Narrative Technik im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazábal 9783964562302

Gustavo Alvarez Gardeazábal (Tulúa, Colombia, 1945).

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Narrative Technik im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazábal
 9783964562302

Table of contents :
INHALT
Danksagung
1. Vorüberlegungen
2. Romananalysen
3. Das Erzählkonzept
4. Resümee
Anhang
Anmerkungen
Bibliographie

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Paschen Narrative Technik im Romanwerk von Gardeazäbal

Editionen der Iberoamericana Reihe III Monographien und Aufsätze Herausgegeben von Walther L. Bernecker, Frauke Gewecke, Jürgen M. Meisel, Klaus Meyer-Minnemann Band 39

Hans Paschen

Narrative Technik im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal

Vervuert Verlag • Frankfurt am Main 1991

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Paschen, Hans: Narrative Technik im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazábal / Hans Paschen - Frankfurt am Main : Vervuert, 1991 (Editionen der Iberoamericana : Reihe 3, Monographien und Aufsätze ; Bd. 39) zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-89354-839-4 Editionen der Iberoamericana / 03 © Vervuert Verlag, Frankfurt am Main 1991 Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany

5

INHALT Danksagung

7

1.

Vorüberlegungen

9

1.1.

Problemstellung

9

1.1.1.

Zum Autor und Untersuchungsaspekt

9

1.1.2. Zielsetzung

10

1.1.3. Zur Vorgehensweise

13

1.2.

Erzähltheoretische Grundlegung

14

1.2.1. Das Kommunikationsmodell des Erzähltextes

14

1.2.1.1 .Die konkreten Instanzen

15

1.2.1.2. Die abstrakten Instanzen

16

1.2.1.3.Die textinternen Instanzen

17

1.2.2. Gesichtspunkte der Beschreibung

22

1.2.2.1 .Makrostrukturelle

Gliederung

22

1.2.2.2. Redewiedergabe 1.2.2.3.Verfahren 1.2.2.4.Fakultative

26

der Figurendarstellung

28

Faktoren der Erzählsituation: Situativer Kontext und Modalität

34

1.2.2.5.Sprachverwendung

37

1.2.3.

Rekonstruktion des Erzählkonzepts

38

2.

Romananalysen

41

2.1.

Die makrostrukturelle Gliederung der T e x t e

41

2.1.1.

»La tara del papa« (TP)

.41

2.1.2.

»Cóndores no entierran todos los días« (Cond)

45

2.1.3.

»Dabeiba« (Dab)

49

2.1.4.

»El bazar de los idiotas« (BI)

53

2.1.5.

»El titiritero« (Tit)

56

2.1.6.

»Los Míos« (LM)

60

2.1.7.

»Pepe Botellas« (PB)

62

2.1.8.

»El Divino« (Div)

66

2.2.

Erzählsituation

69

2.2.1.

Reduktion der Markierung des Erzählvorgangs (Cond, Dab, BI)

69

2.2.2.

Koordinierung von Erzählerinstanzen (TP, Tit, Div)

90

2.2.2.1 .Koordinierung

verschiedener Erzählerinstanzen

2.2.2.2.Koordinierung

und Hierarchisierung:

2.2.2.3.Koordinierung

durch Kombinatorik (Div)

2.2.3.

(TP)

Der Erzähler als Autor (Tit)

Reflexion des Erzählvorgangs: Der Erzähler als Zeuge (LM, PB)

90 96 100 105

6

2.3.

Sprachverwendung

114

2.3.1.

Rekurrente Elemente der Sprachverwendung (Lexik und Syntax)

144

2.3.2.

Funktionstile und ihre narrative Funktion

118

3.

Das Erzählkonzept

121

3.1.

D e r literarhistorische K o n t e x t : Drei E r z ä h l k o n z e p t e

121

3.1.1.

Das Erzählkonzept des realistischen Romans

121

3.1.2.

Das Erzählkonzept des »reflexiven Realismus«: »Nouveau Roman« und»Tel Quel« . . . 1 2 4

3.1.3.

Das Erzählkonzept der »nueva novela«

3.2.

Fiktionalisierte W i r k l i c h k e i t und w i r k l i c h e Fiktion:

131

D a s E r z ä h l k o n z e p t d e s R o m a n w e r k s v o n G u s t a v o A l v a r e z G a r d e a z ä b a l . . . 135 3.2.1.

Rekonstruktion des Erzählkonzepts

3.2.2.

Literarhistorische Situierung des Erzählkonzepts in den Romanen

4.

135

von Gustavo Alvarez Gardeazäbal

138

Resümee

143

Anhang:

145

S c h e m a t i s c h e Ü b e r s i c h t e n zur makrostrukturellen Gliederung: 7Z Cond Dab

146 157 163

BL Tit LM PB Div

172 177 183 188 194

Anmerkungen: 1.1.

Problemstellung

205

1.2.

Das Kommunikationsmodell des Erzähltextes

206

2.1.

Die makrostrukturelle Gliederung der Texte

209

2.2.

Erzählsituation

210

2.3.

Sprachverwendung

215

3.1.

Der literarhistorische Kontext: Drei Erzählkonzepte

215

3.2.

Fiktionalisierte Wirklichkeit und wirkliche Fiktion

218

Bibliographie: Primärwerke

.220

Zur Erzähltheorie

220

S e k u n d ä r w e r k e z u G u s t a v o A l v a r e z Gardeazäbal

229

Zur l a t e i n a m e r i k a n i s c h e n Literatur

230

B i b l i o g r a p h i e der in PB zitierten T e x t e

233

7

Danksagung Diese Arbeit wäre nicht ohne die Anregung, Förderung und stets sowohl konstruktive als auch effiziente Kritik meines Doktorvaters Prof. Dr. Meyer-Minnemann zustande gekommen. Ihm möchte ich daher hier meinen herzlichsten Dank aussprechen. Zudem danke ich Frau Prof. Dr. Priska-Monika Hottenroth, die freundlicherweise ein Zweitgutachten für die Arbeit erstellt hat und ebenfalls hilfreiche kritische Hinweise zur Konzipierung gegeben hat. Ferner schulde ich der Stadt Hamburg Dank, die meine Forschungsarbeit mit einem zweijährigen Stipendium unterstützt hat. Die Veröffentlichung, zu der sich dankenswerterweise Herr Vervuert ohne Umstände bereit erklärt hat, wäre nicht möglich gewesen ohne die großzügige finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Ibero-Amerika Stiftung in Hamburg, der ich ebenfalls an dieser Stelle daher noch einmal ausdrücklich meinen Dank aussprechen möchte. Nicht vergessen werden soll Frau Erna Fehrmann, deren finanzielle Unterstützung mir nach Ablauf des Förderungszeitraums durch das Stipendium den Abschluß der Arbeit erleichtert hat. Schließlich sei auch all denen herzlich gedankt, die mir mit Schreibarbeiten beziehungsweise mit Hard- und Software die Überarbeitung und Druckvorbereitung erleichtert haben. Namentlich seien hier insbesondere und stellvertretend Herr Dr. med. Peter Paschen und Frau Dorothea Heintze genannt.

Für Margarethe und Albert Für Don Alberto und Doña Nuria

9

1. Vorüberlegungen

1.1. Problemstellung 7.7./. Zum Autor und

Untersuchungsaspekt

Gustavo Alvarez Gardeazábal gehört zur Generation der Schriftsteller des »postboom« und wird dem »realismo testimonial« zugerechnet 1 . Sein Erzählwerk, das bis 1989 neun Romane 2 und einen Band mit Erzählungen 3 umfaßt, erfreut sich einer zunehmenden Popularität beim kolumbianischen Publikum 4 und der wachsenden Aufmerksamkeit einer sehr kontroversen nationalen und meist positiven internationalen Kritik. In Deutschland ist er bisher kaum bekannt 5 . Als Grund für das Auseinanderklaffen von internationaler Wertschätzung und ablehnender Aufnahme durch die kolumbianische Kritik führt Raymond Williams die aktuelle Situation der Kritik in Kolumbien an (Williams 1977:11). Auch wenn in dieser Arbeit rezeptionsästhetische Gesichtspunkte nicht vertieft werden sollen, werden doch auch bei dem zu beschreibenden Erzählkonzept des Romanwerks von Gustavo Alvarez Gardeazábal mögliche Ursachen für die häufig scharfen Reaktionen auf sein Werk deutlich werden 6 . Sowohl in seinem Erzählwerk als auch in seinen theoretischen Äußerungen 7 zeigt Gustavo Alvarez Gardeazábal ein spezielles Interesse für Fragen der narrativen Technik, so daß es schon bei einer ersten Lektüre seiner Romane und Erzählungen naheliegt, diese Problematik in den Mittelpunkt einer Untersuchung zu stellen. Die bisher zu Gustavo Alvarez Gardeazábal erschienenen Arbeiten tragen diesem Umstand daher auch Rechnung, kommen aber nur zu unbefriedigenden Ergebnissen, da keine von ihnen das gesamte Werk zum Gegenstand hat, sondern nur Einzelwerke isoliert betrachtet werden 8 . Zudem weisen die ersten Werke des Autors noch eine gewisse Experimentierfreudigkeit mit geringem Aussagewert für die kennzeichnenden erzählerischen Verfahren auf, die eine Betrachtung des gesamten bisherigen Erzählwerks dieses Autors geraten scheinen läßt 9 . Die implizite Reflexion der Poetik des literarischen Erzählens, die alle bisherigen Werke von Gustavo Alvarez Gardeazábal bestimmt, wird in »El titiritero« (1977) schließlich thematisch, so daß dieser Roman als eine Art Scharnier zwischen den experimentellen Romanen des Anfangs und den »gereiften« Romanen angesehen werden kann. Die besondere Bedeutung, die diesem Roman in dem Gesamtwerk zukommt, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß eine Kontinuität in dem Gebrauch der narrativen Technik erkennbar ist.

10

Ausgangspunkt des literarischen Schaffens und der theoretischen Reflexion von Gustavo Alvarez Gardeazábal ist seine Arbeit über den kolumbianischen ViolenciaRoman, in der er zu der polemisch-globalen Schlußfolgerung gelangt: »No hay novela de la Violencia.« (Alvarez Gardeazábal 1970:100). Zielscheibe seiner Kritik ist die mangelnde literarische Qualität der von ihm untersuchten Romane, die die Violencia zum Gegenstand haben. In ihnen sei die Trennung der verschiedenen literarischen Gattungen unzureichend bewältigt und vor allem der literarische Einfluß des 19. Jahrhunderts vorherrschend. Dies könne dem zu behandelnden historischen Phänomen nicht gerecht werden. Es handele sich entweder um zu stark essayistische Formen oder um unbewältigte Romanformen. Die an Einzelbeispielen aufgezeigte Rückständigkeit der in den meisten Violencia-Romanen verwendeten Technik veranlaßt den Autor zu der programmatisch wirkenden Diagnose, daß es keine »novela de la Violencia« gäbe, »hasta que no se tome una conciencia exacta para que el fenómeno ni apasione ni aleje. Para todo ello el autor debe haber SENTIDO la violencia, estudiado detalladamente sus frutos y consecuencias y logrado de todo ello una visión objetiva capaz de ser fabulada.« (Alvarez Gardeazábal 1970:101). Obwohl die Einzelanalysen und literaturtheoretischen Überlegungen wegen ihrer begrifflichen Unschärfe keine kohärente Konzeption formulieren, läßt sich doch eine Tendenz zur Literarisierung und Modernisierung des Romans als Zielsetzung aus dieser frühen Arbeit des Autors ablesen, die es lohnend erscheinen läßt, die vorliegenden Texte auf die implizite Poetik hin zu untersuchen. 1.1.2.

Zielsetzung

Diese Untersuchung der narrativen Technik in den Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazábal verfolgt eine Reihe unterschiedlicher Ziele, die sich unter die Gesichtspunkte »Erzähltheorie«, »Textanalyse« und »Literaturgeschichte« zusammenfassen lassen. Unter der narrativen Technik soll hier die Gestaltung der fiktiven Erzählsituation in einem literarischen Erzähltext verstanden werden. Ein Erzähltext ist als »fiktional« durch die »Konvention der Fiktionalität« ausgewiesen, welche darin besteht, daß die Sprechsituation des Erzähltextes verdoppelt wird, wobei die eine, übergeordnete, als »real« und die andere, der ersten untergeordnete, als »imaginiert« aufgefaßt wird (Prinzip der »no-correferencialidad de la fuente ficticia de enunciación (narrador) y la fuente no-ficticia de enunciación (autor)«, Mignolo 1980-81:89; s. a. Mignolo 1984). Aus der Sicht der Teilhaber an der realen Sprechsituation gewinnt in diesem Fall die fiktive Erzählsituation Zeichencharakter, d.h. die dargestellte fiktive Erzählsituation muß auf der Ebene der realen Kommunikationssituation wie ein Redeinhalt gedeutet werden, wenn der Erzähltext in seiner Qualität als fiktionaler erkannt werden soll. Die Deutung geschieht in Hinblick auf die Funktion der fiktiven Erzählsituation für die reale Kommunikationssituation, die in Analogie zum Bühlerschen Zeichenmodell

11

in Ausdrucks-, Darstellungs- und Appellfunktion differenziert werden kann. Nun steht die reale literarische Kommunikation im Kontext der Institution Literatur. Innerhalb dieser Institution ist die Konvention der Fiktionalität historisch jeweils spezifisch legitimiert (und zwar in den poetologischen Metatexten) bzw. realisiert (in der jeweiligen Gestaltung der fiktiven Erzählsituation). Die Art, wie die Konvention der Fiktionalität im Text realisiert wird, ist wie gesagt durch die narrative Technik bestimmt. Die funktionale Beziehung zwischen der fiktiven Erzählsituation und der realen Kommunikationssituation, insofern sie ihrerseits auf die Institution der Literatur bezogen ist, soll als »Erzählkonzept« bezeichnet werden 10 . Je nach dem gewählten Abstraktionsgrad der Beschreibung kann ein solches Erzählkonzept für einen Text, für das Werk eines Autors oder andere Gruppierungen von Texten rekonstruiert werden. Während also die »narrative Technik« eine bestimmte, im wesentlichen linguistisch beschreibbare Gestaltung der fiktiven Erzählsituation bezeichnet, meint das »Erzählkonzept« den konkreten historischen Funktionszusammenhang einer verwendeten Technik. Als Ziel kann folglich formuliert werden, daß auf der Grundlage der Beschreibung der narrativen Technik in dem gewählten Textkorpus das Erzählkonzept desselben vor dem Hintergrund der Institution Literatur rekonstruiert werden soll. Die Rekonstruktion des Erzählkonzepts erfordert daher zunächst die Erstellung eines Modells des Erzähltextes, das gewissermaßen eine allgemeine Poetik des (literarischen) Erzähltextes formuliert, auf dessen Grundlage einzelne Texte beschrieben und die Merkmale des Aufbaus zu einem übergreifenden Konzept zusammengefügt werden können 11 . Die Darstellung muß dabei so vorgenommen werden, daß das Modell auch als Instrument für die konkrete Analyse von Einzeltexten herangezogen werden kann. Die vorliegenden Untersuchungen zur narrativen Technik weisen eine große Heterogenität der theoretischen Ansätze auf 12 . Daraus ergibt sich, daß das, was als narrative Technik bezeichnet wird, ganz unterschiedlichen, häufig nicht deutlich ausgewiesenen Ebenen des Erzählwerks zuzuordnen ist (vgl. z.B. die »Techniken« des »Zeitarrangements« (de Toro 1986), des »inneren Monologs« (z.B. Genette 1972) und der »immanenten Poetik« (Theile 1980)). Andererseits berücksichtigen die theoretischen Modelle der Erzählkommunikation bei ihrer Anwendung meist nur einzelne Gesichtspunkte der narrativen Technik 13 . Für eine umfassende Beschreibung der Erzähltechnik in einem Romanwerk auf der Grundlage einer in ihren theoretischen Ansätzen einheitlichen Terminologie wäre also die Formulierung eines entsprechenden Erzählmodells die Voraussetzung. Dies kann aber im Rahmen dieser Arbeit nicht oder doch nur in Ansätzen geleistet werden. Es sollen aber Ergebnisse aus unterschiedlichen Schwerpunkten der Erzähltheorie in einem Kommunikationsmodell des Erzähltextes integriert dargestellt werden und für eine Textanalyse z. T. umformuliert

12

und nutzbar gemacht werden. Dabei wird auf die Forschungsergebnisse unterschiedlicher Ansätze zurückgegriffen 1 4 . Die Auswahl der Gesichtspunkte, d.h. der zur Rekonstruktion des Erzählkonzepts berücksichtigten Komponenten der Erzählsituation, ist an spezifischen Gegebenheiten des Textkorpus orientiert, was jedoch nicht bedeutet, daß die dargestellten Beschreibungskategorien nicht auch bei anderen Texten Anwendung finden könnten oder daß eine andere Auswahl nicht auch zu ähnlichen Ergebnissen betreffs des Erzählkonzepts kommen müßte. Die Textanalysen erfüllen nun ihrerseits zunächst einmal die Funktion der Erprobung des operationalisierten Erzählmodells. Es wird anhand der konkreten T e x t e zu prüfen sein, inwieweit die zugrunde gelegte Begrifflichkeit eine angemessene Beschreibung der Textgegebenheiten erlaubt. Sodann sollen die Textanalysen zu einem Verständnis des Romanwerks dieses ausgewählten Autors beitragen. Die Beschreibung der Erzählsituationen in den einzelnen Texten ist daher nicht akzidentiell und nicht bloß bezogen auf die angestrebten Ergebnisse innerhalb des Erzählkonzepts, sondern wesentlicher Bestandteil dieser Untersuchung. Schließlich aber soll die narrative Technik nicht nur beschrieben werden, sondern auch auf die Funktionen hin befragt werden, die das Erzählkonzept einzelner T e x t e bzw. des gesamten Textkoipus ausmachen. A u f diese W e i s e kann auch der Entwicklungsprozeß in dem Romanwerk des Autors berücksichtigt werden. Die Beschränkung auf einen Autor und die hypostasierte Einheit seines Werkes mag dabei problematisch erscheinen. Die gegen diese Konzepte in der diskursanalytischen Diskussion vorgebrachten Gründe (Foucault 1 9 7 4 ; Japp 1 9 8 8 ) lassen sich auch auf die Einheit des Textes beziehen (Kolkenbrock-Netz 1 9 8 8 : 2 7 6 ) . Diesen teilweise berechtigten Einwänden (zur Diskussion im einzelnen siehe Fohrmann/Müller 1 9 8 8 u. unten 1.2.1.) wird insofern hier Rechnung getragen, als nicht von vornherein davon ausgegangen wird, daß sich ein für das Gesamtwerk des Autors konsistentes Erzählkonzept wird erstellen lassen. Es wird lediglich vorausgesetzt, daß die Frage nach dem funktionalen Zusammenhang der verwendeten Technik des Erzählens auch auf der Ebene der Texte eines Autors sinnvollerweise gestellt werden kann. Die gegen das Konzept des Autors vorgebrachte Kritik zielt auch auf die monadologische Isolation dieser Instanz innerhalb eines breiter zu modellierenden Zusammenhangs, eines Literatursystems, das die literarische Kommunikation in höherem Maße prägt, als es in einigen Modellierungen berücksichtigt wird. Dem Zusammenhang zwischen der literarischen Kommunikation, wie sie an einem einzelnen Text beschreibbar ist, und der Institution Literatur soll daher in dieser Untersuchung dadurch Rechnung getragen werden, daß das auf der Grundlage von Romanen eines Autors rekonstruierte Erzählkonzept mit anderen historisch ausgeprägten Erzählkonzepten konfrontiert wird. Die zum Vergleich herangezogenen Erzählkonzepte sind zweckmäßigerweise nicht bloß für einen Autor, sondern auf einem umfassenderen Abstraktionsniveau formuliert. Ihre Auswahl ist dabei auch wieder von den historischen Be-

13

dingungen des vorliegenden Romanwerks bestimmt. Der Vergleich des Erzählkonzepts im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal mit drei historisch ausgeprägten Erzählkonzepten läßt Eigenarten des autorbezogenen Erzählkonzepts genauer hervortreten und erlaubt eine Beschreibung dieses Romanwerks im Zusammenhang seines literarhistorischen Kontextes. In diesem Sinne kann diese Arbeit auch als ein Beitrag zu einer »Geschichte der technischen Mittel des literarischen Erzählens« (Janik 1985:107) verstanden werden. Schließlich kann das Erzählkonzept auch zur Grundlage für andere Untersuchungen des Romanwerks von Gustavo Alvarez Gardeazäbal gemacht werden, indem sie die »Anschließbarkeit« anderer (literatursoziologischer, literaturpsychologischer) Fragestellungen vorbereitet (vgl. Krusche 1978; Mohr 1985). 1.1.3. Zur

Vorgehensweise

Zunächst wird im Einleitungsteil (1.2.1.) das Kommunikationsmodell erläutert. Darauf werden die einzelnen Gesichtspunkte, in die die Beschreibung der Erzählsituation aufgefächert wird, theoretisch erörtert (1.2.2.). Die Beschreibung der Romane, die in dem Abschnitt 2 vorgenommen wird, setzt bei der makrostrukturellen Gliederung der Texte an (2.1.), wobei alle acht Romane einzeln beschrieben werden. Die Beschreibungen stützen sich auf schematische Übersichten, die im Anhang zusammengestellt sind. Sie liefern eine Darstellung der narrativen Funktion der Erzählerinstanz bzw. die Verfahren der Koordinierung unterschiedlicher Erzählsituationen in der Gesamtheit des jeweiligen Romans (zu Einzelheiten des Verfahrens der makrostrukturellen Gliederung s. u. 1.2.2.1.). Die Beschreibung der Erzählsituationen der einzelnen Romane (Verhältnis von K3 zu K-4 und innere Strukturierung der beiden Ebenen) wird in verschiedene Aspekte unterteilt: die pronominal-temporale Strukturierung, die das Verhältnis der Erzählerinstanz zur erzählten Welt beschreibt, insofern es durch den Gebrauch der Personalpronomen und der Verbtempora gekennzeichnet ist; die Perspektivierung, die von der Präsenz diskursiver Elemente im Erzähltext bestimmt ist (s. 1.2.1.3.); Formen der Redewiedergabe (s. 1.2.2.2.); Verfahren der Figurenbenennung (s. 1.2.2.3.); die Modalität, die den Status der vom Erzähler dargebotenen Wirklichkeit beschreibt (s. 1.2.2.5.); die Sprachverwendung (s. 1.2.2.6.). Zur Beschreibung der Erzählsituation werden Romane, die eine vergleichbare Erzählsituation aufweisen, gemeinsam behandelt, um Wiederholungen in der Darstellung zu vermeiden. Hieraus ergibt sich die vorgenommene Unterteilung der Beschreibung des Romanwerks von Gustavo Alvarez Gardeazäbal in drei Grundtypen der verwendeten Erzählsituationen: Reduktion des Erzählvorgangs (2.2.1.); Koordinierung verschiedener Erzählsituationen (2.2.2.); Reflexion des Erzählvorgangs (2.2.3.). Bei der Beschreibung der Erzählsituation wird jeweils der Schwerpunkt auf einzelne Romane oder Gruppen verlegt (z.B. bei 2.2.1. auf Cond, Dab und Bf), ob-

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wohl sich dieselbe Erzählsituation auch (wenngleich nur vereinzelt) in anderen Romanen findet (z.B. in Tit). Zur Verdeutlichung von Unterschieden werden jedoch bei der Behandlung gewisser Gesichtspunkte die Romane auch einzeln beschrieben. Auf diese Weise kann dem Entwicklungsaspekt im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal Rechnung getragen werden. Die Sprachverwendung wird romanübergreifend abgehandelt, wobei aber auch wieder diachrone Tendenzen im Romanwerk berücksichtigt werden sollen (2.3.). Im 3. Teil werden zunächst drei Erzählkonzepte dargestellt, die durch ihre literarhistorische Bedeutsamkeit insgesamt und für dieses Romanwerk speziell geeignet erscheinen, die Stellung der beschriebenen Texte zur Institution Literatur zu charakterisieren. Schließlich soll das Erzählkonzept aus den Ergebnissen der Beschreibung der narrativen Technik rekonstruiert und mit den dargestellten Erzählkonzepten kontrastiert werden.

1.2. Erzähltheoretische Grundlegung 1.2.1. Das Kommunikationsmodell

des Erzähltextes

Die Beschreibung der narrativen Technik in den Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazäbal, aus der das Erzählkonzept rekonstruiert werden soll, stützt sich auf das Kommunikationsmodell des literarischen Textes, wie es von Schmid (1973) zuerst entworfen und im folgenden immer wieder übernommen und weiterentwickelt worden ist (Lintvelt 1981; Meyer-Minnemann 1984; Schmid 1986)1. Dieses Kommunikationsmodell des Erzählwerks unterscheidet vier hierarchisch integrierte Ebenen der Kommunikation, die den Prozeß der literarischen Kommunikation konstituieren: die Ebene der konkreten Instanzen (konkreter Autor und konkreter Leser; im folgenden K-l) modelliert die realen Bedingungen der literarischen Kommunikation; die Ebene der abstrakten Instanzen (abstrakter oder »impliziter« Autor und abstrakter oder »impliziter« Leser; K-2) ist die Ebene der Integration aller dargestellten Bedeutungspositionen des Textes; die Ebene des Erzählers und seines Adressaten (K-3) ist die der im Text dargestellten Kommunikation erster Ordnung, in der weitere Ebenen der Kommunikation zwischen dargestellten Figuren (K-4, K-5) eingeschaltet sein können (s. u. die schematische Darstellung ). Die Instanzen der Ebene K-l gehören als reale Teilhaber an der Kommunikation nicht mit zum Bestand des Textes. Sie unterliegen den pragmatischen Bedingungen der Kommunikation. Ihre Berücksichtigung in dem Modell trägt der Tatsache Rechnung, daß die literarische Kommunikation als ein nicht rein formal, auf der Zeichenebene definierbarer Modus von Kommunikation verstanden werden kann, sondern daß die Konstituierung derselben auch pragmatisch bestimmt ist (s. Mignolo 1980-81; Gülich 1980; Waming 1983; Bange 1986). Die unterschiedlichen Modellierungen zur Beschreibung der Institutionalisierung ästhetischer Kommunikation (Wellmer 1985;

15

Bange 1986) brauchen hier nicht eigens dargestellt und diskutiert zu werden, da die pragmatische Dimension zwar vorausgesetzt, aber nicht zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden soll. Diese Ebene findet in dieser Untersuchung insofern ihren Niederschlag, als zur Rekonstruktion des Erzählkonzepts andere Erzählkonzepte, mit denen es im Austausch steht, herangezogen werden sollen (s. 1.2.1.1.). Die Instanzen der zweiten Ebene repräsentieren das in dem Text entworfene Bild von den konkreten Instanzen: sie gehören nicht als dargestellte Instanzen, sondern als hypostasierte Instanzen der literarischen Kommunikation mit zum Text. Ihre Bedeutung für die Modellierung der literarischen Kommunikation liegt darin, daß durch sie die in dem Text dargestellte Kommunikation als Verdoppelung der realen Kommunikation (im oben genannten Sinne) aufgefaßt wird. Diese Ebene »wirft sozusagen einen Objektschatten auf den als autonom fingierten Erzähler« (Schmid 1986:305; und auf den Adressaten, wäre hinzuzufügen; dazu im einzelnen unten 1.2.1.2.). Die Instanzen der Ebene K-3 sind die ranghöchsten Instanzen der im Text dargestellten Kommunikation, die als fiktive Instanzen die Fiktionalität des Erzählwerks begründen (Mignolo 1980-81 u. 1984). Ihre Ausgestaltung, die durch ihr Verhältnis zur »erzählten Welt« bestimmt ist, wird als die »Erzählsituation« des Erzähltextes bezeichnet 2 . Dabei lassen sich zwei Ebenen der Determinierung der Erzählsituation festmachen: eine linguistisch beschreibbare Ebene, die der pronominal-temporalen Strukturierung; und eine auf extralinguistische Faktoren rekurrierende Ebene, die des situativen Kontextes und der Modalisierung (Mignolo 1980-81:90). Die hier dargestellte Typologie der Erzählsituationen orientiert sich dabei nur an der ersten Ebene, wobei unter Berücksichtigung der Unterscheidung von »énonciation« und »énoncé« die Alternativen »personne« vs. »non-personne« und »Markierung vs. Neutralisierung« der »énonciation« zur Grundlage genommen werden (s. 1.2.1.3.). Die Textanalyse konzentriert sich auf diese Erzählsituation als dem gattungsspezifischen Merkmal des Erzähltextes. Aus der besonderen Konfiguration der die Erzählsituation definierenden und spezifizierenden Merkmale (s. 1.2.2.) wird dann das Erzählkonzept rekonstruiert, das also auf der Ebene K-2 anzusiedeln ist.

1.2.1.1. Die konkreten

Instanzen

(K-l)

Die konkreten Instanzen der literarischen Kommunikation, der konkrete Autor einerseits und die konkreten Leser andererseits, gehören nicht zum Bestand des literarischen Textes. Sie sind daher nicht Gegenstand dieser Untersuchung, die weder auf bestimmte konkrete Rezeptionen noch Intentionserklärungen des (konkreten) Autors Bezug nimmt, sondern die textuellen Gegebenheiten im Rahmen des Kommunikationsmodells des literarischen Textes zu beschreiben und zu analysieren versucht. Äußerungen des konkreten Autors können bei einer Textanalyse, die sich an diesem Modell orientiert, zwar zum Vergleich herangezogen werden, aber sie haben nur den Status einer möglichen Lesart der in den Text eingeschriebenen Intention, die in der

16

Instanz des abstrakten Autors begründet ist. Die Tatsache der prinzipiellen Dissoziierbarkeit von abstrakten und konkreten Instanzen schließt allerdings nicht aus, daß in einzelnen Fällen auch eine Übereinstimmung auftritt. Zur Ebene der konkreten Kommunikation gehören jedoch nicht nur die Instanzen, sondern auch der Kontext, in dem die Kommunikation stattfindet. Dieser Kontext wird in unterschiedlichem Ausmaß in den Kommunikationsmodellen einbezogen. Kahrmann (1981) legt eine eigene Ebene der Kommunikation für den historischen Kontext zugrunde, so daß das Modell fünf Ebenen unterscheidet: die hier als »konkreter Autor« modellierte Instanz wird in die des »Textes in Funktion« (realer Autor und Leser nur insofern sie auf den Bereich der Produktion bzw. Rezeption beschränkt sind) und des »historischen Kontextes« (realer Autor als historische Person ohne einengende Bestimmung seiner Rolle als literarischer Autor) gespalten. Für diese Untersuchung genügt die vorgenommene Modellierung, die der von Schmid (1973) entspricht, zunächst deswegen, weil es gerade auf den Bereich der literarischen Kommunikation ankommt, die jenen Teil des historischen Kontextes ausmacht, der hier als die Institution Literatur bezeichnet wird. Aus der Gesamtheit der den Text bestimmenden Faktoren wird der der Institution Literatur herausgegriffen. Andererseits kann aber unter der Voraussetzung der hierarchischen Gliederung der Ebenen die vorgenommene Aufspaltung auch bezweifelt werden, da sie den konkreten literarischen Autor zu einem restlos vom historischen Kontext determinierten Subjekt macht. Faßt man demgegenüber die Beziehung des konkreten Autors zum historischen Kontext als die einer dialogischen Teilhabe auf, fallen die beiden Ebenen zusammen.

1.2.1.2. Die abstrakten Instanzen (K-2) Während die Unterscheidung von Erzähler und Autor unstrittig ist, ist die Instanz des abstrakten Autors nicht unwidersprochen geblieben (Genette 1983:96ff.). Lintvelt (1981:18ff.) führt zwei Gründe für die Unterscheidung an: zunächst sei sie nötig, um der möglichen Divergenz zwischen der ideologischen Position, wie sie im Werk zum Ausdruck kommt, und den nicht literarischen Äußerungen des konkreten Autors Rechnung zu tragen. Die interpretatorischen Aussagen des konkreten Autors sollen nur als eine mögliche Lesart des Textes vorgestellt werden, nicht jedoch mit der im Text implizierten Intention gleichgesetzt werden. Der zweite Grund ist forschungspraktisch und besagt, daß diese Konzeption eine unreflektiert biographisch orientierte, die Werkimmanenz vernachlässigende Analyse verhindern soll. Der zweite Grund, auf den Genette nicht eigens eingeht, führt letztlich auf die erste Begründung zurück. Die empfohlene Trennung von immanenter und biographisch orientierter Interpretation ist nur sinnvoll und möglich, wenn sich eine prinzipielle Unterscheidung zwischen beiden Instanzen treffen läßt. Dagegen argumentiert nun Genette, daß bei einer Nichtentsprechung zwischen

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dem vom Interpreten entworfenen Bild des Autors (»abstrakter Autor«) mit dem vom konkreten Autor im Text von sich selbst gegebenen Bild, unter der Voraussetzung eines identischen Textsinnes, die Divergenz auf zwei Tatsachen beruhen könne: entweder sei die Interpretation nicht textkonform, dann gelte es, sie zu korrigieren und die Unterscheidung werde hinfällig; oder der Autor habe von sich ein falsches Bild im Text gegeben: sei es unwillentlich (»un livre est le produit d x un autre moi«) oder willentlich (Ironie, Parodie). In beiden letzgenannten Fällen sei eine Unterscheidung von abstraktem und konkretem Autor hinfällig, da im ersten Fall (unwillentlich entstandene Divergenz) der sogenannte abstrakte Autor der im strengen Sinne »reale Autor« sei, im zweiten (beabsichtigte Divergenz) eine richtige Dekodierung ebenfalls ein Bild vom realen Autor schaffe, das durch kein Kriterium als eine eigene Instanz vom realen Autor unterschieden werden könne. Das Bild einer Autorinstanz unter Berücksichtigung aller möglichen Mittel der Distanznahme der den Gesamtsinn repräsentierenden Instanz von dem (impliziten oder expliziten) Erzähler lasse - mit wenigen marginalen Ausnahmen - nicht seinerseits eine begriffliche Unterscheidung in konkret und abstrakt zu. In der Tat erweisen sich die abstrakten Instanzen als Ergebnis eines Rekonstruktionsprozesses, bei dem diese Bedeutungsposition aus dem Text interpretierend gewonnen wird 4 . Wie aber Schmid (1986) in Auseinandersetzung mit der Kritik von Genette u.a. an seiner Modellierung des abstrakten Autors feststellt, betrifft die von Genette vorgenommene Aufspaltung des Autorbildes in ein von dem Interpreten entworfenes und ein im Text gegebenes noch nicht die Unterscheidung von konkretem und abstraktem Autor, sondern bedeutet bloß einen Perspektivenwechsel, da dieselbe »Instanz« mal aus rezeptionsästhetischer mal aus produktionsästhetischer Sicht betrachtet werde (Schmid 1986: 303). Berücksichtigt man die Notwendigkeit des Interpretanten bei der Sinnkonstitution des Zeichens, so kann die Ebene der abstrakten Instanzen als das Ergebnis eines Verstehensprozesses aufgefaßt werden, bei dem diese Bedeutungsposition interpretierend aus dem Text gewonnen wird. Es kann daher auf dieser Ebene nicht im eigentlichen Sinne von Instanzen, die in einer kommunikativen Beziehung stehen, gesprochen werden (s. a. Lintvelt 1981:25; Meyer-Minnemann 1984:6; Schmid 1986:302).

1.2.1.3. Die textinternen Instanzen (K-3 u. K-4) Zur Beschreibung der textinternen Struktur des fiktionalen literarischen Erzählwerks unterscheidet das Kommunikationsmodell die Ebene des Erzählers und seines Adressaten (K-3) von der Ebene der erzählten Figuren (K-4). Auf der Ebene K-3 sind der Erzählvorgang (»énonciation«) und die »erzählte Welt« (»énoncé«) zu unterscheiden: in einer prinzipiell als dialogisch aufzufassenden Beziehung wenden sich ein oder auch mehrere Erzähler an einen oder mehrere Adressaten (ErzählVorgang; die Instanzen werden in dieser Funktion dann als »extradiegetisch« bezeichnet) und erzählen

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ihm oder ihnen von Gegenständen, Vorgängen und Figuren, die die erzählte Welt bilden (erzählte Welt; »intradiegetisch«)5. Innerhalb der erzählten Welt können auch die kommunikativen Beziehungen der erzählten Figuren zur Darstellung gebracht werden, wodurch eine weitere Ebene begründet wird, wenn die Rede der Figuren als direkte Rede gekennzeichnet ist (K-4). Diese Ebene bleibt, auch wenn sie den größten Teil einer Erzählung ausmacht, dem Erzähler der dritten Ebene untergeordnet. Beide Ebenen können interne Differenzierungen erfahren, ohne daß deren beschriebenes Verhältnis dadurch berührt wird: so kann die Erzählerebene temporal gestuft sein, wenn die Erzählerinstanz ihr eigenes Erzählen wiedererzählt (Meyer-Minnemann 1984). Desgleichen ist in einem Roman die Koordinierung mehrerer gleichrangiger Erzählerinstanzen (K-3) denkbar, die nicht von einer dargestellten, hierarchisch höher stehenden Instanz integriert werden: die Intentionalität ist in diesem Fall nur auf der Ebene der abstrakten Instanzen zu begründen (K-2) (Meyer-Minnemann 1984:6ff.). Es ist aber auch die hierarchische Unterordnung unterschiedlicher Erzählerinstanzen möglich, derart daß Figuren der Ebene K-4 zu »Erzählern« werden und weitere Ebenen (K-5 etc.) konstituieren. Eine Typologie der Erzählformen, die von der Strukturierung der Erzählerebene (K-3) ausgeht, kann die Opposition der Personalpronomen in »personne« und »nonpersonne«, wie sie Benveniste (1966) für kommunikative Beziehungen allgemein darlegt, zur Grundlage machen. Eine erste Spezifizierung ergibt sich aus der Unterscheidung von personaler Identität oder Nicht-Identität von Erzähler und erzählter Figur. Diese Möglichkeit entspricht dem Gebrauch der l./2.Person zur Kennzeichnung der personalen Identität der erzählten Figur(en) mit denen des Erzählvorgangs (immer vorausgesetzt, daß beide Ebenen dargestellt sind) und der 3. Person zur Kennzeichnung der Nicht-Identität6. Zweitens kann in beiden Fällen die Orientierung der erzählten Ereignisse im Hinblick auf die Kommunikationssituation der dritten Ebene oder im Hinblick auf die Figurenebene vorgenommen werden. Der erste Typus (»auktorial«) ist dadurch gekennzeichnet, daß die Ebene K-3 durch »discours«-Elemente, d.h. durch deiktische Hinweise auf die Sprechsituation, markiert ist (Tempora der »besprochenen Welt« und Hinweise auf das Ich-Hier-Jetzt der kommunizierenden Instanzen), während der zweite (»personal«) zur Aussparung der Elemente der Erzählerrede tendiert7. Einen »sprecherlosen« Text kann es allerdings nicht geben. Hieraus ergibt sich ein Schema der Typologie der Erzählformen, das wie folgt dargestellt werden kann:

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Seinsbereich Niveau

homodiegetisch auktorial personal

extradiegetisch

172.

intradiegetisch

1./2.

heterodiegetisch auktorial personal 172.

172.

3.

3.

Einen Grenzfall dieses Schemas stellt der Fall dar, in dem die Erzählerinstanz eine personale Einheit mit dem Adressaten bildet, so daß die mit der zweiten Person angeredete Adressateninstanz personal identisch mit der Erzählerinstanz ist (Erzählermonolog). Im Fall der homodiegetischen Erzählsituation kann dann auch die mit der zweiten Person bezeichnete intradiegetische Figur mit der des Erzählers identisch sein. Ein Erzählermonolog im Fall der heterodiegetischen Erzählsituation stellt eine Variante der extradiegetischen Redesituation dar, ohne daß dies Einfluß auf die pronominale Komponente der Erzählsituation hat. Diese Typologie geht auch in den Fällen der personalen Perspektivierung davon aus, daß die extradiegetischen Instanzen rekonstruierbar sind. Dies ist allerdings nicht in allen Fällen gegeben: beim »inneren Monolog« und bei einem durch keine Erzählerstimme vermittelten Dialog zwischen Sprechern, die an einer »diegese« teilnehmen und mithin der Ebene K-4 zuzuordnen sind, ist die Ebene K-3 nur als »leer« zu rekonstruieren8. Die Ebene K-4 ist ihrerseits als »leer« zu bezeichnen, wenn die kommunikativen Beziehungen der Figuren nur in der Form der indirekten oder erlebten Rede als Bestandteil der Erzählerrede in Erscheinung treten. Schließlich ist noch die Möglichkeit eines »inneren Monologs« der Erzählerinstanz zu erwähnen, wenn die »dieg&se« sich auf den Erzählvorgang beschränkt. Erzählvorgang und erzählte Welt, Erzähler und Adressat fallen dann zusammen9. Die Beschreibung der textinternen Strukturen betrifft also zunächst einmal die Ausgestaltung der Kommunikationsebenen in den Romanen. Die aufgestellte Typologie erlaubt sodann, eine erste Spezifizierung der Erzählerebene vorzunehmen, indem das pronominale, temporale und lokale Verhältnis des Erzählvorgangs zum erzählten Geschehen anhand des Gebrauchs der deiktischen Ausdrücke bestimmt werden kann. Die Spezifizierung der jeweils vorgenommenen »Perspektivierung« (auktorial vs. personal) zur Beschreibung der narrativen Technik wird nun in den verschiedenen Modellierungen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten vorgenommen. So wird die Opposition K-3/K-4 bei Schmid (1973) anhand eines Merkmalkatalogs von neun Merkmalen näher spezifiziert und der Romantext auf »Textinterferenzen« hin untersucht. Diese Akzentuierung klammert den Bereich der Strukturierung des Geschehens innerhalb jeweils eines der beiden »Texte« als weiteren Gesichtspunkt der narrativen

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Technik aus und setzt außerdem die Rekonstruierbarkeit beider »Texte« (Erzählerund Personentext) voraus (s. a. Schmid 1974:411 zur »autonomen Personenrede«). Die Beschreibung der Gestaltung von »Interferenz« von K-3 und K-4 wird in dieser Untersuchung unter dem Gesichtspunkt der »Redewiedergabe« behandelt. Damit wird dieser Phänomenbereich nicht aus dem systematischen Zusammenhang mit der Unterscheidung bzw. Interferenz der Kommunikationsebenen herausgelöst, aber er wird auf die Beschreibung der formal bestimmbaren Indizien der jeweiligen Sprecherinstanzen reduziert. Diese Verfahrensweise wird durch die speziellen Gegebenheiten in diesem Romanwerk nahegelegt, da sich in keinem der Texte die beiden Ebenen auch nur ansatzweise trennen ließen. Die übrigen Merkmale (»thematische«, »wertungsmäßige«, »lexikalische« und solche der »Sprachfunktion«) werden im folgenden mit unterschiedlicher Akzentuierung für die Textanalyse berücksichtigt. Lintvelt (1981) differenziert bei seiner Typologie der Erzählsituationen, in Anlehnung an Uspenskij (1975), fünf »types narratifs« (Lintvelt 1981:39) nach vier Merkmalskategorien (»plans«): »perceptif-psychique«, »temporel«, »spatial«, »verbal«, womit zwar ein systematischer, aber theoretisch heterogener Rahmen für die narrative Technik gegeben wird (s. insbes. die Kritik der hier implizierten Unterscheidung von »mode« und »voix« bei Schmid 1986:313ff.). Mignolo (1980-81) unterscheidet schließlich drei Bereiche der »Semantisierung«, die eine jeweils spezifische Gestaltung der Erzählsituation erlauben. Der erste Bereich, der der pronominalen und temporalen Strukturierung ist bereits dargestellt worden. Auswahl, Anordnung und Benennung der erzählten Gegenständlichkeiten sind ebenfalls Indizien für den Erzählvorgang und seine Perspektivierung. Ihre Intentionalität läßt sich in der Instanz des abstrakten Autors begründen. Die von Genette (1972) eingeführte fundamentale Unterscheidung zwischen »récit d'événements« und »récit de paroles« steckt den Rahmen für die weitere Untersuchung des Verhältnisses der Instanzen des Erzählvorgangs zueinander und des Erzählvorgangs zur erzählten Welt 1 0 , aus dem sich zwei Komplexe der Untersuchung ergeben: die »makrostrukturelle Gliederung« (s. 1.2.2.1.) und die Formen der Redewiedergabe (s. 1.2.2.2.). Die Verfahren der Benennung der erzählten Gegenständlichkeiten in Hinblick auf ihre Funktion für den Erzählvorgang sollen anhand von drei ausgewählten Komplexen beschrieben werden: die phorische Verwendung von Pronomina zur Bezeichnung von Figuren (s. 1.2.2.3.); die Verwendungsweise von Eigennamen (s. 1.2.2.4.); und die Sprachverwendung (s. 1.2.2.6.). Die Beschreibung der Erzählsituation eines Erzählwerks kann aber auch noch solche Aspekte berücksichtigen, die sich auf die pragmatischen Bedingungen der textinternen Kommunikation beziehen. Diese können den situativen Kontext der Erzählsituation und die Modalität der Wirklichkeitsdarstellung betreffen (Mignolo 1980-

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81). Im Gegensatz zur oben besprochenen pronominalen und temporalen Semantisierung des Erzählvorgangs, die eine notwendige Bedingung desselben darstellt, sind die Faktoren der Markierung des situativen Kontextes und der Modalität nur fakultativ (Benveniste 1970; Mignolo 1980-81:101ff.). Die Alternativen, die sich auf diesen beiden Ebenen ergeben, sollen in 1.2.2.5. im einzelnen dargestellt werden. Kommunikationsmodell des Erzählwerks K-l K-2

kA

1 1

1 K-3

1 1

1

1 aA

1 El

1

1

1

1

1

1

1

1 1

1

1

1

1

1 K-4

1 Fl

1 1 F2 1

AI 1

L

K-l K-2 K-3 K-4 kA/kL aA/aL El/A 1 F1/F2

= = = =

pragmatische Ebene der Kommunikation Ebene der abstrakten Instanzen (Text) Erzählerebene (erzählte Welt) Figurenebene (zitierte Welt) Konkrete Instanzen (konkreter Autor, konkreter Leser) abstrakte Instanzen (abstrakter Autor, abstrakter Leser) Instanzen der Erzählerebene (Erzähler; Adressat) Instanzen der Figurenebene (Figuren)

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Bei wechselnder pronominaler Struktur, Aussparung der Erzählerebene und uneinheitlicher Perspektivierung (K-3 als »leer« rekonstruierbar und »blockierte Verweisung«; vgl. 1.2.2.3.) stellt sich die Frage nach der Kohärenzbildung des Textes auf der Ebene der abstrakten Instanzen. Da es kein einheitliches (dargestelltes) Erzählerbewußtsein gibt, das die Wechsel der Sprecherstimmen indiziert, ist der (abstrakte) Leser in solchen Fällen auf andere Äquivalenzrelationen angewiesen, die den Zusammenhang des Romangeschehens (insofern von einem »Geschehen« überhaupt noch die Rede sein kann) zu rekonstruieren ermöglichen. Wo der Handlungszusammenhang und die Perspektivierung - sei es nun die des Erzählers oder die einer oder mehrerer Figuren - fragmentiert sind, müssen also sprachliche Verweise oder graphische Indikatoren den Zusammenhang des Textes gewährleisten. Hierbei spielen Verweisformen (Pronomen, Eigennamen, Artikel, Zeithinweise) und Äquivalenzbeziehungen (semantische Isotopien, thematische und strukturelle Äquivalenzen) eine herausragende Rolle11.

1.2.2. Gesichtspunkte 1.2.2.1. Makrostrukturelle

der

Beschreibung

Gliederung

Unter der Makrostruktur eines Romans soll hier die Art und Abfolge formal abgrenzbarer »Teiltexte«, die eine näher zu beschreibende Funktion im Gesamttext übernehmen, verstanden werden. Die Art der Teiltexte ist durch das jeweilige Signal (»Gliederungsmerkmal«) bestimmt, das zur Bildung des Teiltextes herangezogen wird. Die Art, Anzahl und Abfolge der Teiltexte sowie deren Verteilung auf den Gesamttext charakterisiert die organisatorische Funktion der Erzählerinstanz sowie deren Adressatenbezug und bestimmt damit auch den Rezeptionsvorgang auf der Ebene K-2. Zur Beschreibung der Makrostruktur werden die Romane des vorliegenden Korpus zunächst einer Segmentierung anhand eines zu erstellenden Kataloges von Gliederungsmerkmalen unterworfen. Aus dem Kommunikationsmodell des Erzähltextes lassen sich Gliederungsmerkmale ableiten, die eine Gliederung des Gesamttextes in Teiltexte erlauben. Es handelt sich bei den Gliederungsmerkmalen um »Signale, an denen der Rezipient (...) die Makrostruktur des Textes erkennt.« (Gülich 1974:293). Entsprechend der hierarchischen Strukturierung der beschriebenen literarischen Kommunikation sind auch die Gliederungsmerkmale und die mit ihrer Hilfe zu erstellenden Teiltexte in einem hierarchischen Verhältnis zu denken. Auf der Ebene der abstrakten Instanzen (K-2) ist daher der Gesamttext anzusiedeln, der nun auf der Ebene des Erzählers und Adressaten (K-3) bereits in mehrere koordinierte Erzählsituationen zerfallen oder aber hierarchisch gegliederte Erzählsituationen aufweisen kann (K-4, K-5, etc.). Auf der Ebene des erzählten Geschehens kann eine Gliederung des Textes nach den Gesichtspunkten der Zeit und der Figurenkonstellationen vorgenommen werden.

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Zur detaillierteren Beschreibung des Verfahrens der Segmentierung sollen die in Anlehnung an Gülich (1976/1979) entwickelten Gliederungsmerkmale wie folgt bezeichnet werden: 1. Kommunikationsebene (KE): Mit Hilfe dieses Merkmals wird der Gesamttext in solche Teiltexte unterteilt, die eine einheitliche Erzählsituation aufweisen. Auf diese Weise wird der Wechsel der Erzählsituation (homodiegetisch/heterodiegetisch u. auktorial/personal) oder der Wechsel der Kommunikationsebene (K-4,K-5 etc.) innerhalb des Gesamttextes markiert. Es ist möglich, daß ein Roman als ganzer nur einen »Teiltext« unter diesem Gesichtspunkt bildet, wenn das Geschehen durchgehend nur auf einer Kommunkationsebene und mit unveränderter Erzählsituation erzählt wird. Mit Hilfe dieses Merkmals werden Teiltexte »erster Ordnung« (Teiltexte I) gebildet. Werden dagegen unterschiedliche Erzählsituationen (K-3) in einem Roman koordiniert, gibt es also mehrere Teiltexte erster Ordnung, so kann die Koordinierung durch unterschiedliche Verfahren (z.B. graphische) angezeigt werden, deren Intentionalität auf der Ebene K-2 anzusiedeln ist. Bei der Koordinierung mehrerer unterschiedlicher Erzählsituationen kann weiter unter dem Gesichtspunkt der Determinierung der Erzählsituation differenziert werden, was eine genauere Beschreibung der Textgegebenheiten erlaubt. Die Erzählsituation ist in dem Kommunikationsmodell des Erzähltextes durch mehrere Merkmale definiert worden, die es erlauben, eine Typologie von narrativen Texten gemäß ihrer Erzählsituation zu erstellen (vgl. 1.2.1.3.). Nun unterscheiden sich aber mehrere Erzählsituationen nicht unbedingt in den Merkmalen des Typus voneinander, sondern nur in der »Besetzung« einzelner Komponenten desselben. So können beispielsweise zwei Erzählsituationen zwar als »homodiegetisch-auktorial« charakterisiert werden, einzelne oder mehrere der Komponenten des Erzählvorgangs (Erzähler, Adressat, Erzählzeitpunkt, Erzählort) sind aber von Abschnitt zu Abschnitt desselben Romans unterschiedlich konkretisiert, ohne die charakteristischen Merkmale des narrativen Typus zu verändern. Es ändert sich beispielsweise nur die Erzähleriniianz, aber nicht die Konfiguration der Erzählsituation. Auch diese Fälle sind gegebenenfalls bei der Teiltextbildung zu berücksichtigen. Das Verhältais der Varianten einer Erzählsituation zueinander kann ganz unterschiedlich sein. Beispielsweise können sich auch der Erzählzeitpunkt und/oder die Adressaten bei gleichbleibendem Erzähler ändern, wodurch eine innere, wenngleich unstabile Hierarchie von Erzählsituationen auf der Ebene K-3 entsteht. Innerhalb eines Romans können also gleiche Erzählsituationen durch unterschiedlich konkretisierte Erzählvorgänge weiter differenziert sein. 2. Episodenmerkmale (EM): Mit diesem Kriterium können Teiltexte »zweiter Ordnung« (Teiltexte II) gewonnen werden, d.h. die im ersten Schritt gewonnenen Teil-

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texte können in der Regel mit diesem Kriterium weiter unterteilt werden. Dieses Kriterium stützt sich auf die zeitliche Bestimmtheit der erzählten Ereignisse. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Kriteriums ist die Gegebenheit eines Handlungszusammenhangs, der eine zeitliche Organisation erkennbar werden läßt. Wenn ein solcher Handlungszusammenhang, der sich aus mehreren Handlungssequenzen zusammensetzt, besteht, kann anhand der im Text vorfindlichen Zeitkonkretisationen eine Unterteilung der Teiltexe I in zeitlich bestimmte Teiltexte II vorgenommen werden. Hierbei wird allerdings auch auf den Handlungszusammenhang rekurriert werden müssen, der sich als ein bereits interpretatorisches Konstrukt in die Beschreibung einschiebt12. In den anderen Fällen wurde das Episodenmerkmal als »unbestimmt« bezeichnet. Setzt man die Abfolge der zeitlich determinierten Teiltexte im Gesamttext des Romans in Beziehung zu der zeitlichen Abfolge der Episodenmerkmale, läßt sich die »Zeitstruktur« des Erzähltextes beschreiben (s. u.). Die Zeitkonkretisationen, die die Episodenmerkmale auf der Textoberfläche sichtbar machen und deren Definition zum Zwecke der Teiltextbildung ermöglichen, können nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnet werden: sie können explizit oder implizit sein, d.h. durch ihre sprachliche Form eine Zeitreferenz herstellen (»ese dia«, »el jueves por la tarde« etc.) oder eine Zeitreferenz in der Handlungslogik implizieren (die Taufe eines Menschen folgt seiner Geburt etc.). Sie können absolut (Ausgangspunkt für einen Handlungsablauf) oder relativ (Nachfolgesignale, die dem absolut bezeichneten Zeitpunkt untergeordnet sind) sein. Schließlich können sie, wie de Toro unter dem Gesichtspunkt der »Frequenz« unterscheidet, punktuell (»chronometrische zeitliche Fixierung eines Ereignisses«) oder nicht-punktuell (»vage metaphorische Situierung« eines Ereignisses) sein (de Toro 1986:49). Die Funktion der jeweils verwendeten oder vorherrschenden Form der Zeitkonkretisation kann nur im Zusammenhang einer konkreten Textbeschreibung angegeben werden. Nachdem anhand der im Text vorfindlichen Zeitkonkretisationen die wichtigsten Episodenmerkmale (man könnte sie auch »Zeitstufen« des erzählten Geschehens nennen) festgelegt worden sind, können also die Teiltexte I weiter unterteilt oder auch einer dieser Zeitstufen zugeordnet werden. Die Zielsetzung der Segmentierung nach Zeitgesichtspunkten läßt sich zusammenfassend in die folgenden Fragen aufteilen: a. In wieviele Teiltexte II zerfallen der/die Teiltexte I in dem jeweiligen Roman? b. Welche Form der Zeitkonkretisation findet vor allem Verwendung? c. Welche Zeitstruktur weist der Roman auf? 3. Figurenkonstellation (FK): Als Bestandteil der dargestellten Welt kann auch die Konstellation der am Geschehen beteiligten Figuren für die Bildung von Teiltexten herangezogen werden (Teiltexte III). Dabei gilt grundsätzlich, daß »der zeitliche Ab-

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lauf unabhängig davon (ist), ob sich die Konstellation der handelnden Personen ändert« (Gülich 1974:294) und damit ist dieses Kriterium dem vorangehenden hierarchisch untergeordnet. Die übrigen von Gülich (1974) angeführten Gliederungsmerkmale (Renominalisierung, Textadverbien, Konjunktionen, Erzähltempora) können aufgrund des Umfangs der zu untersuchenden Texte nicht bei der Segmentierung berücksichtigt werden. Sie sollen aber als Merkmale der Erzählsituation an einzelnen Beispielen zur Sprache kommen (s. u. 1.2.2.3.). Die anhand der genannten Gliederungsmerkmale vorgenommene Segmentierung der Romane wird zunächst in einer schematischen Übersicht zur Darstellung gebracht (s. Anhang). Die Romane erscheinen dabei in eine Reihe von gleichgeordneten Textabschnitten aufgeteilt. Jeder Textabschnitt ist einem Teiltext I, II und i n zugeordnet. Die Linearität der Darstellung gibt einen Einblick in den Rezeptionsvorgang bei der Lektüre des Romans, also z.B. in die Art und Häufigkeit des Wechsels von Gliederungsmerkmalen im Verlauf der Lektüre. Diese schematischen Übersichten enthalten folgende Hinweise: 1. In der ersten Spalte findet sich eine fortlaufende Numerierung der Textabschnitte mit der Angabe der Seitenzahl in der zugrundegelegten Ausgabe. Diese Angaben ermöglichen bei der weiteren Auswertung das Verweisen auf die den Teiltexten zuzuordnenden Textabschnitte. In einigen Fällen deckt sich diese Numerierung mit den in den Romanen vorgegebenen graphisch indizierten Unterteilungen. 2. In der zweiten bis vierten Spalte finden sich Angaben zur Zugehörigkeit der einzelnen Textabschnitte zu den Teiltexten I, II, III gemäß der Aufstellung von Gliederungsmerkmalen, wie sie vor den schematischen Übersichten jedes Romans definiert worden sind. Diese Angaben werden im Anschluß an die jeweilige schematische Übersicht eines Romans systematisch nach Teiltexten ausgewertet, so daß Anzahl und Anordnung aller Teiltexte abgelesen werden können. 3. In der letzten Spalte gibt eine Inhaltsübersicht in Stichworten Hinweise auf Geschehen und Figuren des betreffenden Textabschnitts, so daß eine direkte Bezugnahme auf die Texte erleichtert wird. Im

Auswertungsteil

der

schematischen

Übersichten

(2.1.)

wird

das

Zustandekommen dieser Segmentierung (d.h. die Bedeutung der Gliederungsmerkmale für die Rezeption) dargestellt, wobei auch den hierarchischen Verhältnissen der Teiltexte Rechnung getragen und die Abfolge der den Teiltexten zuzuordnenden Textabschnitte ausgewertet wird. Die Anordnung der Teiltexte im Gesamttext kann, wie gesagt, verschiedenen Strukturprinzipien unterliegen, wobei aber dem Faktor »Zeit« in narrativen Texten eine besondere Bedeutung zukommt, so daß eine ausführlichere Beschreibung der Zeitstruktur gerechtfertigt erscheint.

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Unter der Zeitstruktur eines Erzähltextes soll hier das zeitlich bestimmte Verhältnis von Textabschnitten zueinander verstanden werden. Dabei sind zwei Dimensionen zu unterscheiden: die zeitliche Bestimmtheit der in einem Textabschnitt erzählten Ereignisse (»Aktzeit«) und die relative Position des Textabschnitts im Gesamttext (»Textzeit«, vgl. 12 ). Die Position der erzählten Ereignisse auf einer rekonstruierten Zeitachse (die »Zeitstufen« der Teiltexte II) kann nun unter drei Gesichtspunkten spezifiziert werden, die Genette (1972) als »ordre, durée, fréquence« bestimmt hat und die von de Toro (1986) weiterentwickelt worden sind. Die zeitliche Anordnung (»ordre« bzw. »Zeitarrangement«) ist durch das Verhältnis von Aktzeit zu Textzeit, die Dauer durch das Verhältnis von Aktzeit zum Textumfang und die Frequenz durch das Zahlenverhältnis von Handlung zu textueller Repräsentation bestimmt. Die typologischen und terminologischen Unterscheidungen der drei Grundtypen sollen hier nicht im einzelnen entfaltet werden. Soweit in dem Auswertungsteil nicht eine Erläuterung der verwendeten Begriffe gegeben wird, sei auf die Darstellungen von Genette (1972) und de Toro (1986) verwiesen. Bei der Koordinierung gleichrangiger Erzählsituationen können unterschiedliche Strukturierungen vorliegen: entweder zeitlich bestimmte oder zeitunabhängige. In beiden Fällen sind die Ordnungsprinzipien auf der Ebene der abstrakten Instanzen zu deuten. Es kann sich bei den zeitunabhängigen Faktoren um graphische Zeichen, thematische Zusammenhänge, »mise en abyme« oder Regelmäßikeiten der Textabfolge unterschiedlichster Art handeln. Schon die Rekurrenz der unterschiedlichen, koordinierten Erzählsituationen kann als Ordnungsfaktor herangezogen werden, indem die relative Häufigkeit eine Gewichtung der Teiltexte vorzunehmen erlaubt. Die zeitunabhängigen Konstruktionsprinzipien können schließlich auch mit Zeitfaktoren in Verbindung auftreten. 1.2.2.2. Redewiedergabe Die Formen der Redewiedergabe hängen aufs engste mit der Erzählsituation zusammen. Die Verfahren der Wiedergabe von Figurenrede bestimmen, wie gesagt, die Konstitution der Ebene K-4. Die Form der Einbettung von Figurenrede in die Erzählerrede gibt daher Auskunft über die Gestaltung bzw. Aussparung der Ebene K-4 und damit über die Gestaltung des Verhältnisses der Erzählerinstanz zu den Figuren. Die Figurenrede besitzt per definitionem keine vollständige Autonomie gegenüber der Erzählerinstanz. Bei einer als »leer« zu rekonstruierenden Ebene K-3, also einer durch keine dargestellte Erzählerinstanz vermittelten Figurenrede, muß die mangelnde Vermittlung bei der Darbietung der Figurenrede auf der Ebene der abstrakten Instanzen kompensiert werden 13 . Bei der durch Erzählerrede vermittelten direkten Rede liegt die Abhängigkeit der Figurenrede von der Bedeutungsposition der Erzählerinstanz auf der Hand: Selektion und Distribution, Wahl der Einführungsworte (»discurso atributivo«) und Kommentare der Figurenrede durch den Erzähler zeigen

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die nur partielle Autonomie der Figurenrede gegenüber der Erzählerinstanz 14 . Bei einer nicht besetzten Figurenebene handelt es sich entweder um eine Erzählerrede, in der Sprachäußerungen der Figuren nur in Form der indirekten Redewiedergabe auftreten, oder um einen Monolog der Erzählerinstanz. In dieser Untersuchung wird den Überlegungen von Rojas (1980-81) zur Typologie der Figurenrede gefolgt. Im Unterschied zu dieser Typologie sollen aber auch die Redeerwähnungen in der Erzählerrede (s. dazu McHale 1978 u. Steinberg 1971) Beachtung finden, da ihnen ein besonderer Stellenwert in dem Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal zukommt. Auf der Grundlage der Kriterien »regido« (explizite Redeeinführung) vs. »libre« (»implizite Redeeinführung«) einerseits, und »oblicuo« vs. »no-oblicuo« (Transponierung bzw. Beibehaltung der Redeindikatoren der direkten Rede in dem Erzählerkontext) kommt Rojas (1980-81: 23) zu folgender Typologie: DDR (discurso directo regido), die eingeleitete direkte Rede; DDL (discurso directo libre), die freie direkte Rede; hierbei ist das entscheidende Merkmal nicht das Fehlen von graphischen Zeichen, sondern das Fehlen des »discurso atributivo«; DIR (discurso indirecto regido), die (eingeleitete) indirekte Rede; DIL (discurso indirecto libre), die freie indirekte Rede, die sogenannte erlebte Rede. Auch in diesem Fall ist der Unterschied zur anderen Variante (DIR) durch das Fehlen der Einleitungsworte bestimmt. Während die Formen der direkten Redewiedergabe eine von dem Erzähler (relativ) unabhängige Redesituation, nämlich die Ebene K-4, konstituieren, so daß zwei unterschiedliche Redeinstanzen mit je eigener Ich-Hier-Jetzt-Origo miteinander konkurrieren (mit der besagten hierarchischen Unterordnung von K-4 unter K-3), werden bei den Formen der indirekten Redewiedergabe bei einheitlicher Sprecherinstanz (K-3) die Redeinhalte unterschiedlicher Instanzen miteinander verbunden. Die jeweils eingeleitete Form tendiert dabei zu einer deutlichen Trennung der Sprecherinstanzen (beim DD) bzw. Redeinhalte (beim DI), während die freie Form zu einer Neutralisierung der jeweiligen Opposition tendiert 15 . Rojas versucht zu zeigen, daß auch der DIR mimetische Elemente der Figurenrede aufweisen und insofern als ein Beispiel für die Vermischung von Erzähler- und Figurenrede gelten könne. Er wendet sich damit gegen die auch hier vertretene Auffassung, derzufolge im DIR von einer reinen Erzählerrede gesprochen werden muß. Die von Rojas angeführten Unterscheidungsmerkmale zur Beschreibung der Varianten, die innerhalb der indirekten Rede auftreten können, setzen nicht das fundamentale Kriterium »oblicuo« außer Kraft, das die Transponierung der deiktischen Indikatoren der Sprechersituation der Figuren in die des Erzählers betrifft. Seine Beispiele können demnach als Transgressionen oder Varianten eben jener prinzipiell bestehenden

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Opposition angesehen werden16. In der Typologie von Rojas bleibt die Form des »discours narrativisé« unberücksichtigt, da in diesem Fall alle Merkmale auf die Erzählerinstanz zu beziehen sind. In Anlehnung an die Auffassung, die z.B. von Uspenskij (1975) vertreten wird, sollte jedoch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen werden, daß auch im »reinen« Erzählertext einzelne Komponenten der Figurenrede erscheinen, ebenso wie umgekehrt in der direkten Figurenrede, dank der Regiefunktion des Erzählers, auch Elemente der Erzählerinstanz sichtbar werden können. In Rojas' System entspräche der erste Fall dem DIL »difuso«, d.h. nur wenige, oft schwer erkennbare Merkmale in der Erzählerrede weisen auf Figurenrede. Dies kann durch das Vorkommen eines »discurso atributivo« im Erzählerkontext zusätzlich angedeutet werden. Auch die beiden Typen der direkten Rede sind nur durch eine relative Autonomie gekennzeichnet: autonom ist die direkte Figurenrede gegenüber der Erzählerrede durch die Indizien der unterscheidbaren Sprecherinstanzen und Sprechsituationen. Diese Indizien können grammatische oder semantische Bezugsgrößen sein. Nur relativ autonom aber ist direkte Rede einer Figur, insofern sie sich lediglich in Abhängigkeit von einer übergeordneten Instanz konstituiert. 1.2.2.3. Verfahren der Figurendarstellung Der Erzählerinstanz stehen, wie jedem Sprachbenutzer, drei Verfahren zur Verfügung, mit denen sie in der Kommunikation auf Gegenstände (im weitesten Sinne) Bezug nehmen kann. Es sind dies deiktische Ausdrücke, Eigennamen und Kennzeichnungen. Nur die Verwendungsweise der ersten beiden Mittel soll einer genaueren Untersuchung unterzogen werden. 1. Deiktische Ausdrücke, sind dadurch gekennzeichnet, daß ihre Referenz nur in Hinblick auf eine aktuelle Sprechsituation bestimmt werden kann: so bezeichnet das Pronomen der ersten Person den Sprecher, das der zweiten den Adressaten. Mit anderen deiktischen Ausdrücken, wie z.B. den Demonstrativpronomen, kann auch auf Gegenstände Bezug genommen werden, die nicht an der Sprechaktivität teilnehmen (Ehlich, 1982b:216ff.). Eine »Bedeutung« haben diese Ausdrücke daher nicht. Der Fall, in dem die Opposition männlich/weiblich, die bei einigen Pronomen vorliegt, »semantisch« relevant wird, kann hier vernachlässigt werden, da hierbei die fundamentalen Eigenschaften nicht berührt werden. Es handelt sich dabei übrigens um ein in der Trivialliteratur verbreitetes Verfahren (vgl. unten). Die Referenz läßt sich nur funktional durch formale Interpretationsregeln angeben. In diese Klasse von Ausdrücken gehören außerdem temporale und lokale Adverbien (hoy, ayer, esta tarde etc.; aquí, ahí, allí etc.), die sich auf Zeit und Ort der Sprechsituation beziehen lassen. Es kann nun eine anaphorische Verwendung von der deiktischen Verwendungsweise unterschieden werden. Die deiktische Verwendung ist pragmatisch dadurch

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ausgezeichnet, daß der Sprecher dem Adressaten die Anweisung gibt, den bezeichneten Gegenstand zu »fokussieren« (Ehlich, 1982a). Bei anaphorischer Verwendung wird die Anweisung gegeben, »to sustain a previously established focus« (Ehlich 1982b:329). Unter den Personalpronomen können die beiden Formen der »personne« (yo,tü, etc.) sowohl deiktisch als auch anaphorisch, die Formen der »non-personne« (él, ella, etc.) nur anaphorisch verwendet werden. Eine Unterklasse deiktischer Ausdrücke sind text-deiktische Ausdrücke. Sie verweisen deiktisch innerhalb des »Textraums«, d.h. sie orientieren den Adressaten in Bezug auf die Textorganisation. Je nachdem, ob dieser Verweis auf vorangehende oder nachfolgende Teile verweist, kann nach »anadeiktischen« und »katadeiktischen« Verweisen unterschieden werden. Aus der begrifflichen Bestimmung der »Anaphorik« ergibt sich, daß bei phorischen Verfahren die Richtung des Verweisens wesentlich zu ihrer Funktion gehört: deiktische Ausdrücke sind durch Anfangserwähnung, anaphorische Ausdrücke durch Folgeerwähnung ausgezeichnet. Dennoch gibt es auch einen »kataphorischen« Gebrauch, bei dem die deiktische Referenz »suspendiert« wird. Der kataphorische Gebrauch von Ausdrücken impliziert die Anweisung an den Adressaten, daß der Sprecher eine Fokussierung für sich vorgenommen hat und daß er sie dem Adressaten nachträglich mitteilen wird. Dieses in literarischen Texten als »suspendierte Verweisung« (Rück, 1984:43) beschriebene Verfahren kann zur »Leerverweisung« radikalisiert werden, wenn der Sprecher keine (»reine Pronominalerwähnung von Figuren«) oder widersprüchliche Referenzanweisungen im nachhinein gibt. In solchen Fällen läßt sich keine konsistente »Figur« mehr rekonstruieren. Schließlich kann die anaphorische oder kataphorische Verwendung von Pronomen der »personne« und der »nonpersonne« abwechseln, so daß die Opposition von »heterodiegetisch vs. homodiegetisch« aufgehoben scheint (»blockierte Verweisung«, Rück, id.). 2. Eigennamen sind »feste Designatoren«, d.h., sie referieren immer auf denselben Gegenstand. In der sprachphilosophischen Diskussion um die Bedeutung sprachlicher Zeichen haben unterschiedliche Bedeutungstheorien auch zur systematischen Beschreibung der Leistungen von Eigennamen in der Kommunikation beigetragen. Als einer der folgenreichsten Versuche ist der im Rahmen der Sprechakttheorie von Searle (1969/1971) referenzanalytisch bestimmte Begriff zu sehen. Die Verwendung von Eigennamen wird von Searle als ein Vorgang beschrieben, bei dem »durch den Rekurs auf wesentliche, notwendig wahre Eigenschaften des Namenträgers Referenz zustande komme, und bei dem der Sprecher auf das Objekt referiere, auf das die identifizierende Deskription zutrifft.« (Dobnig-Jülich 1977:40). Searle bestimmt die »Bedeutung« von Eigennamen als ein identifizierendes, weitgehend kontextunabhängiges Referieren auf Gegenstände (Searle 1969:186), bei dem im Unterschied zu dem

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Referieren mit Kennzeichnungen keine »Eigenschaft des Namenträgers im einzelnen« (id.) angegeben wird, was die »Vagheit der Bedeutung« von Eigennamen begründet. Die Identifikationsleistung der Eigennamen versucht Searle also durch Rekurs auf einen »Allgemeinbegriff« zu bestimmen (Searle 1971:250). Dadurch werden aber, wie Kripke (1972), Donnelan (1972) und in seiner Folge pragmalinguistische Ansätze (Wimmer 1973; Dobnig-Jülich 1977) kritisieren, den Kennzeichnungen jene Leistungen aufgebürdet, die die besondere Eigenart von Eigennamen ausmachen. Die Leistung der identifizierenden Referenz mit Eigennamen wird in »konsequent pragmatischer« (Dobnig-Jülich 1977:94-99) Beschreibung nicht durch das Referenzobjekt und den damit verbundenen Kennzeichnungen, sondern durch eine auf situationelle Verankerung angewiesene Referenzfixierung als Anfangsglied einer Namenkette erklärt. Die Referenzfixierung eines Eigennamens geschieht dabei durch einen Namengebungsakt, dessen Normierung durch den Rekurs auf zwei Präsuppositionen beschrieben werden kann. Demnach präsupponiert der Sprecher, daß der Adressat weiß, 1. daß x ein Eigenname ist und 2. daß x ein Eigenname für Y ist. Diese Beschreibung der Verwendung von Eigennamen impliziert wichtige Modifikationen in der von Searle vertretenen Auffassung. Zunächst erklärt sie die Möglichkeit eines nicht-identifizierenden Gebrauchs von Eigennamen, also die Möglichkeit, daß Eigennamen auch für Adressaten dann nicht völlig unverständlich zu sein brauchen, wenn dieser den referentiellen Bezug nicht herstellen kann. Anstatt für diesen Fall einen »Allgemeinbegriff« zu hypostasieren, wie es Searle macht, ist es angemessener, eine Präsupposition beim Adressaten auf Grund seiner Kompetenz bezüglich des Charakters eines Zeichens als Eigennamen anzunehmen. Sodann kann zwar eine relative Situationsunabhängigkeit bei der Verwendung des Eigennamens im Vergleich zu den deiktischen Ausdrücken festgestellt werden; sie ist aber durch die Voraussetzung einer situationsabhängigen Referenzfixierung eingeschränkt. Die Situationsunabhängigkeit bei der Verwendung von Eigennamen wird nur durch Normierungen erzielt und gehört nicht zur »Bedeutung« der Eigennamen. Schließlich wird auch die Identifizierungsleistung mit Eigennamen auf einen Namengebungsakt zurückgeführt, der sie als »rigide Designatoren« institutionalisiert. In Namengebungshandlungen »legen die Namensgeber künftige Identitätsaussagen (...) in einer eigenen Handlung so fest, daß unbeschadet aller Veränderungen der einen Seite (d.h. der definiten Deskriptionen) (...) die Namensseite (...) gleich bleiben soll.« (Dobnig-Jülich 1977:98). Durch die Einführung eines festen Designatoren in die Kommunikation wird zudem der entsprechende Gegenstand gegenüber anderen ausgezeichnet, d.h. in seiner Einzigkeit herausgehoben: »Wenn ein EN gebraucht wird, erwarten wir normativ, daß es sich um die Bezeichnung eines einzigen Gegenstandes handelt, selbst dann, wenn der EN einer ist, der mehr als einmal gegeben wird. EN sind von Menschen geschaffene sprachliche Mittel, um Interaktionen von Beweisen der Identität und Einzigkeit bestimmter Gegenstände zu entlasten.« (id.) Entgegen der von Searle behaupteten

