textkorrekturen, und auch zu den Anmerkungen hat er nicht unbedeutende Ergänzungen geliefert. Schließlich verdanke ich Herrn Professor Dr. R. Keydell und Herrn Dr. D. Krömer nützliche Hinweise. Finanzielle Hilfe gewährte mir die Nederlandse Organisatie voor Zuiver Wetenschappelijk Onderzoek, der Centre National de la Recherche Scientifique sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Universität Köln. Ganz besonders gefördert wurde meine Arbeit von Herrn Professor Dr. B. Rubin; auch Herr Professor Dr. H. Wenzel vom Verlag Walter de Gruyter & Co. hat sich darum verdient gemacht. Es ist mir ein Bedürfnis, für alle Unterstützung, Förderung und Mitarbeit an dieser Stelle herzlich zu danken. Ich muß darauf verzichten, weitere Namen zu nennen, aber alle, die meiner Arbeit menschliches und wissenschaftliches Interesse entgegengebracht haben, mögen wissen, daß ich diese Arbeit mit einem dankbaren Gedenken an sie abgeschlossen habe. München, den 15. Januar 1968

JAN-LOUIS VAN DIETEN

Inhalt Vorwort Vorbemerkung über die häufiger angeführten Werke

V IX

1. Biographie Die Quellen und die bisherige Literatur Der Name Die Familie Geburtsort Geburtsjahr Jugend Lebenslauf Die Persönlichkeit des Niketas Überblick über die Quellenangaben zur Karriere des Niketas Chronologie der Reden und Briefe

1 4 8 15 18 21 22 51 56 57

2. Die Reden Rede an Isaak II. Angelos, der gegen die aufständischen Vlachen und Bulgaren ins Feld rückt Sendschreiben des Kaisers Isaak II. Angelos an den Patriarchen und die Synode zu Konstantinopel, um ihnen den militärischen Erfolg im Feldzug gegen die Kumanen mitzuteilen . Grabrede auf seinen Freund Theodoros Trochos Rede, gehalten vor Isaak II. Angelos bei seiner Rückkehr nach Konstantinopel nach einem großen Sieg über Stephan Neman ja von Serbien und einem Besuch bei seinem Schwiegervater Bela III. von Ungarn Festrede zur Vermählung des Kaisers Isaak II. Angelos mit Margarete, der Tochter des Königs Bela III. von Ungarn . . . Gedicht für die Hochzeit Isaaks mit Margarete von Ungarn . . Totenklage um sein frühverstorbenes Söhnchen Rede an Alexios III. Angelos, der im Westen über den abtrünnigen Ivanko und im Osten über die Perser gesiegt hat .

61 65 80

81 87 92 95 96

Vili

Inhalt

Verteidigung gegen den Chartophylax der Großen Kirche in der Kontroverse über die Unverweslichkeit des Leibes Christi in der Eucharistie Lobrede auf Isaak II. Angelos, gehalten am Epiphaniefest des Jahres 1190 Rede an Alexios III. Angelos nach dessen Rückkehr von einer Expedition gegen den Sultan von Ikonion und nach der Unterdrückung der Palastrevolution des Joannes Komnenos mit dem Beinamen „der Dicke" Rede an Alexios III. Angelos bei dessen Rückkehr von einem Feldzug gegen Manuel Kamytzes, Chrysos Dobromir und Spyridonakes und nach einem Vertrag mit Kalojan von Bulgarien Stegreifrede zur Verteidigung der These, daß der Winter besser ist als der Sommer Seiention, vorgetragen von Theodoros Laskaris zu Beginn der Fastenzeit Lobrede auf die Kriegstaten des Theodoros Laskaris . . . . Totenklage um den Bruder seiner Frau, Joannes Belissariotes Rede an Theodoros Laskaris bei dessen Rückkehr nach einem großen Sieg über den Sultan von Ikonion, der in dieser Schlacht vom Kaiser mit eigener Hand getötet worden war Rede, vorgetragen von Theodoros Laskaris zu Beginn der Fastenzeit Rede an den Bischof von Philippopolis

106 116

122

129 137 140 143 155 161 162 165

3. Die Briefe An den Dikaiophylax Konstantinos Makrocheir An Basileios Kamateros, den Onkel des Kaisers An Makrocheir An Konstantinos Mesopotamites, Metropolit von Thessalonike An Theodoros Eirenikos, der früher Epi tou Kanikleiou war . An einen Freund An Basileios Kamateros, Onkel des Kaisers An Theodoros Eirenikos, der früher Epi tou Kanikleiou war . An Konstantinos Mesopotamites An Michael Autoreianos, den Groß-Sakellarios An den Onkel des Kaisers, Basileios Kamateros Register

169 170 172 173 175 177 178 179 180 180 181 187

Vorbemerkung über die häufiger angeführten Werke Das Geschichtswerk des Niketas wird zitiert nach der Ausgabe von Immanuel Bekker (Nicetae Choniatae Historia) im Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae, Bonnae 1835 ; bei der Übersetzung von Zitaten wurde einige Male die Übersetzung von F. Grabler, Byzantinische Geschichtsschreiber Bd. VII, V i l i , IX, Graz 1958, benutzt. Die Werke des Michael Chômâtes werden zitiert nach der Ausgabe von Sp. Lampros, vgl. S. 1. Die Arbeiten, die für die Biographie des Niketas von Bedeutung sind, werden S. 3—4 aufgezählt und später nur noch mit den Namen der Autoren (Lampros, Miller, Stadtmüller, Ullmann, Uspenkij) zitiert. In den Einleitungen zu den einzelnen Schriften wird jeweils ein Literaturverzeichnis gegeben. Wir haben uns dabei auf die Literatur beschränkt, die sich speziell mit der jeweiligen Schrift befaßt. Die Arbeiten, die für die Periode des Isaak II. Angelos in Betracht kommen, werden in der Einleitung zur I. Rede, die für die Periode des Alexios III. Angelos zur X. Rede, die für die Nikaiische Periode zur XIII. Rede zusammengestellt. Das S. 61 genannte vortreffliche Werk von Ch. M. Brand habe ich leider erst bei der Fahnenkorrektur berücksichtigen können. Außerdem sind folgende verkürzte Angaben zu beachten : Bréhier, Μ. Β. I = L. Bréhier, Vie et Mort de Byzance. Le Monde Byzantin I, Paris 1947. Bréhier, M. Β. II = L. Bréhier, Les Institutions de l'Empire byzantin. Le Monde Byzantin II, Paris 1948. Dölger, Finanzverwaltung = F. Dölger, Beiträge zur byzantinischen Finanzverwaltung, besonders des 10. und 11. Jahrh., Byz. Archiv 9, Leipzig-Berlin 1927 (Unveränderter Abdruck mit Berichtigungen und Ergänzungen [S. 161 ff.], Darmstadt 1960). Dölger, Reg. = F. Dölger, Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches, II (1025—1204), München-Berlin 1925; III (1204—1282), ebd. 1932. Grumel, Reg. = V. Grumel, Les Regestes des Actes du Patriarcat de Constantinople, I (381—715), 1932; II (715—1043), 1936; III (1043—1206), 1947. Krumbacher = K. Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur, 2München 1897 (New York o. J.). Miklos.-Müller = F. Miklosich et J. Müller, Acta et diplomata graeca medii aevi sacra et profana, 6 Bde., Wien 1860—1890.

χ

Vorbemerkung über die häufiger angeführten Werke

Muralt = E. de Muralt, Essai de Chronographie byzantine 1057—1453, St. Pétersbourg 1871-3 (Amsterdam 1966). Ostrogorsky = G. Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates, 3 München 1963. Stein, Untersuchungen = E. Stein, Untersuchungen zur spätbyzantinischen Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte, Mitteilungen zur Osmanischen Geschichte II, 1923/25, S. 1—62 (Amsterdam 1962). Vasiliev= A.A. Yasiliev, History of the byzantine Empire, 2 Madison 1952 (Unveränderter Neudruck in 2 Bdn., Madison 1958 u. 1961). Zachariä von Lingenthal = Κ. E. Zachariä von Lingenthal, Geschichte des griechischrömischen Rechtes, 'Berlin 1892 (Aalen 1955).

1. Biographie Die Quellen und die bisherige

Literatur

Wir beschränken uns hier auf die literarischen Quellen und lassen ein Bild unseres Schriftstellers, überliefert im Wiener Codex Hist. Gr. 53, wie auch die Bleisiegel, die man ihm zugeschrieben hat, vorläufig außer Betracht1. Außer den Werken des Niketas selbst (Reden, Briefe, Thesauros Orthodoxias, Geschichtswerk) helfen uns nur noch einige Briefe seines Bruders Michael, der, wie bekannt, Bischof von Athen war, und eine Monodie desselben, die er verfaßt hat, als er die Nachricht vom Tode seines Bruders erhielt. Die Werke Michaels sind herausgegeben von Sp. Lampros, Μιχαήλ 'Ακομινάτου τοΰ Χωνιάτου τά σωζόμενα, 2 Bde., Athen 1879—1880. Die für uns wichtigen Briefe sind folgende: Nr. 1 (Bd. II, 1—2) an Niketas selbst; Nr. 3 (II, 3—5) an einen gewissen Konstantinos Pegonites; Nr. 5 (II, 7—8) an Michael Autoreianos (den späteren Patriarchen) ; Nr. 164 (II, 324—326) an einen Neffen namens Michael. Die Totenklage steht Bd. I, 345—366 (die Anmerkungen dazu Bd. II, 538—547)2. 1

Auf diese problematischen Quellen kommen wir in Anm. 61 und Anm. 29 zurück. Fabricius, Bibl. Gr. VI, Hamburgi 1714, S. 402—3 (vgl. Fabricius-Harles VII, Lipsiae 1801, S. 737) glaubte, es gäbe noch eine zweite Rede Michaels auf Niketas : „aliud, u t videtur, Encomium Nicetae Choniatae a Michaele scriptum, quod incipit κωφό; μέν άνήρ exstat in bibl. Bodl. cod. Barocc. C X X X I " . Diese Angabe wurde wiederholt von Ulimann, S. 675. Es handelt sich hier aber um das Enkomion Michaels auf Niketas, denBischof vonChonai, vgl. unten S. 14—5 und Anm. 15. Die Monodie Michaels auf seinen verstorbenen Bruder wurde zuerst in lateinischer Übersetzung von Pierre Moreau de Tours (Petrus Morellus Turonensis) veröffentlicht, und zwar in der Sonderausgabe von Wolfs Ubersetzung des Geschichtswerkes, Nicetae Acominati historia, Parisiis 1566, wiederholt in Historia rerum in Oriente gestarum. Francofurti 1568, in der Bibliotheca Maxima P a t r u m Lugdunensis T.25, 1577, S. 180 fi., in der Ausgabe der lateinischen Übersetzung der ersten fünf Bücher des Thesauros von Pierre Moreau, Parisiis 1580, im Corpus Historiae Byzantinae, Francofurti 1587, in der Neuausgabe des Thesaurosfragmentes nach Moreau, Genavae 1592, in der Bibliotheca Patrum Coloniensis T. 12 und bei Migne, P. G. 140, 361—378. Ein kleines Stück des griechischen Textes gab zuerst L. Allatius in seiner Streitschrift gegen Hottinger, S. 197 f. Der griechische Text wurde auch benutzt von G. Tafel, Michaelis Acominati Athen. Metrop. Panegyricus Is. Angelo post Andronicum Comnenum regno pulsum dictus Constantinopoli, Tubingae 1846; nach einer Verweisung auf die lateinische Übersetzung in der Bibl. Maxima Patrum von Lyon fügt er hinzu (S. 14) : ,,cuius partes Graecas olim mihi e codd. Parisinis describendas curavi". 2

1

van Dielen

2

Biographie

Den ersten Lebensabriß des Niketas verfaßte Pierre Moreau und veröffentlichte ihn zusammen mit seiner lateinischen Übersetzung der ersten fünf Bücher des Thesauros Orthodoxias (Paris 1580). Er nahm diese biographische Notiz in das Widmungsschreiben an den Kardinal Joannes von Sankt Andreas auf, das er dieser Ausgabe vorausschickte ; jedoch hatte er dieselbe Notiz schon in der Sonderausgabe der lateinischen Übersetzung des Geschichtswerkes veröffentlicht (s. Anm. 2). Diese Skizze war lange Zeit die Hauptquelle für Notizen über Niketas in enzyklopädischen Werken. Sie enthielt außer einer falschen Datierung der Einnahme Konstantinopels durch die Kreuzritter (1202) auch eine phantasievolle Interpretation des Ereignisses, das Niketas selbst im Geschichtswerk (S. 779, 20—782, 4) erzählt und das auch Michael in seiner Totenklage (S. 360, 16ff.) feiert. Moreau fabrizierte daraus folgende Fabel : „Nicetas... expugnata a Latinis Constantinopoli, virgineque illa Bellisariotide e manibus hostis erepta, quam postea duxit uxorem, ... Nicaeam ... se contulit." Tatsächlich war die Frau des Niketas eine Tochter aus der bekannten Familie Belissariotes, aber im J. 1204 waren die beiden schon längst verheiratet und hatten mehrere Kinder, und gerade zu der Zeit, als sie aus Konstantinopel flüchteten, erwartete, wie Niketas selbst (Gesch. 778, 5—19) erzählt, Die Erstausgabe des griechischen Textes findet sich bei Migne, P. G. 140, 1247—1258. Sie ist sehr mangelhaft wegen der oft schwer oder gar nicht lesbaren Vorlage, des Cod. Par. 1234; man vergleiche die Bemerkung des Herausgebers unter der Überschrift der lateinischen Ubersetzung (ebd. 361/2) : „Graecum textum post impressa Latina invenimus in cod. Paris. 1234... lacunis misere foedato, quasMorellus interpres conjiciendo explevit. Exstat qualis qualis in fine hujus tomi." Doch ist der Text im Pariser Codex besser lesbar, als die Ausgabe vermuten läßt. Diese Ausgabe war Sp. Lampros bekannt ; er qualifizierte sie (I, S. 345) als ,,μεγάλωζ ήμαρτημένη". Über dessen Ausgabe der Werke Michaels vgl. man E. Miller, Journal des Savants, 1880, S. 755—770, der aber auf textkritische Probleme nicht eingeht; F. Uspenskij, Sotsjinenija Michaila Akominata, Zap. Imp. Novoross. Univ. Odessa 32, 1881, S. 187—208 (auch separat, 22 S.), mir unzugänglich geblieben; P. N. Papageorgiu, Μιχαήλ Ά κ . t . Χ. τ ά σωζόμενα έκδοθέντα ύττό Σπ. Π. Λάμπρου καί ó êv Φλωρεντία Λαυρ. Κώδιξ, Athen 1883. Man bekommt den Eindruck, daß Papageorgiu nicht ohne Vorurteil schreibt, doch bringt er wichtige Berichtigungen und Nachträge. Uber Michael Chômâtes und seine Werke vergleiche man an erster Stelle immer G. Stadtmüller. Lampros veröffentlichte (II, S. 544—545) aus Cod. Vindob. Phil. Gr. 342 (fol. 175—176) einen anonymen Brief, der die Überschrift t r ä g t : Eis Ν ι κ ή τ α ν τ ό ν τ ο υ Ά 3 η ν ώ ν άδελφόν. Er glaubt, daß es sich hier um die beiden Brüder aus Chonai handelt. Auch wenn das der Fall ist, so ist das Schreiben ohne Wert für unsere biographische Skizze, weil es keine einzige konkrete Angabe enthält. Der Absender ist Metropolit Synadon von Phrygien. Der ganze Brief ist ein Lobpreis der Weisheit und der literarischen Begabung des Niketas. Was der Metropolit dem entgegenstellen kann, ist völlig unbedeutend, doch hofft er, daß Niketas den Kontakt mit ihm fortsetzen werde. Man h a t Niketas auch eine Korrespondenz mit Joannes Apokaukos zugeschrieben; der Partner des Apokaukos war aber ein Neffe unseres Schriftstellers, vgl. dazu unten S. 13 mit Anm. 12.

Die Quellen und die bisherige Literatur

3

seine Frau wieder ein Kind. Auch Michael gibt keinen Anlaß zu Moreaus Erfindung ; er behauptet nur, daß das Mädchen, das Niketas vor Vergewaltigung rettete, von ihm seine Frau genannt wurde (ώς συζύγου διαζευγνύμενος και τά δεινότατα πάσχων έσχετλίαζε, S. 360, 23—24) und fügt hinzu, daß das die erste Lüge seines Bruders war, eine Lüge, die er nach dem Beispiel des heiligen Augustinus als ,,ηοη mendacium, sed mysterium" interpretiert. Auch die folgenden Worte Michaels lassen keinen Zweifel zu; er verweist auf Abraham, der, als er nach Ägypten kam, Sarah seine Schwester nannte, und sagt von Niketas: O UTOS δέ την παρθένο ν και μήπω γυναίκα ουσαν γυναίκα ώνόμαζεν έαυτοϋ (S. 362, 2—3). Er wagt es sogar, seinen Bruder mit Christus zu vergleichen, der sein Leben gab für seine Braut, die Kirche, und drückt sich dabei ganz eindeutig aus : ούτω και ò εμός αδελφός υπέρ της ούκ ούσης αύτω γυναικός ούτε μην όλως έσομένης ... εις προύπτον επέρριψεν εαυτόν κίνδυνον (S. 362, 24—27)3. Außer der Skizze Moreaus sind noch folgende Werke zu nennen : L. Allatius, De Nicetarum Scriptis. Diese Arbeit wurde um 1641 verfaßt, aber erst von A. Mai veröffentlicht, zuerst in: Nova Bibliotheca Patrum VI. 2, Romae 1847, und dann in L. Allatius, Diatribae tres ineditae, Romae 1853, S. 1—39 (De Nicetae Choniatae vita S. 25—35). Es muß hier aber bemerkt werden, daß die Arbeit trotzdem schon Fabricius bekannt war 4 . M. Hankius, De Byzantinarum Rerum Scriptoribus Graecis liber, Lipsiae 1677, S. 522—534. Ein besonderes Verdienst von Hankius ist, daß er die Ehe-Fabel Moreaus zurückwies. A. Ellissen, Michael Akominatos von Chonä, Erzbischof von Athen usw., Göttingen 1846, S. 7—40. Der Autor betrachtete es als unmög3 Die von Moreau erfundene Legende wurde in verschiedene namhafte Werke übernommen, was ihr ein langes Leben sicherte. Man vergleiche z. B. L. Moreri, Le Grand Dictionnaire historique, ou le mélange curieux de l'histoire sacrée et profane, Lyon 1674 (eingesehen wurde die 20. Auflage, Lyon 1759) s. ν. Nicétas Achominate (T. 7, S. 1014) ; F. X. de Feller, Biographie universelle ou dictionnaire historique etc., Augsburg 1781 (eingesehen wurde die Ausgabe Paris 1818) s. v., wo die Legende um eine Einzelheit erweitert ist : der Weg zur Heirat mit der vor Vergewaltigung geretteten Jungfrau wird frei gemacht durch die Bemerkung: „la femme de Nicétas mourut pendant la fuite"; E. Gibbon, The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, London 1776—1788 (eingesehen wurde die Ausgabe in 7 Bden. von Bury, Bd. VI, S. 406 Anm. 103) ; R.Nicolai, Geschichte der Byzantinischen Literatur, Ersch und Gruber, Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste, Tl. 87, Leipzig 1869, S. 320. Sonderbar ist die Äußerung Ullmanns, S. 678, Anm. a, daß für die Ehe, über welche Moreau spricht, der Monodie Michaels wohl ein Argument zu entnehmen sei, daß aber andere Stellen sie wieder zweifelhaft erscheinen ließen. 4 J . A. Fabricius, B. G. VI, S. 401—429 (Fabricius-Harles VII, S. 737—745) stellte auch für Niketas alles Wissenswerte zusammen, soweit es damals wissenschaftlich gesichert war. Er fügte aber dem bereits Bekannten kaum etwas Eigenes hinzu.



4

Biographie

lieh, eine Biographie Michaels zu geben, ohne darin das Leben des Niketas aufzunehmen: „Wie die Brüder Michael und Niketas Akominatos im Leben durch die innigste gegenseitige Pietät — denn diesen Charakter verlieh ihrer Bruderliebe das hinzutretende Verhältnis des Lehrers und Schülers — und durch eine, bei weiter und dauernder äußerer Trennung, unauflösliche geistige Gemeinschaft verbunden waren, sind auch die Nachrichten, die sie Einer über des Anderen Schicksale und Thaten der Nachwelt überlieferten, eben vermöge dieser Wechselseitigkeit so eng mit einander verwebt, daß wir in diesem historischen Versuch über das Leben und die Werke Michaels nothwendig auch seines Bruders Niketas gedenken müssen, der jenem in seinem Buche über die Ereignisse nach der Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner das glänzendste Ehrendenkmal setzte und seinerseits in dem überlebenden älteren Bruder einen ebenso beredten als aufrichtigen Panegyriker und Biographen fand" (S. 7). C. Ullmann, Nicolaus von Menthone, Euthymius Zigabenus und Nicetas Choniates oder die dogmatische Entwicklung der griechischen Kirche im 12. Jahrhundert, Theol. Stud. u.Kritik., 1853, S. 647—679. F. Uspenskij, Vizantiskij Pisatelj, Niketas Akominatos iz Chon, St. Petersburg 1874, S. 10—35. E. Miller, Recueil des Historiens des Croisades. Historiens Grecs, T. II, Paris 1881, S. 126—132. Miller bearbeitete die biographische Skizze von Hankius, das heißt, er ließ diese Biographie neu abdrucken, wie er in der Überschrift andeutet (Nicetae Vita ex Hankio de Scriptoribus Byzantinis), fügte aber manches aus eigenem Wissen ein. G. Stadtmüller, Michael Choniates usw., Or. Chr. 33, 2, 1934, S. 128—202 und Sonderdruck, Roma 1934. Ebensowenig wie Ellissen konnte oder wollte dieser Biograph Michaels das Leben des Niketas außer acht lassen; er brachte tatsächlich einige wichtige neue Erkenntnisse. F. Grabler, Die Krone der Komnenen (Byzantinische Geschichtsschreiber Bd. VII), Graz 1958, S. 9—11; ders., Kaisertaten und Menschenschicksale im Spiegel der schönen Rede (ebd. Bd. XI), 1966, S. 13—16. G. Stadtmüller, Zur Biographie des Niketas Choniates, Byz.Forschungen 1, 1966, S. 321—333. Neue Ergebnisse enthält dieser Aufsatz nicht. Der Name Seit dem Erscheinen der Editio Princeps des Geschichtswerkes, die Hieronymus Wolf im J. 1557 besorgte, ist unser Schriftsteller bekannt gewesen unter dem Namen : Niketas Akominatos Choniates.

Der Name

5

Wolf, der zu dem Vornamen die überflüssige Anmerkung: „Nicetas Latinis Victor est sive Vincentius" macht (s. ed. Bonn. S. 871), weiß über den sonderbaren Namen Acominatus nur zu sagen: „Acominatus gentilitium nomen", ohne uns mitzuteilen, woher er ihn hat. Im griechischen Titel des Werkes, den Wolf den von ihm benutzten Handschriften entnommen hat, fehlt er; er steht aber in der Überschrift der lateinischen Übersetzung und griechisch in den Anmerkungen Wolfs5. Mehr als drei Jahrhunderte hat keiner an der Richtigkeit dieses Namens gezweifelt ; öfters wurde sogar auf den Gebrauch des vollständigen Namens Niketas Akominatos Chômâtes gedrungen6. Nur Miller (S. 126) stellte die Frage nach der Bedeutung und der Herkunft des Namens Akominatos: „Videtur Άκωμινδτος ex latino fonte derivatum fuisse graecae, forsitan olim latinae, f amiliae nomen, tanquam Acuminatus, incerto sensu. Notandum autem in plerisque historiarum έτπγραφαΐΐ manuscriptis nomen hoc prorsus reticeri, an ut fratri majori reservatum? injuria sane." Tatsächlich verdankt Michael ohne Zweifel nur seinem Bruder Niketas diesen Namen und nicht umgekehrt. Es ist das Verdienst Stadtmüllers, nachgewiesen zu haben, daß der Name Akominatos nicht authentisch ist. Seine Arbeit über Michael Chômâtes enthält einen Exkurs (Nr. 4, S. 274—278) : Der Pseudo-Familienname Akominatos. Stadtmüller untersuchte alle Stellen im Cod. Mon. Gr. 450, denen Wolf den Namen vielleicht hätte entnehmen können, mußte aber feststellen, daß er sich an keiner Stelle finden läßt. Auch in der ganzen byzantinischen Prosopographie, soweit sich diese übersehen ließ, fand sich der Name nicht. Ungelöst ließ Stadtmüller das Problem, aus welcher Quelle Wolf den Namen geschöpft hat. Er fragte sich zwar, ob es vielleicht eine falsche Tran5 Die Überschrift, welche Wolf in den Anmerkungen gibt, scheint er selbst aus seinen Vorlagen zusammengestellt zu haben : Νικήτου Άκωμινάτου Χωνιάτου του μεγάλου λογοδέτου των σεκρέτων, καΐ ΙτγΙ τ ω ν κρίσεων γενικού, γεγονότοξ δέ καΐ εφόρου καΐ κριτοϋ τοΟ βήλου, καί ττροκιχθημένου του Komovoç, Ιστορία άρχομένη dnrò της βασιλεία? τοΟ βασιλέως κυρίου Ιωάννου τ ο ϋ Κομνηνού, του utoü κυρίου 'Αλεξίου. Die Verbindung Großlogothet der Sekreta findet sich in keiner Hs. des Geschichtswerkes; die Uberschrift des Thesauros hat sie, doch ist zweifelhaft, ob Wolfs Angabe darauf zurückgeht, da seine Überschrift im übrigen nicht mit der ThesaurosUberschrift übereinstimmt. • Man vgl. ζ. B. G. Tafel, Komnenen und Normannen, S t u t t g a r t 1870, S. III, Anm. 2 ; Ulimann, S. 674, Anm. b; Krumbacher, S. 281, Anm. 1 : „ E s wäre zu wünschen, daß die Bezeichnung Niketas Akominatos allgemein angenommen würde"; H. Moritz, Die Zunamen bei den byzantinischen Historikern und Chronisten, Programm des K. Hum. Gymn. in Landshut, II, 1897/8, S. 41, Anm. 1. Der Kuriosität halber sei erwähnt, daß Tafel, DeThessalonicaeiusqueagrodissertatio geographica, Berolini 1839, Michael Chômâtes außer mit dem richtigen Namen, z.B. S. 352, auch wohl Michael Niketas nennt, ζ. B. S. 353, 368, 376 Anm. 2, Index, S. 545.

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Biographie

skription des lateinischen „A Chonis" sein könnte, erkannte aber, daß dafür kaum eine paläographische Erklärung auszudenken ist und daß man Hieronymus Wolf einen solchen Fehler nicht zutrauen darf. Einen ingeniösen Versuch zur Erklärung des Namens machte V. Grumel, De l'origine du nom Άκωμινδτος, ΕΕΒΣ 23, 1953, 165—167. Mit Stadtmüller lehnt er die Authentizität ab und stellt folgende Hypothese auf: man muß annehmen, daß der Name einer Handschrift entnommen ist, die Wolf bekannt war, und vielleicht sogar schon der Vorlage einer der von Wolf benutzten Handschriften entstammt. Darin soll folgendes gestanden haben: Νικήτα του άπό κώμιν αυτού Χωνιάτου, das heißt: Niketas, nach seinem Geburtsort genannt Chômâtes. Wie Wolf oder der Abschreiber einer von Wolf benutzten Handschrift zur Form Akominatos kommen konnte, zeigt Grumel, indem er das seiner Meinung nach Ausgefallene zwischen Klammern setzt : Νική(τα) του ά(ττό) κώμιν α(0)τοϋ Χωνιάτου. Diese Lösung scheint an und für sich möglich, doch müssen ein paar Fragezeichen gesetzt werden. Die von Wolf benutzten Handschriften habe ich eingehend studiert, doch findet sich in ihnen nichts, was die Hypothese Grumels stützen kann. Auch scheinen diese Handschriften, wenigstens was den griechischen Text einschließlich der Überschriften und Marginalien betrifft, seit der Benutzung durch Wolf keine Verluste oder Beschädigungen erlitten zu haben. Außerdem fragt man sich, welcher Abschreiber Chonai ein Dorf genannt haben sollte. Niketas selbst gibt dazu bestimmt keinen Anlaß. Auch der Kopist der Handschrift Vat. Gr. 163 ζ. B. betrachtete Chonai als eine Stadt, wie eine Bemerkung am Rande von Blatt 103v beweist; man liest da: Νικήτα του òttò Χωνων, πόλεως της Φρυγίας. Um aber nicht einfach eine vorgeschlagene Lösung abzulehnen, ohne eine neue anzubieten, möchte ich wenigstens eine Vermutung äußern. Ich glaube nicht, daß man die Lösung dieses Rätsels in den griechischen Handschriften des Niketas finden wird. Daß Wolf den Namen nicht dort gefunden hat, möchte ich aus der Tatsache folgern, daß er ihn in den griechischen Titel des Geschichtswerkes nicht aufgenommen hat. Der Vorschlag Millers, für die Familie des Niketas einen lateinischen Ursprung vorauszusetzen, scheint mir weithergeholt, aber daß der Name auf eine lateinische Quelle zurückgeht, kommt auch mir wahrscheinlich vor. Und diese Quelle könnte vielleicht einer der griechisch-lateinischen Kataloge sein, wie sie von Großhändlern griechischer Handschriften, z.B. von Antonios Eparchos, angefertigt wurden. Ich stütze mich für diese Vermutung auf folgende Tatsachen: Im Cod. Vindob. 9734 (Kollar XIV), veröffentlicht von Ch. Graux, Essai sur les origines du Fonds Grec de l'Escurial, Paris

Der Name

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1880, Append. 9, S. 413—417 (vgl. auch 110—117), besitzen wir einen Verkaufskatalog des Eparchos, in welchem u.a. der jetzt als Monac. Gr. 450 bekannte Codex, also eine der drei von Wolf benutzten Handschriften, feilgeboten wird. Man weiß, daß die meisten der in diesem Katalog angebotenen Handschriften von der Stadt Augsburg gekauft worden sind und sich zur Zeit Wolfs auch noch dort befanden ; Wolf fand ja, wie er selbst mitteilt, seine dritte Niketas-Handschrift in der Augsburger Stadtbibliothek. Dieses Manuskript ist im Katalog des Eparchos verzeichnet als Του Χωνιάτου ιστορικόν (S. 416 Graux). Auf dem Deckel des heutigen Cod. Mon. Gr. 450 sieht man noch einen Teil eines aufgeklebten Zettels mit der Aufschrift ... νιάτου ιστορικού. Dieser Katalog ist leider nur griechisch, ein lateinisches Gegenstück ist mir nicht bekannt. Es gibt aber eine lateinische Liste von Büchern, welche der Kardinal Guglielmo Sirleto von Eparchos kaufte, erhalten im Cod. Vat. Lat. 3963 und veröffentlicht von P. Battitoi, La Vaticane de Paul II à Paul V, Paris 1890, S. 117ff. („Die VIII Aprilis 1551 Greci Libri empti Venetiis a.d. Ant. Eparco"). In dieser Liste liest man S. 119, Nr. 170: „Zonare historiarum secunda pars et Giornate a comninatibus usque ad angelos" usw. Es handelt sich dabei um den jetzigen Cod. Vat. Gr. 981; daß mit Chomate Choniates gemeint ist, kann nicht bezweifelt werden. Dann aber gibt das a comninatibus für a comnenibus zu denken. Die Liste ist zwar von Sirleto selbst geschrieben worden, man möchte aber nicht ihm die Änderung von comnenibus in comninatibus zuschreiben, sondern eher einem der griechischen Abschreiber in der Werkstatt des Eparchos. Nachdem man das bei Sirleto gelesen hat, kann man sich leicht einen ähnlichen lateinischen Katalog vorstellen, in welchem das Werk des Niketas als "Nicetas a comninatis historia" bezeichnet wurde; von da aus zu Nicetas Acominatus ist es dann nur noch ein Schritt. Zum Schluß muß noch bemerkt werden, daß es doch einen griechischen Codex gibt, in welchem sich der Name Akominatos, wenn auch verstümmelt, findet, nämlich Cod. Scor. Y—IV—17, ebenfalls bei Antonios Eparchos in Venedig gekauft und wie Monac. 450 die .vulgär-griechische'Paraphrase enthaltend. Am oberen Rande von f. 175 steht da: άκομινοτι χονιατ. Über die Herkunft dieser Worte kann ich nur sagen, daß sie sicher nicht vom Abschreiber der Handschrift selbst geschrieben sind. Die Schrift dieses Zusatzes ist grob und unregelmäßig. Der Codex gehört dem 16. Jahrhundert an und wurde um dieselbe Zeit wie Monac. 450 verkauft. Ich möchte nicht annehmen, daß die Eintragung im Escorial-Manuskript auf die Ausgabe Wolfs zurückgeht, sondern vielmehr, daß auch sie einem Verkaufskatalog entnommen wurde. Indessen bleibt der Ursprung des Namens

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Biographie

Akominatos ein nicht gelöstes Rätsel; denn das Obenstehende will nicht mehr sein als eine Vermutung, in welcher Richtung gesucht werden kann7. Die Familie Die Eltern des Niketas sind fast völhg unbekannt. Er selbst spricht nur einmal über sie, und auch da nicht ausdrücklich. In seiner Rede gegen den Chartophylax rühmt er die Frömmigkeit seiner Vorfahren (S. 80, 21—22). Weil er von ihr als von einem Erbe, das ihm zuteil geworden ist, spricht, kann man darin eine dankbare Erinnerung an seine Eltern sehen, die ihm dieses Erbe übermittelt haben. Michael nennt in der Monodie (S. 347, 17—18) den Vater φιλόστοργος καί φιλολόγος und sieht in diesen Eigenschaften den Grund dafür, daß sein Vater ihn zur Weiterbildung nach Konstantinopel schickte. Das sind die einzigen direkten Mitteilungen. Ullmann folgerte aus der Monodie: „Nicetas stammte aus einer sehr angesehenen, in Asien und Europa verbreiteten Familie" (S. 674—675), „einer Familie, deren Adel und Ansehen der Athenische Bischof mit einer nur allzugroßen Selbstgefälligkeit ... erhebt" (S. 677). Uspenskij (S. 10—11) erklärt: „Man kann vermuten, daß der Vater ansehnliche Einkünfte hatte und über ausgedehnte Beziehungen in Konstantinopel wie auch in den anderen Provinzen des Reiches verfügte ... Aus der Rede Michaels auf den Tod seines Bruders kann man viele Stellen anführen, die beweisen, daß die Familie Akominatos in Byzanz bekannt war." Auch Stadtmüller (S. 138) nannte die Eltern der beiden Brüder hochangesehen und vornehm (in seinem späteren Aufsatz, Byz. Forschungen 1, 1966, 321, drückt er sich vorsichtiger aus). Als Folgerungen aus der Monodie Michaels scheinen mir diese Behauptungen nicht berechtigt. Diese enthält keine einzige Angabe, welche Adel oder Bekanntheit der Familie vor der Karriere der beiden talentierten Brüder voraussetzt. Man kann aus der Totenklage sogar Stellen anführen, die diese Behauptungen zum Teil widerlegen. So erklärt Michael, daß die Liebe zwischen ihm 7 Die Arbeit Stadtmüllers schaffte den Namen Akominatos nicht gleich aus der Welt. Man findet ihn ζ. B . noch bei A.A. Vasiliev, History of the Byzantine Empire, M a d i son 1952, und bei Maria-Elisabeta Colonna, Gli Storici bizantini dal I V al X V secolo, I. Storici profani, Napoli 1956. G. Moravcsik, Byzantinoturcica I, 2 Berlin 1958, zeigt sich besser unterrichtet, drückt sich aber ein wenig sonderbar aus : „Niketas ist nach seinen eigenen Worten in Chonae (dem alten Kolossal) geboren ; es war daher irrig, ihn, wie es früher üblich war, Niketas Akominatos zu nennen!" Dieses „daher" stimmt nicht. Man soll Niketas nicht Akominatos nennen, weil dieser Name ohne Autorität ist ; daher soll man ihn nur Niketas Choniates nennen.

Die Familie

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und seinem Bruder dadurch in besonderem Maße wuchs, daß sie beide in ihrer Jugend in Konstantinopel einsam und aufeinander angewiesen waren. Er schreibt darüber (S. 348, 11 ff.): ,,Πάρεστιν έπιλογίζεσθαι, οϊαν κάντεύθεν αγάπης πεπορίσμεθα προσθήκην, πόρρω μέυ πατρίδος καί τεκόντων διατρίβοντες, φίλους δέ ή άλλως συνήθεις οΰδέπω προσεταιρισάμενοι, ούτε παρ' ότουοϋυ εύρίσκοντες φιλάνθρωπου ψυχαγώγημα, μόνοι δέ συνδιαφέροντες άλλήλοις ήμίν αύτοϊς τά της ξενιτείας αλγεινά καί την έπ' αλλοδαπής παροικίαν παρά πολύ της ενεγκαμένης στέργοντες διά την αύτόθεν πολλών ίδρώτων άνταλλαττομένην παίδευσιν, ής ταϊς τεχνολογίαις έμμελετώντες έγυμνα-

ζόμεθα." Von besonderen Beziehungen des Vaters in Konstantinopel wissen wir also nichts mit Sicherheit. Vielleicht war er mit den Belissarioten befreundet. Niketas spricht in der Monodie auf Joannes Belissariotes von dessen Mutter als von einer zweiten Mutter auch für sich, S.158,19—27. Auch muß hier erwähnt werden, daß Niketas in einem Brief an Basileios Kamateros an die „συνήθεια τη εκ προγόνων" erinnert, vgl. S. 211, 21. Etwas Näheres wissen wir darüber nicht. Auf Bekanntheit und Verbreitung der Familie in Asien und Europa hat man wohl aus einer Stelle (S. 356, 17—21) geschlossen, an welcher Michael behauptet, daß viele in Asien und Europa, die die Kalokagathia des Niketas kennengelernt hätten oder zu denen sein Ruhm gedrungen sei, jetzt über seinen Tod trauerten, und besonders aus den daran anschließenden Worten (S. 356, 21—357, 2) : ,,τί ποτ' αν ημείς ου πεισόμεθα . . . oí μετά παντοδαπής, ώς είπομεν, σχέσεως καί τη καθ' αίμα οϊκειώσει πιεζόμενοι . . . γένος πολυσχιδές καί πολλαχοΰ της 'Ασίας καί καθ1 Ελλάδα κεχυμένον καί εις όνομα λαμπρό ν

αίρόμενον διά σου καί έξευγενιζόμενον." Und nach ein paar Zeilen über Frau und Kinder des Niketas (S. 357, 10—15) folgt noch (S. 357, 15—17) : ,,τών δ' άλλως οίκειουμένων καί καθ' αίμα οι εν 'Ασία τά της τραγωδίας πρός τους εν Ελλάδι διενείμαντο." Nach dem aber, was

wir aus der Korrespondenz Michaels über die Verwandten in Griechenland wissen, kann aus diesen Stellen nicht auf eine Verbreitung der Familie, bevor Michael und Niketas sowie ihre Geschwister aus Chonai ausgewandert waren, geschlossen werden. Wenigstens ist uns kein einziger Verwandter bekannt, der als Beweis dafür dienen könnte. Die Monodie beweist also nicht direkt die Vornehmheit der Familie des Niketas. Doch gibt es bestimmte Hinweise darauf, daß sie zu den bessergestellten gehörte und vielleicht von — allerdings niederem — Adel war. Zuerst möchte man aus der Tatsache, daß der Bischof von Chonai selbst der Taufpate des Niketas war (Gesch. S. 285, 17—18), schließen, daß sein Vater ein Mann von einiger Bedeutung in dieser Provinzstadt war. Ferner hatte er die Bildung, den Ehrgeiz und die

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Mittel, um seine beiden begabten Söhne zu einer angemessenen Ausbildung nach Konstantinopel zu schicken. Er tat dies „κατ* έρωτα τταιδεύσεως", sagt Michael (S. 347, 18-19). Allerdings kann in diesem Fall auch der Bischof von Chonai bei einem Manne wie Eustathios, der damals (bis etwa 1175) Maistor der Redner war, vermittelt haben. Die Karriere der Brüder kann an und für sich nicht als Beweis dafür dienen, daß sie dem Adel angehört hätten. Man findet in Byzanz im 12. Jahrhundert nicht wenige Männer von bescheidener Abkunft, die zu hohen Posten emporstiegen. Bemerkenswert ist aber, daß Niketas in seinem Geschichtswerk solche Personen mit einer gewissen Geringschätzung nennt. Diese Eigenheit dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, wenn wir versuchen, über die gesellschaftliche Stellung der Eltern des Niketas etwas auszusagen. Die Interpretation dieser Eigenheit ist leider kaum von Subjektivität freizuhalten ; wir geben denn auch die unsere mit allem Vorbehalt. Das besondere Interesse des Niketas für adelige Abstammung und für die ganze byzantinische Stufenleiter der Würden auf der einen Seite und sein „odi profanum vulgus" auf der anderen 8 scheinen einen Menschen zu verraten, der sich selbst zwar von Adel nennen kann, aber sozusagen doch nur soviel davon hat, daß er damit sparsam sein muß, der darum gegen jede Inflation Einspruch erhebt und gelegentlich hervorhebt, wie er über diese "gesellschaftliche Diskriminierung" denkt. Schließlich scheint es mir aufschlußreich, daß wir von der ganzen Familie außer Michael und Niketas nur noch einige Neffen kennen, die sich, um ihrerseits Karriere zu machen, ziemlich weit entfernt von ihrem Stammland um Michael versammelt haben. Man kann daraus zwei Schlüsse ziehen: Erstens war die Familie nicht so einflußreich, daß die Stellung eines Bischofs von Athen ihren Mitgliedern nicht besondere Aussichten geboten hätte; zweitens war, als diese Neffen (oder ihre Eltern für sie) einen einflußreichen Mann suchten, der ihrer Karriere förderlich sein konnte, die Stellung des Niketas am Hofe noch nicht so, daß man sich von ihm bereits ebensoviel versprechen konnte wie von seinem älteren Bruder. Bei diesen Folgerungen muß man allerdings den Vorbehalt machen, daß die Korrespondenz Michaels uns vielleicht ein etwas einseitiges Bild der Familie gibt. Die Eltern des Niketas waren kinderreich, wenn uns auch außer Michael und Niketas kein einziger Name überliefert ist. Michael war der Erstgeborene ; zwischen ihm und Niketas standen mehrere Geschwister, wie aus folgender Stelle der Monodie (S. 347, 13—17) her8 Des Niketas Ansichten über Adel und Volk werden ausführlich besprochen von Uspenskij, S. 72—73 und 93—103.

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vorgeht: ,,'Από των αυτών μέν γάρ πατρικών σπερμάτων καί μητρικών αιμάτων γεγόναμεν αμφω, πρεσβΰτατος μέν εγώ καί πρώτος την πύλη ν διεληλυθώς της γενέσεως ... ό δέ με-δ' ετέρους όμογνίους καί πολλοστός." Über die genaue Zahl der Geschwister läßt sich nichts mit Sicherheit sagen. Da Michael etwa 1138, Niketas aber um 1155 geboren wurde, wird er wohl einer der Jüngsten in der Familie gewesen sein, wenn auch nicht der Jüngste, denn man möchte annehmen, daß Michael diesen Gegensatz nicht mit Stillschweigen übergangen hätte 9 . Auch sonst wissen wir über die Geschwister nichts, nur einige von ihren Kindern sind uns bekannt. Vier Namen von Neffen können hier genannt werden. 1. Georgios, der den Titel Sebastos führte. Wir kennen ihn als den Vater des kleinen Knaben Michael, der etwa im Sommer 1204 dem Leon Sguros als Geisel übergeben und vier Jahre später von diesem aus Wut über das Zerbrechen eines Gefäßes (καί ταύτα δια σκεύος ύαλοϋν ακουσίως κατεαγέν( Lampros II, S. 163, 30—31) ermordet wurde 10 . Michael sandte dem Vater zwei Totenklagen (II, Nr. 100, S. 162—175 und 101, S. 175—187), aus denen wir erfahren, daß der Knabe Georgios' erstes Kind war (S. 163, 13) und daß seine Mutter starb, als sie dem Kinde das Leben gab (S. 165, 2ff.). Wahrscheinlich kann man diesen Georgios gleichsetzen mit dem Protovestiarites des Manuel Dukas, des Bruders des Theodoros von Epiros11. Wir besitzen einen Brief des Joannes Apokaukos an diesen Georgios (veröffentlicht von PapadopoulosKerameus, 'Αρμονία 3, 1902, 288—290) ; in diesem Brief beklagt sich Joannes Apokaukos, daß er für Georgios mehr als jeder andere getan 9 V. Grecu, Nicétas Choniatès a-t-il connu l'histoire de Jean Cinnamos, REB 7,1949, S. 194—-204, behauptete (S. 195), daß Niketas das vierte Kind seiner Eltern war: „Michael fut le premier-né de leurs parents et Nicétas le quatrième ; le métropolite se plaint dans sa monodie citée tout à l'heure d'avoir déjà perdu deux frères cadets et dit que Nicétas a été son troisième frère." Anm. 6 führt er griechisch an τρίτοζ έμόζ άδελφό; und verweist auf die Monodie S. 355, 14. Tatsächlich handelt es sich an der angegebenen Stelle überhaupt nicht um weitere Brüder von Michael und Niketas. Michael hat den Tod der beiden Brüder Michael und Joannes Belissariotes erwähnt und sagt dann in dem Text, auf den Grecu verweist: „Nachdem das bewundernswerte Brüderpaar kurz zuvor in die himmlische Gesellschaft hinübergerufen worden war, und sodann auch mein mit jenen beiden als dritter verbundener Bruder, der demselben Ratskreis angehörte, mitaufgenommen und in den ewigen Senat versetzt war, fühlten die in Nikaia weilenden Hauptstadtbewohner erst recht ihre Verbannung" (vgl. Anm. 177). 10 Vgl. dazu Stadtmüller, S. 182 (mit Anm. 2), 192, 254—255. 11 Vgl. M. Wellnhofer, Johannes Apokaukos, Metropolit von Naupaktos, Freising 1913, S. 26; H.-G. Beck, Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich, München 1959, S. 702, erwähnt die Möglichkeit, den Georgios Choniates, der zu dem Offizium des hl. Arsenios einen Kanon beigetragen hat, mit einem Neffen (diesem?) oder Großneffen des Athener Bischofs gleichzusetzen.

