Biblische Casual-Reden und Entwürfe zu den amtlichen Verrichtungen der evangelischen Geistlichen: Nebst einigen Predigten bei außerordentlichen Gelegenheiten [Reprint 2021 ed.] 9783112446546, 9783112446539

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Biblische Casual-Reden und Entwürfe zu den amtlichen Verrichtungen der evangelischen Geistlichen: Nebst einigen Predigten bei außerordentlichen Gelegenheiten [Reprint 2021 ed.]
 9783112446546, 9783112446539

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Biblische

Lasual-Reden und Entwürfe zu

den amtlichen Verrichtungen der

evangelischen Geistlichen. Nebst

einigen Predigten bei außerordentlichen Gelegenheiten,

von C.

E.

Gebauer,

Prediger ju Lietzen, »ur Hochfürstlichen Herrschaft Neuhardenberg gehörig«

Frankfurt 7

4.

Gott ftp

uns

gnädig

und

segne uns!

Er lasse uns fei» Antlitz leuchten, daß wir auf Erden erkennen seinen Weg, unter al­

len Völkern sein Heil,

daß wir von sei­

nen Zeugnissen nicht weichen,

Gebote halten. ser Gott!

Es segne uns Gott,

Es segne uns Gott,

Welt fürchte ihn, i. Wenn wir,

und seine un­

und alle

Amen, m. a. Z., von dem Werthe

des Christenthums nur einige schwache Ahndung haben, so kann es uns schon nicht gleichgültig seyn,

daß wir Christen sind, und Gelegenheit hatten, es zu werden; daß wir schon in den ersten Tagen un­

sers Daseyns, unsrer noch unbewußt, durch die

Taufe diese christliche Bestimmung erhielten; daß wir hernach , als der Verstand sich entwickelte und

mehr und mehr reifte, auch unterrichtet und be­

kannt gemacht wurden mit den Wahrheiten der

Lehre, die nach ihrem großem Inhalte, wie nach dem Zeugnisse ihres Stifters, die Lehre Gottes selbst

ist.

Wer unter uns erinnerte sich nicht heute noch

mit Rührung jenes Tages, der ihn in die Gesell­

schaft der Bekenner Jesu durch die kirchliche Ein­ segnung ausnahm:

wem wärm nicht die vorhan­

denen Anstalten zur Erhaltung der Kirche Jesu auf Erden, wenigstens einigermaßen heilig und werth?

58 Denn was ist der Mensch ohne Gott und Jesum, was kann er seyn ohne Religion?

2. Wenn wir die Ueberzeugung haben, daß irgend etwas gut und segensreich sey, dann müssen wir ja andern,

mit denen wir es wohl meinen,

das Gute auch gönnen, also auch diesen Kindern den Segen bcs Christenthums wünschen.

Warum

wollten wir das auch nicht? Gute Menschen sind

für die menschliche Gesellschaft ein offenbarer Ge­ winn.

Das Christenthum macht den Menschen

gut und fromm; cs ist also die Sache eines jeden

würdigen Mitgliedes der Gesellschaft, nicht nur zu wünschen, sondern auch zu sorgen, soviel an ihm

ist,

daß die Gesellschaft auch ferner aus guten

Gliedern bestehe.

Wenn daher neue Genossen in

dieselbe einzuführen sind, so kann es keinem gleich­

viel seyn, was für welche? und was er sich zu ih­

nen, die ihm jetzt beygeordnet werden, zu versehen habe oder nicht? — Also auch, daß diese Kinder

gut seyn und bleiben möchten,

kein Fluch der

Menschheit werden, sondern ein Segen: von die­ sem'Wunsche muß ein jeder, schon feines eigenen Vortheils halber, ergriffen und durchdrungen seyn.

Und dazu,

daß sie so gut werden und bleiben,

wurden sie unterwiesen in der heilsamen Lehre des Christenthums, sollen sie jetzt durch die Confirmation aufs neue feyerlich verpflichtet werden, und

demnächst die Vorrechte verständiger Christen empfahen, unter welchen die Theilnahme am Abend­ mahl« Jesu das Bedeutungsvollste, Wichtigste ist.



og



Die Menschcnfamilie im Allgemeinen ist Ein großes Vaterhaus, und was in diesem Hause vor­

geht, wenn'6 einigermaßen für Las Wohl seiner Glieder von Einfluß und Bedeutung ist: nimmt billig ein jeder, Kenntniß.

davon

zum Hause Gehöriger,

So auch wir davon, was heute hier

an dieser heiligen Stätte geschehen soll.

Die Ein­

führung neuer Christcnthumögenoffen ist für jeden,

der bereits in diesem Religionövereine lebt,

von

der größten Wichtigkeit. Aus diesem Gesichtspunkte

haben wir denn auch diese kirchliche Handlung zu betrachten, und Gott zu bitten, daß sie nicht nur

für diese Kinder, sondern auch für die Gesellschaft, der sie angehören,

für uns alle von segenreichen

Folgen sey.

5. Zu Euch aber, Worte Jesu, Luc. 12,

m. K.,

spreche ich die

Fürchte dich nicht, du

kleine Heerde, denn es ist Eures Vaters, Eures himmlischen Vaters Wohlgefallen, auch Euch das

Reich zu geben.

Auch auf Euch, (ob Ihr wohl

nur wenige seyd) ist Gottes gnädiges Aufmerkcu mit Liebe gerichtet.

Auch Ihr seyd theuer erkauft

durch den, der sich für Euch in den Tod gab. so fürchtet Euch nicht,

Al­

und habet guten Muth,

auch jeht hier in dieser Stunde,

um das Wort

dec ewigen Weisheit und Wahrheit, das Euch ver­

kündigt ist, und welches Ihr angenommen habt,

mit Freudigkeit zu bekennen.

Nach der Prüfung.

i. Jesus sagt m seinem Evangelio, Joh. 16. s4: Bildet, so werdet ihr nehmen, eure Freude vollkommen sey.

daß

Betet also

für Euch selbst, Ihr Kinder! lernet beten,

daß

aus dem Euch mitgetheilten Unterricht Euch Heil

und Segen erwachse,

daß Euch das Verständniß

immer mehr geöffnet werde, einznsehen, was da sey- des Herrn Wille, und es Euch nie gebreche an Entschlossenheit und Kraft, diesen Willen zu voll­

bringen. —

Und auch Ihr, Zeugen dieser heili­

ges Christenhandlung, betet aufrichtig und inbrün-

stig für diese neuen Bekenner des Ramens Jefu.

Eure eigene Freude, euer eigenes Glück, wie das Glück der Menschheit wird dadurch vermehrt, wenn

die, fetzt in Eure Christenmitte Aufzunehmenden,

niemals ander«., als würdige Genossen der Ge­ sellschaft Jesu. sind. 2. Ihr, m. K., werdet hernach die an Euch

gerichtete Frage, ob Ihr als wahre Christen glau­ ben und handeln,

leben und sterben wollt, ifitt

Ja beantworten.

Keiner unter Euch wird seyn,

der Nein spräche; Ja werdet Ihr alle sagen. Aber ach! wenn Einer unter Euch, nach der Erzählung

Jeff» im Evangelio, jenem Sohne gleichen sollte, zu dem der Vater sprach: gehe hin und arbeite in

meinem Weinberge,

und so,

wie jener,

sagte:

ich will's thun; hernach aber gütige er doch nicht —> Wehe einem solchen! Anstatt Segen des Vaters

4i km Himmel über sich zu bringen, würde er sich nur Fluch bereiten mit diesem seinem Geständniß, und seine Seligkeit auf ewig verscherzen.

a) Sehet also zu, daß Ihr vorsichtig wandelt,

Eükem Bekenntnisse getreu, Eures Gelübde­ würdig, und bedenkt das Ende, so werdet Ihr nimmermehr Uebels thun.

Hier, auf

der schlüpfrigen Bahn durch- Leben, wo wir

wegen der vielen Gefahren, dis uns drohen, mit unserer Tugend nie auf festem Boden

stehen, ist stets die größte Vorsicht nöthig,

daß wir nicht ausgleiten und fallen, und ernste Erwägung der Folgen, des Ziels, dem wir

rntgegengehn.

Wenn's auch noch so lange ei­

nerley wäre, was es doch auch nicht ist; einst

zum Schluffe wird es nicht einerley seyn,

was der Mensch geglaubt, dacht und gelebt Hat;

Gerichts,

und wie er ge­

dann, am Tage de-

wird der Fromme getrost seyn,

der Sander aber zitter» vor der sich aufge-

tadenen Schuld. b) Und laßt Euch nicht verführen.

Den Ver­

führer verdammt seine That, aber den Ver­ führten nicht minder; das Gesetz der Freyheit,

die ihm blieb, ob er der Verführung folgen wollte, oder nicht,

nstvd ihn richten! Süß

ist das Gift der Sünde, aber desto schädlicher und tödtlicher.

rer Hut.

Drum seyd dagegen auf Eu­

Wie sollten wir ein solch großes

—• 4s Uebel thun und wider Gott sündigen!

so

ruft Euch mit Joseph Kraft zum Widerstand in die Seele, und meidet, fiiehet jeden Um­

gang, der Euch gegen das Gute gleichgültig machen will, so sehr alö Ihr könnt. c) Zu dem Ende erneuere ein jeder von Euch

die heute gefaßten guten Vorsätze und gethanen Gelübde mit den Worten des ngten

Psalms V. 90.:

deine

Befehle

gessen,

m i t.

Ich will,

0 Gott!

nimmermehr

ver­

denn du erquickest mich da-

Fleißig und gern wiederholt das Ge­

lernte bey Euch selbst im Stillen, oft Ihr dazu auch äußerlich,

und so

zu Hause und

in der Kirche Gelegenheit habt.

Hier, wo

Gottes Wort jedem verkündigt wird, daß es seine Seele heilige und beselige,

und bey

Jesu Christo erhalte, hier findet Euch sonnunb festtäglich ein,

wie es ordentlichen Ge­

nossen der Kirche Jesu gebührt.

Dieselbe

Liebe zu Gottes Wort, die heute Eure Her­ zen erfüllt,

bleibe unveräußerlich Euer Ei­

genthum, so lange Ihr hier oder an andern

Orten die Erdenbahn durchwandert. Jetzt ist er gekommen der feyerliche Augen­ blick, wo Ihr Gott und Jesu zum festen Glauben und schuldigen Gehorsam Euch und Euer ganzes

Leben weihet.

Wie Euer Mund jetzt spricht, so

meine es auch Euer Herz.

Bleibet und wachset

45 m -er Gnade und Erkenntniß unsers Herrn und

Heilandes, Jesu Christi.

sey Ehre

Demselben

nun und zu ewigen Zeiten!

Schlußgebet nach

Heilige,

der Einsegnung.

Gott und Vater,

heilige

diese, von dir zu Gnaden angenommenen, Jünger und Jüngerinmn Jesu in deiner Wahrheit;

Laß

dein Wort ist die Wahrheit.

sie heute

seyn,

nicht

diesen Tag

wiedergeboren

aus unvergänglichem Saamen,

dem neuen Leben,

Jejus gebot.

laß sie in

zu welchem sie berufen

sind, unausgesetzt wandeln. su Freunde,

sondern

aus vergänglichem,

Sie sind Je­ was chnen

wenn sie thun,

Das mögen sie heute seyn,

das mögen sie immerdar bleiben, rem

eigenen Heil

Gesellschaft, Einst,

der

und

zum Segen

der

sie christlich angehören.

wenn der Herr kommen wird in

seiner Herrlichkeit,

zu richten die Leben­

digen und die Todten:

dann,

sey es dieser Kinder hoher Trost, sich zu dir gehalten haben,

rct

zu ih­

wurden;

genöspruch:

o Gott!

daß sie

wie sie geleh-

dann beglücke sie der SeKommet her,

ihr Gesegne-

44



segneten meines Vaters! ererbet baS Reich! das euch bereitet ist vom Anbe­ ginn der Welt. — Friede sey mit ih­ nen und allen, die in Christo Jesu sind, Amen.

UI. Beichtreden. A. In allgemeiner Beziehung. i.

Josua 24,

15.

Eaß uns, Jesu, innig schätze»

Dein uns cherr'r erwarb «es Heil; Nie es aus dm Augen setzen,

Daß an dir nur habe Theil,

Wer auf deine Stimme hört,

Im Gehorsam dich verehrt, Und in deinem Dienst auf Erden

Immer frömmer sucht zu werden. Ich

und mein Haue,

wir wollen

dem Herrn dienen. So sprach einst Josua, Israels Heerführer

an Moses Statt,

nachdem er das versammlete

Volk aufmersam gemacht hatte auf Gottes Größe und Herrlichkeit, und seinen Untergebenen nun die

Wahl ließ,

ob sie diesem Gott auch dienen woll­

ten, oder einem andern.

Gefällt es euch nicht,

(so redete er ste mit edler Unbefangenheit an) daß

46 ihr dem Herrn dienet, so erwählet euch heute, wel­

chem ihr dienen wollt.

Bey mir aber steht eS

fest: Ich und mein HciuS, wir wollen dem Herrn

dienen. 1. 0 auch heute noch ist das der feste from­ me Entschluß jedes rechtschaffenen Christen, sollte

er auch wenig ermunternde Beyspiele neben sich, wenig Vorgänger und Nachfolger haben; sollten auch viele gegen die Religion gleichgültig und ih­ rem Glauben untreu werden: er bleibt standhaft

und wanket nicht. Er mit den Seinen, die Gott ihm gegeben, und für deren Seelenheil er, wie für ihr

zeitliches Wohl,

redlich Sorge getragen hat von

Kindheit auf, der Christ kann nicht anders, als

Gott, und den Gv'tt gesandt hat, Jesum Chri­ stum, ehren, und seinem Dienste mit ungeheu­

chelter Liebe zugethan seyn.

2. Wie dient er daher Gott, Gott als Christ?

wie dient er

Vornehmlich innerlich, mit

Gefühl für Frömmigkeit, mit redlichem Sinn, mit einem vorsätzlich nie abweichenden Verhalten, mit

einem der Tugend wirklich und ganz angehörenden Leben, ohne diese blos zur Schau tragen und da­ mit glänzen zu wollen vor den Augen der Welk.

Dennoch verschmäht's der Christ auch äußerlich nicht, sich als einen Diener Gottes und Jesu zu

beweisen; er unterläßt nicht, die sichtbaren Zei­ chen der Religion seiner Väter,

die heiligen Ge­

bräuche der Kirche zu ehren, deren Mitglied er ist, und vereng würdiges Mitglied zu seyn er sich überall

— befleißigt.

47



Diese Theilnahme an dem, was wohl­

anständige Christensitte ist, äußert er zunächst aus edlem Triebe des Herzens, der ihn bewegt, sich

gern religiösen Empfindungen zu überlassen, und diese nicht zu verläugnen;

mer Folgsamkeit,

Heile zu fügen,

aber auch aus from­

um sich in die Ordnung des

welche Gott selbst getroffen hat,

die Menschen gerecht und selig zu machen und sei­

ne Ehre zu befördern. —

Endlich legt der Christ

diese Theilnahme vorzüglich darum gem zu Ta­

ge, weil er seine Kinder und Hausgenossen, und alle, auf die er durch sein Beyspiel einwirken kann, ermuntern will zu ähnlichen Uebungen der Gott­

seligkeit. 3. Dem ächten Diener Gottes und Jesu ist

demnach insbesondere jene fromme Stiftung heilig, welche der göttliche Stifter des Christenthums zur

Erhaltung seines Gedächtnisses auf Erden eingesetzt

hat, und zu deren wiederholter Feier die gegenwärti­ gen Bekenner ihres Heilandes hier andächtig ver­

sammlet sind.

Eben so gesegnet, als feierlich sind

dem Christen diese Augenblicke, wo er beym Tische

des Herrn erscheint; und ist es ihm vergönnt, mit fehlem Hause hier zu erscheinen, dessen Genossen zu gleichem Glauben erzogen, und von demselben

Geiste beseelt, ihm ähnlich denken und empfinden;

vermißt er noch kein theures Glied aus der Fami­ lienkette, welche die alles zernagende Zeit gewiß

und wer weiß, wie bald? — auflösen wird: solch trauliches Beysammenseyn erhöhet für ihn selbst.

48 rind für jeden mitfühlenden Zeugen, der Andacht Werth, und auch der Gedanke an das, vielleicht

bald eintretcnde. Aufhören so lieber Verhältnisse

und Verbindungen schlägt sein Vertrauen nicht nieder.

Die Verbindung mit Gott und Jesu und

allen auserwählten Gerechten, die seine Seele liebt, iss nicht für die Erde, ist für den Himmel geschaf­

fen: sie trennt kein Mißgeschick, kein Verhängniß, kein Tod. 4. Unnennbar groß ist der Nutzen und Se­

gen eines so ungeheuchelten Gottes - und Jesusdienstes, dem der würdige Genuß des Abendmahls der Christen eine eigenthümlich heilige Kraft und Weihe giebt.

Wahrer Gottes-und Jesusdienst läßt das

Herz nicht leer und unbefriedigt, dienst und Erdendienst.

wie Menschen­

Der wahre Dienst Got­

tes und Jesu veredelt den inwendigen Menschen,

und erhebt den Geist über die Eindrücke dec sicht­

baren Welt.

Wahrer Gottes - und Jesusdienst

lehrt das Leben desto froher genießen, well es so

einzig und allein ohne Vorwürfe genossen werden

kann.

Wahrer Gottes- und Jesusdienst söhnt das

Gemüth aus mit dem Schicksal,

ja macht die

Christen selbst mit dem Tode befreundet, well- er ihnen die Thore des ewigen Friedens öffnet.

5. Wähle also, wer da will, ein Anderes; ich aber und mein Haus, so spreche bey sich selbst

an diesem Elitäre mit Josua jeder Christ, wir wol­ len dein Herrn dienen, feine Gebote festiglich Hal­

ten, seine Wege freudig gehn.

Nichts, weder Tod



4g



noch Leben, weder Engel noch Fürstenthum, noch

Gewalt,

weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,

weder Hohes noch Tiefes, noch irgend eine andere

Kreatur soll uns scheiden von der Liebe Gottes, die

in Christo Jesu ist.

2.

Psalm 25,

i.

Hilf mir, mein Gott! hilf, daß nach dir

Don Herzen mich verlange; Daß ich luch suche mir Begier, Und standhaft dir anhang e. Herr, gieb, daß ich mit Freuden dich In deiner Güte schaue; Im Glauben rein, auf dich allein Mein ganzes Glück stets baue.

Kein Wunsch und kein Verlangen darf billia reger und lebendiger in uns werden,

Wunsch,

Gott wohlzugefallen,

versichert zu seyn.

als der

und feiner Huld

Denn gefallen wir Gott wohl,

so haben wir ihn zum Freunde,

nnd ist Gott für

uns, wer mag wider uns seyn? Dann erschüttert nichts unsern Muth in noch so großer Anfechtung

und Noth; dann strauchelt nicht unser Fuß auf des

Lebens noch so fchlüpfrigmr Pfade: dann gewinnt

das Herz im Guten Festigkeit, und übt sich unser der Trübsal in Hoffnung und Geduld; also unsere

Besftrung, und die Ruhe der Seele nicht minder, Ge-arr«'- Anletrrm-rn.

au

kann nicht anders, sie muß dadurch gar sehr be­ fördert werden,

1. Unsere Besserung.

Ein heiligerer

Gegenstand kann ja überhaupt die Seele nicht be­

schäftigen, als der Gedanke an Gott, der uns zur und vor dem auch die

Heiligung berufen hat, kleinste Sünde

macht.

schon

unwerth

und

verwerstich

Beseelt uns rechtes Verlangen nach des

Höchsten Gunst und Gnade, so ist ein zweytes Verlangen nach Rechtthun und Tugend mit dem

ersten unzertrennlich verbunden,

und das kann

tzenn auf unser Wohlverhalten von keinem andern,

als dem segensreichsten Einfluß seyn. Oder könnte«, wir uns einbilden, der Allcrvollkommenste werde

uns sein Wohlwollen dennoch schenken, wenn wir die bisherigen Fehler und Gebrechen ferner an uns

dulden und mit ihrer Ablegung nie einen ernstli­

chen Anfang «nachen, um sie völlig von uns abzuthun?

Nein, Untugenden und Sünden scheiden

Nur «ver ihn

uns und Gott ewig von einander.

fürchtet und recht thut,

der ist ihm angenehm,

und sichert

s. seine Seelenruhe. Wir schwache, hin­

fällige Geschöpfe,

in tausend Fällen außer Stand,

uns zu rathen und zu helfen, ob wir gleich dan-

kenSwerthe Gaben und Kräfte empfangen haben zur nützlichen Anwendung, sind und bleiben einer

hohern Macht allezeit untergeordnet.

Auch die

größte Vorsicht wehrt allem Uebel nicht, auch die

klügsten Anschläge

gelingen

nicht

immer nach

51 Wunsch.

Eines bleibenden,

durch nichts je un«

terbrochenen, Glücks erfreut sich so leicht hier kei­

ner, auch schwerere Anfechtungen treffen das Leben

der Meisten; höchst selten, so lehrt eS die Erfah­

rung, macht das Schicksal eine Ausnahme davon. Heil uns, in guten und bösen Tagen, wenn wir beyde ertragen können mit Weisheit und frommer Ergebung, wenn uns der Trost nicht gebricht: wir gefallen Gott wohl, und die Hoffnung uns bleibt,

er werde uns nie verlassen, noch versäumen. nach dir,

Also

mich!

Herr,

verlanget

so spricht der Christ mit David;

deines

göttlichen Wohlgefallens werth zu seyn, bestrebe ich mich,

und wird mir dies zu Theil, wie selig

Wie wächst dann mein Eifer und

bin ich dann!

Muth, immer weiter zu kommen in der Heiligung

und im Fleiß zu guten Werken; wie geh' ich dann

der Zukunft fester» Schrittes entgegen, und ver­ gesse die Leiden der Zeit; wie bleibe ich dann nicht

stehen mit meinen Erwartungen und Wünschen bey

der Eitelkeit dieses Lebens, und seinem vergängli­ chen Glück,

sondern richte mein Auge glaubens­

voll auf das Bessere, Ewige hin, wo die, welche dir, o Gott! hier schon angchörken, dort dir noch

naher kommen,

und mit dir in Seligkeit werden

vereinigt werden. Wer diese Hoffnung festgegründet, dies Ver­

langen nach Gott und seiner höheren ewigen Ge­

meinschaft recht inö Leben gerufen Hat, das ist Je­ sus, an den wir glauben, als an den Sohn Gsk»

D 2

Ü2

les, dessen Lehre wir bekennen, als eine göttliche

Lehre, und dessen Abendmahl wir jeht feyern wol­

len, als ein Unterpfand unserer getreuesten Ver­ bindung mit Gott, da der Stifter dieses heiligen Mahles, Jesus Christus, von Gott selbst gesandt

ist,

daß wir durch ihn zu Gott kommen solle».

Ja, ein frommer würdiger Genuß des Bundes­

mahles der Christen giebt uns die Versicherung, daß wir Theil haben an der Gnade Gottes in Chri­ sto Jesu,

unserm Herrn, an der Vergebung der

Bußfertigen,

an der Kindschaft der Gerechten;

daß alle Heilsgüter unser sind, lium verheißt.

die das Evange­

Ein frommer und würdiger Genuß

dieses Mahles macht uns den Beyfall Gottes im­

mer lieber und werther, und zugleich vorsichtiger,

besorgter,

desselben nie wieder verlustig zu wer­

den durch Fehler und Sünden.

Ein frommer und

würdiger Genuß bey dieser Tafel der ewigen Liebe stärkt alle, im Sinne und Geiste Jesu dabey Er­

scheinende,

zum Frieden und zur Liebe, die aller

Tugenden größte,

und das Band der Vollkom-

menheit ist, das uns mit dem Himmel vereint.

Gott,

zige,

der Gnädige und Barmher­

der uns in Christo Jesu reich ma­

chen will an allen Gütern, förderlich sind zum

die der Seele

ewigen Leben,

gebe

den hier versammleten Christen seine aller-

theuerste Gnade, das Verlangen,

daß

der Wünsch und

ihm wohlzugefaüen,

ein

53

recht lebendiges Verlangen sey, und kei­ ner diese heilige Statte verlasse, ohn« Segen für sein Herz, großen ewigen Se­ gen, davon zu tragen, Amen. o* Psalm 5i, 5. 4. 12 —14, Schaff' in mir, Höchster!

«ine reine Seele,

Em neues Her;, das deine Wege wähle, Befördert und starke mein Bestreben,

Nur dir zu leben.

Verwirf mich nicht von deinem Avgestchte, daß er mich unterrichte. Und auf der Tugend und der Wahrheit Wege Gieb deinen Geist,

Stets leiten möge. Von dem Wunsche, von sich zu entfernen ,

sich zu bessern, Fehler

gute Eigenschaften aber

immer weiter bey sich auszubilden, und mit neu«» Tugenden zu vermehren,

genug, auf eine höhere

Stufe der Vollkommenheit zu treten, — von die­ sem Wunsche wird wohl zuweilen ein jeder ergrif­

fen.

Nicht allein der, welcher öfter eine Ahnung

des Bessern hat,

und nie ganz schlecht handelt,

kann diesem Wunsche Raum gebe«; nein, selbst

der Lasterhafte,

Verworfene,

der Sclave seiner

Lüste, und dem das Sündigen fast zur andern Na­ tur geworden ist, hat mit unter unbefangene Au­ genblicke,

wo er sich in seiner wahren Gestalt er-

54 kennt, Mißfallen an sich selbst hat, und zum Gu­ ten so viel Neigung fühlt, daß man meinen sollte,

er werde dem Uebel der Sünde nun wirklich ernst­ lich wehren,

und mit der Umschaffung seines

Sinnes und Wandels sofort den Anfang machen. Gleichwohl bleibt der Sünder so oft, was er ist, die Anregung zum Besseren hat für ihn keinen Erfolg.

Er geht von dem Spiegel seines Herzens, der ihm

sein Inneres darstellt, leichtsinnig hinweg, und ver­

gißt, wie er gestaltet war.

Ihn umfangen neue

Versuchungen zum Bösen, und'er hängt ihren Reizen

Unbesonnen nach, ohne so wenig durch die Folgen seiner unsittlichen Handlung, als durch diese selbst sich abschrecken und zu einem entgegengesetzten Ver­

halten bestimmen zu lassen.

Ernstlich also muß es gemeint seyn mit dem Wunsche nach Verbesserung unsers Sinnes und

Lebens, so ernstlich, daß der, von seinem Gewis­ sen Verwundete, im schmerzlichsten Gefühle seines großen Seelenschadens mit David betet;

sey

mir

Gott,

gnädig nach deiner Güte und

tilge meine Sünde nach deiner großen

Barmherzigkeit.

Wasche mich wohl von

meiner Missethat, und reinige mich von meiner

Gott, einen

mich nimm

mir.

Sünde,

ein

und

schaffe

reines Herz,

neuen gewissen

in

und gieb mir

Geist.

Verwirf

nicht von deinem Angesicht,

deinen

Tröste

heiligen

mich

mir,

und

Geist nicht von

wieder mit deiner

Hülfe,

unb- der freudige Geist enthalte

mich, biete mir Schwachen die Hand, und hilf mir, wenn ich sinken will, liebevoll auf. David hatte doppelt schwer gesündigt.

Vom

Propheten Nathan erschütternd gewarnt, gieng er

in sich und brach in die Worte seines,

von auf­

richtiger Reue zeugenden, erwccklichcn Bußpsalms aus.

Was konnte er auch zunächst anders thun?

Gort hatte er durch dje Uebertretung seiner Gebote

am meisten beleidigt.

Gott mußte er also zuerst

seine große Verschuldung abbitten, um seiner Mis­ sethat, wo möglich, entledigt zu werden.

aber? —

Wie

David wendet sich in dieser angstvollen

Herzensangelegenheit lediglich an Gott,

und er­

wartet von Gott die ganze Abhülfe des Schadens?

Nicht also;

und wäre es dennoch, so hätte auch

David geirrt.

Die Kraft zur Bekehrung liegt im

Menschen selbst,

Gott hat sie ihm gegeben, wie

alle gute und vollkommene Gaben.

Aber so hat

sie auch der Mensch, diese Kraft, sich zu bestem.

Gebrauchte-er sie nicht, verließe er sich bequem auf

fremde Hülfe, wär' es auch die Hülfe Gottes selbst, bliebe er an seinem Theil unthätig zu einem edlem Selbstmtfchluß, dann wehe ihm l Bey allen-sei­ nen , auch noch so inbrünstigen Gebeten und Buß­

übungen, bey allem seinem frommen Zufluchtneh­

men zu Gott und seiner Gnade, wäre er und blie­

be er ein beharrlicher Sünder, tung verloren. Was ist demnach zu thun?

und ohne Ret­

56 1. Bekenne Gott deine Sünde und bitte ihn um Gnade und Vergebung, so wie um Kraft zu immerwährendem Abscheu des Bösen und zur auf­ richtigen Liebe für Tugend und Frömmigkeit, Recht und Pflicht; aber erwarte doch

2. von dir, von deinem ernsten und festen

Willen, dich zu bekehren, und dem Guten nach­ zukommen, das Meiste.

Wahne nicht,

der All­

mächtige werde dich auch unwillkührlich und wider

deinen Willen in die neue bessere Bahn hineinwer­

fen, dich an dieselbe feffeln und mit Gewalt dar­ auf erhalten.

Wo bliebe dann die FreyheHt und

deiner Bekehrung ganzer Werth? Vielmehr musst du dich selbst zum Guten und Rechten erheben, dich augenblicklich dazu entschließen,

und diesen

Entschluß alsobakd treulich ausführen, unter auch

noch so schwierigen Verhältnissen und Umständen, von welchen dein Geist und dein Herz desto unab­

hängiger bleiben wird, je öfterer du 5. als Christ an Jesum denken,

dir seine

große Liebe, mit der er dich bis iti den Tod geliebet hat, vergegenwärtigen,

dich trösten wirst,

und seines Friedens

des Friedens vornehmlich mit

einem versöhnten Vater,

dessen Langmurh und

Barmherzigkeit nun aber nicht weiter durch vorsähliche Abweichungen freventlich versucht werden

darf.

Der,

dem Kreuzestod« sich weihende,

hin­

scheidende Erlöser fißte das heilige Abendmahl ein

-

57

"

mit den Worten beym Kelche:

Nehmet hin

und trinket alle daraus,

das ist mein

Blut

des

euch ant)

neuen Testaments,

für

für viele vergossen wird zur

Vergebung der Sünden.

haben Sünden an uns,

nur zu wünschen, suchen ist.

das

Ach!

auch wir

deren Vergebung nicht

sondern ernstlich bey Gott zu

Lasset unü vor dem Allwissenden un­

fern Zustand uns nicht verhehlen, vielmehr erken­ ne ein jeder seine Missethat mit schmerzlicher Reue, und sehe sich ganz nach der Wahrheit, wie er ist. Demnächst werde die wirkliche Umkehr von der

Sünde und Hinkehr zur Tugend und Pflicht keinen Augenblick aufgeschoben, sondern angefangen heute,

diesen Tag, und durch tägliche Erneuerung fortge-

seßt bis zur Vervollkommnung und Vollendung. Das regeste Verlangen nach Besserung durch­

dringe jetzt in dieser Segensstunde unser aller Her­ zen,

und die treueste Vollführung kröne unsern

Entschluß,

nen,

daß wir hinfort der Sünde nicht die­

sondern der Gerechtigkeit leben in Christo

Jesu, unserm Herrn.

4.

Matth. 7f 2 4. 26. -Aeil uns, wenn unsre Seligkeit

Auf Wahrheit ist gegründet; Wenn falscher Wahn und Sicherheit Don keiner Schuld entbindet;

58 Wenn sich der Glaube durch die That Zu Tage legt, wie Jesus hat Gelehrt aus heilgrm Munde. Jesus,

unser Herr und Erlöser, sagte zunr

Schlüsse seiner Bergpredigt, die das Wesentlichste

seiner

ganzen Lehre enthält,

Wer

Wort:

diese

dies merkwürdige

meine Worte

und thut oder befolgt sie,

höret

den vergleiche

ich einem klugen Manne, der sein Haus

einen Kelsen

auf diese

nicht,

meine Rede der

gleich, bauete;

sein

aber

thut sie

und

höret

ist einem

Der

Wer

bauete.,

thörichten Manne

Haus

auf den Sand

und kann damit nichts anders beab­

sichtiget haben,

als daß er seine Bekenner zum

wahren Christenthum verpflichten wollte, nach dem nächsten Zusammenhang,

Worte stehen, Jesu sagen,

welches

worin diese

nicht im bloßen Herr, Herr! zu

nicht in leeren Worten,

Formeln

und Gebräuchen, sondern in der That und Wahr­

heit bestehet.

i. Ein geringes Nachdenken lehrt uns dassel­ be.

