Neutestamentliche Zeitgeschichte: Die biblische Welt 500 v.–100 n. Chr. [Reprint 2020 ed.] 9783112311776, 9783112300640

200 25 23MB

German Pages 257 [276] Year 1965

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Neutestamentliche Zeitgeschichte: Die biblische Welt 500 v.–100 n. Chr. [Reprint 2020 ed.]
 9783112311776, 9783112300640

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
I. JUDA UNTER PERSISCHER HERRSCHAFT, 539—332 v. Chr.
II. JUDÄA UNTER HELLENISTISCHEN HERRSCHAFTEN, 332—142 v. Chr.
III. DAS HASMONÄISCHE REICH, 142—63 v. Chr.
IV. PALÄSTINA UNTER ROM UND HERODES, 63—4 v. Chr.
V. PALÄSTINA ZUR ZEIT JESU UND DER APOSTEL, 4 v. Chr.—66 n. Chr.
VI. DAS RÖMISCHE IMPERIUM ZUR ZEIT JESU UND DER APOSTEL, 4 v. Chr.—66 n. Chr.
VII. DAS RÖMISCHE IMPERIUM ZUR ZEIT DER APOSTELJÜNIGER, 67—ca. 100 n. Chr.
Bibliographie
Namen- und Sachregister

Citation preview

BO R E I C K E

NEUTESTAMENTLICHE ZEITGESCHICHTE

Die wissenschaftliche Leitung der S a m m l u n g T ö p e l m a n n liegt in den Händen des ord. Prof. der Theologie D . K u r t A l a n d , D.D.

Die Sammlung Töpelmann erscheint in zwei Reihen. Reihe I enthält Gesamtdarstellungen der theologischen Hauptdisziplinen, Reihe II Darstellungen von Nebendisziplinen wie einzelner theologischer Fächer, aber auch von Nachbardisziplinen. Die Bände beider Reihen richten sich an Studierende der Theologie und der benachbarten Fächer, an Pfarrer, Religionslehrer und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, aber auch an interessierte Laien. Sie behandeln ihr Thema unparteiisch allein unter den sich aus dem Stoff selbst ergebenden Gesichtspunkten und mit streng wissenschaftlicher Methode, aber in allgemeinverständlicher Sprache und so, daß jeweils nicht nur der vollständige Stoff mit Angabe der dazu gehörigen Literatur, sondern auch die moderne Problemstellung dargeboten wird.

SAMMLUNG

T Ö P E L M A N N

Zweite Reihe, Band 2

BO R E I C K E

NEUTESTAMENTLICHE ZEITGESCHICHTE Die biblische Welt 500 v. — 100 n. Chr.

ALFRED TÖPELMANN / BERLIN 1965

Archiv-Nr. 39 04 64 1 ©

1964 by Verlag Alfred Töpelmann, Berlin Printed in Germany

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photoine« chanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Paul Funk, Berlin

INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG I. J U D A U N T E R P E R S I S C H E R H E R R S C H A F T , 5 3 9 — 3 3 2 v. Chr 1. D e r iranische Machtbereich 2.

4 4

Die frühen Großkönige, 5 3 9 — 4 2 4 v. Chr

6

Zeittafel

6

a) Kores, Darius I., Xerxes und Artaxerxes 1 b) Esra und Nehemia in Jerusalem 3.

1

7 10

c) Das Judentum im Perserreich

1/

Die späten Großkönige, 4 2 4 — 3 3 1 v. C h r

19

Zeittafel

19

a) Die allgemeine Lage

20

b) Das samaritanische Schisma

21

c) Die letzten Perseikriege

23

d) Nachwirkung des Persertums auf das Judentum

24

II. J U D Ä A U N T E R H E L L E N I S T I S C H E N H E R R S C H A F T E N , 3 3 2 — 1 4 2 v. Chr

26

1. Der hellenistische Maditbereich

26

a) Der Alexanderzug

26

b) D e r Hellenismus

27

c) Diadochen und Epigonen

31

2. Die ägyptische Herrschaft, 3 2 0 — 2 0 0 v. Chr

31

Zeittafel

32

a) Ptolemäus I . — I I I . und der Machtaufstieg Ägyptens

33

b) J u d ä a als ptolemäisches Tempelland

34

c) Ptolemäus I V . — V . und der Machtverlust Ägyptens

36

3. Die syrische Herrschaft, 2 0 0 — 1 4 2 v. C h r Zeittafel

37 38

a) Antiochus I I I - , Seleukus I V . und Antiochus I V

37

b) Die religiöse Unterdrückung

42

c) Makkabäus, Jonathan und Simon

44

I I I . D A S H A S M O N Ä I S C H E R E I C H , 142—63 v. C h r Zeittafel 1. Priesterfürsten, 142—105 v. Chr

48 48 49

a) Simon als Hoherpriester

49

b) H y r k a n 1

50

2. Könige, 104—63 v. Chr a) Aristobul 1 b) Jannäus c) Alexandra, Hyrkan II. und Aristobul II IV. PALÄSTINA UNTER ROM U N D HERODES, 63—4 v. Chr 1. Der römische Machtbereich a) Roms Aufstieg zur Weltmacht b) Pompejus besetzt Palästina 2. Triumvirn, Antipater und Herodes, 63—4 v. Chr Zeittafel a) Antipater b) Herodes 1 c) Das Geburtsdatum Jesu V. PALÄSTINA ZUR Z E I T JESU U N D DER APOSTEL, 4 v. Chr.—66 n. Chr

51 51 52 56 58 58 58 61 63 64 63 67 79

81

1. Die Teilung des Herodesreiches, 4 v. Chr Zeittafel

82 82

2. Galiläa-Peräa und Nordtransjordanien zur Zeit Jesu a) Die beiden Länder des Antipas b) Die Heimat Jesu c) Die Synagogen d) Die Regierung des Antipas, 4 v.—39 n. Chr e) Land und Regierung des Philippus

85 85 86 88 92 93

3. Judäa-Samarien zur Zeit Jesu und der Urkirche, 4 v.—41 n. Chr. . . Zeittafel a) Die beiden Länder des Archelaus b) Die Regierung des Archelaus, 4 v.—6 n. Chr c) Die Einrichtung der ersten Prokuratur 6 n. Chr d) Die römischen Behörden 6—41 n. Chr e) Die jüdische Verwaltung f) Der Hohe Rat § 1. Hannas als Prinzeps 106 — § 2. Der Hohepriester als Präses 106 — § 3. Die Ratsherren 108 — a) Die Hohenpriester als Konsistorium 109 — b) Die Ältesten 111 — c) Die Schriftgelehrten 111

95 94 96 98 99 102 105 105

g) Sadduzäer und Pharisäer 113 § 1. Die Herrenpartei der Sadduzäer 114 — § 2. Die Bürgerpartei der Pharisäer 116. h) Priester und Essener 121 § 1. Der Tempeldienst der Priester 122 — § 2. Das Gemeinschaftsleben der Essener 125.

i) Pilatus, Golgatha, die Urkirche

129

$ 1. Gratus und Pilatus 130 — § 2. Das Todespassa Jesu 131 — a) D e r Zeitpunkt des Abendmahls und der Kreuzigung 131 — b) D e r Verlauf des Golgathadramas 137 — § 3 . Die Pfingstzeit der Kirche, 33—41 n. Chr.

140 — a) Die Entwicklung

der

Apostelgemeinde 140 — b) Die Absetzung des Pilatus und die Stephanusverfolgung

141 — c) Caligulas Machtübernahme

und

die Ausbreitung des Evangeliums 143 — d) Agrippas Karriere und der Kulturkampf

144.

4. Palästina zur Zeit des Jakobus und Paulus, 41—66 n. C h r

146

Zeittafel

147

a) Agrippa I. als König Judäas 41—44 n. Chr

148

§ 1. Die Begünstigung des Pharisäismus 148 — § 2. Das M a r t y rium des Zebedaiden Jakobus 149 — § 3. Der Tod Agrippas I.; seine Hinterbliebenen 149. b) Die zweite P r o k u r a t u r , der Zelos und die Kirche 44—66 n. Chr. 150 § 1. Patriotismus und Zelotismus in J u d ä a Dl

— § 2. Die sieben

Prokuratoren und der wachsende Terror 152 — a) Fadus, Alexander, Cumanus, Felix bis 54 n. Chr. 152 — b) Felix nach dem J a h r 54, Festus, Albinus, Florus 154 — § 3. Judenmission und Heidenmission

in der Kirche, 44—66 n. Chr. 157 — a)

Der

H e r r e n b r u d e r Jakobus 157 — b) D e r Heidenapostel Paulus 161 — c) Der Übergang des Petrus vom Zion nach Rom 165. VI. D A S R Ö M I S C H E I M P E R I U M Z U R Z E I T J E S U U N D

DER

A P O S T E L , 4 v. Chr.—66 n. C h r

168

Zeittafel

168

1. Imperium, J u d e n t u m und Christentum

168

2. Augustus und Tiberius, 30 v.—37 n. Chr

169

a) Das Regierungssystem des Augustus

169

b) Die Provinzeinteilung seit Augustus § 1. Imperatorische Provinzen, d a r u n t e r Syrien und

170 Galatien-

Lykaonien 170 — § 2. Senatorische Provinzen, darunter Asien, Mazedonien, Achaja 171 — § 3. Die Pax Romana 174. c) Der Status quo unter Tiberius 3. Caligula, Claudius, N e r o , 37—68 n. C h r a) Die Enttäuschung unter Caligula

175 176 176

b) D e r Provinzausbau unter Claudius

177

c) Die Auflösung unter N e r o

179

§ 1. Aufstieg und Untergang des Despoten 179 — § 2. N e r o und die Juden bis 66 n. Chr. 181 — § 3. N e r o und die Christen 182.

VII. DAS RÖMISCHE IMPERIUM ZUR ZEIT DER APOSTELJUNIGER, 67—ca. 100 n. Chr 18S Zeittafel

189

1. Zelotenkrieg und Armeerevolten, 66—70 n. Chr a) Der jüdische Krieg 66—70 n. Chr b) Die römischen Revolten 68—69 n. Chr § 1. Galba, Otho in Rom 194 — § 2. Vitellius im Westen 19.5 — § 3. Vespasian im Osten 196. c) Der Untergang Jerusalems 70 n. Chr § 1. Belagerung und Eroberung Zions 198 — § 2. Folgen für das Judentum Palästinas 198.

190 190 194

2. Vespasian, Titus, Domitian, 69—96 n. Chr a) Die Befestigung unter Vespasian b) Die Entspannung unter Titus c) Die Verschärfung unter Domitian d) Juden und Christen unter den Flaviern § 1. Das Judentum 211 — a) Die politische Stellung 211 — b) Die soziale Haltung 214 — § 2. Das Christentum 217 — a) Die politische Stellung 217 — b) Die soziale Haltung 225.

199 199 201 202 211

3. Nerva, Trajan, der Ubergang zur Märtyrerzeit Bibliographie Namen- und Sachregister

193

235 238 248

EINLEITUNG Von der Wegführung nach Babylon waren es vierzehn Geschlechter

bis zu Christus (Matth. 1,17)

Gegenstand der Neutestamentlichen Zeitgeschichte ist das Weltgeschehen, das Hintergrund und Umgebung des Evangeliums und der Urkirche bildete. Mit bewußtem Verzicht auf die eigentlich theologische Fragestellung wird hier eine historische Betrachtung angelegt. Die himmlische Wirklichkeit wird dabei nicht erfaßt, die inhaltliche Eigenart nicht erklärt, nur die irdischen Umstände werden es, die mit den Mitteln der induktiven und kausalen Geschichtsforschung erforscht werden. Jedoch rechtfertigt sich dieses Unterfangen auch theologisch, wenn man das Hauptthema der Christologie beherzigt: das Wort ward Fleisch, nämlich als die Zeit erfüllt war (Joh. 1, 14; Gal. 4,4). Christus und die Kirche hatten die Erfüllung der jüdischen Geschichte zu bringen. De facto traten sie verschiedentlich in Beziehung zum Judentum, mittelbar auch zum Hellenismus und zum Römerreich. Zur historischen Erläuterung dieser Mächte im Hintergrund und in der Umgebung des Neuen Testaments sind Überblicke über mehrere Jahrhunderte notwendig, in dienen sich ihre Eigenart und Bedeutung entwickelten. Weil die Entwicklung des Judentums kurz vor 500 v. Chr. begann und weil die Geschichte des Neuen Testaments bis gegen 100 n. Chr. reichte, begrenzen diese Zeitpunkte unsere Darstellung. Da ferner Jesus und seine Jünger vor allem mit staatlichen, sozialen und sakralen Verhältnissen zu tun hatten, wird die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf solche Umstände gerichtet1. Wenn im folgenden vom Judentum die Rede ist, handelt es sich also um jüdisches Gemeinwesen, jüdische Kultur und Religion der Zeit nach dem babylonischen Exil bis gegen Ende der neutestamentlichen Periode, und auf diese Entwicklung beziehen sich die Kapitel I—V. Die kulturell und religiös entscheidende Bedeutung der Wiederherstellung des Judentums nach der babylonischen Gefangenschaft 1

1

A u f die politische und soziale Geschichte konzentrierte sich mit Recht das V o r bild moderner Darstellungen der neutestamentlichen Zeitgeschichte: E . SCHÜRER, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, 1 — 3 ( 3 . — 4 . Aufl. 1 9 0 1 — 1 9 0 9 ) , unten als Schürer 1 — 3 zitiert. Eine anregende Geistesgeschichte des Hellenismus schrieb H . PREISKF.R, Neutestamentliche Zeitgeschichte = Sammlung Töpelmann 11,2 (1937), ließ aber nur ein paar Zeittafeln die politische Geschichte vertreten. — Andere übersichtliche Darstellungen erwähnt unsere Bibliographie (u. S. 2 3 8 — 2 4 7 ) . T e x t e und Studien werden in den Fußnoten nur dann angeführt, wenn Hinweise besonders nützlich erscheinen. B o Reidce, Neutestamentl. Zeitgeschichte