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»Vagheit der Bedeutung« von Eigennamen kann also festgehalten werden, daß der Gebrauch eines Eigennamens voraussetzt, daß der Sprecher annimmt, der Adressat könne den Eigennamen einem Träger zuordnen, wie er selbst. Mit der Identifikationsleistung der Eigennamen hängt schließlich der auch von Searle schon hervorgehobene Aspekt der Ökonomie bei der Verwendung von Eigennamen zusammen: die Verwendung eines Eigennamens erspart die meist aufwendigere Bezeichnung des Gegenstandes durch Kennzeichnungen. Andererseits erweist sich eine Namensgebung nur dann als ökonomisch, wenn ein häufiges Kommunizieren über den Namensträger mit gleichbleibenden Partnern vorausgesetzt werden kann (Dobnig-Jülich 1977:188 und Kalvenkämper 1977). Die Verwendung von Eigennamen läßt sich also als eine gegenüber Kennzeichnungen ökonomische Kommunikationsform zum Referieren auf Gegenstände beschreiben, die bestimmten Normierungen unterworfen ist. Eine »Bedeutung« läßt sich nur als »das Zurückverfolgen des Gebrauchs der Kette bis zum Anfangsglied« (Dobnig-Jülich 1977:188) angeben. Diese Namenkette einschließlich des Anfangsgliedes der Referenzfixierung unterliegt, insbesondere bei schriftlichen Äußerungen, adressatenabhängigen und stilistischen Bedingungen, von denen einige im Zusammenhang mit der Beschreibung allgemeiner Bedingungen des Eigennamengebrauchs in literarischen Texten angeführt werden sollen. Hier nur soviel: Die Verwendungsweise von Eigennamen im Verhältnis zu Pronomen wird meist so beschrieben, daß den Pronomen nur eine rein grammatische Referenz zugesprochen wird (z.B. Kahr 1976:74: »Pronomina nehmen lediglich das Substrat als solches wieder auf, ohne einzelne Bestimmungen zu aktualisieren,...«.) Dem muß entgegengehalten werden, daß zunächst einmal beispielsweise die Opposition Maskulinum/Femininum bei Pronomen der 3. Person eine zusätzliche »kennzeichnende« Bestimmung bei der »Substitution« eines Eigennamens geben kann. Außerdem aber ist die Verwendung der Pronomina nicht durch die Substitutionsfunktion zureichend beschrieben, wie oben referiert wurde. Eigennamen können ebenfalls anaphorisch verwendet werden, folgen aber insgesamt anderen Regelmäßigkeiten, als daß ihr Gebrauch durch die Opposition deiktisch/anaphorisch ausreichend beschrieben werden könnte. Die Verwendung pronominaler, proprialer oder kennzeichnender »Ko-Referenz« ist ein konventionalisiertes oder stilistisches Phänomen, das im Rahmen konkreter Einzeltexte oder in Bezug auf gewisse Textgattungen beschrieben werden kann. Eigennamen in literarischen Erzähltexten Die referierte Beschreibung des Gebrauchs von Eigennamen ist an normalsprachlich mündlichem Gebrauch orientiert. Für die Verwendung in schriftlichen Texten gilt allgemein, daß gegenüber dem mündlichen Gebrauch Präsuppositionsirrtümer beson-

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ders folgenreich sind, da keine Korrektur aufgrund der asymmetrischen Sprechsituation vorgenommen werden kann. Texte, die mit einer identifizierenden Referenz durch einen Eigennamen beginnen, können aus diesem Grunde auch als Ausschnitt aus einer längeren Kommunikationsreihe angesehen werden. Für die Verwendung von Eigennamen in literarischen Erzähltexten muß zunächst allgemein festgestellt werden, daß ihre Funktion »(...) nur spezielle Varianten der grundlegenden technischen, ästhetischen und thematischen Funktionen des Wortes in der Erzählung« (Lamping 1982:20) sind. In dieser Untersuchung wird dementsprechend die Verwendungsweise von Eigennamen eine weitere Spezifizierung der Beschreibung der Erzählsituation liefern. Die Verwendung des Eigennamens in der Erzählung kann auf zwei Ebenen betrachtet werden: entweder auf der Ebene des Erzählvorgangs oder auf der Ebene des erzählten Geschehens. Aus den genannten Gründen entfallen hier die Gesichtspunkte, die die zweite Ebene betreffen, mit Ausnahme einiger im folgenden aufgeführten Einzelheiten. Aus der allgemeinen Funktionsweise der Eigennamen lassen sich für die Verwendung von Eigennamen in literarischen Erzähltexten unter Berücksichtigung der Besonderheiten der literarischen Kommunikation von Erzählungen folgende Funktionen ableiten: »Identifizierung, Illusionierung, Charakterisierung, Akzentuierung, Konstellierung und Perspektivierung sind die allgemeinen Funktionen, die zusammen die erzähltechnische Leistung des Namens bei der Darstellung und Vermittlung der erzählten Welt, insbesondere der Figur, ausmachen.« (Lamping, 1982:83). Was die Identifizierung durch Referenzfixierung betrifft, muß festgehalten werden, daß sie kennzeichnend für die vom Erzähler gemachten Voraussetzungen über das Vorwissen des Adressaten betreffs der verwendeten Eigennamen ist. So kann die Erzählerinstanz eine Referenzfixierung mit Hilfe von »Identifizierungssätzen« oder durch auf der Figurenebene dargestellte Namengebung vornehmen. Aber auch die einfache »Namennennung« (Lamping 1983:16) erfüllt die Funktion der Identifikation einer Figur für den Adressaten, insofern bei diesem eine allgemeine Eigennamenkompetenz angenommen werden kann. Die Verfahren, die im Einzelfall Verwendung finden, lassen sich im Zusammenhang mit der Erzählsituation auf ihre Bedeutung für die dargestellte Kommunikation und darüber hinaus für die Ebene der abstrakten Instanzen auf ihre Implikationen für die Rezeption befragen. Für den realistischen Roman in seiner auktorialen Variante hat beispielsweise Raible (1972: 164) die konventionelle Form der Figureneinführung im Roman an einem »Substitutionsschema« veranschaulicht, bei der die Namensfixierung zu Beginn der Erzählung durch Kennzeichnungen vorgenommen wird. Wie Genette zu zeigen versucht (Genette 1983:46f.) herrscht dagegen im Roman des 20. Jahrhunderts ein Einführungstypus für die Figuren vor, der die Figur als dem Adressaten bekannt voraussetzt, was nicht ausschließt, daß Kennzeichnungen nachgeholt werden. Die Identifizierung mit Eigennamen begründet auch die »Konstanz« des Namensgebrauchs, die dem Rezipienten ein

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Wiedererkennen über längere Textpassagen (bzw. dem Autor eine Irreführung des Lesers, vgl. 3.1.2.) ermöglicht und schließlich die Individuierung einer Figur: »Die Wiederkehr desselben Namens wird ... zur Voraussetzung für die Subsumption verschiedener Informationen unter die textuale Einheit der Figur.« (Lamping, 1982:25). Dem Gebrauch der Namen in fiktionalen Erzähltexten wird eine besondere Leistung zur Illusionierung der erzählten Welt (als Wirkung auf die Rezeptionshaltung des abstrakten Lesers) zugesprochen (vgl. Ingarden 1972; Uspenskij 1975; Lamping 1983). Diese Wirkung läßt sich aus der bei der Lektüre aktivierten Eigennamenkompetenz des Lesers erklären, die die Universalität der Namensgebung bei »Personen« einschließt (vgl. Lamping 1982:29ff.). Auch wenn die Illusionswirkung im Einzelfall von weiteren Faktoren abhängt, läßt sich allgemein feststellen: »Die bloße Erwähnung eines Namens vermittelt (...) dem Leser auf eine ebenso einfache wie wirksame Weise den Eindruck, es gebe über die unmittelbar dargestellten Figuren hinaus weitere, die diesen in der Erzählung nur nicht begegneten. Das Bild jener Figuren bleibt zwar sehr unbestimmt und schematisch; gleichwohl verstärkt der Name die Realitätsillusion der erzählten Welt.« (Lamping 1983:37). Unter diesen Umständen versteht es sich von selbst, daß die sogenannten »historischen Namen« diese Funktion in noch größerem Maße erfüllen können. Auf der anderen Seite kann z.B. eine Häufung von Eigennamen auch dazu führen, daß der Eigenname seine Bezeichnungsfunktion zugunsten seiner ästhetischen Funktion einbüßt (vgl. Lamping 1983:92). Die Funktion der Charakterisierung können Eigennamen dann übernehmen, wenn sie eine Bedeutung evozieren, die als Kennzeichnung des Namensträgers aufgefaßt werden kann. Dieser Aspekt ist der von der literaturwissenschaftlichen Onomastik bisher am intensivsten behandelte (s. a. Kalvenkämper 1977:80 zu den »semantisch transparenten Namen«), Er soll in dieser Untersuchung jedoch nicht berücksichtigt werden, obwohl er auch für das vorliegende Romanwerk (insbesondere den Roman Div) ergiebig zu sein verspricht, um die Beschreibung nicht mit Details zu überfrachten. Die Erzählerinstanz kann auch eine Akzentuierung durch »die Abweichung von der Norm oder dem Standard der Namengebung, die in der jeweiligen Erzählung herrschen« (Lamping 1983:58) vornehmen. Hierbei ist vor allem an die Norm der Namensnennung gegenüber der Anonymität oder Namenlosigkeit zu denken. Für eine verbreitete Norm der Namensnennung in literarischen Texten läßt sich sagen: »Die Anonymität ist ... nicht nur Ausdruck der Unbestimmtheit und Unbekanntheit (aus wessen Perspektive auch immer), sondern zugleich der Unwichtigkeit der Figur. Sie signalisiert deren peripheren Status.« (Lamping 1983:59). Als ausschließlich literarische Funktion der Verwendung von Eigennamen erscheint die Konstellation, die durch bestimmte Gruppierungen von Namen nach unterschiedlichsten Gesichtspunkten entstehen können. Sie kann auch für die romanübergreifende Verwendung gleicher Namen Bedeutung gewinnen. Schließlich kann ein Eigenname perspektivisch verwendet werden, wobei die Perspektivierung vom

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Erzähler entweder in Beziehung zum Adressaten oder in Beziehung auf die Figur vorgenommen werden kann. Der perspektivische Charakter einer Benennung kann entweder durch Thematisierung, Wechsel oder Variierung derselben hervorgehoben werden. 3. Kennzeichnungen referieren auf Gegenstände durch begriffliche Bedeutungen, d.h. dadurch daß dem Gegenstand eine Eigenschaft zugesprochen wird. Der Träger der entsprechenden Eigenschaft wird durch deiktische Ausdrücke oder Eigennamen bestimmt. Den Kennzeichnungen liegt also eine Prädikation zugrunde. Kennzeichnungen können auch anaphorisch verwendet werden. Auf Kennzeichnungen soll nicht zum Ziele einer systematischen Beschreibung, sondern nur vereinzelt eingegangen werden. 1.2.2.4. Fakultative Faktoren der Erzählsituation: Situativer Kontext und Modalität Mit der Beschreibung des situativen Kontextes der Erzählsituation wird außersprachlichen Determinierungen der Erzählsituation Rechnung getragen. Die hierbei relevanten Gesichtspunkte werden, den Vorschlägen von Hasan (1977) und Mignolo (1980-81) folgend, zu drei Komplexen zusammengefaßt: 1. Das situative Feld. Die Beziehung der Erzählsituation zu dem Gegenstand der Erzählung ist kontextuell durch die Faktoren »Thematik« und »Intention« der Kommunkationspartner mitbestimmt (s. Mignolo 1980-81:102; »campo situacional«). Bemerkenswert ist allerdings, daß z.B. die Abfolge der für eine kommunikative Handlung konstitutiven Elemente nicht allein durch diesen Faktor determiniert wird, sondern auch von dem Darstellungsmodus und Register. 2. Der Darstellungsmodus des Gegenstandes in der Kommunikationssituation. Hierunter fallen die Alternativen des »Kanals« der Kommunikation, d.h. im wesentlichen die Alternative »mündlich/schriftlich« auf der Sprecherseite und »gehört/gelesen« auf der Adressatenseite, wobei in beiden Fällen noch zwischen gegebenem visuellen Kontakt und dem Fehlen eines visuellen Kontaktes der Kommunikationspartner unterschieden werden kann (Hasan 1977:231). Literarische Texte machen auch von der Möglichkeit des »gedachten«, nicht-artikulierten Sprechens Gebrauch. 3. Das sprachliche Register, das durch verschiedene Rollenzuweisungen für die Kommunikationspartner bestimmt wird: durch eine wechselnde textuelle Rolle (Sprecher vs. Hörer); durch eine meist nicht austauschbare »soziale Rolle« der Kommunikationspartner, die in engem Zusammenhang mit der »Thematik« steht und zudem durch die Opposition »hierarchisch vs. nicht-hierarchisch« beschrieben werden kann; durch eine Teilnehmerrolle, die durch die Opposition »Initiator vs. Respondent« in Bezug auf ihren Anteil am Zustandekommen einer Kommunikation bestimmt sind.

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Aus diesen drei Komplexen der situativen Determinierung der Kommunikation ergeben sich diesem Modell zufolge die konkreten Konfigurationen von einzelnen Sprechoperationen, die sich aus obligatorischen und fakultativen Basishandlungen aufbauen. Deren Anordnung wiederum (»structural formula«) ist durch verschiedene Faktoren der drei Komplexe so bestimmt, daß in der Regel eine große Variationsbreite bei der Realisierung im konkreten Text bleibt. Dieses funktionalistische Modell ist in erster Linie für Formen der mündlichen Kommunikation entwickelt worden und läßt sich nur mit wichtigen Einschränkungen für die Beschreibung literarischer Kommunikation heranziehen. So steht z.B. die Opposition »schriftlich/mündlich« im Zusammenhang mit der Markierung des Erzählvorgangs. Während in der mündlichen Erzählung die Sprecherinstanzen nicht auf ihre Sprechsituation explizit verweisen, erfordert die schriftliche Erzählung die Markierung der Erzählvorgangs (die in der literarischen Erzählung, wie gesagt, bis zur »Nichtbesetzung« von K-3 reduziert werden kann). Die Darstellung mündlicher Erzählung in (schriftlicher, literarischer) Kommunikation erfordert daher einen extradiegetischen Erzähler, der die Situierung der intradiegetischen Erzähler vornimmt. Wenn der situative Kontext des Erzählers in einem literarischen Text nicht markiert ist, ist daher anzunehmen, daß seine Situation die eines Schreibenden ist. Das vom Schriftsteller-Erzähler gewählte Register entspricht dann den ästhetischen Prinzipien des Autors. Die Markierung des situativen Feldes kann von dem Erzähler vorgenommen werden oder aber in den erzählten Gegenständen und/oder in der Erzählweise impliziert sein. Besonders bei Texten mit asymmetrischer Besetzung der textuellen Rollen gehört zu dem situativen Feld die Vorgabe von »tipos discursivos« (Mignolo 1980-81), die einen Text als einer bestimmten Kommunikationsform zugehörig ausweisen. Bei Nicht-Markierung des »tipo discursivo« in einem literarischen Text ist die Entsprechung von fiktiver und nicht-fiktiver Erzählsituation zugrunde zu legen oder ein »pacte autobiographique« (Ph. Lejeune 1975; vgl. Mignolo 1980-81:109). Beim Zusammenfallen der textuellen Rollen einer Person (Monolog bzw. »innerer Monolog«, wenn die Rede nicht phonisch realisiert ist) können die semantischen und syntaktischen Regeln, die den Sprachgebrauch im Dialog bestimmen, z. T. aufgehoben sein (Meyer-Minnemann 1984:12 Anm. 17). Modalität

Aus der hierarchischen Überordnung der Erzählerinstanz (K-3) über die Figuren (K4) ergibt sich die Abhängigkeit der Aussagen der Figuren von denen des Erzählers (Vgl. 1.2.2.2.). Dies betrifft auch die Fiktionalitätsproblematik, wenn man auf die fiktiven Aussagen von Erzähler und Figuren die Wahrheitsfrage bzw. die Frage nach der Existenz der erzählten Gegenstände in der realen Welt stellt. Die Schaffung einer textinternen Sprechsituation (K-3) ist das fundamentale Verfahren zur Beglaubigung

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der (fiktionsimmanenten) »Existenz« der erzählten Gegenständlichkeiten. (Mignolo 1980-81:115). Die Existenzweise der erzählten Welt kann nun durch verschiedene Verfahren von der Erzählerinstanz modifiziert werden. Beispielsweise können durch die Kopräsenz widersprüchlicher Aussagen des Erzählers die Existenz der erzählten Welt grundsätzlich oder ihre Gesetzmäßigkeiten in Frage gestellt werden. Im Falle einer Aussparung der Erzählerebene (K-3 »leer«) wird die Existenzweise der erzählten Gegenstände dem Leser nur durch die Figurenrede (z.B. im inneren Monolog) zugänglich. Er wird dann die Sichtweise der Figur direkt mit der eigenen ohne Relativierung durch eine Erzählerpositionen konfrontieren müssen. Der Erzähler (K-3) und die Figuren (K-4) können die erzählten Gegenstände auf der Grundlage der vom Erzähler vorgenommenen Beglaubigung unter gewissen Gesichtspunkten spezifizieren, die als Modalitäten bezeichnet werden sollen. In Anlehnung an Mignolo (1980-81) sollen die Existenz-Modalitäten (möglich, wirklich oder faktisch, notwendig) und die epistemischen Modalitäten (wissen, nicht-wissen, glauben/zweifeln) zur Beschreibung der Erzählsituation herangezogen werden. Die jeweils bestimmende Modalität der erzählten Welt steht in engem, aber nicht notwendigem Zusammenhang mit anderen Aspekten der Erzählsituation, etwa der Alternative homodiegetisch/heterodiegetisch (Vgl. Genette 1983:76f,). Die für die Erzähltradition des 19. Jahrhunderts typische Modalität der »Allwissenheit« (»Notwendigkeit« der erzählten Gegenstände und »wissende« Position des Erzählers) wird besonders in der auktorialen Erzählsituation verwirklicht, die über einen ganzen formalen Apparat modalisierender Aussagen verfügt (vgl. Lintvelt 1981:66; Füger 1978). Demgegenüber tendiert die personale Erzählsituation zu den Modalitäten »möglich« und »nichtwissen« (Mignolo 1980-81:119f.). Andererseits wird das Verfahren der Entpersonalisierung der Erzählerinstanz in der »camera-eye«-Technik auch dazu verwendet, um dem Leser (K-2) eine »objektive« Darstellung zu geben. Ein Verfahren der »phantastischen« Erzählung liegt ebenfalls bei der Modalisierung der Darstellung und zwar in der als »zweifelhaft« dargestellten Wirklichkeit (Todorov 1970; Barrenechea 1972; Reisz de Rivarola 1979). Entscheidend ist dabei nicht das Verhältnis der dargestellten Wirklichkeit zur Wirklichkeitsauffassung der abstrakten bzw. konkreten Instanzen (K-2 od. K-l), sondern zu der der Erzählerinstanz (K-3). Im Rahmen der Modalisierung der Existenzweise der dargestellten Welt können außerdem Grenzphänomene des Fiktionalen berührt werden, die auch in diesem Zusammenhang zur Sprache kommen sollen. Es handelt sich auf der einen Seite um nicht-fiktionale Elemente (z.B. referenzialisierbare Datierungen und Eigennamen; s. Gabriel (1975) und Winkler (1976)), die den fiktionalen Text in eine quasi-pragmatische Kommunikationssituation rücken und auf der anderen Seite um die Verfahren der Reflexivität, die den sprachlichen Artefaktcharakter hervortreten lassen (wie z.B.

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die »mise en abyme« oder der »labyrinthische Diskurs«; s. resp. Dällenbach (1977) und Schmeling (1982/86); vgl. 3.1.2.). 1.2.2.5. Sprachverwendung Obwohl auch die Sprachverwendung in engem Zusammenhang mit der Erzählsituation zu sehen ist, soll sie für alle Romane gemeinsam und nicht für die unterschiedlichen Erzählsituationen dargestellt werden. Eine nach einzelnen Sprechern differenzierte Beschreibung würde den Umfang dieser Untersuchung mehr als nötig ausdehnen. Es muß auch festgestellt werden, daß die Behandlung der Sprachverwendung insgesamt weniger differenziert ist, als es für die anderen Komponenten der Gestaltung der Romane gilt. Allerdings zeigt sich gerade in dieser Hinsicht auch eine Entwicklung zu größerer Variationsbreite und stilistischer Differenzierung in den späteren Romanen. Die Sprachverwendung wird also nur am Rande auch auf ihre Bedeutung für die Erzählsituationen im einzelnen, hauptsächlich aber in Hinblick auf die ästhetischen Prinzipien des Autors beschrieben. Grundlage dieser Untersuchungen sind die Überlegungen zu einer linguistisch fundierten Stilistik, wie sie W. Sanders (1977) und, speziell für die Beziehung eines Funktionsstils zu narrativen Texten, Volek (1980-81/1985) angestellt haben. Ausgehend von rekurrenten Merkmalen in Syntax und Lexik sollen die Funktionsstile, wie sie Volek systematisiert, für die vorliegenden Texte bestimmt werden. Die Systematik der Funktionsstile basiert dabei auf einer Serie von fundamentalen Oppositionen (»ejes de polaridades«), die die einzelnen sprachlichen Rekurrenzen auf der Textebene beschreibbar machen. Diese Polaritäten bestimmt Volek (1985) auf der Grundlage von Faktoren des situativen Kontextes als: »dialogado/monologado«; »noautoritativo/autoritativo«; »espontáneo/construido«; »situado/no situado«; estético/no estético» (Volek 1985:100-104). Die Funktionsstile (coloquial, publicístico, oficial, científico, artístico) lassen sich nun durch die Markiertheit des jeweiligen Pols dieser Polaritäten bestimmen. Der kolloquiale Funktionsstil, der hier besonders interessiert, ließe sich, unter Berücksichtigung der Reihenfolge der Bedeutsamkeit der Gesichtspunkte wie folgt bestimmen: espontáneo; no autoritativo, situado, dialogado, no estético. Dabei sind jeweils nur bestimmende Tendenzen gemeint und keine völlige Ausschließlichkeit. Die Ausgestaltung der jeweiligen den Funktionsstil charakterisierenden Pole kann nun an verschiedenen linguistisch beschreibbaren Verwendungsweisen aufgezeigt werden. So führt Volek als sprachliche Merkmale der »espontaneidad« an: »'Lo espontáneo' se manifiesta en la elevada redundancia resultante (de ahí el carácter sencillo, relajado y hasta alterado de la construcción sintáctica), y también en el carácter aproximativo de la expresión. (...) el discurso espontáneo (...) progresa por asociación y es lógicamente discontinuo. Esto afecta a la 'perspectiva comunicativa oracional', que se hace subjetiva. En consecuencia de esta dislocación, el discurso está lleno de ripios, de interjecciones, de elementos fáticos, de

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pausas.« (Volek 1985:102). Nach der Beschreibung der sprachlichen Mittel, die eine Zuordnung zu einem der Funktionsstile ermöglicht, soll die narrative Funktion des gewählten Stiltypus in einzelnen Fällen durch Aufzeigen der Beziehung der Sprachverwendung zur Erzählsituation erörtert werden. Die literarische Funktion der Sprachverwendung kommt dann in der Rekonstruktion des Erzählkonzepts zur Sprache, indem auch auf die Entwicklungstendenzen im Romanwerk eingegangen wird. 1.2.3. Rekonstruktion des

Erzählkonzepts

Aus den aufgeführten Aspekten der Erzählsituation soll das Erzählkonzept, das den Texten zugrunde liegt, rekonstruiert werden. Es soll nun aber nicht für jeden Roman einzeln, sondern für alle beschriebenen Romane übergreifend erstellt werden. Dies läßt sich nur durchführen, wenn sich gemeinsame Merkmale bei den Erzählsituationen in allen Romanen feststellen lassen. Notwendigerweise werden daher zur Formulierung des Erzählkonzepts Generalisierungen vorgenommen werden müssen, die einzelnen Varianten nicht gerecht werden können. Der Rückgriff auf die Beschreibung der Erzählsituationen im einzelnen kann aber Varianten der Konzeption beziehungsweise Entwicklungstendenzen deutlich machen. Zur Beschreibung der Erzählsituationen in den einzelnen Romanen wird nur die makrostrukturelle Gliederung für jeden Roman einzeln dargestellt. Bei der pronominal-temporalen Struktur werden, auf die Ergebnisse der makrostrukturellen Gliederung aufbauend, zunächst Romane mit vergleichbarer Erzählsituation gemeinsam behandelt. Es ergibt sich daher eine Zusammenfassung von Romanen mit einheitlicher Erzählerinstanz vs. Koordinierung mehrerer Erzählerinstanzen. Die Romane mit einheitlicher Erzählerinstanz werden dann ihrerseits noch einmal nach dem Modus der Darstellung der Erzählerinstanz (Reduktion des Erzählvorgangs vs. Ausgestaltung der Erzählerfigur) unterschieden. Daraus ergeben sich drei Gruppen von unterscheidbaren Erzählsituationen: Cond, Dab, BI\ LM, PB\ TP, Tit, Div. Die Rekonstruktion des Erzählkonzepts basiert auf den Gemeinsamkeiten in der Gestaltung der Erzählsituationen in allen Romanen. Im Unterschied zu dem Verhältnis der Erzählerebene zur erzählten Welt läßt sich das der abstrakten Instanzen zu der Erzählerinstanz nicht in einer Typologie beschreiben. Die Rekonstruktion des Erzählkonzepts muß daher auf die sinnbildenden Funktionen der Gestaltung der Erzählerinstanz, d.h. Ausdrucks-, Darstellungs- und Appellfunktion der narrativen Technik im Kontext der literarischen Institution rekurrieren. Es wird also hier nicht behauptet, daß sich die semantischen Potenzen der literarischen Formbestandteile gleichsam schematisch ableiten ließen. Der Zusammenhang von narrativer Technik und Erzählkonzept ist kein logischer, letzteres läßt sich also nicht aus ersterem deduzieren. Er ist vielmehr abhängig von dem Vorgang der Kom-

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munikation und deren Instanzen. Es wird also auch nicht behauptet, daß einer bestimmten Technik immer eine bestimmte Funktion zugeordnet werden könne, dazu ist schon allein der Zusammenhang der unterschiedlichen Faktoren der Technik und des erzählten Inhalts im jeweiligen Text viel zu komplex, als daß eine solche Reduktion mit Gewinn vorgenommen werden könnte. Vielmehr wird versucht, die einzelnen Beschreibungen der formalen Aspekten einer literarhistorischen Lektüre zu unterziehen, d.h. ihre Funktion in einem zu diesem Zwecke zuvor eigens rekonstruierten literarhistorischen Kontext zu bestimmen. Dazu dienen die Darstellungen in 3.1. Aber auch im Analyseteil wird die Technik im Hinblick auf funktionale Aspekte beschrieben, allerdings zunächst nur in bezug auf den Lektiirevorgang.

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2. Romananalysen

2.1. Die makrostrukturelle Gliederung der Texte 2.1.1. »La tara del papa« (TP) (1972) Der Roman besteht aus 82 nicht durchnumerierten Abschnitten unterschiedlicher Länge (von 1/2 Seite bis 4 Seiten), die von sieben unterschiedlichen Erzählerinstanzen erzählt werden, die ebenso viele Teiltexte erster Ordnung bilden (Zu den Fällen pronominaler Instabilität der Abschnitte , und zu den Erzählerinstanzen im einzelnen vgl. 2.2.2.1.). Die Verteilung der Teiltexte I auf die Gesamtheit des Romans, wie sie aus der schematischen Übersicht ersichtlich ist, läßt eine Zweiteilung des Romans erkennen, die auch mit der Möglichkeit einer chronologischen Anordnung der erzählten Ereignisse zusammenhängt. Die Abschnitte des ersten Teils (14 4 ) zeigen eine unregelmäßige Abfolge von Teiltexten I. Der zweite Teil (45-82) weist ein regelmäßiges Altemieren von Abschnitten homodiegetischer Erzählsituation (Erzähler ist der Sohn von Ramona Uribe) mit Abschnitten heterodiegetischer Erzählsituation (»Chronist«) auf. Diese auf der Ebene K - 2 operierende Zweiteilung läßt sich bei genauerer Betrachtung des Vorkommens der unterschiedlichen Erzählsituationen auch für die Unterteilung in Teiltexte I konstatieren. Denn trotz der zunächst verwirrend wirkenden Abfolge von mehreren Erzählerinstanzen läßt sich diese Komplexität auf ein polares Schema reduzieren, wenn man die Gewichtung der unterschiedlichen Instanzen in Rechnung stellt. So werden zwar die ersten zehn Abschnitte von fünf verschiedenen Erzählerinstanzen erzählt. Die 1. Instanz (Ramona Uribe) tritt aber erst wieder in Abschnitt und insgesamt nur viermal im Roman auf. Die Erzählerinstanz der Abschnitte in der zweiten Person (Donaldo) erscheint nur insgesamt sechsmal und ihr Sonderstatus ist auch durch die Kürze der betreffenden Abschnitte gekennzeichnet. Die beiden Erzähler Papa Uribe und Julio César treten nur j e einmal auf (Abschnitte bzw. ). Nimmt man schließlich die mit »Luisa Uribe« unterzeichneten Abschnitte mit den anderen Abschnitten heterodiegetischer Erzählsituation, mit denen sie sich ab Abschnitt verbinden, zusammen, so bleiben nur zwei Erzählsituationen, die nach einem Übergewicht der heterodiegetischen Erzählsituation in der ersten Hälfte des Romans sich in der zweiten Hälfte regelmäßig abwechseln. Es ergibt sich also eine polare Struktur von zwei ungefähr gleichgewichtigen Teiltexten erster Ordnung.

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Bei der weiteren Unterteilung bzw. Zuordnung der Teiltexte I zu den neun definierten Episodenmerkmalen ergeben sich insgesamt 26 Teiltexte II. Zunächst kann festgestellt werden, daß die meisten der Episodenmerkmale implizit, relativ und nicht-punktuell sind. Vor dem Hintergrund der bereits beschriebenen Aufspaltung des Romantextes in unterschiedliche Erzählsituationen und der unregelmäßigen Verteilung der den einzelnen Episodenmerkmalen zuzuordnenden Textabschnitte im Gesamttext läßt sich daraus die Schwierigkeit für den Rezipienten ersehen, das erzählte Geschehen des Romans zu rekonstruieren. Hinzu kommen die zahlreichen Abschnitte, die das Episodenmerkmal »unbestimmt« aufweisen: es handelt sich dabei um oneirisches Geschehen oder prophetische Rede, die außerhalb linearer Zeitbestimmungen liegen. Die Verteilung der Teiltexte II auf den Gesamttext zeigt jedoch auch wieder eine Gewichtung, die zudem mit der der Verteilung der Teiltexte I weitgehend zusammenfällt: die Verflechtung unterschiedlicher Teiltexte II (insbesondere 0,1,2,3,4,5) findet sich fast ausschließlich in der ersten Hälfte des Romans, während sich die Teiltexte (6,7,8) in der zweiten Hälfte (ab ) entsprechend ihrer chronologischen Abfolge auch im Text verteilen. Insgesamt kann in der zweiten Hälfte eine chronologische Anordnung der Textabschnitte konstatiert werden. Von »Anachronien« als Merkmal der Zeitstruktur in der ersten Hälfte kann aber nur bedingt gesprochen werden. Diese setzen nämlich gemäß de Toro (1986) die Bildung von Zeitebenen voraus, auf der die jeweiligen Abweichungen von der Chronologie geortet werden können. Eine explizite Anachronie setzt sogar die durch die Erzählerinstanz oder eine Figur gewährleistete Hierarchie der Zeitebenen voraus, damit das Verhältnis zweier Segmente als »Pro- bzw. Analepse« bestimmt werden kann. Aber auch eine implizite Anachronie, in der die Zeitebenen verschiedener Handlungssequenzen unvermittelt nebeneinanderstehen, setzt doch eben die Zeitebenen voraus. Nun ist TP durch die Fragmentierung so gestaltet, daß kaum von einer kohärenten Handlungssequenz gesprochen werden kann. In den einzelnen Textabschnitten werden wohl Ereignisse und Handlungen dargestellt, aber viele der Textabschnitte bilden einen selbständigen Geschehenszusammenhang, der keine Forsetzung in einem der folgenden oder vorangehenden Textabschnitte fände. Von einer »Ana-« oder »Prolepse« (auch einer »impliziten«) sollte in diesen Fällen also nicht gesprochen werden, da dieser Begriff die Umstellung von Sequenzen unterscheidbarer Zeitebenen beschreibt. Diese Zeitebenen werden jedoch durch die Fragmentierung des Erzählvorgangs in TP grundsätzlich in Frage gestellt. Die Fragmentierung des Romans kommt auch in der großen Anzahl unterschiedlicher Figurenkonstellationen zum Ausdruck, die jedoch auch wieder in eine gewisse Ordnung gebracht werden können. Die insgesamt 52 unterschiedlichen Figurenkonstellationen wurden zunächst in Gruppen nach einer jeweiligen Zentralfigur zusammengefaßt, so daß man auf insgesamt 12 Gruppierungen kommt. Hiervon fallen nach

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ihrem Umfang die Gruppierungen [1, 3, 4, O.n] besonders ins Gewicht. Obwohl nun auch hier eine Verteilung nach erster Hälfte (FK [1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9]) bzw. zweiter Hälfte (FK [4, 10, O.n]) vorgenommen werden kann, findet sich doch in einzelnen Fällen eine weite Streuung, die wiederum auf die Schwierigkeiten der Rekonstruktion des erzählten Geschehens weisen. So findet sich beispielsweise die FK [1.2] ganz zu Anfang, nur zweimal im Verlauf des Romans und ganz am Ende wieder (Textabschnitte < 3 , 1 7 , 35, 81>). Trotz der Fragmentierungen lassen sich wenigstens die Geschichte der Familie Uribe und insbesondere des Sohns von Ramona Uribe bis zu einem gewissen Grade rekonstruieren. Aus inhaltlichen Hinweisen lassen sich die Textabschnitte, die Episoden aus dem Leben des Sohns von Ramona Uribe enthalten, in eine chronologische, aber meist diskontinuierliche Abfolge bringen, die mit der textueüen Abfolge übereinstimmt (mit Ausnahme von ). Es fehlen jedoch im Text explizite Hinweise auf die jeweils anderen Abschnitte desselben Erzählstrangs, die eine solche Chronologie auf der Textoberfläche sichtbar machen würden. Als einziger Handlungszusammenhang zeigt der hauptsächlich aus Abschnitten mit homodiegetischer Erzählsituation sich konstituierende Erzählstrang der Lebensgeschichte des Sohns eine gewisse Geschlossenheit und Entwicklung, die ein inhaltliches Resümee ansatzweise erlaubt, während alle übrigen Abschnitte Einzelepisoden betreffen, die weder in einem direkten Geschehenszusammenhang stehen noch eine gemeinsame zentrale Figur aufweisen. Es ergibt sich daraus eine mögliche Einteilung des Romans auf inhaltlicher Ebene in einen Strang der individuellen und einen Strang der kollektiven Geschichte. 1) Von der Lebensgeschichte des Sohns von Ramona Uribe werden einzelne episodisch ausgestaltete Etappen dargestellt, deren zeitlicher Abstand zwar schwer zu bestimmen ist, der aber zum Ende des Romans deutlich abnimmt: es sind dies seine Zeit im Priesterseminar (Abschnitte ); Erlebnisse mit seinem Vater, dem Bürgermeister von Tuluá ; ein Erlebnis im Bordell von Tuluá < 3 7 > ; seine Kandidatur als Konservativer bei den Wahlen von 1930 und sein Scheitern ; sein Rückzug aus der Politik und sein Versuch, den CaucaFluß durch eine Staumauer einzudämmen , bei dessen Bruch der Sohn schließlich stirbt. 2) Die übrigen Abschnitte enthalten die Kollektiv-Geschichte, die in Episoden des Familien-Clans der Uribe und in solche der verschiedenen Einwohner von Tuluá zerfällt. Die Episoden der Familiengeschichte der Uribes schildern die Gründerzeit (Hochzeit des Papa Uribe und María Luisas, < 4 > , die Selbstherrlichkeit des liberalen Oligarchen < 8 > bis zum Tod des Papa Uribe; Kindheit < 1 6 > und Ehe < 1 8 > der Tochter Ramona Uribe mit dem konservativen Tomás Lozano und die Umstände seines Todes .

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Der größte Teil der dieser Kollektivgeschichte zugehörigen Abschnitte enthält Episoden über Gewalttaten zwischen Konservativen und Liberalen aus der Zeit vor und während der »Violencia« . In den verbleibenden Abschnitten werden die Auswirkungen des »bogotazo« in Tuluá und der darauf folgende Aufstieg von Léon María Lozano, dem Schwager des Sohnes von Ramona Uribe, zum Chef der »pájaros« geschildert. In diesen Schlußabschnitten nähern sich die beiden angedeuteten »Handlungsstränge« einander an, indem der Sohn in die Auseinandersetzungen der traditionellen Parteien wider Willen hineingezogen wird. Diese Inhaltsübersicht gibt nur sehr annäherungsweise den Gesamtaufbau wieder, da sie die Handlungsebene der Prophezeiungen, die sich nicht auf die Teiltexte homodiegetischer Erzählsituation der 2. Person beschränkt, und die oneirischen Visionen nicht berücksichtigt. Das Verhältnis dieser Teiltexte zu dem Gesamtgeschehen ist auch von anderen Faktoren als der Zeit bestimmt, die im folgenden an einem Beispiel erläutert werden sollen. So läßt sich das in Textabschnitt , TP S. 38f., erzählte Geschehen keinem bestimmten Zeitpunkt zuordnen, und zwar weder innerhalb der durch andere Textabschnitte rekonstruierbaren Zeitachse noch auf einer eigenen Zeitachse. Letzteres ist bei einigen der in der schematischen Übersicht als »unbestimmt« gekennzeichneten Textabschnitten zumindest möglich, wobei sich eine auf thematischen Faktoren gestützte vage Zeitbestimmung ergibt (So sind etwa die Textabschnitte , , u.a. als im Zeitraum der »Violencia« gelegen zu bezeichnen.). In dem Textabschnitt werden dagegen verschiedene Geschehensmomente zusammengestellt, die sich innerhalb des Textabschnitts nicht zu einem Handlungszusammenhang zusammenfügen, die aber in anderen Textabschnitten auftreten und dort in einigen Fällen in einem Handlungszusammenhang stehen. Im folgenden Zitat werden die Geschehensmomente, die hier ohne Zusammenhang stehend in anderen Textabschnitten wiederholt werden, hervorgehoben, wobei in Klammern ein Textabschnitt, in dem das entsprechende Geschehensmoment ebenfalls auftritt, angegeben wird. (1) »Donaldo tomó tres rosas cortadas la noche anterior. Caló su traje blanco. Quemó tres docenas de tronantes. Podó seis matas de veranera, tres rosas y dos palitos de aguacates antes de enterrar los de mamoncillo . Oyó tocar una olla y olió a sahumerio mientras una mujer quemaba un rancho , un hombre le alumbraba la cara con un candelabro colocado sobre un poste de energía y una cascada rompía la tapa de un inodoro .« (TP, S. 38) Der Textabschnitt ist also durch eine »starke Anachronie« bestimmt, so daß das Verhältnis zu dem Gesamtgeschehen nicht zeitlich bestimmbar ist. Die häufige Wiederholung gewisser Motive in mehreren Textabschnitten (etwa der »olor a sahumerio«) schafft einen thematisch begründeten Zusammenhang zwischen verschiedenen Textabschnitten, seien diese nun zeitlich bestimmt oder nicht bestimmt. Die

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Fragmentierung des Geschehens und des Erzählvorgangs, die Diskontinuität des Geschehens, die Unbestimmtheit der Zeithinweise und schließlich die vielen Textwiederholungen erschweren zwar erheblich die Rekonstruktion des Geschehens; die angedeutete chronologische Abfolge in dem Strang der Lebensgeschichte des Sohns der Ramona Uribe, so diskontinuierlich und schwer bestimmbar sie letztlich auch sein mag, bildet jedoch eine Art roten Faden, dessen Ordnung auch auf die anderen Textabschnitte »abfärbt«. Wie die vorangehende Rekonstruktion des Geschehensgerüstes gezeigt hat, spielen also die Faktoren Zeit und Figurenkonstellation eine gewisse wenn auch untergeordnete Rolle für den Textaufbau. Aber auch bei den Textabschnitten, deren relative Zeitbeziehungen sich rekonstruieren lassen, bleibt die Zeitbehandlung diskontinuierlich: der häufigste Zeitverweis (»ese + Zeit-Substantiv«) stellt keine zeitlichen Bezüge zu anderen Textabschnitten her. Dasselbe gilt für die Figurenkonstellation, die jeweils von Abschnitt zu Abschnitt wechselt. Andererseits finden sich, wie gezeigt, über größere Abstände Wiederholungen der Figurenkonstellation, die dann im Zusammenhang mit der zeitlichen Unbestimmtheit für den Leser neue Zuordnungsprobleme aufwerfen. Der makrostrukturelle Aufbau ist also durch die teils willkürliche (»aleatorische«) teils alternierende Koordinierung von Abschnitten unterschiedlicher Erzählerinstanzen gekennzeichnet, wobei die Abfolge der Textabschnitte in zunehmendem Maße im Verlauf des Romans von der Chronologie der erzählten Ereignisse bestimmt ist. 2.1.2. »Cóndores no encierran todos los días« (Cond) (1972) Cond weist keine graphisch markierten Unterteilungen auf und bildet nur einen Teiltext I: der Roman weist durchgehend eine heterodiegetisch-personale Erzählsituation auf (Einzelheiten s. 2.2.1.). Der Teiltext {1} läßt sich in die vergleichsweise große Anzahl von 24 Teiltexten II unterteilen, die in diesem Fall mit der Anzahl der definierten Gliederungsmerkmale übereinstimmt. Diese sind in den meisten Fällen explizit, relativ und punktuell. Die Teiltexte II lassen nur in wenigen Fällen eine weitere Unterteilung in Teiltexte III zu und weisen fast alle auch wechselnde Figurenkonstellationen auf, d.h. einem Wechsel der Zeitstufe im Verlauf der Lektüre entspricht meistens auch ein Wechsel der Figurenkonstellation. Allerdings lassen sich die verschiedenen Figurenkonstellationen auf die hauptsächliche Opposition León María Lozano [2] vs. Einwohner von Tuluá [1], Opfer der Violencia [3] oder einzelne Widerstandskämpfer [4] zurückführen. Die Verteilung der Episodenmerkmale und Figurenkonstellationen bzw. der Teiltexte II und III weist, im Vergleich zu TP nur wenige Verschränkungen auf, d.h. die Reihenfolge der Textabschnitte stimmt im großen und ganzen mit der chronologischen Abfolge der Episodenmerkmale bzw. Teiltexte II überein.

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Diese allgemeinen Feststellungen bedürfen nun allerdings einiger wichtiger Nuancierungen, damit die Beschreibung der Textwirklichkeit und dem Lektüreeindruck gerecht wird. Bei der Definition der Episodenmerkmale sieht man sich sehr bald vor die Schwierigkeit gestellt, Entscheidungen über die Wichtigkeit einer gegebenen Zeitkonkretisation treffen zu müssen. Andernfalls würde man zu einer unübersehbaren Fülle von Teiltexten II kommen. Um die Übersichtlichkeit der Darstellung nicht zu gefährden, wurden daher nicht alle möglichen Zeitstufen, die durch eine Zeitkonkretisation gekennzeichnet sind, schon als Episodenmerkmal bestimmt. Der Grund für diese Selbstbeschränkung ist besonders einleuchtend bei solchen Zeitstufen, die nicht einmal Satzlänge erreichen, ohne deshalb in einen bestimmten übergeordneten Geschehenszusammenhang zu passen, wie etwa bei den zahlreichen »Miniepisoden« (s. z.B. S. 70: »(...) desde el día que por mirar la creciente (...) en seguida de la casa rural.«). Die Häufigkeit dieses Verfahrens weist schon auf die Erzählhaltung des »chisme« hin, die noch im Rahmen der Erzählsituation näher erläutert werden wird. Setzt man aber eine gewisse Rekurrenz einer Zeitstufe in einer Passage voraus oder läßt sich ein Geschehenszusammenhang aus den Geschehensmomenten rekonstruieren, kann eine Hierarchie der Geschehensmomente aufgestellt werden. Es wurden auf diese Weise nur solche Zeitkonkretisationen zur Bildung von Episodenmerkmalen herangezogen, die einen beschreibbaren Geschehenszusammenhang zeitlich bestimmen. Die so gewonnenen Teiltexte beruhen also auf einer beträchtlichen Reduktion der tatsächlichen Gegebenheiten des Textes. Die exemplarische Beschreibung der »mikrostrukturellen« Gliederung eines Teiltextes soll das Vorgehen bei dieser Reduktion verdeutlichen und auf diese Weise die Nachteile desselben wieder wettmachen, indem nun auch auf den Stellenwert der nicht in einen übergeordneten Geschehenszusammenhang integrierbaren Zeitstufen im Gesamtzusammenhang des Romans eingegangen werden kann. Als Beispiel für die vorgenommenen Reduktionen und für die Funktion der nicht integrierbaren Zeitstufen soll der Textabschnitt aus Cond beschrieben werden. Gegenstand der Erzählung ist die Doppelbeziehung, die León María Lozano zu zwei Frauen, Agripina Saigado und María Luisa de la Espada, unterhält. Als Grenzen des Geschehenszusammenhangs wurden hier der Anfang der Beziehung einerseits und die Hochzeit mit Agripina andererseits genommen (S. 25-39). Dieser Handlungsabschnitt umfaßt neun Jahre, wie explizit bemerkt wird (S. 32f.). Trotz weiterer Zeitangaben ist die chronologische Rekonstruktion der miteinander verwobenen Handlungsfäden durch ein ständiges Pendeln zwischen verschiedensten Zeitstufen erheblich erschwert. Der Handlungsfaden des »noviazgo« von León María und Agripina wird durch zahlreiche Nebenepisoden unterbrochen, die z. T. weit in die Zeit nach der Hochzeit vorgreifen, ehe diese selbst geschildert wird. Zunächst lassen sich drei größere Digressionen fest-

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stellen, die sich in den Handlungszusammenhang einschalten: die erste, die die Beziehung von León María und María Luisa de la Espada schildert, zerfallt in eine Beschreibung María Luisas (S.26), eine szenische Darstellung der Beziehung (»una amistad de siete años y nueve meses«, S. 27). Am Ende wird noch auf einen Zeitpunkt vorgegriffen (»una tarde de agosto«, S. 27), der später (S.31) auf zehn Jahre nach der Hochzeit mit Agripina angesetzt wird. Nach dieser Darstellung eines Parallelstrangs zu dem Hauptstrang tritt dieser wieder in den Vordergrund (S.28), um aber sofort wieder von einer zeitlich nicht bestimmbaren, thematisch orientierten Nebenepisode unterbrochen zu werden (S. 29-30). Nachdem der Haupthandlungsfaden noch einmal kurz erwähnt wird (S. 31), folgt eine weitere Nebenepisode, die diesmal weit in die Zeit nach der Hochzeit vorgreift und die szenische Darstellung des Tages bringt, auf den schon in der ersten Nebenepisode kurz verwiesen wurde (»una tarde«, S. 31). Erst an dieser Stelle wird der Zeitpunkt der Hochzeit (»la mañana de diciembre«, S. 32) vom Hauptstrang erreicht, nicht ohne daß vor der szenischen Schilderung dieser Hochzeit (S. 35f.) weitere kurze Nebenepisoden geschildert würden. Hiermit sind aber nur die Zeitstufen berücksichtigt, die eine gewisse Ausgestaltung erfahren, während der Text im einzelnen noch eine Fülle von weiteren Zeitpunkten benennt, die ihrerseits als Verweise innerhalb des Romans aufgefaßt werden können (S. 30 »la condecoración« s. S. 140; id. »los hechos siniestros del queso envenenado« s. S. 133ff.; S. 34 »el día que atajaron la chusma« s. S. 14; und die Verweise auf den Erzählzeitpunkt). Diese Beschreibung der mikrostrukturellen Gliederung zeigt eine Tendenz auf, die der vorgenommenen Hierarchisierung von Geschehensmomenten zuwiderläuft. Es muß also festgehalten werden, daß die im folgenden beschriebene Zeitstruktur nur unter der Bedingung der vorgenommenen Reduktionen den makrostrukturellen Aufbau des Romans kennzeichnet. Zunächst kann also eine Tendenz zur Achronie festgestellt werden. Ebenso wie in TP neben der Tendenz zur Achronie zeitunabhängige Faktoren für die Abfolge von Textabschnitten aufgezeigt werden konnten, können auch viele der in der Mikrostruktur markierten Zeitstufen, die in keinen Geschehenszusammenhang integriert werden können, auf der Ebene des Erzählvorgangs gedeutet werden. Anders als in TP liegen in Cond zwar immer zeitlich bestimmte Geschehensmomente vor, aber auch diese stehen in einem Verhältnis der redundanten Wiederholung zu anderen Textabschnitten. Der entscheidende Unterschied zwischen TP und Cond ist jedoch der, daß in Cond die Wiederholungen an eine einheitliche Erzählerinstanz gebunden sind, so daß sie zu einem Kennzeichen der teilweise markierten Erzählerinstanz werden (vgl. 2.2.). Die große Zahl der expliziten Zeitkonkretisationen fällt von Anfang an bei diesem Roman ins Auge. Dabei finden sich äußerst präzise Angaben (z.B. »siete años y nueve meses exactos« , S. 27), die den Eindruck erwecken, als ließe sich eine rigo-

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rose Chronologie der erzählten Ereignisse herstellen. Dem stehen aber Angaben gegenüber, die nur in Bezug auf die Erzählsituation als präzis bezeichnet werden können (z.B. »el día que los perros ...«, S. 116) und den impliziten Leser ( K - 2 ) im Ungewissen über die relative Beziehung dieser Ereignisse zu anderen der erzählten Welt lassen. Erstens tun sich zwischen den einzelnen Episoden, wenn man sie auf eine Zeitachse bezieht, große Lücken auf, die nicht erzählerisch gefüllt sind, so daß sich die Diskontinuität des Geschehens zeigt. Zweitens aber lassen sich viele der Textabschnitte bzw. kürzere Textpassagen mit Geschehensabläufen nicht eindeutig zeitlich bestimmen. Die expliziten, absoluten Zeitkonkretisationen verdecken die Lückenhaftigkeit der Erzählung. Ein großer Teil der Zeitkonkretisationen ist aber »relativ«, so daß sich dennoch, grosso modo, eine zeitlich bestimmte Reihenfolge der Textabschnitte aufzeigen läßt. Der Roman beginnt mit dem Verweis auf den Erzählzeitpunkt, dessen Abstand zu den ersten datierten Ereignissen ( 1 9 4 9 ) zunächst nicht festzustellen ist. E s werden wieder verschiedenste Zeitstufen angedeutet, die sich aber alle um das zentrale Ereignis des 9. April gruppieren (»foyer temporel«, Genette 1972). Der Textabschnitt , der neben dem Wechsel der Zeitstufe auch durch einen der Figurenkonstellation gekennzeichnet ist, bedeutet auf der Zeitachse des Romans einen Rückgriff, indem hier die Jugendzeit von León María Lozano, die ungefähr auf die Zeit von 1918-1925 verlegt werden kann, erzählt wird. Zugleich schält sich nun langsam León María Lozano als Hauptgestalt des Romangeschehens heraus. Es folgt der Teiltext (3) in chronologischer Reihenfolge (relatives Episodenmerkmal 1 ), ehe noch einmal und diesmal in noch größerem Abstand (»portée«) auf die Vergangenheit zurückgegriffen wird (Teiltext (1)). Der Textabschnitt < 5 > enthält eine Episode aus der Kindheit von León María, in der ihm sein Tod prophezeit wird. Damit wird zugleich der früheste Zeitpunkt des Romangeschehens erreicht, und sein - allerdings noch ungewisser (»paraliptisch«) - Ausgang vorweggenommen. Es folgen die vier Textabschnitte , die zeitlich an Teiltext (3) anschließen, die aber größere, unbestimmte Zeiträume umfassen, und die z. T. denselben Zeitraum mehrmals durchlaufen (Gliederungsmerkmal: Figurenkonstellation). In < 1 0 > wird dann wieder jener Zeitpunkt erreicht und durchschritten, der schon in szenisch dargestellt worden war: die Ereignisse des 9. April 1948. Die verbleibenden Textabschnitte schildern die »Violencia« in Tuluá an Hand einzelner Episoden, deren chronologische Abfolge in den meisten Fällen durch ein relatives Episodenmerkmal gekennzeichnet ist. Dabei ergeben sich vereinzelt Inkohärenzen in den Zeitbestimmungen (vgl. Gilard 1977). Am Ende (Textabschnitt < 3 1 > ) wird wieder der Erzählzeitpunkt erreicht, indem nun auch die unmittelbar vorangehenden Ereignisse (der gewaltsame Tod von León Maria) und die Erwartung der kommenden Reaktionen Tuluás erzählt werden. Ungefähr in der Mitte des Romans (Textabschnitt < 1 8 > ) läßt sich ein größerer

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zeitlicher Sprung feststellen. Durch die Ellipse in dem sonst kontinuierlich erscheinenden Ablauf der Ereignisse ergibt sich eine mögliche Zweiteilung des Romans, die sich auf der Inhaltsebene als »Aufstieg« (Werdegang von León María und die Etablierung des Terrors der »pájaros« in Tuluá) und »Fall« (Vergiftungsversuch, Proteste, Autoritätsverlust des »Condor«) der Hauptfigur beschreiben läßt. Schließlich fällt auf, daß vor allem bei den ersten Episodenmerkmalen nichtpunktuelle Zeitkonkretisationen auftreten. Dazu kommen die genannten Textabschnitte mit gleichbleibendem Episodenmerkmal (Teiltext (3-4), Textabschnitte . Die ersten neun Textabschnitte haben dadurch den Charakter einer »Exposition« 2 für den Roman. Aus der Beschreibung der Abfolge der Teiltexte kann nun - mit all der gebotenen Vorsicht aus den dargelegten Gründen - das Zeitarrangement dieses Romans als das einer »komplexen Zeitzirkularität« (de Toro 1986:38f.) beschrieben werden: der Erzähler erwähnt von einem fiktionsinternen Zeitpunkt ausgehend (hier: »hoy«, anderthalb Jahre nach León Marías Verbannung aus Tuluá) ein zukünftiges Ereignis (hier: »mañana«), darauf ein vergangenes (die »Violencia« in Tuluá) und von hier erzählt er alle Ereignisse in linearer Abfolge, bis er wieder das zukünftige Ereignis erreicht. Neben León María Lozano tritt eine große Zahl von Figuren in dem Roman auf, die entweder nur in bestimmten einzelnen Episoden erscheinen oder nur als Randfiguren fungieren. Als konstantes Gegenüber der Hauptfigur León Maria läßt sich somit die Gemeinschaft von Tuluá bezeichnen. Diese Interpretation wird durch die anthropomorphisierende Darstellung der Stadt unterstützt und erlaubt erneut eine vertikale Zweiteilung in eine private und eine öffentliche Geschichte (s. TP). Der Roman umfaßt beinahe die ganze Lebenszeit von León María, etwa vierzig Jahre. Dabei ist den vier Jahren der »Violencia« (1948-1952) mehr als die Hälfte des Romans gewidmet. Wenn auch die Rekonstruktion der Ereignisfolge in Cond weniger aufwendig ist als in TP, bleibt doch auch in diesem Fall der Zeitaufbau durch Aussparungen, komplexe Häufungen verschiedener Zeitstufen und heterogene Zeithinweise schwer zugänglich. Das herausgearbeitete chronologische Gerüst gibt nur annäherungsweise ein Bild der Zeitgestaltung auf mikrostruktureller Ebene, die von einer Tendenz zu Achronie gekennzeichnet ist. Dazu trägt auch der häufige Hinweis auf den Erzählzeitpunkt, der auf diese Weise als Hintergrund ständig präsent bleibt, bei. 2.1.3. »Dabeiba« (Dab) (1972) Dab enthält als einziger Roman von Gustavo Alvarez Gardeazábal kein Datum oder andere Hinweise (Eigennamen u.a.), die einen Bezug des erzählten Geschehens auf historische Ereignisse anzeigen. Ein weiterer Unterschied zu den zuvor behandelten und den meisten folgenden Romanen besteht in dem geringen zeitlichen Umfang des Geschehens (dreieinhalb Tage). Außerdem fehlt eine zentrale Figur, es sei denn, man

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nimmt, wie in den anderen Romanen Tuluä, das Dorfkollektiv von Dabeiba als Hauptfigur. Der Romantext ist in fünf graphisch abgesetzte Teile unterschiedlicher Länge unterteilt, die in zwei Teiltexte erster Ordnung unterteilt werden können, von denen aber der Teiltext {1} fast die Gesamtheit des Textes ausmacht. Das erzählte Geschehen der fünf Teile umfaßt jeweils einen Tag und/oder die folgende Nacht. Die Abfolge der Teile entspricht der chronologischen Abfolge der Tage. Genau in der Mitte des Romans ereignet sich das wichtigste Ereignis, der »bataclän« 3 , auf den das Geschehen in den beiden ersten Teilen hindeutet, und auf den es auch in den folgenden Teilen bezogen bleibt. Dieses Ereignis ist nur umrißhaft als eine technologische Katastrophe (der Bruch einer Staumauer) erkennbar. Es liegt also ein »pyramidaler« Aufbau vor (vgl. 3.1.1.). Die Zeitbehandlung ist wie in Cond durch eine solche Fülle von einzelnen Zeitstufen gekennzeichnet, daß sie zur Segmentierung nur in begrenztem Umfang berücksichtigt werden konnte (vgl. die Ausführungen zur Mikrostruktur in 2.1.1.). Es können zwei Gruppen von Teiltexten zweiter Ordnung gebildet werden, die eine erste Orientierung ermöglichen. Demnach beziehen sich alle Zeitstufen entweder auf den »Haupthandlungsstrang«, also die Geschehensmomente, die auf die dreieinhalb Tage bezogen werden können, oder auf andere, weiter zurückliegende Einzelereignisse, die aber ihrerseits in keinem Handlungszusammenhang stehen. Es wurden nur Episodenmerkmale definiert, die sich auf Zeitstufen des »Haupthandlungsstranges« beziehen. Dabei ergeben sich fünf Episodenmerkmale und ebenso viele Teiltexte II beim Teiltext {1}, die ihrerseits mit der graphischen Unterteilung übereinstimmen. Da die große Anzahl weiterer Zeitstufen in keinem Handlungszusammenhang steht, sind sie der jeweiligen Figurenkonstellation hierarchisch untergeordnet. Die weitere Unterteilung der Teiltexte (1-5) wurde mit dem Merkmal der Figurenkonstellation vorgenommen. Die vielen verschiedenen Figurenkonstellationen wurden wieder durch Gruppierung etwas übersichtlicher gestaltet, wobei sich allerdings anders als in Cond kein polares Schema herausschält. Bei der Segmentierung der fünf Teiltexte II auf der Grundlage der 38 Figurenkonstellationen (bzw. 20 Gruppierungen) ergeben sich 51 Teiltexte III. In jedem der fünf Teile bzw. Teiltexte II weist die Abfolge von Teiltexten III besondere Prinzipien auf, die im folgenden beschrieben werden sollen. Der erste Teiltext II (38 Seiten) kombiniert zwei Geschehensebenen: die eine umfaßt den Tagesablauf der Krankenschwester Melida Cruz von morgens früh bis Mitternacht eines Tages und bildet einen roten Faden, an den sich eine Fülle von einzelnen Episoden aus dem Leben der Figuren, zu denen Melida Cruz geht, als eine zweite Ebene knüpft (zu den Verfahren der Verbindung vgl. 2.2.1.). Die Reihenfolge des Auftretens von neuen Figuren ist durch die erste Ebene, durch den »Stundenplan«

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von Melida Cruz, bestimmt. Durch diese Reihenfolge liegt der Abfolge von Teiltexten III zwar ein gewisser Zeitfaktor zugrunde, der aber keine kausalen Verknüpfungen zwischen den Geschehensmomenten der aufeinanderfolgenden Teiltexte i n herzustellen erlaubt. Denn dieses Strukturprinzip verknüpft einzelne Episoden der zweiten Ebene, ohne einen Handlungszusammenhang zwischen den Einzelereignissen entstehen zu lassen. Die jeweilige Digression von der ersten Handlungsebene, die einen größeren Raum der Erzählung einnimmt als das Geschehen der ersten Ebene, scheint der Dauer des Besuchs von Melida bei dem jeweiligen Patienten zu entsprechen. Diese Deutung wird dadurch nahegelegt, daß auf ihn immer wieder verwiesen wird. Die Ereignisse der zweiten Ebene beziehen sich aber nur teilweise auf den Besuch der Krankenschwester, und dann auch nicht auf den Tag der ersten Handlungsebene, sondern sie bilden eine zeitlose Darstellung der regelmäßigen Besuche von Melida, verknüpft mit Beschreibungen und kleineren Episoden zu den Figuren. Bezogen auf das Gesamtgeschehen des Romans fungieren die Teiltexte HI des ersten Teiltextes II als expositorische Einführung zu den einzelnen Figuren, aber ohne daß sich ein Handlungszusammenhang zwischen ihnen abzeichnet. Die Zusammengehörigkeit der Figuren ist, wenn man einmal von ihrer Eigenschaft als Bewohner Dabeibas absieht, nur durch den Handlungsstrang mit Melida (Textabschnitte ) begründet. Der zweite Teiltext II umfaßt die auf den ersten Teiltext II folgende Nacht bis 4 Uhr morgens des zweiten Tages, dem Moment des »bataclän«. Der gleiche Zeitraum wird in jedem der Teiltexte III dieses Abschnitts, also insgesamt neunmal, durchlaufen, wobei jedes Mal die Situation einer aus (1) »bekannten« Figur bis zum »bataclän« beschrieben wird. Die neun Teiltexte HI gewinnen außerdem an Geschlossenheit - bei gleichzeitigem inhaltlichen, wenngleich ironischem »suspense« dadurch, daß sie von einer refrainartigen »Coda« abgeschlossen werden. Am Ende jedes Teiltextes m wird der Zustand, in dem die Figuren des jeweiligen vorangehenden Teiltextes III belassen wurden, noch einmal erwähnt, ehe das Eintreten des »bataclän« den Teiltext III beschließt. Diese »Coda« wächst daher im Verlauf des zweiten Teils an, bis alle Figuren zusammengefaßt erscheinen. Sie wird aber im Detail der Formulierungen variiert (vgl. z.B. S. 91f. und S. 101). Die Abfolge der Teiltexte III ist in diesem Teiltext II fast deckungsgleich mit der im Teiltext II (1), obwohl hier eine Handlungsebene fehlt, die diese Reihenfolge »rechtfertigt«. Der dritte Teiltext II zeigt einen zeitlichen Aufbau, der wie eine Verbindung der Strukturen von (1) und (2) wirkt: der Zeitraum des auf (2) folgenden Tages wird mehrmals durchlaufen, aber so, daß jeder Teiltext III den Zeitraum des vorangehenden Teiltextes III weiter ausdehnt, derart, daß der letzte Teiltext III des Teiltextes II (3) den gesamten Tag umfaßt. Es werden die Reaktionen der Figuren auf das Ereignis des »bataclän« geschildert. Sie bleiben weiterhin voneinander isoliert. Erst die Ankunft von Ingenieuren von außerhalb des Dorfes (Figurenkonstellation [15]) scheint,

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am Ende des Teiltextes II (3), neue Möglichkeiten zu eröffnen, die Passivität der Einwohner zu überwinden. Der vierte Teiltext II ist der kürzeste (20 Seiten), umfaßt aber den größten Zeitraum (24 Stunden) und folgt auf einen zeitlichen Sprung (die Nacht zwischen (3) und (4) wird nicht erzählt). Der Verlauf der Ereignisse ist durch präzise Uhrzeitangaben gekennzeichnet und wird in streng chronologischer Abfolge erzählt, wird aber durch kürzere Digressionen ständig unterbrochen. Das Geschehen wird wieder durch zwei Parallelstränge bestimmt, die aber beide diesmal auch zeitlich parallel liegen: einerseits die Vorbereitung der Evakuierung von Dabeiba, die von den Ingenieuren des Hubschraubers angeordnet wird und die wieder Anlaß ist, jede Figur in ihrem Tun zu zeigen, andererseits die Agonie von Maria Luisa, der Nichte des Pfarrers und Erzfeindin der Wahrsagerin Josefina Jaramillo. Der fünfte Teiltext II umfaßt den vierten Tag von morgens 6 Uhr 30 bis nachmittags 16 Uhr 10. Der Erzählzeitpunkt, der in einzelnen Verweisen im Verlauf des Romans von Anfang an immer wieder erscheint, läßt sich nun in Bezug zum erzählten Geschehen auf 19 Uhr dieses vierten Tages festlegen. Zunächst findet sich wieder die gleiche Abfolge von Teiltexten III [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8], die schon in den anderen Teiltexten II zu beobachten war, ehe nun ganz am Ende plötzlich neue Figuren auftreten (Figurenkonstellationen [17, 18, 19, 20]), die das Geschehen einer scheinbaren »Auflösung« näherbringen. Die Abfolge der Ereignisse des »Haupthandlungsstrangs« ist wieder durch zahlreiche Zeitangaben deutlich zeitlich determiniert, während bei den Episoden ohne übergreifenden Handlungszusammenhang wegen der Aussparung von Zeithinweisen keine rigorose Chronologie der erzählten Ereignisse rekonstruiert werden kann. Wie die Beschreibung des makrostrukturellen Aufbaus zeigt, liegt auch diesem Roman eine Chronologie zugrunde, die aber auf der Ebene der einzelnen Abschnitte durch Struktunmerkmale überlagert ist, die weder zeitlich noch durch die Figurenkonstellation bestimmt sind. Es handelt sich um kombinatorische Varianten der Abfolge von figurenzentrierten Teiltexten, wobei jedem der fünf Teiltexte II ein eigenes Prinzip zugrunde liegt. Diese Varianten sind nicht durch die erzählten Ereignisse bedingt, sondern müssen auf der Ebene des Erzählvorgangs angesiedelt werden. Obwohl eine einheitliche Erzählsituation vorliegt, ergeben sich also Unterteilungskriterien, die auf die Ebene des Erzählvorgangs verweisen. Der chronologisch aufgebaute Handlungsstrang, der die dreieinhalb Tage des Dorfes schildert, wird ständig von Digressionen unterbrochen, die aber ihrerseits keinen eigenen homogenen Handlungszusammenhang bilden, der nur alternierend mit dem ersten Strang erschiene und vom ersten Strang unabhängig wäre (was einer »impliziten Synchronie« in der Terminologie von de Toro (1986) gleichkäme). Trotz noch so umfangreicher Digressionen kehrt die Erzählung immer wieder unvermutet zu dem Haupthandlungsstrang zurück, der damit durch die Fülle und Länge der Ab-

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Schweifungen in seiner Bedeutung stark reduziert scheint. Die Unterscheidung von Hauptgeschehen und Digression wird aufgehoben und eine funktionale Zuordnung der Geschehensebenen wird problematisch. Auch in diesem Fall muß daher eher von einer Tendenz zur Achronie gesprochen werden, obwohl sich bei starker Reduktion der berücksichtigten Geschehensmomente ein chronologisches Zeitgeriist in einem Handlungsstrang ausmachen läßt. Die Reduktion der Bedeutung des zeitlich determinierten Geschehens gegenüber anderen Kompositionsprinzipien zeigt sich auch bei der Unterbrechung der Darstellung von Geschehnisabläufen, die auf diese Weise im Verlauf der Lektüre den Eindruck des Fragmentarischen und der Unabgeschlossenheit einzelner Handlungszusammenhänge erwecken, selbst wenn der Zusammenhang am Ende doch noch hergestellt wird. So unterbrechen viele zeitliche, »explikative« Rückgriffe immer wieder den »Haupthandlungsstrang«. Diese sind so häufig, daß, wie gesagt, eine zweite, allerdings nicht zusammenhängende Geschehensebene entsteht, die sich auch nie völlig von dem Haupstrang absetzt. Innerhalb des Hauptstranges selbst werden dagegen weder Vor- noch Rückgriffe vorgenommen. Daraus resultiert ein eigentümlich »unkoordiniertes« Verhältnis, wie es an einem Beispiel für mehrere Fälle erläutert werden kann. Die Figur des Rudesindo Jaramillo erscheint zunächst beiläufig in einer Digression (S.9), wo von ihrem mysteriösen Verschwinden, zu einem gegenüber dem Zeitpunkt des Geschehens im »Haupthandlungsstrang« unbestimmt weit zurückliegenden Zeitpunkt berichtet wird. Auf die Figur wird noch vereinzelt verwiesen (S. 17, 51), aber ohne daß das Geheimnis ihres Verschwindens - weder für die Figuren noch für den Adressaten - geklärt wird. Sehr viel später (S. 198) erwähnt der Erzähler wieder die Figur, die diesmal als Akteur im Geschehen des Hauptstranges erscheint. Da aus der Erzählersicht beide Ereignisse in der Vergangenheit liegen, ergibt sich der Mangel an Koordinierung in der Darstellung dadurch, daß die beiden Teile der Episode im Text so weit auseinander gerissen sind, daß der Leser (K-2) nur schwerlich die Beziehungen herstellen kann. Die auktoriale Übersicht über die gesamte Vergangenheit, die der Erzähler in Bezug auf die zahlreichen Einzelpersonen zu den Figuren zu haben scheint, hat er nicht auf der Ebene des »Haupthandlungsstranges«, wo er zu einem personalen Erzähler wird. Die Verfahren des »Arrangements« der erzählten Ereignisse durch den Erzähler betreffen also im Grunde solche der Kombinierung unterschiedlicher Perspektiven. 2.1.4. »El bazar de los idiotas« (BI) (1974)

Die insgesamt 17 Kapitel des Romans zerfallen, wenn man zunächst nur das erzählte Geschehen betrachtet, in zwei alternierende Kapitelreihen (im folgenden: A und B): in den mit ungeraden Zahlen (I,III, V, ... = A) bezifferten Kapiteln wird das Leben von Marcianita Barona und ihren Söhnen, den Wunder vollbringenden Idioten in Tuluä, von Marcianitas Geburt bis zum gewaltsamen Tod der Söhne erzählt. In den

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mit geraden Zahlen bezifferten Kapiteln (II,IV,VI, ... = B) werden jeweils Lebensläufe einzelner unterschiedlicher Figuren, alles Einwohner von Tuluá, dargestellt. Die Kontinuität des Geschehenszusammenhangs in den ungerade bezifferten Kapiteln gegenüber den inhaltlich in sich abgeschlossenen, wenngleich nicht vollständigen, gerade bezifferten Kapiteln rechtfertigt es, die erste Kapitelreihe als den »Hauptstrang« des Romans zu bezeichnen. Trotz ihrer inhaltlichen Unterschiede bestehen in den beiden Kapitelreihen aber auch Übereinstimmungen in verschiedenen inhaltlichen Merkmalen: dem Ort, den »idiotas«, vereinzelten Querverweisen auf Figuren und Ereignisse in den Kapiteln der jeweils anderen Kapitelreihe 4 und schließlich auch in der Zeit. Was die Erzählsituation in den beiden Reihen betrifft, so ist das Verhältnis zwischen ihnen ambivalent. Zunächst einmal sind die formalen Merkmale der Erzählsituation in allen Kapiteln gleich (heterodiegetisch-auktorial, personalisiert), so daß nur ein Teiltext erster Ordnung vorliegt. Es werden nun aber zum Beispiel die Kapitel II und IV am Schluß durch einen Satz an die Handlung des Hauptstranges angeschlossen (»Fue en ese momento cuando alguien decidió llevarlo ante los idiotas.« (S. 42 bzw. S. 79). Es handelt sich dabei um einen Verweis auf die »idiotas«, der, entsprechend dem langsameren Fortschreiten der Zeit in den Marcianita-Kapiteln, zunächst einen Vorgriff innerhalb der Zeit des Gesamtgeschehens darstellt. Durch den Verweis auf die »idiotas« in den beiden Kapiteln der Reihe B vor ihrer Einführung in den Kapiteln der Reihe A entsteht für den Leser (K-2) der Eindruck, daß es sich in den beiden Kapitelreihen nicht um dieselbe Erzählerinstanz bzw. denselben Adressaten handelt, obwohl die formalen Merkmale der Erzählsituation und Erzählperspektive in beiden Kapitelreihen die gleichen sind. Durch die Verwendung des bestimmten Artikels zur Bezeichnung der »idiotas« in dem zitierten Satz wird beim Adressaten der Reihe B ein anderer Kenntnisstand vorausgesetzt als bei dem der Reihe A, so daß die vorliegende Abfolge der Kapitel nicht durch die Erzählerinstanz koordiniert zu sein scheint. Die Koordinierung der beiden Kapitelsorten muß demnach nicht der Erzählerinstanz zugeschrieben, sondern auf die Ebene K-2 verlagert werden. Entsprechend muß der abstrakte Leser bei der Erwähnung der »idiotas« in dem zitierten Fall auf den Titel des Romans, der nicht der Ebene K-3 zugehört, rekurrieren. Entgegen der entwickelten Erwartungshaltung des abstrakten Lesers betreffs dieser impliziten Koordinierungsanweisung fehlt nun aber ein weiterer Hinweis auf die »idiotas« am Ende von Kapitel VI (S.115), obwohl das erzählte Geschehen in Kapitel VI auf die gleiche Weise mit den Kapiteln des Hauptstranges verflochten wird, wie das der beiden anderen Kapitel. Die Druchbrechung des angedeuteten Koordinierungsschemas erneuert so die Reflexion der Erzähler- bzw. Leserfunktion durch den abstrakten Leser. Die Episodenmerkmale, die zur weiteren Gliederung in Teiltexte II definiert wurden, orientieren sich am Haupthandlungsstrang, in dessen zeitlichen Rahmen sich die anderen Kapitel einfügen. Es wurden neun Episodenmerkmale definiert, die jeweils

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durch einen Einschnitt in dem Geschehen des Haupthandlungsstrangs bestimmt wurden (implizit und relativ), der jeweils mit den Kapitelgrenzen übereinstimmt. Eine Datierung zu Beginn des Romans erlaubt auf der Grundlage der ansonsten immer relativen Zeitangaben alle Episodenmerkmale auch mit Jahreszahlen zu definieren. In einer graphischen Übersicht wird anschaulich gemacht, wie sich die Aktzeit der beiden Kapitelreihen, wenn man sie auf eine gemeinsame Zeitachse bezieht, zueinander und zur Position im Text verhalten. Es wird die Kontinuität der Reihe A gegenüber der Reihe B deutlich, schon unabhängig von der sich in der Reihe B ja auch ständig verändernden Figurenkonstellation. Nimmt man die Reihe A für sich, so folgen ihre Textabschnitte (bzw. Kapitel) also der Chronologie der Ereignisse. Die Reihe B wird, ohne selbst einen Handlungsstrang zu bilden (ständig wechselnde Figurenkonstellation), in diese Abfolge alternierend mit den Teiltexten II der Reihe A eingeschaltet und bleibt innerhalb des zeitlichen Rahmens, der durch den Haupthandlungsstrang gesteckt wird. Bei genauerer Betrachtung weist der Hauptstrang zu Beginn (innerhalb des Teiltextes II (1)) die schon in Cond beobachtete zirkuläre Zeitstruktur auf: ausgehend von dem Erzählzeitpunkt wird schrittweise ein Anfangspunkt der Geschichte erreicht, welcher in der Ankunft des Padre Tascón, des Vaters von Marcianita, liegt. Dann wird chronologisch und kontinuierlich, nur unterbrochen von den ungerade numerierten Kapiteln, Marcianitas Leben bis zum Tode ihrer Söhne im 17. Kapitel erzählt. Die Angabe ihres Geburtsdatums (31. 10. 1916) sowie die Zeithinweise im Verlauf des Romans erlauben auch eine ungefähre Bestimmung des zeitlichen Umfangs der einzelnen Kapitel und des Gesamtromans (ungefähr 40 Jahre) 5 . Während die Kapitellänge konstant bleibt, verringert sich der Umfang der erzählten Zeit beträchtlich ab Kapitel XI: umfassen die Kapitel I-IX jeweils mehrere Jahre, so decken die restlichen Kapitel nur noch einige Wochen oder Monate (vgl. auch Cond.). Von den acht Kapiteln der zweiten Reihe reichen fünf bis an den Erzählzeitpunkt. Ihr Anfangspunkt im Verhältnis zum Hauptstrang ist, bis auf eine signifikante Ausnahme, nicht mit Bestimmtheit festzustellen (gestrichelte Linien). Sie umfassen jedes Mal einen Zeitraum, der größer ist als die in den neun Episodenmerkmalen definierten Zeiträume, so daß die entsprechenden Angaben in der schematischen Übersicht mehrere Episodenmerkmale einschließen. Eine genauere Zuweisung der Textpassagen in jedem der Kapitel zu den jeweiligen Episodenmerkmalen, wodurch der Textumfang jedes Teiltextes II genau bestimmt werden könnte, ist aufgrund der Textgegebenheiten nicht möglich. Diese Kapitel wahren dadurch eine noch größere Unabhängigkeit von dem Hauptstrang und untereinander, als es die graphische Übersicht, die ja auch nicht die Figurenkonstellation anzeigt, suggeriert. In Kapitel XIV bereitet sich dann jedoch eine Zusammenführung der beiden Kapitelreihen vor, die von Anfang an angedeutet worden war. Es enthält die Lebensgeschichte des unehelichen Sohnes, den Marcianitas Mann, Nemesio Rodríguez, mit Rocío Jojoa gezeugt hat,

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und der dem Wunderspuk in Tuluä durch ein Attentat auf die »idiotas« ein Ende macht. Dieses geschieht in XVII, wo die Zusammenfiihrung der beiden Reihen schließlich vollzogen wird, wodurch sich die ungerade Gesamtzahl von Kapiteln ergibt. Am Ende von XVII wird schließlich wieder der Erzählzeitpunkt erreicht, der kurz nach der Ermordung der »idiotas« liegt.Bei der Benennung der Figurenkonstellationen wurde der inhaltlichen Polarität durch die Gruppierung aller zu Marcianita gehörigen Figurenkonstellationen unter eine Ziffer Rechnung getragen. Sie entsprechen jeweils genau einem Episodenmerkmal bzw. Teiltext II, während die anderen Figurenkonstellationen als Teiltext III mehrerer Teiltexte II auftreten. Der makrostrukturelle Aufbau von Bl erweist sich also als vergleichsweise überschaubar. Er könnte zusammenfassend als bipolar und konvergierend bezeichnet werden und zeigt deutliche Übereinstimmung mit dem Aufbau von Cond (bezogen auf den Haupthandlungsstrang) und einzelner Teile von Dab (bezogen auf den Gesamtaufbau). 2.1.5. »El titiritero« (Tit) (1977) Die insgesamt 46 Abschnitte dieses Romans sind durch arabische Ziffern von 1-6 gekennzeichnet, die in einer bestimmten Abfolge sich wiederholend auftreten. Dadurch werden Reihen von gleich bezifferten Abschnitten gebildet, die im folgenden als »Stränge« bezeichnet werden sollen. Die Gesamtheit der Abschnitte ist zudem durch sechs Kapitelüberschriften in Form von Wandparolen in sieben Teile unterteilt. Kennzeichnet man die so entstandenen Teile mit römischen Ziffern von I-VII, ergibt sich aus der Abfolge der arabisch bezifferten Abschnitte die folgende Übersicht: I :

1-2-3-4-5

5

II :

1 -3-6-2-3-4-5

7

III:

1-6-2-4-3-6-5

7

IV :

1-6-3-4-2-6-5

7

V :

1-2-3-5-4-5-6

7

VI :

1-3-2-4-5

5

VH:

1-3-2-4-6-1-3-2

8 46

57

Frequenz nach Strängen: 1

:

8 mal (50 S.)