Was hülfe dem Menschen alle, auch noch so

gute, Einsicht und Erkenntniß, ein noch so sorg­

fältiges Aufbewahren

der gelernten Wahrheiten

im Gedächtniß und Gemüth? Wenn er nicht auch darnach thut,

nicht Gebrauch macht von seinem

bessere Wissen, wo es eben nöthig ist, so wird'S ihn nur verdammen, nach einem andern, eben so wahren Ausspruch unsers Herrn:

Welchem viel

-

59

-

gegeben ist, bey dem wird man viel suchen, und welchem viel befohlen ist, von dem wird man viel

fordern.

Ja, was hülfe dem Menschen selbst sein

noch so heißes Verlangen nach Seligkeit in Christo

Jesu, wie die von Gott vorgeschriebene Ordnung

des Heils es festgesetzt hat;

seine noch so kühne

Hoffnung, in den Himmel zu kommen? Sie kann

nie befriedigt werden diese Hoffnung, es kann nie gestillt werden jenes Verlangen,

wenn's nicht

Grund hat im Sinn und Verhalten,

Herz fern von Jesu,

wenn das

wenn e§ nicht sein wahres

und bleibendes Eigenthum ist; wenn das Alltags­

leben und gewöhnliche Thun und Treiben des Men­ schen von den,

von ihm angehörten und aufge­

faßten, Lehren, auch von den, zuweilen über seine

Lippen gehenden, Aeußerungen sich so durchaus un­

terscheidet, daß auch nicht die geringste Spur von wahrhaft christlicher,

Jesu verwandter,

Gesin­

nung bey ihm attzutreffen ist. 2. Also begnüge sich keiner mit dem bloßen Erkennen und Wissen dieser oder jener Lehrwahr-

heit des Christenthums, das gemeinhin auch ober­ flächlich und dürftig genug ist;

keiner auch nicht

mit einer ohngefähren Uebersicht des Lebens Jesu und seiner edlen Thaten, so heilsam, ja unerläß­

lich, «ine solche, möglichst genaue, Uebersicht al­

lerdings jedem ist, der Jesu Namen führt; eben

so wenig keiner mit dem blos äußerlichen Bekennt­ niß und was damit zusammcnhängt, um eine Art von Christengemeinschaft doch scheinbar zu behaup-

6o ten.

Wer an sich und sein Christenthum keine

höheren Ansprüche macht, als damit nur zu be­

stehen in den Augen der leichtgetauschten, und in

diesem Stück nur allzugcnügsamen Welt; wer nicht

Gott liebt über alles, und seinen Nächsten als sich selbst,

nicht ein wirklicher Nachfolger Jesu ist,

durch geduldige Tragung seines Kreuzes und Ver-

läugnung seines eigenen Sinnes: der führt sich ein Gebäude der Glückseligkeit auf, das einen viel zu lockern Boden hat, als daß cs unter den Stür-

men und vielfältigen Anfechtungen des Lebens fest stehen könnte,

der verfährt ganz aufs Ungewisse

und betrügt sich selbst;

er bauet sein Haus auf

Sand.

5. Auf einen Felsen soll unser Christenwerth

und unser Christenglück gegründet seyn.

dieser Fels.

Jesus ist

Jene Bauleute der jüdischen Kirche

haben ihn zwar verworfen;

doch ist er zum Eck­

stein geworden, zur Grundlage alles wahren, zeit­ lichen und ewigen Friedens.

Nicht bloß gelehret,

auch selbst auß treueste geübet, hat er, der Herr, jede Tugend, und sich damit aufs unwiderleglichste

beglaubiget als den Gesetzgeber der Walt. Vor ihm, depr großen Lehrer der Wahrheit,

beuge sich die Gemeine der Christen und preise ihn, dm Mächtigen von Thaten und Worten vor Gott und allem Volk.

Vorzüglich erglühe das Herz

von Ehrfurcht, Dank und Liebe in einer Stunde der Andacht, wie die gegenwärtige, welche Christengenosscn zum Empfange des heiligen Abend-

6i mahls versammlet,

daß sich ein jeglicher prüfend

hier frage: ob er bisher nicht blos gehört, sondern

auch befolgt habe den treuen Unterricht seines Mei­ sters und Herrn; ob er den Grund seiner Seligkc.t

in sich selbst zu legen angefangen habe durch Fleiß in guten Werken? Kein herkömmliches Gewohn-

heitöwerk, und gedankenloses Beginnen, kein trü­ gerischer Heuchelschein und Menschen täuschender Vorwand,

so wenig als hartnäckiges Beharren

entweihe diese heilige

bey dem, was unrecht ist,

Handlung vor dem HerzenSkündiger.

Nein, wah­

re aufrichtige Liebe des Heilands und Treue in sei­

nem Dienste und in der Uebung der Gottseligkeit sey das eben so schuldige,

als würdige,

Opfer,

womit wir, wir alle hier möchten erschienen seyn,

um es Jesu darzubringen.

5. Matth, li,

s8.

(AuS der Zeit der Drangsal, im Herbst des Jahres 1806.)

Du,

Herr! hast aus Barmherzigkeit, Zum Denkmahl deiner Gnaden, Die fromm« Schaar der Christenheit Wohlthätig eingeladen.

Du rufst: Mühsel'ge, kommt zu mir! Jetzt kommen, Heiland! wir zu dir,

Mühselig und beladen. Du, Herr! bn weißt, was unS gebricht, Entzeuch «ns dein; Gnade nicht.

62 In der gegenwärtigen drangsalsvolien Zeit, WS

Krieg und Kriegsgeschrei uns umringt,

wo der

mit großer Macht durchziehende Feind so oft uns

Heimsucht und unsere Ruhe grausam stört, da hat jeder, nur einigermaßen unglücksfreye, Tag, den

wir unangefochten verleben, ja jede ruhige Stunde einen doppelten Werth für uns,

und fordert uns

auf zum, Dank gegen Gott, der sie uns zu eitriger Erholung schenkt.

Auch die gegenwärtigen,

Andacht gewidmeten.

der

Stunden haben wir aus

diesem Gesichtspunkte zu betrachten.

Sie sind ei­

ne wehmüthige Erinnerung ,an die vorige, in ihrem

hohen Werth oft nicht, erkannte, Friedenszeit, die wir jetzt so schmerzlich entbehren, nach nichts uns

mehr sehnend, als nach ihrer baldigen Wiederkehr, na>h der Rückkehr einer Zeit,

wo wir uns wieder

sicher zur Andacht sammlen können, ohne zu fürch­

ten, wie jetzt, daß dieselbe durch feindlichen Ueberfall dürfte unterbrochen werden.

Deshalb ma­

chen unö aber auch die gegenwärtigen, dem schwe­

ren Verhängniß, das über uns waltet, gleichsam abgedrungenen, Stunden kein Wort der Schrift

wichtiger,

als die herz- und liebevolle Aufforde­

rung des Heilandes:

alle,

Kommet her zu mir-

die ihr mühselig (ermüdet) und be­

laden seyd,

ich will euch erquicken,

ich

will euch trösten, die ihr von Schmerz und Trau­

rigkeit überwältiget seyd, und im Hinblick auf das

Dunkel der Zukunft fast keine Hoffnung mehr

habt.

63 1. Wer sind die Mühseligen,

Beladenen,

welche der Herr Jesus hier meint? Dies Wort des Herrn mag zunächst auf die Juden jener Zeit gehen,

die sick> unter dem Religionszwange vieler

hergebrachten Förmlichkeiten ihrer beschränkten Leh­

rer befanden, und stch schon insofern sehnen muß­ ten nach einem gereinigten Gottesdienst.

Dann

werden insbesondere die den Fluch des Gesehes Füh­

lenden ,

die Last ihrer Sünden Tragenden darun­

ter verstanden, die ihr Gewissen ängstigt, daß sie

sich an Gott versündiget und seine Gnade verscherzt haben! Und endlich, wer wollte diesem Ausspruche

Jesu nicht auch die allgemeine Bedeutung einräu­ men, daß jeder Unglückliche, mit harten Schick­

salen Kämpfende, den Druck der Zeit beseufzende

Erdenpilger ein solcher Mühseliger und vor andern Beladener heiße; wer könnte in Abrede seyn, daß

diese Worte jetzt auf uns eine nahe Anwendung

leiden, auf uns, deren äußere Lage, der fremden Willkühr Preis gegeben, in aller Art so traurig ist?

2. Uns will der Herr erquicken und unsere Wünsche stillen,

wenn wir irgend eines so hart

-rückenden Uebels wegen in Unruhe und Verlegen­

heit sind.

Sind es also Sünden, die dein Gewis­

sen beschweren, und deren reuevolles Andenken dich

fast

zur Verzweistung bringt,

Wort:

Jesus

nimmt

die

höre des Herren Sünder

kein Bußfertiger naht sich ihm trostlos. —

an; Oder

sind es die Lasten der Zeit, an denen ein jeder zn heben und zu

tragen hak;

ja waren es beyde



61



Uebel zusammen, die äußere Drangsal und die Gewisscntzschuld,

andere

in

und schärfte das eine Uebel

böser Wechselwirkung

auf das also

doppelt angefochtene Gemüth: der Herr ladet hülfreich zu sich ein: Einer,

Kommt her zu mir alle,

nicht Etliche,

nicht

alle sollen Barmherzigkeit

erlangen und Gnade finden, Erleichterung,

Er­

ledigung, wie sie jeder bedarf. 5. Wie kommen wir zu Jesu?

Persönlich

können wir freylich ihm hier uns nicht nahen: daS war seinen damals lebenden Zeitgenossen vorüber­

gehend vergönnt, das ist, wir hoffen es, künftig seinen Treuen bleibend Vorbehalten im Himmel. Hier kommen wir zu Jesu:

a) wenn wir an ihn wahrhaftig glauben als an

den Sohn Gottes und Erlöser der Welt, als

den, den Gott gesandt hat, daß er uns- ftey mache vom Dienst der Sünde und ihrer Stra­

fe und Schuld, wie von der Herrschaft der Unwissenheit, des Irrthums und der Finster­ niß ; wenn wir daher jede Gelegenheit ergrei­

fen,

uns immer mehr bekannt zu machen

mit dem, was die Schrift von Jesu zeuget,

und so dieß Zeugniß

fw ganz untrüglich

halten; b) wenn wir ihn uns zum Muster nehmen im Sinn und Verhalten,

ganz in seine Fuß­

tapfen treten, und nicht allein mit Worten, sondern mit der That und Wahrheit seine frommen Verehrer sind.

65 •) Wenn wir uns vornehmlich trösten mit der Betrachtung,

daß Leiden und Trübsal nicht

selten die besten Menschen trafen,

und daß

selbst Jesus daö Acußerste erdulden mußte, ehe er eingicng zu seiner Herrlichkeit.

Em

vorzügliches Mittel, zu Jesu zu kommen, ist:

d) die andächtige Feier

mahlö,

des heiligen Abend«

um sich ün seiner Liebe festzuhalten;

und sich alle Heils - und Segensgüter seines

Bekenntnisses zuzuwenden durch fromme Er« innerung an sein Leben, Leiden und Sterben. 4. So wollen denn auch wir jeht,

die wir

uns in unserer großen Unruhe und Mühseligkeit

hieher geflüchtet haben, ay diesen Altar des Herrn ungesäumt kommen, ja eilen zu Jesu, und zuvör­ derst Gott anrufen,

daß er unö ungestört von in­

nen und außen diese Andacht vollbringen und sie uns also halten lasse,

daß unser Herz und Geist

dadurch genähret werde zum ewigen Leben.

Hilf uns dazu, liebevoller Heiland voll

göttlichen Segens und göttlicher Huld! Zu

dir sollen wir kommen, und aus deiner Nahe «immer weichen.

Im Glauben und Gehor­

sam wollen wir dich suchen, und du wirst dich von uns finden lassen.

Muthig wollen

wir in uns die Macht der Sünde bekämpfen,

und desto standhafter ertragen die Drangsal der Zeit. Verlaß uns nimmer und bleibe Gebauer S Anleitungen. Q

66 bey uns alle Tage »ach deiner Verheißung mit deiner schützenden,

segnenden Kraft.

Mache uns int Voraus bereit, dir zu folgen, wenn du unS naher zu dir ruffst.

Dann

werden wir aller East entledigt, die hier nns brückt, und über alle Unruhe erhaben, fromm

und freudig von hinnen gehen, und deinen Frieden mit uns nehmen, den uns kein Feind

je rauben kann. 6. Matth. 18,

n.

Frieden, Trost und Seelenruh' Fließt, Herr, von dir unS allen zu Im Leben und im Sterben. Du, unser Heiland, JesuS Christ, Du suchest, Vas verlöre» ist, Und rettest vom Verderben.

Ist je ein unvergängliches Wort dessen, der gesagt hat: Himmel und Erde, werden vergehen, aber seine Worte nicht, zu unser aller Heil gespro­ chen, so ist eö dieses: Des Menschen Sohn

ist gekommen,

zu

suchen

machen, das verloren ist.

und

selig zu

Eine jede Rede

und lehre Jesu ist theuer und werth dem Christen,

und muß es ihm seyn: aber über alles heilig und

wichtig bleibt ihm diese Versicherung^ welche der ?spostel in den bekannten Worten wiederholt: da­

ist ja gcwisilich wahr und ein theuer wer-



67



khes Wort, daß Jesus Christusg^kommen ist,

die Sünder selig zu machen.

1. Wer find aber die Verlornen, die ZesuS sucht?

Ihre Zahl ist groß;

denn ohne Wider-

spnrch find hierher zu rechnen a) alle, die sich zwar selbst nicht für Verlorne halten, es aber darum nichts desto weniger

alle Stolze,

sind:

von sich Eingenommen

ne, ihrer Meinung nach völlig Schuldlose, Tugendhafte und Fromme,

die verblendet

genug sind, selbst ihre Fehler für etwas Gu­

tes zu halten,

also nimmer an Besserung

denken, und wie sie auf dem Wege her Bu­ ße und Bekchrung Vergebung der Sünden

empfangen möchten.

b) die offenbaren Verächter der göttlichen Gnade, die sich über alles Christliche und Gott Wohl­

gefällige muthwillig hinwegschcn, ihr Herz gegen die Währheit verhärten, und sich durch

Nichts,

weder durch Lehre,

noch Beyspiel,

weder durch Drohung, noch Verheißung der Schrift

zur Sinnesänderung wollen bewe­

gen lassen.

e) Auch trte an sich selbst Verzweifelnden, über

ihr begangenes Unrecht tief niedergeschlage­ nen,

affen Trost von sich weisenden Seelen

die da meinen, wie Cain, ihre Sünde sey grö­ ßer,

als

könnte,

daß sie ihnen vergeben werden

und deren Gewissenswunden aller­

dings sehr böse und gefährlich find.

E 9

Endlich

68 d) alle, mehr oder weniger Abgewichene, Ver­ irrte,

welche di« ihnen von Jesu vorgezeich­

nete Bahn nicht pünktlich halten,

denen es

die meisten Male an dem nöthigen Ernste und an der treuen Beharrlichkeit fehlt,

wenn eS

auf Beherzigung und Besorgung dessen an­ kömmt,

was zu ihrem wahren Heil und

Frieden gereicht.

2. Sie sucht Jesus

») durch sein Evangelium, durch den Inhalt feiner Lehre,

läßt;

die er jedem ans Herz legen

durch den Unterricht,

dem Jüngling,

gegeben wird,

der nicht nur

der schon dem zarten Alter

daß er frühzeitig seiner Wir­

kung nicht verfehle; sodann durch die öffent­

lichen Vorträge der Religion, die an die Er­ wachsenen gehalten werden,

und die nicht

uur als nützliche Wiederholungen,

sondern

als gute Zugaben und Erläuterungen des

früher Gelernten anzusehen sind. b) durch sein heiliges Vorbild und Leben.

Da­

zu sind wir berufen, daß wir sollen Nachfol­ gen seinen Fußtapfen.

Die höchste meyschli-

che Vollkommenheit stellte er, der Herr, an sich im reinsten Bilde dar, das wir nie ohne

Segen anschauen, das uns zur Nachahmung reizt, und Sinn und Wandel heiliget zum ewigen Leben.

, erwögt es, was der Mund

Da versprach! Zu eu'rem Frommen Dringt an diesem Weihaltar

Jesu neue Andacht dar!

Jesu- Christus, unser Herr, sagte einst zu seinen Jüngern die merkwürdigen Worte:

bin der Weinstock,

Ich

ihr seyd die Reben;

wer in mir bleibet und ich in ihm,

bringet viele Frucht,

der

denn ohne mich

könnet ihr nichts thun. Gern, wir sind es so vom Herrn gewohnt, spricht er in Gleichnissen, so auch hier; und ein geringes Nachdenken über den Sinn dieser Worte

zeigt uns die innige Verbindung an,

in der wir

mit ihiu stehen sollen, wenn er hier sich uns dar­

stellt unter dem. Bilde eines frischen Weinjiocks, dem gesunde Reben entsprießen, die aber getrennt

-

«9

-

vom Stamm, dahinwelken und verdorren.

wir,

Auch

wir alle, Kleine und Große, Junge und

Alte, sollen so eng mit ihm verbundan seyn, als

Reben am Weinstock,

sollen als Glieder an un­

serm Haupte hangen, und nichts so sehr- fürchten,

aber auch nichts so weise verhüten, als Trennung von ihin.

Dazu gehört aber:

1. Die gewissenhafte Untersuchung, ob wir bisher Jesu angehörten, wie wir sollten, ob wir

»ins nichts, gar nichts unchristliches bewußt sind» was, wenn auch nur auf Augenblicke, Trennung

vom Haupte zur Folge haben könnte, ob wir auch

in der Anfechtung und Widerwärtigkeit, unter dem Druck des Kreuzes, oder bey den Schmeicheleyen des Glücks, in der Stunde der Versuchung, und

wo die Verführung ihre Netze auswirft, im Ver­ ein mit Jesu bleiben, ohne uns das Kleinste nach-

zuschen? 2. Die aufrichtigste Erinnerung und unge­

säumteste Ausführung des Vorsatzes, jedes stören­ de Mißverhaltniß zwischen uns und Jesu zu he­

ben, und aus unserm nunmehrigen Verhalten zu entfernen, weil auch schon die kleinste Abweichung

von ihm zu wahrhaft christlichen Gesinnungen und Thaten untauglich macht.

Solches Eifers und

Bestrebens, mit ihm immer im heiligen Bunde

zu seyn,

ist er, auf dessen wieder zu gewinnen­

des Vertrauen es hier ankommt,

stritten werth.

ja wohl unbe­

Ja, laßt uns ernstlich um seine

verlorne Liebe werben, wir sind sonst in Gefahr,







wie abgestorbene Reben behandelt zu werden, de« nen der Stamm,

dem sie gehören,

Kraft und kein Leben mehr giebt.

nun feine

Dann laßt uns

5. die gottesdienstlichen Anstalten in der Chri­ stenheit schätzen, in welchen und durch welche jede

Frucht des heiligen Geistes um so eher zur geseg­

neten Reife kommt, je erbaulicher und ansprechen­ der diese sind für den Geist und das Herz, und je siejßiger und zahlreicher die öffentlichen Vcrsammlungshäuscr der Christen sich mit andächrigen Theil«

nehmern füllen;

aber auch im andern Fall,

je

mehr überall treue Botschafter an Christi Statt das Evangelium des Friedens verkündigen und ih­ ren großen Beruf ehren, daß sie die ihnen Anver-

trautcn bitten und ermatzncn: Lasset euch ver­ söhnen mit Gott! vorzüglich, wenn das Abend­

mahl des Herrn zum Genusse bereit ist,

daß es

durch die Vergegenwärtigung des Todes Jesu das seligmachendc Wort von der Versöhnung in uns

aufrichte und bestätige. 4. Was aber die Hauptsache ist, wir sollen

«nS einer freudigen Nachfolge unsers großen Vor­ gängers befleißigen,

schwer.

sey sie auch mühevoll und

Dazu sind Christen berufen durch alles,

was ihnen nur irgend heilig seyn kann, vorzüglich

aber durch diese edle Bestimmung, als Glieder sei­

nes Leibes nicht unfruchtbare Reben zu seyn.

Denn

wer

5. so in Jesu bleibet und Jesus in ihm, der bringet viele Frucht,

und ohne ihn können wir



91



nichts thun, nichts wahrhaftig Gutes wirb uns nämlich ohne Jesum gelingen. Was nicht auS -em Glauben gehet, sagt die Schrift, das ist Sün­ de dem, der den Glauben haben und nach besserer Einsicht und Ueberzeugung handeln kann, aber eS zu thun unterläßt. Also auch wenn wir Christen seyn wollen, und doch uns lossagen von Jesu, können wir wenigstens als Christen nichts Gutes zu Stande bringen, einen christlichen Werth gäbe es uns nicht, was immerhin Gutes von unS

geschahe. Das sollen wir beherzigen als eine hei­ lige Wahrheit, und demnach Jesu innig angehoren, wie ftische Reben dem Weinstock, daß wir von ihm unser edelstes Leben, unsere beste Kraft empfahen, und insbesondere jetzt hier bei diesem Altare Jesu aufs neue verpflichten zur treuesten Beharrung.

Auf diese Beharrung kommt bey jedem Chri­ sten alles an, vorzüglich bey Euch, ihr jungen Pflanzen im Weinberge des Herrn, die ihr dem­ selben erst vor Kurzem anvertrauet wurdet unter­ heißen Segenswünschen und Gebeten für ein ftöhliches Gedeihen. Heute zum ersten Male genießt Ihr das Vorrecht der Christen, bey der Tafel der Gnade zu erscheinen, die der Herr zum Heil und Trost allen denen bereitet hat, die ihn wahrhaftig lieb haben. O liebet ihn von ganzem Herzen, denn er hat Euch erst geliebet. Noch sind ja wohl die guten Eindrücke jenes, für Euch so wichtigen, Ta­ ges nicht erloschen, als Ihr (eben hier an dieser

92 Stätte) Euer Christengelübde ablegtet, Jesu bis in den Tod gehorsam und treu zu seyn.

Jene

ftyerliche Zusage erneuert Ihr heute als Mitge­

nossen seines Mahls.

Dank und neue Liebe,

Weihet ihm heute neuen

mit rechter Inbrunst der

Seele und frommer Geisteserhebung.

Und so wir

alle! Der Andacht heilige Segenskrast soll das Al­

ter, wie die Jugend, durchdringen, keine Zeit und Fein Gebrauch soll je das Gute schwächen.,

das

Jesu Abendmahl für's Herz und Leben Hat,

weil

jede wiederholte Feyer desselben uns mit ihm, un­ serm Herrn, neu verbindet, und seiner seligen Ge­

meinschaft,

zu welcher wir berufen sind, immer

fähiger macht. Unaussprechlich sel'ge Frucht Schmeckt, wer sich mit dir verbindet, Dich, den Herrn, von Herzen sacht,

In dir seinen Heiland findet. Laß uns edle Neben seyn An dir, Herr.' So find wir dein.

Amen.

err, du hast auch mir bereitet, Was jum wahren Wohl mich leitet: Licht, den Weg des Heils zu finden, Trost bey dem Gefühl der Sünden,

Kraft, der Bessrung nachzujagen, Mnth, des LebcnS Last zu tragen,





willig Entbehrte,

standhaft Erduldete,

Ach überschwenglich entschädigen wird. 5. Das heilige Abendmahl soll diesen Glau­ ben an Jesum,

diesen Trost des Glaubens, diese

Hoffnung deö ewigen Lebens in uns stärken. -Wer konnte denn hier anders erschienen seyn, als mit

so andächtiger, zu Gott erhobener Seele, worin nur fromme Gefühle wahrer christlicher Besserung

sich reg"», so wie herzlicher Liebe zu Jesu und ei­

nes aufrichtigen Dankes? Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig.

Diese 'evangelische

Wahrheit rufe sich in diesen Augenblicken der An­

dacht ein jeder selber zu mit treuem Munde und

Herzen, daß er in dieser Wahrheit wandle, und allezeit beständig darin erfunden werde durch die Kraft des heiligen Geistes.

1O1 14« Röm.

IS,

18.

(Bald darauf, als mehrere Gemeindeglieber ohne erhebliche Ursache sich gerichtlich

verklagt hatten.)

Der du die Liebe selber bist Und gern uns Menschen segnest. Ja selbst dem, der dem Feind auch ist. Mit Wohlihun noch begegnest: O bilde unsern Sinn nach dir, Und laß uns, o Erlöser, hier,

Wie du gewandelt, wandeln. Die können keine Christen seyn, Die ßch nicht andrer Wohlfahrt freu'n, Und unversöhnlich handeln.

Jst's möglich,

so

viel an euch ist,

so haltet mit allen Menschen Frieden. So wahr und dringend ermahnt der Apostel

des Herrn zu einer Tugend, die in der menschlichen Geselffchaft und für dieselbe von so großem Wer­ the ist, daß da, wo sie entweichet, nicht nur al­

les Glück des Lebens fieucht,

sondern auch der

menschlichen Pflichterfüllung große Hindernisse in den Weg treten, an deren Hinwegräumung bey sich

selbst und bey andern, jedem Rechtschaffenen gar viel gelegen seyn muß.

Billig sollte die Bewah,

rung der christlichen Friedfertigkeit allgemeiner und

strenger

in Ehren

gehalten werden;

namentlich

sollte man überhaupt in christlichen Gemeinen bey

102

jedem Anlaß zum Streit,

der freylich wohl nie

ganz umgangen werden kann, mehr darauf bedacht

seyn, zu halten die Einigkeit im Geist durch das

Band des Friedens;

sollte nicht aus jeder uns

nicht wohlgefälligen Handlung des Andern,

aus

jedem zweydeutigen Wort, ja aus jedem zu viel oder zu wenig sagenden Blick, alsobakd Grund zum

lauten Mißvergnügen, oder gar zur gerichtlichen Klage nehmen, vielmehr vergeben,

und zum Besten kehren,

entschuldigen

was möglich ist, und

erst nach wiederholten Beweisen einer absichtlich

zugefügten Kränkung den Schuh der Gesetze dage­ gen suchen. — nicht.

Aber gewöhnlich geschieht das

Häufig giebt es Partheyen, große und klei­

ne, die feindlich einander gegen überstehen.

Kei­

ner will nachgeben, keiner den Anfang machen mit

der Wiedervereinigung; und so wurzelt diese arge Gesinnung immer tiefer,

dis sie so leicht durch

nichts mehr aus der Seele auögerottct werden kann.

Möchten Erfahrungen dieser Art seltener ge­ macht werden; möchte, wenn, wie jetzt hier, eine christliche Gemeine sich sammlet zum Tisch des

Herrn, diese aus lauter würdigen Gliedern bestehen, welche, weit davon entfernt, mit unversöhnlichen

Herzen herzuzunahen, zuvor nicht unterlassen ha­

ben, hinzugehen, um sich mit dem Bruder zu ver­ söhnen, der auch vielleicht nur etwas wider sie hatte,

und so allererst gekommen seyn, Christengabe.

zu opfern ihre

Ist daS unter uns gehörig beob-



io3



achtet worden? Ist Keiner, auch »licht Einer, hier vorhanden, der den Gang zum Richter seines Geg­

ners wohl finden konnte, nur nicht den Gang zu seinem Herzen? Keiner, der nicht alte Grollschaft

bey sich nährte,

selbst hier noch vor dem Bilde

des Gekreuzigten sein Herz damit entweihte, wenn gleich der Streit schon beygelegt ist durch richter­

liche Entscheidung? — 0 was hätte ein solcher

wohl dringender zu thun, als unwillig über sich selbst zu werden, sich vor Gott zu demüthigen und das

bisher so unchristlich Versäumte nachzuhohlen> so­

bald er diese Stätte verläßt.

Nichts muß ihm

wichtiger seyn, als seiner Seele den Frieden zu er­

kaufen, der ihn selbst der Gesellschaft, zu der er

gehöret,^ wiedergiebt,

von dem der Friede mit

Gott und der Friede^mit sich selbst ft sehr abhängr,

ja dessen gute beglückende Folgen von unendlicher Dauer sind.

Mit Recht fordert darum der Apostel

des Herrn: ist's möglich, soviel an euch ist, so haltet mit allen Menschen Frieden l

i> Mit allen: zunächst mit denen,

mit

welchen wir in näherer und nächster Verbindung stehen,

als Familienglieder,

nahe Angehörige,

Verwandte und Hausgenossen; dann als Nachbar»

und Ortsgenossen, denen so vieles gemein, und

wo des Einen Sache auch Angelegenheit des An­ dern ist,

also die Glieder Einer Gemeine,

di«

Teilnehmer an Einer Kirche und Einer Tafel beym heiligen Abendmahl.

Aber dann weiter auch mit

Vielen, die uns nicht so nahe sind, mit allen,



j o4



sobald wir mit ihnen in Berührung kommen und Versuchung da ist,

daß das Band der Liebe und

des Vertrauens getrennt werden möchte, welches

die

rmyerdorbene MenschenKatur gern mit allen

unterhält; jedoch mit der Einschränkung,

welche

der Apostel sehr bestimmt und vorsichtig hinzufügt s. ist's möglich,

insofern die Fortdauer

oder Herstellung des Friedens und guten Verneh,

men- nicht mit höheren Pflichten streitet.

So darf

denn der, welcher wegen seines Verhältnisses, Am? teö und Berufs auf Zucht und Ordnung halten

soll, aus unzeitiger Verträglichkeit nicht nachsehen

und alles gut seyn lassen.

Wem es irgend obliegt,

im Kreise und Orte seines Wirkens und Berufs,

für Wahrheit und Pflicht, Billigkeit und Gerech­ tigkeit zu reden und zu handeln,

Furcht,

den Frieden zu stören,

der darf aus

nicht still dazu

schweigen, der soll selbst die Feindschaft nicht scheuen,

die ihm dadurch erwächst.

Endlich, wenn alles

wiederholte Bemühen und jedes nur zu bringende Opfer, um den aufgebrachten Gegner zu gewin­

nen, vergeblich seyn sollte, so daß nur eigene gros­ se Gefahr zu befürchten stände für den zu viel

nachgevendcn Theil, und an jedem guten Erfolg

einer, auf alle Weise versuchten, Annäherung ver­ zweifelt werden müßte: dann, unter solchen Um­

standen ist die Wiederherstellung des Friedens und die Beendigung des Zwiespaltes nicht m»hr von unserer Möglichkeit bedingt;

dann kann Keinem,

der in solchem Fgli ist, ein Vorwurf darüber ent-



io5



stehen, daß er den Frieden entbehrt; er ist nun des,

halb gerechtfertigt vor seinem Gewissen, vor Gott pnd der Welt,

Aber weil gemeiniglich nicht die Unmöglich­ keit, sondern die eigene Unbereitwilligkeit den Frie­ den aufhält und stört: so ist die Ermahnung zum

Frieden, wie sie Paulus giebt,

erheblich,

als

zu wichtig und

daß sie nicht besonders dann zu

Herzen genommen werden müßte,

wenn im hei­

ligen Abendmahle Christen das Andenken an den

Versohnungötod Jesu fcyern.

Nur der bösen Sa­

che von Herzen widerstrebend und feind, der Men­ schen Freund, verläugnen sie gegen den, der das Böse übte, auch wenn er es gegen sie selbst übte,

ihre christliche Gesinnung nicht,

meinen es auch

mit dem Feinde gut, so will es ja daß Christen­ thum, und suchen den Widersacher auf bessere We­

ge zu leiten, empfehlen ihn, wenn sie weiter nichts vermögen, der Gnade und Barmherzigkeit Gottes, frey von Zorn - und Rachgefühl.