2

Einleitung

(586—539 v. Chr.) rechtfertigt es, von der jüdischen Rückwanderung und von der persischen Hegemonie (539—332 v. Chr.) auszugehen. Schon damals kamen Erscheinungen und Einrichtungen auf, die für die jüdische Gesellschaft der urchristlichen Zeit charakteristisch waren. Danach müssen im Blick auf den tief eingreifenden Kulturkampf des Judentums gegen den Hellenismus die hellenistischen Herrschaften (332—142 v. Chr.) berührt werden. Auch vom politischen Glanz des Hasmonäerreichs (142—63 v. Chr.) ist zu sprechen, den noch die neutestamentliche Zeit mittelbar widerspiegelt. Jedoch soll auf der römischen Zeit bis zum Beginn der politischen Katastrophe des Judentums (63 v.—66 n. Chr.) mehr Gewicht liegen, weil es sich hier um die vorchristliche-urchristliche Zeit handelt. Daß die Schilderung auch für den apostolischen Zeitabschnitt (33—66 n. Chr.) vom Judentum ausgeht, ist darin begründet, daß trotz der innerlichen Loslösung des Evangeliums vom Judentum und trotz der Mission unter den Heiden die apostolische Kirche zum großen Teil freiwillig in gesellschaftlicher Verbindung, unfreiwillig auch in Schicksalsgemeinschaft mit dem jüdischen Volk blieb. Grundsätzlich wollte sie die Trägerin der alttestamentlichen Verheißung sein. Jerusalem galt deswegen bis zum jüdischen Aufstand im Jahr 66 als kirchliches Zentrum, die Apostel suchten gern Anschluß in den Judenkolonien des Römerreichs, und ihre Verkündigung nahm oft — bewußt oder unbewußt — mündliche und schriftliche Traditionen der hellenistisch-jüdischen Missionspropaganda zum Vorbild (bezeichnend ist die Übereinstimmung zwischen Weish. 13, 1—10 und Rom. 1, 18—23). Zudem faßte die römische Öffentlichkeit bis zur neronischen Verfolgung 65 n. Chr. und teilweise noch während der domitianischen Verfolgung in den Jahren 93—95 das Christentum als eine Frucht des Judentums auf. Auf die Lage der Kirche im Römerreich beziehen sich die Kapitel VI—VII. Für die apostolische Zeit ist ergänzend auf das Weltreich und die Provinzen zu achten, in denen Jesus und die Apostel auftraten. Mit dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche beschäftigt sich die Schilderung der nachapostolischen Zeit (66—100 n. Chr.). Damals bildete das Judentum nicht mehr den äußeren Rahmen des Christentums, sondern letzteres fand sich dem Kaisertum direkt konfrontiert, das ihm zu Teil feindlich gegenüberstand, wie die Verfolgungen durch Nero und Domitian zeigen. Weil das letzte Fünftel des neutestamentlichen Kanons diese Lage widerspiegelt (Pastoralbriefe, Hebräerbrief, katholische Briefe und Offenbarung), muß über die übliche Handbuchtradition hinaus die Zeit der Apostelschüler berücksichtigt werden. Die primären Quellen zum Studium dieser ganzen Geschichte sind alttestamentlich und jüdisch: 1. einige Bücher des Alten Testaments, die im hebräischen Kanon bei den Propheten und Hagiographen (den „Schriften") jeweils zuletzt erscheinen: unter den Propheten Hagg., Sach., Mal.; unter den Hagiographen Pred., Esth., Dan. und vor allem das Werk des Chro-

3

Einleitung

nisten: Esr., Neh., 1.—2. Chr. (bei anderen Büchern ist die Spätdatierung zweifelhaft oder umstritten); 2. die sogenannten Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments 2 sowie die Qumranschriften 8 ; 3. die Geschichtswerke des Josephus (37—ca. 95 n . C h r . ) : Bellum Judaicum, Antiquitates Judaicae, Vita Josephi und Contra Apionem 4 . Zu berücksichtigen sind ferner griechische und lateinische Autoren, wo sie den Kulturraum des nachexilischen Judentums und des ältesten Christentums berühren, so vor allem Polybius (ca. 200—120 v. Chr.), Diodor (um Christi Geburt); Statius (ca. 40—96 n.Chr.), Tacitus (55—ca. 120 n. Chr.), Plinius d. J. (61—ca. 115 n. Chr.), Sueton (ca. 75—150 n. Chr.), Dio Cassius (155—235 n. Chr.). Manchmal enthalten auch die Schriften des Neuen Testaments Einzelheiten, welche die zeitgeschichtlichen Umstände beleuchten. Doch sind unsere verhältnismäßig zahlreichen Hinweise auf neutestamentliche Stellen nur teilweise als Belege gemeint. Sie wollen überwiegend zum Vergleich mit dem Neuen Testament auffordern, das an sich nicht Grund, sondern Ziel der Darstellung ist 5 .

2

E.KAUTZSCH, Die A p o k r y p h e n und Pseudepigraphen des A . T., 1 — 2

3

Nachdruck 1962); R.H.CHARLES, The Apocrypha and Pseudepigrapha of the O. T., 1—2 (1913, Nachdruck 1964); P. RIESSLER, Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel (1928). J. MAIER, Die Texte vom Toten Meer, 1—2 (1960). Flavi Josephi Opera ed. et apparatu crit. instr. B. NIESE [et J. v. DESTINON], 1—7 (1885—95, Nachdruck 1955). Flavius Josephe, Oeuvres complètes, trad. sous la dir. de Th. REINACH, 1—7 (1900—32). Josephus with an English Trans-

4

l a t i o n b y H . S t . J . THACKERAY, R . MARCUS, a n d A . WIKGREN, 1 — 8

(1900,

(1926—63,

Fortsetzung vorbereitet). Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer, übers, von H. CLEMENTZ, 1—2 (1899, Nachdruck 1959). Flavius Josephus, De bello judaico (gr. u. d t . ) , hrsg. v o n O . MICHEL u n d O . BAUERNFEIND, 1 — 2 , 1 ( 1 9 5 9 — 6 3 ,

Fort-

setzung vorbereitet). Flavius Josephe, Autobiographie. Texte établi et traduit p a r A . PELLETIER ( 1 9 5 9 ) . 5

Schürer und andere haben der neutestamentlichen Zeitgeschichte eine jüdische Literaturgeschichte angehängt. Eine solche Anordnung erschien uns hier unförmlich, auch weil neue Funde den Stoff vermehrt haben. Wir verweisen für die jüdische wie für die urchristliche Literaturgeschichte auf alttestamentliche und neutestamentliche Einleitungen.

I. JUDA UNTER PERSISCHER HERRSCHAFT 539—332 v. Chr. Im ersten Jahre des Königs Kyros forderte er mich a u f , stark zu werden und mutig zu sein (Dan. 11,1 LXX). Schon das Danielbuch ließ die vor dem Kommen des Menschensohnes liegende, entscheidende Geschichtsepoche mit dem Perserreich (539—332 v. Chr.) beginnen. Denn der Engel, der in Dan. 11, 1—45 die Schicksale des Judentums andeutet, die schließlich in die Heilszeit ausmünden sollen (12, 1), geht von der Perserzeit aus. Zuerst 'wird in 11,1 nach dem Text der Septuaginta — der masoretische Text ist hier nicht eindeutig — der Gründer der persischen Weltmacht, Kores oder Cyrus, erwähnt 1 . Gemeint ist die Tatsache, daß Kores nach der Eroberung Babylons 539 v. Chr. die Juden von der sogenannten babylonischen Gefangenschaft befreite und damit eine Neuorganisation des Judentums ermöglichte, die übrigens bis zur politischen Katastrophe des Jahres 70 n. Chr. nachwirkte. Dann werden in 11, 2a ohne Namen drei nachfolgende Großkönige genannt, die man als Darius I., Xerxes und Artaxerxes I. auffassen kann. Schließlich redet der Engel in 11, 2b von einem Perserkönig, der trotz großer Macht vergeblich gegen Griechenland kämpfen werde: hier ist Darius III. gemeint, dessen Reich 333—331 v. Chr. von Alexander erobert wurde. Im prophetischen Stil und im Blick auf die Heilsgeschichte kündigt der Engel also die etwas über zweihundert Jahre der persischen Hegemonie als eine Zeit der Wiederbelebung des Gottesvolkes an. Wie sieht diese für das Judentum grundlegende Epoche weltgeschichtlich aus? 1. Der iranische

Machtbereich

Geographisch und geschichtlich war der Hintergrund des persischen Reiches der Iran, das gewaltige Bergland zwischen Assyrien und Indien, Transkaspien und Persischem Golf. Der Iran umfaßt das heutige 1

Der masoretische Text erwähnt in Dan. 11,1 „den Meder Darius", aber diese Gestalt ist mit bekannten Tatsachen nicht vereinbar, und der Name mag durch einen Schreibfehler entstanden sein. Hingegen ist der Septuaginta-Text des Verses für eine geschichtliche Erklärung ohne weiteres brauchbar.

D e r iranische Machtbereich

5

Persien, außerdem Afghanistan und Belutschistan; die Gesamtfläche ist etwa fünfmal größer als die Frankreichs. In die Ebenen und die Täler der von Nordwesten nach Südosten sich hinziehenden Gebirge des Irans drangen vom Nordosten her vor und während der israelitischjüdischen Königszeit kosakenähnliche Stammesverbände ein, die sich Arier nannten, sich indo-europäischer Sprachen bedienten und von Adelsfamilien geführt wurden. Nach ihnen wurde die Hochebene der Iran genannt, das Land der Arier (altpers. Arjänam). Drei dieser Stammesverbände sollten weltgeschichtliche Bedeutung erlangen und auch für die Juden eine wichtige Rolle spielen. — 1. Zunächst drangen die Meder am Elburz-Gebirge südlich des Kaspischen Meers entlang gegen Westen bis in die Nähe Assyriens vor. Sie schufen im nordwestlichen Iran, der nach ihnen Medien genannt wurde, ein um 700—550 v. Chr. mächtiges Reich (Jer. 25,25). An den Einmarschwegen von Osten her lagen ihre Hauptorte: Rages (Tob. 1, 14 usw.) nahe der modernen persischen Hauptstadt Teheran und Ekbatana (Jdt. 1,1 usw.), dem heutigen Hamadan entsprechend. — 2. Gegen den südwestlichen Iran richtete sich der Zug der Perser. Sie ließen sich im südlichen Teil der zwischen Iran und Assyrien verlaufenden Zagros-Berge nieder, östlich des inneren Persischen Golfes in der Gebirgsgegend, die eben wegen der Besiedlung durch die Perser griechisch Persis genannt wurde, die heutige Provinz Fars. Von dort und von der benachbarten Flußebene Elam östlich der Tigrismündung aus, welche nach Assyriens Fall 612 besetzt werden konnte, beherrschten die Perserkönige der Dynastie der Achämeniden die Weltpolitik von etwa 550 bis 331 v. Chr. Seit 525 erstreckte sich die Macht der Großkönige im Westen bis zum Hellespont und zur großen Syrte, im Osten bis zum Industal. Die persischen Residenzstädte waren Persepolis (2. Makk. 9,2), eine Neugründung in den Bergen von Persis, und Susan (Neh. 1,1 usw.), die alte Königsstadt Elams (Gen. 14,1) nördlich des Golfs, auf der Grenze zwischen Flußebene und Zagros-Bergen. — Nach dem Untergang des Perserreichs wurden Vorderasien und Iran von Alexander dem Großen und dann vor allem von den Seleukiden beherrscht und hellenisiert. — 3. Um 250 v. Chr. begannen die aus Transkaspien kommenden Parther, dem Seleukidenreich gefährlich zu werden. Sie eroberten Hyrkanien undParthien, heute die Provinz Ghorazan südöstlich des Kaspischen Meeres, und verstärkten die Karawanserei Hekatompylos. Vom nördlichen Iran aus unternahmen ihre Könige und Ritter überraschende Vorstöße gegen Osten und der medischen Heerstraße entlang nach Südwesten und eroberten unter Mithradates I. um 150 v. Chr. das Zweistromland. Darauf konnten die Könige der parthischen Dynastie der Arsakiden während der ganzen vorund frühchristlichen Zeit die Handelsstraßen zwischen den beiden damaligen Kaiserreichen Rom und China kontrollieren. Sie blieben die gefährlichsten Gegner der Römer, bis sie 224 n. Chr. von einem persischen Vasallen verdrängt wurden. Residenzstädte der Parther waren

6

Juda unter persischer Herrschaft, 5 3 9 — 3 3 2 v. Chr.

Ekbatana in Medien und Seleukia am Westufer des Tigris, letztere eine Hochburg des Hellenismus, die 42 n. Chr. im Zusammenhang mit einer Renaissance des Orientalismus durch das parthische Ktesiphon am gegenüberliegenden Ostufer ersetzt wurde. — 4. Nach dem Sturz der parthischen Arkasiden 224 n. Chr. herrschten wieder die Perser unter der Dynastie der Sassaniden. Diese zoroastrischen Könige kämpften mit dem Römerreich um die Weltmacht bis zur Eroberung des Zweistromlandes durch die Araber 636 n. Chr. Ktesiphon blieb Hauptstadt der neupersischen Großmacht und des Orientalismus. Aus dieser Übersicht der altiranischen Reichsbildungen geht hervor, daß die Iranier und vor allem die Perser den Kulturraum um ein Mehrfaches erweiterten, zu dem Palästina und die Juden gehörten. Bisher hatten Israel und Juda abwechselnd unter dem Einfluß des Niltals und des Zweistromlandes gestanden. Kores und die Perser machten die Juden zu freien Mitgliedern einer kosmopolitischen Zivilisation, die außer diesen altehrwürdigen Gebieten auch den entwicklungsfähigen Iran und das zum Teil hochkultivierte Kleinasien, neben Semiten auch östliche Völker wie die Arier und westliche Bevölkerungselemente wie die griechischen Kolonisten umfaßte. Dieser kosmopolitische Charakter des ersten Perserreichs kam der äußeren Entwicklung des Judentums zugute und wurde auch der Grund für die rasche Expansion des Hellenismus, beides für die urchristliche Mission sehr wesentliche Faktoren. Später bildete das zweite Perserreich den Rahmen, der vom Islam ausgefüllt wurde.

2. Die frühen Großkönige,

539—425 v. Chr.