2

:

8 mal (18 S.)

3

:

9 mal (45 S.)

4

:

7 mal (39 S.)

5

:

7 mal (30 S.)

6

:

7 mal (31 S.)

Die vorgenommene Gruppierung in sieben Teile ist, wie die Übersicht zeigt, nicht nur durch die graphisch angezeigte Unterteilung gerechtfertigt. Die so entstandenen Teile weisen zusätzlich Regelmäßigkeiten in der Abfolge der Abschnitte auf, die sie zu in sich abgeschlossenen Einheiten machen: alle sieben Teile beginnen mit einem Abschnitt des mit »1« bezifferten Stranges, der durch diese Stellung, durch seinen Anteil an der Gesamtseitenzahl und auch durch seine inhaltliche Bedeutung den Hauptstrang des Romans bildet. Bis auf den letzten Teil findet sich in jedem Teil ein Abschnitt des fünften Stranges jeweils (fast) am Ende. Die auf den ersten Blick verwirrende und regellose Folge der Abschnitte reduziert sich also auf die wechselnde und willkürliche Abfolge der Reihen »2, 3,4«, und »6« innerhalb der Teile. Die Bezifferung der Abschnitte erfüllt eine Funktion als Orientierungshilfe auf der Ebene K-2, indem dadurch Abschnitte zu einer Reihe oder zu einem »Strang« zusammengefaßt werden, die weder durch eine einheitliche Erzählsituation noch gemeinsame Merkmale des Geschehens als zusammengehörig erkennbar sind. Dies ist insbesondere im Übergang vom ersten zum zweiten Teil der Fall, wo die Erzählsituationen und die erzählte Zeit innerhalb fast aller mit derselben Ziffer gekennzeichneten Gruppierungen von Abschnitten wechseln. Die im Roman vorliegende Unterteilung beruht also auf keinem der Gliederungsmerkmale, die hier zur Segmentierung in Teiltexte herangezogen werden, sondern umfaßt immer eine Kombination mehrerer Merkmale und ist zusätzlich auf der Ebene K-2 indiziert 6 . Im Gegensatz zur Unterteilung in TP und Div, in denen zwischen den Abschnitten keine Markierungen, die eine Hierarchisierung von Handlungssträngen oder Gruppierungen nach der Erzählsituation oder anderen Kriterien erlauben, vorliegen, wird in Tit dem abstrakten Leser durch die Bezifferung eine Zusammengehörigkeit bestimmter Abschnitte unabhängig von der jeweiligen Erzählsituation oder den Merkmalen des erzählten Geschehens signalisiert. Oder mit anderen Worten: die Koordinierung unterschiedlicher Erzählsi-

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tuationen wird auf der Ebene K-2 durch graphische Zeichen und die Rekurrenz in der Kombinatorik von Abschnitten gewährleistet. Nun wechselt zwar die Erzählsituation auch innerhalb der einzelnen Stränge, aber nicht in allen Abschnitten desselben Stranges. Jeder Strang setzt sich vielmehr aus maximal drei unterschiedlichen Erzählsituationen zusammen. Wenn man eine Gruppierung von Abschnitten der gleichen Erzählsituationen für den ganzen Roman vornimmt, ergeben sich insgesamt sieben unterschiedliche Erzählsituationen, von denen jede einzelne maximal in drei unterschiedlichen Strängen auftreten kann. Es gibt also in unterschiedlichen Strängen gleiche Erzählsituationen, die sich allerdings zusätzlich in einzelnen Komponenten des Erzählvorgangs (Person des Sprechers oder Adressaten) oder in der Tendenz der Perspektivierung unterscheiden können (vgl. 2.2.3.). Berücksichtigt man diese Varianten, kommt man auf insgesamt fünfzehn Teiltexte erster Ordnung (z.B. wechselt in Teiltext I {5} in jedem Abschnitt der Adressat und Sprechzeitpunkt). Zur Wahrung größerer Übersichtlichkeit wurden nur sieben Teiltexte I markiert. In den Strängen »1«, »2« und »3« wechselt die Erzählsituation im Übergang vom ersten zum zweiten Teil und in »1« und »2« auch noch einmal zum dritten Teil. In dem letzten Teil kehrt die Erzählsituation wieder zu der des ersten bzw. zweiten Teils zurück, so daß die drei Stränge, mit leichter Variation in der Verteilung ihrer Abschnitte alle gemeinsam haben, daß die Abschnitte der mittleren Teile (III-V bzw. VI), die innerhalb der Stränge »1« und »3« dieselbe und in »2« eine einheitliche Erzählsituation aufweisen, von einem Rahmen umgeben werden. Der vierte Strang wird dagegen durchgehend in heterodiegetisch-auktorialer Erzählsituation erzählt (vgl. die Beschreibung der Erzählsituation und ihre Verteilung auf die Abschnitte im einzelnen in 2.2.2.2.). Bei einer großzügigen Bestimmung der Zeitstufen kommt man zu vier unterscheidbaren Episodenmerkmalen, denen das Gesamtgeschehen zugeordnet ist. Bei der Unterteilung der sieben Teiltexte I nach diesem Merkmal ergeben sich 12 Teiltexte II. Werden diese nun ihrerseits mit dem Merkmal der Figurenkonstellation in Teiltexte III unterteilt, erhält man 18 Teiltexte III. Jeder der insgesamt 46 Abschnitte ist jetzt durch eine Merkmalskombination der drei Merkmale beschreibbar, so daß sichtbar wird, welche Abschnitte einer gemeinsamen Merkmalskombination zugehören. Es stellt sich dabei heraus, daß von allen möglichen Merkmalskombinationen nur 18 realisiert sind, so daß die meisten von ihnen aus mehreren Abschnitten bestehen. Diese Gruppierungen sind die eigentlichen »Textteile« des Romans und können an der Aufstellung der Teiltexte abgelesen werden. Nur bei einigen Abschnitten in den Strängen »1« - »4« kann von einer zeitlichen Abfolge des Geschehens gesprochen werden, während »5« und »6« aus Abschnitten bestehen, die größtenteils thematisch bestimmt sind. Während das Geschehen aller

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Abschnitte des ersten Teils zeitgleich zu einem zunächst nicht im Verhältnis zum Gesamtgeschehen bestimmbaren Erzählzeitpunkt liegt, sind die Abschnitte in den folgenden Teilen (II-VII) insgesamt in chronologischer Abfolge angeordnet, indem das erzählte, bzw. in einem Theaterstück zur Darstellung gebrachte Geschehen in den zentralen Abschnitten der Stränge »1-4« aus unterschiedlicher zeitlicher Distanz auf die Studentenunruhen am 26. Februar 1971 zustrebt. Am Ende läßt sich auch der im ersten Teil (I) markierte Erzählzeitpunkt als ungefähr fünfzehn Jahre nach den Studentenunruhen gelegen angeben. Es zeichnet sich also auch in diesem Roman eine zirkuläre Zeitstruktur ab, wobei aber in noch größerem Maße als es schon in den vorangegangenen Romanen der Fall war, die Fragmentierung des Geschehens und die besondere Erzählsituation in Rechnung gestellt werden müssen, wodurch der Zeitfaktor in seiner Bedeutung stark eingeschränkt wird. Es sollen daher hier neben der allgemeinen Tendenz zur Konvergenz des erzählten Geschehens nur noch einzelne Gesichtspunkte der Zeitstruktur angesprochen werden, insofern sie für die Erzählsituation von besonderer Bedeutung sind. Das in dem ersten Strang »1« erzählte Geschehen, das um den Protagonisten (und in den meisten Abschnitten auch Erzähler) Jalisco kreist, reicht in die Zeit der »Violencia« zurück. Der Abschnitt , der die Beerdigung von Jaliscos Vater schildert, stimmt z. T. wörtlich mit dem Abschnitt , der Jaliscos Totenwache erzählt, überein. Dies läßt sich als ein Beispiel für Handlungszirkularität anführen: sie liegt vor, wenn »gleich strukturierte Situationen, die am Anfang des Romans vorhanden waren und im Laufe des Romans überwunden schienen, am Ende wieder eintreten« (de Toro 1986:39). Diese Wiederholung muß aber vor dem Hintergrund der Erzählsituation des gesamten Romans verstanden werden, wodurch sie zu einer textuellen Wiederholung wird, die weder eine Handlungs- noch eine Zeitzirkularität abbildet, sondern ein literarisches Verfahren reflektiert (vgl. 3.2.1.). In zwei dem dritten Strang zugehörigen Abschnitten zeigt sich durch die Wiederholung einer Szene (Abschnitt bzw. ) dasselbe Verfahren in etwas abgewandelter Form. Die zeitliche Situierung von ist in diesem Fall vor . Das erzählte Geschehen wird zunächst in als »récit itératif« geschildert, während es in als das erste Vorkommen einer Serie von wiederholten Handlungen erscheint. Im Rahmen der Erzählsituation des ganzen Romans ist diese Wiederholung als ein Indiz für die Vertextungsstrategie des »autor-titiritero« zu deuten. Der vierte Strang, der wie gesagt durchgehend in heterodiegetisch-auktorialer Erzählsituation erzählt wird, enthält die Erzählung der Intrigen des Dr. Ollano in chronologischer Abfolge, mit Ausnahme des ersten Abschnitts, der wie alle anderen des ersten Teils den Erzählzeitpunkt markiert und ein synoptisch-simultanes Geschehen erzählt. Die verbleibenden Stränge fünf und sechs liegen teilweise außerhalb der zeitlichen Strukturierung. »5« enthält Episoden und Kommentare des Literaturprofessors (»autor-titiritero«), die größtenteils thematisch bestimmt sind. »6« besteht aus Inter-

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views, die der »autor-titiritero« mit verschiedenen Augenzeugen der Ereignisse des 26. 2.1971 aus Anlaß der Jahresfeier geführt hat. Die Gesamtstruktur des makrostrukturellen Aufbaus läßt sich zusammenfassend als fragmentiert, chronologisch und konvergierend beschreiben. Das erzählte Geschehen in allen Strängen strebt im Verlauf des Romans auf den 26. 2. 1971 zu, der im siebten Teil Gegenstand der Darstellung in fast allen Abschnitten ist (Episodenmerkmal (2) in den Textabschnitten ). Während noch im ersten Teil der Zusammenhang des erzählten Geschehens der Abschnitte 1 - 4 allein durch den Kommentar im Abschnitt des fünften Strangs gewährleistet ist, konvergiert das Geschehen in den Strängen zunehmend, bis sie sich als unterschiedliche Perspektiven desselben Ereignisses herausstellen. Bezeichnenderweise fehlt im letzten Teil ein Abschnitt des kommentierenden fünften Stranges. Diese Konvergenz in der Geschehensdarstellung wirkt der Fragmentierung in einzelne Abschnitte entgegen. Die durch die Fragmentierung eröffnete Möglichkeit unterschiedlicher Lektüren auf der Grundlage der Ausnutzung kombinatorischer Varianten (der Bezifferung, der Erzählsituationen o. a.) wird durch diese wechselseitige Bezogenheit der Stränge aufeinander letztlich doch zu einer linearen Abfolge eingeschränkt. 2.1.6. »Los míos« (IM) (1981) In diesem Roman liegt eine einheitliche und zwar homodiegetisch-auktoriale Erzählsituation mit gleichbleibender Erzählerinstanz, einer namenlosen Erzählerin, vor. Er bildet also einen einzigen Teiltext erster Ordnung. Dabei kann allerdings eine innere Differenzierung nach einem Übergewicht von heterodiegetischen bzw. homodiegetischen Bestandteilen vorgenommen werden, die sich mit der Textabfolge größtenteils deckt. So schildert die Erzählerin in der ersten Hälfte des Romans (die Kapitel 1 - 9 ) vorwiegend Ereignisse, an denen sie nicht teilgenommen hat, in der zweiten Hälfte überwiegen dagegen ihre persönlichen Erlebnisse. Eine klare Zweiteilung nach dem Gesichtspunkt der Erzählsituation (heterodiegetisch vs. homodiegetisch) kommt dadurch allerdings nicht zustande, da im Grunde eher die Erzählung in der ersten Person Plural vorliegt, auch wenn die Erzählerin nicht von dem Pronomen der ersten Person Plural Gebrauch macht (vgl. 2.2.3.). Auch Erzählerkommentar und Bezüge auf den Erzählzeitpunkt werden mit dem erzählten Geschehen derart eng verflochten, daß eine weitere Unterteilung in Teiltexte I nicht sinnvoll erscheint. Die Familiengeschichte der Copetes umfaßt einen Zeitraum von sieben Generationen, von denen allerdings die ersten drei nur kurz erwähnt werden, ohne daß ihnen eigene, szenisch ausgestaltete Episoden gewidmet würden. Obwohl zahlreiche Zeitangaben (Datierungen und relative Zeithinweise) eine z. T. genaue Chronologie einzelner Ereignisse aufzustellen erlauben, bleibt die zeitliche Bestimmung des Geschehens insgesamt meist so vage, daß nur ungefähre Datierungen vorgenommen werden können. Es wurden fünf verschiedene Episodenmerkmale

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für jeweils einen längeren Zeitraum zugrundegelegt, die ebenso viele Teiltexte II zu bilden erlauben. Aus der Aufstellung der Teiltexte und der schematischen Übersicht läßt sich bereits die chronologisch bestimmte Abfolge des erzählten Geschehens im Text sowie die Gewichtung der Episodenmerkmale im Gesamtgeschehen ablesen. Bis auf das erste Kapitel, das den Erzählzeitpunkt markiert und einen Überblick über das Gesamtgeschehen des Romans enthält, folgen alle Abschnitte in chronologischer Anordnung, wobei der Anschluß von einem Kapitel zum nächsten meistens so vorgenommen wird, daß das folgende Kapitel zurückgreift, ehe es die Gesamtbewegung des Romans in der Chronologie der Ereignisse vorantreibt. Das Hauptgewicht liegt bei den Episodenmerkmalen (3) und (4). Die meisten Kapitel zerfallen in mehrere Abschnitte, die unterschiedlichen Teiltexten zweiter und dritter Ordnung zugehören. Trotz der Unterbrechungen und Vorgriffe zeigt sich eine chronologische Abfolge von Episoden. Der Erzählzeitpunkt, der den Ausgangspunkt der Erzählung bildet und auf den die Erzählerin im Verlauf der Romans sehr häufig hinweist, läßt sich erst am Ende des Romans bestimmen und liegt, wie in den bereits beschriebenen Romanen, unmittelbar nach den letzten Ereignissen des Romangeschehens. Ähnlich wie in Tit und PB, läßt sich dieser Zeitpunkt in LM auch zu dem der Veröffentlichung des Romans in Beziehung setzen und befindet sich dann ebenfalls nach diesem Zeitpunkt. Allerdings werden in LM die Datierungen im Verlauf des Romans immer spärlicher, so daß eine genaue Datierung der letzten erzählten Ereignisse unmöglich ist. Für den Rhythmus der Erzählung, d.h. die Verteilung der Dauer im Roman, läßt sich eine ähnliche Gewichtung wie in Cond feststellen: die ersten neun Kapitel, und damit genau die Hälfte des Romans, umfassen einen mehr als doppelt so langen Zeitraum wie die zweite Hälfte. Diese Einteilung entpricht auch der im Zusammenhang mit der Erzählsituation genannten Gewichtung. Die herausgestellte chronologische Abfolge der Textabschnitte ist, genau wie in Cond, weniger das Ergebnis einer kontinuierlichen Verkettung von Ereignissen oder der einzelnen Episoden, als vielmehr das Resultat der Strategie der Erzählerin, die trotz ihres Hangs zur Abschweifung, Kommentierung und Zusammenfassung die Chronologie der Ereignisse nicht aus den Augen verliert. Auf der Textoberfläche ist die Erzählung wiederum durch den häufigen Wechsel von Zeitstufen, durch Antizipationen und Wiedererwähnungen bereits erzählter Ereignisse gekennzeichnet, wie es an einem Beispiel aus Cond schon gezeigt wurde, weshalb hier auf eine .ausführliche Darstellung des Sachverhalts verzichtet werden kann. Die einzelnen Episoden werden zudem häufig unbestimmt eingeführt (»un dia«) und ordnen sich bloß in größere Zeiträume ein. Während auf der Textoberfläche thematische Gesichtspunkte oder die Erinnerung der Erzählerin die Abfolge bestimmen, schält sich im Verlauf der Lektüre die aufgezeigte unterschwellige Chronologie heraus.

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Ganz ähnlich wie in den zuvor beschriebenen Romanen beginnt auch LM wieder mit einem Textabschnitt (Kap. 1), der den Erzählzeitpunkt markiert, ehe die Erzählung bei einem weit zurückliegenden Zeitpunkt ansetzt (Abschnitt ) und chronologisch fortfährt, bis wieder der Erzählzeitpunkt (in Abschnitt ) erreicht ist. Allerdings wird dieses Mal der Kreis nicht ganz geschlossen, indem in LM der Roman an einem noch vor Beginn der Erzählung liegenden Zeitpunkt abbricht und auf den Erzählzeitpunkt oder gar die nahe Zukunft nicht mehr eingegangen wird. Es wurden insgesamt 19 unterschiedliche Figurenkonstellationen zugrundegelegt, wobei die Figurenkonstellation [0] die Familie Copete als »Clan« bezeichnet, die zwar immer auch Gegenstand der Erzählung ist, in einigen Passagen aber besonders in den Vordergrund tritt. Die fünf Teiltexte II zerfallen nun entsprechend ihrer Gewichtung in unterschiedlich viele Teiltexte HI (insgesamt 27), die sich wiederum in einigen Fällen auf unterschiedliche Abschnitte im Text verteilen, so daß sich die Anzahl der 41 Textabschnitte auf 27 Textteile für den Leser reduziert. Einige der Teiltexte III erstrecken sich wiederum über mehrere Zeitstufen (so etwa [17.1]; vgl. BI). Die einzelnen Textpassagen, die jeweils zu einer bestimmten Figurenkonstellation gehören, liegen in der Regel im Gesamttext dicht beieinander, was im Fall der Figurenkonstellation [2] zu einem zeitlichen Vorgriff (Prolepse) führt, insgesamt aber die Chronologie nicht berührt. 2.1.7. »Pepe Botellas« (PB) (1984) Der Roman ist in insgesamt 104 Abschnitte unterteilt. Auf der Ebene der graphischen Repräsentierung (K-2) lassen sich zunächst vier Gruppierungen aus den 104 Abschnitten bilden. Es ergibt sich also eine Koordinierung von vier Teiltexten. Die so gebildeten Gruppierungen lassen sich teilweise noch einmal nach Abschnitten mit verschiedener Erzählsituation unterteilen, so daß die vier Gruppierungen Teiltexte einer noch höheren Ebene bilden (Teiltexte »nullter Ordnung«), Die vorliegende Abfolge von Abschnitten bedeutet eine Verflechtung dieser vier Gruppierungen, die zunächst einmal dargestellt werden soll. Die graphisch und nach der Sprechsituation unterschiedenen vier Gruppierungen werden wie folgt bezeichnet: 1. Die Erzählabschnitte (I-XIX, meine Bezifferung), die vom Umfang her (176 S. :334S.) als Haupttext bezeichnet werden können. Sie bilden einen einzigen Teiltext erster Ordnung, der durch eine homodiegetisch-auktoriale Erzählsituation gekennzeichnet ist. Die Gesamtheit der Erzählabschnitte, die im Text in 19 Abschnitte oder Kapitel unterteilt wird, kann mit Episodenmerkmalen in 18 Teiltexte zweiter Ordnung unterteilt werden (s. die schematische Übersicht und die Aufstellung der Teiltexte). 2. Die Zitate (Ausschnitte aus Büchern und Zeitungen /1/-/64/), die auf 25 Untergruppen (Symbol 1 - 25) unterschiedlicher Länge verteilt sind und insgesamt 56 S.

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:344 S. umfassen. In jeder der 25 Untergruppen werden mehrere auch graphisch abgetrennte Abschnitte zusammengefaßt. Diese Abschnitte stammen aus insgesamt 49 verschiedenen Quellen, die jeweils angegeben sind und gewissermaßen 49 Teiltexte erster Ordnung bilden (s. Aufstellung in der Bibliographie). 3. Die journalistischen Texte der Hauptfigur (»Voz del Prójimo« und »El Vigía«) bilden elf Abschnitte von gleichmäßiger Länge und umfassen 30 S. : 344 S. (Symbol V 1 etc.). Es ändert sich nur der Sprechzeitpunkt in den einzelnen Abschnitten, während die anderen Komponenten der Sprechsituation unverändert bleiben. 4. Zehn Meditationen, bestehend ebenfalls aus Zitaten, die jeweils einige Zeilen bis maximal eine halbe Seite ausmachen (Symbol M 1 etc.). Es handelt sich dabei um acht Zitate aus insgesamt sechs unterschiedlichen Texten von Pérez Galdós und um einen fast identisch zweimal zitierten Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel. Mit Hilfe dieser Gruppierung läßt sich die graphisch gekennzeichnete Unterteilung, etwas vereinfachend, folgendermaßen darstellen:

M 1 - 1 - M 2 - 1 -II - 2 III - M 3 - 3 - V 1 -IV - 4 V - 5 - M 4 -VI - 6 - VII M 5 - 7 - VIII - 8 - V 2 - 9 IX-M6-10-V3-X-11V 4 - 12 - XI - 1 3 - V 5 - 14 XII- 1 5 - V 6 - X I I I - 16 - M 7 17-V7-XIV- 18-V819 - M 8 - XV - 20 - V 9 - 21 XVI - 22 - V 10 - 23 - XVII V 11 - 24 - M 9 - XVIII - 25 M 10-XIX

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(Eine Darstellung der Abfolge und Verteilung der insgesamt 63 Zitatabschnitte auf die 25 Untergruppen sowie die Zuordnung dieser Abschnitte zu den 49 Quellen kann der Aufstellung im Anschluß an die Bibliographie entnommen werden.) Die aufgezeigte Abfolge von Abschnitten der Teiltexte nullter Ordnung erlaubt keine Bildung von Teilen nach der Rekurrenz einer bestimmter Reihenfolge (wie es in Tit und Div möglich ist). Sie wird vielmehr von Faktoren bestimmt, die in dem Handlungszusammenhang des Haupttextes der Erzählabschnitte begründet liegen. Alle anderen Teiltexte ordnen sich dem des Hauptstrangs in dieser Hinsicht unter. Als einzige Regelmäßigkeit der Abfolge ließe sich die ständige Altemanz von Abschnitten unterschiedlicher Teiltexte 0 anführen, was aber die Vorrangstellung der Erzählabschnitte nur noch unterstreicht. Zur Betrachtung des Verhältnisses der unterschiedlichen Gruppierungen zueinander, werden sie zunächst einzeln näher beschrieben, ad 2. Die den Zitaten zuzurechnenden 64 Abschnitte, die auf 25 Untergruppen verteilt sind, lassen sich nach dem Fiktionsstatus in weitere drei Untergruppen einteilen: fiktionale Texte, fiktive Texte und nicht-fiktionale Texte. Von den insgesamt 49 unterschiedlichen Texten, die in 64 Zitatabschnitte zerfallen, sind neun Texte dem Bereich der fiktionalen Literatur zuzurechnen, 30 der nicht-fiktionalen Literatur und die restlichen zehn der Fiktionswelt des Romans. Die fiktionalen Texte sind thematisch mit den Erzählabschnitten verwandt oder suggerieren diese Beziehung. Es handelt sich um Ausschnitte aus verschiedenen Romanen, in denen die Hauptfigur der Erzählabschnitte in verschiedener literarisierter Form wieder auftaucht. Als »José Antonio« in A. Carpentiere »La consagración de la primavera«, als »gato Offenbach« in G. Cabrera Infantes »Fragment de O.« und als »José Pardo Liada« in G. Alvarez Gardeazábals »Dabeiba«. Die nicht-fiktionalen Textfragmente stammen aus unterschiedlichsten Veröffentlichungen (historische, biographische Werke, Zeitungsartikel u.a.) und geben Hintergrundinformationen zu politischen Ereignissen in Kolumbien, Kuba und Lateinamerika allgemein. Als fiktiv müssen schließlich die Texte und Dokumente bezeichnet werden, die sich in die Gesamtheit der Zitatenabschnitte einreihen, aber nicht in demselben Maße als Zitat nachprüfbar sind: es handelt sich hauptsächlich um vertrauliche Briefe, die eine entscheidende Rolle für die »Belastung« der Hauptfigur spielen, ad 3. Ein ähnlich quasidokumentarischer Charakter zeichnet die als »journalistische Texte« bezeichnete Kategorie aus. Es handelt sich um eine Radioansprache bzw. um Zeitungsartikel der Hauptfigur Vallardares-Pardo, die im Wortlaut und vollständig wiedergegeben werden. Der Sprechzeitpunkt und der Zeitpunkt des erzählten bzw. kommentierten Geschehens in den Abschnitten dieser Gruppierung stehen in engem Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Geschehens, das in den vorangehenden oder folgenden Erzählabschnitten erzählt wird. Hieraus ergeben sich in einzelnen Fällen

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wiederholte Erzählungen eines einmaligen Ereignisses (z.B. IX und V3). ad 4. Die Meditationen sind schließlich auch wieder als Zitate gekennzeichnet und als solche nachprüfbar. In den meisten von ihnen wird der historische Bezug zum berühmten »Vorbild« des Titelhelden hergestellt. Sie stehen, mit Ausnahme des Zeitungsausschnittes, in keinem zeitlich bestimmbaren Verhältnis zu den Erzählabschnitten, sondern bilden einen metanarrativen Kommentar zu der Erzählung der Erzählabschnitte. Bei dem zweimal zitierten Ausschnitt ist beim ersten Auftreten (M 4) der Zusammenhang zu dem Geschehen der Erzählabschnitte noch undurchsichtig, während er in M 10 als eine direkte Vorbereitung auf den letzten Erzählabschnitt fungiert. Vor diesem Hintergrund müssen auch die leichten Varianten, die in dem Zitattext angebracht sind, interpretiert werden. ad 1. Der »Haupttext« läßt sich, wie gesagt, mit Hilfe von 18 Episodenmerkmalen in ebenso viele Teiltexte II unterteilen. Die Zeitangaben in den Erzählabschnitten oder, in einzelnen Fällen, die inhaltlichen Querverbindungen zwischen Textfragmenten (Zitaten) und den Erzählabschnitten erlauben die Erstellung einer rigorosen Chronologie der erzählten Ereignisse auf der Grundlage von durchgängig relativen Episodenmerkmalen. Es wechseln sich explizite mit impliziten Episodenmerkmalen ab. In einigen Fällen reduziert sich das implizite Episodenmerkmal auf die Stellung im Gesamttext, d.h. das jeweilige Geschehen liegt später als ein zuvor erzähltes, ohne daß dies aus dem erzählten Geschehen mit Sicherheit entnommen werden kann (s. z.B.die Abschnitte und ). Diese Abschnitte fügen sich aber trotz der fehlenden Datierungen oder sonstiger Hinweise in den chronologischen Ablauf ein (relative Episodenmerkmale). Die einzelnen Erzählabschnitte sind über die Unterbrechungen durch die den anderen Teiltexten 0 zuzuordnenden Textabschnitte hinweg miteinander eng verbunden, d.h. jeder neue Erzählabschnitt schließt durch Wiederaufnahme des Schlusses des vorangehenden Abschnitts an. Diese Anschlüsse sind ganz unterschiedlich gestaltet und reichen von einer sehr lockeren Verbindung (vgl. S. 204 und S. 213) bis zu wörtlichen Wiederholungen (vgl. S. 121 und S.131). Insgesamt bilden die Erzählabschnitte aber inhaltlich abgeschlossene Einheiten, so daß Phasen einzelner Episoden meist nicht in einen späteren Abschnitt hinüberreichen. Rückwendungen (Analepsen) finden sich vereinzelt in den Erzählabschnitten zur Einführung neuer Figuren (S. 17, 113, 135) oder in anderen Textabschnitten (Zitate , ). Im wesentlichen entspricht die Abfolge der Teiltexte zweiter Ordnung aber der Chronologie der erzählten Ereignisse, wobei die Ereignisschilderung allerdings von einem umfangreichen Erzählerkommentar begleitet wird. Die Zirkularität ist auch wieder in der gleichen Weise wie in LM angedeutet, indem der Erzähler abermals vom Erzählzeitpunkt ausgeht, der unmittelbar nach den letzten im Roman erzählten Ereignissen liegt. Die Gesamtdauer des erzählten Geschehens umfaßt die sechzig Jahre Lebenszeit

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von Pepe Botellas. Dabei ist ein deutliches Übergewicht der 20 Jahre in Cali (121 Seiten) gegenüber den 40 Jahren in Kuba und im Exil (53 Seiten) festzustellen. Die Erzählabschnitte zeigen aber ansonsten, bis auf den ersten, ein konstantes Verhältnis der erzählten Zeit zur Seitenzahl (1-2 Jahre auf 10 Seiten). Die »Geschwindigkeit« des Erzählens ist also konstant, zumal da auch keine größeren Pausen oder Ellipsen vorgenommen werden. Die Teiltexte II lassen sich ihrerseits mit Hilfe von 32 verschiedenen Figurenkonstellationen in 39 Teiltexte HI unterteilen. Die meisten Teiltexte II zerfallen in zwei oder drei Teiltexte in, was in etwa der Unterteilung der Erzählabschnitte in zwei oder drei »Episoden« entspricht. Im Verlauf des Romans treten bei Konstanz der Hauptfigur ständig neue Figuren auf, was den biographischen Aufbau des Geschehens widerspiegelt. Nur in seltenen Fällen tritt ein und dieselbe Figurenkonstellation in unterschiedlichen Zeitstufen auf und nie finden sich ein und dieselbe Kombination von Episodenmerkmal und Figurenkonstellationen an unterschiedlichen Textabschnitten, so daß die Anzahl der Abschnitte der Anzahl der Teiltexte III genau entspricht. Die für die anderen Romane charakteristische Struktur der Fragmentierung und Verflechtung von Handlungssträngen ist in PB ganz auf die Beziehung der unterschiedlichen Teiltexte 0 verlagert, während das erzählte Geschehen in den Erzählabschnitten chronologisch angeordnet und transparent aufgebaut ist. 2.1.8. »El Divino« (Div) (1986) Der Roman ist graphisch in 77 Abschnitte unterteilt, die fortlaufend mit einer in Buchstaben ausgeschriebenen Zählung gekennzeichnet sind (»Uno ... Setenta y siete«). Eine innere Gliederung, die sich aus der Verteilung der Abschnitte auf bestimmte Teiltexte unterschiedlicher Ordnungen ergibt, ist also, anders als etwa in Tit o d e r P ß , nicht durch graphische Hervorhebung gekennzeichnet. Der Übergang von einem Abschnitt zum nächsten bedeutet in der Mehrzahl der Fälle einen Wechsel der Erzählsituation. Insgesamt lassen sich sieben verschiedene Erzählsituationen ausmachen. In der folgenden Aufstellung soll die Abfolge der 77 Abschnitte durch die Kennzeichnung der jeweiligen Erzählsituation einen Anordnungsgesichtspunkt, der der graphischen Hervorhebung analog ist, sichtbar machen. Dazu werden zunächst die sieben Teiltexte erster Ordnung abweichend von der Darstellung in der schematischen Übersicht wie folgt gekennzeichnet: I II III IV V VI VII

heterodiegetisch - auktorial (nachzeitig) heterodiegetisch-auktorial (zeitlich unbestimmt) Dialog Gebet Tagebuch von Brunilda Borja Aufzeichnungen von Ebelina Borja Aufzeichnungen von Ceres Borja

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Die Abfolge der Abschnitte, bezeichnet durch die Erzählsituation des jeweiligen Abschnitts, ergibt dann folgendes Bild:

i -1 - ni - iv -1 -1 - vi - m - v -1 - vn i -1 - n - in - iv -1 -1 - in - v -1 - vn i -1 - n - in - iv -1 - vi-1 - ni - v -1 - vn i -1 - ii - in - iv -1 -1 - in - v -1 - vi - vn i -1 - ii - in - iv -1 -1 - m - v -1 - vn i -1 - n- m - iv -1 -1 - m - v -1 - vn i - vi -1 - II - in - iv -1 -1 - in Bei der hier vorgenommenen Darstellung werden sieben Gruppen, die sich durch gewisse Rekurrenzen bilden lassen, anschaulich. Als konstante Teile in der Abfolge, die diese Gruppen zu bilden erlauben, lassen sich folgende Gesichtspunkte festhalten: 1. Jede dieser sieben Gruppen, mit Ausnahme des kleinen Einschubs in der siebten Gruppierung, beginnt mit zwei Abschnitten der zentralen Erzählsituation I (zur Stellung im Gesamttext s. die Beschreibung der Erzählsituation in 2.2.3.). 2. Ebenfalls mit Ausnahme der letzten Gruppierung schließen alle mit einem Abschnitt der Erzählsituation VII. 3. Bis auf geringfügige Variationen findet sich überall die Abfolge III - IV - 1 - 1 - i n - V in der Mitte jeder Gruppierung. 4. Die Abschnitte von H befinden sich fast immer an dritter Stelle. 5. Der Schluß wird meist von der Abfolge I - VII bestimmt. Als Variablen in der Abfolge erweisen sich demzufolge in erster Linie Stellung und Vorkommen der Abschnitte, die der Erzählsituation VI zuzurechnen sind. Entgegen der scheinbaren Gleichwertigkeit der Abschnitte durch die gleichförmige Numerierung zeigt sich also eine strenge, aber nicht starre Abfolge von Abschnitten der unterschiedlichen Erzählsituationen, die dem (abstrakten) Leser mehr oder weniger deutlich zu Bewußtsein kommt, aber sicher nicht ganz entgehen dürfte. Neben dieser gewissermaßen horizontalen Ordnung läßt sich auch eine vertikale bzw. eine solche der Hierarchie, allerdings nicht eine solche der Kommunikationsebenen, zwischen den sieben Teiltexten I feststellen. So fallen die Abschnitte der Erzählsituation I bzw. des Teiltextes 1(1} in verschiedener Hinsicht als zentrale Gruppe

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ins Auge: knapp die Hälfte aller Abschnitte (nämlich 34) sind ihm zuzurechnen; hinzu kommt, daß sie im Durchschnitt umfangreicher sind, so daß ihre Gesamtseitenzahl fast 2/3 des Romans ausmacht. Aus der Aufstellung der Abfolge der Abschnitte läßt sich auch ersehen, daß es der einzige der sieben Teiltexte erster Ordnung ist, bei dem zwei Abschnitte desselben Teiltextes I unmittelbar aufeinander folgen können. Schließlich erweisen sich diese Abschnitte auch als Hauptträger des Handlungsgeschehens, ja sie sind die einzigen, die im strengen Sinn als »narrativ« bezeichnet werden können. Der Teiltext {2} umfaßt nur sechs Abschnitte und hebt sich nur geringfügig von der Erzählsituation des ersten Teiltextes I ab. Die verbleibenden Teiltexte I haben gemeinsam, daß die Erzählerebene (K-3) leer ist. Daher sind sie unter die gemeinsame Bezifferung {3} zusammengefaßt worden. Es wurde eine weitere innere Differenzierung vorgenommen, die sich auf die unterschiedlichen situativen Merkmale der jeweiligen Sprechsituationen bezieht, da die Sprecherinstanzen, die ja auf der Figurenebene (K-4) angesiedelt sind, die Figurenkonstellationen bestimmen und nicht weitere Erzählsituationen definieren. Als nächstes wurden nun sieben Episodenmerkmale definiert, die es erlauben, die sieben Teiltexte I in insgesamt 30 Teiltexte II zu unterteilen. Es kann festgestellt werden, daß keine der sieben Zeitstufen bei allen Teiltexten I erscheint, aber alle Zeitstufen bei mehr als einem Teiltext I auftreten. Die Episodenmerkmale sind fast ausschließlich explizit, relativ und punktuell. Sie umfassen einen immer gleichbleibenden Zeitraum von einem Tag, der jeweils direkt auf den vorangehenden folgt, mit Ausnahme des ersten Episodenmerkmals, das einen größeren Zeitraum betrifft und in größerem Abstand zu den anderen steht. Einige der Abschnitte stehen zwar thematisch in engem Zusammenhang mit dem Romangeschehen, sind aber zeitlich unbestimmt (Kommentare; »récit itérativ«). Die Verteilung der Episodenmerkmale über die Abschnitte des Romans erlaubt folgende Feststellungen zu treffen: ihre Reihenfolge entspricht im großen und ganzen der Abfolge der Abschnitte, d.h. das erzählte Geschehen wird chronologisch präsentiert. Der größte Teil der Abschnitte gehört zu der Zeitstufe (5), während alle anderen Zeitstufen eine ungefähr gleiche, geringere Anzahl von Abschnitten aufweisen. Es wurden nun 22 unterschiedliche Figurenkonstellationen festgelegt, die in sieben Gruppen zusammengefaßt wurden. Die 30 Teiltexte II lassen sich nun wieder in 54 Teiltexte III unterteilen. Dabei zeigt sich, daß den Teiltexten I jeweils bestimmte Figurenkonstellationen entsprechen, so daß deren Verteilung und Abfolge bereits durch die der Teiltexte I vorbestimmt ist. Innerhalb des Teiltextes {1} bzw. der Figurenkonstellation [1] läßt sich eine regelmäßige Abfolge von Abschnitten der Varianten der Figurenkonstellation beobachten. Die Figurenkonstellationen [1.1-1.5] treten insgesamt sechsmal in derselben Reihenfolge hintereinander auf, nur unterbrochen von Abschnitten anderer Figuren-

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konstellationen, und bilden so den um Mauro zentrierten Haupthandlungsstrang, der in fünf Parallelstränge zerfällt. Es läßt sich im Fortschreiten des Romans eine zunehmende Verflechtung von Figurenkonstellationen feststellen, die nur unzureichend durch die vorgenommene Darstellung abgebildet wird. So werden z.B. in Abschnitt , obwohl hauptsächlich von Mauro bestimmt (Figurenkonstellation [1.1]), nun auch fast alle Figuren der anderen Figurenkonstellationen erwähnt. Auch der Zeitaufbau zeigt eine ähnliche Tendenz zum Konvergieren, die durch die summarische Behandlung der »Vorgeschichte« (Episodenmerkmal (1)) nicht sichtbar wird (vgl. die Abschnitte sowie kürzere Passagen in ). So werden zunächst zahlreiche Ereignisse erzählt, die in großem zeitlichen Abstand zu den zentralen Ereignissen des Romans (den Feierlichkeiten zur Verehrung des Ecce-Homo-Bildes in Ricaurte) stehen. Dann folgen Ereignisse in geringem zeitlichem Abstand während der drei Tage des Ecce-Homo-Festes in chronologischer Abfolge. Verschiedene Handlungsstränge konvergieren also - aus unterschiedlichen, nicht genau bestimmbaren zeitlichen Abständen kommend - in dem gleichen Zeitpunkt. Zusammenfassend ergibt sich eine alle Erzählsituationen übergreifende chronologische Zeitstruktur. Unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses der Teiltexte erster Ordnung zueinander ergibt sich eine Zweiteilung des Romans in zwei Typen von Erzählsituationen: die der ersten Erzählsituationen (heterodiegetisch-auktorial) und die übrigen (alle in einem (quasi-)dialogischen Verhältnis, also in 1./2. Pers. mit leerer K3). Diese fundamentale Polarität erinnert nicht nur an die in TP festgestellte Gegenüberstellung von heterodiegetischer und homodiegetischer Erzählsituation, sondern findet auch auf inhaltlicher Ebene wieder Entsprechungen, angefangen bei den Figurenoppositionen bis zu Antithesen im Sprachgebrauch. Die Beschreibung dieser Beziehungen soll im folgenden (2.2.2.3.) durchgeführt werden.

2. 2. Erzählsituation 2.2.1. Reduktion der Markierung des Erzählvorgangs

(Cond, Dab, BI)

Die drei Romane erzählen durchgehend von dritten Personen, ohne daß eine Erzählergestalt oder der Erzählvorgang dargestellt wird. Es handelt sich also bei ihnen um eine heterodiegetische und personale Erzählsituation. Zur genaueren Beschreibung des Verhältnisses der Erzählerinstanz zu dem erzählten Geschehen und zum Adressaten soll im folgenden der Gebrauch einiger der die Erzählsituation bestimmenden Faktoren näher untersucht werden. Zu Beginn und am Ende der Romane finden sich jeweils kurze Passagen bzw. einzelne Äußerungen im Präsens und Futur, die jedoch nicht den Erzählvorgang betreffen, sondern sich auf zum Erzählvorgang zeitgleiche Ereignisse beziehen. Die dort

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erzählten Ereignisse stehen in einem kontinuierlichen Verhältnis zu dem übrigen Romangeschehen. Der zeitliche Abstand der dem Erzählvorgang kontemporären Ereignisse von den mit Tempora der »erzählten Welt« erzählten Ereignissen wird erst am Ende der Texte bestimmbar. Obwohl der Erzählvorgang selbst nicht explizit dargestellt wird, impliziert das Präsens die Gleichzeitigkeit des Erzählvorgangs zu dem dargestellten Geschehen. Am Ende wird das Fehlen der expliziten Gestaltung noch deutlicher als am Anfang als eine Reduktion bemerkbar: z.B. ist der Schluß in Cond in seinem zeitlichen Verhältnis zu den vorangehenden Ereignissen genau bestimmt (s.S. 194), da sich die der Erzählerinstanz »gegenwärtig« erscheinenden Vorgänge als Ereignisdarstellung in kontinuierlicher Fortsetzung der vergangenen Ereignisse erweisen. Diese zeitliche Nähe zu den letzten im Roman erzählten Ereignissen läßt, neben zahlreichen anderen Faktoren, die Erzählsituation wie die einer Reportage erscheinen, die am Ort des Geschehens erstellt wird. Es fehlen aber konkrete Hinweise, die einen auf diese Weise beschreibbaren situativen Kontext explizieren würden, es sei denn, man faßt die inhaltlichen Bezugnahmen in der erzählten Welt auf eine solche Situation, die es in allen drei Romanen gibt, als einen solchen Hinweis auf {Cond, S. 196; Dab, S. 246; BI, S. 7). Während also zunächst das Präsens eine Erzählerfigur erahnen läßt, erscheint es doch nur als Markierung des Geschehens, das nach dem Ablauf der Vergangenheit, die zuvor fast chronologisch durchlaufen worden ist, erreicht wird und ihrerseits in eine erzählte Zukunft übergeht (mit Ausnahme von Dab). Die Zeit des erzählten Geschehens weist also alle drei Dimensionen der Zeit auf, die sich nur von einem Erzählvorgang aus eröffnen. In dieser Verwendung des Präsens unter Aussparung der Kennzeichnung des Erzählvorgangs zeigt sich die Besonderheit der Erzählsituation in diesen Romanen am deutlichsten. Die Nähe der Erzählerinstanz zu den erzählten Ereignissen wird nicht nur durch die präsentischen Passagen an Anfang und Ende dokumentiert, sondern zeigt sich auch an anderen Faktoren. Die Verwendung des Präsens zur Vorgangsschilderung tritt immer wieder auf 1 : der zu Beginn angedeutete »gegenwärtige« Zeitpunkt bleibt als Hintergrund im Verlauf der Erzählung ständig präsent, wenngleich er erst am Ende Konturen als ein Geschehenszusammenhang gewinnt. Die meisten Erwähnungen im Verlauf des Romans sind punktuell oder wiederholen die bereits bekannten, aber knappen Informationen des Anfangs. Erst am Ende häufen sich die Bezüge auf die nächste Vergangenheit derart, daß die Schlußsequenz, die die Auflösung bringt, auch eine Bestimmung des zeitlichen Verhältnisses der zum Erzählzeitpunkt zeitgleichen Ereignisse zur Zeit der vergangenen Ereignisse ermöglicht. Der Zeitpunkt der im Präsens geschilderten oder erwähnten Vorgänge ist meistens nicht genau festgelegt: so sind beispielsweise die Rezitationen von Dona Midita in Cond1 nicht als zum Erzählvorgang simultane Handlungen aufzufassen, sondern als synoptisch 3 erzählte. Dennoch gibt es, am Ende der Romane, einige Zeitangaben, die das zeitliche Verhältnis des Erzählvorgangs zu den erzählten Ereignissen präzise be-

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stimmen: »... hace unos veinte minutos« (Cond, S. 194; Dab, S. 246; BI, S. 302 u.a. ). Die Kürze dieses Abstandes zu dem betreffenden Ereignis (das jeweils gleichzeitig als Erzählanlaß fungiert) wirft die Frage nach der zeitlichen Erstreckung des Erzählvorgangs auf. Obwohl die zeitliche Bestimmtheit des Erzählzeitpunkts im allgemeinen, wie gesagt, durchaus vage gehalten ist, läßt sich doch ausschließen, daß der zeitliche Abstand zu den Ereignissen im Verlaufe des Romans wesentlich größer geworden ist. Der durch Präsensformen gekennzeichnete Geschehenszeitpunkt scheint vielmehr zu Anfang und am Ende derselbe zu sein, womit sich die zeitliche Erstreckung des Erzählvorgangs auf wenige Augenblicke reduziert. Die zahlreichen präsentischen Hinweise der Erzählerinstanz auf die Figurenrede (narrative Figurenrede) haben (neben anderen Faktoren) verschiedentlich zur Deutung der Erzählerinstanz in diesen Romanen als »kollektiver Erzähler« oder »voz compuesta« geführt 4 . Diese Bezeichnung könnte irreführend sein. Zunächst ist festzuhalten, daß in diesen Romanen nur eine Erzählerinstanz (K-3) erzählt und nicht mehrere (wie z.B. in TP), auch wenn häufig Figuren als Sprecherinstanzen (und nicht nur als Akteure) erwähnt werden. Mit Ausnahme der wenigen Fälle von direkter Redewiedergabe übernehmen sie aber keine Erzählerrolle »zweiten Grades«. Die Erwähnung zahlreicher intradiegetischer Erzähler wird von einer einzigen Erzählerinstanz vorgenommen, ohne daß diese den Figuren das Wort erteilt. Die Verwendung des Präsens bei der Erwähnung der intradiegetischen Erzählungen (»Doña Midita ... empieza a recitar,...« Cond, S. 12) läßt bloß auf die synoptische Gegenwart des Geschehens zu dem nicht expliziten Erzählvorgang der Erzählerinstanz der Ebene K-3 schließen. Für das Verhältnis der Erzählerinstanz zu der meist narrativisierten Figurenrede ist auch die Tatsache bezeichnend, daß die in dieser Form erwähnte Figurenrede immer ohne Adressaten erscheint, so daß auch die Erzählerinstanz nicht ohne weiteres als Adressat gelten kann (»Chronist«), Ehe diese Beziehung aber genauer beschrieben wird, sollen zunächst die Konsequenzen der Präsensverwendung weiter verfolgt werden. Die Verwendung des Präsens ist auch in Bezug auf die Opposition heterodiegetisch/homodiegetisch nicht ohne Einfluß. Trotz der durchgehenden Verwendung der dritten Person entsteht nämlich durch die zeitliche Nähe der Erzählerinstanz zu den Ereignissen der Eindruck, daß die anonyme und nicht dargestellte Erzählerinstanz dennoch am Geschehen teilhat 5 . Genette (1983:65f.) erwägt diese Möglichkeit einer Teilhabe des Erzählers an dem Geschehen, ohne sich selbst in der erzählten Welt darzustellen (bzw. zu »erwähnen«): »je précise 'mentionné', car on pourrait imaginer une histoire où le narrateur, implicitement présent comme personnage, ne serait jamais mentionné parce qu'il ne jouerait aucun rôle. Mais j'imagine que la première du pluriel serait difficile à éviter.« (Genette 1983:66). Tatsächlich findet sich auch in Cond, wenngleich nur ein einziges Mal, die erste Person Plural (»... llevamos año y medio

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de olvido obligado«, S. 196ff.). Die erste Person Plural läßt nun aber zwei Deutungen zu: entweder als »yo + tu/vosotros« oder als »yo + él/ellos« 6 . In Verbindung mit dem Präsens läßt sich diese Äußerung daher entweder als Indiz für einen Adressaten, der vom Erzähler unterschieden ist (Tuluá), oder aber als monologisch interpretieren. Auf inhaltlicher Ebene formuliert ergeben sich also zwei Möglichkeiten: faßt man diese Form und mit ihr alle Aussagen, die einen Erzählvorgang andeuten, als eine Anrede an ein Publikum (z.B. die Einwohner von Tuluá) auf, so wäre die genannte Situation des »erzwungenen Vergessens« durch die Erzählung im Roman selbst aufgehoben (dialogisch). Nimmt man die Äußerung jedoch monologisch (yo + ellos), so wäre diese Erzählung erst noch zu leisten, während sie selbst nur ein Provisorium darstellt (wofür es auch inhaltliche Hinweise gibt) 7 . Der mit der ersten Person Plural markierte Vorgang konkretisiert aber noch nicht die Erzählerebene, da er nicht als Erzählvorgang, sondern als ein erzählter Vorgang bezeichnet werden muß. Die Aussparung der Darstellung des Erzählvorgangs legt daher die zweite Deutung (monologisch) nahe, wie sich auch an der weiteren Beschreibung der Erzählsituation zeigen wird. Auf den ersten Blick erlaubt die Figurenbezeichnung »Tuluá« - und daß »Tuluá« nicht nur als Ortsname verwendet wird, davon zeugen die vielen personifizierenden Kontexte - auch die Deutung, daß sich die Erzählerinstanz in diese kollektive Person einschließt (homodiegetisch) oder aber davon distanziert entweder (heterodiegetisch) 8 . Die Verwendung des Kollektivums »Tuluá« wird aber selbst in den Fällen der Darstellung des zum Erzählzeitpunkt gleichzeitigen Geschehens nicht mit der 1. Pers. Plural konstruiert, die vielmehr nur in dem zitierten Einzelfall erscheint. So steht der Anfangssatz von Cond (»Tuluá jamás ha podido darse cuenta, (...)«) in deutlicher Opposition zu einer homodiegetischen Darstellung in der angedeuteten Weise (etwa: »En Tuluá jamás hemos podido darnos cuenta, (...)«). Zur Charakterisierung des Verhältnisses der Erzählerinstanz zum erzählten Geschehen ist auch auf die häufige Verwendung unpersönlicher Verbformen (»es posible«, »dizque«, »nunca se supo«) und die erwähnte Aussparung des Adressaten bei narrativisierter oder indirekter Redewiedergabe (»ella asegura que«) zu verweisen 9 . Diese Formulierungen lassen sich im Sinne eines »cronista oculto« (Vélez Correa 1986:173) deuten: der nicht genannte Adressat der Figurenäußerungen wäre demnach die Erzählerinstanz selbst, die als heterodiegetisch in Bezug auf das erzählte Geschehen im »pretérito«, aber als homodiegetisch in bezug auf den Vorgang der (unabgeschlossenen) Vergegenwärtigung der Vergangenheit im Bewußtsein von Tuluá (erzähltes Geschehen im »presente«) aufgefaßt werden kann. Der zeitlichen Nähe (Tempora der »besprochenen Welt«) und personalen Annäherung an das Geschehen (1. Pers. PI.) entspricht auch die räumliche Nähe, die durch den deiktischen Hinweis auf den Ort mit dem Demonstrativpronomen »este« gekennzeichnet wird {Cond, S. 62,115).

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Aus der beschriebenen pronominalen und temporalen Situierung - kurz nach den letzten Ereignissen und mit »marginaler« Position dazu - ergeben sich auf allen Ebenen zwei gegenläufige Tendenzen. Die Aussparung der Darstellung des Erzählvorgangs weist einerseits auf die personale Erzählsituation, während andererseits zahlreiche auktoriale Elemente festzustellen sind. Zur näheren Beschreibung der Erzählerinstanz betreffs der Opposition auktorial/personal, sowie in ihrem Verhältnis zum Adressaten, seien zusätzlich einige Einzelaspekte betrachtet. So wird in den drei Romanen einerseits im großen und ganzen die chronologische Abfolge der Ereignisse beibehalten, andererseits wird sie aber durch eine Vielzahl von kleineren Vorgriffen und Rückblicken, Vorausdeutungen und Wiederaufnahmen durchbrochen. Die Zeit als Faktor einer an der Figurenebene orientierten textuellen Organisation wird auf diese Weise stark reduziert, was einer Auktorialisierung der Erzählperspektive entspricht. Während die Vielzahl von unterschiedlichen Zeitstufen zunächst wie eine chaotische Detailfülle wirkt, erweisen sich im Gesamtzusammenhang viele der Digressionen als »Vorausdeutungen«. Es fehlen aber durchgehend metanarrative Verweise, die dem Adressaten einen Hinweis auf den Stellenwert eines Details in der Erzählung geben würden. So findet sich z.B. schon in dem ersten Teiltext II von Cond eine erste Erwähnung der Ermordung Rosendo Zapatas, die in dem Textabschnitt in extenso erzählt wird. Diese wiederholte Erwähnung eines Ereignisses vor der endgültigen Ausgestaltung läßt sich an zahlreichen Beispielen belegen 10 , und soll hier nur an einem Fall erläutert werden. Der Textabschnitt schildert den Vergiftungsversuch, den Einwohner von Tuluá unternehmen, um die Stadt von dem Chef der »pájaros«, León María Lozano, zu befreien. Ehe diese Episode im einzelnen erzählt wird (S. 133-140), wurde auf das Ereignis schon dreimal hingewiesen (S. 30, 59, 130). In allen Fällen wird dabei durch den bestimmten Artikel so auf die Ereignisse verwiesen, als seien sie dem Adressaten der Erzählerinstanz (K-3) bereits bekannt 11 . Diese Erwähnungen finden sich nicht nur vor der episodischen Ausgestaltung der Ereignisse, sondern treten auch im weiteren Verlauf, nun aus der Sicht der abstrakten Instanzen als Wiederaufnahme, auf (bei dieser Episode S. 146 und 199). Diese Mehrfacherwähnung wird in Cond insbesondere bei dem »Schlüsselereignis« des Romans, der »Heldentat« von León María Lozano am neunten April, die gleich zu Beginn szenisch dargestellt wird, vorgenommen. Aber es gibt auch eine große Zahl von Einzelereignissen, die, ohne an irgendeiner Stelle des Romans ausgestaltet zu werden, wiederholt erwähnt werden, so daß geradezu von einer unmerklichen inneren Symmetrie gesprochen werden kann. So wird ein scheinbar beiläufig erwähntes Detail zu einer der zahlreichen »chismosas« von Tuluá, María Luisa Sierra (»encargada del despacho parroquial« S. 49), an anderer Stelle wiederaufgenommen (S. 57). In beiden Fällen wird das Detail so eingeführt, als sei es dem Adressaten schon bekannt. Die Wiederholung schafft jedoch einen textin-

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ternen Verweis, der, ohne daß die illusionistische Wirkung des deskriptiven Details (im Sinn von R. Barthes' »effet de réel« 12 ) aufgehoben würde, das konstruktive Moment des Textes hervortreten läßt. Während das Detail zunächst »in der Luft« hängt, indem es nicht unmittelbar notwendig für den Kontext zu sein scheint, und vom Leser (K-2) durch die Vorstellung einer »Realität«, die durch diese Bemerkung suggeriert wird, eingebunden werden kann, zeigt die Wiederholung die in der Intentionalität des abstrakten Autors begründete Gestaltung des Erzählvorgangs, vorausgesetzt allerdings, daß der konkrete Leser diese Beziehung aktualisiert. Wie ungewiß diese Herstellung der Beziehung ist bzw. wie sehr der Text eine wiederholte aufmerksame Lektüre erfodert, um diese Querverbindungen zu realisieren, machen solche Details deutlich, die nur auf große Distanz erwähnt werden 13 . Inwieweit diese kombinatorische Methode die Einzelheiten des Textaufbaus bestimmt, so daß man geradezu von einem Puzzle sprechen kann, mag ein Beispiel der Figurenerwähnung zeigen. Wenn an einer Stelle des Romans auf »los siete curas que había en Tuluá« hingewiesen wird (S. 29), so könnte diese detaillierte Bezifferung in einer an der Illusionierung orientierten Rezeption wieder als ein »realistisches Detail« aufgefaßt werden. Da im Verlauf des Romans die Priester Ocampo, Nemesio und González durch häufige Erwähnung im Vordergrund stehen, wird in diesem Fall die einmalige Erwähnung der Gesamtzahl auch kaum als ein textintern bedeutsames Faktum auffallen. Tatsächlich aber werden alle sieben Priester zumindest einmal im Text erwähnt 14 . Während aber in Cond die konstruktive Funktion der Wiederholungen hinter der referentiellen Funktion zurücktritt, läßt sich in Dab und in BI schon beim makrostrukturellen Aufbau die Bedeutung der Wiederholungen für den Textaufbau feststellen, wie bei der Beschreibung der makrostrukturellen Gliederung bereits sichtbar wurde. An den Stellen, wo die Zeit als Ordnungsfaktor außer Kraft tritt, finden sich Übergangsformeln, die ein frei assoziierendes Erzählerbewußtsein andeuten 15 , das aber die Chronologie der Ereignisse nie ganz aus den Augen verliert. Dieses Nebeneinander eines chronologischen Leitfadens und einer Vielzahl von digressiven Einschüben tritt im ersten Abschnitt von Dab durch einen eigenen Handlungsfaden deutlich hervor. In ihm zeigen präzise Uhrzeitangaben den streng chronologischen Ablauf an, während die eingeschalteten Episoden in einer unbestimmten Vergangenheit liegen und kein kontinuierliches Handlungsgerüst zu rekonstruieren erlauben 16 . Anders als in Cond und BI wird in Dab der Erzählzeitpunkt nicht am Anfang markiert, obwohl er wie in den anderen beiden Romanen direkt im Anschluß an die letzten Ereignisse zu situieren ist. Der Unterschied zu den anderen beiden Romanen besteht darin, daß in Dab das Geschehen keine Zukunft hat. Die Assimilierung von erzähltem Geschehen und Erzählvorgang geht hier so weit, daß mit dem Ende des erzählten Geschehens auch der Erzählvorgang zu verschwinden scheint. Während bei der Verwendung des Präsens in den digressiven Einschüben des

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ersten Abschnitts und in den verstreuten Einzelformen im ganzen Roman die Möglichkeit offen zu sein scheint, daß die geschilderten Ereignisse zur Zukunft hin, in der der Erzählvorgang situiert ist, unabgeschlossen sind, findet das gesamte Romangeschehen seinen Abschluß, in genau dem Augenblick, wo das Geschehen in die Gegenwart des Erzählvorgangs überzugehen scheint. Der letzte Satz markiert diesen Zustand: »Habitantes de Dabeiba, el fin ha llegado.« (S. 247). Nach dem Ende des Geschehens gibt es keine Zeit mehr, aus der heraus das Ende erzählt werden könnte: das Ende der Ereignisse ist das Ende des Erzählvorgangs. Die Ereignisse erzählen sich sozusagen selbst 17 . Der Aussparung der Darstellung des Erzählvorgangs entspricht also, wie sich an dem Beispiel der Infonmationsverteilung im Laufe der Erzählung zeigt, daß die Erzählerinstanz nicht von der Möglichkeit Gebrauch macht, durch metanarrative Verweise auf die textuellen Zusammenhänge zu verweisen. Andererseits zeigen die Durchbrechungen der Chronologie und damit der personalen Perspektivierung, daß die Rekonstruktion des Geschehenszusammenhangs nur einem Adressaten möglich ist, der das Geschehen schon selbst, zumindest teilweise, kennt. Die Einsicht in diese Zusammenhänge ergibt sich erst auf K-2. Bei allen Äußerungen der Erzählerinstanz lassen sich zwei Aspekte unterscheiden: sie bezeichnen einerseits einen Vorgang auf der Geschehensebene (erzählter Vorgang der Ebene K-3) und dienen andererseits (für die Instanzen der Ebene K-2) zur Markierung textueller Beziehungen, d.h. übernehmen die narrative Funktion. Der Erzählvorgang wird von der Erzählerinstanz nicht selbst reflektiert. Dies läßt sich verständlich machen, wenn man den Erzählvorgang als monologisch auffaßt. Auf der mikrostrukturellen Ebene läßt sich das in Dab auch an Hand von Episodenverknüpfungen zeigen. So wenn es heißt: »Melida no dice nada. Los clientes constantes son los mejores.- Josefina Jaramillo no es tan constante.«(S. 14). Zunächst ist der zweite Satz ambig bezogen auf die Sprecherinstanz: er kann sowohl als Gedankenwiedergabe der Figur als auch als ein Erzählerkommentar aufgefaßt werden. Die anschließende Wortwiederholung erweckt den Eindruck, als handele es sich weiter um Melidas Gedanken, was sich aber im folgenden nicht bestätigt. Die Anknüpfung einer neuen Episode durch die Wortwiederholung verweist also auf den Assoziationsvorgang eines Erzählerbewußtseins, das aber nirgends zu einer konkretisierten Darstellung und zum Bewußtsein seiner selbst gelangt. Im gleichen Sinne kann die Verknüpfung der beiden Kapitelreihen in BI verstanden werden. Der Übergang von Kap. 1 zu Kap. 2 bedeutet zunächst einmal einen Bruch im Handlungsverlauf. Weder die Figuren noch der Zeitpunkt der Ereignisse lassen einen Zusammenhang der beiden Kapitel erkennen. Entsprechend scheinen sie nicht derselben Erzählerinstanz anzugehören, auch wenn die Erzählsituation selbst unverändert bleibt. Der Zusammenhang der beiden Kapitelreihen wird auch an keiner Stelle durch einen metanarrativen Hinweis indiziert, der eine Erzählerinstanz sichtbar

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machen würde, sondern ergibt sich aus der Konvergenz von Geschehensmomenten. So erhält die Schlußbemerkung von Kapitel 2 und 4 in BI die genannte Doppelfunktion, indem sie einerseits als Erzähleräußerung nur die Geschehensebene bezeichnet, andererseits dem abstrakten Leser auch einen Hinweis auf den Textaufbau gibt. Als letztes Beispiel für die temporale Omnipräsens der nicht dargestellten Erzählerinstanz, die zugleich auf die impliziten textinternen Zusammenhänge weist, wie es bereits am Beispiel von Cond gezeigt wurde, können einige Kapitelanfänge von BI angeführt werden. In ihnen werden vom Erzähler zwei Zeitpunkte miteinander in Beziehung gesetzt, die dem Leser beide an der entsprechenden Stelle noch unbekannt sind. Die scheinbare Fixierung eines Zeitpunktes läßt den Leser daher in Wirklichkeit ohne Orientierung. Der in Kapitel 2 (S. 30) angegebene Zeitpunkt (»Una semana después de que la Prensa registró el caso del suizo (...)«) verweist auf einen Zeitpunkt in der Chronologie des Gesamtgeschehens, der erst in Kapitel 9 vom Hauptstrang erreicht wird (vgl. Anm. [5] in 2.1. u. zur parodistischen Funktion dieses Verfahres, 3.2.2.). Die Koordinierung wird wieder auf der Ebene der abstrakten Instanzen vorgenommen. Schließlich geben auch die Formen der Redewiedergabe und der Verweisbeziehungen Aufschluß über die Gestaltung der Erzählerinstanz und ihrer Perspektive in diesen Romanen. Wie schon erwähnt, weisen alle drei Romane im Unterschied zu TP keine Sprecherwechsel (auf der Ebene K-3) auf, wenn man einmal von dem Monolog Lucía Delgados in Dab und von der besprochenen Koordinierung in BI absieht. Auch direkte Redewiedergabe findet sich nur vereinzelt und an keiner Stelle als Dialog 18 . Es werden also auch keine hierarchisch untergeordneten Kommunikationsebenen (K4, etc.) begründet. Dem steht aber eine große Anzahl von Hinweisen auf Figurenrede als Bestandteil der erzählten Welt gegenüber, die zwar keinen Wechsel der Kommunikationsniveaus nach sich ziehen, aber die Gesamtheit des Erzählvorgangs wie die narrativisierte Wiedergabe des kollektiven Wissens der Einwohner von Tuluá bzw. Dabeiba erscheinen läßt. Form und Funktion der narrativisierten Redewiedergabe seien zunächst an zwei Beispielen erläutert. 1) Der Textabschnitt in Cond schildert auf den Seiten 75ff. wie sich León María nach dem Empfang des Telegramms der Herren aus Cali zu Don Julio begibt. Dieser angedeutete Handlungsfaden wird durch die Schilderung der politischen Umstände unterbrochen, die sich als explikativer Rückblick des Erzählers deuten läßt (S. 75f.: »Francisco Eladio, (...) las elecciones presidenciales.«). Dieser Rückblick wird nachträglich als eine narrativisierte Redewiedergabe von Äußerungen der Figur Don Julio gekennzeichnet (»Don Julio lo contó (...) a León María (...)« S. 76). Die Durchbrechung der Chronologie und des Handlungsfadens erweist sich in dieser Deutung durch Ereignisse auf der Figurenebene bedingt (personal). Es fehlt zwar jeglicher Hinweis auf die konkrete Form der Redesituation, so daß der explikative Einschub entweder als Resümee des Gesprächs zwischen Don Julio und León María oder als

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ein erzählter innerer Monolog von Don Julio aufgefaßt werden kann. Aber da es für die Erzählsituation ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte gibt, läßt sich die Funktion dieses Einschubes an dieser Stelle den Gegebenheiten der beiden Ebenen zuordnen (als eine Explikation für den Adressaten oder als eine personalisierte Wiedergabe von Ereignissen). 2) (Cond, Textabschnitt , S. 117ff.). Nachdem León María die Bande der »pájaros« organisiert und mit dem Terror in Tuluá begonnen hat, wagt es Alfonso Pineda, León María zu beschimpfen, als dieser seine Hunde erschießen läßt. Am nächsten Tag klopft man an seine Tür. Bevor nun dieser Handlungsfaden weiter verfolgt wird, wird in einem eingeschobenen Abschnitt eine Situationsschilderung gegeben (»Llegaban antes (...) desde fuera.« S. 117-119). Die Verben im »imperfecto« weisen diese Schilderung als »itératif« und zeitlich unbestimmt gegenüber dem ersten Handlungsfaden aus. Die Anbindung an diesen geschieht an Anfang und Ende durch einen Hinweis auf innere Vorgänge einer Figur (»Ester creyó que (...)« S. 117/ »Eso era lo que Ester de Pineda estaba temiendo (...)« S. 19). Zu Beginn wird noch eine weitere unbestimmte Sprecherinstanz eingeschaltet (»decían«). Es kann zwar auch in diesem Fall nicht von Gedankenwiedergabe im eigentlichen Sinn gesprochen werden, da jedes sprachliche Anzeichen einer individualisierten Rede fehlt. Dennoch wird etwas von den Gedanken der Figur sichtbar gemacht. Der Vergleich mit der Möglichkeit einer Darstellung dieser inneren Vorgänge als innerer Monolog kann die Funktion der erzählten Figurenrede in diesem Fall verdeutlichen. Da es sich um einen Vorgang handelt, der in Sekundenschnelle abläuft, würde eine Darstellung in direkter Figurenrede oder als innerer Monolog zwangsläufig eine Zeitdehnung, d.h. einen umfangreicheren Text, mit sich bringen. In diesem Fall jedoch wird eine Zeitlinie durch eine zweite Ebene unterbrochen, die einen Hintergrund für das Geschehen liefert. Das Einschalten der zweiten Ebene wird aber nicht durch einen Erzählerhinweis angezeigt, sondern sie schaltet sich wie eine Assoziation der Figur in den Verlauf ein. Wenn auch die Gedanken der Figur nicht selbst zur Darstellung gelangen, so wird doch die Situation sichtbar, in der die Figur sich befindet. Der Zeitbruch deutet also einen Wechsel der Sprecherinstanz an. Obwohl es dem Leser (K-2) nahegelegt wird, dasjenige für die Vorstellung der inneren Vorgänge der Figur zu ergänzen, was in der Schilderung ausgespart wurde, bleibt es letztlich ihm überlassen, ob er es auch realisiert. Als einen »besonderen Grenzfall der mittelbaren Rededarstellung« bezeichnet Steinberg (1971:100ff.) die Redewiedergaben in Kausal- und Relativsätzen, die der »pseudo-objektiven Motivierung« (Spitzer 1961) im Erzählbericht dienen. Es handelt sich um ein häufig zu beobachtendes Verfahren, die Figurenrede »unbemerkt« in den Erzählerbericht einzuschieben. Dabei wird häufig unentscheidbar, wer die Begründung gibt - ob sie als Erzähler - oder als Figurenäußerung eingeschätzt werden muß.