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hat, daß er jetzt sogar für ihn nach Larissa gekommen ist, wo eine furchtbare Hitze ihn quält und wo er krank geworden ist, und daß Georgios trotzdem nichts von sich hören läßt. Hauptanliegen des Apokaukos ist aber, seinen eigenen Neffen, der in der Armee Karriere machen möchte, dem Georgios zu empfehlen. Der Brief setzt also einen gewissen Einfluß des Georgios voraus. 2. Michael. Dieser nimmt in der Korrespondenz seines Oheims, dessen Namen er trägt, die erste Stelle ein. Fünf Briefe sind an ihn gerichtet (Nr. 88, 89, 116, 121 [an seine Neffen Herrn Niketas und Herrn Michael], 164, Bd. II, S. 139—140, 141—142, 237—240, 248 —249, 324—326). Außerdem waren auch die Totenklagen um das Söhnchen des Georgios mit an ihn gerichtet (vgl. II, S. 141, 7—10). Aus Brief Nr. 88 wissen wir, daß auch dieser Michael selbst Kinder hatte. Als der Bischof Michael aus Athen nach Keos übersiedelte, blieb der Neffe Michael zuerst (noch wenigstens zwei Jahre, vgl. Brief 116, S. 240, 21) in Athen zurück, später aber scheint er nach Boiotien gezogen zu sein, wohl nach Theben, wie Stadtmüller (S. 264, vgl. S. 192) annimmt, obgleich das in dem Brief (Nr. 164, S. 324, 12) nicht gesagt wird. 3. Niketas. Wie sich aus Brief Nr. 95 (II, S. 152—155) ergibt, den Michael aus Keos an den Patriarchen Michael Autoreianos richtete, war dieser Niketas Diakon und teilte damals mit seinem Oheim dessen halb-freiwillige Verbannung. Am Ende dieses Briefes versichert nämlich der athenische Bischof dem Patriarchen, daß ihm auch ihre besten Wünsche und Grüße zuschicken: ό ανεψιός ημών Νικήτας και διάκονος της μεγάλης άγιωσύνης σου, ώσαύτως και ό ετερος ανεψιός ημών Θεοφύλακτος. Der oben schon genannte Brief Nr. 121 war zugleich an Michael und an diesen Niketas gerichtet. Nach Lampros (II, S. 630) waren die beiden wahrscheinlich keine Brüder, sondern Vettern (εξάδελφοι) ; der Grund dieser Annahme ist mir nicht klar. Der Brief ging von Keos nach Athen; er kann also nicht vor 1204 datiert werden, ist aber chronologisch nicht weiter bestimmbar (vgl. Stadtmüller S. 259). Daß Niketas seinen Oheim auf Keos allein ließ und nach Athen ging, wird bestätigt durch Brief Nr. 132 (II, S. 267—271), den der Bischof ihm nach Athen sandte und in dem er sich über diese Tatsache beklagt. Brief Nr. 121 war eine Antwort auf die Nachricht, daß die Verwandten in Athen von neuem Unheil getroffen worden waren. Der eine der Neffen des Bischofs war gestorben, der andere hatte seine Frau verloren, und zwei Scharen von ganz kleinen Kindern (δύο δέ χοροί παναφηλίκων παίδων) umringten ihre Mutter, nach dem Vater rufend, bzw. ihren Vater, fragend, wo die Mutter sei. Der Brief ist eine Beileidsbezeugung und ein Trostschreiben, obgleich Michael sich fragt, wie er andere trösten soll (πώς γαρ άλλων παρακλήτωρ εσομαι,

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αύτός ύττερβαλλούση λύπη κατοατοθείς), und mithin wohl an den am meisten Getroffenen gerichtet. Den einen Neffen, der seine Frau verloren hat, können wir also gleichsetzen mit Michael, der andere ist uns weiter nicht bekannt. Nichts verbietet, ihn mit dem unten noch zu nennenden Theophylaktos zu identifizieren ; es spricht aber auch nichts dafür. Daß eine Empfehlung im Brief Nr. 175 des Athener Bischofs an Joannes Apokaukos nicht auf diesen Niketas zu beziehen ist, wie Papadopoulos-Kerameus, 'Αθηναϊκά έκ του ιβ' καΐ ιγ' οάώυος, 'Αρμονία 3,1902, 213 glaubte, sondern auf Georgios Bardanes, wurde schon von Wellnhofer, I.e. (s. Anm. 11), S. 40, nachgewiesen. Aus einem Brief des Apokaukos an Michael, hrsg. v. PapadopoulosKerameus, 'Αρμονία 3, 1902, 287 Nr. 5, darf man aber wohl mit Stadtmüller, S. 208 mit Anm. 3, schließen, daß der Bischof sich auch für seinen Neffen Niketas bei Apokaukos verwendet hat. Freilich heißt es im Brief nur: έκέλευσας καΐ ττερί του κατά Θεόν αδελφού μου καΐ ανεψιού σου, τοϋ Χωνιάτου, όσα έκέλευσας . . . (der Name des Neffen wird nicht genannt), aber die Tatsache, daß der Neffe Geistlicher gewesen sein muß (του κατά Θεόν άδελφοϋ μου) und Niketas, wie wir gesehen haben, Diakon war, wie auch der Umstand, daß ein enger Kontakt zwischen diesem Niketas und dem Bischof von Naupaktos durch drei weitere Briefe (hrsg. v. Papadopoulos-Kerameus, Ιωάννης Άττόκαυκος και Νικήτας Χωνιάτης, in: Τεσσαρακονταετηρίς της καθηγεσίας Κ. Σ. Κόντου, Athen 1900, S. 375—379) bezeugt wird, machen die Identifizierung Stadtmüllers wahrscheinlich. Auch aus der Zeit nach dem Tod des Athener Bischofs ist uns noch ein Brief des Apokaukos an Niketas erhalten, hrsg. v. Vasilievskij, Viz. Vrem. 3, 1896, 278—279, in welchem dieser sich für erhaltene Nachrichten bedankt12. Daß der Choniate, der Joannes Apokaukos als Metropolit 1 2 Papadopoulos-Kerameus betrachtete diese Briefe als Korrespondenz zwischen Apokaukos und dem berühmten Historiker. E r erkannte zwar an, daß die Uberschriften der Briefe nichts darüber sagen, ob der Bruder oder der Neffe des Bischofs von Athen gemeint sei, wollte aber aus dem Prädikat AoyicoTcrroç, das dem Namen beigegeben ist, und aus dem vertraulichen Ton schließen, daß der ältere Niketas der Adressat ist. Diese Interpretation wurde schon von Wellnhofer, 1. c. (s. Anm. 11), abgewiesen. Daß der Niketas der drei Briefe der j üngere Niketas und nicht der berühmte Historiker ist, betrachtet Wellnhofer als sicher, weil das Prädikat λογιώτατοί sich sehr wohl für den Neffen verwenden ließ und Apokaukos auch sonst an die Neffen des Historikers äußerst vertraut schreibt, von diesem selber aber nirgends etwas erwähnt, und weil man überhaupt keinen Grund hat, eine vertrauliche Korrespondenz zwischen Apokaukos und dem Geschichtsschreiber anzunehmen, denn eine solche wird durch nichts bezeugt. Man kann noch hinzufügen, daß man, falls die Briefe an den bekannteren älteren Niketas gerichtet wären, dies wahrscheinlich aus irgendeiner Anspielung ersehen könnte und daß ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden in diesen Jahren (nach 1204) kaum zu erwarten ist, da doch Apokaukos kein Freund der Regierung in Nikaia

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von Naupaktos nachfolgte (vgl. Wellnhofer, I.e., S. 40—41, 67—68), mit diesem Niketas gleichzusetzen ist, wie es Stadtmüller (S. 208) tut, läßt sich nicht einwandfrei nachweisen ; es dürfte aber kaum ein anderer in Frage kommen. Vielleicht ist dieser Niketas, der wohl am innigsten mit seinem Oheim, dem Bischof, verbunden war, auch zu identifizieren mit dem Neffen, Sohn einer Schwester Michaels, der seinem Oheim nach dessen Tod eine Monodie widmete, bewahrt im Cod. Petrop. 250 und veröffentlicht von Papadopoulos-Kerameus, I.e., S. 273—284 (vgl. Stadtmüller S. 211; unten S. 50—1). 4. Theophylaktos. Alles, was wir von ihm wissen, ist, daß er zu einem bestimmten Zeitpunkt bei seinem Oheim Michael auf Keos war, vgl. die oben (S. 12) aus Brief Nr. 95 angeführte Stelle. Außer diesen vier Neffen, deren Namen wir kennen, hatte Niketas vermutlich noch wenigstens zwei weitere Neffen, die für uns anonym bleiben. Allerdings können wir nicht ausschließen, daß der ebengenannte Theophylaktos mit einem der beiden identisch ist. Den einen dieser Anonymi haben wir schon oben (S. 13) erwähnt; Michael gedenkt in Brief 121 seines Todes, ohne sonst etwas von ihm zu erzählen. Über den anderen Neffen erfahren wir durch zwei Beileidsschreiben Michaels (Nr. 162 u. 163, II, S. 320—323) an das Ehepaar Beriboes in Euripos, daß er mit einer Tochter dieses Paares verheiratet war, seine Frau aber noch vor Ablauf eines Jahres durch den Tod verlor (vgl. Stadtmüller, S. 192, 263). Von einem weiteren Verwandten hören wir durch Niketas selbst. Im Geschichtswerk (S. 257, 7—20) nennt er nämlich einen Kleriker seinen Verwandten, der sich während des Feldzuges des Andronikos Angelos gegen die Türken einige Zeit nach der Niederlage bei Myriokephalon (1176) auszeichnete. Der Verwandtschaftsgrad ist nicht angegeben. A. Ehrhard hat in der theologischen Abteilung von Krumbachers Geschichte der byzantinischen Literatur (S. 92) behauptet, daß der Bischof Niketas von Chonai ein Oheim der Brüder Michael und Niketas war. Stadtmüller (S. 138 Anm. 5) bemerkt zwar, daß die Quellen darüber nichts sagen, schreibt aber doch: „Wahrscheinlich war er also ein Verwandter, vielleicht ein Oheim." Ich sehe keinen Grund für diese Annahme. Man möchte vielmehr glauben, daß, wenn der Bischof zur Verwandtschaft der beiden Brüder gehört hätte, weder Michael noch Niketas das mit Stillschweigen übergangen hätten; Niketas gibt ja war und Niketas die Ansprüche Nikaias verteidigte. Stadtmüller, S. 208 Anm. 3, rechnet versehentlich auch den oben im Text gen. Brief an Georgios zur Korrespondenz zwischen Apokaukos und Niketas.

Geburtsort

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im Geschichtswerk (S. 285, 15—18) gerade seine Beziehungen zum Bischof als Grund dafür an, daß er dessen Prophezeiung über Manuel Komnenos kannte, und Michael, der eine Monodie auf den Bischof verfaßte (ed. Lampros I, S. 24—71), war bestimmt nicht der Mann uns über solche ehrenvolle Beziehungen im ungewissen zu lassen13.

Geburtsort

Niketas wurde geboren in Chonai (Χώυαι, heute Khonas) in Phrygia Pacatiana. Das wird nicht nur durch die Überschriften seiner Werke bezeugt, in welchen er Niketas Choniates heißt, sondern auch in den Werken selbst sagt er es öfter und offenbar nicht ohne einen gewissen Stolz, vgl. Gesch. S. 230, 21—22; 523, 15; 552, 22-23; 842, 10—11. In der Identifizierung seiner Vaterstadt mit Kolossal folgte Niketas der Überlieferung14, vgl. Gesch. S. 230, 21—22 und Thes. IV, 22 (griechisch angeführt von Hankius, bei Miller S. 127) : cbç ό Παύλος έυ TT¡ -rrpôç TOUS TTcrrpicoTccs μοι ΚολοσσαεΤς έτπστολτί θεολογεί. Böhmer, Isagoge in Epistulam ad Colossenses, Berolini 1829, S. 27, machte über die Umbenennung von Kolossal in Chonai die Bemerkung, daß der neue Name zurückgehe auf einen Wirbel (gleichsam einen Trichter —• χώνη) desLykos.Ullmann nannte diese Erklärung eine nicht unwahrscheinliche Hypothese. W. Hamilton, Researches in Asia Minor I, S. 509ff. wies nach, daß Chonai nicht ohne weiteres mit dem alten Kolossal gleichzusetzen, sondern tatsächlich eine neue Stadt sei, die etwa drei Meilen (5 km) südwestlich von Kolossal entstand. Nach Bonnet (I.e. [s. Anm. 14], S. XXXI—XXXIII) wurde sein Beweis von allen Sachverständigen 13 Im Cod. Petrop. 250 (vgl. 'Αρμονία 3, 1902, S. 213, 290—292) besitzen wir eine Korrespondenz zwischen einem Joannes Choniates und einem anonymen Choniaten. Die Umstände der Überlieferung legen die Vermutung nahe, daß wir es hier mit Verwandten des Niketas zu tun haben. Der Inhalt der Briefe ist mir leider unbekannt geblieben. 14 Einige Zeugnisse dieser Überlieferung wurden von Allatius zusammengestellt: Konstantinos Porphyrogennetos, De Thematibus, Lib. I, Th. 3, der unter den 21 Städten von Asia an zwölfter Stelle Chonai nennt: „Kolossal, jetzt Chonai genannt, wo eine berühmte Kirche des Erzengels Michael ist" (vgl. P. G. 113, Kol. 81/84) ; Theophylaktos, Comment, in Ep. S. Pauli ad Colossenses, Cap. I (P. G. 124, Kol. 1208) : „Kolossal ist eine Stadt von Phrygien, jetzt Chonai genannt, wie auch klar ist aus der Nähe von Laodikeia"; Michael Psellos, Lexicon manuscriptum : „Kolossal — eine Stadt in Phrygien, jetzt Chonai genannt". M. Bonnet, Narratio de miraculo a Michaele Archangelo Chonis patrato, adiecto Symeonis Metaphrastae de eadem re libello, Parisiis 1890, fügte noch zwei Zeugnisse hinzu: Oecomenius (Bischof vonTricca), In Epist. ad Col. I, 1 (P. G. 119, Kol. 13) : ,,an die Einwohner von Kolossal; eine Stadt in Phrygien ist das, jetzt Chonai genannt"; und Not. Episc. (P. G. 107, Kol. 397) in einer Aufzählung von Städten, welche später umbenannt wurden: „Kolossal — Chonai".

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Biographie

anerkannt. Bonnet selbst glaubt, Chonai sei ursprünglich eine Art Vorort oder Viertel von Kolossal gewesen, das sich durch seine günstigere Lage in den gefahrvollen Zeiten nach Justinian I. zu einem neuen Zentrum entwickelt und allmählich Kolossal verdrängt habe15. Chonai war berühmt wegen seiner großen und schönen Kirche des Erzengels Michael. Niketas gedenkt ihrer dreimal im Geschichtswerk : S. 284, 19, wo er erzählt, daß Manuel I. Kommenos, als er in Mai 1143 nach dem Tode seines Vaters durch Chonai zog, sie besuchte, S. 523, 21—524,1 ausAnlaß ihrer Niederbrennung durchTheodorosMankaphas im J. 1189 und S. 552, 22—553, 7, wo er erzählt, wie sie vom Empörer Alexios, „dem Scheunenanzünder", geschändet wurde. S. 523,21—524,1 nennt er sie schöner und größer als das Heiligtum des Märtyrers Mokios in Konstantinopel. Mehr aber als ihre Größe und Schönheit trug zum Ruhm dieser Kirche ein Wunder bei, das der Erzengel Michael gewirkt haben soll, um seine Kirche zu schützen. Fassen wir die 15 Bonnets These wird gestützt durch die Notizen, welche wir über die Bischöfe von Kolossal und Chonai haben. Unter den Teilnehmern am Konzil „in Trullo" im Jahre 692 begegnen wir nur einem Bischof Kosmas von Kolossal (Mansi XI, 1001 C). Bei der Actio prima des zweiten Konzils von Nikaia im Jahre 787 sehen wir unter den Anwesenden Theodosios, Bischof von Chonai (Mansi X I I , 998 C). Die Actio quarta desselben Konzils ist mitunterzeichnet von einem Bischof Dositheos, der sich als έττίσκοττος Υονοΰντος ήτοι Κολοσσαέων bezeichnet (Mansi X I I I , 148 D) ; Bonnet, der nach Labbé-Cossart (VII, 337 Β) zitiert, gibt ΨονοοΟντος und bemerkt dazu (S. X X I X , Anm. 15) : ,,Υονοοΰντο; nescio quid sibi velit hoc monstrum, nisi forte Ψονοοΰντοζ ex eo quod est Χωνών ήτοι (χονονητοι) factum aliquis suspicatur." Bei der Actio séptima erscheint unter den Unterzeichnern : Dositheos, unwürdiger Bischof von Chonai (Mansi X I I I , 393 D); Bonnet (S. X X X , Anm. 2) bemerkt zu dieser Stelle ( = Labbé-Cossart VII, 572 D) : „eiusdem nomen nescio quo errore variatum esse videtur p. 45 A" ( = Mansi X I I , 998 C, angeführt oben). R. Janin, DHGE, s. n. Chonae, Bd. XII, 760—761, betrachtet Dositheos als eine Verschreibung für Theodosios. Um die Mitte des neunten Jahrhunderts wurde Chonai zum Erzbistum erhoben; Bischof war damals Samuel (Grumel, Reg. 462), der im Jahre 860 Mitglied einer Legation an Papst Nicolaus I. war (Grumel, Reg. 464) und der sich auch an der Rehabilitierung des Photios im Jahre 879 beteiligte (Mansi X V I I — X V I I I , 373 C). Die Akten des Patriarchats von Konstantinopel nennen noch zwei weitere Bischöfe von Chonai mit Namen, einen Basileios, der am 5. Mai 1172 an einer Sitzung der Synode teilnahm (vgl. Grumel, Reg. 1125), und einen Konstantinos, dessen Name übrigens auf einer Konjektur Grumels (Reg. 1134) in einer Akte vom 2. September 1177 beruht. Grumel nennt im Index noch einen Konstantinos unter Verweisung auf Nr. 244, wo man den Namen jedoch vergebens sucht. Der Basileios, der im Jahre 1172 amtierte, war wohl der Nachfolger des Bischofs Niketas, den wir aus dem Geschichtswerk seines Patenkindes und aus der Monodie Michaels auf ihn kennen. Nach dieser Monodie war Niketas über dreißig Jahre Bischof von Chonai, und aus dem Geschichtswerk des Niketas wissen wir, daß er bereits im Jahre 1143, als Manuel Komnenos nach dem Tode seines Vaters auf seinem Wege nach Konstantinopel (etwa in Mai) Chonai passierte, Bischof der Stadt war. Stadtmüller (S. 240) folgerte daraus, daß er spätestens 1173 starb. Da aber aufgrund der gen. Synodalakte feststeht, daß er schon 1172 nicht mehr amtierte, muß er spätestens 1141 installiert worden sein.

Geburtsort

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Legende ganz kurz zusammen: Das Heiligtum war den Heiden ein Dorn im Auge. Sie wollten nun die Kirche dadurch zerstören, daß sie einen Fluß (den Lykos?) dahin lenkten. Aber Michael erschien, schlug mit seinem Stab auf den Felsen, auf welchem die Kirche gebaut war, und öffnete darin einen Trichter oder Tunnel (χώνη), durch welchen der Fluß seitdem seinen Lauf nahm 16 . Die Geschichte von Chonai läßt sich in wenigen Zeilen zusammenfassen. Entstanden durch die Übersiedlung der Einwohner von Kolossal, das durch den Aufstieg von Laodikeia seine Bedeutung verlor und gegen Ende des Altertums durch die Einfalle von Räubern als Wohnort unsicher wurde, überragte Chonai um das Jahr 700 seine Mutterstadt schon so sehr, daß auch der Bischof seinen Sitz dorthin verlegte. Durch seine berühmte Michaelskirche, an welcher die Wundermacht des Erzengels sich geoffenbart hatte, war die Stadt bekannt in ganz Asien. Im neunten Jahrhundert wurde sie Sitz eines Erzbischofes und um das Jahr 1000 war sie die zwölfte Stadt der Provinz Phrygia Pacatiana. Im elften Jahrhundert beginnt der Niedergang. 1071 wurde die Stadt von den Seldschuken erobert, die sie behielten, bis Alexios I. Komnenos sie im Jahre 1090 zurückeroberte. Zur Zeit des Niketas glich sie einer Grenzstadt und erlebte oft den Durchzug der byzantinischen Soldaten, wenn sie gegen die Türken ausmarschierten und zurückkehrten, siegreich oder geschlagen, wie ζ. B. nach der historischen Katastrophe bei Myriokephalon (1176). Auch die vielen aufständischen Bewegungen, die unter den Angeloi Asien beunruhigten, ließen Chonai nicht unberührt. 1189 wurde die Stadt von Theodoros Mankaphas überrannt; dabei wurde die Michaelskirche in Brand gesetzt. Im Jahre 1191/2 ließ der erste PseudoAlexios den Altar und die Ikonen von seinen türkischen Soldaten entweihen und zerstören. Gegen Ende seines Lebens mußte Niketas noch sehen, wie seine Vaterstadt für das Reich verlorenging, als Theodoros I. Laskaris sie etwa Anfang 1206 an Manuel Maurozomes, den Schwiegervater des Sultans von Ikonion, abtreten mußte 17 . le

Diese Wundergeschichte ist uns überliefert in drei kleinen Monographien byzantinischen Ursprungs; die erste wurde herausgegeben von J. Stiltingus, Acta Sanctorum mensis Septembris Χ. VIII, S. 41 C/F—47 C/F (mit Einleitung und Anmerkungen S. 38 E—49) ; die beiden anderen von M. Bonnet, 1. c., S. 1—19 und 20—28, mit einer reichhaltigen Einleitung, S. V—XLVI. Die Legende ist offensichtlich aitiologisch, vgl. Bonnet S. XXV—XXVII. Allatius, der die Legende auch in seine Biographie des Niketas aufnahm, bemerkte, daß die χώνη schon von Herodot VII, 20 erwähnt wird. Vgl. zur Sache Bonnet, S. XXV—XXVII; W. M. Ramsay, The Church in the Roman Empire before A. D. 170, London 1893, Cap. 19: The Miracle at Khonai, S. 465—480; ders., Cities and Bishoprics of Phrygia I, Oxford 1895, S. 214—216. 17 Niketas erwähnt das noch im Geschichtswerk (S. 842, 8—11.) Ramsay, Cities and Bishoprics I, Cap. I. The Lykos-Valley. § 8 ft. The Turkish Conquest, S. 15 fi., bemerkt 2

van Dieten

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Biographie

Geburtsjahr

Das Geburtsjahr des Niketas läßt sich nicht genau bestimmen. Bald wird seine Geburt früher, bald später angesetzt : von Uspenskij um 1155, von Lampros (II, S. 540—541 zur Monodie I, S. 349,17) etwa 1152, von Krumbacher gegen die Mitte des 12. Jahrhunderts, von Moravcsik ca. 1150, von Grecu (I.e. [s. Anm. 9], S. 195) „vers 1160plutôt que vers 1150 ... on pourrait fixer la vie de Nicétas entre 1160 et 1213." Man kann das Geburtsdatum erschließen, wenn es gelingt, die Monodie Michaels zu datieren und das Alter des Niketas bei seinem Tod zu bestimmen. Michael sagt in seiner Monodie, er sei vor mehr als dreißig Jahren nach Athen gekommen (προ δεκάδων έτών τριών και ύπερέκεινα, Lampros I, S. 357, 25) ; Bischof von Athen aber wurde er im Jahre 118218. Grecu (S. 194) folgerte daraus: „Nicétas a dû mourir en 1213." Warum soll aber „über dreißig" gerade einunddreißig sein? Man könnte eher mit Lampros (II, S. 546) annehmen, daß ύπερέκεινα zwei oder drei Jahre bedeutet, und mit ihm (S. 538— 539 und 545—546) 1214 oder 1215 als das Jahr der Monodie ansehen, wenn sich das Datum nicht aus anderen Indizien genauer bestimmen ließe. Jedenfalls ist ύπερέκεινα ein dehnbarer Begriff, doch wird man kaum über fünf Jahre hinausgehen dürfen. Die Monodie läßt also für den Tod des Niketas einen Spielraum von 1212/1213 bis 1216/1217. Es gibt aber in einem der Briefe Michaels (Nr. 164, II, S. 324—326) eine Stelle, die es uns ermöglicht, das Todesjahr des Niketas noch genauer zu bestimmen. Wir lesen dort (S. 325,13—16) : „ούτε yàp γράμμα εκ της 'Ασίας άφίκετο, ούτε τις άνήρ, ώστε και περί τοϋ περιποθήτου μου αύταδέλφου μηδέν άκούων άνιώμαι. είη δέ ευ πράττων και αμεινον, εί και ήμϊν όπως εχων εστίν ήγνόηται." Das heißt: „Es kam ja weder ein Brief aus Asien noch irgend ein Mann, so daß ich auch von meinem heißgeliebten Bruder nichts höre und mir daher Sorgen um ihn mache. Doch wenn ich auch nicht weiß, wie es ihm geht, so wünsche ich ihm jedenfalls, daß bei ihm alles gut stehen und er glücklich sein möge." dazu(S. 15, §7 Ende) : „the conquest oí this valley is better known than that of most parts of Asia Minor, chiefly owing to the interest and local knowledge of Nicetas of Khonai". Erst lange nach dem Tod des Niketas — unter Theodoros II. im Jahre 1258 — wurde dessen Vaterstadt den Byzantinern zurückgegeben. Bald aber kam sie von neuem unter türkische Herrschaft, welche die Stadt schnell herunterkommen ließ, so daß sie eine Ortschaft ohne Bedeutung wurde. Die Einwohner waren bis 1924 Griechen, die aber nur noch die türkische Sprache beherrschten. 18 Vgl. dazu Lampros I, S. ιζ' - iS' ; C. Neumann, Griechische Geschichtsschreiber und Geschichtsquellen im 12. Jahrhundert, Leipzig 1888, S. 104; Stadtmüller, S. 279—281 ; L. Petit, La liste épiscopale de la Métropole d'Athènes d'après d'une de ses églises suSragantes, Mém. L. Petit = Arch. Or. Chr. 1, 1948, S. 289, Anm. 3.

Geburtsjahr

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Nun wissen wir, daß die Briefe 161 und 165 verfaßt wurden, als Michael bereits zwölf Jahre auf Keos weilte, also im Jahre 1216/1217 (vgl. II, S. 319, 22—24 und S. 327, 1). Die chronologische Anordnung der Briefe macht es wahrscheinlich, daß auch Nr. 164 um diese Zeit anzusetzen ist. Michael bekam also die Todesnachricht nicht vor 1216/1217. Man darf voraussetzen, daß diese Nachricht sobald wie nur möglich nach Keos geschickt wurde. In jenen trüben Jahren kann es zwar durchaus mehrere Monate gedauert haben, bis die Botschaft eintraf, doch enthält die Totenklage Michaels keine einzige Andeutung, daß er den Tod seines Bruders mit größerer Verzögerung erfahren hätte. Eine Verzögerung von mehr als einem Jahr ist demnach nicht anzunehmen; Niketas starb dann nicht vor 1215, vielleicht aber auch erst 1216. Das steht im Einklang mit den anderen Angaben. Michael, der nach Brief Nr. 95 im Jahre 1208 ungefähr siebzig Jahre alt war, konnte sich 1215 mit 77 wohl εσχατογέρων nennen 19 ; für die „dreißig Jahre und mehr", die er Bischof von Athen war, kommen wir dann insgesamt auf dreiunddreißig. Über das Lebensalter des Niketas bei seinem Tode gibt es folgende Andeutungen. Michael schreibt in der Monodie (S. 359, 11—13): ,,ττροστεδήσομαι τάδελφω ... ό έσχατογέρων ήδη τω κα3εστηκότι καί ώμογέροντι" und (S. 359, 24) ,,οΰπω ϊκετο γήραος ούδόυ" 20 . Außerdem äußert sich Niketas selbst über sein Alter, und zwar in einem Brief an einen anonymen Freund, in dem er klagt, er sei schon γυιομόρω γήρα βαρούμενος (S. 209, 1). Diese Klage steht augenscheinlich im Gegensatz zu den Aussagen Michaels, doch darf man ihr, die in ungünstigen Umständen niedergeschrieben wurde, wie der weitere Brief klarmacht, nicht zuviel Wert beimessen. Allerdings bleibt sie ein Hinweis darauf, daß Niketas schon älter war. Zusammengenommen lassen sich diese Äußerungen am besten verstehen, wenn man annimmt, daß Niketas im 60. oder 61. Lebensjahr starb 21 . Als Spielraum für das Geburtsjahr ergibt sich also 1215/1216—59/60 = 1155/1157. Wir schließen uns somit Uspenskij an. Die von Lampros 19 Vgl. Lampros I, S. ιε' und II, S. 540, der als Geburtsjahr für Michael ± 1140 gibt, und Stadtmüller, S. 138, Anm. 2, der 1138 errechnete. 20 Niketas gebraucht denselben homerischen Ausdruck (vgl. Ilias 22, 60; Od. 15, 246) für Joannes Kontostephanos, Gesch. S. 483,14. Wie alt dieser Mann damals war, läßt sich aber nicht feststellen. 21 Richtig schrieb schon Lampros II, S. 547: „6 δέ Νικήτας άπέ3ανε μόλις υπερβάς τό έξηκοστόν ετος". Da Niketas und Joannes Belissariotes etwa gleichaltrig gewesen zu sein scheinen, hatte wohl auch Niketas zu der Zeit, als sein Freund starb (ca. 1208), wie dieser erst das προσκήνιον des Alters betreten (Textbd. S. 166, 11—12), war also damals gut fünfzig Jahre alt.



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Biographie

vertretene Datierung (etwa 1152) scheint zu früh und nicht genügend begründet. Er geht von der Voraussetzung aus, daß Niketas am Beginn seiner politischen Karriere als Kaiserlicher Sekretär unter Alexios II. im Jahre 1182 ungefähr dreißig Jahre war (II, S. 540—541 zur Monodie I, S. 349, 17ff.). Das scheint mir eine willkürliche Annahme 22 . Auch Krumbacher und Moravcsik, die ihre Gründe nicht angeben, datieren die Geburt unseres Schriftstellers zu früh, Grecu dagegen zu spät. Seine Datierung scheint veranlaßt zu sein durch die Absicht seines Aufsatzes, zu beweisen, daß Niketas das Werk des Joannes Kinnamos gekannt hat, bevor er sich selbst zur Geschichtsschreibung entschloß. Wenn man aber die Jahre von 1160 bis 1213 als Lebenszeit des Niketas annimmt, wäre er bei seinem Tode erst 53 Jahre alt gewesen. Das steht offenbar nicht mit unseren Quellen im Einklang. Als Grund für seine späte Datierung nennt Grecu auch den Altersunterschied zwischen Michael und Niketas, den man s.E. annehmen muß. Er stützt sich dafür auf die Monodie. Michael erzählt nämlich, daß sein Vater ihn, als er schon das Jünglingsalter erreicht hatte (ήδη τη των εφήβων ήλικία προβαίνοντα, S. 347, 19—20) zur weiteren Ausbildungnach Konstantinopel brachte. Er fährt dann fort (S. 347,22—26) : „Μετά δέ συχνόν χρόνον κάκεΐνον, êvvεαετή που ηλικίας άγοντα χρόνον, χερσί ταΐς έμαΐς φέρων παρέθετο, έπισκήψας ττάντα γενέσθαι οί, καί πατήρ και τροφεύς καί παιδαγωγός και διδάσκαλος· à δή πάντα καί γέγονα τάδελφω. " Das heißt : „Nach längerer Zeit brachte er auch ihn (Niketas) — er war damals ungefähr 9 Jahre alt — und übergab ihn meinen Händen und legte mir ans Herz, für ihn alles zu werden : Vater und Ernährer, Erzieher und Lehrmeister, was ich denn auch alles für meinen Bruder geworden bin." Dazu schrieb Grecu: „Pour que Michel ait pû être tout cela à la fois pour son frère âgé de neuf ans environ, il est indispensable qu'il ait eu quinze-vingt ans de plus que lui." An diesen indispensablen Altersunterschied glaube ich nicht. Ich kenne Fälle, in welchen jüngere Leute als Michael für mehrere Geschwister von neun Jahren und darunter das alles geworden sind, was Michael für Niketas gewesen ist ; auch ein Altersunterschied von weniger als 17 oder 18 Jahren, die sich bei unserer Datierung ergeben, genügt, um die angeführte Stelle der Monodie unverkürzt gelten zu lassen. Auch das „nach längerer Zeit" bereitet keine Schwierigkeiten, denn Michael begann seine Studien schon um 1154 (1138 + 16; nach Lampros [II, S. 541] 1140 + 16 = 1156), Niketas aber nach unserer Berechnung 1164/1166, also nach einem Zeitraum, den man mit συχνός χρόνος bezeichnen kann. 2 2 Nach unserer Berechnung muß Niketas seine politische Karriere mit ungefähr 25 Jahren begonnen haben. Das scheint mir nicht problematisch.

Jugend

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Jugend, Als Niketas getauft wurde, war der Bischof Niketas von Chonai selbst sein Taufpate, vgl. Gesch. S. 285, 15—18. Annehmbar ist die Hypothese Millers (S. 127) : „ E t hinc fortasse nomen ipsi inditum Nicetas." Das ist alles, was wir über seine Kindheit in Chonai wissen. Man kann annehmen, daß er erzogen wurde wie jeder Knabe seines Standes in der byzantinischen Gesellschaft jener Zeit. Mit neun Jahren kam Niketas nach Konstantinopel, um dort unter der Leitung seines älteren Bruders weiter ausgebildet zu werden. Er absolvierte die gewöhnlichen Studien: Grammatik, Rhetorik, Poesie, Philosophie mit Mathematik, Astronomie, Recht und Politik, vgl. die Monodie S. 347, 17—22 und 348, 21—25, wo Michael von sich selbst sagt, daß sein Vater ihn ,,διατριβαϊς διδασκόντων τήν τε γραμματικήν προπαίδειαν και τήν τοϋ έτπκοϋ κύκλου χρηστομάθειαν παραδίδωσι", von Niketas aber berichtet: ,,ό δέ παρ' εμού ... νεοττοτροφούμενος άεί προς τό τελεώτερον καί ήρέμα τττερούμευος, Icos διά τε των εγκυκλίων καί της σοφιστικής κουφισθείς oíos τε ή ν κάττί τά μετεωρότερα καί σεμνότερα θεωρήματα φέρεσθαι" (vgl. dazu Uspenskij S. 17—20). Wir haben oben (S. 9) schon gesehen, welche Bedeutung diese Jahre für die gegenseitige Liebe der beiden Brüder hatten, die ohne andere Verwandte, weit entfernt von Eltern, Geschwistern und der Vaterstadt, in der Großstadt Konstantinopel so viele Jahre aufeinander angewiesen waren. In diesen Jahren entstand nicht nur die Bildungsverwandtschaft, die sich in ihrem literarischen Nachlaß offenbart, sondern auch die gegenseitige Bewunderung und Liebe, der wir das Lob Michaels im Geschichtswerk des Niketas und das Lob des Niketas in Michaels Totenklage verdanken. Uspenskij (S. 15) machte auf die Tatsache aufmerksam, daß Niketas nirgends einer der von ihm besuchten Schulen gedenkt oder einen seiner Lehrer erwähnt, mit Ausnahme seines Bruders Michael (Gesch. S. 800, 16). Er fügte noch hinzu, daß Niketas auch über keinen von seinen Mitschülern spricht. Wir besitzen aber eine Grabrede (Nr. III), die Niketas auf den Tod eines Amtskollegen und früheren Mitschülers verfaßte. Leider ist dieser Mann, Theodoras Trochos, uns sonst nicht bekannt, und sein Name hilft uns nicht, des Niketas Jugend in Konstantinopel genauer kennenzulernen. Sicher ist, daß er den Einfluß des Eustathios erfahren hat, wie sein Vokabular beweist, das viele Wörter enthält, die außer ihm nur noch dieser und sein Bruder Michael haben, vgl. Lampros I, S. λζ'. Es ist aber möglich, daß für Niketas Michael der Vermittler dieses Einflusses war. Jedenfalls beansprucht Michael für sich, auch zur höheren Bildung seines Bruders den Grund gelegt

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Biographie

zu haben (S. 348, 19—22) : „εγώ μέν παρά διδασκάλων καί προς τά πρεσβύτερα τώυ μαθημάτων παραβαλλό με vos, à δε παρ' έμοϋ καί καθ' όσον το τη; ηλικίας μέτρον έχώρει νεοττοτροφούμενος."

Lebenslauf

„Wir können den dürftigen Angaben, welche wir über unseren Schriftsteller mitzuteilen haben, schwerlich den Namen Biographie geben." So schrieb Uspenskij (S. 10). Er hat denn auch den diesbezüglichen Teil seiner Arbeit überschrieben: „Erziehung des Niketas und einige Züge seines Lebens". Tatsächlich spricht Uspenskij etwa zehn Seiten (11—20) über die byzantinische Erziehung im allgemeinen und weiß über Niketas, ebenso wie wir, nicht mehr zu sagen, als daß er wohl die gewöhnliche Erziehung der Kinder seines Standes empfangen hat. Sieben Seiten (21—28) widmet er einer Aufzählung der von Niketas bekleideten Ämter mit Notizen über deren Bedeutung, aber über Niketas selbst als Beamten spricht er kaum. Nur fünf Seiten (29—33) beschäftigen sich mit Niketas selbst, sie geben aber bloß die kurze Periode aus dem Leben unseres Schrif tstellers.die er selbst so lebendig geschildert hat, nämlich sein Schicksal bei und nach der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzritter im Jahre 1204. Über die letzten Lebensjahre mußte Uspenskij (S. 34—35) wieder unbestimmt bleiben. Auch wir sind uns bewußt, daß wir, selbst wenn wir auf die Jugendperiode verzichten, keine wirkliche Biographie des Niketas geben können. Doch hoffen wir, in zwei Punkten über Uspenskij hinausgekommen zu sein : erstens haben wir versucht, die kleineren literarischen Werke mehr in unsere Skizze einzubeziehen, und zweitens haben wir die Entstehung des Geschichtswerkes eingehend studiert, so daß wir einigermaßen die Voraussetzung erfüllen, die Neumann, Griechische Geschichtsschreiber und Geschichtsquellen im zwölften Jahrhundert, Leipzig 1888, S. 103, folgendermaßen beschrieben hat: „Leben, schriftstellerische Thätigkeit und Bedeutung des Nicetas zusammenhängend zu schildern, wird eine dankbare Aufgabe sein, wenn erst die handschriftliche Grundlage des Geschichtswerkes einmal revidirt worden ist." Nachdem Michael über die gemeinsamen Studien gesprochen hat, erzählt er, wie ihre Lebenswege auseinandergingen. Er selbst trat in den geistlichen Stand ein, „von seinen Eltern von Jugend auf als Erstling ihrer Elternschaft dem Dienste des Herrn geweiht" (παρά των γονέων έκ παιδός ώς απαρχή της εκείνων τεκνογονίας τω ίερώ καθιερωθείς βήματι, S. 349, 2—3), Niketas wählte eine politische

Lebenslauf

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Laufbahn, von seinem Bruder in die Kreise politisch wichtiger Personen eingeführt und später mit seinen Talenten und etwas Glück sich emporarbeitend: ó δέ προ μέν τού σχολαστικού και ψιλή ν 3εωρίαν των όντων έπαγγελλομένου τον πρακτικευόμενον καί φιλόκοινον και πλείονας ύποβαλλόμενον υλας του φιλοσοφείν έμβια εϊλετο και ήσπάσατο ... καί μέν δή καί ώς ópyavá τινα εύφυα καί δεξιά πολιτείας μετακεχείριστο ρητορικήν τε καί νομοτρίβειαν, παρ' εμοΟ μέν τά πρώτα σοφοις τά πολιτικά καί πολυειδήμοσιν άνδράσι συνιστάμενος, μετά δέ καί τύχη χρησάμενος (S. 349, 7—16). Sicher ist Niketas in den Staatsdienst eingetreten, noch bevor Michael Konstantinopel verließ. Genauer läßt sich die Zeit wohl nicht bestimmen. Stadtmüller (S. 238—239) schloß aus einem Schreiben Michaels an einen Steuereinnehmer im Pontischen Gebiet namens Konstantinos Pegonites, daß Niketas damals untergeordneter Beamter dieses Pegonites war. Michael schreibt (II, S. 5, 13) : ,,άγαπώης δέ καί τόν ουχ ήττον σον ή εμόν άδελφόν καί περιέποις ες άπαν συνοισον αύτώ." Niketas' Name wird also nicht genannt, es könnte darum auch ein anderer Bruder gemeint sein. Aus derselben Zeit stammt auch ein Brief Michaels an den späteren Patriarchen Michael Autoreianos, in welchem er schreibt (II, S. 7,19) : ,,ό μέν έμός αδελφός, ήδη δέ καί σός, είπερ καί εγώ σός, ιδού φρούδος τήν εύ3ύ Παφλαγόνων στελλόμενος." Auch hier wird der Name nicht genannt, aber wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß mit den Worten „mein Bruder" in diesen beiden Fällen nicht Niketas gemeint ist. Lampros (II, S. 548—551) und Stadtmüller (S. 238—240) sind sich darüber einig, daß diese Briefe vor 1182 in Konstantinopel geschrieben wurden. Niketas muß also seine Laufbahn vor 1182 als untergeordneter Steuerbeamter begonnen haben und in dieser Funktion einige Zeit in Paphlagonien tätig gewesen sein. Nach seiner Tätigkeit in der Provinz kehrte Niketas in die Hauptstadt zurück und bekam dort die Stelle eines kaiserlichen Sekretärs (βασιλικός ύπογραμματεύς, vgl. die Monodie S. 349,19—21). Nach Lampros (II, S. 543) wäre das unter Alexios II. gewesen. Das kann jedoch nicht als völlig sicher gelten. Michael sagt nur, daß Andronikos den Alexios ermorden ließ, als auch sein Bruder unter den kaiserlichen Sekretären angestellt war (ότε καί ó έμός αδελφός τοίς βασιλικοΐς ύπογραμματεΰσι συνετέτακτο). Vorsichtiger äußerte sich Hankius (gefolgt von Miller) : ,,si non sub Manuele, certe sub Alexio scribis Augusteis ascriptus." Im Jahre 1182, als Michael Bischof von Athen wurde, erfolgte die räumliche Trennung der beiden Brüder, die aber ihre geistige Verbundenheit nicht mehr lockern konnte. Michael spricht darüber

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Biographie

ausführlich in seiner Totenklage (S. 345—346). Bald darauf wurde die Karriere des Niketas durch die Usurpation des Andronikos unterbrochen. Als Tyrannenhasser oder genauer Hasser der Schlechtigkeit (μισοτύραννος ή γενικώτερου φάυαι μισοπόνηρος S. 349, 27) wollte Niketas, so sagt Michael, nicht den Greueln (μιαιφονίαις) des Tyrannen dienen und zog sich Heber zurück: „er entschloß sich, weit von Jupiter und seinem Blitz zu bleiben" (εγνω δέ πόρρω Διός ϊστασάαι και κεραυνού S. 350, 2). Dieses nur halbfreiwillige Otium dauerte bis zum Tod des Andronikos. Niketas benutzte diese Zeit vor allem zum Studium des Rechts, vgl. Monodie S. 350, 4—9. Hankius faßte diesen Abschnitt aus dem Leben des Niketas so zusammen: „sub Andronico quum se minus tutum videret, Byzantio digressus animum studio juris civilis applicuit". Daß Niketas damals Konstantinopel verließ, wird auch von Uspenskij (S. 22) angenommen. Das ist sehr wohl möglich, aber aus den Quellen nicht mit Sicherheit festzustellen; ,,weit von Jupiter und seinem Blitz" braucht man nicht unbedingt räumlich zu verstehen (vgl. auch Stadtmüller S. 165, 239). Nachdem die Ereignisse Isaak Angelos gezwungen hatten, ohne daß er es wollte, Kaiser zu werden (11.—12. Sept. 1185), kehrte Niketas in den Hofdienst zurück (Monod. S. 350, 10—11). Lampros notierte dazu, daß er vielleicht damals schon die Stelle des Logotheten der Sekreta bekam. Diese Vermutung ist nicht nur unbegründet, sondern ohne Zweifel falsch. Zuerst erscheint Niketas unter Isaak Angelos als kaiserlicher Sekretär (βασιλικός γραμματικός). Über dieses Amt schrieb Bréhier, Μ. Β. II, S. 166—167: „L'empereur rédigeait ses ordres lui-même ou les faisait rédiger sous ses yeux par un secrétaire privé, γραμματεύς, Οπογραφεύς, en général un jeune homme de condition modeste et sans fonction officielle à l'origine, mais dont le service était presque toujours le point de départ d'une belle carrière, comme Psellos... (comme) Nicétas Choniatès qui exerça le même emploi sous Manuel Comnène et gravit tous les échelons administratifs jusqu' à la dignité de grand logothète sous Isaac l'Ange" (die Behauptung, daß Niketas schon Privatsekretär des Manuel Komnenos gewesein sei, bleibt ohne Quellennachweis und scheint mir die Übernahme dieser Tätigkeit zu früh anzusetzen). In dieser Stellung hatte Niketas die Ehre, zur Hochzeit Isaaks die Festrede zu halten, als dieser sich bald nach der Thronbesteigung (seine erste Frau war schon davor gestorben) mit Margarete, der Tochter des Königs Bela III. von Ungarn, vermählte (Ende 1185 oder Anfang 1186)23. 23 Vgl. die Überschrift der V. Rede, aus der wir erfahren, daß diese Rede verfaßt wurde, als Niketas noch kaiserlicher Sekretär war.

Lebenslauf

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Um diese Zeit heiratete auch Niketas selbst. Michael erwähnt die Ehe in einem Brief (Nr. 15) an Joannes Belissariotes, dessen Schwester Niketas heiratete. Er schreibt (II, S. 21, 6—10): ,,οίς πάλαι δια φιλίας ακραιφνούς ήρμοσμένος, εϊτα καί διά συγγενείας άνεκρά3ην εις άκραν ενωσιν, του Θεοΰ, οΐμαι, ... τω της φιλίας δεσμω τον της συγγενείας προσπλέξαντος." Nach Lampros (II, S. 543—4) wäre dieser Brief noch unter Andronikos geschrieben ; Stadtmüller (S. 242) verweist für die Datierung der Eheschließung auf die Monodie: „Nach der Darstellung in der Monodie fällt dieses Ereignis in die Zeit des Andronikos I. (1182 bis 1185) oder bald nach dessen Sturz. Näher läßt sich der Zeitpunkt nicht bestimmen." (Byz. Forschungen 1, 1966, 322, datiert Stadtmüller das Schreiben 1183—1184). Tatsächlich hat Michael, bevor er über die Heirat des Niketas spricht (S. 350,17ff.), schon dessen Rückkehr in den Hofdienst unter Isaak Angelos erwähnt (S. 350, 10—11). Es ist aber sehr wohl möglich, daß er die Chronologie hier einer mehr logischen Anordnung geopfert hat. Darin sind wir ihm dann gefolgt 24 . Nicht ohne rhetorische Übertreibung behauptet Michael (S. 350, 28—29) von seinem Bruder, der Penelope hätten nicht so viele Freier den Hof gemacht, wie Heiratsvermittler um Niketas zusammenströmten (oO τόσοι περί την Π. μνηστήρες εκώμασαν, δσοι περί εκείνον σχεδόν τι συνέτρεχον νυμφαγωγοί). Die Folge war, daß Niketas sich bei Michael Rat holte (S. 351, 6-—9). Und dann gab nicht Reichtum oder Adel den Ausschlag, sondern die Kalokagathia der Belissarioten (S. 351,14—20), ,,οΟς ή αυτή διατριβή και κοινωνία των αυτών διδασκάλων καί μαθημάτων συνωκειώσατο ήμϊν καί εις φίλους έταίρους έφήρμοσεν" (S. 351, 20—22). Ausführlich schildert Michael (S. 351, 25—352, 10) die Freundschaft mit den Belissarioten und beschließt diese Stelle mit folgenden für die Kenntnis der amtlichen Tätigkeit des Niketas wichtigen Worten (S. 352, 11—17): ,,ούτως ές άκρον μυελόν ψυχής σνντακέντες, ώς εφη τις, είς εν έκρά9ησαν σύνταγμα παρά τοσούτον άχώριστον, παρ' όσον Βελισσαριώται μεν ώς τα πολλά εϊσω τής μεγαλοπόλεως τά πρόσφορα οίς είχον άξιώμασι διεπολιτεύοντο, ό δ' εμός αδελφός καί εις επαρχίας καί τάς εξω πόλεις, ώς είρηται (vgl. S. 350, 14—16), παρ' άλλοτε άλλων βασιλέων έστέλλετο δημόσι' άττα έπιτελέσων λειτουργήματα." Leider sind uns außer Philippopolis keine Provinzstädte mit Namen bekannt, wo Niketas vor 1204 amtshalber weilte. Aus dem Geschichtswerk kann man aber schließen, daß er Bathys am Mäander (vgl. S. 95, 17—18) und 24 Wohl nicht auf Niketas zu beziehen ist folgender Satz in einem Brief Michaels an Joannes Belissariotes vom Jahre 1195 (II, S. 89, 29—30) : ,,όττοίσν 8έ χρή γενέσ3αιτήν έτπστήριξιν, δεδώκαμεν είδησιν τω ττεριττο3ήτω μοι γαμβρω σου".

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Biographie

Neokastra (vgl. S. 195, 14) aus persönlicher Anschauung kannte. Die Ämterlaufbahn des Niketas und der beiden Brüder Joannes und Michael Belissariotes hatte auch das gemein, daß die Belissarioten sich unter Andronikos aus den gleichen Gründen wie Niketas aus der Öffentlichkeit zurückzogen. Michael lobt sie darum in einem Brief (Nr. 35, II, S. 58—59) und beglückwünscht sie dazu, daß sie sich jetzt unter Isaak Angelos von den Schwierigkeiten, die ihnen das gebracht hat, erholen können. Die Freundschaft der Choniaten und Belissarioten wird auch noch bezeugt durch eine Monodie Michaels (I, S. 197—207) auf einen Theophylaktos Belissariotes, der Michael nach Athen begleitet hatte und dort jung starb (etwa 1186). Vielleicht war Theophylaktos ein Neffe der Brüder Joannes und Michael; jedenfalls war sein Vater schon gestorben und hatte seine Frau mit vier Söhnen zurückgelassen. Auch Niketas selbst hat später der Freundschaft mit den Belissarioten in seiner Monodie auf Joannes (Rede XV) ein Denkmal gesetzt. So ausführlich Michael über die Freundschaft der Männer spricht, so kurz faßt er sich über die Frau, die Niketas heiratete. Er nennt sie (S. 351, 22—23) ,,τταρά μητρί αγαθή τρεφομένην και 3αλαμευομένην", eine ganz allgemeine Charakteristik für ein byzantinisches Mädchen aus einem guten Hause, und gegen Ende der Monodie heißt sie „des Niketas würdig"25. Niketas selbst macht im Geschichtswerk eine Aussage über die Ehe, die vielleicht nicht nur eine allgemeine Wahrheit, sondern auch seine persönliche Erfahrung zum Ausdruck bringt : „Die Zeit... ließ ihnen (Eudokia und Stephanos) nicht bis zum letzten Atemzug den lauteren Gleichklang der Herzen, den verständige Eheleute für die höchste Erfüllung menschlichen Glücks halten" (Gesch. S. 704, 9—11). In einem seiner Briefe bezeugt er indirekt, daß er nicht wie Hiob eine unvernünftige Frau geheiratet hat (S. 211, 8). Nehmen wir unseren Bericht über die Ämterlaufbahn des Niketas wieder auf. Im Jahre 1187 begleitete er Isaak Angelos auf einem Feldzug, den der Kaiser Ende September — Anfang Oktober gegen die von den Rumänen unterstützten vlacho-bulgarischen Rebellen unternahm26. Niketas erwähnt das selbst im Geschichtswerk (S. 518, 19—20) : „ich begleitete nämlich auch selbst den Kaiser in der Stellung eines Sekretärs." Nach der Schlacht bei Lardea, wo das byzantinische Heer mit knapper Not einer großen Niederlage entging, verfaßte Niketas für den Kaiser ein Kommuniqué an den Patriarchen und die Synode („Rede" II), in welchem er, ohne die Tatsachen wirk25 26

Vgl. über die Ehe des Niketas auch Uspenskij, S. 24—25. Für das Datum siehe die Einleitung zur II. Rede, unten S. 65 ff.