Anders, meine Christen, dürfen wir vor Gott

und Jesu nicht erscheinen, als so, daß wir Liebe unter einander haben,

als so, daß wir abgelegt

haben alle Bosheit, unb allen Betrug, und Heu-

cheley und Neid, und alles Afterreden; als so, daß

ein friedfertiger, versöhnlicher Sinn uns wieder ei­ gen

werde,

sollte er uns fremd geworden seyn.

Nur daran wird jeder erkennen, daß wir Jesu achte Jünger sind; nur so werden wir würdig sein



io6



Abendmahl halten und seiner Liebe und alles wah­ ren Friedens versichert seyn.

15. Röm. 14,

17.

Gerechtigkeit, und Fried' und Freude Im heil'gen Geist beseligt dort

Und hier die Frommen, frey vom Leide, Kein Uebel trifft sie mehr hinfort. Dank dir, 0 Herr der Herrlichkeit,

Solch Heil hast du auch mir bereit.

Nach der Erde wartet unser der Himmel, und es giebt ein zukünftiges Gottesreich:

fest ist

diese Hoffnung in der heiligen Schrift und in der

Natur der menschlichen Seele gegründet. 'Und weil dieses Reich als etwas so Hohes und Wünschenswerthes geschildert wird, daß ihm der Vor­ zug gebührt vor allen Reichen der Welt und ihrer

Herrlichkeit, weil es auch an und für sich Keinen, er sey nahe oder fern, arm oder reich, klein oder groß, aus seinem Besitze auöschließt, dieser viel­

mehr jedem offen steht:

so lehrt uns das Evan­

gelium Jesu, mit heiligen: Ernste nach diesem Rei­ che trachten, hier schon ganz eigentlich dafür leben und wirken, und um das Glück, das es verheißt,

gehörig und zeitig bemühet seyn.

Was aber ge­

hört dazu? Daß sich damit nicht vereinigen könne

ritt böses gottloses Wesen, daß Gott, das höchste Gut, so offenbare Unvollkommenheiten, als Süw-

—-

io7

den und Untugenden find,

könne,

— an denen nicht dulden

die einst gewürdiget werden sollen, jene

Welt zu ererben, und mit ihm in seinem Reiche selig zu seyn;

das ist wohl jedem einleuchtend.

Jedoch auch eine kümmerliche Bereitschaft,

ein

ohngefährer Wunsch nach dem Himmel beym un» verkürzten Genusse dieser Welt, ein gemeinhin von

körperlicher Schwachheit ausgepreßter Seufzer nach Seligkeit am öden Endpunkte des Lebens, oder int Laufe desselben zuweilen gepflogene Frömmigkeit

und bloße Werkheitlgkeit ist dazu eben so wenig genug.

Nein, das Reich Gottes, die christliche

Würdigkeit zum Reiche Gottes, sagt Paulus, be­

steht nicht in etwas so vorübergehendem Aeußeen,

als z. B. Essen und Trinken ist,

nicht in Be«

freyung von dem Zwang der alttestamentlichen Kirche, wo die Menschen etliches genießen durften

und etliches nicht;

ist

sondern das Reich Gottes

Gerechtigkeit, Friede und Freude in

dem heiligen Geist.

i. Gerechtigkeit.

Keine ärmliche Unbe-

schoktenheit und Tadellosigkeit der Sitte, die sich nur

frey erhielte von groben Fehlern und Sünden, und von Lastern und Gebrechen, die schon die weltliche Obrigkeit nicht ungeahndet lassen kann.

Nein,

eine Gerechtigkeit und Unsträflichkcit, die vor Gott gilt und allerdings mehr ist, als wenn die Welt

uns nicht verdammt: ein entschiedener Haß gegen

alles Döse, und eine ungetheilte Liebe für alles Gltte; ein wirklich frommer, ächt christlicher Sin»



-—

io8

lind Wandel, der nach der Lehre und dem Vorbil­

ds Jesu sich bildete, und für das dennoch Mangel»

hafte der schwachen menschlichen Tugend Verge­

bung angedeihen läßt jedem, der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist, daß Gott in Christo war, und die Welt mit sich selber versöhnet hat,

daß

durch ihn, unsern Erlöser und Herrn, die Recht­

fertigung des Lebens über alle Menschen gekommen und aller Zweifel verschwunden ist, ob Gott auch

mit unserer Frömmigkeit, wenn wir eö redlich da­ mit meinen, zufrieden seyn werde.

Also

2. Friede, Beruhigung bey dem Andenken

an Gott, dessen Vatcrliebe, wenn wir seine Kin­ der sind,

feststehet durch Jesum Christum, und

der die Seinen nie verlassen noch versäumen wird.

Dann Friede mit uns selbst, unserer Handlungen mit

Uebereinstimmung

unsern Ueberzeugungen

nach dem Willen Gottes-, und das daher entstehen­

de

genügende Bewußtseyn

von

treu geleisteter

Psticht; und endlich Friede mit dem Nächsten, so weit es möglich, so weit es christlich ist,

diesen

Frieden zu unterhalten, und höhere Gebote nicht

das Gegentheil von uns fordern. 5. Freude in dem

heiligen -Geist;

nicht, wie sie die Welt giebt, eitle, schnöde Freude,

die nicht nur wegen ihrer Flüchtigkeit, mehr noch

wegen ihrer Unlauterkeit und wegen ihrer verderb­

lichen Folgen, keinen sonderlichen Werth hat; nein, Freude, wie sie Jesus giebt, eine reine, unschul-



log

~

dige, das Herz in Wahrheit erhebende, Freude,

die niemals gereuet und ewig bestehet.

Ist solche Gerechtigkeit, solcher Friede, solche Frellde in dem heiligen Geist unser Eigenthum auf

Erden, und weichen diese edlen Vorzüge und Tu­

genden aus unsern Herzen nicht:

dann ist schon

hier Mich Gottes und Heil in diesem Reich, em Vorgefühl des künftigen.

Die Seele ist dann zu­

friedengestellt -bey jedem Wechsel der Zeit.

Aach-

theilig wirkt dann so leicht nichts AeußcreS mehr auf das, dem Himmel im Voraus schon angehö-

tende, Gemüth. Das Reich Gottes ist nicht Esten und Trin­ ken. Nothwendig beziehen sich diese Watte auch auf daS heilige-Abendmahl, wenn man daöey an

«eiter nichts, als an die sichtbaren Zeichen, Btod

und Wein, gedenken, und mit diesem Esten und Trinken keinen höheren geistigen Sinn und Werth

verbinden wollte.

Was hier am heiligen Tische

der Christen genährt und gestärkt werden soll, ist nicht der Leib, es ist die Seele, der Geist und das Herz.

Wären wir aber nur dem Leibe und nicht

auch der Seele nach hier, fänden wir keine beson­ dere Erweckung zum Guten,

keinen vermehrten

Trost im Leiden, keine neue Belebung unsrer Hoff­ nungen auf die Theilnahme akn Reich Gottes, bey dem Andenken an den Heilands dachten und em­

pfänden wir entweder gar nichts,

oder doch das

Rechte picht, wenn uns im Namen Jesu zuge-

sprochen wird: Nehmet hin und esset, das

IIP

ist

mein leib, unb trinket, das ist mein

Blut: ach! welch ein vergebliches, ja schädliches Beginnen wäre dann unser Abendmahlhalten. 2bir äßen und tränken uns selber das Gericht nach des

Paulus Ausspruch, darum weil wir nicht meinten,

was göttlich, sondern was menschlich ist, und das

Heilige von dem Gemeinen nicht nnürschieven.

Möchten

denn entgegcngesttzte,

bessere Ge­

danken und Gefüple unsern Geist und Sinn zu Jesu richten. solche,

Möchten wir uns betrachten als

die gewürdiget sind,

selige Genossen deS

Reiches Gottes zu werden, das hier durch Gerech­

tigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geist seinen Anfang nimmt in der Menschen Harzen, und

sich fortbaut in Ewigkeit.

Das gebe Gott! Seine Gnade sey uns nahe, seine Gerechtigkeit heilige uns, sein Friede tröste uns, seine Freude bese­ lige uns, Amen. iGt

r Cor.

1, So.

dich, erlöß'te Seele, Gläubig, nach des Herrn Befehle, Sein Gedächtniß fromm zu feyery,

Deinen Dank ihm zu erneuern. Auch für dich hat er sein Lebe»

Zur Erlösung hingegeben,

Dir auf Zeit und Ewigkeiten

Heil und Frieden zu bereiten.

111

Ueber den Zweck und Werth der Sendung

Jesu kann wohl so leicht kein, mäßig unterrichteter,

auch nur mittel­

Christ in gänzlicher Unge­

wißheit seyn; denn daß wir durch den uns gegebe­

nen Gottes - und Menschensohn sollen gebessert und fromm,

ruhig und zufrieden, und einst künftig

selig werden, —

so viel,

wenn's nicht mehr ist,

wird sich ja ein jeder,

von dem Grunde seines

Glaubens als Christ,

zu denken und zu sagen

wissen.

Wer sich aber ein wenig in der Schrift

umsieht, die von Jesu Christo zeuget, der findet den ganzen großen Umfang des Zwecks der Er­

scheinung Jesu bezeichnet in den Worten des Pau­

lus:

Christus Jesus ist uns gemacht von

Gott zur Weisheit,

und zur Gerechtig­

keit,

und zur Heiligung und zur Erlö­

sung,

und ist so von dieser Schriftstelle geleitet,

gesichert vor jeder unrichtigen Vorstellung.

i. Zur Weisheit. Duelle der Weisheit,

Eine unversiegbare

woraus wir schöpfen und

lernen sollen, waö uns gut und heilsam ist,

die Lehre Jesu.

ist

Ihre Vorschriften alle sind Re­

geln zum lebensklugen Verhalten; wer sie achtet

und befolget,

der ist wahrhaftig weise und klug.

So zeugt auch jede Handlung Jesu von höchster göttlicher Weisheit.

Wenn wir uns ihn zum

Muster nehmen, so werden wir vorsichtig wandeln,

nicht als die Unweisen, sondern als die Weisen, so wird unser ganzes Thun und Lassen christlich klug

112

und ohne Borwürfe, und für die fernste Zukunft berechnet seyn.

2. Zur Gerechtigkeit, zur Beförderung

wahrer Frömmigkeit und Rechtschaffenheit im Den« ken und Handeln, wie dazu. Jesus Christus die

sicherste Anleitung gegeben hat durch Lehre und Exempel. Der Lehre Jesu unir seinem Vorbilde

folgen, heißt Gottes Willen thun.

Wer aber die«

scn allerhöchsten Willen nach (erntn Kräften redlich

thut, sich vor Sünden hütet, Gott sein Leben

ei,

llget, und mit diesem ernsten Streben, gut zu seyn

und immer besser zu werdm,

der ist gerecht.

vor Gott besteht,

Auch

3. zur Heiligung ist Christus uns gegeben, daß wir uns gewöhnen,

wie wir ihn zum Lehrer

und Muster haben, das Gute, und nur das Gute zu schätzen und zu lieben , zu wollen und zu wah» len, das Böse aber, weil es böse und wider Gvk«

tes Gebot ist, zu hassen und zu meiden; daß wir unser Herz in seinen geheimsten Falten und Trieben reinigen von der Sünde, und unser Leben Gott

Widmen in der Tugend treuestem Dienst. 4. Zur Erlösung von Unwissenheit und

Aberglauben, als der Macht der Finsterniß; von

der Sclaverey der Sünde und dem Dienst der Un­

gerechtigkeit; von der ängstlichen Furcht vor Got­ tes Zorn und Strafen, die aus der Brust jede-

sich auftichtig bekehrthabenden völlig verscheucht

ist; von allem dem, was uns irgend noch hindern tvollte, die Kindschaft zu empfangen, oder zu der

115 herrlichen Freyheit der Kinder Gottes zu gelangen, die Gott als Vater lieben und durch Gehorsam eh­ ren; von allem Uebel endlich des LribeS und der Seele hier und in der Ewigkeit. Das ist der ganze hohe und heilige Zweck der Sendung Jesu, weshalb ihn Gott sandte. Die­ ser wichtige Zweck müsse nun an uns nicht verlo­ ren seyn. Wir sollen, darum gab Gott uns Je­ sum, durch ihn weise, rechtschaffene, heilige und von allem drückenden Uebel erlösete Menschen seyn

und werden. Allein durch Erreichung dieses Zwecks kann sich auch der Glaube der Christen in seiner ganzen Kraft bewähren, der freylich stets mehr in der That* und innerer Ueberzeugung von der Wahr­ heit, als in Worten und äußerem Bekenntniß bestehet. Zur Belebung dieses Glaubens, und daß auch wir den Zweck der Sendung Jesu, weshalb wir Bekenner seiner Lehre sind, an uns erreichen lassen, dazu dient vornehmlich die christliche Abendmahl^feyer, zu deren recht andächtiger Begehung wir hier mögen erschienen seyn, weil wir wohl durch nichts mehr und stärker an Jesu gestimmtes Wirken zum Segen der Menschheit erinnert werdm können, als wenn uns des Erlöstes Bild vor­ schwebt ganz nahe am Ziele, das seinem rastlosen Wirken für Menschenwohl ein blutiger Kreuzestod fetzte, und zu dem er sich aufs rührendste weihte, als er mit den Seinen die Abschiedsmahlzeik genoß» Was er, der Herr, zu unserm Heil gelehrt und Gebaner'g Anleitungen.

— gethan,

114

— wie er uns

entbehrt und erduldet hat,

von Gott gegeben ist zur Weisheit und zur Gcrech,

tigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung: das wird bey dem Andenken an die lehren Stunden unsers Herrn unsern Begriffen und Vorstellungen klarer und lebendiger.

Neue fromme Bereitwilligkeit

durchdringt unser Innerstes, seiner,

für uns sich

opfernden, Liebe nicht unwerth zu seyn.

Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, ist das

heilige Abendmahl eine Christcnanstalt, an der kein

Andächtiger Antheil nimmt ohne großen Segen für sein Herz.

Hier stellt sich uns der Herr, in wel­

chem wir haben die Erlösung Lurch fein Blut, näm­ lich die Vergebung der Sünden, selbst dar, und

fordert einen jeden zur frömmsten Benutzung so tyeurer Segensgaben auf.

Nun weiß ein jeder

Nachdenkende, was er hier soll und will,

näm­

lich Gottes und Jesu liebevolle Absichten an sich er­ reichen lassen, und weise, gerecht, geheiligt und

erlöset seyn.

Gieb hierzu, gnadenreichster Vater, jedem, der um seine Seligkeit wahrhaftig bekümmert ist, deinen Segen, daß ihm Jesus alles sey und werde, er sich seiner, als seines Erlösers, wahrhaftig tröste und freue und mit ihm lebe ewiglich.

115

>7»

2 Cor» 5,

i4. 15.

(In der Nähe des CharfreykagS»)

Ach ! sieb' ihn dulden, bluten, sterben, O meine Seele, sag' ihm frommen Dank! Sieh' Gortes eig'nen Sohn und Erben, Wie mächtig ihn»die Menschenliebe drang» Wo ist ein Freunds der je, was er gethan, Der so, wir er, für andre sterben kann. Im weiten Umfange des Gebiets der Lehren

unserer allerlheuersten Religion giebt es keine hei­ ligere Wahrheit, als dieser Jesus ist für uns gestoxben, er hat durch seine Aufopferung die

Folgen der Sünde aufgehoben und unwirksam ge­

macht, ist durch seinen Tod geworden der Men­

schen Heil und Trost und der Grund aller ihrer Hoffnung zur Seligkeit.

Diesen Lehrsatz hebt die

heilige Schrift des neuen Bundes überall so sehr hervor;

darauf gründet insonderheit der Apostel

Paulus unsere ganze Errettung und Seligkeit, wenn er uns zuruft: Die Liebe Christi drin­

get uns;

sintemal wir halten,

Einer für alle gestorben ist, alle gestorben.

däß, so

so sind sie

Und er kst darum

für

alle gestorben, auf daß die, so da leben,

hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem,

der für sie gestorben und aufer-

fianden ist». H s

116 i. Die Liebe Christi,

der «ns sein höchstes

Wohlwollen bis in den Tod geschenkt, der diesen

selbst bis auf das bitterste für uns gelitten hat, dringet uns, und wozu mehr, als zur aufrichtig­

sten Gegenliebe, die sich darthut a) durch fromme Erwägung und Anerkennung seiner großen Verdienste um die Menschheit,

und durch rechte Freude und Wohlgefallen an seiner heiligen Lehre.

Jeder Gedanke an

Jesum fordert unS zur Liebe gegen ihn auf, denn anders,

als liebend, Heil bringend,

segnend können wir uns ihn, den großmü­

thigen Menschenretter,

den hütfreichen Er­

barmet, den vollkommensten Friedensstifter

zwischen Gott und den Menschen, nicht vor­ stellen; ihn, der uns die besten Aufschlüsse

giebt über das Wesen Gottes und unser Der-

hältniß zu ihm, als seiner begünstigten Kin­ der, der uns beruhigt über die Verworren­

heit der Gegenwart und über das Dunkel der Zukunft, der durch sein eignes Exempel die Heiligkeit der Tugend bewies, die er lehrte; ja sterbend noch für seine Feinde beten, und

die so ihm stuchten, segnen konnte.

Jeder

rechtschaffene Bekenner Jesu fühlt sich also

selig, daß er ihn hat zum Führer und Vor­

bilde, an den er sich liebend anschließt, und den er, wie sich'ö gebühret,

b) durch Gehorsam würdig ehrt,

durch Be­

folgung seiner Gebote und Nachahmung seiner



Tugenden,

"7



deren treue Uebung, vorzüglich

dec. Liebe gegen die Brüder und eines thä­ tigen Strebens für Menschcnwohl der un-

zwtydeutigste Beweis der Gegenliebe seyn

wird, die wir Jesu schuldig sind. 2. Christus ist für alte gestorben, so sind sie

alle gestorben, auf daß die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie

gestorben und auferstanden ist. a) Für alle ist Christus gestorben, für alle, di« von ihm wissen und wissen wollen,

die

an ihn glauben und von ihm lernen;

für

alle,

di- Segen schöpfen aus seiner Lehre,

welche er als göttliche Wahrheit mit dem

Kreuzestod« besiegelt hat; für alle, die in seinem Tode und wie er starb, das Vorbild

ihres eigenen Todes sehen, wie sie einst wün­ schen müssen,

zu sterben;

für alle endlich,

die seinen Tod für versöhnend halten mit

Gott, für Schlüd ausgleichend', genügthuend, um der durch die Sünde verlorenen Gnade

Gottes wiederum versichert zu seyn. b) So sind sie alle gestorben.

Sterben soll

nämlich in uns der fündliche Mensch,

die

vorige sündliche bös« Beschaffenheit des Men­

schen im Stande der Sünde soll aufhören lind von keinen verderblichen Folgen mehr seyn.

Der Tod Jesu und die Liebe,

aus

welcher dieser Tod geschah, soll uns drangen.

nS eine geistliche Tödtung an uns selber vorzu-

nehmen, wie sie der Seele heilsam ist, eine gön.lche Unterdrückung alles Gemeinen und

Schlechten im D«nken,

Thun und Lassen,

eine wahrhafte Verlaugnung alles ungöttli»

chcn Wesens und der weltlichen Lüste, völlige Lossagung von dem,

was uns ver­

werflich machte in Jest» heili gen Augen.

die,

eine

Und

so ihrem Herrn angehören, sollcck hin­

fort nicht ihnen selbst leb«n,

sondern dem,

der für sie starb und auferstand; sollen nicht ihren sinnlichen Neigungen folgen,

sondern

den Eingebungen des reinen heiligen Geistes,

den Jesu Lehre, in ihnen weckt, und in-einem

neuen Leben wandeln, daö ganz der Tugend angehört.

Heilig sey unS denn vor allen andern Lehr­ wahrheiten unsers christlichen Glaubens diese,

welche wir jetzt erinnert wurden:

storben, er ist gestorben für uns.

an

Christus ist ge­ Niemand hat

größere Liebe, als die, wenn er das Liebste, daö er

hat, fein Leben, für andere läßt.

Diese Liebe hat

Jesus erwiesen, unS erwiesen; auch wir sollen in ihm das Leben und volle Gnüge haben, wir der Sünde gestorben sind.

nachdem

Und kann diese

Liebe je uns drängen und zu christlich frommen Ent­

schließungen mächtig bewegen, so wohl jetzt vorzüg­

lich in den teidenswochen deß Heilandes, und in der

Nähe de« größten aller christlichen Andachtstage,

des Todestages unsers Herrn.

Ja, unter diesen.



1J9



auf das Gedächtniß des Todes Jesu vorbereiten­

den, Umstanden erscheine uns sein HeiligesAbend­

Es werde ein bleibender

mahl zwiefach feyerlich.

Segen für unsere Seele,

daß wir fest entschlossen

seyn, der Sünde abzusterben und der Gerechtigkeit zu leben, und daß diesen unsern Entschluß hinfort

nichts ändere, noch in der Ausführung störe.

Hier, bey diesem heiligen Altare, den

wir jetzt in feyerlicher Andacht umgeben,

bey deinem Leiden selbst, o Jesu, bey deinem Kreuzeötode, den du für uns littest und

starbest, und bey deiner Liebe, die dich zu dem allen bewegte, daß du das Theuerste

nicht achtetest, um die Menschen zu erret­ ten;

hier geloben wir dir unsere schuldige

Gegenliebe.

Unser ganzes Leben soll da­

von Zeuge seyn, daß wir dir unsern Bund

Trey meint's unser Herz,

halten.

das Fleisch ist schwach.

Steh'

aber

uns in

unsrer Schwachheit bey, verlaß uns nim­ mermehr.

Amen.

18.

Philipp. 2, 5. Ä)elch hohes Beyspiel gabst du mir,

O Heiland, durch dein Leben! M^ht» ich nur stet- und mit Begier

120

Dir nachjuahmen streben. Drum flöße mit den Eifer ein. Wie du, o Herr, gesinnt;u seyn. als aus bloßen äußeren

AuS etwas mehr,

Handlungen soll unser Christenthum bestehen, durch

etwas Höheres noch und Würdigeres, als durch'S

bloße Namenbekenntniß,

soll unser Glaube sich

bestätigen, sonst würde die Religion wohl wenig

Nutzen und W-'rth für uns haben.

Zwar sollen

wir auch daö Aeußere der Kirche, ihre Herkömmli­

chen Gebräuche, ihre in die Sinne fallenden Feyer. lichkeiten und öffentlichen Verhandlungen nicht g«' ring achten, noch verschmähen; wir sollen sie viel­

mehr ehren als treffliche Belebungsmittel der An­ dacht, deren der sinnliche Mensch schwerlich ent­ behren kann,

um seinen Geist zu erheben, daS

Gemüth zu sammle»,

und den Wahrheiten deS

Evangeliums Eingang zu verschaffen in das, der

Welt sonst so leicht hingegebene, Herz.

Aber wo­

zu Christen aufs höchste verpflichtet sind, und was ihnen immer die Hauptsache bleibt, das ist Nach­

ahmung Jesu und seines uns gegebenen Vorbildes, das Bestreben, ihm immer ähnlicher zu werden im

Wollen und Wünschen,

Denken und Thun,

die Schrift dazu ermahnt in den Worten:

jeglicher sey gesinnet,

wie

Ein

wie Jesus Chri­

stus auch war.

1. Gesinnet soll jeder also seyn, Christus uns em Muster war.

wie Jesus

Diese Aehnlichkeit

121

mit Jesu wird von allen verlangt,

die sich nach

seinem Namen nennen und äußerlich seine Ange­ hörigen sind.

Freylich können wir nicht in jeder

Hinsicht seyn, wie Jesus Christus war.

Als der

eingeborne Sohn Gottes und Mittler zwischen Gott

und den Menschen, als der Erlöser und das Ober­ haupt seiner Gläubigen ist er weiterhaben über alles,

was menschlich groß und edel ist; als solcher be­ sitzt er Gaben und Kräfte, die seine göttliche Na­ tur bezeichnen, und wodurch er ewig der Unerreich­

bare seyn und bleiben wird.

Aber in der Gesin­

nung können wir ihn nachahmen und sollen es, sollen denken und empfinden,

wünschen und be­

schließen,' wie er. Keine halbe und dürftige Ent­ schiedenheit für'6 Fromme soll uns demnach genug seyn, sondern eine uns nur mögliche, ungetheilke

Eingenommenheit und Liebe dafür erfülle die See­ le, auf daß der Geist Christi in uns wohne und

nicht der Geist der Welt.

Mit dieser Gesinnung,

die sich in allem nach dem Vorbitde Jesu richtet, wie es uns in der evangelischen Geschichte zur Nach­

folge aufgestellt ist, muß aber allerdings 2. auch verbunden seyn ein unsträfliches Le­

ben,

ein solchem Sinn fürs Gitte durchaus ge­

mäßer Wandel, der sich im täglichen Thun und

tasten durch Handlungen offenbart. gehört das Vollbringen,

Zum Wollen

sonst ist das Gute un­

nütz und ohne Segen und Frucht.

Der frömmste

Glaube ohne rechtschaffene Werke ist todt an ihm selber, so ist auch das gute Herz mit allen seinen

122

Rührungen werthlos, wenn diese nicht zu Thaten werden, die dessen, was im Innern vorging, un­

verdächtige Zeugen sind.

Also empfinde Mitleid

und Erbarmen mit anderer Noth, o Christenherz!

Wenn aber dem Mitleiden in weiter nichts bestän­ de, als daß du zu dem Elenden sprächest:

Gott

berathe dich, wärme dich und sättige dich, du gä­ best ihm aber nicht, (da du'S doch wohl könntest,)

was des Leibes Nothdurft ist, was hülfe ihm das, und was hülfe es dir selbst? weil deine barmher­

zige Gesinnung dann nur Verstellung,

ja mehr

noch als Verstellung, Verspottung des Unglückli­ chen wäre.

Das sey ferne ! Lebendig bis zur That

sollst du dein menschliches Gefühl in dir erhalten. Auch wirklich so edel, als du vorgiebst, daß du'S

seyn kannst, sollst du dich zeigen, und an deinem Jesu ähnlichen, ächt christlichen Sinne keinem den

geringsten Zweifel übrig lassen. —

Sey gesinnt,

wie Jesus Christus auch war, anspruchslos, demü­

thig und bescheiden, wie er; aber so sey das auch wirklich, so sey auch dein ganzes Betragen gegen den Nächsten ohne Stolz und Dünkel; damit nicht,

wie wohl zuweilen geschiehet,

sich hinter deiner

Demuth geheimer Stolz verberge und dich völlig verunstalte, anstatt, daß du dich Jesu, dem voll­

kommensten Muster nachbildest. —

Dein Herz

erglühe dafür, aber dein Wandel folge nun auch willig nach,

und bewähre sich rechtschaffen und

treu in jeder Anfechtung.

125

Daß unsere Ähnlichkeit mit Jesu keine an­ dere, als eine so aufrichtige, seyn dürfe, das liegt wohl außer Zweifel. Auf eine solche, und keine geringere, besteht Christus, wie alle seine Apostel.— Will mir jemand nachfolgen, sagt Matthäus im Namen Jesu, der verläugne sich selbst. Ein Beyspiel habe ich euch gegeben, daß ihr thut, wie ich euch gethan, Johannes. Christus hat für

uns gelitten und uns ein Vorbild gelassen, Pe­ trus. Ein jeglicher sey gesinnt, wie JesuS Chri­ stus auch war, Paulus in den schon angezeiqten Worten. Und wahrlich, ein edleres Vorbild kön­

nen wir uns nicht zum Muster nehmen, besser, und hiermit auch seliger, können wir nie berathen seyn, als in Jesu heiliger Rahe; und Entschlies­ sungen, ihm uns immer mehr zu nähern, sind gewiß die würdigste Vorbereitung zu der Andacht, weshalb wir hier versammlet sind. Wem könnte es hier, beym Tische des Herrn, an solchen Ent­ schließungen fehlen, wem aber an Kraft, sie zu vollbringen, wenn der Geist Christi in ihm wohnt.

Wir bitten dich, Barer! um diesen Geist des Sohnes, daß er uns heilige, regiere und starke, und uns Jesu Christo immer ähnlicher mache, der uns dazu er­ kaufet har, daß wir sein Eigenthum wer­ den und es bleibe« allezeit, Amen.

124

»9«

2 Timoth. 2,

8.

H» im Gedächtniß Jesum Christ,

O Seel«, der auf Erden

Do« Gottes Thron gekommin ist,

Ein Heiland dir ;u werden. Vergiß sein nicht; denn dir ZU gut Vergoß er sein so theures Blut; Dank ihm für diese Liebe. Daß wir das Adventen Jesu ehren, und von

einer so frommen Erneuerung feines Gedächtnisses

auch öffentlich und feyerlich Zeugniß ablegen von

Zeit zu Zeit: das ist eine von den Pflichten, von denen

sich Keiner

lossagen

kann und lossaget,

dem die Religion Jesu und der Glaube an ihn

nur einigermaßen wichtig ist.

Wir nennen uns

Christen, Bekenner des Heilands Lehre, gehören zu seiner Gemeine, und genießen die Vortheile und

Vorzüge der christlichen Gesellschaft; folglich kön­ nen wir uns ihres Stifters auch nicht oft genug

erinnern.

Auch uns ist es gesagt, einem jedem

unter uns, was Paulus feinem Freunde und Schü­

ler Timotheus zuruft in den Worten; Halte im Gedächtniß Jesum Christum,

der auf­

erstanden ist von den Todten.

i. Das nicht zu thun, feiner vielmehr zu vergessen, dessen Sendung, L chen und Schicksal ja

di« höchste Bedeutung und

Dichtigkeit für uns alle

har, f.ch ausznschließen von Der Gemeine des Herrn,

125

und selten oder nie sein Abendmahl mitzufeyern:

daS wäre schon wider den äußern guten Wohlstand, den wir als Mitglieder der christlichen Religionsgesellschaft zu beobachten haben, und also höchst unschicklich für uns.

Aber es wäre wenig, wenn

es nicht mehr wäre, es wäre

2. auch höchst unedel und undankbar, wenn

uns die theure Vcrpstichkung, die wir dem Anden­

ken Jesu schuldig sind, so wenig rührte,

wenn

wir uns nicht gern und öfterer wieder erinnern wollten dessen, der für uns geboren ward und leb­

te,

ja der zur Bestätigung seiner Lehre den blu­

tigen Kreuzestod litt und starb, dann aber auch

durch Gottes Allmacht am dritten Tage das Grab

verließ zu unsrer aller Beruhigung und Trost, um

uns die Hoffnung zuzusichern auf ein zukünftiges Leben, das aus den Trümmern der Gegenwart hervorgehcn wird.

Im Gegentheil

5. wie gut und heilsam ist es nicht für uns,

für die Vermehrung des so wichtigen Abscheu's

gegen die Sünde, und für die Stärkung zur Tugend und Psticht, für die Erhaltung unserer Ruhe und

die Belebung unsrer Hoffnungen auf das Dunkel der Zukunft, daß wir an Jesum gedenken, und

seine Unterweisungen zur Seligkeit uns zu Gemüth führen können, daß wir uns die Bahn, die er vor uns gewandelt ist, merken und zum Muster neh­ men, daß wir uns erinnern können seiner Liebe, mit der er Freunden und Feinden begegnet, daß

wir uns erfreuen feines hülfreichen Erbarmen-

126

und seiner verzeihenden Großmuth, daß wir sein« Tugenden alle bewundern können, aber auch nach­ ahmen, und unsern Glauben an ihn, den Erlöser der Menschen, immer mehr befestigen» 4. Also ist eS unbedingt nothwendig, Jesum

im Gedächtniß zu behalten, und das Andenken fei­

ner Tage zu heiligen und zu ehren.