Um die folgende Schilderung des Aufstiegs des Perserreichs und der Wiederherstellung Judas chronologisch zu veranschaulichen, sei hier eine Liste der früheren Achämeniden unter Beiziehung einiger im chronistischen Werk wichtigen Namen vorausgeschickt. Großkönige:

Provinzbeamte:

J üdische Vertrauensmanner:

Hohepriester (Neh. 12,10):

Sesbazar (Esr. 1,8)

Kores 5 3 9 — 5 2 9 Kambyses 5 2 9 — 5 2 2 Darius I. 5 2 2 — 4 8 6

Xerxes 4 8 6 — 4 6 5

Thatnai Satrap in Syrien; Sether-Bosnai Pasdia in Samarien (Esr. 5,3)

Serubabel (Esr. 2,2)

Jesua

Jojakim

7

Die frühen Großkönige, 539—425 v. Chr. Artaxerxes I. 465—425

Sanballat I. Pascha in Esra 459 Samarien; Tobia in Am(Esr. 7,7) mon; Gesem in Edom (Neh. 2,19); Nehemia in Juda 446—434 (Neh. 5,14)

Eljasib Jojada

Zu allen hier und später angeführten Jahreszahlen sei angemerkt, daß nach antikem Gebrauch der Anfangs- und der Abschlußtermin mitgezählt werden. H a t z. B. Artaxerxes I. 465 die Macht ergriffen, so bedeutet „im 20. Jahre seiner Regierung" (Neh. 1,1) nicht 445, sondern 446 v. Chr.

a) K o r e s , D a r i u s I., X e r x e s u n d A r t a x e r x e s

I.

Kor es, der erste persische Großkönig, wurde 559 v. Chr. medischer Vasall über das vorher zu Elam gehörende Gebiet Anschan, stürzte mit Hilfe des neubabylonischen Königs und des medischen Adels das Königtum der Meder in Ekbatana, besiegte dann 546 den reichen Kroisos von Lydien und eroberte ganz Kleinasien. Er rundete sein Reich durch Siege in Phönizien und im Mitteliran ab und zog 539 in Babylon ein, dessen Tore ihm die Mardukpriester öffneten. Damit war er der Herr eines Reiches geworden, das räumlich alles Frühere weit übertraf, und blieb es bis zu seinem Tode 529 (die Hauptdaten seines Lebens verteilen sich etwa auf drei zehnjährige Perioden). Auch seine Innenpolitik bedeutete etwas Neues in der Geschichte des Morgenlandes: Kores ließ seine Befehlshaber und Statthalter die unterworfenen Völker in toleranter Weise regieren. Er versuchte nicht wie die Babylonier und Assyrer, die fremden Nationalitäten, Sprachen und Kulte zu verdrängen, sondern trat ausdrücklich für deren Anerkennung und gegebenenfalls Wiederherstellung ein2. Sogar in griechischer Uberlieferung erschien Kores als Vorbild eines humanen Fürsten (Xenoph. Cyropaed.). Für die Juden der Diaspora und der Heimat wurde die von Deuterojesaja begrüßte Politik des Kores (Jes. 44, 28; 45, 1) von entscheidender Bedeutung. 1. Schon das Aufhören der babylonischen Gefangenschaft trug zur Erhaltung der jüdischen Nationalität bei. Freilich hatten die Babylonier nur die führenden Schichten Judas verschleppt; weil aber diese als Träger des Volksganzen aufgefaßt wurden, bedeutete die Möglichkeit ihrer Rückwanderung, daß die völkische Eigenart nicht aufgelöst werden mußte. Nach dem sicher idealisierenden, doch vielleicht nicht unglaubwürdigen Bericht des Chronisten fand schon unter Kores eine Rückwanderung einiger Patrizier und Priester statt (Esr. 1, 5), die vom Geheimrat für jüdische Angelegenheiten Sesbazar geleitet wurde (1, 8. 11; 5, 15. 16) und den Ausgangspunkt für die spätere Rückwanderung unter Serubabel bildete (2, 1—70; 5, 13—6, 12). 2

M.NOTH, Geschichte Israels ( 4 1959), S. 271—279.

J u d a unter persischer H e r r s c h a f t , 5 3 9 — 3 3 2 v. C h r .

8

Jedenfalls hat die Toleranzpolitik des Kores die nachexilische Remigration und Repristination des Judentums grundsätzlich ermöglicht. 2. Kores und seine Nachfolger haben ferner die wichtigsten Sprachen der unterworfenen Gebiete anerkannt und ihre Erlasse in den Volkssprachen erscheinen lassen (Esth. 1, 22), eine Praxis, die von den dreisprachigen Keilinschriften der Perserkönige bestätigt wird. Bereits gegen Ende der judäischen Königszeit war in Syrien und Palästina das Aramäische die in Handel und Politik maßgebliche Sprache geworden (2. Kön. 18,26), was mit der Bedeutung des Reiches von Damaskus und der anderen syrischen Staaten zusammenhing. Außerdem hatten die Assyrer und Babylonier aramäisch sprechende Volksschichten nach Israel und Juda verpflanzt. Ferner hatten sich die israelitisch-judäischen Aristokraten im Exil die internationale aramäische Sprache angeeignet und trugen sie bei ihrer Rückwanderung in die alte Heimat. An diese Gegebenheiten paßten sich die Achämeniden an und erhoben in Syrien und Palästina das Aramäische zur Amtssprache (Esr. 4, 7), so daß sich ein besonderes Reichsaramäisch entwickelte. Wenn auch das Hebräische die Kultsprache blieb, so wurde das Aramäische allmählich die Volkssprache Palästinas und blieb es auch in der Spätantike für Juden und Christen des Landes. Zu diesem für die geistige Einheit und Entwicklung des Judentums wesentlichen Sprachfaktor trugen Kores und die Achämeniden bei. 3. Kores ließ im Gegensatz zu früheren Weltherrschern die Religionen und Kultorte unterworfener Völker weder zerstören noch entweihen noch dem Kult des Reichsgottes unterordnen, sondern wiederaufrichten; der Kores-Zylinder des British Museum mit Anweisungen für die Restauration der babylonischen Kulte bezeugt es ausdrücklich3. In bezug auf Juda soll Kores als Vertreter des Himmelsgottes auch den Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels befohlen haben: diese Notiz bildet den Gipfel des ganzen chronistischen Werkes (2. Chr. 36, 22 f.; Esr. 1, 1—4), und der Chronist findet sie in einem späteren Kanzleischreiben des Darius bestätigt (Esr. 6, 3—12). Ob sich Kores, der nach seinem Erfolg in Babylon mit Unruhen im Osten zu schaffen hatte und 529 während eines iranischen Feldzuges fiel, wirklich um das kleine Juda im fernen Westen so gekümmert hat, scheint fraglich. Hier mag die auch bei Deuterojesaja hervorschimmernde Idealisierung seiner Gestalt eine Rolle gespielt haben. So viel ist aber deutlich, daß jüdische Patrizier, Priester und Propheten schon in den Tagen des Kores die Chance ergriffen haben, mit der Aufrichtung des Tempels anzufangen, nur daß man wegen Schwierigkeiten und Privatinteressen das gemeinsame Werk bald aufgab (Hagg. 1, 1—11). Nach dem Tode des Kores 52,9 v. Chr. regierte sein temperamentvoller, in der Bibel nicht erwähnter Sohn Kambyses (529—522), der 525 Ägypten und Libyen eroberte. 3

F. H . WEISSBACH, D i e Keilinschriften der Achämeniden (1911), S. X I , 2—8.

Die frühen Großkönige, 5 3 9 — 4 2 5 v. Chr.

9

Das riesige Perserreich wurde dann nach schweren Kämpfen von Darms I. (522—486) übernommen und vortrefflich organisiert. Es wurde auf 20 Vizekönigtümer unter je einem Satrapen geteilt, die sich wiederum in Landkreise unter einem Pascha (hebr.-aram. pechah) gliederten. Syrien und Palästina bildeten die 5. Satrapie, "Transeuphrat (Esr. 5,3); ihr Satrap residierte vermutlich in Damaskus und Phönizien. Mit dieser Satrapie war ein neuer Kulturraum geschaffen, der noch lange Zeit eine beachtliche Eigenart behalten sollte. Transeuphrat oder Syrien erschien manchmal als ein relativ selbständiges Reich, die Satrapenwürde beinahe als familiengebunden. Politisch wurde dieses Gebiet, obwohl es während der Ptolemäerherrschaft (320—200 v. Chr.) geteilt war, unter Seleukiden und Römern wieder eine relative Einheit. Kulturell behielt es trotz der jüdischen Reinheitsbestrebungen noch länger seine Eigenart, indem die Handelsverbindungen und die aramäische, später die syrische und arabische Sprache zusammenhaltend wirkten. Innerhalb der persischen Satrapie Transeuphrat war Palästina ein Bezirk, dessen Statthalter oder Pascha in Samaria saß (Esr. 4 , 1 7 ; Neh. 3, 34), das nicht wie Jerusalem verödet, sondern von zahlreichen Immigranten verschiedener Herkunft bevölkert war (Esr. 4, 9 f.). Dem kulturellen Austausch im Perserreich zugute kamen auch die Militärstraßen und Post Verbindungen, die Darius anlegen ließ; als Beispiel für das Wegwesen sei die großartige Königsstraße von Susa nach Ephesus genannt, für das Postwesen die im Esra-Nehemia-Werk eingearbeitete Kanzleikorrespondenz. Später wurden diese beiden Einrichtungen der Perser in einer von Griechen und Römern weiterentwickelten Form für die Verkündigung der Apostel wichtig. Darius konnte um 520 v. Chr. seine Kuriere wie die Reiter der ersten Sacharja-Vision über große Teile der Erde aussenden und alles in leidlicher Ordnung finden (Sach. 1, 8—11). Bei den jüdischen Patriziern, Priestern und Propheten erweckte dieser günstige Zustand ein heißes Verlangen nach einer Wiederherstellung Zions, nachdem der Versuch unter Sesbazar gescheitert war. Infolgedessen zog 520 aus der Diaspora unter der Leitung des Patriziers Serubabel und des Priesters Jesua eine starke Gruppe Zionisten nach Jerusalem (Esr. 2,1—10). Serubabel, ein Nachkomme der Davidskönige (1. Chron. 3, 17 mit Esr. 3, 2 usw. kombiniert), konnte in Jerusalem als eine Art Bürgermeister auftreten (Hagg. 1 , 1 : „Pascha von Juda"). E r war von den als „Ältesten" bezeichneten Patriziern umgeben (Esr. 5, 5 usw.), einer im Hohen Rat der neutestamentlichen Zeit noch vorkommenden Adelsversammlung. Jesua, ein Nachkomme der Zadokpriester (1. Chron. 5 , 4 1 mit Esr. 3 , 2 usw. kombiniert), wurde in Jerusalem als neuer Hoherpriester angesehen (Hagg. 1,1). Propheten wie Haggai und Sacharja unterstützten die Politik der Remigranten (Esr. 5, 1 f.; 6, 14; Hagg. 1 , 2 — 1 1 ; Sach. 1 , 1 2 — 2 , 5 ) . Mutig wurde der Wiederaufbau des Tempels in Angriff genommen.

10

J u d a unter persischer Herrschaft, 539—332 v. Chr.

Anläßlich einer Störaktion der ländlichen Bevölkerung (Esr. 4 , 1 — 5 ) und des syrischen Satrapen (5, 3—17) bemühten sich die Juden, das Unternehmen auf einen Befehl des Kores zurückzuführen. Es gelang ihnen dabei, die Unterstützung des Darius zu gewinnen (6,1—13). Der zweite Tempel, Serubabels Werk, konnte so 515 v. Chr. eingeweiht werden, und der Dienst des Hohenpriesters, der Priester und der Leviten setzte in der für die nachexilische Zeit charakteristischen Form ein (Esr. 6,15—18), die über den Umbau des Tempels durch Herodes hinaus bis zum Fall Jerusalems 70 n. Chr. bestehen blieb. Politisch waren die erwähnte Einrichtung der jüdischen Patrizierversammlung und die Wiederherstellung des Jerusalemer Kultes deswegen möglich geworden, weil Darius im Blick auf die Landverbindung nach Ägypten ein gutes Verhältnis zu Jerusalem und Juda suchte. Daher sollte die Priesterschaft dort nicht nur dem Himmelsgott opfern, den man als allen Völkern gemeinsam verstand, sondern auch für den Großkönig und seine Dynastie beten (Esr. 6,10). Tatsächlich erfolgte also die Restauration des Judentums unter Serubabel auf Grund einer günstigen Lage im Perserreich. Während der Regierung des Sohnes des Darius, der in der griechischen Geschichte als Xerxes (486—465) und in der biblischen als Ahasveros (Esr. 4, 6) bekannt ist, und „der da König war von Indien bis an Mohrenland über hundertsiebenundzwanzig Länder" (Est. 1,1), blieb das Haus des Darius noch reich, wie die kolossalen Bauwerke des Xerxes in Persepolis und Ekbatana bestätigen. Freilich setzten die vielbesungenen Siege der Hellenen bei Salamis und Platää der persischen Expansion nach Westen eine Grenze, was zu gewissen Unruhen in Babylonien führte. Aber für die Juden trat unter Xerxes keine bemerkenswerte Veränderung ein. Der Sohn und Nachfolger, Artaxerxes I. (465—425), der biblische Arthahsastha, mußte in der ersten Hälfte seiner Regierungszeit um die Hegemonie kämpfen, die er nachher glänzend behauptete. Er führte mit Athen von 463 an einen heftigen Kampf um Ägypten, bis im Frieden des Kallias 449 die Griechen auf das reiche Pharaonenland verzichteten; danach hatte Artaxerxes das ganze Reich in seiner Hand. Die ägyptische Frage und ihre Lösung unter Artaxerxes I. bestimmte die Ereignisse in Jerusalem, die mit dem Auftreten Esras 459 und Nehemias 446 zusammenhingen. Chronologische und politische Daten gehen aus der folgenden Erörterung hervor. b) E s r a u n d N e h e m i a i n Das chronistische Werk Gegner der zionistischen schildert ausführlich, wie den Kult und das Gesetz

Jerusalem

läßt unter Xerxes und Artaxerxes mächtige Bewegung auftreten (Esr. 4,6.7—23) und trotzdem unter Artaxerxes zunächst Esra restaurierte (Esr. 7,1—10,44) und danach

Die frühen Großkönige, 539—425 v. Chr.