Lebenslauf

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lieh zu verfälschen, doch einen großen Sieg vorzutäuschen weiß. Auch die Überschrift dieses Kommuniqués bezeugt, daß Niketas damals noch kaiserlicher Sekretär war. Etwa 1188/1189 möchten wir eine Monodie datieren, die Niketas auf seinen verstorbenen Freund Theodoros Trochos verfaßte (Rede III). Die Überschrift dieses Werks zeigt ihn uns als Vorstand der Staatskasse (ττροεστώς τοΟ επί των κοινών χρημάτων κοιτώ νος). Vielleicht verwaltete er dieses Amt neben seiner Tätigkeit als Sekretär, denn von Theodoros Trochos heißt es, daß er kaiserlicher Sekretär und mit Niketas Vorstand der Staatskasse war. Da sonst keine Hinweise für Verwaltung dieses Amtes durch Kollegen gleichen Ranges vorliegen 27 , möchten wir in Theodoros einen Untergebenen des Niketas sehen. Als Bestätigung kann vielleicht dienen, daß Niketas im 16. Buch des Thesauros einfach schreibt: ,,ένέτυχον δ' αυτός έν τω ταμιείω τών βασιλικών χρημάτων τω καί κοιτώνι καλουμένω, ου προιστάμην, βίβλω παλαιά .. ." 2 8 . Die mit diesem Amt verbundenen Aufgaben können wir kurz so umreißen: Aufsicht über die Verwendung der Einkünfte aus bestimmten Steuern und aus den Staatsdomänen sowie über die vom Kaiser angeordneten Ausgaben für Gehälter, Spenden usw. 29 . Vgl. Dölger, Finanzverwaltung, Index s. v. Kolleg. Amtsverwaltung. Die Stelle ist noch unveröffentlicht. Wir zitieren nach Cod. Vat. Gr. 680, f. 331 v . Uber die Schwierigkeit, die damalige Stellung des Niketas genau zu bestimmen, sprechen wir ausführlicher in der Einleitung zur III. Rede, unten S. 80 f. 29 Vgl. Dölger, Finanzverwaltung, S. 25, Anm. 3. Der Titel àtri του κοιτώνος (επί του βασιλικού κοιτώνος, έπΐ του Ινοικικοϋ κοιτώνος, προκαθήμενος του κοιτώνος) verlieh also Niketas keineswegs die hohe Stellung, die ursprünglich damit bezeichnet worden war. Vgl. über dieses Amt Bréhier, Μ. Β. II, S. 96—97, und besonders J . E. Dunlap, The Office of the Grand Chamberlain in the later Roman and Byzantine Empires, in : Two Studies in later Roman and Byzantine Administration by A. E. R. Boak and J . E. Dunlap, New York 1924, Part. II. Früher war der επί του κοιτώνος das Haupt des gesamten Personals, das in den Gemächern des Kaisers und der Kaiserin diente. Durch seinen intimen Kontakt mit dem Kaiserpaar erhielt er eine große Macht und glänzende Privilegien. Zur Zeit des Niketas aber waren seine wichtigsten Obliegenheiten und damit seine Bedeutung schon seit etwa einem Jahrhundert auf den Groß-Domestikos, den Groß-Primikerios und vor allem auf den Protovestiarios übergegangen, vgl. Dunlap, S. 231—232. Über die Aufgaben oder die Bedeutung des Amtes liegen keine Angaben aus der Zeit nach 1042 vor. Seit Botaneiates (1078—1081) bestand es nur noch diskontinuierlich fort. In der von Dunlap (S. 309—312) zusammengestellten Liste von Funktionären, die das Amt innegehabt oder wenigstens den Titel geführt haben, ist ein Niketas der vorletzte. Dunlap verweist dazu nur auf Schlumberger, Sigillographie, S. 567, und notiert in Anm.l : „Nicetas and the three preceding Grand-Chamberlains are known only by the evidence of seals. The dating of seals is a matter of such difficulty that the periods to which these officials have been assigned by Schlumberger must be considered as only approximately determined.Especially doubtful is the date given for Nicetas, since no mention of a Grand-Chamberlain in the twelfth or thirteenth centuries has been found in the 27

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Biographie

Ungefähr in dieselbe Zeit wie die Monodie auf Theodoras Trochos gehört eine ganz andersgeartete Rede (Nr. XII) über die Vorzüge des Winters30. Wir verdanken sie einer Art des intellektuellen Zeitvertreibs, die darin bestand, daß zwei beredte Personen entgegengesetzte Thesen zu verteidigen hatten. In unserem Fall wurde der Wettkampf vom Logotheten tou Dromou, Demetrios Tornikes, veranstaltet, der Niketas den Auftrag gab, zu beweisen, daß der Winter dem Sommer vorzuziehen sei, und einen anderen Sekretär das Gegenteil verteidigen ließ. general literature of t h a t period." Für unseren Niketas ist der Titel aber durch fünf Uberschriften (vgl. unten S. 56—7) und durch die oben angeführte Stelle des Thesauros belegt. Freilich stimmen die gebrauchten Benennungen des Amtes mit keiner der 34 von Dunlap (S. 313—314) gegebenen Varianten genau überein, sie sind aber auch keineswegs wesentlich verschieden davon, vgl. z. B. die von Sokrates, Hist. Eccl. 3,1, gebrauchte Benennung : τόν ττροβστώτσ τοϋ βασιλικού κοιτώνοξ. Auf der anderen Seite ist es aber sehr fraglich, ob das von Schlumberger veröffentlichte Siegel unserem Niketas gehört. Schlumberger gibt I.e.: „Les Préposites. 1. Sceau de Nicétas, préposite. — Buste de la Panagia Blachernitissa entre les sigles accoutumés. Rev. + ΘΚΕ ΒΘ/ΝΙΚΗΤΑ/ ΠΡΑΙΠΟ/ΣΙΤΩ.— X I I e / X I I I e siècle. Ma collection." Eine Identifizierung der Person fehlt. An einer anderen Stelle, S. 111, gibt er aber fünf Siegel, die von M. Mordtmann, Supplément au T. X I I I des Mémoires du Syllogue littéraire grec de Constantinople, veröffentlicht wurden (mir unzugänglich geblieben). Das fünfte ist das Siegel von „Nicétas, préteur d'Andrinople: KE Β ' θ ' ΝΙΚΗΤΑ Α" ΣΠΑΘΑΡ' (ιω), ΕΠΙ ΤΟΥ ΚΟΙΤΩΝΟΣ, ΚΡΙΤΗ ΕΠΙ ΤΟΥ 1ΠΤΤΟΔΡΟΜ' (ου) Σ ΠΡΑ1ΤΩΡΙΑΔΡΙΑΝΟΥΠΟΛΕ" (cos)"; dazu bemerkt Schlumberger: „très probablement le sceau de l'historien Nicétas Choniate qui était précisément en 1189 ,,έτπ τ ω ν κρίσεων" (ou κριτής τ ο ϋ Βήλου) et ,,ττροκα9ήpavos τ ο ϋ κοιτώνος" comme aussi „άρχων τοϋ Βέματος Φιληπτουττόλεως (ville voisine d'Andrinople)". Stadtmüller, S. 277mit Anm. 2, macht die Hypothese zur Behauptung: „Dazu kommt, daß uns die Siegel beider Brüder erhalten s i n d . . . . Anm. Das Siegel des Niketas ist von G. Schlumberger .. . S. 111 veröffentlicht". Diese Identifizierung scheint mir nicht haltbar. Der Titel Protospatharios ist für Niketas nicht überliefert ; Iudex Hippodromi ist nicht gleich dem Iudex Veli, einem Amt, das Niketas außerdem wahrscheinlich nicht vor 1190 übertragen worden ist (allerdings scheint Iudex Veli et Hippodromi eine oft vorkommende Kombination gewesen zu sein, wie auch eine Beförderung vom Iudex Hippodromi zum Iudex Veli möglich war, vgl. Zachariä von Lingenthal, S. 360, Anm. 272, und S. 361, Anm. 1273) ; έττΐ τ ω ν κρίσεων wurde Niketas sicher erst später; schließlich sind auch die Themen von Adrianopel und Philippopel verschieden (vgl. Nik., Gesch. S. 571, 10—19). Weiter muß hier noch ein Siegel erwähnt werden, veröffentlicht von Κ. M. Konstantopoulos, Byzantiaka Moloubdoboulla (Gr.), Journal Internat. d'Archéol. Numism. (Athen) 6, 1903, S. 356, Nr. 440. Die Legende ist: + NIKHT, - Α' ΣΤΤΑθΚ, - ΕΠ1ΤΩΝΟΙ- Ε1ΑΚΤΩ-XOP1AT, ( = Νικήτ(α) [β(ασιλικω)] πρωτοσπα3(αρΙω) κ(αΐ) èrrl τ ω ν οΙ[κ]ειακ[ών] τ ω Χοριάτ(η). Stadtmüller möchte auch dieses unserem Niketas zuschreiben (S. 277 Anm. 2). Germaine Rouillard, Note prosopographique : le préposite Jean êirl τοϋ κοιτώνος et èrrì τ ο ϋ κανικλείου, Écho's d'Orient 32,1933, S. 446, nennt die Würde des èrrì τοϋ κοιτώνο; „reservée aux eunuques". Die Liste Dunlaps zeigt aber, daß Niketas nicht die einzige Ausnahme von der Regel war. 30 Vgl. f ü r das Datum unten S. 137 ff.

Lebenslauf

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Nachdem Niketas in seinen ersten Stellen das Vertrauen des Isaak Angelos gewonnen hatte, war sein Aufstieg gesichert. Die nächste Beförderung wird von Michael in der Monodie (S. 350, 14—16) schon vor der Erwähnung seiner Ehe angekündigt: „τω τοι καί άλλοτε άλλην αρχήν κοσμεΐν ήξιοϋτο· ού μήν δε αλλά καί των έν Θράκη πόλεων αρμοστής καί των έκεΐσε στρατιωτικών συντάξεων διανομεύξ εστέλλετο. άλλα ταύτα μέν μικρω ύστερον." Die letzten Worte bedeuten in dem Zusammenhang: nicht unmittelbar nach der Thronbesteigung Isaaks, sondern erst nach der nun zuerst (S. 350, 17—352, 10) besprochenen Heirat. Der Zeitpunkt ist uns besser bekannt aus dem Geschichtswerk des Niketas, der im Bericht über den Durchzug der Kreuzritter Friedrich Barbarossas auch seinen eigenen Anteil an diesen Ereignissen erwähnt (S. 526, 9—11): „Auch wir, die wir diese Geschichte schreiben, wurden dabei in viele Unannehmlichkeiten verwickelt, da wir damals mit der Verwaltung und der Steuerabschätzung des Themas (von Philippopolis) betraut waren31." Die Schwierigkeiten wurden ihm vom Kaiser selbst verursacht, der in einem Brief befahl, Philippopel zu befestigen und zu verteidigen, in einem späteren dagegen, es zu schleifen, damit es dem deutschen Kaiser nicht als Stützpunkt dienen könne ; außerdem erwiesen sich die Heerführer, mit denen Niketas zusammenzuarbeiten hatte, Manuel Kamytzes und Alexios Gidos, als feige und unfähig. Lebeau schrieb über 31 Dölger, Finanzverwaltung, S. 82 ff., gibt als Hauptaufgabe des άττογραφεύς (unter diesem Namen bestand im 13. und 14. Jahrhundert das Amt des άναγραφεύς fort) die Landvermessung zum Zweck der Steuerschätzung an. Diese Aufgabe wurde oft vom Themengouverneur selbst übernommen. Hélène Glykatzi-Ahrweiler, Recherches sur l'administration de l'empire byzantin au I X e — X I e siècles, École Française d'Athènes, Paris 1960 (auch Bulletin de Correspondence hellénique 84, 1960), S. 36 S., gibt die Situation des Themengouvernements in der Zeit unmittelbar vor Niketas. Das Wesentliche trifft wohl auch für Niketas zu, denn die von den Komnenen geschaffene neue Ordnung ist von den Angeloi nicht von heute auf morgen völlig abgeändert worden. Die Neuordnung der Komnenen beschreibt die Verfasserin so (S. 90) : „Le thème, circonscription administrative, est de nouveau placé sous le contrôle d'un militaire de grade élevé, non plus le stratège, qui disparait entièrement, mais le duc, qui assume également certaines tâches civiles (il est d'habitude πράκτωρ et ccvccypœpeùs) secondé par une série de nouveaux fonctionnaires." Demnach hatte Niketas die Verantwortung für die Verteidigung seiner Provinz gegen äußere Feinde und auch f ü r den inneren Frieden und Wohlstand. Dieser Verantwortung entsprach die Verfügungsgewalt über alle militärische und zivile Macht in seinem Gebiet. Über Sondervollmachten während des Durchzuges Friedrich Barbarossas vernehmen wir nichts. Wohl aber wurde später, etwa 1193, Konstantinos Angelos mit Rücksicht auf den Aufstand der Vlachen und Bulgaren mit solchen versehen; vgl. Niketas, Gesch. S. 570,1 ff., der ihm wieder den vor den Komnenen üblichen Titel Strategos gibt. Vgl. auch O. Tafrali, Thessalonique au XIV e siècle, Paris 1913, S. 46—53, dessen Darstellung im großen und ganzen auch für den Gouverneur des X I I . Jh. zutrifft.

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Biographie

diese Episode: „Nicétas aurait été capable de défendre cette ville, si sa bonne conduite n'eût été traversée par les caprices de son maître." Sehr ehrenvoll für Niketas, aber einen Grund für diese Behauptung sehe ich nicht. Niketas selbst gibt dazu keinen Anlaß. Miller (S. 128) bemerkte: „Mirum ab Hankio reticeri res a Niceta in hoc muñere probe gestas, qui et quantum potuit inertiae et ignaviae gentilium suorum mederi expertus est, et capta Philippopoli ad Graecum exercitum se contulit haud procul ab urbe stantem, futuras, si opus esset, militiae periculorumque particeps; neque in ilio rerum articulo inutilem se praestitit suorum exercitui." Aus der Erzählung des Niketas selbst kann man nur folgern, daß er einfach den Befehlen des Kaisers nachgekommen ist und ebensowenig wie die beiden genannten Heerführer Philippopolis gegen die überlegene Strategie Friedrichs zu schützen gewußt hat. Daß er nach der Räumung der Stadt sich zum Heere des Protostrators, Manuel Kamytzes, begab, war wohl nicht mehr als seine Pflicht. Dort war er offenbar dem Protostrator unterstellt (Gesch. S. 534,4) ; wenn ihn also auch keine Schuld an der am 29. 8.1189 bei Philippopolis erlittenen Niederlage (Gesch. S. 534,5—535, 17) trifft, so vernehmen wir doch auch nicht, daß er irgend eine Initiative ergriffen hätte, durch welche er dem Heere von Nutzen gewesen wäre. Selbst erzählt er das ruhmlose Benehmen des byzantinischen Heeres in der „Wir"-Form, also ohne sich selbst von seinem Spott auszunehmen (Gesch. S. 535, 17—536, 2). Mit Recht aber lobt Miller Niketas im folgenden: ,,Qui et ipse Byzantium profectus, principemque privatim allocutus (unde conjicias quam habuit in aula gratiam et dignitatem) deliro seni (Miller vergißt, daß Isaak erst 34 Jahre alt war) optima Consilia, sed vana surdis auribus cecinit, ut ab ipso discere est." Tatsächüch erzählt Niketas (Gesch. S. 536, 2—10), ohne viel Aufhebens davon zu machen, daß er persönlich den Kaiser über die Lage im westlichen Reichsteil unterrichtete. Daß er, wie er selbst berichtet, den Kaiser auf den Vorwurf der Kreuzritter hinwies, er habe wegen seines Bündnisses mit Saladin seine ihnen geschworenen Eide gebrochen, darf bei dem bekannten Jähzorn Isaaks als ein Beweis tapferer Offenheit gelten. Zuerst gelang es Niketas, den Kaiser zur Aufgabe seines hartnäckigen Widerstandes gegen den Durchzug der Kreuzfahrer zu bewegen (Gesch. S. 536, 10—12) ; da aber das Jahr zu weit fortgeschritten war — es war schon November (Gesch. S. 536, 13—14) —, wollte Friedrich mit dem Übergang nach Kleinasien bis zum Frühjahr warten und verursachte so wieder eine Sinnesänderung des Kaisers (Gesch. S. 536, 12ff.). Bréhier, M.B. I, S. 353, schreibt Niketas auch einigen Einfluß auf den Entschluß des Kaisers zu, die deutschen Gesandten, welche dieser festgehalten hatte, freizulassen. Das könnte die richtige

Lebenslauf

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Interpretation von Gesch. S. 536,19 sein. In diesem Fall muß die Audienz des Niketas beim Kaiser vor dem 19. Oktober (dem Datum der Freilassung) angesetzt werden. Bréhier setzt die Audienz schon in den September. Auch das ist möglich. Philippopolis wurde am 25./26. August kampflos besetzt32. Aus der Amtszeit des Niketas in Philippopolis (und zwar vor dem Durchzug der Kreuzritter) stammt vielleicht eine Rede (Nr. XVIII), die an den Bischof der Stadt gerichtet ist. Leider fehlen Überschrift und Anfang. Aus welchem Anlaß die Rede gehalten wurde, ist nicht klar, aber offenbar hatte es zuvor Schwierigkeiten gegeben, und es scheint zumindest ein Ziel der Rede gewesen zu sein, eine (mehr offizielle als aufrichtige?) Aussöhnung zu verkünden. Man darf vielleicht mit Miller annehmen, daß Niketas nach seiner Audienz bei Isaak nicht mehr in seine von den Deutschen besetzte Provinz zurückkehrte. Jedenfalls treffen wir ihn am Epiphaniefest des Jahres 1190 in Konstantinopel. Er bekam damals den ehrenvollen Auftrag, die Festrede an den Kaiser zu halten (Nr. IX). Aus unbekannten Gründen wurde diese nicht, wie üblich, vom Maistor der Redner selbst vorgetragen. In der Überschrift führt Niketas den neuen Titel λογοβετικός γραμματικός. Dazu bemerkte Miller: ,,quod, nisi fallor, praecipuum dénotât scribarum officium apud primum publicae rei administrum λογοθέτη ν δρόμου." Miller gibt keine Begründung für seine Interpretation. Doch ist λογο3ετικός γραμματικός kein allbekannter Titel. Wir kennen als Hauptbeamten im λογο3έσιον TOO δρόμου den πρωτονοτάριος τοΟ δρόμου. Weil aber, wenn von 32

Zum Durchzug der Kreuzritter vgl. W. v. Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Bd. VI, Leipzig 1895, S. 221 fi. mit Anm. S. 694 ff. Zu dem zwischen Isaak und Saladin geschlossenen Vertrag, den Niketas natürlich gekannt hat, aber, wie S. Riezler, Der Kreuzzug Kaiser Friedrichs I., Forschungen zur deutschen Geschichte 10, 1870, S. 102, schreibt, zu einem Kreuzrittergerücht abschwächt, vgl.Cognasso, S. 256—9, 263—5, 275—6; Dölger, Reg. 1591 u. 1593; G. Vismara, Bisanzio e l'Islam. Per la storia dei t r a t t a t i tra la cristianità orientale e le potenze musulmane. Studi giuridici Urbinati, Milano 1950, S. 58—60; P. Lemerle, Byzance et la Croisade, Relazioni del X Congresso internazionale di Scienze Storiche Roma 4—11 Settembre 1955, Vol. III, Firenze, 1955, S. 595—620 (Lemerle nennt es ungerecht, daß Niketas bei seiner Kritik an Isaak nicht das Zusammengehen Barbarossas mit den Normannen und dessen agressive Pläne berücksichtigt) ; Ch. M. Brand, The Byzantines and Saladin, 1185—1192: Opponents of the Third Crusade, Speculum 37, 1962, S. 167—181; ders., Byz. confronts the West, S. 177 ff. Es ist natürlich nicht anzunehmen, daß Niketas im Gespräch mit dem Kaiser den Vertrag auch nur als Kreuzrittergerede zur Sprache gebracht hat. Giesebrecht, 1. c., S. 701, bezweifelt, daß Niketas wirklich viel zur Freilassung der deutschen Gesandten beigetragen hat. Auch muß dahingestellt bleiben, wie weit die Sinnesänderung des Kaisers ging. Nur die Hist. Peregr., S.511, erwähnt versöhnliche Vorschläge Isaaks. Diese reichten aber keinesfalls aus, um Friedrichs berechtigtes Mißtrauen Isaak gegenüber zu beseitigen.

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Biographie

byzantinischen Autoren der Name Logothetes ohne nähere Bestimmung gebraucht wird, immer der Logothet tou Dromou gemeint ist 33 und für das Wort νοτάριος später γραμματικός gebräuchlicher geworden ist 34 , dürfen wir vielleicht in Niketas zu dieser Zeit (Anfang 1190) entweder mit Miller den genannten Hauptbeamten selbst oder einen diesem unterstellten Kollegen sehen. Man kann sich vorstellen, daß der Logothet tou Dromou, dem auch die Aufgaben eines Außenministers oblagen35, die Tatsache, daß Niketas nicht in Philippopolis residieren konnte, ausgenutzt und ihn, der zu jenem Zeitpunkt als Gouverneur von Philippopolis an der auswärtigen Politik besonders beteiligt und über die politische und militärische Lage gut unterrichtet war, als Berater herangezogen hat. Dieser Logothet war Demetrios Tornikes, ein Freund der Choniaten, wie wir aus der Korrespondenz Michaels wissen 36 ; die Beredsamkeit des Niketas war ihm bekannt, wie sich aus dem obenerwähnten (S. 28) rednerischen Wettbewerb ergibt. Ihm verdankte Niketas also wohl die Aufgabe, am Epiphaniefest den Maistor der Redner zu vertreten. Das Lob des Kaisers ist bei dieser Gelegenheit nicht zu kurz gekommen, ein Lob, das nicht gerade mit dem Urteil, das Niketas im Geschichtswerk über diesen Kaiser fällt, im Einklang steht. Man kann ihm das nicht sonderlich verargen ; eine Lobrede ist keine Geschichtsschreibung. Doch ist es nicht so leicht, dafür Verständnis aufzubringen, daß er gerade das, weswegen er im Geschichtswerk (S. 528, 14 ff.) den Patriarchen Dositheos verurteilt, in dieser Rede selbst tut: er hetzt den Kaiser gegen Friedrich auf. Dasselbe gilt auch von den Eroberungsvisionen, die er in der Rede (S. 94, 11—22) vor dem Kaiser aufsteigen läßt und die er im Geschichtswerk (S. 566, 16ff.) als Träumereien des Kaisers verspottet. Wahrscheinlich konnte er aber nicht umhin, auch diese Punkte auszuführen, weil es einfach von ihm erwartet wurde. Vermutlich noch im Jahre 1190 oder spätestens 1191 wurde Niketas zum κριτής του βήλου (Iudex Veli) ernannt, wie man der Überschrift einer um diese Zeit verfaßten Rede (Nr. I) entnehmen kann. Man möchte diese Ernennung mit dem Gesch. S. 538, 11—18 Erzählten 33 Vgl. J.B. Bury, The Imperial Administrative System in the Ninth Century, London 1911, S. 91—93. 34 Vgl. E. Stein, Untersuchungen, S. 37—38. 35 Bréhier, Μ. Β. II, S. 301—303, nennt den Logotheten tou Dromou für die Zeit seit dem IX. Jahrhundert ,,le chef suprême des relations extérieures, des postes et de la police d'État, à la fois ministre de l'intérieur et des affaires étrangères". Vgl. auch Dölger, Finanzverwaltung, S. 22—23 und passim. 36 Vgl. die Briefe 31, S. 50—52; 40, S. 65—66; 49, S. 79—80; 51, S. 84—86; 57, S. 93—95; 58, S. 96; 67, S. 109—110.

Lebenslauf

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in Verbindung bringen. Als Isaak Angelos Geiseln für Friedrich Barbarossa suchte, entgingen einige Iudices Veli der ihnen zugedachten , ,Ehre' ' dadurch, daß sie sich verbargen. Sie wurden darum abgesetzt, und andere bekamen ihre Stellen. Vielleicht war Niketas einer von diesen anderen. Als die Kreuzfahrer abgezogen waren, erhielten zwar die abgesetzten Richter ihre Stellen zurück, es erscheint mir aber unwahrscheinlich, daß die Neuernannten ihre Würde einfach wieder verloren haben sollten. Das sonst aus zwölf Richtern bestehende Kollegium wird vielmehr einige Zeit mehr Mitglieder gehabt haben. Kraft einer Novelle des Manuel Komnenos „de Iudicibus et Advocatis" 37 hatte Niketas zumindest seit seiner Bestellung zum Iudex Veli das Recht, den Titel Sebastos zu führen. Es ist aber auch möglich, daß dieser ihm schon früher verliehen wurde. Belegt ist er erst durch den einzigen uns überlieferten Brief Michaels an seinen Bruder, der etwa 1194/1195 anzusetzen ist38. Als Iudex Veli hatte Niketas an den Sitzungen des kaiserlichen Gerichtshofes teilzunehmen und verfügte vielleicht auch über eine eigene Jurisdiktion, speziell in Fragen des Protokolls 39 . Nach den Worten Michaels (Monodie S. 353, 12—13) hat sein Bruder sich als unbestechlicher Richter gezeigt. Er preist ihn zusammen mit den beiden Brüdern Joannes und Michael Belissariotes, die auch von Niketas in seiner Monodie auf Joannes (S. 153, 26—27, 156, 28—29) wegen ihrer Amtsführung als Richter gelobt werden, als δικαστού δέ αδέκαστοι και Μίυωος νομιμώτεροι. Welchen Wert Niketas auf sein Richteramt legte, kann man aus einer kritischen Bemerkung über Manuel Komnenos folgern (Gesch. S. 267, 8—10) : „Ihnen (den ausländischen Dienern) verlieh er die höchsten Ämter, ja, er übertrug ihnen sogar Richterstellen, zu denen selbst ein Mann mit reicher Erfahrung auf dem Gebiete des Rechtswesens erst spät gelangt." In der auf seine Ernennung zum Iudex Veli folgenden Zeit hatte Niketas wenigstens zweimal die Ehre, vor dem Kaiser eine Rede vorzutragen. Der Inhalt dieser beiden Reden (Nr. I u. IV) aus dem Zeitraum zwischen Sommer 1190 und Ende 1192 ist aber für das Leben des Verfassers nicht von besonderem Interesse. Um diese selbe Zeit war 37

Vgl. Du Cange, Glossarium II, 1339—1340. Zur Uberschrift dieses Briefes s. unten S. 34. Zum Titel vgl. R.Guilland, Observations sur la liste des dignitaires du Pseudo-Codinos, REB 12, 1954, S. 66 ( = Recherches sur les institutions byzantines II [Beri. Byz. Arb. 35], Berlin-Amsterdam 1967, S. 283) : ,,Le titre de sébaste, par exemple, qui n'était plus que le 77e de la hiérarchie, était, semble-t-il, très commun (Nik. 639, Kinn. 281). Il était, du reste, conféré par simple brevet (Sathas M. B. 6,651)." Zur Datierung des Briefes (ca. 1194/5) vgl. Stadtmüller, S. 229—230. 39 Vgl. Zachariä von Lingenthal, S. 360—361; Bréhier, M.B. II, S. 227. 38

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van Dieten

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es auch, daß Niketas damit beauftragt wurde, Alexios Komnenos, den Bastard-Sohn des Kaisers Manuel und seiner Nichte Theodora Komnene, gefangenzunehmen, weil Isaak Angelos (nach der Darstellung des Niketas zu Unrecht) in ihm einen Thronanwärter sah. Im Geschichtswerk, S. 556, Iff., erzählt er ausführlich von diesem Ereignis. Uspenskij (S. 24) sah in diesem Auftrag einen neuen Beweis, daß Niketas sich des besonderen Vertrauens Isaaks erfreuen durfte. Miller möchte aus dem letzten Gespräch, das Niketas mit Alexios führte, bevor dieser gezwungenerweise in einem der Klöster auf dem Berge Papykion das Mönchskleid nahm, folgern, daß er durch seine Humanität die Freundschaft des unglücklichen Mannes gewann. Einen weiteren Beweis, wie sehr er als Beamter geschätzt wurde, bedeutete für Niketas seine Ernennung zum έφορος. Leider ist nicht klar, an welches Amt man dabei zu denken hat 40 . Ist έφορος synonym mit επόπτης? Das war ein Beamter, der mit der Verwaltung des Katasters beauftragt war 41 . Oder ist der έφορος των βασιλικών κουρατοριών, der Aufseher der kaiserlichen Domänen, gemeint 42 ? Oder soll man an den έφορος των οικειακων ( = επί των οικειακων) denken, ein Amt, das auch von Joannes Belissariotes bekleidet wurde 43 ? Ob Niketas seine Beförderung zum επί των κρίσεων noch Isaak Angelos oder erst Alexios III. verdankte, läßt sich nicht entscheiden. Daß er dieses Amt bekleidet hat, erfahren wir zuerst aus der Überschrift, welche der Brief Michaels an ihn im Cod. Barocc. 131, fol. 106v hat : τ φ αύταδέλφω σεβαστφκαί επί των κρίσεων κυρφ Νικήτα; wie wir oben (S. 33 Anm. 38) schon gesehen haben, muß dieser Brief etwa 1194/1195 geschrieben worden sein44. Das Amt des επί των κρίσεων 40 Uber die Bedeutung dieses Titels h a t man verschieden geurteilt. Du Cange, Gloss. I, 453, übersetzte Inspector, gab die Synonyme aus Hesychios, verwies auf die spartanischen Ephoren und behauptete dann einfach: „Neque aliud fuit τ ω ν έφόρων munus sub Imperatoribus Constantinopolitanis." Uspenskij, gefolgt von Lampros, nahm γενικό; Εφορος zusammen, ebenso Miller, der daraus έφορος γενικού machte und erklärte: „inspector aerarii. Sed minus hoc officium quam τοϋ λογο3ετου itaque prius gestum, unde in priore exemplari (eine Hs. der urspr. Red.) add. γεγονότος optime et sie de duobus sequentibus offieiis." Krumbacher, S. 282, gefolgt von Chalandon, Les Comnène II, S. X X I I I , Anm. 4, nahm έφορος καΐ κριτής του βήλου ohne weitere Erklärung zusammen. Die Vergleichung der Überschriften der verschiedenen Werke des Niketas bietet keinen Anlaß, den Titel Ιφορος enger mit einem der anderen zu verknüpfen. Man wird also an ein selbständiges Amt denken müssen. 41 Vgl. Dölger, Finanzverwaltung, S. 79 ff. 42 Ebd. S. 15 und 45. Über dieses Amt liegen zwar keine Angaben aus der Zeit nach 1088 vor, aber die Erneuerung eines außer Gebrauch gekommenen Amtes ist unter den Angeloi nicht ungewöhnlich. 43 Vgl. die Totenklage des Niketas um ihn (Rede XV). 44 Lampros bringt die Überschrift aus dem Cod. Barocc. nur im Apparat, doch h a t Stadtmüller, S. 232 nachgewiesen, daß die Uberschriften in Β die ursprünglichen sind.

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ist nicht genau bekannt. Zachariä von Lingenthal vermutete, daß der έπί των κρίσεων ein Richter des Velums war, der als Vorsteher und Archivar fungierte45. Der soeben genannte einzige überlieferte Brief Michaels an Niketas verdient selbstverständlich auch seines Inhalts wegen unsere Aufmerksamkeit. Wir entnehmen diesem Schreiben, daß Niketas seinen Bruder schon mehrere Male gebeten hatte, ihm eine Sammlung seiner literarischen Produkte zu schicken. Michael erklärt, warum er ihn so lange habe warten lassen : es gab soviel auszubessern, bevor es zu einer endgültigen „Herausgabe" kommen konnte. E r hätte an und für sich kein Bedenken gehabt, seine Werke in unvollkommenem Zustand seinem Bruder zum Lesen zu überlassen, da er ihn ja kannte als ούτω μέν φιλοΟντα ώς επτερ τις φιλάδελφος, ούτω δε διά τό φιλεϊν ούκ όξυδορκήσοντα, ώς καί τά εν αύτοΐς προδήλως έττταισμένα μή βλέπειν βλέποντα, mußte aber damit rechnen, daß Niketas sie auch anderen zu lesen geben würde. Diesen Brief, welcher der Ausgabe der ersten Sammlung der Werke Michaels vorausgeschickt wurde, einer Sammlung, die sonst chronologisch angeordnet ist, darf man wohl als Widmung dieser Werke an Niketas betrachten 46 . Die Ausgabe hatte so auch den Charakter eines Geschenks des älteren Bruders an den jüngeren, oder vielmehr des Lehrmeisters an seinen Schüler, und war mithin ein Zeichen dafür, daß das in Konstantinopel zwischen Die Uberschrift der I. Rede, die etwa 1190/1191 zu datieren ist, erwähnt auch dieses Amt, aber daraus darf man deswegen nichts folgern, weil diese die erste der ganzen Sammlung ist und also auch Angaben enthält, die nichts mit der Abfassungszeit dieser Rede zu tun haben. Aus der Hinzufügung, daß er damals eben erst Iudex Veli geworden war, ist sofort klar, daß die Erwähnung der anderen Ämter nicht als Zeitbestimmung gemeint ist. 4 5 Du Cange, Gloss. I, 756, glaubte aus der Vergleichung der Überschriften des Geschichtswerkes des Niketas,, in codice regio" u. ,,in codice edito", das heißt in einem Codex der erweiterten und in einem der ursprünglichen Fassung, von denen die erstgenannte nur das Amt ârrl των κρίσεων erwähnt, schließen zu können : „Unde videtur posse colligi eandem dignitatem fuisse ITTI των κρίσεων cum dignitate Judicis Veli." Uspenskij, S. 26, Anm. 5, übernahm diese Interpretation; Miller, Ree. Hist. Crois., Hist. Gr. II, S. 462 D, lehnte sie ab. Er selbst nahm έπί των κρίσεων mit γενικού zusammen und sah darin einen Richter mit besonderer Kompetenz für Prozesse der Staatskasse. Zachariä von Lingenthal, S. 374—375, sah in dem επί των κρίσεων den Präsidenten eines Tribunals (Sekreton), das von Konstantinos Monomachos zur Behandlung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gegründet worden war und in welchem die των έπαρχων δικασταί, das heißt die gesamten Richter des Velums und des Hippodroms, ihre Ausfertigungen machen und die Konzepte aufbewahren lassen sollten (vgl. Michael Attal. ed. Bonn. S. 21). Daß dieses Amt bis 1204 fortbestand, folgerte er aus Balsamon, Syntagm. IV, 523, und aus der Tatsache, daß Niketas έπί των κρίσεων und κριτής τοΟ βήλου war. « Vgl. Lampros I, S. μδ'-ν'; II, S. 548—549; Stadtmüller, S. 224—234. 3*

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beiden Brüdern entstandene Verhältnis fortdauerte. Aus vielen Wörtern, Redewendungen, Bildern usw. ist klar, daß Niketas die Sammlung nicht unbenutzt gelassen hat. Es war vielleicht in diesen im übrigen glücklichen Jahren, daß der Tod Niketas ein Kind raubte. Wir besitzen von ihm eine Monodie auf ein früh-verstorbenes Söhnchen (Rede Nr. VI). Weder Überschrift noch Inhalt bieten einen Anhaltspunkt für die Datierung, es sei denn, daß man aus dem Fehlen jeder Anspielung auf das Unglück von 1204 schließen kann, daß das Ereignis vor diesem Jahr anzusetzen sei. In der Sammlung der kleineren literarischen Arbeiten des Niketas, die trotz verschiedener Umstellungen doch im großen und ganzen chronologisch angeordnet ist (erst die Reden aus der Zeit Isaaks Angelos, dann die aus der Zeit des Alexios III., und am Ende die Reden und Briefe, die nach 1204 entstanden sind), steht diese Monodie zwischen der ersten und zweiten Gruppe. Allerdings liegen zwischen den beiden Gruppen etwa sechs bis sieben Jahre, die Zeit etwa zwischen 1191 (1192) und 1198. Der Inhalt dieser Totenklage ist fast zur Gänze so allgemein, daß auch ein anderer sie, ausgenommen die Beschreibung der Krankheit, für sein Kind verwenden könnte. Doch darf man bei Niketas, dessen Gefühlswärme im oft schwülstigen Stil des Geschichtswerkes trotzdem auf vielen Seiten spürbar ist und der bei der Schilderung des Auszuges aus der Stadt im Jahre 1204 solch tiefen Familiensinn zeigt, persönliches Einleben in die verwendeten Topoi voraussetzen. Die Klage bekommt dann Farbe und Wärme, und wir sehen Niketas vor uns als tiefbetrübten Vater, der am Kranken- und Totenbett seines Kindes gesessen hat und seine Trauer dadurch zu bezwingen sucht, daß er seinem verstorbenen Kinde ein schönes In Memoriam widmet. Noch zwei Ämter sind zu nennen, die Niketas nach den Überschriften seiner beiden großen Werke, Geschichte und Thesauros, bekleidet hat. Nichts hilft uns aber, genau zu bestimmen, wann er sie erlangt hat, ob noch unter Isaak oder erst unter Alexios Angelos. Der Titel γενικός (wohl gleichzusetzen mit λογο9έτης του γενικού oder γενικός λογιστής των φόρων) weist ihn aus als Vorstand des Logothesion tou genikou, das heißt, daß er mit der Oberaufsicht über das Steuerwesen beauftragt war, daß ihm die Sorge für die Festsetzung der Steuern und für die Eintreibimg der Steuergelder anvertraut war 47 . 17 Vgl. A. Semenov, Uber Ursprung und Bedeutung des Amtes der Logotheten in Byzanz, BZ 19, 1910, (S. 440—449) S. 447; J.B. Bury, Administrative System, S. 86—87; Dölger, Finanzverwaltung, S. 19ff., 47ö.; Bréhier, M.B. II, S. 106—107. Auch dieses Amt wurde unter den Angeloi zu neuem Leben erweckt, vgl. Dölger, I.e., S. 15, 20, 45.

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Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte Niketas dann mit seiner Ernennung zum Logotheten der Sekreta oder Großlogotheten (λογο3έτης τώυ σεκρέτωυ, μέγας λογοβέτης) 48 . Die genauen Befugnisse des 48 Wir halten die beiden Titel für synonym. Du Cange, Gloss. I, 823, betrachtete den Großlogotheten als Nachfolger des Logotheten tou Dromou und meinte, das Amt sei erst von Andronikos II. Palaiologos eingerichtet worden. Miller, S. 129, schloß aus der Vergleichung der Überschriften der Werke des Niketas, daß Großlogothet und Logothet der Sekreta dasselbe Amt bezeichnen: „Videris an uterquetitulusuniusmuneris fuerit, saltem istis temporibus, sicut censet Goarus ad Codinum de Off. cap. II §12." A. Semenov, I.e., S. 448, unterschied beide Ämter: „Der Logothet των σεκρέτων entsprach offenbar dem seinerzeit von Konstantin dem Großen gestifteten Beamten a secretis, welcher die kaiserliche Korrespondenz zu verwalten hatte. Am nächsten stand diesem Amte das Amt des Großlogotheten, der ja, wie aus der oben angeführten Stelle des Kodinos (Ed. Bonn. S. 32 Ende, vgl. die Übersetzung von R. Guilland, Byzantinoslav. 15, 1955, S. 235) ersichtlich, die an fremde Fürsten vom Kaiser gerichteten Schreiben redigierte." Stein, Untersuchungen, S. 34—35, kam durch Vergleichung verschiedener Akten zu der Auffassung, daß das Amt des Logotheten tou Dromou zeit' weilig von zwei im Range ungleichen Kollegen verwaltet wurde: der Ranghöhere sei der Großlogothet gewesen, der den Titel πρωτοπάνε ντιμο υπέρτατο; führen durfte, sein Kollege der einfache Logothet tou Dromou, dem nur der Titel σεβαστοί zuerkannt war. Dölger, Finanzverwaltung, S. 18, Anm. 1, dem wir die im Text gegebene Charakteristik des Amtes entlehnten, bestritt die Annahme einer kollegialischen Amtsverwaltung (vgl. dazu unten S. 139 Anm. 159). Ch. Diehl, Un haut fonctionnaire byzantin, le logothète (των σεκρέτων). Mélanges Jorga, Paris 1933, S. 217 ff., von dem wir im Text auch einige Ansichten übernommen haben, verteidigte nachdrücklich die These, datí der Großlogothet niemand anderer war als der umbenannte Logothet der Sekreta. Seine Argumente sind folgende: 1. Nach 1204 hören wir nichts mehr von einem Logotheten der Sekreta, auch nicht bei Kodinos. 2. Der in dem Vertrag, der im April 1192 zwischen Isaak Angelos und den Genuesen geschlossen wurde (Miklos. — Müller III, 27), genannte Großlogothet ist nicht mit Nikephoros Chumnos (Dölger) oder Joannes Dukas (Stein), sondern mit Theodoros Kastamonites zu identifizieren, da er ein Oheim des Kaisers genannt wird; auch trägt dieser in einem Brief von Michael Chômâtes an ihn (Lampros II, S. 69) den Titel ττρωτοττανεντιμο υπέρτατος und wird darin dreimal als ό μέγιστο; λογοθέτη;, τά πάντα διοικών bezeichnet. 3. Die Gleichsetzung der beiden Titel erklärt, warum Niketas in den Uberschriften seiner Werke das einemal Logothet der Sekreta, das anderemal Großlogothet genannt wird. Stadtmüller, Bespr. von Diehls Aufsatz in BZ 34, 1934, S. 373 ff. und Michael Choniates, S. 247, sowie Ostrogorskij, S. 304, schlossen sich Diehl an. Die Gleichsetzung der Titel Logothet der Sekreta und Großlogothet scheint tatsächlich durch die Uberschriften der Werke des Niketas sichergestellt zu sein. Er selbst nennt sich im Geschichtswerk (S. 749, 6—7) nur Logothet der Sekreta, und das ist auch sein Titel in der Gesamtüberschrift der Reden und Briefe, von denen eine erste, unvollständige Sammlung auf die Zeit vor 1204 zurückgehen kann. Auch die an einigen Stellen kürzere Fassung des Thesauros, die im Cod. Vat. Gr. 680 überliefert ist, und die erste Fassung des Geschichtswerkes, beide bald nach 1204 zu datieren, geben nur diesen Titel. In der zweiten Thesaurosausgabe, welche in den anderen Handschriften dieses Werkes enthalten ist, steht die Kombination: Großlogothet der Sekreta, vielleicht eine anfangs nicht offizielle Erweiterung des ursprünglichen Namens, um sein erhöhtes Ansehen zum Ausdruck zu bringen, oder eine Kombination von zwei nebeneinander gebrauchten Benennungen. In der Uberschrift

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Logotheten der Sekreta sind nicht klar. Nach Dölger war er wenigstens ursprünglich, unter Alexios I. (vgl. Anna Komn. III, 6, 8, ed. Leib I, 122),ein „Beamter mit bedeutenden Machtbefugnissen,doch eher in der Stellung eines Kabinettchefs denn in derjenigen eines höchsten Finanzbeamten". Jedenfalls war er ein sehr hoher Beamter, wie man mit Ch. Diehl aus folgenden Tatsachen folgern kann : die meisten der bekannten Logotheten der Sekreta waren mit dem Kaiser verschwägert, und Niketas selbst behauptet (Gesch. S. 749, 5), daß der Inhaber dieser Stellung alle hohen Funktionäre überragte (er stand επί του άκρου της συγκλήτου βατηρος). Wir möchten annehmen, daß Niketas diese hohe Stellung ziemlich lange innehatte, etwa 1195—1204. Aus einem Schreiben von Michael Chômâtes an Joannes Belissariotes (II, S. 88—89), das etwa 1194/1195 zu datieren ist 49 , wissen wir, daß dieser damals Großlogothet war. In zwei Dokumenten von November 1197 (Miklos.-Müller VI, S. 139—141) tritt Joannes Belissariotes jedoch nur noch als Großlogariast auf. Vielleicht hat er, als er selbst aus uns unbekannten Gründen das Amt niederlegte, seinen Freund dem Kaiser als Nachfolger empfohlen. Jedenfalls ist uns für diese Periode kein anderer Logothet der Sekreta außer Niketas bekannt. Man möchte wissen, welchen Einfluß Niketas in dieser Stellung auf die Regierung des Reiches gehabt hat. Selbst erzählt er uns darüber nichts. Sein Schweigen könnte den Grund haben, daß er sich von der verhängnisvollen Regierung der Angeloi distanzieren wollte. Doch spricht mehr dafür, daß er tatsächlich keinen nennenswerten Einfluß ausgeübt hat. Selbst betont er im Geschichtswerk wiederholt und vielleicht nicht ohne Ranküne, wie die eigentliche Macht bei Günstlingen des Kaisers lag, unabhängig vom Amt, das sie bekleideten. Sie waren die wahren Verwalter des Reiches gegen Ende des 12. Jahrhunderts; die anderen hohen Funktionäre hatten einfach durchzuführen, was jene den Kaisern rieten. Einer dieser anderen war der endgültigen Fassung des Geschichtswerkes ist nur noch der Titel Großlogothet übrig geblieben, und nur dieser wird von Michael in seiner Monodie verwendet. Man hat wohl allmählich das των σεκρέτων als überflüssig fallen lassen, nachdem die Namen von etwa 1190 bis 1210 nebeneinander oder sogar kombiniert gebraucht worden waren. Für das Nebeneinanderbestehen der beiden Titel ist auch noch auf die Tatsache zu verweisen, daß Joannes Belissariotes in einem Brief von Michael Chômâtes an ihn aus dem Jahre 1195 als Großlogothet bezeichnet wird (vgl. unten S. 159) und daß er in der Überschrift der Monodie des Niketas auf ihn (wohl aus dem Jahre 1207/8) Logothet der Sekreta heißt. 4 i Dieses Schreiben, das an Joannes Belissariotes als Großlogotheten gerichtet ist, kann mit ziemlicher Genauigkeit datiert werden, weil Michael, S. 88, 25, erwähnt, daß er schon das dreizehnte Jahr in Athen lebt. Wie oben (S. 18) schon gesagt, kam er 1182 nach Athen, so daß dieser Brief 1194/1195 anzusetzen ist.

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Niketas 50 . Sein Einfluß reichte aber doch wenigstens so weit, daß er gelegentlich für Freunde und Verwandte vermitteln konnte. Dies wird von Michael bezeugt (Monodie S. 348, 4—7) : ,,είχον ... εκείνου ... μέγα δυνάμευον τ ά

βασίλεια ... εκείνου

... π ο λ λ ά

λάκις ε γ ώ τε και 'Αθήναι οίδαμεν άπονάμενοι."

και

μεγάλα

πολ-

Konkrete Angaben fehlen

leider. Als Logothet der Sekreta war Niketas auch Mitglied des Senates, wahrscheinlich wurde ihm diese Ehre aber schon früher zuteil. Bezeugt ist diese Würde im Anfang der X. Rede (S. 101, 28—29), die in den ersten Augusttagen des Jahres 1200 gehalten wurde. Im Geschichtswerk erwähnt Niketas sie nicht vor 1204 (S. 743, 6ff.). Durch eine Stelle im V. Buch desThesauros Orthodoxias, P.G. 139,1385 Β14 sqq., ist die Senatorwürde des Niketas auch für die zweite Regierungsperiode des Isaak Angelos (18. 7. 1203—25. 1. 1204) gesichert. So war denn Niketas auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen, vielleicht noch unter Isaak Angelos, der ihm besonderes Vertrauen geschenkt zu haben scheint. In diesem Falle erklärt sich auch leichter die Entrüstung unseres Schriftstellers über die Verteilung von Amtern und Titeln durch Isaaks Nachfolger, Alexios III., der seine Regierung damit begann, hohe Posten an Personen zu vergeben, die bis dahin noch mit keiner Würde bekleidet waren, und andere direkt, statt allmählich und stufenweise, von niedrigen Posten zu hohen Würden zu erheben, während man früher nur nach längerer Zeit und Stufe für Stufe die Leiter der Würden ersteigend diese erreicht hatte (Gesch. S. 599, 9—600, 3). Diese vernünftige Weise des Aufstiegs beansprucht Niketas für sich selbst. Das bezeugt nicht nur die Tendenz der angeführten Stelle des Geschichtswerkes, sondern auch eine direkte Aussage im Thesauros, die wir unten in anderem Zusammenhang noch anführen werden (S. 43). Im Geschichtswerk (S. 601, 20ff.) kritisiert Niketas scharf die Personen, die sich beeilten, in sklavischer Unterwürfigkeit die frevelhafte Regierungsübernahme des Alexios III. gutzuheißen, und man möchte glauben, daß er der Minderheit des Senats angehörte, die sich 50 Man vergleiche dazuH.-G. Beck, Der byzantinische "Ministerpräsident", BZ 48, 1955, S. 325:„Nicetas Chômâtes bezeichnet sich selbst für das Jahr 1204 als Logothetes των σεκρέτων. Er kann das Amt frühestens 1190 erhalten haben, vorausgesetzt, daß damals Kastamonites schon tot war — sicher bezeugt ist dieser Tod erst 1192 (vgl. Stadtmüller, S. 229 und 247). Selbst wenn er damals schon dieses Amt bekam, war damit keine leitende Regierungsgewalt verbunden, denn diese besaßen nacheinander um dieselbe Zeit Mesopotamites, Andronikos Kontostephanos, Basileios Kamateros, nochmals Mesopotamites und schließlich bis mindestens 1200 Theodoros Eirenikos. Irgendeinen Einfluß auf die hohe Politik oder überhaupt die κοινά πράγματα schreibt sich Niketas nicht zu." Abgesehen von der Datierung 1190 sind diese Worte völlig zu unterschreiben.