Am wenigsten

darf die Feyer des heiligen Abendmahls bey Seite gesetzt und unterlassen werden, da der Herr Jesus in der Nacht, da er verrathen ward, ausdrücklich

zu seinem Gedächtniß diese Feyer verordnete, zu deren würdigen Wiederholung die Apostel Jesu so

dringend ermahnen,

nahe,

nicht minder das jedem so

natürliche Gefühl der schuldigsten Dank­

barkeit. Möchte also keiner hier gegenwärtig seyn, dem es nicht ein erwecklicher Zuruf wäre,

Wort des Apostels:

das

Halte im Gedächtniß Jesum

Christum, der auferstanden ist von den Todten;

Keiner, dem bloß äußerer religiöser Anstand, ein aus der rechten Quelle nicht stießendeS Gefühl sür'S

Schickliche diesen Zwang angethan hätte, hier er­

schienen zu seyn;

vielmehr sey vorzugsweise di«

große Pflicht dankbarer Erinnerungen der edle Be­ weggrund aller, warum sie sich abermals sammleten zum Altare des Herrn, damit sie sich ehrfürch­ tig und freudig den in ihrer Seele vergegenwärti­

gen, der ihr Erlöser ward, und ewig ihr Fürspre­ cher seyn will, der sein Blut vergoß für Vleke zur

Vergebung der Sünden,

und jedem

christlich

127 Glaubenden, Liebenden und Hoffenden Segnungen

zuwendet, die nicht blos für diese Erde, die für

den Himmel Bestand

haben.

Heil un6, wenn

frommes Andenken an Jesum aus unsrer Seele nie

weichet, wenn wir in beständiger Erinnerung an seine Lehre und an sein Vorbild, immer neue Kraft

empfahen und neuen Muth zur Tragung unsrer Le« benslast; wenn wir ihm immer ähnlicher und sei­

ner Liebe würdiger zu werden uns bestreben, und in dem allbeseligcndm Glauben, daß uns der auf­ erstandene Heiland einst alle zu sich sammlen wird,

fest und unbeweglich sind.

Dazu erwecke uns Gott, der Heilige

und Gnädige, unser Herz

daß wir durch alles, was

bewegen

kann,

insonderheit

auch durch diese Christenandacht in jeder Tugend gestartet,

und in der nahen oder

fernen Abschiedsstunde

getrost seyn,

aus

diesem Leben

und Welt und Zeit über­

winden mögen in unzertrennlicher Gemein­ schaft mit dem,

auferstand,

der für uns starb und

Amen.

20« 1 Ioh. S,

1. 2.

§aß uns mit Ernst die Sünde scheu'», Für welche du, dich opfernd, starbst; Mit schnödem Mißbrauch nie entweih'»,

128

Was du» o Jesu! uns erwarbst. Nie führe uns zur Sicherheit Der Trost, den uns dein Lod verleiht. Meine Kindlein,

ob jemand sündi­

get, so haben wir «inen Fürsprecher bey dem Vater,

recht ist-

Jesum Christum,

der ge­

derselbige ist die Versöhnung

für unsere Sünde, nicht allein aber für

die unsere,

sondern auch für der gan­

zen Welt. Diese Worte, so sehr sie allen Trost desEvan-

geliumS erschöpfen, und in ihrer kindlichen Zu­

sprache auf fromme Chtistengcmüther einen wahr­ haft beseligenden Eindruck machen, sind doch leicht wohl auch schon unrecht verstanden, ja dergestalt gemißdeutet und gemißbraucht-worden,

daß sie

gegen das Gute gleichgültig gemacht,

manchen

Unerweckten, Schlummernden gänzlich eingeschläfert, manchen Thörichten,

Verkehrten in dem Wahne

bestärkt haben, als habe es mit der Sünde soviel

nun nicht auf sich, da Jesus sich für den Sünder

bey Gott verwende und durch seine Fürsprache wie­

der gut mache, was noch so sehr verdorben war.

i. Jeder Bejsergesinnte fühlt es, daß die angezogene Stelle also nicht verstanden werden, ja daß eS keinen ärgern Irrthum geben könne, als

diesen verderblichen Selbstbetrug, der aller Sünde Thür und Thor öffnet.

129

2. Allerdings haben wir an Christo einen Für­ sprecher bey Gott.

Die heilige Schrift erklärt das

deutlich zu wiederholten Malen.

Christus yat den

Fluch der Sünde von uns genommen,

und uns

mit Gott versöhnt durch seinen blutigen Tod.

Furcht vor dem, die Sünde ahndenden,

Die

Richter

der Ewigkeit ist verschwunden, nachdem Jesus uns

die Versicherung gegeben hat,

Gott ist versöhnt

und seine Gnade ist wieder erworben,

so großes

zmd gerechtes Mißfallen auch in seinen heiligen Augen Sünden und Uehcrtretungen nothwendig erregen müssen. 5. Aber wenn allein können wir uns seiner

Versöhnung trösten?

a) Auch dann, wenn wir ferner in der Sünde wollten leben, der wir abgestorben sind, und im

wohlfeilen Glauben

den und Verdienste,

an

Jesu Tugen­

uns selbst gar kerne

Verdienste und Tugenden erwerben, sondern gemach und getrost die alten bleiben wollt«»? Könnte der Glaube an Jesum uns auch nur das Geringste helfen, wenn ihn mchl auch

gute Werke begleiteten, und wir um nichts weniger bekümmert waren, als um "Nach-

folge Jesu und Veredlung unsrer Gesinnungen nach der Lehre und dem Vorbilde, das er uns gab; wenn wir so Christum zum Diener der Sünde,

Md die Schrift zum Deckel der

Bosheit machten, ohne dabey für das Heil LrSaner'S Anleitungen,

— der Seele die

läo



geringste Gefahr zu sehen?

Fern sey von uns ein solcher Glaube,

ein

solcher nichtiger Trost, der alles sittliche Bcsserwcrden des Menschen für überfiüßig hielte,

also an sich selbst unmöglich machte, und die

ärgste Lästerung

des heiligen Namens Jesu

und seiner Lehre wäre. b) Der ganze Zweck der Sendung Jesu und sei«

neS Evangeliums ist der,

werden, das Ende aber,

daS ewige Leben.

daß wir heilig die Folge davon,

Was diesem Zweck nicht

förderlich, was ihm so geradezu entgegen ist, als jene falsch verstandene Lehre von der stell­

vertretenden Vermittlung Jesu^

das

kann

aus den Urkunden des Christenthums nie zu

nie Lehrsatz darin gewesen seyn.

erweisen,

Dann erst, wenn wir uns der Heiligung besteißigen,

ohne

Herrn sehen, werden,

welche wird niemand den

oder näher mit ihm vereinigt

wenn wir unsträstich wandeln und

fruchtbar sind in allen guten Werken, wenn wir Christi Geist haben: erst dann sind wir

sein;

dann

rechnet uns Gott die früheren

Sünden vor der Bekehrung nicht mehr als Schuld zur Strafe an;

dann ist Jesus die

Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein aber fqr die unsere, sondern auch für der gan­ zen Welt. Verabscheut werde daher von uns allen aufs

lebhafteste der Gedanke: auch für die neue Sünde,

—-

151



die der Mensch thut und thun will, ist leicht Ver­ gebung bey Gott, weil Christus einmal genug ge»

khan hat.

Nicht für fortgesetzte Sünden, die wir

uns selbst leichtsinnig vergeben, nein, allein für

Sünden, die uns von Herzen leid sind, erhalten

wir Vergebung und Gnade.

Der Vorsatz, fortzu­

sündigen im Vertrauen auf Jesu Verdienst und Gottes erbarmende Gnade wäre Verhärtung, die

aller Gnade unfähig macht.

Wer könnte so je sein Herz verhärten,

der

den Namen Christi nennet, wer insbesondere könn­

te das jetzt hier beym Hinzutreken zu Jesu heili­ gem Tische, an welchem ihm als einem sich be­ kehrthabenden, nicht aber als einem beharrenden,

Sünder Vergebung der Sünde verkündigt wird? Das heilige Abendmahl, diese erweckliche Erinne­

rung an Jesum, werde daher auch diesmal von

unö allen so fromm wiederholt, daß von uns nicht

mißverstanden,

sondern

immer

reiner erkannt,

und zu jeder ächten Christentugend wirksam werden

möge die apostolische Wahrheit: Wir haben einen Fürsprecher bey dein Vater, Jesum Christum, der

gerecht ist, Amen.

21. Ebr. 12, s.

-^)err, du woll'st utts selbst bereiten Au deines Mahles Seligkeiten, Sey mitten unter uns, o Götti

152

Heil und Segen zu empfahen. Laß, Jesu, dir uns würdig nahen, Dir, Seeger über Welt und Tod.

Gewiß eß ist ein starker> unzweydeutigerBeweis

für die höhere Bedeutung und Bestimmung unsers gegenwärtigen Seynß und Lebens, daß wir mitten

unter den Sorgen und Zerstreuungen, mitsvelchen wir Hier umgeben sind,

doch das Bedürfniß in

uns fühlen, auch an etwas mehr zu gedenken, als diese Erde giebt und fordert, und Geist und Herz

zu labe« an der Heils - und Segensquelle der Re­

ligion.

Dieses Gefühl liegt zu tief in unserm In­

nern, ist zu wesentlich verbunden mit unserer gan­ zen Menschennatur,

als daß eß je ganz unter­

drückt werden könnte

Warum ergreift zuweilen

fast unwittkührlich auch den Leichtsinnigsten der Ge­ danke an Gott, Vergeltung und Ewigkeit, und

bringt ihn zum Bewußtseyn seiner Psticht und sei­ ner Schuld; warum füllen sich sonn- und festtäg­

lich die öffentlichen Andachtßhauser, doch wenig­

stens äußerlich, andern Orten?

mit Theilnehmern hier und an Es geschieht dämm,

weil der

Mensch in Verbindung steht mit- der unsichtbaren Welt; und am wenigsten Christen können diese

höhere Verbindung aus der Acht lassen, wir, die wir das Evangelium von Jesu Christo kennen und

bekennen; wir, die wir auch den erwecklichen Zu­ ruf des Apostels Jesu kennen; Lasset unß auf­

sehen

auf Jesum,

den Anfänger und

Vollender des Glaubens.

i55 1. Aufsehen!

Der nicht nothwendig zur

Erde nkedergesenkte, sondern mit zum Himmel ge­

richteter Gestalt geschaffene, Mensch soll aufsehen. Hohe, edle Bestimmung!

Hier will unS wohl

Manches niederhalten und unterdrücken: die Sinn­ lichkeit mit ihren Lockungen und Reitzen, die f»

gern zu Schwachheiten verleitet, und den schno­ ben Genuß

des Augenblicks den dauerhaftesten

Freuden vorzieht;

die vielen Bedürfnisse dieses

Leibes und Lebens, die nicht immer nach Wunsch befr'edigt werde» können, und zur glücklichen Er­

haltung und Fortsetzung desselben gleichwohl so er­ forderlich scheinen;

der Kummer über so manche

Unvollkommenheit,

die wir an andern gewahr

werden, nicht minder an uns selbst; dieser Leib

des Todes endlich, der rms mit seinem Heer von

Krankheiten und Gebrechen so schwere Fesseln an­ legt, daß sie, indeß sie zunächst die körperliche Na­

tur empfindlich drücken und quälen,

gemeinhin

auch die geistige in ihrer freyen Thätigkeit hindern und stören: das und dem ähnliches versucht zum Unmüth, ja zu allerley Retigionszweifeln das angefoch­ tene Menschenherz.

Dennoch können wir aufsehen,

und also sollen wir es.

Hier ist unser Wissen,

Stückwerk,

hier ist auch unser Glückseligseyn

Stückwerk.

Hier ist noch nicht erschienen das

Vollkommene;

wenn gekommen seyn wird daS

Vollkommene, wird das Stückwerk aufhören. 2. Aufsehen sollen wir, und zwar auf Je­ sum

sollen wir hoffnungsvoll unsere erheiterten

134 Blick« richten, auf ihn, der hier war im Pilger­

lande, um die Seinen hinüberzuleiten ins wahre Vaterland;

auf ihn, der hier sich erniedrigt hat

und gehorsam geworden ist bis zum Tode, ja zum

Tode am Kreuz, deü aber Gott erhöhet und ihm einen Namen gegeben hat, der über alle Namen ist, und vor dem alle Zungen bekennen sollen, daß

« der Herr sey, zur Ehre Gottes des Vaters. 5. Wie also sollen wir aufsehen?

a) Glaubensvoll, als solche, die nicht zwei­

feln an der Erfüllung der Verheißung, die

auch ihnen in Christo Jesu gegeben ist, daß in seinem Namen allein Heil, Trost und Se­

ligkeit sey. b) Hoffnungsvoll,

die in ihm ihre theuer»

sten Wünsche und Hoffnungen genahret und gestärkt sehen,

bis sie einst werden erfüllet

werden.

o) Liebevoll, su haben,

die ihre höchste Freude an Je­

und ihre herzliche Zuneigung zu

ihm zu erkennen geben durch Gegenliebe und Dank,

und besonders durch Liebe gegen die

Brüdek, welche auf uns eine Anweisung er­

halten haben von Jesu, daß wir uns ihrer,

statt feiner, annehmen sollen, der nicht mehr persönlich bey und in unserer Mitte ist.

O jetzt in dieser Stunde, in welcher das Bild Jesu, des Gekreuzigten, unsern, von der Erde er-

155 hobenen,

zum Himmel gerichteten, Blicken recht

gegenwärtig wird; jetzt, wo wir, nach der eigenen

Einordnung detz Heilandes, seinen Abschied aus die­

ser Welt mit jenen Jüngern mikftyero, und damit im Voraus zu unserm einstigen Abschiede die nö­

thigen Anstalten zu treffen haben furchtlos ohne Gram und Zweifel;

jetzt insbesondere laßt uns

aufsehen auf ihn, den Anfänger und Vollender des

Glaubens, den Stister unserer Seligkeit, und un­ serm Führer und Vorgänger auf dem Wege, den wir dorthin wandeln sollen, willig folgen.

Dazu starke uns, o Gott, mit der Kraft deines Geistes, haß wir Christum nimmer verlieren aus unserm. Auge uud Herzen, daß seine Hülfe uns nahe sey in guten und bösen Tagen, sein Rath unS sicher leite bis zrun erwünschten Glaubens ziel; daß sein Friede und Trost die Seett erquicke, bis wir in ihm vollendet sitrd,

.—

B.

136

Bey besonderen Veranlassuntzen. a.

Bey der Privat - Communion eines AmtsBruders.

$nabe und Frieden von Gott, und Trost in

Jesu

und

Gemeinschaft des

heillgen

Geistes sey uns theuer allezeit, Amen. Bey den vielen und großen Segnungen, die

unser Bekenntniß zur Religion Jesu mit sich führt,

darf die Gemeinschaft, die wir am Evangekio ha­ ben, und der gleiche Antheil daran nicht übersehen werden,

daß wir uns alle Eines Glaubens und

Einer Hoffnung und Einer Liebe erfreuen,

daß

wir, wir mögen seyn, wer wir wollen, nahe oder

fern wohnen, hoch oder niedrig stehen, unterrich­

tet werden oder unterrichten mit dem Worte der ewigen Wahrheit, aus der Einen großen SegenS-

quelle schöpfen und ihrer Freuden theihaftig wer­

den können.

Verschiedene Ansichten von diesen

und jenen Lehren des Christenthums,

getheilte

Meinungen, Parthey - und Sektengeist, und Ver­

schiedenheit der Confeffionen können zwar diese Ge­ meinschaft schwächen, aber ganz aufheben nie, das Wesentliche bleibet, die Unterweisung zur Selig-

—-

r.?7

~~

feit durch den Glauben an Christum Jesum.

Sv

ist's auch gleichviel, ob wir das Brod im heiligen

Abendmahl gebrochen oder in einzelnen Formen em-

pfahen; die Erinnerung an Jesum liegt zum Grun­

de, zum Gedächtniß des Erlösers soll es geschehen,

daß es uns stärke, und zwar am meisten i. in unserm Glauben.

Ohne Glauben, ohne

Annahme aus Gründen reichen wir ja so leicht Mit keiner Erkenntniß aus, und nur mit sehr wenigen

Gegenständen des menschlichen Wissens kommen

wir, können wir sagen, ins Klare und aufs Reine. Besonders erlaubt uns unser Verhältniß zu dem Unendlichen ja nur eine unvollkommene Einsicht und

Wissenschaft; wie vielmehr muß hier uns der Glau­ be Ersah geben und leiten, und vorzüglich der Glau­ be an die Anstalten,

die Gott zu unserer Selig­

keit dadurch getroffen hat, daß er seinen Sohn gab

für alle zur Erlösung.

Weder in un&, noch in

andern kann jemand einen andern Grund legen,

außer dem, der gelegt ist, Christus, der Gekreu­ zigte, den wir predigen, daß wahrer Glaube an ihn gerecht und selig macht.

9. In unserer Liebe. Die vollkommenste Liebe

hak uns Gott der Vater erzeiget, daß wir feine Kinder sollen heißen, so wie der Hochverherrlichte, der uns diese Liebe geoffenbaret und selbst sein Le­

ben für die Brüder gegeben hat.

So gebührt

Gehmier'S AnlrirnriM.

2 go

Sein so früh geendetes Leben erlaubte ihm

mels.

kaum, schon sprechend sich zu äußern bey seinem kurzen Hierseyn auf dieser Welt. den Leidtragenden

Wie sollte jetzt

wörtliche Mittheilung werden

können von dem vorangegangenen zarten Liebling ihrer Herzen?

Aber jene zum Herzen redenden

Worte: beweint mich nichtl sprechen so nahe und natürliche Gefühle aus, daß es uns ja aller­ dings vergönnt seyn muß,

sie dem kleinen,

zur

Vollkommenheit erhobenen, Wesen in den Mund zu legen, als ob es dergestalt zu beruhigen suchte

über den durch seinen sikühen Tod erregten Schmer z,

i. Wohl ist der Tod eine schmerzhafte Bege­ benheit

für den Sterbenden

Tode vorangehk,

Was dem

selbst.

die Hitze der Krankheit,

der

Mangel des Schlafs, die körperliche Plage ist gar

drückend bis zum letzten schweren Aushauch, der nie ohne die größte Anstrengung «rftkgen kann. Nicht minder leiden die Umstehenden,

als nahe

theilnehmcnde Zeugen, bey diesem Ereigniß der Natur,

womit das Leben schließt.

Vorboten sind oft schrecklich.

zuckungen,

tiefes Seufzen,

Des Todes

Krampfhafte Ver­ lautes Stöhnen des

armen Leidenden und mit dem Tode Ringenden sind Wahrnehmungen am Sterbebett, die so oft

das Herz zerreißen und selbst der innigsten Freund­ schaft nichts wünschenSwerther machen, als für dem, ohne Rettung, Verlornen möglichste Beschleuni­

gung seines Ziels.





2. Doch Gott hat es also geordnet, und

uns gebührt ehrerbietiges Schweigen. der

die

Menschen

lässet

Er ist es,

sterben

und

spricht, kommt wieder Menschenkinder; und nach

andern

einer

Schriftstelle

ist

alles

Fleisch wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen

wie

des

Grases Blume.

Das Gras ist verdorret und die Blume

abgefallen,

aber des Herrn Wort blei­

bet in Ewigkeit.

Was nun Gott über das

Menschenleben verhangen hak, kann

kein Uebel seyn, scheint.

im Ganzen

auch wenn es den Sinnen so

Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünkt

sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit,

dar­

sie geben eine friedsame Frucht

nach aber wird

der Gerechtigkeit denen, die durch sie grubet sin ,

und so ist, sowohl für die Sterbenden selbst, als

für die sie Ueberlebenden, auch aus diesen, Trauer verkündigenden, Auftritten der Natur Nutzen und

Segen zu hoffen. 5. Ja, was hier Verlust ist, wird künftiger

Gewinn.

Zwar ist noch kein Abgeschiedener zu­

rückgekehrt inS disseitige Leben, um uns zu unter­

Aber

richten über den Zustand in jener Welt.

waltet nicht derselbe Herr über die künftige,

diese Welt regiert?

Darf die Gartenblume der

Hand des Gärtners zürnen, wenn sie in andern Boden verpflanzt wird? Leben schadet's

der einen

Ihrem frischen

nicht, auch wenn sie eine kleine

Weile welket; daß sie nicht verwelke,

T a

ist ihres

sg2 Wärters Sache, der schon dafür sorgen wird, daß

sie wieder aufblühe, und schöner als zuvor.

In

des großen Gottes Hand geht nichts unter und Verlagen.

Was hier kränkelt, seufzt und fleht, wird

Gott herrlich dort erhöhen; irdisch' wird der Leib gesä t, himmlisch wird er ausrrstehen; zum Ver­

wesen fällt er ein, dort wird er unsterblich seyn. 4. Hat sich also auch unter heißen Kämpfen

dieses Kindes Leben losgewunden aus den Schran­

ken dieser Zeitlichkeit: nun trägt's nicht mehr die Fesseln der Erde.

Frey und froh wird's seinen

Eltern entgegen gehen, wenn sie zu ihrer Zett den

Ort der Seligen begrüßen werden.

Da wird sein

verklärter Mund lobend wiederholen, was hier der Glaube tröstlich fprid)t, daß alles Glück der Erde

Ln die Herrlichkeit nicht reiche, die der Himmel

seinen würdigen Bewohnern schenkt, und die nach -em Wort der Verheißung an unö allen soll gevffenbaret werden, wenn wir durch Geduld in gu­

ten Werken trachten nach dem ewigen Leben.

Starke,

o Gott, in uns die Ueber­

zeugung, daß der Betrübniß Freude folgt,

und Friede nach dem Streit.

ist zum Frieden gelangt.

Dies Kind

Wir, die wir es lie­

ben, gönnen ihm die Ruhe, zu der es selig entschlafen ist.

Tage ersetzet

Die ihm hier verkürzten

ihm

die Ewigkeit.

Drum

Preis sey Dir, unserm Gott in Ewigkeit, Amen.



2^5---

5,

Pred. Sal. n, Das Lebe» so kurz und so flüchtig, Der Erde Freuden so nichtig, Die Ahnung so mächtig, so laut — Nein, nicht für die Erde geboren, Zum Himmel bin ich erkohrenr Dort ist mir die Hätte gebaut.

Laß

Herzen

die

Traurigkeit

und thue

aus

Deinem

da- Uehel von Dir;

denn Kindheit und Jugend find eitel. Diesen, in der heil. Schrift gegebenen, Rath,

unserer Traurigkeit Schranken zu setzen,

wenn

der Gedanke an de- zeitlichen Lehens Flüchtigkeit

uns niederbeugen will, können wir, genauer be­ trachtet, nicht anders

als wohlgegründet erken­

nen und aller Befolgung werth.

Wenn wir die

Traurigkeit aus dem Herzen lassen, oder ihr doch Maaß und Zeit sehen sollen: so ist Traurigkeit

an sich

nichts durchaus Gott Mißfälliges

Unrechtmäßiges.

oder

Im Gegentheil finden wir in

der heil. Schrift ganz unumwunden dar Urtheil ausgesprochen: E- ist Trauern befstr denn Lachen,

denn

durch Trauern

wird das Herz gebessert.

Wie könnte daher auch gänzliche Unterdrückung so natürlicher Trauer-Gefühle, als die sind, wel­ che der Schmerz der Trennung aufregt, Mbrdingk



geboten seyn.

Lebens



sg4

Bey so angreifenven Auftritten des

kann und darf auch der Standhafteste

nicht ungerührt bleiben.

Aber

wie jede Sache

ihre Grenze hat, so auch die Traurigkeit.

Wir

sollen sie nur dann und insoweit aus unftrn Her­

zen

lassen,

rathsamste

wir solches aus Gründen fürs

als halten

müssen; und hier ists ja so

schwer nicht, die Gründe aufzufinden; auch Kind­ heit und Jugend find eitel, wie das ganze Wesen

uni) Glück dieser Welt.

Wie bald ein Menschen­

leben verblüht, wie schnell sich die kräftigst» Ge­ sundheit in Schwachheit

verwandelt und

unter­

geht im Tode, davon ist dieses Kindes Leiche ein

neuer Beweis.

Wie befand fich'ö nicht noch vor

wenigen Tagen so froh im Kreise seiner ftohen

Gespielen, und that es den andern an Munter­ keit zuvor! Mit seinem kräftigen, so viel verspre­

chenden Leben schien ihm die Welt anzugehören,

und heute schlummert es schon im engen Grabes­ raum.

Was folgt daraus zunächst Lehrreiches für

uns?

Welche Gründe liegen auch uns

nahe,

um die Gefühle der Traurigkeit für

nun

so

die

Ruhe der Seele wenigstens zu mildern, wo nicht ganz unwirksam zu machen?

i. Mit unserm Leben, und was wir find und haben, nie unser eigner Herr, gebührt es uns bey Allem, was wir uns vornehmen, die Einschrän­

kung hinzuzufügen: so der Herr will. —

dings könnte uns solche Abhängigkeit von

Aller­ einer

fremden Macht, solch Gefühl unserer Unznläng-



29 5



lichktit in aller und jeder Beziehung beugen und mit Gram und Unruhe erfüllen.

Aber von wel­

cher Macht sind wir abhängig?

Von keiner ty­

rannischen, die uns nach harter Willkühr lieber mißhandelte, als erfreute.

0 nein, an die aller­

schaffende und allerhaltende Gnade Gottes ist unser und der Unsrigen Heil gebunden: des können

und sollen wir uns trösten selbst in der tiefsten Traurigkeit.

Nun muß weise Güte walten, auch

wo wir nur Unglück sehen;

nun muß dieses Lei­

bes Zerstörbarkeit, die hier uns überall entgegen tritt, selbst die Unvergäuglichkeit beweisen, zu der

wir dennoch geschaffen find; zu einer;üe versie­ genden Freudenquelle muß werden, was hier uns traurig macht. 2. Die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer

aber den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewig­ keit. a) Die Welt vergeht. Der sichtbaren Din­

ge wandelnde Gestalten sind,

wenn sie da

gewesen sind, Traumbildern gleich.

Das Fe,

steste wie das Loseste, das Größte wie das Kleinste zergeht und schwindet hin.

Was

hier auch noch so sehr vergnügt, es altert und wird unschmackhaft und erfreut nur kurze

Zeit.

b) Wer aber den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewigkeit, wer sich stets

an die heiligen Gesetze bindet,

die Gott ge­

geben hat, der kann nimmer untergehn; den



2g6

---

schüht die ewige Macht vor Unfall und Zer* störung.

Sein Glaube an Gott und die Tu­

gend und seine Treue im Guten macht ihn zu einem Kinde Gottes, das in der Hand

des himmlischen Vaters auch dann noch wohl

aufgehoben ist, wenn des Todes nicht scho­

nender Wurm die so eben

sich entfaltende

Knospe des Lebens zernagt, 3. Etwas ist, das nicht vergeht, die Seele,

die von des Körpers Banden entfesselt und von allen Schranken der Endlichkeit frey, ungehindert (tn Fluges zum Himmel aufsteigt, und in demsel­

ben zu immer höherer Vollendung.

Aber so folgt

auch daraus fromme Beherzigung des viel erfor­ dernden,

dingenden

aber auch die höchsten Segnungen be­ Gebots Jesu:

Ihr

sollt euch nicht

Schätze sammlen auf Erden, welche die Motten und der Rost fressen, und die Diebe nachgraben und stehlen,

vielmehr sammlet euch Schatze im

Jpimmel, die ewig Werth haben, Schatz ist, da ist auch euer Herz.

mel anvertrauten Lieben

und wo euer

Die dem Him­

sind gleichsam

ein im

voraus dorthin gegebener Scbatz, an welchen die Zurückgebliebenen oft mir Sehnsucht gedenken, bis

sie ihnen einst werden näher komnren, und ewig mit ihnen vereinigt seyn.

Also

laß die Traurigkeit aus Deinem Her­

zen, entschlage Dich ihrer, so will es die Religion. Dje Zeit hienieden stießt bald dahin, der Unend-



297



lichk-it Aläum« durchwandelt froh die himmlisch

verklärte Seele.

Was früh für den Himmel er»

tohren ist, kann freylich nicht länger der Erde

gehören.

6. Jes. 8, «I.

Wl- liebreich, Vater, leitest Dy

Uns auf dem Pilgerpfader Selbst in der Trübsal schaffst Du Ruh, Bist nah mit Trost und Gnade, Wohl dem, den deine Hand regiert. Den schmalen Weg zum Leben führt. Daß wir Menschen täglich, ja stündlich, dem

Wechsel gutör und böser Schicksale unterworfen sind,

ist eine zu bekannte,

Wahrheit, dürfte.

als

von jedem erfahrne

daß erst daran erinnert werden

Daß es so ist, dabey sollen wir mit um

fern Betrachtungen nicht stehen bleiben; aber reiss, liche Erwägung, warum es so ist, und in wiefern

beyde Veränderungen, sowohl

zum Bösen,

als

zum Guten, lehrreich für uns sind, darf nie um terlassen werden.

In den verschiedenen Erfahrun­

gen des lebens ist es,

als faßte uns Gott

bey der Hand und unterwiese «ns in al­

lem, was heilsam ist, wie JefaiaS sagt.

Die

unmuthigen Ereignisse sollen uns zum Dank und

zur weisen Benutzung des Segens ermuntern, der uns verliehen ward; und die widerwärtigen Wech-



2g8



ft! sonnen feinen andern Zweck haben, als den,

uns zu bewegen zur Demüthigung

zur Geduld und zum Verttauen.

unter Gott,

Gleichförmige

Bahnen, die ganz dieselben sind, werden wir dar­ um nie geführt, weil wir stets auf mancherley

Weise geübt werden sind.

müssen, bis wir

Auch der Tod unserer

Kinder,

vollendet

so tiefe

Wunden er schlägt, soll uns lehrreich werden 1. insofern, als wir uns dabey finden lernen sollet« in Gottes

len,

unabänderlichen Rath und Wil­

wenn es nämlich wirklich ein solcher war.

Ueber den Tod der uns Werthen ist Gottes Rath­

schluß aber dann erst als unabänderlich anzunehmcii, wenn wir von unserer Seite nichts unter­

ließen, um die Unmündigen aus der Gefahr zu retten und beym Leben zu erhalten, so daß uns

auch im mindesten kein Vorwmf der Verwahrlo­ sung trifft.

Was dann Gott zu empfinden und

zu leiden uns gebeut, das muß empfunden und

gelitten werden.

Und dafür ist auch Trost für

selbstverschuldetes Unglück schwerlich.

2. Gott hat ein Recht zu unsern Kindern, ja ein näheres als wir, das erste Recht, denn er

ist ihr Vater von Ewigkeit.

Wenn er nun fein

Vaterrecht, sie zu sich zu nehmen, an ihnen auöübt, wer kann es ihm wehren, wer aber auch

darüber in Unruh seyn?

Da dieser rechte Vater

über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, seinen Angehörigen fein Leid zufügen

sann, sie vielmehr dem unvollkommnen Erdenstand

299 entreißen und ihre Bildung zur Vollendung auf

eine Art befördern will,

die nichts zu wünschen

übrig läßt. 5. Sollen

wir durch das frühe Absterben

der uns Theuren erinnert werden, daß alle Ban­ de des zeitlichen Lebens, auch die festesten, alle Au­

genblicke getrennt werden können, wie es denn auch wirklich geschiehet.

Und diese Erinnerung wird

uns für unser Seelenheil sehr heilsam seyn.

dem eitlen Wahn, als sey diese Erde alles,

Vor

als

sey sie das Meiste, werden wir dann um so eher

bewahret bleiben, dagegen mit der höher« Weltdie der Frommen Erbtheil ist, desto zeitiger und

ernstlicher Verbindungen anknüpfeu und unterhal­

ten, die keine Zeit zerstört. 4. Der Anfänger und Vollender unsres Glau­ bens Jesus Christus ist hingegangen, uns, wie den Unsrigen, eine gute Stätte zu bereiten. Für from­

me treue Herzen giebt's dort einen sichern Verei­

nigungspunkt.

Wenn wir wollen, so werden wir

sie dort wieder finden, die vor uns ausgenommen

worden find.

Sie, die in Unschuld früh Verklär­

ten, nehmen im Reiche Gottes eine gewisse Stelle ein.

Werden wir den Kindern gleich, kehren wir

zu ihrer Einfalt der Sitten,

zu ihrer Reinheit

der Herzen zurück, unterlassen wir e6 also nicht,

eine

gründlich

heiligende Sinnesänderung bald,

und weil es noch heute für uns heißt,

mit uns

vorzunehmen: dann werden wir die von »ns Ge­

trennten wiederfehn rind wieder haben.