11

Nehemia die Hauptstadt befestigte (Neh. 2,1—7,4). Für den Chronisten ist der von der Tempelstadt Babel kommende Esra ein priesterliches Gegenüber zu dem von der Königsstadt Susan kommenden Nehemia, dem politischen Würdenträger, so wie ehemals Jesua und Serubabel ein sakral-ziviles Paar bildeten. Wie sich Esra geschichtlich zu Nehemia verhalten hat, bleibt wegen dieser Stilisierung etwas unklar, und der Chronist hat die Uberlieferungen nicht ganz systematisch geordnet. Jedoch steht fest, daß Esra gelegentlich von Nehemia vorausgesetzt wird (Neh. 8,1—6.9.13; 12,26), aber niemals umgekehrt (Esr. 2,2 bezieht sich auf einen anderen Nehemia). Somit erscheint Esra auch in den nicht-redaktionellen, unabsichtlich hindurchschimmernden Einzelheiten als ein vor Nehemia aufgetretener Reformator, wie es die ausdrücklichen chronologischen Notizen angeben. Esra soll als „Schreiber", das heißt Notar, und Referent für jüdisches Sakralrecht „im siebenten Jahre Arthahsasthas" mit einigen Anhängern nach Jerusalem gekommen sein (Esr. 7,6—9). Da ihn der Chronist eindeutig vor Nehemia datiert und letzterer nur unter Artaxerxes I. (465—425) aufgetreten sein kann (s. S. 14), ist das siebente Jahr Arthahsasthas für den Chronisten das Jahr 459 nach unserer Zeitrechnung. Ob die Auswanderung Esras genau in der angegebenen Form stattfand, bleibt im Blick auf die stilisierte Darstellung unsicher. Daß sie aber in eine ganz andere Zeit gehören sollte, ist eine Hypothese, die von unsicheren Erwägungen ausgeht. a) Manche wollen Esra als späteren Zeitgenossen Nehemias betrachten und in den letzten Jahren des Artaxerxes I. unterbringen. Dadurch soll erklärt werden, d a ß sich Nehemia nicht so deutlich auf das Restaurationswerk Esras bezieht, wie man gern sähe. Entweder setzt man Esra zwischen den beiden Besuchen Nehemias in Jerusalem (Neh. 13,6) oder nach seinem zweiten Besuch an 4 . Gegen beide D a t i e rungen ist einzuwenden: — 1. D a ß die ausdrückliche, wiederholte Angabe über das siebente J a h r des Artaxerxes (Esr. 7,7 f.) abgetan wird, ist willkürlich, weil dieser chronologische Ansatz sich nicht aus irgendeiner literarischen Konstruktion herleiten läßt. — 2. Esra erscheint im T e x t auf konsequente, aber nichtprogrammatische Weise als der etwas ältere Zeitgenosse Nehemias, während sich v o m Gegenteil keine Spur findet (s. o.). Die vorgeschlagene Umdatierung rüttelt daher an einer grundlegenden Struktur der Quellen, die keineswegs als nachträglich unterschoben erscheint. Für die Umdatierung ist übrigens fatal, d a ß gerade Nehemia von der Existenz des anderen Partners weiß, denn nach allgemeiner Uberzeugung der E x perten hat der auf Memoiren gegründete Nehemia-Bericht den größeren Geschichtswert. Z w a r fällt auf, d a ß Esra bei Nehemia n u r selten erwähnt wird. Aber d a f ü r muß eine geschichtliche Erklärung gesucht werden (s. u. S. 13). D a ß man wegen der geringen Zahl der Notizen eine Umdatierung vornimmt, welche diese Notizen f ü r absurd erklärt, ist methodisch nicht befriedigend. — 3. Nehemia wirkte seinen Memoiren zufolge in Jerusalem v o m 20. bis zum 32. Regierungsjahr des Artaxerxes I. (d. h. 446—434) und dann noch während eines späteren Zeit* W. RUDOLPH, Esra und Nehemia samt 3. Esra (1949), S. 70 f., 168; u. a.

12

J u d a unter persischer Herrschaft, 5 3 9 — 3 3 2 v. Chr.

raums (Neh. 5,14; 13,6 f.); offenbar hatte er auch einen nachhaltigen Erfolg. Dann muß aber eine Tätigkeit Esras während der wenigen noch übrigen J a h r e desselben Königs ( 4 3 4 — 4 2 5 ) , sei es vor oder nach dem zweiten Besuch Nehemias, erst recht überflüssig erscheinen. b) Andere haben Esras Tätigkeit erst in das siebente J a h r des Artaxerxes I I . ( 4 0 4 — 3 5 8 v. Chr.) datieren wollen 5 . Früher beruhte das auf einer nur instinktiven Spätdatierung des von Esra vertretenen „Gesetzes" (Neh. 8,1) 6 . Ohnehin erscheint diese gewaltsame Spätdatierung Esras nicht objektiv begründet: — 1. Noch einmal sei darauf hingewiesen, daß Esra für den Chronisten bewußt wie unbewußt der ältere Zeitgenosse Nehemias war (o. S. 11). Dazu kommt, daß letzterer unter Artaxerxes I. (d. h. 4 6 5 — 4 2 5 ) auftrat (s. u. S. 14). Es leuchtet wenig ein, daß der über viel ältere Verhältnisse orientierte und mit Archivmaterial arbeitende Chronist ohne jeden vernünftigen Grund einen Mann um 61 J a h r e zu früh datieren sollte, der gerade bei der angenommenen Beziehung auf Artaxerxes I I . zu seiner eigenen jüngsten Vergangenheit gehört haben müßte. — 2. Josephus berichtet, daß unter Artaxerxes I I . der persische Pascha in Juda, Bagoas, als Strafmaßnahme den Jerusalemer Tempel sieben J a h r e lang besteuerte (Jos.Ant. X I , 2 9 7 — 3 0 1 ) . Durch drei Papyri von Elephantine (u. S. 19 f.) ist die judäische Amtsstellung dieses Bagoas für die J a h r e 411 und 4 0 9 v. Chr. belegt (Pap.Cowley 3 0 — 3 2 ) , und nichts hindert die Annahme, das Bagoas noch unter Artaxerxes I I . in den Jahren nach 404 dieselbe Rolle spielte. Mit dieser Tempelkrise unter Bagoas verträgt sich aber gar nicht die juristisch und pekuniär von der persischen Krone unterstützte Mission Esras zur Restauration des Tempels (Esr. 7,6.11—28). Auch die Bruderfehde 401 zwischen Artaxerxes I I . und Kyros dem Jüngeren (Xenoph.Anab.) macht es unwahrscheinlich, daß man Jerusalem gleich nachher diesen Schritt zur Verselbständigung erlaubt hätte. Die beiden erwähnten Versuche, Esra später als im siebenten J a h r des A r t a xerxes I. zu datieren, sind also mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Es soll nicht geleugnet werden, daß im chronistischen Werk Ungenauigkeiten vorkommen, aber die Umstellung von Esra und Nehemia oder die Spätdatierung des Erstgenannten geben nur größere Rätsel auf.

Die überlieferte Esra-Chronologie paßt zu dem, was aus der Zeit des Artaxerxes I. bekannt ist. Ebenso läßt sich die auffallend vorsichtige Weise, in der Nehemia über Esra redet, im Blick auf die unten geschilderte Lage verstehen. Tm angegebenen Jahre der Regierung Arthasasthas zog Esra von Babel nach Jerusalem mit einem Geleitbrief des Perserkönigs (Esr. 7, 1 1 — 2 6 ) . Was aus diesem Brief angeführt wird, ist wohl im klerikalen Sinne des Chronisten idealisiert. Jedoch läßt sich im Blick auf die politische Lage 4 5 9 v. Chr. ohne weiteres verstehen, daß die persische Regierung den Plan einer Verstärkung Jerusalems damals guthieß. Ägypten hatte von Athen unterstützt seit 4 6 3 gegen Persien revoltiert. Nach gewaltigen Rüstungen und Manövern in Phönizien zogen die Truppen des Artaxerxes 4 6 0 an der Küste entlang und durch P a 5

K . GALLING, Die Bücher der Chronik, Esra, Nehemia (1954), S. 13 f.; u. a.

® A. ALT, .Zur Geschichte der Grenze zwischen Judäa und Samaria: P a l . - J a h r b . 31 (1935), 9 4 — 1 1 1 , S. 107 f., auch in Kleine Schriften, 2 (1953), S. 357 f . : Weil der Pentateuch erst geraume Zeit nach Nehemia entstanden sei, müsse Esra spät angesetzt werden. Das ist eine Petitio principii.

Die frühen Großkönige, 5 3 9 — 4 2 5 v. Chr.

13

lästina nach Ägypten, das pazifiziert wurde (Diod. Sic. X I , 71,3—6; 74,1—75,4; 77,1—5). Jerusalems moralische Bedeutung für das Grenzland muß im Verlaufe dieses Feldzuges den Behörden deutlich geworden sein. So kann man sich durchaus vorstellen, wie der syrische Satrap Megabyzus als Generalissimus der persischen Landstreitkräfte und der Großkönig selbst im Jahre 459 für den Plan einer kultischen Aufrüstung der Stadt durch Esra zu gewinnen waren. Man gewinnt den Eindruck, daß einige der Begleiter Esras danach eine Befestigung Jerusalems beabsichtigten. Esra selbst hat es vielleicht angedeutet (Esr. 9,9). Vor allem teilt der Chronist in anderem Zusammenhang einen Brief mit, nach dem Anhänger des Königs einen geplanten Wiederaufbau der Mauern als Versuch einer Revolte abstempelten, so daß Artaxerxes jedes derartige Unternehmen bis auf weiteres verbot (Esr. 4,7—23). Obwohl der Name Esras hier nicht genannt wird, waren die im Dokument angeführten Ubersiedler (4,12) offenbar einige seiner Genossen. Hier kommt nur die erste Hälfte der vierzigjährigen Regierung des Artaxerxes I. in Frage, denn für die zweite Hälfte schließt der offiziell erlaubte Mauerbau Nehemias ein solches Verbot aus (Neh. 1,1), und zur Zeit des Artaxerxes II. hätte die Tempelkrise unter Bagoas die Mission Esras überhaupt unmöglich gemacht (o. S. 12). Dabei kann man in den ersten zwanzig Jahren des Artaxerxes I. kaum mit einer anderen Gola als der von Esra geleiteten rechnen, wenn auch nicht sicher ist, daß alle gleichzeitig auswanderten. Ohne weiteres zeigt aber die politische Entwicklung dieser Zeit, wie eine solche Spannung zwischen Mitgliedern der Esragruppe und Vertretern der Regierung entstehen konnte. Die eifrigen Berichterstatter warnten in jenem Schreiben den König vor einer Revolution der ganzen syrischen Satrapie (Esr. 4,16). Zu einer solchen Revolution kam es durch Megabyzus 455, fünf Jahre nach der Bezwingung Ägyptens (Ktes. Pers. 36); erst nach heftigen Kämpfen wurden Artaxerxes und Megabyzus wieder versöhnt (ebd. 37-39). Es ist begreiflich, daß Megabyzus als selbständig politisierender Satrap vor dem Beginn oder im Verlauf dieses Aufruhrs eine Befestigung Jerusalem begünstigte, welche dann vom König verhindert wurde. Waren also Mitglieder der Esragruppe beteiligt, dürften sie später politisch belastet erschienen sein. Das erklärt, weshalb Esra seine Mission als rein kultisch und ganz unpolitisch darstellte, so daß er seinen Verzicht auf militärische Bedeckung unterstrich (Esr. 8,22), während Nehemia als treuer Diener des Großkönigs die Esragruppe überhaupt mit Vorsicht erwähnte (vor allem fehlt sie anscheinend im Mauerbaubericht, Neh. 3,1—32'). Jedenfalls wurde Esra für Nehemia und vor allem für die Nachwelt der Wiederbeleber des jüdischen Kultes und Gesetzes. Er wurde wie ein neuer Mose dargestellt (Ex. 24,1.9 ist Vorbild für die Szene in Neh. 8,4) und galt im Judentum als der größte Schriftgelehrte (z. B. 7

RUDOLPH (A. 4), S. 69.

14

Juda unter persischer Herrschaft, 539—332 v. Chr.

IV Esr. 14,37—47: Wiederherstellung der kanonischen und apokryphen Schriften durch Esra)8. Nehemia spielte aber eine praktisch wichtigere Rolle. Die besonderen Verhältnisse zur Zeit des Artaxerxes I. bedingten seinen Erfolg, wie unten gezeigt wird; unter keinem späteren Artaxerxes wäre dieser möglich gewesen. Für die politische Wiederherstellung und die spätere Entwicklung des Judentums wurde sein Einsatz schließlich entscheidend. Als großköniglicher Mundschenk in Susan erwirkte Nehemia im zwanzigsten Jahr Arthasasthas, das ist also 446 v.Chr. (Neh. 1,1; 2,1), eine gnädige Vollmacht, Jerusalem wieder aufzubauen und sogar befestigen zu dürfen (2,5—8). Dort angelangt, stieß Nehemia auf den Widerstand der Paschas von Samarien und Ammon mit ihren Leuten (2,10.19; 4,1—23), die von seiten Jerusalems mit Recht eine Konkurrenz befürchteten, ersterer besonders als unmittelbare Oberinstanz Judas. Trotzdem konnte Nehemia mit Hilfe der Bevölkerung die Mauern Jerusalems aufrichten (3,1—32; 6,15) und sogar die Tempelburg befestigen (2,8; 7,2). Diese seine Bautätigkeit dauerte zwölf Jahre, bis 434 (5,14). Bei einer späteren Gelegenheit kehrte Nehemia zum Zweck levitischer Regelungen nach Jerusalem zurück (13,6 f.). Während der ersten zwölf Jahre jedenfalls hat Nehemia offenbar als persischer Pascha oder Präfekt über Juda auftreten können (5,14—19; 7,2; 8,9; 10,2)9. Er wagte, den samaritischen Pascha Sanballat I. zu desavouieren, ebenso gewisse mit den transjordanischen Magistraten konspirierende Juden (6,1—19). Wie wurde diese politische und militärische Emanzipation in den Jahren nach 446 möglich, obwohl der König einige Jahre vorher einen geplanten Mauerbau verboten hatte? Das hing mit der veränderten Weltlage zusammen. Artaxerxes I. hatte die Schwierigkeiten mit Ägypten und Megabyzus überwunden; dieser war dem Großkönig wieder treu geworden und hatte im Jahre 449 den vorteilhaften KalliasFrieden mit Athen vermittelt. So konnte das Perserreich nunmehr konsolidiert werden. Jerusalem war neben Lachis, das ungefähr gleichzeitig eine persische Burg erhielt10, wichtig als Stützpunkt an der Militärstraße nach Ägypten. Es wirkte zur Zeit auch zuverlässiger als Samaria, das mehr unter dem aufrührerisch gewesenen Satrapen stand. Artaxerxes konnte deswegen Juda eine besondere Präfektur werden lassen; diesen Status behielt das Land bis gegen 400 v. Chr., wie Josephus und die Elephantine-Papyri bezeugen (o. S. 12), und vermutlich noch länger. 8 8

10

Uber die Persönlichkeit Esras vgl. RUDOLPH (A. 4), S. 167—171. A.ALT, Die Rolle Samarias bei der Entstehung des Judentums: Festschrift O. Procksch (1934), 5—28, S. 21—28, auch in Kleine Schriften (A. 6), 313—337, S. 330—337. W . F . ALBRIGHT, T h e A r c h a e o l o g y o f P a l e s t i n e ( 1 9 4 9 ) , S. 1 4 4 , F i g . 4 7 .