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über dieses Ereignis nicht freute (Gesch. S. 600, 13—14). Doch muß festgestellt werden, daß man in seiner Karriere nichts davon spürt. Auch zeigt und nennt er sich in seinen Reden an Alexios III. (ζ. B. S. 102,8—9) nicht weniger „philalexios" als die Personen, vor welchen die „philisaakioi", zu denen er sicher auch gehört hat, Isaak kurz vor seinem Sturz gewarnt hatten (Gesch. S. 589, 20—590, 3). Aus der Regierungszeit des Alexios III. besitzen wir von Niketas' Hand zuerst eine polemische Schrift theologischen Inhalts (Nr. VIII). Denn obgleich unser Historiker Laie war, hatte er offenbar besondere theologische Interessen. Nicht nur hat er im Geschichtswerk den theologischen Disputen seiner Zeit größere Aufmerksamkeit gewidmet, sondern in seinem Thesauros hat er sogar sämtliche theologischen Probleme behandelt. Man wundert sich denn auch nicht, ihn in die Streitigkeiten über die Lehre des Sikidites (Michael Glykas) hineingezogen zu sehen. Er selbst behauptet übrigens, daß er dazu keinen Anlaß gegeben hat. Nach der Darstellung des Niketas trug die Sache sich so zu : Ein Mann namens Sikidites, der früher wegen Zauberei verurteilt worden war und die Strafe der teilweisen Blendung erlitten hatte, verfaßte, nachdem er Mönch geworden war, ein theologisches Werk, das eine Ketzerei über den eucharistischen Leib Christi enthielt ; Sikidites behauptete nämlich die Verweslichkeit des Leibes Christi in den göttlichen Mysterien. Der Patriarch Xiphilinos verhielt sich nicht ablehnend gegenüber dieser Lehre und sah untätig zu, als darüber nicht nur von Theologen, sondern sogar von den Leuten auf der Straße disputiert wurde. Als nun in dieser Zeit Niketas mit kirchlichen und staatlichenWürdenträgern beisammen war, um das Fest des heiligen Georgios (23. April 1197) zu begehen, begann der Chartophylax der Großen Kirche, Joannes Kamateros (der spätere Patriarch), über das theologische Problem des Tages zu reden und die Lehre des Sikidites zu verteidigen. Niketas und andere versuchten, ihn davon abzubringen, da er ihnen das Fest verdarb, sie erregten jedoch nur den Zorn des Chartophylax. Dieser ging sogar zu persönlichen Angriffen über, beschuldigte mehrere Anwesende der Ketzerei und kehrte sich besonders gegen Niketas. Dieser blieb ruhig und versuchte, den Zorn seines Anklägers zu besänftigen, aber ohne Erfolg. Nachdem also das Fest doch verdorben war, ging man bald auseinander. Geraume Zeit später erfuhr Niketas, daß der Chartophylax ein Werkchen verfaßt hatte, in welchem er Niketas fälschlich der Ketzerei beschuldigte und ihm Gedanken und Worte zuschrieb, die er nie geäußert hatte. Glücklicherweise hatte Gott den Chartophylax durch eine Krankheit daran gehindert, seine falschen Anklagen in einer Fastenkatechese den Gläubigen vorzutragen. Das gab Niketas die Gelegenheit, nicht nur sich zu verteidigen, sondern

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auch zu versuchen, seinen Gegner von der Veröffentlichung seiner Streitschrift abzuhalten und ihm zu raten, sich wieder der wahren Herde Christi anzuschließen. Die polemische Schrift, die Niketas zu diesen Zwecken verfaßte, hat keinen theologischen Wert und fügt unserer Kenntnis der historischen Tatsachen kaum etwas hinzu. Unsympathisch ist uns, daß der Chartophylax wiederholt wegen seines Gesichtsfehlers (er schielte) und seiner Krankheit (aufgedunsene Wangen) verspottet wird. Weil aber solche Angriffe zum literarischen Genre gehörten, darf man darauf kein Gewicht legen. Erfolg hat Niketas mit dieser Schrift, wenn sie überhaupt veröffentlicht wurde, bestimmt nicht gehabt. Im selben Jahre, in dem er sie verfaßte (Frühj ahr 1198), wurde der Chartophylax zum Patriarchen gewählt (5. August 1198). In seinen späteren Werken (Gesch. und Thes.) hat Niketas den theologischen Streitigkeiten über die Lehre des Sikidites zwar noch besondere Aufmerksamkeit geschenkt, er spricht aber dabei nicht über seine persönliche Auseinandersetzung mit dem Chartophylax. Nur die Vergleichung dieser Stellen mit der früheren polemischen Schrift ermöglicht es, die Anspielungen auf diesen Streit zu entdecken51. Bemerkenswert ist, daß man an den Stellen des Geschichtswerks, wo etwas über Joannes Kamateros erzählt wird, von einer Voreingenommenheit unseres Schriftstellers ihm gegenüber nichts bemerken kann. An Alexios III. richtete Niketas, so weit wir wissen, drei Reden: die erste (Nr. VII) im Frühjahr 1200, um die Unterwerfung des aufständischen bulgarischen Vasallen Ivanko zu feiern, die zweite (Nr. X) Anfang August desselben Jahres anläßlich eines Vertrages mit dem Sultan von Ikonion und des gescheiterten Staatsstreiches des Joannes Komnenos mit dem Beinamen der Dicke, die dritte (Nr. XI) im Frühjahr 1202 bei der Rückkehr des Kaisers vom Kriege gegen den abtrünnigen Protostrator Manuel Kamytzes und dessen vlachischen Schwiegersohn Chrysos, gegen den aufständischen Eparchendes Themas der Smolenen, Joannes Spyridonakes, und den bulgarischen Zaren Kalojan. Für den Lebenslauf des Niketas selbst ist diesen Reden nichts außer der Tatsache zu entnehmen, daß die zweite von ihm anscheinend im Senat gehalten worden ist; vielleicht war er damals gerade Vorsitzender. Die unheilvollen Jahre 1203 und 1204 waren selbstverständlich auch für Niketas von größter Bedeutung. Der zweite Brand der Stadt (22.—24. August 1203) zerstörte sein schönes Haus im Sphorakion (Gesch. 776, 15—18; Reden, Nr. XV, S. 166, 25—28). Der Appell des Volkes an den Senat, einen neuen Kaiser zu wählen (25. Jan. 1204), 51

Vgl. dazu die Einleitung zu dieser Schrift, unten S. 106 ff.

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der unter anderen Umständen eine große Ehre bedeutet hätte, konnte damals nur noch die Ohnmacht des hohen Kollegiums offenbaren. In einer denkwürdigen Sitzung, von welcher Niketas als Teilnehmer uns Bericht erstattet hat, wurde man sich erst am dritten Tag unter dem Druck des Volkes einig: man wählte Nikolaos Kanabos. Er war nach dem Urteil des Niketas kein unfähiger Mann, regierte aber nur fünf Tage, wenn man überhaupt von „regieren" reden kann, und wurde dann von Alexios Dukas Murtzuphlos gefangengesetzt (3. Febr. 1204). Lebeau (IX, S. 481) schrieb Niketas besondere Verdienste bei dem genannten Volksauflauf vom 24. Januar zu: ,,Ce judicieux magistrat quoique peu courtisan fit cependant ses efforts pour calmer la sédition." Ich glaube nicht, daß man das aus dem Text des Niketas herauslesen kann. Die Usurpation des Murtzuphlos brachte für Niketas bald einen schweren Schlag: er mußte das Amt des Logotheten der Sekreta an einen Günstling des Usurpators abtreten. Niketas empfand es als eine nicht verdiente Erniedrigung, über welche er sich im Geschichtswerk beklagt, während er zugleich seinen Nachfolger mit harten Worten als einen ehrgeizigen Streber kritisiert (S. 749,5—13). Nach Klimke, Die Quellen des 4. Kreuzzuges, Breslau 1875, S. 68, Anm. 4, hatte Murtzuphlos noch einen anderen Grund, Niketas abzusetzen ; Niketas sei abgesetzt worden, „weil er jedenfalls Murtzuphlos nicht anti-lateinisch genug war". Unwahrscheinlich ist das nicht, es läßt sich aber kaum beweisen. Die Absetzung bedeutete für Niketas jedoch nicht den Verlust seiner Senatorenwürde, wie sich aus Gesch. 850, 18 ergibt. Man möchte daraus folgern, daß er diese Würde unabhängig vom Logothetenamt besessen hat. Niketas brauchte seine Degradierung nicht lange zu bedauern. Dieses Unheil ging unter in der großen Katastrophe, die kaum einen Monat später über die ganze Stadt kam, als sie vom 13. bis 15. April 1204 von den Kreuzrittern erobert und geplündert wurde. Anfangs glaubte Niketas, daß sein zweites Haus, das er damals bewohnte, ihn und seine Familie wie auch mehrere Freunde, die zu ihm gekommen waren, beschützen könnte. Es lag ein wenig versteckt hinter einer Säulenhalle und hatte nur einen dunklen Eingang. Außerdem konnte man von diesem Haus leicht in die Große Kirche kommen (Gesch. S. 776, 15—19). Aber bald wurde ihm klar, daß diesen Feinden nichts heilig und vor ihnen nichts sicher war (S. 776, 19—777, 2) ; er suchte daher mit den Seinen Zuflucht bei einem venetianischen Freund, Dominikos; der tat, was er konnte, um die kleine Herde zu beschützen (S. 777, 2—13). Zuletzt konnte aber auch er seinen Gastfreunden in seinem Haus keine Sicherheit mehr bieten. Er führte sie daher, als

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wären sie seine Gefangenen, in ein anderes Haus, wo andere venetianische Freunde wohnten (S. 777, 13—778, 4). Aber auch dorthin kamen bald die Franzosen, und man mußte sich zur Emigration entschließen. Die Dienerschaft hatte Niketas schon im Stich gelassen; so mußten er und seine Frau die kleinen Kinder, die noch nicht gehen konnten, selbst auf den Schultern tragen. Niketas hatte außerdem noch einen Säugling im Arm, seine Gattin stand vor der Niederkunft. Es war am fünften Tag nach der Eroberung der Stadt, Sonnabend, 17. April 1204, und das Wetter war winterlich. Kein Wunder, daß ein Mann wie Niketas die Prophezeiung Christi bei Matthaeus 24, 19—20 an sich erfüllt sah. Aber den Bericht von seiner Flucht, bei der er die Tochter eines adeligen Freundes vor der Vergewaltigung rettete, liest man am besten in seinem eigenen Werk nach (S. 776, 12—785, 19). Diese Seiten tragen mehr als alles andere dazu bei, uns ein lebendiges Bild des Verfassers zu vermitteln. Sie inspirierten Reinach 52 zur folgenden Porträtierung: ,,Le voila ... Cet orateur passionné dans son mauvais goût et attendri dans son érudition, sans autres armes que sa rhétorique et ses prières, un haut dignitaire de l'empire grec, un de ces graves sénateurs, à qui l'on a plus d'une fois offert la pourpre, un des représentants de cette aristocratie de Byzance, hier encore si brillante et si parée, aujourd'hui sans asyle et plongée dans la dernière infortune." Die Umstände, unter welchen Niketas auswandern mußte, brachten natürlich mit sich, daß er kaum etwas von dem, was er besaß, mitnehmen konnte und alles den plündernden Barbaren überlassen mußte. Er spricht darüber im Thesauros und bedauert namentlich den Verlust seiner Bücher. Zur Erklärung dafür, daß er eine bestimmte Stelle aus Isaías nicht im Wortlaut anführen kann, erinnert er an die Vertreibung aus Konstantinopel und schreibt dazu : ,,αι yàp βίβλοι τταραττώλοντο και ώς εις "Αιδου κευεωνα ή κεάδα Λακωνικόν τάς τώυ Λατίνων γαστέρας όμού τοις κτήμασι και τοις χρήμασι κατεπό3ησαν, πολλοίς και -τταντοδαττοϊς ούσι και τοϊς λαμττροΐς των όφφικίων συνάδουσιν, οϊς άλλοτε άλλοις σύν τάξει και βα3μω τετιμήμεθα." 53 Doch muß Niketas wenigstens ein Buch entweder selbst mitgenommen oder der besonderen Fürsorge seines venetianischen Freundes anvertraut haben. Wenn dieser auch die sonstigen Besitzungen desNike52

S. Reinach, Esquisses archéologiques, Paris 1888, Chap. 23. Le fin de l'empire grec (S. 292—295), S. 293. 53 Zuvor hat Niketas Isaías X I I I , 4 angeführt. Diesem Zitat fügt er hinzu : καΐ άλλα ά τ τ α ή -προφητική βίβλος ττερί τ ω ν ψευδολόγων άστρολόγων διέξεισι της έμής Ιξαττοτττάντα φρενός, ώς μη ιτρός ρήμα εχειν άτταγγέλλειν ταυτί. Die Stelle ist in allen Codd. gleich, vgl. Vat. 680, f. 114, Bodl. Roe 22, f. 108, Med. IX. 24, f. 81 v (77 v ) — 82 (78), Par. 1234, f. 99; P.G. 139, 1345 A 13—Β 3.

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Biographie

tas nicht schützen konnte, so kann es doch nicht schwierig gewesen sein, ein einziges Manuskript der Habgier der Kreuzritter zu entziehen, in deren Augen es eine Sache ohne Wert sein mußte. Dieses eine Buch war selbstverständlich die erste Fassung der von Niketas verfaßten Geschichte seiner Zeit, die mit dem Tode des Alexios I. Komnenos (1118) beginnt und damals bis etwa 1202 gediehen war (S. 709, 21)54. Es ist nicht unmöglich, daß des Niketas eigenes Exemplar schon damals nicht das einzige in Konstantinopel war, sondern daß schon der eine oder andere Freund eine Kopie besessen hat. Aber auch wenn das der Fall war, hat Niketas sich sicher nicht darauf verlassen, als der Fortbestand des Werkes gefährdet wurde; war es doch die Frucht angestrengter Arbeit, der er sicher mehrere Jahre lang, vielleicht schon seit dem Regierungsantritt des Isaak II. Angelos, einen Großteil seiner freien Stunden gewidmet hatte. Der erste „Verbannungsort" für Niketas und seine Familie war Selymbria (Gesch. S. 784, 20—21)55. Die Bevölkerung scheint die geflüchteten byzantinischen Aristokraten keineswegs freundlich empfangen zu haben. Das möchte man aus Gesch. S. 785, 7 ff. schließen, obgleich nicht ganz klar ist, ob dort auch von den Einwohnern Selymbrias und nicht nur von den Einwohnern Konstantinopels und der Landbevölkerung rings um die Hauptstadt die Rede ist. In Selymbria blieb Niketas bis nach Ostern 1206. Aus Gesch. S. 815, 8—9 (Text der endgültigen Fassung) wissen wir nur, daß er im März 1205 noch dort war, aber aus einer früheren Fassung dieses Teiles erfahren wir mehr. Schon Miller veröffentlichte im kritischen Apparat seiner Teilausgabe des Niketas im Recueil des Historiens des Croisades, Hist. Gr. I, 342ff., eine Sonderredaktion für den letzten Teil des Geschichtswerkes (S. 710ff.), welche er einem Florentiner Codex, (Medic.) Laurent. IX. 24 ( = L, bei Miller F ; das unten angeführte Fragment bei ihm S. 490), entnahm, der diesen Text unmittelbar anschließend an den Thesauros überliefert. Eine Parallelhandschrift liegt im Oxforder Codex, Bodl. Roe 22 ( = O), vor. Wir betrachten diesen Text als eine erste, vorläufige Fortsetzung des Geschichtswerkes, welche Niketas bald nach seiner Flucht aus Konstantinopel schon in Selymbria in Angriff nahm und später in Konstantinopel und Nikaia weiterführte. In diesem zweiten Teil seines Geschichtswerkes, das den Titel „Die Ereignisse nach der Eroberung der Stadt" bekam, erzählt er 54

Den Beweis für unsere Theorie über die Entstehung des Geschichtswerkes, die wir in dieser Biographie nur skizzieren können, bringen wir in den Prolegomena zur kritischen Ausgabe der Chronike Diegesis unseres Autors. 65 Michael übergeht das in der Monodie (S. 354, 8—11) und sagt einfach, daß sein Bruder und die beiden Belissarioten von Konstantinopel nach Nikaia zogen.

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anschließend an den Bericht über die Plünderung Thrakiens durch Kalojan (vgl. Gesch. S. 835,5—839,10 φάσγανα) folgendes über seine eigenen Erlebnisse : ,,Διά ταϋτα τοίνυν τή ν Σηλυμβρίαν (Σελυβρίαν L) παρεικότες ημείς την Κωνσταντίνου είσέδυμεν και μήνας εξ έν αυτή διατρίψαντες ές τη ν έώαν γ η ν διοπτλωϊζόμε3α, τή ν Λατινικήν άμα και 3έαν καί κόρυζαν έκτρεπόμενοι. δ3εν καί παροικοΰμεν έν τή κατά την λίμνην τήν Άσκανίαν Νικαία, της των BiSuvcov επαρχίας προεδρευούση καί των ύπό 'Ρωμαίους άττασών έφων πόλεων τό πρωτιστεύειν ύπεζώσθαι τή των τειχών όχυρότητι κομπαζούση. πλην ούδέν άμεινον τά τής τοπικής ταυτησί μεταβάσεως τοΤς κα3' ή μας είσή νεγκαν πράγμασιν· άλλ' εσμέ ν και πάλιν ταϊς λύπαις υπέραντλοι καί μόνω διεξαγόμεθα Θεώ βραχείας τής έξ άν3ρώπων εύμοιροϋντες συνάρσεως, άηδοϋς καί ταύτης δια τό μή τούς δότας ιλαρούς είναι, ειπείν δέ καί άναρσίους προς την συμβίωσιν (βραχείας ... συμβίωσιν : μηδέ της έκ βασιλέως άμοιροϋντες συνάρσεως Ο) · καί τρεφόμε9α μέν άρτω βραχεί καί μετρητώ ενίοτε οϊνω, κατακόρως δέ τάς των φυλετών καί ημών αύτών συμφοράς ψωμιζόμε3α καί τον σκύφον τών θλίψεων άκέραστον χαρμονή προσφερόμενα· κατά γάρ τινα γραμμή ν μηκιζομένην ές τό άπέραντον όσα άχ3εινά, δσα δεινά, όσα καρδίας έλέπολις, δσα ψυχής δαπάνησις, δσα πανώλειά τε και παντελής έξολέθρευσις, τω τών 'Ρωμαίων ε3νει σαφώς (σαφώς : παντελώς Ο) έπεισέφρησαν. καί ίνα κα3' είρμόν καί πάλιν τό λέγειν προβαίνη μοι, δ τε Μυσός 'Ιωάννης κτλ." (vgl. zum Inhalt dieser Stelle Gesch. S. 851, 20—852, 1 und für die Fortsetzung in dieser Fassung S. 830, 9/15—835, 4). Niketas erzählt uns also nichts Näheres über seinen Aufenthalt in Selymbria. Nichts ist aber selbstverständlicher, als daß er dort schon bald seine historiographische Arbeit wieder aufgenommen hat. Die unvergleichliche Bedeutung der jüngsten Ereignisse forderte ihn dazu auf. Die Frucht dieser Arbeit in Selymbria war der Bericht über die Vorgänge, die zur Eroberung der Stadt führten, und über die Eroberung der Haupstadt und des Reiches selbst. Der tief traurige Verlauf der Ereignisse hat ihn aber Anfang 1205 (vor der Schlacht bei Adrianopel, 14. April) bewogen, seinem Werk ein Ende zu setzen (S. 770). Doch muß er ziemlich bald die Geschichtsschreibung wiederaufgenommen haben; vielleicht war er mit seinem neuen Buch Τά μετά τήν άλωσιν usw. ungefähr bis zu der Einnahme von Philippopolis durch Kalojan (Juni 1205, vgl. Gesch. S. 829, 1—18) gekommen, als dessen Invasion in Thrakien (Ende Februar 1206) und die darauf folgende Plünderung des ganzen Gebietes um Selymbria ihn bewog, nach Konstantinopel zurückzukehren. Dort blieb er nach seinen eigenen oben angeführten Worten sechs Monate. Auch in dieser Zeit hat er wahrscheinlich an dem zweiten

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Biographie

Teil seines Geschichtswerkes weitergearbeitet. Verschiedenes, das er in Selymbria nicht erfahren hatte, konnte er hier hinzufügen ; anderes, wie ζ. B. die Anwesenheit des lateinischen Patriarchen Thomas Morosini und den Raub der schönsten Bronzestatuen, erlebte er damals als Augenzeuge. Es muß Ende 1206 oder Anfang 1207 gewesen sein, als Niketas nach Nikaia kam. Eine Stelle im Thesauros (gegen Ende des letzten [ = 27.] Buches) sowie eine in der Monodie auf Joannes Belissariotes (S. 148, 33—36) spricht zwar von einem Umherirren durch Dörfer und Städte nach der Eroberung Konstantinopels, aber das dürfte eine rhetorische Übertreibung sein; wenigstens sind uns außer Selymbria und Nikaia keine Orte bekannt, wo Niketas sich längere Zeit aufgehalten hätte. Die genannte Stelle aus dem 27. Buch des Thesauros beweist aber zusammen mit den oben (S. 27) aus dem 4. Buch angeführten Worten, daß Niketas, schon bevor er sich in Nikaia ansiedelte, an seinem theologischen Werk arbeitete. Der Prolog, der wohl erst nach Vollendung des Werkes geschrieben worden ist, macht es wahrscheinlich, daß er es in den ersten Monaten nach seiner Übersiedlung beendete. Niketas verfaßte diese umfangreiche theologische Arbeit für einen Freund, der ihn darum gebeten hatte. Leider wird der Name dieses Freundes nicht genannt, und auch die anderen Angaben, die man der Widmung entnehmen kann, sind zu unbestimmt, als daß man ihn identifizieren könnte. Wir vernehmen nur, daß er genauso wie Niketas durch die Kreuzritter aus der Heimat vertrieben worden ist, wie dieser in wenig erfreulichen materiellen Verhältnissen lebt und aus einem nicht klar ausgesprochenen Grunde nicht in der Lage ist, die von Niketas in dem Thesauros zusammengetragenen Häresien aus anderen Quellen kennenzulernen. Offenbar lebt der Freund nicht in Nikaia, denn Niketas teilt ihm im Widmungsschreiben mit, daß er sich dort niedergelassen hat. Wörtlich heißt es im Prolog des Thesauros : ,,... ώ φιλότης, κάγώ ουδέν μέυ των προς σύστασιν σώματος δεοφιλεία τη ση προσενήνοχα, έξότου μοι επίσης της ενεγκούσης Οπό των έσπερίων εθνών άττελήλασαι · ούχ ότι μή των όντων πέλεις ενδεής - τούτο γαρ ούδέ 'Ηλίας υπερέβη τό των νηστευτών άκροδίνιον- „Λήψη γάρ μοι καί ψωμά ν άρτου," πρός την χήραν φησί, „και ποιήσεις μοι εν πρώτοις εγκρυφίαν, τοις δέ σοϊς παισίν επειτα" (3 Regn. 17,13), ή μάλλον ούδ' ό εμάς καί σός Ίησοϋς έδοκίμασε τάς επί της πορείας τιδέμενος μετά σώματος, αλλά νηστεύσας επείνασεν ύστερον δεικνύς τό ccvSpcoπινον - άλλ' οτι λογικώς μάλλον ήπερ σωματικώς ύπ' εμού φιλοφρονείσαι πο3εΐς, εΐδώς ώς μόλις την συνοδίαν και τά ύπουργά μοι παιδάρια διατρέφειν δύναμαι εν γ ή παροικών άλλοτρία καί προς τη μη-

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τροπόλει Βιθυνίας Νικαία ττηξάμενος μόσυνα καί τό λεΐπον τοΟ βίου διατοξεύων ώς αχρείος μετανάστης καί άμέγαρτος επηλυς. ô δέ με πολλάκις ήτήσω, τούτο καί άσττασίως παρέχω σοι συλλογή ν ποιησάμενος πασών αιρέσεων, δώρον ούδενός των παρ' άνθρώποις τιμίων έλαΟνον ύστατον, άλλά πολλω τιμηέστατον πάντων κρινόμενον παρ' οίς ή ευσέβεια των άλλων προτίθεται καί τ ό έπίστασθαι οίαις χρεών τ ό θείον δόξαις τιμαν. καί τούτων εκείνοις μάλιστα, οι πολλάς άνελίττειν βίβλους καί ούτω τά περί τών αιρέσεων εΐδέναι μή εχουσιν ή μή ένευκαιροΰντες τη αναγνώσει ή έτέρως των κατά σκοπόν εκκρουόμενοι." 5 6

Der Thesauros kam also unter schwierigen Umständen und in kurzer Zeit zustande und trägt davon die Spuren. Aber auch wenn man darüber hinwegsieht, muß man feststellen, daß Niketas mit diesem Werk keineswegs einen wichtigen Beitrag zur orthodoxen Theologie geleistet hat, was allerdings wohl auch nicht seine Absicht war. Wichtig sind aber die letzten fünf Bücher über die theologischen Kontroversen seiner eigenen Zeit. In der Zeit kurz vor und nach seiner Übersiedlung nach Nikaia verlor Niketas seine beiden besten Freunde, die Brüder seiner Frau, Michael und Joannes Belissariotes. Seine Totenklage um letzteren ist uns erhalten geblieben (Rede Nr. XV). Es hat wohl mehrere Monate gedauert, bis sich die materielle Lage des Niketas besserte. Die wenigen Briefe, die uns überliefert sind und die mit einer unten (S. 49) noch zu erwähnenden Ausnahme alle aus dieser ersten Zeit in Nikaia zu stammen scheinen, enthalten ähnliche Klagen, wie wir sie oben aus dem Prolog des Thesauros und aus der ersten Fassung der Fortsetzung des Geschichtswerkes (S. 45) zitiert haben. Doch hatte Niketas, noch bevor er diese Fassung vollendete, schon zwei Reden für Theodoros I. Laskaris verfaßt, eine Lobrede auf ihn (Nr. XIV) und ein Seiention, das der Kaiser selbst vortragen sollte (Nr. XVII). Diese beiden Reden sind nämlich sicher vor dem Tod des Bonifatius von Montferrat (4. September 1207) anzusetzen, einem Ereignis, das in der ersten Fassung der Fortsetzung des Geschichtswerkes noch erwähnt wird. Man möchte also annehmen, daß diese beiden Reden nicht nur das Lob des Kaisers beabsichtigten, sondern auch eine Besserung der Lage des Redners zum Ziel hatten. Es wird in allen 5 8 Zu diesem Text ist nur eine varia lectio von Bedeutung zu verzeichnen: das Wort Ιδοκίμασε hat nur Cod. Vat. 680. Die Worte είδώζ - εττηλυς wurden schon oft angeführt, vgl. Fabricius, B.G. VI, S. 418 (Harles VII, S. 742) ; Bandini, Monumenta gr. eccl. vet. III, Florentiae 1762, S. 1; G. L. F. Tafel, Annae Comnenae Supplementa etc., Tubingae 1832, S. VI; ders., De regno Andronici Comneni Imp. Byz., Tubingae 1846, S. 14 Anm. 7.

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Werken, die über diese Periode handeln, behauptet, Niketas habe am Hof zu Nikaia großen Einfluß gewonnen; den einzigen Anhaltspunkt für diese Annahme bilden die für Laskaris verfaßten Reden. Das zweite Seiention (Rede Nr. XIII), das man vielfach als Thronrede des Theodoras Laskaris betrachtet, und eine Ansprache (Nr. XVI), die des Kaisers Sieg über den Sultan feiert (1210/1211), bedeuten freilich eine erneute Anerkennung von Niketas' rednerischem Talent; daß er aber eine Stelle am Hof innehatte, kann man daraus nicht ohne weiteres folgern. Mit Recht bemerkt Stadtmüller, Byz. Forschungen 1, 1966, 325, daß Niketas in Nikaia keine große politische Rolle mehr gespielt zu haben scheint. Doch war gerade die Hoffnung, einen bedeutenden Posten zu erhalten, der Grund seiner Übersiedlung nach Nikaia. Das bezeugt der Schlußsatz der kürzeren Fassung des Geschichtswerkes, einer Gesamtausgabe des ersten und des überarbeiteten zweiten Teiles seiner Geschichte. Nachdem Niketas nämlich gegen Ende des Jahres 1207 oder Anfang 1208 die erste provisorische Fassung des zweiten Teiles, die er in Selymbria begonnen und in Konstantinopel und Nikaia mit neuen Berichten über Ereignisse in der Hauptstadt und in Kleinasien, die ihm erst dort bekannt wurden, weitergeführt und zuletzt mit einem Bericht über die Eroberung Griechenlands, den er wohl seinem Bruder Michael verdankte, abgeschlossen und dieses Buch über die Ereignisse nach der Eroberung der Stadt vermutlich zusammen mit oder bald nach dem Thesauros (mit dem dieses Buch überliefert ist) veröffentlicht hatte, muß er sich an die Umarbeitung dieser vorläufigen Fassung des zweiten Teiles gemacht haben. Ganz unerwartet aber bricht, als die Darstellung bis zur Schlacht bei Adrianopel (14. April 1205) gekommen ist, diese Fassung ab, ohne daß die Schlacht selbst noch erzählt oder auch nur erwähnt wird. Und dieses Aufhören wird begründet mit den genauso unerwarteten Worten: „Aber da ich es müde bin, das Schicksal meines Volkes aufzuzeichnen und mich völlig dem Osten des Reiches widmen will, wo ich nun lebe, höre ich auf zu schreiben und setze dem Wirbel des Unheils ein Ende" 57 . Der Widerwille, weiteres Unheil zu erzählen, kann für sich allein nicht der Grund gewesen sein, hier aufzuhören, besonders da der Verfasser nur wenige Zeilen vorher (S. 810, 2—3) einen neuen Abschnitt angekündigt hat. Wenn man aber an die Aussichten denkt, die sich ihm nach schweren Tagen durch die Hoffnung auf eine Stelle am Hof des Theodoros Laskaris in Nikaia eröffneten, kann man verstehen, daß Niketas von der unseligen Vergangenheit loskommen wollte, auf einmal seiner historiographischen 57

Vgl. die Anm. Wolfs zu S. 811, 13 der Bonner Ausgabe, ebd. S. 890.

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Arbeit müde war und, ohne auf die Tatsache zu achten, daß er gerade an einen Punkt angelangt war, wo von einer vernichtenden Niederlage der sich für unüberwindlich haltenden Kreuzritter zu berichten war, diese Arbeit mehr abbrach als beendete. Es ist aber auch möglich, daß ihm der Gedanke gekommen war, das ganze Werk umzuarbeiten, und er sich darum mit einem Satz die Fassung, die er nicht als endgültig betrachtete, vom Halse geschafft hat. Wie dem auch sei, tatsächlich hat er gegen Ende seines Lebens eine solche Umarbeitung seines Werkes, besonders der Periode nach Manuel Komnenos, vorgenommen. Eine weniger umfangreiche und weniger wichtige Bearbeitung des Thesauros war der endgültigen Redaktion des Geschichtswerkes schon vorausgegangen. Dabei wurde der letzte uns von Niketas erhaltene Brief in den Thesauros aufgenommen. Dieser Brief von Ende 121358 ist das letzte Zeugnis seiner politischen Tätigkeit. Es handelt sich dabei um den Begleitbrief des neu bearbeiteten 17. Buches des Thesauros über die Ketzerei der Armenier, das er dem Oheim des Theodoros Laskaris, Basileios Kamateros, zusandte, als dieser nach Armenien reisen mußte, um die Tochter (in Wirklichkeit war es eine Nichte) des armenischen Königs für den Kaiser als Braut zu holen. Da Niketas in diesem Schreiben versichert, daß er, wenn er gekonnt hätte, gerne mitgereist wäre, möchte man glauben, daß der Kaiser ihn hat mitsenden wollen. Das Lebensende des Niketas liegt im Dunkel. Die endgültige Fassung des Geschichtswerkes läßt vermuten, daß die guten Beziehungen zu den Hofkreisen nicht bis ans Ende gedauert haben, ja daß er von seinen mächtigen Freunden, wie Basileios Kamateros und Konstantinos Mesopotamites, im Stich gelassen wurde. Man spürt es in den Briefen; besonders deutlich ist eine Stelle im 7. Brief (an Basileios Kamateros), S. 211, 17—19: ,,πέποιθα γάρ, ώς εϊ γενναίως βουληδείης, δυνηθείης ττεισαι την εττ' εμοί συστείλασαν τό φιλόδωρον και ραδίως ούτω μεταβλη3εΐσαν έκ λαμπρός σχέσεως εις άντίρροττον τταρόρασιν." Das gibt auch den notwendigen Hintergrund für die endgültige Fassung des Geschichtswerkes, die gekennzeichnet ist durch schonungslose Kritik nicht nur an den unwürdigen Kaisern der Angeloi-Dynastie und an ihren Günstlingen, sondern auch an den beiden genannten Männern, mit denen Niketas noch in Nikaia korrespondierte; und man versteht nun auch, warum in dieser endgültigen Fassimg die paar Zeilen Lob (S. 720, 15—18), die dem Theodoros Laskaris in den beiden ersten Fassungen des letzten Teiles des Geschichtswerkes gewidmet waren, ausgelassen sind, und ebenso, warum Niketas auf der vor58

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Sicher ist diese Datierung nicht; vgl. unten S. 181 ff.

van Dietea

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letzten Seite dieser endgültigen Fassung seine Klage über seinen Aufenthalt in Nikaia wiederholt. Man hat schon öfter darauf hingewiesen, daß Niketas sein Werk nicht hat vollenden können. Nachdem er nach einer längeren Abschweifung zu seinem Thema zurückgekehrt ist und noch einen ganz neuen Abschnitt begonnen hat (S. 852, 7), hört er kaum eine Seite später auf. Wolf hat sogar gemeint, dieses unerwartete Ende in seiner Übersetzung ankündigen zu müssen, indem er das Wort „pauca" hinzufügte (,,iam igitur ad metam properans oratio pauca adhuc adiiciat"). Daß der jetzige Schluß des Geschichtswerkes (S. 853, 3) von Niketas nicht als Ende gemeint sein kann, wird besonders klar, wenn man dieses Ende vergleicht mit dem ursprünglichen Abschluß des ersten Teiles (S. 770) und dem Schluß der ersten Fassung des zweiten Teiles (S. 868), wo Niketas wirklich die Absicht hatte aufzuhören. Auch scheint er die letzten Seiten etwas eilig redigiert zu haben 59 . Vielleicht spürte er, daß sein Lebensende herannahte, und wollte sein Lebenswerk noch schnell fertigstellen. Das war ihm aber nicht gegeben. Im Alter von etwa 60 Jahren starb Niketas. Sein Tod war ein besonders harter Schlag für seinen Bruder Michael. Als dieser, nachdem er sich schon über das Ausbleiben von Briefen Sorgen gemacht hatte (vgl. oben S. 18), die Unheilsnachricht bekam, muß er wohl dieselben Worte ausgerufen haben, mit denen er seine Monodie beginnt : ώ ττονηρδς αγγελίας· ώ πίκρας άκοής. Vielleicht hat er es damals bereut, daß er 1208 die Einladung, zur Wahl eines neuen Patriarchen nach Nikaia zu kommen, nicht angenommen hatte. Jetzt war, wie er selbst betont (S. 346, 25—347, 5), die Hoffnung auf ein irdisches Wiedersehen für immer geschwunden. Noch schlimmer war der Schlag für die Frau des Niketas, die mit mehreren kleinen Kindern zurückblieb. Michael gedenkt auch ihrer in seiner Klage (S. 357, 10—14) : „Γυνή μέν ή αξία σοΰ καΐ δικαία μετά σοΟ εξικέσθαι εις γήρας τό άδόμενον κορωνόβιον, έυ γωνία που επί δαπέδου μέση χοροϋ παίδων άφηλίκων καΐ άνήβων καθημένη μελανείμων,τήνεαυτής μένχηρείαν,παίδων δέ όρφανίανέλεεινώςόλοφύρεται..." ; und S. 363, 25—364, 1 :„ουκουν έχρήν ή γυναίκα εκείνου χηρείαν ή τέκνα όρφανίαν έν άκαιρία τοιδδε παθεΐν." Zuletzt möchten wir noch eine Stelle aus einer Monodie auf Michael Choniates anführen, die wahrscheinlich auf Niketas zu beziehen ist 60 . 59

Vgl.F.Grabler, Die Kreuzfahrer erobern Konstantinopel, Byzantinische Geschichtsschreiber IX, Graz 1958, Einl. S. 9—10 (Übersetzung des Niketas S. 597ff.)· Der Text dieser Monodie wurde von A. Papadopoulos-Kerameus, 'Αρμονία 1902, S. 273—284, aus Cod. Petrop. 250 veröffentlicht. Ehemaliger Besitzer dieser Handschrift war Isaak Mesopotamites, vermutlich derselbe, der den Thesauroscodex Med.

Die Persönlichkeit des Niketas

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Der Neffe, der diese Monodie verfaßte, verdankt seine geistige Entwicklung nicht nur dem Bischof, sondern auch dessen Bruder : „'Αλλ' ώ πάτερ, πάτερ καί ·9εΐε (έμέ, καί σώτερ και δέσποτα, μήτηρ μέν εμή άδελφή δέ σή γεγέννηκε σαρκικώς- σύ δέ καί σος όδελφόξ, δν ύστερον όντα σου πρώτον ε3ρήνησα, άναγεννησάμενοι λογικώς ές τόδε τό μέτρο ν ή yάγετε), δέχοιο την παροϋσαν χοή ν . . . " Wenn auch ein anderer Bruder gemeint sein kann, so scheint doch die Rolle, die der Neffe dem nicht mit Namen genannten Oheim zuschreibt, und die Tatsache, daß er als jüngerer Bruder vor dem älteren starb, auf Niketas hinzuweisen. Das ist das letzte Wort, das wir von einem, der Niketas kannte, vernehmen.

Die Persönlichkeit des Niketas Über die äußere Erscheinung des Niketas besitzen wir keine direkten Angaben. Freilich gibt es ein Bild von ihm im Codex Vindob. Hist. Gr. 53, f. l v , dessen Wert aber fragüch ist 81 . Versuchen wir also, aus seinen Werken und der Monodie seines Bruders die wichtigsten Züge seiner Persönlichkeit herauszuarbeiten. Niketas hat dem alten Ideal vom freien Geist im schönen Körper in seinem Geschichtswerk durch vielfaches Lob für äußere Schönheit, Körperkraft und Kriegsmut seine Reverenz erwiesen62. Doch haben wir keinen besonderen Grund anzunehmen, daß er selbst durch körperliche Gaben hervorragte. Seine Laufbahn und literarische TätigI X . 24 in Besitz gehabt hat. Obgleich die Monodie in der Handschrift ohne Überschrift ist und der Name des Bischofs nicht genannt wird, ist die Interpretation von Papadopoulos-Kerameus, daß es sich um Michael Choniates handelt, wohl richtig. Den Beweis liefern folgende Stellen : S. 274, 7—8 ,,τέ3νηκεν ό των 'Αθηναίων άρχιποίμην, ό την κλήσιν καί τό είδος άγγελικός" ; S. 274, ult. lin. „st γαρ άττίδοιμι ττρώς τά τη; πρώτης αγωγής καί βίου του λιττοπάτριδος" ; S. 277, 1—2 ,,ώ γλώσσης οΰκ άπό ρινός φασιν, άλλ' âx των ώτων έτπσυρομένη; τους ξύμτταντας" ; S. 281, 22—23 ,,τής σέ λαχούσης την χρόνιον νπτερορίαν καί τόν άπάνθρωττον καί άφιλον -προείλου έκτοτπσμόν." Das alles, Erzbischof von Athen mit dem Namen eines Engels, Leben außerhalb des Vaterlandes, Beredsamkeit, freiwilliges Verlassen der Bischofsstadt, triSt für Michael Choniates wirklich zu. Die von uns oben im Text angeführte Stelle findet sich S. 280, § 8 Anfang. 61 Vgl. darüber unseren Aufsatz: Wurden aus dem Cod. Vind. Hist. Gr. 53 fünf Miniaturen entfernt?, BZ 55, 1962, S. 229. Dort sind auch die Reproduktionen dieses Bildes verzeichnet (S. 228 Anm. 14). Hinzuzufügen ist: M. Restle, Die Miniaturen des Codex Vindob. Hist. Gr. 53, Beiträge zur Kunst des christl. Ostens 3, Recklinghausen 1965, S. 97—108 mit 3 Abb., 2 Taf. („Gesichter zerstört und dann künstlerisch bedeutungslos" restauriert), cfr. BZ 58, 1965, S. 498. •2 Einige Stellen bespricht Uspenskij, S. 77—80. 4·

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Biographie

keit geben vielmehr Anlaß zu glauben, daß Büro und Studierzimmer auch seine äußere Erscheinung geprägt haben. Einmal freilich hören wir von persönlichem Mut des Niketas, als er bei der Emigration aus der Stadt die Tochter eines befreundeten Richters vor der Vergewaltigung durch einen Kreuzfahrer zu retten wußte. Aber auch hier waren es nicht seine Hände, sondern seine Zunge, die diese von Michael überschwenglich gefeierte Heldentat zuwege brachte 63 . Wenn wir unseren Blick auf die Geistesgaben des Niketas richten, beeindruckt zuallererst sein vielseitiges Wissen, besonders auf dem Gebiet der griechischen Literatur, nicht nur der klassischen, sondern auch der altchristlichen und der byzantinischen. Chalandon 64 , der sich eingehend mit Niketas beschäftigt hat, nannte ihn ,,un esprit cultivé et instruit, mais aussi quelque peu crédule"; er betrachtete seine Kenntnisse der byzantinischen Geschichte als „assez mediocre", seine geographischen Vorstellungen als „généralement exactes" und seine Vertrautheit mit der Bibel und der alten Geschichte als „parfaite" ; schließlich war Niketas nach Chalandon „très au courant du mouvement philosophique et théologique." Eng verbunden mit seiner Belesenheit ist bei Niketas eine eminente Sprachgewandtheit. Wenn er sich nun aber dieser beiden Eigenschaften in der Weise bedient, daß er immer wieder eine Person, eine Sache oder ein Ereignis der eigenen Zeit mit irgendwelchen Tatsachen aus der Überlieferung seit Homer verknüpft, so ist das für ihn kein mühsames Zur-Schau-Stellen von Gelehrsamkeit, sondern Ausdruck seines Wesens, seiner festen Verwurzelung in einer großen Kulturtradition. Dieser Tradition mit ihren beiden Hauptkomponenten, der klassischen und der christlichen, weiß er sich und Byzanz allezeit verpflichtet; sie und besonders ihre Auffassungen vom Menschen, vom Staat und von deren Aufgaben sollen dem Leser bewußt werden. «3 Vgl. Niketas, Gesch. S. 779, 21—782, 4; Michael, Monodie S. 360, 16ff. Michael ruft sogar das gerettete Mädchen auf, mitzutrauern. Vgl. auch die oben S. 3 angeführten Stellen. Man wundert sich nicht, daß Allatius (S. 30) sich über Michaels Überschwang geärgert hat: „Quae tarnen in Michaele tolerari, oratorem agente, poterant: at in Athenarum praeside et viro ecclesiastico quis ferat, Nicetam in eo facinore Abrahamo, Isaaco, Davidi, Danieli, Levi et Simeoni praeferri, et quod peius est, Christo ipsi comparerai fieri?" Vgl. auch UUmann, S. 677: „Uberhaupt herrscht in der ganzen Rede eine Vornehmheit und ein Pomp, die eines christlichen Bischofs ganz unwürdig sind. Der weltliche Bruder besaß mehr theologischen Sinn als der geistliche." «4 F. Chalandon, Les Comnène II, S. XXIII — IV; Ulimann, S. 679, kritisiert die Gelehrsamkeit des Niketas als nicht selbständig genug und tadelt seine Frömmigkeit als zu äußerlich; er gesteht aber: „In beiden Beziehungen litt er an Mängeln der Zeit; zugleich erhebt er sich über seine Zeitgenossen und zeigt sich als Mann, der besserer Zeiten werth war."

Die Persönlichkeit des Niketas

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Allerdings ist er kein Weltbürger. Er beschränkt sich fast ganz auf das Byzantinische : der byzantinische Mensch (der Rhomäer in der Sprache des Niketas), die politische und kulturelle Vorherrschaft des byzantinischen Staates in der großen Völkerfamilie erregen sein eigentliches Interesse. Barbaren bleiben, auch wenn sie in einer bestimmten Hinsicht Bewunderung verdienen, immer Barbaren und sind deshalb nur in ihren Beziehungen zur rhomäischen Welt zu berücksichtigen. Aber auch innerhalb der byzantinischen Welt bleiben sämtliche nicht zu den höheren Kreisen gehörende Personen und Gruppen fast ganz außerhalb seines Gesichtskreises ; nur die Bevölkerung der Hauptstadt hat sein besonderes Interesse — wegen ihres oft verhängnisvollen politischen Einflusses. In seinem Geschichtswerk, besonders in der endgültigen Fassimg, läßt Niketas keinen Zweifel daran, daß die Byzantiner seiner Zeit, besonders die Kaiser und Würdenträger, keineswegs seinem Ideal entsprechen. Aus seinen Reden könnte man, wenn man sie wörtlich nimmt, das genaue Gegenteil folgern. Niketas läßt sich darin nicht weniger „Byzantinismus" zuschulden kommen als irgendein anderer Redner seiner Zeit. Sehr streng urteilte darüber Treu 65 : „Iuvat novisse os hominis grandiloqui : nullo opinor specimine melius degustabis perditissimum illud genus adulatorum Byzantinorum ; videlicet quaecumque de ingenio, moribus, animo, actionibus Alexii promuntur, cuncta ad verbum ficta et commenticia." Mit dieser Tendenz der Reden steht die Tatsache, daß Niketas unter den Kaisern Isaak II. und Alexios III., die er im Geschichtswerk rücksichtslos tadelt, immer höhere Ämter erlangt hat, in Einklang. Uspenskij folgerte daraus, daß man seinem Charakter eine gewisse auf eigenen Vorteil bedachte Unaufrichtigkeit nicht absprechen könne. Doch erscheinen Urteile wie die von Treu und Uspenskij nicht gerecht. „Byzantinismus" bedeutet zwar heute Unaufrichtigkeit und Heuchelei, und das nicht ganz ohne Grund, aber doch wohl zum Teil eben darum, weil uns die vor allem auf einer alten Tradition beruhende verfeinerte Lebensart der Byzantiner und die dazugehörigen Formen gesellschaftlichen Verkehrs fremd geworden sind. Für die Beurteilung der Reden und der politischen Karriere des Niketas kann man darum unsere Kategorien Unaufrichtigkeit und Heuchelei nicht ohne weiteres anwenden. Jedenfalls möchten wir nicht bezweifeln, daß Niketas sich in seinen verschiedenen Stellungen bemüht hat, seinen eigenen Grundsätzen zu folgen; und er konnte es für ein geringeres Übel an65 M. Treu, Nicephori Chrysobergi ad Angelos orationes tres etc., 127. Programm des Kgl. Friedrichs-Gymnasiums zu Breslau, 1892, II, S. 47. Treu wurde zu diesem Urteil von der VII. Rede inspiriert.