Ein durch

5oo nichts mehr unterbrochenes Beysammenseyn wird ihre und unsere Seligkeit himmlisch vollenden.

Sie, leidtragende Eltern, wollen ßch's las­ sen gesagt seyn zu ihrem Heil und Trost: auch in ten härtern Schicksalen des Lebens faßt Gott die

Menschen bey der Hand und unterweiset sie Len Weg, den sie wandeln sollen.

Fromme Ergebung

in des höchsten Willen, Geduldtreue und Gehor­ sam sollen wir dann am meisten beweisen, wenn Gott Schweres von uns fordert.

7* Matth. 5, 8. Hebr. i2, i4« sehn wir einem höbern Segen, Den Gottes Hand in jener Welt

Den Seinen anfbrwahrl, entgegen; Und wenn der Leib in Stand jrrfällt,

So zaget unser Herz doch nicht; Wir schauen Gottes Angesicht-

So schmerzhaft eß für Eltern ist,

ihre,

zum Daseyn

kaum

wenn ste

aufgeblühten,

Lieben

durch den zeitlichen Tod von sich scheiden sehen; so traurig es also auch diesen weinenden Eltern

seyn muß, daß sie nur so kurze Zeit im Besitz ihres geliebten Sohnes waren: so giebt es doch

für Christen auch gegen solche Anfechtung die herr­ lichsten Trostgründe, wenn auf die Zurufungen

des Evangeliums gebührend geachtet wird.

Das

Evangelium sagt: selig sind,.die reines Her-

.-)O1

zen6 sind, denn sie werden Gott schauen. Kann es eine trostvollere Verheißung geben für Eltern, dir ein früh schlafen gegangenes Kind be­ trauern, daß es nicht mehr das ihrige ist?

1. Reines

HerzenS seyn

kann nichts

anders heißen, als unbefleckt von der Sünde, frey

von Fehlern und Irrthümern ffeyn.

Aber welcher

Sterbliche ist von aller Sünde frey?

Wer will

einen Reinen finden unter denen, da Keiner rein ist,

wer kann also Seligkeit hosten? —

Frey­

lich hat die Macht der Sünde bey Erwachsenen

sehr um sich gegriffen und viel verdorben; dennoch ist es an und für sich keine Unmöglichkeit, von der Sünde frey zu weilen. Stete Aufmerksamkeit auf sich selbst und un-

partheyische

Prüfung aller unserer Handlungen,

vornehmlich die Vorstellung des Verderbens, das

die Sünde nach sich zieht, sichern davor, oder ver­ mögen doch, daraus zu retten und in einen bessern Zustand zu versetzen.

Wo aber noch völlige Sün-

denfreyheit und Unverdorbenheit, Herzensreinheit ist,

das ist bey zarten Kindern, deren Seelen

Gott darum so besonders Wohlgefallen, weshalb

er aus diesem bösen Leben so ost mit ihnen eilet. 2. Sie sind selig.

Das keine Herz wür­

digt sie der Seligkeit, des himmlischen Friedens und Glückes, das von aller irdischen Beymischung frey, die daran Theilnehmenden für das, was sie

hier verlieren

tzült.

mußten,

überschwenglich

schadlos

Mit ihrer engelreinen Seele haben sie vor

002

Gottes Thron nur Heil zu erwarten, keine Strafe oder auch

Schuld.

nur Abrechnung

für zuvor

freudiger Zuversicht

Mit

gemachte

dürfen

die,

welche um den Verlust ihrer entschlummerten Zar­ ten jammern möchten,

von der Gerechtigkeit deö

Höchsten nur Gutes und Seliges für sie hoffen,

die nach Gottes Ebenbild geschaffen

und

dieses

edelsten Vorzugs noch nicht verlustig sind.

Alle,

die reines Herzens sind, sind selig; welch noch so großes Lebensgut geht über ein reines Herz! Hier

schon beseligt die

Schuldlosen süßer Friede mit

Gott und ftd) selbst, bey allem Druck der Gegen­

wart;

die Hoffnung seliger Verwandlungen

des

Leins der Erde in reine Freude erhalt bey frohem Muth.

Dort werden sie ernten ohne Aufhören,

was sie, obwohl oft mit Thränen, hier Gutes ge-

saet haben.

Denn die Verheißung lautet:

3. sie werden Gott

schauen, Gott in

höherer Klarheit und im Licht der Vollkommen­ heit erkennen und von seiner heiligsten Nähe durch nichts mehr geschieden seyn.

Sie werden von des

Höchsten allgenygsiimer Liebe vollkommen überzeugt werden und seines himmlischen Segens sich freuen

ewiglich.

Wir, die wir das Bessere ahnen, besondere dort

Verbindungen

zu sehen wünschen,

und ins­

wieder angcknüpft

die hier der Tod zerriß, wie

sehr haben wir alle nun die dringendste Ursache, reines Herzens

zu

seyn

und

dieser

uns ernstlich zu bestetßtgen; aber

Reinigung

eben deshalb

5o5 auch

der kräftigen Ermahnung des Apostels zü

folgen:

Jaget nach dem Frieden gegen je­

dermann und der Heiligung,

ohne wel­

che wird niemand den Herrn sehen.

Diese

Bedingung der Heiligung ist unnachlaßlich dem,

der des seligen AnschauenS Gottes gewürdigt wer­ den will.

Dieser Heiligung kann sehr förderlich

seyn: stete Aufmerksamkeit auf die Wege, die der Höchste hier uns leitet.

Wenn der zeitliche Tod

liebe Seelen von uns nimmt, sie sollen wir drum

nicht für verloren achten; wenn Leid und Trübsal

hier uns drückt, deshalb sollen wir nicht wähnen, als ob wir von Gott verlassen seyen.

Reinigung

und Heiligung des Herzens und Lebens kann ohne

Glaubensprüfung und ohne bewiesene Standhaf­ tigkeit in der Gottesfurcht und Tugend nicht von statten gehen.

Erst treu gekämpfter Kampf läßt

Sieg und Segen hoffen; und die, in zarter Kind­

heit schon,

dem Kampfe dieses Lebens entgange­

nen Streiter schmückt, nachdem sie dort bewäh­

ret sind, die Krone der Unvergänglichkeit. Sind die christlich leidtragenden Eltern nun

so sehr zu bedauern?

muß man ihnen nicht viel­

mehr Glück dazu wünschen,

daß ihr Geliebter

nicht mehr in ihren, sondern in den Armen der ewigen Liebe, in den Armen Gottes ruht? reiner Seele schaut er Gott.

Mit

Er ist ins bessere

Land verpflanzt, wo er schneller und vollkomme­

ner als hier gedeihen wird.

Froh erhebe sich der,

hier so traurig zur Erde gesenkte,

Blick zum



5o4



Von dort jenseits kommt uns

Himmel empor.

Auch wir werden einst selig

Linderung und Heil.

Gott schauen, wenn wir keines Herzens sind.

8.

Matth. 6, 21.

©ott, du verwundest manch Vater - und Mutterber; durch die Trennung von gelieb­

Auch diesen hier

ten Kindern im Tode.

gegenwärtigen betrübten Eltern

hast

Du

eine solche Wunde geschlagen, die gae schmerzlich empfunden wird. Dennoch sind Deine Absichten nicht böse, sondern Weis­

heit und Güte.

Laß sie und uns solches

in Demuth erkennen,

daß wir Dich prei­

sen allezeit, Amen. Zu den edelsten Gaben,

die der himmlische

Vater uns hier auf Erden anvertraut hat, daß

wir uns derselben erfreuen sollen, Zweifel die Kinder,

gehören ohne

die Gott uns gab.

Keine

andern Lebensfreuden sind, vermöge ihrer Natur und Bestimmung, so hoch am Werthe; von kei­

nen andern Lebensgütern,

wenn wir sie haben,

trennen wie uns so schwer und ungern, als von unsern Kindern.

Daher empfinden auch gefühl­

volle Eltern soviel schmerzhafte Betrübniß, wen»

der Tod kommt, und ihnen ihre Lieben entreißt.

5o5 Daher betrachten gute gefühlvolle Eltern ihre Kin­

der gleichsam als einen Schatz, und verlieren sie

mit Gleichgültigkeit werden sie solchen Ver­

ihn,

lust nicht erleiden, vielmehr mit sehnsuchtsvollem

Verlangen sich wünschen,

mit den Abgeschiedenen

witder vereinigt zu werden, wie Jcsuö, freylich

nicht in dieser, vielmehr in allgemeiner Beziehung

sagt: wo euer Schatz ist,

da ist auch euer

Herz.

1. Wohl sind Kinder ein Schatz für Eltern und müssen ihnen dafür gelten.

Zwar giebt es

leider auch Eltern, die anderer Meynung und de­ nen ihre Kinder nichts werth sind, die sie ver­

wahrlosen an Seele >md ieib, die ihrer überdrüs­ sig werden, weil sie ihnen Sorge und Mühe ma­ chen, ja die in der Vergessenheit ihrer Pflichten

so weit gehen, daß sie ihre Kinder verfluchen und verwünschen und es recht gern sehen, wenn ihnen eins oder das andere durch den Tod genommen

wird.

Ader daß es so unnatürliche Herzen giebt,

die alles menschliche Gefühl verleugnen,

das än­

dert in der Behauptung nichts: Kinder sind von Eltern als ein Schatz zu betrachten; und daß die

gegenwärtigen christlichen Eltern sie dafür halten, wer könnte das bezweifeln?

davon zeugen

ihre

Thränen.

a) Schon an und für sich selbst sind Kindes ein Schatz.

Deim, welch eine werthe, edle

Bestimmung haben sie! Ebenbilder der Gott­

heit, sollen sie hier gute und verständige We-Eebmerö Anle!nurren.

U



5o6

fen mtb einst Genossen der ewigen Seligkeit

seyn. und

Ihre Anlagen und Kräfte des Leides vorzüglich der Seele erheben sie weit

über alle andere Erdenschöpfung,

zu deren

Herrschaft sie berufen sind, gleichwie wir,

und von deren rechten und geschickten Füh­ rung so ungemein viel abhängt für ihr eige­

nes und der Menschheit Glück»

b) Diesen Werth erhalten jedoch allererst die Kinder vornehmlich durch gute Erziehung,

durch Bildung ihres Verstandes und Her­ zens zu gemeinnützigen Kenntnissen und zur

Gottesfurcht und Tugend, was ohne große

Sorgfalt und Bekümmcrniß, Liebe und Be­ wahrung von Seiten der Eltern nicht ge­

dacht werden

kann.

Die

bloße Fähigkeit

zum Guten macht noch nicht gut, allererst

der Gebrauch, der von dieser Fähigkeit ge­

macht wird, und ohne Unterweisung und Er­ ziehung sindet kein Wird

solcher Gebrauch statt.

diese den Kindern

zu Theil, dann

reicht keine Freude an diejenige, welche El­

tern über ihre guten Kinder empfinden, und dann sind Kinder ein Schatz, zu dem das

Rechtverhalten -er Eltern den sichersten Grund

legt.

2. Verlieren Eltern frühzeitig solchen Schatz, die Kinder ihrer Hoffnung,

noch ehe ihre große

Jugend ihnen verstattete, schon viel zu ihrer Ver­

edelung beyzirtragen, so ist das freylich tranrig;

— 5o7 trauriger aber doch wohl,

—wenn sie ihn späterhin

verlieren, weil nun schon so manche Sorge und Mühe mehr, dem Anschein nach wenigstens, ver­

geblich daran gewandt ist. 5, Womit aber können christliche Eltern un­

ter allen Umständen

sich

trösten,

deren Kinder

früh eine Beute des Grabes werden?

Damit,

daß sie sich's mit Paulus zurufen: wenn der ir­ dische Leib dieser Hütte zerbrochen wird, daß wir

einen Bau haben von Gatt erbauet, ein Haus,

nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Him­

mel, und mit Jesus, der hingegangen ist, uns die Stätte zu bereiten.

Also befindet sich nun ihr

Schatz an keinem unsicher», sondern seligen Orte, und 4. Wo euer Schah ist, da ist auch euer Herz, wo ihr, das will Jesus damit sagen, das Liebste habt, da müßt ihr auch am liebsten weilen, da­ mit müssen sich auch eure Gedanken, Wünsche und

Hoffnungen am meisten beschäftigen;

vor allen

Dingen aber ists nothwendig, euch so einzurichten, daß am Orte Nr Seligen eine künftige Wiedervereini­ gung mit Seligen von eurer Seite statt finden kann,

daß kein dem Himmel entfremdeter Sinn euch von

seinen Bewohnern trennt. O, so klebe denn unser Herz nicht am Ir­

dischen, nicht an dem Vergänglichen dieser Welt,

vielmehr sey es auf das gerichtet, was, keiner Zerstö­ rung mehr unterworfen, ewig dauert und ewig be­

glückt. An das Nichtige der Gegenwart, und an das U a

5o8 über alles Wünschenswerthe der Zukunft, erinnert uns auch dieses Kindes frühzeitige Vollendung. Go lieb den Eltern das Wiedersehn ihrer Kinder,

so lieb uns allen die Seligkeit ist, so wenig kann darüber ein Streik entstehn, ob dem dissritigen pder jenseitigen Glück der Vorzug gebühre» Wohl dem, der es weiß, er hat einen Schah im Him-

mel, der für ihn ewig unverlörcn ist.

b) In besonderer Beziehung.

5 Mos. §2, 4.

(Hey einem Kinde, das am bösartigen Scharlachfieber starb).

W-« Gott thut, das ist wohigethanr Nur er weiß, was uns nützet. Der wandelt nicht auf sichrer Dahn, Der sich auf Gott nicht stützet. Ja seine Treu ist ewig neu: Drum will ich auf ihn bauen, Und seiner Hülfe trauen.

Was Gott thut, das ist wohlgekhan!

(so sangen wir andächtig in unserm Liede), so pflegen wir uns gutmüthig zuzusprechen, wenn



Sog



uns irgend etwas begegnet, was mit unsern Wün« schcn nicht stimmt, uns vielmehr zur Unzufrieden»

heil und bittern Klagen versucht.

Zuweilen denkt

man fich eben nicht viel bey diesem Ausruf,

ob­

gleich allerdings sehr mit Unrecht: weil man da­

durch nicht bloß eine gewisse Gedankenlosigkeit ver­ räth, sondern den Namen Gottes eher mißbraucht,

als ehrt.

Dagegen aus Ueberzeugung und mit

wahrer herzlicher Zustimmung also sprechen, daS

seht nicht nur Sammlung des Gemüths, sondern

«ine wirklich fromme

und Gott ergebene Gesin­

nung voraus. So lange alles gut und nach unfern Wün­

schen geht, heißen wir gern gut, was Gott ver­ hängt; nicht so in Leidenstagen.

Und so möchte,

bey der höchst schmerzhaften Erfahrung, die seit

Kurzem hier und in den Nachbarorten so häufig gemacht ward, und womit Gott diese hier jam­

mernden Eltern gleichfalls hart angefochten, auch die

gegenwärtige

christliche Traukrversammlung,

zum Unmuth gereizt,

in dem Glauben an jene

heilige Wahrheit gestöret werden.

Denn gar groß

ist die Noth, die diese verheerende Krankheit über die unschuldige Kinderwelt bringt.

In Fülle der

Gesundheit und Lebensfroh, die Welt noch nicht von ihrer bösen Seite kennend, ergreift der Seu­

che grausame Wuth ihr« Opfer, ohne zu schonen. Wird's zum Leben gehn oder zum Tode?

Selbst

nach anscheinlich erfolgter Genesung bleibt dieses längere Zeit unentschieden.

Unaussprechlich leiden

510

die Kranken, vom Anfang an.

Herzzerreißend iß

besonders der letzte schwere Kampf.

Wehmüthig

umringen die klagenden Eltern ihre Geliebtesten Tag und Nachts deren Pein so oft alle mensch­

liche Abhülfe vereitelt, ohne daß sie auch nur ei­ nigermaßen gelindert werden könnte. Was urtheilt hierüber der Fromme, der fei­

nen Glauben zu keiner Zeit verleugnet? O, auch er empfindet schmerzlich, solchen Elende ist.

wenn er Zeuge eines

Seine Augen fließen über von

Thränen, auch ihm entlockt sie die Natur. noch,

Den­

so sehr auch ihn der Trauer drückende Ge­

fühle überwältigen wollen, zürnt er drum mit dem

Herrn der Schicksale nicht.

Geduldige Ergebung

bleibt seiner Seele unveräußerliches Eigenthum. Er betet mit Mose, dem Manne Gottes: Gott ist «in Fels, seine Werke sind unsträf­

lich und alles, was er thut, das ist recht.

Treu ist Gott und kein Böses an ihm,

gerecht und fromm ist er.

Selbst der Tod

vermag nicht, ihm diesen Glauben zu verkümmern.

1. Gott ist ein Fels; nicht hart, wie ein Fels, nicht unerbittlich und

ohne

Erbarmen, obgleich

freylich so oft nicht den menschlichen Wünschen ent­

sprechend; vielmehr zuverläßig, beständig, und in­ sofern allerdings fest und unverändert in feinem,

nach höherer Weisheit gefaßten, Rath und Plan. Selig ist das Menschenherz, das sich

auf den

Herrn verläßt, und dem der Herr seine Zuver«

511

sicht ist.

Wer auf ihn seine Hoffnung setzt, hat

auf einen Grund gebauet, der niemals weicht. 2. Unsträflich sind seine Werke,

was er thut,

das ist recht.

unb

Roch nie war

Gott zu tadeln in seinen Anordnungen und Beschlüffen. Wollte gleich der Anfang zur Klage ver» suchen, das Ende bewährt sich als göttliche ÄZeiS-

heit. —

Spricht auch ein Werk zu seinem Mei­

ster, warum machst du mich also? Welcher Sterb­

liche vermag den Gang des Höchsten zu richten? 5. Treu ist Gott und kein Böses a» ihm, gerecht und fromm ist er. Wie anders

konnte Gott es auch meinen, als treu, wie könnte

der Heiligste am Bösen,

haben an dem,

der Gütigst« Gefallen

was Unheil bringt?

Wie sollte

Gott ein anderer, als gerechter und frommer Gott

seyn? —

Also lassen wir ihn walten^ ihn, der

nichts ohne Ursach so wenig zuläßt, als thut, und

der,

so auch in den

wie überall in der Natur,

Schicksalen seiner Menschenkinder,

tiefe Weisheit

offenbart Demnach dürfen christliche Eltern wdhl trauern

auf so dunklen Wegen,

die sie geführt werden;

nur nicht versinken in Schmerz und Verzweiflung.

Sie können glauben an Gott, und an Jesum Christum, und das Leben ist.

der ewig Vater,

der die Auferstehung

Ihr Kind lebt der Seele nach

in Himmelöwonne und Herrlichkeit, und den, von

Krankheit geplagten, Leib rührt keine Plage mehr an.

Gott kann nicht so grausam seyn, die Uw-

schuldige» zu peinigen, ohne sie nicht reichlich, ja überschwenglich und ewig zu entschädigen. Den natürlichere Mängeln und Gebrechen des ErdenlebenS unterworfen, mußten sie kämpfen ihren K ampf; aber diesem Kampfe folgt sicherer Sieg und Lohn. So herbe Erfahrungen im sterblichen Leben sichern uns Unsterblichkeit, und erheben unsern Glauben hoch über alle Zweifel. In diesem Glauben über­ winden wir weit. So scheidet nichts uns von der Liebe Gotteö, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn. 2.

Hiob i, 2i. (Als die Eltern zwey ihrer Kinder zugleich

begraben ließen.) Äon dem Grabe, das umschließet Euer moderndes Gebein, Müsse, bis es Licht umfließet, Gottes Frieden fern nie seyn. Ruhet sanft als Gottes Kinder Hier beysammen in der Gruft, DiS des Todes Ueberwinder Uns mit euch ins Leben ruft.

Der Herr hat es gegeben, der Herr hat ee genommen; der Name des Herrn sey gelobet! So hingegeben in den höhern Willen, so hart derselbe auch das Herz angriff, m so «nbe-

515 dingter Untdtrocvfimg, die sich auch das Bitterste mit lobendem Bekenntniß gefallen ließ,

empfieng

vorher schon von mancherley Leiden heimge-

-er,

suchte,

Hiob die Nachricht von dem plötzlichen

die unter den

TodeSfalk feiner geliebten Kinder,

Trümmern des eingestürzten Hauses ihv Grab ge­ funden hatten.

Unter so schmerzhaften Erfahrun­

gen des Lebens nicht erliegen —

wer wollte es

läugnen, dazu gehört wahrlich viel Selbstüberwin­

dung,

ja ein unerschütterlicher Glaube an Gott.

Gleichwohl ist's eben so wenig zu läugnen:

hier

kommen Menschen zuweilen in Lagen, wo das ei­ gene Gefühl und Verlangen fast verleugnet wer­ den muß, wenn nicht mit dem leiblichen auch das Wohl der Seele völlig zu Grunde gehen soll.

Auch diese hier weinenden Eltern, denen ein

böser schneller Tod zwey

ihrer Kinder so kurze

Zeit hinter einander nahm,

die Lieben deckt,

daß jetzt Ein Grab

sind ja vor vielen andern dcS

Trostes so bedürftig, den auch die alles lindernde Zeit kaum Herbe yführen wird.

noch einen Trost zulaßt, nicht?

Wenn ihr Herz

und warum sollte es

so giebt ihn die heilige Schrift,

nächst das Wort,

das den Hiob

und zu-

tröstete und

stärkte:

1. Der Herr hat es gegeben.

Woher

sollte auch sonst das wahrhaftige Gute kommen? Von uns selbst? Was vermögen wir, wenn Gott

uns nicht ausrüster mit seiner Kraft, und mit ftinm Gütern nicht versorget? Von andern?

Von

314 sind sie nicht auch nur Men­

wem haben sie es?

schen, also auch eben so unvermögend, als wir? —

Darum

der Herr Hat's gegeben.

Auch Kinder

sind eine Gabe Gottes, und zwar eine theure, edle Gabe.

Die glückliche Geburt eines Kindes erfüllt

das Haus mit Fröhlichkeit ;

in den Kindern ver­

das Liebste,

vielfältigt sich das Leben,

das wir

Haben: wem sollte in ihnen nichts Liebes zu Theil

geworden seyn? So lang« sie gesund und froh ge­ deihen an Seele und Leib, sind sie für Eltern ein

Gegenstand der Freude, der durch nichts übertrof-

fm werden kann.

Aber es giebt wenig Eltern,

denen solche Freude nicht auch getrübet würde. Und wen der Schlag des Schicksals,

rigkeit verkehret,

der sie in Trau­

mit einem Mal doppelt trifft,

dem blutet das Herz doppelt.

den Kummer zu stillen,

Fast vermag nichts,

nichts den Schmerz in

die gehörigen Schranken zurückzuweisen.

Dennoch

muß es geschehen, weil das Gegentheil a) nichts hilft. —

Durch Ungeduld ward noch

nie ein Leiden glücklich besiegt,

nur dreyfach

und zehnfach geschärft. b) nur schadet der Seele,

in Absicht der

Ruhe, deren gänzlicher Mangel an den Ab­

grund der Verzweistung bringt;

dem Leibe

aber auch, der in dem Uebermaß des Schmer­

zes untergeht. 9. Der Herr hat es genommen.

Er,

der es n»s gab, hat ja auch ein Recht zu nehmen.

515 Dem Herrn über alles vermag dies Recht kein Sterblicher streitig zu machen. Und die Art und Weise, wie er es nimmt, und die Zeit, wann, steht auch allein bey ihm. Auch der trohigste Eigemville muß stch'ö gefallen lassen, was Gott be­ schließt. Ist es aber auch nicht besser, wenn der Herr nimmt, als ein anderer? Schwerlich könn­

ten wir uns über den Tod geliebter Kinder zu­ frieden geben, wenn eigner Muthwille oder Ver­ wahrlosung sie todtste; eben so wenig, wenn frem­ de Bosheit und die Macht der Verführung sie uns entriß. Hat Gott sie genommen, so wissen wir, wo sie sind; daß sie es gut haben und besfer, als wenn sie rms geblieben waren. Also 3, der Name des Herrn sey gelobet! Er hat «nS damit nicht leid, er hat uns damit

wohkgethan. Und so entweihe deine Lippe» keine Unmuthskkage, so opfere Gott Dank! Damit wir aber bis zu diesem höheren Grade unsre Gottge­ lassenheit steigern können, so wollen wir beten, daß Gort selbst uns stärke mit seiner Kraft, so harte Schicksalsschläge mit Fassung zu ertragen, daß er uns beystehe in aller Noth, und der Verzweisiung wehre. In getroster Unterwerfung und mit geduldiger Abwartung des Ausganges werde hier schon Gott gelobet, volkkommner dort künftig, wo jede Klage verstummen, ja in Jubelgesang sich wandeln wird.

316 3.

Ps- 5g, 8* (Am Grabe eines Kindes,

dessen Eltern

schon oft ahnlichermaßev betrübt tvot#

den waren.)

besser Tross in Trauer,

Angst und

Plagen, Hilf, daß wir nie, jv keiner Zeit, verzagen. Was bii uns schickst, beugt's uns auch tief darnieder,

Es hebt uns wieder. Ein Land der Prüfungen und der Thräne»

ist dieses Erdenthal gewiß auch,

keineSwegeS ein

steter Schauplatz des Glücks und der Freude.

Erst

nach manchem sauren Tritt erreicht der Wanderer ganz ohne Anstoß und ohne alle Be­

sein Ziel;

schwerden ward noch kein Menschenleben vollbracht.

Manche Pilgrimme machen sich zwar selbst Unruh und Betrübniß;

doch

selten Heimsuchungen

begegnen uns auch nicht und

Leiden

ohne

unsere

Schuld, die zu umgehen oder von uns zu entfer­

nen uns völlig unmöglich war, die wir mithin be­ trachten müssen als eine von Gott selbst uns auf­

gelegte Last.

Nirgend aber ist das mehr und ei­

gentlicher der Fall, als da, wo der unabwendbare

Tod Grain und Zerstörung anrichtet. 1. Eine, ist

sehen

die erste Erfahrung dieser Art

herbe genug.

Fühlende

Eltern,

die



517



auch nur einmal am Sarge eines geliebten Kindes standen, Haben an solcher Wunde lange zu heilen, ehe sie zu bluten ganz aufhört.

Aber ach!

wie

trostakM und verlassen weinen zu wiederholten Ma­ len Eltern an den Grabern ihrer Verklärten, wie

allein und bloß erscheinen sie, wenn sie, über ei­ nen gewissen Punkt hinaus, am Leben behalten können,

keines ihrer Kinder

ihre Freude also im­

mer in Traurigkeit verkehret wird! In diesem äus­ serst betrübten Falle sind die hier klagenden Eltern.

Langer als ins dritte Jahr erfreuten sie sich bis­

her noch keines ihrer Lieben.

jetzt

dahin gewelkte,

Hoffnung.

Uebcrdieß war daß,

besonders ein Kind guter

Zärtlicher hatte noch keines sich an

ihr elterliches Herz geschmiegt,

lieblicher noch kei­

nes sie angclächelt mit reiner kuidlichcr Freude,

keines noch schönere Anlagen verrathen, nun auch dahin Versammelte,

als das

wo die Vorange-

gangcnen ruhn. 9. Wohl sind die Kinderlosen, dieser Schläge

des Schicksals wegen,

des Trostes so bedürftig.

Wohl mögen sie beyde mit David ausrufen: Nun Herr, wes sollen wir uns trösten?

Unser

Trost und unsre Freude liegt im Grabe! Aber mö­ gen sie gleichfalls mit jenem begeisterten Psalmen­

sänger sich ermukhigen und sagen:

Wir hoffen

auf dich. a) Das soll einmal ihre Prüfung seyn nach Gottes Willen.

Andere Sterbliche

werden

518 auf eine andere Art grübet in der Schule

der Leiden;

Sie auf diese.

leichte Probe,

Wahrlich keine

die Sie zu bestehen haben!

Wenn Sterben auch soviel heißen kann, al­

ben Schmerz der Trennung empfinden im

letzten Todeskampf: so haben Sie gewiß öf­ terer, als einmal?, des Todes Bitterkeit ge­ fühlt.

Denn es konnte nicht fehlen,

was

Ihren Geliebten widerfuhr, griff ja so ganz

an Ihre beyderseitigen theilnehmenden Herzen, baß «S schien,

als sollten Sie sich auf der

Stelle dem Tode mit unterwerfen.

Wenn

Sie sich also in großer Beklommenheit die

Frage aufwerfen:

WeS sollen wir uns trö­

sten, o Herr? Was können uns Eltern noch für Freuden übrig bleiben,

von uns nimmst:

da du sie alle

so mag Ihnen diese Fra­

ge allerdings sehr verzeihlich seyn,

wie sie

sich David verzieh; besonders wenn Sie

b) wie er,

Ihr Vertrauen

wegwerfcn,

auf Gott nicht

sondern einmüthig sind, zu be­

kennen: Wir hoffen auf dich, und zwar

«) auf deine höhere Weisheit.

Wir selbst ver­

mögen es nicht einzusehen, was deine ver­

borgene Absicht mit uns ist,

die dich ge­

gen uns zu so wiederholten harten Prü­ fungen bewegt. Gott,

Aber deine Gedanken, o

und der Menschen Gedanken —

welch ein unermeßlicher Abstand!

Also



519



stellen wir dir anheim, forschlich ist.

was uns uner-

Der d» nie, o Gott, ohne

Zweck und Plan gehandelt hast bisher, du wirst es also auch jetzt hier nicht.

Wir

hoffen auf deine Weisheit; ß) auf deine Gerechtigkeit,

Groß waren die frühern An­

herzigkeit.

die wir nach deiner Fügung

fechtungen,

erlebten;

stehen.

Gute und Barm­

wir meinten, sie nicht zu über­

O über unsere Kräfte wirst du uns

auch jetzt nicht lassen versucht werden; und je schwerer auf dieser Seite des Lebens

Last uns drückt,

desto unmerklicher und

leichter wird deine allgenugsame Hand uns über andere Mühseligkelten hinübcrführen;

ja selbst der letzte Feind muß einst uns

minder schrecklich seyn, da wir diesen Feind

schon kennen, und der Tod wenigstens in­

sofern nicht mehr als Feind erscheint, als nur der Tod,

sonst nichts,

«nS mit den

lieben Vorangesendetcn wieder vereinigen

kann.

Also hoffen wir vor allen Dingen

-t) auf ein künftiges besseres Leben,

das du

denen, die dich lieben, aus Gnaden geben

wirst. — Welt,

Ja, der Glaube an die höhere

der sonst hier in der Zeitlichkeit

nicht immer so wirksam ist,

wie er seyn

sollte, ja leicht ganz untergeht, soll dadurch eine gewisse Zuversicht werden.

Das Nich-

5so tige,

Irdische kann Sie ja nicht tnehr

fesseln. Himmel;

Ihre früh Verklärten sind im wollten

Sie nicht bey

ihnen

seyn? — O, lassen Sie sich den heilsamen Rath der

heiligen Schrift empfohlen seyn, auf Gott zu hof­ fen und von Ihm daö Beste zu erwarten, selbst in

der großen Anfechtung, die Ihrer Tage Prüfung

ist, und zweifeln Sie, so wenig für sich, als für Ihre Verewigten, an der Weisheit und Liebe des Vaters im Himmel,

der Sie also

beruft zum

ewigen Leben.

4. Buch der Weish. 5, 1 —5«

(Bey dem Grabe eines Kindes, dessen Vater im

Felde geblieben, und das seiner Mutter letztes war.)

Lieben, die vorangegangen, Erregen fchmerjlich das Verlangen, Uns ihrer wieder zu erfreun. Für S.eelen, die die Liebe ehren, Einander treu sich angehören, Kann auch der Tod nicht Trennung seyn.

Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Quaal rühret sie an.

digen werden sie angesehen,

Von Unverstän­

als stürben sie,

und

ihr Abschied wird für eine Pein gerechnet,

».nfc

521 ihr« Hinfahrt für ein Verderben; aber sie sind in Frieden.

So

sinnig und wahr weiß schon ein

Zeitgenoß

des

alten Bundes über den Tod zu

sprechen, der in dem Gemälde des Menschenle­

bens immer die dunkelste Seite ist, die nur be,

leuchtet werden kann. gelium

tröstet,

Auch Wir, die das Evan­

diese Worte so lehrreich

finden

und beherzigungSwcrth, daß, selbst bey dieser rüh­ renden Veranlassung, uns ihre Betrachtung vor

andern nühllch scheint. 1. Der

Wer sind diese?