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In Cond, S. 51 wird mit DIL (erlebter Rede) darge.,icllt, wie Poncho Renteria die Übergabe von Briefen an Amapola »organisiert«. Daß es sich hier um Gedankenwiedergabe handelt, ist durch die Form »podría« angezeigt, aber auch durch die Perspektivierung des ganzen Abschnitts verdeutlicht. Dazu gehört auch die hinzugefügte Begründung: »(...) porque Agripina lo prendía para hacer las arepas desde muy temprano.« Dies ist nicht als ein pittoreskes Detail anzusehen, das der Erzähler dem Adressaten mitteilt - welches Interesse kann es für ihn haben? - aber sehr wohl verständlich, wenn man sich auf den Standpunkt der Figuren (Poncho und Amapola) stellt: die Begründung gehört zur kleinen »Intrige«, die die beiden Figuren gegen León María spinnen. Diese Form der Redewiedergabe, durch die nur die Inhalte von nicht weiter spezifizierten Rede- und Gedankenabläufen wiedergegeben werden, wird so häufig verwendet, daß der Eindruck eines vom Erzähler vermittelten kollektiven Wissens entsteht. Die Unbestimmtheit der Redesituation wird dabei, wie schon erwähnt, zusätzlich durch nicht-individualisierte Sprecherinstanzen (»dizque«, »decían« etc.) und die Aussparung des Adressaten (»aseguró que«) und zeitlicher Fixierung gekennzeichnet. Die Ausbildung eines kollektiven Wissens kommt auch in dem »chisme« der Einwohner zum Ausdruck, der durch eine mehrfache Staffelung der Sprecherinstanzen dargestellt wird. In Cond (12), S. 85f., ergibt sich ein solches »enchâssement« (Genette 1972) mehrerer Instanzen derart, daß die jeweilige Adressateninstanz der unteren Ebene zur Sprecherinstanz der nächsthöheren Ebene wird: das, was Ercilia Rendón Luisita erzählt hat, gibt diese weiter an Josefina Jaramillo und María Cardona, die ihrerseits als Informanten des Erzählers erscheinen 19 . Ein großer Teil der in diesem Roman geschilderten Ereignisse erscheint so nur durch die Vermittlung der Figuren, so daß die Wirklichkeit der von den Figuren behaupteten Tatsachen in einigen Fällen vom Erzähler weder bestätigt noch dementiert wird 20 . Es ergibt sich auch hier die im Zusammenhang mit der temporalen Struktur erwähnte paradoxe Situation, daß der Erzähler mehr als die Figuren zu wissen scheint, jedoch seine Kenntnisse nur aus Figurenäußerungen bezieht. Ein entscheidendes Mittel der Distanznahme für den Erzähler ist die durch eine ambivalente Sprechsituation (Aufhebung der Opposition von Erzählerrede und Figurenrede) einzelner Äußerungen erzeugte Ironie. Diese wird in vielen Fällen durch einen Tempuswechsel markiert, indem sogar im abhängigen Nebensatz bei übergeordnetem Vergangenheitstempus regelwidrig eine Präsensform erscheint: (1) »Habiá recordado que el hipnotismo para momentos como ése puede dormir el flujo sanguíneo (...)« (BI, S. 40). Oder durch ausgesparte Konjunktion: »Gumersindo tenía razón, ni Napoleón salvará este pueblo.« (Dab, S. 238). Eine ambivalente Sprechsituation wird auch in den seltenen Fällen direkter Redewie-

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dergabe aufrechterhalten. Formal wird dies durch den Typus der freien direkten Rede oder durch die Aussparung der graphischen Indikatoren der direkten Rede angezeigt. Die freie direkte Rede wird dabei häufig auch syntaktisch in die Erzählerrede integriert, so daß sie nicht wie eine wirkliche Äußerung der Figur, sondern wie reine Erzählerrede erscheint: (2) »Marcianita no resistió y a los gritos de flaco malnacido, es muy probable que te hayas acostado con todas las putas del barrio, pero a mí no me tocas un dedo, lo arrojó de la casa.« (BI, S. 86) 21 . Die Aufhebung des zitathaften Charakters direkter Figurenrede ist aber auch bei deutlicher syntaktischer Markierung gegeben, besonders wenn weitere kontextuelle Merkmale (»enchâssement«, Inhalt) dies anzeigen, wie an folgendem Beispiel ersichtlich wird: (3) »(...) cuando (León María) se despidió quedó comprometido de estar al otro día almorzando con los doctores de Cali y diciéndoles, en palabras más, palabras menos, lo que doña Midita de Acosta recita cuando oye el quejido de ultratumba y ve llegar envuelto en costales el cadáver masacrado de don Alberto, su marido. El partido tendrá en mí a su más ferviente defensor, y si ustedes me garantizan la subsistencia, cuenten conmigo.- Es posible que así no fue como León María lo dijo ese mediodía (...)« (Cond, S. 77). Im Unterschied zu TP (vgl. 2.2.3.) ist die Bedeutung erschwerter Verweisbeziehungen zwischen einzelnen Textkomponenten in Cond, Dab und BI nur begrenzt. Uneindeutige Beziehungen finden sich nur in Ausnahmefällen. Aber es lassen sich Charakteristika der Erzählsituation und der daraus resultierenden perspektivischen Gestaltung anhand der Designationsformen verdeutlichen, vorausgesetzt, daß der Zusammenhang mit anderen kontextuellen Faktoren (Gebrauch der Tempora, inhaltliche Merkmale) berücksichtigt wird. Bei der Behandlung der temporalen Struktur wurde schon die wiederholte Bezugnahme auf Einzelereignisse im Laufe der Gesamterzählung erwähnt (s. Anm. [13]). In diesen Fällen weist die Verwendung des bestimmten Artikels auf ein Vorwissen bei dem Adressaten. Bei der ersten Lektüre bleibt daher der Leser (auf der Ebene K-2) darüber im Ungewissen, ob er einen solchen Hinweis als ein »realistisches« Detail offen lassen muß oder ob er über den betreffenden Sachverhalt Genaueres erfahren wird. Der Abstand zwischen der ersten Erwähnung des Ereignisses und der episodischen Ausgestaltung ist aber nicht immer so groß wie in dem zitierten Beispiel. Es ist sogar die Regel, daß die Episode unmittelbar auf einen einleitenden Hinweis folgt, so daß der Adressat die Ereignisse einerseits schon zu kennen scheint, sie ihm aber andererseits erzählt werden 22 . Dieser Umstand läßt sich wiederum im Rahmen einer monologischen Erzählsituation deuten, dessen Erzähler aber »auf der Suche« nach einem Adressaten ist. Die beschriebene Angleichung des Wissensstandes der impli-

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ziten Instanzen der Erzählerebene an den der Figuren zeigt sich auch bei der Perspektivierung der Schilderung in einzelnen Episoden. Eine personale Perspektive wird auf diese Weise »auktorialisiert«, wie umgekehrt die Erzählerrede personale Elemente aufnimmt 23 . Wenn es zum Beispiel in Cond von Pedro Alvarado, dem Radiosprecher in Tuluá, heißt: (4) »(...) supo que el muerto no estaba lejos (...)« {Cond, S. 146), so wird das Wissen über den weiteren Verlauf der Ereignisse teilweise in die Figur verlegt. Die Perspektive kann also zunächst als personal interpretiert werden: der Journalist nähert sich mit dem feinen Gespür seiner Zunft dem Ort, wo das Ereignis stattfinden wird (Verwendung des bestimmten Artikels, »el muerto«). Die Umstände, die der Erzähler bereits dargestellt hat, sprechen dafür, daß es einen Toten geben wird, und zwar wird es, wenn es nach den »pájaros« von León María geht, Aurelio Arango sein. Die Verkettung der Umstände bringt es aber mit sich, daß Pedro Alvarado selbst das Opfer des Mordanschlags wird. Er hatte in seinem Wissen (»supo«) also recht, aber er konnte seine Vorahnung nicht richtig interpretieren. Als auktoriale Äußerung aufgefaßt gewinnt diese Bemerkung jedoch rückblickend einen teils tragischen teils makabren Anstrich. Daß dieses Beispiel des Zusammenhangs von Vorausahnung und tragischer Notwendigkeit nicht bloß ein marginales Ereignis für das Gesamtgeschehen ist, läßt sich an der Situation der Hauptfigur, León María Lozano, ablesen. Auch sie entrinnt nicht dem prophezeiten Tod. Der kollektiven Geschichte dieser Romane mit ihrer Vielzahl einzelner Episoden entspricht eine Fülle namentlich benannter Figuren. Die rekurrenten Verwendungsweisen der Eigennamen entsprechen den bisherigen Feststellungen zur Erzählsituation. Beispielsweise wird zu Beginn von Cond der Eigenname für den kollektiven Protagonisten »Tuluä« ohne kennzeichnende Bestimmungen verwendet. Für den deutschen Leser, der den Eigennamen »Tuluä« nicht kennt, ist er zunächst nicht einmal als geographischer Name zu identifizieren, da »Tuluä« von Anfang an personifiziert verwendet wird (»darse cuenta«). Erst im folgenden wird er durch »un lugar maldito« spezifiziert, wodurch die Kennzeichnung als Ort im weitesten Sinne vorgenommen ist. Aber erst der Hinweis »por sus calles« ermöglicht die Einordnung als Ortschaft. Im weiteren Verlauf folgen Angaben, die schließlich eine genaue Situierung des Ortes erlauben (Colombia, Valle del Cauca, Nähe von Cali). Diese unvermittelte Namensnennung ohne Referenzfixierung durch kennzeichnende Bestimmungen ist charakteristisch für viele der Namenserwähnungen, obwohl in der Regel die Zuordnung zu »Personen« keine Schwierigkeiten bereitet. Diese Verwendungsweise zeigt einmal mehr die Nähe des Erzählers (und Adressaten) zu den Ereignissen bzw. erzählten Gegenständlichkeiten. Die Art der Einfuhrung nimmt in keiner Weise Rücksicht auf einen Adressaten, der die Figuren nicht schon kennen würde, so daß die Deutung des Erzählvorgangs als Monolog auch in dieser Hinsicht naheliegt 24 .

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Auf der Ebene K-2 ist die Konsequenz aus der Vielzahl von Eigennamen, die ohne deskriptive Kennzeichnungen eingeführt werden, die, daß der Leser (K-2) zunächst ohne Orientierung über den Stellenwert der einzelnen Figuren in dem Gesamtgeschehen des Romans bleibt. So kann der Leser von Cond erst allmählich aus der überwiegenden Rekurrenz der Figur León María Lozanos seine Rolle als »Hauptfigur« erschließen. Das Fehlen einer zentralen Figur in Dab, die auch einen Handlungszusammenhang herstellen könnte, erschwert zusätzlich die Orientierung in diesem Roman, da die vielen einzelnen Figuren in keine funktionale Beziehung zueinander treten. Eine mögliche Reduzierung der Eigennamen (der Art »ein Einwohner von Tuluá«) ermöglicht dem Leser allerdings eine vorläufige Orientierung in der Figurenfülle. Während sich aber bei vielen Eigennamen die Funktion auf die individualisierende Benennung von marginalen Einzelfiguren beschränkt, dienen sie in anderen Fällen dazu, um die Identifikation auf größere Distanzen im Text zu ermöglichen. Die einmalige Erwähnung von Rosendo Zapata in Cond, S. 7, die ohne weitere Kennzeichnung der Figur, als den Hinweis auf ihren Tod, vorgenommen wird, scheint zunächst auf die perspektivisch interpretierbare Individualisierung einer Figur zu deuten. Der Name ist dem Adressaten bekannt und benötigt daher keine weitere Einführung. Wenn die Erzählerinstanz ihn wieder erwähnt (allerdings erst S. 101!), kann er diesmal dank der Identifikationsleistung auch vom Leser »wiedererkannt« werden. Diese Verwendungsweise ist also völlig analog zu den für die Anordnung des Geschehens beschriebenen Verfahren. Die genannte Verwendungsweise von Eigennamen findet ihre Entsprechung in der Verwendung des bestimmten Artikels bei den (in diesen Fällen meist) mit einem Titel verbundenen Eigennamen (»el padre González«, »el cabo Rojas«, etc.) sowie der vertraulich-respektvollen Verwendung des Titels »Don«, »Doña« 25 . Die knappen Kennzeichnungen, die einigen Figuren beigefügt werden, sind meistens Berufsbezeichnungen, so daß auch in diesen Fällen nicht von einer an das Informationsbedürfnis des Adressaten gerichteten Kennzeichnung gesprochen werden kann. Kennzeichnungen, die weitere Eigenschaften einer Figur hervorheben, können »neutral« sein, indem der Figur nur die im Geschehenskontext nötige Funktion zugesprochen wird. In diesem Fall bedeutet dann die Namensnennung eine zusätzliche Individualisierung. Oder aber sie kann perspektivisch bedeutsam sein. Dies ist besonders in den Fällen der redundanten Kennzeichnung einer häufig erscheinenden Figur gegeben: etwa die Bezeichnung von León María Lozano als »vendedor de quesos en la galería« (S. 34), nachdem diese Eigenschaft schon mehrfach erwähnt und sogar episodisch dargestellt wurde 26 . Aus den beschriebenen Verfahren der Figureneinführung und Wiederaufnahme mit den textimmanenten Beziehungen und Konkretisierungserschwernissen ergibt sich für die Ebene der abstrakten Instanzen eine besondere Illusionslage. Für bestimmte

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konkrete Leser enthalten nämlich Namen, Geschehnisse und Kennzeichnungen in diesen Romanen viele Anspielungen auf reale Personen aus dem Umkreis des konkreten Autors. Das impliziert unterschiedliche Rezeptions weisen, die intendiert sind 27 , da der Autor nicht nur für dieses beschränkte Publikum schreibt. Diese Tatsache hat aber aufgrund der Verwendungsweise in den Texten auch auf der Ebene der abstrakten Instanzen, ganz unabhängig von den konkreten Rezeptionen, seine Bedeutung. Die Form der Figureneinführung weist nämlich schon diesen Charakter des pragmatischen Bezugs auf. Die Möglichkeit, die Entschlüsselung zu realisieren, beeinträchtigt, wie an einzelnen Fällen gezeigt wurde, nicht die Kohärenz und Autonomie des Textes: die »nachgeholten« Informationen verbürgen die Herstellung von Referenzen 2 8 . Das Element des Partikulären, ja Privaten, wird auch für den konkreten Leser, der die Referenzialisierungen auf reale Personen nicht vornehmen kann, auf diese Weise in den Romanen - und das gilt für die späteren in fast noch größerem Maße - sichtbar. Es erweist sich zugleich als Kennzeichen der Erzählsituation. Situativer Kontext Bei der Beschreibung der pronominalen und temporalen Indikatoren der Erzählsituation wurde der besonderen Konfiguration bereits ein Hinweis auf den situativen Kontext entnommen, indem von einer »Reportage« gesprochen wurde. Damit ist aber noch nichts über die wesentlichen Alternativen des situativen Kontextes (mündlich/schriftlich/gedacht) ausgesagt. Während nun aber die mündliche Redesituation aufgrund ihrer Bezogenheit auf die aktuelle Sprechsituation im fiktionalen Text eine Kompensierung durch einen extradiegetischen Erzähler erfordert (Mignolo 1980-81:104.), kann die Schreibsituation der Erzählerinstanz ohne solche zusätzliche Situierung auskommen, da in diesem Fall der Adressat die Situation nicht teilt und außerdem (aus der Sicht der abstrakten Instanzen) die fiktionale Situation der nichtfiktionalen entspricht. Die Aussparung der Indikatoren des Erzählvorgangs in diesen Romanen schließen also die mündliche Sprechsituation aus. Zur Erläuterung des situativen Kontextes in diesen Romanen soll in Form eines kurzen Exkurses auf die unterschiedliche Ausgestaltung situativer Kontexte in den Erzählungen der Sammlung »Cuentos del Parque Boyacä« eingegangen werden. Diese Erzählungen stehen in Thema und Erzählweise sowie durch ihre Entstehungszeit den hier behandelten Romanen sehr nahe (vgl. 1.1.1.). Ohne daß die dort explizit gestalteten situativen Kontexte unmittelbar auf die Romane übertragbar wären, können sie doch zur Konkretisierung der Vorstellung des Kontextes beitragen. Es handelt sich bei fast allen Erzählungen um Monologe der Erzählerinstanz, die Ereignisse erzählt, an denen sie selbst beteiligt gewesen ist (homodiegetisch). Zum Teil werden auch Ereignisse erzählt, an denen der Adressat teilgenommen hat. Der Erzählvorgang selbst aber wird nicht dargestellt. Die Präsensformen verweisen wieder auf ein zum Erzählzeitpunkt kontemporäres Geschehen, das in diesen Fällen je-

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doch über die Art der Realisierung der Erzählung Aussagen ermöglicht. So beschreibt in der letzten Erzählung der Sammlung, »Mañana es viemes«, die Erzählerin ihre gegenwärtige Situation mit folgenden Worten: »Teresita Vallejo me ha hecho compañía y me está ayudando en este momento a empacar todos los libros (...)« (S. 116). Auch in einigen der anderen Erzählungen befinden sich die Erzähler bzw. Erzählerinnen in Situationen, die das Aufschreiben oder Aussprechen des Erzählten unmöglich machen, sei es, weil sie dazu physisch nicht in der Lage sind (»Donaldo Arrieta« und »Templanza Lasprilla«, deren Erzähler beide schwer verletzt sind und im Sterben liegen) oder schon tot sind (»La boba y el Buda«). Nur in einem Fall ist die Situation eindeutig als Schreibsituation gekennzeichnet: »Hoy estoy aquí encerrada escribiendo todas estas cosas porque se las tengo que mandar a Servio Tulio, el hijo de la Chapeta, para que las publique en el periódico (...)«. (»Mercedes Aulestia M.«, S. 17). Auch in diesem Fall steht die Erzählerin unter unmittelbarer Todesdrohung, der gegenüber ihr als letztes Mittel nur das Zeugnis für die Nachwelt bleibt. Die Erzählsituation in den drei Romanen ist in vieler Hinsicht der Erzählsituation in diesen Erzählungen ähnlich: insbesondere die zeitliche Nähe zu den Ereignissen und die monologische Sprechsituation. Berücksichtigt man die zeitliche Erstreckung des Erzählvorgangs, so ist die Erzählung nur als gedachter, phonisch nicht-realisierter Monolog zu begreifen, da der zu dem Erzählvorgang gleichzeitige Geschehenszeitpunkt zu Beginn und am Ende der Erzählung ungefähr deckungsgleich ist. Trotz der beschriebenen gemeinsamen Charakteristiken der Erzählsituation in den drei Romanen weisen diese auch wesentliche Unterschiede auf, die sich insbesondere an der Modalität festmachen lassen. Auch eine inhaltliche Betrachtung würde dem unterschiedlichen Realitätsbezug durch Zuordnung zur Kategorie des »historischen Romans« (bei Cond) bzw. des »phantastischen Romans« (bei BI und vielleicht bei Dab) gerecht zu werden versuchen. Zur näheren Beschreibung der Modalität sollen daher die Romane hier voneinander getrennt untersucht werden. Cond Im Rahmen von Cond ließe sich die Erzählsituation als die eines »Chronisten« auffassen, der seine Erzählung auf eine große Anzahl von Zeugenaussagen einzelner Figuren stützt. Der Unterschied zu einer Darstellung derselben Ereignisse durch einen Historiker wäre damit schon angedeutet 29 . Die vom Erzähler angeführten Begründungen sind nicht nur durch einschränkende modalisierende Ausdrücke relativiert, sondern stellen auch eher Ereignisse in Beziehung zueinander, als daß sie einen abstrahierenden Erzählerkommentar, der einen Begründungszusammenhang für die Ereignisse abgeben würde, bildeten. Die rekurrenten Formeln, die eine Erzählerinstanz in Umrissen sichtbar werden lassen, indem sie die von ihr vorgenommene Mo-

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dalisierung ausdrücken, sind »Quizás fue por eso (...)«, »Por eso seguramente (...)« u.ä. 30 . Sie weisen zunächst wieder auf das beschriebene Verhältnis der Erzählerinstanz zum Adressaten: der mit diesen Formeln eingeleitete Sachverhalt wird selbst nicht zuerst jemandem mitgeteilt, bevor ein Begründungszusammenhang hergestellt wird, sondern das Wissen des Adressaten von dem Ereignis wird stillschweigend vorausgesetzt, so daß der eigentliche Gegenstand der Erzählung das Bemühen um die Herstellung von kausalen Verbindungen wird. Diese werden aber in vielen Fällen von der Erzählerinstanz durch die genannten modalisierenden Einschränkungen in Zweifel gezogen. Die durch die modalisierenden Einschränkungen signalisierte Zurückhaltung des Erzählers bei den Begründungen, die sich auch in der Anführung mehrerer alternativer Gründe zeigt, wird allerdings in einigen Fällen durch eine deutliche Tendenz des Erzählers ironisch überlagert. Wenn es etwa am Ende der schon zitierten Vergiftungsepisode heißt: (5) »No habían servido a esa hora ni las frotaciones con alcohol ni las inyecciones y le estaba comenzando el ataque de asma que sólo Agripina sabía lidiarle. Quizás fue por eso y no por las promesas al señor de los milagros de Buga que hizo Carmelita Lozano, que León María sobrevivió (...)« (S. 139), so wird deutlich, daß der Erzähler von der anderen in Tuluá angebotenen Erklärung ironisch Distanz nimmt, ohne aber selbst eine sichere Erklärung geben zu können. Was die Rekonstruierbarkeit des Geschehensablaufs auf der Ebene der abstrakten Instanzen betrifft, erfordert die Personalisierung nicht nur die besondere Aufmerksamkeit und Mitarbeit des Lesers, sondern es ergeben sich auch endgültige Wissenslücken. Der Erzähler weiß nur so viel, wie ihm einzelne Einwohner mitteilen konnten, aber er formuliert auch die Wissenslücken und tritt damit dem Gesamtgeschehen in anderer Weise gegenüber als jeder einzelne seiner Gewährsleute. An einer für das Gesamtgeschehen zentralen Stelle tut sich eine solche Wissenlücke auf. In dem schon zitierten Textabschnitt wird von den Gerüchten berichtet, die sich um den Verbleib des Vermögens des verstorbenen Don Luis Carlos bilden. Es geht dabei um das Verhalten der ehemaligen Parteioberen in Tuluá und ihren Anteil an Verantwortung für die Massaker, die auf Tuluá zukommen. Über die Hintergründe dessen, was Don Julio getan hatte, um sich der Verantwortung zu entziehen, heißt es: (6) »Tuluá no lo sabe porque su memoria se acerca mucho a la de la gallina. Por eso tampoco hoy pueden saber exactamente cuándo empezó su martirio.« (S. 90) Der durch das Pronomen »lo« bezeichnete Inhalt des Nichtwissens von Tuluá erlaubt zunächst einmal zwei Deutungen: entweder handelt es sich um ein »daß-Wissen« (etwa: »Tuluá no sabe que Don Julio (no) lo ha hecho para darle salida legal al robo.«) oder um ein suspendiertes Urteil (»Tuluá no sabe si Don Julio lo ha hecho para darle salida legal al robo.«). Der erste Fall impliziert ein »wissendes« Erzähler-

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Ich, da bei negiertem »daß-Wissen« eine Instanz als Garant für den nicht-gewußten Tatbestand angenommen werden muß, wobei nur die Erzählerinstanz in Frage kommt 31 . Im zweiten Fall ist die Erzählerinstanz genauso unwissend betreffs des genannten Sachverhaltes wie die Figur, es sei denn, an anderer Stelle würde eine Aufklärung des Zusammenhangs durch die Erzählerinstanz gegeben, was aber nicht der Fall ist. Wie an vielen anderen Stellen des Romans ist entsprechend der personalisierten Erzählsituation und trotz der »auktorialen« Elemente der Wissensstand der Erzählerinstanz dem (begrenzten) der Figuren angenähert. Diese ambivalente Perspektivierung erlaubt es dem Erzähler, in einigen Fällen unter Beibehaltung der personalen Perspektivierung dennoch den wahrscheinlich realen Ablauf der Ereignisse anzudeuten und damit einen auktorialen Wissensstand zu markieren. Umgekehrt müssen Sachverhalte, die zunächst als vom Erzähler beglaubigt erscheinen im nachhinein als durch Figurenperspektive bedingt korrigiert werden, da sie zunächst zwei Deutungen zulassen. Als Beispiel dafür soll die Schlußszene aus Cond, die das Attentat auf León María Lozano schildert, dienen. Entgegen den immer beachteten Warnungen der Prophezeiung des Laienbruders von Palmira (s. Textabschnitt ) stürzt sich León María bei seinem letzten Asthmaanfall auf die Straße: (7) »Agripina corría detrás de él, pero la figura de Simeón Torrente, parado en todo el frente de la puerta, la hizo frenar seco. No lo veía desde el día que fue a llevarle los quesos envenenados y creyó que lo que había ante ella era un espanto porque ni color tenía el Simeón después de tantos años. León María quizás no lo distinguió porque cuando iba camino de él Agripina oyó los disparos y vio retroceder trastabillando a su marido hasta que cayó finalmente en la mitad de la calle, cumpliéndose así lo que el lego de Palmira le había dicho el día que don Benito lo llevó por primera vez para tratar de curarle los ataques de asma. Amapola lo recogió, pero ya ni León María tenía vida, ni Simeón Torrente estaba allí aumentándole a Agripina la creencia de que había sido un espanto y no el hijo del Torrente que mataron en Barragán en los primeros días de la violencia, el que había disparado sobre su marido.« (Cond, S. 199f.). Die jeweils kursiv hervorgehobenen Stellen weisen die genannte ambivalente Perspektivierung auf: (a) »la figura de Simeón Torrente« erscheint einerseits als Bezeichnung durch den Erzähler (=Simeón Torrente steht wirklich dem Haus von León María gegenüber); durch die Kennzeichnung »figura« wird aber auch schon die in der Figurenperspektive enthaltende Täuschung (=es scheint Agripina nur, daß Simeón Torrente dem Haus gegenübersteht) vorweggenommen, (b) »el Simeón«: hier weist die Verwendung des bestimmten Artikels auf die Figurenperspektive, (c) »ni Simeón Torrente estaba allí«: das »Verschwinden« von S. T. kann nur von der Figur wahrgenommen werden, da auch sie nur ihre Erscheinung wahrgenommen hatte. Der Erzähler kann die Figurenaussage aber ganz in seine Erzählerrede integrieren, da sie

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auch unabhängig von dem Mitvollzug der Halluzination gültig ist (die Ambivalenz besteht zwischen den Deutungsmöglichkeiten »nicht mehr« und »überhaupt nicht«), (d) »y no el hijo (...)«: hängt syntaktisch noch von »creencia de que« ab, so daß eine Zuordnung zur Figur vorzunehmen wäre. Dennoch wäre die Rückführung auf eine direkte Gedankensituation (»Creo que no fue el hijo del Torrente (...)«) nicht wahrscheinlich. Der Zusatz erweist sich vielmehr als ein Erzählerhinweis auf den wirklichen Täter und enthält zusätzlich eine Erklärung für das Tatmotiv. Die Erzählsituation hat zur Folge, daß sich teilweise das Nichtwissen der Figuren bzw. der Kollektiv-Figur »Tuluä« auch auf den Erzähler auswirkt: der Roman bleibt auf diese Weise »unvollständig«. Dies hat schon bei der Behandlung der Zeitstruktur festgestellt werden können, insofern, als der Roman zwar mit dem Tod der Hauptfigur (León María) endet, aber die Reaktion Tuluás, seine Fähigkeit zum Wandel und sein weiteres Schicksal, das sich im unmittelbaren Anschluß an den Erzählzeitpunkt entscheidet, im Dunkel bleiben. Für die Beweggründe der Figuren gilt diese »Offenheit« in noch höherem Maße, so daß der Erzähler zu dem Schluß kommt, die Geschichte Tuluás könne erst ganz erzählt werden, wenn alle Tatsachen zutage gefördert seien (S. 196f.). Dab Die in Cond beobachtete Tendenz zur Einebnung des Unterschieds zwischen Figurenund Erzählerbewußtsein, die in einzelnen Fällen Unentscheidbarkeit betreffs des wirklichen Geschehensverlaufs zur Folge hat, wird in Dab bis zum Paradox gesteigert, indem in die fiktionsinterne Wirklichkeit auch die Imaginationen der Figuren eingehen, ohne daß vom Erzähler die entstandenen Widersprüche aufgelöst werden. Gleich zu Anfang findet sich die paradoxe Situation, daß Mélida, die sich auf ihren Arbeitstag als Krankenschwester vorbereitet, einen Fleck wegwischt, der überhaupt nicht existiert: (8) »Esperó que la jeringa hirviera buen rato en el agua y luego sí limpió la mancha del alcohol que ya se había evaporado sin dejarla.« (Dab S. 7). Man könnte versucht sein, die Stelle als eine durch Einschränkung der Figurenperspektive bewirkte Täuschung der Wahrnehmung bei der Figur zu interpretieren. Aber warum sollte Mélida nicht bemerken, daß der Reck schon verschwunden ist? Sie ist ja »sorda« und nicht »ciega«. Die Aussagen »limpió la mancha« und »sin dejarla« sind, so widersprüchlich sie sein mögen, beide vom Erzähler als »wirklich« beglaubigt. Durch die Koordinierung widersprüchlicher Aussagen innerhalb der Erzählerrede wird hier die Funktion der Beglaubigung der fiktionsinternen Wirklichkeit durch die Erzählerinstanz unterminiert. Eine ganze Episode zeigt einen anderen Aspekt dieser paradoxen Logik von Dab. In dem Textabschnitt wird von dem Tode Agobardos berichtet. Als Todesursache wird von verschiedenen Figuren angegeben, daß Agobardo, der taub war, den Si-

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gnalton des Zuges nicht gehört habe und daher vom Zug überrollt worden sei. Die Tatsache, daß es in Dabeiba überhaupt keinen Zug gibt, nimmt dem Syllogismus für die Einwohner von Dabeiba nichts von seiner Überzeugungskraft (da Agobardo taub war, konnte er den Signalton nicht hören). Auch die skeptische Bürgermeisterin Gertrúdiz Potes, die den Vorfall aufzuklären versucht, kommt den Ursachen für den Tod Agobardos nicht auf die Spur. Der Erzähler gibt nur die Figurensicht der Ereignisse wieder, ohne selbst eine Aufklärung des Sachverhalts oder auch nur eine kritische Distanzierung von den Erklärungen, die die Figuren geben, vorzunehmen. Hier ist es die Aussparung einer Aufklärung, die die Unzuverlässigkeit des Erzählers sichtbar werden läßt. Wenn es an anderer Stelle heißt: »(...) los hijos de Godofredo Gómez, que cumplían años cada seis meses (...)« (S. 35), stellt sich für den abstrakten Leser die Frage, ob es sich bloß um einen »Betrug« der Figuren handelt (in welchem Fall allerdings die Formulierung »pretendían cumplir años (...)« zu erwarten wäre) oder womöglich um einen realen Tatbestand in der fiktionalen Wirklichkeit von Dabeiba. Durch die Personalisierung der Erzählsituation wird die Aufklärung dieser Widersprüche auf die Ebene der abstrakten Instanzen verwiesen. BI Schon in Cond finden sich einzelne Elemente, die auf eine übernatürliche Wirklichkeit verweisen, und obwohl sie letztlich als irrationaler, magischer Glaube der Figuren erscheint, bleibt auch die Erzählerposition nicht ganz frei davon, wie sich aus der Erzählsituation ergibt. So geben die Erfüllungen der Prophezeiungen des Laienbruders von Palmira dem Geschehen eine übernatürliche Komponente. Die personale Perspektivierung bewirkt, daß die Erzählerposition nicht eindeutig festzumachen ist. Die Prophezeiung ist einerseits ihrem Inhalt nach vage genug (S. 42), um im Rahmen unterschiedlicher Ereignisabläufe als »erfüllt« angesehen werden zu können, und andererseits so detailliert, daß die vom Erzähler erzählten »wirklichen« Ereignisse ihr tatsächlich zu entsprechen scheinen. Es bleibt ein letzter ungeklärter Rest bestehen, indem zwar die Umstände einen rationalen, kausalen Zusammenhang herzustellen erlauben, das tatsächliche (wenn auch »zufällige«) Eintreten der Prophezeiung aber nicht verleugnet wird, sondern der Erzähler vielmehr explizit auf die »Erfüllung« hinweist (S. 199f.). Bereits in der Vergiftungsepisode (Textabschnitt , S. 133) bestätigt sich der Aberglaube von León María derart, daß die Erfüllung von Prophezeiungen als ein in der Fiktionswelt normaler Tatbestand angesehen werden muß. Die Formulierung des Erzählers an der entsprechenden Stelle weist aber auch auf seine Distanznahme hin: (9) »Quizás por eso el día que lo envenenaron creyó que no moriría ya que ni le había dado el ataque de asma ni intentó salir a la mitad de la calle.« {Cond, S. 133).

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Der Glaube an die Richtigkeit der Prophezeiung ist hier für die Figur keinem Zweifel unterworfen. Die Wahl der Redeeinführung (»discurso atributivo«) durch den Erzähler (»creyó que«) scheint darauf zu verweisen, daß sich die Figur irrt: wenn dies aber zuträfe, dann müßte León María entgegen seiner abergläubischen Hoffnung im folgenden Verlauf der Ereignisse sterben (»envenenaron« hier also im Sinne von »provocar la muerte por la ingestión de veneno«), was aber nicht eintritt (»envenenaron« im Sinne von »provocar la enfermedad por ingestión de veneno«). Die Figur behält also auf der Ebene des erzählten Geschehens in ihrem Aberglauben recht. Gibt der Erzähler ihr damit aber auch recht? Die Ersetzung der Redeeinführung durch die Möglichkeit »supo que« macht die Distanznahme des Erzählers von der Figur deutlich, indem sich zeigt, daß sich die Einschränkung, die »creyó« impliziert, gleichermaßen auf das Ereignis (»moriría«) und die Begründung (»ya que ni le había dado el ataque (...)«) bezieht (Vgl. Textbeispiel (4) u. zur »pseudo-objektiven Motivierung«). Andererseits zweifelt doch auch León María an der Unabänderlichkeit des Schicksals, was daran ersichtlich wird, daß er Vorsichtsmaßnahmen ergreift, um die Erfüllung der Prophezeiung zu verhindern. Der implizite Widerspruch der Prophezeiung, der sich darin zeigt, daß, wenn sie wahr ist, jede Vorsichtsmaßnahme überflüssig wird, daß aber das Wissen von ihr zu Vorsichtsmaßnahmen, die sie unwahr machen könnte, befähigt und geradezu herausfordert, wird nicht rational aufgelöst. León María verbleibt in seiner abergläubischen Furcht und scheint schließlich darin recht zu behalten. Der Kontext der Erfüllung der Prophezeiung zeigt trotz der Ambivalenz der einzelnen Aussagen die Abweichung der Erzählerposition von dem Aberglauben der Figuren (vgl. Textbeispiel (7)): zwar hat sich der Inhalt der Prophezeiung erfüllt, aber dazu bedurfte es nicht eines übernatürlichen Wesens (»un espanto«), sondern nur der Rache eines Opfers. In BI haben die »übernatürlichen« Begebenheiten (»lo sobrenatural«, S. 7) eine zentrale Bedeutung: angefangen bei den wunderbaren Heilungen, die die »idiotas« durch Masturbation und Aussendung von Licht und Lauten hoher Frequenz bewirken, über die Erscheinung der »yegua mora« bis zu vielen einzelnen Begebenheiten finden sich in BI ungewöhnliche bis unmögliche Ereignisse neben alltäglichen. Geht man von dem Gegensatzpaar »fantástico« vs. »maravilloso« aus, wie es Barrenechea (1972) in Auseinandersetzung mit Todorov (1970) bestimmt, kann die eigentümliche Modalität, wie sie in BI auftritt, näher beschrieben werden. Zur Klärung dieser Frage konzentriert sich die Beschreibung zweckmäßigerweise auf das zentrale übernatürliche Ereignis, dessen besonderer Ausprägung auch die in Nebenepisoden erwähnten Wunderdinge entsprechen. Gemeint sind die wunderbaren Heilungen, die die Idioten durch ihre Masturbation und später nur noch durch das Ausströmen von Licht vollbringen. Zunächst muß festgehalten werden, daß diese Tatsachen selbst als faktisch dargestellt werden, also ohne die für das Phantastische gemäß der Beschreibung von Todorov nötige ambivalente Sichtweise. So sagt der Erzähler: »Muchos

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fueron verdaderamente curados, pero a otros les llegó el fanatismo (...)« (S. 262). Mit dieser Äußerung wird eine Ambivalenz der übernatürlichen Ereignisse angedeutet, die sie nicht als »wunderbare« erscheinen lassen. Zwar werden die Heilerfolge der Idioten verschiedentlich von Figuren in Zweifel gezogen, aber ohne daß deren Aussagen die Autorität einer Erzähleraussage bekommen. Vielmehr erscheinen die Zweifel der Figuren immer durch persönliche Interessen und eingeschränkte Sichtweise als unglaubwürdig. Die meisten Figuren gehen in ihrem Verhalten sogar noch über die vom Erzähler behauptete Wundertätigkeit hinaus und glauben selbst dann geheilt zu werden, wenn sie es nicht »wirklich« sind. Die Figuren bezweifeln nicht nur nicht die Wirklichkeit des Wunderbaren oder nehmen es wie etwas Gegebenes hin, sondern schaffen ihrerseits das Übernatürliche, indem sie selbst gegen eigenste Erfahrung das Unwirkliche als wirklich behaupten. Die Ambivalenz der Erzählerposition - die den Erzähler einerseits als Teil der Figurenwelt, andererseits von ihr getrennt erscheinen läßt - wirkt in die gleiche Richtung. Insofern er das Wunderbare für wirklich auszugeben bereit ist, scheint er der Figurenwelt nahe zu sein. Zweifel richten sich nur gegen die Begründung für die Wunder, nicht gegen ihre Existenz (s.S.7). Insofern er aber gegen die Ausschreitungen der Figuren kritisch Stellung bezieht, wird er für den abstrakten Leser zu einem verläßlichen Erzähler, dessen Erzählung den Charakter des Wunderbaren nicht so sehr aus den Ereignissen selbst bekommt, sondern aus der durchaus nicht unwahrscheinlich erscheinenden Leichtgläubigkeit der Figuren. Diese Ambivalenz läßt sich bis in einzelne Ereignisse und sogar Formulierungen hinein verfolgen, wie sich etwa an der »aparición de la yegua mora« zeigt. Schon das Wort »aparición« ist zweideutig in Bezug auf den Realitätsstatus. Wenn sich aber das Wunderbare der Episode im folgenden in der Jagd auf das Tier manifestiert, das sich nicht einfangen lassen will, so steht daneben eine rationale Begründung (die Dorfbewohner, die das Pferd fangen sollen, sind betrunken), die jedoch nicht als solche vom Erzähler dargestellt wird. Die Ambivalenz der Erzählsituation bleibt so nicht ohne Folgen für die Modalität. Dem »Zögern« oder »Zweifeln« über die Realität der übernatürlichen Ereignisse, die die kanonische Form der Phantastik ausmacht, entspricht hier der Vorgang der Angleichung (»adaptation«) des Übernatürlichen an das Normale. Dadurch daß das Übernatürliche als das Nicht-Erklärungsbedürftige erscheint, wird der Adaptationsvorgang ausgelöst, der die Exzentrizität des Normalen sichtbar macht 32 . Damit erweist sich die Modalität in Übereinstimmung mit den bereits festgestellten Parametern der Erzählsituation. Ebenso wie die Kombinierung zweier Kapitelreihen auf die Koordinierungsleistung der abstrakten Instanzen des Romans verweist, leistet auch die Modalität eine Distanzierung von der mimetischen Auffassung der erzählten Ereignisse. In seiner Untersuchung zur »transformation of reality« in BI vermeidet Williams (1981) ebenfalls die Begriffe »phantastisch« und »wunderbar« zur Kennzeichnung der Modalität in diesem Roman und stellt der realistischen Modalität

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(»mimesis«) die »invención« gegenüber, die er charakterisiert als die eines »(...) mundo hiperbólico donde todo es posible porque se eliminan los límites normales de 'lo real' y 'lo normal'.« (Williams 1981: 101). Zu den Verfahren, die den Vorgang der »invención« verdeutlichen und die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Imaginationsvorgang lenken, gehören neben der Übertreibung, dem Humor und der Konstruktion auch sprachliche Besonderheiten, wie etwa der Gebrauch von Sätzen ohne finite Verbform, der sich gerade an der entscheidenden Stelle zur Darstellung der Wunder findet: »La habitación herméticamente cerrada. Las camas traqueando de los movimientos rítmicos del par de masturbantes ...« (BI, S. 205) 33 . 2.2.2. Koordinierung von Erzählerinstanzen

(TP, Tit, Div)

2.2.2.1. Koordinierung verschiedener Erzählerinstanzen in TP Markierung des Erzählvorgangs In TP wechselt die Erzählsituation bei dem Übergang zwischen fast allen der 82 graphisch abgetrennten Abschnitte (s. 2.1.1.1.) und manchmal auch innerhalb einzelner Abschnitte. Man kann sieben verschiedene Erzählsituationen unterscheiden: {1} Erzählerin ist Ramona Uribe; die Erzählsituation ist homodiegetisch und auktorial. {2} Erzähler ist der Sohn von Ramona Uribe; die Erzählsituation ist ebenfalls homodiegetisch und auktorial. {3) Ein anonymer Erzähler erzählt die Ereignisse, an denen er nicht teilgenommen hat (heterodiegetisch); nur der Erzählzeitpunkt ist markiert. (4) Textabschnitte mit unterschiedlichen Erzählsituationen sind von einer übergeordneten Instanz vermittelt, die die Abschnitte unterschreibt (Luise Uribe). {5} Der Erzähler ist Donaldo, der zukünftige Ereignisse erzählt, an denen die Adressatin (Ramona Uribe) teilhaben wird (homodiegetisch und auktorial; 2.Person). {6} Der Erzähler ist der Papa Uribe (homodiegetisch-auktorial). {7} Der Erzähler ist Julio César, (homodiegetisch-personal). (Zur Verteilung der Erzählsituationen, vgl. die schematische Übersicht der makrostrukturellen Gliederung.) Der Erzählzeitpunkt wird nur in den Abschnitten der 5. Erzählsituation vom ersten Abschnitt an markiert. Der Erzähler befindet sich in einer vorzeitigen Position gegenüber den Ereignissen, an denen der/die Adressat/in teilnehmen wird. Der Moment des Erzählvorgangs divergiert von dem der Rezeption derart, daß der/die Adressat/in nicht auf die an sie gerichtete Erzählung antwortet. Der situative Kontext entspricht dieser monologischen Erzählsituation (»(...) quiero anotarte en este libro (...)«, S. 49). Die der 4. Erzählsituation zuzurechnenden Abschnitte sind durch die Unterschrift »Luisa Uribe« und/oder durch eine editorische Anmerkung (Abschnitte und ) gekennzeichnet. Die erzählte Welt ist also zweifach vermittelt. Dies wird ganz deutlich bei den Abschnitten, in denen die Erzählerinstanz zweiten Grades (K-4)

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markiert wird (). An einer Stelle erscheint der Name nicht nur als Unterschrift, sondern auch im Text: »Los muertos y las historias fueron tantas y tan aberrantes que Luisa Uribe prefiere no volverlas a firmar.« (TP, S. 119, ). Hierdurch werden die Abschnitte der 4. Erzählsituation an die der 3. Erzählsituation angeglichen. Außerdem wird eine zweideutige Beziehung zum Sprechersubjekt geschaffen. Die Verwendung des Eigennamens mit der dritten Person des Verbs setzt normalerweise ein von der (intradiegetischen) Figur unterschiedenes (extradiegetisches) Sprechersubjekt voraus, so daß die Erzählerinstanz in diesem Abschnitt, wie in allen vorherigen Abschnitten, die mit Luisa Uribe unterzeichnet waren, ohne daß dabei Luisa Uribe allerdings eine Figur der Abschnitte war, nicht Luisa Uribe sein kann. Andererseits ist die Verwendung der dritten Person zur Bezeichnung der Sprecherposition keine Unmöglichkeit (vgl. Anm. 8). Diese scheinbare Versetzung der (zuvor) extradiegetischen Instanz in die erzählte Welt kann als eine Metalepse gedeutet werden. Die in der Konvention der Unterzeichnung liegende Ambivalenz von »personne« und »non-personne« wird hier zur Schaffung einer Ambivalenz von Erzählvorgang und erzählter Welt verwendet. Die zeitliche Situierung des Erzählvorgangs der übrigen Abschnitte (sowohl in denen mit homodiegetischer als auch mit heterodiegetischer Erzählsituation mit Ausnahme des einen Abschnitts der Erzählsituation 7) wird nicht in allen Abschnitten explizit vorgenommen. Einige Abschnitte weisen keine Präsens-Formen auf, die eine Gleichzeitigkeit von Erzählvorgang und Ereignissen signalisieren oder sich auf den Erzählvorgang selbst beziehen können ( u.a.), während andere vereinzelte Formen im Präsens enthalten (1. Erzählsituation: ; 2. Erzählsituation: ), die einen Erzählzeitpunkt implizieren, der aber erst in den letzten Abschnitten näher bestimmbar wird (in stirbt der Sohn von Ramona Uribe und ist also ein »toter Erzähler«; in wird der Erzählzeitpunkt für die heterodiegetischen Abschnitte markiert). Aus der Beschreibung der verwendeten Tempora geht hervor, daß der Erzählvorgang größtenteils ausgespart und erst am Ende zeitlich markiert wird. (Das gilt auch für die Verteilung in einzelnen Abschnitten, vgl. u.a.). In keinem dieser Abschnitte (mit Ausnahme der der 5. Erzählsituation) wird aber der Erzählvorgang selbst konkretisiert, d.h. die Präsensformen beziehen sich immer auf zum Erzählvorgang simultane Vorgänge (sowohl homodiegetische (S. 53) als auch heterodiegetische (S. 176)). Durch diese Aussparung der Markierung des Erzählvorgangs bei gleichzeitiger Bezugnahme auf zum Erzählvorgang simultane Ereignisse ist die Erzählsituation, wie bereits bei den Romanen in 2.2.1. gezeigt, als monologische gekennzeichnet. Die Unterscheidung in Abschnitte mit homodiegetischer und heterodiegetischer Erzählsituation muß dahingehend präzisiert werden, daß die Erzählsituation nicht nur von Abschnitt zu Abschnitt wechselt, sondern auch in einzelnen Fällen innerhalb ei-

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nes Abschnitts. So wird in Abschnitt , der zum größten Teil heterodiegetisch ist, ein Absatz unvermittelt in der 1. Person erzählt (S. 40). Es handelt sich nicht um eine freie direkte Rede einer Figur, sondern um eine homodiegetisch-personale Erzählsituation. In ähnlicher Weise beginnt der Abschnitt (S. 160ff.) heterodiegetisch und wird vom 4. Absatz an bis zum Ende homodiegetisch fortgeführt. Der Sohn von Ramona Uribe und Tomás Lozano wird zunächst mit drittpersonigen Ausdrücken bezeichnet (»el hijo de Tomás Lozano«, »él«), dann mit solchen der ersten Person (»yo«, »mi«, »me«). Der unvermittelte Pronomenwechsel, wodurch innerhalb eines Abschnitts auf dieselbe Figur einmal mit der 1. Person und ein anderes Mal mit der 3. Person verwiesen wird (»blockierte Verweisung«), führt zu einer Nivellierung der Opposition von homodiegetisch und heterodiegetisch. Die Art der verwendeten Zeithinweise entspricht der monologischen Erzählsituation. Wie aus der Übersicht zur makrostrukturellen Gliederung ersichtlich ist, fehlen in vielen Abschnitten Zeithinweise überhaupt. Aber auch dort, wo sie auftreten, sind sie meist kataphorisch. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sie am Anfang eines Abschnitts stehen (z.B. das häufige »ese día«, s. Abschnitte u.a.). Die Erzählerinstanz weist damit auf einen Zeitpunkt so, als sei er bereits zuvor erwähnt worden, was aber bezogen auf die anderen Abschnitte nicht zutrifft. Daher können diese Verweise ebenfalls im Sinne einer monologischen Sprechsituation gedeutet werden, und eine Beziehung zu den anderen Abschnitten kann nur auf der Ebene der abstrakten Instanzen hergestellt werden. Selbst in einzelnen Abschnitten, in denen der Erzählzeitpunkt nicht markiert ist, so daß eine personale Perspektivierung zu erwarten wäre, finden sich auktoriale Hinweise verschiedener Art, die die monologische Erzählsituation wiederum kennzeichnen. Beispielsweise stellt die Erzählerinstanz durch Formeln wie »el día de/que« oder »como en el momento en que« Beziehungen zwischen Ereignissen unterschiedlicher Momente des erzählten Geschehens her. Diese Herstellung von Vergleichen impliziert einen auktorialen Überblick über die Gesamtheit der zu erzählenden Ereignisse, auch unabhängig davon, ob das Ich-Hier-Jetzt einer Erzählerinstanz markiert ist. So finden sich in zwar auch schon vereinzelt Verbformen der »besprochenen Welt« (presente, pasado compuesto), aber der Hauptteil wird in personaler Perspektivierung erzählt. Davon heben sich jedoch die Ausdrücke »como en el día del quenopodio« (S. 11) und »ni el día de (...) la quema del nueve de abril« (id.) u.a. als auktoriale Eingriffe ab. Die beiden Zeitpunkte greifen weit in die Zukunft des erzählten Geschehens vor (sie beziehen sich auf bzw. ). Während also die Aussparung des Erzählvorgangs eine personale Perspektivierung nach sich zieht, bleiben Indizien übrig, die einen auktorialen Charakter haben und die der abstrakte Leser als strukturierende Hinweise für die Rekonstruktion des Geschehens benutzen kann. Dies kann mit Hilfe von Zeithinweisen oder unterschiedlichen inhaltlichen Indizien geschehen.

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Zur Verwendung von Eigennamen In ähnlicher Weise wie durch Zeithinweise Querverbindungen zwischen verschiedenen Abschnitten geschaffen werden, finden sich auch Eigennamen von Nebenfiguren in großen Abständen, deren Erwähnung vielfältige Beziehungen zwischen den Abschnitten entstehen läßt. Außerdem läßt sich an der Verwendungsweise von Eigennamen die Gestaltung des Adressaten weiter verdeutlichen. Zunächst ist festzustellen, daß in TP wie in allen anderen Romanen eine große Anzahl namentlich bezeichneter Figuren auftreten (allein 250 namentlich genannte Einzelfiguren). Wenngleich sich unter dieser Vielzahl eine überschaubare Menge von »Hauptfiguren« herausschält, sind doch auch die seltener genannten Namen nicht auf eine beiläufige Erwähnung reduziert. Sowohl die Verfahren der Einführung als auch die der Wiederaufnahme von Figuren kann an einer Nebenfigur beispielhaft aufgezeigt werden. In Textabschnitt , S. 12 wird »el carro de Marcial« erwähnt. Die Verwendung des Namens »Marcial« ohne weitere Kennzeichnungen ergibt sich an dieser Stelle aus der Perspektivierung. Es handelt sich um die Redewiedergabe einer Figurenrede. Dieselbe Figur wird in , S. 41 wieder erwähnt, nun mit einem Hinweis auf ihren Beruf (»su libreria«). Aber auch hier wird sie nicht »vorgestellt«, so als müsse sie dem Adressaten erst bekannt gemacht werden, sondern es wird wieder so auf sie verwiesen, als sei sie ihm bereits bekannt. Der Leser (K-2) hat gleichsam nebenbei eine zusätzliche Information bekommen, ohne daß eine Identifizierung der Figur mit der Ersterwähnung von der Erzählerinstanz explizit hergestellt wird. In , S. 72 wird der Name vollständig genannt (Marcial Gardeazäbal): die Figur trägt mit anderen Figuren zusammen den Leichnam von Maria Luisa Uribe zum Friedhof. Daß die dreißig Seiten vorher gegebene inhaltliche Spezifizierung nicht ohne Bedeutung war, zeigt sich im folgenden, wenn direkt von »el librero« gesprochen wird, ohne daß in diesem Abschnitt ein expliziter Bezug zwischen dem Eigennamen und seiner Berufsbezeichnung hergestellt wird. Ohne den Hinweis von Seite 41 wäre die Identizierung nicht eindeutig vorzunehmen. Schließlich erscheint der Name noch einmal in leicht verändertem Kontext (S. 113: »la imprenta de don Marcial«) und in , S. 174 in gleicher Weise wie in , S. 12.

Allgemein lassen sich folgende Charakteristika für die Namensverwendung feststellen: die Ersterwähnung wird in personaler Perspektivierung, also am Kenntnisstand der Figuren orientiert, vorgenommen. Dies hat z.B. zur Folge, daß der abstrakte Leser nur eine Minimalinformation über einige Figuren bekommt und so, über keinen Hinweis verfügt, welchen Stellenwert die Figur im weiteren Verlauf des Romangeschehens haben wird. Bei der Wiedererwähnung wird weder ein expliziter Hinweis auf die Ersterwähnung gegeben noch werden Form und Kennzeichnungen jedes Mal identisch übernommen. Angesichts der großen Fülle von Figuren ist die Anforderung an den ab-

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strakten Leser, diese Beziehungen herzustellen, sehr hoch. Dieses implizite Beziehungsgeflecht zwischen den Abschnitten, das sich auch für die zeitlichen Verhältnisse nachweisen läßt, ist zugleich Indiz für die den Gesamttext kennzeichnende Erzählsituation. Denn genauso wie in den einzelnen Abschnitten der Erzählvorgang selbst nicht dargestellt ist, bleibt auch die Kombination der verschiedenen Sprecherinstanzen zur Einheit des Romans ohne Vermittlung durch eine hierarchisch übergeordnete Sprecherinstanz. Die insgesamt sieben Sprecherinstanzen stehen gleichrangig auf demselben Kommunikationsniveau (Ebene K-3) und müssen mit Hilfe der impliziten Querbezüge nur auf der Ebene der abstrakten Instanzen zur Einheit des Romangeschehens zusammengefaßt werden. Die Beschreibung der häufig in TP auftretenden pronominalen Figurenerwähnung zeigt einen weiteren Aspekt dieser Erzählsituation. Dazu sei noch einmal auf den Abschnitt verwiesen. Verschiedene Figuren (Gertrúdiz, Donaldo, Tito, Primo, León María), die schon wiederholt in einem Abschnitt kombiniert auftraten, befinden sich vor dem Haus von Ramona Uribe und klopfen bei ihr nach einigem Zögern an. Die »boleta de defunción« in Donaldos Hand weist auf die Mitteilung des Todes einer nicht genannten Figur (Tomás Lozano). Nach zwei Einleitungssätzen, in denen die kataphorisch verwendeten indefiniten Pronomen »todos« und »nadie« sich auf die im folgenden erwähnten Figuren beziehen, werden in den nächsten vier Sätzen die Figuren jeweils mit einem betonten Pronomen der dritten Person eingeführt. Der vierte Satz besitzt im Gegensatz zu den anderen keine Verbform. Da »él« und »ella« auf keinen Antezedenten verweisen, fungieren sie selbst zunächst als »Kennzeichnung« einer männlichen bzw. weiblichen Figur, die durch das Prädikat des jeweiligen Satzes spezifiziert werden. Dadurch wird das »él« im dritten Satz zu einer vom ersten »él« differenzierbaren Figur. Im vierten Satz ist allerdings nicht zu entscheiden, ob es sich um eine vierte Figur handelt oder ob das Pronomen das des unmittelbar vorhergehenden Satzes wieder aufnimmt. Dasselbe gilt für die beiden Erwähnungen von »él« im zweiten Absatz, während »ella« sich auf dieselbe Figur zu beziehen scheint, wenn auch die kontextuellen Merkmale für sich keine eindeutige Identifikation zulassen. Wenn im folgenden die Figur Gertrúdiz namentlich erwähnt wird, so ist damit zwar eine Wiederaufnahme voraufgehender Verwendungen dieses Eigennamens geleistet, aber nicht eine anaphorische Beziehung auf das Pronomen »ella« hergestellt. In den vorgängigen Verwendungen und wird dieser Name mit der Kennzeichnung ihres »bastón de plata« verbunden. Die Ersetzung des Pronomens durch den Eigennamen kann allerdings nicht eigentlich als ein semantischer Gewinn angesehen werden. Die Identifizierung kann auch durch die stereotype Kennzeichnung hergestellt werden. Aber ein Eigenname muß als eine gewisse Erleichterung für die Identifizierung angesehen werden.

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Koordinierung auf K-2 Die Aussparung der Markierung des Erzählvorgangs in einzelnen Abschnitten sowie die unvermittelten Wechsel der Erzählsituationen von Abschnitt zu Abschnitt verlegen, wie gesagt, die Zusammenhangsbildung auf die nächsthöhere K-Ebene. Die Indizien, die dem abstrakten Leser die textinternen Bezüge und damit auch den Handlungszusammenhang zu rekonstruieren erlauben, sollen im folgenden an einigen Beispielen für den Roman TP konkretisierend beschrieben werden. Zunächst bereitet die Zuordnung der einzelnen Abschnitte zu einer bestimmten Erzählsituation Schwierigkeiten. Der größte Teil der homodiegetischen Abschnitte ist dem Sohn von Ramona Uribe zuzuordnen, dessen Name an keiner Stelle erwähnt wird. Anders als in den Abschnitten von Ramona Uribe, die sich selbst namentlich identifiziert (in , , , nicht jedoch in ), muß die Zuordnung der Abschnitte zum Sohn auf verschiedene den einzelnen Abschnitt übergreifende Merkmale rekurrieren. Zunächst läßt z.B. der Abschnitt keine Beziehung zu den vorangegangenen vier Abschnitten erkennen, so daß eine Identifizierung es erzählten »ich« nicht möglich ist. Erst Abschnitt , in dem inhaltliche Parallelen zu die Verbindung und Zusammengehörigkeit der beiden Abschnitte sichtbar werden lassen, erlaubt es, mit Hilfe verschiedener Details, eine Querbeziehung zu anderen Abschnitten herzustellen. So zeigt die Erwähnung der Figur »Donaldo«, die bereits mehrfach, wenngleich in unterschiedlichsten Zusammenhängen auftrat (, , , ), eine Beziehung zu den anderen Abschnitten. Ebenfalls erlaubt nun in Abschnitt die Nennung der Mutter (S. 32), auch wenn sie nicht namentlich vorgenommen wird, eine zumindest hypothetische Beziehung zu herzustellen. In gleicher Weise können und dem Strang des Sohns zugeordnet werden (Verweis auf Donaldo und Popayän). Erst vom Abschnitt an jedoch wird die Bezeichnung des Erzählers als Sohn von Ramona Uribe explizit. Im folgenden werden immer wieder Ausdrücke verwendet, die die familiäre Beziehung bezeichnen (»mi madre, Ramona Uribe«, S. 90 , u.a.). In der zweiten Hälfte des Romans wird die Identifizierung durch die regelmäßige Alternanz der Abschnitte in 1. und 3. Person zusätzlich erleichtert. Die übrigen Abschnitte mit homodiegetischer Erzählsituation können auch wieder nur durch inhaltliche Elemente, die in anderen Abschnitten erwähnt wurden, einer bestimmten Figur zugeschrieben werden (Papa Uribe - ; Ramona Uribe -).

Bei den Abschnitten der 5. Erzählsituation ist die Zuordnung zur Sprecherinstanz Donaldo erst im letzten der betreffenden Abschnitte vorzunehmen. Diese Abschnitte sind allerdings durch ihren geringen Umfang als eine zusammengehörige Gruppierung kenntlich, was sich demnach auch als ein Hinweis, der auf der Ebene der abstrakten Instanzen wirksam ist, erweist. Da jedoch andererseits dieselbe Sprechsitua-

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tion auch in anderen Abschnitten anzutreffen ist (, ), wo eine andere Sprecherinstanz (Luisa) eine ähnliche prophetische Redeweise zeigt und nicht leichter identifiziert werden kann, ergeben sich hier dieselben Identifikationsprobleme wie für die behandelten Abschnitte in der 1. Person. Während die Adressatenfigur immer namentlich genannt wird (Ramona Uribe in , , , ; Papa Uribe ; Donaldo (Sohn) ), läßt sich die Identität der Erzählerinstanz erst in indirekt erschließen. Die Schwierigkeiten der Rekonstruktion des Handlungszusammenhangs am Beispiel der Figurenidentifikation kann noch einmal am Abschnitt erläutert werden. Er schildert einen Moment am Todestag von Tomás Lozano, dem Ehemann von Ramona Uribe. Das besondere an der Szene ist, daß Tomás Lozano nicht nur nicht erwähnt wird, sondern als Figur in anderen Abschnitten auch noch kaum in Erscheinung getreten ist. Er wurde erst einmal in erwähnt. Die Verschränkung verschiedener Zeitebenen, die Aussparung der Verweise und die rein pronominale Figurenerwähnung erschweren erheblich die Rekonstruktion des Denotats. Daß es sich bei dieser Szene um eine des Todestags von Tomás Lozano handelt, kann nur durch ein aufwendiges Vergleichen unterschiedlicher Abschnitte und ein kompliziertes Ausschlußverfahren auf der Ebene der abstrakten Instanzen rekonstruiert werden. Die Figurenkonstellation des Abschnitts verweist den Leser zurück auf die Abschnitte und . Die Rekurrenz von Ausdrücken, deren gemeinsames Merkmal /Tod/ ist, läßt alle drei Abschnitte vergleichbar werden, in denen ein Toter, der in keinem Fall genannt ist, im Mittelpunkt steht. Die einzelnen Merkmale und Handlungen der Figuren sind so gestaltet, daß einerseits eine wortgetreue Wiederholung die Identifizierung ermöglicht, andererseits minimale Divergenzen eine Differenzierung gestalten. Ein solches Detail der Divergenz ist z.B. die Tatsache, daß Donaldo die »boleta de defunción« einmal in der Hand hält , ein anderes Mal in der Tasche hat , wodurch die beiden Todesfälle (der des Sohns und der des Vaters) voneinander unterschieden werden können. 2.2.2.2. Koordinierung und Hierarchisierung: Der Erzähler als Autor (Tit) Obwohl in Tit wie in TP verschiedene Erzählsituationen koordiniert werden, ist die Orientierung für den abstrakten Leser durch die Bezifferung, die die unterschiedlichen Handlungsstränge kennzeichnet, und die leichtere Identifizierbarkeit der jeweiligen Sprecherinstanzen wesentlich erleichtert. Der Zusammenhang der Handlungsstränge wird nicht durch die Konstanz der Erzählerinstanz, sondern durch die Figuren, die Zeit und die Bezifferung gewährleistet: »1« schildert die Geschichte von Jalisco; »2« das Jubiläum des Todestages von Jalisco im Jahre 1986 und die gewaltsame Räumung der Universität von Cali vom 26. 2. 1971; »3« die Geschichte der Studentenführerin Vicky; »4« die Geschichte des Universitätsrektors Dr. Ollano; »5« enthält die Geschichte und Kommentare eines Literaturprofessors und des »Autors«

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des Romans (»autor-titiritero«); »6« besteht aus Interviews, die der »autor-titiritero« durchgeführt hat. Innerhalb dieser Handlungsstränge wechselt die Erzählerinstanz, die Adressateninstanz oder der Sprechzeitpunkt: »1«:

1:1. Pers. PI. in-VI: 1. Pers. Sg. (Jalisco) II,VII: 3. Pers.

»2«:

I: Einladung zur Feier III-VI: Theaterstück II,VII: Radioansage

»3«:

I,VI,VII: 3. Pers. II-V: 1. Pers. Sg. (Vicky)

»4«:

1:1. Pers. PI. II-VII: 3. Pers.

»5«:

I-VI: 1. Pers. Sg. (autor-titiritero)

»6«:

I-V: Interviews VII: Zeitplan

Es lassen sich mit leichten Reduktionen sieben unterscheidbare Erzählsituationen benennen: {1} homodiegetisch, 1. Pers. PI. (in »1« I und »4« I) (2} homodiegetisch, 1. Pers. Sg. (in »1« HI-VI; »3« II-V; und »5«) {3} heterodiegetisch, (in »1« II,VII; »3« I,VI,VII; »4« II-VE) {4} Theaterstück (in »2« III-VI) {5} Interviews (in »6« I-IV) {6} Radioansprache (in »2« II und VII) {7} Dokumente (in »2« I und »6« V,VII). Berücksichtigt man auch noch die Wechsel der Sprecherinstanzen innerhalb dieser formal bestimmten Erzählsituationen, ergeben sich drei weitere Unterteilungen innerhalb der 2. Erzählsituation (Sprecher Jalisco, Vicky, »autor-titiritero« und wechselnde Adressaten); eine weitere Unterteilung innerhalb der 3. Erzählsituation (auktorial: »4« II-Vn und »3« I,VI,VII und personal: »1« II und VII); fünf unterschiedliche Adressaten in der 5. Erzählsituation; zwei unterschiedliche Sprecher und Adressaten in {7}, also insgesamt 15 Erzählsituationen.

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Der wesentliche Unterschied zu TP ist also in der ordnenden Bezifferung, in der Verwendung nicht-narrativer Textabschnitte und vor allem in der Instanz des »autortitiritero« zu sehen, die eine noch zu beschreibende Beziehung zwischen den Strängen schafft. Zunächst kann festgestellt werden, daß der Erzählvorgang in den meisten Abschnitten explizit und in seinem situativen Kontext konkretisiert gestaltet ist. Der Sprecher und der Adressat sind also in allen diesen Fällen bezeichnet: in den Abschnitten , jeweils zu Beginn der Teile III-VI (Strang »1«), spricht Jalisco mit seiner Tante Dolores, wodurch gleich zu Beginn von trotz des Wechsels der Erzählerinstanz auch eine Verbindung zu hergestellt werden kann. Die jeweils in Klammern gesetzte Anrede weist schon auf den S.171 bezeichneten situativen Kontext des Erzählvorgangs hin: Erzähler und Adressatin sind bereits tot. Die pronominale Figurenkennzeichnung zu Beginn von , die an die Verfahren in TP erinnert, erschwert zwar die Identifizierung von Sprecher und Figuren, bildet aber eine Art Übergang von der Darstellungsweise in zu der nun folgenden homodiegetischen Erzählung. Während in (Handlungsstrang »3«, KE {2}) die Adressatenfigur von Anfang an namentlich gekennzeichnet ist, kann die Identität der Sprecherinstanz zunächst zwar aus inhaltlichen Details, die in erwähnt wurden, erschlossen werden, aber bleibt bis noch unbestimmt. Im Vergleich zu dem Erzähler des Stranges »1«, der sich zum größten Teil seiner Erzählung in einem Nachzeitigkeitsverhältnis zu dem erzählten Geschehen befindet, nimmt der Bezug auf die Sprechsituation in der pathologischen Redeweise der Sprecherin von »3« einen großen Raum ein. Erzählung, Kommentar und Thematisierung der Sprechsituation bilden zu etwa gleichen Teilen ihren Text. Der »autor-titiritero« wendet sich häufig an einen potentiellen Adressaten, der mal die Gestalt eines Studenten, mal eines Kritikers, mal eines »lector común« annimmt. Bei den Strängen »2« und »6« handelt es sich schließlich um durchgehend dialogische bzw. nicht-narrative Texte. In den verbleibenden Abschnitten (insbesondere denen des Stranges »4«) findet sich eine Erzählsituation, die der in 2.2.1. beschriebenen vergleichbar ist. Während das Präsens in den Abschnitten mit explizit gestaltetem Erzählvorgang auch auf den Erzählvorgang und die Beziehung zwischen Sprecher und Adressat verweist, tritt es hier wieder ausschließlich in der Funktion der synoptischen Ereignisschilderung auf, so daß das Ich-Hier-Jetzt der Erzählerinstanz für den abstrakten Leser zunächst nicht bestimmbar ist. Die vereinzelt auftretende 1. Pers. PI. (S. 11, 14,23) erlaubt wie in dem besprochenen Fall in 2.2.1. eine doppelte Deutung. Sie wird jedoch an einer Stelle konkretisiert (»La historia que escriben los periodistas y los gobernantes, no la que escribimos nosotros, los novelistas, por supuesto.« S. 23), so daß das Verhältnis dieser Instanzen zu der Erzählerinstanz des 5. Stranges ins Spiel gebracht wird.

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Die Sprecherinstanz des fünften Strangs, die als »Autor« der übrigen Stränge auftritt, integriert sie zu einem »Roman« und schafft eine eigentümliche Illusionslage. Nähme man den Anspruch der Instanz in den mit »5« bezifferten Abschnitten, der Autor des Buches zu sein, beim Wort, so wäre die Identifizierung mit dem (konkreten) Autor Gustavo Alvarez Gardeazábal die Konsequenz: es handelte sich also nicht um einen fiktionalen Text im hier zugrundegelegten Sinne, da das dargestellte Aussagesubjekt mit dem realen Subjekt der literarischen Kommunikation dekkungsgleich wäre. Nun ist aber bereits die Figur des dargestellten Autors, des Literaturprofessors aus Cali, so gestaltet, daß die Gleichsetzung zumindest fraglich bleibt. Der »autor-titiritero« nennt sich nicht mit Namen (obwohl er sich seinen Lesern vorstellt) und schreibt seinen Roman 1985, während Tit 1977 erschienen ist. Als »Autor« kann die Erzählerinstanz des 5. Stranges, der »autor-titiritero«, seinen Sprechzeitpunkt aber ebenso fiktiv wählen, wie es der abstrakte Autor durch die Schaffung der Gestalt des »autor-titiritero« tatsächlich tut. Mit anderen Worten: in seiner Eigenschaft als »Autor« hat der »autor-titiritero« prinzipiell dieselben Möglichkeiten der Fiktionalisierung der dargestellten Wirklichkeit wie der abstrakte Autor. Die Fiktion des textimmanenten Autors führt notwendig zur Aporie, die das Kennzeichen jeder »mise en abyme« ist34 und die sich nur aus der Sicht einer übergeordneten K-Ebene auflöst. Wenn beispielsweise der »autor-titiritero« schreibt: »Parece que no le basta tener entre sus manos este libro.« (S. 121), so weist er mit dem deiktischen Ausdruck »este libro« anscheinend auf das vorliegende, vollendete Romanwerk (K-2). Dieser Ausdruck ist so nur auf der Ebene der konkreten oder abstrakten Instanzen zu verwenden, nicht jedoch von einer Erzählerinstanz. Denn sonst impliziert diese Bezugnahme, daß der Roman sich selbst als einen Teil enthält. Es entsteht der Eindruck unendlicher Spiegelung. Die für die textinteme Konstituierung der Wirklichkeit notwendige Voraussetzung, daß diese nicht ihrerseits als eine Fiktion des Erzählers aufgefaßt werden kann, wird durch die Gestalt des »autor-titiritero« in Zweifel gezogen. Dabei ist das Verhältnis dieser Instanz zu den anderen Strängen im einzelnen unterschiedlich, so daß sich das angedeutete Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit noch weiter verkompliziert. Der erste Strang ist deutlich als eine fiktionale Erzählung des »autor-titiritero« gekennzeichnet: eine explizit gestaltete Erzählerinstanz, zudem eine »literarisierte« Form, schafft die Verdoppelung der Instanzen (Hierarchisierung der Erzählerinstanzen). Die fiktionale Erzählerinstanz hat nicht die Möglichkeit ihrerseits die Gestalt des sie hervorbringenden »autor-titiritero« zu benennen. Andererseits kann der »autor-titiritero« in seinen Abschnitten auf die textuellen Bestandteile seiner Fiktion verweisen (so z.B. S.65). Anders verhält es sich in den monologischen Abschnitten des dritten Strangs, in denen die Erzählerinstanz den »autor-titiritero« fiktionsimmanent beglaubigt, so als

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handele es sich bei diesen Abschnitten um Dokumente, die der »autor-titiritero« seiner »realen« Welt entnommen hat und ähnlich den Abschnitten des sechsten Stranges seinem »Roman« als nicht-fiktionale Bestandteile beifügt. Hier scheint die textinterne Wirklichkeit der beiden Erzählerinstanzen (»autor-titiritero« und Vicky) dieselbe zu sein. Entsprechend verweist Vicky auf das vorliegende Buch mit einem unbestimmten Artikel (»ese profesor que está dizque escribiendo una novela sobre la revolución de febrero«. S. 180). Demgegenüber tritt im zweiten Strang wieder die beschriebene Aporie auf, indem nun aber nicht der »Autor«, sondern eine andere Sprecherinstanz sich wie eine Instanz der konkreten Ebene der Kommunikation auf das Buch bezieht, das sie als textinteme Instanz enthält (S.267f.). Unter dem Aspekt der Zeit ließe sich der Widerspruch dahingehend erläutern, daß sich der Radiosprecher in der angeführten Äußerung nur dann auf »este libro« beziehen könnte, wenn es inzwischen vom »autor-titiritero« schon beendet worden wäre, was aber erst nach Einschluß eben dieser Äußerung des Radiosprechers der Fall ist. Die Bezugnahme des Radiosprechers könnte auch als eine Fiktion des »autor-titiritero« mit den entsprechenden Konsequenzen für die Selbstfiktionalisierung gedeutet werden (s. o.), oder man faßt die Beziehung der Stränge, die vom »autor-titiritero« abhängen (»1., 3., 4., 5., 6.«) mit dem 2. Strang als Koordinierung auf, so daß ihr Zusammenhang ebenfalls auf K-2 hergestellt wird. Die durch die Fiktion des textinternen »Autors« intendierte Transgression der KEbenen hat ihre Entsprechung bei verschiedenen Komponenten des Textes, die vielschichtige Beziehungen zur Wirklichkeit der abstrakten Instanzen herzustellen erlauben. So finden sich neben deutlich referenzialisierbaren Eigennamen und Sachverhalten solche mit ungewisser oder eingeschränkter Referenzialisierbarkeit (Pseudonoyme u.ä.) und solche eindeutig fiktiver Natur. Auch die zeitliche Situierung entspricht dieser Illusionslage. Die Verlegung der Entstehungszeit des Romans (in der Fiktion) auf 1986 weist als ein datiertes Geschehen einerseits auf den fiktiven Charakter im Verhältnis zur realen Zeit der konkreten Instanzen (Veröffentlichung 1977), andererseits auf die Bedeutung der Ebene der realen Zeit für die Konstitution der fiktiven Welt. Schließlich erscheint der Name des konkreten Autors im 2. Strang (»escritor reaccionario Gustavo Alvarez Gardeazábal«, S.50), als Autor des im Jahre 1986 zur Jahresfeier aufgeführten Theaterstücks. Textintern ist diese Erwähnung wieder entweder als Fiktion des »autor-titiritero« oder als Äußerung der mit dem fünften Strang koordinierten Sprecherinstanz des 2. Stranges zu deuten. Auf der innersten Ebene der Kommunikationsbeziehungen findet sich der »konkrete Autor« als Figur seiner eigenen fiktiven Erzählerfiguren wieder 35 .