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Biographie

sehen, durch die übliche „Schmeichelei" seine jeweilige Stellung zu behaupten, als sie zu räumen für weniger grundsatztreue Personen. Tatsächlich hat er sich unter Andronikos aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und später als Statthalter der Eparchie Philippopolis versucht, Isaak den Kreuzfahrern gegenüber zur Mäßigung zu veranlassen 66 . Es steht also nichts der Annahme im Wege, daß die glückliche Ämterlaufbahn des Niketas nicht in erster Linie der Schmeichelei eines Hofredners, sondern vielmehr seinen Fähigkeiten und seiner immer wachsenden Erfahrung zu verdanken war. Nach Michael, dessen Urteil man selbstverständlich mit Reserve aufnimmt, war Niketas kein Stellenj äger, sondern wurde von anderen wegen seiner Verdienste und Fähigkeiten zu Recht empfohlen (Monodie S. 352, 17—26) : ,,ό γάρ τοι φιλομετάβολος αΐών βασιλείς μέν και περιόντας της αρχής παρέλυσε καΐ παρά των έχόντων άρπάσας τά σκήπτρα έτέροις καί παρ' αύτών άλλοις αύ ένεχείρισε· τω δ' εμω άδελφω τά τής τιμής τε καί οίκειώσεως ή συνεχής αύτη των βασιλέων διαδοχή διετήρησεν άδιάδοχα, μάλλον δέ οί έξής άεί τά προ αύτών τή περί εκείνον εύνοία ύπερβάλλειν ώσπερ φιλονεικοϋντες, τά τής δόξης επέτεινον, τό περιόν τής αρετής τοΟ ανδρός δυσωπούμενοι, άλλως τε καί Οφεσιν τής οίκείας αρχής την ύφαίρεσιν τής εκείνου τιμής άριστα κρίνοντες."67 Daß Niketas kein kühler Verstandesmensch war, spürt man an vielen Stellen des Geschichtswerkes. Trotz des ganzen byzantinischen, uns oft unnatürlich anmutenden Wortgepränges sind darin doch noch wirkliches Mitleid, Zorn, Entrüstung fühlbar. Auch von Niketas' Frömmigkeit, die sein Bruder Michael in seiner Monodie zuletzt lobend e6

S. Riezler, Forschungen zur deutschen Geschichte 10, 1870, S. 102, h a t Niketas eine pro-deutsche Gesinnung zugeschrieben und daraus geschlossen: „ I m Leben müssen den Niketas Gesinnung und Stellung oft in arge Conflikte gebracht haben." Ob Niketas sich tatsächlich viele Konflikte h a t erlauben können, kann man bezweifeln. 67 Ähnlich urteilte L . P e t i t , Art. Acominatos Nicétas, DTC 1, 1903, Kol. 316: „Grâce à son expérience des affaires non moins qu'à la souplesse de sa politique, il sut garder la faveur des princes qui se succédaient, sur le trône impérial, avec une effrayante rapidité." Uspenskij urteilte weniger positiv. Er fragte sich (S. 25), wie es möglich war, daß Niketas trotz seiner Mißbilligung der Politik der Angeloi doch unter diesen Kaisern immer höhere Ämter erwerben konnte, und betont, daß die Umstände die Ausbildung eines geschmeidigen, schlauen und hinterhältigen Charakters förderten. Er verwies dabei auf das Verschweigen von Namen im Geschichtswerk, S. 576, 2; 601, 14; 674, 13. Man vergleiche auch, was Stadtmüller S. 167 über Michael sagt: „Hier (d. h. in seiner enkomiastischen Rede auf Isaak) offenbart sich die aalglatte Gewandtheit des byzantinischen Rhetoren. Seine frühere Lobrednerei auf den „Tyrannen" Andronikos weiß er geschickt zu beschönigen. .. . Jetzt malt Michael das Bild des toten Andronikos mit den schwärzesten Farben." Wie man aber auch über das Benehmen des Niketas im öffentlichen Leben urteilt, in seinem Geschichtswerk h a t er sicher ein beachtliches Maß von Objektivität zu erreichen gewußt, vgl. F. Grabler, I.e., IX, S. 13—14.

Die Persönlichkeit des Niketas

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erwähnt, legen zahlreiche Stellen im Geschichtswerk beredtes Zeugnis ab, doch zeigt uns dieses Werk nicht nur einen tiefgläubigen, sondern auch einen bisweilen etwas abergläubischen Menschen68. Aus dem Abschnitt (S. 365, 21ff.), in dem Michael über die Frömmigkeit seines Bruders spricht, möchten wir hier nur ein paar Zeilen zitieren (S. 366, 2—6) : „Où γάρ ήγάπα δημοσία συμττανη γυρίζω ν, ει μή καί εν τη Korr* οίκον εαυτού εκκλησία άφοσιοϊτο τω έκάστοτε τιμωμένω δικαίω έορτήν ενιαύσιον, coç φωνήν άγαλλιάσεως καί σωτηρίας εν τή σκηνη καί του δικαίου έκείνου τό ψαλμικόν διηνεκώς εξακούεσ·9αι." Zusammenfassend dürfen wir uns Niketas vorstellen als einen sich durch vorzügliche Geistes- und Herzensgaben auszeichnenden Mann, einen glücklichen Familienvater (zumindest in den besten Jahren seines Lebens), der wegen seiner Frömmigkeit und Wohltätigkeit allgemeine Achtung genoß, der sich durch seine Fähigkeiten und seine Erfahrung im Hof- und Staatsdienst das Vertrauen seiner Vorgesetzten und der Kaiser erwarb, der ob seiner Gelehrsamkeit in den gebildeten Kreisen Konstantinopels ein geehrter und bewunderter Gast war, der aber am liebsten mit seinen vielen Büchern, vor allem mit seinem Homer und seinem Psalmenbuch verkehrte und der auch gern seine eigene Feder versuchte. Und obgleich die kleineren literarischen Arbeiten, mit welchen er bei seinen Lebzeiten wahrscheinlich große Ehre erwarb, unserem Geschmack weniger entsprechen und als Literatur kaum noch besondere Anerkennung finden werden, hat er doch in seinem Geschichtswerk sich selbst ein monumentum aere perennius und anderen ein κτήμα êç αεί gestiftet, das man vollständig kennenlernen muß, damit die hier gegebene dürre Skizze von Leben und Persönlichkeit des Niketas Fleisch und Blut und Leben gewinnt. Schließen wir mit einigen Worten Michaels (Monodie S. 363, 21—25) : „Ούτω τοϊς πδσι ττάντ' έγίνετο· άπροστατεύτοις προστάτης, χήραις κηδεμών ώς άνήρ, όρφανοϊξ πατήρ, ξένοις αδελφός, φίλοις ώς φιλέταιpos πιστότατος, συγγενέσι φιλοικειότατος, τάδελφω καθ' υπεροχή ν ύπερβάλλουσαν φιλαδελφότατος." 68 Auf eine Neigung zum Aberglauben bei Niketas hat man schon öfter hingewiesen. Ausführlich spricht darüber Uspenskij, S. 105—111 ; vgl. auch Chalandon, I.e., S. XXIV : „il a une tendance à voir à tout propos des miracles et croit fermement aux songes, à la magie et à l'astrologie" (vgl. ed. Bonn. S. 21—22, 23—24, 155, 187—188, 190, 192, 196, 220, 248). „Pourtant parfois Nikétas raille les astrologues" (S. 200, 286). Dieser Widerspruch hängt mit den verschiedenen Fassungen zusammen, vgl. BZ 57, 1964, S. 311—312. L. Oeconomos, La vie religieuse . . . au temps des Comnènes et des Anges, Paris 1918, S. 88—92, spricht Niketas das Recht ab, den Aberglauben anderer zu kritisieren, wie er es S.200 und 286 „avec un étonnement d'une candeur inconcevable" tut.

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Biographie

Überblick über die Quellenangaben zur Karriere des Niketas

I. Liste der von Niketas bekleideten Ämter nach den Mitteilungen in seinen eigenen Werken und in der Monodie seines Bruders Michael auf ihn. 1. βασιλεϊ ύπογραμματεύων βασιλικός ύπογραμματεύς

Gesch. S. 518, 19—20 Monodie S. 349, 19—21; S. 350,

2. êv τω ταμιείω των βασιλικών χρημάτων τω και κοιτώνι καλούμε νψ, ου προιστάμην 3. την του δέματος Φιλιππουπόλεως υπεζωσμένος και αρχήν και απογραφήν (τήν αρχήν της Φιλίππου χειρίζων) των εν Θράκη πόλεων αρμοστής καί των Ικεϊσε στρατιωτικών συντάξεων διανομεύς 4. λογοθέτης των σεκρέτων 5. μέρος της συγκλήτου βουλής

Thesauros, Lib. XVI, loc. ined. (vgl. Anm. 28)

10—11

Gesch. S. 526, 9—11

(Codd. Vat. Gr. 1623 und Vindob. Hist. Gr. 105) Monodie S. 350, 14r—15 Gesch. S. 749, 6—7 Gesch. S. 743, 6ff., S. 850, 18

Ohne genau zu unterscheiden, sagt Michael in der Monodie, S. 353, 13—18, über Niketas und die beiden Belissarioten : Τά τ' ένδον τά τε θύραζε τοις άνδράσιν έπίστευον, ταμιείων μέν καί χρυσώνων θύρας καί κοιτώνων καί θαλάμων άναπετάσαντες καί τά φίλτατα ώς οΐκειότατα έγχειρίσαντες, εν ύπαίθρω δέ καί κοινοτέρα διοικήσει της πόλεως λογοθέτας μεγάλους όρφανοτρόφους τε και πολιτάρχας προχειριζόμενοι. II. Liste der von Niketas bekleideten Ämter nach den Überschriften seiner Werke und der Werke seines Bruders Michael (die erste Fassung des Geschichtswerkes bezeichnen wir mit Gesch. I, die endgültige Fassung mit Gesch. II. Für den Charakter der einzelnen Codices des Geschichtswerkes, die in dieser Liste erwähnt werden, müssen wir auf die Prolegomena zur kritischen Ausgabe dieses Werkes verweisen; bis diese vorliegen, vgl. man BZ 57, 1964, S. 303—305). 1. βασιλικός γραμματικός 2. προεστώς του έπί των κοινών χρημάτων κοιτώνος προκαθήμενος τοϋ κοιτώνος

Rede II, V, XII. Rede III Gesch. I, Monodie

Chronologie der Reden und Briefe

έττΐ τού βασιλικού κοιτωνος [βασιλικού : έν(οικικ)ού 3. λογοθετικός γραμματικός 4. κριτής τού βήλου 5. έφορος

6. επί των κρίσεων

7. γενικός 8. λογοθέτης των σεκρέτων μέγας λογοθέτης τ. σεκρ. μέγας λογοθέτης

57

Thesauros Cod. Vat. 680] Rede IX Rede I, IV, Gesch. I, Thesauros außer Cod. Vat. 680 Rede I (als erste der Sammlung, vgl. Anm. 44), Gesch. I, Thes., Gesch. II Cod. Par. 1778, Monodie Rede I (Sammlung), Brief Michaels an Niketas, Gesch. I, Thes., Gesch. II Codd. Vat. 1623 und Par. 1778, Monodie Gesch. I Cod. Vat. 169, Gesch. II Cod. Par. 1778, Thes. Rede I (Sammlung), Gesch. I, Thes. Cod. Vat. 680, Gesch. II Cod. Vat. 1623 Thes. außer Cod. Vat. 680 Gesch. II Cod. Par. 1778

Die Reihenfolge ist nicht in allen Überschriften gleich. Die Sammlung der Reden hat 8, 6, 5 ; Gesch. I zuerst 8, 6, dann γεγονότος δέ καί 5, 4, (7), 2; der Thesauros: 4, 6, 5, 7, 2, επειτα δέ και 8; Gesch. II in Cod. Vat. 163 nichts; in Cod. Vat. 1623: 6 εσύστερον δέ γεγονότος καί 8; in Cod. Par. 1778: 8, 6, 7, 5; die Monodie: 6, 5, 2.

Chronologie der Reden und Briefe

Bevor wir zur Besprechung der einzelnen Reden und Briefe übergehen, geben wir im folgenden einen Überblick über die Reden und ihre vermutliche chronologische Abfolge. In der Ausgabe selbst ist die Anordnung der venetianischen Handschrift beibehalten. Die Argumente für unsere Chronologie geben wir in den einzelnen Einleitungen. Nachstehende Übersicht enthält folgende Angaben: 1. Die Nummer der chronologischen Anordnung in arabischen Ziffern. 2. Die Nummer der Reihenfolge im Manuskript in römischen Ziffern. 3. Mit Blatt und Zeile werden Anfang und Ende jedes Stückes im Manuskript verzeichnet.

58

Biographie

4. Das Thema der Rede. 5. Das (vermutliche) Datum. 6. Angaben über frühere Ausgaben. MB = K. Sathas, Mes. Bibl. I; RHC = E. Miller, Recueil des Hist, des Croisades, Hist. Gr. II.

Die Reden Chron. Reihenfolge im Ms. Nummer

Thema der Rede

Datierung

Ausgabe

1

V 95*, 4—96*.

Hochzeit Isaaks II. Angelos mit Margarete von Ungarn

Ende 1185/ Anfang 1186

RHC 615—619

2

II 91, 50—92, 48

Sendschreiben an den Patriarchen und die Synode über den militärischen Erfolg Isaaks II. gegen Vlachen und Bulgaren

Okt. 1187

MB 77—8

3

III 92, 49—94, 26

Totenklage um seinen Freund Theodoros Trochos

1188/9?

4

XII 107*, 44—109, 10 Barocc. 131 71,1—72, 47

Verteidigung der These, daß der Winter besser ist als der Sommer

1188/9?

5

XVIII 123, 1—125, 23

Lobrede auf den Bischof von Philippopolis

1189?

6

IX 103*, 17—106, 12

Lobrede auf Isaak II. Angelos am Epiphaniefest

5. Januar 1190

Verabschiedung Isaaks II. Angelos, der gegen Vlachen und Bulgaren zieht

Juli 1190/ 1191?

Begrüßung Isaaks II. Angelos, der vom Krieg auf dem Balkan und einem Besuch bei Bela I I I . heimkehrt

(Herbst) 1191/ 1192?

91, 1—49

IV 94, 27—95*, 4

2 frgm. RHC 458—460 MB 73—76

RHC 737—741

Diese Rede wurde nachgedruckt und mit einer rumänischen Ubersetzung versehen von G. Murnu, Din Nichita Acominatos Honiatul traducere a partilor usw., Analele Acad. Rom. Ser. II. 28.4, Bucarest! 1906, S. 453fï. ( = Extras din Analele usw. S. 97fí.); vgl. BZ 15, 1906, 656.

Chronologie der Reden und Briefe 9

59

VI 97, 1—98, 20

Totenklage um sein eigenes frühverstorbenes Söhnchen

zwischen 1192 und 1200?

10

VIII 100', 18—103», 17

Verteidigung gegen den Chartophylax der Großen Kirche in der theol. Streitfrage über die Eucharistie

zwischen Febr. und Aug. 1198

11

VII 98, 20—100', 18

Lobrede auf Alexios III. Angelos, der vom Feldzug gegen Ivanko heimkehrt und einen diplomatischen Erfolg gegen den Sultan von Ikonion erreicht hat

Sommer 1200

RHC496—502

12

X 106,12—106", 37

Lobrede auf Alexios III. Angelos, der aus dem Osten heimkehrt und den Aufstand des Joannes Komnenos unterdrückt hat

bald nach 31. Juli 1200 oder 1201

MB 84—89

13

XI 106», 37—107», 43

Lobrede auf Alexios III. Angelos nach einem dreifachen Sieg über Kamytzes, Chrysos und Spyridonakes und nach einem Vertrag mit Joannitza

März/April 1202

14

XIV 110», 8—113», 44

Lobrede auf Theodoros I. Laskaris wegen seiner Kriegstaten

Sommer 1206 (?)

15

XVII 121, 25—122»

Seiention, vorgetragen von Theodoros I. Laskaris zu Beginn der Fastenzeit

Anfang Febr. 1207

16

XV 113», 44—117», 31

Totenklage um seinen Schwager Joannes Belissariotes

Ende 1207 o. Anfang 1208

17

XIII 109, 10—110», 8

Seiention, vorgetragen von Theodoros I. Laskaris zu Beginn der Fastenzeit

18

XVI 120, 25—121, 25

Lobrede auf Theodoros I. Laskaris, der die Türken besiegt und den Sultan eigenhändig erschlagen hat

MB 90—97

MB 107—129

Anfang Febr. 1208

MB 97—107

zwischen Juni 1210 u. Juli 1211

MB 129—136

60

Biographie

Die Briefe 1. M. 117", 31—118, 5 B. 72, 48—72*, 21

an Konstantinos Makrocheir

2. M. 118, 5—25 B. 72v, 21—45

an Basileios Kamateros

3. M. 118, 25—37 B. 72', 45—73, 13

an Makrocheir

4. M. 118, 37—118", 24 an Konstantinos Mesopotamites 5. M. 118', 25—44

an Theodoros Eirenikos

Not. et Extr. 1872, S. 112

RHC 662—663 663—664

6. M. 118", 44—119, 21 an einen Freund 7. M. 119, 21—119", 22 an Basileios Kamateros

664—665

8. M. 119 , 22—120, 2 B. 73,13—73», 2

an Theodoros Eirenikos

665—666

9. M. 120, 2—7 B. 73v, 2—8

an Konstantinos Mesopotamites

T

10. M. 120, 8—25 B. 73", 8—29

an Michael Autoreianos

11. Im Thesauros

an Basileios Kamateros

666

ed. Heisenb. vgl. S. 181

2. Die Reden I. Rede an Isaak II. Angelos, der gegen die aufständischen Vlachen und Bulgaren ins Feld rückt Überlieferung: Cod. Marcianus XI. 22, f. 91, 1—49.| Erstausgabe: K. Sathas, MB I, S. 73—76. Literatur: F. Uspenskij, Vizantiskij Pisatelj Niketas Akominatos iz Chon, St. Petersburg 1874 ( = Uspenskij, Niketas), S. 181—184; ders., Obrazovanie vtorogo bolgarskogo carstva, Odessa 1879 ( = Uspenskij, Obraz.), S. 154—161; V. Vasilievskij, Besprechung von Uspenskij, Obraz. in Zumal Min. Nar. Prosv. 204, 1879 ( = Vasilievskij), S. 197—199; F. Cognasso, Un imperatore bizantino della decadenza, Isacco II. Angelo, Bessarione 19, 1915 ( = Cognasso), S. 273—274; M. Bachmann, Die Rede des Johannes Syropulos an den Kaiser Isaak II. Angelos (1185—1195), Diss. München 1935 ( = Bachmann), S. 87—88, 109; R.L. Wolff, The Second Bulgarian Empire. Its Origin and History to 1204, Speculum 24, 1949, S. 167—206 ( = Wolff); Ch.M. Brand, Byzantium confronts the West 1180—1204, Cambridge, Mass., 1968 ( = Brand), S. 92—93, 293, 339 Anm. 42. Inhaltsangabe Einleitung : Der Kaiser, immer in Bewegung wie die Sonne, rückt schon wieder gegen die Barbaren im Norden aus, obgleich er sich kaum von den durch die Kreuzritter verursachten Schwierigkeiten hat erholen können, S. 3, 5. I. Die Vorbereitungen des Feldzuges. 1. Die Donau hat endlich wieder einmal rhomäische Schiffe gesehen, S. 3, 17. 2. Nun rückt auch der Kaiser selbst ins Feld und führt riesige Belagerungsmaschinen mit, S. 4, 10. II. Der Erfolg ist sicher. 1. Die früheren Taten des Kaisers garantieren auch diesmal einen erfolgreichen Feldzug, S. 4, 16. 2. Man kann sich die Ratlosigkeit des Gegners schon ausmalen, S. 5, 12.

62

Die Reden

Schluß: 1. Der Eifer des Kaisers verdient das höchste Lob, S. 5, 22. 2. Die guten Wünsche seiner Untertanen begleiten ihn, S. 6, 9.

Zur Interpretation

und

Datierung

Uspenskij, Niketas, S. 184, glaubte, diese Rede sei, soweit die wenig bestimmten Angaben überhaupt eine genauere Datierung zulassen, am besten in den Sommer 1191 zu setzen, und sah darin die Auszugsrede vor der Expedition, über die Gesch. S. 561, 7 ff. berichtet wird. Später, Obraz., S. 154 (vgl. auch S. 161), datierte er diese Expedition auf Frühling 1190, ohne bei seiner Verweisung (S. 154, Anm. 2) auf die Analyse in seiner früheren Arbeit ein Wort zur Erklärung dieser Änderung zu sagen. Daß die Rede als Auszugsrede vor diesem Feldzug zu betrachten ist, begründete er damit, daß Niketas Isaak im Geschichtswerk, S. 565, 14ff., Selbstüberschätzung vorwirft, eine Gesinnung, die auch in der Rede vorausgesetzt wird 70 . Vasilievskij bestätigte die Verbindung der Rede mit dem genannten Feldzug und auch das Datum 1190. Cognasso kehrte ohne nähere Argumentation zum Jahre 1191 zurück. Bachmann legte besonderes Gewicht auf die Stelle S. 5, 27 und folgerte daraus, daß die Rede im Hochsommer 1190, zwischen 24. Juli und 24. August, gehalten worden sei. Dieses Datum scheint seitdem ziemlich allgemein angenommen worden zu sein. Tatsächlich bietet die Rede positive Argumente für diese Datierung, die ich aber nicht für unbedingt gesichert halte. Das Hauptargument ist, daß der Kaiser mit der immer in Bewegung befindlichen Sonne verglichen wird, weil der neue Auszug erfolgt, nachdem er kaum den Schweiß der cdamanischen Mühseligkeiten getrocknet hat; doch diese Vergleichung ist zu sehr rhetorisch gefärbt, als daß sich daraus ein zwingendes Argument für das Jahr 1190 gewinnen ließe. Als Argument gegen 1191 hat man auch vorgebracht, daß der Tod Friedrich Barbarossas (9. Juni 1190) mit keinem Wort erwähnt wird, aber eine solche Erwähnung war auch 1191 höchstens wahrscheinlich, jedoch nicht notwendig. Man vergleiche z.B. die Rede des Eustathios an Isaak II. Angelos (ed. Tafel, Opuscula S. 41—45), gehalten zu Philip70 Ein Hinweis auf diese Gesinnung scheint S. 5, 8 der Rede vorzuliegen. Jedenfalls wird hier, wie im Geschichtswerk S. 565, 14—-16, auf Is. 55, 12—13 angespielt. Auch glaube ich, daß die Erwähnung der vom Kaiser mitgenommenen Kriegsmaschinen in der Rede, S. 4, 13—15, und die Betonung der Stärke der Rebellenfestungen im Geschichtswerk, S. 561, 12—15, miteinander zusammenhängen.

Rede an Isaak II.

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popolis bald nach Ostern 1191; auch dieser erinnert an den Durchzug der deutschen Kreuzritter, ohne über den Tod des deutschen Kaisers zu sprechen. Bei der genauen Datierung Bachmanns spricht dieses Argumentum ex silentio vielmehr gegen 1190, weil die Nachricht über Friedrichs Tod sicher vor Ende Juli Kpl. erreicht hat und demnach eine Erwähnung in einer in diesen Tagen gehaltenen Rede viel eher zu erwarten wäre als in einer Rede aus dem Jahre 1191. Im Geschichtswerk scheint der Feldzug, an dessen Beginn die Rede gehalten wurde, in das Jahr 1191 gesetzt zu sein71. Das zweite Buch über Isaak Angelos endet auf S. 548, 3 mit dem Bericht über den dritten Kreuzzug. Im dritten Buch spricht Niketas zuerst über die Regelung der Nachfolge durch den Kaiser (S. 548, 6—549, 7). Das ist wohl als Einleitung zum Bericht über die verschiedenen Aufstände gedacht, welche Isaaks Thron nach 1190 gefährdeten, denn sonst scheinen die in diesem Abschnitt erwähnten Ereignisse weder logisch noch chronologisch am Platz. Man möchte daraus schließen, daß Niketas nach der Erzählung über den Durchzug der deutschen Kreuzfahrer seine Geschichte eigentlich erst mit den Entthronungsversuchen fortsetzt, die bald nach diesem Ereignis ihren Anfang nahmen. An diesen Abschnitt (S. 549,8—555,24) schließt logisch der Bericht über Strafen an, welche Isaak auf bloßen Verdacht hin über viele verhängte (S. 556, 1—561, 6). In diesen Seiten fehlt jede genaue chronologische Angabe. Aus anderen Quellen steht fest, daß der erste der besprochenen Rebellen um die Jahreswende 1192/1193 ermordet wurde72. Die ersten Seiten des dritten Buches über Isaak reichen also jedenfalls von der Zeit bald nach dem Durchzug der Kreuzfahrer bis 1193. Es kommt mir unwahrscheinlich vor, daß Niketas einen kurzen Feldzug73, der etwa mit dem Anfang der genannten Ereignisse, die sich über drei weitere Jahre erstreckten, zusammenfiel, erst nach diesen Ereignissen erwähnt haben sollte. Besonders wichtig aber erscheint mir eine auffallende Bemerkung am Schluß des Berichtes über den wenig erfolgreichen Feldzug. Nachdem Niketas betont hat, daß der Kaiser etwas weniger stolz zurückkehrte, als er ausgezogen war, spricht er über die sonderbaren Ansichten, die Isaak über seine eigene Regierung hatte, und erwähnt in diesem Zusammenhang auch Isaaks 71

Obgleich es nicht ganz unbillig ist, Niketas die Mangelhaftigkeit seiner Chronologie vorzuwerfen, wie man es oft getan hat, soll man doch immer den Text seines Geschichtswerkes als Ausgangspunkt nehmen, weil es unsere Hauptquelle ist. Und wenn auch Niketas nur wenige klare chronologische Angaben macht und besonders im älteren Teile seines Werkes sich große Fehler hat zuschulden kommen lassen, darf man doch nicht an der im allgemeinen richtigen logisch-chronologischen Anordnung seiner Geschichte vorbeisehen. 72 Vgl. dazu Bachmann, S. 62—64; Brand, S. 336 Anm. 29. 73 Der Feldzug dauerte nur zwei Monate, Gesch. S. 561, 12.

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These, daß Andronikos eigentlich neun Jahre hätte regieren sollen, daß sechs von diesen ihm, Isaak, zugemessen worden seien, indem Gott Andronikos nach drei Jahren durch ihn gestürzt habe, und daß darum die ersten sechs Jahre seiner Regierung noch unter dem bösen Einfluß des Andronikos stünden. Als aber die sechs Jahre vorüber waren, versichert Niketas zum Schluß, wurde es in Wirklichkeit um nichts besser (vgl. Gesch. S. 565, 20—568, 13). Das dürfte ein Hinweis sein, daß der Geschichtsschreiber an dieser Stelle seines Werks das Ende dieser Sechsjahresfrist erreicht hat, also bis August/September 1191 gekommen ist (Isaak war Kaiser seit 12. September 1185). Die Jahreszeit stimmt jedenfalls schön mit der Rede überein, aus der sich ergibt, daß während des Feldzuges Hochsommer war. Man kann also zwar nicht sagen, daß das Geschichtswerk das Jahr 1191 sichert, aber die Vergleichung von Rede und Geschichtswerk warnt uns doch, das Jahr 1190 als unbedingt feststehend zu betrachten. Tatsächlich datiert auch Wolff, S. 185, den ersten Feldzug nach dem Durchzug der Kreuzritter wieder auf 1191. Dagegen hat Brand das Jahr 1190 beibehalten. Zum Schluß sei auf die besondere Wichtigkeit der Stelle S.4,2—5 hingewiesen. Das Geschichtswerk hat keine Parallelstelle dazu. Nur unter Joannes Komnenos erwähnt Niketas eine ähnliche Expedition, S. 24, 24—-5. Es liegt hier das einzige literarische Zeugnis dafür vor, daß in dieser Zeit noch Verbindungen zwischen Konstantinopel und den byzantinischen Festungen an der Donau auf dem Wasserweg bestanden. Das war allerdings schon bezeugt durch ein Bleisiegel des Kaisers Isaak II. ; gefunden wurde es zu Isaccea (Noviodunum) an der Donau und veröffentlicht von M. Gh. Stefan, Monuments inédits de Noviodunum, Dacia I X / X , 1941—1944, S. 473—483; vgl. dazu N. Banescu, Les duchés byzantins de Paristrion (Paradounavon) et de Bulgarie, Bucarest 1946, S. 109—111. Allerdings ist es fraglich, ob die Unterstützung des Feldzuges durch die Flotte von Bedeutung gewesen ist; im Geschichtswerk wird sie nicht erwähnt. S. 3.

9. την - άχλύν: die vlacho-bulgarischen Rebellen. 10. αντάρτη: Peter, vgl. zu S. 5, 12. 14—15. των - αποκρουσμένος : vgl. S. 26, 21—24; 89, 21 ff.; 99, 25 ff.; Gesch. 526, 3 ff. 17. καί usw.: die Flottenexpedition wird im Geschiehtswerk nicht erwähnt; vgl. dazu oben.

S. 4.

10. καί usw. : man hat den Eindruck, daß dem Kaiser Mangel an Tatkraft vorgeworfen wurde und daß der Redner, ohne Uberzeugung und nicht überzeugend, diese Kritik zu entkräften versucht.

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S. 5. 12. ό - τρίδουλος: Peter, nicht Asen, vgl. unten Ζ. 19—21; siehe auch A. Kazdan, La date de la rupture entre Pierre et Asen (vers 1193), Byzantion 35, 1965, 167—174. 21. àvrOpovos: Ansp. auf die Krönung des Rebellenführers Peter, vgl. Gesch. 486, 16—18. 26—27. ούκ - φλόγωσι;: es stehen also die Hundstage bevor, siehe oben S. 62. 27—28. άττοτόμων - όδοπτορία : die Terrainschwierigkeiten werden auch im Geschichtswerk hervorgehoben, S. 561, 15—17; 562, 8—11.

II. Sendschreiben des Kaisers Isaak II. Angelos an den Patriarchen und die Synode zu Konstantinopel, um ihnen den militärischen Erfolg im Feldzug gegen die Kumanen mitzuteilen Überlieferung: Codex Marcianus IX. 22, f. 91, 50—92, 48. Erstausgabe: K. Sathas, MB I, S. 77—84. Nachgedruckt mit rumänischer Übersetzung von G. Murnu, Din Nichita Acominatos Honiatul traducere a partilor etc., Analele Acad. Rom., Ser. II. 28. 4, Bucarest! 1906, S. 453ff. Literatur: Uspenskij, Niketas, S. 184—193; ders., Obraz., S. 106ff., bes. 121—123; Vasilievskij, S. 184—195; Cognasso, S. 53—54; Bachmann, S. 59—62, 73—85, 108; Wolff, S. 184, 198—201; I. Dujcev, La date de la révolte des Asênides, Byzantinoslavica 13, 1952—-1953, S. 227—-232; ders., Vustanieto ν. 1185 g. i negovata chronologija, Izvestija na Instituía za bulgarska Istorija 6, 1956, S. 327—358 (mit Zusammenfassungen in russischer und französischer Sprache) ; Brand, S. 88—91, 273—274, 293, 337—338 Anm. 36—39.

Inhaltsangabe Einleitung: Gelobt sei Gott, der dem byzantinischen Heer so bald nach dem erst vor kurzem gefeierten Triumph einen neuen Sieg über die Skythen ( = Kumanen) geschenkt hat, S. 6, 25. I. Der Streifzug der Kumanen. 1. Der Führer der rebellierenden Vlachen und Bulgaren, Peter, wiegelte die Kumanen auf, S. 7, 22. 2. Charakteristik des kumanischen Volkes, S. 8, 16. 3. Kurze Beschreibung des Streifzuges, der unter der Führung von vlacho-bulgarischen Rebellen stand, S. 8, 27. II. Der Feldzug des Kaisers. 1. Der Kaiser reagierte schnell, wurde aber durch die geringe Leistungsfähigkeit seiner Begleiter gehemmt, S. 9, 10. 5

van Dieten

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2. Man bemerkt den Feind in der Nähe von Lardea; er wird geschlagen und verfolgt, S. 10, 21. 3. Wegen der unbesonnenen Verfolgung wendet sich das Kriegsglück, aber eine Kriegslist des Kaisers rettet die Situation und vollendet den Sieg, S. 11, 19. Schluß: 1. Die Freude über den Sieg, S. 12, 5. 2. Aufforderung, diese Freude zu teilen und Gott zu loben, der die Gebete des Patriarchen und der Synode erhört und durch die Hände des Kaisers erfüllt hat, S. 12, 22. Zur Interpretation und Datierung74 Uspenskij machte auf die Parallelen zwischen diesem Sendschreiben und dem Geschichtswerk (S. 486ff., 515ff.) aufmerksam75. Bachmann betonte, daß Niketas dieses Schreiben als Quelle für sein Geschichtswerk gebraucht und an mehreren Stellen fast wörtlich ausgeschrieben hat; er vergleicht die beiden Darstellungen im einzelnen (S. 81—83). Über die Datierung der Ereignisse gehen die Meinungen auseinander. Vor Uspenskij wurde der zweite Balkanfeldzug Isaaks 7 4 Uspenskij hat mit seinem Buch über das Zweite Bulgarische Reich eine Polemik zwischen Rumänen und Bulgaren über die Frage hervorgerufen, welchem Volke die Initiative zu dem Aufstand vom Jahre 1186 zu verdanken ist. Als Außenstehender wundert man sich über die Willkür, mit der auf bulgarischer Seite manchmal Niketas interpretiert wurde, um zu beweisen, daß die Bulgaren von Anfang an die Leitung der aufständischen Bewegung innegehabt hätten. Die beste Abhandlung der ganzen Polemik lieferte N. Banescu, Un problème d'histoire médiévale. Création et caractère du second Empire Bulgare (1185), Institut Roumain d'Études Byzantines N.S. 2, Bucaresti 1943. Zu dem Ergebnis, daß die Rumänen im großen und ganzen Recht haben, kamen zwei Gelehrte, die das Problem ohne nationalistische Vorurteile studierten: C.R. von Höfler, Die Walachen als Begründer des Zweiten Bulgarischen Reiches der Aseniden, 1186—1257, Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der K. (Österr.) Akademie der Wissensch. 95, 1879, S. 229—245, und R. L. Wolff, I.e. Die letztere Abhandlung empfiehlt sich durch eine ausgezeichnete Darlegung des ganzen Problems, eine eingehende Untersuchung der Quellen und ausführliche Literaturangaben, speziell auch zur Frage des Anteils der Humanen (S. 198—201). Aber auch wenn man den Vlachen die führende Rolle bei der Entfesselung des Aufstandes zuschreibt, muß man doch Ostrogorsky, S. 333—334, Anm. 5, darin Recht geben, daß das Asenidenreich ein bulgarisches Reich geworden ist. Die Führer des Aufstandes, die wohl bulgarischvlachischer Herkunft waren, haben sich offenbar anfänglich mehr auf die Vlachen und Rumänen stützen können, am Ende aber bildeten die Bulgaren ihre Hauptmacht und das Zentrum ihres Reiches. Vgl. auch Brand, S. 337—8 Anm. 36. 7 5 Man vgl. auch seine Geschichte des byz. Reiches (russisch) III, Moskau 1948, S. 324—326.

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allgemein ins Jahr 1187 datiert 76 . Uspenskij, Obraz., S. 123, setzte ihn um ein Jahr früher an; ihm folgte Vasilievskij, S. 190—191. Cognasso, S. 53, Bachmann, S. 62, 76, 108, und Wolff, S. 184, kehrten zum Jahre 1187 zurück, Bachmann auf Grund einer eingehenden Argumentation. In den neueren Handbüchern über byzantinische Geschichte findet man beide Jahreszahlen 77 . Um dieser Verwirrung ein Ende zu setzen, wurde das Problem noch einmal ausführlich von I. Dujcev behandelt 78 . Sein Lösungsversuch ist folgender: Der bulgarische Aufstand war eine unmittelbare Folge der Ereignisse im byzantinischen Reich zwischen August und November 1185. Die rücksichtslose Steuereintreibung anläßlich der Hochzeit Isaaks mit der ungarischen Königstochter trug dazu bei, die Bewegung zu verstärken. Ende November 1185 hatte das byzantinische Reich im bulgarischen Gebiet schon gegen eine ausgedehnte Rebellion zu kämpfen, die von energischen Führern organisiert war. Bis Ende Novem-i ber wurde dagegen nichts unternommen, weil die Byzantiner alle Kräfte gegen die Sizilier einsetzen mußten und die Bedeutung des Aufstandes nicht erkannten. Von Ende November 1185 bis Februar 1186 folgten dann die Feldzüge des Sebastokrators Joannes Angelos, des Joannes Kantakuzenos und des Alexios Branas. Der Feldzug des Letztgenannten führte zu einem Staatsstreich. Die Erzählung des Niketas über die Belagerung Konstantinopels durch Alexios Branas erweckt den Eindruck, daß dieser insgesamt nur etwa zwei oder drei Wochen vor der Stadtmauer lag. Einige Andeutungen bei Syropoulos (ed. Bachmann S. 15, 9; 15, 14; 15, 16) und bei Michael Choniates (Panegyrikos auf Isaak, ed. Lampros I, S. 247, 15ff.) be-' stätigen diesen Eindruck. Das Datum des Branas-Aufstandes ist schwierig festzustellen, da Niketas keine klaren chronologischen Angaben macht. Wichtiger als die bisher vorgebrachten Hypothesen ist in diesem Zusammenhang eine Tatsache, die bislang völlig vernachlässigt worden ist, die von Niketas (S. 500,10—14) erwähnte Sonnenfinster'« Vgl. z.B. Lebeau X X (1776), S. 140—176; Hopf (1868), S. 167—168; Finlay (1877), S. 230—239. 77 Vgl. z.B. Bréhier, M.B. I, Paris 1947, S. 351, der von vier Feldzügen in den Jahren 1186—1187 spricht; Ostrogorsky, S. 335, datiert diese 1186 ; ebenso Diehl-Oeconomos. Hist. Générale (Glotz) IX, Paris 1945, S. 115, und L. Halphen, L'Essor de l'Europe, Peuples et Civilisations VI, 'Paris 1948, S.227—228 ; Κ. Amantos, 'Ιστορία του βυζανπνοΰ KpâTOUÇ II, 2 Athen 1953, S. 59—60, setzt den ersten Feldzug 1187 an; ob er den zweiten auf 1187 oder 1188 datiert, ist nicht klar. 78 Beide in der Literaturübersicht genannten Abhandlungen stimmen im wesentlichen überein. Wir halten uns darum an die erste als die am ehesten zugängliche. Sie ist auch aufgenommen in die Sammlung: I. Dujcev, Medioevo Bizantino — Slavo I, Roma 1965, S. 341—348. 6·

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nis. Es gab in den Jahren 1185—1187 acht Verfinsterungen. Die vom 1. Mai und 25. Oktober 1185 sowie die vom 12. März und 4. September 1187 kann man von vornherein als zu früh oder zu spät außer acht lassen. Von den Finsternissen des Jahres 1186 kommen der 14. September und der 14. Oktober nicht in Betracht, da die erste Expedition Isaaks nicht in den Herbst datiert werden kann, weil Niketas (S. 487, 21—22) erwähnt, daß Getreidefelder verbrannt wurden. So bleibt nur die Wahl zwischen den Verfinsterungen vom 22. März und vom 21. April. Der Unterschied ist gering. Man muß jedenfalls annehmen, daß Alexios Branas noch 1185 oder Anfang 1186 zum Oberbefehlshaber ernannt wurde. Seine Erhebung begann etwa Ende Februar und dauerte bis Ende März oder Anfang April, kurze Zeit nach einer der zwei letztgenannten Sonnenfinsternisse. Der erste Bulgarenfeldzug Isaaks, der unmittelbar auf die Niederlage des Alexios Branas folgte, ist also auf Mai oder wahrscheinlicher Juni zu datieren79. Soweit die Ausführungen Dujcevs. Sie bedeuten m. E. gegenüber der Arbeit Bachmanns einen Rückschritt. Die frühe Datierung des vlacho-bulgarischen Aufstandes bleibt nicht nur ohne Quellennachweis, sie steht sogar in offenem Widerspruch zu unserer Hauptquelle Niketas. Ein Verdienst Dujcevs ist, daß er auf die Bedeutung der von Niketas erwähnten Sonnenfinsternis hingewiesen hat, deren ungewöhnliche Stärke er nach Niketas richtig beschreibt. Diese Beschreibung aber 79 Nach Dujcev wurde das Problem u. a. noch berührt von M. Sjuzjumov, Vnutrennjaja politika Andronika Komnina i razgrom prigorodov Konstantinopolja ν 1187 godu (Die innere Politik des Andronikos Komnenos und die Zerstörung der Vororte Konstantinopels im Jahre 1187), Viz. Vrem. N.S. 12, 1957, (S. 58—74) S. 69, Anm. 63 und S. 73. Der Autor hat für den zweiten Feldzug des Kaisers das J a h r 1187 beibehalten, da er es als unmöglich betrachtet, alle Ereignisse, welche dem Aufstand des Branas vorangegangen sind, und den Aufstand selbst so zusammenzudrängen, daß alles noch im Jahre 1186 stattgefunden haben kann. Dieses vernünftige Argument wurde mit mehr Nachdruck als Uberzeugungskraft von Dujcev abgelehnt, der diese in seinen Augen falsche Chronologie zu einem Hauptpunkt seiner Besprechung dieser Abhandlung machte (BZ 51,1958, S. 202). Litavrin (Bolgarija i Vizantija ν X I — X I I vv., Moskau 1960, S. 439, Anm. 29), der freilich die Datierung 1186 bevorzugt, wies darauf hin, daß weder Bachmann noch Dujcev alle chronologischen Schwierigkeiten löst und daß Dujcev aus irgendeinem Grund ein Hauptargument Bachmanns, die Abreise Konrads, nicht einmal berührt. Sehr unbefriedigend ist die Darstellung von R . Guilland, Byzance et les Balkans sous le règne d'Isaac I I Ange (1185—1195), Actes du X I I e Congrès Int. d'Étud. Byz. (Ochride 10—16 Sept. 1961) II, Beograd 1964, S. 125—137; kritisch und vorsichtig äußerte sich zur Datierung zuletzt A. Xazdan, Viz. Vrem. 6, 1965, S. 96 mit Anm. 4. Ohne Kritik ist die Datierung Dujcevs übernommen worden von W. Hecht, Die byzantinische Außenpolitik zur Zeit der letzten Komnenenkaiser (1180—1185), Diss. Würzburg 1967, S. 76. Brand, App. I, S. 273—4, setzt sich kritisch mit Dujéevs Chronologie auseinander und kommt zum gleichen Ergebnis wie ich oben im Text.

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macht es unmöglich, aus den acht Verfinsterungen in zwei Jahren eine beliebige zu wählen. So ein Paradies für Astronomen war auch Konstantinopel nicht. Eine erschöpfende Besprechung des ganzen mit diesem Sendschreiben verbundenen chronologischen Problems ist im Rahmen dieser Einleitung unmöglich. Wir beschränken uns auf eine kurze Begründung des Datums Oktober 1187 und nehmen dabei das Geschichtswerk des Niketas als unsere Haupt quelle zum Ausgangspunkt. Die folgende Übersicht soll dazu dienen, den Feldzug, der Gegenstand dieser Untersuchung ist, innerhalb der Geschichte Isaaks zu lokalisieren : 1. Die ersten Regierungstaten des neuen Kaisers, S. 464, 3—466, 19: September—Oktober 1185. 2 a. Vertreibung der Sizilier bis zu dem Sieg vom 7. November 1185, S. 466, 20—472, 8. 2b. Fortsetzung des Krieges gegen die Siziüer bis zu dem Friedensschluß Ende 1187, S. 472, 8—480, 17. Offenbar rechtfertigte der Verlauf des Krieges nach dem 7. November eine getrennte Behandlung der einzelnen Ereignisse an der jeweils chronologisch richtigen Stelle nicht 80 . 3. Der Sultan von Ikonion versucht, aus dem Regierungswechsel zu Konstantinopel Vorteil zu ziehen, S.480,18—481,11: etwa Sept. 1185 bis Jahresende. Niketas versichert, daß der Sultan dabei aus dem Umstand, daß die Byzantiner sich auf den westlichen Krieg konzentriert hatten, der damals noch sehr schwer war, Vorteil zu ziehen versuchte. Daß Isaak den Frieden im Osten kaufte, hatte vielleicht mit darin seinen Grund, daß er sich keinen Krieg an zwei Fronten zutraute. Auf der anderen Seite hat der Sultan sich wahrscheinlich um so leichter befriedigen lassen, als er selbst durch einen Einfall von Turkmanen im Winter 1185—1186 in eine schwierige Lage kam 81 . Es ist also wahrscheinlich, daß der Vertrag mit Ikonion noch 1185 zustande kam. 4. Vermählung Isaaks mit der Tochter des Königs von Ungarn, S. 481, 12—21: Ende 1185 oder Anfang 118682. 5. Zwei Geschehnisse, durch welche der Aufstand der Vlachen und Bulgaren hervorgerufen wird. 80

Vgl. Dölger, Reg. 1587. Daß Durazzo zuvor noch von Isaak persönlich zurückerobert worden war, verschweigt Niketas, s. dazu Bachmann, S. 53—54; Brand, S. 356 Anm. 46. 81 Vgl. C. Cahen, La Syrie du Nord à l'époque des Croisades, Paris 1940, S. 425—426. 82 Vgl. für diese Datierung unten S. 87 ff.

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a) Das Forttreiben der Herden für die Hochzeitsfeier des Kaisers, S. 481, 21—482, 11: Ende 118583. b) Weigerung des Kaisers, den Brüdern Peter und Asen ein Grundstück als Lehen (Pronoia) zu überlassen, S. 482, 11—483, 6. Die Brüder kamen zum Kaiser, als er noch während des Krieges gegen die Sizilier in Kypsella verweilte, also vielleicht noch vor, sicher nicht lange nach dem 7. November 1185. Sie drohten zwar mit einem Aufstand, S. 482, 20, hatten jedoch noch kaum etwas organisiert, wie aus S. 485, 5—486, 12 hervorgeht. 6. Erfolglose Expedition gegen Isaak Komnenos, den Usurpator auf Zypern, S. 483, 7—485, 2. Niketas unterbricht hier seine Ausführungen über die Rebellion auf dem Balkan, und zwar mit Worten, die man nicht übersehen darf: „Unverrichteter Dinge und entehrend behandelt, kehrten sie (Peter und Asen) zurück. Was aber diese gottlosen Verbrecher gegen die Rhomäer ins Werk setzten, welche Worte könnten das schildern? Welche Darstellung könnte so viele Iiiaden des Unglücks fassen? Jedoch noch nichts davon, ich will der Reihe nach erzählen." „Der Reihe nach" kann hier kaum etwas anderes bedeuten, als daß diese Expedition zwischen der Hochzeit Isaaks und dem Ausbruch des vlacho-bulgarischen Aufstandes stattfand. Nur eindeutige Belege aus anderen wertvollen Quellen könnten uns veranlassen, die hier von Niketas ausdrücklich erwähnte Reihenfolge zu ändern. Leider läßt die Zypern-Expedition sich nicht unabhängig von Niketas datieren84. Weil aber die byzantinische Flotte erst nach 93

Vasiliev, I.e., S. 443, h a t gegen Niketas vorgebracht, daß es naiv sei, in der Hochzeitssteuer den Grund des Aufstandes zu sehen, und meinte dadurch die Glaubwürdigkeit seiner Darstellung zu erschüttern. Bereits Cognasso, S. 44—45, hat bemerkt, daß Niketas die wirklichen Gründe nicht übersehen h a t : die rücksichtslose Steuereintreibung, welche schon mehr als ein Jahrhundert die Bevölkerung drückte (vgl. G. G. Litavrin, Nalogavaja politika Vizantii ν Bolgarii ν 1018—1185 gg. [Byzantinische Steuerpolitik in Bulgarien 1018—1185], Viz. Vrem. N. S. 10, 1956, S. 81—110), Nationalismus und religiöser Fanatismus besonders bei den Bulgaren, Gesch. S. 485, 3 ff. Den Steuerdruck anläßlich der Hochzeitsfeier nennt er einen Vorwand, S. 482, 9. Wenn Niketas die Bedeutung der verschiedenen Motive des Aufstandes vielleicht nicht ganz richtig eingeschätzt hat, was man bezweifeln darf, so bietet das noch nicht genügend Anhalt für die Annahme, daß die Empörung nicht tatsächlich, wie er behauptet, auf das Forttreiben der Herden für die Hochzeitsfeier hin erfolgt sei. 81 Das Chronicon Magni presbyteri (Annales Reicherspergenses) MGH, SS 17, S. 511, datiert diese Expedition April 1187. Dieser Quelle darf man jedoch für dieses Ereignis nicht soviel Autorität zuschreiben wie Niketas. Das Chronicon beabsichtigt eine Bestätigung der oft in den westlichen Quellen wiederkehrenden Anklage, daß der byzantinische Kaiser seine lateinischen Mitchristen den Sarazenen verraten hat. Demnach wird die Zypern-Expedition Isaaks als Hilfe für Saladin dargestellt und mit der Eroberung Palästinas in Verbindung gebracht. Den Datierungsunterschied zwischen

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dem Abzug der sizilischen Schiffe im November 1185 für den Krieg gegen Zypern frei wurde, weil auch der Kaiser zuvor noch durch Verhandlungen die Lage zu klären versuchte und sich erst zum Kriege entschloß, als diese erfolglos blieben, muß es Frühjahr 1186 geworden sein, bevor die byzantinische Flotte ausfuhr. Es ist zu bezweifeln, ob Isaak die Zypernexpedition durchgeführt hätte, wenn die vlachobulgarische Erhebung damals schon einen Feldzug notwendig gemacht hätte. 7. Ausdehnung des Aufstandes auf dem Balkan, S. 485, 3—487, 4. Die Organisation des Aufstandes ging nicht so glatt vonstatten, wie es sich die Führer gedacht hatten. Ihre Landsleute ließen sich wegen ihrer Kleinmütigkeit nicht sofort zum allgemeinen Abfall bewegen. Es bedurfte noch eines speziellen Kunstgriffes, um durch Erregung von Nationalismus und religiösem Fanatismus dieses Ziel zu erreichen85. Auch daraus läßt sich folgern, daß vor Frühjahr 1186 kein Aufruhr bestanden hat, der einen Feldzug des Kaisers erforderte. 8. Erster Balkanfeldzug Isaaks, S. 487, 4r—488, 13. Bei der Datierung dieses Feldzuges stößt man auf die Schwierigkeit, daß Michael in seinem Panegyrikos auf Isaak (S. 248, 14ff.) diesen Zug auf die Branasrevolution folgen läßt, während Niketas diese Ereignisse in Niketas und dem Chronicon findet man bei den modernen Autoren wieder. I. La Lumia, Storia della Sicilia sotto Guglielmo il Buono, Firenze 1867, S. 202—203, betrachtete das Datum des Chronicon als einen Irrtum: „II cronista occidentale sembra confondere la vittoria siciliana de Cipro co' successi navali reportati più tardi nelle acque di Siria dell' ammiraglio Margarito." Vgl. dens., Studi di Storia Siciliana, Vol. I, Palermo 1870, S. 267—268 mit Anm. 2. R. Röhricht, Geschichte des Königreichs Jerusalem, Innsbruck 1898, S. 493—494, erwähnt die Hilfe Isaaks für Saladin nach dem Chron. Magni presb., 1. c., aber unterscheidet sie von der Zypernexpedition von 1186 (s. S. 494, Anm. 1). Cahen, I.e. (s. Anm. 81),glaubt an ein Zusammenfallen der Zypernexpedition Isaaks mit dem Angriff Saladins auf Palästina auf Grund einer Verabredung zwischen beiden Herrschern; ebenso Ch. Brand, The Byzantines and Saladin, Speculum 37, 1962, S. 170. Argumente fehlen. Brand, S. 172 (mit Quellen-u. Lit.-Angabe in Anm. 45, S. 356) verliert kein Wort über die Probleme der Datierung. 85 Dieser Kunstgriff bestand in der Errichtung eines Heiligtums des Märtyrers Demetrios, wo „Besessene" verkündeten, daß der Heilige seine Kirche in Thessalonike, das heißt: die Byzantiner überhaupt, verlassen habe und jetzt den Vlachen und Bulgaren beim Aufstand helfen wolle. Die übliche Interpretation dieser Stelle (vgl. z.B. Hecht, I.e. [s. Anm. 79], S. 76) ist, daß die noch andauernde Besetzung Thessalonikes den Grund für diese Behauptung bildete. Mir scheint, daß vor der Rückeroberung der Stadt kein so umständlicher Kunstgriff nötig war, um eine Schwächung vorzutäuschen, so daß durch diese Interpretation der Vorspiegelung der Brüder Peter und Asen die Pointe genommen wird. Diese wollten doch das Volk glauben machen, daß gerade durch die Ubersiedlung des Heiligen aus Thessalonike nach ihrem Heiligtum Byzanz geschwächt sei. Dazu aber war eine Ubersiedlung aus Thessalonike, solange sich dieses in sizilischen Händen befand, wenig geeignet.