Die frühen Großkönige, 5 3 9 — 4 2 5 v. Chr.

15

Das von Nehemia militärisch befestigte und durch Synökismus auch bevölkerungsmäßig verstärkte Jerusalem (Neh. 7,4; 11,1—19) umfaßte wohl nur das Tempelareal, ferner die Landzunge Ophel südlich und ein Stück des Plateaus westlich des Tempels, dagegen nicht den großen Südwesthügel, der erst in hellenistischer Zeit als Teil der Stadt bezeugt ist. Zu dieser Polis gehörten als Landgebiete nur Benjamin und das nördliche Juda. Die übrigen Teile Palästinas standen unter Fremdherrschaft (Neh. 2,19; Ob. 19). Galiläa und Samarien waren hauptsächlich von Aramäern bevölkert; die Küste wurde von den Phöniziern beherrscht; in die Philisterebene, Südjuda, Edom, Moab und Ammon oder Transjordanien waren die arabischen Idumäer und Nabatäer eingedrungen. Die wichtigsten Städte dieser Gebiete: Samaria, Tyrus, Gaza, waren reicher und mächtiger als Jerusalem. Nehemia erhob aber die heilige Stadt wieder zu einem politisch und militärisch beachtlichen Zentrum, das sich in der Folgezeit zusehends entwickelte. In dreierlei Hinsicht hat das von Esra vorbereitete und dann vom Perserkönig ermöglichte Werk Nehemias für Jerusalem und das Judentum bis in die neutestamentliche Zeit und bis zur Katastrophe 70 n. Chr. Bedeutung gehabt. 1. Die bisher kleine Patrizier- und Priester-Kolonie in Jerusalem, die von der babylonischen Diaspora abhing, erhielt politisch eine relativ selbständige Stellung. Allmählich führte die um 520 von Serubabel gegründete Zionistenbewegung dazu, daß die Juden wieder eine politische Heimat besaßen, wie heute seit der Gründung des Staates Israel 1948 n. Chr. Gewiß war die Hegemonie der Könige von Susan und Persepolis nicht aufgehoben. Für die Erhaltung der Judenschaft in der antiken Welt wurde es aber wesentlich, daß jeder Jude auf diese Weise nach einem geographischen Zentrum blicken konnte, so wie es Daniel beim Gebet immer tat (Dan. 6,11), obwohl von einer politischen Suprematie der Jerusalemer Priester und Ältesten über die Diaspora keine Rede sein konnte. 2. Eigentlich war diese Zentralstellung Jerusalems sakral, weil die Stadt als geschützter Ort des von Serubabel aufgebauten Heiligtums und des bald zur höchsten Autorität aufsteigenden Hohepriestertums hervortrat. Natürlich ist hier das Sakrale vom Politischen insofern nicht zu trennen, als nach der Abschaffung des einheimischen Königtums der Tempel und die Priester den Gipfel' und Mittelpunkt des Volkes bildeten, durch welchen der Gottessegen allen zuteil werden sollte. Dabei aber ist das spezifisch religiöse Interesse jedoch auffallend stark. Anlaß für die gesamte Restauration war der Tempel. Unter dem Eindruck der Strafen über Israel und Juda wollten die Priester und Leviten die neue Gemeinde nach den Satzungen der levitischen Heiligkeit aufbauen. Zu dieser sakralen Bewegung beigetragen haben unmittelbar die positive Tempelpolitik der persischen Regierung, per analogiam wohl auch der ausgesprochene Reinheitseifer des iranischen

16

Juda unter persischer Herrschaft, 539—332 v. Chr.

Priestertums. So erhielt wie überhaupt im Perserreich das Sakralrecht eine grundlegende Bedeutung für das neue Juda. Zu den Patriziern und Priestern traten daher als Ersatz für die Propheten allmählich die Schreiber oder „Schriftgelehrten", die als levitische Experten für sakrales Recht angesehen und teils in der Verwaltung und Rechtsprechung, teils im Lehrbetrieb unentbehrlich Wurden. Vermutlich spielten Schriftgelehrte schon im Exil eine Rolle (sie werden in 2. Chron. 17, 7—9; 19,8—11 zu Josaphat, in 34,14; 35,3 zu Josia vordatiert). Esra, die Idealgestalt eines Schriftgelehrten, und Nehemia beschleunigten offenbar die Entwicklung dieses Berufes (Neh. 8,4.7.13; 13,13), der später zum großen Teil hinter dem chronistischen Geschichtswerk stand. Auch für Überlieferung, Studium und Entwicklung der älteren Gesetzesquellen waren die nachexilischen Schriftgelehrten von größter Bedeutung. In der Umgebung Jesu sowie überhaupt im späteren Judentum übten sie unter dem Titel Rabbinen eine beträchtliche Macht aus. Grundsätzlich blieben diese Rechtsexperten zur Zeit Esras und Nehemias dem Hohenpriester und den Magnaten untergeordnet (2. Chron. 17,7; 19,11; Neh. 8,13). Aber manche Priester, Patrizier und Bürger vernachlässigten damals wie auch später die levitischen Ideale und verbanden sich mit heidnischen Elementen (Esr. 9,14—10,44; Neh. 13,1—9; Jos. Ant. XI, 297—303). Hier wurde der Grund zu einer Spannung zwischen den kosmopolitischen Aristokraten und den puritanischen Schriftgelehrten gelegt, die sich im chronistischen Werk widerspiegelt (vgl. Neh. 10, 28—30), in der hellenistischen Epoche zum bitteren Kulturkampf steigern und auf die sich die Diskussion zwischen Sadduzäern und Pharisäern gründen sollte. Jedoch blieb die jüdische Gesellschaft unter dem Hohenpriester eine im wesentlichen sakral bestimmte Einheit. Deren führende Schichten waren seit Esra und Nehemia: 1. die Priester, 2. die Patrizier oder „die Ältesten", 3. die Schriftgelehrten, das heißt die Gruppen, aus denen zur Zeit Jesu und der Apostel.der Jerusalemer Hohe Rat bestand (u. S. 109). Als das zusammenhaltende Symbol stelle man sich das auf dem befestigten Tempelberg aufbewahrte Palladium des Judentums vor: das heilige Gewand des Hohenpriesters (Sach. 3,4 f.; Esr. 2,63; Neh. 7,65). 3. Auch merkantil sollte die nehemianische Befestigung Jerusalems für die Zukunft große Bedeutung erhalten. Schon die Kultrestauration brachte aus der Diaspora Geld und Arbeitskraft nach Jerusalem (Esr. 2,68 f.; 3,7; 7,15—23; 8,31—36), noch mehr die Mauerarbeit, zu welcher der reiche Nehemia, die Patrizier und auch das gemeine Volk durch Spenden beitrugen (Neh. 5,16—19; 7,70—72). Angeblich umfaßte Jerusalem mit zugehörigem Landgebiet unter Esra und Nehemia 42 360 Personen mit 7 337 Sklaven, 736 Pferden, 234 Mauleseln, 435 Kamelen und 6 720 Eseln (Esr. 2,64—67; Neh. 7,67—69). Wenn auch der Chronist bei diesen Zahlen eventuell von späteren Verhältnissen ausging, scheint diese Statistik nicht phantastisch oder übertrieben,

Die frühen Großkönige, 539—425 v. Chr.

17

sondern kann einen Eindruck der wirtschaftlichen Lage vermitteln. Ferner läßt der Nehemia zugeschriebene Kampf gegen jeden Geschäftsbetrieb am Sabbat spüren, daß sich Jerusalem allmählich zum internationalen Marktplatz entwickelte, wo Kaufleute aus dem in persischer Zeit blühenden Handelszentrum Tyrus und anderen Städten eifrig Geschäfte machten (Neh. 10,31; 13,15—22). Jerusalem nahm bereits am orientalisch-ägäischen Handel teil, der wegen des von den Persern in Lydien vorgefundenen und von ihnen verbreiteten Münzwesens einen außerordentlichen Aufschwung erlebte. Nicht zufällig ist die älteste in der Bibel erwähnte Münze der von Darius geprägte Darike (Esr. 8,27), grundlegend für Goldmünzfuß und Welthandel. Durch das Geldwesen übte in der Achämenidenzeit auch die griechische Handelswelt über Phönizien und Ägypten auf Palästina einen Einfluß aus, wie hier geprägte Münzen mit Nachbildung attischer Symbole bezeugen11. Im 4. Jahrhundert scheint Jerusalem sogar eigene Münzen mit der Inschrift „ J u d a " geprägt zu haben12. Stimmt das, hat man ein weiteres Zeichen dafür, daß im Perserreich die Entwicklung der lokalen Tempel zu Bank- und Münzinstituten gefördert wurde 1 . Ein wichtiger Faktor dieser Entwicklung des Münzwesens war der Opferbetrieb, der durch konventionelle Zahlungsmittel für Einkünfte und Ausgaben rationalisiert werden konnte14. Das sind die Anfänge der Einrichtung, auf die Jesus mit der Tempelreinigung reagierte (Matth. 21,12 f. par.), obwohl der Tempel damals nur als Bank und Wechselinstitut, nicht mehr als Münzanstalt diente. Profitierten also Tempel, Adel und Kaufleute seit Nehemia vom persischen und griechischen Kapitalismus, so führte das neue Geldwesen doch zu Schwierigkeiten für die Kleinbauern (Neh. 5,1—2). Seither bestand ein unerfreulicher Gegensatz zwischen Reich und Arm. c) D a s J u d e n t u m

im

Perserreich

Die erfolgreiche Aktion Nehemias für die Wiederherstellung Jerusalems erhellt mittelbar auch die Stellung der Diasporajuden unter dem Schutz der Perserkönige. Wie unter Kores der wenig bekannte 11

G . F . H I L L , Catalogue of the Greek Coins of Palestine (1914), S. lxxxiii— lxxxix; K . GALLING, Denkmäler zur Geschichte Syriens und Palästinas unter der Herrschaft der Perser: Pal.-Jahrb. 34 (1938), S. 74—79; W. F. ALBRIGHT (A. 10), S. 143; NOTH (A. 2), S. 310.

12

Jhd, nicht J h w (wie man früher las): E. L. SUKENIK, Journ. Pal. Or. Soc. 14

13

GALLING (A. 11), S. 62, über phönizische Städte; ALBRIGHT (A. 10), S. 143, über das syrische Hierapolis. B.LAUM, Heiliges Geld (1924), S. 126—151; ders., Geld: Die Rel. in Gesch. u. Geg., 2. Aufl., 2 (1928), Sp. 970 f.; G. LANCZKOWSKI, Münze: ebd., 3. Aufl., 4

( 1 9 3 4 ) , S . 7 8 ff.; 1 5

14

( 1 9 3 5 ) , S . 3 4 1 f f . ; GALLING

(1960), S p . 1184 f. 2

Bo Reidte, Neutestamentl. Zeitgeschichte

( A . 11), S. 75 f.

18

J u d a unter persischer H e r r s c h a f t , 5 3 9 — 3 3 2 v . C h r .