Hand.

rechte ,

in Gottes

Gerechten Seelen find

nicht solche,

Schein begnügen,

Nicht vermeintliche Ge­

die

sich mit dem bloßen

im Herzen aber unrein sind;

sondern Gerechte im Geist und in der Wahrheit, die der Heiligung nachjagten und der Gottseligkeit sich überall befleißigten,

so daß sie wirklich ge­

rechtfertigt und zu Gnaden angenommen worden sind.

Zu den Gerechten

sind vorzugsweise

Seelen der Kinder zu zählen.

die

Sie, die Gott ihr

Leben so rein und schuldlos wiedergeben, als sie es von ihm empfangen haben/

Sünde und Ungerechtigkeit noch

und denen fremd ist,

jede

sie

sind gewiß in Gottes Hand, und wohl dort auf­ gehoben , wo sie fröhlich weiter gedeihen.

2. Keine Quaal rührt sie an,

sensquaal und Reue, auch kein und Leid.

keine Gewis­

sonstiges Uebel

Jedes körperliche Uebel ist abgethan

mit den abgeworfenen Banden dieses Leibes, und

jedem Seelenübel ist in der Gesellschaft der SeliGehatter ö Aulelmn-err.

$

522 gen,

die ja keinen Anlaß zur Klage giebt und

geben kann, auf immer vorgebeugt.

5. Von Unverständigen werden s,L angesehen,

als stürben sie tu s. w. Eindrücken stehen,

Ja, bleiben wir bey den

die das Erstarren dieser Glie­

der, das Hinschwinden

aller Kräfte, das Ver­

scharrtwerden in der Erde feuchte Höhle auf uns macht: so deuten diese sinnlichen Wahrnehmungen freilich auf nichts anders, als auf Zerstörung hin. Auch ist der Abschied peinlich. Die Ab­

sonderung von der lebendigen Welt, die Aufhe­ bung so mancher werthen Verbindung, die Tren­

nung von Lieben und Freunden kann keine ange­

nehmen Gefühle hccvorbriNgen, weder in den Her» zen der Scheidenden, noch der Zurückbleibenden. Die -Hinfahrt der Menschen ist nach dem Urtheil

der Sinne nur Untergang und Verderben.

So

schließen indeß nur Kurzsichtige und Unverständige,

nach dem Zeugniß der heil. Schrift. terrichtete,

Besser Un­

die ein höheres Daseyn ahnen, und

nicht den bloßen Theil für das Ganze des Men.

schmlebrns halten, erheben sich alsvbatd von die­ sem niederschlagenden Anblick irdischer Hinfällig­ keit.

Sie können

sich nicht trennen von dem

Glauben an den, der einem Jeglichen gerecht ver­ gilt,

und alles leitet zu gutem Zweck und Ziel.

Sie finden den Unterschied zwischen Thier und

Mensch zu merklich, als daß sie vermuthen könn­

ten,

beyde müße ein gleiches Schicksal treffen.

Durch jede Todrsbetrachtnng, die sie anzustellan

3s5 Gelegenheit haben, wird in ihnen die Ueberzeu­ gung befestigt, daß das, was zunicht wird im

Tode, nur dem Leibe angehört. 4. Die Seele ist in Frieden, sie ist gerettet,

vor aller Unruh der Erde,

geborgen,

vor aller

Anfechtung der Sinne, vor aller Gefahr der Versu­

chung sicher gestellt.

Alles nur gedenkbare Heil

umfaßt das vielsagende Wort: Frieden.

Mehre­

res und Besseres, als Menschengedanken zu be­

greifen vermögen, reine unverwelkliche Freuden stehn den Seligen dort bevor.

5. Mit diesen Worten trösten Sie sich. Sie,

die nun allein da stehn, und viel Theures, nun das Letzte verloren haben für diese Welt.

Gleich

am Anfang jenes verhängnißvollen Jahres,

das

wegen des großen Völrerkampfö unvergeßlich ge­

worden ist,

wand sich ihr treuer Gatte mit weh­

müthiger Ahnung und unter reichlichen Thränen

aus Ihren Armen kos,

dem allgemeinen Aufruf

des Vaterlands folgend.

Er ist nicht hrimgekehrt.

In fremder Erde schlummert sein Leib.

Auf der

Gedächtnißtafel der, aus unserer Mitte für König

und Vaterland gestorbenen, Name. Hier

Helden prangt sein

Seine Seele aber ist in Gottes Hand.

ist er den Tod eines Gerechten gestorben,

der seine Pflicht erfüllte.

Dort lebt er ewiglich.

Jetzt am Grabe seines Sohnes, den er auf dieser Welt nicht sah, sey ihm von uns allen, die wir

uns seiner mit innig« Rührung erinnern,

eine

aufrichtige Zähre des Danks und der Liebe ge-

3E s

5a4 weiht,

nicht bloß von Ihnen, tiefgebeugte Düs«

denn»

Keines Ihrer

frühern Kinder war) f»

lange erhalten, daß es den süßen Namen: Mut­

Alle welkten in des zar­

ter! anssprechen konnte.

ten Lebens ersten Monden schnell dahin!

Dieser,

von Ihrem mütterlichen Herzen, jetzt nun auch

loögerisfene letzte Liebling ihres Lebens konnte es. Desto schmerzhafter blutet die Wunde.

Nur der

Glaube an Gott und sein Heil, das er bereitet

hat denen, die ihn lieben, vermag sre zu lindern und ewig zu heilen. Sanft ist das Kind hinübergeftblummert. Dort findet es Jesum, den gros­

sen Kinderfreund, dort findet es auch seine früher

vollendeten Geschwister; dort findet eß seinen Va­ ter, dem eß Engel Gottes entgegen führen wer­

den.

Dort wird auch die Mutter alle ihre Lieben

wiederhäben,

und ihr hier von Grund aus zer­

störtes Familienglück neu üufblühn sehen zu ewi­

ger Dauer.

6.

Ioh- 14, 19» (Bty

dem Tode eines Kindes,

dessen Hintritt

seinen biederherzigen Pflegeeltern überaus sehr

zu Herzen ging.)

Wie wohl thust Du, o Gott, den Deinen! Du führest sie zum Himmel ein. Da werben Leid, Geschrey und Weinen

."*2 5



'—

Wie ei« vergangnes Traumbild sey«; Da wird, auf bald verschmerzte Pein, Vsllkommne Seligkeit erfreun.

Die evangelischen Worte, deren sich einst Je» sus, unser Herr, bediente, um wegen seines bevorsichenden Todes seine Geliebten zu beruhigen, wenn er zu ihnen sagte: Ich lebe und ihr sollt auch

leben, können wir wohl auch betrachten, als den Zuruf eines vollendeten Geliebten an zurückgeblie»

bene Freunde,

die

seines Abschieds wegen

schmerzliche Betrübniß verseht sind.

trer ein solcher, für

in

Denn je bit­

dieses Leben unersetzlicher,

Verlust empfunden wird, desto mehr beruhigt, ja

entschädigt den,

ein künftiges Leben

Christen der Trost, sich

austösende

hoffenden,

daß an die hier so traurig

irdische Verbindung

ein Zustand

ewiger Glückseligkeit sich anschließen werde.

Der

Tod eines geliebten Angehörigen ist

1. im allgemeinen ein Zuruf an uns: Ich

lebe, bin unverloren und habe zu sey» nie aufge» hört, wenn ihr gleich iyeinet, ich sey dahin; und so sollt auch ihr leben,

sollt nicht vertilgt seyn

aus der Reihe der Wesen,

sondern auch eurer

Wartet Fortdauer im Tode;

euer gegenwärtiger

nichtiger Leib soll in einen verklarten verwandelt werden» 2. Besonders aber ergehet dieser Zuruf, ich

lebe, und ihr sollt es auch, an Sie, wertheste Leid­ tragende, denen der Tod des früh Entschlummer­ ten zu Herzen geht, als wäre es Ihr leibliches

5s 6 Kind.

Habt Dank, so ertönt'S an» seinem Gra­

be, daß ihr euch meines zeitlichen Lebens mit wah­

rer Elternliebe annahmt,

und mir diejenigen so

treulich ersetztet, die ungckqnnt, vor mir entschla­ fen sind.

Nicht zwecklos und vergeblich habt ihr

an mir ein so edles Werk gethan, ich lebe den­ noch, üb es gleich scheint, als sey mein Leben im Tode

untergegangen.

Mein Knospenleben

auf

Erden treibt jetzt Blüthen und Früchte der Ewig­

keit.

Oder könnt ihr noch an meinem Leben zwei­

feln, wenn ihr -en GlaNben 8.) wie zu Leiden geschaffen zu seyn.

Ist eine An?

fechtung vorüber, so droht schon eine ander«. Oft

drängt die Noth von mehrer» Seiten,

kommt ein Unglück allein. —

ja selten

Künftig nicht also,

Dann unterbricht den reine» Genuß der Seligkeit kein Ungemach der Erde. Ayer Jammer der Un«

terwelt verwandelt sich dort oben in Wonne.

4) Das Erste ist dauert auch das Erste,

vergangen.

das Zeitliche,

Zwar in seinen

Folgen fort, und kann insofern nie vergehen. Aber die Vorbereitungszeit ist dahin und wohl vergan­ gen dem Frommen, nicht vergeblich, sondern hoch»

nützlich, nicht zum Schaden, sondern zum ewigen Segen.

Die seligen Genoffen der künftigen Welt

begrüßt bei ihrem Eintritt de- Heilands Friedens­

spruch: kommt her, ihr Gesegneten des Vaters, ererbet das Reich!

gekämpft.

Ihr habt «inen guten Kqmpf

Unaussprechliche Himmelsfreude macht

alles Leid vergessen.

Möchte dieser Glaubenstrost unsere Seelen

aufrichten an den Gräbern der Unsrigen und unter

dem Druck jeder andern zeitlichen Roth, der wir hier unterworftn sind.

Die Auflösung von den



36y



Banden dieses Lebens erfolgt selten oder nie ohn« Schmerz. Wohl uns, wenn der hohe Trost göttlichen Wortes: Gott wird abwischen all« Thränen von unsern Augen, auch unser Theil ist, und wir es unsere vornehmste Sorge seyn las­ sen, zu der Zahl der Kinder Gottes zu gehören,

die seines seligen Erbes gewürdigt fmd.

» I« besonderer Beziehung.

Bey Greise».

1 Kin. 19, 4. Verleih uns Gott Beständigkeit;

haß uns mit Unerschrockenheit Und Much tu unserm Ziele gehen. Bewahre «ns vor Ueberdruß Des Lebens. Doch auch Frohgennß Soll nimm« uns entgegen stehen, Zu thun, waS recht und edel ich So lang es Tag noch für uns ich Cs ist ein, unter allen Umständen zwar ver­ zeihlicher, aber doch nur mit Vorsicht und Ein-



56g



schrankung zu hegender Wunsch, den bet Prophet EliaS hatte, als er, von der gottlosen Königin Isabel verfolgt,

sich in eine Wüste fluchtete und

lebensmüde zu Gott betete:

nimm nun,

Herr,

Es ist genu.-,

meine Seele,

nicht besser, als meine Väter;



ich bin

mit andern

Worten: ich habe lange genug des Lebens Last ge­ tragen; laß mich der Natur ihren Zoll entrichten

und zu den Vätern versammlet, werden, da werde ich sicher seyn vor den Nachstellungen der undank­

baren Welt, und zu der Ruhe gelangen, die ich hier nirgend finde.

i. Zu dergleichen Wünschen

wird also der

Mensch vermocht

a) theils durch die so oft hier fühlbar werdenden

Mängel und Unvollkommenheiten unter dem Druck der Leiden,

wenn körperliche Schmer­

zen überwältigen wollen,

und eö an Muth

und Kraft gebricht, solch Schicksal zu ertra­

gen;

oder wenn rechts und links aus unsrer

Verwandtschaft und Bekanntschaft alles um uns her abtritt, und wir allein übrig zu blei­ ben scheinen; ferner, wenn große allgemeine

Drangsale überhaupt gleichgültig machen ge­ gen das Leben;

endlich,

wenn die wenigen

schwachen Kräfte nicht mehr gestatt«:, nützlich thätig zu seyn,

hier

vielmehr die Ueber­

zeugung immer mehr zunimmt, man sey bey

längerem Leben nur sich und andern eine Last.



309



b) theils durch die Hoffnung eines bessern Zu­

standes jenseits des Grabes in der himmli­ schen Vollendung und Seligkeit. 2. Hier fragt sich:

Was ist recht?

a) Ueberdruß des Lebens ist an und für sich im­

mer unerlaubt, zeugt von Geringschätzung des edelsten Geschenks Gottes und von Ungeduld

unter der Tragung der aufgelegten Last.

Dee

Christ behält auch im größten Unglück Muth

und Kraft, sein Leben fortzusetzen, und nimmt

sich'6 nicht heraus,

wegen der Dauer dem

Höchsten Regeln vorzuschreiben.

b) Auch der Christ sagt: eö ist genug; nun mag aber eher

sich schließen meiner Tage Lauf;

nicht,

Doch dann mir

als bis Gott ruft.

ganzer Seele, völlig gefaßt und bereit, be­

ruhigt und getröstet über das sichtliche Da­

hinschwinden der Kräfte,

über den mangel­

haften Gebrauch der Sinne,

über die nahe

Trennung von hier. c) Der am spätern Ziele stehende rechtschaffene

Pilger,

der lange deö Tages Last und Hitze

getragen hat,

darf also allerdings auch im

Voraus seiner Erlösungsstunde sich freuen und den Verlust des Zeitlichen für wahren und

«iqentlichen gewinn

vollbrachtes

Leben,

Sein wohl

ansehen. seine

unverbrüchliche

Treue im Dienste seines Herrn, der ihn nun nicht länger mit dem Lohn aufhalten will; am Bebau,r'S Anleitung»«.

a



Syo

—-

meisten aber sein Glaube an Jesum und seine Erlösung durch ihn verbannt allen Zweifel aus seiner zu Gott erhobenen Seele, und er­

füllt sie mit Hoffnung und freudiger Zuver­ sicht. Die vielen Vorangegangenen winken ihrerseits auch zur baldigen Nachfolge; aber nicht mit Ungestüm fordert er seinen Tod, nicht ungeduldig klagt er, Gott habe ihn ver­ gessen. Die Zeit, die Gott dazu ersehen hat, seine Seele abzufordern, ist ihm die willkommenste und beste, bis dahin wendet er auch den Rest seines Lebens, soviel ihm noch vergönnt ist, zur nützlichen Thätigkeit an. Und wenn er weiter nichts vermag, so sind es dienliche Rathschläge für die jüngere Welt, so sind es heilsame Anordnungen, wie es nach seinem Tode soll gehalten werden mit dem, was er zurückläßt, oder sonst vor­ bereitet hat zur weitern Ausführung. 5, Also wir sollen das Leben lieben, und uns den Tod nicht wünschen, aber auch den Tod nicht fürchten. Wenn die Pflicht gebietet, dürftn wir auch Todesgefahren nicht scheuen; aber ihnen auch

zu keiner Zeit leichtsinnig gleichgültig entgegenei­ len. Wir sollen standhaft beharren bis ans En­ de, und in keiner, auch noch so schweren, Lebens­

lage verzweifeln oder verzagen, vielmehr alles als weife Beschlüsse des Ewigen erkennen und vereh­ ren, was uns widerwärtig dünkt, aber abzuändern

in unsrer Macht nicht steht.

on i

2.

o

Psalm 90, 10.

^5m schwachen Alter kämest du, Betagter Greis, zu deiner Ruh, Blöd und gebückt giengst du einher, Jetzt drückt dich keine Schwachheit mehr.

Unser Leben währet siebenzig Jahr, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahr, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist eö Mühe und Arbeit gewesen. Diese Worte sprach aus grauer Vorwelt her der Mann Gottes, Moses, als er die Nichtigkeit des mensch­ lichen Lebens zum Gegenstand seiner Betrachtun­ gen gemacht hatte, die, wenn wir es recht be­ denken, von uns um so eher müssen angestellt wer­ den, da die Anfangsworte unserer Schriftstelle jetzt nur seltener eine Anwendung leiden, und die Le­ bensdauer in unsern Tagen in der Regel geringer ist, als in jener älteren Zeit, vor viertehalbtausend Jahren. - Die Hälfte der, zum Leben gebornen, Menschen stirbt nämlich früh in der Kind­ heit und Jugend dahin. Verhältnißmäßig nur Wenige erreichen die sechsziger Jahre. Heute ist uns vergönnet, die Worte des MofeS als Leichen­ text zu benutzen, da wir einen Greis beerdigt ha­ ben, der dieses Ziel erreicht hat, das schon in je­ ner Zeit ein höheres hieß. — Was lernen wir bei diesem Todesfall; was ruft uns dieser Greis aus seinem Grabe Erwcckliches, Lehrreiches zu? Aa 2

1. Die Seltenheit dieses Ziels macht es uns

So­

nicht wahrscheinlich, auch so alt zu werden.

viel Zeit, als der Vollendete hatte,

um sich auf

das Künftige vorzubereiten, werden wir nicht leicht Also schiebe deine Buße nicht auf,

haben.

bis du alt werdest, ermahnt Sirach (18, 22.)

sondern bessere dich,

gen,

weil du noch sündi­

noch mit der That beweisen kannst,

ob

du der Sünde widerstehest oder nicht.

2. Je länger die Frist, desto größer die Rechen­

schaft wegen der so lange treu verwandten.Zeit.' In einer langem Reihe. von Jahren

kann die

Summe des Guten größer sein, als in nur kurzer.

Ist sie das nicht,

so ist die Zeit verloren,

so

findet der Richter der Ewigkeit weniger zu beloh­

nen,

als zu bestrafen,

und der Gedanke an die

Zukunft kann nur beunruhigend seyn. 3. Gleichwohl ist die Erreichung

eines so

späten Lebensziels nicht in jeder Hinsicht ein Glück

zu nennen,

wie das ein jeder zugeben wird.

In

demselben Verhältniß, als die Jahre zunehmen, nehmen die Lebenskräfte ab, giebt's keinen Genuß.

selbst und bunden.

und

ohne Kraft

Mit Beschwerde für sich

für andere ist das höhere Alter ver­ Diejenigen,

die dazu gelangen,

sind

nicht durchaus zu beneiden. 4. Wenn aber ist's köstlich gewesen?

wort: hat.

len.

Ank,

Wenn's an Mühe und Arbeit nicht gefehlt

Und wahrlich,

Arbeit,

daran muß es niemals feh­

nützliche Anwendung der Kräfte,

selbst wenn sie mit Anstrengung geschieht, wahre Würze des Lebens,

ist die

und das beste Nlittel,

es zu erhalten und zu verlängern.

Nimmer soll

uns in gesunden Tagen die Arbeit lästig Ohne

sie ist keine Erholung,

möglich.

seyn.

keine Erquickung

Erst nach gethaner Arbeit ist gut ruhn.

5. Eben das macht das höhere Alter beson­

ders beschwerlich,

daß mit der Kraft zur nühli-

chen Thätigkeit auch die Liebe dazu schwindet, und

der Greis nun andere an seiner Stelle sehen muß, die er mit eifersüchtigem Auge betrachtet, weil sie

ihn gleichsam verdrängt haben. 6. Doch dauert diese Kränkung nicht ewig.

Endlich kommt auch der Aelteste zu Grabe.

Wie

die reifen Garben alle eingeholt werden zu ihrer

Zeit, so bleibt kein Sterblicher zurück.

.0, daß

wir zur Zeit der Abholung alle reif erfunden wür­ den!^ Das werden wir aber nur dann, wenn 7. unser Wandel, sey uns auch das späteste Ziel

beschiedcn,

ein Wandel im Himmel,

ein

Gang zum Himmel und für den Himmel berech­ net ist. - Auf kürzerem oder längerem Wege kom­

men wir alle zum Ziele.

Es kann kein anderes

als seliges seyn, wenn wir unterweges unsere wah­ re Heimat nicht vergeßen, treffen werden.

und wen wir dort an­

Jesus, unser Herr, hat uns dort

eine gute Stätte bereitet;

nun kommt's auf uns

nur an, daß wir ihrer würdig seyn, daß wir al­ len Fleiß anwcnden, soviel an uns ist, xinzukom-

men zu diesem Freihafen der Seligen, welcher die

hier Abgehalten

ewig erquicken,

aber auch neu

rüsten und in Stand setzen wird zu immer höhe-

rer Wirksamkeit»

3» (Bey einem frommen erblindeten Greise.)

Jes. 60, 19. 20. 3» wandelte im finstern Thal;

Doch straltr mir des Glaubens Licht. Jetzt bin ich frei von aller Quaal, Golt war stets meine Zuversicht.

Wenn einer aus unserer Mitte scheidet,

wir wohl gekannt haben,

den

so ist das für die Zu­

rückbleibenden nie ein ganz gleichgültiges Ereigniß; cs verursacht einige Rührung, auch wenn der Ab­

geforderte

eben kein durchaus

seines Namens nach sich ließ.

gutes Gedächtniß

Wir vermißen ein

Glied in der Kette der uns näher Umgebenden, und können uns das wenigstens zurufen: einst, viel­ leicht bald, werden auch wir darin fehlen. wie wird es dann mit uns seyn?

Und

Wird man un­

sern Austritt von hier als einen Verlust bedauern, oder wird keine Thräne um uns fließen, selbst von

Verwandten

wenn

und Angehörigen

wir mit

nicht? —

unsern Betrachtungen

Doch

auch nur

stehen bleiben bei dem so eben in Wirklichkeit ge­

tretenen Todesfall —

unsere Gefühle verstärken



575



sich, wenn der Vollendete uns entweder nahe an» gieng , oder wenn seine Laufbahn eine fortgesetztere war, oder wenn er auf dieser länger« Pilgerreise manche merkwürdige, besonders harte, Schicksale erlebte, und endlich, wenn wir ihn meist, oder vielmehr ganz von guter Seite kannten. Wem unter uns sagte ich etwas Fremdes, wenn ich zuversichtlich behaupte, daß alle diese Beziehungen volle und wahre Anwendung leiden auf den vollendeten Greis, der ^un nicht mehr bey uns ist, unter dessen Augen, so lange sie sehend waren, wir gleichsam alle ausgewachsen sind; der einen guten ehrlichen Namen mitnimmt in sein Grab, und dessen Andenken bey uns allen «in Andenken in Ehren und im Segen ist, der als Gatte und Vater, als Einwohner und Nach­

bar, als Bekannter und Freund, sich Liebe und Achtung erwarb in und außer seinem Hause; der, seiner Erblindung ungeachtet, noch im Hauswesen «ine seltene Thätigkeit bewies bis zum letzten seiner Tage, der auf seinem fast achtzigjährigen Lebens­ wege viel und mancherley, Gutes und Böses er­ lebte, und an den nun auch die Reihe gekommen ist, daß er seine irdische Hülle mit einer himmli­ schen gewechselt. O, ich gesteh' es gern, heute hier als Leichenredner aufzutreten, um nach der heiligen Schrift Worte der Erbauung und Rührung zu spre­ chen, ist mir ein vielwerther Beruf. Nicht im­ mer wird es dem Diener der Religion so gut, mit derselben Zuversicht und Beisiimmung des Herzens

eines Abgeschiedenen zu gedenken.

Gott gebe uns

Segen und Gnade zur frommen Fortsetzung unse­ rer Betrachtungen, Grunde liegen:

denen die Schriftworte zum

Die Sonne soll nicht mehr

des Tages dir scheinen,

und der Glanz

des Mondes soll dir nicht leuchten,

son­

dern der Herr wird dein ewiges Licht umd

dein Gott wird dein Preis seyn.

Deine

Sonne wird nicht mehr untergehen, noch

dein Mond den Schein verlieren;

denn

wird dein ewiges Licht

seyn,

der Herr

und

die Tage deines Leides

sollen ein

Ende haben.

Erlosch ihm gleich der Sonne Licht, Des Glaubens Licht gieng schön ihm auf. Er blieb getrost und zagte nicht; Gott half vollenden seinen Lauf.

Der

nähere

Zusammenhang

dieser Worte

zeigt es deutlich, daß der Prophet im Geiste auf

eine bessere Zukunft hinblickt, und namentlich auf

die Zeit des neuen Testaments, auf die segensreiche Theilnahme an der Lehre Jesu.

Mache dich

auf, werde Licht, denn dein Licht kommt,

und die Herrlichkeit des Herrn gehet auf über dir.

Welcher Christ könnte in dieser,er-

wecklichen Anhebung unsers Textcapitels die Weis­ sagung des hellen evangelischen Lichtes verkennen, das der Kirche Jesu leuchtet! Was aber der Kir-



577



che Jesu im Allgemeinen verheißen ist, das ist jedem

ihrer frommen und rechtgläubigen Glieder verheis­

sen.

Und da wir nach der Liebe glauben, ja fest

davon überzeugt sind, daß auch unser vollendeter Greis nahen Antheil gehabt habe an diesem im Text erwähnten Licht und Trost: so ist eS der hei­

ligen Schrift kein Zwang angethan, und wir be­

haupten nicht zuviel, wenn daß hier ausgesproche­

ne Wort, an diesem unserm Simeon,

von dem

wir hier zu reden haben, in nahe und eigentliche

Erfüllung gegangen ist.

Denn

die Sonne des

Tages schien ihm lange nicht mehr, und des Mon­ des Glanz leuchtete ihm nicht; aber jezk geht sei­

ne Sonne nicht mehr unter. ewiges Licht,

Der Herr ist sein

und die Tage seines Leides haben

ein Ende.

1. Die Sonne des Tages schien ihm lange nicht mehr und des MondesGlanz

leuchtete ihm nicht. Gottes Gedanken und Wege sind unerforschlich und seine Gänge verborgen unsern Augen. Menschenschicksal liefert hiezu Beweise genug.

Jedes Doch

Manches Schicksale stellen uns daß außer allem Zwei­

fel.

Soviel der Himmel höher ist, denn die Erde,

so sind auch GocteS Wege höher, denn unsere Wege und seine Gedanken, denn unsere Gedanken. Und so

wissen wir nicht, warum Gott diesem Pilger ein so hartes auflegte, daß er dreizehn Jahre vor seinem Ende des Lichts seiner Augen gänzlich beraubt seyn

sollte, daß ihm die Sonne des Tages schon lange



578



nicht mehr schien, und des Mondes Glanz ihm nicht

leuchtete, daß er, in Finsterniß wandelnd, die schöne

Gotteserde nicht mehr sah, um die er sich doch als steißiger Ackermann verdient gemacht von Jugend auf.

Warum that das Gott an ihm?

hier fast fragen.

So möchten wir

Aber dürfen wir das?

Dürfen

wir hier vorwitzig fragen, wie die Jünger nach der

evangelischen Geschichte vom Blindgebornen: Wer

hat gesündigt, dieser, oder seine Eltern? Daß er ist blind geboren worden. 0, nein;

auch hier ist wenigstens die Antwort Jesu, die er sei­

nen Begleitern gab, die einzig richtige: es ist da­ rum geschehen, daß die Macht Gottes of­

fenbar würde, und daß alles von Gott kommt und in Gottes Hand steht, was die Menschen genie­

ßen und haben.

Zugleich aber auch darum, daß die

Geduld und Standhaftigkeit der schwachen Men­

schennatur sich noch mehr beweisen und bewähren möchte zu Gottes Ruhm und Preis. —

Wohl em­

pfand der Vollendete die Härte und Schwere des auf

ihm liegenden Schicksals.

Im Stillen mag er oft

zu Gott goseufzet haben: womit hab ich das verschul­ det, daß du Herr also mit mir zürnest, und mich mit Blindheit schlägst. Aber laut murrete der from­

me Dulder nie wider Gott.

Denen, die ihn seines

Unglücks wegen bedauerten, entgegnete er: „was kann's helfen? Gott hat mir dieß Leiden auferlegt,

ich mir nicht selbst; ich will's geduldig tragen." Und

er ertrug es wirklich mit einer seltenen Fassung und Ergebung.

Er kürzte sich die Zeit durch tägliche

— 3?9



Uebernehmung von häuslichen Geschäften, die ihm durch die lange Gewohnheit so sehr zur andern Natur geworden, daß sie ihm auch blindlings zu Gebot stau den: und so litt' er weniger. Die lange Weile, diese gewiß größte Pein für Erblindete, focht ihn nicht so sehr an; und in den stillen Stunden der Ruhe tröstete er sich mit Gottes Wort, das blieb seiner Füße Leuchte und ein Licht auf seinem Wege, der ihm aber auch von seinen Kindern und züm Hau­ se Gehörigen nicht erschwert, sondern erleichtert ward, wie er das selbst dankbar zufrieden gerühmt. So ertrug er es gelassen, daß die Sonne des Tages ihm lange nicht mehr schien, und des Mondes Glanz ihm nicht leuchtete. Aber 2. Er hat den Tag glücklich erreicht, wo seine Sonne nicht mehr untergeht. Der Herr ist sein ewiges Licht, und die Tage seines Leides haben ein Ende. Ob ihm gleich des Leibes Licht gebrach, so doch nicht der Seele Licht, des Glaubens und der Hoffnung Licht. Dies Licht gieng ihm hier nicht unter, er hatte sich'ö angezündet von Jugend auf, und seine heilige Flamme unterhalten durch die Kraft des göttlichen Wortes. Er war in gesun­ den und sehenden Tagen ein fleißiger Besucher des öffentlichen Gottesdienstes. Auch als er erblindet war, ließ er sich zuweilen in die kirchliche Ver­ sammlung führen, und hatte seinem Gedächtniß manch schönen biblischen Trostspruch, auch manch

38o rrweckliches Lied anvertraut, Elende geblieben.

das ihm in seinem

Den erbaulichen Gesang: Ich

habe meine Sach Gott heimgesiellt,

mach's mit mir, wie'S ihm gefällt,

er

ließ

er sich noch an jenem Abend andächtig vorlcsen,

als ihn: der

Schlagfluß schon den Todeöstreich

versetzt hatte, und worauf sich bald mit der Spra­

che auch Gefühl und Bewußtseyn verlor. In die­

ser Dunkelheit leuchtete ihm des Glaubens Licht. Heller ist'ö nun ihm aufgegangen, nachdem er ge-

langt ist zu, dem Erbtheil der Heiligen jm Licht, und Himmelswonne und Herrlichkeit ihn von allen

Seiten umglänzt.

ges Licht.

Denn der Herr ist sein ewi­

Jetzt erkennt er das in der Wahrheit

feigem Lichte, was

er hier auf Erden nur dunkel

oder gar nicht sah.

Jetzt preiset er den Gott der

Gnade ewiglich, der hier sein Angesicht eine Zeit­

lang vor ihn, verbarg. Jetzt wandelt er im Schauen, im seligen Anschauen aller Kinder Gottes, nach­

dem er richtig vor-ihm gewandelt hat. Jetzt hat er die angehörigen Lieben Alle, die in Christo Je­ su vor ihm selig vollendet worden sind, wieder ge­ funden ; und er hat deren Viele vorangesandt. So

viele seiner Mitgenossen auf seiner langen Pilger­ straße,

die aber früher ein gutes Ziel erreichten,

begegnen ihm dort und heißen ihn willkommen und freuen sich seines und ihres Heils.

Die heiligste

Nähe und Gemeinschaft mit Jesu, seinem Erlö­

ser, macht ihn überschwänglich selig, der ja auch für ihn, für ihn gewiß, eine gute Stätte bereitet

581 hat, daß sie ihn ewig aufnähme.

Die Tage sei­

nes Leides haben ein Ende genommen,

alle seine

Traurigkeit ist verkehrt in Freude. —

Heil also

dem Vollendeten!

Mitten in der Dunkelheit, in

der er wandelte, hat es ihm an Licht nicht gefehlt

und er hat fromm überwunden.

Seine Sonne

wird nicht mehr untergehen und sein Mond den

Schein verlieren.

Ihm ist der Herr ein ewiges

Licht.

Was folgt für uns? Was ist unsere Pflicht, was kann unser aller Trost,

was soll er seyn?