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umgekehrter Reihenfolge gibt. Bachmann und nach ihm Brand bevorzugen Michael. Sie bringen dafür zwei gewichtige Argumente vor: 1. Michael sagt in seiner Rede, I.e., daß der Kaiser gegen den Rebellenführer Peter auszog, als er nach dem Kampf gegen Branas noch nicht einmal richtig den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, und spricht offenbar über den gleichen Feldzug wie Niketas, Gesch. S. 487, 4ff. 2. Nach Niketas, Gesch. 516, 7, hätte Isaak bei seinem zweiten Auszug gegen die Balkanrebellen Konrad von Montferrat aufgefordert nachzukommen. Da aber Konrad schon vor diesem Auszug Kpl verlassen haben muß (vgl. unten S. 75—7), ist hier eine Verwechslung mit dem ersten Feldzug anzunehmen, der also dem Branasaufstand unmittelbar gefolgt sein muß ; denn statt der Aufforderung Folge zu leisten, reiste Konrad nach Palästina ab. Ohne die Kraft dieser Argumente leugnen zu wollen, möchte ich doch einige Gegenargumente zugunsten des Niketas vorbringen: 1. Niketas hebt sehr nachdrücklich hervor, daß der erste Feldzug des Kaisers der Branasrevolution voranging. Nach dem Bericht über diesen Feldzug, S. 487, 4—24, und seine Erfolglosigkeit, S. 488, 1—489, 5, macht Niketas, S. 489, 5ff„ Isaak den Vorwurf, daß er, statt selbst zum zweiten Male auszuziehen, den Oberbefehl im Krieg gegen Vlachen und Bulgaren anderen überließ, zuerst dem Sebastokrator Joannes Angelos, dann Joannes Kantakuzenos und als drittem dem Alexios Branas. 2. Niketas war Augenzeuge der Mehrzahl der Ereignisse und direkt daran beteiligt, Michael nicht. 3. Niketas verfügte beim Schreiben seines Geschichtswerkes über den Panegyrikos seines Bruders86, man muß also annehmen, daß er dessen Chronologie abgelehnt hat. 4. Niketas schrieb Geschichte, Michael eine Festrede, die vielleicht bald nach dem zweiten Feldzug in Eile abgefaßt wurde87. 8 8 Stadtmüller, S. 229ff., hat nachgewiesen, daß Niketas seit etwa 1194/1195 eine Sammlung der vor dieser Zeit verfaßten Werke seines Bruders besaß. Einige Parallelsteilen in Michaels Panegyrikos auf Isaak Angelos und in den von Niketas vor diesem Kaiser gehaltenen Reden bestätigen das, s. den Parallelenapparat zu S. 5, 14—15 ; 5, 30; 32, 22—26; 88, 9—10; 89, 1—2. 19—20; 91, 28—29; 98, 9; 99, 3—5. 87 Leider ist es nicht möglich, die Rede Michaels unabhängig von den darin erwähnten Ereignissen zu datieren. J e nachdem, welches Datum man für diese annimmt, bestimmt man auch den Zeitpunkt der Rede selbst. Lampros, I I , S. 480, setzte sie etwa anderthalb Jahre nach dem Regierungsantritt Isaaks an und kommt so auf Frühjahr 1187; andere Datierungen: Uspenskij, I.e., zwischen Frühling und Sommer 1186; Cognasso, S. 39, zwischen Juni und September 1187; Bachmann, S. 74, Sommer 1187, vielleicht am Jahrestag des Regierungsantritts Isaaks (12. September) ; Stadtmüller, S. 246—247, wahrscheinlich 1187. Für ein nicht zu frühes Datum, also gegen das J a h r 1186, sprechen folgende zwei Stellen: S. 253, 27: είδον εγώ χ3έςκαίττρότριτα etç 'Ελλάδα καί μέσον "Αργός άλλα έπ' άλλοι? ττεμττόμενα γράμματα und S. 257, 24 : Κωνσταντίνος (την νεωτέραν 'Ρώμην) μεν έδείματο, Ίσαάκιος δέ άνεδείματο.

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Auf Grund der Darstellung des Niketas setze ich also den ersten Balkanfeldzug Isaaks in das Jahr 1186. Für die genauere Datierung müssen dann drei von Niketas mitgeteilte Tatsachen berücksichtigt werden: eine plötzliche Finsternis, das Verbrennen von Getreidehaufen und die kurze Dauer des Feldzuges. Ob es sich um eine echte Sonnenfinsternis gehandelt hat, ist nicht klar, es könnte aber die Finsternis vom 21. April 1186 gemeint sein, die z.B. von Radulphus de Diceto erwähnt wird: ,,Sol passus est eclipsim XI Kalendas Maii hora diei prima" (etwa 8 Uhr morgens). Ohne zu leugnen, daß vielleicht doch ein anderes atmosphärisches Phänomen gemeint ist, sei wenigstens festgestellt, daß diese Verfinsterung sich bei einer Dauer des Feldzuges von ein bis zwei Monaten gut mit dem Verbrennen der Getreidehaufen vereinigen läßt. 9. Weitere Entwicklung des Krieges unter der Führung des Sebastokrators Joannes Angelos und des Kaisars Joannes Kantakuzenos, S. 489, 6—491, 1. Verschiedene Tatsachen machen es unwahrscheinlich, daß man diese Zeit auf ein paar Wochen beschränken kann, wie Dujcev es tun möchte. Das ist eine zu kurze Zeit, um all die militärischen Erfolge zu erringen, die Niketas dem Joannes Angelos zuschreibt, und soviel Verdacht zu erregen, daß der Kaiser sich genötigt sah, ihm den gutgeführten Oberbefehl wieder zu nehmen. Joannes Kantakuzenos wurde zwar bald geschlagen, doch war vor diesem Ereignis schon einiges geschehen, wodurch die Unvorsichtigkeit des neuen Führers ans Licht gekommen war. Vermutlich war bei der Ernennung des dritten Oberbefehlshabers, Alexios Branas, wenigstens der Sommer des Jahres 1186 vorbei. 10. Ernennung des Alexios Branas, sein erfolgloser Staatsstreich und die unmittelbaren Folgen davon, S. 491, 1—514, 13. Die Ernennung des Alexios Branas war eine Notlösung. Der neue Kommandant war ein alter Freund des Kaisers Andronikos (vgl. Gesch. 359, 9—10) und hatte schon einmal, und nicht bloß zaghaft wie Joannes Angelos, versucht, sich die kaiserliche Würde zu erwerben88. Wenn Isaak Angelos nach den jüngsten Erfahrungen mit Joannes Angelos dennoch dem mit diesem verschwägerten Alexios Branas die Führung des Heeres anvertraute, muß man annehmen, daß er wegen des Ernstes der Situation nicht umhinkonnte, diesem tüchtigsten der byzantinischen Feldherren seiner Zeit noch einmal sein Vertrauen zu schenken. Jedoch 88 Dieser Versuch wird im Text der Bonner Ausgabe, S. 491, 1—4, nur ganz kurz erwähnt. Ausführlicher ist er geschildert in der sog. vulgärgriechischen Paraphrase, die Bekker im Apparat (S. 490) gibt. Den ursprünglichen Text veröffentlichte ich aus Bekker unbekannt gebliebenen Hss., BZ 49, 1956, S. 317. Vgl. auch Bachmann, S. 59—60.

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möchte man nicht glauben, daß das weniger als ein halbes Jahr nach Branas' erstem Versuch, Kaiser zu werden, möglich gewesen ist89. Auch wissen wir, daß der Kaiser das Heer des Branas mit sizilischen Kriegsgefangenen verstärkte (Gesch. 493, 17—21), d.h. mit denen, welche nach längerer Gefangenschaft (vgl. Gesch. 475, 14ff.) ,,noch am Leben waren" (Gesch. S. 493, 16). Völlig unmöglich erscheint es, nach all dem Vorangegangenen auch noch die erfolgreiche Kriegführung des Alexios Branas und seinen dadurch vorbereiteten Staatsstreich in den von Dujcev angenommenen kurzen Zeitabschnitt zu pressen90. Für die Datierung des Staatsstreiches des Alexios Branas stehen uns außer der besprochenen Anordnung der Ereignisse im Geschichtswerk des Niketas noch zwei sehr wichtige Angaben zur Verfügung: die Anwesenheit Konrads von Montferrat und die von Dujcev mit Recht hervorgehobene Sonnenfinsternis. Beide Angaben stellen uns vor große Probleme. Über den ersten Punkt läßt sich auch aus anderen Quellen etwas sagen91. Von den westlichen Quellen gibt nur Sicardus von Cremona ein bestimmtes Jahr für den Aufstand des Alexios Branas an, und zwar 118692. Sicardus datiert aber auch den Tod des Kaisers Andronikos auf 1186. Nach den anderen westlichen Quellen war der Besuch Konrads in Konstantinopel nur eine Unterbrechung seiner Reise nach Palästina, seinem eigentlichen Ziel93. Diese Unterbrechung fiel zuM

Niketas „datiert" den ersten Versuch durch die Bemerkung ττάλαι μέν οΰττω ττρφην, bevor er über den zweiten zu erzählen anfängt. Bachmann, S. 60 wollte den ersten Putsch des Branas schon sehr früh ansetzen, noch bevor er mit seinen Truppen gegen die Sizilier ins Feld rückte. Mit den zwei Siegen, deren er sich rühmt und über die Bachmann sich nicht äußert, könnten dann nur Erfolge gegen die Ungarn etwas früher im Herbst 1185 gemeint sein. Die Darstellung des Niketas läßt diese Annahme nicht zu: er datiert den Staatsstreich durch die Angabe: „als er (Br.) den Krieg gegen die Lateiner anführte". Es kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß mit den zwei Siegen des Branas der Sieg über die Sizilier vor Amphipolis, Niketas, Gesch. S. 468, 7—469, 5, und der Sieg auf dem Demetrizafelde, S. 469, 17—470, 13, gemeint sind. Der erste Versuch des Alexios Branas, sich der Kaiserwürde zu bemächtigen, kann also frühestens in den Dezember 1185 gesetzt werden. Der ausführliche Augenzeugenbericht des Niketas über die Belagerung Konstantinopels (S. 492, 6 ff.) erweckt bestimmt nicht den Eindruck, daß man dafür nur zwei oder drei Wochen rechnen muß. ,1 Ausführlich spricht darüber Th. Ilgen, Markgraf Conrad von Montferrat, Marburg 1880, S. 70 ff. (italienische Ubersetzung von G. Cerrato, Casale 1890); vgl. auch F. Savio, Studi storici sul Marchese Guglielmo I I I di Monferrato ed i suoi figli con documenti inediti, Torino 1885, S. 106. 92 Vgl. A. Dove, Die Doppelchronik von Reggio und die Quellen Salimbenes, Leipzig 1873, S. 112. 83 Auch Niketas weiß das, S. 516, 12—14. Brand, S. 80 u. 84, behauptet, daß Konrad nicht alle insignia des Kaisars erhielt, namentlich nicht die blauen Schuhe ("the em-

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sammen mit dem Aufruhr des Branas und wurde durch den Haß der mächtigen Adelsfamilien, den sich Konrad durch die Tötung des aufständischen Heerführers zugezogen hatte, beendet. Das ist die Darstellung der Ereignisse in den westlichen Quellen, die keine Jahreszahl für die Ankunft Konrads in Konstantinopel und seinen Aufenthalt dort geben, sondern beides offenbar in dasselbe Jahr setzen wie seine Ankunft in Palästina (Sommer 1187). Wichtiger als diese historiographischen Quellen ist ein Dokument, das von Konrad mitunterzeichnet ist und seine Anwesenheit beim deutschen Kaiser für März 1187 bezeugt94. Da aber in keiner Quelle von zwei Palästinareisen Konrads die Rede ist und feststeht, daß er nicht lange nach dem Branas-Aufstand aus Konstantinopel nach Palästina abreiste und im Juli 1187 in Tyrus eintraf, bedeutet dieses Dokument, daß die Belagerung Konstantinopels durch Alexios Branas nicht vor April 1187 datiert werden kann. Größere Schwierigkeiten bereitet uns die genaue Datierung der Abreise Konrads. Nach Niketas war er eingeladen, am zweiten Balkanfeldzug des Kaisers teilzunehmen und hatte auch zugesagt, kam aber, als der Kaiser in Taurokomos auf ihn wartete, seinem Versprechen nicht nach, sondern zog nach Palästina weiter. Das wäre also kurz vor der Schlacht bei Lardea (11. Oktober 1187) gewesen. Aber nach fast allen westlichen und orientalischen Quellen muß Konrad schon im Juli 1187 Konstantinopel verlassen haben95. Es gibt nur eine peror failed to accord Conrad the blue buskins, the mark of a Caesar's rank"), was mit zu seinem Entschluß, Kpl zu verlassen, beigetragen hätte. Niketas (S. 516) behauptet aber, daß Konrad enttäuscht war, da die Kaisarwürde ihm nur die andersfarbenen Schuhe, also nur die insignia, und nicht mehr eingebracht hatte. i4 Vgl. K. F. Stumpf-Brentano, Die Reichskanzler, vornehmlich des 10., 11. und 12. Jh., Bd. II, 3, Acta imperii inde ab Heinrico I. ad Heinricum VI. usque adhuc inedita, Innsbruck 1883, Nr. 4605. Das Datum des Dokuments wurde angefochten von D. Muletti, Memorie storico-diplomatiche app. alla città ed ai marchesi di Saluzzo, Saluzzo 1829—33, II, S. 103, der das Dokument auf 1183 datierte. Seine Argumente wurden widerlegt von Th. Toeche, Kaiser Heinrich VI., München 1867, S. 83, Anm. 3. Ilgen, S. 15 u. 68, Anm. 3., und Cognasso, S. 48, schlossen sich der Ansicht Toeches an. Vgl. auch Brand, S. 383 Anm. 6. • 5 Über das genaue Datum der Ankunft Konrads in Palästina herrscht in den Quellen keine Ubereinstimmung. Verschiedene Angaben findet man bei Röhricht, I.e., S. 447, Anm. 5. Das Itinerarium Peregrinorum I (ed. H. E. Mayer, Schriften der Monumenta Germaniae Histórica 18, Stuttgart 1962, S. 261—262), das die Erzählung über Konrad vor Akkon in ihrer ursprünglichen Fassung gibt, läßt ihn von dort direkt nach Tyrus weiterfahren :,,Nocte ipsa Tyrum secedens ipsam suseepitdefensurus." Tyrus wurde zweimal belagert, etwa 8.—16. August 1187 (Röhricht, S. 449, Anm. 1; weitere Quellenangaben bei J. Kraemer, Der Sturz des Königreiches Jerusalem 1187 in der Darstellung des Imad ad-Dïn al Katib al Isfahäni, Wiesbaden 1952, S. 46f.) und

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westliche Quelle, welche wirklich gut zu der Erzählung des Niketas paßt: L'Estoire de Eracles Empereur et la Conqueste de la Terre d' Outremer etc., Ree. Hist. Crois., Hist. Occid. II, 75; dort teilen die Sarazenen Konrad mit, als er in den Hafen von Akkon einlaufen will, daß ganz Palästina in den Händen Saladins sei, außer Jerusalem, das von ihm belagert werde. Demnach hätte sich dieses Ereignis also zwischen 17. September und 2. Oktober 1187 abgespielt. Das Datum der anderen Quellen, Juli 1187, läßt sich nicht mit Niketas in Übereinstimmung bringen. Denn wenn auch Niketas das genaue Datum für den Auszug des Kaisers aus Konstantinopel nicht angibt, kann es unmöglich im Juli gewesen sein, weil sonst von der überraschend schnellen Reaktion des Kaisers auf den Kumaneneinfall, die Niketas im Sendschreiben und im Geschichtswerk betont, nichts übrigbleibt96. Man 12. November 1187 — etwa 2. Januar 1188. Nun stimmen aber westliche und orientalische Quellen darin überein, daß Konrad schon bei der ersten Belagerung der Retter von Tyrus war, vgl. Ernoul, ed. De Mas Latrie, S. 179—183; Radulphus von Coggeshall, Chron. Angl. 22; Abu Chamah, Ree. Hist. Crois., Hist. Or. IV, S. 311; Ibn el Atir, ebd. S. 695. Andere Quellen haben noch genauere Angaben, gehen dabei aber auseinander. Wilhelm von Newburgh, I, 262, läßt Konrad drei Tage nach der Einnahme von Akkon, also am 13. Juli, vor der Stadt erscheinen; dieses Datum wurde von Ilgen, S. 77, angenommen. F. Groh, Der Zusammenbruch des Reiches Jerusalem 1187—1189, Jena 1909, setzt die Ankunft Konrads Ende Juli/Anfang August an. 98 Außerdem gab es im Hochsommer keine Kumaneneinfälle (vgl. D. Rasovskij, Rol' Polovcev ν vojnach Asenij s vizantiskoj i latinskoj imperiami ν 1186—1287 g., Spisanie na Bulg. Akad. 1939, S. 203ff.). Wieviel Zeit man für den ganzen Feldzug rechnen muß, ist nicht klar. Bachmann, der S. 81—85 eine aus dem Sendschreiben und dem Geschichtswerk kombinierte Darstellung der Ereignisse gibt, nennt die Differenzen zwischen beiden Berichten unbedeutend. Es kommt mir aber so vor, als verwische er die Unterschiede, zumal er S. 108 (vgl. 71—79) die Schlacht bei Lardea auf den 8. Oktober datiert. Genauer ist seine Aussage S.76, „daß eine der zeitlich eng zusammenhängenden Operationen auf den 8. Oktober verlegt wird". Stellen wir die wesentlichen Punkte der beiden Berichte nebeneinander : Sendschreiben 1. Der Kaiser verläßt in großer Eile Kpl, denn er will, wenn möglich, in vier Tagen mit dem Feind handgemein werden, S. 9. 10—28. 2. Der Kaiser erreicht AUage (ein dorfartiges Landgut am Taurokanosfluß) in etwas mehr als den vier vorgesehenen Tagen. Auf die Nachricht hin, daß der Feind bei Basternai gesichtet wurde, macht er halt und verwendet den Rest des Tages (7. Okt.) zur Ausrüstung der Soldaten und Verteilung von Pferden, S. 9, 29—10, 2.

Geschichtswerk 1. Der Kaiser verläßt schnell die Stadt, denn er will dem überraschenden Einfall ebenfalls überraschend entgegentreten, S. 515, 1—15. 2. Der Kaiser erreicht Taurokomos (ein dorfartiges Landgut nicht weit von Adrianopel) und wartet dort auf die Konzentration der Truppen und auf Konrad. Konrad kommt nicht. Der Kaiser wählt dann 2000 Soldaten, versieht sie mit Waffen und Pferden, schickt das Gepäck nach Adrianopel und bricht auf, S. 516,4— 518,5.

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muß entweder die fast einstimmigen Angaben der westlichen und orientalischen Quellen über Konrads Ankunft in Palästina anzweifeln oder die Einladung des Kaisers an Konrad, an dem zweiten Balkanfeldzug teilzunehmen, als ein grobes Versehen des Niketas betrachten, der doch als kaiserlicher Sekretär sogar persönlich an diesem Feldzug beteiligt war. Dieses Versehen wird noch größer durch die von Bachmann nicht in Betracht gezogene Sonnenfinsternis, welche nach Niketas während der Belagerung Konstantinopels durch Alexios Branas stattfand97. Die Beschreibung, welche Niketas (S. 500, 10—14) von diesem Phänomen gibt, läßt kaum einen Zweifel daran, daß wir es mit einer totalen Verfinsterung zu tun haben. Daher kommt nur eine Finsternis in Betracht: die vom 4. September 1187 (ca. 14 Uhr). Diese ist im Nahen Osten besonders eindrucksvoll gewesen, wie aus den Erwähnungen und Beschreibungen vieler Historiker und Chronisten j ener Zeit hervorgeht98. 3. Am 8. Oktober frühmorgens rückt der Kaiser in Richtung Basternai vor. Der Feind ist aber verschwunden ; der Kaiser sammelt daraufhin weitere Truppen, teilt das Heer und macht neue strategische Pläne, S. 10, 2—20. 4. Der Kaiser sucht den Feind in Richtung Berroe und erfährt, als er noch keine vier Parasangen zurückgelegt hat, daß der Feind bei Lardea ist. Es kommt zur Schlacht, S. 10, 21 ff.

3. Der Kaiser rückt nachts aus und kommt bis Basternai, ohne den Feind gesehen zu haben; er bleibt dort drei Tage, S. 518,5—9.

4. Frühmorgens bricht der Kaiser auf nach Berroe und erfährt, als er noch keine vier Parasangen marschiert ist, daß der Feind ganz in der Nähe ist. Es folgt die Schlacht, S. 518,9ff.

Aus diesem Vergleich ergibt sich, daß die Schlacht bei Lardea am 11. oder 12. Oktober stattgefunden hat. Nebenbei sei hier auch noch Bachmanns Fehlinterpretation von Niketas, Gesch. S. 515, 13 korrigiert, bei dem Einfall der Kumanen sei Termereia im Gebiet von Agathopolis besonders hart mitgenommen worden. Von einem Ort Termereia ist hier überhaupt nicht die Rede; es handelt sich um den sprichwörtlichen Ausdruck κακά Τερμέρεια (vgl. Karathanasis S. 35). 97 Daß wir bei der Interpretation dieser Verfinsterung Dujcev nicht folgen können, haben wir oben schon angedeutet. Dujcev muß Oppolzer, Canon der Finsternisse, Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften (Wien), Math. Naturwissenschaftl. Cl. LH, 1887, den er anführt, nur oberflächlich eingesehen haben. Er hat nicht beachtet, daß die Tabellen S. 228—231 alle überhaupt eingetretenen Sonnenfinsternisse ohne Rücksicht auf den Grad der Verfinsterung und den Bereich, in dem sie sichtbar werden, erwähnen. Man kann sich dies zwar aus den beigegebenen astronomischen Einzelheiten berechnen, braucht es sich aber nicht so schwer zu machen. Speziell dafür beigegebene Blätter, in unserem Fall 114 und 115, lehren, welche Finsternisse für den Historiker wichtig sind. Noch nützlicher ist J. Fr. Schroeter, Sonnenfinsternisse von 600 bis 1800 n. Chr., Kristiania 1923, Nr. 143 mit Karte 72a. Man vgl. auch V. Grumel, Traite d'Études Byzantines, T. I. La Chronologie, Paris 1958, S. 446. 98 In einer russischen Chronik zum Beispiel (vgl. A. N. Vyssotsky, Meddelande Lund Obs., Ser. II, Nr. 126,1949) liest man, daß der Himmel glühte von flammenartigen

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Wenn Konrad tatsächlich schon im Juni/Juli 1187 Konstantinopel verlassen hat, muß man annehmen, daß Niketas, der sich an so viele Einzelheiten aus den erregenden Tagen der Belagerung Konstantinopels durch Branas erinnerte, vergessen hat, daß die eindrucksvolle Sonnenfinsternis nicht während, sondern erst nach dieser Belagerung stattgefunden hat. Es ist unmöglich, die chronologischen Angaben des Niketas mit den übrigen Quellen außer Eracles in Einklang zu bringen". Diese Schwierigkeit ändert aber nichts an der Hauptsache dieser Erörterung, daß der Branasaufstand samt dem zweiten Balkanfeldzug des Kaisers und damit das auf diesen Feldzug bezogene Sendschreiben in das Jahr 1187 zu datieren ist, denn die Annahme des Jahres 1186 macht die Schwierigkeiten nur größer. S. 7.

8. ττρότριτα usw. : diese Stelle zeigt, daß Isaak nach dem ersten Feldzug den (vermeintlichen) Erfolg offiziell bekanntgab. Vielleicht ist Gesch. 488, 1—2 eine Anspielung auf diese Bekanntgabe.

Wolken. Für die westlichen Chronisten bekam die Finsternis noch eine besondere symbolische Bedeutung, da gerade an diesem Tage Askalon den Sarazenen ausgeliefert wurde, vgl. Robertus Altissiod., MGH, SS 26, S. 251 : „Ipsoque die eclipsis solisaccidit, stelleque in celo vise sunt ut in nocte." Weitere Stellen gibt Röhricht, 1. c., S. 449, Anm. 8. 89 Um die Chronologie des Niketas zu retten, müßte man dazu seine Zuflucht nehmen, vieles abzulehnen, was durch westliche und arabische Quellen als gesichert gilt. Man müßte etwa annehmen, daß Konrad in Wirklichkeit nur einmal Tyrus gerettet hat, und zwar bei der zweiten Belagerung, welche erst am 12. November 1187 begann. In einem Dokument (Liber Jurium Reipubl. Januensis I. 346), das von den Baronen unterzeichnet ist, die nach der Schlacht von Hattin (4. Juli) in Tyrus eine Art von Gouvernement zur nationalen Verteidigung bildeten, fehlt Konrads Name, vgl. Ilgen, S. 76—78. Zwei Tatsachen könnten dazu beigetragen haben, daß man Konrad später nicht nur die zweite, sondern auch die erste Verteidigung von Tyrus hat zuschreiben wollen : erstens die Neigung, Raymond von Tripolis jedes Verdienst abzusprechen und ihn als den Verräter der Christen zu brandmarken : er würde auch Tyrus den Sarazenen ausgeliefert haben, wenn nicht Konrad rechtzeitig eingetroffen wäre. Zweitens konnte man sich wohl nicht erklären, daß Konrad, als er im September 1187 nach Palästina kam, von der seit Hattin (4. Juli) völlig veränderten Lage an der Küste Palästinas noch nichts wußte ; man hat darum die Geschichte Konrads vor Akkon vordatiert. Die wirkliche Erklärung, daß Konrad aus einer bis vor wenigen Tagen belagerten Stadt kam, hat man nicht verstanden oder bald vergessen. Für die arabischen Quellen müßte man dann glauben, daß sie das Scheitern des ersten Versuches gegen Tyrus (nach dem Vorbild der westlichen Quellen) dem Konrad zugeschrieben haben, da sie ihn als einen leibhaftigen Teufel und als die Ursache aller Mißerfolge betrachteten, wie aus verschiedenen Stellen hervorgeht. Obgleich man nicht gerne im Augenzeugenbericht des Niketas zwei unwahrscheinlich große Fehler annehmen möchte, muß man sich doch scheuen, durch eine solche Hypothese den griechischen Historiker gegenüber seinen lateinischen und arabischen Kollegen mit übermäßiger Rücksicht zu behandeln. Wenn die Sonnenfinsternis nicht im Spiel wäre.

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14. ψηλαφητόν - σκότος : zur Sache siehe oben S. 73. 27ff. 6 γ ά ρ usw.: Gesch. 488, 13 nennt Niketas Asen statt Peter mit Namen. Peter war der gekrönte Führer des Aufstandes (vgl. oben zu S. 5, 21), Asen der gefährlichere (vgl. Gesch. 520, 12—14). Eine Erwähnung der Feldzüge des Sebastokrators Joannes Angelos Dukas, des Kaisers Joannes Kantakuzenos und des Alexios Branas, welche dem zweiten Feldzug des Kaisers vorangegangen waren (vgl. Gesch. 489, 5—491, 1), war in diesem kaiserlichen Schreiben natürlich nicht angebracht. 33. Δάννουβιν: dieser Name im Geschichtswerk nur einmal, S. 198, 23, sonst Istros. S. 8. 8—9. Πύλας τά$ Σιδηρά;: Eisernes Tor ist bei den Byzantinern vom 9. bis 13. Jh. der Name für den Dobra-Paß (vgl. Oberhummer, RE, s.v. Haimos, Bd. 7, 2, Kol. 2225). Hier kann man aber eher an den Engpaß unterhalb von Orsova denken, τ ο Μακρόν Τείχος : die Mauer des Anastasios (von Selymbria bis zum Schwarzen Meer), vgl. Bachmann, S. 77, Anm. 2. S. 9. 10ff. μαδούσα usw.: auch Gesch. 515, 9ff. wird die Eile des Kaisers betont. Vgl. oben S. 76. 29ff. Ο ύ τ ω ; usw.: im folgenden gehen dieses Schreiben und das Geschichtswerk auseinander; vgl. dazu oben S. 76—7, Anm. 96. 30—32. 'Αλλαγήν . . . Ταυρόκωμος: die Lage ist nicht genau bekannt. S. 10. 16. τ φ . . . γ α μ β ρ ω usw.: Andronikos Kantakuzenos kann nicht mit einer Tochter Isaaks verheiratet gewesen sein, vgl. Gesch. 548, 6 ff. Wir müssen also annehmen, daß eine nicht weiter bekannte Schwester Isaaks seine Frau gewesen ist. Er ist wohl derselbe, der zusammen m i t Joannes Dukas zu Friedrich Barbarossa gesandt wurde, Gesch. 526, 2, und dabei nach dem Urteil des Niketas Verständnislosigkeit und Schlaffheit zeigte. Vielleicht ist er auch der bei Miklos.-Müller IV, 317 genannte Dux und Anagrapheus des Themas Mylasa und Melanudion. 19. Βερρόην: heute Stara Zagora. 25. Λαρδέαν: Lage nicht genau bekannt. 28—29. TÒ - έαυτί) : dieselbe Geste Isaaks erwähnt Niketas Gesch. 549, 10, wo er erzählt, daß dieser nach dem Staatsstreich seines Bruders die Flucht ergriff. 5 . 11. 6. ώς - έ·9εά3ημεν: vgl. Gesch. 518, 18—19: έττεί δέ είδομέν τε καΐ έ$εά3ημεν (συνεπτόμην γ ά ρ καί αυτός βασιλεϊ ύττογραμματεύων). könnte man auch durch die Annahme einer geheimen Abreise Konrads das Problem zu lösen versuchen. Tatsächlich ist das die Darstellung der lateinischen Quellen, vgl. dazu L. Usseglio, I Marchesi di Monferrato II, Casale Monferrato 1926, S. 82—3; auch Cognasso, S. 52, spricht von einer geheimen Abreise. Konrad h ä t t e dann schon vor seiner Abreise die Teilnahme an einen Feldzug gegen Vlachen u. Kumanen zugesagt. Die Abreise selbst war vielleicht nicht geheimzuhalten, aber doch das Ziel und die Absicht, nicht zurückzukehren. Der Kaiser, übereilt ausgezogen, schickte dann aus Taurokomos nach ihm, unwissend, daß er nicht mehr nach Konstantinopel zurückgekehrt war. Brand, S. 274, urteilt: „Nicetas . . . misplaced the eclipse. This observation need cause no surprise, for he is often mistaken in his dates."

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III. Grabrede auf seinen Freund Theodoros Trochos Überlieferung: Codex Marcianus XI. 22, ff. 92, 49—94, 26. Inhaltsangabe Einleitung: Der frühe Tod seines Freundes erweckt die Beredsamkeit des Niketas aus dem Grab eines langen Schweigens, S. 13, 4. I.

Warum starb der so liebenswürdige Mann so jung? War der Neid des Hades, der in seine dunkle Wohnung Licht bringen wollte, die Ursache? Warum schonte er Theodoros nicht, der nicht weniger bezaubernd war als Orpheus? Warum hat die Erde nicht auch jetzt Anemonen aufschießen lassen, wie beim Tode des Adonis? S. 14, 13.

II. Ein teurer Freund ist dem Redner entrissen worden. Als sie beide noch zur Schule gingen, überragte Theodoros alle Mitschüler durch seine Fähigkeiten. So war es auch, als sie beide in den Staatsdienst eingetreten waren. Nichtsdestoweniger blieb Theodoros immer ein Vorbild der Tugend, und obgleich er nicht von hoher Geburt war, gewann er das Vertrauen der Kaiser. Er zeichnete sich aus durch geistige Vorzüge und rhetorische Begabung. Er hatte eine staunenswerte Kenntnis auch von Sachen, die er nicht studiert hatte, und er fesselte seine Hörer ohne Mühe, S. 15, 26. III. Der Tod des Theodoros bedeutet einen großen Verlust für alle Hilfsbedürftigen. Durch seine Wohltätigkeit und Hilfsbereitschaft hat der Verstorbene sich einen Schatz im Himmel erworben, S. 19, 11. IV. Nach dem Tod seiner Gattin blieb er ihr treu und erfüllte seine Einsamkeit mit Werken der Liebe, S. 20, 29. V.

Besonders hart ist der Schlag für die zwei Töchterchen, die als Waisen zurückbleiben, S. 21, 27.

VI. Verschiedene Klagen, zusammengeflochten aus biblischen und mythologischen Motiven, Niobe, David, Jonathan beweinend, die Dioskuren, Jeremias, S. 22, 16. Schluß : Die Trauer wird gelindert durch die Hoffnung auf die Auferstehung. Gebet, S. 24, 29.

Rede, gehalten vor Isaak II.

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Zur Interpretation und Datierung Theodoros Trochos ist uns aus keiner anderen Quelle bekannt. Aus dieser Grabrede kann man kaum eine konkrete Vorstellung von ihm gewinnen. Er war ein Schulfreund des Niketas und sein Kollege im Staatsdienst. Daß er Niketas durch Begabung und Beredsamkeit überragte, möchte man als dem Anlaß entsprechende rhetorische Übertreibung betrachten. Nach dem Tode seiner Frau widmete er sich besonders der Wohltätigkeit. Er starb in der Blüte seines Lebens und hinterließ zwei Töchterchen, die noch ihres Vaters bedurften. Sein Tod war auch schmerzlich für seine Freunde, besonders für Niketas selbst, dem es aber nicht gelungen ist, uns in diesem Specimen formelhafter Rhetorik seine Trauer nachfühlen zu lassen. Für die Datierung bietet nur die Überschrift einen Anhalt. Sie zeigt, daß Niketas noch eine weniger bedeutende Stellung als im Jahre 1189 bekleidete, als er Gouverneur von Philippopolis war. Die Rede ist also spätestens in dieses Jahr zu setzen. In der Rede selbst sagt Niketas, daß der Tod seines Freundes seine Beredsamkeit wie aus dem Grab eines langen Schweigens wieder aufgeweckt hat, aber was hier „lang" bedeutet, ist unklar. Tatsächlich kennen wir nur eine frühere Rede des Niketas (Nr. V), die Hochzeitsrede für Isaak II. Angelos (Ende 1185 oder Anfang 1186) ; denn das im Namen des Kaisers verfaßte Sendschreiben (Nr. II) muß hier selbstverständlich außer Betrachtbleiben. Das „lange Schweigen" widerspricht also dem Tatbestand der Überlieferung nicht, aber wir haben keine Garantie, daß wir alle rhetorischen Stücke des Niketas besitzen. S. 22. 27—23,1. et - "πολίτευμα : das in der Randbemerkung genannte Kloster ist wenig bekannt. Es lag in einem Viertel, das τα Παναγίου hieß, vgl. R. Janin, Geographie ecclésiastique . . . I I I . Les églises et les monastères, Paris 1953, S. 399—400.

IV. Rede, gehalten vor Isaak II. Angelos bei seiner Rückkehr nach Konstantinopel nach einem großen Sieg über Stephan Nemanja von Serbien und einem Besuch bei seinem Schwiegervater Bela III. von Ungarn Überlieferung: Codex Marcianus XI. 22, ff. 94, 27—95v, 4. Erstausgabe: E. Miller, RHC, S. 737—741. Literatur: Uspenskij, Obraz., S. 161—167; ders., Istorija vizantiskoj imperii III, S. 347—348; Vasilievskij, S. 199—202; Cognasso, S. 274; 6

van Die ten

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Die Reden

M. Laskaris, Vizantiske Princeze u srednjevekovnoj Srbiji (Byzantinische Prinzessinnen im mittelalterlichen Serbien), Belgrad 1926, S. 9—24; Dölger, Reg. 1605; Bachmann, S. 68—70, 89—92, 109; Brand, S. 93—95, 293, 339—340 Anm. 43—45.

Inhaltsangabe

Einleitung : 1. Die Rastlosigkeit des Kaisers, der seine kaiserliche Laufbahn der Sonne gleich zurücklegt und seinen Wagen in alle Windrichtungen lenkt, hat schon immer das Staunen des Redners hervorgerufen, S. 26, 4. 2. Auch jetzt ist der Kaiser, nur kurze Zeit nachdem er die deutschen Kreuzfahrer über die Grenzen des Reiches getrieben hat, schon wieder ausgezogen gegen die Rebellen im Norden, S. 26, 19. I. Auf eindrucksvolle Weise hat der Kaiser den abtrünnigen Stephan Nemanja von Serbien bestraft. 1. Stefan Nemanja wird geschlagen, flieht und versteckt sich, S. 27, 17. 2. Der Kaiser verfolgt ihn, und es ist nur der Barmherzigkeit des Kaisers zu verdanken, daß dabei nicht ganz Dalmatien verwüstet wurde, S. 28, 22. 3. Alles Verdienst des Sieges gebührt dem Kaiser, der persönlich die Führung des Feldzuges übernommen hat, S. 29, 12. 4. Der Sieg war überaus groß, hat aber den Kaiser nicht stolz gemacht, S. 31, 4. 5. Durch diesen Sieg hat der Kaiser sein Volk befreit von der Bedrohung der Barbaren, S. 31, 15. II. Der Sieg über die Serben hat den Ungarnkönig aufs tiefste beeindruckt. 1. Besuch Belas bei Isaak in Philippopel, S. 32, 5. 2. Besuch Isaaks bei Bela, S. 33,10. Schluß: 1. Wegen dieses Sieges fürchten die Völker in Ost und West den Kaiser, S. 33, 32. 2. Gott möge diese Überlegenheit des Kaisers über seine Feinde noch verstärken und auch seine anderen Wünsche alle erfüllen, S. 34, 20.

Rede, gehalten vor Isaak II.

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Zur Interpretation und Datierung Uspenskij sah in dieser Rede wie auch in der schon oben (S. 62—3) genannten Rede des Eustathios willkommene Ergänzungen zur kurzen und trockenen Erzählung des Niketas im Geschichtswerk S. 568—569. Nach ihm war es beim ersten von Niketas erwähnten Aufenthalt des Kaisers in Philippopolis, daß Eustathios seine Rede hielt. Den Serbensieg, den dieser erwähnt, unterscheidet Uspenskij von dem Feldzug, der mit der Moravaschlacht endete. Diese möchte er 1192 oder vielleicht 1193 ansetzen, da die darauf folgende Zusammenkunft mit Bela von Ungarn die Expedition von 1195 (Gesch. S. 588, 6ff.) vorbereitete. Vasilievskij betrachtete es als sicher, daß beide, Eustathios und Niketas, über denselben Serbenfeldzug sprechen. Die Rede des Eustathios setzte er in die erste Hälfte des Jahres 1191, vermutungsweise auf den Jahrestag des Durchzuges der deutschen Kreuzfahrer, die Expeditionen Isaaks gegen die Kumanen auf Ostern 1191 und die Moravaschlacht in den Herbst 1190. Die von Niketas Gesch. S. 569, 10—15 erwähnten Kämpfe gegen Vlachen und Kumanen stehen nicht an ihrem Platz und sind nach der Moravaschlacht, im Jahr 1191 anzusetzen. Diese Rede des Niketas ist also nach Vasilievskij vor der Rede des Eustathios gehalten worden und auf Januar/Februar 1191 zu datieren. Cognasso setzt ohne weitere Argumentation die Moravaschlacht und diese Rede in das Jahr 1192. Ausführlich wurde das Problem diskutiert von Laskaris. Er betrachtet es als unbewiesen, daß Eustathios über die Moravaschlacht spricht. Einen chronologischen Irrtum, wie ihn Vasilievskij für Niketas, Gesch. S. 569, 10—15, annimmt, möchte er nicht so leicht voraussetzen. E r nennt es auch unwahrscheinlich, daß der Sieg an der Morava so schnell nach der Niederlage bei Berroe stattgefunden haben soll, und legt für die Chronologie großen Wert auf die Bemerkung des Niketas (Gesch. S. 567, 14ff.) die wir oben, S. 63—4, besprochen haben. E r glaubt, daß man die Moravaschlacht nicht vor September 1191 datieren soll. Bachmann leugnet nicht, daß die Argumente von Laskaris Gewicht haben, glaubt aber, sie seien nicht stark genug, die von Vasilievskij festgestellte Chronologie zu ändern 100 . Er nimmt an, daß Isaak die Niederlage bei Berroe durch einen schnellen Erfolg gegen die Serben ausgleichen wollte, und sah in der Stelle S. 30,1—4 sogar eine Anspielung auf die genannte Niederlage. 1 0 0 Tatsächlich hat sich das Datum Vasilievskijs, wie schon Bachmann feststellte, fast allgemein durchgesetzt, vgl. z.B. Ostrogorsky, S. 337. Auch Dölger, Reg. 1605, wird dazu beigetragen haben. Wolff (S. 185—6) hat wieder das Jahr 1192 für die Moravaschlacht angenommen.



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Die Reden

Entscheidend für die übliche Datierung 1190 ist die Annahme, daß Eustathios über denselben Sieg wieNiketas spricht. Der Zweifel vonLaskaris an der Richtigkeit dieser Annahme scheint sehr berechtigt. Tafel gibt mit seiner lateinischen Überschrift der Rede des Eustathios: „Post Serbos fugatos allocutio" ein völlig falsches Bild des Inhalts. Nicht ein Sieg über die Serben ist das Thema der Rede, sondern zwei kleinere Expeditionen gegen die Rumänen in der unmittelbaren Umgebung von Philippopel, wie die griechische Überschrift klar sagt : Του αυτού αυτοσχέδιος λαλιά προς τον αυτοκράτορα Ίσαάκιον τον "Αγγέλου έυ Φιλιππουπόλει, ότε δύο νυκτέρους έκδρομάς έποιήσατο κατά των Σκυθών άναιδευσαμένων τηνικάδε ώρας επί προ νομή των του ΘεοΟ. Nur nebenbei wird in dieser Rede, die in die Osterwoche 1191 zu datieren ist 101 , ein Sieg über die Serben und anschließend der Durchzug der deutschen Kreuzritter erwähnt. Die Stelle dient als Warnung für die Skythen (Rumänen). Die Nebeneinanderstellung von Serben und Deutschen zeigt, daß der genannte Sieg über die Serben nicht unbedingt vom Format des Sieges an der Morava zu sein braucht ; die Überlegenheit Friedrich Barbarossas über die Byzantiner ist nur zu bekannt. Es scheint angebracht, hier die Stelle im Wortlaut zu geben (nach Tafel, Opuscula S. 42, 92—44, 11) : Tt δέ oü μέλλουσιν ούτω πάσχειν (oí Σκύ3αι) oí την Σερβικήν ϊσχύν καί όφρύν χ3ές που καί προ βραχέων μα3όντες καταπεπατημένην τω βασιλεϊ ήμών ώσεί καί άλωνα δραγμάτων πλήρη καί λεπτυνθεΐσαν καθά καί άχυρμιάν, καί διαβιβάζουσαν φόβον δμοιον καί επ' αυτούς; ει δέ καί γη ν ταύτην βλέπουαιν εναγχος μέν έτους του πέρυσιν εθνει μεγάλω βεβρι3υϊαν τω κατά τους 'Αλαμανούς πολυμόρφω κακφ έκείνω, βαρεί λαω, στρατω δυσαντήτω, υπούλω μεν την κακίαν, δυσμάχω δέ, εϊ που αύτήν έκφήνωσι 3ρασυνάμενοι, άρτι δέ άπηλλαγμένηνέκείνων βασιλική προμήθεια καί πολυμεθόδω συνέσει καί άνδρία πολύχειρι, καί δσοις άλλοις τρόποις π ή μέν πόλεμος βρι3ύς έξαρτύεται, πή δέ κουροτρόφος ειρήνη παρρησιάζεται, τί ουκ αν ποιήσαιεν, ή πάντως πραγματεύσονται σώζεσάαι καί αύτοί κτλ. Man kann für diese Stelle sehr wohl mit Uspenskij und Laskaris einen 101 Daß die Expeditionen in der Osterwoche unternommen wurden, zeigt folgende Stelle : Καί Ισχον μέν έκπλαγήναι, όπηνίκα ή τη; μεγάλη; κυριωνύμου ττροδραμοΟσα νύξ, KaS* ή ν ή κυριακή άνάστασι; ύμνου θείου τά στόματα ήμϊν ίνέπλησεν, οΟκ άνέπαυσε καί τους aoùç κροτάφου;, άλλα ... aCrrò; Ιπττασάμενο; ... διεξιφίσω τοϊ; πολέμιοι;, οΐ σκότο; νυκτερόν εΐ; άποκρυφήν Ινδυσάμενοι κατέτρεχον ληστρικώ; τά τοΰ ποταμού άντνττέραν. ... Ουχ ήκιστα δέ et; ßuSov κατέδυν έκπλήξεω;, ή; ούπω άνανεΟσαι δεδύνημαι, ότι ούπω διέσχον Ικτοτε ήμέραι τέσσαρε; όλαι, καί άεδλο; βαρύτερο; ετερο; μετεκαλέσατό σε. Und da die Rede nach der Überschrift eine Improvisation ist und die Peroration den Eindruck erweckt, daß der Kaiser kaum zurückgekehrt ist, scheint sie sehr bald nach dem zweiten nächtlichen Auszug gehalten worden zu sein. Das Jahr 1191 steht durch die oben im Text angeführte Stelle über die Kreuzritter fest.

Rede, gehalten vor Isaak II.