Sesbazar und dann unter Darius der bedeutendere Serubabel mit ihren Anhängern imstande waren, am persischen Königshof jüdische Anliegen zu fördern, so ist dieses erst recht Nehemia gelungen, der als königlicher Mundschenk in Susan und als persischer Pascha in Jerusalem ansehnliche Staatsämter bekleidete. Diese glückliche Anpassung hervorragender Juden an das persische Hof- und Verwaltungswesen spiegelt sich in jüdischen Erzählungen der nachexilischen Zeit wider. Bezeichnend ist der an die Josephsgeschichte erinnernde Bericht vom Aufstieg des großköniglichen Pagen Daniel, dessen Tätigkeit zwar einleitend mit der babylonischen Gefangenschaft, aber endgültig mit dem persischen Satrapenreich verknüpft wurde (Dan. 6,1—28). Laut einer persisch-griechischen Version des chronistischen Werkes machte Serubabel eine ähnliche Karriere als Hofpage des Darius (3. Esr. 3,1—4,63). Nach der Tobiterzählung brachte es der weise Jude Achikar in Nineve bis zum Reichskanzler (Tob. 1,21 f.). Ein weiteres Beispiel liefern die schöne Esther und der kluge Mardochai, welche im Frauenhaus und am Hofe des Artaxerxes zu höchsten Würden gelangten (Esth. 2,17; 8,2). In anmutig poetischer Form stellen diese Erzählungen jüdische Ideale dar, die in der Achämenidenzeit soziale Wirklichkeit werden konnten. Trotz der Rückwanderung vieler Juden nach Palästina blieb die Diaspora bedeutsam. Sie hat sich immer mehr ausgedehnt, wie spätere Nachrichten bezeugen, teils durch neue Auswanderung, teils durch Bevölkerungszunahme. Die ehemaligen Kriegsgefangenen und die freien Emigranten konnten als Verwalter und Geschäftsführer, als Pächter und Bauern, als Handwerker und Unternehmer ihre Tüchtigkeit beweisen und an der achämenidischen Hochkonjunktur teilnehmen. Trefflich werden die Verhältnisse von der Korrespondenz des unter Artaxerxes I. und seinen Nachfolgern blühenden Bankhauses „Muraschu Söhne" in Nippur beleuchtet15. Diese babylonischen Finanzmagnaten haben zahlreichen Pächtern und Unternehmern das nötige Kapital zur Verfügung gestellt; man bekommt den Eindruck einer wirklichen Hochkonjunktur. Zu den Kunden gehörten besonders viele Juden, die sich hinaufarbeiten wollten 16 . östlich erstreckte sich das Judentum damals vermutlich bis nach Medien (Tob. 1,14; 3,7; 9,2; 14,4, eine zwar spätere, jedoch auf früheren Erzählungen fußende Quelle), gegen Ende der Achämenidenzeit infolge einer Deportation angeblich bis nach Hyrkanien (Eus. Chron. 360, ed. Helm 121,6—10, unter Berufung auf einen älteren Histori35

LS

G . CARDASCIA, Les archives de M u r a s u (1951), S. 8: Muraschu Söhne w a r eine Leihbank, die sich i m Anschluß an die feudalen Verhältnisse des Perserreichs mit ihrem enormen K a p i t a l auch zur mächtigen Treuhandgesellschaft entwickelte. B.MEISSNER, D i e Achämenidenkönige und d a s J u d e n t u m : Sitz.ber. Preuß. A k . Wiss. 1938, Phil.-hist. K l . (1938), 6 — 3 2 , S. 9.11; andere Darstellungen angeführt von C a r d a s c i a (A. 15), S. I I I .

19

D i e späten Großkönige, 424—331 v. Chr.

ker). In nordwestlicher Richtung scheinen jüdische Sklaven während der Achämenidenzeit nach dem jonischen Kleinasien gebracht worden zu sein (Joel 4,6), so daß die später bedeutende kleinasiatische Judenschaft schon damals ihren Anfang nahm. Südwestlich, nach Ägypten, kamen Auswanderer aus Israel und Juda im 6. Jahrhundert bis zum ersten Nilkatarakt, wo die Perser auf der Insel Elephantine eine israelitisch-jüdische Garnison unterhielten. Nachrichten über diese Kolonie sind in den aramäischen Elephantine-Papyri erhalten. Gewiß handelt es sich überall zunächst um Einzelsiedlungen, aber diese waren Ausgangspunkte für die außerordentliche Verbreitung des Judentums in der hellenistischen und der römischen Zeit, ein auch für die Ausstrahlung des Evangeliums sehr wichtiger Umstand. Die erwähnte Ausdehnung des Judentums in drei Himmelsrichtungen erfolgte im Bereich der persischen Großmacht. Jerusalem blieb das geistige Zentrum dieses international gewordenen Judentums. So apellierten beispielsweise die Elephantine-Kolonisten 410 v. Chr. in einer Notlage zunächst an die heilige Stadt (Pap. Cowley 30,18 f.). Allerdings wußten die führenden Juden genau, daß man den Fortschritt außer der göttlichen Gnade nur dem königlichen Wohlwollen zu verdanken hatte (Esr. 9,9), wie es unter Artaxerxes I. besonders deutlich Nehemia erlebte. 3. Die späten Großkönige,

424—331

v. Chr.

Anschließend sind die Verhältnisse unter den späten Achämeniden (424—331 v. Chr.) kurz zu schildern. Eine chronologische Liste wird vorausgeschickt, worin auch persische Provinzstatthalter, jüdische Hohepriester und einige nach der Macht strebende Brüder derselben angeführt werden. Das soll die Erörterung des samaritanischen Schismas und anderer Probleme dieser Epoche erleichtern. Großkönige:

Statthalter:

Darius II. 424—404

in Samarien Deleja, Sanballats I. Sohn; in Juda Bagoas 17

Hohepriester: Johanan (Neh. 12,11.22)

Brüder

der

Hohenpriester:

1. N e h . 13,28: Ein anonymer Bruder Johanans war der Schwiegersohn des Sanballat; er wurde von N e h e mia vertrieben 17 . 2. Jos.Ant. X I , 297—301: Johanans Bruder Jesua w a r der Kandidat des Bagoas für die Hohepriesterwürde; er wurde v o n Johanan umgebracht 17 .

17

2*

In der zweiten Kolumne und in der vierten unter 1. ist Sanballat der von N e h . 2,10 usw. her bekannte Pascha in Samarien (o. S. 14). D e r Sohn und

Juda unter persischer Herrschaft, 539—332 v. Chr.

20 Artaxerxes II. 404—358

Bagoas (wie oben)

Jaddua (Neh.ebd.)

Sanballat II. Artaxerxes III. 358—338

Darius III. 336—330

Sanballat III.

a) D i e

allgemeine

3. Jos.Ant.XI, 302 f. 306312. 321-325: Jadduas Bruder Manasse war der Schwiegersohn des Sanballat; er wurde als solcher von den Ältesten in Jerusalem vertrieben. Sanballat wollte ihn zum Hohenpriester befördern, plante deswegen einen Garizim-Tempel unter Darius und baute diesen noch schnell beim Anmarsch der Mazedonier unter Alexander 332 v.Chr. 1 8

Lage

Trotz mancher Schwierigkeiten wegen der großen Entfernungen und der vielen Prätendenten konnten die späten Achämeniden die Hegemonie bis zuletzt aufrechterhalten. Zwar schien die Monarchie nach jeder Thronbesteigung bedroht, so etwa 401 bei der durch Xenophon berühmt gewordenen Anabasis des jüngeren Kyros gegen seinen Bruder Artaxerxes II. Jedoch konnte die Machtstellung jedesmal wieder gefestigt werden. Der vorletzte Großkönig Artaxerxes III. war sogar ein ungewöhnlich tatkräftiger Politiker, der sich im Westen erfolgreich behauptete. Erst die überraschend große Schlagkraft der Mazedonier unter Alexander brachte seinen Nachfolger Darius III. und das ganze Perserreich zu Fall. Von der Geschichte des Judentums während dieses Zeitraums ist wenig bekannt. Daß mosaische Gesetze und davidische Psalmen zum Teil in die spätachämenidische Epoche datiert werden, geschieht auf grund unsicherer Schulmeinungen, und auch wer letzteren Glauben schenkt, kann nicht ohne Manipulationen solche Texte für die Geschichte der Zeit verwenden. Selbst wo der Inhalt wegen Anachronismen wie beim Werk des Chronisten auf eine spätachämenidische ReNachfolger Deleja mit seinem Bruder sowie Bagoas und Johanan begegnen in drei Elephantine-Papyri aus dem Jahre 407 v. Chr. (Pap. Cowley 30—32). Sie versahen also unter Darius II. ihre Ämter. Bagoas amtierte noch unter Artaxerxes II., wenn die in der vierten Kolumne unter 2. angeführte JosephusNotiz richtig ist, in der es „der andere Artaxerxes" heißt. 18

In dem zuletzt unter 3. angeführten Josephus-Bericht erscheint ein 100 Jahre später datierter Sanballat als „Satrap" von Samarien. — Die neuentdeckten Papyri aus Wadi Dalije (14 km nnw. von Alt-Jericho) lassen zwischen den zwei Sanballat noch einen hervortreten, der um 380 Pascha von Samaria war; F. M. C R O S S jr., The Discovery of the Samaria Papyri: The Bibl. Archaeol. 26 (1963), 110—121, S. 120 f. Es zeigt sich: das Amt übernahm jeweils ein Sohn, den Namen ein Enkelsohn. Josephus konnte Sanballat I., II., III. wohl nicht auseinanderhalten.

Die späten Großkönige, 424—331 v. Chr.

21

daktion hinweist, spiegelt die Schilderung höchstens allgemeine Zustände, aber keine feststellbaren Ereignisse aus der Zeit des Redaktors wider. Uber periphere Einzelheiten geben die Papyri von Elephantine Auskunft; die von Dalijeh kommen nunmehr hinzu (A. 18). Später entstandene Erzählungen wie Judith haben vielleicht ein paar Wurzeln in der spätachämenidischen Zeit, aber keine noch greifbaren. Josephus hat außer dem Alten Testament für diese Epoche nur einige legendarische Uberlieferungen zur Verfügung gehabt. Für das weitverbreitete Judentum des späten Achämenidenreiches ist trotzdem anzunehmen, daß sich die unter den früheren Großkönigen begonnene Entwicklung fortsetzte. Allgemein haben die Juden wohl immer noch von den politischen Verhältnissen und dem kulturellen Großraum profitiert. b) D a s s a m a r i t a n i s c h e

Schisma

Für das reorganisierte Jerusalem ist andererseits in der späten Achämenidenzeit ein Rückgang des Einflusses zu verzeichnen, der zur Zeit Jesu und der Apostel noch ein brennendes Problem war. Sichern, das bis etwa 900 v. Chr. ein kultisches und politisches Zentrum Nordisraels gewesen war und später durch Samaria verdrängt wurde, trat wieder als Tempelhüter auf: Man baute auf dem Berge Garizim unmittelbar südwestlich der Stadt einen Tempel, der als Kultzentrum der Bevölkerung Nordpalästinas gegen den Jerusalemer Tempel ausgespielt wurde. Obwohl die Umstände für das Aufkommen des samaritanischen Schismas nicht ganz einsichtig sind, beruhte dieses wohl hauptsächlich auf einer Reaktion der Behörden in Samarien und einiger Aristokraten in Juda auf das zentralistische, sozusagen zionistische Reformwerk Nehemias. Wie die rechte Kolumne unserer Zeittafel (o.S. 19 f.) zeigt, widersprechen sich die vom Schisma handelnden Angaben bei Nehemia und Josephus recht kräftig in der Chronologie, stimmen aber in den Andeutungen der Lage unbewußt überein. In allen drei Texten tritt ein Bruder des jerusalemischen Hohenpriesters als Verräter auf, der mit den Vertretern der Satrapie verbunden war. Unter 1. und 2. ist es jeweils ein Bruder des Hohenpriesters Johanan, teils ein anonymer und teils einer namens Jesua; jener soll von Nehemia vertrieben, dieser von Johanan umgebracht worden sein. Keineswegs erscheint die Existenz dieser beiden zu Kollaborateuren gestempelten Brüder des Hohenpriesters undenkbar. Gegenüber der Überlieferung 3. wird man eher Zweifel empfinden. Wie in den Nehemia-Memoiren heißt der Schwiegervater des seinem hohenpriesterlichen Bruder feindlich Gesonnenen wieder Sanballat, aber während Sanballat I. unter Darius II. diente, so habe dieser unter Darius III. amtiert, d. h. Sanballat III. Bereits die Namensgleichheit legt die Vermutung eines

22

Juda unter persischer Herrschaft, 539—332 v. Chr.

Anachronismus nahe. Es ist auch zu bezweifeln, daß ein Bruder des spätestens etwa 380 anzusetzenden Jaddua (vgl. die Zeittafel S. 20) gegen 332 noch am Leben war. Vor allem wurde der Garizimtempel bestimmt nicht so im Handumdrehen beim Anmarsch der Mazedonier neu gebaut. Eher wurde er nachher wegen der mazedonischen Kolonie in Samaria ausgebaut. Die von Josephus hier angeführte Uberlieferung wird offenbar von der Tendenz getragen, die verhaßte Samaritanergemeinde als unreife Frucht eines hellenistischen Opportunismus darzustellen. So gewinnt man den Eindruck, daß die Quelle des Josephus ursprünglich auf den bekannten Sanballat I. aus der Zeit des Darius II. bezogen war. Durch einfache Kombination der Überlieferungen ergibt sich also ein befriedigendes Bild. Es läßt sich annehmen, daß die exklusive Levitenpolitik des Nehemia und der ihm folgenden Hohenpriester schon in nehemianischer und spätachämenidischer Zeit einigen Mitgliedern der hohepriesterlichen Familie nicht paßte und der ganzen Jeunesse doree die Bewegungsfreiheit einschränkte. Vertreter der Satrapie in Juda und Samarien nutzten die Reaktion, um den neuen Priesterstaat zurückzudrängen. So hat Bagoas als Kommissar Judas um 400 den Jerusalemer Tempelkult kräftig besteuert (Jos. Ant. XI, 297). Gleichzeitig oder etwas später haben Sanballat oder andere Machthaber in Samarien den Neubau oder Wiederaufbau eines Tempels auf dem Garizim veranlaßt, um das neue Jerusalem in Schach zu halten. Man vermied dabei geschickt das in jüdischen Augen immer von Götzendienst geprägte Samaria und wählte in Sichern und auf dem Garizim einen Ort aus, mit dem mosaische, königliche und andere Uberlieferungen verbunden waren (Gen. 12,6; Deut. 11,29; l . K ö n . 12,25; Jer. 41,5). Durch jene revoltierenden Mitglieder des zadokidischen Hauses in Jerusalem kam der neue Tempel zu einer vornehm genug erscheinenden Priesterdynastie. Wie die spätere Frömmigkeitsgeschichte zeigt, wurde dem Gottesdienst bei Sichern auch der jüdische Pentateuch zugrundegelegt (in Deut. 27,4 wurde Ebal durch Garizim ersetzt). Vorsichtigerweise verwarf man die Propheten und Hagiographen. Dafür nahm der neue Kultort der gemischten Bevölkerung Nordpalästinas unvermeidlich synkretistische Züge an. Gegen diesen Versuch zur Rekonstruktion der Anfänge des samaritanischen Schismas läßt sich nicht einwenden, daß die Übernahme des Pentateuchs auf eine spätere Zeit hinweise. Denn über die redaktionelle Vollendung dieser Schriftensammlung weiß man in der Tat nicht so genau Bescheid, daß von da aus eine bestimmte Chronologie möglich wäre. Sehr für den vorgeschlagenen Zeitansatz sprechen dagegen die politischen Umstände. Die samaritischen Vertreter der Satrapie und ihre Anhänger intrigierten nach den Büchern Esra und Nehemia wiederholt gegen den Aufstieg Jerusalems, und zwar gerade um die Vorrangstellung Nordpalästinas zu erhalten. Gründung oder Restau-

Die späten Großkönige, 424—331 v. Chr.