Nicht nur, daß wir dem selig Entschlafenen eine fromme Thrän« Les gerührten Andenkens weihen; auch wir wollen uns

eines

Sinnes

befleißigen,

mit dem wir jedem Schicksal trostvoll können ent­

gegen gehen.

Wohl uns, wenn man auch unse­

rer ähnlicher Maaßen in Liebe einst gedenken wird;

aber vorzüglich und ewig uns wohl, wenn wir uns

in den Tagen der Trübsal,

wo die Sonne der

Gesundheit und der Freude untergehk, halten kön­ nen an Gottes Wort, und durch dasselbe das Licht des Lebens haben,

das auch im Tode nicht er­

löscht.

Stärke uns, o Gott, auf unsere letz­

ten

dunklen Augenblicke.

Licht und deine

Da sende dein

Wahrheit,

sicher leiten, Amen.

daß sie uns

38s 4. (Bei einem betagten Amtsbruder.)

Selig, wer dereinst am Ende Zn Gottes väterliche Hände

Getrost die Seele niedrrlegk!

Eellg, wem hier nicht vergebmS Der kleinste Theil des PilgerlrbenS Vorüber floß, wenn sie nun schlägt Die Abschiedsstunde. — Dann Sieht dir durchlauf«« Bahn Seine Seele mit Wonne, blickt

Zu Gott entjückr,

Und freut sich ew'gen Lohnes dort. Es ist ein gar ernster und schmerzhafter Auf­

tritt des Lebens,

wenn der Tod Einen aus unse­

rer Mitte und Bekanntschaft

Grab;

hinabzieht in das

wenn er Verbindungen aufiöst,

die auf

mehr als eine Weise dem Herzen theuer sind, und

die wir so ungern aufgeben, weil die lange freund­ liche Gewohnheit sie uns gleichsam unentbehrlich

gemacht.

Zugleich bewegen sich christlich fromme

erhebende Gefühle in unserer schmerzerfüllten Brust. Wir sehen hier den Menschen, wir sehen das gan­

ze Leben in seinen beiden entgegen geseßten Punk­

ten, in seiner größten Nichtigkeit und seiner höch­

sten Herrlichkeit.

Wir sehen, was wir sind, Er­

de und Staub, wie alle unsere Väter;

aber wir

denken uns auch, was wir seyn werden. Verwand­

te der Gottheit,

Verklärte des Himmele:

denn

585 das Edlere des Menschen, der Geist, kommt wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. O können, ja dürfen es andere Empfindun­

gen seyn,

die jetzt unser Innerstes durchdringen,

als so ernste schmerzliche,

und fromme erhebende

zugleich? So eben verließen wir ein Grab, in das

Keiner ohne tiefe Rührung hinabblicken

konnte,

das Grab eines Greifes, dessen Alter wie sein Amt

ihn nicht bloß dem Namen nach ehrwürdig mach­

te, o der es auch war und allen so erschien, die. den

Vollendeten in seiner biederherzigen Eigen­

thümlichkeit, in fernem öffentlichen und häuslichen

Wirken gekannt, und nach der Wahrheit geschätzt

haben.

Fast fünf und siebenzig Jahre vergönnte

ihm der Herr über unser Leben seine Pilgerreise

forrzusetzen, meist wohl und gesund in Munterkeit

uüd Kraft.

Ueber drei und vierzig Jahre war er und der beiden zu­

Lehrer und Seelsorger dieser,

gehörigen Nachbargemeinen und pfianzte in die ihm anvertrauten Herzen den Saamen der Frömmig­ keit mit unermüdeter Treue ein.

Ihm ward das

seltene Glück zu Theil, ununterbrochen zu wirken, so lange es Tag für ihn war,

bis plötzlich, aber

ruhig und selig, seine Stunde schlug, vorgestern in der Frühe, kurz zuvor, ehe der neue Tag anbrach. Er ist ihm angebrochen der neue Tag, ein Tag

des Friedens und Segens.

Der Herr wird

sein ewiges Licht seyn da, rer werden

leuchten, wie

wo treue Leh­

des

Himmels

Glanz, und die, so viele zur Gerecht,^

584 feit miesen wie die Sterne i mmer und ewiglich.

Und wer war er im häuslichen Krei­

se? Ein treu liebender Gatte, ein rastlos sorgen­

der Vater.

Nicht ohne Prüfungen und Sorgen,

aber auch nicht ohne Freuden

und

Segen

war

Er, der es mit den Seini-

sein Familienleben.

gen so redlich meinte, auch unter mancherley Drang­

salen einer schwierigen Zeit nicht aufhörte, der ra­ thende und Rath schaffende Vorsteher seines Hau­ ses zu seyn, der, wie es dem treuen Vaterherzen

eigen ist,

seiner Lieben Bestes zu befördern be­

müht war mit mancher Aufopferung und Entbeh­

rung — er hat sie, die hier gegenwärtig trauern,

so wie die Theuren, welche das Verhängniß trenn­

te, und — die hier nicht mehr weinen können — sich verpflichtet zu ewigem Dank, gen ruhet auf ihnen.

und sein Se­

Denn ein Gerechter,

der in seiner Frömmigkeit wandelt,

des

Kindern, so sagt Gottes heiliges Wort, wird eswohlgehen in Zeit undEwigkeit. Aber

auch als Freund uud Nachbar,

werth muß nicht allen,

wie theuer und

sowohl abwesenden,

als

hier gegenwärtigen, Freunden und Bekannten seht

Andenken bleiben,

allen, die je sich seiner Nähe

und seines Umgangs und Bekanntseyns freueten. Wie war er nicht so gern fröhlich mit den Fröhlichen

und traurig mit den Traurigen!

Wie war

sein

Haus nicht oftmals der Sammelplatz der Freude

und Freundschaft, wie ehrte er nicht stets ein gu­

tes nachbarliches Verhältniß, wie bereitwillig dien-

585 te er nicht und übernahm Arbeiten und Geschäfte im amtsbrüderlrchen Kreise,

so oft sich ihm dazu

Gelegenheit bot und die fand sich während seines vieljährigen Hierseyns oft genug. Nicht unerkannt

blieb daher auch von den Meisten sein unermüde­

tes Streben,

und wie er Zu diesem Zwecke un­

verdrossen selbst deß höher» Alters Hindernisse über­ wand. Doch sah auch er sich zuweilen von Man­

chem verkannt und unrichtig beurtheilt,

wenn er

Neuerungen seinen Beifall versagte, denen von an­ dern fast zu unbedingt gehuldigt ward.

Daher

nahm das Vertrauen zu der Menschheit, selbst in

seinen nähern Umgebungen,

auch bei unserm er­

blaßten Freunde mit den Jahren nicht zu, sondern ab.

Aber das hält die Thränenopfer der Werth-

schähung und Zärtlichkeit nicht auf, welche nähe­

re Bekanntschaft, Verwandschaft und Freundschaft ihm weihen.

Sein Andenken wird, als ein ge­

segnetes , fortleben bei den Mitgliedern seiner Ge­

meinen, die sich des vieljährigen Lehrers, wie ei­ nes Vaters unter seinen Kindern, erinnern, so oft

sie die heilige Stätte zu andächtigen Zwecken ver­ sammlet,

so oft sie das Buch heiliger Gesänge

zur Hand nehmen, das er ihnen als der Erbau­ ung förderlicher mit gutem Rechte anempfahl. Bei weitem die Meisten der jezt hier Lebenden hat er, ein wahrer Simeon,

geschlossen,

als Kinder in seine Arme

und durch Taufe und Unterricht mit

Gebet und Danksagung in die Christenheit einge­

führt. Nun,-Herr, lässest du deinen Diener Gebaner's Anleitungen,

P

386 in Frieden fahren.

unser Greis Er,

In

Frieden

zur himmlischen

über

schlummert Vollendung.

der so oft als wohlberathender Freund an und Trost und Frieden zu­

Sterbebetten stand,

sprach beim Scheiden aus dieser Welt; er, der das

Evangelium des Friedens verkündigt hat noch am

letzt verwichenen Sonntage, dem letzten seiner Ta­ ge, wird selbst nicht verlegen gewesen seyn

um

Frieden und Trost, als er sprach: „Das wird mein Ausgang seyn;"

dann auch

und

alsobald das

Haupt neigend, im Arm seiner treuen Lebensge­

fährtin verschied.

Nimm unsere Liebe und Freundschaft, unse­ re Achtung und Verehrung, mit in dein Grab, der du den Deinigen alles, einem jeden unter uns

viel gewesen bist.

Als einen frommen und

getreuen Knecht hat Gott dich nun über mehr gesetzt;

gehe ein zu deines Herrn.

Freude! Wohl ist der Gedanke uns schmerzlich;

auch Du giengst von uns. Du, an dessen Leben uns ein langer Umgang band, und der Du deinen An­

gehörigen, bis zu solchem Ziel erhalten, doch zu früh entrissen wardst.

Aber mir freudiger Rührung

erheben wir über das Grab den, Höheres ahnen­

den, Geist, das, nach Wiedersehn schmachtende, Herz.

Glaube, Hoffnung, Liebe erheitern unsern,

zur Erde gesenkten, Blick,

tung nach dem Himmel.

geben ihm die Rich­ Dort,

wo der From­

men Vaterland ist, ist auch Dein Vaterland, ist

dir die Wohnung bereitet, ein Haus nicht mit

— Händen gemacht, mel.

Dort,

S«7



das ewig ist im Him­

wo Gerechtigkeit thronet und die

Tugend nach ihrem wahren Werthe gilt,

Dir vergolten werden reichlich,

wird

und das Leid der

Erde vergessen seyn.

Einst,

bald oder spat, empfängt uns alle,

wie ihn, daö Grab; möchte der Uebcrgang dahin

für uns auch leicht und schmerzlos seyn!

bald oder spät, verlassen

auch wir die

Einst,

hiesigen

Hütten, um sie mit ewigen zu wechseln. ger Wechsel:

Seli­

Glaubenden, Hoffenden, Liebenden

in Christo nie anders, als

erwünscht!

des Todes ist Tag des Lebens.

Der Tag

Die Sonne, die

ungetrübt untergehk, verkündigt einen neuen schö­ nern Tag.

O wie gedenk ich dein so gern, Du Tag des Lebens, Tag des Herrn! Wann wird dein Licht erscheinen? Tag, der gewiß mir wiedergiebt Die ewig meine Seele liebt, Die Seligen, die Meinen! So muß der Schmerz der Sterblichkeit Sich wandeln bald in Seligkeit, Amen.

B b ?

588

B e i

jungen

P e r s o n e n.

1. (Am Grabe eines früh vollendeten Freundes, der

seinem Vater und zwei Brüdern bald

nachfolgte.) 2 Sam. i, 26.

blühenden Alter des Lebens, Zin Lenz des Jahrs, sinkst du ins Grab! Beweglich klaget die Freundschaft: Wer trocknet die Thränen uns ab! Ein holdes festes Band ist die Freundschaft,

das sich so bald und leicht nie löst, ohne die tief­ sten Empstndungen aufzuregen.

Wer nichts fühl­

te bei dem Verluste eines ihm im Leben nahe Ge­ wesenen, wer an dem Sarge und Grabe eines

Angehörigen und guten Bekannten felsenherzig da stände: unwerth wäre er des Namens eines Freun­

in seinen Adern waltete kein

des, Blüt;

menschliches

er spräche sich gleichsam selbst daß Urtheil

der Verbannung aus jeder bessern Gesellschaft. Wer also je auf den Vorzug eines Recht­

schaffenen, Edelgesinnten Anspruch machte, dem ist

die Freundschaft nicht fremd, sie ist ihm ein Hei-

ligthum, wo er es findet.

Ihres Glückes erfreut



5S9



er sich mehr als eines andern Lebensguts,

und

fordert sie Opfer und Beschwerden: auch diesen un­ terzieht er sich, bietet.

bis das Schicksal Trennung ge­

Reichliche Thränen fließen dann über den

zu erleidenden

oder

erlittenen Verlust;

es äus-

sern sich Empsinduflgen, wie sie David hatte, als

er, den Tod seines Jonathan vernehmend, aus­

ruft: Es ist mir leid um Dich, mein Bru­ der Jonathan, ich habe großeFreude und

Wonne an dir gehabt. Auch um dich, du früh Heimgegangener! ist's

uns leid.

Jeder hier Anwesende klaget mit mir

dem Guten,

der kaum dem Jünglingsalter ent-

reift, das freundliche Leben verlassen und die, ern­

ste öde Reise zum finstern Grabe anstellen muß­ te. —

sNir ists so leid um dich, wie ist mir

so bang um das Herz! —

So klagt mit inni­

ger Wehmuth Pie trostbedürftige Mutter, in dop­

pelte und dreifache Trauer gehüllt, sie, die, noch nicht Ein Jahr des treuen Gatten beraubt', schon

damals den Gram über den Verlust zweier edler

Söhne in sich schloß,

und jetzt auch diese ihre

nächste Stütze, diese ihre meiste Hoffnung mußte

niedersinken, eben jetzt niedersinken sehen, wo ihr

bei dem baldigen Wechsel dieses ihr so siebgewordenen hiesigen Aufenthalts mit einem ungewissen andern, ein sie umgebender zuverlässiger Beistand

und

Rath

so nöthig seyn

wird: —

Es

ist

uns leid um dich! So klagen mit einem wohl­ meinenden Schwager zärtlich liebende Schwestern



5go



die eine Trauer, wie diese, überwältigen möchte bei dem jezt so unwillkührlich sich erneuendem Anden­ ken an alle die Theuren,

verloren;

welche sie seit Kurzem

hier bei der Todtenfeier des Biedern,

der mit seiner Regsamkeit und Thätigkeit dem lie­ ben Vaterhause fast unentbehrlich geworden war.— Es ist mir leid um dich, mein mir noch übrig

gebliebener Einziger!

So klagt der leßte Bru­

der daheim, nicht persönlich Theilnehmend- an dem

Opfer der Liebe, das wir dem Abgeschiedenen brin­

gen,

aber im Geiste doch zugegen jezt in dieser

Stunde,

wo dem so

früh Vollendeten gerechte

Thränen stießen. — Es ist mtv leid um dich, mein Bruder Jonathan! So klage ich selbst

mit unverholenem Schmerze hier, wo ich zum An­ denken des verewigten Freundes einige Worte der Rührung und des Trostes auszüfprechen,

aufge­

fordert bin, und dieses schweren Berufs mich jezt entledige. —

Es ist uns leid um dich!

So

klagen und werden klagen auch die abwesenden und entfernten Familiengenoffen und Bekannten;

so­

bald die Nachricht von dem unerwarteten Tode des

Freundes zu ihren Ohren dringt. —

Und gewiß

auch Keiner in dieser Versammlung, insbesondere

Keiner der hier gegenwärtigen Ortsgcnossen, die den Entschlafenen kannten von Kindheit an, wie er nie unbeschäftigt war, wie er jeden offen und frei und ohne Falsch behandelte, wie er dienstfertig und behülflich zu seyn, wo und soviel er konnte, für

eine der ersten und ihm angenehmsten Menschen»



5g i

pflichten hielt — Keiner,

— die allgemeine Theil­

nahme zeuget davon, ist hier zugegen, der es nicht mit den werthen Verwandten und mit mir auf­

richtig bedauerte,

daß der uns allen so lieb Ge­

wesene, so früh davon gemußt, und eher, als er

für sich selbst die Früchte seiner Mühsamkeit gese­

hen und genoßen; daß sein Leben so sichtbar da­

hin welkte, und eine schnell daher schreitende Krank­

heit mit den ihr eigenthümlichen, minder schmerz­ haften, aber mehr Gefahr drohenden, Anfällen im Verlauf von wenigen Wochen seine irdische Hülle

zerstörte. Herzverwundend ist dieser Trauerfall,

das

bezeugt die Freundschaft und Verwandschaft mit

unverstellter Liebe.

Auch der Fremdling gienge nicht

ungerührt vorüber,

wüßte er, daß diese von uns

umkreiste Grabstätte neben dem Ruheort des un­

längst vorangcgangenen Vaters einen früh entseel­ ten Werthen deckt.

Aber, Freunde,

Geliebte!

Lrauerlaute und Klagetönc seyn,

dsrrfen eS bloß die Stimmen,

die an christlichen Gräbern erschallen?

Hat das

schmerzlich anziehende Bild menschlicher Hinfällig­

keit, daö sich uns darstellt am Grabe,

gar

keine Lichtseite,

schwächte,

gailz und

die den widrigen Eindruck

den der Anblick eines Leichenbegängnis­

ses auf uns macht? 0 Christen verstehen die Ant­

wort auf diese Frage; "ja war ihnen ihr Glaube jemals theuer und werth, muß er cs ihnen seyn zu

aller Zeit: so ist er unentbehrlich-beim Hinblick auf



5g 9



das Letzte, womit sich die Schaubühne dieser Zeit­ lichkeit schließt. Da sagt die Religion, die wir freudig beken­

nen und die uns im Angesicht des

Todes einzig,

tröstet: Er ist nicht todt, den du als einen Tod­ ten beweinst, so n d e r n

er schläft. Ein Schlum­

mer ist der Tod, ein Ausruhn von genug getrage­ nen Lasten,

ein Sich erholen von mühsamen Ge­

schäften, ein erwünschlicher Zwischenstand zwischen

dem alten und neuen Tage, eine nothwendige Be-

dingunL des Erwachens zum verjüngten Wieder­ seyn, das in der Entschädigung für erduldete Be­ schwerden in der Zukunft vollkommenstes Wohlseyn

begründet. — Die Religion sagt ferner mit zuver­ sichtlicher Stimme: Wir werden uns wieder­ sehen.

Trennung ist noch nicht nothwendig Schei­

dung auf immer, ist nur Auöeinandergehn auf eine Zeitlang, um das Glück des nachherigen Beisam-

menseyns desto besser vorzubereiten.

O wie so viel

werth ist dieser Zuruf an den Gräbern derer, die für uns auf immer scheinen verloren zu seyn. Sie

scheinen das nur, es ist so nicht.

Sie gehen nur

voran; was zurückgeblieben ist, folget. geht verloren in Gottes Reich.

Nichts

Wer dieses Rei­

ches Bürger ist, ist wohl vorhanden, es sey hier oder dort. —

Und den Abend lang wäh­

ret das Weinen,

Freude.

aber'des Morgens die

Hier ist's gar bald Abend, kann's bald

Abend werden, wo der Tag sich geneigt.

Auf den

Morgen und Mittag folgt der Abend in nicht fer-





nem, obgleich genau nicht zu bestimmendem, Raum

der Zeit.

Denn es ist uns nicht gegeben, zu wissen

Zeit oder Stunde, welche der Vater im Himmel seiner Macht vorbehalten hat. Doch nur den Abend

lang währet das Weinen.

Damit trösten Sie sich,

christlich leidtragende Mutter! seit Kurzem Ihrer Kinder auf die Hälfte beraubt! — Noch sind Ih­

nen Drey derselben geblieben,

die Ihnen Ihren

Lebensabend nach Möglichkeit erheitern,

Ihnen

den Abgang der, für diese Welt, Verlornen, so­

viel an ihnen ist, ersehen und cs nicht fehlen lassen werden an redlichen Beweisen kindlicher Ergeben­

heit und Pflicht.

Und will die Sehnsucht nach

den Vorausgeeilten zuweilen doch die Fassung über­

wältigen und Seufzer abnöthigen der beängstigten

Brust: odie mit Thränen sä en, werd en mit Freuden ernten, und nach dem Abend,der bald

vergeht, winket des Wiedersehns lichtvoller Mor­ gen.

Fromm ihn begrüßen, ist Seligkeit. Diesen und ähnlichen heilsamen Zusicherungen der

Religion, deß Glaubens und Lebens für die höhere Welt wollen wir willig Gehör geben und cs wird

unsern Herzen wohlthun;

cs wird den gerechten

Schmerz lindern, von welchem wir wehmüthig er­

griffen sind, und es wird auch insbesondere fürCie,

zart empfindende Werthe, die Sie, von den Ge­ schwistern die jüngste,

den guten;üngstcn Bru­

der so gramvoll beweinen, von den beruhigendste»

Folgen seyn, wenn Sie, eine Christin, Glauben ha­

ben und bewahren und der Ueberzeugung Raum

— gebet,,

M



daß Keiner verlassen und einsam bastehk,

ist er mit Gott im seligen Bunde. So schlaf denn wohl,

guter Sohn,

lieber

Bruder, redlicher Gefährte, treuer Freund, schlaf wohl, auf Wiedersehn! Der Morgen ber Ewigkeit

ist dir bereits angebrochen; gebe es,

wir hoffen es, Gott

dir zur überschwänglichen Freude und

Wonne! Zwar kannst du dich nicht mehr laben

am Schmuck und Reiz der schönen Erde, wie diese von selbst und durch der Menschen Fleiß dem er­

götzten Aug« sich darbietet, besonders wenn es von den herrlichen hiesigen Höhen herab,

fruchtbare Thal überschauet, ausgedehnt da liegt.

das große

das prachtvoll weit

Aber es hat kein Auge

gesehen und kein Ohr gehöret, ist auch

in keines Menschen Sinn gekommen, über­ trifft alles vorstellbare Herrliche, was Gott, der

Herr,dort jenseits bereitethat denen,die ihn lieben. —

Zwar bereitet nun deine Hand

hier nicht mehr mühsam Ernten vor, wie du so gern zu thun pflegtest, nur noch drei Wochen vor deinem Ende, und schon erschöpft an Kräften.—

Aber in der Ernte der Ewigkeit wirst du drum

nicht leer ausgehn, wirst du für deine Rechtschaf­ fenheit und Herzensgüte Lohn und Vergeltung sin-

den.

Zwar fehlest du uns, so lange wir hier noch

wallen, in unsern hiesigen gesellschaftlichen Kreisen;

aber du fehlest dort nicht im Lande der Verklärten,

die dir vorangegangen sind. weiß, wie bald,

Zu seiner Zeit, wer

sollen wir, werden wir

folgen.



5g 5



Auf einen seligen Abschied seyen alle unsere Schrit­ te berechnet! Schlaf wohl in Frieden! Himmelsruh

Ströni' dir vom Thron des Ew'gen zu. Einst legen unsern Pilgerstab

Auch wir an unsern Grabern ab,

Herr unsrer Tage, führe du

UnS alle diesem Ziele zu, Daß uns nach hier geübter Treu Der Abruf einst nicht bitter sey, Amen.

2. (Bei einer solchen, die an einer verzehrenden Krank.-

heit starb.)

Ps. 15o, 6. 7. Gott, lenkst stillen Herzen Selbst Plagen zum Gewinn,

Zeigst mir in meinen Schmerzen, Wie nichts, gar nichts ich bin. Den Trost, die leere Freude

Der Welt, mit ihrer Lust: Wie nimmst du, wenn ich leide, Sie mir aus meiner. Brust!

Mag der Tod auftreten und sich zeigen voi» welcher Seite er will, mag er sich unvermerkt ein­

schleichen und noch so schmerzlos ankündigen:

er

ist ein Schreckensbote, ein Feind, den alles, was

lebet und Odem hat, als ein großes Uebel furch-



tet.

5g6



Kommen aber noch allerlei erschwerende Um­

stände hinzu, foltert der Grausame seine Beute mit

langwierigen

Plagen,

und greift er ein frisches

blühendes Daseyn, als wäre es das abgelebteste, aus der Reihe der Wesen heraus,

ohne zu schonen:

dann ist sein Erscheinen um so unholder, widerwär­

tiger; uns dünkt die ganze Menschheit beklagenö-

werth,

die einem so hart waltenden Schicksale

unterworfen seyn muß.

Ein so schweres trauriges Loos war der früh Vollendeten beschieden, deren Hintritt aus dem Le­ ben uns jezt um ihren Sarg versammlet hat, daß wir die jugendliche Hülle,

die er umschließt, der

Erde überliefern wollen.

Einer zarten Blume

gleich,

von treuer Eltern Hand im Garten des

Lebens gepflegt, war sie in gesunden Tagen eines

jeden Freude, der sie sah.

Aber bald erbleichte

das Rosenroth der Wangen,

welkte dahin

und ihre Gestalt

Eine innere Krankheit zehrte seit

länger als einem Jahr an ihrem Leben.

Unter

großen Anstrengungen und Kämpfen seufzte sie der Stunde der Erlösung entgegen,

die endlich ein­

trat, als ihr noch drei Tage am achtzehnten Jah­ re fehlten. Gleichwohl gebrachs der Frühverklärten auf

ihrem Siechbette nicht an Aufrichtung und Trost. Sie selbst rief solchen Trost aus Gottes Wort sich

zu und die Ihrigen kamen ihrem Gedächtniß zu Hülfe

mit Hersagung biblischer Kernsprüche

frommer Gebete.

und

Diese haben ihre Wirkung nicht

5g7



verfehlt.



Mit frommer Ergebung und Anwen­

dung auf ihren Leidenözustand betete sie die Worte deö Psalms: Herrn

von

Meine Seele wartet auf den einer Morgenwache bis zur

andern, und Israel hoffe auf den Herrn. Denn bey dem Herrn ist die Gnade, und

viel Erlösung bey ihm. 1. Meine Seele wartetaufden Herrn. Zwar sehnte sie sich auch nach menschlicher Hülfe. Warum hatte sie das nicht gesollt?

Sie wünschte

Rückkehr ins gesunde kräftige Leben und Befrey-

ung von der sie beklemmenden Noth.

Sie ltesi

cs gern geschehen, daß sich die Ihrigen um ärzt­ liche Hülfe bemühten, und machte von den ihr

Verordneten Mitteln pünktlich Gebrauch.

Mit je­

dem neuen Morgen gieng ihr neue Lebenshoffnung

auf, aber auch wieder unter! — Hülfe blieb aus.

Die menschliche

Ihre Seele wartete auf den

Allmächtigen, und zwar 2. von

einer Morgenwache

zur an­

dern, also täglich, ja stündlich, und ermüdete in ihrem frommen Harren nie, so sehr sich auch die

Krankheitszufälle

mehrten,

die

Lage immer bedenklicher machten.

ihre

körperliche

Und wenn ihre

Geduld zu wanken anfieng in den überhand neh­ menden Leiden, so waren 5. die

Worte:

Israel hoffe auf den

Herrn, (wer zu Gottes Volk gehöret, verlasse sich auf ihn!) in der bekümmerten Seele von all-



3gs



beseligender Kraft, und vor Verzweiflung bewah-

rend.

Denn 4» bei dem Herrn ist die Gnade und

viel Erlösung bei ihm.

Seine Güte währet

ewiglich und er ersieht zur Errettung die rechte Er giebt den Müden Kraft und

Zeit. ke,

Star­

die von Schmerz Ermatteten läßt er Erho­

lung sehn. — So hat sich's an der Vollendeten itn reichen

Maaß bestätigt; sie ist erlöst.

Ihr stiller, mehr

nach Innen als Außen gekehrter, an den stören­ den Freuden dieser Wett wenig Theil nehmender, Sinn schien fast von Kindheit an auf baldige Ver­

klärung hinzudeuten.

Ihren frühen Tod gleich­

sam ahnend, benutzte sie die, ihr so genau zuge­

Das

wogene, Zeit zu ernsteren Beschäftigungen»

war besonders schon vor Jahr und Tag bemerk­ bar, indem sie damals bey der Beerdigung einer

nahen Verwandten, die auch auf langem Leidens­

wege zu ihrem Ziel gelangt war, trachtungen

in ernste Be­

versenkt, wehmüthig da stand,

hätte sie nichts Gewißeres zu sagen, als:

werde ich dir Art! —

als

Bald

Nachfolge» und das auf ähnliche

Wie wahr isi's eingetroffen!

So hin­

fällig ist das Leben, so leicht zernagt vom Todes­ wurm,

meine jungen Freunde und Freundinnen!

die aus ihren blühenden Reihen ein werthes Glied verloren haben.

0 wie sehr haben wir alle Ur­

fach, unser Bestes wahrzunehmen und über das

Leben zu wachen,

daß wir eö von Jugend auf



399



aus dem richtigen Gesichtspunkt betrachten, näm­ lich als vorübereilend und nicht bleibend; um auch geschmückt

mit dem Reiz der Jugend und der

Jahre schönster Blüthe, dem Tode unerschrocken ins Auge zu sehn und auf den Herrn zu warten,

wenn und wie er uns rufen wird,

5,

(Bei einer Neuvermählten) Pred. Sal. 1, i4. ^es Schicksals Zwavg ist bitter.

Doch ihm zu widerstehn — wo ist die Macht auf Erden? Was es zu thun, zu leiden uns gebeut, DaS muß gethan, das muß gelitten werben.

Was ist die Ursach, warum sich auf allen Gesichtern ringö umher eine so ungewöhnliche Be­

trübniß ankündigt, warum wir alle so betroffen da stehn, so in uns gekehrt, halb vernichtet; mit

Seufzern im Busen,

die Augen voll Thränen?

Warum theilt sich diese Traurigkeit so unwillkührlich der ganzen Versammlung mit, dem Alter wie der Jugend, den Fremden wie dm Nachbarn und Angehörigen?

Ach, der Arm des Todcs

hält

hier ein Leben umschlungen, das vor wenigen Wo­ chen am Traualtäre, im Brautgewande und mit allen Reizen der Jugend geschmückt,

schönere Bestimmung erhielt,

eine andere

und jetzt nach noch

400

Nicht erreichtem zwanzigsten Jahressommer hinsinkt

in des Grabes dunkle Höhle, der Verwesung siche­ rer Raub!

Eine zerstörende Krankhert, die allen

Heilmitteln trotzte, entzog die Erblaßte der Gesell­

schaft der Lebendigen, zum grenzenlosen Schmerze des kaum mit ihr Verbundenen, zur großen Be­

trübniß der Eltern', welche die letzte iyrer Töchter

sowohl versorgt glaubten,

zur nicht geringen Be­

stürzung ihrer hiesigen Verwandten und Freunde, denen sie hier eine so willkommene Schwägerin und

Nachbarin war; zum allgemeinen Bedauern eines je­ den , der von diesem Falle hört und hören wird hier und an andern Orten.

Sie, die Blühende, die

in jugendlicher Fülle und Kraft jetzt erst anfangen

wollte, zu leben; sie, die äußerlich so Glückliche, mußte so bald davon.

Gerechte, reichliche Thrä­

nen fallen auf ihr Grab, nicht nur von denen,

welchen sie angehörte, sondern von jedem, der

menschlicher Empfindung fähig ist. O wie wahr ist,

was Salomo sagt: Ich

sahe an alles Thun, das unter der Son­ nen geschiehet, und siehe, eS war alles

eitel und Jammer. i. Wechselnd und eitel ist alles Glück der Erde, Schönheit und Anmuth, Gesundheit

und Stärke, Eigenthum

gesellige Freude und Lebensgenuß,

und Vermögen, Ansehen und Ehre,

und was sonst Menschenherzen hienieden fesseln

kann.

Von ihrem kaum, begonnenen-Besitz heißt



4oi



es bald: er ist nicht mehr der unsrige, und be­ trübt, statt zu erfreun. s. Was lernen wir daraus?

len wir aus so

Oder sol­

schmerzhaften Erfahrungen nichts

Gutes für uns ableiten, nichts dauerhaft Gutes, bey allem Gemisch und Wechsel der Freude und der Traurigkeit, des Unheils mit dem Glück? —>

0, das Erdenlebcn ist eine Anstalt, die den Geist zum Himmel bildet.

Was

uns also durch so

harte Schicksale, die uns treffen, zunächst zugerufen wird, ist:

a) fessele dein Herz nicht an die stüchkigen Freu­ den dieser Welk,

denn ste sind ihrer Natur

nach nicht fesselnd, sondern weichend und von

unhaltbarem Werth.

b)

Also

genieß das Leben mit weiser Mäßigung, mit Ueberlegung und Sparsamkeit und versündi­ ge dich nicht durch Mißbrauch, der stets nur

schadet, nie nüht. c)

Habe in jedem Alter und Stande,

in

jeder Umgebung und Verbindung etwas Hö­

heres im Auge, als diese Erde giebt.