Koordinierung durch Kombinatorik (Div) 2.2.2.3. Bei diesem 1986 erschienenen Roman, der sofort ein umfangreiches und weitreichendes Echo fand, ist es verlockend, die Elemente zu verfolgen, die in den vorheri-

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gen Romanen auftraten, so daß sich dieser Roman wie eine Synthese des bisherigen Werks darstellt: die Abfolge numerierter Fragmente erinnert an den Aufbau von TP; die zentrale Heldenfigur an den »Condor« oder »Pepe« aus Cond bzw. PB; die zeitliche Erstreckung der Haupthandlung deckt sich fast mit der in Dab; die Wundertätigkeit und die Parodierung des kirchlich geförderten Wunderglaubens verweist wieder zurück auf BI; der Bezug auf eine teils zeitgenössische teils utopische kolumbianische Realität erinnert schließlich an Tit und LM. Die thematischen Konstanten sind nicht weniger auffallig: »Violencia«, Homosexualität, »chisme«, Religion und Macht etc. Auch Einzelheiten, individuelle Signaturen des Autors, die in allen bisherigen Romanen auftraten, finden sich wieder: Bezugnahmen auf die Wirklichkeit des konkreten Autors, Winke an einzelne, konkrete Leser also; Auftreten eines Alter Ego des konkreten Autors im erzählten Geschehen in diesem Fall als räsonnierender »doctor«; und schließlich eine Vielzahl von erprobten Verfahren, die in allen Romanen die Ausbildung eines Individualstils kenntlich machten. Diesen Konstanten stehen substantielle Neuerungen gegenüber. Hier ist insbesondere die Verwendung von Dialogen zu nennen. Auch ist die Aufmerksamkeit auf die Sprachverwendung größer geworden, indem sich eine systematische Ausbildung gewisser stilistischer Züge zeigt. Wie in TP lassen sich sieben Erzählsituationen unterscheiden, die sich ungleichmäßig auf die Gesamtheit der Erzählabschnitte verteilen (vgl. 2.1.1.8.). Im folgenden sollen diese sieben bisher nur vorläufig bezeichneten Erzählsituationen näher beschrieben werden. Obwohl die verschiedenen Erzählsituationen in keiner hierarchischen Beziehung stehen, lassen sich solche mit extradiegetischen Erzählern (K-3) von denen mit intradiegetischen (K-3 »leer«) Erzählern unterscheiden. a) extradiegetische Erzählerinstanzen {1} heterodiegetisch-auktorial, personalisiert (nachzeitig). Dieser Erzählsituation sind folgende 34 Abschnitte zuzurechnen: 1, 2, 5, 6, 10, 12, 13, 17, 18, 21, 23, 24, 28, 30, 33, 35, 36, 40, 41, 44, 47,48, 52, 53, 56, 58, 59, 63, 64, 67, 69, 71, 75, 76. Der Erzählzeitpunkt dieser Abschnitte ist, wie bei der in 2.2.1. beschriebenen Erzählsituation, kurz nach den letzten erzählten Ereignissen anzusetzen. In Abschnitt . S. 227 heißt es: »De eso si se acuerda muy bien Rosalbina y desde anoche lo ha estado repitiendo (...)«. Wie in den anderen Fällen wird auch hier die Markierung des Erzählzeitpunktes nicht erst am Ende vorgenommen, sondern findet sich auch schon vereinzelt in früheren Abschnitten. Die Art dieser Hinweise ist aber auch wieder so vage, daß erst am Ende der Abstand des Erzählzeitpunktes zu den erzählten Ereignissen bestimmbar wird. Bei den vorgängigen Hinweisen handelt es sich um die Verwendung des »synoptischen« Präsens36.

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Entsprechend dieser zeitlichen Situierung werden die Ereignisse in dem Maße detaillierter berichtet, wie sich ihr Abstand zu dem Erzählzeitpunkt verringert. In den letzten Abschnitten vor dem Ende geben genaue Uhrzeitangaben Hinweise auf die Kürze der Zeitabstände zwischen den Ereignissen und deuten so das noch ungetrübte Gedächtnis der Erzählerinstanz an (z.B. , , , ). Allerdings finden sich nicht in allen Abschnitten auch Präsensformen, die den Erzählzeitpunkt markieren. Dies ist insbesondere in dem Abschnitt < 7 6 > bedeutungsvoll, weil die in ihm erzählten Ereignisse kurz nach den in Abschnitt < 7 5 > erzählten liegen, in dem der Erzählzeitpunkt markiert wird. Sie werden gleichwohl nicht als zum Erzählzeitpunkt simultanes Geschehen oder als gerade vergangenes Geschehen, sondern nur als vorzeitig zum Erzählzeitpunkt dargestellt (Formen im pretérito). Dies entspricht der offen gehaltenen Beziehung zwischen den einzelnen Abschnitten sowohl ein und derselben als auch der unterschiedlichen Erzählsituationen. Das »presente« tritt aber auch häufiger in generalisierenden Feststellungen der Erzählerinstanz auf, die auf diese Weise einen zusätzlichen, in den anderen Romanen nicht festgestellten »auktorialen« Zug bekommt: »(...) muy lejos del amor que todo ser humano anhela en algún momento, (...)« (S.30). Hierzu ist in diesem Fall auch die wieder einmalige Verwendung der 1. Pers. PI. zu rechnen, so daß das Erzähler-Ich wieder nicht markiert wird, sondern nur das »Jetzt« 37 . Die generalisierenden Feststellungen sind in allen Fällen kurz und meist in Klammern gesetzt. Der zeitlichen Situierung entspricht die auktoriale, aber nicht omnisziente Erzählerperspektive. Der Erzähler stellt kausale Beziehungen und Vergleiche zwischen Ereignissen her, schränkt aber seine Erklärungen durch modalisierende Formeln ein: »Por eso, probablemente, (...) decidió volver a Ricaurte (...)« (S. 43). Nicht weniger häufig weist der Erzähler auf Wissenslücken bei den Figuren der erzählten Welt, die er nicht durch auktoriale Erklärung zu beseitigen versucht: »Nadie alcanzó a entender cómo (...)« (S. 15). {2} heterodiegetisch-auktorial (zeitgleich zum Erzählzeitpunkt): 14, 25, 37, 49, 60, 72. Der Erzählzeitpunkt dieser Abschnitte ist von Anfang an bestimmt und ist zu dem Geschehenszeitpunkt des erzählten Geschehens der Abschnitte der ersten Erzählsituation kontemporär. Die Erzählerinstanz ist zu einem nicht weiter spezifizierten Zeitpunkt des »Festes« zu Ehren des »Divino«-Bildes zeitlich situiert (»este año«, S. 157). Ein großer Teil der erzählten Ereignisse wird im synoptischen Präsens präsentiert. Es handelt sich um einzelne der traditionellen Vorgänge beim Ablauf der jährlich erneuerten Feierlichkeiten. Die Erzählerinstanz bezieht ihr Wissen aus einer intradiegetischen Quelle, nämlich aus dem Stammbuch, das in der Sakristei des Heiligtums von Ricaurte geführt und durch die Jahrhunderte bewahrt wird (»(...) según lo afirma el libro también (...)« S. 188). Der unvermittelte Beginn der jeweiligen Abschnitte erscheint wie die Antwort auf

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eine Frage des Adressaten, die sich auf die Prozession und Wunder bei den traditionellen Feierlichkeiten in Ricaurte bezieht. Aus der Verteilung der Abschnitte ergibt sich eine Entsprechung zwischen dem in den anderen Abschnitten erzählten Geschehen und den in diesen Abschnitten gegebenen Informationen. Damit lassen sich diese Abschnitte als ambivalent gegenüber dem Status als extra- bzw. intradiegetisch beschreiben. Die zeitliche Situierung in das Jahr der erzählten Feier läßt die Erzählsituation als intradiegetisch erscheinen. Die zeitliche Unbestimmtheit der meisten erzählten Ereignisse, deren Vermittlung daher eher eine Information als eine Erzählung darstellt, sowie die dem Informationsbedürfnis des extradiegetischen Adressaten orientierte Verteilung der Abschnitte weisen die Erzählsituation jedoch als extradiegetisch aus. Unabhängig von der Funktion im Gesamtzusammenhang des Romans ließe sich die Erzählsituation in diesen Abschnitten aber auch als eine monologische beschreiben, bei der die Sprecherinstanz selbstgestellten Fragen nachgehend Informationen für eine Berichterstattung über die Feierlichkeiten sammelt. b) intradiegetische Erzählsituationen: {3} intradiegetisch.: {3.1} Dialog: 3, 8, 15, 19, 26, 31, 38, 42, 50, 54, 61, 65, 73, 77; {3.2} Gebet: 4, 16, 27, 39, 51, 62, 74; {3.3} Tagebuch von Brunilda Borja: 9, 20, 32, 43, 55, 66; {3.4} Tagebuch von Ebelina Borja: 7, 29, 45, 70; {3.5} Tagebuch und Monologe von Ceres Borja: 11, 22, 34,46, 57,68, 70. Diese vier Erzählsituationen sind dadurch gekennzeichnet, daß die extradiegetische Ebene (K-3) nicht besetzt ist, alle Sprecherinstanzen also auf der Figurenebene (K-4) anzusiedeln sind. Das Ich-Hier-Jetzt der wechselnden Sprecherinstanzen in {3.1} muß vom abstrakten Leser jeweils aus dem Gesprächskontext, also ohne Vermittlung durch eine Erzählerinstanz, entnommen werden 38 . Die namentliche Identifizierung der Sprecher wird durch die Anrede des jeweiligen Gesprächspartners gewährleistet 39 . Der Sprechzeitpunkt läßt sich aus dem inhaltlichen Zusammenhang der Dialogabschnitte mit den Erzählabschnitten des Teiltextes {1} bestimmen. Er ändert sich im Laufe des Romans entsprechend der Chronologie der Ereignisse. Der Adressat der Sprecherinstanz (don Cipriano) der Sprechsituation {3.2} wechselt ebenfalls. Während das Gebet zunächst an Gott gerichtet ist (Textabschnitte ), spricht Cipriano einmal das heilige Gemälde an und wendet sich in dem letzten ihm zuzurechnenden Abschnitt an die Jungfrau Maria . Wie bei den anderen intradiegetischen Sprechsituationen ist auch diese zeitlich unterbrochen (»intercalée« in der Terminologie von Genette). Die jeweiligen Sprechzeitpunkte sind von der zeitlichen Abfolge der in den Abschnitten des Teiltextes {1} erzählten Ereignisse bestimmt. Das gilt auch für die die Ereignisse kommentierenden bzw. sie prophezeienden Aufzeichnungen von Brunilda und Ebelina ({3.3 und 3.4}). Nur die Sprecherinstanz Ceres Borja ist in allen Abschnitten der Erzählsituation {3.5} konstant. Sowohl der Adressat als auch der Sprechzeitpunkt als auch der situa-

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tive Kontext der Sprechsituation ändern sich von Abschnitt zu Abschnitt. In den Abschnitten und wendet sich die Sprecherinstanz an einen hypothetischen Leser ihrer Aufzeichnungen (»estos apuntes« S. 44). Der Zeitpunkt läßt sich aus inhaltlichen Angaben im Verhältnis zu den Ereignissen der Abschnitte des Teiltextes {1} auf den Moment kurz vor dem Fest ansetzen. In den Abschnitten und wendet sich Ceres Borja an ihr eigenes Spiegelbild (»(...) yo, Ceres Borja, aquí, mirándome al espejo (...)« S. 116). Der Sprechzeitpunkt liegt beim ersten Abschnitt kurz nach der in Abschnitt erzählten Begegnung von Ceres mit Héctor, in Abschnitt am Vormittag des letzten Tages der Feiern, kurz vor dem blutigen Ende, das Ceres prophezeit. In Abschnitt ist der Adressat nicht explizit erwähnt. Die Sprecherinstanz nimmt auf sich selbst mal mit dem Pronomen der ersten Person, mal mit drittpersonigen Ausdrücken Bezug (»(...) lo dice Ceres Borja, lo asegura Ceres Borja.« S. 148). Die Sprechsituation läßt sich sowohl an die beschriebene Schreibsituation als auch die Situation vor dem Spiegel assimilieren. In dem verbleibenden Abschnitt wendet sich die Sprecherin (Ceres) an den Adressaten Héctor Aquiles, aber ohne zu sprechen (»(...) aun cuando no me oyes mientras te miro (...)« S. 178). Der Sprechzeitpunkt ist durch die in erzählten Ereignisse als gleichzeitig zu dem Feuerwerk bestimmt. Allen intradiegetischen Erzählsituationen ist gemeinsam, daß die Sprecherinstanzen zum größten Teil Ereignisse erzählen, prophezeien, herbeiwünschen bzw. kommentieren, an denen sie selbst nicht oder nur am Rande beteiligt sind. Während also der Erzählvorgang selbst eine gewisse Ausgestaltung und Präzisierung erfahrt, bleibt das Verhältnis der Sprecherinstanzen zu den erzählten Ereignissen auch in diesen Fällen vorwiegend heterodiegetisch. Die Koordinierung der sieben Erzählsituationen beruht auf unterschiedlichen Gesichtspunkten, die in 2.1.1.8. schon beschrieben wurden. Der wechselnde Sprechzeitpunkt in den Abschnitten der intradiegetischen Teiltexte läßt sich mit der Zeit des Geschehens in den extradiegtischen Teiltexten korrelieren, ohne daß jene in einer hierarchischen Abhängigkeit von diesen stehen. Die Abfolge der jeweils unterschiedlichen Erzählsituationen zuzuordnenden Abschnitte weist also Regelmäßigkeiten auf, die zunächst in der Zeit des erzählten Geschehens begründet sind. Dadurch, daß die Integration der Abschnitte aber nicht durch eine einheitliche Erzählerinstanz vorgenommen wird, bleibt die Abfolge bis zu einem gewissen Grade willkürlich, da sie nur unzureichend durch die Zeit bestimmt wird. Die Abfolge wird aber, wie gezeigt wurde, zusätzlich durch eine Regelmäßigkeit bestimmt, die eine Erzählerfunktion anzeigt. Es ließen sich sieben Teile mit rekurrenter Abfolge von Abschnitten unterschiedlicher Erzählsituation rekonstruieren. Die kommunikativen Beziehungen des Romans lassen sich analog zu den in Tit beschreiben, wobei die Gestalt des textinternen Autors hier bis auf die in der Rekurrenz der Abfolge impliziten

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Organisationsfunktion reduziert ist. 2.2.3. Reflexion des Erzählvorgangs: Der Erzähler als Autor und Zeuge (LM, PB) In den beiden Romanen LM und PB wird die Fiktion des Erzählers als Autor, wie sie in Tit entwickelt wird, beibehalten, tritt aber in den Hintergrund des erzählerischen Interesses. Die Erzählerfiguren dieser beiden Romane stellen keine theoretischen Überlegungen zum Roman an und thematisieren auch nicht ihre »Autorrolle«. Das Verhältnis zur erzählten Welt ist nicht ambivalent, wie in Tit, wo der »autor-titiritero« mal als Autor fiktionaler mal als Autor nicht-fiktionaler Textteile erscheint. Die beiden »Autoren« von LM und PB schreiben keinen fiktionalen Text, sondern ein »testimonio«. Die Beziehungen zur Instanz des konkreten Autors bleibt aber mit denselben Widersprüchen behaftet, indem anscheinend zwei »Autoren« um die Autorschaft des Buches rivalisieren. Durch die Bezugnahme der textintemen Instanz auf das Buch als Ganzes wird in der für Tit beispielhaft beschriebenen Weise die Textimmanenz anscheinend überschritten: (10) »(...) sé que para poderme sentar a escribir este libro que todos van a tomar como la novela de una saga familiar (y no como la verdadera historia de mi familia) (...)« (LM, S. 12). Dieser Gestaltung des Erzählers als »Autor« entspricht die Thematisierung der Fiktionalitätsproblematik, die in dem Gegensatzpaar »novela«-»historia« zum Ausdruck kommt 40 . Bevor jedoch den Implikationen dieser Erzählsituation für das Verhältnis der abstrakten Instanzen zu den Erzählerinstanzen nachgegangen wird, soll diese selbst in ihrem Verhältnis zur erzählten Welt näher beschrieben werden. In beiden Romanen liegt eine homodiegetische und auktoriale Erzählsituation vor. Das Ich-Hier-Jetzt der Erzählerinstanz ist in beiden Fällen markiert und liegt wie in den Romanen mit heterodiegetisch-auktorialer Erzählsituation (vgl. 2.2.1.) kurz nach den letzten Ereignissen des erzählten Geschehens. Während aber in jenen Romanen das Sprecher-Ich der Erzählerinstanz nicht zur Darstellung gelangte, wird es in diesen Romanen als klar umrissene Erzählerfigur konkretisiert. In LM ist es eine namenlose Erzählerin, die als Universalerbin und letzte Überlebende ihres »Clans« durch die Ereignisse einer Revolution in Kolumbien ins Exil vertrieben worden ist und die sich vorgenommen hat, die Geschichte ihrer Familie, jetzt wo deren Macht und Existenz durch den Umsturz beendet sind, in einem Buch festzuhalten. In PB ist es Guillermo Zambrano, alias Memito Glostora, der intime Freund und treue Wegbegleiter der Hauptfigur Pepe Botellas, der ebenfalls der berufene Zeuge für die Lebensgeschichte seines Helden ist, die er kurz nach dessen Tode, den er selbst herbeiführt, erzählt. Die Erzähler erzählen nur zu einem Teil Ereignisse, an denen sie selbst beteiligt gewesen sind, während der größte Teil von Erlebnissen dritter Personen handelt. In beiden Romanen liegt eine homodiegetische, aber nicht autodiegetische Erzählsitua-

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tion vor. Nicht nur das Ich-Hier-Jetzt der Erzählerinstanzen ist markiert, sondern der Erzählvorgang selbst wird thematisiert, indem auch der situative Kontext und das Bild des Adressaten konkretisiert werden. Die zeitliche Situierung im unmittelbaren Anschluß an die letzten Ereignisse bestimmt auch in diesen Romanen die Perspektivierung. Um der Darstellung der Erzählsituation in den beiden Romanen die nötige Konkretheit zu geben und auch die Unterschiede deutlicher hervortreten zu lassen, sollen sie getrennt voneinander behandelt werden. LM Wie die anderen Romane beginnt auch LM mit der Markierung des Erzählzeitpunkts, wobei nun aber zwei Aspekte unterschieden werden können. Die Ebene des dem Erzählvorgang kontemporären Geschehens und der Erzählvorgang selbst. Der größte Teil der Hinweise auf den Erzählzeitpunkt (Verbformen der »besprochenen Welt« in der Erzählerrede) bezieht sich auf die Situation der Erzählerin und findet sich im ersten Kapitel. Im Verlauf des Romans wird darauf immer wieder verwiesen, aber ohne daß eine zweite Handlungsebene mit zeitlicher Erstreckung konstituiert wird. Die zeitliche Erstreckung des Erzählvorgangs wird also nicht durch eine sich verändernde Situation der schreibenden Erzählerin verdeutlicht. Dagegen wird auf diese zeitliche Dimension in den vereinzelten Bemerkungen zum Schreibvorgang Bezug genommen. Dabei ist festzustellen, daß sie mal als die Zeit des Schreibens (»un libro que poco a poco va engrosando sus tapas«, S. 24), mal jedoch als die der Lektüre bezeichnet wird (»estas líneas que usted ha terminado de leer«, S. 216). An anderer Stelle werden beide Zeitpunkte explizit als gleichzeitig bezeichnet: (11) »No será una historia fiel. Es una historia apasionada (...) Hasta cuando usted, que la está leyendo y yo, que la escribo (...) hayamos entendido completamente los verdaderos parámetros de la decadencia de los Copete.« (S. 163) Die zeitliche Situierung der Lektüre als gleichzeitig zum Erzählzeitpunkt steht im Widerspruch zu der Schreibsituation, die als vorgängig angesehen werden muß. Diese zeitliche Situierung des Adressaten impliziert daher eine fiktive Transgression der Fiktionsimmanenz, wie sie als für die Erzählsituation in diesem Roman typisch bereits konstatiert wurde. Die anderen Erwähnungen möglicher »Adressaten« der Erzählung entsprechen dem Ich-Hier-Jetzt einer monologischen Schreibsituation, indem die Erzählerin auf sie mit Ausdrücken der »non-personne« verweist. So wird beispielsweise als ein zukünftiger, hypothetischer Leser der Bruder der Erzählerin mehrfach erwähnt: (12) »(...) yo estoy hoy, sentada en esta habitación del Key Colony, mirando llegar las aguas contra la playa, convencida que estas memorias de mi gente las podrá leer algún día el zonzo de mi hermano (...)« {LM, S. 119; vgl. a. S. 156).

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Dieser Beschreibung des möglichen Adressaten, die die Schreibsituation als eine monologische ausweist, steht die zitierte direkte Anrede eines Adressaten entgegen. Die metanarrativen Hinweise auf den Erzähltext entsprechen der Doppelrolle der Erzählerinstanz als Erzähler und »Autor« sowie dem Nebeneinander von monologischer und dialogischer Gestaltung der Erzählsituation. Das Nebeneinander von Futur und Präsens in Beispiel (11) entspricht den beiden Erzählzeitpunkten. Ebenso schwankt die Bezeichnung des Textes je nach der Adressatengestaltung. In den Fällen der monologischen Erzählsituation wird, wenn ein hypothetischer künftiger Adressat anvisiert wird, der Text selbst als »testimonio« (S. 78), »memorias« (S. 119) oder »historia« (S. 180), »monólogos« (!) (S. 190) bezeichnet, während bei der dialogischen Form »esta novela« (S. 25) als Kennzeichnung verwendet wird 41 . Der zeitliche Aufbau des erzählten Geschehens, der viele Parallelen mit dem in 2.2.1. beschriebenen aufweist, wird durch die Konkretisierung der Erzählerinstanz in einer Figur als von der Erinnerung dieser Figur bedingter Aufbau sichtbar. Die zahlreichen Vorgriffe und Rückblenden entsprechen der auktorialen Omnipräsens der Erzählerinstanz, die die Gesamtheit des erzählten Geschehens überblickt. Außerdem verdeutlichen sie die assoziative und obsessive Erinnerungsarbeit der Erzählerin, die bei der Einführung, Auswahl und Anordnung der Episoden auf keinen Adressaten Rücksicht zu nehmen scheint. Trotzdem fügen sich die Erinnerungen, die sich der Erzählerin anscheinend wahllos aufdrängen, unmerklich zu einer chronologischen Folge, was sowohl für den Roman als Ganzes als auch für einzelne Kapitel gilt. Im 1. Kapitel lassen sich beispielsweise drei unterschiedliche Zeitstufen des erzählten Geschehens der Vergangenheit aufzeigen, die sich jeweils als erinnerte Momente vor dem Hintergrund des dem Erzählzeitpunkt kontemporären Geschehens abheben. Diese drei Zeitstufen stehen in diskontinuierlicher aber chronologischer Reihenfolge, immer unterbrochen von Hinweisen auf den Erzählzeitpunkt. Die scheinbar nur den Gesetzen der Assoziation der Erzählerin folgende Anordnung der Episoden zeigt also eine unterschwellige (nicht explizite) chronologische Abfolge. Die auktorialen Vorgriffe auf spätere Ereignisse werden so vorgenommen, als seien sie auch dem Adressaten schon bekannt 42 . So finden sich vom 1. Kapitel an Hinweise auf die »revolución«, über deren entscheidende Bedeutung für das Schicksal des Familienclans der Copetes die Erzählerin zunächst nichts mitteilt, so daß der abstrakte Leser über den Stellenwert des Ereignisses im Unklaren bleibt, bis in der Chronologie der Ereignisse der entsprechende Zeitpunkt erreicht wird und auf den letzten Seiten schließlich die unmittelbare Vorgeschichte des Exils von der Erzählerin erzählt wird. Die Aussparung der Darstellung dieses Ereignisses zu Anfang und im Verlauf der Erzählung bekommt für den abstrakten Leser zusätzliche Bedeutung dadurch, daß das erzählte Geschehen zunächst in einen historischen Kontext eingebettet ist, den er zum Verständnis heranziehen kann. Davon hebt sich die »revolución« als ein eindeutig fiktives Geschehen ab, was auch textimmanent gekennzeichnet ist.

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Zunächst wird es durch die Aussparung der präzisen Zeithinweise, die eine Datierung der fiktiven Revolution unmöglich macht, zeitlich vage, obwohl die häufigen referenzialisierbaren Hinweise der ersten Hälfte des Romans eine solche Datierung nahelegen. Zweitens ist die »Nahtstelle« zwischen noch historischen und schon fiktiven Ereignissen zu Beginn des 17. Kapitels (S. 199f.) durch eine präsentische Erzählung gekennzeichnet. Die Vieldeutigkeit des Präsens läßt die kurze Passage wie einen Geschehensentwurf erscheinen, der weniger erlebte oder gewußte als vielmehr imaginierte Ereignisse darstellt (vgl. Anm. [33]). Das Verfahren der versteckten Andeutung (»amorces«, Genette 1972) erfordert im Einzelfall die Verwendung metonymischer Ausdrücke, etwa wenn auf den Selbstmord von Belisario mit den Worten »su decisión final« (S. 35) hingewiesen wird, bevor noch von dem Selbstmord die Rede war, so daß die zeitliche Perspektivierung auf der semantischen Ebene ihre Entsprechung hat. Diese zahlreichen Mehrfacherwähnungen mit ihrer doppelten Eigenschaft als redundante und spannungserzeugende Elemente kennzeichnen den Vorgang der Erinnerung der Erzählerin. Daneben treten aber auch immer wieder vereinzelt orientierende Hinweise auf, die einem als Leser entworfenen Adressaten gelten. Diese Hinweise können narrative Funktion haben (»La historia habría que comenzarla muy atrás (...)« S. 137) oder appelative Funktion (wenn die Erzählerin einen Einwand zu antizipieren vorgibt: »Yo no voy a negar que (...)« S. 136). Diese Äußerungen lassen sich aber auch mit der als monologisch gedeuteten Erzählsituation vereinbaren. Die beschriebene pronominale und temporale Situierung der Erzählerinstanz bestimmt den Wissensstand der Erzählerin. Die periphere Stellung der Erzählerinstanz bedingt die Einschränkung des Horizonts, des Wissens und der Zuverlässigkeit der Erzählerin. Für einen großen Teil der von ihr erzählten Ereignisse ist die Erzählerin auf Zeugen als Informanten angewiesen. Eine hervorragende Bedeutung kommt dabei Belisario zu, von dem es gleich zu Beginn heißt: »De allí entonces, de lo que me contó en esa noche lluviosa el tío Belisario, parten la mayoría de los recuerdos que puedo usar para establecer la singularidad de los Copete.« (S. 17). Damit ist zwischen die »Autorin« und die Ereignisse eine weitere Instanz geschaltet, die nicht als eigene Erzählerinstanz auftritt, aber als unverzichtbare Quelle dargestellt ist. Auch wenn die Erzählerin in einzelnen Fällen wieder auf die Quelle verweist, ist doch durch die zitierte Bemerkung gleichsam für alle folgenden Ereignisse, die nicht die Erzählerin selbst betreffen, die doppelte Vermitteltheit angezeigt. In einigen Fällen ist die von der Erzählerin wiedergegebene Erzählung schon ihrerseits eine Nacherzählung (z.B. Kap. 6). Ein großer Teil des Romans besteht so aus weder von der Erzählerin erlebten noch gewußten Ereignissen, sondern aus wiedererzählten Erinnerungen oder aus Rekonstruktionen, deren Wahrscheinlichkeit an der Glaubwürdigkeit der Erzählerin hängt: (13) »Nadie tiene idea exacta de como se inició la carrera judicial del viejo Copete. Por las características que tomaron después sus negocios y por las leyendas

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que el tío Belisario fue amasando en su neurosis, es de creer que el abuelo comenzó engañando viudas (...). No de otra manera se puede explicar, (...)•« (S. 37) Trotz der damit verbundenen Ungewißheiten und Lücken im Wissen der Erzählerin beziehen sich die Zweifel und Ungewißheiten in der Regel auf die Umstände eines Ereignisses, so daß die Tatsache der Begebenheit indirekt bestätigt wird. Es werden also nicht Hinweise auf mögliche Lücken in der Ereignisfolge vorgenommen, sondern ein Erzählungsdefizit in der erzählten Welt konstatiert (S. 145). So wird dadurch weniger ihre mangelnde Kompetenz belegt, als vielmehr eine Verschleierung von Tatsachen in der erzählten Welt angeprangert. Die Einschränkungen des Wissens der Erzählerin und die dadurch bedingte Personalisierung der Erzählsituation betreffen auch das erzählte Ich. So heißt es an einer Stelle, wo die Erzählerin von den Umständen ihrer Eheschließung mit dem »polaco«, wie sie ihren Ehemann vorzugsweise nennt, erzählt: »(...) yo no puedo creerlo ni siquiera ahora que lo escribo (...)« (S. 173). Durch den Hinweis auf die Schreibsituation bekommt diese Äußerung wieder die erwähnte Zweideutigkeit. Als monologische Äußerung aufgefaßt scheint sie nichts weiteres als die Beteuerung des Bemühens um Aufrichtigkeit zu sein. Als dialogische Äußerung betrachtet stellt sich die Frage, inwiefern der Hinweis auf den Schreibvorgang denn ein Beleg für die NichtFiktionalität bzw. Wahrhaftigkeit der Äußerung sein sollte, wodurch sich wieder der beschriebene Effekt von Fiktionsironie ergibt. PB In den Erzählabschnitten findet sich eine Erzählsituation, die im wesentlichen dieselben Charakteristika aufweist, wie die in LM. Die Koordinierung verschiedener narrativer und nicht-narrativer Abschnitte verleiht PB aber einen anderen Gesamtaufbau. Zunächst sollen die Merkmale der peripher-homodiegetischen Erzählsituation in den Erzählabschnitten von PB dargestellt werden. Darauf wird die Verflechtung der unterschiedlichen Teiltexte nullter Ordnung beschrieben. Im Unterschied zu LM nennt sich der Erzähler in PB mit Namen und zwar in einzelnen Fällen in der dritten Person (erzähltes Ich; s. dazu die ähnlichen Verfahren in TP). So heißt es zu Beginn des 2. Erzählabschnittes, wo der Name des Erzählers zum ersten Mal erscheint: »Lo nuestro fue demasiado vertiginoso. Pepe miró a Memito Glostora. Yo lo volvía a mirar.« (S. 25). Wenn auch der Kontext die Identifikation eindeutig ermöglicht, ist die Einführung des Eigennamens doch ungewöhnlich, da das Pronomen der 1. Person normalerweise keine drittpersonigen Ausdrücke ersetzt. Die Erzählung schwankt gewissermaßen zu Beginn zwischen den beiden Möglichkeiten homodiegetisch und heterodiegetisch, was der Situation des Erzählers im gesamten Roman - sowohl auf inhaltlicher Ebene als auch in Bezug auf das Verhältnis von Erzählung und erzählter Welt - entspricht. So besteht die Erzählung größtenteils aus der Schilderung des Lebens von Pepe Botellas (heterodiegetisch), andererseits bleibt der

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Erzähler der ständige Begleiter der Hauptgestalt und erzählt daher auch eigene Erlebnisse (homodiegetisch). Auch wenn der Abstand vom Protagonisten Schwankungen unterworfen ist, bleibt der Erzähler grundsätzlich ganz »nahe« am Geschehen. Obwohl der Erzählzeitpunkt von Anfang an markiert ist, bleibt der situative Kontext im Vergleich zu LM eher vage. Erst im Laufe der Erzählung wird dieser wieder als eine monologische Schreibsituation charakterisiert, wobei in der gleichen Weise die Fiktion des Erzählers als Autor und des hypothetischen Adressaten als Leser gestaltet wird 43 . Der pronominalen und temporalen Situierung entspricht die auktoriale Perspektivierung. Auch dieser Erzähler ist aber nicht allwissend. Der Erzähler hat durch seine Nähe zu dem Protagonisten zwar Einblick in die kleinsten Details aus dessen Leben, ihm entgeht aber das verheimlichte Innenleben seiner Figur, so daß deren Darstellung personalisiert wird. Obwohl das Ich-Hier-Jetzt des Erzählers von Anfang an markiert ist, wird der Ausgang der Ereignisse, in die er verwickelt ist, zunächst im Unklaren gelassen. Die zentrale Frage nach den Absichten von Pepe Botellas bleibt solange auch für den Leser offen, wie sie für Memito Glostora (Figur) noch unklar war. Die Orientierung des Adressaten wird also häufig an der Perspektive des erzählten, peripheren Ich vorgenommen. Die Markierung der Nachzeitigkeit des Erzähler-Ich erlaubt aber auch vereinzelte Durchbrechungen, in den Fällen, wo der Erzähler auf andere Zeugen zurückgreifen muß (z.B. S. 15, 91). Wenn er daher sagt: »(Pepe)Nunca contó, nunca dejó saber, que la una era concubina del profesor Mañac, (...)« (S. 15), dann läßt sich das Verhältnis von Erzähler-Wissen und Figuren-Wissen dadurch beschreiben, daß zwar beide über denselben Wissensstand verfügen, aber nur der Erzähler auch sagt, daß die Figur etwas zu verheimlichen versucht. Der wiederholte und teilweise erfolgreiche Versuch des Protagonisten, den Erzähler (erzähltes Ich) zu täuschen (z.B. S. 84, 85, 281) und die häufige Einschränkung der Motivzuweisung durch modalisierende Ausdrücke (»Tal vez por eso (...)« S. 103) kennzeichnen die Personalisierung der Erzählperspektive, wenngleich am Ende auch die wahren Motive des Protagonisten deutlich und unbezweifelbar zu Tage liegen. Bei der »Enthüllung« der wahren Absichten der Hauptgestalt spielen aber vor allem die mit den Erzählabschnitten kombinierten Textabschnitte eine besondere Rolle, deren Verhältnis zur Erzählsituation in den Erzählabschnitten daher für sich betrachtet werden müssen. Zuvor soll zur Vervollständigung der Beschreibung der Erzählsituation in den Erzählabschnitten noch die vorherrschende Form der Redewiedergabe in PB erläutert werden. Entsprechend der beschriebenen Erzählsituation finden sich Formen der Redewiedergabe, die für die Mischung aus auktorialen und personalen Elementen kennzeichnend sind. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Passagen direkter Rede des Protagonisten Pepe Botellas von Interesse, die schon wegen ihres Umfangs eine besondere Stellung einnehmen (zumal da ihnen die Textabschnitte »El Vigía« auch

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noch zugerechnet werden können). Die Integration der direkten Rede in die Erzählabschnitte verdient besondere Aufmerksamkeit, da sie von der Norm der direkten Redewiedergabe abweicht. So findet sich zwar die Kennzeichnung mit Anführungszeichen in einigen Fällen (S. 31, 69, 119), wobei aber durch die Aussparung des »discurso atributivo« oder der Nennung der Sprecherinstanz oder auch durch die syntaktische Integration der Rede in die Erzählerrede (z.B. S. 73) die Trennung der Ebenen K-3 und K-4 neutralisiert wird. In den Fällen einer längeren, zusammenhängenden Rede des Protagonisten (S. 42, 35f„ 154, 175, 179, 198f., 201, 214, 219, 238, 241, 244f„ 262, 267 283, 304, 326) wird die Kennzeichnung jedoch nur durch die grammatischen Kategorien (Tempus und Person) sowie den Kontext gewährleistet. Der Übergang von Erzähler- zu Figurenrede geschieht zu Beginn im Nebensatz (z.B. S. 154) oder einem beigeordneten Satz ohne syntaktische Unterbrechung. Das Ende der Figurenrede ist dann jedoch durch einen syntaktischen Bruch (Satzende) und ein Neuansetzen der Erzählerrede (3. Pers. Pretérito) mit der Konjunktion »y« gekennzeichnet. Bei Dialogen (S. 198f.) ist der Sprecherwechsel allein durch die Anrede gekennzeichnet. Der Übergang erzeugt besonders in den Fällen eine vorübergehende Ambivalenz der Sprecherinstanz, in denen der Beginn der direkten Rede einen Verstoß gegen die grammatische Norm der Zeitenfolge bedeutet (S. 154). Diese Einebnung der Differenzierung von Erzähler- und Figurenrede korrespondiert mit der besprochenen pronominalen Situation 44 . Die Identifikation einer Figur durch unterschiedliche Eigennamen wird in PB zu einer Strategie von zentraler Bedeutung für die Beziehung der Teiltexte nullter Ordnung zueinander und für die Fiktionalitätsproblematik. Beim Erscheinen des Romans wurden kritische Stimmen laut, die die allzu offensichtliche Identifizierung des Protagonisten des Romans mit einer Person des öffentlichen Lebens in Kolumbien als einen literarischen Mangel dieses Romans anprangerten 45 . Ohne hier auf die in diesem Urteil implizierte Literaturkonzeption kritisch eingehen zu wollen, muß doch darauf hingewiesen werden, daß diese vermeintliche Identifizierung, die am Ende ganz deutlich wird, das Ergebnis einer subtilen Kombinatorik ist, die ihren Eigenwert im Aufbau behauptet, indem die Entdeckung des realen Modells des Protagonisten mit der Aufdeckung der wahren Motive des Protagonisten im Roman einhergeht. Ein wichtiges Aufbauprinzip dieses Romans, das schon bei der Beschreibung der makrostrukturellen Gliederung zur Sprache kam, ist die Kombination von 'fiktionalen' und 'nicht-fiktionalen' Textabschnitten. Die Verwendung der Eigennamen entspricht aber nur zum Teil dieser Dichotomie, die auf der Textebene meist gilt. Zunächst wird der Protagonist in dem ersten Erzählabschnitt als »José María Valladares Masó« vorgestellt und im weiteren Verlauf meist durch seinen Spitznamen »Pepe Botellas« bezeichnet. Im ersten Zitattext /l/, der aus einem Buch des Modells

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des Protagonisten, José Pardo Llada, stammt, kann eine Beziehung zu der fiktiven Entsprechung noch nicht hergestellt werden. Inhaltliche Übereinstimmungen des in der ersten Person erzählten Abschnitts mit in den Erzählabschnitten erzählten Ereignissen werden erst im nachhinein, im Erzählabschnitt , sichtbar. Der mögliche Verdacht, der sich an dieser Stelle ergibt, wird jedoch im /7/. nicht-fiktionalen Abschnitt (S. 47) deutlich dementiert. Der reale Pardo Llada erwähnt in diesem Abschnitt einen Radiosprecher »Valladares«, der mit dem Valladares der Erzählabschnitte identisch sein könnte. Wenig später tritt der Name Pardo Llada, der bis dahin nur in den bibliographischen Angaben erschien, in einem fiktionalen Textabschnitt auf, und zwar in einem Abschnitt aus dem Roman »Dabeiba« von Gustavo Alvarez Gardeazäbal (S. 62). Er bezieht sich dort auf eine Episode, die auch kurz zuvor (S. 56) in einem Erzählabschnitt beiläufig erwähnt wurde. Eine Verdachtsituation wie in dem ersten beschriebenen Beispiel tritt wieder beim Vergleich der Abschnitte ,/16/ und (S. 75/79) auf, wo die inhaltlichen Komponenten zwar eine Nähe der erzählten Ereignisse und Figuren erkennen lassen, aber ohne daß eine Identifikation vorgenommen werden kann. Dem folgt wieder eine deutliche Dissoziierung in /19/, S. 96 wie in /7/, S. 47. An einer zentralen Stelle des Geschehens, wo es nämlich um die Gründe für Valladares/Pardo Llada geht, aus Kuba zu fliehen, wird die Parallelität indiziai verstärkt, um der inhaltlichen Divergenz entgegenzuwirken. Das Datum ihres Exils ist für beide Figuren dasselbe und wird genau angegeben (17. März 1961). Eine letzte Dissoziierung geschieht in /60/, S. 317f., wo in einem nicht-fiktionalen Text die Figur »Valladares Maso« dieselben Eigenschaften hat, wie im fiktionalen Abschnitt (S. 299ff.). /61/ enthält schließich die Auflösung des Rätsels: der Protagonist der Erzählabschnitte (Valladares) und der Autor Pardo Llada, aus dessen Buch einige der nicht-fiktionalen Abschnitte stammen, werden als dieselbe Person identifiziert. Die Verwendung des ihnen beiden gemeinsamen Vornamens »José« an dieser Stelle statt ihres sonst meist angeführten Beinamens, unterstreicht diese Konvergenz. Außerdem wird nun die Identität von einem Dritten, »Unbeteiligten« festgestellt, während in den Erzählabschnitten und den Selbstdarstellungen ein »Ich« dazwischentrat. Inhaltlich entspricht dieser Identifikation die vollständige Aufdeckung der Ziele dieser Figur. Die hier am Beispiel der Verwendung von Eigennamen vorgenommene Beschreibung der Beziehungen zwischen Erzählabschnitten und Textfragmenten, bedarf einer für den ganzen Roman umfassenden Klärung, damit die Modalität der erzählten Welt und die übergreifende Kommunikationssituation dieses Romans erfaßt werden kann. Die Beziehung der Erzählerinstanz der Erzählabschnitte zu den Textfragmenten ist nicht eindeutig festzumachen. Es finden sich einige Hinweise in den Erzählabschnitten, die eine Querbeziehung zu den Textfragmenten herstellen. Beispielsweise erwähnt der Erzähler einen Artikel des Dichters Homero Landazäbal zu der beschrie-

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benen Karnevalsfeier in Cali (S. 203f.), der dann im folgenden als Textfragment /43/ erscheint (S. 205ff.). Wenn außerdem der Erzähler an anderer Stelle sich als »Autor« des vorliegenden Buches bezeichnet (z.B. S. 204: »(...) yo no habría escrito este libro (...)«; ebs.: S. 324, 329, 340, 342, 343), so liegt die Deutung nahe, daß der Erzähler der Erzählabschnitte auch für die Auswahl und Anordnung der Textfragmente »verantwortlich« ist. Nun fehlt aber nicht nur ein expliziter Bezug auf die eingefügten Textfragmente, der eine solche hierarchische Abhängigkeit begründen würde, sondern das Fehlen eines Hinweises auf die entsprechenden Dokumente erweist sich in einzelnen Fällen sogar als eine entscheidende Lücke im Wissen des fiktiven Erzählers: z.B. wenn der Betrug, den Pepe Botellas mit dem für den »El Aposento« gestifteten Geld durchführt, im Erzählabschnitt nicht erzählt wird, aber aus den beigefügten »Dokumenten« (S. 169, 171) ersichtlich wird. Insofern der Anspruch des Erzählers der Erzählabschnitte, Memito Glostora, der Autor des vorliegenden Buches zu sein, akzeptiert wird, ist er auch »verantwortlich« für die Textfragmente und es entsteht die für Tit beschriebene Aporie der Sprecherinstanz. Insofern aber die Differenz des Erzählers Memito Glostora vom konkreten Autor gekennzeichnet ist, wird die Koordinierung mehrerer Textfragmente den Erzählabschnitten auf K-2 verlagert. Die Koordinierung mehrerer Textfragmente unterschiedlicher Erzählsituation bedeutet also ein Verfahren der weitgehenden Reduktion einer das gesamte Romangeschehen übergreifenden Erzählerinstanz. Diese Reduktion hat in dem vorliegenden Fall Konsequenzen für den vom abstrakten Autor intendierten Realitätsbezug des Romans insgesamt. Der durch die Ambivalenz der Beziehungen zwischen der Erzählerinstanz der Erzählabschnitte und dem Gesamttext erzeugten Ambiguität der Erzählsituation des Romans entsprechen textintern die unterschiedlichen Arten von Textfragmenten, die eine ganze Skala von Fiktionalitätsgraden darstellen. Neben genau bibliographisch gekennzeichneten nichtfiktionalen Texten, die der Welt des abstrakten Lesers zugehören, stehen fiktionale Texte, die ebenfalls der Welt des abstrakten Lesers als Objekte, aber nicht ihrem Inhalt nach gehören. Schließlich erscheinen solche, die, in ihrer Eigenschaft als Dokumente der Fiktionswelt dieses Romans angehörig, eine Verbindung zwischen der textinternen Fiktion und der Wirklichkeit des abstrakten Lesers herzustellen scheinen. Die Fiktion des textintemen »Autors« bedingt also eine Ambivalenz zwischen der fiktionalen Kommunikation der Erzählerinstanz und der Kommunikation auf der Ebene K-2, die sich sowohl in der textintemen Strukturierung der Erzählsituation in den Erzählabschnitten als auch in der Koordinierung unterschiedlicher Erzählsituationen der Ebene K-3 niederschlägt.

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2.3. Sprachverwendung 2.3.1 .Rekurrente Elemente der Sprachverwendung

(Lexik und Syntax)

Zur Lexik Ausgehend von der Lexik kann in allen Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazábal das Vorherrschen eines denotativen, normalsprachlichen Gebrauchs konstatiert werden. Der denotative Gebrauch ist durch die Beschränkung auf den einfachen Ausdruck, unter Verzicht auf bildhafte, emotive und konnotative Elemente gekennzeichnet. Der normalsprachliche Gebrauch weist sich durch den Verzicht auf dialektale, fachsprachliche oder soziolektale Elemente aus. In der Tat lassen sich nur die im kolumbianischen Spanisch zur Norm gewordenen »Regionalismen« feststellen (wie etwa »andén« für »acera« u.ä.), während eine Sprachimitation in der Art »costumbristischer« Literatur nicht anzutreffen ist. Die Vermeidung fachsprachlicher Termini wird beispielsweise in Tit sogar thematisiert, wenn gelegentlich eines Interviews der Abschnitte »6« der »autor-titiritero« seinen Gesprächspartner um Erläuterungen bittet (S. 46). Bei Beschreibungen, die mit speziellem Fachvokabular durchgeführt werden könnten, greift der Autor auf vereinzelte Vergleiche und bildhafte Ausdrücke zurück (s. z.B. in BI die Beschreibung der Spinnen des Spinnendresseurs Andrés; S. 35ff.). Allerdings sind, was den denotativen Sprachgebrauch betrifft, einige Differenzierungen angebracht, die einerseits Nuancierungen in allen Romanen sichtbar machen und andererseits eine gewisse Entwicklung im Romanwerk widerspiegeln. In Cond bieten besonders die Schilderungen von Gewalttaten Anlaß zur stilistischen Gestaltung, wobei lexikalische Elemente mit anderen zusammenwirken. Die Beschreibung der Opfer geschieht meist durch distanzierte »entmenschlichte« Ausdrücke, wie etwa bei Yolanda Arbeláez, Cond, S. 16-18: »masa informe«, »pedazos de carne viva« etc. 1 . Reaktionen des Entsetzens bei Zeugen der Gewalttaten werden zwar vereinzelt gezeigt (S. 18, 105f.), bleiben aber auch auf äußere Handlungsmomente beschränkt. Charakteristisch ist vielmehr ein Anflug von Humor, der auch die scheußlichsten Verbrechen dank einer nun gewonnenen Distanz in einem erträglichen Licht erscheinen läßt. Dies wird insbesondere durch Details oder vereinzelte Formulierungen ausgedrückt (etwa die »vela eterna«, S. 105; »un gallinazo como única compañía«, S. 140 u.a.). Die Verwendung präziser Zahlenangaben, die auf eine journalistische Berichterstattung weist, kontrastiert in Cond mit der »unbeschreiblichen« Grausamkeit der berichteten Ereignisse. In BI wird dasselbe Mittel zu humoristischen Zwecken verwendet 2 . Die Sachlichkeit des denotativen Sprachgebrauchs wird vor allem (und im Laufe des Werkes in zunehmenden Maße) von syntaktischen Mitteln und Stilfiguren untergraben. Die hohe Frequenz von Wörtern eines bestimmten Wortfeldes wird vereinzelt zur konnotativen Verstärkung verwendet. Dafür ist das ausgeprägteste Beispiel die

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Verwendung polemischer Qualifikationen von Figuren durch die Erzählerin in LM: Ausdrücke wie »ese zonzo de mi hermano« (S. 22), »el picaro de mi abuelo« (S. 27), »la alelada de mi abuela« (S. 34) u.a. 3 , verleihen der Erzählerrede eine starke subjektive Färbung des Zorns und der Anklage. Erwähnenswert auf dem Gebiet der Lexik ist noch die vereinzelt erscheinende Verletzung des Prinzips der »lexikalischen Solidarität«. Besonders häufig ist die Kombinierung willkürlicher mit unwillkürlichen Handlungen in BI, was eine Parallele zur Modalität in diesem Roman darstellt: »decidió morirse« (S. 11), »decidió que necesitaba« (S. 48) u.a. Dies Verfahren kann auch zu humoristischen Zwecken verwendet werden, wobei die Inkompatibilitäten einen metaphorischen Wert annehmen. Wenn etwa in Cond von »la disciplina del aguardiente« (S. 112) gesprochen wird. Im Zusammenhang mit der ambivalenten Perspektivierung ergeben sich ironische Effekte, wenn es z.B.: heißt: »la respetabilidad que ellas se convencieron tener« (BI, S. 12). Zur Syntax Die Verwendung syntaktischer Konstruktionen läßt zwei Tendenzen erkennen. Zunächst ist die mehrfach verschachtelte Hypotaxe zu erwähnen, die für den von der Kritik beschriebenen Eindruck des »chorro irrefrenable« (Williams 1977a) verantwortlich zu machen ist. Sodann gibt es eine Tendenz zur Rhetorisierung, die sich insbesondere in der Dreierreihung von gleichen Syntagmen niederschlägt. Für die Hypotaxe lassen sich in allen Romanen zahlreiche Beispiele finden. Typisch ist die wiederholte Einschaltung von Relativsätzen wie in diesem Beispiel aus TP: (1) »Comenzó maldiciendo en voz alta, mandó por sus muías, les hizo colocar a cada una tres pares de cadenas, seis tarros viejos y todas las campanillas/ que encontró, para ponerlas a dar vueltas al parque de Boyacá/ para que/ cuando empezara la misa de cinco y el cura saliera a ver/ qué producía el temblor/ que Tuluá estaba sintiendo/ él, el Papa Uribe,/ pudiera ...« (S. 25). 3 In Cond findet sich diese hypotaktische Konstruktion häufig kombiniert mit einem parataktischen »Haltepunkt«. Auf eine lange, Spannung erzeugende Satzperiode folgt ein einfacher Satz, der die Periode abschließt oder zur nächsten überleitet 4 . In Dab, wo der digressive Stil des »chisme« eine hervorragende Rolle spielt, wird der Eindruck des »chorro irrefrenable« noch durch weitere syntaktische Besonderheiten verstärkt. Dazu gehört die Erwähnung dysfunktionaler Details (z.B. S. 9: »desde cuando los gringos de la mina lo desviaron para lavar el platino«) und eine unübersichtliche syntaktische Konstruktion (»relaxed syntactic construction«, Volek 1980-81:63): (2) »Le habían dicho que como don Gumersindo Rentería andaba muy grave y

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que seguramente esa noche habría que irle a poner suero, pero misía Carlina que jamás se había puesto una inyección porque su mal genio no la dejaba arrimar a nadie, habría que irla mencionando como dienta porque a ella todo el mundo en Dabeiba le tenía miedo desde que los Peláez que en toda parte han vivido asomándose, llegaron a su puerta atraídos por el canto destemplado que salía de su casa entremezclado con las notas de un piano.«(S. 39) 5 . Dem kolloquialen Stil der meist nicht sehr komplizierten Hypotaxe steht eine Rhetorisierung gegenüber, die sich in den späteren Romanen stärker durchsetzt. Die Dreierreihung von Syntagmen wird ausgiebig von der Erzählerin in IM eingesetzt: »No alcanzo yo, en esta soledad en que me encuentro, en este vacío sin límites, en este vacío sin luces, sabiendo que (...)« (S. 22). Sie kann einzelne Wörter, Syntagmen oder ganze Sätze umfassen, aus gleich langen oder anwachsenden, einfachen oder zusammengesetzten Wörtern oder Syntagmen bestehen 6 . Eine weitere syntaktische Besonderheit, die vor allem in LM anzutreffen ist, könnte als elliptische Reprise bezeichnet werden: ein bestimmtes Syntagma, das nach einer Ergänzung verlangt (so wie etwa ein Bedingungssatz eine Bedingung voraussetzt), wird mehrfach wiederholt, ehe es zu einem vollständigen Satz ergänzt wird. Z.B.: »Todo lo tuvo a su disposición y en vez de irse a recorrer las capitales europeas. En vez de volver a vivir la pesadilla de Madrid, le encontraron este refugio (...)« (LM, S. 11); »Empero hasta cuando mi padre creyó en su mundo y en sus mentiras (...). Hasta cuando llegaron los mañosos y sembraron mariguana y (...). Hasta esa época, (...), los ricos tenían urgente y obligatoria necesidad (...)« (LM, S. 23f.; weitere Beispiele aus LM: S. 9, 10, 13, 24, 25). Der Erzählfluß wirkt durch diese Konstruktion gleichzeitig wie durch die Erregung der Erzählerin »gestört« und diszipliniert: kolloquiale Elemente sind mit rhetorisierendem Bemühen verbunden. Die zunehmende Rhetorisierung des Sprachgebrauchs findet besonders ihren Ausdruck in der Verwendung rhetorischer Mittel wie Vergleich, Metaphern u.ä. In TP, Cond und Dab sind Stilfiguren äußerst sparsam verwendet. Die zahlreichen Wiederholungen in TP sind, wie bei der Beschreibung der Erzählsituation gezeigt werden konnte, eher konstruktiven Funktionen als expressiven Leistungen zuzuschreiben. Vereinzelt kennzeichnen stilistische Besonderheiten abweichende Funktionsstile (s. z.B. Abschnitt ). In Cond und Dab unterstützen die selten auftretenden Stilfiguren humoristische Effekte oder den Eindruck der Extravaganz 7 . So etwa die sich dem Vergleich annähernden semantischen Unverträglichkeiten wie »antes de que la mugre la bautizara realmente« (Cond, S. 24ff.); verkürzte Vergleiche: »cara más pálida que su sífilis se lo permitía« (Cond, S. 147), »el abrigo de las moscas« (Cond, S. 96). Angefangen mit Cond finden sich in allen Romanen und insbesondere zur Beschreibung von Figuren, Vergleiche mit Tieren, so daß sich ein regelrechtes Bestiarum erstellen läßt 8 . Die Hyperbole, die sich auch in allen Romanen findet, häuft sich in LM, wo sie

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sich mit den erwähnten polemischen Qualifikationen und weiteren Stilmitteln korrelieren läßt und den Eindruck der Subjektivierung der Darstellung stützt 9 . Die schlichte Sachlichkeit des denotativen Sprachgebrauchs wird schließlich durch periphrastische Ausdrücke, bildhafte Vergleiche u.ä. immer mehr zu einer expressiv und konnotativ »aufgeladenen« Sprache entwickelt. Die Tendenz zur konkreten Umschreibung abstrakter Sachverhalte ist dabei eine von Anfang an zu beobachtende Tendenz: »la podredumbre en el gobierno« (Cond, S. 92); (la noticia) »llevada acaso por las siempre dignas lenguas de las señoras (...)« (BI, S. 10); »el torbellino de los milliones se había tragado por completo al hijo de misiá Renault« (LM : S. 55; dies spielt auf den Wahnsinn des Großvaters der Erzählerin an); »(...) conocía dónde estaban los nidos y de qué color resultaban lo huevos« (PB: S. 180; spielt auf den Opportunismus der Figur an). Umgekehrt kann die Umschreibung eines konkreten Sachverhaltes mit Abstrakta verschiedene, meist humoristische Effekte erzielen: »la inquietud fue colocándose en las posaderas de más de una señora« (BI, S. 36); »(...) esas tardes del otoño suizo cuando descubrimos al unísono los mundos secretos de la vida y terminamos envueltos en los brazos de la más gozosa existencia.« (LM:, S. 63). Die bildhaften Vergleiche verleugnen meist nicht ihre Herkunft aus der Alltagssprache. Es handelt sich durchaus nicht um kühne, überraschende Vergleiche. Sie fügen sich vielmehr in den umgangssprachlichen Ton der gesamten Erzählung ein. Die sehr zahlreichen Beispiele, die sich aus PB anführen ließen, zeigen zusätzlich die Tendenz zur allegorischen Erweiterung des Vergleichs, wie etwa: »(...) Pepe jamás movió un hilo sin dar puntada y no dio puntada sin tener dedal, (...)« (PB, S. 134) 10 . In diesem Zusammenhang sind auch die Antonomasien zu erwähnen. Auch bei ihnen steht einer sparsamen Verwendung in den frühen Romanen (»el vendedor de quesos«, Cond) eine immer größere Variationsbreite in den folgenden Romanen gegenüber: »la pecadora« (BI. S. 16); »la dueña de los jazmines« (BI, S. 24); »el Francisco de Asís« (BI, S. 114); »al hijo de misiá Renault« (LM, S. 42f.), »al ambicioso descendiente del Alférez Real« (LM, S. 72); »los avaros discípulos de Hipócrates« (PB, S. 139). Bei der Wiederholung derselben Antonomasien entsteht ein »Klischee«, das beispielsweise eine Figur als eine Kennzeichnung ständig begleitet: die pompöse Schwerfälligkeit des Titels von Nemesio Rodríguez in BI ist dafür ein deutliches Beispiel (»(...) capitán de la guerra, ingeniero de la Escuela de Minas de Medellín y constructor del Ferrocarril del Pacífico (...)« (S. 80; spätere Erwähnungen: S, 88, 91, 118 u.a.). Zu den bisher festgestellten allgemeinen Tendenzen der Sprachverwendung, wie sie anhand von einzelnen ausgewählten sprachlichen Erscheinungen aufgezeigt werden konnten, und die unter die Begriffe »kolloquial«, »rhetorisiert«, »sachlich-objektiv« zu Beginn und »emotional-subjektiv« in späteren Werken gefaßt werden können,

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muß die in einzelnen Fällen schon erwähnte humoristische und ironische Distanzierung noch hinzugefügt werden. Rein formal betrachtet können an humoristischen Effekten die unterschiedlichsten sprachlichen oder inhaltlichen Elemente beteiligt sein und sie können eine besondere Nuancierung durch den jeweiligen Kontext erhalten. Als häufiges Verfahren werden die »semantischen Inkompatibilitäten« verwendet, oder einfach Kontraste, die der Autor selbst einmal als eine »lógica tropical« bezeichnet hat 11 . »Esa ceremonia, para ella que nunca va a misa, no sólo es algo ridículo, sino demasiado marica (...)« (Dab, S. 20); »Cuando llegó el caminante que se decía hijo de San Nicolás de Tolentino y anunció en plena plaza que el mundo estaba a pocos días de su final y nadie mandó hacer vestidos donde las Gardeazábal, porque para qué llevar ropa nueva a la otra vida, (...)« {Dab, S. 26). 2.3.2.Funktionsstile

und ihre narrative

Funktion

Die Analyse rekurrenter sprachlicher Elemente, wie sie im vorangehenden Abschnitt vorgenommen worden ist, erlaubt die Beschreibung der vorherrschenden Funktionsstile in den Romanen sowie deren Beziehung zur Erzählsituation. Zunächst lassen sich mit Hilfe der fundamentalen fünf Oppositionen des nomothetischen Modells der Funktionsstile von Volek 1980-81 im wesentlichen drei Funktionsstile festmachen: an erster Stelle ist der kolloquiale Stil zu nennen, der, ohne besondere regionale oder soziale Ausprägungen zu zeigen, in allen Romanen zu beobachten ist. An zweiter Stelle steht der »journalistic style«, der in eigens als journalistisch gekennzeichneten Abschnitten in Vermischung mit dem kolloquialen Stil auftritt. Schließlich wäre eine dritte Stilform zu erwähnen, die vereinzelt auftritt und, ohne einer der in Voleks Modell aufgeführten Typen zuzuordnen zu sein, mit den gleichen Oppositionen beschrieben werden kann, die zur Charakterisierung der anderen Funktionsstile herangezogen werden. Mangels eines vorliegenden Terminus soll dieser Stiltypus für die Zwecke dieser Analyse als »sakraler« Stil bezeichnet werden. Es handelt sich um den Sprachstil, wie er in rituellen Texten (Gebet, Liturgie; aber auch Horoskop, Wahrsagerei u.ä.) verwendet wird, und der in einzelnen Abschnitten verschiedener Romane Verwendung findet (besonders TP, Div). Zu seinen Kennzeichen gehören eine gewisse Tendenz zur Formelhaftigkeit der Aussagen (autoritativo) und eine Tendenz zur Ästhetisierung, die sich in dem Auftreten rhetorischer Figuren kundtut (estético). Die Bestimmung der übrigen Parameter bleibt in allen Fällen problematisch: so kann ein Gebet beispielsweise zeitlich und örtlich gebunden oder unabhängig von Zeit und Raum sein (situado od. no-situado); sowohl sprachlich vorgeformt als auch improvisiert sein (espontáneo od. construido); und schließlich monologisch oder dialogisch aufgefaßt werden. Wie in anderen Fällen, muß dieser Funktionsstil im Zusammenhang mit der Erzählsituation betrachtet werden, in der er Verwendung findet. Die besondere Ausprägung des kolloquialen Stils in den Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazábal läßt sich größtenteils aus den Beobachtungen des

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vorangehenden Abschnitts ableiten. Wenngleich er in allen Texten auftritt, zeigt er doch in den Abschnitten, deren Erzählsituation explizit als eine mündliche Sprechsituation markiert ist, die meisten Merkmale dieses Funktionsstils. Während sich einzelne Elemente von »successivity« (»repetition and Variation; redundance«) in allen Romanen finden, treten ausgeprägt kolloquiale Bestandteile (wie »relaxed syntactic construction«; »approximative character«; »emotive function«; »association«; »phatic elements«, s. dazu Volek 1980-81 S. 63) nur in bestimmten Abschnitten auf (z.B. Dab, die Monologe von Lucia Delgado, S. 37ff. u. 127-130; in Tit die Monologe von Victoria O'Byrne in den zentralen Abschnitten des dritten Handlungsstranges.) Entsprechendes gilt für die anderen Faktoren des Funktionsstils, wobei zum Beispiel die Tatsache einer zeitweise »metasprachlichen« Haltung in den ansonsten stark kolloquialen Abschnitten von Victoria O'Byme in Tit die sprachliche und inhaltliche Ambivalenz dieser Abschnitte auch auf dieser Ebene zeigt. Für die Wiedergabeform der kolloquialen Redeweise ist kennzeichnend, daß nicht durch von der Norm abweichende Schreibung die Lautung oder durch besondere Verfahren der Interpunktion der elliptische Charakter der kolloquialen Sprache nachgeahmt wird. Der hervorgehobene Aspekt ist vielmehr der digressive, akkumulative Redefluß eines ununterbrochenen Monologes. Neben Textabschnitten, die durch ihren situativen Kontext bereits für den journalistischen Funktionsstil prädestiniert sind, finden sich dessen Eigenschaften auch in Texten mit weniger eindeutigem situativen Kontext, wie etwa in den Romanen Cond und BI. In diesen Fällen wird auch durch die Art der Sprachverwendung ein besonderer situativer Kontext, der selbst nicht expliziert wird, angedeutet. So halten sich die zwischen dem kolloquialen und journalistischen Stil divergierenden Tendenzen in diesen beiden Romanen fast die Waage. Die digressiv-chaotische Erzählweise zeigt bei genauerer Betrachtung konstruktive Elemente, sowohl was die inhaltliche Gestaltung als auch was z.B. die Syntax betrifft. Eine detailliertere stilistische Analyse, als hier möglich ist, könnte versuchen, die Wiedergabe und Ironisierung kolumbianischer publizistischer Gepflogenheiten in den »pastiches« der Romane nachzuweisen (dazu besonders geeignet sind die Abschnitte zu »El Vigia« in PB). Einige Textabschnitte in TP und Div stechen durch eine eigentümliche Sprachverwendung hervor, die hier durch den Terminus des sakralen Stils gekennzeichnet werden soll. Textpragmatisch ließen sich solche Texte als teils »practical« teils »artistical« einstufen, insofern z.B. in einem Gebet sowohl einzelne Bedingungen der pragmatischen Kommunikationssituation (Konkretisierung des sprachlichen Ich-HierJetzt des Sprechers) als auch solche der künstlerischen Kommunikation (»Wiedergebrauchstext«) gegeben sind. In den »prophetischen« Abschnitten in TP ist eine dem Gebet in vieler Hinsicht vergleichbare Situation gegeben: der Sprecher

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wendet sich an einen Adressaten, der aber nicht gegenwärtig ist, mit Äußerungen, die eine gewisse formelhafte Geprägtheit und eine rhetorische Durchformung aufweisen. So finden sich in TP, , S. 28f. Ellipsen, Antithese, Assonanzen und Alliterationen (»Las cascadas de la vida. Las campanas de la muerte«) und leitmotivische Wiederholungen (»la olla«). Der inhaltliche Referent der Aussage bleibt insgesamt unklar und in diesem Fall ist sogar das Sprechersubjekt noch nicht mit Sicherheit festzumachen (vgl. Tit, , S. 33 u. Div , S. 24f.). Was den Zusammenhang von Sprachverwendung und Erzählsituation betrifft, läßt sich zunächst für das Verhältais von K-3 und K-4 feststellen, daß eine stilistische Differenzierung von Erzähler- und Figurenrede nicht vorgenommen wird, mit Ausnahme einiger Einzelfälle von parodistischer Nachahmung bestimmter Funktionsstile 12 . Eine gewisse stilistische Differenzierung findet sich in den Romanen, in denen unterschiedliche Erzählerinstanzen als Sprecher oder durch den situativen Kontext unterschiedlich gekennzeichnete Sprechsituationen zur Darstellung gelangen (TP, Tit, Div). Entsprechend der eigentümlichen Erzählsituation von Tit zeigen die unterschiedlichen Erzählerstimmen einerseits gewisse stilistische Eigentümlichkeiten (vgl. etwa die Abschnitte, die der tote Jalisco erzählt mit solchen von Victoria), andererseits Gemeinsamkeiten von Struktur und Sprache, die der Instanz des textinternen Autors zugeschrieben werden können 13 . In den Romanen mit einheitlicher Erzählerstimme, sei diese nun personalisiert oder auktorial, finden sich entweder keine längeren Abschnitte in Figurenrede, die eine eigene Sprachverwendung sichtbar werden ließe, oder aber längere Abschnitte sind auch stilistisch in die Erzählerrede integriert, wie sich etwa in PB zeigen läßt. Der normalsprachliche, kolloquiale Sprachgebrauch in den Romanen mit reduzierter Erzählerinstanz (Cond, Dab, BI) läßt sich also als ein Indiz für eine »kollektive« Erzählerinstanz werten, indem einzelne sprachliche Äußerungen von Figuren zwar transponiert, aber unter Beibehaltung einzelner sprachlicher Formulierungen aus der direkten Rede wiedergegeben werden. Diese Verwendung erlaubt es zugleich, daß sich die »kollektive« Instanz von den Urteilen der einzelnen Figuren, obwohl deren Aussagen der Erzählerinstanz als Informationsgrundlage dienen, distanziert. Diese »metalingual attitude« kennzeichnet die Erzählerinstanz in allen Romanen und zeigt sich insbesondere an der ironischen Verwendung von Figurenäußerungen, wie folgendes Beispiel aus Cond erläutern mag: »Los chismes ya no pasaban solamente por la boca de María Luisa Sierra ni terminaban donde doña Midita, que impresionada todavía por lo que vio el nueve de abril, no podía permitir que se dijera eso de un varón tan egregio como León Maria.« (S. 91): die Qualifikation von León María als »egregio« wird durch den Erzählkontext als ironisch ausgewiesen.