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Sieg Isaaks über die Serben voraussetzen, den Niketas nicht für wichtig genug gehalten hat, um darüber im Geschichtswerk ein Wort zu verlieren. Und eine solche Voraussetzung scheint sicher nicht weniger annehmbar als der von Vasilievskij angenommene chronologische Irrtum bei Niketas. Ebensowenig scheint das der Rede des Niketas entlehnte Argument für die Datierung 1190 durchschlagend zu sein. Es ist das gleiche wie bei der ersten Rede: die Vergleichung des Kaisers mit der nie ruhenden Sonne und die Erwähnung der noch in lebendiger Erinnerung stehenden „Vertreibung" der deutschen Kreuzfahrer. Wir haben oben, S.62—4, schon darauf hingewiesen, daß ein Vergleich mit dem Geschichtswerk auch für jene Rede das Jahr 1190 nicht zu bestätigen scheint. Folgendes sei noch hinzugefügt : nach der auch von Laskaris als Hinweis auf das Jahr 1191 betrachteten Stelle (Gesch. S. 567,14ff.) setzt Niketas seine Erzählung fort mit einer Beschreibung des immer dreisteren Auftretens der vlacho-bulgarischen Rebellen, S. 568, 14ff. Er erwähnt die kaiserlichen Gegenmaßnahmen zur Verteidigung des bedrohten Gebietes und eine Expedition des Kaisers selbst um den 21. September, S. 569, 10—13. Hier schließt der Feldzug gegen die Serben unmittelbar an, S. 569, 13—18. Wenn man bedenkt, daß Niketas beim Schreiben des Geschichtswerkes seine Reden zur Hand hatte, drängt die Interpretation sich auf, daß die Kämpfe in der Eparchie von Philippopel (Gesch. S. 569, 10—13) dieselben sind wie die in dieser Rede S. 26, 26ff. erwähnten Kämpfe. Dies alles noch zwischen der Niederlage bei Berroe und der Moravaschlacht einzuschieben und ins Jahr 1190 (bzw. 1191) zu datieren, kommt mir unmöglich vor. Der Kaiser kann kaum noch im September von der Niederlage bei Berroe in die Hauptstadt zurückgekehrt sein. Er war im Hochsommer ausgezogen, vgl. oben S. 62 ; als die Zeit günstig war für Kumaneneinfälle, also der Sommer vorüber war (vgl. Anm. 96), entschloß er sich zur Rückkehr, Gesch. 561, 11—562, 2. Nach der Niederlage blieb er noch einige Tage in Berroe, um die Gerüchte über seinen Tod und die Niederlage zum Schweigen zu bringen, Gesch. 564, 17ff. Einfach vorauszusetzen, daß Niketas sich im Geschichtswerk in der Chronologie irrt oder sich an dieser Stelle bewußt nicht um sie kümmert, ist eine wenig befriedigende Lösung des Problems. Die Alternative aber ist, die Moravaschlacht um ein Jahr später anzusetzen, also 1192 (oder 1191, wenn man für die Niederlage bei Berroe das Jahr 1190 festhalten möchte). Jedenfalls schließt diese Rede das Jahr 1192 nicht aus. Tatsächlich wird nur zwischen dem Durchzug der Deutschen und dem Feldzug gegen Vlachen und Kumanen eine zeitliche Verbindung angegeben, weil der Redner sagt, daß der Kaiser zwischen beiden nur kurze Zeit in der

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Die Reden

Hauptstadt verweilte. Diese Aussage dient zur Rechtfertigung der Vergleichung des Kaisers mit der sich immer bewegenden Sonne. Das Hauptthema wird ohne Zeitangabe folgendermaßen angeschlossen : „Was Sie aber jetzt verrichtet haben im westlichen Gebiet der Dalmatier, gottähnlicher Kaiser, das ist wahrhaft furchtbar und unaussprechlich." Man hat zwar bei diesem Anschluß den Eindruck, daß der Kaiser zwischen Balkanfeldzug und Serbenschlacht nicht in die Hauptstadt zurückgekehrt ist, aber man hat auch Gründe anzunehmen, daß Niketas den Feldzug, der mit der Niederlage bei Berroe endete, absichtlich ignoriert. Die Stelle über den Kampf des Kaisers gegen Vlachen und Kumanen ist übrigens so gefaßt, daß sie keine einzige konkrete Angabe enthält, und man kann darin ohne Schwierigkeiten eine Andeutung des ganzen Balkankrieges seit dem dritten Kreuzzug sehen. Für die Zuhörer des Niketas war nichts Unklares daran; sie waren zusammengekommen, um eine Rede über den Sieg an der Morava anzuhören, und die Einleitung war nur eine Reminiszenz an frühere Taten des Kaisers im westlichen Reichsgebiet. Auch schließt die Beschreibung der Auseinandersetzung mit den Serben nicht aus, daß andere Kämpfe der Moravaschlacht vorangegangen sind, auf welche Eustathios Ostern 1191 anspielen konnte. Schließlich enthält auch die Überschrift der Rede eine Angabe, die zur Datierung helfen könnte, wenn wir wüßten, wann Niketas zum Iudex Veli ernannt wurde. Die Rede wurde προσεχώς (unmittelbar, bald, kurze Zeit), nachdem Niketas dieses Amt bekommen hatte, gehalten. Man kann vermuten, daß das im Jahre 1190 war, vgl. oben S. 32—3, aber positive Argumente gibt es für diese Vermutung nicht. Auch ist zu fragen, wie dehnbar das Wort προσεχώς ist. Ein Rückblick nach zwanzig Jahren rückt Ereignisse, die ein oder anderthalb Jahr auseinander lagen, ganz nahe zueinander. Es bleibt also schwer zu sagen, für welche Datierung stärkere Argumente vorliegen. S. 26. 9—10. trepl τήν τετραμερή : dieses Thema wird in der 9. Rede ausgeführt, vgl. S. 91,33. S. 27. 17ff. Ό π ο ι ο ν usw.: vgl. Gesch. 569, 13ff. S. 30. 1—4. αϊ - διοδεύσασαι: Bachmann, S. 69, bemerkte zu dieser Stelle: „Es p a ß t nicht recht in den Rahmen eines Panegyrikers, wenn der Vortragende offen gesteht, die rhomäischen Streitkräfte hätten schon lange keinen Sieg mehr erfochten gehabt und seien nach einem solchen förmlich hungrig gewesen, nachdem sie viele Wege zurück-

Festrede zur Vermählung Isaaks II.

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gelegt, die arm waren an großen Taten." Er sieht in diesen Worten eine Anspielung auf die Niederlage bei Berroe, ebd. Anm. 2. 25. ò Μοράβος: auch Gesch. 569, 15—16 mit Namen genannt.

S. 32. 8—9. Γητταίδων ρήξ: Gepiden steht antikisierend für Ungarn. Das schon längst (seit 567) untergegangene Reich der Gepiden erstreckte sich auch über Dacien. Siehe auch Moravcsik, Byzantinoturcica II, S. 112. Der König ist Bela III. Vgl. Gesch. 569, 20—21. 20—21. την - σώματος : über die äußere Gestalt Isaaks vgl. Gesch. 464, 8; 500, 7; 596, 3—5.

V. Festrede zur Vermählung des Kaisers Isaak II. Angelos mit Margarete, der Tochter des Königs Bela III. von Ungarn Überlieferung: Codex Marcianus XI. 22, ff. 95, 4—96. Erstausgabe: E. Miller, RHC, S. 615—619102. Literatur: Uspenskij, Obraz., S. 111—117; Vasilievskij, S. 184ff.; Cognasso, S. 225; G. Moravcsik, Niketas Akominatos lokadalmi kôlteménye, Egyetemes Philologiai Közlöny 47, 1923, S. 79—86; ders., Pour une alliance Byzantino-Hongroise, Byzantion 8, 1933, S. 555—568, besonders 566—567; V. Zlatarski, Istorija na Bûlgarskata Dûrzava prez srednite vekove II, Sofia 1934, Exkurs 15, S. 522—523; Bachmann, S. 105—6; Grumel, Reg. I. 3, nr. 1166; L.Tautu, Margherita di Ungheria, imperatrice di Bisanzio, Antemurale 3, 1956, S. 51—79 (der Autor spricht aber kaum über die Periode vor 1204); Brand, S. 79—80, 293, 335 Anm. 13.

Inhaltsangabe Einleitung : 1. Als Gast des Hochzeitsmahles bietet Niketas seine Rede dar. Er lobt den Tag, der die Einsamkeit des Kaisers, der byzantinischen Sonne, beendet und die neue Kaiserin als einen neuen Mond am byzantinischen Firmament erscheinen läßt, S. 35,5. 2. So wie in der Äsopischen Fabel die Frösche bei der Hochzeit der Sonne in Angst gerieten, werden sich die Feinde von Byzanz fürchten, wenn sie von dieser Vermählung hören, und so 102 Irrtümlich behauptet Krumbacher, S. 285, daß diese Rede von Uspenskij in den Beilagen seiner Arbeit Obraz., welche ihm nicht zugänglich war, ediert worden sei.

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I.

II.

Die Reden

wie die Sterne im Traum des Joseph werden sie sich beugen und unterwerfen, S. 36,24. Lob des Bräutigams. 1. Isaak ist der ideale Herrscher, den Piaton vergebens suchte; seine schöne Erscheinung erinnert an David, und wie David ist er ein Mann nach dem Wunsche Gottes. Er verdient den Lobspruch Homers auf den guten König, der ein tapferer Kämpfer ist, er ist zugleich ein treuer Diener des Hermes und des Ares, denn durch beides, durch Kraft und Überredung, hat er Großes getan, um das Kaiserreich zu retten, S. 37,11. 2. Isaak hat als ein neuer Perseus das Reich, eine zweite Andromeda, vom Ungeheuer Andronikos gerettet, S. 38, 3. 3. Nach der Wiederherstellung der Lage im Inneren hat er, so wie die Sonne die Wolken, die Feinde vertrieben, die ringsum das Reich bedrohten, besonders die Sizilier. Aber auch die Völker von Dacien und Dalmatien, von Illyrien und Ungarn unterwerfen sich und die Deutschen gehen einen Vertrag ein. So hat Isaak in kurzer Zeit das Reich zu neuem Leben erweckt, S. 38, 26. Lob der Braut. Sie ist schön, erfüllt von Vortrefflichkeiten der Seele und von hoher Geburt, sie stammt von keinen geringeren Ahnen ab als von Caesar und Augustus, S. 40,12.

III. Lob der Hochzeit. 1. Diese Hochzeit übertrifft die Hochzeit Alexanders mit einer persischen Prinzessin, S. 41,1, und die des Peleus und der Thetis, S. 42,1. 2. Um diese Vermählung würdig zu loben, nimmt der Redner seine Zuflucht zu Worten von David, Salomon und Sappho, S. 42, 20. Schluß: Der Redner wünscht dem Kaiser Sieg über seine Feinde, Stärkung seines Volkes und ein langes Leben, damit er sehen möge seine Kinder bis ins vierte Geschlecht, S. 43, 29.

Zur Interpretation

und

Datierung

Uspenskij wollte τό διάφορον ήμϊν βάρβαρου (S. 36,24) von den vlacho-bulgarischen Rebellen verstehen, deren Aufstand er als eine Folge des Sturzes des Andronikos betrachtet und demnach schon im September 1185 beginnen läßt. Vasilievskij deutet dieselben Worte

Festrede zur Vermählung Isaaks II.

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auf die Sizilier. E r stellte fest, daß in der ganzen Rede nichts ist, was auf den genannten Aufstand bezogen werden kann. Dieser brach erst nach der Hochzeit aus, die einige Zeit nach dem Sieg des Alexios Branas über die Sizilier (7. November 1185) zu datieren ist 1 0 3 . Obgleich Vasilievskijs Interpretation allgemein angenommen wurde, hat man doch das Datum 1186 meistens aufgegeben. Offenbar hängt das mit der Zurückdatierung der vlacho-bulgarischen Rebellion zusammen. Niketas gibt dazu keinen Anlaß. Er sagt im Geschichtswerk (S. 481,12) ausdrücklich, daß Isaak die Verhandlungen mit Bela III. von Ungarn erst begann, nachdem auch die Völker des Ostens zur Ruhe gebracht waren. Das heißt doch wohl: nachdem durch den Sieg vom 7. November die Bedrohung aus dem Westen gebannt und durch das byzantinische Gold der Frieden im Osten erkauft worden war, nahm Isaak mit Bela Verhandlungen auf. Freilich ist es wahrscheinlich, daß eine ungarische Gesandtschaft, welche um die Hand der Theodora Komnene, einer Nichte Manuels I. und Witwe des Andronikos Lapardas, anhielt (vgl. Grumel, Reg. 1166), schon früher in Byzanz eingetroffen war (s. Brand, S. 79), aber der Gegenvorschlag des byzantinischen Kaisers braucht darum von Niketas noch nicht falsch datiert worden zu sein. Auf alle Fälle müssen die Verhandlungen einige Zeit 1 0 3 Zlatarski hat behauptet, daß Uspenskij und Vasilievskij ohne Grund angenommen hätten, die Rede sei bei der Hochzeit von Isaak und Margarete gehalten worden; es sei vielmehr die Verlobung gewesen. Die Stelle: οΐμαι - έορτάσομεν ήμεις lasse, glaubte er, klar erkennen, daß die Hochzeit noch etwas Zukünftiges sei. Die Erinnerung an die Regierung des Andronikos und die anschließend daran geäußerte Erwartung eines vollkommenen Sieges über die Sizilier waren ihm ein Hinweis, daß wir noch vor dem 7. November 1185 stünden, vielleicht im Oktober 1185, als der Frieden mit den Ungarn geschlossen wurde, die einen Einfall in das byzantinische Gebiet unternommen hatten, um der Gewaltherrschaft des Andronikos ein Ende zu setzen. Er zitiert dazu die Worte καΐ τά έντός - άσδμαίνΐ] πϋρ 3υμο0, S. 39, 15—21. Das frühe Datum ist für Zlatarski darum so wichtig, weil es erklären könnte, warum man in der ganzen Rede keine Anspielung auf den bulgarischen Aufstand findet, den auch er schon 1185 beginnen läßt. Die Argumentation Zlatarskis ist schlimmer als die Schwierigkeit, die er beseitigen will. Wenn man unbedingt schon vor der Hochzeit Isaaks eine ausgedehnte und gut organisierte aufständische Bewegung auf dem Balkan annehmen will, kann man das Schweigen des Niketas in der Hochzeitsrede eher damit erklären, daß eine Erwähnung dieser besorgniserregenden Tatsache bei der Hochzeitsfeier nicht sehr angebracht war, als dadurch, daß man verschiedene Stellen der Rede, wo klar über die gegenwärtige Hochzeit gesprochen wird, einfach ignoriert. Wenn Niketas von der Furcht spricht, welche die Feinde von Byzanz erfassen wird, meint er nicht: wenn einmal die Ehe zwischen Isaak und Margarete geschlossen werden wird, sondern : wenn die Feinde von der jetzigen Hochzeit hören werden, und besonders: wenn ein neuer Porphyrogennetos die Zukunft des byzantinischen Reiches festigen wird. In Zlatarskis Zitat fehlen die Worte ττ) [Mqc των φ3ασάντων 3λιβόμ6νοζ, die auf -δυμοΟ folgen und durch die ganz eindeutig auf den Sieg des Branas angespielt wird.

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Die Reden

in Anspruch genommen haben. Es ist nicht ausgeschlossen, daß man verhältnismäßig schnell zu einem Ergebnis gelangte, so daß zum Beispiel noch zu Weihnachten 1185 die Hochzeit stattfinden konnte, besonders weil ein Bündnis Byzanz-Ungarn angesichts des Bündnisses Deutschland-Sizilien, das durch die Ehe Heinrichs VI. mit Konstanze von Sizilien am 27. Januar 1186 besiegelt wurde, von höchster Aktualität war. Doch scheint es vernünftiger anzunehmen, daß auch die byzantinisch-ungarische Hochzeit erst 1186, etwa im Februar, vor Beginn der Fastenzeit, stattgefunden hat. Auch Brand hält für die Eheschließung 1186 für wahrscheinlicher104. S. 36. 15. veos νέαν: Isaak war noch keine 30, die Braut nicht ganz 10 Jahre alt, vgl. Gesch. 596, 5 u. 481, 20—1. 16. εκ τριγονίαζ : Isaak war der Sohn des Andronikos Angelos (vgl. Gesch. 319, 5—7) und Enkel des Konstantinos Angelos (vgl. Gesch. 345, 14—5), der Theodora Komnene, die Tochter des Alexios I. Komnenos und der Irene Dukas, geheiratet hatte (Gesch. 126, 7—9). Das Geschlecht, das aus Philadelphia stammte, war nicht sehr vornehm (ebd. 5—6), aber diese Ehe, welche Konstantinos seiner außerordentlichen Schönheit verdankte (ebd. 6—7), gab ihm einen Platz neben den alten aristokratischen Familien. Zur Genealogie der Angeloi s. L. Stiernon, Notes de prosopographie et de titulature byzantine: Constantin Ange (pan)sébastohypertate, R E B 19, 1961, 273—283. 17. τήν - έλκουσαν: die Braut, Margarete, war die Tochter Belas III. von Ungarn und seiner ersten Frau, Agnes von Antiochien (die Ehe zwischen Bela[-Alexios] und Maria, der Tochter Manuels I., war zwar vertraglich geschlossen, vgl. Gesch. 167,12—13 u. 147, 10—12, aber nicht vollzogen und wieder rückgängig gemacht worden, Gesch. 221, 6—7. Die zweite Frau Belas war Margarete von Frankreich, Schwester von Philipp II. August). Daß die ungarische Königsfamilie vom Julischen Haus abzustammen glaubte, wissen wir z.B. auch aus der Grabrede von Th. Prodromos auf Kaiserin Irene, vgl. G. Moravcsik, Szent László leánya és a bizánci Pantokrator-monostor, BudapestKonstantinápoly 1923, S. 41. Vgl. auch Michael Anchialos, der in einer Rede an Manuel I. Komnenos von Stephanos von Ungarn sagt: ,,ό ττρό μικρού πολύς αρχηγό; καΐ τά των Καισάρων καί των αρχαίων Ιουλίων και ττεριττοιούμενοζ έαυτω καί διηγούμενος", vgl. R. Browning, A new source on byzantine-hungarian relations in the twelfth century, Balkan Studies 2, 1961 (S. 173ff.), S. 202, 533—4. 24. το - βάρβαρον : in erster Linie die Sizilier, aber nicht nur sie. S. 38. 15—18. où - διαέριος : tatsächlich verrichtete Isaak seine Heldentat, das Niederschlagen des Hagiochristophorites, ohne richtig bewaffnet zu sein, vgl. Gesch. 445, 15—7. 22. παλαμναίου 3ηρό$: vgl. S. 89, 10. Das Alter des Andronikos wird auch sonst, 1 0 4 Eine Anspielung auf das deutsch-sizilische Bündnis, die vielleicht S. 39, 17 der Rede (Λατινικήν όμαιχμίαν) vorliegt (vgl. Hecht, 1. c. [s. Anm. 79], S. 72), ist besser zu verstehen, wenn man die Hochzeit Isaaks nach der deutsch-sizilischen datiert. Zum Schluß sei bemerkt, daß die der Überschrift hinzugefügte Angabe, daß die Rede verfaßt wurde, als Niketas noch kaiserlicher Sekretär war, zur Datierung nicht hilft, weil nicht feststeht, wie lange er diese Stellung innegehabt hat.

Festrede zur Vermählung Isaaks II.

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unten S. 89, 3—4 u. Gesch. 357,4 ff., als etwas Verächtliches dargestellt (vgl. BachmannDölger, S. 376, 19). Niketas gesteht übrigens, daß man es ihm nicht anmerkte, Gesch. 458, 18—21. Vor seiner Regierung wurde Andronikos seines yfipaç σεμνόν wegen bewundert, Gesch. 323,4—5; 352, 11—2; 354,4. Niketas selbst nennt Gesch. 530, 13 das Alter des Patriarchen Niketas Mountanes άνέγκλητον. S. 39 1—2. άπάρας — εθνεσιν: der Vater Isaaks, Andronikos Angelos, beteiligte sich samt seinen Söhnen an einer Verschwörung gegen Andronikos, noch bevor dieser Alexios II. beseitigt hatte. Die Verschwörung wurde aufgedeckt, und Andronikos flüchtete mit seinen Söhnen, Gesch. 345, 14—346, 6. Uber die Wanderungen Isaaks außerhalb des Reiches berichtet Niketas auch im Geschichtswerk nichts Näheres. Nach Roger de Hoveden, Chron. 2, 204 (ed. Stubbs, Rolls Series, London 1869) hätte er sogar in Paris studiert, vgl. Grabler, Byz. Geschichtsschr. VIII, S. 281. 3. χρόνιος έττοφΒείς: Isaak, der gegen Ende 1182 in die Verbannung ging, war schon etwa September 1183 wieder in Nikaia, Gesch. 349, 15. Er beteiligte sich an der Verteidigung der Stadt gegen Andronikos, Gesch. 364, 17—20, wurde aber nach der Eroberung wegen seiner maßvollen Haltung begnadigt und konnte nach Kpl zurückkehren, Gesch. 371, 9—18. 3. èK π ρ ο γ . κλήρου: über die Abstammung von Theodora Komnene vgl. S. 36, 16 Anm. 9—10. icos - συμμορίας: der Angriff Isaaks auf Hagiochristophorites war Selbstverteidigung und kein Versuch, den Tyrannen Andronikos zu stürzen, vgl. Gesch. 444, 9ff. und bes. 450, 9ff. Zu φαύλη συμμορία vgl. Gesch. 349, 11—12. 17. Λατινικήν όμαιχμίαν: vielleicht eine Anspielung auf das Bündnis DeutschlandSizilien, vgl. oben S. 90. 18—22. καί — θλιβόμενος: die Sizilier haben also eine schwere Niederlage erlitten, sind aber noch nicht völlig besiegt. 25—27. Δάκης - σπένδεται : diese Behauptungen sind auf keine historischen Tatsachen zu beziehen; der Redner scheint mit rhetorischer Übertreibung zu schildern, was er sich vom Sieg des Eranas über die Sizilier verspricht. S. 40. 17—19. άναφέρει - έξαιρετόν: vgl. Anm. zu S. 36,17. 21—23. ό - κληρώσαμε νος: Kaiser Manuel I. Komnenos, dessen Großtaten Niketas auch im Geschichtswerk trotz mannigfacher Kritik gebührend anerkennt, vgl. den Schlußsatz über seine Regierung, S. 290, 2—3, wo Niketas den Grabstein verkünden läßt όττόσα . . . είργάσατό π ω ς καί ήγωνίσατο. 23—24. Ι κ - έ κ ε ί ν η ν : die zweite Frau Manuels, Maria von Antiochien, deren außerordentliche Schönheit Niketas auch Gesch. 151, 19—25 lobt, war eine Halbschwester (soror uterina) der Mutter von Margarete. Maria war eine Tochter der Konstanze von Antiochien und Raymonds von Aquitanien, die Mutter der Margarete eine Tochter derselben Konstanze und Rainalds von Chatillon. S. 42. 29—31. πορευόμενον - άνέδραμες: der Psalmtext wird auf das schnelle und tapfere Auftreten Isaaks gegen Hagiochristophorites bezogen. 31—32. την - όδόν: vgl. Gesch. 465, 6: άρίστως tòv δίκαιον Οττεκρίνετο und 460, 20— 21 : ό γ ά ρ άμεμφής, ώς ώετο, τ ά π ά ν τ α καί δίκαιος Ίσαάκιος; man sieht, wie der Redner hier dem Kaiser nach dem Mund redet. 36. της εύποιΐας 3ερμότητι: die Wohltätigkeit Isaaks wird auch unten S. 94, 28 ff. und Gesch. 465, 6—14; 585,4—587, 15 gepriesen. Vgl. Bachmann, S. 98—101, 112.

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Die Reden

V a. Gedicht für die Hochzeit Isaaks mit Margarete von Ungarn

Überlieferung: Codex Baroccianus 110, f. 336r"v. Erstausgabe: F. Uspenskij, Obraz., Appendix VI, S. 39—40105. Verbesserte Neuausgabe : G. Moravcsik, Egyetemes Philologiai Közlöny 47, 1923, S. 80—82. Zur

Interpretation

Krumbacher, S. 284, hat darauf hingewiesen, daß die Überlieferung für den Verfasser des Gedichtes nur den Namen Choniates angibt. Er möchte es darum eher Michael als Niketas zuschreiben, wohl weil der ältere Bruder auch sonst als Dichter bekannt ist. Für Moravcsik war die auffallende Übereinstimmung von Rede und Gedicht ein schlagender Beweis dafür, daß das Gedicht nur als ein Auszug der Rede zu betrachten sei. Er wirft Uspenskij vor, dieser habe es versäumt, mit Hilfe der Rede, die ihm bekannt war, den mangelhaft überlieferten Text des Gedichtes zu verbessern. Bedeutung und Bestimmung des Gedichtes sind von Moravcsik durch Emendation des Titels geklärt worden: es sollte bei der Hochzeitsfeier von den Demen vorgetragen werden. Daß es sich dabei um etwas Übliches handelt, beweist uns Theodoros Prodromos, der oft am Ende der Lemmata seiner höfischen Lobgedichte die Worte TOTS δήμο IS hat. Aus der Beschreibung der kaiserlichen Hochzeitszeremonien bei Konstantinos Porphyrogennetos, De Cerem. I, 39 u. 41, geht hervor, daß die Demen bei jedem wichtigen Punkt der Zeremonie eine Rolle zu spielen haben. Wenn das Kaiserpaar nach dem kirchlichen στεφάνωμα unter Orgelklang vor die Öffentlichkeit tritt, wird es von den Demen empfangen. Die Führer der Parteien (oi κράκται τώυ δύο μερών sc. των Βενέτων καί των Πρασίνων) begrüßen es nach den streng vorgeschriebenen Begrüßungsformeln, und das Volk (ό λαός) wiederholt als Refrain die letzten Worte, d.h. es antwortet darauf. So setzt zum Beispiel das Volk die von den Akklamatoren gesungenen Worte πολλά, πολλά, πολλά fort mit : πολλά ετη είς πολλά usw. Die Szene wiederholt sich auch im Hochzeitssaal (παστός), wo die Vertreter der zwei Parteien ebenfalls die vorgeschriebenen Worte gemeinsam singen, während das Volk jeweils antwortet. Ebenso geschieht es 105

Das Gedicht stand nicht in der ersten Ausgabe von Uspenskijs Obrazovanie usw. die in den Abhandlungen der Universität Odessa erschien; nur die Verse 33—37 wurden darin zitiert (S. 242 = Buchausg. S. 115).

Gedicht für die Hochzeit Isaaks mit Margarete von Ungarn

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zum dritten Mal, wenn das junge Paar in der Nische des Hochzeitssaales die Hochzeitskrone ablegt. Aus Aufbau und Einteilung des Gedichtes (es zerfällt offensichtlich in Einheiten von 7 bis 10 Zeilen) schließt Moravcsik, daß die Vorsteher der Demen diese Teile, abwechselnd zum Volk und zu dem kaiserlichen Paar gewendet, vorgetragen haben. Die Einteilung ist: 1— 8 Einleitung. Bedeutung des Festes. 9—17 Begrüßung und Lobpreis des kaiserlichen Bräutigams. 18—27 Begrüßung und Lob der Braut, gute Wünsche für sie. 28—37 Nochmals Lob des Kaisers und gute Wünsche für ihn; Bedeutung seiner Ehe. 38—47 Aufruf zu allgemeiner Freude und allgemeinem Jubel. 48—54 Erneut gute Wünsche für den Kaiser. 55—57 Schlußgebet. Bemerkenswert ist, daß die beiden letzten Zeilen entsprechend den Angaben im Zeremonienbuch als ein Gebet des ganzen Volkes zu Gott gestaltet sind. Die Schrift des Konstantinos Porphyrogennetos lehrt, daß die Demen bei der kaiserlichen Hochzeitsfeier dreimal auftraten: 1. beim Auszug aus der Kirche, 2. beim Einzug in den Hochzeitssaal, 3. wenn das Kaiserpaar nach dem Ablegen der Hochzeitskronen durch die Säulenhalle in den Speisesaal zog. Da die Akklamation aus vorgeschriebenen Formeln bestand, konnte erst nach dem Vortrag dieser traditionellen Formeln ein freier, in Versform verfaßter Glückwunsch vorgetragen werden, also erst bei oder nach dem Einzug in den Speisesaal. Indessen entsprechen nicht nur die Form, sondern hie und da auch einzelne Worte dem Zeremonienbuch, wie z.B. ein Vergleich der einleitenden Verse 1—4mit folgendem Passus zeigt: αϋτη ή ημέρα της χαρας των 'Ρωμαίων, ευ fj ευυμφεύθης ό δείνα άναξ ό δείνα τη εύτυχεστάτη αύγούστη (ed. Bonn., I, S. 198, 2—4). Nachdem er so Klarheit über den Charakter des Gedichtes geschaffen hat, betrachtet Moravcsik das Verhältnis zur Rede. Den ersten Teil der Rede, mit Ausnahme der Einleitung, in der der Autor sich entschuldigt, bei dieser Gelegenheit das Wort ergriffen zu haben, nennt Moravcsik charakteristisch für das Verhältnis Rede •— Gedicht und wichtig für die Verbesserung des verdorbenen Textes des Gedichtes. Dieser Teil enthält das Lob der Braut und steht parallel zu den ersten 17 Versen des Gedichtes. Für den verdorbenen 5. Vers kann daraus abgeleitet werden, daß darin die adelige und berühmte Abstammung der Braut gepriesen wird, wodurch die von Moravcsik vorgenommene Korrektur begründet wird. Der Vergleich von Bräutigam und Braut mit Sonne und Mond, der im nächsten Satz verwen-

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Die Reden

det wird, ist freilich auch sonst üblich; man findet ihn z.B. auch bei Theodoros Prodromos auf ein junges Ehepaar angewendet (PG 133, 1402 C). Auffallender ist die Parallele zu unserem Gedicht, die sich in dem Gedicht des Prodromos auf die Hochzeit der Theodora Komnene, der Nichte des Kaisers Manuel, mit dem österreichischen Herzog Heinrich findet. In diesem Gedicht häuft der Dichter alle seine lobpreisenden Phrasen auf Kaiser Manuel, die Sonne von Byzanz, und bittet ihn dann, seinen Glanz auch auf den vom Westen kommenden Stern fallen zu lassen (καί τω φωτί σου λάμπρυνον καί τοϋτον τον αστέρα / τον έ§ έσττέρας εις αύγήν ήμερινήυ έλθόντα, V. 15—16), aber nicht zu intensiv, damit sein Glanz den Stern nicht zu sehr verblassen lasse (μηδέ τό φως του δίσκου σου μηδέ τό ττδν σου σέλας/είςτόν αστέρα σήμερον έκπέμψης της έσττέρας, V. 18—19). Das dort vorkommende Wort δίσκος bedeutet für Moravcsik eine Bestätigung seiner Ansicht, daß auch im vorliegenden Gedicht in Vers 13 von der Mond,Scheibe' die Rede ist. Schließlich weist Moravcsik auf die weiteren Parallelen zwischen Gedicht und Rede hin: Gebrauch der Äsopischen Fabel von der Hochzeit der Sonne und den Fröschen, Paraphrase desselben Psalmtextes (Ps. 18, 6—7), Übereinstimmung des Schlusses der Rede mit den Versen 22—27 und 48—54. Er charakterisiert das Gedicht inhaltlich als einen kurzen, gedrängten Auszug aus der Rede und stilistisch als ein lebloses, gekünsteltes Glashausgewächs der spätbyzantinischen Dichtungsart. Diesen Ausführungen Moravcsiks, die ich nur leichter zugänglich machen wollte, habe ich nichts hinzuzufügen106. Ich möchte aber dahingestellt sein lassen, ob der schlagende Beweis für die Autorschaft des Niketas geliefert worden ist. Für die Übereinstimmung von Gedicht und Rede scheint nicht jede andere als die von Moravcsik angenommene Erklärung ausgeschlossen. Man kann sich zum Beispiel denken, daß Michael, sobald er von der geplanten Hochzeit hörte, seinem Bruder das Gedicht zugeschickt hat und dieser es, da er seinen Bruder so schätzte, bei der Abfassung der Rede als eine Art Entwurf benutzte ; es ist auch denkbar, daß Niketas um das Gedicht gebeten hat, vielleicht bevor er seine Rede verfaßte, vielleicht aber auch, als er ihm die Rede zuschickte, um ihm die Zusammenfassung in Gedichtform anzuvertrauen. Wenn auch die Interpretation von Moravcsik den geringen literarischen Wert des Gedichtes besonders gut erklärt, scheint dieses Argument doch nicht stark genug, um, wie Moravcsik behauptet, jeden Zweifel an der Autorschaft des Niketas aufzuheben. Aber wie dem auch sei, für die Beurteilung des Gedichtes macht das wenig aus. 106 Die ungarisch verfaßte Arbeit Moravcsiks war mir persönlich unzugänglich; ihr Inhalt wurde mir in liebenswürdigster Weise durch Frau Dr. H. Grabler vermittelt.

Totenklage um sein frühverstorbenes Söhnchen

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Die Korrekturen Moravcsiks habe ich dankbar übernommen mit Ausnahme von εσττερος (Zeile 13), wo mir ετερος besser und paläographisch eher annehmbar erschien. Der Sinn des Vergleichs wird dadurch überhaupt nicht geändert. VI. Totenklage um sein frühverstorbenes Söhnchen Überlieferung: Codex Marcianus XI. 22, ff. 97, 1—98v, 20. Inhaltsangabe Einleitung : Wenn man schon trauert um eine verwelkte Blume oder eine umgestürzte, kunstvolle Säule, wird dann der Vater seinem verstorbenen Kinde keine Klage widmen? S. 46, 3. I. Der Tod kam zu früh, S. 47,1. II. Freude wurde Trauer, Hoffnung ging verloren, S. 47, 20. III. Der Tod hat dem Hause des Vaters die beglückende Anwesenheit seines Kindes geraubt und es mit schweren Schmerzen erfüllt, die den Vater mit Jeremias und David über die Unbarmherzigkeit des Todes klagen lassen, S. 48, 17. IV. Der Vater ruft sich die Krankheit des Kindes in Erinnerung und beschreibt, wie diese zum Tode führte, den er erneut als zu früh beklagt, S. 50, 10. V. Die Schmerzen lassen den Vater für sich selbst nach den Verwandlungen der von schweren Schmerzen betroffenen Personen verlangen, von denen die Mythologie weiß, und für sein Kind, dessen Tod seine Hoffnung so sehr getäuscht hat, wünschen, daß es als Blume weiterleben könne, wie die Mythologie auch von anderen Frühverstorbenen erzählt, S. 52, 1. Schluß : Der Vater tröstet sich mit den christlichen Gedanken über das himmlische Glück und über das Gesetz von Schmerz und Tod hier auf Erden, S. 53, 10. Zur Datierung Diese Totenklage wurde kaum je in den biographischen Notizen über Niketas erwähnt 107 . Über das Datum kann man nur Vermu107 Eine Ausnahme ist Miller, Ree. Hist. Crois., Hist. Gr. II, S. 130. Die Stelle, wo er sie erwähnt, ist übrigens merkwürdig. In der von Hankius übernommenen Biographie des Niketas hat er nach dem Satz: „Ceterum in memorata Cpoleos expugnatione, cum

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Die Reden

tungen anstellen. Einziger Ansatzpunkt dafür ist die Stellung der Schrift im Codex. Sie hat ihren Platz zwischen der letzten Rede an Isaak Angelos und der ersten an Alexios Angelos. Danach wäre das Datum zwischen den Jahren 1192 und 1198 zu suchen. S. 51. 6—8. ύττηρχεί - χείρ: die Freude des Niketas an schönen Statuen ist bekannt aus seiner Beschreibung der von den Kreuzrittern zerstörten Bildwerke. Zweimal erwähnt er die Eroten des Anemodulion, Gesch. 432, 20 u. 857, 8.

VII.

Rede an Alexios I I I . Angelos, der im Westen über den abtrünnigen Ivanko und im Osten über die Perser gesiegt hat

Überlieferung: Codex Marcianus XI. 22, ff. 98 v , 20—100\ 18. Erstausgabe: E. Miller, RHC, S. 496—502. Literatur: Uspenskij, Obraz., S. 182—190; Brand, S. 125—131, 293, 347 Anm. 13.

Inhaltsangabe Einleitung : Der Kaiser, der sich nach den Anstrengungen seiner militärischen Expeditionen kaum Ruhe gönnt, soll sich jetzt einmal Zeit nehmen, diese Dankrede anzuhören, S. 53, 26. I. Die Persönlichkeit des Kaisers. 1. Der Redner, der sich zuvor über die Gelegenheit, den Kaiser zu loben, freute, weiß jetzt nicht, wo er anfangen soll. Er fühlt sich geradezu als Paris, der sich den Göttinnen Athena, Hera und Aphrodite, das heißt der Tapferkeit und Klugkeit des Kaisers, seiner hohen Geburt und seiner körperlichen Schönheit, gegenübergestellt sieht, S. 54,12. 2. Die Aufgabe, den Kaiser zu loben, wie er es verdient, wird noch dadurch erschwert, daß dieser die genannten Vorzüge in ihrer Vollkommenheit besitzt, S. 55, 8. 3. Völlig außergewöhnlich ist es, daß beim Kaiser die scheinbar unvereinbaren Tugenden harmonisch zusammengehen, S. 55,27. II. Die Bedeutung der Regierung des Kaisers. 1. Auf Grund des Gesagten ist Alexios der erwünschte Kaiser, der zu regieren verdient hat, S. 56,16. aliarum rerum, tum etiam librorum suorum jacturam Nicetas fecit. Hoc ipse tradit in fidei thesauro, lib. IV cap. 42," die Bemerkung hinzugefügt: "Exstat in Codice Veneto, supra memorato, ejusdem lamentatio de parvuli filii morte" usw.

Rede an Alexios III.

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2. Er kam zur rechten Zeit, um das herabgesunkene Reich, als es von allen Seiten (von Persern, Alamanen, Vlachen und Skythen) bedroht wurde, wieder aufzurichten, S. 57,1. 3. Er hat sich die Krone verdient durch seine früheren Taten, und steht in dieser Hinsicht über David, S. 57, 21. 4. Wegen seiner Sanftmut war sein Regierungsantritt ein Aufatmen für die Untertanen, S. 58,15. 5. Sogar die Niederwerfung von Rebellen geht gewaltlos vor sich, S. 59,14. III. Der Sieg über den abtrünnigen Ivanko. 1. Ein Sklave, der dem Kaiser alles verdankte, hat sich gegen ihn erhoben, S. 60,8. 2. Apostrophe des Ivanko, in welcher dessen Undank und sicherer Fall breit ausgemalt werden, S. 60,24. 3. Durch Tapferkeit und List hat der Kaiser über seinen Gegner gesiegt, S. 62,17. 4. Er hat bei dem Unternehmen keine Hilfe gehabt; das Verdienst des Sieges liegt bei ihm allein, S. 64,10. IV. Pazifikation des Ostens. 1. Kaum nach Konstantinopel zurückgekehrt, ist der Kaiser schon wieder in die östlichen Provinzen gegangen, um den dort stationierten Truppen, die sich, als sie gegen Ivanko aufgerufen wurden, unbotmäßig gezeigt hatten, seinen Willen aufzuzwingen, S. 65,9. 2. Mit derselben Energie ist er bald darauf plötzlich gegen die Perser ausgezogen, S. 66,14. V. Lob der Kaiserin. Die Kaiserin hat ihren Anteil an den Großtaten des Kaisers, weil sie ihn nicht nur durch ihre Gebete unterstützt, sondern auch während seiner Abwesenheit von der Hauptstadt ein Komplott aufgedeckt hat, S. 67, 3. Schluß: 1. Allgemeine Lobpreisung des Kaisers und der Kaiserin, S. 67, 29. 2. Heilswünsche, S. 68,12.

Zur Interpretation

und

Datierung

Miller, der als Einleitung zum IV. Kreuzzug eine Zusammenfassung der Ereignisse aus den Jahren 1191—1202 gibt (Ree. Hist. Crois., Hist. Gr. I, S. 341—342), hat die Rede in seine Anmerkungen dazu aufgenommen. Er nennt den Aufstand Ivankos als Haupt7

van Dieten

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Die Reden

thema. Sein Kommentar am Ende beschränkt sich auf den Satz: „Haec Nicetas auctor ultra modum turgidus et quem non facile capias." Die Mühe verdankte Miller nicht nur dem Niketas, sondern auch seinen eigenen Abschreibe- und Interpunktionsfehlern. Uspenskij gibt eine Analyse und stellt einen Vergleich mit Gesch. S. 624, 643—644, 666—667 an. Aus der Stelle S. 57, 4—10, wo Lukas 13, 11 angeführt wird, Schloß er (S. 183, Anm. 2), daß wir es mit Ereignissen des Jahres 1199 zu tun haben 108 . Um diese Ereignisse zu datieren, stehen uns außer dieser Rede und der von Niketas verfaßten Geschichte keine anderen Quellen zur Verfügung. Die Überschrift der Rede bietet nur eine einzige Zeitangabe, die nicht der Rede selbst entnommen ist: es wurde damals über die göttlichen Mysterien disputiert. Diese Bemerkung trifft aber für wenigstens drei Jahre, 1198—1200, zu. Außerdem beabsichtigt diese Bemerkung weniger eine Datierung der Rede als eine Erklärung der Stelle S. 63, 28—64,9, wo die Mitwirkung der Kirche beim Vertragsbruch des Kaisers gegenüber Ivanko als Dank dafür dargestellt wird, daß der Kaiser „dem heiligen Krieg" (S. 64, 7), d. h. dem Disput über die Eucharistie ein Ende gemacht hatte. Sie stellt also nicht direkt eine zeitliche Verbindung zwischen diesen theologischen Streitigkeiten und dem Zeitpunkt der Rede her, sondern zwischen diesen und den in der Rede behandelten Ereignissen. Von den beiden anderen Angaben der Überschrift, die sich auch in der Rede selbst finden, hilft die Erwähnung einer Ostexpedition des Kaisers uns nichts, da das Geschichtswerk keine Parallelerzählung dazu bietet 109 . Die Rebellion des Bojaren Ivanko ist also der sicherste Anhaltspunkt zur Datierung dieser Rede, die bald nach der Festnahme des Rebellen gehalten wurde, denn aus der Rede selbst kann man folgern, daß die unmittelbar anschließende Tätigkeit des Kaisers im östlichen Reichsteil nur wenig Zeit in Anspruch genommen hat. Versuchen wir das Datum der Rebellion Ivankos aus den chronologischen Angaben im Geschichtswerk des Niketas festzustellen. S. 653, 13—17 schließt Niketas einen in der erweiterten Fassung hinzugefügten Bericht mit folgender für die Chronologie wichtigen Bemerkung ab: ,,Mit solchen und ganz ähnlichen Ereignissen ging das 108 Die Erwähnung von Lukas 13, 11 hat nichts mit der Abfassungszeit der Rede zu tun. Die ungefähr 18 Jahre sind die Zeit, die zwischen Manuels Tod (24. September 1180) und dem Regierungsantritt des Alexios (12. April 1195) verging. Das „ungefähr" ist sehr weit gefaßt. 109 Daraus darf man schließen, daß Niketas, der die Rede offenbar als Quelle für sein Geschichtswerk benutzt hat, diese „Ostexpedition" in diesem Werk als bedeutungslos ausgelassen hat.

Rede an Alexios III.

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dritte Jahr der Regierung des Alexios zu Ende. Und das folgende unterschied sich in nichts von den früheren. Die Lebensweise des Kaisers blieb die gleiche, seine Haltung war schwächlich wie vorher und sein Geist ewig stumpf." Anschließend an diese Bemerkung erzählt Niketas, daß „damals" der Friedensvertrag mit Ikonion gebrochen wurde. Der Feldzug des Kaichosroes, der diesem Friedensbruch folgte, fand im Winter statt, denn Niketas teilt uns mit, daß der „Barbar" dafür sorgte, daß seine rhomäischen Gefangenen nicht unter der Kälte der Jahreszeit zu leiden hatten. Weil Niketas seine Mitteilungen über das dritte Regierungsjahr des Alexios schon abgeschlossen hat, muß hier der Winter 1198/1199 gemeint sein 110 . Nachdem Niketas dann über den erfolglosen Gegenfeldzug des jungen Andronikos Dukas und eine unbedeutende Expedition des Kaisers, die nur einen Monat dauerte 111 , 110 In der ursprünglichen Fassung des Geschichtswerkes schloß das „damals" von S. 653, 17 an den Bericht über den Krieg gegen den Seeräuber Kaphures (S.636,1—637, 17) an. Der Kampf mit Kaphures begann nach Niketas kurz nach dem Tod des deutschen Kaisers Heinrich VI. (28. September 1197). Wie lange dieser Kampf dauerte, ist nicht bekannt. Aus einem Schreiben des Alexios III. an Genua vom März 1199'(Miklos.-MüllerIII, S. 46—47) wissen wir nur, daß er damals sicher schon beendet war. Wenn man Niketas S. 637, 18: „Nachdem auch dieses Übel beseitigt war..." wörtlich nimmt, muß er erheblich früher beendet worden sein. Denn wenn man auch einen Teil der in der Ergänzung erzählten Ereignisse vor dem Ende des Kaphureskrieges ansetzen kann (Niketas versichert, daß er der Deutlichkeit wegen etwas zurückgreifen muß, S. 637, 21—638, 1), so trifft das doch sicher nicht für das Unheil zu, das den Hauptinhalt dieser Ergänzung bildet: die Verstoßung der Kaiserin. Diese aber war sechs Monate vom Hof abwesend, S. 647, 5. Vor dem Ende des dritten Regierungsjahres des Alexios folgten dann noch: der weitere Aufstieg des Konstantinos Mesopotamites, der erst Diakon und dann Bischof von Thessalonike wurde, der zweite Feldzug gegen Chrysos, an welchem Mesopotamites als Bischof teilnahm, und der Fall des Mesopotamites, S. 648, 1—653, 12. Wenn man Niketas bei der Umarbeitung seines Werkes keine Fälschung der Chronologie zuschreiben will, muß man die Beseitigung des Kaphures schon sehr bald nach dem 28. September 1197 datieren und annehmen, daß seine Plünderungen zum Teil dem Tod des deutschen Kaisers vorangingen. Das wird bestätigt durch ein pisanisches Dokument vom 6. 9. 1197 (bei J.Müller, Documenti sulle relazioni delle città toscane coli Oriente Cristiano usw., Firenze 1879, S. 72; dazu Brand, S. 371 Anm. 10). Die chronologischen Angaben, mit denen Niketas die verschiedenen Abschnitte beginnt, sind nur für die Ereignisse, die den Höhepunkt der Berichte bilden,

gültig.

111 Nach dem am Ende der vorigen Anmerkung Gesagten ist es vielleicht möglich, alles, was Niketas S. 653, 17—658,10 erzählt, noch auf Anfangll98 zu datieren. Dergenannte Feldzug des Kaisers fand dann etwaim Februar statt. Die Bemerkung des Niketas, daß der Kaiser sich schweren Herzens von den üppigen Gefilden der Propontis losriß (S. 658,3—4), welche in diesem Fall wie ein Gemeinplatz wirkt, und die Angabe der Dauer des Feldzuges standen nicht in der ursprünglichen Fassung. Diese hatte für S. 657, 18—658, 10 nur folgendes: 6 δέ βασιλεύς στρατιάν κατά των Τούρκων έκττέμψας Tivàs έκ μέρους έληίσατο δι' ΆνδρονΙκου του Δούκα καΐ τούτων, οπτερ ενηυλίζοντο ταϊς τοΰ Άρσανή σκηναΐς, καΐ αυτόζ δέ βασιλεύς έν τοις κατά τήν BtSuviav άφίκετο μέρεσιν.



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Die Reden

Bericht erstattet hat, fährt er S. 658, 10 fort: „Zu Frühjahrsbeginn sammelten sich wieder ... die Heere." Diese Truppenkonzentration in Kypsella gehörte zu den Vorbereitungen für einen Feldzug gegen den VlachenChrysos, der sich ein eigenes Herrschaftsgebiet geschaffen hatte, S. 665,10 ff. Es trat aber durch eine Erkrankung, die der Kaiser sich zugezogen hatte, eine Verzögerung ein. Am Festtag des heiligen Georgios (23. April), als Rumänen und Vlachen einen Streifzug nach Kuperion unternahmen, war der Kaiser noch krank, S. 663,1 ff.112. Er ist also sicher nicht vor Mai aufgebrochen. Auf diesem Feldzug wird ihm geraten (S. 667, 22ff.), sofort die Festung Prosakos anzugreifen und nicht lange im reizlosen, barbarischen Lande zu verweilen, „jetzt, wo dieZeit der Feigen und Melonen naht, wo all die anderen Früchte reifen, an denen die Propontis überreich ist". Der Kaiser folgte diesem Rat, und während er nach Prosakos zog, „wurden nebenbei ... Getreidelager und Weizenfelder angezündet," S. 668, 22—23. Die Belagerung von Prosakos dauerte nicht lange, denn weil der Kaiser nicht die Absicht hatte, dort lang zu verweilen, schritt er bald zu Verhandlungen, S. 672,15—16. Bis hierher haben es viele zeitbestimmende Angaben leicht gemacht, die Erzählung vòn Frühjahr bis Sommer 1199 zu verfolgen. S. 673, 8 heißt es dann viel unbestimmter: „Damals unternahmen die Skythen einen sehr großen Einfall."113 Und nach einer kurzen Beschreibung der Plünderung wird ohne Zeitangabe der Bericht über die Vermählung der zwei Töchter des Kaisers angeschlossen114. Die Hochzeit selbst aber wird 112 Auch diese Zeitangabe verdanken wir der Umarbeitung des Werkes. Die ursprüngliche Fassung hatte für S. 662, 19—664, 20: Toü δέ δή βασιλέως Ικ καχεξίας τ ω ν äpSpcov εΙσέτι πάσχοντος Σκύ3αι μττά μοίρας Βλάχων τοις Θρακικοϊς έττήεσαν μέρεσι καί έξεφόδου ταντί εκειρον. Kypsella wird in dieser Fassung als Ausgangspunkt des Feldzuges nicht genannt, auch S. 662, 21 nicht; S. 665, 11 liest man statt „Der Kaiser brach von Kypsella auf" : „Der Kaiser brach wieder von der Stadt (d. h. Kpl) auf". Brand, S. 127, datiert den Raubzug nach Kuperion auf 1197, desgleichen den Vertrag mit Chrysos, und bezeichnet, S. 348 Anm. 23, Dölger, Reg. 1653 als "misdated to 1199", ohne ein Wort der Erklärung, warum er hier die oben skizzierte Chronologie des Niketas ablehnt. Unklar ist mir auch, wie er, S. 130 (vgl. S. 348 Anm. 24), für die Vermählung der Töchter des Kaisers auf 1199 kommt. Erst die Gesandtschaft an Ivanko von Adrianopel aus (vgl. unten Anm. 118) setzt auch er, S. 131 (vgl. S. 348—9 Anm. 25), in das J a h r 1200. Niketas, unsere einzige Quelle, hat uns aber zwischen S. 674, 3—-4 und S. 681, 12 nicht in ein neues Jahr hinübergeführt. 113 Muralt datierte diesen Einfall auf Anfang Februar 1200. Das „damals" des Niketas weist aber eher zurück auf den Herbst 1199 als voraus auf den Beginn der Fastenzeit 1200. 114 In der ursprünglichen Fassung fehlte der ganze Bericht über den Kumaneneinfall in Makedonien und über die Vermählung der Töchter des Kaisers, S. 673, 8— 675, 17. Dem Abschnitt über Chrysos folgte unmittelbar der Bericht über Ivanko und zwar mit der Zeitangabe: „Nach nicht langer Zeit fiel auch Ivanko ab." Es ist nicht uninteressant festzustellen, daß hier mit „nach nicht langer Zeit" ein halbes Jahr ge-

Rede an Alexios III.