23

ration von Tempeln gehörte zur typischen Politik des persischen Reichs, wie bei der Wiederherstellung des Tempels in Jerusalem und auch von Tempeln in Syrien festzustellen ist. Zudem ist viel wahrscheinlicher, daß Sanballat I. oder einer seiner Nachfolger als Schachzug gegen den Fortschritt Jerusalems den Tempelbau bei Sichern mit Hilfe revoltierender Zadokiden betrieben haben, als daß erst Alexanders plötzlicher Einbruch das große Unternehmen auslöste19. Ethnisch hatte der neue Aufstieg Sichems wie der alte in den Tagen des ersten Jerobeam (1. Kön. 12,25) eine Verschärfung des Gegensatzes zwischen Norden und Süden zur Folge. Im letzten Teil des zweiten Jahrhunderts v. Chr. führte diese Spannung zu verheerenden Feldzügen der Juden gegen die Samariter (u. S. 51), und die neutestamentliche Zeit erlebte noch viele Zusammenstöße beider Volksgruppen. Religiös bewirkte der Tempelbau auf dem Garizim wie auch damals Jerobeams Opfereinrichtungen in Beth-El und Dan (12,28— 33), daß sich eine besondere israelitisch-synkretistische Kultgemeinde entwickelte. Das war die Gemeinde der Samaritaner, die mit ihren eigenständigen Uberlieferungen durch Jahrhunderte weiterlebte, die in neutestamentlicher Zeit, gnostisch beeinflußt, zu Judäa und Jerusalem in einem gespannten Verhältnis stand (Luk. 9,53; Joh. 4,9.20; Apg. 8,18—23) und sich in kümmerlichen, aber ehrwürdigen Resten noch heute um den Garizim versammelt. c) D i e l e t z t e n

Perserkriege

In den Jahren 351—342 v. Chr. zog Artaxerxes III. mehrmals in Feld gegen Aufrührer in Syrien, Phönizien und Ägypten. Die blutigen Kämpfe endeten mit dem vollständigen Sieg des Königs, der besonders Sidon und Ägypten schwer bestrafen ließ. Juden scheinen an der Empörung irgendwie beteiligt gewesen zu sein, denn außer den in Massen deportierten Ägyptern sollen auch Juden verschleppt worden sein, und zwar nach Hyrkanien südöstlich des Kaspischen Meeres (o. S. 18)20. Nichts aber deutet in den Quellen darauf hin, daß Juda betroffen war. Daß das heilige Land verschont blieb, kann sich vielmehr im Buch Judith widerspiegeln, wie von mehreren angenommen wird. Es läßt sich auf eine interessante Namensgleichheit hinweisen: Holophernes und Orophernes, von denen ersterer der Angreifer im Judithbuch (Jdt. 2,4 usw.), letzterer der General des Artaxerxes bei den phönizisch-ägyptischen Feldzügen war. Obwohl dieses Buch später 19

20

Literatur zum samaritischen Schisma: R. MARCUS, Josephus with an English Translation, 6 (1937), S. 4 9 8 — 5 1 1 ; G. E. WRIGHT, The Samaritans at Shechem: The Harv. Theol. Rev. 55 (1962), S. 357—366; H. H. ROWLEY, Men of God. Studies in Old Testament History and Prophecy (1963), S. 246—276. Weiteres bei SCHÜRER, 3, S. 6; I. GUTMANN, Artaxerxes III.: Encycl. jud. 3 (1929), S. 407.

24

Juda unter persischer Herrschaft, 5 3 9 — 3 3 2 v. Chr.

entstand und nicht über Tatsachen berichten, sondern zum Mut auffordern wollte, könnte seine Legende auf eine tatsächliche Sonderstellung Judas bei den Strafexpeditionen des Artaxerxes zurückgehen. Die achämenidische Hegemonie hörte aber nach dieser Manifestation überraschend schnell auf. Intrigen der Satrapen führten Darius III. auf den Thron. Er war nicht klug und stark genug, um der eruptiven Kraft des mazedonischen Staates unter Alexander standzuhalten. Schon nach sechs Regierungsjahren wurde, wie es das Buch Daniel malerisch darstellt, der Widder mit den Hörnern Mediens und Persiens vom angriffslustigen Ziegenbock aus dem Westen vernichtet (Dan. 8,7). Die bekannten Schlachten bei Granikos 334, Issos 333 und Arbela 331 (im Nordwesten und Südosten Kleinasiens und an der Königsstraße nordöstlich Nineves) bezeichnen den Untergang des achämenidischen Reichs und den Beginn einer neuen Epoche der Antike. d) N a c h w i r k u n g d e s P e r s e r t u m s auf das J u d e n t u m Für die Juden wie für andere Völker des Nahen Ostens bedeuteten der Fall der Achämeniden und der Sieg des Alexander 331 keinen Bruch mit der Vergangenheit. Obwohl die Herrschaften dann häufig wechselten und die Großreiche einander heftig bekämpften, behielten die Juden des Heimatlandes und der Diaspora im allgemeinen ihre politische Stellung und ihre sozialen Beziehungen bei. Auf dem im Perserreich gelegten Grunde lief auch ihr kulturelles und geistiges Leben weiter; nur allmählich wurde der östliche Kulturtyp von dem westlichen, durch Alexander eingeführten überlagert. Eben dahin zielte das Programm Alexanders, auf eine politische und kulturelle Verschmelzung von Ost und West, von bodenständigen orientalischen und internationalen griechischen Elementen, wie unten zur Entwicklung des „Hellenismus" angeführt werden soll. Alexander und seine ersten Nachfolger dachten nicht daran, die Eigenart des Judentums gewaltsam einzuschränken. Gleich nach der Eroberung durch Alexander konnten jüdische Priester und Leviten, Älteste und Schriftgelehrte das Werk Esras und Nehemias ohne weiteres fortsetzen. Neben den vom Chronisten geschilderten Kult- und Gesetzesüberlieferungen, die um den Tempel herum restauriert wurden, umfaßte die jüdische Religion der Zeit 539—332 v. Chr. vermutlich auch Elemente, die mit der persischen Herrschaft zusammenhingen, so vor allem in der östlichen Diaspora. Nur selten läßt sich eine direkte Übernahme persischer Traditionen feststellen, wie beim Wettkampf der Hofpagen im apokryphen Esrabuch (3. Esr. 3,1—4,42). Vorwiegend dürfte es sich nicht um Influenz, sondern um Konvergenz handeln, um Weiterentwicklung vorhandener Motive wegen Analo-

Die späten Großkönige, 4 2 4 — 3 3 1 v. Chr.

25

gien in der mächtigen Umgebung. Ferner ist darauf zu achten, daß keine altiranische Religion und kein eigentlicher Zoroastrismus den Juden begegnet waren, sondern ein chaldäisch-iranischer Synkretismus in hauptsächlich aramäischer Übertragung, über den uns entweder sehr fragmentarische oder viel spätere Quellen recht unsichere Auskunft geben. Trotzdem ist deutlich, daß sich die jüdische Frömmigkeit noch lange nach der Achämenidenzeit mit der chaldäischen und persischen Kulturwelt verbunden fühlte, wie es die Bücher Tobit, Esther und Daniel bezeugen. Der grundlegende Anlaß zu diesen Kontakten dürfte die Perserherrschaft gewesen sein. Einige religiöse Motive des Judentums der späteren nachexilischen Zeit, die im Anschluß an ältere Vorstellungen durch Konvergenz mit dem persischen Synkretismus weiterentwickelt worden sein können, sind diese: 1. die Auffassung des Himmels im Stil eines Hofstaats; 2. die Neigung zum Dualismus, teils physisch-ethisch, teils dramatisch-geschichtlich ausgestaltet; 3. die Lehre von einander ablösenden Weltreichen; 4. die Gestalt eines göttlichen Mittlers, der als Urmensch, Prophet und Erlöser auftreten konnte; 5. systematische Engel- und Teufelsbegriffe; 6. die Erwartung einer Auferstehung und Vergeltung. Erst in späteren Texten zeichnet sich die Bedeutung dieser Motive ab, doch ist a priori zu vermuten, daß schon die Achämenidenherrschaft die Entwicklung derselben förderte. Dazu griffen im späteren Kulturkampf gegen das Griechentum konservative Juden auf das Persertum zurück und ließen sich ebenso vom Partherreich inspirieren, so daß Elemente des chaldäisch-iranischen Synkretismus noch in den letzten vorchristlichen und ersten christlichen Jahrhunderten die jüdische Vorstellungswelt bereicherten. Es ist unmöglich zu entscheiden, in welchem Ausmaß sich dem Iranismus vergleichbare Motive des Judentums in persischer oder in parthischer Zeit entfalteten. Allgemein aber darf wegen der politischen und kulturellen Bedeutung des Perserreichs für das Judentum ein beträchtlicher Kultureinfluß schon der älteren Zeit zugeschrieben werden. Auf alle Fälle haben die Juden aus der Achämenidenzeit in die Alexanderzeit ein geistiges Erbe hinübergerettet, das für sie in folgenden Jahrhunderten eine bedeutende Rolle spielte21.

21

B. REICKE, Iranische Religion, Judentum und Urchristentum: Die Rel. in Gesdi. u. Geg. 3 (1959), Sp. 8 8 1 — 8 8 4 .

II. JUDÄA UNTER HELLENISTISCHEN

HERRSCHAFTEN

332—142 v. Chr. 1. Der hellenistische Machtbereich Dann wird ein gewaltiger König aufstehen ... Und plötzlich wie bei seinem Aufstieg wird sein Reich zerbrochen und nach den vier Himmelsrichtungen zerteilt werden (Dan. 11,3 f.). a) D e r

Alexanderzug

Alexander (König 336—323) war als Mazedonier eigentlich kein Grieche, jedoch griechisch erzogen, zuletzt von Aristoteles, und als er im Alter von zwanzig Jahren 336 den Thron bestieg, übernahm er vom Vater die Macht über Griechenland. Sein 334 v. Chr. eingeleiteter Feldzug gegen Persien war eine Fortsetzung der früheren griechischen Expeditionen zur Sicherung der Kolonien im Osten, nur besser vorbereitet und tatkräftiger durchgeführt. In ungeahnter Weise gelang es dem genialen und rastlosen Strategen, den Perserkönig immer wieder in die Flucht zu schlagen und eine Satrapie nach der anderen zu erobern. Zugleich wurde der Alexanderzug durch Kleinasien, Phönizien, Palästina, Ägypten, Mesopotamien, Iran und Vorderindien ein Siegeszug der griechischen Kultur. Die Eroberung Palästinas geschah 332 ohne Widerstand der Juden. Alexander belagerte zunächst Tyrus und zog dann der Küste entlang gegen Gaza. Inzwischen ergaben sich Samaria und Jerusalem freiwillig. Josephus läßt Alexander dem in feierlichem Schmuck ausgezogenen Hohenpriester Jerusalems versichern, dieser sei ihm schon in Mazedonien durch einen Traum erschienen und habe ihm den Auftrag des Gottes Israels übermittelt, die Macht über das Perserreich zu ergreifen (Jos. Ant. XI, 334 f.). Diese anekdotische Schilderung ist typisch für das Verhalten Alexanders dem Kult der unterworfenen Völker gegenüber. Berühmt ist auch seine Wallfahrt zum Orakel des Ammon in Libyen, wo er sich als Sohn des ägyptischen Reichsgottes begrüßen ließ. Uberall trat Alexander mit solcher überraschenden Selbstverständlichkeit als göttlich eingesetzter Weltherrscher auf. Jedoch versuchte er nicht, die führenden Schichten und vorherrschenden Kulturen des eroberten Orients durch griechisch-mazedonische Elemente zu ersetzen. Vielmehr durften die Orienttepiche sozusagen überall liegen bleiben,

D e r hellenistische Machtbereich

27

er nahm sie nur unter die Füße. Tempel und Kulte wurden belassen und Alexander selbst als der von der betreffenden Gottheit bestimmte Herrscher dargestellt. Unter weitgehender Schonung der bestehenden Einrichtungen setzte Alexander nur Verwalter und Besatzungen ein und gründete zur Stärkung des Handels strategisch günstig gelegene Städte. Nach dem Induszug trat er in der alten Königsstadt Susa als Nachfolger der Achämeniden auf und heiratete eine Tochter des besiegten Darius. Außerdem vermählte er seine Offiziere mit Töchtern des persischen Adels und nahm in seine Kavallerie persische Reiter auf. Deutlich erstrebte also Alexander eine Verbindung von Okzident und Orient, doch lag für ihn persönlich der Schwerpunkt im Osten. Mazedonier und Griechen opponierten gegen diese optimistische Orientpolitik auch nach den Einschränkungen, zu denen sich Alexander kurz vor seinem plötzlichen Tode genötigt sah. Trotzdem war das Ergebnis des Alexanderzuges für Jahrhunderte eine intensive Verschmelzung von hellenistischen und orientalischen Kulturelementen, eine Erscheinung, die für den Mittelmeerraum und Vorderasien bis zur Römerzeit und darüber hinaus bis zur spätantiken Teilung des Römerreichs charakteristisch blieb. b) D e r

Hellenismus

Weil die von der Alexanderzeit über das Römerreich bis zur Spätantike beherrschende Kultur des Mittelmeerraums und Vorderasiens von griechischen, hellenischen Elementen geprägt war, spricht die moderne Forschung vom Hellenismus1. Allerdings genügt im Blick auf die Geschichte des Judentums und Christentums dieser Begriff nicht allein, um den Rahmen der Entwicklung während der ersten christlichen Jahrhunderte zu charakterisieren. Denn in gewissen Zusammenhängen spielten damals orientalische Elemente die Hauptrolle, vor allem in mächtigen religiösen Bewegungen, auch in einigen politischen Erscheinungen. Wo das der Fall ist, mag eher vom „Orientalismus" die Rede sein2. Für den Hellenismus, der sich auf grund der Errungenschaften Alexanders während der letzten vorchristlichen Jahrhunderte entwickelte und für das Judentum positive und negative Bedeutung gewann, waren folgende Verhältnisse kennzeichnend: 1. Bisher hatte das Perserreich den weitesten Kulturraum des Altertums gebildet (o. S. 6). Dieser wurde durch Alexander um Maze1

2

„Hellenismus" (eig. „griechisches Wesen") wurde zunächst als Bezeichnung für die Kulturgeschichte v o n Alexander bis Augustus verwendet und verbreitet durch J. G. DROYSEN, Geschichte Alexanders d. Gr. ( 1 8 3 3 — 3 4 ) ; Geschichte des Hellenismus, 1 — 2 (1836—43). Später ist es üblich geworden, den Ausdrude auch für die Kaiserzeit zu gebrauchen. So auch F. C. GRANT, Hellenismus: D i e Rel. in Gesch. u. Geg. 3 (1959), Sp. 210.