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3. Das Erzählkonzept

3.1. Der literarhistorische Kontext: Drei Erzählkonzepte 3.1.1. Das Erzählkonzept des realistischen Romans Unter dem »realistischen« Roman soll hier eine historische Ausprägung der Gattung »Roman« verstanden werden, die die Romanproduktion und Programmatik des 19. Jahrhunderts bestimmte. »Realismus« wird also als Name einer Gruppe von Texten, nicht als Prädikat ihrer Eigenschaften verstanden.1 Es liegt keine umfassende Beschreibung des Erzählkonzeptes des realistischen Romans auf der Grundlage des Kommunikationsmodells des Erzählwerks vor, auf das hier zurückgegriffen werden könnte. Die Erarbeitung eines solchen Erzählkonzeptes überschreitet auch den Rahmen der Zielsetzung dieser Untersuchung. Es kann daher hier nur in sehr abstrakter Weise und auf der Grundlage von Ergebnissen unterschiedlicher Einzeluntersuchungen dargestellt werden. Das Erzählkonzept des realistischen Romans soll hier auch nur insoweit herangezogen werden, als dadurch anhand einiger zentraler ästhetisch-poetischer Grundsätze eine Vergleichsbasis für das Erzählkonzept des hier untersuchten Romanwerks geschaffen wird. Es geht daher in diesem Zusammenhang auch nicht um die philosophische Problematik des Realismus-Begriffs oder um die erkenntnistheoretischen Prämissen desselben, sondern einzig um einen größten gemeinsamen Nenner der Verfahrensweisen, insofern sie mit den fundamentalen Prinzipien des »Realismus« übereinstimmen. Um den Vergleich allerdings in einzelnen Punkten konkretisieren zu können, werden narrative Techniken im Zusammenhang mit diesem Erzählkonzept an einzelnen, repräsentativen Autoren erläutert. In seiner »Theorie des Romans« (1914-15) gibt G. Lukäcs eine geschichtsphilosophische Deutung der Entstehung des europäischen Romans im Gegensatz zum Epos, indem er erklärt: »(...) die Objektivität des Romans ist die männlich reife Einsicht, daß der Sinn die Wirklichkeit niemals ganz zu durchdringen vermag, daß aber diese ohne ihn ins Nichts der Wesenslosigkeit verfallen würde (...)« (Lukäcs 1965:87). Aus dieser noch sehr abstrakt gefaßten Bestimmung der »Objektivität« als Kennzeichen des Romans - und hier sei hinzugefügt: des realistischen Romans - ergibt sich die allgemeinste, poetisch relevante Zielsetzung des Realismus, die »Illusionsbildung«. Höfner (1980) zeichnet die Entwicklungen des realistischen Romans in Frankreich

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im 19. Jahrhundert und die epistemologischen Probleme im Detail nach. Demnach kennzeichnet den Realismus des 19. Jahrhunderts vor allem die Neubestimmung des Realitätsausschnittes, der literaturfähig werden soll und die Literatur vor das Problem der Selektion und Kombination stellt. Dabei unterscheidet er zwei Lösungswege: »(1.) - die vollkommen gelungene Rekonstruktion von 'Realität', eine Wiederherstellung von 'Einheit', in der es gelingt, widersprüchliche Oberflächenphänomene eindeutig einer Tiefenstruktur, einem 'Verborgenen' zuzuweisen und durch die Rekonstruktion dieses 'Verborgene' hinreichend zu erklären, wodurch auch 'Bedeutung' wieder gewährleistet ist, (...) - (2.) die Rekonstruktion von 'Realität' in der die Tiefenschicht eine nicht eindeutig interpretierbare Größe bleibt. Sie wird dabei als notwendig und existent gesetzt, aber so, daß daraus, mangels verbürgter Denkmodelle und genauer Kenntnis über diese Schicht, Oberflächenphänomene nicht eindeutig ableitbar sind.« (Höfner 1980:255). Die erste Variante, die vor allem von Balzac repräsentiert wird2, setzt die Möglichkeit einer kausalen Welterklärung voraus und stützt sich auf teils positivistische teils kantische Erkenntnistheorie (s. Friedemann 1965). Der zweite Typus, repräsentiert durch die späteren Romane von Flaubert, weist schon Tendenzen auf, die sich noch bei den Autoren des »Nouveau Roman« finden, der daher auch als »néo-réalisme« bezeichnet worden ist. Die Illusionsbildung hängt in erster Linie von der Handhabung der Erzählerinstanz ab. Ihre Rolle und Leistungsfähigkeit dabei wird aber unterschiedlich eingeschätzt, was sich in der programmatischen Diskussion über die Funktion der Erzählerinstanz zur Schaffung der »Objektivität« des Romans schon im 19. Jahrhundert niedergeschlagen hat und was die beiden aufgezeigten Tendenzen des realistischen Romans mitgeprägt hat. Während einerseits etwa Genette, sicher zutreffend, die »réduction du narrateur« (Genette 1972:187) bzw. »le prétendu effacement de l'instance narrative« (Genette 1983:31), also eine personale Erzählsituation, für die Schaffung der »illusion mimétique« verantwortlich macht, weist Mignolo (1980-81), ebenfalls mit guten Gründen auf die »función autentificadora« der Erzählerinstanz hin. Genauso argumentierte bereits K. Friedemann in ihrer Analyse der naturalistischen Poetik, wenn sie schreibt: »Diese Trennung von Darstellung und dem ihr zugrundeliegenden wirklichen Vorgang, (...), ist also eins der Mittel, durch die in der echten Erzählung die Illusion der Wirklichkeit erzeugt wird.« (Friedemann 1965:82). Demnach ist die Schaffung einer Erzählerinstanz mit auktorialen Vollmachten ein möglicher Garant für die Illusionierung der Wirklichkeit des erzählten Geschehens, weil sie selbst und mit ihr der Erzählvorgang keinem Zweifel unterliegen kann. In diesen Zusammenhang gehören alle die Verfahren der »Beglaubigung« des Erzählten, wie fingiertes Nichtwissen, Anspielung auf den Gegensatz von »Romanhaftem« und dem Erzählten, Beteuerung der Wahrheit, Hinzuziehung von Zeugen und anderes mehr (Friedemann 1964:82-87). Damit der Erzähler aber glaubhaft diese Funktion übernehmen kann, muß er alles Subjektive - und das bedeutet für seine Eigenschaft als Erzähler - alle

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selbstreflektierenden Überlegungen vermeiden. Sowohl persönliche Wertungen, die seiner Autorität schaden könnten, als auch eine Offenlegung der konstruktiven Prinzipien der Erzählung stören die Illusionsbildung. Dagegen dienen die auktorialen Kommentare einer Plausibilisierung der noch so »unerhörten« Begebenheiten und versuchen den der genannten Variante des Realismus inhärenten Totalitätsanspruch einzulösen. Die durch die Technik der »typisierenden Deiktika« (»un de ces gens qui (...)«) suggerierten Präsuppositionen von objektivem allgemeingültigem und konsensuellem Wissen bekräftigen den Allwissenheitsanspruch des Erzählers und befördern die Passivität des Lesers (vgl. Warning 1980). Aus den beiden Positionen - auktorialer vs. personalisierter Erzähler - ergeben sich weitere erzähltechnische Konsequenzen, die in groben Zügen, differenziert nach den beiden Haupttendenzen, erwähnt werden sollen. 1. Zunächst ist der Handlungsaufbau im Roman noch an den für die Dramatik entwickelten Prinzipien orientiert. So findet sich beispielsweise in Balzacs »Illusions perdues« (1843) und noch in Flauberts »Madame Bovary« (1857) der typische »pyramidale Aufbau« (Floeck 1979:258). Auch bei anderen Aufbauformen wird meistens die Linearität, Chronologie und Sukzession der erzählten Ereignisse sowie die Kontinuität des Zeitablaufs und die damit zusammenhängende Kausalität des Geschehensablaufs angestrebt. Aber auch die Fälle von Anachronien, wie etwa die für Balzac typische »retrograde Sequenzbildung« (Warning, id.) werden durch die integrierende Funktion der auktorialen Erzählerrede zu einer streng geordneten Einheit verbunden. Die Zielsetzung der Illusionsbildung erklärt auch die Tendenz zur »Dramatisierung« des Geschehens in der »szenischen« Darstellung, die in hohem Maße den Gebrauch der direkten Rede und die deutliche Trennung von Erzählerrede und Figurenrede bedeutet. Auch bei den Verfahren der Figurenbezeichnung wirkt sich die starke Ausprägung der Erzählebene in den Romanen des Balzac-Typus aus, so daß sich ein reiches Inventar von wertend-interpretativen Kennzeichnungen und Antonomasien auch im Zusammenhang mit Eigennamen findet (vgl. Kahr 1976:130-147). Wie schon angedeutet, ist die Modalität der erzählten Ereignisse dadurch bestimmt, daß der Erzähler nicht nur von der Tatsächlichkeit der Ereignisse Kenntnis hat, sondern auch über die Kausalität der Zusammenhänge Auskunft geben kann (s. a. Mignolo 1980-81:119). Dies läßt sich unmittelbar mit dem Anspruch nach wissenschaftlich untermauerter fiktionalisierter Geschichtsdarstellung, wie er von Balzac in seinen »Avant-propos«, aber auch in seinen Romantexten immer wieder formuliert wird, in Zusammenhang bringen 3 . 2. Das Streben nach »objektiver« Darstellung wird insbesondere in Flauberts Werk vorbildlich verwirklicht, indem eine zunehmend »personale« Perspektivierung den Erzähler verdrängt: der Erzähler gibt nicht mehr die als problematisch empfundenen

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Erklärungen des Verhaltens seiner Figuren, sondern läßt die psychologische Kohärenz des Verhaltens seiner Figuren für sich sprechen 4 . Der zeitliche Aufbau zeigt eine zunehmende Diskontinuität 5 und zirkuläre Struktur 6 . Der Handlungszusammenhang wird weder durch einen dramatisch komponierten Intrigenzusammenhang noch durch einen Erzählerkommentar gewährleistet, sondern durch andere Kompositionsprinzipien erzeugt 7 . Auch die Beschreibungen werden aus ihrer Funktionalität f ü r das Geschehen herausgelöst. Als einem der zentralen Verfahren der Personalisierung des Erzählvorgangs ist der »erlebten Rede« (DIL) in den Romanen Flauberts besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden. Für die Techniken der Figurenbezeichnung läßt sich gegenüber dem ersten Typus feststellen, daß die verwendeten Kennzeichnungen »neutral-zusammenfassend« und insgesamt in ihrem Umfang reduziert sind, während die Bezeichnung durch Personalpronomina den größten Anteil hat, wie Kahr (1976) unter dem Stichwort der »Entpersönlichung« dargestellt hat. Schon auf der Ebene der Satzverknüpfungen lassen sich die Kausalitäts-Mängel in den Texten Flauberts nachweisen (Floeck 1979). Dies kann als ein Indiz für die Aufgabe des Totalitätsanspruchs in der Realismuskonzeption des zweiten Typs angesehen werden. Stattdessen kündigen sich bei Flaubert schon jene Verfahren an, die unter dem Begriff der »immanenten Poetik« als solche der Reflexivität und Thematisierung der Sinnbildung des Rezipienten subsumiert werden können und die spätestens mit dem Ulysses von J. Joyce Verbreitung finden 8 . Die Sprachverwendung ist durch das Vorherrschen der darstellenden Funktion in der Erzählerrede gekennzeichnet. Ironie und andere ambivalente oder reflexive Sprachverwendungen werden dagegen als illusionsstörend gemieden. Mimetische Tendenzen zeigen sich auch in der Nachahmung von Dialekten und Soziolekten oder in der Präzision eines technischen Vokabulars zur exakten Beschreibung der Umwelt«. 3.1.2. Das Erzählkonzept des »reflexiven Realismus«: »Nouveau Roman« und »Tel Quel« Das zweite poetische Konzept, das hier dargestellt werden soll, erhält seine Bedeutung für diese Untersuchung aus der literarhistorischen Stellung im Verhältnis zu dem hier beschriebenen Romanwerk. Gustavo Alvarez Gardeazäbal beginnt seine literarische Tätigkeit zu einer Zeit, als die theoretischen Auseinandersetzungen um die Gruppe »Tel Quel« auf dem Höhepunkt sind. Besonders in den ersten Texten ist der Einfluß dieser Diskussionen auf die technischen Überlegungen des Autors deutlich spürbar. Er bleibt auch später erhalten, wenngleich die Schreibweise im folgenden eine zunehmend eigenständige Entwicklung nimmt. In dem 1977 erschienenen Roman »El titiritero« finden sich sogar explizite Bezugnahmen auf dieses Erzählkonzept, so daß es für die Rekonstruktion des hier zu erstellenden Erzählkonzepts auf-

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schlußreich zu sein verspricht. Die Darstellung dieses Erzählkonzepts hat den Vorteil, daß es sich auf eine Reihe von theoretischen Texten stützen kann, die bereits mehr oder weniger explizit und kohärent das formulieren, was im Rahmen dieser Untersuchung interessiert: die theoretischen Prämissen und Implikationen einer besonderen Schreibweise. Dabei ergibt sich andererseits eine Schwierigkeit. Da sich die neuen Verfahren in engem Zusammenhang mit den theoretischen Annahmen und ihrer Apologetik entwickelt haben, ist eine Trennung beider Aspekte unter Berücksichtigung der konzeptuellen Inkonsistenzen nicht leicht vorzunehmen. Die zur Darstellung des Erzählkonzepts herangezogenen Äußerungen der konkreten Autoren (K-l) müssen in jedem Falle aber vor dem Hintergrund der Praxis (K-2) kritisch betrachtet werden 10 . Andererseits soll sich die Darstellung aber auch nicht auf das Erzählkonzept, wie es sich in der Textstruktur ausdrückt, beschränken, da sich aus der historischen Nähe der beiden zu vergleichenden Konzepte auch polemische Bezugnahmen zu den Deutungen auf der Ebene K-l als relevant erweisen können. Es wird daher versucht, die zentralen Gesichtspunkte dieser Erzählkonzepte so darzustellen, daß sie sowohl aus der Sicht der konkreten Autoren, als auch auf der Grundlage der Textstruktur verständlich werden. Da das Ziel der Darstellung dieser poetischen Konzeption(en) im Aufzeigen literarhistorischer Tendenzen liegt, was eine kontrastierende Betrachtung mit dem hier rekonstruierten Erzählkonzept ermöglichen soll, müssen interne Differenzierungen dieser Konzeptionen nach einzelnen Autoren weitgehend vernachlässigt werden. Vielmehr soll, da »Tel Quel« in vieler Hinsicht als eine Weiterentwicklung der Ideen angesehen werden kann, die bereits von Autoren geäußert wurden, die dem »Nouveau Roman« zugerechnet werden, auch dieses ansonsten deutlich von »Tel Quel« abgehobene Konzept skizziert werden 11 . Das Erzählkonzept des »Nouveau Roman« ist zunächst in theoretischen Texten einiger der dieser Richtung zugehörigen Autoren artikuliert worden (z.B. N. Sarraute, »L'ère du soupçon«, 1956; A. Robbe-Grillet, »Pour un nouveau roman«, 1963) bevor es in einer ausführlichen Diskussion erweitert, entwickelt und expliziert wurde (s. z.B. Ricardou et al. 1972; Ricardou 1967, 1971). Die Programmatik der »nouveaux romanciers« ist dabei unter dem Eindruck romantechnischer Erneuerungen von Autoren wie Joyce, Proust, Kafka, Roussel u.a. und der poetologischen Reflexion etwa des russischen Formalismus durch eine kritische Distanz zu dem Erzählkonzept des realistischen Romans traditioneller Prägung (also der ersten Variante unserer Darstellung) gekennzeichnet. Die Distanzierung von der mimetischen Zielsetzung kündigt sich bereits bei den russischen Formalisten und den Prager Strukturalisten an, und zwar in der Bestimmung der poetischen Sprache als Abweichung von der Mitteilungsfunktion der praktischen Sprache und in der Betonung des Zeichencharakters der Sprache. Damit wird die Abwendung von dem erzählten Geschehen als Träger der Aussageintention und die Zuwendung zum Erzählvorgang als problematischem Geschehen ein-

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geleitet. Die Übertragung der in der ethnologischen Forschung entwickelten strukturalistischen Betrachtungsweise auf sprachliche Phänomene, unter ihnen die Literatur, führte schließlich zu der Auffassung, daß sich die Bedeutungskonstitution in Texten auf abstrakte Strukturen zurückführen lasse, was auch seinen Niederschlag in der weiteren Entwicklung finden sollte. Für die Theoriebildung der Gruppe »Tel Quel« waren schließlich post-strukturalistische Ansätze, wie die Genealogie von Foucault, die Grammatologie Derridas und die Lacan'sche Umdeutung der Psychoanalyse von Bedeutung. Die Sprache wird in dieser Konzeption als Produktionsmittel verstanden, so daß der Text als von sich aus sinnbildend gedacht wird. Autor und Leser werden in dieser Konzeption zu Leerstellen der sinnproduzierenden Bestandteile des Textes. Dabei wird, zumindest in der theoretischen Konzipierung von »Tel Quel«, die sinnschaffende Potenz allein dem »signifiant« zugeschriebens12. Die von den »nouveaux romanciers« initiierte Abkehr von traditionellen Bestandteilen der Romanfiktion wird bis zur Ablehnung der darstellenden Funktion der Sprache radikalisiert. Während im »Nouveau Roman« die Sprache ihre »fonction représentative« aufrecht erhält, soll in der Konzeption von »Tel Quel« der Abbildcharakter gänzlich aufgehoben werden (vgl. Müller 1973:96). Die Rezipierung linguistischer Forschungen wirkte sich gleichfalls auf die Schreibpraxis dieser Autoren aus: so etwa die Untersuchungen von Benveniste über die Funktionsweise der Personalpronomen oder die gerade zu jener Zeit veröffentlichten Anagrammstudien von Ferdinand de Saussure13. Die Ablehnung des mimetischen Charakters der Fiktion hatte ihren Ausgang bei der Kritik des Psychologismus und anderer vorgängiger ideologischer Sinnzusammenhänge in dem - auch im 20. Jahrhundert weiterhin erfolgreich praktizierten - Realismus traditioneller Art. Gegen jede Art von klischeehafter Sprachverwendung, die die vermeinte Sinnhaftigkeit des erzählten Geschehens wie von selbst produziert, wird eine unmetaphorische Sprache für die neue Fiktion gefordert, die eine Darstellung der Dinge in ihrer Unabhängigkeit vom menschlichen Standpunkt aus ermöglichen soll (s. Robbe-Grillet, 1963:21). Bei diesen Überlegungen hat auch die ästhetische Wirkungsweise des Mediums »Film« eine Rolle gespielt, insofern dieses mit den mimetischen Absichten des traditionellen Romans in Konkurrenz trat (s. RobbeGrillet 1963:22). Diese Orientierung schlägt sich schon in der von den »nouveaux romanciers« gewählten Thematik nieder, die keinen unmittelbaren Zeitbezug im Sinne einer Darstellung zeitgenössischer gesellschaftlicher Problemlagen zeigt. Der Anspruch auf die Schaffung einer Totalität durch geschichtsphilosophische Durchdringung des Zeitgeschehens, wie er bei Balzac festgestellt werden konnte, weicht dem Fragmentarischen, Diskontinuierlichen und Inkohärenten in der Darstellung der Wirklichkeit. Dies betrifft ganz empfindlich die Stellung der Erzählerinstanz und des Erzählvorgangs als darstellerischem Mittel, deren Ausprägung seit Flaubert und H.

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James durch zunehmende »Personalisierung« gekennzeichnet war. Statt der Erzählung einer kohärenten Geschichte, wie sie sogar noch im Bewußtseinsroman gegeben war, werden nun einzelne Episoden ohne internen oder externen Zeitbezug und mit oft unterschiedlichen Realitätsebenen kombiniert. Das Ziel der Darstellung verlagert sich von der Ebene der erzählten Ereignisse auf die Ebene des Erzählvorgangs, der nun nicht mehr in der Form des Erzählerkommentars in direktem Kontakt zum Leser zu sein scheint, sondern als Erzählvorgang problematisiert und reflektiert wird. Diese allgemeine Tendenz erlaubt es, diese beiden Erzählkonzepte mit dem Begriff des »reflexiven Realismus« zu charakterisieren, was bei der Darstellung der einzelnen Verfahren im folgenden verdeutlicht werden soll. Die Ablehnung der mimetischen Zielsetzung des traditionellen Realismus konzentriert sich zunächst auf die zentralen literarischen Darstellungskategorien, wie sie sich im Roman des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatten: die Figur, die Fabel und den Erzähler. Unter Berücksichtigung der literarischen Tendenzen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie sie bei Kafka, Proust, Joyce und anderen festzustellen sind, konstatiert z.B., Robbe-Grillet die Notwendigkeit, die Kategorie des »personnage« in dem neu zu entwickelnden Roman zu überwinden: »Le roman de personnages appartient bel et bien au passé, il caractérise une époque: celle que marqua l'apogée de l'individu.- Peut-être n'est-ce pas un progrès, mais il est certain que l'époque actuelle est plutôt celle du numéro matricule. Le destin du monde a cessé, pour nous, de s'identifier à l'ascension ou à la chute de quelques hommes, de quelques familles. Le monde lui-même n'est plus cette propriété privée, héréditaire et monnayable, cette sorte de proie, qu'il s'agissait moins de connaître que de conquérir.« (Robbe-Grillet 1963:33). Die schon in Flauberts Romanen festgestellte »Entpersonalisierung« 14 bei der Figurendarstellung wird im »Nouveau Roman« und bei »Tel Quel« zunehmend radikalisiert. Die Ablehnung jedes Psychologismus bei der Romankonstruktion wirkt sich konsequent in den Romanen Robbe-Grillets und N. Sarrautes als Auflösung der Konsistenz von Figuren aus 15 . An die Stelle biographisch umfassend gekennzeichneter Figuren treten verschiedene Verfahren, die die realistische Kohärenz der Figuren auflösen. Zu diesen Verfahren gehört das der Dissoziierung, die sich auf die Komponenten der Figuren oder die Bezeichnungsweise beziehen können (Namenskonstanz bei wechselnden, inkompatiblen Eigenschaften bzw. Namenswechsel zu konstanten Kennzeichnungen; bei Robbe-Grillet, »La Maison de Rendez-vous«, 1965). Andere Verfahren machen von der Lautgestalt der Namen Gebrauch oder beruhen darauf, daß sie die Eigennamen auf einen Buchstaben reduzieren (z.B. in Robbe-Grillet, »La Jalousie«, 1957). Durch das Verfahren der rein pronominalen Figurenerwähnung (z.B. in »Le parc« von Ph. Sollers, 1961) wird schließlich auch die Unterscheidung von Erzählvorgang und erzähltem Geschehen sowie von homodiegetischer und heterodiegetischer Erzählung zunehmend ambivalent gestaltet. Die Referenzfixierung der kataphorisch und im Wechsel der 1. und 3. Person verwendeten Pronomen zur Figu-

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renbezeichnung in »Le parc« wird dem Leser so schwer gemacht, daß er keine kohärenten Romanfiguren rekonstruieren kann (vgl. Ricardou 1971:245 und Hammermann 1979:42ff.). Im gleichen Sinne wird die Intrige, die Konstruktion der »histoire«-Ebene als Relikt bürgerlicher Weltauffassung kritisiert und aus dem Gegenwartsroman, insofern er eine eigene und angemessene Zielsetzung zu entwickeln beabsichtigt, verbannt: »le récit (...) représente un ordre. Cet ordre, que l'on peut en effet qualifier de naturel, est lié à tout un système, rationaliste et organisateur, dont l'épanouissement correspond à la prise du pouvoir par la classe bourgeoise. (...) Tous les éléments techniques du récit - emploi systématique du passé simple et de la troisième personne, adoption sans condition du déroulement chronologique, intrigues linéaires, courbe régulière des passions, tension de chaque épisode vers une fin, etc. -, tout visait à imposer l'image d'un univers stable, cohérent, continu, univoque, entièrement déchiffrable.« (RobbeGrillet 1963:36f). In Übereinstimmung mit diesen Überlegungen verlieren, z.B. in Robbe-Grillets »La Maison de Rendez-Vous«, die Faktoren Zeit und Raum als strukturierende Elemente des Textes an Bedeutung. Trotz präziser Zeitangaben lassen sich die erzählten Ereignisse nicht mehr in eine linear-chronologische Abfolge bringen. Wiederholte Darstellungen derselben Geschehnisabläufe mit leichten Variierungen, häufig verbunden mit einem Wechsel der Modalität, die eine zeitliche Fixierung der nur als Vorstellung vorhandenen Ereignisse irrelevant machen, nivellieren jegliche Hierarchie von Begebenheiten 16 . Die Aufhebung der Chronologie der erzählten Ereignisse wird in der Theorie von »Tel Quel« auf die Linearität des Erzählvorgangs ausgedehnt, da auch dieses allerdings unabänderliche Faktum der Sprache unter den Ideologieverdacht geriet. Wie Hempfer (1976) nachweist, läßt sich jedoch auch durch die Kombinierung verschiedenster Verfahren, darunter der Auslassung der Paginierung in dem Roman »La Prise de Constantinople« (1965), keine Reversibilität herstellen: zu seiner Dekodierung ist der Text, so wie er vorliegt, durchaus auch auf die lineare Abfolge seiner Elemente angewiesen. Unter den aufgezeigten Bedingungen tritt die Erzählsituation als Faktor der Kohärenzbildung immer stärker in den Vordergrund. Während der Bewußtseinsroman eine zunehmende Reduktion der Markierung des Erzählvorgangs im Text unter Beibehaltung der Konstitution einer fiktionalen wenn auch brüchigen Welt aufwies, werden nun Verfahren verwendet, die darauf abzielen, das Zustandekommen einer kohärenten fiktionalen Geschichte zu verhindern. Das Verhältnis von »énonciation« (narration) und »énoncé« (fiction) wird in der poststrukturalen Textpraxis tendenziell umgekehrt, indem die erzählten Inhalte als Allegorie des Schreibvorgangs fungieren. So ist es möglich, daß die Opposition von »énonciation« und »énoncé« anscheinend aufgehoben wird, was der Zielsetzung der Destruktion des Fiktionalen in den Romanen von »Tel Quel« entspricht. Der in der Texttheorie von »Tel Quel« erhobene An-

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spruch einer »auto-génération« des Textes wird allerdings nicht eingelöst, was auch aufgrund der widersprüchlichen theoretischen Grundannahmen nicht möglich ist. Im folgenden sollen nun einige der Verfahren erläutert werden, wodurch - gemäß der theoretischen Annahmen von »Tel Quel«- der Text »generiert« wird, ohne daß ein Sprechersubjekt interveniert bzw. wodurch - gemäß einer kommunikationsorientierten Theorie - die Entstehung von Fiktionalität der erzählten Geschichte verhindert wird. In Sollers Roman »Drame« (1965) wechseln sich homodiegetische und heterodiegetische Abschnitte regelmäßig ab. Inhaltlich stellen sie eine Allegorie des Schreibvorgangs dar, indem auf der Ebene des erzählten Geschehens der Erzählvorgang, der in diesem Fall durch den Wechsel von »il« und »je« gekennzeichnet ist, dargestellt wird. Diese Allegorie des Erzählvorgangs innerhalb des erzählten Geschehens ist für die Theoretiker von »Tel Quel« die Verwirklichung der »auto-génération« des Textes. Läßt sich zwar in genauer Verkehrung der Zielsetzung des Bewußtseinsromans tatsächlich eine Dominanz des Erzählvorgangs gegenüber dem erzählten Geschehen konstatieren, so bleibt doch für die Textentstehung die Intention einer Sprecherinstanz, nur eben auf der Ebene der abstrakten Instanzen, Voraussetzung. Über die Notwendigkeit dieser pragmatischen Bedingungen der Textentstehung können sich die »Tel Quel«-Theoretiker nur deswegen täuschen, weil sie die Struktur des Textes mit seiner Genese gleichsetzen. Die in »Drame« gegebenen textuellen Merkmale, die die eigene Fehlinterpretation plausibel machen, sind aber nicht in dem (intradiegetisch) thematisierten Wechsel der Erzählsituationen zu suchen, sondern in der Ambivalenz der Verwendung von Personalpronomen der »personne«, deren Status als deiktische Indikatoren der extradiegetischen Sprechsituation oder als phorische Bezeichnung von intradiegetischen Figuren unbestimmt bleibt. Dadurch wird es möglich, die letzten »Spuren« eines Erzählvorgangs auf die Ebene des erzählten Geschehens zu beziehen und letztlich dieses für jenen »verantwortlich« zu machen. Für die Rezipientenposition bedeutet dieses Verfahren nun auch nicht, wie von einigen »tel queliens« behauptet wird, daß der Leser zur eigentlich produktiven Instanz des Textes wird. Von ihm wird nur insofern eine »produktive Lektüre« gefordert, als sie durch die verwendeten Verfahren, die ja in der Instanz des abstrakten Autors zu begründen sind, von ihm verlangt wird. In analoger Weise zu der ambivalenten Verwendung der Pronomina wird durch andere Verfahren das erzählte Geschehen defiktionalisiert, indem es ganz auf den Erzählvorgang bezogen wird. Hierzu dient eine erweiterte Verwendungsweise der »mise en abyme« und die Verwendung von »thèmes générateurs«. Die Verwendung der »mise en abyme« (vgl. die Erläuterungen in 1.2.2.5.), »worunter man generell die Spiegelung der Struktur oder des Inhalts des Gesamttextes in bestimmten Teilabschnitten des Textes selbst versteht« (Hempfer 1976:10ff.), dient in den meisten Fällen der Problematisierung des Verhältnisses von Fiktion und Wirklichkeit. In der von

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Ricardou entwickelten Variante, der »mise en abyme textuelle« 17 , geht es aber wieder um die Defiktionalisierung des erzählten Geschehens. Es werden einzelne Textabschnitte wörtlich oder leicht variiert wiederholt, und zwar so, daß sie dabei entweder in einen anderen Erzählstrang (also auf der Ebene des erzählten Geschehens) oder aber auch auf die Ebene des Erzählvorgangs oder umgekehrt überwechseln. Dabei bleibt aber ihre Herkunft aus einem anderen Erzählstrang sichtbar, wodurch sich Beziehungen zwischen den Strängen ergeben, die nicht auf der Ebene des erzählten Geschehens, sondern auf der der abstrakten Instanzen liegen. Es wird zwar auch ein erzähltes Geschehen konstituiert, aber durch die wechselseitige Spiegelung wird die entstehende Fiktionsillusion für den Rezipienten immer wieder zerstört. Das Ziel der Erzählung ist nicht mehr die erzählte Welt, sondern der Erzählvorgang selbst. Die »Generatoren« erfüllen eine analoge Funktion. In der Theoriebildung von Ricardou handelt es sich bei den Generatoren um sprachliche Elemente, die er auf der »signifiant«-Ebene ansiedelt und aus denen sich nach verschiedensten, logisch rekonstruierbaren Operationen die Textentstehung generiert haben soll 18 . Den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen den anagrammatischen Operationen der »signifiant«-Veränderungen mit der Textstruktur bleibt Ricardou aber schuldig, schon allein deswegen, weil sein Verfahren nicht die textuelle Funktion der Generatoren berücksichtigt, sondern nur deren (angebliche) Genese rekonstruiert. Die im Sinne der »Tel-Quel«-Theorie von der Produktivität der Sprache gezogene Schlußfolgerung einer »auto-génération« des Textes auf der Grundlage der Generatoren ist aber auch deshalb nicht aufrechtzuerhalten, weil in der Rekonstruktion der Genese des Textes der »signifiant« kurzerhand mit der »énonciation« gleichgesetzt wird. Die Generatoren als rekurrente sprachliche Elemente, die sowohl auf der »signifiant«- als auch auf der »signifié«-Ebene operieren, fungieren ebenso wie die »mise en abyme« als Destruktoren der Fiktion, indem sie für den Rezipienten (K-2.) nur als Hinweise auf die textuelle Organisation des Textes (also auf Erzählerfunktionen), nicht aber als Elemente der erzählten Ereignisse, auf deren Ebene sie anscheinend auch angesiedelt sind, verständlich werden. An die Stelle der zeitlichen und kausalen Handlungszusammenhänge tritt also die Technik der »seriell-aleatorischen Kombinatorik« von »thèmes générateurs«, wodurch nun aber kein neuer fiktionaler Erzählzusammenhang entsteht, sondern der Erzählvorgang zum Gegenstand der Textpraxis (der abstrakten Instanzen) wird. Die im Textaufbau des traditionellen realistischen Romans bedeutende Beschreibung als mimetisches Verfahren wird im Rahmen der Theorie und Praxis dieser Erzählkonzepte auch umfunktioniert. An die Stelle der für einen Handlungszusammenhang oder eine Figurencharakteristik funktionalen Beschreibung tritt die autonome »description créatrice«. Ihre innere Kohärenz wird nicht durch einen vorgegebenen Sinn, dem sie zur Veranschaulichung dienen soll, gewährleistet, sondern durch spezifische »directives formelles«, die auch wieder auf der Ebene K-2 anzusie-

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dein sind und die den mimetischen Charakter der Beschreibung verhindern sollen (vgl. Ricardou 1967:91-111). Im Rahmen der Theoriebildung von »Tel Quel« hat auch der Begriff der »intertextualité«, wie er von J. Kristeva eingeführt wurde, eine bedeutende Rolle gespielt: »dans l'espace d'un texte plusieurs énoncés, pris à d'autres textes, se croisent et se neutralisent.« (Kristeva 1970:12). Dieser anscheinend nur auf die Collage verschiedener Texte in einem Einzeltext bezogene Begriff wird im Rahmen der Theorie von »Tel Quel« dahingehend ausgeweitet, daß er den Bezug des Einzeltextes zu einem »texte généralisé«, d.h. zu unterschiedlichen Kodes, bezeichnet. Innerhalb des Erzählkonzepts von »Tel Quel« ist dieser Bezug von systematischer Bedeutung, da er es ermöglicht, »die Abgeschlossenheit des Einzeltextes, die der infiniten Produktivität der Ecriture widerspräche und diese doch letztlich in einem Produkt erstarren ließe, zu überwinden« (Hempfer 1976:55). Die in den Romanen häufig festzustellenden intertextuellen Bezüge werden nun aber wieder in der Exegese der »TelQuel«-Autoren als »ré-écriture« aufgefaßt, in dem Sinne, daß jeder einzelne Text seine Bedeutung nur in Opposition zur Gesamtheit der »Verweiskette« der Texte entfaltet, ohne daß die funktionale Eingliederung in den neuen Text auf der Grundlage der Intentionalität des Autors Beachtung fände. In kritischer Auseinandersetzung mit diesem inflationär gebrauchten Begriff und in der Absicht, ihn für die Textanalyse operationalisierbar zu gestalten, bestimmt ihn Schmid (1983) »als Relation der in den simultan vergegenwärtigten Texten ausgedrückten Bedeutungen, Sinnpositionen und Ideologien« (Schmid 1983:142), wodurch auch der, allerdings nicht notwendig gegebenen »Intersemantizität«, d.h. funktionalen Integration der Allusionen, Rechnung getragen wird. Die Sinnintention der durch die Allusionen hergestellten Relationen läßt sich allerdings nicht allgemein, im Rahmen einer Typologie, bestimmen, sondern muß im Einzelfall interpretatorisch erschlossen werden 19 . 3.1.3. Das Erzählkonzept der »nueva novela« Bei der »nueva novela« handelt es sich um eine nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommene Gruppierung von lateinamerikanischen Romanen, die ungefähr in dem Zeitraum der sechziger Jahre erschienen sind und sich durch thematische und formale Neuerungen gegenüber früheren Tendenzen des lateinamerikanischen Romans auszeichnen 20 . Die Bedeutung des Erzählkonzepts der »nueva novela« in Lateinamerika für die literarhistorische Situierung des Erzählkonzepts im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazâbal liegt auf der Hand. Es ist auch schon in einigen Fällen auf dieses Erzählkonzept hingewiesen worden. Nicht anders als die beiden in 3.1.1. und 3.1.2. beschriebenen Erzählkonzepte zeichnet sich auch dieses Erzählkonzept durch eine große Variationsbreite von Zielsetzungen und technischen Verfahren aus, die natürlich nicht annähernd vollständig

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erwähnt werden können. Wieder handelt es sich darum, einen möglichst großen Konsens herauszustellen, der den angestrebten Vergleich durchführbar macht. Bei einer literarischen Richtung, zu der außerdem noch kein größerer kritischer Abstand besteht, ist die Formulierung der poetischen Prinzipien ein heikles Unterfangen (s. a. J. Marco 1987:34-43). Die Autoren der »nueva novela« haben sich selbst als Kritiker und Theoretiker des Romans betätigt und haben versucht, ihre Ziele auch theoretisch zu erläutern. So wie sich das Erzählkonzept des »reflexiven Realismus« in vieler Hinsicht in Opposition zu dem Konzept des »traditionellen« Realismus entwickelt hatte, hat sich das Selbstbewußtsein der lateinamerikanischen Autoren, die der »nueva novela« zugerechnet werden, häufig im polemischen Gegensatz sowohl zum Realismus traditioneller Ausprägung als auch zu den programmatischen Äußerungen der »nouveaux romanciers« artikuliert (vgl. G. W. Lorenz, 1971). Diese Reflexion des Romanschaffens vor dem Hintergrund der lateinamerikanischen Wirklichkeit schlägt sich allenthalben in den Romanen nieder als Verlagerung von der Darstellung der sozialen und psychischen Realität nach dem Muster des traditionellen Romans, beispielsweise in seiner Ausformung im »criollismo«, auf die kritische Durchdringung und Entwicklung von Erzählstruktur und Sprachgebrauch 21 . Die der lateinamerikanischen Literatur traditionell eigene Tendenz zum sozialen Engagement wird dadurch, gemäß der eigenen Absichtserklärung der meisten Autoren, keineswegs eingeschränkt, sondern nur auf andere Ebenen verlagert 22 . Die Kritik gilt nicht allein den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Mißständen, die im Rahmen von Neo-Kolonialismus und Dependenz die lateinamerikanische Realität bestimmen, sondern den Sprachformen, in denen sich diese Verhältnisse niedergeschlagen und verfestigt haben. Innerhalb dieser allgemeinen Tendenz lassen sich nun weitere Unterteilungen vornehmen, die die Romanproduktion spezifizieren. Zunächst lassen sich die Autoren oder Werke gruppieren, in denen einige der mimetischen Grundsätze des traditionellen Realismuskonzepts noch beibehalten werden und die Absicht trotz zahlreicher technischer Neuerungen insgesamt an der Darstellung von Wirklichkeit, verbunden mit dem Ziel der Schaffung einer Totalität, orientiert bleibt, wie es etwa in den Romanen von Vargas Llosa, Arguedas, Viñas u.a. der Fall ist 23 . Demgegenüber stehen die zunehmend den Erzählvorgang reflektierenden Romane eines Cortázar, Fuentes, Carpentier u.a., in denen die darstellende Funktion der Sprache einer Problematisierung unterzogen wird. Dabei können innerhalb der zweiten Tendenz wiederum zwei Traditionslinien mit markant unterschiedlicher Zielsetzung herausgestellt werden: ein »realismo mágico« 24 , der, in der Nachfolge von M. A. Asturias und A. Carpentier, die mythischen Inhalte der synkretistischen Kulturen Amerikas für die moderne Literatur fruchtbar macht und ein »realismo fantástico« in der Nachfolge von J. L. Borges und des Sur-

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realismus, der in dem Zweifel an der Darstellbarkeit der Wirklichkeit zum Irrealen und Spekulativen vordringt. Aufgrund der besonderen Bedeutung, die der Begriff des »realismo mägico« und des »real maravilloso« für die Bestimmung der Eigenart der »nueva novela« bekommen hat, soll diese Variante etwas detaillierter dargestellt werden. Wenn das Ziel des in 3.1.1. behandelten Erzählkonzepts mit der »Illusionsbildung« annähernd umschrieben werden konnte und daher die Bezeichnung »mimetischer Realismus« verdient, läßt sich die Zielsetzung des »magischen Realismus« mit der Wiedergabe nicht der vermeintlichen Wirklichkeit, wie sie im geistesgeschichtlichen Kontext des 19. Jahrhunderts aufgefaßt wurde, sondern der Wiedergabe der magischen Wirklichkeitsauffassung vorläufig kennzeichnen. Diese Zielsetzung steht im Zusammenhang mit der literarischen und allgemeinen kulturellen Tradition in Lateinamerika und mit dem Bestreben, eine umfassende Wirklichkeitsdarstellung zu erzielen. Auch wenn der Begriff des magischen Realismus keine ganz eindeutige Konzeptualisierung zuläßt, läßt sich in wesentlichen Punkten ein Konsens feststellen, der es erlaubt, ein Erzählkonzept zu rekonstruieren, das die Poetik einer großen Anzahl der dem magischen Realismus zugeschriebenen Romane kennzeichnet25. Ohne daß hier im einzelnen auf die soziokulturellen Bedingungen für das Entstehen eines »magischen Realismus« in der lateinamerikanischen Literatur eingegangen werden soll, kann zur Erläuterung des Erzählkonzepts die zur Darstellung gebrachte »magische Wirklichkeitsauffassung« in Anlehnung an die strukturalistische anthropologische Forschung mit Janik zunächst folgendermaßen beschrieben werden: »(...) (die magische Wirklichkeitsauffassung) bezeichnet eine besondere Beziehung des Menschen zur Natur. Die besondere Beziehung liegt darin, daß der sich magisch verhaltende oder magisch denkende Mensch die Natur als einen ihn einschließenden Bedeutungs- und Wirkungszusammenhang erfährt, wodurch sich für ihn als lebendiges naturhaftes Glied des Naturzusammenhangs auch positiv die Möglichkeit der Einwirkung auf diesen Zusammenhang ergibt« (Janik 1976:7). Im Rahmen des in dieser Untersuchung zugrundegelegten Kommunikationsmodells läßt sich die magische Wirklichkeitsauffassung, Janiks Beschreibung umformulierend, als magische Kommunikation bestimmen26. Im Gegensatz zur normal sprachlichen Zeichenverwendung läßt sich die Magie unter semiotischen Gesichtspunkten als eine pragmatische und semantische Anomalie des Zeichengebrauchs definieren: »Unter pragmatischen Gesichtspunkten liegt das Spezifikum der Magie in dem Versuch des Sprechers, durch Zeichen unmittelbar auf die nichtsemiotische Welt einzuwirken. In der magischen Beschwörung kommt hinzu, daß dieser Versuch mit der Anrede an einen 'Hörer' verbunden ist, der normalerweise nicht als Kommunikationspartner in Frage kommt, etwa ein materielles Objekt, ein Krankheitserreger oder ein abwesender Mensch (...)« (Nöth 1985:245). Diese Begriffsbestimmung der Magie setzt sie in den Gegensatz zu dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch. Auf der semantischen Ebene läßt sich die

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Anomalie als ein »Fehlurteil über die Relation zwischen dem Zeichen als Einheit aus Signifikant und Signifikat einerseits und dem außersemiotischen Objekt (...)« (Nöth 1985:246) beschreiben, das die magische Praxis ermöglicht: »Im Unterschied zur normalen Kommunikation, wo Zeichen vom Objekt allenfalls motiviert sein können, nimmt der Magier an, die Manipulation eines magischen Signifikanten könne von Einfluß auf das Objekt (z.B. die Krankheit) sein, auf das sich das Zeichen bezieht.« (Nöth 1985:247). Die magische Kommunikation wird aber von der Forschung nicht nur negativ beschrieben. Sie kann auch als ein »potentiell erfolgreicher Kommunikationsakt« (Nöth 1985:247) beurteilt werden, indem ihre Wirkungsweise psychotherapeutisch erklärt wird. Die Ambivalenz magischer Kommunikation als illusionärer aber effizienter Praxis findet ihren deutlichsten Ausdruck in der Prophezeiung, indem in ihr der Sprecher über magische bzw. mantische Fähigkeiten zu verfügen beansprucht und zugleich durch die Einwirkung auf den Rezipienten eine Bestätigung seiner Seherfähigkeit bekommen kann (»self-fulfilling prophecy«). Als thematische Komponenten verwendet der dem magischen Realismus zugehörige Roman die Darstellung magischer Praktiken, mythischer Erzählungen und Metamorphosen 27 . Damit ist aber noch keine Eigenart in der Gestaltung der Erzählsituation in einem dem »magischen Realismus« zugeordneten Roman genannt. Für das Erzählkonzept der Romane des magischen Realismus sind vor allem die Darstellungsweisen von Bedeutung, die die magische Wirklichkeitsauffassung der Figuren des Geschehens und die Position des Erzählers zum Ausdruck bringen. Zur Charakterisierung der für die Erzählsituation im »magischen Realismus« typischen Modalität der erzählten Wirklichkeit, können die für das Verfahren der phantastischen Erzählung und Wundererzählungen (z.B. Märchen) typischen Modalitäten zum Vergleich herangezogen werden 28 . Während in der phantastischen Erzählung die Erzählerinstanz die Wirklichkeit des erzählten Geschehens in Zweifel zieht, bleibt die Stellungnahme des Erzählers in der »magischen« Erzählung ambivalent. Weder bestätigt noch dementiert er ein Geschehen, das unterschiedlichen Welten anzugehören scheint. Werden also im Fall der phantastischen Erzählung durch diese Darstellung auf der Ebene K-2 unmögliche Begebenheiten in der Romanwirklichkeit als möglich, aber bezweifelbar präsentiert, erscheint das in der magischen Welt dargestellte Ereignis dem impliziten Leser K-2 als bezweifelbar, während es vom Erzähler als faktisch und unbezweifelbar dargestellt wird. Dies kann durch eine personalisierte Erzählsituation, durch ambivalente Wirklichkeitsaussagen u.a. Verfahren bewirkt werden. Ein Verfahren kann man an der Erzählsituation, wie sie in Gabriel García Márquez' »Cien años de soledad« verwirklicht ist, beispielhaft aufzeigen. Die am Ende vollzogene Gleichsetzung des Romans mit den Pergamenten des Melquíades läßt die fiktive Welt als das Ergebnis eines »magischen Vorgangs« erscheinen, indem das erzählte

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Geschehen auf die Ebene des Erzählvorgangs versetzt wird. Dadurch wird diese Ausformung von magischem Realismus nicht als bloße Rückbesinnung auf magische Denkweisen sichtbar, sondern läßt sich im Rahmen der Reflexion von Darstellungsverfahren interpretieren 29 . Als literarische Verfahren werden neben den genannten thematischen Komponenten die Übertreibung und Deformation der erzählten Ereignisse genannt 30 . Im Zusammenhang mit der Zielsetzung des magischen Realismus, ein mythisches Bewußtsein zur Darstellung zu bringen oder gar einen neuen Mythos zu schaffen 31 , steht eine besondere Form der Zeitstruktur, die in diesen Romanen häufig auftritt und die als »Zeitzirkularität« bezeichnet worden ist 32 . Während die Zeitzirkularität auch in Verbindung mit der traditionellen auktorialen Erzählsituation verwendet wird, finden sich bedeutende Zeitdistorsionen in Werken mit personalisierter Erzählsituation, die weit über solche der realistischen Tradition hinausgehen. Multiperspektivisches Erzählen, die Vermischung unterschiedlicher Gattungen in der Tradition J. Dos Passos 33 , Einbeziehung essayistischer Texte und Zitat-Collagen - alle diese Verfahren zeigen das Bestreben, die lateinamerikanische Wirklichkeit in ihrer Gesamtheit und Idiosynkrasie zu erfassen. Zunehmende Bedeutung gewinnt dabei auch in der Tradition von J. L. Borges die problematisierende Einbeziehung des Erzählvorgangs in den Geschehenszusammenhang der Romane. In den meisten Romanen der Autoren der »nueva novela« bleibt aber trotz der Reflexion des Erzählvorgangs durch die Komplexheit der Textstruktur im Gegensatz zu den Romanen der »nouveaux romanciers« in Frankreich der Bezug durch die erzählte Welt auf die reale Welt, die mehr als eine »écriture« ist, ein zentrales Anliegen der Autorintention.

3.2. Fiktionalisierte Wirklichkeit und wirkliche Fiktion: Das Erzählkonzept des Romanwerks von Gustavo Alvarez Gardeazâbal 3.2.1. Rekonstruktion des

Erzählkonzepts

Das Erzählkonzept soll nicht für die Romane einzeln, sondern auf der Grundlage der Gemeinsamkeiten, die sich in allen Romanen aufzeigen lassen, rekonstruiert werden. Dazu werden die Gemeinsamkeiten in der Gestaltung des Erzählvorgangs und in Bezug auf das Verhältnis des Erzählvorgangs zur erzählten Welt beschrieben. In allen Romanen wird ein mehrsträngiges Geschehen in chronologischer Anordnung erzählt. Das Geschehen umfaßt meist einen relativ großen Zeitraum und eine Vielzahl von Figuren und konvergiert aus unterschiedlichen zeitlichen Abständen auf ein finales Ereignis. Der Erzählzeitpunkt liegt in unmittelbarem Anschluß an dieses meist katastrophale Ereignis. Unterschiedliche Handlungs- bzw. Erzählstränge konvergieren also in einem zentralen Ereignis. Die Pluralität von Strängen konnte immer auf eine zugrundeliegende Polarität zurückgeführt werden (hetero- und homodiegeti-

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sehe Erzählsituation; personale/auktoriale Orientierung; Alternanz von Kapitelreihen; Polarität von Figuren). Die Konvergenz dieser polaren Linien findet in den Ereignissen, die dem Eizählzeitpunkt vorangehen, ihren Abschluß. Der Erzählvorgang ist in den meisten der Romane monologisch und sein Erzählzeitpunkt, wie gesagt, in unmittelbarem Anschluß an die letzten Ereignisse des erzählten Geschehens situiert. Diese Situierung des Erzählers im Verhältnis zu den Ereignissen schränkt die in der Markierung des Ich-Hier-Jetzt implizierte Auktorialisierung ein. Der Wissenshorizont des Erzählers ist in vieler Hinsicht begrenzt. Entweder durch die Unvollständigkeit der ihm zur Verfügung stehenden Quellen (personale Darstellung einzelner Ereignisse, zeitliche Diskontinuität der Ereignisse) und/oder durch die subjektive Färbung der Darbietung (modalisierende Einschränkung) bleibt die Darstellung des erzählten Geschehens ein »testimonio parcial« der Erzählerinstanz. Andererseits beansprucht die Erzählerinstanz durch ihre Nähe zu den letzten Ereignissen eine privilegierte Position gegenüber den Figuren der erzählten Welt. Dieses Privileg besteht in der (im einzelnen unterschiedlich begründeten) Einzigartigkeit des Zugangs zu den Hintergründen und Zusammenhängen in der erzählten Welt. Die Erzähler rekonstruieren eine Vergangenheit, die aufgrund der Zuspitzung der letzten Ereignisse bei den Figuren der erzählten Welt als den potentiellen Adressaten der Erzählung in Vergessenheit geraten bzw. verdrängt worden sind. Sie sind dazu in der Lage oder sogar gezwungen, da es ihnen gelingt bzw. durch die Umstände auferlegt ist, zumindest eine minimale Distanz zu den Ereignissen zu gewinnen, die den Figuren des Geschehens infolge ihrer Verstrickung in die Ereignisse bzw. durch ihre Vernichtung unmöglich ist. Während die Möglichkeiten oder die Absicht, die eigenen Erfahrungen zu artikulieren, bei den Figuren vielfältig eingeschränkt ist, riskiert der Erzähler diese Artikulation. Sie bedeutet für ihn ein Risiko, da sie im krassen Widerspruch zu anderen Formen der Darstellung derselben Ereignisse steht. Er wird auf diese Weise indirekt auch zu einem Sprachrohr der Figuren. Die Nivellierung der Trennung der Ebene der Erzählerrede und der Figurenrede, z.B. durch das Verfahren des DDL, bestimmt in gleicher Weise wie der Erzählzeitpunkt das Verhältnis der Erzählerinstanz zu dem erzählten Geschehen. Dadurch, daß die erzählte Welt nur durch die Vermittlung einer (monologisierenden) Erzählerinstanz konstituiert wird, wird der Erzählvorgang selbst zum wesentlichen Bestandteil der Darstellung. Auch in den Fällen der Koordinierung mehrerer Erzählerinstanzen sind diese jeweils durch den geringen Abstand zu den erzählten Ereignissen gekennzeichnet. Es ergibt sich zudem durch eine extreme Reduktion der den Gesamttext integrierenden Instanz eine Isolierung der Erzählerinstanzen voneinander. Die den Gesamttext integrierende Instanz ist also, bezogen auf die Pluralität der Erzählerinstanzen, ebenfalls dadurch gekennzeichnet, daß sie in geringem »Abstand« zu den Erzählerinstanzen steht, so wie die Erzählerinstanzen in geringem Abstand zu den erzählten Ereignissen

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stehen. Im Unterschied zu den Romanen mit einheitlicher Erzählsituation ist die privilegierte Stellung der für die Koordinierung verantwortlichen Instanz in den Romanen mit koordinierter Erzählsituation in der Auswahl und Koordinierung (ja sogar Schaffung) von Erzählerinstanzen begründet, wodurch sie einen Zusammenhang stiftet, der in jedem einzelnen der Fragmente nicht sichtbar wird. Dieser Zusammenhang ist immer als artifiziell gekennzeichnet, sei es durch die Figur des textintemen Autors oder durch die von keinem Erzählersubjekt getragenen Faktoren der Koordinierung. Das Privileg dieser Instanz gegenüber den einzelnen Erzählerinstanzen beruht auf einer bestimmten Art des Wissens nicht über die Hintergründe des Geschehens, sondern über die subjektiven Bedingungen der Erfahrung von Wirklichkeit. Das Verhältnis der abstrakten Instanzen zu der dargestellten Welt ist also (durch die reflektierte Darstellung des Erzählvorgangs) sowohl auf die Beziehung zwischen der Erzählerinstanz und dem erzählten Geschehen als auch auf die Darstellung des Erzählvorgangs selbst bezogen. Die Subjektivität der Darstellung der erzählten Welt wird auf den Erzählvorgang ausgedehnt. Entsprechend ist das Verhältnis der abstrakten Instanzen zur dargestellten Welt ambivalent. Der fiktive Erzählvorgang erscheint als subjektiv (durch die Selbstdarstellung der monologisierenden Instanz oder durch die doppelte Vermittlung bedingt), aber als einzig mögliche (authentische) Form der Wirklichkeitserfahrung. Die durch die Neutralisierung oder Transgression der Opposition zwischen Erzählvorgang und erzähltem Geschehen erzeugte Ambivalenz läßt sich also auf der abstrakten Ebene als die Ambivalenz von begrenzter Subjektivität und fundamentaler Authentizität deuten. Diese Ambivalenz kann auch an der problematisierten Beziehung zwischen Fiktion und Wirklichkeit erläutert werden, die in der Fiktion des Erzählers als Autor thematisiert wird. Diese »mise en abyme« fungiert als eine (fiktive) Verlagerung des pragmatisch bestimmten (realen) Erzählvorgangs auf die Ebene des fiktiven, erzählten Geschehens. Dadurch wird umgekehrt das erzählte Geschehen defiktionalisiert, aber nicht im Sinne einer Aufhebung der Illusionierung, sondern indem es in eine quasi-pragmatische Beziehung zu den abstrakten Instanzen gestellt wird. Dies geschieht dann um so wirkungsvoller, wenn diese Fiktion mit referenzialisierbaren Geschehnissen der erzählten Welt verbunden wird 1 . Während die Fiktionalität des Erzählvorgangs hervorgehoben wird, erscheint das erzählte Geschehen aus der Sicht der abstrakten Instanzen in einem pragmatischen Bezug zur außerfiktionalen Wirklichkeit zu stehen. In diesem Fall konvergieren also Fiktion und Wirklichkeit oder mit anderen Worten, es konvergieren die Ebene der fiktiven und der abstrakten Kommunikation, wodurch sie sich gegenseitig kontaminieren. Die Funktion der erzählerischen Verfahren hat sich, in dieser Konzeption, noch nicht in der Konstituierung der erzählten Welt als einer fiktiven Welt erschöpft. Sie

138

zielen zusätzlich auf die Reflexion der Illusionsbildung, die den abstrakten Leser zur Reflexion der gesellschaftlich vorgegebenen Darstellungsweisen von Wirklichkeit veranlaßt. Die Romane von Gustavo Alvarez Gardeazäbal stellen also eine Verbindung zwischen der Reflexion über die Vermitteltheit der Erzählung und der Darstellung einer Problematik, die unabhängig von dem Erzählvorgang besteht, her. Die Kombination von Verfahren textueller Reflexion, die den impliziten Leser die Entstehungsbedingungen der fiktiven Welt reflektieren lassen mit solchen einer dokumentarischen Wirklichkeitsdarstellung führt zu einer gegenseitigen Kontamination von Wirklichkeit und Fiktion, die die Wirksamkeit dieser Texte ausmacht. Es kann hier nur angedeutet werden, wie der konkrete historische und speziell literarhistorische Kontext zu einer solchen poetischen Konzeption aussieht. So ist es für den kolumbianischen Rezeptionskontext aufschlußreich, daß die Romane von Gustavo Alvarez Gardeazäbal fast ausnahmslos von dem kolumbianischen Publikum als eine Provokation empfunden wurden und zu ganz unliterarischen Reaktionen Anlaß gegeben haben. Die Fiktionalisierung der Wirklichkeit hat sozusagen zu einer pragmatischen Wirksamkeit der Fiktion, die über eine rein ästhetische Wirkung hinausgeht, geführt. Die in der Konzeption implizierte Kritik an der Mystifizierung der gesellschaftlichen Wirklichkeit wird durch diese naiven Reaktionen ironischerweise als zutreffend bestätigt. 3.2.2. Literarhistorische

Situierung des Erzählkonzepts der Romane von Gustavo Alvarez Gardeazäbal

Nach der Formulierung des Erzählkonzepts im Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal auf der Grundlage der Beschreibung der technischen Verfahren des Erzählens kann seine literarhistorische Stellung beschrieben werden, indem es mit den Erzählkonzepten, die in 3.1. dargestellt wurden, verglichen wird. Die Merkmale des »realistischen« Romans, deren Intentionalität unter dem Oberbegriff der Illusionsbildung zusammengefaßt worden ist, erfahren in allen Romanen eine deutliche Umgestaltung oder Reduktion. Schon das Wegfallen von Milieuschilderungen, Charakterisierungen und Beschreibungen von Figuren und des Ortes macht die Distanz der Erzählweise in diesen Romanen zu denen des Realismus traditioneller Prägung deutlich. Die Fragmentierung des Geschehens in allen Romanen in Verbindung mit den Anachronien zeigen ebenso wie die modalisierenden Ausdrücke die Einschränkungen der erzählerischen Allwissenheit und verlangen vom Leser ein erhöhtes Maß an Mitarbeit bei der Rekonstruktion des erzählten Geschehens. Die Erzählerinstanz vermittelt kein theoretisch begründetes Geschichtsbild, das die Auswahl und Darstellung der Ereignisse leitet. Die monologische Erzählsituation lenkt die Aufmerksamkeit statt dessen auf den durch die aktuelle Situation bestimmten Erzählvorgang, der der Darstellung der erzählten Welt den Charakter eines Provisoriums

139

verleiht. Anstatt der deutlichen Trennung der Ebenen des Erzählers und der Figuren werden die Äußerungen der Figuren an die Erzählerrede assimiliert. Ohne daß die referentielle Funktion der Sprache grundsätzlich in Frage gestellt wird, wird ihr instrumenteller Charakter durch die Strukturierung hervorgehoben. Die für die Erneuerung des kolumbianischen Romans von Gustavo Alvarez Gardeazábal programmatisch geforderte Distanzierung von der Tradition des realistischen Romans (vgl. 1.1.1.) ist also in seinen Romanen verwirklicht worden2. Als Modell der Erneuerung des Romans haben, insbesondere in TP, Vorstellungen gedient, wie sie in dem Erzählkonzept des reflexiven Realismus formuliert worden sind. Das zeigt sich deutlich an den Verfahren der Pronominalisierung der Figurenerwähnung, an den Wechseln der Erzählsituation und an der Kombinatorik unterschiedlicher Realitätsebenen, die die Kategorien von Geschichte und Figur als bedeutungstragenden Elementen stark reduzieren. Allerdings ist das Ziel der Darstellung trotz aller Illusionsstörung infolge der Erzählsituation nicht die Defiktionalisierung des erzählten Geschehens. Die Illusionsstörung zielt nur auf die Problematisierung der fiktionalen Darstellung. Die Distanz des Erzählkonzepts von Gustavo Alvarez Gardeazábal sowohl von dem Konzept des traditionellen Realismus als auch von dem reflexiven Realismus läßt sich beispielhaft an der Funktion der Verwendung von Eigennamen bestimmen. Die Aussparung der charakterisierenden Einführung von Figuren gemäß ihres Stellenwerts in der erzählten Welt infolge der monologischen Sprechsituation reduziert ihre »Plastizität« für den abstrakten Leser. Die Vielzahl der durch einen Eigennamen bezeichneten Figuren, die keine handlungstragende Rolle übernehmen, steht im Widerspruch zu dem Ökonomieprinzip der Namensverwendung im realistischen Roman. Andererseits hebt sich die Verwendungsweise von dem Konzept der pronominalen Figurenbezeichnung, wie sie im reflexiven Realismus praktiziert wird, durch die Illusionisierungsfunktion des Eigennamens, so reduziert sie in einzelnen Fällen auch sein mag, ab. Das Erzählkonzept des reflexiven Realismus wird in Tit von der Erzählergestalt selbst thematisiert (z.B. S. 120; 164 u.a.). Die Erzählergestalt des »autor-titiritero« kann ihrerseits als eine Auseinandersetzung des abstrakten Autors mit diesem Erzählkonzept und dem Einfluß desselben auf das eigene Werk verstanden werden3. Die Gestalt des »autor-titiritero« ist so angelegt, daß eine Identifizierung mit dem konkreten Autor zwar angedeutet, aber zugleich ironisch distanziert vorgenommen wird. Die aporetische Erzählsituation, die sich in der fingierten Koinzidenz von erzähltem Geschehen und Erzählvorgang ausdrückt, weist unmittelbar auf die Zielsetzung der theoretischen Prämissen des reflexiven Realismus, wie sie von Ricardou und Sollers formuliert worden waren. Die Gestalt des »autor-titiritero« kann also als eine Parodie theoretischer Forderungen von »Tel Quel« gedeutet werden4. Der Unterschied in der Position des »autor-titiritero« (K-3) und des abstrakten Autors (K-2), die ja beide die Zielsetzungen von »Tel Quel« ablehnen, liegt in dem Darstellungs-

140

modus. Während der dargestellte Autor einen nicht-fiktionalen Kommentar äußert, wird die Kritik an »Tel Quel« vom abstrakten Autor in die Form einer Fiktionali sie rung der theoretischen Annahmen, die einer Parodie gleichkommen, gebracht. Wenn W. Wehle (1980) den Übergang von der Poetik des »realistischen« Romans zur Poetik des Nouveau Roman folgendermaßen beschreibt, so ist dies auch für die Romane von Gustavo Alvarez Gardeazäbal zutreffend: »Als entscheidendes Merkmal darf in dieser Hinsicht gelten, daß er (der Roman) seine Problemstellung verschoben hat von der traditionellen Frage des Romans nach dem, was die Wirklichkeit ist, zu der, die ihn charakterisiert, was der Roman ist und wie er sich mit Wirklichkeit befaßt.« (Wehle 1980:20). Wenn er, für den Nouveau Roman, außerdem feststellt: »Die Darstellung dieser Erkenntnisse (d.h. der Sprachlichkeit des Erzählens) im Roman selbst war nur möglich durch eine Reduktion der Welthaltigkeit und einer anthropologischen Problemstellung.« (id.), so ist dies allerdings nur mit Einschränkungen auch für Gustavo Alvarez Gardeazäbal gültig. Denn dessen Romane zielen auf die Verbindung eben dieser beiden Aspekte ab, indem sie die Reflexion über die Vermitteltheit der Erzählung mit der Darstellung einer konkreten Problematik, die zunächst unabhängig von dem Prozeß des Schreibens ist, verbindet. Insoweit scheint sich das Erzählkonzept in den Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazäbal noch weitgehend mit dem der »nueva novela« zu decken. Ebenfalls in Tit finden sich Äußerungen des »autor-titiritero«, die auf eine Auseinandersetzung auch mit dem Erzählkonzept der »nueva novela« weisen 5 . Dieses Mal ist es der »autor-titiritero«, der das Erzählkonzept des magischen Realismus parodiert. Diese parodistische Intention schlägt sich aber nicht ihrerseits in der Struktur »seines« Romans nieder, so daß die Intention des abstrakten Autors nicht mit dieser Äußerung gekennzeichnet werden kann. Demgegenüber ist BI als eine Parodie nicht nur des Wunderglaubens sondern auch des magischen Realismus interpretiert worden 6 . Daß eine solche Deutung der erzählten Welt als Bild eines Erzählkonzeptes legitim ist, läßt sich mit dem Hinweis auf die beschriebenen Verfahren der Reflexion der Erzählvorgangs begründen 7 . Auch in dem Verhältnis zum Erzählkonzept des magischen Realismus innerhalb der »nueva novela« läßt sich allerdings eine Entwicklung in dem Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal feststellen. So sind die ersten Romane, insbesondere Cond, durch Verfahren gekennzeichnet, die die Nähe zu diesem Konzept deutlich machen: die Zeitzirkularität und die Wirksamkeit der Prophezeiungen, wie an diesem Roman aufgezeigt wurden, erlauben es, ihn noch in den Bereich der Zielsetzungen der »nueva novela« zu situieren. Der Anspruch, eine Totalität zu schaffen, sei es durch einen Mythos oder durch eine Integration verschiedener Handlungsstränge in der Art der Romane von Vargas Llosa (vgl. Strausfeld 1976), wird allerdings zugunsten einer noch radikaleren Skepsis gegenüber dem Prinzip der Auktorialität aufgegeben.

141

Im Kontext des hispanoamerikanischen und speziell des kolumbianischen Romans ist die Stellung der Autoren der auf den »boom« folgenden Generation durch die Schwierigkeit bestimmt, sich gegen die »autores consagrados« zu behaupten und zugleich die günstigen Bedingungen, die durch die internationale Aufmerksamkeit geschaffen wurden, zu nutzen. Zu Beginn der literarischen Tätigkeit von Gustavo Alvarez Gardeazábal beherrschte die »nueva novela« die Bühne. Beim Vergleich der Erzählkonzepte des Romanwerks von Gustavo Alvarez Gardeazábal mit dem der »nueva novela« zeigen sich dementsprechend viele Überschneidungen. Dennoch kann man in den Romanen eine Entwicklung sehen, die die Herausbildung eines Erzählkonzepts des »post-boom« ankündigen, das im Vergleich zu den Erzählkonzepten anderer Romanciers, die nach dem »boom« zu publizieren begonnen haben, dargestellt werden könnte. Eine dieser Tendenzen läßt sich an der Gattung der »novela testimonio«, wie sie für den Bereich der lateinamerikanischen Literatur von Miguel Barnet theoretisch beschrieben und praktisch ausgeführt worden ist, aufzeigen 8 . Es handelt sich dabei um die auf dokumentarischem Material aufbauende, ästhetisch bearbeitete Darstellung eines konkreten historischen Zustandes der lateinamerikanischen Realität. Auf der Grundlage von Befragungen u.a. Dokumentierungen über eine reale Persönlichkeit, vorzugsweise aus den unteren Bevölkerungsschichten, wird eine Integration dieses Materials vorgenommen, so daß konkrete historische Erfahrungen in ihren sozioökonomischen Zusammenhängen sichtbar gemacht werden. Trotz der unvermeidlichen Vorstrukturierung des Materials durch den Autor soll dessen Repräsentierung als Erzähler weitgehend zugunsten des erzählenden Protagonisten reduziert werden, um so den Leser möglichst intensiv an der Sinnkonstitution des Geschehens zu beteiligen. Die Sprachverwendung hat sich dabei auch mit fast wissenschaftlicher Strenge an dem konkreten Spachgebrauch zu orientieren, womit literarisch konventionalisierte Formen der Darstellung von Umgangssprache abgelehnt werden: »Hay que acabar de descartar ese criterio de que únicamente un lenguaje regionalista, un dialecto, puede dar garantía de autenticidad. Del lenguaje hablado, como del gesto social hay que tomar su esencia.« (Barnet 1979:141). In einigen Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazábal liegt die dokumentarische Absicht, wie sie hier artikuliert wird, deutlich zutage. Die verbliebenen auktorialen Elemente, wie sie in den Beschreibungen der Erzählsituationen herausgestellt worden sind, kennzeichnen andererseits den Unterschied zu diesem Erzählkonzept. Ein weiterer Aspekt, der das Erzählkonzept von Gustavo Alvarez Gardeazábal mit den Intentionen anderer Autoren des »post-boom« verbindet, ist die am Alltag orientierte Sprachverwendung, die als eine reflektierte Form eines neuen Regionalismus gewertet werden kann (vgl. J. Tittler 1987). Andererseits konnte bei Gustavo Alvarez Gardeazábal eine zunehmende Tendenz zu einer - allerdings von der Alltagssprache geprägten - Rhetorisierung und Literarisierung der Sprache konstatiert werden.

142

Ohne daß eine abschließende Zuordnung zu einer Richtung oder auch nur Charakterisierung aller Merkmale durchgeführt werden kann, werden einige Tendenzen sichtbar, die die neuesten Romane kennzeichnen. Soviel hat der Vergleich mit den Erzählkonzepten schon zeigen können, daß sich Gustavo Alvarez Gardeazäbal um eine kritische und fruchtbare Auseinandersetzung mit der literarischen Tradition bemüht, die den literarischen »boom« der sechziger Jahre für die kolumbianische Literatur nicht zu einem folgenlosen Phänomen werden läßt. So ist zu erwarten, daß die Bezeichnung »post-boom« nicht nur eine zeitliche Situierung ausdrückt, sondern auch mit Inhalt gefüllt werden kann. In kritischem Aufgreifen der modernen Zielsetzungen der Poetik soll zugleich eine Literatur für Leser geschaffen werden. Ohne den Standard der Selbstbewußtheit des modernen Romans aufgeben zu müssen, wird ein populärer und wirkungsvoller Roman verwirklicht.

143

4. Resümee Das Romanwerk von Gustavo Alvarez Gardeazäbal weist eine große Vielfalt von unterschiedlichen Erzählsituationen auf, zu deren Beschreibung das Kommunikationsmodell des Erzählwerks dargestellt und einzelne Faktoren der Erzählsituation ausgeführt wurden. Es wurde angestrebt, die Beschreibung der Erzählsituation durch die Vertiefung einzelner Aspekte der Opposition »auktorial/personal« zu konkretisieren. Dazu zählen die extralinguistischen Aspekte der Erzählsituation, die auf das erzählte Geschehen (zur Beschreibung der Zeitstruktur) und den situativen Kontext bezogen sind. Da das Ziel der Untersuchung in erster Linie in der Beschreibung der konkreten Texte lag, konnte keine systematische Weiterentwicklung einzelner Aspekte vorgenommen werden, wozu das Textkorpus auch nicht die nötige Breite aufweist. Statt dessen konnten die vorliegenden Forschungsergebnisse unterschiedlicher Schwerpunkte aber im Zusammenhang des Romanwerks eines Autors erprobt werden und ihre Leistungsfähigkeit zeigen. Im einzelnen kann dazu festgehalten werden: Die Beschreibung der Zeitstruktur, wie sie auf der Grundlage der Untersuchung von de Toro (1986) vorgenommen wurde, stieß dort auf Schwierigkeiten, wo eine methodisch nicht erfaßte Reduktion des erzählten Geschehens vorgenommen werden mußte oder der Sprechzeitpunkt der Erzählerinstanzen wechselt. Mit der Berücksichtigung des Wechsels der Erzählsituation bei der Segmentierung der Texte wurde, gegenüber de Toro (1986), ein die Hierarchie der Kommunikationsebenen einbeziehendes Verfahren der Textbeschreibung entwickelt, das die Zeitstruktur nicht nur als das Verhältnis von Textzeit zu Aktzeit, sondern als Verhältnis der Textposition zu einer von den abstrakten Instanzen rekonstruierbaren Zeitachse auffaßt. Auf diese Weise konnte der Zeitstruktur des Erzählvorgangs, als Verhältnis des Sprechzeitpunkts zur Position im Text, Rechnung getragen werden. Die makrostrukturelle Gliederung zeigte neben der Zeit als strukturierendem Faktor des erzählten Geschehens und der Koordinierung unterschiedlicher Erzählerinstanzen auch andere Faktoren auf, die den häufig zur Beschreibung der Kombinatorik von Erzählabschnitten bemühten Begriff der »Aleatorik« präzisieren konnte. Was die Verwendung von Figurenbezeichnungen im literarischen Text betrifft, konnten auch nur solche, die für dieses Textkorpus spezifisch sind, beschrieben werden, ohne daß daraus allgemeinere Schlußfolgerungen für die textgrammatische Beschreibung z.B. der Eigennamen gezogen werden könnten.

144

Die unter dem Gesichtspunkt »situativer Kontext und Modalität« zusammengefaßten Gesichtspunkte verdienten eine weitere Vertiefung angesichts der nicht nur in diesem Romanwerk zu beobachtenden Tendenz zur Verwendung unterschiedlicher, situativ konkretisierter und von traditionellen Erzählsituationen abweichenden Sprechsituationen im Roman. Im Zusammenhang mit der Behandlung der Funktionsstile wurden weitere Aspekte der situativen Bestimmtheit des Erzählvorgangs angesprochen. Die Textbeschreibungen zeigten, in Übereinstimmung mit den Intentionserklärungen des konkreten Autors, die Kombinierung von Verfahren textueller Reflexion mit einer an pragmatischem Sprachgebrauch orientierten Wirklichkeitsdarstellung. Die beschriebenen Texte weisen entweder eine einheitliche monologische, meist heterodiegetische Erzählsituation oder eine Koordinierung mehrerer unterschiedlicher Erzählsituationen auf. Dies bedeutet in beiden Fällen eine Verlagerung der Rekonstruktion des Geschehniszusammenhangs von der Ebene des Erzählers auf die Ebene der abstrakten Instanzen und damit eine Reflexion des Erzählvorgangs. Die Gestaltung dieser Erzählsituationen im einzelnen erschwerte aber in den meisten Romanen nicht übermäßig die Rekonstruktion des Geschehens. Auf unterschiedlichen Ebenen konnten so Hinweise auf zwei Konkretisierungsarten angetroffen werden. Die Textbeschreibungen konnten auch eine gewisse Entwicklung in dem Romanwerk nachzeichnen. Nach einer Phase der Assimilierung modemer Erzählverfahren in den Romanen TP und Cond, orientiert vor allem an dem reflexiven Realismus bzw. magischen Realismus, setzt eine zunehmend eigenständige Entwicklung mit der Parodierung erzählerischer Verfahren des Realismus (in Dab), des magischen Realismus in (Bf) und des reflexiven Realismus (in Tit) ein, bis sich das eigene Erzählkonzept in den vom Autor als Trilogie konzipierten Romanen LM, PB und Div vollständig ausgebildet hat. Die literarhistorische Situierung durch den Vergleich mit anderen Erzählkonzepten bereitet schließlich eine Beschreibung des Erzählkonzepts des »postbooms« vor. Die aufgezeigten Tendenzen, die eine Weiterentwicklung der durch die »nueva novela« initiierten Neuorientierung der lateinamerikanischen Literatur ankündigen, müßten dazu mit anderen zeitgenössischen Romanwerken konfrontiert werden.

145

Anhang

146

Erläuterungen 1.) Die folgende Darstellung umfaßt für jeden Roman drei Teile: - eine Auflistung der verwendeten Gliederungsmerkmale für die Teiltexte aller drei Ordnungen; - eine schematische Übersicht über die Verteilung der Teiltexte auf den Gesamttext; - eine Gruppierung der Teiltexte erster, zweiter und dritter Ordnung in einer Übersicht. 2.) Bei jedem Episodenmerkmal wird durch ein Kürzel angegeben, welcher Art die Zeitkonkretisationen sind. Die verwendeten Buchstaben und ihre Bedeutung sind folgende: e = explizit a = absolut p = punktuell i = implizit r = relativ np = nicht-punktuell Zur Bedeutung der Merkmale vgl. den Abschnitt 1.2.2.1. 3.) Eingeklammerte Zahlen in der ersten Spalte der schematischen Übersichten bezeichnen Kapitelunterteilungen, sofern sie in den Romanen gegeben sind. Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen

Gliederung von TP_

1) {1} {2] {3} {4} {5} (6) {7}

Kommunikationsebenen (KE) homodiegetisch-auktorial (Erzählerin: Ramona Uribe) homodiegetisch-auktorial (Erzähler: Sohn von RU) heterodiegetisch-personal heterodiegetisch-auktorial (Erzählerin: Luisa Uribe) homodiegetisch-auktorial (Erzähler: Donaldo) homodiegetisch-auktorial (Erzähler: Papa Uribe) homodiegetisch-personal (Erzähler: Julio César)

2) (0) (1) (2)

Episodenmerkmale (EM) unbestimmt 19. Jahrhundert (eap) von der Ankunft des Papa Uribe in Tuluá bis zur Geburt von Ramona Uribe (iap) Ramona Uribes Kindheit bis zum Tod von Papa Uribe (irnp) von der Hochzeit Ramona Uribes bis zur Geburt ihres Sohns (irnp) Kindheit und Jugend des Sohns bis zum Tod von Tomás Lozano (irnp) Kandidatur des Sohns bei den Wahlen (imp) Scheitern des Sohns bei den Wahlen bis zum "tuluazo" (irnp) vom "tuluazo" bis zum Tode des Sohns von Ramona Uribe. (irnp)

(3) (4) (5) (6) (7) (8)

3) Figurenkonstellationen (FK): [1.0] Ramona Uribe [1.1] RU + Tomás Lozano

147

[1.2] [1.3] [1.4] [1.5]

RU + Freunde RU + PapaUribe RU + Sohn RU +Priester

[1.6] RU + Julio César [2]

Tomás Lozano

[3.0] [3.1] [3.2] [3.3] [3.4] [3.5] [3.6] [3.7] [4.0] [4.1] [4.2] [4.3] [4.4] [4.5] [4.6]

PapaUribe PU + María Luisa PU + Donaldo PU + Don.+Luisa PU + RU PU +Familie PU +Priester PU +Sohn von RU Sohn von Ramona Uribe SRU im Seminar SRU + Tomás L. SRU + Donaldo SRU + Gertrúdiz SRU + Aníbal SRU + Julio César

[4.7] SRU + León María [5]

Bolívar

[6.0] [6.1] [6.2] [6.3] [7.0] [7.1] [7.2]

Donaldo Don + Hunde Don + RU Don + PU María Luisa ML +Beamter ML + Marcial G.