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S. 674, 3—4 „kurz vor Beginn der Fastenzeit" datiert. Weil nichts darauf hinweist, daß Niketas hier die Ereignisse nicht chronologisch angeordnet hätte, muß damit die Fastenzeit des Jahres 1200 gemeint sein. Weil Ostern 1200 am 9. April war, steht für die Hochzeit Anfang Februar fest. Noch während der Hochzeitsfeier kam die Nachricht von Ivankos Abfall 115 . Erst „als das Frühjahr zu Ende ging, verließ der Kaiser die Stadt und ging nach Kypsella" (S. 681, 12—13), um von dort aus gegen Ivanko ins Feld zu ziehen 116 . Hier aber unterbricht Niketas den Bericht über den Krieg gegen Ivanko mit einem Abschnitt über die Ketzerei des Sikidites. Offenbar ist er, die Ereignisse „der Reihe nach" erzählend, bis etwa Mai/Juni 1200 gekommen. Die Unterbrechung erklärt sich daraus, daß der Kaiser noch vor seinem Auszug aus Konstantinopel nach Kypsella sich gegen Sikidites aussprach, S. 685, 12—13. Damit verweist Niketas sicher auf die Synode, über welche er im Thesauros schreibt : ' Ως δ' ήνώτισται τω βασιλεϊ Άλεξίω τα χύδην ούτω καί σχεδόν παρά πδσιν άχαλίνω γλώττη διαλαλούμενα, μετάκλητον τί9ησι τον πατριάρχην καί την παρατυχούσαν τη πόλει των αρχιερέων όμήγυριν καί όσον έν τοις άνακτόροις τά 3εϊα εμεμύητο λόγια, καί πολλών έκατέρωθεν λόγων χε3έντων ομόδοξος ό βασιλεύς και σύμψηφος γίνεται τοις άφθαρτα λέγουσι τά 3εϊα μυστήρια κτλ. Diese Synode fand in der 3. Indiktion, also zwischen 1. September 1199 und 31. August 1200, statt 117 . Das bestätigt den aus den anderen chronologischen Angaben zu ziehenden Schluß, daß der Feldzug gegen Ivanko auf 1200 zu datieren ist. Der wenig glücklich geführte Feldzug endete wahrscheinlich noch im selben Sommer, in dem er begonnen worden war 118 . meint ist, denn der Vertrag mit Chrysos kam noch im Sommer 1199 zustande, vgl. Dölger, Reg. 1653. 115 Dölger, Reg. 1655, datiert die Entsendung des Eunuchen an den Empörer (S. 677,15—16) auf Febr./März 1200. Aus Niketas möchte manschließen, daß sie schon Anfang Februar stattfand, sofort, als die Nachricht von dem Unheil eingetroffen War. Übrigens spricht Dölger hier wie in Nr. 1656 und 1657 von Kalojan, während offenbar Ivanko gemeint ist. Der genannte Eunuch wird durch Randbemerkungen in den Hss. Vat. Gr. 1623, f. 213 v und Par. Gr. 1778, f. 205 als Georgios Oinaiotes identifiziert. 118 Auch die Zeitbestimmung: „als das Frühjahr zu Ende ging", fehlte in der ursprünglichen Fassung, wo es statt S. 681, 6—12 nur hieß: „Der Kaiser zog aus und ging nach Kypsella." 117 Vgl. Grumel, Reg. 1195. ue Vgl. Dölger, Reg. 1656 u. 1657, der die Gesandtschaft an Ivanko von Adrianopel aus auf Frühjahr 1200 und den Vertrag auf Sommer 1200 datiert. Niketas macht es uns nicht leicht, mit Sicherheit zu bestimmen, wieviel Zeit zwischen dem Anfang des Feldzuges (Ende Frühjahr) und dem Vertrag vergangen ist. In Orestias (Adrianopel) verweilte der Kaiser „mehrere Tage", S. 685, 14—15. Von dort zog er in die Eparchie Philippopolis, belagerte die Festung Stenimachos und nahm sie ein. Darauf stimmte

102

Die Reden

Der Bericht über den Feldzug und seinen Ablauf ist in Rede und Geschichtswerk im wesentlichen gleich trotz der gründlich verschiedenen Betrachtungsweise des Lobredners und des geradezu an Tacitus erinnernden Geschichtsschreibers der Angeloi-Dynastie. Nach dem Bericht über die Vereitelung eines Staatsstreiches durch die Kaiserin und einer kritischen Digression über ihren Charakter und ihr Benehmen 119 wendet Niketas seine Aufmerksamkeit den Beziehungen mit Ikonion zu und erzählt die Vertreibung des „Kaichosroes" ( = Ghiyäth al Din Kaykhusraw I.), S. 688, 20ff. Die Verbindung mit dem Vorangehenden wird gegeben durch die Worte: „Es verging nicht viel Zeit, und Kaichosroes ... erschien vor dem Kaiser." Über den Zeitpunkt der Vertreibung des Kaykhusraw läßt sich nur so viel mit Sicherheit sagen, daß sie zwischen 1196 und 1199 erfolgt sein muß. Gut paßt zu Niketas der Bericht des Ibn Bibi120. Nach ihm begann der Sultan seine Reise nach Konstantinopel im Jahre 596 der Hedschra, also zwischen dem 23. Oktober 1199 und dem 12. Oktober 1200. Die Dauer der Reise läßt sich nicht genau ermitteln, da der Bericht des arabischen Schriftstellers legendarische Züge aufweist, aber mit weniger als zwei Monaten ist kaum zu rechnen. Demnach kann er frühestens um die Jahreswende 1199/1200 und spätestens Ende 1200 in Konstantinopel angekommen sein. Da Niketas in seiner Rede nichts von dieser Ankunft weiß, war der vertriebene Sultan, als der Sieg über Ivanko gefeiert wurde, sicher noch nicht in der Stadt; denn weil ein Teil der Rede dem Verhältnis zu Ikonion gewidmet ist, hat das Schweigen des Redners die Kraft eines Argumentes. Im übrigen hilft diese Feststellung nicht zu einer genaueren Datierung der Rede, als sie sich aus den sonstigen Angaben im Geschichtswerk ergeben hat (etwa Sommer 1200). S. 54. 29 ff. TTàpiç usw. : das Thema war äußerst beliebt in der bildenden Kunst ; Niketas erwähnt im Geschichtswerk, S. 856, 16—18, eine Bildgruppe von Aphrodite und Paris, der ihr den Apfel darbietet. S. 55 9—10. του γένους σοι: das Geschlecht der Komnenen, vgl. zu S. 36,16. der Kaiser „nach langem Zögern" (όψέ ττοτε) einem Vertrag zu, S. 686, 15. Das letzte steht so nur in der erweiterten Fassung; ursprünglich stand für S. 686, 10—687,1 (also anschließend an die Einnahme von Stenimachos) : „Nach kurzer Zeit (μετά βραχύ) nahm er (der Kaiser) den Alexios (Ivanko) mit Eid und Betrug gefangen." Man sieht, wie relativ die Ausdrücke „lang" und „kurz" bei Niketas sein können (vgl. Anm. 114). 119 Diese Digression fehlte in der ersten Fassung, die S. 687, 16—688,19 nicht hatte. 120 Vgl. H. W. Duda, Die Seltschukengeschichte des Ibn Bibi, Kopenhagen 1959, S. 21—27.

Rede an Alexios I I I .

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S. 55. 18 ff. σύ usw. : eine weniger rhetorische, mehr lebensnahe Charakteristik des Kaisers gibt Niketas Gesch. 724, 6 ff., die zum Teil der zweiten Fassung des Werkes zu verdanken ist. 24—25. τοσούτων - απόγονος : vgl. die Anm. zu S. 36, 16. 31—35. ή - όπωσοΟν: dieselben Qualitäten werden auch Gesch. 724, 9ff. anerkannt. In der erweiterten Fassung fehlen ein paar Worte, siehe den App. zu Cod. A. Tapferkeit wird dem Kaiser in der zweiten Fassung abgesprochen. In den beiden ersten Fassungen fehlte S. 723, 24 δείλαιο; — 724, 5 άλλαξάμενος und 724, 6 ήν — 9 απόβλητος. S. 56. 14. αγευστον - τετήρηκας: dasselbe Lob spendet Niketas dem Kaiser Gesch. 724, 21 ff. Dabei ist die Blendung Isaaks nicht (ebd. 724,16 fi.), wohl aber, wie es scheint, die Ermordung des Joannes Batatzes (Gesch. 642, 22 ff.) übersehen worden. 17. τηβέννης: Symbol der Kaiserwürde, vgl. Gesch. 458, 18; 476, 23; wieTrabea bei den Römern, vgl. Dion. Halic., Rom. 2, 70. 22. τήν - κληρούμενος: unter seinem Bruder Isaak war Alexios Sebastokrator (vgl. Gesch. 552, 15—16). Diese Würde hatte Alexios I. für seinen Bruder Isaak eingeführt. 25—26. ούδ' - σύρφακος : wahrscheinlich ohne Anspielung auf ein historisches Ereignis, sondern nur als Kontrast zu dem folgenden. Man könnte aber auch an den Aufruhr des Marktvolkes denken, das vor dem Einzug des Alexios in die Hauptstadt einen gewissen Alexios Kontostephanos zum Kaiser ausrief, vgl. Gesch. 600, 21—601, 3. Übrigens macht Niketas, Gesch. 600, 17—19, es dem Volk zum Vorwurf, daß es sich sein Gewohnheitsrecht, den Kaiser zu bestimmen, hat nehmen lassen. Er scheint hier ein ähnliches Recht des Heeres nicht anzuerkennen, vgl. aber Gesch. 61, 21 ff. 26—27. εΐ — έπίσημου : die Namen dieser hochadeligen Leute gibt Niketas Gesch. 593, 15—18; sie heißen aber dort auch λοιμοί καΐ κύβοι καΐ εν/ρητοι καΐ σκηνή; γέμοντες άν3ρωποι. Allerdings gehört diese Stelle der erweiterten Fassung an; ursprünglich fehlte S. 593, 15 ήσαν - 594,2 έξαλλαγαΐς. 28. έαυτω - μογερότητι : Gesch. 605, 21—23 heißt es: ώς είπε ρ . . . εύττορίαν χλιδής καΐ άυέσεως πσροχήν τήν βασιλείαν φετο. S. 57. 8. τοσώνδε - χρόνων: vgl. oben S. 98 mit Anm. 108. 9—10. έξότουπερ - μετετάξατο : Kaiser Manuels Vater Joannes II. Komnenos war ein Bruder der Theodora Komnene, der Großmutter des Alexios III., vgl. zu S. 36,16. Kaiser Manuel starb am 24. Sept. 1180. 11—12. κάκ - άναιδές: unter Isaak unterstützten die Perser ( = die Seldschuken) von Ikonion einen Pseudo-Alexios, vgl. Gesch. 549, 8ff. Das war etwa 1191—1192. Das Fehlschlagen eines Feldzuges gegen diesen Empörer war dem damaligen Sebastokrator und jetzigen Kaiser Alexios zuzuschreiben, vgl. Gesch. 552, 3—7 (diese Zeilen sind erst in der erweiterten Fassung hinzugekommen). Gesch. 552, 9—10 folgt Bekker leider der ursprünglichen Fassung. Statt του 5έ σεβαστοκράτορος περί συλλογήν έκπονουμένου στρατεύματος ist zu lesen : τοϋ δέ σεβαστοκράτορος ϋποφεύγοντος καί άγώνα τόν ένώπιον ύποπτήσσοντος, was besser zum Vorangehenden paßt. Etwa drei Monate nach dem Regierungswechsel wiederholte sich diese Geschichte ; ein anderer PseudoAlexios wurde vom türkischen Herrscher Ankyras unterstützt, Gesch. 608, Iff. Der „Krieg" dauerte etwa anderthalb Jahre, Gesch. 624, 13—19. Nach der Darstellung im Geschichtswerk war die Verschlechterung der Lage im Osten gerade eine Folge der Machtübernahme durch Alexios III., vgl. bes. S. 608, 22: πλήν ό Πέρσης τω καιρώ καταχρώμευος usw. 12—14. έκ - βυσσοδομεύοντες: vgl. Gesch. 626, 24ff. Diese Bedrohung begann tatsächlich unter Isaak, vgl. S. 627, 20—21. Alexios zeigte sich zu einer befriedigenden Lösung

104

Die Reden

des Problems völlig unfähig, S. 628, 22—632, 19. Der Tod des deutschen Kaisers schaffte das Problem aus der Welt, S. 633, 4—7. 14ff. άττό δ' Εύρώττηζ usw.: der großangelegte Versuch Isaaks, den Aufstand der Vlachen und Bulgaren endgültig niederzuschlagen, vgl. Gesch. 587, 16 ff., wurde durch den Staatsstreich des Alexios vereitelt. Alexios selbst nahm nach seiner Krönung wider Erwarten den Feldzug nicht wieder auf und gab sich überhaupt keine Mühe, das Versagen seines Bruders im Krieg gegen die Barbaren wettzumachen, Gesch. 605,11—19. 31·—58,1. σοί-παρέσχετο : vgl. Gesch. 614,15—16 : ούτε μην ptaSòv καμάτων τήν άλουρylSa Kai τον βασίλειου είληχε στέφανον. S. 58. 2. δσα - ττροεττόνησαζ : im Geschichtswerk wird nur der erfolglose Feldzug gegen den Pseudo-Alexios erwähnt, vgl. zu S. 57, 11 ; siehe auch bes. Gesch. S. 614, 11—15. 5 ff. ϊσασι usw: über den Aufenthalt des Alexios im Osten spricht auch Joannes Kamateros in seiner Rede vom 6. 1. 1196, ed. Regel, F R B I. 2, 247, 12; 251, 20. Gesch. 703, 20—21 erwähnt Niketas nebenbei, daß Alexios, „als er noch vor Andronikos auf der Flucht war", bei den Ismaeliten und in Palästina umherirrte; siehe auch Chron. Magni presb., MGH, SS 17, S. 511; dazu Speculum 37, 1962, S. 169 (Anm. 5) — 170 u. 181. 10-—12. oü - συμπλεκόμενοζ : die zehnte Arbeit des Herakles (Rinder des Geryoneus) führte ihn durch Libyen, die elfte (Äpfel der Hesperiden) auch durch Ägypten. 12. έπαμύνων βασιλεϊ ττροσγενεΐ: Alexios II. Komnenos, vgl. Gesch. 345,4—346, 6 ; die Verschwörung war allerdings nur Selbstverteidigung. 23—24. ττυρράκηζ - όφδαλμών: über die äußere Erscheinung des Alexios hat das Geschichtswerk nur zwei Worte, S. 724, 9—10: ήν . . . χαρίεις δέ τό ή Sos, εύηλιξκαΐ δρθιοζ. S. 59. 3—5. ούτε - δεξιάν: Gesch. 606, 3—4 (nur erw. Fassung) heißt es: άφειδώξ άμφοτέραις άττήντλει τα χρήματα, όπερ συνέλεξεν Ίσαάκιος. 11—13. ούδ' - σκαττανευόμενοζ : vgl. Gesch. 724, 24—725, 2. Die Zuhörer werden erinnert an die Schreckensherrschaft des Andronikos, der die hier genannten Strafen oft anwendete: Abhauen der Hände, Gesch. 374,17—9; Blendung, Gesch. 374, 19—20; 419, 13—4; 420, 11—2; Aufpfählen, Gesch. 382, 5 ff. Die Blendung Isaaks wird ihm offenbar nicht angerechnet, vgl. S. 56, 14. Die ganze Stelle 7—12 hat eine Parallele bei Michael Chon. I, 318, 28—319, 3. 14—16. val - άφάντωσις : im Geschichtswerk bleibt davon nichts übrig, vgl. S. 624, 11—4; 653, 15—7; 658,2—10; 673, 8—16. 18—20. vai - κs - ύστερον: vgl. S. 127, 23—4. 25ff. TOÜ γάρ usw.: vgl. Akrop., ed. Heisenberg, S. 11, 19—20:IvreOSev βασιλεύς δ Λάσκαρη άναγορευ3εί$ συυτονώτερον Ιφήψατο των πραγμάτων; anschließend (S. 12, 4 ff.) erwähnt Akropolites den Kampf gegen die anderen Kaiserkandidaten. 30. μετά - άνάδησιν: vgl. zu Z. 18. S. 135. 5. oí - αύτανδρον: vgl. Gesch. 265, 23; die Stelle gehört nur der nach 1204 erweiterten Fassung an. 14ff. ούχί usw.: dasselbe Lob erhielten Kaiser Isaak, S. 29, 12ff., u. Kaiser Alexios, S. 66, 8 ff. 29—30. μάλλον - ώμολόγησαν: vgl. dazu oben S. 148—50. 32ff. τά 5' usw.: David und Alexios Komnenos; vgl. Gesch. 828, 4—19. S. 136. 15. τον - μείρακα: Synadenos, vgl. Gesch. 828, 13. 23 ff. Άλλ' ουπω usw. : es muß sich hier um die Rückeroberung einer unbedeutenden Festung handeln, die im Geschichtswerk nicht erwähnt wird, zeitlich aber ihren Platz hat zwischen dem Feldzug gegen David Komnenos, S. 828, 11—19, u. dem Krieg gegen Maurozomes und seine türkischen Verbündeten, S. 828, 19—23. 33. τον - Άχιτόφελ: Maurozomes, vgl. Gesch. 828, 19—21. S. 137. 4. κηδεστή : vgl. S. 127, 15—16.

155

Totenklage um Joannes Belissariotes

9ff. των usw.: aus dieser Stelle muß man folgern, daß Gesch. 828, 19—23 nicht von zwei verschiedenen Kriegen die Rede ist, obgleich dort das Bündnis des Maurozomes mit den Türken nicht eigens erwähnt wird. Auch Gesch. 828, 22—3 wird betont, daß Theodoros vor allem vornehme Türken gefangennahm. 18—19. ό - φίλιον: vgl. S. 127,4; Gesch. 842,8; der Vertrag ist in die erste Hälfte von 1206 zu datieren (etwa Febr./März, Dölger, Reg. 1670). 19—28. OÜKOÖV - έπέραινον: nach Gesch. 842, 8 ff. mußte Theodoros das Bündnis mit Abtretung bestimmter Gebietsteile an Maurozomes bezahlen. Bemerkenswert ist, daß Niketas hier das Verhältnis Byzanz—Ikonion unter den früheren Kaisern (den Angeloi) ganz anders darstellt als in seinen Reden an Isaak und Alexios. Die gleiche Ansicht wie hier vertritt er Gesch. 340, Iff.; 480, 18ff.; 626, 20—3; 700, 11—4. 34—S. 138, 1. ούττω - ενιαυσίου : zu dieser Stelle s. oben S. 151—2. S. 138. 1—2. νϊκαι - τρόπαια: auch nach Gesch. 828, 11 ff. u. 842, 4ff. war Theodoros erfolgreich im Kriege. 3—7. ώ - διαδήματί: vgl. S. 134, 14—18. S. 139. 7. της - πόλεως : Nikaia, Residenz des Theodoros. 13ff. Άμέλει usw.: vgl. Gesch. 844, 8ff. 14. oi γάρ Ικεΐσε: die Bewohner der Landschaft Plusias. veavfç τι vi : David Komnenos. S. 144. 17—18. τάζ - τροχιά; : es ist umstritten, ob hier eine Anspielung auf die Stadt Tracheiai vorliegt, vgl. oben S. 146—7; τραχείας τροχιάς steht auch Gesch. 244, 4. 18ff. τάχα usw.: vgl. Gesch. 844, 11 ff. 19—21. τω - ττερίβολον : vgl. Gesch. 828,18—9; 845, 2—3. S. 145. 12—13. εΐ - Ίταλοίς: vgl. Gesch. 844, 14. S. 146. 19. καΐ κα3" όλα: vielleicht plante Theodoros eine Flottenexpedition. Man wundert sich, daß Niketas nicht wie Gesch. 842, 6—8 die Eroberung der meisten Inseln durch die Flotte Theodors erwähnt. 26—27. των - καλοΟ: vgl. Gesch. (De Signis) 859, 2.

XV.

Totenklage um den Bruder

seiner Frau,

Joannes

Belissariotes

Überlieferung: Codex Marcianus X I . 22, ff. 113v, 44—L17 v , 31. Inhaltsangabe Einleitung : Niketas hat wederWorte noch Tränen für seinen Schmerz. E r fühlt sich wie Pan, der um die Nymphe Echo trauerte; er möchte sich auch mit Niobe vergleichen, ist aber vielmehr ein

156

I.

II.

Die R e d e n

Felsen, der keine Tränen vergießt, ohne jedoch die Gefühllosigkeit eines Felsens zu besitzen, S. 147, 25. Grund und Größe des Schmerzes. 1. Nach vielem Leid ist der Tod dieses Freundes der Gipfelpunkt des Unglücks, S. 148, 24. 2. Nach den gemeinschaftlichen Wanderungen seit dem Fall Konstantinopels ist die Trennung fast unvorstellbar; sie waren doch nicht weniger innig verbunden als Orestes und Pylades und als die Molioniden, S. 148, 32. 3. Die Trennung ist unwiderruflich; sie raubt Niketas den Trost des Zusammenseins. Der Verstorbene erleuchtet jetzt den Hades, Niketas aber leidet unter seiner Einsamkeit. Er beneidet die Dioskuren, S. 149, 5. 4. Wie der Tod Hektors und Troias Untergang ein einziges Unheil waren, so weckt jetzt die Klage über den Tod des Freundes die andere über die Eroberung der Stadt, die durch diesen Tod ebenfalls schwer getroffen ist, denn der größte Verlust ist der Verlust tüchtiger Männer, S. 149, 20. Lebenslauf des verstorbenen Freundes. 1. Abstammung und Erziehung. Nach dem Elementarunterricht hat Joannes sich besonders der Rhetorik gewidmet, weniger der Philosophie, S. 150, 23. 2. Er Hebte besonders das Studium des Rechts und die Gerechtigkeit selbst S. 151, 13. 3. Die Begabung des Verstorbenen war außergewöhnlich, S. 151,26. 4. Auf Grund dieser Begabung vollzog sich sein Aufstieg im Staatsdienst sehr schnell, S. 152, 22. 5. Seine Uneigennützigkeit und Bescheidenheit bewahrten ihn vor einem Fall, S. 153, 9. 6. Er erwarb sich überall das höchste Lob wegen seiner Gerechtigkeit und seiner Voraussicht, S. 153, 23. 7. Er verwaltete meistens mehrere hohe Ämter zugleich, und zwar besser als andere ein einziges, S. 153, 32. 8. Das Vertrauen, das er sich erwarb, führte schließlich dazu, daß ihm zugleich die Ämter des Protasekretis und des Orphanotrophos anvertraut wurden, von denen er das letztere mit besonderem Eifer ausübte, S. 154, 13. 9. Als Orphanotrophos hat er nicht nur das ihm anvertraute Geld mit der größten Sorgfalt und Gerechtigkeit verwendet, sondern auch aus eigenen Mitteln viel zugelegt. Das war eine vernünftige, im Evangelium gepriesene Art, sein Vermögen anzulegen, S. 155, 1.

Totenklage um Joannes Belissariotes

157

III. Lob des außergewöhnlich engen Verhältnisses der beiden Brüder Joannes und Michael Belissariotes zueinander. 1. Welchen der vielen Vorzüge des Verstorbenen soll man noch erwähnen? S. 155, 18. 2. Wie muß wohl der trauern, der einen solchen Freund verloren hat? S. 155, 31. 3. Der Tod des Joannes erinnert an den Tod seines Bruders Michael, der seinem Bruder in allem ähnlich war, S. 156, 9. 4. Die gegenseitige Liebe der beiden Brüder war vollkommen und beispielhaft; sie hatte einen großen Einfluß auf andere, S. 156, 32. 5. Aller Besitz war ihnen gemeinsam, sogar die Kleider, S. 157,14. 6. Jetzt sind beide gestorben, der jüngere zuerst, der ältere kaum ein Jahr später, S. 157, 37. 7. Es war ein Glück für den Redner, daß er durch seine Ehe ein Bruder dieser Männer geworden ist, S. 158, 8. IV. Das Schicksal der Brüder Belissariotes. 1. Einst waren die Brüder Stützen des Reiches, Joannes als Logothet und Richter, Michael als Eparch, S. 158, 31. 2. Ihre Laufbahn war glücklich, solange die Stadt stand, oder vielmehr die Stadt war glücklich, solange sie Anteil an der Verwaltung hatten und nicht durch den Neid der Volksmenge ausgeschaltet wurden, S. 159, 16. 3. Klage um die eroberte Stadt, S. 160, 6. 4. Bei der Eroberung der Stadt wurden die Brüder Beüssariotes festgenommen und beraubt, sie benahmen sich dabei als tugendhafte Männer, S. 160, 22. 5. Seit sie wieder frei waren, lebten sie ein Mönchsleben, ohne das Mönchskleid anzunehmen, S. 161, 20. 6. Niketas blieb in den Schwierigkeiten dieser Welt allein zurück, S. 162, 10. V.

Der Tod der beiden Brüder. 1. Der Tod Michaels erfolgte noch außerhalb Nikaias; Beschreibung seiner Krankheit, S. 162, 21. 2. Sein ewiges Geschick ist sicher: er ist rein vor Gott erschienen, S. 163, 6. 3. Joannes und Niketas ließen sich in Nikaia nieder, S. 163, 21. 4. Jetzt ist auch Joannes gestorben; Niketas möchte tausend Stimmen haben, seinen Tod zu beklagen, S. 163, 32. 5. Der verstorbene Freund war ein vollkommener Mann, S. 164, 20. 6. Sein Tod ist ein schwerer Verlust für Niketas, S. 165, 3.

158

Die Reden

7. Elend waren die Umstände der Verbannung, in der er sterben mußte, S. 165, 32. 8. Er wurde schlimmer getroffen als Hiob, der ja nach der Versuchung erneut gesegnet worden war. Darum soll niemand sich wundern, wenn Niketas sich benimmt wie die Freunde Hiobs, S. 166, 11. 9. Die Krankheit, die dem Freund das Leben nahm, war wie ein Feuer, S. 166, 32. 10. Auch das Leid des Niketas über seinen Tod ist mit einem Feuer zu vergleichen, S. 167, 9. Schluß: 1. Im Geiste bleibt Niketas mit seinem Freundverbunden, S. 168,14. 2. Trost gibt ihm der Glauben, daß Gott den Freund zu sich genommen hat, S. 168, 26. 3. Gott möge Niketas jetzt helfen und ihn auch einmal zu sich nehmen, S. 169, 11. Zur Interpretation und Datierung Die Überschrift dieser Rede ist wichtig, weil sie anscheinend in chronologischer Anordnung die Ämter aufzählt, die Joannes Belissariotes bekleidet hat. Demnach war er zuerst εττί των οίκειακών. Stein (Untersuchungen, S. 33) sagt über dieses Amt : „Noch um 1300 existieren... auch die Ämter του γενικού, του στρατιωτικού und των οίκειακών wirklich." Dölger (Finanzverwaltung, S. 43—45) stellt fest, daß unter Manuel Komnenos der έπί των οίκειακών den λογοθέτης του γενικού verdrängte; er zeichnet dann Urkunden unmittelbar hinter dem Großlogariast. Unter Isaak Angelos aber kehrt der λογοθέτης του γενικού zurück und scheint der έπί τών οίκειακών Titular zu werden. Wann Joannes Belissariotes dieses Amt bekleidete, wissen wir nicht. Aus dem Geschichtswerk des Niketas (S. 306, 7—9) kennen wir nur einen Verwalter des Sekreton τών οίκειακών, Theodoros Pantechnes, der unter Alexios I I . das Amt innehatte und zugleich Eparch und höchster Richter war. Vielleicht war Joannes Belissariotes, der sich, wie Niketas, unter Andronikos aus dem Staatsdienst zurückzog, der Vorgänger des Theodoros Pantechnes 171 . An zweiter Stelle wird Joannes Belissariotes λογοθέτης τών σεκρέτων genannt ; es fehlt aber der Titel Großlogothet, den er in den Briefen des Michael Chômâtes 1 , 1 Dölger, Finanzverwaltung, S. 43—45, nennt Joannes Belissariotes nicht unter den uns bekannten Verwaltern dieses Amtes.

Totenklage um Joannes Belissariotes

159

einige Male erhält. Der Grund dürfte sein, daß die beiden Titel dasselbe Amt bezeichnen (vgl. oben S. 37—8 mit Anm. 48). Der eine Brief, den er in dieser Funktion von Michael Choniates empfing, scheint seinem Platz in der chronologisch angeordneten Sammlung nach noch in die Zeit des Andronikos zu gehören. Der andere läßt sich ziemlich genau auf Grund der Angabe datieren, daß Michael damals schon sein dreizehntes Jahr in Athen verbrachte. Das bedeutet, daß dieser Brief 1194/1195 entstanden ist 172 . Ohne das Amt des Logotheten der Sekreta zu verlieren, wurde Joannes Belissariotes dann zum Großlogariast ernannt173. Wie lange er beide Ämter gleichzeitig bekleidete, ist nicht bekannt. In einem Dokument vom November 1197 heißt er nur noch Großlogariast174. Zuletzt war er Protasekretis 175 und zugleich Orphanotrophos176. Nichts hilft uns, die Zeit, während der er in diesen Funktionen tätig war, näher zu bestimmen. Das Datum dieser Totenklage kann man ziemlich genau bestimmen. Michael Belissariotes starb, kurz bevor Niketas sich in Nikaia niederließ, vgl. S. 163,21—26. Das war, wie wir oben (S. 44—6) gesehen haben, Ende 1206 oder Anfang 1207. Joannes starb etwa ein Jahr später (vgl. S. 158, 3), also um die Jahreswende 1207/1208177. Bemerkenswert ist, daß diese Rede im 8. Brief des Niketas (S. 213, 24ff.) erwähnt wird. Wir lesen dort, daß die Rede bald nach dem Tode des Joannes gehalten wurde. s . 148.

34—36. τόπον - άπηνέχθημεν: vgl. oben S. 46. 35—36. της - πόλεως : bes. das Geschichtswerk legt davon Zeugnis ab; so empfand es auch Niketas selbst, Gesch. 767, 15—6. m Die zwei genannten Briefe sind Nr. 15 und Nr. 53, Vol. II, S. 21 und 88—89. Für die Datierung vgl. Stadtmüller, S. 242 u. 248. 1 7 3 Dölger, Finanzverwaltung, S. 17—19, übersetzt: „oberster Rechenmeister". Daß Joannes Belissariotes die beiden genannten Ämter gleichzeitig bekleidete, steht durch eine Urkunde fest, vgl. P. Lemerle, Notes sur l'administration byzantine à la veille de la IV e croisade d'après deux documents inédits des archives de Lavra, R E B 1 9 , 1961, S. 258—272. 1 , 1 Vgl. Miklos-Müller VI, S. 139—141. Diehl, I.e. (s. Anm. 48), S. 226, Anm. 5 von S. 225, bemerkte dazu: „un recul assez singulier" und glaubte darum nicht, daß Jo. Belissariotes 1188 Großlogothet war. 176 ygi. über dieses Amt Zachariä von Lingenthal, S. 377, und Kodinos, cap. 5. Auch in dieser Funktion konntejoannes sich als Richter auszeichnen. 1 7 8 Dölger, Finanzverwaltung, S. 43, verzeichnet für dieses Amt keine Daten nach dem 11. Jh. 177 Auch Michael Choniates erwähnt in seiner Monodie auf Niketas den Tod der beiden Brüder Belissariotes, zuerst den Michaels (S. 356, 4—7), dann den des Joannes (S. 356, 7—9), und μετά μικρόν, sagt er dann, starb auch Niketas (S. 356, 9—13). Dasselbe behauptet er S. 355, 11—17: Έπεί 6έ ή 3αυμασία . . . αδελφών δυάς είς τ ό έ ν

160

Die Reden

S. 151. 23—24. τήν 'Ιταλίδα μά$ησιυ: Rechtswissenschaft. S. 159. 3. ό - α ρ χ ή ν : Michael Belissariotes ist sonst nur bekannt als ό σεβαστός καί δικαιοδότης, und zwar aus einer Urkunde vom Nov. 1197, Miklos. - Müller VI, 139 und aus der von P. Lemerle veröffentlichten Urkunde, vgl. Anm. 173. 21—23. έπεί - έξέκρουσε : die Stelle bezeugt, daß Joannes und Michael Belissariotes schon einige Zeit vor der Katastrophe von 1204 ihre hohen Posten verloren. Wann das geschah, ist nicht bekannt. Wenn man die vorangehenden Zeilen ganz konkret nehmen will, könnte man daraus folgern : nachdem ein stumpfsinniger Kaiser Führer des Staates geworden war, und dabei an Alexios III. denken, den Niketas, Gesch. 653, 16—7, ewig stumpfsinnig nennt. Auch im folgenden gibt es einige Hinweise, die das zu bestätigen scheinen. 25ff. ävTEÖSsv usw.: darauf bestimmten die Handwerker Kpls über den Kaiserthron. Nach der Flucht des Alexios I I I . war es 6 5' έντός των èv Βλαχέρναις άρχείων εύρε3εΙς τ ω τότε λεώς, Gesch. 727, 3—4, der Isaak zum zweiten Male zusammen mit seinem Sohn Alexios zum Kaiser erhob. Dann wurde am 25. Januar 1204 vom Stadtvolk (τό λεώδες της πόλεως) die Wahl eines neuen Kaisers erzwungen, welche aber vom Senat und von der höheren Geistlichkeit vorgenommen werden sollte. Inzwischen beriet auch das Volk selbst und dachte dabei sogar an gemeine Volksführer aus seiner Mitte. Doch wurde schließlich, am 28. Januar, ein ehrenwerter Mann, Nikolaos Kannabos, gewählt, Gesch. 743, 2—744, 13. Dieser konnte aber vom Usurpator Alexios Dukas verdrängt werden, „weil bei den Bürgern Konstantinopels das Schlechtere immer überwiegt", Gesch. 746, 12—3. 34—35. ot - έπιτηδεύματα: hier ist Alexios IV. und wohl auch Isaak II. gemeint, siehe Gesch. 711, 6 ff. S. 161. 2ff. άμέλει usw.: die Stelle bezeugt, daß die Belissarioten noch vor oder zugleich mit Niketas Kpl verlassen haben, der am 17. April 1204 auszog, Gesch. 778,11—3. Vielleicht gehörten sie zu den S. 778, 19—20 genannten Verwandten. S. 162. 13—14. τ ό - ôv: vgl. oben S. 43; Gesch. 778, 8—15. 25 ff. ή γ ά ρ àpSpÏTiç: die Beschreibung der Krankheit gehört zum Genre, vgl. S. 50, 12ff.

S. 163. 25ff.

oükoöv usw.:

vgl. oben S. 46ff.

S. 165. 21. κα3' αίμα: in Wirklichkeit war Niketas nur verschwägert. S. 166. 25—28. ότε - φειδόμενον: beim zweiten großen Brand der Stadt verlor Niketas sein schönes Haus, vgl. Gesch. 776, 15—8. οΰρανοΐς μετεκλή3η πολίτευμα μικρω πρότερον, είτα καί ό δυσίν έκείνοις παρεζευγμένος τρίτος έμός άδελφός . . . συμπαρελήφδη καί είς τήν αΐωνίαν μετετάξατο σύγκλητον, τότε δή ησΟοντο ot âv Νίκαια μεγαλοπολΐται τηςλοοιλχ)|, 72, 74fi., 120 Konstantin I. d. Gr. 3 7 4 8 , 161 Konstantinopel (die Hauptstadt, die Stadt) 2, 8ff., 20ff., 24, 31, 41ff., 55, 64, 67, 74ff., 101 ff., 140ff„ 145, 147ff., 156f., 159, 161, 164f. u. passim. Siehe auch Volk v. Kpl Konstantinos I X . Monomachos 35 4 5 Konstantinos X . a Laskaris 143, 153 f. Konstantinos, Bischof v. Chonai 16 15 Konstantinos, Bischof v. Philippopolis ( = Pantechnes, Konstantinos ?) 167 Konstanza 132 Konstanze v. Antiochien 91 Konstanze v. Sizilien 90 Kontostephanos, Alexios 103 f. Kontostephanos, Andronikos 39 5 0 , 173 Kontostephanos, Anonymus 104 f. Kontostephanos, Joannes 19 2 0 Kosmas, Bischof v. Kolossal 16 15 Kreta 148 Kreuzritter des 4. Kreuzzuges 42 ff., 46, 49, 52, 96, 141 1β1 , 142ff., 152f., 164ff. Κριτή; έπί του 'Ιπποδρόμου 28 a 9 Κρίτη; του Βήλου 5 5 , 28 2 9 , 32, 3 4 « , 35 4 5 , 57 Kumanen 26, 65, 66 7 4 , 76, 79, 83ff., 100, 117, 121, 126f., 167, s. auch Skythen Kuperion 100 Kypriote 133 Kypsella 70, 100 f. Kyrillos, Metropolit v. Kyzikos ( = Konstantinos Stilbes) 181 Lagosaufruhr 125 ff. Laodikeia 15 14 , 17, 143 Lapardas, Andronikos 89 Lardea 26, 66, 75, 77 9β , 79 Larissa 12 Laskaris, Irene 185 2 0 9 Laskaris, Konstantinos s. Konstantinos X. a

191

Lateiner 142, 146, 147 1 · 5 , 148ff., 164 Leon v. Armenien 182 ff. Leontios Theotokistes, Patriarch 121 Libyen 104 Λογοθέσιον τοϋ δρόμου 31 Logothesion tou genikou 36 Logothet(es) 32, 138, 157 Λογοθέτης του δρόμου 31 Logothet tou Dromou 28, 32, 32 3 5 , 37 4 8 , 138 f., 139 159 , 170 f. Λογοθέτης του γενικού 36, 158 Λογοθέτη; τοϋ στρατιωτικοί) 158 Λογοθέτη; των σεκρέτων 37, 56 Logothet der Sekreta 24, 37ff., 42, 138, 159 Λογοθετικό; γραμματικό; 31 f., 57 Logothetikos grammatikos 117 f. Lykos 15, 17 Mäander 25, 143 Maistor der Redner 10, 31 f., 118f. Makrocheir, Konstantinos 60, 169, 172 Mankaphas, Theodoros 16f., 117, 1211, 154 Manuel I. Komnenos 15f., 23f., 33f., 49, 90f., 94, 98 108 , 103, 105, 109, 154, 158, 171 Margarete v. Frankreich 90 Margarete v. Ungarn 24, 58, 87ff., 89 1 0 3 , 92, 105 Maria v. Antiochien, 2. Gattin Manuels I. 91, 105 Mauer des Anastasios 79 Maurozomes, Manuel 17,143f., 150,154f., 165 Megas Drungarios 118 1 3 0 Μέγα; λογοθέτη; 37, 57 Μέγα; λογοθέτη; των σεκρέτων 5 5 , 57 Megas Sakellarios 181 Μέγιστο; λογοθέτη; 37 4 β Melanudion 79 Mesarites, Nikolaos 128 Mesazon 138 Mesopotamien 179 Mesopotamites, Isaak 50 e o Mesopotamites, Konstantinos 39 5 0 , 49, 60, 99 1 1 0 , 173 fi., 180 Michael, Erzengel 16 f. Kirche des — in Chonai 15 1 4 , 16 ff. Michael Angelos Komnenos 126 f. Michael Autoreianos, Patriarch s. Autoreianos

192

Register

Mohammed 161 Mokios hl., Kirche des — in Kpl 16 Molioniden 156 Mond,Symbol der Braut des Kaisers 87,93f. Monophysitismus 167f. Moravaschlacht 83 fi. Mylasa 79 Myriokephalon 14, 17 Naupaktos 13 f. Neokastra 26 Nicolaus I. Papst 16 15 Nikaia 11», 13/4 12 , 44fi., 91, 146fi., 151Í.. 155, 157, 159, 172, 174S., 178, 180f, 2. Konzil v. — 16 15 Nikephoros I. Botaneiates 27 29 Niketas, Bischof v. Chonai l 2 , 9, 14f., 16", 21 Niketas epi tou koitonos = Niketas Choniates? 272» Niketas Muntanes 91 Nikolaos Kanabos 42, 160 Nikomedeia 145, 152 Niobe 80, 155 Normannen 31 32 , 121 Νοτάριο; 32 Noviodunum 64 Nureddin 179 Oinaion 143 Oinaiotes, Georgios 101 11 · Oinoupolites, Joannes 135 Orestes 156 Orestias ( = Adrianopel) 101118 Orphanotrophos 156, 159 Orpheus 80 Orsova 79 Pachymeres, Georgios 169 Palästina 70/1 84 , 72, 74fi., 75 e5 , 78 M , 104, 117 Palaiologos, Alexios 135 P a n 155 Παναγίου, τ ά - 81 Pantechnes, Konstantinos 167 Pantechnes, Theodoros 158 Paphlagonien 23, 143 Papykion 34 Paris 96, 102 Pegai 141 l e l , 1431, 1471«5, 148, 150f., 152 1 ' 0 , 153 Pegonites, Konstantinos 1, 23

Pelagonia 136 Peleus 88 Penelope 25 Perser ( = Seldschuken, Türken) 96f., 103, 117, 123 Perseus 88 Pescatore, Enrico 148 Peter, bulg. Zar 64f., 70, 71", 72, 79, 117, 121, 131 f. Peter v. Bracheux 148f., 153 Philadelphia 90, 117, 154 Philipp II. August 90 Philippa v. Armenien 184 f. Philippopel, -polis 25, 282», 29fi., 45, 54, 58, 62 f., 81 fi., 101118, 139, 164178, 165 fi. Photios 16 15 Phrangopulos 127 Phrygien 2 2 , 6, 15, 17 Platon 88 Plusias 145, 150ff., 155 Poimaninon 153 Pontisches Gebiet, Pontos 23, 144 Porphyrogennetos 89 Πραίτωρ 28 29 Πράκτωρ 29 31 Prilapos 136 Προεστώΐ τοϋ ΙτγΙ τ ω ν κοινών χρημάτων κοιτώνος 27, 2 8 " , 56 Προκαθήμενος τοϋ κοιτώνος 5 5 , 27/8 2 ί , 56 Pronoia 70 Propontis 99 U1 , 100 Prosakos 100, 135 Protasekretis 156, 159 Protonobilissimos 171188 Πρωτονοτάριος τοϋ δρόμου 31 Πρωτοπάνε ντιμοϋττέρτατος 37 18 Πρωτοστταθάριοξ 28 29 Protospatharios 28 29 Protostrator 30, 41, 130 f. Protovestiarios 272», 171188, 178 Proto vestiarites 11 Prusa 150 ff. Psellos, Michael 24 Pseudo-Alexios (1) ( = Alexios der Scheunenanzünder) 16f., 103f. Pseudo-Alexios (2) 103 f. Pylades 156 Rainald v. Chatillon 91 Raymond v. Antiochien 185 Raymond v. Aquitanien 91 Raymond v. Tripolis 7 8 "

Register Rhomäer, -isch 53, 61 u. passim Rhuknatinos (Ruknuddin Suleimanäah) Sultan v. Ikonion 41, 59, 122f„ 126fi. Richter 33, 35«, 52, 157f., 1591'6 Richter des Hippodroms 3 5 " Richter des Velums 35 Römer 103 Rom 177 Rubeniden 186 Rumänen 66' 4 Rupen v. Armenien 184 f. Russen 122, 125, s. auch Tauroskythen Saladin 30, 31 32 , 70/184, 76 Salmoneus 129 Salomon 88 Samuel, Bischof v. Chonai 1615 Sappho 88 Sarah 3 Sarazenen 7084, 78»8/9 Sebastokrator 67, 72f., 79, 103, 122 Σεβαστόΐ 160 Sebastos 11, 33f„ 37 48 , 171188, 175 Sekretär s. kaiserlicher Sekretär Seldschuken 17, 103, s. auch Perser, Türken Seiention 47f., 59, 140, 165 Selymbria 44ff., 48, 79, 142, 147, 148 1 ·', 152,164 Senat 39, 41 f., 115, 128, 160 Serben, -ien 81 ff. Sguros, Leon 11 Sibylle v. Zypern 184 Sikidites ( = Michael Glykas) 40f., 101, 108 fi., Sinope 143 Sirleto, Guglielmo 7 Sizilien 90 Sizilier, -isch 67, 69ff., 7185, 74, 88ff., 116f., 140 Skutariotes, Theodoros 183 Skylojoannes ( = Kalojan) 132 Skythen ( = Kumanen) 65, 84, 97, 100, 117, 164 Smolenen, Thema der — 41, 133 Sonne, Symbol des Kaisers 61 f., 82, 85 ff., 93 f. Sonnenfinsternis 67ff., 73f., 77f. Sphorakion 41 Spyridonakes, Joannes 41, 59, 127, 129, 133, 134150, 136 Stara Zagora 79

193

Stenimachos 101118·105 Stephan Nemanja 81 f. Stephanos I. ν. Serbien 26, 127 Stephanos III. ν. Ungarn 90 Stilbes, Konstantinos 181 Strategos 29 31 Strumitza 131, 136 Sultan v. Ikonion, s. Kaichosroes, Kilidj Arslan, Rhuknatinos Σύγκλητοξ 38 Συγκλήτου βουλής μέρο; 56 Synadenos 144, 150, 154 Synadon, Metropolit v. Phrygien 2 2 Synode 26, 58, 65f., 101, 111, 186, sechste — 107, 109 Syropulos, Joannes 67 Tacitus 102 Taurokanosfluß 76»· Taurokomos 75, 76", 79 Tauroskythen ( = Russen) 117, 121, 125 ff. Tempetal 135 Termereia 7 7 " Τερμέρεια κακά 77 M Theben 12, 138 Theodor I. Laskaris 17, 47ff., 59, 105, 138, 140ff., 143 ff., 161ff., 170ff„ 176, 178, 182f. Theodor II. Laskaris 1817 Theodoros Angelos Dukas Komnenos v. Epiros 11, 174 Theodoros Eirenikos, Patriarch s. Eirenikos Theodosios, Bischof v. Chonai 1615 Thessalonike 7185, 99110, 173 ff. Thetis 88 Thomas Morosini 46 Thrakien 45, 150, 164 Tigris 117 Tornikes, Demetrios sr. 28, 32, 138f., 1391«0, Tornikes, Demetrios jr. 138, 139 leo Tornikes, Euthymios 118130, 128, 138153 Tornikes, Georgios 119 Tracheiai 146ff., 150ff., 155 Trapezunt 143 Trochos, Theodoros 21, 27f„ 58, 80f. Troia 156 Türken, -isch 14, 17, 59, 103, 117, 121, 127f., 150, 154f., 161 f., s. auch Perser, Seldschuken

194

Register

Turkmanen 69 Tyrus 75, 7 8 " Ungarn, -risch 67, 69, 74", 87 ff. Vardar 135 Varna 124ff„ 132, 134 Venetianisch 42 f. Vlachen, -isch 29 31 , 41, 58, 61, 65. 66 74 . 69, 71 85 , 72, 83, 85f., 97, 100, 104, 117, 131, 135

Vlacho-bulgarische Rebellen, Rebellion 26, 64f., 68, 70f., 85, 88f., 117, 121, 140, 167 Volk v. Kpl 42, 53, 103, 120, 129, 160 Vorstand der Staatskasse 27 Waräger 165 Ύπατο? των φιλοσόφων 176 Ύπογραφεύ; 24 Zypern 70 f.

Corrigenda Zu Niketas Chômâtes (Supplementa Byzantina, Bd. 2) S. S. S. S. S. S. S.

I X Ζ. 4 v. u. Literatur: Litteratur 2 A. 2 Ζ. 5 Morellus : Morellius 6 Z. 5 Άκωμινδτοί: 'Ακομινάτος 18 Ζ. 25 άφίκετο, ούτε: άφίκετο ούτε 24 Ζ. 7/6 ν. u. gewesein: gewesen 27 Ζ. 15 προιστάμην: προιστάμην 28 Α. 29 Ζ. 4 ν. u. Écho's: Échos

S. S. S. S. S. S. S.

37 Α. 48 Ζ. 16 u. 30 πρωτοπάνε ντιμο υπέρτατος : πρωτοπάνε ντ\μοϋπέρτατος 56 Ζ. 10 προιστάμην: προϊστάμην 60 Nr. 1—10 M: V 79 Ζ. 5 Kaisers: Kaisars I l l Α. 123 Ζ. 3 Med.: Laur. 112 Ζ. 16 συνελ{ηλυ3ό}τας : συνελ(ηλυ3ό)τας 113 Ζ. 21/2 προτειναμένας : προτεινομένας Ζ. 23 οίκεΐαν: οίκείαν Ζ. 24 is ους τ η προμήτορι ψιθυρίσας: ψιθυρίσας ες od; τ η προμήτορι Ζ. 25 τοιαύτην: την τοιαύτην 114 Ζ. 15 μεγαλόνικαί : μεγαλόνικοί 119 Ζ. 22 Τίγριτα : Τίγρητα 132 Ζ. 11. 14. 20 u. 24 Σκυλοιωάννης : Σκυλοϊωάννης 134 Α. 150 Ζ. 6 Μανουνήλ: Μανουήλ 163 Kolumnentitel an: vorgetragen von 167 Ζ. 23 Μαυροκορδατεϊος : Μαυροκορδάτειος 167 Ζ. 26 Β{α}λανίτου: Β