28

J u d ä a u n t e r hellenistischen H e r r s c h a f t e n , 3 3 2 — 1 4 2 v . C h r .

donien und Griechenland samt beider Kolonien erweitert. So konnten die „Inselländer" (Gen. 10,5), die schon lange durch Expeditionen, Faktoreien und Kolonien mit dem Morgenland in Verbindung standen und zur Zeit die geistig, merkantil und technisch bedeutendsten Gegenden der Welt waren, in weitaus größerem Umfang als früher Macht und Kapital, Geist und Kultur exportieren. Eine politische Suprematie fiel Mazedonien, Griechenland und Jonien nicht zu, aber der mazedonische Adel hat mancherorts dominiert, und die griechischjonische Bürgerkultur wurde maßgebend vom Tyrrhenischen Meer bis zum Indischen Ozean. Auch das Hellenentum selbst wurde durch jene gewaltige Erweiterung des Lebensraums bereichert. Materiell kam das vor allem den ägäischen Handelsinseln — wie Delos, Rhodus — und den jonischen Industriestädten — wie Ephesus — zugute. Geistig sind Fortschritte der Natur- und Menschenkunde festzustellen, andererseits wurde das altgriechische Wesen unvermeidlich von der kosmopolitischen Gesinnung aufgelockert3. 2. Stützpunkte des enormen griechischen Einflusses auf den Orient wurden die zahlreichen Städte, die Alexander und seine Nachfolger förderten und gründeten. Es handelt sich um den Typ der griechischen Polis: die Stadt hatte oft eine Agora und rechtwinklige Straßen, Regierungsgebäude und Staatskapelle, Gymnasium und Theater, alles mit griechischen Kunstwerken geschmückt; dazu kam ein von der Stadt abhängiges Landgebiet. Solche administrative und merkantile Zentren des Hellenismus finden sich auf der Landkarte in dichten Reihen von Jonien über Südkleinasien und Syrien durch Mesopotamien und Westiran bis zum Persischen Golf, ebenso von Phönizien durch Transjordanien und Philistäa bis nach Ägypten und Nordafrika 4 . Meist liegen sie an der Route des Alexanderzuges, und obwohl viele schon vorher bestanden oder erst später gegründet wurden, hat Alexander diesem großen System von Poleis den Aufschwung gegeben. Die größte und reichste aller hellenistischen Städte War seine persönliche Gründung und trägt noch heute seinen Namen, Alexandria im Westteil des Nildeltas. Bevölkert wurden die hellenistischen Städte in der ersten Zeit durch eine Oberschicht von Mazedoniern und Griechen sowie mehrere Unterschichten von Einheimischen, Beisassen und Sklaven. In den Reihen der Beisassen fanden sich oft Juden. Die politischen und sozialen Verhältnisse bewirkten, daß griechisches Bürgerrecht und griechische Bildung den nicht-griechischen Elementen oft außerordentlich wertvoll erschienen. Um als vollwertiges Mitglied der modernen Gesellschaft zu gelten, mußte eigentlich jedermann Bürgerrecht (gr. politeia) in einer der 3

H . BENGTSON,

Griechische

Geschichte v o n

K a i s e r z e i t ( 2 1 9 6 0 ) , S. 2 8 5 — 5 0 6 . 4

BENGTSON, K a r t e nach S, 448.

den

Anfängen

bis

in die

römische

Der hellenistische Machtbereich

29

hellenistischen Städte besitzen. Das bedeutete nicht Besitz einer Nationalität, sondern in Analogie zum griechisch-jonischen Begriff der Polis volle Teilnahme an den Rechten und Pflichten der Bürgerschaft einer Stadt. Da nun diese Rechte grundsätzlich den Griechen zustanden, aber die Griechen im Osten nicht selten durch „Barbaren" verstärkt werden mußten, wurde Griechentum im sozialen Sinne ein überall gesuchtes Privileg. Sogar dort, wo man ohne Aufgabe der nationalen Eigenart bürgerliche Gleichberechtigung oder Mitbürgerrecht (gr. isopoliteia) beanspruchte, wie später die Juden in Alexandrien, ging man vom Begriff des griechischen Bürgers aus. Übrigens war auch das römische Mitbürgerrecht ein städtisches Privileg, nur als ganz besonders wertvoll empfunden, wie bei Paulus ersichtlich wird (Apg. 22,28). Die hellenistischen Städte waren gewiß von der jeweiligen Königsmacht abhängig, doch übten die Bürger durch Stadtrat und Senat eine weitgehende Selbstverwaltung aus. Außerdem waren die Bürger zum Schutz ihrer Interessen in verschiedenen Körperschaften organisiert. Das hochentwickelte griechische Vereinswesen erlangte auch im Osten Bedeutung und half in Kleinasien, Syrien und Ägypten das griechische Bewußtsein zu bewahren. Die griechische Gesinnung wurde besonders in den Städten mit Gymnasium gepflegt, wo aktive Kommilitonen, Epheben genannt, und Altstudenten eine akademische Verbindung bildeten: hier war man sicher, als griechischer Bürger voll anerkannt zu werden (vgl. die Exklusivität gewisser Colleges in England oder Fraternities in Amerika). Aber auch viele andere Genossenschaften staffelten das städtische Leben: berufliche Zünfte, religiöse Orden, soziale Kassen, politische Clubs. Uberall standen die Korporationen unter dem Schutz einer Gottheit, nach Möglichkeit auch unter dem eines reichen Gönners. Nach der römischen Eroberung Griechenlands, Kleinasiens, Syriens und Ägyptens wurde das hellenistische Vereinswesen ein Sammelpunkt der Opposition und des Nationalismus und war in der Kaiserzeit deshalb grundsätzlich verboten. Die junge Kirche mußte sich allmählich mit diesem religiösen, politischen und sozialen Vereinswesen auseinandersetzen, weil ihre Gemeinden in Städten entstanden (u. S. 230 f.). 3. Zu dem weit verbreiteten Griechentum gehörte als Kommunikationsmittel vor allem die griechische Sprache. Es handelt sich um die Koine, ein vereinfachtes Attisch mit jonischen Einschlägen, das im 4. Jahrhundert v. Chr. die alten Mundarten zu ersetzen begann. Der neue Kosmopolitismus verlangte eine gemeinsame, bequeme Sprachform. Als die Sprache der Offiziere, der Notare, der Redner und der Bürger drängte das Koine-Griechisch in Vorderasien das Aramäische vorläufig zurück und wurde überall die Gemeinsprache in Politik und Administration, in Handel und Unterricht. Jedoch blieben in nicht-griechischen Gebieten die einheimischen Volkssprachen bestehen. Dort waren viele Menschen zweisprachig, so in Rom die Gebildeten, in Syrien, Palästina und Ägypten auch einfache Leute, wie Hand-

30

J u d ä a unter hellenistischen Herrschaften, 3 3 2 — 1 4 2 v . Chr.

Schriften und Inschriften bestätigen. Noch im ersten und zweiten christlichen Jahrhundert behielt die Koine ihre Machtstellung vom Tiber bis zum Tigris oder sogar noch weiter. Es ist daher kein Zufall, daß die volkstümlichen Schriften des Neuen Testaments im KoineGriechisch geschrieben wurden und erst gegen 200 n. Chr. übersetzt werden mußten. Aber auch für Rhetorik und Kunstprosa wurde die Koine verwendet. Dabei haben kleinasiatische Rhetoriklehrer eine barockähnliche Stilform entwickelt, den Asianismus; diesem gegenüber stand seit dem ersten vorchristlichen Jahrhundert, von alexandrinischen Akademikern unterstützt, die neuklassizistische Schule des Attizismus. Seit 150—200 n. Chr. erfolgte ein geographischer Rückgang des Griechischen, als man in Italien nicht mehr so eifrig Griechischstudien trieb, während in Ägypten und Vorderasien der Orientalismus zur literarischen Wiederbelebung des Koptischen, Syrischen und anderer Volkssprachen beitrug. Mit griechischer Schule und Sprache unauflöslich verbunden waren auch im Hellenismus griechische Mythologie und Literatur. Alexander las eifrig Homer und hatte zur Aufzeichnung der Erlebnisse überall griechische Schriftsteller bei sich. Im ganzen Hellenismus zeichneten sich die führenden Schichten durch derartige Interessen aus. Lebenshaltung, Götterglaube, Philosophie, Moral, alles wurde in der griechischen Diaspora hauptsächlich von den stolzen mythologischen und literarischen Überlieferungen getragen. 4. Über die hellenistischen Städte und Landgebiete herrschte ein schließlich als göttlich dargestelltes Königtum. Alexander wandte auf sich das königliche Ubermensch-Ideal des Orients an, und seine Nachfolger, die Diadochen und Epigonen, paßten sich auch in diesem Punkt allmählich dem Vorbild an. Die typischen Münzbilder Alexanders und seiner Nachfolger heben göttliche Züge hervor: dasi Haar erinnert an Sonnenstrahlen, die Augen blicken in die Ferne, aus dem Munde kommt ein göttlicher Hauch, und auf der Rückseite findet sich ein Gott wie Zeus oder Apollon. Jedoch haben die Diadochen zunächst nicht selbst die Initiative zum Herrscherkult ergriffen. Vielmehr begann es damit, daß Athen in serviler Weise den westlichen Diadochen Antigonus und seinen Sohn Demetrius Poliorcetes als Erlöser und Götter verehrte. Bald folgten andere Städte eifrig nach5. Die königliche Suprematie umfaßte im Alexanderreich zunächst das Militär- und Fiskalwesen, zwei Gebiete, die Alexander organisatorisch voneinander trennte. Was der Einzelbürger von der Reichsmacht sah, das waren also hauptsächlich Soldaten und Steuerbehörden. Im übrigen konnte er sich ziemlich selbständig den kommunalen und privaten Geschäften widmen. Anders wurde es später in den Teilreichen, wo die Staatsmacht bisweilen hart ins Kommunalleben eingriff, wie unter Antiochus Epiphanes in Syrien-Palästina. Von den 5

M. P. NILSSON, Geschichte der griechischen Religion, 2 ( a 1 9 6 1 ) , S. 1 5 0 — 1 5 4 .

Die ägyptische Herrschaft, 320—200 v. Chr.

31

Römern wurde aber eine weitgehende Selbstverwaltung der abhängigen Länder und Städte wieder zum Grundsatz erhoben. c) D i a d o c h e n

und

Epigonen

In großen Zügen verlief die politische Geschichte der von Alexander eingeleiteten Periode folgendermaßen. Alexander schuf aus Mazedonien, Griechenland, dem .Perserreich und einem Teil Indiens ein so großes Reich, daß nicht einmal er selbst es fest zusammenhalten konnte. Nach seinem Tode 323 v. Chr. kämpften mazedonische und griechische Generäle als vermeintliche „Diadochen" Alexanders um die Macht. Es waren der Präsident des Reichsministeriums Perdikkas in Babylonien und mehrere Verwalter der mazedonisch-griechischen Kernländer und der persischen Satrapien. Schließlich wurde 301 das Alexanderreich so geteilt, daß 1. in Mazedonien die Antigoniden, 2. in Ägypten-Libyen die Lagiden oder Ptolemäer, 3. in Syrien-Persien die Seleukiden herrschten. Die drei Hauptländer der „Epigonen" Alexanders wurden später von der systematisch expansiven Stadtrepublik Rom erobert: Mazedonien 146, Syrien 64 und Ägypten 30 v. Chr. Palästina stand von 332 an unter der Herrschaft Alexanders und der Mazedonier, kam 320 zu Ägypten, 200 zu Syrien und 63 zu Rom. 2. Die ägyptische Herrschaft, 320—200 v. Chr. Dann wird der König des Südens stark werden (Dan. 11,5). Für die Bevölkerung des heiligen Landes bedeutete die Eroberung durch Alexander 332 zunächst keinen Umsturz. Man wechselte einfach den Herrscher wie vorher bei jeder neuen Thronbesteigung im Perserreich. Zudem blieb Juda, nach der griechischen Nomenklatur „Judäa", ein Teil der Satrapie Transeuphrat, die einem Offizier Alexanders namens Laomedon unterstellt wurde. Erst einige Jahre nach dem Tod Alexanders 323 wurde Judäa durch Ptolemäus, den Herrscher der Satrapie Ägypten, in das weltpolitische Geschehen hineingezogen. Eine chronologische Ubersicht des 3. vorchristlichen Jahrhunderts mag die Dynastien Ägyptens und Syriens und deren Kriege kurz beleuchten, ehe die Einzelheiten berührt werden. Dabei seien auch die jüdischen Hohenpriester genannt, soweit Josephus sie in seinen allerdings nicht sicheren Angaben erwähnt, und die Vertreter des mächtigen Finanzhauses der Tobiaden, die seit etwa 260 die jüdische Politik stark beeinflußten.

32

Judäa

unter hellenistischen

Herrschaften,

332—142

c Ji

s -a

i n IH m >-,



u

L. qj

^

«Y

< 1

J .

»3

3 vrt

H

s

ac

S

M 3 « — - S

Er.

2

s.s

£ 'S

- S

- C u w

3 »H ^ LH m

c rt

m - f

3

J S irt

rt

' Ü . S

hH

£

« £J

Co

- O C I S

K

rt