[8]

Mosquera

[9.0] Luisa Uribe [9.1] LU +Familie [9.2] LU + Fam. + Julio C. [10] León María Lozano [0.1-0.14] Täter und Opfer der Violencia [0] unbestimmt

148

Übersicht über die makrostrukturelle Ebene in TP_

Nr. / Seite 1 9-11 2 11-12

KE

EM

1

4

Ramona Uribe,im Haus eingeschlos1 . 1sen, fordert den Schlüssel von Tomás Lozano.Sie bekommt ein Kind.

3

0

0

3

4

3 .1 Maria Luisa kommt zur Vermählung mit Papa Uribe nach Tuluä.

2

5

4 .1 Der Sohn von Ramona Uribe masturbiert im Priesterseminar.

4

1

5

3

0

6.1 Donaldo ertränkt junge Hunde.

2

7.1 Maria Luisa verjagt den Steuerbeamten mit einer Armbrust.

17-19

19-21 7

Beerdigungsszene einer nicht genannten Figur zu einem nicht bestimmbaren Zeitpunkt.

2

15-17

6

Inhaltsübersicht

1.2 Versammlung Bekannter von Ramona Uribe bei Donaldo;Todesfall einer Ramona nahestehenden Person.

12-14

5

FK

Eine Verschwörung von Santander gegen Bolívar wird aufgedeckt.

21 8 21-25 '9

1 . 3Geburt und Taufe von Ramona Uribe. Papa Uribe zieht sich auf sein Landgut,La Pirámide,zurück.

25-28 10

5

0

1 . 4Prophezeiungen für Ramona Uribe.

3

3

3.2 Überschwemmung des Guts von Papa Uribe durch den Fluß.

2

5

4 .1 Der Sohn von Ramona Uribe beim Rektor der Priesterseminars. Donaldo holt ihn ab und bringt ihn nach Hause.

28-29 11 29-30 12 30-33

149

Nr. / Seite 13

KE

EM

FK

Inhaltsübersicht

4

1

8^

Hilario Acevedo,Konservativer, unterschlägt die Zeitungen, die von der Wahl Mosqueras berichten.

3

3

3.3 Agonie des Papa Uribe;magische Praktiken von Luisa Uribe und Donaldo.

33-34 14 35-38 15

6.2 Visionen, magische Handlungen anläßlich eines Todesfalls.

38-39 16

1 . 3Ramona Uribe spukt im Internat; Papa Uribe holt sie dort ab.

39-42 17

5

1.2 Bekannte vor dem Haus von Ramona Uribe,die ihr den Tod von Tomás Lozano mitteilen.

4

1 .1 Ramona Uribe und Tomás Lozano heiraten (Verbindung von Liberalen u. Konservativen).

4

3

3.4 Prophezeiungen des Papa Uribe über die Zukunft von Ramona.

2

5

4.2 Der Sohn von Ramona Uribe besucht das Grab seines Vaters Tomás Lozano .

5

0

6.2 Prophezeiungen Donaldos für Ramona Warnungen und Ratschläge über den Cauca-Fluß.

6

3

3.5 Visionen und Erinnerungen des sterbenden Papa Uribe.

3

8

1 . 4 Ramona Uribe bereitet sich auf die Beerdigung ihres Sohnes vor.

3

3.5 Totenwache des Papa Uribe.

42-43 18 43-45 19 46 20 46-49 21 49-50 22 50-53 23 53-55 24 56-58

150

Nr. / Seite 25

KE

EM

FK

Inhaltsübersicht

1

4

1.4

Ramona Uribe gebiert ihren Sohn. Visionen von der Beerdigung des Papa Uribe.

5

3

6.3

Weissagungen Donaldos an den Papa Uribe gerichtet.

3.6

Der Priester Rafael Ocampo in der Nacht der Totenwache des Papa Uribe.

9 .1

Luisa Uribe veranstaltet eine spiritistische Sitzung und macht Prophezeiungen.

3.7

Totenmesse für den Papa Uribe (?)

58-60 26 60-61 27

3

61-64 28 64-68 29

2

68-70 30

4

1

0 .1

Brudermord der Söhne von Dionisia Aguirre (Violencia-Episode aus der Mitte des 19.Jahrhunderts).

3

4

7.2

Maria Luisa stirbt;ihre Beerdigung; Rede des Buchhändlers Marcial Gardeazábal.

5

6.2

Warnung an Ramona vor dem Fluß.

3

9.2

Luisa Uribe verläßt die Familie und geht ins Sanatorium;Ansprache an die Familie und Julio César.

70-71 31 71-73 32 74 33 74-77 34

2

5

2

78-80 35

3

1.2

Bekannte von Ramona Uribe vor ihrem Haus; Mitteilung des Todes von Tomás Lozano.

1

1 .1

Ramona Uribe meditiert über die Erblast ihrer Familie.

81-82 36 82-84

Einweihung des Elektrizitätswerks durch den Bürgermeister Tomás Lozano.

151

Nr . / Seite 37

KE

EM

2

5

85-88 38

3

FK

1 . 4 Ramona bringt ihren Sohn in das Bordell von Camila Giraldo; das Erlebnis des Sohns. 2

88-89 39

Inhaltsübersicht

Beerdigung von Tomás Lozano. Andeutung der Todesumstände (Selbstmord) . Beerdigung von Tomás Lozano.

2

90 40

3

1.1

Ramona Uribe besucht das Grab von Tomás Lozano und erinnert sich des Todestages und Selbstmords.

2

1.5

Abschiedspredigt Rafael Ocampos. Ramona Uribe protestiert gegen die Anschuldigungen des Priesters.

6.2

Donaldo macht Prophezeiungen und rät Ramona, eine Rose auf sein Grab zu legen.

90-93 41 93-97 42

5

0

97-98 43

2

4 . 3 Donaldo und der Sohn von Ramona U. sprechen bei einer Zusammenkunft mit Ramona. Donaldo stirbt.

5

6.2

98-101 44 101 45

2

6

4

4

4

0.2

Pedro Púas rächt sich für den Mord an seinem Vater im 1000-TageKrieg (ca. 1930).

2

6

4

Der Sohn organisiert den Wahlkampf wie einst den Karneval.

4

(6)

0.3

101-104 46 105-106 47 106-108 48 109

Donaldo warnt Ramona, den Fluß nicht umzuleiten. Der Sohn stellt sich als Konservativer zur Wahl, obwohl seine Partei die Wahlen boykottiert.

Eugenia Barreto wird vergewaltigt und lebendig verbrannt.

152

Nr . /

KE

EM

2

6

Seite 49 110-111 50

2

4 . 4 Der Sohn beschwert sich bei Gertrúdiz Potes über die Entfernung der Wahlplakate. Halluzinationen.

4

(6)

2

6

4

0

2

7

3

(7)

2

7

3

(7)

2

7

3

(7)

115-117 53 117-119 54

4.0 Der Sohn im Konflikt mit der offiziellen Parteilinie. Seine Wahlplakate werden entfernt. 0.4 Dokument: Erklärung der konservativen Partei zum Wahlboykott.

112-115 52

Inhaltsübersicht

4

111-112 51

FK

0.5 Ermordung von Manuel Arroyo,einem ehemaligen Angestellten von Tomás Lozano.Massaker von La Carmela. 4.5 Der Sohn sucht Hilfe bei Anibal Lozano. Er verliert knapp die Wahlen. 0

Kommentar über die Violencia.

119 55 120-122 56 122-123 57 123-125 58 125-126 59

4 . 0 Der Sohn versinkt in Erinnerungen und Halluzinationen. Er plant, einen Staudamm zu bauen. 0 . 6 Erpressung und Ermordung von Tiberio Hoyos. Selbstmord seines Sohns. 4 . 6 Der Sohn legt Karten mit Julio César. Erinnerungen und Visionen. 0.7 Rache von Lucio Paredes für die Ermordung seines Vaters. 4.0 Visionen des Sohns.

126-129 60 129-130

0 . 8 Der Priester Nemesio verhindert ein Massaker der Liberalen in Riofrio. Er wird abgesetzt.

153

Nr./ Seite 61

KE

EM

2

7

132-134 62

2

1.4 Ramona Uribe besucht ihren Sohn und gibt Anweisungen für den Bau des Staudamms.

3

0.10 Überfall auf Ceilán. Ermordung von Liberalen und Brandschatzung der Ortschaft.

138-140 65

4.3 Der Sohn zieht sich auf den Landsitz der Familie zurück. Die Stimme Donaldos spricht zu ihm. 0 . 9Ermordung von Liberalen in Cali durch die Polizei (22.10.1947).

135-137 64

Inhaltsübersicht

3

135 63

FK

2

8

1 . 6Auswirkungen des "bogotazo" in Tuluá; Ramona Uribe holt Julio César vom Bahnhof ab.

0

4 . 0 Visionen des Sohns.

8

10

140-146 66 146-148 67

3

148-149 68

2

1 . 4 Der Sohn setzt die Arbeit am Staudamm fort. Ramona macht ihm Vorwürfe wegen seiner Homosexualität.

149-151 69

3

(8)

152 70

8

152-153 71

7

154-156 72 156-157

3

Der "tuluazo": León Maria tritt den rebellierenden Liberalen entgegen und stoppt den Aufruhr.

0.11 Dokument: Zeitungsartikel zu einem Überfall auf das Landgut von Otto Morales. 10

León Maria wird zum Chef der "pájaros".

4 . 6 Sadistische Szene mit Julio César und dem Sohn von Ramona Uribe. 0 .12 Massaker von Puerto Frazadas.

154

Nr. / Seite 73

KE

EM

2

8

157-160

160-163 (8)

2

8

3

(8)

0.14 Dokument:Protestbrief der Liberalen an "El Tiempo" zur Beschuldigung León Marias.

2

8

4.0 Der Sohn ertrinkt, als der Staudamm bricht.

167-168 77 168-170 78 170-172 79

174-175 82 176

4 . 0 Gedanken des Sohns über seine Mutter und die Violencia.

1.4 Ramona Uribe durchlebt in der Todesnacht ihres Sohns noch einmal seine Geburt.

2

4.0 Beerdigung des Sohns von Ramona Uribe.

3

1.2 Entdeckung des Leichnams des Sohn von Ramona Uribe.

173-174 81

0 .13 Ermordung von Fabricio Pulgarin, dem Präsidenten der Liberalen in Tuluá. Protestbrief der Liberalen.

1

173 80

4 . 0Der Sohn widmet sich weiter der Landgewinnung zum Maisanbau.Nemesio warnt ihn vor León Maria.

3

163-166 76

Inhaltsübersicht

4.7 León Maria erklärt dem Sohn, die Liberalen ausschalten zu wollen. Dieser unterstützt die "pájaros".

74

75

FK

1.0 Ramona Uribe erwartet,Idas nächste Opfer der Violencia zu sein.

155

Teiltexte in TP_ 1 Teiltexte {1}

{2}

{3}

I

Teiltexte

II

Teiltexte

III

Abschnitte

(3)

[1.1]

36

(4) (8)

[1.1] [1.4] [1.4]

1 25 79

(3)

[3.7]

29

(5)

[1.4] [1.5] [2] [4.1] [4.2]

37 41 3 4 , 39 5, 12 20

(6)

[4.0] [4.4] [4.5] [4.6]

(7)

[1.4] [4.3] [4.7] [4.8] [4.9]

(8)

[1.4] [1.6] [4.0] [4.5]

(0)

[4.3]

4 5 , 47 49 51 53 63 61 55 57 59 68 65 7 3 , 7 6 , 7 8 , 80 74 43

(0)

[0] [1.2] [6.1] [0.11]

(2)

[1.3] [3.1] [7.1]

9 4 8

(3)

[1.3] [3.2] [3.3] [3.5] [3.6] [6.2] [9.1]

16 11 14 24 27 15 28

(7) (8)

2 3 7 69

Teiltexte in TP 2

Teiltexte {3}

{4}

I

Teiltexte

II

Teiltexte

III

Abschnitte

(4)

[1.1] [7.2] [9.2]

18 31 33

(5)

[1.1] [1.2] [2.0]

40 17, 35 38

(7)

[0.6] [0.7] [0.8] [0.9] [0.10]

56 58 60 62 64

(3)

[0] [1.0] [1.2] [1.4] [10.1] [0.11] [0.12] [0.13]

77 82 81 23 67 69 72 72

(3)

[3.4]

19

(4)

[0.2]

46

(6)

[0] [0.3] [0.4] [0.5]

54 48 50 52

(0)

[1.4] [6.2]

10 21,42,44

(3)

[6.3]

26

(4)

[6.2]

32

(6}

(3)

[3.5]

22

{7}

(8)

[4.6]

71

(5}

157

Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen Gliederung von Cond 1) {1}

Kommunikationsebene (KE) heterodiegetisch/homodiegetisch-auktorial/personal

2) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21) (22) (23) (24)

Episodenmerkmale (EM) Kindheit von León María (ca.1910) (eanp) L.M. als Buchhändler (ca.1918-1925) (eanp) L.M. als Käseverkäufer (ca. 1925-1940) (ernp) L.M. und seine Töchter (ca.1940-1948) (irnp) nach dem 9.April 1948 (eap) nach (5) (Beginn der Violencia in Tuluá) (eip) 22.10.1949 (erp) 29.10.1949 (erp) ca. Januar 1950 (erp) zwischen 1949 und 1953 (erp) ca. 1951 (ernp) Februar 1953 (erp) nach (12) (erp) nach (13) (erp) Juni 1953 (erp) 16.Juli 1953 (erp) einige Tage nach (16) (irnp) kurz nach (17) (erp) 42 Tage nach (18) (erp) unbestimmte Zeit nach (19) (erp) ein Tag nach (20) (erp) unbestimmte Zeit nach (21) (irp) kurz nach (22) (erp) anderthalb Jahre nach (23); Erzählzeitpunkt (erp)

3) [1] [2] [2.1] [2.2] [2.3] [2.4] [2.5] [2.6] [2.7]

Figurenkonstellationen (FK) Einwohner von Tuluá León María Lozano (L.M.) L.M. + Marcial Gardeazábal L.M. + Don Benito + Gertrúdiz L.M. + María Luisa + Agripina L.M. + Laienbruder von Palmira L.M. + Amapola + Dalia L.M. + konservative Partei L.M. + katholische Kirche

158

[2.8] L.M. + Reporter von "Life" [2.9] L.M. + Simeón Torrente [2.10] L.M. + Liberale [3] Opfer der Violencia [3.1] Anonyme Opfer [3.2] Rosendo Zapata [3.3] Radfahrer [3.4] Riofrío [3.5] Hunde von Alfonso Pineda [3.6] Alberto Acosta [3.7] Alfonso Santacoloma [3.8] Fabricio Pulgarin [3.9] Andrés Santacoloma [4] Bürgerinitiativen [4.1] Gertrúdiz Potes + Liberale [4.2] Friedenskomitees [5] Militärjunta

159

Übersicht

Nr . / Seite 1

über die makrostrukturelle

KE

EM

FK

1

24

1

7-15 2

2 .1 Don Benito, der Vater von León Maria, stirbt. L.M. arbeitet als Käseverkäufer auf dem Markt. 2.3 L.M.'s Beziehung zu Maria Luisa; seine zwei Töchter von ihr. Seine Beziehung und Heirat mit Agripina.

25-39 1

2.4 L.M's Asthma-Leiden. Die Weissagung des Laienbruders von Palmira.

4

2.5 L.M. und seine Töchter Amapola und Dalia: Episoden aus ihrer Kindheit und Jugend.

39-46

46-57 7

3-4

57-64

64-71

2.7 L.M.'s Beziehung zur katholischen Kirche.

9 71-73 5

2 . 6L.M. wird zum Chef der Konservativen in Tuluá und dann zum Chef der "pájaros".

6

3 .1 Beginn der Violencia in Tuluá. Anonyme Tote aus den Dörfern erscheinen auf den Straßen. Gerüchte

73-84 11 84-88 12 88-94

2 . 3 L.M.'s Beziehung zu Agripina: Eifersucht und Unterdrückung. 2 . 6 L.M.'s Beziehungen zur konservativen Partei. Die Legende seiner Tat vom 9.April (1948).

8

10

Erzählzeitpunkt¡Rückblick auf die Violencia.-Die Tat von León Maria am Tag des "tuluazo".

3

4

6

Inhaltsübersicht

2 .1 L.M. arbeitet als Gehilfe in der Buchhandlung von Marcial G./Ankunft der brennenden Yolanda A.

20-25

5

in Cond

2

15-20 3

Gliederung

6

Gerüchte betreffs der Erbschaft León Marias.

160

Nr . / Seite 13

KE

EY

Inhaltsübersicht

6

3 .1 Weitere Mordfälle; Tuluá verschließt die Augen vor der Violencia .

7

3.2 Ermordung von Rosendo

8

3 . 3 Ermordung der Radfahrer.

9

3.4 Überfall und Gefangenenbefreiung in Riofrio; Rekrutierung der "pájaros".

94-101 14

FK

Zapata.

101-104 15 104-108 16 108-116 17

10

3.5 Tötung der Hunde von Alfonso Pineda.

11

2 . 8 León Marias Einfluß auf die Verwaltung; Artikel über den Chef der "pájaros" in "Life".

12

3 . 6 Ermordung des Konservativen Alberto Acosta durch Manuel Rojas. Brudermord (Alfredo - Manuel).

13

2 . 9 Attentat auf León Maria:Vergiftungsversuch und Karnevalsfeier in Tuluá.

116-121 18 121-125 19 125-132 20 133-140 21

14

León Marias Rache an Tuluá: Ermordung der Musiker;des Radiosprechers; von Fulvio S.

15

4 . 1 Protestbrief der Liberalen an "El Tiempo" durch die Initiative von Gertrúdiz Potes.

140-155 22 155-162 23

16

2.10 Repressalien L.M's gegen die Liberalen Unterzeichner des Briefs (Aristides Arrieta Gómez)

17

4.2 Weitere Protestaktionen gegen die Terrorbanden.

162-165 24 166-169

161

Nr. / Seite 25

KE

EM

3.7 Ermordung von Alfonso Santacoloma, des ersten Unterzeichners des Protestbriefs.

19

3.8 Ermordung von Fabricio Pulgarin, des vierten Unterzeichners des Protestbriefes.

20

3.9 Weitere politische Morde, u.a. an Andrés Santacoloma.

175-180 27 180-184 28

21

1

Tuluá wird von seinen Bewohnern verlassen.

22

5

Die "Junta Militar" ergreift die Macht.- Ermordung von Nacho Cruz.

23

2

León Maria wird von der Militärjunta aus Tuluá verbannt.

24

1

Tuluá erwartet die Ankunft des Leichnams von León Maria, der am selben Tage ermordet wurde.

184-187 29 187-191 30 191-194 31 194-200

Inhaltsübersicht

18

169-175 26

FK

Teilteste in

Teiltext I

Teiltexte

{1}

(1) (2) (3)

(4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21) (22) (23) (24)

II

Cond

Teiltexte [2.4] [2.1] [2.2] [2.3] [2.6] [2.7] [2.5] [2.6] [2.6] [3.1] [3.2] [3.3] [3.4] [3.5] [8] [3.6] [9] [9] [4.1] [10] [4.2] [3.7] [3.8] [3.9] [1] [5] [2] [1]

III

Abschnitte 5 2 3 4,7 8 9 6 8 12 11,13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 1,31

163

Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen Gliederung von Dab 1) {1} {2}

Kommunikationsebenen (KE) heterodiegetisch-personal homodiegetisch-auktorial

2) (1) (2) (3) (4) (5)

Episodenmerkmale (EM) erster Tag (morgens bis 24h00) (eap) 2h00-4h00 des zweiten Tags (erp) 4h00 bis 17h30 des zweiten Tags (erp) 5h00 des dritten Tags bis 5h30 des vierten Tags (erp) 6h30 bis 19h00 des vierten Tags (erp)

3) Figurenkonstellationen (FK) [1] Mélida Cruz + Ramón Julio + Misiá Rosana [2] María Luisa + Padre Ocampo + Mélida [3] Alfonso Pineda [3.1] Alfonso P. + Estercita + Mélida [3.2] Alfonso P. + las Gardeazábal [4] Carmelita Lozano [4.1] Carmelita L. + Homero Cruz + Mélida [4.2] Carmelita L. +Betsabé + Rudesindo + Steuerbeamter [5] Josefina Jaramillo [5.1] Josefina J. +Abelardo+ Daniel [5.2] Josefina J. + Rudesindo [6] Baltazar Vallejo [6.1] Baltazar V. + Mélida [6.2] Baltazar V. + puta [6.3] Baltazar V. + Daniel + Kommandant [7] Aníbal Lozano + Ernesto Gardeazábal+ Mélida [8] Gertrúdiz Potes [9] Midita [9.1 ] Midita de Acosta + Las Gardeazábal + Lucía Delgado [9.2] Midita + los Peláez [9.3] Midita + Alberto [10] Misiá Carlina + los Peláez [11] Gumersindo Rentería [11.1] Gumersindo R. + Mélida [11.2] Gumersindo R. + indischer Botschafter [12] Raquel + Matilde Gardeazábal

164

[12.1] Las Gardeazäbal [12.2] Las Gardezäbal + Anibal [ 13] Einwohner von Dabeiba [13.1] Einwohner von Dabeiba + Peläez [13.2] Einwohner von Dabeiba + Hubschrauber [14] Carlos Materón + Carlina [15] Ingenieure [16] Los Peläez + Chucho Zafra [17] Ocampo + Kommandant [18] Hemancito Rodriguez [19] Nonnen [20] José Pardo Llada + Einwohner

165

Übersicht über die makrostrukturelle Nr . / Seite 1

KE

EM

FK

1

1

1

7 2

2

10-12 4 12-14 5 14-18 6

Inhaltsübersicht Melida Cruz bereitet sich auf die Arbeit vor. Anzeichen für ein bevorstehendes Unglück. Melida behandelt Maria Luisa, die Nichte des Priesters Ocampo;dieser berichtet vom schadhaften Aquädukt

8-10 3

Gliederung von Dab

3 .1 AufStehzeremonie von Alfonso Pineda und Erstercita. Krankenbesuch von Melida. 4 .1 Hotelbesitzerin Carmelita Lozano; Streit mit Homero Cruz; ihre Krankheit. 5 .1 Wahrsagerin Josefina Jaramillo; Prophezeiungen mit den Wahrsagern Abelardo und Daniel . 1

Melida macht

Mittagspause.

18-19 7 19-21 8

6.1 Melidas Besuch bei Baltazar Vallejo, einem sadistischen Lebemann. 7

Melidas Besuch bei Anibal Lozano, der um seinen verstorbenen Liebhaber Ernesto Gardeazäbal trauert.

8

Gertrüdiz Potes, ehemalige Bürgermeisterin und Bürgerrechtlerin.

21-27 9 27-34 10 34-39 11

9 . 1 Ladenbesitzerin Midita de Acosta; Redewettstreit mit den Papageien der Gardeazäbals; Lucia Delgado. 10

Musikerin Misiä Carlina und die Streich der Jungen Peläez.

39-40 12 40-41

1

Melida kehrt nach Hause zurück und liest das Horoskop.

166

Nr./ Seite 13

KE

EM

1

1

41-44 14

FK

Inhaltsübersicht

11 . 1Gumersindo Renteria liegt im Sterben. Seine unerfüllte Liebe zu Melida.Eine Katastrophe droht. 1

Melida kehrt nach Hause zurück.

44 2

15 45-54 16

4.2 Carmelita L.wartet vor dem Zimmer des Steuerbeamten;ihre Angestellte Betsabe;Verschwinden von Rudesindo 3.2 Alfonso Pineda und die Gardeazäbals. Episoden über ihr nachbarschaftliches Verhältnis.

54-62 17

2

62-72

5.2 Episoden aus dem Leben von Josefina Jaramillo.

18 73-83

6.2 Die Orgien des Baltazar Vallejo; Episode mit der "puta grande de La Habana.

19 83-92 20

7

Anibal Lozanos Erinnerungen an Ernesto Gardeazäbal.

8

Episoden aus dem Leben von Gertrüdiz Potes:Diebstahl des Keuschheitsgürtels u.a.

92-101 21 101-110 22

9.2 Miditas Handel mit Reliquien und ihr Streit mit den Peläez.

110-117

11.2 Episoden aus dem Leben von Gumersindo: Besuch des indischen Botschafters. "Bataclän".

23 117-125 24 127-130

Episoden zu der Beziehung von Maria Luisa und dem Priester Ocampo.

2

3

9.1 Monolog von Lucia Delgado;ihre Reaktion auf den "bataclän". Vermutungen über das Unglück.

167

Nr . /

KE

EM

FK

1

3

1

Seite 25 130-134 26

Inhaltsübersicht Erinnerungen und Reaktionen von Melida Cruz .

3 .1 Reaktionen von Alfonso Pineda.

134-137 27 137-142 28

12 .1 Morgendliche Aktivitäten von Raquel und Matilde Gardeazäbal; ihre Reaktion auf den "bataclän". 5

Reaktionen von Josefina auf den "bataclän".

6

Baltazar Vallejo beendet seine Orgie und schließt seinen Laden als Reaktion auf den "bataclän".

142-144 29 144-147 30 147-154 31

13.1 Die Einwohner Dabeibas versammeln sich am trockenen Fluß. Hilfeaktionen der Peläez. 14

154-158 32

Jaramillo

Carlos Materön nach dem "bataclän" und sein Verhältnis zu Carlina.

4.2 Episode über Carmelita und Betsabe.

158-159 33

1

159-161 34 161-164 35

9.3 Midita und Alberto im Hause. Episoden aus vergangenen Zeiten. 8

Gertrüdiz Potes bleibt den ganzen Tag zu Hause. Episoden aus ihrem Leben.

5

Die magischen Kräfte von Josefina Jarami1lo.

164-168 36 168-170

Anibal Lozano bleibt am Tage des "bataclän" in Erinnerungen versunken .

168

Nr . / Seite 37

KE

EM

1

3

FK

Inhaltsübersicht

2

Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Maria Luisa. Tagesverlauf von Melida.

15

Ankunft der Ingenieure in Dabeiba.

16

Die Peläez gehen zum Fluß; Chucho Zafra nutzt die Notsituation zum Wasserverkauf.

171-175 38 175-177 39

4

179-182 40

2

Melida versorgt Maria Luisa.

182-185 41

13.2 Ein Hubschrauber ist in Dabeiba gelandet. Die Einwohner laufen zusammen.

185-189 42

13

189-195 43

5.2 Josefina J. kündigt sie Ankunft des 2. Hubschraubers an. Rudesindo taucht wieder auf.

195-199 44

13

Die Einwohner von Dabeiba bereiten die Evakuierung des Orts vor.

2

Maria Luisa stirbt, während die Einwohner mit der Evakuierung beschäftigt sind.

199-210 45 210-216 46

Die Einwohner von Dabeiba versammeln sich auf dem Dorfplatz.

5

Beerdigung von Maria Luisa.

217-219 47 219-222 48 222-226

17

Evakuierung von Dabeiba. Der Priester Ocampo und der Kommandant bei ihrer Arbeit.

3 . 2 Alfonso Pineda bekommt einen Schlaganfall. Die Hunde der Gardeazäbals helfen beim Transport.

169

Nr . / Seite 49 226-229 50

KE

EM

1

5

FK

4.2 Carmelita L.kann sich nicht von ihrem Hotel trennen und packt wieder aus. 18

229-230 51

9

230-233 52 233-237 53 237-238 54

240-242 56

19

246-247 59 247

Die Nonnen trauen sich nicht, die Klausur zu verlassen.

12.2 Die Gardeazäbals beginnen die Evakuierung. Sie befürchten, Anibal zu begegnen. 7

Anibal reiht sich in die Evakuierung ein, immer noch in Erinnerungen an Ernesto versunken.

20

Ankunft eines Hubschraubers mit dem Journalisten Pardo Llada,der von der Evakuierung berichtet.

18

Hernancito R. stirbt, als er in das Dorf zurückkehrt, um weitere Schätze auszugraben.

244-246 58

Midita ist die erste,die ihr Haus verläßt. Erinnerungen.

5.2 Josefina Jaramillo bereitet sich zusammen mit Rudesindo auf die Evakuierung vor.

242-244 57

Hernancito Rodriguez nutzt die chaotische Situation,um Schätze zu suchen.

6.3 Baltazar wird Opfer der Volkshysterie. Als Daniel sein Haus anzündet , erschießt ihn der Kommandant.

238-240 55

Inhaltsübersicht

11.1 Melida kündigt das Ende von Dabeiba gemäß der Prophezeiung von Gumersindo an.

170

Teiltexte Teiltexte {1}

I

Teiltexte (1)

II

in Dab

Teiltexte [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11]

(2)

(3)

III

Abschnitte 1,

6,12,14 2 3 4 5 7 8 9 10 11 13

[11]

17 16 15 18 19 20 21 22 23

[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [12] [13] [14] [15]

25 37 26 32 28 29 33 35 34 27 30 31 38

[2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9]

Teiltexte in Dab 2 Teiltexte {1}

{2}

I

Teiltexte

II

Teiltexte

III

Abschnitte

(4)

[2] [5] [13] [16]

40, 45 43 41,42,44 39

(5)

[2] [3] [4] [5] [6] [7] [9] [11] [12] [17] [18] [19] [20]

46 48 49 53 52 56 51 59 55 47 50, 58 54 57

(3)

[9]

24

172

Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen Gliederung von Bl_ 1) {1}

Kommunikationsebene (KE) heterodiegetisch-auktorial/personal

2) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9)

Episodenmerkmale (EM) 1916 (eap) 1916-1931 (irnp) 1931-1940 (irnp) 1940-1942 (imp) 1942-1955 (irnp) 1955-1956 (irp) 1956-1957 (irp) 1957 (irnp) Erzählzeitpunkt (irp)

3) [1.1] [ 1.2] [1.3] [1.4] [1.5] [ 1.6] ] 1.7] [1.8] [ 1.9] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9]

Figurenkonstellationen (FK) Manuela Barona + Severo Tascón Marcianita Barona + Paulina Sarmiento Marcianita + Nemesio Rodríguez Marcianita + Bartolomé + Ramón Lucio Marcianita ohne Nemesio Marcianita + Inesita Marcianita + Andrés Bartolomé/Ramón Lucio + Pangloss/Gálvez Bartolomé/Ramón Lucio + Nemesio Jojoa Andrés Isaac Nessim Tille Uribe Inesita González Nina Pérez Chuchu Nemesio Jojoa Einwohner von Tuluá + Stute

173

Übersicht über die makrostrukturelle Gliederung von BI Übersicht über die makrostrukturelle Gliederung von B_I Nr. / Seite 1

KE 1

EM

FK

Inhalt sübersieht

1

1 .1

Schwangerschaft von Manuela Barona nach Beziehung mit dem Priester Severo Tascón.Geburt Marcianitas.

2-5

2

Geschichte des Spinnendresseurs Andrés bis zur lebensgefährlichen Verletzung bei eines Vorführung.

2

1.2

Paulina S. versucht Marcianita zu vernichten; deren Kindheit und Schulzeit .

3-9

3

Geschichte des Homosexuellen Isaac Nessim;seine Freundschaften mit Oscar Arias und Luby González.

3

1.3

Marcianita organisiert einen Basar und lernt Nemesio Rodríguez,den Vater der "idiotas" kennen.

3-7

4

Geschichte von Tille Uribe und dem Papageien Carlos; dessen unheilbare Erkrankung und Agonie.

7-29 2 30-42 3 43-67 4 68-79 5 80-104 6 105-115 7

4

116-146 8

1 . 4 Marcianita bekommt zwei behinderte (+5) Söhne (Bartolomé u.Ramón Lucio,die "idiotas");Rocio Geliebte Nemesios

3-5

5

5

1.5

5-9

6

147-157 9 158-181 10 182-191 11

6

192-214 12 215-223

6-9

Kandidatur von Inesita González als Schönheitskönigin; ihre plötzliche unheilbare Lähmung. Trennung von Nemesio und Marcianita;iErziehung der " idiotas"; Hei lung von Diego Hayer. Geschichte der wohlbeleibten und redseligen Nina Pérez; ihr plötzliches Verstummen und ihr Gesang.

1 . 6 Heilung von Inesita González durch ( + 5) die Wunderkräfte der "idiotas". 7

Geschichte der religiösen Eiferin Chuchu; ihr Kampf gegen den Aberglauben der Bewohner Tuluás.

174

Nr . / Seite 13

KE 1

EM

FK 7

224-244 14

5-9

1.7 Heilung von Andrés;Berichterstat( + 2 tung in den Zeitungen;Heilung des + 4) Papageien Carlos. 8

245-253 15

8

254-277 16 278-283 17 284-303

9

Inhaltsübersicht

Kindheit von Nemesio Jojoa;Sprengstoffanschlag auf die Basilika von Buga.

1 . 8 Streit um die Heilerfolge der "idiotas"; Kampagnen von Pangloss und Hurtado Gálviz. 9

Wiedererscheinen der rätselhaften Stute; Versuch, das Tier einzufangen.

1 . 9 Isaac N. wird nicht von der Melan( + 3 +cholie geheilt; Heilung von Nina 6 + 8) P.;Nemesio J. tötet die "idiotas".

175

Graphische Übersicht über die Abfolge der Teiltexte in BL 17

15

13

11

1 1916

1931

1940

1942

1955

55/56

1957

1957

Erz.Z.

176

Teiltexte Teiltexte (1}

I

Teiltexte

II

in Bl

Teiltexte

III

Abschnitte

(1)

[1.1]

1

(2)

[1-2] [2]

3 2

(3)

[1.3] [2] [3] [4] [5]

5 2 4 6 8

(4)

[1.4] [2] [3] [4] [5]

7 2 4 6 8

(5)

[1.5] [2] [3] [4] [5] [6] [8]

9 2 4 6 8 10 14

(6)

11-6] [3] [4] [6] [7] [8]

11 4 6 10 12 14

(7)

[1.7] [3] [4] [6] [7] [8]

13 4 6 10 12 14

(8)

[1.8] [3] [6] [7] [8]

15 4 10 12 14

(9)

[1.9] [3] [6] [7] [8] [9]

17 4 10 12 14 16

177

Abkürzungen

zur Übersicht

der makrostrukturellen

1)

Kommunikationsebenen

{1} {2}

homodiegetisch-auktorial/personal (1 .P.P1.)

{3}

heterodiegetisch-auktorial/personal

{4}

dialogisch (Theaterstück)

Gliederung

(KE)

homodiegetisch-auktorial/personal (1 .P.Sg.)

{5}

dialogisch (Interviews)

{6}

monologisch (Radioansage)

{7}

Dokumente

2)

Episodenmerkmale

(0)

Kommentare (zeitlich unbestimmt) (ianp)

(1) (2)

Zeit der "Violencia" (ca. 1950-1960) (ianp)

(3)

Feiern zum fünfzehnten Jahrestag der Revolution (1986) (erp)

3)

Figurenkonstellationen

[1] [2]

Jalisco

[3]

Familie O'Byrne

[4]

Dr.Ollano

(EM)

Studentenunruhen in Cali (1970-1971) (erp) (FK)

Teilnehmer an den Feiern zum Jahrestag

[5]

"autor-titiritero"

[6]

Interviewpartner des Literaturprofessors

von Til

178

Übersicht der makrostrukturellen Gliederung von Tit

Nr./ Seite (1) 1

KE

EM

FK

1

3

1

Spaziergang der Tanten Umaña zum Friedhof in Cali.

11-14

Inhaltsübersicht

2

7

2

Einladung zur Jahresfeier des 15. Todestages von Edgar Mejía Vargas.

3

3

3

Besuch des Ehepaars 0'Byrne in der psychiatrischen Anstalt, in der ihre Tochter untergebracht ist.

1

4

Die tägliche Berichterstattung von Mario F. Césped bei seinem Chef Dr.A.Ollano.

15

17-20 4 21-23 5

2

0

5

Der "autor-titiritero" kommentiert seine Rolle als Romanschriftsteller.

3

1

1

Totenwache des Vaters von Jalisco; Beerdigung bei Ausgangssperre.

2

0

3

Monolog Victorias in der psychiatrischen Anstalt.

5

2

6

3

2

Der Radiosprecher Jairo Gutiérrez kündigt die Übertragung der Feier zum 15.Jahrestag an.

2

0

3

Monolog Victorias vor dem Psychiater Dr.Gaviria.

3

2

4

Verleihung des posthumen Ehrendoktors an Santa Teresa durch den Dr. Ollano.

2

0

5

Reflexionen des "autor-titiritero" über das politische Engagement des Schriftstellers.

25-30 (2) 6 33-41 7 43 8 45-47 9

6.1 Interview des Gerichtsmediziners R.iLancheros über die Todesursache,, des gewaltsamen Todes von Edgar Ml

49-50 10 51-56 11 57-62 12 63-67

179

Nr . /

KE

EM

rK

Inhaltsübersicht

2

1

1

Jalisco erzählt vom Todestag seines Vaters und von seinen sieben Tanten.

5

2

Seite (3) 13 71-79 14 81-86 15

6.2 Interview einer Augenzeugin der Ereignisse vom 26.2.1971, Eudoxia Escobar.Hergang der Demonstration.

4

2

Theaterstück "Les voy a grtiar" über die Ereignisse von 1971.Erste Szene:Besetzung der Universität.

3

4

Dr.Ollano plant die Inszenierung des vorhersehbaren Todes seiner Frau.

2

3

Victoria über ihr Studium und die Vergewaltigung durch Soldaten bei der Besetzung der Universität.

87-92 16 93-100 17 101-108 18

6 . 3 Interview der Augenzeugin Luisa Caballero über die Vorfälle am 26.2.1971

5

109-116 19

2

0

5

Der "autor-titiritero" äußert sich zum modernen Roman, zu den Kritikern und zu den Erzähltechniken.

1

1

Jalisco erinnert sich an die Abfahrt aus Roldanillo und sein Pferd Campirano.

117-121 (4)20 125-131 21

5

2

2

0

3

Weigerung Victorias, das Gespräch mit dem Psychiater weiterzuführen.

3

2

4

Dr.Ollano organisiert Kurse für Damen der high Society und die "juegos panamericanos" in Cali.

2

2. Szene: Stürmung des Rektorats durch das Militär.

133-139 22

6.4 Interview einer Kommilitonin von Victoria (Dora Luz Botero) zu den Ereignissen am 26.2.1971

141-146 23 147-151 24 153-154

4

180

Nr. / Seite 25

KE

EM

5

2

2

0

5

Der "autor-titiritero" entwickelt seine Vorstellungen zur Funktion und Poetik des Romans.

1

1

Jalisco erzählt Dolores von seiner Jugendzeit bis zum Studium. Seine Begeisterung für Volleyball.

4

2

2

3. Szene: Soldaten versuchen in die Universität einzudringen.

2

0

3

Gedanken Victorias zur Politik und phallische Obsession.

5

Kommentierung des eigenen Romans und allgemeine Überlegungen zur Literatur, Kritik und Politik.

155-161 26

FK

6.5 Interview des Generals Jesús Oleazábal.Einschätzung der Personen Dr. Ollano und Edgar Mejia.

163-165 (5)27 169-175 28 177-178 29 179-184 30 185-187 31

3

2

4

Dr.Ollano versucht,seinen Kandidaten für den Dekansposten durchzusetzen . Protest der Studenten.

2

0

5

Der "autor-titiritero" spricht von der Arbeit als Literaturprofessor und von seinen Plänen.

7

2

4

Protokoll der Sitzung des "Consejo superior", auf der Dr.Olíanos Kandidat gewählt wird.

1

Jalisco erzählt von seinem Studium an der Universität in Cali und von seinen unpolitischen Interessen.

189-192 32 193-195 33 197-199 (6) 34

2

203-206 35

3

3

3

Das Ehepaar O 1 Byrne erfährt vom Selbstmord ihrer Tochter Victoria.

4

2

2

4.Szene:Die Soldaten stürmen die Universität. Sie stürzen sich auf Victoria.

207-213 36 215-216

Inhaltsübersicht

181

Nr. / Seite 37

KE

EM

FK

2

4

Dr.Ollano und Césped während der Studentenproteste;Eingreifen der Polizei.

2

5

Hergang der Ereignisse vom 26.2. 1971 aus der Sicht des "autor-titiritero" .

3

1

Jalisco befreit ein Mädchen von mehreren Soldaten. Er selbst wird von Soldaten eingekreist.

3

Das Ehepaar O'Byrne am 26.2.1971 unbesorgt trotz des Verschwindens ihrer Tochter Victoria.

4

2

Letzte Szene: ein Wächter berichtet die Vergewaltigung von Victoria durch die Soldaten.

3

4

Die letzten Stunden Dr.Olíanos vor seinem Abdanken.

3

217-225 38 227-231 (7) 39 235-239 40 241-244 41 245-247 42 249-252 43

7

Chronologischer Überblick über die Ereignisse vom 26.2.1971, zusammengestellt von Margarita Vidal.

253-256 44

3

1

Die Totenwache Jaliscos. Seine Beerdigung bei Ausgangssperre.

3

Der erste Besuch des Ehepaars O'Byrne in der psychiatrischen Anstalt.

2

Jairo G. berichtet weiter von den Festreden zum 15.Jahrestag der Ermordung Jaliscos.

257-261 45 263-265 46 267-269

6

Inhaltsübersicht

3

Teiltexte in Tit Teiltexte I

Teiltexte II

Teiltexte III

Abschnitte

{1}

(3)

[1] [4]

{2}

(0)

[3]

7,10,22,29

il)

[1] [5]

(2)

[1] [3] [5]

13,20,27 5, 12, 19, 26, 30, 32 34 17 38

(1)

[1]

(2)

[1] [3] [4]

(3)

[3]

(3}

1 4

6 3 9 , 44 4 0 , 45 11, 16, 23, 33, 3 7 , 42 3, 35

(4)

(2)

[2]

15, 24, 28, 36, 41

{5}

(2)

[6]

8,14,18,21,25

{ 6}

(3)

[2]

9, 46

{7}

(2)

[4]

3 3 , 43

(3)

[2]

2

183

Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen

Gliederung von LM

1) {1}

Kommunikationsebene (KE) homodiegetisch-auktorial (l.P.)

2) (1) (2) (3) (4) (5)

Episodenmerkmale (EM) 17.Jahrhundert bis 1910 (eanp) 1886-1914 (von der Geburt des Großvaters bis zu seiner Heirat) (irnp) 1910-1956 (irnp) 1940-1970 (bis zur "Revolution" in Kolumbien) (imp) nach der "Revolution" in Kolumbien (irnp)

3) Figurenkonstellationen (FK) [0] Familie Copete [ 1 ] Vorfahren der Copetes [2] Leonor Renault [3] José María Copete (Großvater der Erzählerin) [4] Emiliano Figueroa [5] Salatiel Bonilla [6] Großmutter der Erzählerin [7] Hilda [8] Felipe, Hilda Maria, Claudia [9] María [10] Josef ina [11] Zambrano [12] Caracoli [13] José María (Bruder der Erzählerin) [14] Mutter der Erzählerin [15] Daniel [16] Leonardo [17.1] Erzählerin [17.2] Erzählerin + Estanislaus [17.3] Erzählerin + López Fretes [17.4] Erzählerin + Gustavo [18] Belisario

184

Übersicht Nr . / Seite (1) 1

KE 1 .

der makrostrukturellen

EM 5

9-13 (2) 2

FK

1

5

18

1

2

Leben des Urgroßvaters Copete und seiner Frau Leonor Renault.

2

3

Geburt und Studium des Großvaters der Erzählerin, José Maria Copete.

5

0

Die Erzählerin kommentiert die illegalen Methoden der Bereicherung der kolumbian.Oligarchie.

1

1

Episoden aus dem Leben der früheren Vorfahren und des Großvaters.

5

0

Die offiziellen Versionen über das Zustandekommen der Reichtümer der Familie Copete.

1

2

Der Handel mit Reliquien der Urgroßmutter Leonor Renault.

18-19 5 20-24 (3) 6 25-26 7 26-27 8 27-28 9 28-31 10

4

3

40-42

Belisario,der Onkel der Erzählerin als Gewährsmann für die Informationen über die Familie.

3

Der Aufbau des Zuckerimperiums der Copetes durch den Großvater.

4

Der Bankrott von Emiliano Figueroa

37-40 12

Die ersten Vorfahren der Copetes im 17.Jahrhundert.

Die Reise von Mme Renault nach Paris und Rom.

31-36 (4) 11

Inhaltsübersicht

1

16-18 4

von LM

17 . 1Die Erzählerin im Exil in den USA beginnt die Familienchronik der Copetes nach deren Untergang.

15-16 3

Gliederung

185

Nr . / Seite 13

KE 1

EM

FK

3

5

Episoden über den Angestellten Salatiel Bonilla, der den Großvater unterstützt.

2

6

Eheschließung des Großvaters und der Großmutter.

3

7

Die Kinder der Großeltern: Hilda; deren Ehe; Maria.

4

8

Die Kinder von Hilda¡Felipe,Hilda Maria und Claudia.

3

9

Die Ehe von Maria; Abstand von den Angelegenheiten des Familienclans.

2

10

Der Großvater bemächtigt sich der Geige der Tante Josefina.

3

11

Rivalität des Großvaters mit der Familie Zambrano; Intrigen der beiden Clans gegeneinander.

12

Die Vernichtung des Dorfes Caracoli in der Zeit der "Violencia".

42—17 14 49-54 15 54-62 16 62-65 17 65-66 (6) 18 67-78 (7) 19 79-92 (8)20 93-99 21

7

Sterilisierung der Geliebten des Ehemanns von Hilda.

3

Der gescheiterte Versuch des Großvaters, die "Montes de Oca" erpresserisch zu erwerben.

99-104 (9) 22 105-109 23

11

Reise des Großvaters mit Zambrano nach Madrid. Im Wahnsinn tötet er den Psychiater Istarustra.

13

Die Familie der Erzählerin: ihr geistig behinderter Bruder José Maria.

110-117 24 119-122

4

Inhaltsübersicht

186

Nr./ Seite 25

KE 1 .

EM

FK

Inhalt sübers icht

3

14

Lebenslauf der Mutter der Erzählerin:Herkunft und Eintritt in den Clan der Copetes.

4

15

Nächtliches Liebesabenteuer des homosexuellen Bruders der Erzählerin, Daniel, in Lugano.

3

16

Krise des Clans, als der Onkel Leonardo seine Erbansprüche anmeldet .

4

15

Tod des Großvaters am Tage, als sein Enkel Daniel Gouverneur des Valle del Cauca wird.

122-131 (11)26 133-136 27 136-142 (12)28 143-151 (13)29

7

153-158 30 158-163 (14)31 165-168 32 169-175 (15) 33 177-181 34 181-185 (16) 35 187-190 36 190-194

Niedergang der Macht von Hilda und ihr gewaltsames Ende in Madrid.

17 .1 Arbeit der Erzählerin in der Zeitung der Copetes. 17 .2 Die Erzählerin lernt Estanislaus kennen. 17.3 Durch eine Intrige des Psychiaters Lopez Fretes kommt es zur Heirat der Erzählerin mit Estanislaus. 17.4 Die Erzählerin tritt über die Zeitung mit Gustavo und den Revolutionären in Verbindung. 17 . 1Die Erzählerin zieht sich von der Zeitung auf das Drängen ihrer Familie zurück. 0

Die Familie Copete engagiert sich im Rauschgifthandel/Korruption.

6/18 Der Tod der Großmutter und der Selbstmord von Belisario.

187

Nr . / Seite 37

KE 1

EM 4

194-202

FK

17 .4 Beginn der Revolution in Kolumbien (Besetzung von "La Ermita").

38

0

202-208

Maßnahmen der Regierung: Enteignung der Familie Copete.

17 . 1 Die Erzählerin wird beauftragt, eine Blumenmesse in Cali zu organisieren .

39 208-209 (18)40

0

211-213 41

Inhaltsübersicht

5

Das Ende der Familie Copete: die Erzählerin bringt Daniel aus dem Gefängnis zur Familie zurück.

17 . 1 Die Erzählerin muß aus Kolumbien fliehen.

213-215 42

0

215-216

Dorita Figueroa erzählt der Erzählerin vom Untergang der Familie Copete .

Teiltext I

Teiltexte II

Teiltexte III

Abschnitte

(1)

(1)

[1] [2]

(2)

[3] [6] [10]

(3)

[3] [4] [5] [7] [9] [11] [12] [14] [16]

(4)

10] [2] [7] [8] [13] [15] [17.1] [17.2] [17.3] [17.4] [18]

35,38,40 10 29 16 24 26,28 30,34,39 31 32 33, 37 36

(5)

[0] [17.1] [18]

6, 8,42 1,41 3

2,7 4, 9 5 14 18 11,22 12 13 15,21 17 19,23 20 25 27

188 Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen Gliederung von PB_ 1) {1}

Kommunikationsebene (KE) homodiegetisch-auktorial (1 .P.)

2) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18)

Episodenmerkmale (EM) 1926-1944 (eap) 1944-1946 (erp) 1946-1951 (irnp) 1952-1958 (erp) 1953-1961 (irp) 1960-1961 (erp) 17.3.1961-14.8.1962 (erp) 1962-1963 (erp) September 1964 erp) bis 16.6.1965 (irp) unbestimmt, nach (10) (irp) unbestimmt, nach (11) (irp) 1971 (irp) 1974 (irp) 1976-Februar 1978 (eanp) 1978, nach (15) (irp) unbestimmt, nach (16) (irp) unbestimmt, nach (17) bis zum Erzählzeitpunkt (irp)

3) [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15]

Figurenkonstellationen (FK) Pepe Botellas (PB) + Familie + Erzähler PB beim Sender CMQ PB + Chibás PB + Sánchez Arango PB + kubanische Revolutionäre PB + Doktor Mañac PB + Roberto Cruz PB + Vidales PB + Familie Copete PB + Schönheitswettbewerb PB + Caycedo PB + Brillenbank PB + Stierkampf PB + "Aposento" PB + Rengifo

[16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [321

PB + Pachecho PB + "América" PB + Mazamorra PB + "Tobías Emanuel" PB + "Siloé" PB + "Ballet de la Salsa PB + Bingo PB + Jovita Feijoo PB + "Semana" PB + Rosita Linares PB + Mark Spitz PB + "Sancocho" PB + Josefina PB + Kindergarten PB + Landazábal PB + "Disneyland" PB + Julio Iglesias

189

Übersicht Nr./ Seite (1)1

KE 1 .P .

der makrostrukturellen

FK

1

1

Kindheit u.Jugend von José Maria Valladares ("Pepe Botellas"),von Memito Glostora erzählt.

2

2

Pepe Botellas wird Radiosprecher beim CMQ in La Habana. Affären machen ihn schnell bekannt.

3

Zusammenarbeit mit Chibas beim Sender.

25-30 3 30-32 (3) 4

3

4

Kampagne gegen den Erziehungsminister Sánchez Arango; Tod von Chibás.

4

5

Erstes Exil von Pepe. Kontakt mit den kubanischen Revolutionären.

5

2

Pepes Tätigkeit beim CMQ nach der Revolution.

6

Kampagne gegen den Doktor Mañac und die bürgerlichen Kreise in La Habana.

6

7

Ermordung von Roberto Cruz und Pepes flucht aus Cuba.

7

1

Stationen von Pepes Exil: México, Madrid,Paris,Paraguay,Caracas, Cali.

8

8

Pepes Anfänge in Cali Unterstützung durch den Exil-Kubaner Vidales.

9

Pepe beginnt bei der Zeitung der Familie Copete.

5 41-44

53-58 (5) 7 67-72 8 72-75 (6) 9 83-93 (7) 10 99-106 (8) 11 111-113 12 113-115

Inhaltsübersicht

Zusammenarbeit und Rivalität von Pepe und Chibás.

37-41

(4) 6

von PB

EM

13-18 (2)2

Gliederung

190

Nr. / Seite 13

KE 1

EM

FK

8

10

Pepes Berichterstattung über den Schönheitswettbewerb.

11

Konflikt mit der Konkurrenz der liberalen Presse der Caycedos.

12

Pepes erste Bürgerinitiative :leine Brillen-Bank für Bedürftige.

13

Pepe entdeckt den Stierkampf als werbewirksame Aktion und recherchiert .

14

Sammlung für den "Aposento"

15

Durchführung der Stierkampftage trotz des Widerstandes von Doktor Rengifo.

16

Zusammenarbeit Pepes mit Pachecho und öffentliche Darbietung eines Boxkampfes zwischen ihnen.

17

Pepe unterstützt den Fußballclub "América" mit seinem Rundfunkprogramm .

18

Bürgerinitiative für den blinden Bettler Mazamorra.

19

Organisierung eines Sympathiemarsches zur Unterstützung des Behindertenheims "Tobias Emanuel".

9

Konflikt mit den Copetes wegen der Berichterstattung Landazábals über das Ereignis.

115-117 14 117-121 131-135 15 135-139 (10)16

9

151-154 17

Inhaltsübersicht

154-156 18 156-161 (11) 19

10

173-178 20 178-181 (12)21

11

195-200 22 200-202 23 202-204 (13)24 213-218

12

20

Pepe initiiert und fördert den Bau der Armenschule von Siloé.

191

Nr . / Seite 25

KE 1

EM 12

FK

Inhaltsübersicht

21

Pepe organisiert das "Ballet de la Salsa" .

22

Pepe organisiert ein Bingo zur Finanzierung eines Krankenhauses im Armenviertel.

23

Pepe organisiert ein spektakuläres Begräbnis für die ehemalige Schönheitskönigin Jovita Feijoo.

24

Pepe übernimmt die Leitung der Zeitschrift "Semana".

25

Pepe hilft der Sängerin R.Linares, die ihm zur kolumbianischen Staats bürgerschaft verhilft.

26

Pepe initiiert den Bau eines Schwimmbads und lädt Mark Spitz zur Einweihung ein.

27

Pepe organisiert das Festival des "Sancocho" .

28

Pepes Beziehung zu Josefina; ihre Lebensgeschichte und ihre schleichende Krankheit.

29

Beschaffung einer alten DC-4-Maschine für einen Kindergarten. Pepe kandidiert für den Senat.

30

Rivalität zwischen Pepe und Landazäbal bei den Wahlen. Landazäbal gewinnt die Wahlen.

31

Pepe organisiert eine Reise für Kinder nach "Disneyland".

32

Pepe organisiert ein Weihnachtsfest für Frauen und lädt Julio Iglesias dazu ein.

218-222 26 222-225 (14)27

13

237-246 28 246-248 (15) 29

14

259-264 30 264-267 31 267-268 (16) 32

15

277-283 33 283-290 (17)34

16

299-303 35 303-309 36 309-311

192

Nr. / Seite (18)37

KE 1

EM

FK

Inhaltsübersicht

17

30

Pepe schaltet seinen Rivalen Landazábal aus und wird ins Parlament gewählt.

18

17

Pepe verliert seine Sympathien in Cali beim Fußballclub "América" u. bei den Frauen.

1

Pepes Versuch, Präsident von Kolumbien zu werden. Ermordung durch den Erzähler.

321-329 (19) 38 337-341 39 341-344

Teiltexte in PB Teiltexte {1}

I

Teiltexte (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8)

(9)

(10) (11)

(12)

(13) (14)

(15) (16)

(17) (18)

II

Teiltexte [1] [2] [3] [3] [4] [5] [2] [6] [7] [1] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [9] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] [30] [17] [1]

III

Abschnitte 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

194

Abkürzungen zur Übersicht der makrostrukturellen Gliederung von Div 1) {1} {2} {3.1} {3.2} {3.3} {3.4} {3.5}

Kommunikationsebenen (KE) heterodiegetisch-auktorial/personal (nachzeitig) heterodiegetisch-auktorial/personal (zeitlich unbestimmt) Gebete Ciprianos Dialoge Tagebuch von Brunilda Borja Aufzeichnungen von Ebelina Borja Aufzeichnungen von Ceres Borja

2) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (0)

Episodenmerkmale (EM) Vorgeschichte (irnp) Mittwoch (eap) Donnerstag (erp) Freitag (erp) Sonnabend (erp) Sonntag (erp) zeitlich unbestimmt (ianp)

Figurenkonstellationen (FK) 3) 1 Mauro [1.1} Mauro/Vater von Mauro [1.2] Eurípides [1.3} Héctor Aquiles [1.4] Agripina/Cicerón [1.5] Dioselina/Diego/Deyanira/Mikima 2 Ecce-Homo-Gemälde [2.1] Rafael Urriago findet das Gemälde [2.2] Heilungen durch das Gemälde [2.3] Prozession und Feiern zu Ehren des Gemäldes 3 Melba/Chuma [3.1] Melba/Chuma [3.2] Melba/Doktor [3.3] Chuma/Rosalbina [3.4] Melba/Ceres [3.5] Melba/Chuma/Brunilda Ceres/Héctor 4 [4.1] Mauro/Borjas/Ceres/Héctor [4.2] Ceres/Héctor [4.3] Ceres/Ebelina

195

5

[5.1] [5.2] [5.3] [6] 7 [7.1] [7.2]

Cipriano Cipriano/Gott Cipriano/Ecce-Homo-Gemälde Cipriano/María Brunilda Ceres Ceres/Leser Ceres/Spiegel

Übersicht über die makrostrukturelle

Nr . / Seite 1

KE 1

EM 1

15-17 2

2

3.1 Melbita und Chuma kommentieren die Ankunft des göttlichen Mauro zu den Feierlichkeiten in Ricaurte.

3.2

0

5 . 1 Cipriano bittet Gott, Mauro von der Homosexualität zu befreien.

1

2

1 .2 Eurípides Romero hilft Rosalbina bei den Vorbereitungen für die Beherbergung Mauros.

4

1 . 3 Ankunft von Epifanía mit ihrer Tochter Benedicta und deren Verlobten Héctor A. in Ricaurte.

3.4

0

4 . 3 Ebelina macht ihrer Schwester Prophezeiungen aufgrund von biorhythmischen Berechnungen.

3. 1

2

3.2 Telephonat Melbas mit dem Doktor; Vorbereitungen für das Fest.

24-26 5 26-31 6 31-34 7 34-35 8 35-38 9

3.3

6

38-39 10

1

1

39-40 11

46-50

1

Brunilda Borja notiert in ihrem Tagebuch die Ankündigung der Ankunft Mauros zur Feier.

'1.4 Lebensgeschichten und Reisevorbereitungen von Cicerón Oviedo; Agripina und Teodolindo. 7 .1 Ceres Borja beschreibt die Tradition der Ecce-Homo-Feiern in Ricaurte .

3.5

44-46 12

1 . 1 Der junge Mauro Quintero rettet seinen Vater bei einem Unfall-Ankündigung seiner Teilnahme am Fest

3 .1

20-24 4

Inhaltsübersicht

2 .1 Fund des "Ecce-Homo"-Gemäldes und Etablierung des Festes zu Ehren des "Göttlichen".

17-20 3

FK

Gliederung von Div

3

1 .5 Vorbereitungen in Ricaurte:Dioselina,Verkäuferin;Diego,Devotionali enhär.-.i . er;Deyanira,Lehrerin.

197

Nr./ Seite 13

KE 1

EM 1

50-55 14

2

2

3.3 Gespräch zwischen Chuma,Rosalbina und Euripides über Mauro und die Vorbereitungen zum Fest.

3.2

0

5.1 Wiederholung der Bitte von (4); Selbstbezichtigungen Ciprianos.

1

2

60-62 17

1 . 1Werdegang des Mauro Quintero vom Busfahrergehilfen bis zum reichen Rauschgi fthändler.

3 .1

57-60 16

62-66 18

1 .2 Euripides bereitet Mauros Gastzimmer vor; Erinnerungen an sein erstes Abenteuer mit Oriön. 1.3

66-70 19

3.1

3.3

3

1

1

1.4 Ciceröns unglückliche Ehe und Agripinas Sorgen um Bill.

3.5

3

7 .1 Ceres notiert Prophezeiungen über das bevorstehende Fest.

74-75 21 75-81 22 82-83 23 83-86 24 86-89

Ankunft von Epifania,7Hector A. und Benedicta in Ricaurte bei den Borjas.

3.4 Gespräch zwische Ceres, Melba und Ebelina über die Unterbringung Mauros.

71-74 20

Inhaltsübersicht

2.2 Die bisherigen Wunderheilungen des "Ecce-Homo"-Gemäldes gemäß der Aufzeichnungen der Kirche.

55-56 15

FK

1

6

Brunilda notiert die Stimmung in Ricaurte bei der Ankunft Mauros.

1 . 5Ankunft Mauros im Hubschrauber aus der Sicht des Schwarzen Mikima; dessen Lebensgeschichte. 1 . 1Ankunft Mauros aus der Sicht' Mauros; triumphaler Einzug in Ricaurte und Empfang durch Cipriano.

198

Nr . / Seite 25

KE

EM 0

2.3 Darstellung des Ablaufs der Feierlichkeiten in Ricaurte.

3 .1

3

3.5 Gespräch zwischen Melba,Chuma, Brunilda und einem Leibwächter Mauros über dessen Ankunft.

91-96 27

3.2

5 .1 Cipriano bittet weiter um Gnade für Mauro; Wundermittel zur Heilung .

1

1.2 Ankunft Mauros aus der Sicht von Euripides; Begrüßung und Verführung .

3.4

4 . 3 Ebelina prophezeit Ceres die Begegnung mit Mauro.

1

1 . 3Ankunft Epifanías bei den Borjas; Ceres verführt Héctor;Ankunft Mauros bei den Borjas.

3.1

4.1 Gespräch zwischen Mauro,den Borjas und Héctor; Ceres liest Héctor aus der Hand.

96-97 28 98-101 29 ioi 30 102-105 31 106-110 32

3.3

110 33

117-121 36 121-124

6

Brunilda kommentiert im Tagebuch die Ankunft und den Besuch Mauros.

1 . 4Ankunft der Familie Urzüa bei Melba; Ankunft und Empfang von Cicerón 0. in Ricaurte.

3.5

7.2 Selbstgespräch von Ceres vor ihrem Spiegel; Vorahnungen betreffs der Begegnungen mit Mauro und Héctor.

1

1.5 Auseinandersetzung zwischen Dioselina und dem Verrückten César A.; dessen Lebensgeschichte.

115-116 35

4

1

110-115 34

Inhaltsübersicht

2

90-91 26

FK

1 . 1Die Feier beginnt in der Kneipe von Toño. Ansprache Mauros. Wahl der Liebhaber für die Nacht.

199

Nr . / Seite 37

KE

EM 0

2 . 3 Beschreibung des Ablaufs der Feierlichkeiten des "Ecce-Homo"-Gemäldes in Ricaurte.

3.1

5

3.1 Melbita und Chuma stellen Vermutungen über Mauro und den Sohn von Cipriano an.

126-129 39

3.2

5.2 Ciprianos Abbitte an den Ecce Homo zur Einwirkung auf Mauro.

1

1.2 Eurípides am Morgen nach der Liebesorgie mit Mauro.

129-131 40 131-134 41

1.3 Liebesnacht von Ceres B.und Héctor Aquiles.

134-138 42

4.2 Gespräch zwischen Ceres und Héctor während der Liebesnacht.

3.1

138-141 43

3.3

6

141 44

3.4

6

4 . 3Berechnung des Biorhythmus von Ceres und Héctor durch Ebelina.

3.5

5

7 .1 Ceres weissagt mit Tarot-Karten die Zukunft Mauros.

146 46 146-148 47 148-152 48 152-156

Brunilda notiert am Morgen nach der Orgie ihre Verwünschungen.

1 . 4Aufwachen verschiedener Paare nach der Liebesnacht.

1

141-145 45

Inhaltsübersicht

2

124-126 38

FK

1

1.5 Diego 0. im Streit mit Troilo; dessen Lebensgeschichte; Dioselina und César A. weiter im Streit. 1 .1 Mauros Überlegungen über Macht, Liebe und Freiheit nach der Nacht mit Bill Urzúa.

200

Nr . / Seite 49

KE 2

EM 5

156-159 50

3.2

5.2 Gebet Ciprianos zur Erlösung von Mauro; Anspielung auf Abrahams Opferung von Isaac.

1

1 .2 Ankunft von Hermes, Julio César u. Virgilio, drei Homosexuellen aus Tuluá.

164-167

1 . 3Aufmarsch der Borjas bei den Feierlichkeiten. Ebelina und Lucrecia

53 167-171 54

3. 1

4.2 Gespräch zwischen Ceres und Héctor über den Brandmeister Orbein S. u. die sexuelle Initiierung.

172-175 55

3.3

6

175 56

1.4 Das Wunderwerk des Göttlichen geschieht an Agripina:sie erkennt, warum Teodolindo erkrankt ist.

3.5

4.2 Weissagungen von Ceres für Héctor Aquiles.

1

1.5 Dioselina schreibt an Mauro; Auseinandersetzung mit César A.; Mauro besucht Dioselina.

178-180 58 180-183 59

1 . 1Treffen Mauros mit Dioselina aus der Sicht Mauros.

183-187 60 187-189

Verwünschungen des falschen "Göttlichen" und Bekenntnis zum Wahren.

1

175-178 57

2 . 3 Beschreibung des Ablaufs der Feier (Fortsetzung); Aufgabe der Apostel. 3.1 Gespräch zwischen Melbita und Chuma über die Liebesaffären von Mauro.Erwartung des Doktors.

162-164 52

Inhaltsübersicht

3.1

159-162 51

FK

2

0

2 . 3 Beschreibung der Prozession und der Orchideen sowie deren Heilkräfte .

201

Nr . / Seite 61

» 3. 1

EM 5

189-191 62

3.2

1

64

1 . 3 Héctor wird zu Mauro gebracht;Cicerón schenkt Ebelina einen Computer ;Erwartung eines Wunders.

198-201 3 .1

4.2 Ceres und Héctor sprechen über den politischen Einfluß von Mauro und die Beziehung von Mauro und Héctor

202-204 66

3.3

6

204 67

1

7.2 Ceres prophezeit ein blutiges Ende des Festes.

1

1 .5 Feierlichkeiten am Sonntag aus unterschiedlicher Sicht (Dioselina, Diego,Mikima,Troilo, Osiris) .

3.4

4 . 3 Ebelina im telepathischen Gespräch mit Ceres berechnet den Biorhythmus von Héctor,Mauro und Ceres.

1

1.2 Die Prozession mit dem Gemälde zieht durch Ricaurte bis vor Rosalbinas Haus.Die Wunden bluten.

210-213 70 213-214 71 214-217 72 218-219

Verwünschungen Brunildas wegen Mauros Einfluß.

3.5

208-210 69

6

1 . 4 Beginn der sonntäglichen Prozession mit dem "Ecce-Homo"-Gemälde; aus der Sicht Agripinas u.Ciceróns

204-207 68

3.2 Gespräch zwischen Melbita und dem Doktor über Mauro, den Drogenhandel und Politik.

1.2 Virgilio u.a. Homosexuelle aus Tuluä verführen den Sohn von Cipriano .

193-198

65

Inhaltsübersicht

5 .1 Cipriano bietet seinen Sohn als Opfer, um Mauro von der Homosexualität zu befreien.

191-193 63

FK

2

0

2 . 3 Beschreibung der Prozession bei den Feierlichkeiten in Ricaurte.

202

Nr . /

73

KE

EM 5

3 . 2 y.elbita und der Doktor über die Korruption und den Drogenhandel in Kolumbien.

3.2

6

5 . 3 Gebet an die Jungfrau Maria zur Errettung von Mauro.

222-224 75

1

224-227 76

231-233

1 . 1 Vorbereitungen auf das Treffen von Mauro mit dem Sohn von Cipriano und Hector. Mauro entledigt sich des Sohns von Cipriano und verbringt die Nacht mit Hector.

228-231 77

Inhal"sübersieht

3. 1

219-222 74

TV

3 .1

4 . 3 Gespräch zwischen Ebelina und Ceres über die Umstände des gewaltsamen Todes des Sohns von Cipriano

Teiltexte in Div Teiltexte •1)

I

Teiltexte (1) (2) (3)

(4)

(5)

(6)

II

Teiltexte [1 1] [1 4 ] [2 1 ] [1 2 ] [1 3] [1 1] [1 2 ] [1 3] [1 5] [1 1] [1 3] [1 4] [1 5] [1 1] [1 2 ] (1 3] [1 4] [1 5] [1 1] [1 2] [1 4 ] [1 5]

III

Abschnitte 1,13 10,21 2 5 , 17 18 24 28 30 12, 23 36 6 33 35 48,59 40,52,63 41,53,64 44, 56 4 7 , 58 75, 76 71 67 69

{2}

(1) (5) (0)

[2 [2 [2

2] 3] 3]

14 49 25,37,60,72

{3.1}

(2)

[3 [3 [3 [3 [3 [4 [3 [3 [4 [4

1] 2] 3] 4] .5] -1] .1] .2] .2] • 3]

3 8 15 19 26 31 38, 50 61,73 42,54,65 77

(3) (5) (6)

Teiltexte in Div 2

Teiltexte (3

2}

I

Teiltexte

II

Teiltexte

III

Abschnitte

(6)

[5 [5 [5 [5

1] 1] 2] 3]

27 62 39, 51 74

(0)

[5

1]

4,16

(3) (5)

{3

3}

(2) (3) (4) (5) (6)

{3

4}

(3) (6) (0)

[4 [4 [4

3] 3] 3]

29 45,70 7

{3

5)

(1) (3) (4) (5)

[7 [7 [7 [4 [7 [7

1] 1] 2] 2] 1] 2]

11 22 34 57 46 68

(6)

[6] [6] [6] [6] [6]

9 20 32 43, 55 66

205

Anmerkungen 1. 1.1.

Vorüberlegungen Problemstellung

1 Diese Klassifizierung nimmt Ayala Poveda (1984:349f.) vor. Nicht zu verwechseln mit dieser Bezeichnung ist die »novela testimonio«, wie sie z.B. von Miguel Baniet (1979) beschrieben wird. Dennoch finden sich Überschneidungen, wie sich bei der Rekonstruktion des Erzählkonzepts und dem Vergleich mit anderen Erzählkonzepten zeigen wird (vgl.3.1.3). Zum Begriff der »novela testimonio« vgl. auch Meyer-Minnemann (1986). 2 »La tara del papa« (1971) (TP) »Cóndores no entierran todos los días (1972) (Cond) »Dabeiba« (1972) (Dab) »El bazar de los idiotas« (1974) (BI) »El titiritero« (1977) (Tit) »Los míos« (1981) (LM) »Pepe Botellas« (1984) (PB) »El Divino« (1986) (Div) »El último gamonal«, erschienen im November 1987, konnte nicht mehr in dieser Untersuchung berücksichtigt werden, da sie zum Zeitpunkt des Erscheinens schon zu weit fortgeschritten war.Ein Frühwerk des Autors, »Piedra pintada« von 1965 ist nur in beschränkter Auflage erschienen und war dem Vf. nicht zugänglich. Der Autor hat sich von diesem Werk, das ihm den Verweis von der »Universidad Pontificia Bolivariana« in Medellin einbrachte, distanziert. Die hier angegebenen Datierungen entsprechen dem Erscheinungsjahr, während sich die Jahreszahlen in der Bibliographie auf die zitierte Ausgabe beziehen. Die Kürzel finden im folgenden Verwendung beim Hinweis auf die jeweiligen Romane. 3 Es handelt sich um die Sammlung »Cuentos del parque Boyacá«, die, ehe sie 1978 unter diesem Titel veröffentlicht wurde, verschiedene Titel und Zusammenstellungen von Kurzgeschichten aufwies. Die erste Ausgabe, die 1972 in Bogotá erschien, enthielt außer der Titelgeschichte »La boba y el Buda« vier weitere Erzählungen, von denen zwei nicht in die zweite Ausgabe von 1975, die insgesamt neun kürzere »cuentos« und die »novela corta« »La boba y el Buda« umfaßt, aufgenommen wurden. Es handelt sich dabei um die später zum Roman erweiterte Erzählung »El bazar de los idiotas« und »El pañuelo de Remigio«, die thematisch nicht in die Sammlung paßte. 4 Der Roman »C6ndores.no entierran todos los días« zählte 1984 bereits »15 ediciones y 11 piratas« (Interview mit Gustavo Alvarez Gardeazábal in »El Mundo«, Medellin, 16.6.1984). »El Divino« erreichte in sieben Monaten sechs Auflagen. 5 Zu der internationalen Anerkennung gehört die Verleihung verschiedener internationaler Preise an den Autor sowie die umfangreiche wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Werk in den Vereinigten Staaten (s. Williams 1977a:lf.). 1985 bekam Gustavo Alvarez Gardeazábal das Guggenheim-Stipendium.- In deutscher Sprache liegen die Erzählung »Ana Joaquina Torrentes« in der Anthologie »Guerrilla-Erzählungen aus Kolumbien« von Rainer Schultze-Kraft (1969) und »El Divino« in einer Ubersetzung von Gerd Büntzly unter dem Titel »Der Göttliche« vor (Berlin:Bruno Gmünder, 1988). 6 Bei fast jedem Roman kam es zu heftigen Reaktionen: wegen Cond wurde dem Autor ein Prozeß gemacht; Studenten verbrannten Tit\ BI war zunächst in Spanien verboten; die Veröffentlichung von LM hatte berufliche Konsequenzen für den Autor.