Ach,

sie giebt so oft zu wenig, um e6 der Mühe werth zu achten, nur nach ihrem Glück zu streben, das der Augenblick zerstört. d) Vertraue auf Gott, der auch in der äußer­

sten Noth schwachen Herzen

Kräfte giebt,

um die Versuchung zu überwinden und zur Ergebung in das Schicksal auffordert, das sich leicht und selig endet, 'Anltttungen,

wenn (£ V

es nicht

402

eigne Verschuldung, sondern Verhangniß des

Höchsten ist. 5. 0, diesen Lehren seyen unsere Herzen geöffnet

hier an diesem Grabe, das so heilsame Lehren uns giebt, das unser Gemüth niederdrückt, aber nicht

erdrückt,

das uns den Tod zwar zeigt in seiner

ganzen Zerstörungswuth, aber doch nicht hindert,

das Leben zu erblicken, Freude,

der

des Lebens schönste

Liebe Seligkeit,

Hülfe und Trost.

und

das aus dem Grabe er­

Hier ist alles eitel,

steht.

Pallasten.

der Freundschaft

Hier ist Jammer in Hütten

Wohlfahrt

und

Zufriedenheit

schlagen hier nimmer eine bleibende Stätte

auf.

Dorr jenseits wird es besser seyn, und keine Kum­

merthräne mehr fließen, nur Thränen des Danks und der Wonne.

Die vollendete Selige ward

nicht einheimisch in ihrem hiesigen Hause, das sie

nur auf ein Paar Wochen bewohnen sollte; im

Vaterhause daheim sollte sie auch nicht länger ra­

sten.

Das Vaterland dort oben war ihr zum

Erbtheil bestimmt.

Und wohl ihr nun! Könnte

sie sich uns mittheilen aus jenen unbekannten Hö­

hen, zu denen sich der Geist empor geschwungen

hat, ohne Zweifel würden wir die trostvolle Ver­ sicherung Pf. i5a, v. 14, vernehmen: Das ist

meine Ruhe ewiglich; hier will ich woh­ nen, denn es gefällt mir wohl. Darum wollen wir auch hier bey so dunkeln Zulassungen Gottes in tiefster Demuth schweigen, und ih dem unvollkommnen Glück der Erde nicht

4o5 unser Alles erblicken.

Wir wollen unsere Füße

zeitig kehrest auf den Weg des Friedens, und die­

sen Weg nicht verlassen. — So dornicht er auch ist, er führt zum seligen Ziel.

4. (Am Grgbe einer Unverehelichten, die nicht lange

nach einem begangenen Fehltritt dahin welkte

und starb.) Luc. 1, So— Matth. 5, 4.

Besiege hier dtS TodeS Graun

Mein Geist.' der Tod ist Weg jum Schau« Zn jenem bessern Leben. Er sey dir nicht mehr fürchterlich, Zur ew'gen Seligkeit wird dich Der Herr durch ihn erheben.

Fürchte dich nicht, du hast Gnade bey Gott gefunden.

So redete einst ein Gesand­

ter des Himmels zu Maria,

dep Mutter Jesu,

als er derselben ihre hohe Bestimmung verkün­ digte.

Fürchte dich nicht,

Gott gefunden,

du hast Gnade bey

so kann man einem sterbenden

Christen zurufen, der vor dem Tode erbeben will,

-essen Gesinnung, Glaube und Hoffnung, ihn aber

berechtigen zur Ueberwindung solcher Furcht. 1. Gnade bey Gott müssen wir alle finden ohne Unterschied, zu aller Zeit, sonst

kann unö nicht geholfen werden.

Seine Liebe und C c 3

404

Gunst,

sein Wohlwollen und Wohlgefallen muß

unser theuerstes Eigenthum seyn und bleiben, wenn wir ruhig und getrost fortwallen und das jenseiti­

ge Land begrüßen wollen im Segen.

Aber diese

Gnade wird

a) ungesucht nicht gefunden, sondern fieißig er­ worben durch gründliche Bekehrung,

durch

Herzensreinheit und kindliches Vertrauen auf

verheißene Vaterliebe

die in Christo Jesu

Gottes, durch ungeheuchelte Frömmigkeit und unausgeseHteö Bestreben,

den Willen des

Höchsten zu unserm Willen zu machen und sei­ nen Geboten zu folgen.

b) muß sie festgehalten und

bewahret werden,

daß unser Herz sie nie verliere, und daß sie

uns insonderheit in Anfechtungen und Küm­ mernissen rathend und tröstend zur Seite sey.

2. Gnade bey Gott müssen wir vor­ züglich dann gefunden haben, wenn alles

darauf ankommen wird,

uns ihr zu überlassen,

nämlich im sich nähernden Tode,

da,

wo wir

die Nichtigkeit alles Irdischen ganz unwidersprechlich einsehen und der Ewigkeit nahe, keinen Hä­ hern Wunsch haben, als den: Gott möge uns nicht

verwerfen vor seinem Angesicht. 5. Fürchte dich nicht! Du hast als Christ

nicht Ursach, dich zu fürchten.

hat Christus erlöst alle,

Von Todesfurcht

die an seihen Namen

glauben, und deren Sinn und Wandel durch ihn

geheiligt ist.

4o5 4. (Anwendung). Unsere früh Vollendete

hat auch Gnade bey Gott gefunden, wir zweifeln nicht, da sie auf ihrem langwierigen und beschwer­

lichen Krankenlager so manche unverdächtige Spu­

ren einer christlich empfindenden, zu Gott sich be­

kehrenden, Seele zu erkennen gegeben hat. Gnade

bey Gott, die Wiedererlangung seiner Liebe und Gunst wird sie gefunden haben, sie,

die in den

letzten zwey Jahren ein geheimer Kummer

drück­

te, ja eine gewisse Schwermuth, von den Folgen eines unbewachten Augenblicks erzeugt. heißt ja trostreich im Evangelio Jesu:

Denn es Selig

find, die da Lei-d tragen, denn sie sollen getröstet werden. —

WaS möchte uns also

verleiten, über die Vollendete strenger zu richtend Dem Herzenökündiger ist alles Gericht überlassen. Mancher, der unbescholten und als ein Tugend­

hafter vor der Welt einhergeht,, erscheint gar an­ ders vor dem allwissenden Gott; und wen die Um­ stände begünstigten, sein Laster geheim zu hal­ ten —■ wie ist er oft desto verwerflicher, je ver­

borgener er eö trieb. — Die- Bewohnerin dieses fri­

schen Grabes hat Gnade vor Gott gefunden. Wir

fehlbaren Menschen können-, nicht anders, als ih­ rer in Liebe gedenken.

Dieser Zuruf sey heilkräf­

tig für ihre, um die früh Verblühte tief trauern­ den Eltern und Geschwister.

Ihre Folgsamkeit

als Tochter, ihre Verträglichkeit als Schwester,

ihre Gelassenheit und zurückgekehrte Seelenruh auf ihrem Schmerzenslager,

ihr Lebewohl zum Ab-

4o6 schiede, das zwar kein Wort mehr, aber ein zärt­

licher Handdruck bezeichnete, unvergeßlich seyn,

den Ihrigen

wird

so wie uns allen ihr in bester

Zugendblüthe dahin gewelktes Leben und ihr lei­

denvoller Tod seyn wird.

im

bleibend

gerührten Andenken

Nichts störe unS in der Ueberzeugung;

sie hat Gnade vor Gott gefunden.

Dieser Gnade

bedurfte sie, dieser Gnade bedürfen wir alle, jetzt und

ift der letzten Stunde und am Tage des Gerichts.

S.

(Bey einem solchen,

der die Folgen seiner Un­

mäßigkeit mit einem frühen Tode büßte.) Matth. 24, 42.

Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben

müssen, auf daß wir weise werden zur Ewigkeit, Amen. i. Groß ist der Schritt in die Ewigkeit und doch so bald gethan; wichtig sind dir Folgen un­ sers hiesigen Verhaltens, und doch so sicher,

lebt.

leben Viele

als ob's ganz einerley wäre, wie man

Gleichwohl kann's nicht einerley seyn, wenn

jemand ein Weiser oder Unverständiger ist, ein

Redlicher oder Treuloser:

hier.

das beweißt sich schon

Der Kluge, Vorsichtige, der zyr Ordnung

gewöhnte und Ordnung bewahrende Mäßige, Nüch­ terne weiß, wo es hinauswill und was er thut;

er giebt sich von seinen Handlungen Rechenschaft, und vermeidet sorgfältig, was ihn hernach gereut.

Dabey ist ihm wohl an Seele und Leib.

An­

ders ist cs mit dem Sorglosen und Lasterhaften. Er ist unglücklich durch seine eigene Schuld und

macht andere mit unglücklich.

Er ist ein Gegen­

stand der Bedauerung und Verachtung bey allen,

die in seiner Nähe sind und fein nichts werthes Daseyn zu beobachten Gelegenheit haben. Unt> doch möchte es hingehen, wenn es damit genug wäre, waö wir hier ernten, wenn es nicht int Evangelio am Abend zum Schaffner hieße: „rufe die Arbeiter und gieb ihnen den Lohn;"

wenn dieser Abend je ausbliebe oder es bann darauf ankommen könnte, den Vergelter zu bestechen. —

Aber Parteylichkeit ist nicht gedenkbar bey dem

Gerechtesten und der Abend des Lohns gewiß die meisten Male unvermuthet.

kommt Er ist

nicht bestimmt durch zuvor zu berechnende Stun­

den. Die Sonne deß Lebens srnkct, wenn auch die Sonn« deß Tages noch hoch am Himmel s^eht. 2. So verhielt sich'S auch mit dem,

noch in

fast

den ersten Sommertagen dieses Lebens

erblaßten Erdensohn,

dessen abgebrochene Leibes­

hütte jetzt zur Verwesung übergeht.

Kaum acht

und zwanzig Jahre und er befand sich am Ziele, und es heißt von ihm:

thue Rechnung von

deinem Haushalten, denn du kannst hin­

fort nicht mehr Haushalter seyn.

Eine,

dem Anschein nach unbedeutende, Krankheit ward

4o8 ihm tödtlich in der ersten halben Woche.

plötzlich war ein Leben zerstört,

So

in das der Keim

einer frühern Zerstörung von der Natur selbst nicht gelegt war,

das unter andern Umstanden nicht

sobald unlergegangen seyn, sich vielleicht zweymal

so lange erhalten haben würde. —

jedoch nicht richten,

Wir wollen

vielmehr alles Gericht dem

überlassen, der den Werth oder Unwerth mensch­

licher Handlungen

mit

untrüglicher Genauigkeit

würdigen kann. 2(ber, warum stießen keine Thrä­ nen hier an des Entschlummerten Grabe, warum

blieb alles so gleichgültig und kalt, als wir diese Gebeine verscharrten, die doch keinem abgelebten Greise,

auch keinem Fremdling angehört haben,

sondern einem fast noch jugendlichen Mitgenossen

und Nachbar, der hier einheimisch von Kindheit un, wenigstens Bruder und Schwager war, so­

gar noch Sohn, wenn auch nicht Gatte und Va­

ter?

Warum wird sein frühzeitiger Tod nicht

mehr als ein Verlust für die Seinigcn und für die

menschliche Gesellschaft angesehen, wohl gar

ule ein Gewinn? Es hat seine Ursachen — Doch,

wir wollen nicht richten; wir wollen auch ihn der Gnade des Allbarmherzigen anempfehlcn, uns aber insbesondre

3. einander zurufen, was Jesus seinen Jün­ gern anbefahl: darum wachet, denn ihr wis­

set nicht,

me» wird.

weiche Stunde der Herr kom­

Uns allen kann der Tod viel frü-



4og



her kommen, als wir eß meinen. Aber wehe uns,

wenn wir ihn beschleunigen,

wenn wir uns das

Leben verkürzen sollten durch irgend eine Unregel­

mäßigkeit und Unaufmerksamkeit auf uns selbst.

Zu keiner Zeit wird uns der Tod übereilen, wenn wir nicht versäumen, zu leben, Gutes und Heil­

sames zu wirken, so lange es Tag für uns ist; wenn wir uns so verhalten,

um uns stießen können,

daß auch Thränen

als um solche, die hier

nicht müssig standen, sondern treu das Ihrige tha­

ten, eine siete Freudigkeit bewahrend auf den Tag

der Rechenschaft.

Heiligster Gott, alles dein Thun ist Wahrheit, und deine Wege sind recht, und was der Mensch säet, das wird er ernten. Laß uns das fromm bedenken. Wenn

wir fromm sind, so sind wir ange­ nehm; sind wir aber nicht fromm, so ruhet die Sünde vor der Thür, Darum lassen wir ihr nicht denWillen, sondern herrschen über sie.

4ie

Bey Wöchnerinnen.

Irrem. 4, 5i.

G°» ,

du unsre Zuversicht, Unser Theil »st einst das Leben.

Wenn auch hier das Auge bricht, Willst du dort doch Leben geben.

W-der Unruh', Angst, noch Tod, Trennt von deiner Lieb', o Gott!

Ich höre ein Geschrey alö einer Ge-

bahrerin,

eine Angst als einer,

den ersten Kindesnöthen ist.

die in

So beschreibt

der Prophet Jeremias die Zerstörung des jüdischen

Volks und Staats durch eine fremde, feindselige

Macht,

und das Jammern und Wehklagen, das

dieserhalb im Lande sich überall erheben würde.

1. Der Zustand einer Gebährerin war von je­ her ein schmerz - und gefahrvoller Zustand.

Unter

diesem Bilde bezeichnet die heilige Schrift an mehrern Orten das Daseyn einer großen Noth.

Und

allerdings ist der Zustand einer Gebährerin ein so drangseliger Zustand.

Er ist ein Theil des Fluchs,

der seit dem Paradiese her auf dem Menschenge­ schlechte lastet; und so wie Gott zum Manne sprach:

41t

Im Schweiß deines Angesichts sollst du

dein Brod essen, so sprach er zum Weibe: Dir will ich viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger bist, und du sollst mit Schmer­

Aehnliches sagt Jesus:

zen Kinder gebähren.

Ein Weib, wenn sie gebieret, so hat sie

sie

aber das Kind

Traurigkeit,

wenn

geboren hat,

so denke sie nicht mehr an

die Angst,

um der Freude willen,

der Mensch zur Welt geboren ist. das aber nun nicht ist,

daß

Wenn

wenn der Geburtskampf

schwer und heiß, wenn er wohl gar für die Mut­ ter und das Kind der Todeskampf ist: ach, dann wird die Traurigkeit nicht in Freude,

noch größeres,

namenloses,

sondern in

Herzeleid verkehrt,

dann erfüllt banger Schmerz und laute Jammer­ klage das Haus,

das sich schon angeschickt hatte,

ein frohes Familienfest zu begehen. 2. Ein solches Herzeleid ist auch hier einge-

trettn zunächst für den, vor großer Betrübniß die Hände ringenden, Wittwer, der seine Gattin kaum ein Jahr die Seinige nannte; dann für die Mut-

ter der Erblichenen, deren spätere Lebenstage zu so Hartem aufgesparet worden sind.

Der Tochter er­

stes Wochenbett sollte ihr Sterbebett seyn.

Sechs

grausenvolle, entsetzliche Tage erlitt die Vollendete

die wüthendsten Schmerzen.

Die herbcygeholte er­

wartete Hülfe blieb ohne Erfolg.

Die Frauen und

Mütter dieses Orts, die stark genug waren, Zeu­ gen so schwerer Anstrengungen zu seyn, unter wel

412

chen ihre Mitschwester ihren Geist aufgab, werden es wohl nie vergessen, waö der Beruf, Mutter zu

werden,

für ein schwerer Beruf ist.

barmte sich Gott so großer Noth.

Endlich er­

Der Leib der

Mutter war des Kindes Grab, wie sie selbst deS

Grades unentfliehbare Beute.

wie

5. O

unbegreiflich sind Gottes

Berichte und unerforschlich seine Wege, und wer hatdes Herrn Sinn erkannt, oder

wer ist sein Rathgeber gewesen!

wir mit Paulus aus,

So rufen

uns demüthigend vor der

Allgewalt des Schicksals, das dennoch kein anderer,

als ein ewig weiser und barmherziger Vater lenkt.

Lerne aber, o Mensch,

a) das Leben,

von seinem ersten Keim an bis

zu. seiner Vollendung,

als eine sehr ernste

Erscheinung betrachten, in welcher Gefahr du warst, noch ehe du geboren wardst, in wel­

cher Deine Mutter schwebte, und preise dafür Gott, der dich und sie erhielt. b) Siehe den Ehestand als einen Stand an, der

keineewegeö leichtsinnig, sondern mit einem heil­ samen Ernste begonnen und geführt seyn will.

Jeder,

der in diesen Stand tritt, und der

in demselben lebt, muß sich's sagen, wie auch

er vielleicht zu schweren Opfern erkoyren seyn

könne; muß sich der Gnade Gottes empfehlen, aber auch jeder zaghaften Misbtlligung weh­

ren,

daß eö also geordnet ist vom Herrn,

daß sich auch in die reinsten Lebensfreuden so

415 leicht bittere Wermuth mischt.

Nichts ver­

kümmere dir den Glauben, Gott waltet nach

heiligen Gesetzen,

und auf vorübergehende

Jammerstunden folgt eine ewige und über alle Maaßen wichtige Herrlichkeit.

c) Zu dieser ist,

wir Hessen es,

die hart ge­

prüfte Kämpferin nun eingegangen.

Ihr hier

so bald und fruchtlos verblühtes Leben wird schön verklart wieder erwachen.

Sie wird in

der neuen Schöpfung dem Vater im Himmel n>cht zürnen, sondern ihn ewig preisen, der sie einer unvollkommenen Welt entriß,

um

ihr desto früher die vollkommnere zu schenken.

2.

i Timoth. 2,

15.

D u führst mich, Gott, nach deinem Rach, Der anders nichts beschlossen hat, Als was mir Segen brmaet. Trifft gleich jetzt großes Leiden mich; So weiß ich dennoch, daß durch dich Der Ausgang wohl gelinget. Jeder Mensch, wie jedes lebende Wesen, hac seinen Lebensfeind.

In uns und außer uns sind

der Gefahren so viele, die mit dem Tode drohn, und diesen wirklich herbeyführen zu seiner Zeit,

plötzlich oder langsam, unter vielen und langwieri­ gen Leiden oder nach keinem so schweren vorange­

gangenen TvdeSkampf; je nachdem es der Höchste

414 nach seinem unerforschlichen Rathe über uns be­

So sind auch den beyden Geschlech­

schlossen hat.

tern gewisse Todesarten eigen.

Mancher Mann,

den sein Beruf zur Vertheidiglmg des Vaterlan­

des vor den Feind führte, fällt im Kriege.

Man­

che Frau, deren Bestimmung ist, die Nachkom­

menschaft zu erhalten und Kinder zu gebühren, fin­ det in dieser Bestimmung den Tod, und der eine,

wie der andere Fall, verseht die nachgelassenen Freun­ de in die schmerzlichste Betrübniß.

Ach, auch unsere werthe Vollendete, mußte

bey dieser ihrer weiblichen Bestimmung eine jäm­

merliche Beute des Todes werden.

Vergeblich

war alle Kraft, die dem Tode Geweihte zu retten;

vergeblich des Gatten angstvolles Flehen und der Kinder Klaggeschrei, die noch unfähig sind, ihren

unersehlichen Verlust in seiner ganzen Größe zu empfinden; und jetzt erfüllen wir die traurige Pflicht, den lange genug gemarterten Leib zur Erdenruh zu

bringen.

Billig weinet die Wehmukh

der also

Vollendeten nach, aber billig ruft auch die Schrift

hierbey jenes' aufrichtende apostolische Wort uns zu:

Sie wird selig werden durch Kindetzeu-

gen,

so sie bleibet im Glauben und in

der Liebe,

und in der Heiligung sammt

der Zucht.

Paulus redet hier überhaupt von dem beson­ dern Verhältniß deß Weibes seiner natürlichen Be­

stimmung nach.

Im Vorhergehenden heißt es;

Adam ist am erstm gemacht, darnach Eva; mit



415

«chern Worten: erst schuf Gott den Mann, dann das Weib, und Adam ward nicht verführet, die Frau aber ward verführet, und hat die Uebertre«

truig eingeführt in die Welt.

Doch soll ihr dies

nicht hinderlich seyn an ihrer Seligkeit,

sie wird

vielmehr selig werden durch Kinderzeugen,

wenn

sie sich der Seligkeit fähig macht durch edle Chri­

stentugend, wenn sie bleibet oder beharret 1. im Glauben.

aus Gründen,

Glaube, Fürwahrhalten

Vertrauen auf Gott,

insonderheit

frommer Christenglaube ist zwar des rechtschaffenen

Mannes

wie des redlichen Weibes unveräußerli­

ches Eigenthum. eindringender,

Aber wenn des Mannes tiefer mehr überlegender Verstand gern

den Grund jeglicher Behauptung einzusehen wünscht: so ist der Sinn des Weibes mehr dafür geschaffen, auch ohne so tiefe Untersuchungen irgend eine wer­

the Zusicherung

als Wahrheit gelten zu lassen.

Dieser Glaube bewahrt sich vornehmlich zur Lei* denszeit, wo das Weib sehr oft mehr Geduld zeigt,

als der Mann, und er hat sich an der Vollendeten reichlich bewiesen.

Durch ihn war sie stark genug,

den so schmerzhaften Kampf zu kämpfen,

durch

ihn blieb sie Gott und Jesu auch in ihrem Tode getreu. 2. in der Liebe.

Tugend kann'S ja geben,

Keine schönere weibliche

als die Liebe.

Wohl­

wollen, Freundlichkeit, friedlicher Sinn, ein zart

fühlende- Herz, Mitleid, Sanftmuth und Güte — wie fehlt dem Weibe alles, wenn ihm diese Eigen«

416 schäften mangeln! Der Seligen gebrach's an Liebe

nicht.

Mit Liebe schloß sie sich innig an Gatten

und Kinder an, so lange sie bey ihnen war.

Ihr

und von der ewigen

brechendes Auge war Liebe, Liebe schied sie kein Tod.

3. in der Heiligung sammt der Zucht.

Hochschätzung des Guten, Abscheu gegen das Böse, Ordnungsliebe,

Wohlanstandigkeit,

Sittsamkeit,

Mäßigkeit krönen das Weib schon hier im engen häuslichen Kreise.

künftig dem,

Wie vielmehr werden sie dort

der sie mit hinübeknimmt,

die an­

genehmste Empfehlung seyn! Möge

Zweifel,

die Vollendete

frei von Furcht und

im Glauben und in der Liebe,

und in

der Heiligung sammt der Zucht fromm zurückgelegt

haben ihren Pilgerlauf,

der sich endigte mit so

schwerem Gang zum Grabe. den

durch Kinderzeugen,

Sie sollte selig wer­

sollte auf diese Weife

zur Vollendung des Himmels gelangen,

und so

zerrissen die starken Bande leichter, die sie an das Leben

fesselten.

Allem Andrang

von Noth ent­

nommen, dem sie hier erliegen mußte, ist ihr jetzt

unaussprechlich wohl.

Ihre letzte Angst und Trau­

rigkeit hat sich verkehrt in ewige Freude.

417

Bey

Verunglückten.

1. (Bey Beerdigung

eines Greises,

der

an

den

Folgen einer ihm zugefügten tödtlichen Verletzung gestorben ist,) *)

Sprüch. Sal. 12, 28. Auch auf deS Todes Schreckenswegen Ist Tod nicht, sondern Sel-gkeit Dem, der dein großen Ziel entgegen

Hier richtig wandelt allezeit. Der Zukunft freut der Fromme sich;

Der Bosheit ist sie fürchterlich. Hier an dieftr heiligen Stätte, wie auf dem sie umgebenden Todtenacker, stoß so manche bitten re Thräne über Auflösung und Zerstörung, die der

*) Der Getödtete war rin gebückter gebrechlicher Al« ter von unbescholtenem Wandel,

Schäfer im Orte,

erst viele Jahre

jetzt Hüter des Gcmeinholzes.

Er hatte wegen dringenden Verdachts eines be­

gangenen Holzdiebstahls mit aller Gelassenheit dem Verbrecher Vorstellung gethan, der aber, die'That

l äugn end, von seinem eben so boshaften Vater noch mehr dazu angestärkt, den Unglü^lichen mit

gut,



sie müßen die besten seyn, weil die höchste

Weisheit und Güte sie allen andern vorzog. Zugleich,

welch merkwürdiges Exempel von

der großen Nichtigkeit alles Irdischen und des sehr

unvollkommnen Glücks dieser Zeit stellt uns der frühe Tod der allverehrten Königin auf;

wie belehrend

also kann auch insofern die heutige rührende Erin­ nerung an die himmlisch Vollendete werden! War

auch sie in ihrem königlichen Glanze

einem so schnellen Wechsel unterworfen, mußte auch sie so bald sich trennen von allen hohen und höch­

sten

hiesigen Gütern und Freuden:

auf mehr Dauerhaftigkeit rechnen,

können wir auf einen ge­

wissen und bleibenden Besch dessen, das hier uns anziehk

und erfreut?

O wie eindrücklich einzig

verkündigt uns der unvermuthet frühe der Unvergeßlichen

unsere bevorstehende,

Hintritk so oft

ganz unvermuthete Trennung von der sichtbaren

Welt. Bereit zu dieser Trennung seyn unter allen Umständen des Lebens, ist Sache des Weisen, deö

Christen. — Dann soll uns dieser hohe Todesfall aber auch einen abermaligen merkwürdigen augen­ scheinlichen Beweis an die Hand geben von der

Wahrheit und Zuverlässigkeit unserer Hoffnungen auf Fortdauer im Tove und ein neues unvergäng­

liches Seyn.

Gottes Gerechtigkeit, Weisheit und

Güte hört darum nicht auf,

weil sie hier nichts Gg s

468

mehr giebt, hier oft mehr nimmt, als giebt. Der Tugend schönster Lohn wird künftig seyn. Nicht ist sic, die früh Verklärte, deshalb unglücklich zu nennen, weil ihr dieses Lebens Sonne, Glanz und Freude niedersank. Sie ist selig, und so auch selig zu preisen. Ein neuer Tag, ein besserer Tag ist ihr aufgegangen, ein Tag, der nicht mehr un­ tergeht. Ihre Frömmigkeit und Tugend, ihre milde Freundlichkeit, ihre hohe Herzensgüte konnte nicht zeitig genug die rechte Belohnung finden; daher nahm he Gott zu höherem Segen auf, zu reinern himmlischen Genüssen, bie ihrer würdig waren. Auch für sie konnte Sterben nicht Nach­ theil, sondern Gewinn seyn, sonst lebte sie noch unter uns. Die Gerechten können es nicht anders, als gut haben, sie bleiben hier oder gehn weiter; denn ihre Werke folgen ihnen nach.

Ja, jetzt ist's klärer geworden der zur Ver­ klärung des Himmels gegangenen Theuren, waS Gottes Rathschluß mit ihr war. Jetzt ist ihr jeder Zweifel gelöset, jede Besorgniß verschwun­ den, ob auch gut sey, was Gott that. Aus dem Dunkel der Erde ist sie übergeführt zum höheren Licht. Die irdische Krone hat sie niedergelegt, daß die unvergängliche sie schmücke, würdig ihres Glau­ bens, würdig ihrer Tugend. Auch wir werden einst im Licht erkennen, was wir auf Erden dunkel



4t>9

—•

Auch unsern blöden Augen wird sich des

sahn.

Ewigen Weisheit und Gnade

klärer offenbaren.

Vollkommenheit folgt dem Stückwerk der Erde, dem

frommen Glauben seliges Schauen.

Hier

aber unter den mancherley Prüfungen des Glaubens erstehen wir uns Trost,

den Trost der bes­

sern Welt, von dem Gott alles Trostes und aller

von Gott

möge zunächst

Gnade.

Dieser Trost

mindern

und heilen den tiefgefühlten Gram des

Königs, unsers Landesvaterö

und Herrn.

selbst wolle ihn aufrichten und mit ihm seyn.

Gott Die

theilnehmende Liebe und innige Verehrung eines je­

den seiner treuen Unterthanen begleite den durch so harte Schicksale Geprüften,

aber nicht Ueber-

wundenen, sondern Standhaften im Unglück; und auf der schwierigen Regentenbahn,

bene Monarch wandelt,

die der erha­

kröne des Höchsten Heil

und Segen alle seine Schritte und Handlungen. Der verewigten Theuern himmlischer Sinn und ihr Segen komme reichlich über ihre Kinder, und

verherrliche sich an ihnen noch in kommenden Ge­ schlechtern bis zur spatesten Nachwelt.

Verwandten

und Angehörigen unsrer

Allen hohen

früh Ent­

schlafenen kehre Trost und Ruhe wieder.

Der

Glaube an die ewig waltende Gnade GottrS, die

seligen Hoffnungen des Christenthums mindern je­ den Herzenskummer!

—*

470

—-

Heilige, hiinmlischer Vater! diese from­ me Gedachtnißfeier der dieser Welt Ent­ nommenen, aber ewig Lebenden im Himmel, an unser aller Seelen, daß wir uns deinen Schickungen glaubensvoll unterwerfen, und weislich erwägen, was uns ewig heilsam ist, Acken.

4-

Zur Feier des Friedens, am 18 feit Januar 1816,

§^ich,

o Gott!

den König aller Könige

und Herrn aller Herren, in

wollen wir loben

deinem Heiligthum und in der Veste

deiner Macht;

dich wollen wir loben in

deinen Thaten und in deiner großen Herr­ lichkeit.

Denn

du hast Wohlgefallen

an

deinem Volke, du hilfst und segnest treulich.

Du hast unfern Gränzen Frieden geschaf­ fen,

und Wunder der Barmherzigkeit vor

unsern Augen gethan.

allein

Gott.

Gelobet

Du bist groß und

seyst du

ewiglich,

Amen.

Ja, danket dem Herrn, predigt sei­ nen Namen, machet kund unter den Völkern sein Thun. Verkündiget, wie sein Name so hoch ist. Lobsinget dem Herrn, denn er hat sich herrlich bewie­ sen: solches sey kund in allen Landen!



47$



Geliebte Freunde und Zuhörer!

Haben wir

wohl alle schon manchmal im leben Veranlassung gehabt, dieser prophetischen, zum Dank und Preise

Gottes kräftig ermunternden Stimme (nach Jes.

12, v. 4 $ Gr. — — Der oreyfache Eoangelische Bund des Glauben-, der Hoffnung und der Liebe Eine Predigt über 1 Corintber 13, v. 13. gr. 8. Geh. 1814. 2 Gr— — Der christliche König. Ci» versuchter Entwurf, gr- rGeh. 1814. a Gr. — — Ei»' veste Bnrg ist unser Gott. Erläuterung des Lie­ des. 8. 1817. Geh. 2 Gr. ------ Dritter Evangelisch < Protestantisches Kirchen < Jubiläum, des von Gott veranstalteten Reformation« - Werkes, durch Dr. Martinum Lutherum. Gefeiert im Jahre nach Christi Geb. i8i7 und geschichtlich entworfen. 8. 1817. Geh. 2 Gr.

— — Gottes Gabe und Geschenk. Eine Erbauunqsrede über Röm. 8, 28 — 32 in der Bibelstundr, Donnerstags AbendS, am isten Märr, auf dem Saale des böhmische» Pfarr« und Schvlhause« gehalten, gr- 8 1812. 3 Gr. ------ Klagelieder Jeremiä. Nach unserer Sang-Weise und dem deutsche» Alphabet« in Lieder gebracht, gr- 8- 1814. 3 Gr. ------ Mission und Prophetie. Zu Freuden und Hoffnung er­ munternd. ia. 1814 Geh. 4 Gr. — — Reformation-< Gesänge. Mit geschichtlich erläuternde» Anmerkungen. 8- 1817. w » Gr. Bülow, E- von, über die Mittel zur Erhaltung der Grund­ besitzer, zur Rettung des Capitalvermögens des Staats, und iur Ausgleichung der Grundbesitzer und ihrer Gläubiger. 8. 1814. Geh. 14 Gr. Burdach, Dr E. G. H., der Erdenbewohner, nach seinen mannichfaltigen Beziehungen zu sich selbst, zu seines Gleiche» und zu der Welt. Ein Lesebuch für Kinder edler Bildung.

Zweyte, mit einem twoyfachen Anhang« vermehkte und «er, bessert« Auflage. Mit illum. Kupfern, s. isis. ®eb. i £l)tr. 8®r. Vurdach, Dr.