206

7 In diesem Zusammenhang sind besonders die Arbeiten »Novelística de la Violencia en Colombia« (1970) und das »Manual de crítica literaria« (1981) zu erwähnen. Außerdem hat Gustavo Alvarez Gardeazábal zahlreiche Aufsätze zu literarischen Themen veröffentlicht. Schließlich ist der Umstand, daß der Autor zehn Jahre lang als Literaturprofessor an den Universitäten Pasto und Cali tätig war (1970-1980) nicht ohne Belang. 8 Die erste das ganze Werk umfassende Studie ist die von Vélez Correa (1985), die jedoch Fragen der narrativen Technik nur am Rande und nicht mit der wünschenswerten methodischen Klarheit behandelt. 9 Vgl. Luchting (1977:162) und Williams (1977a:lf.). Auch Janik (1985:120) weist auf die Fruchtbarkeit von Untersuchungen zur Erzähltechnik bei Werken der neueren hispanoamerikanischen Erzählliteratur hin. lODer Begriff »Erzählkonzept« wurde von Kahrmann (1981) übernommen, wo er allerdings etwas abweichend bestimmt wird: »Den Entscheidungszusammenhang, auf den Erzählvorgang und erzähltes Geschehen zurückgehen nennen wir Erzählkonzept.«(S.131)- Aus dem vorher Gesagten wird ersichtlich, daß Fiktionalität und Literarität als zwei unterscheidbare Qualitäten von Erzähltexten angesehen werden (vgl. Searle 1975; Mignolo 1980-81 u. 1984). 11 Das Erzählkonzept beschreibt in produktionsästhetischer Perspektive gewissermaßen die dem konkreten Text(korpus) inhärente Poetik. Damit soll der Unterschied zu Konzeptionen markiert werden, die die narrative Technik zur Rekonstruktion einer »Metaphysik« des Romanwerks benutzen, wie etwa Sartre (1947) oder Friedemann (1965). 12 Eine kritische Würdigung strukturalistischer, textgrammatischer und kommunikationstheoretischer Forschungsansätze liefert Sparmacher (1981). 13 Versuche einer umfassenden Konzeption, aber mit unterschiedlichen theoretischen Voraussetzungen (kommunikationstheoretischen bzw. textgrammatischen), liegen bei Lintvelt (1981) und Prince (1982) vor. Mignolo (1980-81) hat Vorschläge zur umfassenden Beschreibung der Erzählerinstanz auf der Grundlage der Faktoren der »enunciación« gemacht, an die sich diese Untersuchung hauptsächlich anlehnt. In keinem mir bekannten Fall ist aber bisher der Versuch unternommen worden, das inzwischen formal und theoretisch »ausgereifte« Modell an dem Textkorpus eines Autors zu erproben. 14 Grundlage der Untersuchung ist das Kommunikationsmodell für literarische Texte, das im folgenden dargestellt wird. Die Beschreibung der Einzelgesichtspunkte der narrativen Technik stützt sich dann auch auf Ergebnisse strukturalistischer Ansätze (insbesondere Genette 1972 und de Toro 1986 betreffs der Zeitstruktur) und pragmalinguistischer Forschungen (betreffs der Figurenerwähnung und des situativen Kontextes der Erzählsituation). Ausgeschlossen aus der Untersuchung bleiben thematische Aspekte, wie etwa die Darstellung der »Funktionen« im Sinne von Bremond (1973). Zuletzt hat Genette (1983) auf die Trennung der »narratologie« in »analyse thématique« und »analyse modale« hingewiesen. Die erstere betrifft die Analyse der »histoire«, die zweite die Analyse des »récit«. Diese Untersuchung versteht sich also als »analyse modale« bzw. als Beschreibung der »enunciación« im Sinne von Mignolo (1980-81). Eine Integration beider Bereiche, wie sie Stanzel (1979) für wünschenswert erachtet, ist hier nicht beabsichtigt. Für die Behandlung der thematischen Aspekte eines Romanwerks bietet das Erzählkonzept aber gewissermaßen die Grundlage (vgl. Janik 1973; Mohr 1985).

1.2. Erzähltheoretische

Grundlegung

1 Des weiteren sind die Darstellungen von Kahrmann (1981); Link (1980); Waldmann (1976) berücksichtigt worden und einzelne Vorschläge in die Modellierung eingegangen. Zu den Divergenzen und Ergänzungen in den Modellierungen und der hier bezogenen Position geben die folgenden Ausführungen die nötigen Erläuterungen.

207

Vielleicht ist es angebracht, an dieser Stelle auf der Formulierung des Titels »Narrative Technik« im Gegensatz zu »Die narrativen Techniken« zu insistieren, um klarzustellen, daß kein Anspruch auf Vollständigkeit der Beschreibung erhoben wird. 2 Dies im Unterschied zu Stanzel (1955,1964,1979) und zu Schmid (1973). Stanzel (1979) unterscheidet auktoriale, personale und Ich-Erzählsituation. Zur Kritik dieser Triade, s. Meyer-Minnemann (1984). Schmid möchte diesen Ausdruck für die Opposition zwischen »personne« und »non-personne« als fundamentalster Unterscheidung reservieren, während er die Perspektive (»auktorial« vs. »personal«) als »Darbietungsformen« (Schmid 1973:28) einstuft. Auch wenn es zutrifft, daß die beiden Unterscheidungen auf unterschiedlichen Begriffsebenen anzusiedeln sind, erweist sich gerade ihre unaufhebbare Kombination als fundamentales Charakteristikum einer Erzählsituation. Das Argument der relativen Konstanz der Ich-Er-Opposition in einem Romantext im Gegensatz zu den Schwankungen der Perspektive kann angesichts der modernen Romanpraxis nicht aufrechterhalten werden. 3 Dieser Gesichtspunkt deckt sich nicht mit dem der »Intertextualität«, jedenfalls dann nicht, wenn man ihn so eng faßt wie Schmid (1983). Vgl. die Ausführungen in Abschnitt 3.1.3.. 4 vgl. Schmid (1986:303): »Der abstrakte Autor ist das Bild, das sich der konkrete Leser bei der Vereinigung aller Bedeutungen des Werks vom konkreten Autor macht.« 5 Über die Konzipierung der Erzählerebene als dialogisch oder monologisch gehen die Meinungen auseinander: Schmid (1973,1986) insistiert auf dem Projektionscharakter der Adressateninstanz (1973:28f.; 1986:309), demzufolge ihr keine prinzipielle Autonomie von der Erzählerinstanz zukomme. Dagegen schreiben ihm Harweg (1979:112,Anm.l), Lintvelt (1981:23) und MeyerMinnemann (1984:12,Anm.l6) eine gleichwertige, unabhängige Position zu, da die Ebene K-3 insgesamt in der Intentionalität des abstrakten Autors begründet ist. Auch wenn die literarische Tradition nur wenige Beispiele für die dialogische Gestaltung der Erzählerebene aufweist, zeigen die in den Untersuchungen zum Erzählen in der 2. Person (Meyer-Minnemann 1984; Mignolo 1980-81; Martín Morán 1982/85) aufgezeigten kommunikativen Beziehungen die prinzipielle Möglichkeit des Sprecherwechsels auf der Ebene K-3 mit aller Deutlichkeit.- Die fundamental dialogische Beziehung der Instanzen der Ebene K-3 schließt natürlich nicht den Fall aus, daß der Erzähler sich an sich selbst wendet, Erzähler und Adressat also dieselbe Person sind (vgl. Benveniste 1970:16). Zur Typologie des Adressaten, vgl. Prince (1973). 6 Zur Unterscheidung der Erzählerposition nach Identität und Nicht-Identität der Seinsbereiche (Erzählvorgang vs. erzählte Welt) hat Genette darauf hingewiesen, daß für die texttypologische Differenzierung nicht die Verwendung der grammatischen Person ausschlaggebend ist, sondern die Frage »de savoir si le narrateur a ou non l'occasion d'employer la première personne pour désigner l'un de ses personnages« (Genette 1972:252). Aus diesem Grund wandelt er die herkömmliche Ich-Er-Typologie in ein Viererschema ab, in dem »niveau« (extradiegetisch und intradiegetisch) und »relation« (heterodiegetisch und homodiegetisch) unterschieden werden. Weist der Erzähler auf sich in seiner Eigenschaft als Erzähler, so gebraucht er in jedem Fall die erste Person (bis auf einige Sonderfalle), ohne daß deswegen die Erzählsituation schon homodiegetisch ist.- Die Klassifizierung der Erzählung in der 2.Person als »heterodiegetisch« von Genette (1983:92) läßt sich nicht aufrechterhalten. Erste und zweite Person werden hier vielmehr zusammengefaßt als »personne«. Ausschlaggebend ist wiederum nicht die grammatische Person, sondern die Identität oder Nicht-Identität der Instanzen der Ebene K-3 und der Ebene K-4. Da die 2.Person auf der Ebene K-3 gleichberechtigt neben oder statt der 1.Person auftreten kann, muß auch bei Verwendung der 2.Person von einer homodiegetischen Erzählsituation gesprochen werden (vgl. Meyer-Minnemann 1984:9; Martín Morán 1982/85:38). 7 Deiktische Ausdrücke, die auch in »personalen« Text(abschnitt)en auftreten, beziehen sich auf das Ich-Hier-Jetzt der Figuren (»heute« mit Tempora der »erzählten Welt« etc.).- Zur Zugrundelegung einer zweigliedrigen Typologie unter Ausschluß des Typs »neutre« bei Lintvelt, vgl. Meyer-Minnemann 1984:1 l,Anm,14).

208

8 Vgl. Mignolo 1980-8 l:98f. - Andererseits kann, wie erwähnt, die Ebene K-3 auch durch mehrere Erzählerinstanzen besetzt sein und auf diese Weise eine »Dezentrierung« des Erzählvorgangs erreicht werden (Mignolo 1980-81:100).- Die Opposition »narration« (Erzählvorgang) und »diégèse« (erzähltes Geschehen) kann ebenfalls aufgehoben werden, ein Verfahren, das als »métalepse« (Genette 1972:244) bezeichnet wird. 9 Hierzu vgl. Mignolo (1980-81:11 lf.) 10 »Erzählte Welt« ist hier im weitesten Sinne zu nehmen: auch auf der Ebene K-4 (nach Schmids Terminologie »zitierte Welt«) läßt sich wieder die Unterscheidung in »récit d'événements« und »récit de paroles« vornehmen. Ausschlaggebend ist, daß sich die Unterscheidung »événements/paroles« auf den Gegenstand der Erzählung bezieht und nicht auf seine Form (Genette 1983:39). Dennoch liegt die Relevanz der daraus abgeleiteten Untersuchungsgesichtspunkte für die Beschreibung der kommunikativen Beziehungen in den Romanen auf der Hand. Zum einen betrifft, wie gesagt, die Form der Redewiedergabe auch die Frage nach der Besetzung der unterschiedlichen Kommunikationsebenen; zum anderen charakterisiert z.B. die Indizierung bzw. Nicht-Indizierung der narrativen Anordnung des erzählten Geschehens die Regiefunktion der Erzählerinstanz. 11 Zu der Textpraxis, in der diese poetischen Verfahren eine weitreichende Bedeutung gewinnen, s. die Darstellung in 3.1.2.. 12 Dies ergibt sich vor allem aus der Notwendigkeit, eine Auswahl und Gewichtung der erzählten Ereignisse vorzunehmen (vgl. Sparmacher 1981). In seiner Untersuchung zur Zeitstruktur im Gegenwartsroman geht de Toro (1986) davon aus, daß die Beschreibung des Handlungszusammenhangs auf einer eigenen Diskursebene (Diskurs I) anzusiedeln sei, die aus dem Text rekonstruiert werden kann. Das Verhältnis der »Textzeit« (=Position eines Ereignisses im Diskurs I) zur »Aktzeit« (=Stellung eines Ereignisses in der Folge der »histoire«) ist dann eine Form der »Zeitstruktur« (nämlich das »Zeitarrangement«). Segmentierungskriterium für die Bildung von Handlungssequenzen und Segmenten auf der Diskursebene I ist dabei die Handlungseinheit. Im Unterschied zu de Toros Verfahren geht die Segmentierung in dieser Untersuchung von Kriterien auf der Diskursebene II aus, wobei allerdings auch in einzelnen Fällen Reduktionen vorgenommen werden müssen, die an Handlungszusammenhängen orientiert sind. Dies Verfahren ist aus der Tatsache gerechtfertigt, daß diese Untersuchung an den Textmerkmalen der Ebene »Diskurs II« orientiert ist. Im übrigen ergibt sich das hier gewählte Verfahren auch aus den Schwierigkeiten, die sich bei der Beschreibung der Zeitstruktur in Romanen ohne übergreifenden Handlungszusammenhang ergeben, wie de Toro selbst am Beispiel von Alain Robbe-Grillets »La maison de rendez-vous« aufzeigt (de Toro 1986:171). Schließlich sollen in dieser Beschreibung auch Gliederungsmerkmale in den Blick gerückt werden, die neben der Zeit eine Rolle spielen. Die von de Toro übernommenen Begriffe müssen also in dieser Untersuchung mit dieser Einschränkung verstanden werden. 13 Im Fall des Monologs lassen sich zwei Varianten mit dem Kriterium »phonisch realisiert« oder »nicht phonisch realisiert« unterscheiden (vgl. 1.2.2.5.). Gegenüber dem Dialog haben beide gemeinsam, daß die syntaktischen und semantischen Normen der Kommunikation eingeschränkt sein können (Meyer-Minnemann 1984:12,Anm.17). 14 Vgl. Rojas (1980-81:30f.). Zum »discours attributif« siehe auch Prince (1978). 15 Vgl. Meyer-Minnemann (1984:12,Anm.l8) 16 Rojas selbst formuliert: »Estos rasgos (i.e. regido/oblicuo), si bien permiten diferenciar bäsicamente los cuatro discursos, no dan cuenta de la variabilidad interna de DI y DIL, la cual se manifiesta por el uso optativo de algunos de los sistemas.« (1980-81:30). Von Dolezel (1973) übernimmt Rojas (1980-81) die folgenden »Optativen« Unterscheidungskriterien: System der drei grammatischen Personen; System der Verbtempora; Deixis; System der Ausdrucksfunktion; System der subjektiven Semantik; System der Lexik. Vgl. Schmid (1973:41f.).

209

2.

Romananalysen

2.1. Die makrostrukturelle

Gliederung

der Texte

1 Zur Erläuterung der Entscheidung über die Einstufung des jeweiligen Episodenmerkmals als »absolut« oder »relativ« sei hier auf zwei Fälle aus Cond verwiesen: das Episodenmerkmal (5) das als »absolut« bezeichnet wird rekurriert auf den Zeithinweis »el día que le llegó el telegrama(...)«(S.73), während bei einem ähnlichen Zeithinweis des Episodenmerkmals (6) eine Einordnung als »relativ« vorgenommen wurde (»El día que León María(...)«,S.94). Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß im ersten Fall auf ein zuvor noch nicht erwähntes Ereignis angespielt wird (der Zeithinweis also deiktisch aufzufassen ist), das nun im weiteren Verlauf als zeitlicher Orientierungspunkt fungiert, während im zweiten Fall, trotz sprachlich analoger Form, anaphorisch auf einen vorher erwähnten Zeitpunkt verwiesen wird. Der Wechsel von absoluten und relativen Episodenmerkmalen ist einer der Faktoren, die dem Leser eine erhöhte Rekonstruktionsleistung abverlangen. Dieser Aspekt erscheint auf der Ebene der Perspektivierung als Dichotomie von »Bekannt/Unbekannt« wieder. 2 Dies stimmt jedenfalls mit dem überein, was M. Stemberg (1978) als Grenze zwischen Exposition und Haupthandlung bestimmt: »The author's finding it (i.e. die erste Szene) to be the first timesection that is 'of conséquence enough' to deserve füll scenic treatment turns it, implicitly but clearly, into a conspicuous signpost, signifying that this is precisely the point in time that the author has decided,(...), to make the reader regard as the beginning of the action proper« (Sternberg 1978:20). Diese an traditionell erzählten Romanen entwickelten Beobachtungen haben also in diesem ansonsten unkonventionell gestalteten Text eine gewisse Entsprechung. Dagegen steht andererseits die szenische Behandlung des »tuluazo« in Abschnitt 1, die durch diese Stellung vor der »Exposition« und die zweimalige Erwähnung als der aus der Sicht der Erzählerinstanz wesentliche Auslöser für die Entwicklung der »Violencia« in Tuluá dargestellt wird. 3 Das Wort »bataclán« ist weder in einem einschlägigien spanischen Wörterbuch (etwa M.Moliner, »Diccionario de uso del español«, Madrid:Gredos, 1985) noch in einem Wörterbuch von »colombianismos« (etwa »Breve Diccionario de Colombianismos« der Academia Colombiana, Comisión de Lexicografía, Bogotá, 1975) nachgewiesen. Nur in Francisco J. Santamaría »Diccionario de Mejicanismos«, Mexico, 1974, findet sich das Wort mit der Bedeutungserklärung: »Sinónimo de exhibición escandalosa por inmoral u obscena, bacanal. En el teatro fue introducido como baile de mujeres casi desnudas o en cueros. Vino del francés, donde es barahunda.« Außerdem werden zwei Belegstellen aus Mariano Azuelas »El camarada Pantojas« angeführt (op. cit., S. 123). Auf die Inhaltsebene des Romans Dab bezogen, ließen sich deutliche Beziehungen zwischen dieser Bedeutungsnuance und dem erzählten Geschehen herstellen. Es könnte sich aber ebensogut um eine ideolektale Übernahme aus dem Französischen handeln, wo das Wort onomatopoetischen Ursprungs mit der übrigens von Santamaría abweichenden Bedeutung »attirail, équipage embarrassant« ausgewiesen ist (P.Robert, Dictionnaire alphabétique & analogique de la langue française«, Société du Nouveau Littré,1977). Die lautliche Nähe zu dem ebenfalls onomatopoetischen »batacazo« (= 1.Costalada, golpazo,(...)2. Fracaso(...), M. Moliner) ermöglicht eine weitere hypothetische Bedeutungszuweisung. Schließlich findet sich das Wort in einem argentinischen Tango. D. Reichardt übersetzt es kontextgerecht mit »Tingeltangel« (D. Reichardt, Tango. Verweigerung und Trauer. Kontexte und Texte. Frankfurt: Suhrkamp. 1984:206).- Entscheidend für den Gebrauch dieses Wortes in dem Roman zur Kennzeichnung des zentralen Ereignisses ist sicher, daß dadurch nicht nur die Figuren des Romans, sondern auch der Leser über die Art des Ereignisses im Ungewissen bleibt. 4 Wie aus der Graphik im Anhang ersichtlich wird, werden die Querbezüge im Laufe des Romans immer zahlreicher und enger, bis die Handlungsstränge völlig konvergieren. Zunächst treten sie aber nur ganz vereinzelt und kurz auf: z.B.: »(...)Nina, que ya comenzaba a engordar desproporcionadamente(...)«(S.81) verweist schon auf S.182ff.; »(...)en el almacén de Nessim(...)«(S.94) nimmt wieder ein Detail von S.68ff. auf etc.

210

5 Diese zeitliche Rekonstruktion stützt sich aber zum größten Teil auf inhaltliche Merkmale, also implizite Zeithinweise. Es fehlt zwar nicht an expliziten Zeithinweisen, diese stiften aber häufig mehr Verwirrung, als daß sie bei der Orientierung helfen oder den Zeitverlauf markierten. Dies läßt sich an folgenden Beispielen erläutern: »Mas los días y los años pasaron(...)«(S.53). Wenn direkt darauf von der Einschulung Marcianitas erzählt wird, so ist nicht genau der zeitliche Sprung zu ermessen, der hier bezeichnet werden soll, wenn er sich überhaupt auf das Verhältnis zwischen den hier verbundenen Ereignissen bezieht. Die zeitliche Beziehung ist in der Regel sehr locker gestaltet (vgl. »Fue por esos días(...)(S.64); »(...)en muchos días, pero al domingo siguiente(...)«(S.99) u.a.).- Ebenso ist die zeitliche Orientierung an Kapitel-Anfängen häufig eher eine »Fehlleitung« des impliziten Lesers. So heißt es beispielsweise zu Beginn von Abschnitt 2: »Una semana después de que la Prensa registró el caso del suizo como una noticia perdida y poco estruendosa, llegó a Tuluá el hermano Andrés.«(S.30). Damit wird zwar eine relative Beziehung zwischen zwei Handlungssträngen hergestellt (nämlich denen von Teiltexten III 2 und 1.5]), die aber dem impliziten Leser an diesem Punkt der Lektüre noch nicht sichtbar wird: es muß sogar fraglich bleiben, ob er diese einmalige, nebensächliche Erwähnung des Schweizers noch 140 Seiten später erinnert. Weitere Beispiele für dieses Verfahren finden sich S.43;116;135;158;215;254. In einigen Fällen kann auch bei einer wiederholten Lektüre keine relative Einordnung der Begebenheiten vorgenommen werden (z.B. »el terremoto de diciembre«,S.73). Die Funktion dieser Zeithinweise ist daher nicht als Abbildung einer zeitlichen Strukturierung des erzählten Geschehens, sondern auf der Ebene des Erzählvorgangs zu bestimmen. 6 In der schematischen Übersicht wurde die Unterteilung, wie sie unter Beibehaltung der Linearität des Romantextes sich dem Leser präsentiert, dargestellt. Die in den Spalten 2-4 vorgenommenen Kennzeichnungen der Gliederungsmerkmale erlauben die Zuordnung von Teiltexten zu bestimmten Textpassagen vorzunehmen.

2.2.

Erzählsituation

1 S. z.B. in Cond : S.12, 32, 34, 36, 48, 50, 59, 62, 107, 114, 115, 119, 125, 127, 129, 142, 154, 156f., 173, 177, 185, 191. 2 Z.B. S . 1 2 , 3 6 , 5 0 , 119, 125. 3 Zu dem Begriff siehe Casparis (1975). Der von Casparis vorgeschlagenen Klassifizierung zufolge ist dieser Präsensgebrauch typisch für eine »quasi-diskursive« Sprechsituation in der dritten Person, wie sie in Chroniken anzutreffen ist. 4 S. Gilard (1977:67ff.) und Luchting (1977:142). 5 Auffallend in Cond ist, daß im ganzen Roman, also auch in den Fällen von direkter Figurenrede, nicht ein einziges Mal das Wort »yo« oder eine entsprechende Verbform erscheint. Nur vereinzelt wird die erste Person Singular in direkter Rede als »complemento directo« oder »indirecto« verwendet (z.B. S.171). 6 S. dazu Benveniste (1966:233). Diese Verwendung der ersten Person Plural findet sich auch in Tit, in den dem Teiltext I {1} zugehörigen Abschnitten. 7 Cond, S.197; s. a. Gilard (1977:69). 8 Beispiele für die personifizierende Verwendung sind z.B. in Cond, S.7, 13, 28, 2 9 , 9 5 . Gegen die Auffassung der Kollektivbezeichnung »Tuluä« als Indiz für die homodiegetische Position spricht auch die im Spanischen übliche Diskordanz von Verbform und Subjekt in Sätzen wie »Los españoles somos muy gitanos«, wenn der Sprecher sich in das Kollektivum mit einschließt. Zu den möglichen Transgressionen der Zuordnung von Pronomen der l.,2. und 3. Person zu den Rollen der Sprechsituation, vgl. J. Alcina Franch, J.M. Blecua, Gramática española, Barcelona, (4.ed.) 1983, S.594. Vgl. auch Meyer-Minnemann (1984:20). 9

S. Cond, S. 7, 77, 102, u.a. Als ein aufschlußreiches Beispiel kann auch folgende Formulierung

211

angesehen werden: »La única explicación que pudieron dar sus amigos(...)« (S. 104). Die Formulierung setzt implizit einen recherchierenden Chronisten voraus, ohne daß er aber auf sich als Person verweist. 10 Z.B. in Cond die Geschichte von León Marías Asthma (Ersterwähnung S.19f.; Ausgestaltung in Abschnitt 20) oder León Marías Befehlszentrale in der »Happy Bar« (Ersterwähnung S.21; Ausgestaltung S . l l l ) . 11 Cond, S.30: »(...)los hechos siniestros del queso envenenado.«; S.59: »(...)la salvó de morir envenenada la noche que quisieron vengarse de León María.«; S.130: »(...)la noche de la envenenada de León María.« 12 R. Barthes (1966; zu Einzelheiten über die »illusion mimétique« s.a. Genette (1983:3lff.). Das Zustandekommen der Wirklichkeitsillusion hängt demnach damit zusammen, ob die kontingenten Details als »fonctionnellement inutiles« aufgefaßt werden. Dies hängt wiederum von der Rezeption des einzelnen konkreten Lesers ab. Für die Intention der abstrakten Instanz kann hier schon festgehalten werden, daß zwei Konkretisierungsmöglichkeiten angeboten werden. Eine »realistische«, die sich über gewisse Schwierigkeiten der Konkretisierung hinwegsetzt, ohne daß der Nachvollzug des erzählten Geschehens dadurch völlig unmöglich wird. Und eine »reflektierte«, die auch die Indizien der reduzierten Erzählerinstanz aktualisiert. 13 Z.B. die Erwähnung des »gobelino verde« (S.23), auf den sehr viel später (S.156) noch einmal verwiesen wird, in diesem Fall sogar mit einem expliziten Hinweis (»el mismo«). Aber auch auf rein lexikalischer Ebene und bei den verschiedensten Details läßt sich eine Wiederholung konstatieren. Aus allen Romanen ließen sich zahlreiche Beispiele anführen: Cond : »prehistórico« (S.50/51); »Turin« (S.70/71); »prostático doctor« (S.62/158); Dab : »paga diez pesos« (S.21/24); »el generali...)que durmió(...)«(S.30/32); BI : »efebo« (S.77/79); »impasible - imposible« (S.7). 14 Es sind: 1. padre Ocampo, S.29 passim; 2. padre Leguizamón, S.29 u.a.; 3. padre Ovidio, S.33; 4. padre González, S.13 passim; 5. padre Nemesio, S.109 u.a.; 6. padre Viazzo, S.71; 7. padre Correa, S.178. Am Ende wird schließlich der padre Zúñiga (S.197) erwähnt, der den padre Ocampo ablöst; die Gesamtzahl von sieben wird also nicht beeinträchtigt. 15 Eine der häufig verwendeten Formeln des Übergangs von einer Zeitstufe zur anderen oder von einer Figurenkonstellation zu anderen ist der den Assoziationsvorgang der Erzählerinstanz andeutende Vergleich: »el mismo(...)que« o.ä.; z.B.: Cond: S.8, 23, 39, 103, 123 u.a.; Dab: S.12, 21, 34f. In diesem Zusammenhang sind auch die in Form von Begründungen einzelner Umstände einer gerade erzählten Begebenheit eingeführten Episoden zu erwähnen, wie z.B. in Cond : »Fue precisamente por ese conducto que Amapola supo lo que don Gumersindo planeaba contra León María(..)«(S.51). 16 Neben den Uhrzeitangaben wird durch Hinweise wie »esa tarde de la lluvia« u.ä. immer wieder dieser Faden aufgenommen; die zeitliche Bestimmung der digressiven Einschübe wird, wenn sie überhaupt vorgenommen wird, durch vage Bezeichnungen wie »desde cuando«; »alguna vez« »el día que(...)«, u.a. ausgedrückt. 17 Dieser Eindruck verweist auf Benvenistes Konzeptualisierung von Texten als »discours« und »histoire« sowie auf theoretische Äußerungen der Gruppe »Tel Quel«, auf die in 3.1.2. eingegangen wird. 18 Wie Luchting (1977) in seiner Analyse von Dab feststellt, ist dieser Roman durch die »ausencia de diálogos« (Luchting 1977:125) gekennzeichnet, eine Feststellung, die auch auf die anderen Romane zutrifft. Auffällig ist zunächst, daß in allen Romanen bis Tit der Anteil direkter Figurenrede am Gesamttext sehr gering ist. Eine naheliegende Ursache hierfür ist die Erzählsituation in diesen Romanen: das Vorherrschen des zusammenfassenden Berichts zur Erzählung großer Zeiträume scheint ausreichend für den Wegfall szenischer Redewiedergabe. Nun findet sich allerdings narrativisierte Redewiedergabe recht häufig. Aber die häufige Rede der Figuren tut dem Urteil von Luchting keinen Abbruch. Wie ein Blick auf die häufigsten Redesituationen in den Romanen zeigt, handelt es sich fast immer um monologische Formen. Angefangen bei den mo-

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nologischen Schreibsituationen in TP ,die sich auch in den späteren Romanen Tit, LM, und PB wiederfinden, sind die meisten Sprechsituationen dadurch gekennzeichnet, daß sie asymmetrisch und nicht-dialogisch sind. Sei es, daß diese Situation durch das Medium des Sprechvorgangs (Radio, Zeitung, Telegramm, Tagebuch) bedingt ist, sei es, daß die Sprecherinstanz oder Adressateninstanz nicht »kompetent« ist (Doña Midita in Cond; Lucía Delgado in Dab\ Vicky in Tit), in keinem Fall findet eine dialogisch fortschreitende Kommunikation zwischen Figuren statt. In diesem Sinne kann folgende Situation, wie sie in TP geschildert wird, als beispielhaft angesehen werden: »Lo único conexo era Merceditas, la hija de don Télez, que tecleaba seguido el morse desde la telegrafía: murió el Papa Uribe...murió el Papa Uribe...murió el Papa Uribe. No le importaba quién recogiera su punto y raya.»(TP, S.57; Hervorhebung von mir).- Diese Haltung der Senderinstanz ist auch noch für die Erzählerin in LM charakteristisch. 19 Weitere Beispiele aus Cond : S.50,99ff. 20 So z.B. im Abschnitt 12, der von den Gerüchten über die Erbschaft von León María erzählt: es bleibt offen, ob es sich nur um Gerüchte handelt oder ob León María das Erbe von Don Luis Carlos wirklich bekommen hat. 21 Beispiel aus Cond: »(...)la sencilla frase de nunca en política se puede pagar con la misma moneda.« (S.79); Dab: »La madre Alberta dio el grito desde el balcón del colegio: saquen la bandera, saquen las niñas, agrupen todos los escolares, rescátenlos de la mano corrompida de esa vagabunda y abrió las puertas del colegio.« (S.29). 22 Beispiel aus Cond: »la llegada de Yolanda Arbeláez« (S.16); »el telegrama avisándole la llegada de los doctores« (S.73); »redactó la carta al directorio« (S.83). Aus Dab: »la jeringa« (S.7); »el derrame« (S.10); »la imprenta« (S.13). Aus BI: »la aparición de la yegua mora« (S.9); »el caso del suizo« (S.30); »el tren del mediodía« (S.43). 23 Für den ersten Fall kann der Ausdruck »los síntomas del envenenamiento« in Cond, S.135; für den zweiten Fall »el par de borrachos« (id., S.84) als Beispiel gelten. Im zweiten Fall ist die Verwendung des bestimmten Artikels als ein »personales« Element zuvor gekennzeichnet. 24 Zusätzliche Kennzeichnungen, die sich allerdings auch als Hinweise an einen Adressaten deuten lassen, können als monologische Bezugnahmen aufgefaßt werden, wie etwa im folgenden Beispiel: »(...)a la hermana de Poncho Rentería, la que se fue a vivir ahora con el hijo de misiá Eulalia -,(...)« (Cond, S.48). Keine der genannten Figuren, mit Ausnahme von Poncho Rentería, wird an anderer Stelle der Erzählung erwähnt. 25 Wie entscheidend sich Details der Namensgebung auch auf die Bewertung einzelner Figuren auswirken können, zeigt die Tatsache, daß in Cond fast alle Männerfiguren mit dem respektvollen »don« bezeichnet werden, mit Ausnahme von León María (vgl. dazu Uspenskij, 1975). 26 Die Wiederaufnahme dieser Kennzeichnung auf Seite 34 ist ein Indiz für die Perspektive des Bruders von Agripina; entsprechend weist z.B. »el hijo de don Benito Lozano« (S.33) auf die »señoras de bien«. Vgl. die stereotype Kennzeichnung von Nemesio Rodríguez in BI (S. 80, 85, 8 8 , 9 1 , 9 7 u.a.). 27 In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, daß der Autor Gustavo Alvarez Gardeazábal seine Romane vor der Veröffentlichung unterschiedlichen Kritikern vorlegt; solchen, die den Kontext seiner Romane genau kennen und solchen, die nicht über dieselben Kenntnisse verfügen. 28 Kurze Anekdoten sind eine der häufigsten Charakterisierungsmittel von episodisch auftretenden Figuren; Beschreibungen der äußeren Gestalt werden nur in wenigen Ausnahmefällen gegeben (z.B. in Cond, S.26). 29 S. dazu die treffende Beschreibung bei W. Benjamin (1977:397): »Der Historiker ist gehalten, die Vorfalle, mit denen er es zu tun hat, auf die eine oder andre Art zu erklären; er kann sich unter keinen Umständen damit begnügen, sie als Musterstücke des Weltlaufs herzuzeigen.« 30 Diese Formel ist in allen Romanen so häufig anzutreffen, daß sie geradezu wie ein Tick des Autors erscheint.

213

31 Vgl. dazu die Ausführungen von Füger (1978:195). 32 Dieser Typus wird sowohl von Todorov (1970) als auch von Reisz de Rivarola (1979) am Beispiel von Kafkas »Die Verwandlung« erläutert. Der »Adaptationsvorgang« eröffnet auch die Möglichkeit referenzialisierender Interpretationen, worauf auch schon die vereinzelten referenzialisierbaren Hinweise (Tuluâ, 1916, »El Tiempo«, »El Espectador«) deuten. Eine weitere Deutung des hier verwendeten Typus wird in 3.2., bei der Gegenüberstellung mit dem »magischen Realismus« versucht. 33 Vgl. die Verwendung des Präsens in LM an dem Übergang zwischen Vergangenheitsdarstellung und »science fiction« (LM, S.199f.). Die Verwendung des zeitlich unbestimmten Partizip Präsens als Mittel zur Darstellung des Imaginationsvorgangs findet sich auch bei den »nouveaux romanciers«, insbesondere in Claude Simons Romanen. Vgl. dazu eine Anmerkung von Simon selbst zu dem Roman »Les corps conducteurs«: »(...)je n'affirme rien d'autre qu'une vision, une image, et non pas quelque chose qui s'est passé un certain jour, dans une prétendue 'réalité', mais qui se passe très précisément au moment où j'écris.« (Zitiert bei Hammermann 1979:123). 34 Ausführlich zur Technik der »mise en abyme« informiert Dällenbach (1977). In diesem Fall handelt es sich um eine Kombination der beiden Grundtypen »mise en abyme de l'énonciation«, insofern die Instanz des konkreten Autors anscheinend zu einer textintemen Instanz wird und der »mise en abyme métatextuelle«, insofern der »autor-titiritero« auch die Umstände der Entstehung des Romans beschreibt. Innerhalb des zugrundegelegten Kommunikationsmodells kann allerdings nicht in allen Punkten den Ausführungen von Dällenbach gefolgt werden, insbesondere betreffs des »sujet de réflexion«. Dieses ist für Dällenbach »un énoncé synecdochique«, so daß »une réflexion est un énoncé que renvoie à un énoncé, une énonciation ou au code.« (Dällenbach 1977:62). Die Reflexion muß natürlich der Leser vornehmen, wobei allerdings nicht jede textuelle oder andere Wiederholung schon als »reflexiv« gelten kann. Denn einerseits eignet jedem literarischen Text auch die »Reflexivität«, andererseits kann nicht bei jeder Wiederholung von »mise en abyme« gesprochen werden. 35 Die Verwendung des auffälligen Namens des Autors (s.a. Vêlez Correa 1985:13) kann als ein besonderes Verfahren der Fiktionsironie (Gabriel 1975) angesehen werden. In allen Romanen findet sich, auf der Ebene des erzählten Geschehens, ein mehr oder weniger versteckter Hinweis auf den Autornamen oder ein Alter Ego des Autors. Angefangen bei der noch sehr diskreten Verwendung in TP (S. 72 »Marcial Gardeazäbal« u.a.) über die Ausgestaltung dieser Figur in Cond zur Nebenfigur bis zur Gestalt des Emesto Gardeazäbal in Dab tritt der Name zunehmend in Erscheinung. In Bl ist die Wahl des Geburtsdatums der Hauptfigur (31 de octubre) ein nur Eingeweihten zugänglicher Hinweis, ebenso wie in LM die beiläufige Erwähnung eines »librero de Tuluâ, un vasco liberal radical« (LM, S.40) nur den Kennern der vorherigen Romane als intertextuelle Anspielung auf Don Marcial Gardeazäbal erkenntlich wird. Dagegen stellt die Figur des »Gustavo« in LM wieder eine deutliche Bezugnahme auf den Autor dar. In PB schließlich ist die gewählte Variante eines klangähnlichen Pseudonyms (»Homero Landazäbal«, verbunden diesmal mit der vollständigen Übereinstimmung des Geburtsdatums von Figur und konkretem Autor, s. PB, S.333) der Erzählsituation in diesem Roman angepaßt. In Div ist eine vergleichbare Figur der ominöse »doctor«, der wie seine Vorgänger in den anderen Romanen erst in der zweiten Hälfte des Romans in Erscheinung tritt.- Während einerseits die Ähnlichkeit des Namens mit dem realen Vorbild eine deutliche Anspielung enthält, entzieht sich die Gestalt gleichzeitig einer Identifizierung. Es scheint nicht um eine »Verschlüsselung« der Wirklichkeit zu §ehen, sondern um die Reflexion der Fiktionalisierung. 36 Vgl. Anmerkung 5. Als Beispiel aus Div kann angeführt werden: »(...)esos solitarios solterones que hacen guardia en el santuario de El Divino.«(S.31). Siehe außerdem S. 33, 42, 79, 85, 86, 100 u.a. 37 »(...)las cuerdas del arpa oculta (que todos los seres humanos poseemos)(...)« (Abschnitt 48, S.154). Weitere generalisierende auktoriale Erzählerbemerkungen finden sich auf den Seiten 111, 133, 134, 206 u.a!

214

38 Die jeweiligen Dialogpartner der Abschnitte sind: (3) Melba Chuma (8) Melba-doctor/ Melba-Chuma (15) Chuma-Rosalbina/Eurípides (19) Melba-Ceres-Ebelina (26) Melba-Chuma/Brunilda-Leibwächter Mauros (31) Mauro-Borjas-Héctor-Ceres (38) Melba-Chuma (42) Ceres-Héctor (50) Melba-Chuma (54) Ceres-Héctor (61) Melba-doctor (65) Ceres-Héctor (73) Melba-doctor (77) Ceres-Ebelina 39 Da der Gedankenstrich am Anfang der Rede jeweils den Sprecherwechsel markiert, kann der implizite Leser die einzelnen Äußerungen für den gesamten Abschnitt rekonstruieren. In einzelnen Fällen ergeben sich Inkonsistenzen in der Abfolge, z.B. in Abschnitt 77, S.232f. Die Äußerung »¿Entonces tú no crees que se suicidió?« muß sinngemäß Ebelina zugeordnet werden, gehört aber der Abfolge nach zu Ceres. 40 S. dazu in LM, S. 12, 25, 163, 187; in PB S. 72, 203, 329, 343 wird die Alternative fiktional/nicht-fiktional nicht von der Erzählerinstanz thematisiert, ergibt sich aber aus der Kombinierung unterschiedlicher nicht-narrativer Textabschnitte im Roman. 41 Dieser Ambivalenz von fiktionaler Wirklichkeit und historischer Wirklichkeit, von »historia« und »novela«, die in die Erzählsituation selber eingeschrieben ist und daher als intentional für den abstrakten Autor angesehen werden kann, wird noch eins »draufgesetzt«, wenn die Erzählerin formuliert: »La historia es casi de novela.«(S.187). Die Erzählerin wird auf diese Weise zum Sprachrohr des abstrakten Autors, wodurch dieser gleichzeitig Distanz zu seiner eigenen Aussage nimmt. 42 Das gängigste Verfahren ist dabei wieder die kataphorische Verwendung des bestimmten Artikels zur Bezeichnung vorher nicht erwähnter Tatsachen und Gegenstände: »la pesadilla de Madrid« (S.l 1) verweist auf Abschnitt 23; »la revolución« (S.19 passim) verweist auf Abschnitt 37 ff. 43 Als Belegstellen in PB sei auf die Seiten 72,203, 204, 324, 329, 340, 342, 343 verwiesen. 44 Übergänge wie der S.241 (»(...)murió hace doce minutos(...)«) zeigen recht deutlich, wie die Erzählerinstanz als Regieinstanz in der Figurenrede immer präsent bleibt. Diese gewinnt gar keine Autonomie innerhalb der Erzählerrede. Dem entspricht auch der Gebrauch der »verbos sintéticos« (Rojas 1980-81:33), deren semantische Aufladung der Redewiedergabe die Objektivität nehmen. Wenn in der zitierten Passage das Ende der Redewiedergabe mit »(...)y repitiendo lo mismo(...)« (S.241) angezeigt wird, so wird gleichzeitig eine Beschreibung der Form der wiedergegebenen Rede durchgeführt, die den Verdacht des Lesers bestätigt, daß es sich bei der »Redewiedergäbe« bloß um ein Erzählerarrangement handelt. Es kann in diesem Fall auch nicht von einer stilistischen Differenzierung zwischen Erzähler- und Figurenrede gesprochen werden. 45 Das reale Vorbild der Romangestalt Pepe Botellas ist José Pardo Liada, ein exilierter Kubaner, der mit Gustavo Alvarez Gardeazábal in Cali in dem Movimiento Cívico de Cali zusammenarbeitete. Als erster Kubaner wurde er Abgeordneter der »Cámara de Representantes« Kolumbiens und war zur Zeit des Erscheinens von PB kolumbianischer Botschafter in Norwegen (s. »Semana«,113, Bogotá, Juni 1984:46f.).

215

2.3.

Sprachverwendung

1 Weitere Beispiele für die distanzierte, banalisierende Schilderung der Gewalttaten in Cond finden sich z.B. S.76, 96ff., 105f„ 124, 126, 131, 140, 151f., 176, 180. 2 S. z.B. in Cond S. 143, 185, 191; in BI S. 92f. 3 Weitere Beispiele: Cond, S. 10f„ 15, 24, 27, 56f„ 70, 116. Dab, S. 9, 10, 24, 25, 30. BI, S.8; PB, S.177f„ 179. 4 Beispiele: Cond: »(...)León María Lozano, vendedor de quesos en la galería, lo impidió.« (S.9); »León María no hizo lo mismo.«(s.ll); weitere Beispiele S. 15, 49, 56f., 60, 84, 119f., 137f., 140, 142f„ 159f„ 163, 166f., 200. 5 Weitere Beispiele in Dab: S. 9, 23, 24, 25, 37, 39 6 Beispiele finden sich in allen Romanen, aber wie gesagt in zunehmendem Maße in den späteren. Hier einige Angaben: Cond-, S.19, 47, 68, 76, 80, 81, 82, 99, 108, 110, 116, 142, 172.- BI: S. 9, 10, 18, 21, 24, 44, 57, 106.- LM: S.9, 10, 22, 37, 41,43, 166. 7 Vgl. dazu die Untersuchung von Luchting (1977). 8 Z.B. finden sich in Cond: »dromedario« (S.26); »armadillo« (S.46); »hormigas« (S.73); »gallina« (S.90); »mula« (S.91); »rata« (S.151); »tortuga« (S.164).- Dab: »cara de tortuga gigante« (S.27); »golondrinas« (S.35).- BI: »abeja« (S.21); »hormigas arrieras« (S.55); »gansos« (S.47).- PB: »un búfalo solterón« (S.176); »como elefante ante ratón« (S.181).- In Div wird der Tiervergleich zu einem zentralen gestalterischen Mittel ausgebaut. 9 Beispiele: Cond: »toneladas de naftalina« (S.26); »siglos« (S.45); »prehistórica« (S.50); »ejército« (S.113); »todavía se oye el eco« (S.177).- Dab: »desde muchos siglos atrás« (S.40).BI: »gritos milenarios« ( S . l l ) ; »la inundación de llanto« (S.107); »patio ilimite« (S.43).- LM: »ilímite (S.29); »infinita« (S.30,37, 38, 40 etc.); »la cúspide excelsa« (S.64); »los abismos insondalbles de la música clásica« (S.69); »llorar a torrentes« (S.75).- PB: »(...)Eufemita, con sus miles de años a cuesta(...)« (S.177).lOWeitere Beispiele aus PB: »(...)le tiró el leño que lo salvó de la inundación(...)«(S.139); »(...)encendió los vapores de su locomotora anticuada(...)«(S.260). 11 S. dazu das Interview mit R. Williams (1976b). Es ist sicherlich bezeichnend, daß diese humoristischen Elemente häufig in Zusammenhang mit kirchlich-religiöser Thematik anzutreffen sind. 12 S. z.B. in TP, S.22Í., Parodie der Amtssprache.- In Cond, S.74, Telegrammstil; S.83 Polizeibericht; S.124 Ausländersprache.- In Dab, S. 40f., Horoskop. 13 Man vergleiche etwa die Abschnitte 1,3,4 miteinander. Der »autor-titiritero« weist selbst auf diese Ähnlichkeiten hin: »Quien les ha acomodado esas cuatro visiones, un poco estereotipadas,(...)« (S.25). An Übereinstimmungen wären zu nennen: der »récit itératif« (»todos los domingos« - »cada miércoles« - »de lunes a viernes«); die Wiederaufnahme von Wörtern und Formulierungen: »sus baterías de la añoranza« (S.13) - »sus baterías del recuerdo« (S.14); »huyendo de las detonaciones asesinas desde su fragante Roldanillo« (S.12) - »No olvidan las determinaciones sangrantes que las hicieron huir de Roldanillo« (S.14); und in Abschnitt 3: »martirizar« (S. 17)- »martirizada« (S.18); »aferrados a su recuerdo« (S.18) - »se aferran a lo que(...)« (S.20).

3. Das Erzählkonzept 3.1. Der literarische Kontext: drei Erzählkonzepte 1 S. dazu H.U.Gumbrecht/J.E.Müller (1980:339): »(...)der Name 'Realismus' steht für eine Gruppe von Romanen des 19. Jahrhunderts, als deren wichtigste Autoren in Frankreich - mindestens seit H. Friedrich - Stendhal, Balzac und Flaubert angesehen werden.« 2 Vgl. Warning (1980), der zu Balzacs Verfahren der Zyklusbildung der »Comédie humaine« merkt: »Sie modelliert Offenheit und Geschlossenheit zugleich(...) Schein der Kontingenz eines zukunftsoffenen 'présent qui marche' modelliert sie einen schlossenen Kosmos, in dem jede je thematische Geschichte in eine Relation wechselseitiger

beIm geIn-

216

formationssättigung tritt mit ihrem horizontalen Pendant.« (Warning 1980:37). 3 Im Vergleich zu bereits zitierten Figurenäußerungen in den Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazâbal ist es interessant, folgenden Satz aus den »Illusions perdues« festzuhalten: »II y a deux Histoires,( -^l'Histoire officielle, menteuse qu'on enseigne, P Histoire ad usum delphini; puis l'Histoire secrète où sont les véritables causes des événements, une Histoire honteuse.« Zitiert nach Warning (1980:41). 4 Hierauf hat schon Auerbach (1946) hingewiesen. 5 Die berühmten »blancs«, auf die Marcel Proust hinweist, in : Marcel Proust, »A propos du 'style' de Flaubert«, in: ders., Chroniques, Paris 1927. 6 Diese Darstellung lehnt sich in weiten Teilen an Floeck (1979) an. 7 »Über die kreisförmige Grundstruktur hinaus durchzieht den Roman d'Education sentimentale> eine Fülle von Assoziationen, Vorausdeutungen, Erinnerungen, Doubletten, Leitmotiven und Objektwiederholungen, die sich wie ein feines Gitterwerk über das Ganze legen und die einzelnen Teile über weite Strecken hinweg miteinander verbinden.« (Floeck 1979:90). 8 So jedenfalls stellt es Floeck dar, wenn er schreibt: »Die Inkohärenz der Gesamtstruktur ist formaler Ausdruck der Undurchsichtigkeit und Sinnentleertheit der Welt(...). Die Form erweist sich als das eigentliche Sinnphänomen; über ihre Innovation erhält der Leser, wie die Formalisten knapp zwei Generationen später erkannten, die Möglichkeit zu einer Erneuerung seiner durch Gewohnheit bestimmten Wahrnehmung der Welt.« (Floeck 1979:88f.). S. außerdem H.U.Gumbrecht/J .E.Müller (1980). 9 Die beiden skizzierten Tendenzen des realistischen Romans sind von Adorno in der »Ästhetischen Theorie« einer streng dichotomischen Bewertung unterzogen worden. Die erste Tendenz wird ganz der Vergangenheit zugeschlagen, wenn er schreibt: »Der realistische Roman hatte auf seiner Höhe als Form im neunzehnten Jahrhundert etwas von dem, wozu ihn die Theorie des sogenannten sozialistischen Realismus planvoll erniedrigte, von Reportage, der Vorwegnahme dessen, was dann die Sozialwissenschaften ermitteln sollten.« (Adorno 1970:17). Betreffs der zweiten Tendenz räumt Adorno an anderer Stelle ein: »Der Naturalismus war durch Neuerungen wie den Verzicht auf traditionelle Formkategorien, etwa geschürzte, in sich geschlossene Handlung, bei Zola zuweilen sogar den empirischen Zeitverlauf, avancierter als sein Begriff. Rücksichtslose, gleichsam begriffslose Darstellung empirischer Details wie im Ventre de Paris destruiert die gewohnten Oberflächenzusammenhänge des Romans, gar nicht unähnlich seiner späteren, monadologisch-assoziativen Form.« (id.S.369). 10 Diese Unterscheidung hat überzeugend Hempfer (1976) vorgenommen, der in seiner kritischen Untersuchung des Verhältnisses von theoretischer Konzeption und Schreibpraxis auch einzelne Texte und technische Verfahren beschreibt. Auf seine Untersuchungen stützt sich die folgende Darstellung. 11 Zur literarhistorischen Einordnung und zur Diskussion über die Einheitlichkeit der Konzeption s. Wehle (1980). Auch Hempfer verweist auf wichtige Unterschiede innerhalb der Konzeption des »Nouveau Nouveau Roman«, die er an dem Werk von Cl. Simon erläutert. 12 Zur detaillierten Darstellung der theoretischen Voraussetzungen von »Nouveau Roman« und »Tel Quel« s. Müller (1973) und vor allem Hempfer (1976), der auch die Schwächen der Konzeption herausarbeitet. 13 Zur Rezeption von Benveniste (1966) siehe z.B. Ricardous Darstellung der Kombinatorik von unterschiedlichen Erzählsituationen in »Personnes« (1967) von Jean-Louis Baudry, in: Ricardou (1971:245ff.). Auch für Butor (1960) nahmen die Überlegungen zur Wirkungsweise der Personalpronomen in der fiktionalen Erzählung eine zentrale Stellung ein. Zur Rezeption der Anagrammstudien bei Ricardou, vgl. Hempfer (1976:112). 14 Dazu Ricardou (1971:236ff.) undKahr (1976). 15 Zum Programmatischen s.a. Robbe-Grillet, »Sur quelques notions périmées«, in: ders., (1957).

217

Zu einzelnen Verfahren s. Ricardou (1971) f ü r A.Robbe-Grillet und N e w m a n (1976) für N.Sarraute. 16 Vgl. de Toro (1986:180-192). 17 »II faut et il suffit que la mise en a b y m e soit textuelle, qu'elle reproduise, tout ou partie, l'histoire non de manière allusive, mais dans son entière littéralité.« (Ricardou 1967:189). Nach Dällenbach (1977) verlagert sich der Anwendungsbereich der »mise en abyme« von e i n e m »Type I«, der in der Widerspiegelung der »histoire«-Ebene besteht, im »Nouveau Roman«, z u m »Type II«, der in der Widerspiegelung des Schreibvorgangs besteht, bei »Tel Quel« (Vgl. Dällenbach 1977:174 u. 175-208). 18 Cl. Simon, der diesem Konzept nahesteht, formuliert allerdings nuancierter, wenn er den Schreibvorgang folgendermaßen beschreibt: »Chaque mot en suscite (ou en c o m m a n d e ) plusieurs autres, non seulement par la force des images qu'il attire à lui c o m m e un aimant, mais parfois aussi par sa seule morphologie, de simples assonances qui, de m ê m e que les nécessités formelles de la syntaxe, du rythme et de la composition, se révèlent aussi fécondes que ses multiples significations(...). Je ne reconnais pour ma part d'autres sentiers de la création que ceux ouverts pas à pas, c'est-à-dire mot après mot, par le cheminement m ê m e de l'écriture.« (Ricardou et al. 1972:86). Vgl. auch H e m p f e r (1976:131). H e m p f e r merkt folgendes kritisch zu d e m Konzept der »autogénération«, wie es Ricardou entwirft, an: » Z u m einen wird im R a h m e n dieser Konzeption zwar keine d e m Text selbst vorgegebene Bedeutung, kein vorgegebenes signifié, wohl aber ein vorgegebenes signifiant impliziert, was der postulierten autogénération des Textes genauso widerspricht wie die attakierte Auffassung, und z u m anderen wird durch die Allegorese eben doch ein 'Sinn' erstellt, der die prductivité in einem produit fixiert.« ( H e m p f e r 1976:36). 19 Auf eine Darstellung der intertextuellen Bezüge und ihrer Funktion in den R o m a n e n von »Tel Quel« kann hier verzichtet werden, da in den Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazábal eine vergleichbare Untersuchung nicht durchgeführt wurde, obwohl sie sicherlich interessante Ergebnisse erzielen könnte. 20 Zu dieser literarhistorischen Einteilung s. Schwartz (1971). De Toro (1986) führt die verschiedenen Periodisierungsversuche an (1986:9 Anm.37). Streng g e n o m m e n wird hier immer nur der hispanoamerikanische R o m a n berücksichtigt, ohne daß auf Besonderheiten der Entwicklung in Brasilien eigens eingegangen werden kann. Eine Einordnung der »nueva novela« in einen größeren literarhistorischen Kontext versucht Pollmann (1968 und 1982/84). Zur Kritik dieser beiden Darstellungen s. Theile (1980:129) respektive Meyer-Minnemann (1985). 21 Diese Verlagerung ist einer der Aspekte des Einflusses von W . Faulkner auf die Autoren der »nueva novela«, wie es C. Fuentes formuliert: »Todos ellos regresaron a las raíces poéticas de la literatura y a través del lenguaje y la estructura, y ya no merced a la intriga y la sicología, crearon una convención representativa de la realidad que pretende ser totalizante en cuanto inventa una segunda realidad, una realidad paralela, finalmente un espacio para lo real, a través de un mito en el que se puede reconocer tanto la mitad oculta, pero no por ello m e n o s verdadera, de la vida, c o m o el significado y la unidad del tiempo disperso.« (Fuentes 1976:9). Zu d e m hiermit zusammenhängenden Begriff des Mythos und der Totalität siehe die weiteren Ausführungen. In der genannten Orientierung auf die Sprachverwendung ist aber auch die Auswirkung der strukturalistischen und semiotischen Forschung wiederzuerkennen (s. Stabb 1978:98). 22 S. dazu z.B. Stabb (1978:100), Eilel (1978:XXXIIf.); Shaw (1983:225). 23 Diese Einteilung und die folgenden Überlegungen stützen sich auf Shaw (1983), der seinerseits die Einteilung von Monegal (1972) übernimmt. 24 Zur Begriffsgeschichte s. z.B. bei Márquez-Rodríguez »Magischen« als analytischer Kategorie, s. Janik (1976).

(1982:36ff.);

zum

Begriff

des

25 Márquez-Rodríguez (1982) diskutiert die Begriffe »realismo mágico« und »real maravilloso«, ohne eine deutliche begriffliche Unterscheidung zu erzielen. Hier soll der »realismo mágico« als

218

ein literarisches Konzept aufgefaßt werden, demgegenüber das »real maravilloso« entweder eine Charakteristikum der (lateinamerikanischen) Wirklichkeit oder als ein inhaltlicher Bestandteil bei der Darstellung dieser Wirklichkeit aufgefaßt wird.- Strausfeld (1976) spricht von einem »integralen Realismus« zur Beschreibung der neueren lateinamerikanischen Literatur und kennzeichnet dadurch weitere Eigenschaften, die noch zur Sprache kommen sollen. 26 Zu dem Zusammenhang von »Wirklichkeitsauffassung« und der Erzeugung von Kommunikationszusammenhängen, s. Habermas (1984:80). 27 S. dazu Strausfeld (1976:106) und Palencia-Roth (1982:18f.). 28 In seiner Begriffsbestimmung des magischen Realismus stellt Anderson Imbert (1976) diesen den »narraciones sobrenaturales« gegenüber, indem auch er die Haltung des Erzählers in den Mittelpunkt stellt, und kommt zu dem Ergebnis: »He distinguido(...)entre narraciones sobrenaturales y extrañas. En las primeras, el narrador permite que en la acción que narra irrumpa de pronto un prodigio. Se regocija renunciando a los principios de la lógica y simulando milagros que trastornan las leyes de la naturaleza. Gracias a su libertad imaginativa lo imposible en el orden físico se hace posible en el fantástico(...). Por lo contrario, en las narraciones extrañas el narrador, en vez de presentar la magia como si fuera real, presenta la realidad como si fuera mágica. Personajes, cosas, acontecimientos son reconocibles y razonables, pero como el narrador se propone provocar sentimientos de extrañeza desconoce lo que ve y se abstiene de aclaraciones racionales.« (Anderson Imbert 1976:18f.).- Diese Bestimmung stiftet eher Verwirrung. Zunächst muß der Unterschied zwischen Erzählerinstanz und der Instanz des abstrakten Autors deutlicher markiert werden. Zweitens wird eine Assimilierung von »milagro« und »magia« vorgenommen, die dem Phänomen nicht gerecht wird. Damit hängt zusammen, daß das Phantastische (»lo extraño«) nicht genügend differenziert wird. Außerdem kann schließlich das Verfahren der Veränderung der Modalität in der Wundererzählung, wie beispielsweise im Märchen, sicher nicht auf die »libertad imaginativa« reduziert werden, sondern muß auch die Rolle der Konventionalität in Rechnung stellen. 29 S. Theile (1980:160 und 193 Anm.25). Auf diese Eigenart der Erzählsituation weisen auch Palencia-Roth (1983:267) und Gálvez Acedo (1981:80) hin. Palencia-Roth gibt ihr aber eine andere Deutung. 30 Zu Techniken im einzelnen vgl. Vargas Llosa (1971) und Strausfeld (1976). 31 Zum Aufbau des Mythos und zur Darstellung der »conciencia mítica« im Werk von Gabriel Garcia Márquez siehe Palencia-Roth (1983).- Meyer-Minnemann (1986) weist auf zwei Konkretisationstypen hin, die sich auf Grund der Darstellungsweise in »Cien años de soledad« herausbilden konnten. 32 Z.B. schon bei Vargas Llosa (1971:545ff.). Differenzierter bei de Toro (1986). Zu dem Begriff siehe die Ausführungen in 1.2.2.1.. 33 Zum Erzählkonzept von John Dos Passos, der sowohl durch die Collage-Technik als auch durch seine »camera-eye«-Technik einen bestimmenden Einfluß auf das Erzählkonzept der »nueva novela« gehabt hat, informiert umfassend Schiller (1983). Dieser Einfluß ist bereits bei J.C.Onetti und A. Yáñez deutlich. 3 4 S . d e Toro (1986).

3.2.

Fiktionalisierte

Wirklichkeit und wirkliche

Fiktion

1 Zum Vergleich von sprachlichen Indikatoren in nicht-fiktionalen und fiktionalen Texten siehe Winkler (1976). Zwar weist auch er darauf hin, daß die Fiktionalität eine pragmatisch bestimmte Kategorie ist (vgl. Warning 1983), aber es gelingt ihm, dennoch einige typische Merkmale für nicht-fiktionale Texte ergänzend zu den von Harweg (1968), Weinrich (1977) u.a. genannten, aufzuzeigen. Zusammenfassend charakterisiert er die Intention des nicht-fiktionalen Zeitungstextes seiner Analyse: »Grundintention des zitierten Zeitungsberichtes ist es. mit Hilfe deiktisch

219

fungierender Sprachelemente (bestimmter Artikel, Temporaladverbien, Präsensformen, Ortsund Personennamen) die Welt des Textes (...) und die Welt des Lesers (...) - indem beide als derselben Wirklichkeit zugehörig identifiziert werden - in so unmittelbaren Bezug zueinander zu bringen, daß auf diese Weise die Identität beider Welten (...) suggeriert und dadurch ein direktes Betroffensein des Lesers hervorgerufen wird.« (Winkler 1976:164). 2 Speziell am Beispiel der »novela de la Violencia« hat Gustavo Alvarez Gardeazábal seine Kritik formuliert und stimmt dabei mit der allgemeinen Einschätzung überein. Seine ersten beiden Romane können als ein Versuch der Verwirklichung seiner Zielsetzung, einen anspruchsvollen Roman über diese Thematik zu schreiben, angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist ein Artikel von Gabriel García Márquez aus dem Jahre 1959 (Nachdruck in ECO, 205, 1978) aufschlußreich, der eine Behandlung dieses Themas skizziert, die in vielen Einzelheiten von Gustavo Alvarez Gardeazábal in dem Roman Cond beherzigt worden zu sein scheint. 3 Daß eine solche Auseinandersetzung in der Zeit, die der Veröffentlichung von Tit unmittelbar voraufging, stattgefunden hat, belegt eine Äußerung des konkreten Autors, Gustavo Alvarez Gardeazábal, in einem Interview: »(...),yo tengo una tesis que quizás contraría mucho a los señores de Tel Quel y a muchos escritores: la novela debe volver al lector si quiere sobrevivir y los escritores les ha dado por distanciarse del lector,(...)por hacer ejercicios mentales y formarse casi un rompecabezas con la novela.« (Williams 1976b:360). 4 Dies im Gegensatz zur Deutung bei Luchting (1978), der die Trennung von Erzähler und Autor nicht immer konsequent durchführt. Die hier vorgeschlagene Deutung steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, daß in den früheren Romanen von Gustavo Alvarez Gardeazábal eine Übernahme einiger Techniken des reflexiven Realismus festzustellen ist. Der konkrete Autor selbst hat sich wiederholt selbst von diesen Verfahren in TP distanziert.- Die theoretischen Annahmen von »Tel Quel« sind im übrigen vielfach Anlaß zu parodistischer Behandlung auch in der Literaturkritik gewesen (Hempfer 1976). 5 Z.B. als Anspielung auf »Cien años de soledad«: »Estará usted siempre con los pies en la tierra, no se montará en ninguna alfombra voladora ni le van a llover mariposas amarillas desde el cielo.« (Tit, S.28; zu Vargas Llosa, S.l 19). Der Adressat erleidet gewissermaßen selbst die in der Fiktion dargestellten Ereignisse. Die parodistische Wirkung beruht auf der auch die Erzählsituation des gesamten Romans kennzeichnenden Metalepse, also der Transgression der Ebene des erzählten Geschehens und des Erzählvorgangs, hier vermittelt durch den intertextuellen Bezug auf die fiktionale Wirklichkeit eines anderen fiktionalen Textes. 6 In seinem Vergleich von »Cien años de soledad« und »El bazar de los idiotas« kommt Williams (1982) zu dem Ergebnis: »Las implicaciones burlescas son especialmente interesantes cuando se comparan estos fenómenos: mientras Macondo atrae fama mundial a causa del trabajo literario de García Márquez, Tuluá alcanza la misma fama dentro de la obra de Alvarez Gardeazábal a causa de la masturbación de los adolescentes. (En efecto, Alvarez Gardeazábal ha creado un paralelo entre la escritura de García Márquez y la masturbación de unos adolescentes.)« (Williams 1982:170). 7 Die Parodierung von »Cien años de soledad« in BI läßt sich auch an einzelnen Verfahren aufzeigen, wie z.B. den Einführungssätzen des Typus, die schon bei der Beschreibung der makrostrukturellen Gliederung erwähnt wurden (s.2.1., Anm.[5]). Diese »técnica de contraer un vasto panorama de vida en unos momentos breves de la memoria« (Rolfe 1976:265), die in dem Roman »Cien años de soledad« an den Anfangssätzen festgemacht wird, findet sich in Bl inflationär und in banalen Kontexten. 8 Zur folgenden Darstellung vgl. Barnet (1979). Als typisches Beispiel dieser Gattung kann der Roman »Biografía de un cimarrón« (1966) von Miguel Barnet angesehen werden. In der zitierten Abhandlung nennt Barnet selbst T.Capote, »In Cold Blood« (1967), O.Lewis, »Los hijos de Sánchez« (1964) u.a., die ihm als Modell gedient haben. Zur »novela testimonio« s.a. González Echevarría (1985) und Meyer-Minnemann (1986:16).

220

Bibliographie Primärwerke Alvarez Gardeázabal, G. 1971 Cóndores no entierran todos los días, Bogotá (Círculo de lectores). 1978 Cuentos del parque Boyacá, Bogotá (Plaza & Janés). 1978 Dabeiba, Bogotá (Plaza & Janés). 1974 El bazar de los idiotas, Bogotá (Plaza & Janés). 1986 El divino, Bogotá (Plaza & Janés). 1977 El titiritero, Bogotá (Plaza & Janés). 1987 El último gamonal, Bogotá (Plaza & Janés). 1976 La tara del papa, Bogotá (Plaza & Janés). 1981 Los míos, Bogotá (Plaza & Janés). 1981 Manual de crítica literaria, Bogotá (Plaza & Janés). 1970 Novelística de la Violencia en Colombia. Trabajo para obtener el título de Licenciado en Letras, Cali. 1984 Pepe Botellas, Bogotá (Plaza & Janés).

Zur

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235

Abfolge der Abschnitte in PB Meditación inicial Erzählabschnitt I Segunda Meditación

11 13-18 19

Zitate 1 (1),(2),(3)

21-23

Erzählabschnitt II

25-32

Zitate 2 (4),(5),(6)

33-35

Erzählabschnitt III

37-44

Tercera Meditación Zitate 3 (7),(8) Voz del prójimo Erzählabschnitt IV Zitate 4 (9),(10),(11),(12)

45 47-48 49-52 53-58 59-65

Erzählabschnitt V

67-75

Zitate 5 (13),(14),(15),(16)

77-79

Cuarta Meditación

81

Erzählabschnitt V I

83-93

Zitate 6 (17),(18),(19),(20),(21),(22) Erzählabschnitt VII Quinta Meditación

95-98 99-106 107

Zitate 7 (23),(24),(25),(26)

109-110

Erzählabschnitt VIII

111-121

Zitate 8 (27)

123

El Vigía 1

125-128

Zitate 9 (28),(29),(30)

129-130

Erzählabschnitt I X

131-139

Sexta Meditación

141

Zitate 10 (31),(32)

143-146

El Vigía 2

147-149

Erzählabschnitt X

151-161

Zitate 11 (33)

163

El Vigía 3

165-167

Zitate 12 (34),(35)

169-171

Erzählabschnitt X I

173-181

Zitate 13 (36),(37),(38),(39)

183-186

El Vigía 4

187-189

Zitate 14 (40),(41),(42)

191-193

Erzählabschnitt X I I

195-204

236

Zitate 15 (43),(44),(45),(46) El Vigía 5 Erzählabschnitt XIII Zitate 16 (47) Séptima Meditación Zitate 17 (48),(49) El Vigía 6 Erzählabschnitt XIV Zitate 18 (50) El Vigía 7 Zitate 19 (51),(52) Octava Meditación Erzählabschnitt XV Zitate 20 (53) El Vigía 8 Zitate 21 (54) Erzählabschnitt XVI Zitate 22 (55) El Vigía 9 Zitate 23 (56),(57),(58) Erzählabschnitt XVII El Vigía 10 Zitate 24 (59),(60) Penúltima Meditación Artículo 115 de la Constitución Erzählabschnitt XVIII Zitate 25 (61),(62),(63),(64) Meditación Repetida Erzählabschnitt XIX

205-208 209-212 213-225 227 229 231-232 233-235 237-248 249-250 251-253 255-256 257 259-268 269-270 271-273 275 277-290 291-292 293-295 297-298 299-311 313-315 317-318 319 320 321-329 331-334 335 337-344

Bücher aus dem Vervuert Verlag Miguel León-Portilla, Renate Heuer (Hrsg.)

Rückkehr der Götter Dl« Aufzeichnungen dar Azteken über dan Untergang Ihres Reiches 152 Seiten, 7 Abbildungen, Leinen mit Schutzumschlag, 24,80 DM ISBN 3-89354-308-2

Llaqtaq T a k i y Lieder und Lagandan, Gadlchta und Caschlchtan dar Ketschua Herausgegeben und übersetzt von Wilfried Bohringer und Arthur Wagner 164 Seiten, illustriert, Leinen mit Schutzumschlag, 24,80 DM ISBN 3-89354-301-5

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Und laß als Pfand, m e i n Liebling, Dir das M e e r und vlarzahn waltara Erzählungen aus dam Katalanischen Aus dem Katalanischen übertragen von Angelika Maass. 220 Seiten, Leinen mit Schutzumschlag, 28,00 DM ISBN 3-89354-307-4

Vervuert Verlag Wielandstr. 40 D-6000 Frankfurt/M.

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Die Spanische Eroberung Amerikas: Aktaura, Autoren, Taxta Eine Anthologie von Orlglnalzougnlssen 241 Seiten, 24,80 DM ISBN 3-89354-041-5 Spanische Texte von Kolumbus, Cortés, de las Casas, de la Vega, de Castellanos u.a. mit ausführlichen deutschen Kommentaren zur Biographie, der Bedeutung der ausgewählten Texte, Adressaten, Worterklärungen und bibliographischen Hinweisen. Jürgen Wilke, Siegfried Quandt (Hrsg.)

Deutschland und Lateinamerika Imagebildung und Infomtatlonslago 143 Seiten, 19,80DM ISBN 3-89354-027-x Walther L. Bernecker

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Politischer Prozeß und ästhetische Praxis Im Spanischen Bürgerkrieg 574 Seiten, 48,00 DM ISBN 3-89354-011-3

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Afrokubaner als Protagonisten und Autoren in der Literatur Kubas des 19. und 20. Jahrhunderts 259 S., 36,00 DM ISBN3-89354-821-1

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»El árbol de la ciencia« von Plo Baroja und der Geist der Jahrhundertwende 671 S., 80,00 DM ISBN 3-89354-825-4

Lutz Küster Obsession der Erinnerung Das literarische Werk Jorge Sempruns 303 Seiten, 38,00 DM ISBN 3-89354-410-0

Vervuert Verlag Wielandstr. 40 6000 Frankfurt/M

327 Seiten, 34,00 DM ISBN 3-89354-413-5

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Sylvia Truxa Die Frau im spanischen Roman nach dem Bürgerkrieg Camilo José Cela - Carmen Laforet • Ana Mara Matute - Juan Goytisolo 220 Seiten, 25,00 DM ISBN 3-89354-409-7

Hispanistik im Vervuert Verlag A c t a s d e l IX C o n g r e s o d e l a A s o c i a c i ó n Internacional d e Hispanistas 18 - 23 agosto 1986, Berlín Publicadas por Sebastian Neumeister 1989. 2 Bde. zus. 1664 S„ 178,00 DM ISBN 3-89354-827-0 Ch. Strosetzki/J.-F. Botrel/M. Tietz A c t a s del 1 Encuentro FrancoAlemán de Hispanistas Mainz 9.-12.3.1080 1991. 392 S„ 80,00 DM ISBN 3-89354-833-5 Bibliographie der Hispanistik Hrsg. v. Ch. Strosetzkl u. T. Heydenreich Bd. I (1078-1081) 125 S„ 29,80 DM, ISBN 3-89354-704-5 Bd. II (1082-1086) 179 S.. 29,80 DM, ISBN 3-89354-705-3 Bd. III (1987-1989) 202 S„ 29,80 DM, ISBN 3-89354-706-1 Kurt Grötsch Der K a m p f u m die Integration Afrokubanar als Protagonlstan und Autoron In dar Lltaratur Kubas das 10. und 20. Jahrhunderts 1989, 259 S„ 36,00 DM ISBN 3-89354-821-1 Pere Juan i Tous Die gefesselte Hoffnung »El Arbol da la ciencia« von Pío Baroja und dar Galst dar Jahrtiundertwonda 1989, 671 S.,80,00 DM ISBN 3-89354-825-4 Lutz Küster O b s e s s i o n der Erinnerung Das lltararlscha Work Jorga Sampruns 1989, 303 Seiten, 38,00 DM ISBN 3-89354-410-0

Vervuert Verlag Wielandstr. 4 0 D - 6 0 0 0 Frankfurt/M.

Karl Kohut, Andrea Pagni (eds.) Literatura argentina hoy D e la dictadura a la d e m o c r a c i a 1989, 297 Seiten, 44,00 DM ISBN 3-89354-906-4 Angel San Miguel (Hrsg.) Calderón Fremdheit und Nähe aInas spanischen Barockdramatikars 1988, 230 Seiten, 28,00 DM zahlreiche Abbildungen ISBN 3-89354-412-7 Reglne Schmolling Literatur der Sieger Dar apanlscha BOrgarkrlagsroman Im gasallachaftllchon Kontaxt das frühen Franqulsmus (1030-1043) 1990, 373 S„ 56,00 DM ISBN 3-89354-823-8 Gustav Siebenmann E s s a y s zur s p a n i s c h e n Literatur 1989, 327 Seiten, 34,00 DM ISBN 3-89354-413-5 Manfred Tietz (Hrsg.) Das Spanieninteresse Im d e u t s c h e n S p r a c h r a u m Beitrüge zur Gaschichta dar Hispanistik vor 1900 1989, 212 S„ 36,00 DM ISBN 3-89354-827-0 Manfred Tietz (Hrsg.) S p a n i s c h e Lyrik der Moderne Elnzallntarpratatlonan Herausgegeben von Manfred Tietz in Zusammenarbeit mit Siegfried JOttner und Hans-Joachim Lope. 1990, 445 Seiten, 48,00 DM ISBN 3-89354-312-0